rechtsgelehrſamkeit
der Teutſchen
nachrichten auch der regirungs- ſodann rechts- und policei-
anbenebſt der kammer- imgleichen der ſtadt- und
landwirtſchafts-kunden
ausgefertiget
von Johann Andreen Hofmanne
der rechte oͤffentlichen lehrern und beiſizern
der juriſten facultaͤt
verlegt es Jmmanuel Weldige1757.
Vorrede.
Die bisherigen einleitungen zum
Teutſchen privat-rechte ſind
fuͤr die regirungs-policei und
kammer-raͤte auch beamten, ſo dann
fuͤr die facultiſten bey ausarbeitung der
acten, nicht weniger zum gebrauche der
landſchafts-ſyndicen, auch der fiſcalen
nicht anreichend. Und gleichwie ich ſeit
):(dem
[]Vorrede.
dem jare 1725 an die ergaͤnzung desje-
nigen, was weder in den pandecten, noch
im geiſtlichen, ſowohl lehn- als auch
ſtats-rechte ſich nicht findet, dennoch
in der praxi vorkoͤmmt, auf die tribfe-
dern der erfarung habe ernſtlich denken
muͤſſen; alſo verhoffe ich, daß meine
bemuͤhung zur mißdeutung nicht gezo-
gen werde. Ich lerne gern taͤglich.
Daher ſoll mir die freundſchaftliche ver-
beſſerung der untergelaufenen feler zur
herzlichen freude, wegen der dadurch
erlangender verbreitung der wahrheiten,
gereichen. Unterdeſſen wuͤrden meine
uͤberhaͤuften geſchaͤfte mir nicht verſtat-
tet haben, diſes werk ſo bald an das
licht
[]Vorrede.
licht zu geben, wenn nicht die liebe zur
befoͤrderung der wiſſenſchaften den hiſi-
gen herrn profeſſor Hofmann zu mei-
ner ausnemenden dank-verbindlichkeit
bewogen haͤtte, den aufſaz meiner lehr-
ſaͤze und erfarungen zu uͤbernemen. Was
dem nach an verſchoͤnerungen und aus-
zierungen diſes Werkes von der guͤtig-
keit des leſers etwa wahrgenommen
wird, das iſt nicht mir, ſondern dem
nur belobten herrn profeſſor Hofmanne
zuzuſchreiben. Und da ſich die herren
profeſſoren Puͤtter und Achenwall
anfaͤnglich ins natur-recht teileten; ſo
tue mit dem mehr gedachten herrn pro-
feſſor ich gern ein gleiches. Was ei-
):( 2nem
[]Vorrede.
nem Luͤder Menken nicht verarget
wurde, darin hoffe ich auch, daß der-
gleichen gerechtigkeit vom geneigten leſer
mir angedeihen werde. In der kuͤnfti-
gen Michaelis-meſſe folget, ſo Gott
will, der andre und lezte teil.
Johann Georg Eſtor.
Marburg,
am 12ten Maͤrz.
1757.
[[1]]
Johann Georgen Eſtors
Fuͤrſtlichen Heſſiſchen geheimten regirungs-rathes und vicekanzlers
auch erſten lehrers der rechte in der univerſitaͤt
zu Marburg
grundſaͤze
des Teutſchen
rechtes.
[[2]][[3]]
Grundſaͤze
des Teutſchen rechtes.
Erſtes haubtſtuͤck
Von der wircklichkeit des Teutſchen
rechtes, deſſen nuzen, nothwendigkeit, quellen,
auch den huͤlfsmitteln, und der heutigen
beſchaffenheit.
§ 1
Das Teutſche recht iſt eine wiſſenſchaftErklaͤrung
des Teut-
ſchen rech-
tes.
derer Teutſchen geſaͤze und gewohn-
heiten, welche in Teutſchlande zur
entſcheidung der privat-ſtreitigkeiten
uͤblich geweſen, und zum theile, auſ-
ſer den Roͤmiſchen rechten, nach maaßgebung der
Teutſchen verfaſſung, uͤblich worden ſind.
§ 2
Dieſes recht pflegen Ulrich Thomas Lauter-das hodie
und mori-
bus.
bach, und andre rechtsgelehrten, welche von den
Reichsgeſaͤzen, ſo wohl den Teutſchen gewohnheiten
nichts wiſſen wollen, oder guͤnſtlinge der gloſſato-
ren ſind, durch das hodie, oder moribus, oͤfters
anzudeuten, ſihe Johann Carl Heinrich Dreyern
A 2de
[4]I haubtſt. Von der wircklichkeit
de vſu genuino iuris Anglo-Saxonici, § 1, ſ. 5,
und f.
§ 3
theilung
des T.rech-
tes.
Das Teutſche recht hat nicht allein ſeine quel-
len, ſondern auch ſeine huͤlfsmittel. Es iſt ſelbiges
in das allgemeine und beſondere, nicht minder in
das alte, mittlere, und neue einzutheilen.
§ 4
wohnheiten
werden
rechte ge-
nennet.
Die ſitten wurden durch die ſchoͤppen beibehal-
ten, und fortgepflanzet. Die Teutſchen nenneten
die gewohnheiten rechte; daher das ſpruͤchwort
entſtanden iſt „der ſchoͤppe weiſet zu rechte„, Jo-
hann Nicol Hertde notitia veteris Germaniae
populorum P. I, cap. 4, § 7, und in paroem. 39,
ſ. 460, T. III, vol. II, George Tobias Piſtorius
im theſauro paroemiarum German. iurid. cent.
IV, paroem. 99, ſ. 294 fg. Die Teutſchen nen-
neten auch die geſchribenen geſaͤze juſtitias, Franz
Dominicus Haͤberlinde ſtatutis Suſatenſibus
in der vorrede, ſ. 2, Eckhard in der hermeneu-
tica iuris lib. II, cap. 1 § 12, * ſ. 313
§ 5
In was fuͤr einer ſprache, der Lateiniſchen, oder
Teutſchen, ſolche geſaͤze abgefaſſet worden ſind,
ſolches iſt einerlei. Von der Teutſchen ſprache
ſihe den Burghart Gotthelf Struven im corp.
hiſt. German. prolegom. ſect. 1, § 9, § 29 ſ. 5 u.
ſ. 13.
§ 6
Teutſche
ſprache
aufgekom-
men ſei?
Die Teutſche ſprache wurde von den gebruͤde-
ren, dem Carlmanne, Ludewigen, und Carlen ge-
brauchet, Hahn in der Reichshiſtorie, I th. ſ. 257,
Struve im corp. iur. publici cap. 28, § 5, ſ. 1047.
Ottfrid, der moͤnch, hat am erſten in Teutſchem
geſchriben. Er lebete in der mitte des neunten
jahr-
[5]des Teutſchen rechtes.
jahrhunderts zu den zeiten des kaiſers Lotharius
des I., und war ein Benedictiner, und hieſe vom
orte Weiſenburg, im Elſaße, Ottfridus Wizan-
burgenſis; Fabricius in der bibliotheca mediae
et infimae latinitatis vol. 5 ſ. 535, fg, David
Hofmannde Ottfrido, 1717, 4.
§ 7
An der wircklichkeit des Teutſchen rechtes iſtdas da-
ſeyn des T.
rechtes wird
erwieſen.
um ſo weniger zu zweifeln, je gewiſſer es iſt, daß
die Teutſchen ihre beſondre ſtaats-verfaſſung ge-
habt haben, welche ohne geſaͤze nicht beſtehen kan,
ungeachtet die ſtrengen civiliſten ſolche ohne allen
grund laͤugnen, auch die erlernung diſes rechtes fuͤr
unnuͤzlich und hoͤchſt ſchaͤdlich halten; ſihe die epi-
ſtolam Schmidio ſcriptam ſ. 93 und fgg., bei
der diſputation de iuribus quibusdam viduarum
mulierum equeſtrium etc, den Chriſtian Gott-
frid Hofmann in der diſp. de iurisprudentiae
principiis et fontibus § 7 § 22, bei des Georgen
Beyersdelineatione iuris Germanici.
§ 8
Die alten geſaͤze der Teutſchen ſollen nichts
mehr gelten, Brockesde exiguo vſu antiqua-
rum legum Germanicarum, die gewohnheiten
aber kein recht mehr ſeyn.
§ 9
Allein da wir auch ein jus non ſcriptum, wie die
Roͤmer haben, pr. inſtit. de officio iudicis, wor-
auf die richter zufoͤrderſt ihr augenmerck bei ent-
ſcheidung der rechtshaͤndel richten ſollen; hiernaͤchſt
wirckliche allgemeine gewohnheiten in Teutſchlan-
de, von alten zeiten her, vorhanden geweſt ſind;
ferner die Reichsabſchide ſehr viles von den privat-
geſchaͤften enthalten; ſodann die kammergerichts-
ordnung, I th. tit. 57, der Weſtphaͤliſche fridens-
A 3ſchluß
[6]I haubſt. von der wircklichkeit ꝛc.
ſchluß art. V, § 4, der Reichsabſchid vom jahre
1654 § 105, die Reichshofrathsordnung, tit. 1
§ 15, der viſitations-abſchid vom jahre 1713 § 15,
die kaiſerliche wahlcapitulation art. 15 § 18 uns
darauf, als die rechte des vaterlandes, vor allen
dingen weiſen; ſo waͤre es unverantwortlich, ſolche
zu verabſaͤumen, Engelbrecht in der comment.
de vtilitate ac neceſſitate ſtudii iuris Germa-
nici.
§ 10
rende ju-
gend ſoll
auf die T.
ſitten bei
hieſiger
univ. gewi-
ſen werden.
In den ſazungen fuͤr die hieſige univerſitaͤt iſt
ſehr weißlich geordnet, dahin zu ſehen, daß die ſtu-
dirende iugend auf die Teutſche ſitten, inſonderheit
auf den Tacitus de moribus Germanorum und
den Caͤſar gewiſen werde.
§ 11
rechtsge-
lahrheit iſt
unentbehr-
lich.
Die wiſſenſchaft der Teutſchen rechte iſt in kei-
nem theile der rechtsgelahrheit zu entraten, Eck-
hard am a. o. lib. I cap. 8, § 341 fg. ſ. 279-298,
lib. II cap. 1 § 1, ſ. 301, Dreyerde vſu genuino
iuris Anglo-Saxonici, § 1 ſ. 3 u. f. von Weſt-
phalde iuris Romani indole et obligandi di-
verſa ratione ac dignitate in foris German.
cap. II, § 4, 5, George Beyerde vtilitate lect.
academ. in iure German., welche abhandelung
ſeiner delineationi iuris Germanici vorgeſezet iſt.
§ 12
enthalten
buͤrgerliche
ꝛc. handlun-
gen.
Die Reichs-abſchide handeln vielfaͤltig von den
erbſchafts-rechten, teſtamenten, vormundſchaften,
contracten, dem wucher, den zinſen, dem policei-
weſen, den handwercken, und deren mißbraͤuchen,
den bankerutirern, juͤden ꝛc. Sie enthalten proceß-
regeln, und vile andre buͤrgerliche handlungen.
§ 13
[7]des Teutſchen rechtes.
§ 13
Der einwurf von dem albernen und tummendie T. ge-
ſaͤze ſind
nicht tumm
inhalte der alten Teutſchen geſaͤzen, iſt unbegruͤn-
det, wie Grotius und Heineccius gezeiget haben.
§ 14
Giſebert, Schilter, von Ludewig, Gund-befoͤrderer
des T. R.
ling, Ropp, und andre haben das Teutſche recht
mit gutem erfolge betriben, wie denn nur bemeld-
ter kanzler von Ludewig den profeſſor Gonne auch
zum doctor des Teutſchen rechtes gemachet, imglei-
chen der Luͤbeckiſche ſyndicus Dreyer vorhin zu
Kiel als lehrer der Teutſchen rechte geſtanden hat.
§ 15
Geſtallt dann auch, Kulpis, Thomaſius, ab-
ſonderlich Kreß, Gerhard, Engelbrecht, Jo-
hann George Cramer und Brunquell deſſen
erlernung ſehr angeraten haben; annebſt Geor-
ge Beyer ſich daruͤber gemacht, deſſen ſaͤze Grieb-
ner 1718 und hernach Chriſtian Gottfrid Hof-
mann 1729 herausgegeben haben.
§ 16
Ferner der Heinecciusantiquitates Germa-
nicas aufgeſezet hat, die aber durch Ludewigen ver-
loren worden ſind.
§ 17
Inzwiſchen Chriſtian Heinrich Freieslebeneinleitun-
gen des T.
rechtes.
eine einleitung zur buͤrgerlichen Teutſchen rechts-
gelahrheit 1726 8, ferner Johann Friderich Po-
lac ein ſyſtema iurisprudentiae ciuilis Germa-
nicae antiquae 1733, 4 verfertiget, darauf Hei-
neccius 1736 den erſten teil der elementorum iu-
ris Germanici und den andern 1737 in gros 8
zum drucke befoͤrdert; weiter der izige Reichshof-
rath freiherr von Senckenberg, als profeſſor in
A 4Goͤt-
[8]I haubtſt. von der wircklichkeit ꝛc.
Goͤttingen, grundſaͤze der Teutſchen gemeinen
rechtsgelahrheit 1737 in 8 ausgehen laſſen; uͤber-
diß Johann Rudolph Engauelementa iuris
Germanici ciuilis 1737, 8, auch Johann Jacob
Moſer grundſaͤze des Teutſchen privatrechtes uͤber-
haubt, Franckfurt 1738, 4, ſo dann der herr pro-
feſſor Puͤtterelementa iuris Germanici priuati
hodierni, Goͤttingen 1748, 8, endlich Johann
Friderich Eiſenhartinſtitutiones iuris Germa-
nici priuati, Halle 1753, 8, herausgegeben haben.
§ 18
endzweck
hierbei.
Der haubtendzweck dißfalls iſt, daß man die
aus den alten Teutſchen geſaͤzen und gewohnheiten
noch im ſchwange gehenden uͤberbleibſale verſtehen
lerne, und mit den veralteten oder neu angenom-
menen ſich nicht abgebe.
§ 19
des alten
T. rechtes,
Derohalben man, ſo vil noͤthig iſt, auf den
Cornelius Tacitus, und nach diſem auf den Caͤ-
ſar, auch die vom Johann Sichard, zu Baſel,
1530, 8, und vom Baſilius Johann Herold zu
Baſel 1557 in fol. ausgegebenen leges Germano-
rum, des Friderich Lindenbrogscodicem le-
gum antiquarum, 1613 fol., des Stephan Balu-
ziuskapitularia Francorum, Paris 1677 fol.,
Johann Georgen Eccardsleges Francorum
Salic. et Ripuar. 1720 zuruͤckgehen, anbei beobach-
ten muß, daß den Langobardiſchen geſaͤzen, beim
MuratoriT. I, P. II, den Weſt-Gotiſchen und
der Burgunder, ſchon verſchidenes aus den Roͤmi-
ſchen rechten eingeſchaltet worden ſei. Von diſen
geſaͤzen hat Georgiſch einen auszug gelifert,
Halle 1738, 4.
§ 20
[9]des Teutſchen rechtes.
§ 20
Zu den geſaͤzen der Teutſchen mittlerer zeitendes mitt-
lern T.
rechtes.
gehoͤren 1) das Magdeburgiſche weichbild, wick-
bild, Buder in der bibliotheca iuris ſ. 66, Stru-
ve in der hiſtoria iuris, cap. VI § 29 ſ. 476 und
ſ. 486 **, Joach. Theod. Lichtenſteinde iure
weichbildico Saxonico obſ. I
§ 21
Nach diſem iſt 2) der Sachſenſpigel im XIIIten
jahrhundert bekannt worden, als die quelle des
heutigen gemeinen Sachſen-rechtes, davon der
Reichshofrath von Gaͤrtner 1732 in fol. die beſte
ausgabe gelifert hat, Ayrerde aetate ſpeculi
Saxonici ſpeculo Sueuico antiquioris, Goͤtt.
1742.
§ 22
Alldieweil die juriſten ihre buͤcher und proceſſewarum die
buͤcher ehe-
dem ſpigel
genennet
worden?
ſpigel nenneten, und der Durandus der ſpeculator
hieſe; ſo haben die Teutſchen diſes nachgeamet,
um ihre werke beliebter und juriſtiſcher zu machen.
§ 23
3) Der Schwadenſpigel iſt unterm kaiſer Ru-die ausga-
ben des
Schwaben-
ſpigels.
dolphen dem I ums jahr 1282 gefertiget worden,
Lambacher in der diſp. de aetate ſpeculi Sueui-
ci, Wien 1739, 4. Alle dreie ſtehen beim Bur-
germeiſter im Teutſchen corpore juris, Ulm 1717,
2 th. 4, und noch beſſer im T. II antiquit. Teu-
ton. des Schilters, auch in des Schannats
ſammlung.
§ 24
Das Soͤſtiſche ſtadtrecht, oder die ſchraa, iſtdie alte
ſtadtrechte,
das Soeſti-
ſche,
das Luͤbiſche,
ſehr alt. S. Haͤberlinen, und Emminghauſen.
Das Luͤbiſche recht iſt vor den zeiten des kaiſers
Friderichs I bereits bekannt geweſen; immaßen
diſer 1188 dasſelbe beſtaͤtiget hat. Es iſt ſolches
A 51586
[10]I haubtſt. von der wircklichkeit ꝛc.
1586 beim Balhorne in fol. gedrukt, welchem
nachher noch andre ausgaben gefolget ſind.
§ 25
Das alte Luͤbiſche ſtadtrecht iſt in vilen um-
ligenden, auch entfernten landen und ſtaͤdten an-
genommen worden, Chriſtian Gottlib Riccius
von den ſtadtgeſaͤzen, 1 buche 5ten und 6ten haubt-
ſtuͤcke, ſ. 87 und f., Dreyerde formula rece-
ptionis iuris Lubecenſis eiusque indole foren-
ſi in ciuitatibus Holſatiae, 1751.
§. 26
burgiſche
ſtadtrecht.
Die Hamburger haben ebenfalls im zwoͤlften
jahrhundert das Luͤbiſche recht angenommen. Dar-
auf iſt ihnen 1258 von den grafen von Holſtein
ein weichbild ertheilet worden. Im jahre 1292
haben die grafen von Holſtein-Schaumburg ihnen
verſtattet, neue geſaͤze zu machen. Daher der
rath aus den Roͤmiſchen und Saͤchſiſchen rechten,
ſtatuten fertigen laſſen, welche 1603 herausgekom-
men ſind; ſihe den Richey in der hiſtoria ſtatuto-
rum Hamburgenſium 1738.
§ 27
Von den Holſteiniſchen rechten handeln der von
Weſtphal in monumentis rerum ineditarum
und Moller in Cherſoneſo Cimbrica.
§ 28
ſtatuten
ſind beſſer,
als die
neuen.
Je aͤlter die ſtatuten, je beſſer ſolche zu gebrau-
chen ſind, z. e. die Soeſter, Luͤbecker, Hamburger,
Coͤllner, Muͤhlhauſer, auch Luͤneburger ꝛc. Je
neuer ſolche ſind, deſto mehr iſt vom Roͤmiſchen
rechte eingeflicket, z. e. die Franckfurtiſche reforma-
tion, Eckhard in der hermeneutica iuris, lib. II,
cap. 1 § 14 und f. ſ. 315 und f. Von den Wendi-
ſchen rechten handelt Schoͤttgen im leben Conrads
des
[11]des Teutſchen rechtes.
des groſen. Die ſtadt Weida, im Vogtlande,
hat bereits im jahre 1027 von dem reichs-vogte
Heinrich zu Plauen ihr ſtadtrecht beſtaͤtiget er-
halten, Paul Daniel Longolius th. II der ſiche-
ren nachrichten von Brandenburg-Culmbach,
ſ. 181 und f.
§ 29
Man muß indeſſen die Oeſterreichiſche, Kaͤrn-die T. land-
und ſtadt-
rechte.
tiſche, Crainiſche, Tiroliſche, Boͤhmiſche, Schle-
ſiſche, Baieriſche, Ober-Pfaͤlziſche, Chur-
Pfaͤlziſche, Saͤchſiſche, Brandenburgiſche, Mag-
deburgiſche, kur- und fuͤrſtlich-Braunſchweig-Luͤ-
neburgiſche, Mainziſche, Coͤllniſche, Trieriſche,
Bambergiſche, Wirzburgiſche, Muͤnſteriſche, Pa-
derborniſche, Luͤttichiſche, Baſeliſche, Anſbachi-
ſche, Heſſiſche, Juͤlichiſche, Pommeriſche, Meck-
lenburgiſche, Holſteiniſche, Wirtenbergiſche,
Badeniſche, Anhaltiſche, Naſſauiſche, Oſtfrie-
ſiſche, Hanauiſche, Solmſiſche, Hohenlohiſche,
Oldenburgiſche, Schaumburgiſche, ſtadt Ache-
niſche, Coͤllniſche, Augſburgiſche, (davon Mo-
rell gehandelt hat), Ulmiſche, Wormſiſche,
Nuͤrnbergiſche, Franckfurtiſche, Bremiſche,
Muͤhlhaͤuſiſche, Rotenburgiſche, Soeſtiſche, Minde-
niſche, Magdeburgiſche, Caſſeliſche, ſtadt Braun-
ſchweigiſche, Luͤneburgiſche, Celliſche, Stettiniſche,
Rensburgiſche, Erfurtiſche, Leipzigiſche, Dreß-
deniſche, Gothaiſche, Eiſenachiſche, Arnſtaͤdti-
ſche ꝛc. theils ſtatuten, theils proceßordnungen,
mit zur hand nehmen, deren ausgaben theils beim
Buder in der bibliotheca iuris, cap. 5, theils
beim Rinck im catalogo ſ. 68 und f. theils im
catalogo Vffenbachiano, theils beim Riccius
von ſtadtgeſaͤzen, theils beim Engelbrecht in bi-
bliotheca ſtatutorum, theils beim Saur im
ſtatutenbuche, und theils bei dem von Ludolf in den
ob-
[12]I haubtſt. von der wircklichkeit ꝛc.
obſeruationibus zu ſehen ſind. Die beiden lez-
teren haben ſammlungen davon bekannt gemachet.
Hieher gehoͤren auch a) des von Weingarten
faſciculus diuerſorum iurium, Nuͤrnberg, 1695,
in fol. b) conſuetudines electoratus et Mar-
chiae Brandenburg. Joachimi Scheplizii, Leip-
zig 1616 in fol., welche ausgabe beſſer, als die von
1608 iſt, c) das corpus conſtitutionum Marchica-
rum, Halle 1737 in fol. d) das corpus conſtitutio-
num Magdeburgicarum Magdeburg 1714, 4, wel-
che Chriſtian Otto Mylius hat ausgehen laſſen.
Von den Heſſiſchen geſaͤzen, auch verordnungen,
koͤnnen e) die Senckenbergiſchenſelecta iuris et
hiſtoriarum T. III, und in der vorrede zum
fuͤnften Bande ſ. 31 u. f., benebſt Waldſchmiedten
de ſingularibus quibusdam et antiquis in Has-
ſia iuribus nachgeſehen werden. f) Maſcov in no-
titia iuris et iudiciorum Brunſuico-Luneburg.
Goͤttingen 1738 8vo g) Bremenſis reipublicae
ſtatuta ab Henrico Krefftingio in ordinem re-
dacta mit anmerkungen Johann Almers durch
Johann Wachmann, im mſct. h) Paul Kochens
ſynopſis ſtatutorum Bremenſium 1684 in 4to,
i) Pufendorfsobſeruationes iuris vniuerſi, 2
theile im anhange.
§ 30
zoͤſiſche
rechte.
Man muß immittelſt die Franzoͤſiſchen verord-
nungen, und deren erlaͤuterer nicht auſſer augen
ſezen; immaſſen auſſer Guienne, Languedoc, Ga-
ſcogne, Provence, Dauphine, und Linnois ꝛc. alle
Franzoͤſiſche provinzien, Teutſche und Franzoͤſiſche
gewohnheiten haben. Gotofredus hat zu Franck-
furt 1597 diſe gewohnheiten laſſen zuſammen dru-
cken. Es ſind in die 60 provincial-ſtatuten, ſtadt-
und andere geringerer orten gewohnheiten in die
275 beſondere coutumes. Nicht minder ſind hier-
bei
[13]des Teutſchen rechtes.
bei die Spaniſchen geſaͤze, inſonderheit der liber
iudicum, und unter den neuen geſaͤzen die leges
Tauri nachzuſehen.
§ 31
Imgleichen gehoͤren fuͤrnaͤmlich die EngliſchenEngliſche;
geſaͤze hieher, als die leges Eduardi, welche des-
wegen leges communes Angliae genennet wer-
den. Diſe und andre findet man bei dem David
Wilkens in den legibus Anglo-Saxonicis, Lon-
den 1721 in fol. Unter den alten gehoͤret hieher:
Fleta, ſiue commentarius iuris Anglicani;
Heinrich von Bractonde legibus et conſuetu-
dinibus regni Angliae, London 1640, 4t, Jo-
hann Covelinſtitutiones iuris Anglicani;Jo-
hann Skenaͤusde Scotiae legibus, ſeu de re-
gia maieſtate Scotiae Lond. 1613 in fol. Mehrere
nachrichten hiervon gibet Dreyerde vſu genuino
iuris Anglo-Saxonici, § 4 ſ. 91-251 und f.
§ 32
Die Schwediſchen geſaͤze ſind gleichfalls nichtSchwedi-
ſche,
zu vergeſſen. Der Schweden erſter geſazgeber
hieſe Zamolxes, oder Samolſes. Das Schwe-
diſche landrecht hat Bero, der erſte chriſtliche
koͤnig, ausgehen laſſen, die uͤbrigen geſaͤze haben
von den provinzen ihren namen, und dieſe hat
Carl Lundius geſammlet, und einen auszug da-
von gegeben Johann Olaus Stiernhoͤoͤkde
iure Sueonum vetuſto, Stockholm 1672 in 4t.
Sihe den Jacob Wilde in Sueciae hiſtoria pra-
gmatica, cap. 3 ſect. 1 § 3 ſ. 225. Von den neuen
Schwediſchen geſaͤzen hat Johann Loccenius ei-
nen auszug gemacht.
§ 33
Die Daͤniſchen geſaͤze gehoͤren ebenfalls hieher. dieDaͤni[-]
ſche,
Der nomocanon Juticus, dat Jutske Lowbok,
Mol-
[14]I haubtſt. von der wircklichkeit ꝛc.
Moller am a. o. th. I cap. 15, ſodann das Nor-
wegiſche recht, welches der Hirdskraa genennet
wird.
§ 34
ſche,
Dieweil die Polen das alte Saͤchſiſche recht
gehabt haben; ſo findet man in deren ſazungen
viles zur erlaͤuterung der Teutſchen gewohnheiten;
ſihe die ſtatuta et decreta Sigismundi I, Cracau
1524 in fol. und des Nicol Zalaszowskiius regni
Poloniae, 1701 fol. 3 baͤnde.
§ 35
ſiſche,
Ueber diß iſt das Culmiſche recht in Preuſſen
aus dem Sachſenrechte zuſammen getragen, das
zu Thoren 1584 in fol. und Danzig 1745 in fol.
die Preſſe verlaſſen hat.
§ 36
laͤndiſche,
Fuͤr andern ſind die Niederlaͤndiſchen rechte zu
rathe zu ziehen, z. e. Anton Anshelmscodex
Belgicus, Antwerpen 1649, 1693 in fol. und an-
dere deſſelben ſchrifften, ſo dann Peter Stock-
manns wercke, welche 1686 zu Bruͤſſel in 4t zu-
ſammengedruckt worden ſind, und Franz Zypaͤ-
us in der notitia iuris Belgici, Antwerp. 1635, 4,
1665, 8, Simon Groͤnewegende legibus ab-
rogatis etc. Amſterdam 1669, 4t. Die rechte
der vereinigten Niederlande haben Hugo Grotius
in ſeiner Inleyding tot de Hollandſe rechtsgeleert-
heid, Harlem 1636, 4, und deſſen bruder Wil-
helm Grotius in der iſagoge ad praxin fori
Batauici, Amſterd. 1655, 4 beſchriben. Die alten
Frieſiſchen geſaͤze hat Sibrand Tetard Sicca-
ma mit anmerkungen erlaͤutert an das licht geſtel-
let, Franecker, 1617, 4.
§ 37
[15]des Teutſchen rechtes.
§ 37
Endlich rechnet man die Schweizer rechte auchdie Schwei-
zer rechte
dienen hier-
bei zur er-
laͤuterung.
hieher, wie dann Hanß Jacob Leu das eidge-
noͤſſiſche ſtadt und landrecht herausgegeben hat,
Zuͤrich 1746, 4t, vier theile.
§ 38
Alle dieſe rechte muͤſſen theils aus der geſchichte,die huͤlfs-
mittel.
theils aus den altertuͤmern, theils aus den de-
ductionen, urkunden, theils aus den ſpruͤchwoͤrtern,
aus der muͤnzwiſſenſchaft, den innſchriften, ſigeln, und
durch andre huͤlfsmittel erlaͤutert und beſtaͤtiget wer-
den. Sihe den Hachenberg in der Germania media
in 4t, Cluvern in der Germania veteri in fol., Net-
telbladts u. Treuers entwurf vom theſ. antiquita-
tum Germ., auch des H. Darmſtaͤdtiſchen herrn re-
girungsraths, Joh. Jacob Hombergks zuſaͤze ꝛc.
Zu den urkunden gehoͤren Luͤnigs ſchriften, Miraͤi
opera diplomatica, Bruͤſſel 1723 in fol. des
Martenetheſaurus anecdotorum, Paris 1717
in 5 folianten; Hundsmetropolis Salisburgen-
ſis in fol., des Mabillonanalecta, Paris 1723, des
Baluziusmiſcellanea,Falckenſteinsantiquitates
Nordgauienſes, des freih. von Gudenus, Schan-
nats, Heumanns, Frehers ꝛc. ſchriften, Rymers
foedera Anglicana vom jahre 1105-1625 in 17
folianten, Londen 1727, Johann Nicol Hert
hat die Teutſchen ſpruͤchwoͤrter fuͤr andern in ſei-
nen wercken erlaͤutert; nicht minder hat George
Tobias Piſtorius ſelbige zu erklaͤren geſuchet.
Zu dem Teutſchen muͤnzweſen mittlerer zeiten hat
der von Ludewig eine einleitung herausgegeben.
Zu der arte diplomatica geben Chriſtian Heinrich
Eckhard in der introductione in rem diplomati-
cam, praecipue Germanicam, der von Ludewig,
Mabillon, das chronicon Gottwicenſe, Baring,
Wal-
[16]I haubtſt. von der wircklichkeit ꝛc.
Walther ꝛc. anleitung. Von den ſigeln handeln
Johann Michael Heineccius, Hoͤpingk u. a.
§ 39
Die lexica des Wachters, Friſchens, Beſolds,
deſſen Buch den titul hat: theſaurus practicus,
Speidels, u. Wehnersobſeruationes practicae,
Friderich Gottlieb Struvens ꝛc. ſammlung und
rechtliche erklaͤrung unterſchidener Teutſchen woͤrter
dienen auch zur erlaͤuterung der Teutſchen rechte.
Zum Beſolde hat der Dietherr, ein Nuͤrnberger,
und Fritſch zuſaͤze gemacht. Hieher gehoͤren auch die
gloſſaria, ohne deren beihuͤlfe man die alten geſaͤze, ſo
wohl urkunden, nicht verſtehen kan, z. e. Schilters
gloſſarium ad ſcriptores linguae Franc. et Ale-
mann. bei ſeinem dritten bande des theſauri anti-
quitat. Teuton., der Lindenbrog, des von Leib-
nizcollectan. etymolog., des Johann George
von Eccardcatecheſis Theodiſca, des von
Weſtphal, des Olaus Vereliusindex linguae
vet. Scytho-Scandicae,Georgen Hickesin-
ſtitutiones grammat. Anglo-Saxon. et Moeſo-
Gothic. Oxfort, 1705, in 2 folianten, Wilhelm
Somnersdictionarium Sax. latino Anglicum,
Oxfort, 1659, Stephan Skinnersetymologi-
cum linguae Anglicanae, Lond. 1671, fol.,
Heinrich Spelmannsgloſſarium archaeolog.
Lond. 1687. Sihe Dreyern am a. o. ſ. 208 u. f. Des
du Freſnegloſſarium ad ſcriptores mediae et
infimae latinitatis, Paris 1733 und Venedig 1736,
in ſechs folianten, des Menagedictionarium ety-
mologicum originum linguae Francicae, Paris
1694 fol., und deſſen origines linguæ Italicæ, Genf
1685 fol., des Octavius Ferrariusorigines linguae
Italicae, 1676 fol. ſind noͤtig. Die beſonderen ab-
handelungen, welche zur erlaͤuterung der Teutſchen
rechte und gewohnheiten dienen, werden in der
Stru-
[17]des Teutſchen rechtes.
Struviſchenbibliotheca iuris cap. 12, und in
Johann Andreen Hoffmanns juriſtiſchen Bi-
bliothek IIIIten haubteintheilung, I haubtſtuͤcke,
ſ. 65 fg. namhaft gemachet.
§ 40
Obgleich Michael Graß einer der groͤſten fein-
de des Teutſchen rechtes iſt; ſo wirft er doch in
ſeinen collationibus iuris ciuilis cum receſſibus
Imperii mit dem namen des Teutſchen rechtes um
ſich; es koͤnnen auch diejenigen glider der hoͤchſten
Reichs-gerichte, welche der Teutſchen geſchichten
kundig ſind, das daſeyn der Teutſchen rechte nicht
ablaͤugnen; immaſſen ſonſt theils die Kammerge-
richtsordnung, theils der Reichsabſchid vom jahre
1654 § 105, theils der Reichskammergerichts-viſita-
tionsabſchid vom jahre 1713 mit fuͤſſen getreten
werden muͤſten. Man ſuchet daher unter dem
Teutſchen rechte weiter nichts, als was die kundba-
ren Reichsabſchide und die unlaͤugbaren Teutſchen
gewohnheiten mit ſich bringen. Man will nur des-
falls die vorrechte des alten adels, die erbfolge-
gedinge (pacta ſucceſſoria), das wittum, das
leibgeding, die morgengabe, die erbfolge in den
ehegedingen, die errungenſchaft der eheleute ꝛc.
zum beiſpile anzihen, folglich den Sadducaͤern des
Teutſchen rechtes das maul ſtopfen, Dreyer am
a. o. ſ. 3, ſ. 8 u. f. Sihe Goldaſten in den Reichs-
ſazungen, th. II, ſ. 98.
§ 41
Teutſchland hat ſeine eigenen rechte, wie ein iederTeutſchland
hat ſeine ei-
genen rechte
iederzeit ge-
habt.
ſtaat, und faſt ieder ort ſeine beſonderen geſaͤze,
auch gewohnheiten hat, Piſtorius am a. o. cen-
tur. X paroem. 97 ſ. 1074. Wo die Teutſchen
rechte nichts verordnen, ſoll man ſich nach der fuͤr-
ſchrift der Reichsgeſaͤze, der fremden und in Teutſch-
Blande
[18]II haubtſt von dem rechte
lande zur huͤlfe angenommenen rechte bedienen, ob
man gleich abredig nicht ſeyn kan, daß die fremden
rechte vieles von den Teutſchen gewohnheiten ver-
drungen haben.
§ 42
zur aufnah-
me der
fremden
rechte.
Zu der aufnahme der Roͤmiſchen und geiſtlichen
rechte, haben viele urſachen anlaß gegeben, und
zwar haben ſolcher vorſchub gethan: die paͤbſte,
die unwiſſenheit der vaͤterlichen ſitten, die verwor-
renen aͤlteren zeiten, die luſt und das vergnuͤgen
an fremden ſachen, auch die allzugroſe ehrfurcht fuͤr
die Roͤmiſchen und geiſtlichen rechte, ſamt den er-
richtungen der hohen ſchulen, auf welchen keine
andern rechte, als die bemeldten gelehret wurden,
Dreyer am a. o. ſ. 27.
Zweites haubtſtuͤck
Von dem rechte und der gerechtigkeit.
§ 43
bedeute.
Recht heiſet ſoviel, als gerade, und wird dem
ſchiefen entgegen geſezet. Weil nun eine norm,
oder ein richtſcheit mich gerade fuͤhret; ſo iſt recht
ſoviel als das principium dirigens der menſchlichen
handlungen. Es iſt ſolches entweder geſchriben,
oder nicht geſchriben. Beides iſt ſowohl allgemein,
als auch beſonders. Das allgemeine oͤffentlich
bekannt gemachte hat wiederum ſeine beſondren
gattungen. Wir haben reichs-land-ſtadt-geſaͤze,
und rechte, privilegien ꝛc.
§ 44
ſam.
Das wort recht wird metonymiſch, da die ur-
ſache fuͤr die wirckung geſezet wird, als ein geſaͤz, oder
recht angeſehen. Daher es vom mißbrauche her-
kom-
[19]und der gerechtigkeit.
kommet, wenn man ſaget: das recht habe eine
waͤchſerne naſe. Denn recht iſt gerade; das ge-
rade aber kan nicht krumm ſeyn.
§ 45
Der Teutſche hielte viel auf gleiches recht, undder Teut-
ſche liebte
das gleiche
recht.
ſagete daher: „was billig und recht iſt, das iſt
„Gott lieb„, Piſtorius, cent. I paroem. 74 ſ. 98.
Bei belohnung der tugend ward die gleichheit von
der tapferkeit genommen, nach dem bekannten:
„Dem mann ein ei,
„Dem frommen Schweppermann zwei;
oder:
„wie der mann iſt; ſo bratet man ihm die wurſt,
„oder den hering„, George Tobias Piſtorius in
theſauro paroemiarum Germ. iur. cent. 3 par-
oem. 97 ſ. 361.
§ 46
Die alten Teutſchen hatten keine geſchribenendie Teut-
ſchen rich-
teten ſich
nach ihren
ſitten.
geſaͤze, ſondern richteten ſich nach ihren guten ſit-
ten, Tacitusde moribus German. cap. 19 § 6,
Hert in der notitia veter. German. popul. ſ. 96.
§ 47
Geſaͤz kommet, wie ſazung, von ſezen, und iſtwas das
geſaͤz ſey,
eine richtſchnur, nach welcher der obere die hand-
lungen ſeiner unterthanen in ordnung zu halten ſu-
chet. Geſaͤze hieſen auch juſtitiae, Haͤberlin
in der vorrede zu den ſtatutis Suſatenſ. ſ. 2.
Wiewohl durch ſothanes wort auch ertheilte frei-
heiten, privilegia, und gerechtigkeiten oͤfters ange-
zeiget werden, Richey am a. o. ſ. 53, Riccius am
a. o. ſ. 83 ****. Die geſaͤze waren entweder dasdeſſen gat-
tungen,
landrecht, (land ding) oder ſtadtrecht, Polycarp
Leiſerde iudicio honorario, lanttinc.
B 2§ 48
[20]II haubtſt. von dem rechte
§ 48
gebrauch
bedeute,
Anbeneben ſahen die Teutſchen auf ihre gebraͤu-
che und gewonheiten ungemein, Dreyer am a. o.
ſ. 73 u. f. Brauch bedeutet eigentlich uſus et
opus, d. i, quod ipſo facto conducit. Diſes wort
wird im doppelten verſtande genommen, da es
1) ſo viel, als gewonheit bedeutet, oder 2) einen
ritum, z. e. „wo der gebrauch iſt, ſinget man den
„pumpernickel (bon pour Nickel) in der kirche,
„und wer unter den woͤlfen iſt, muß mit ihnen heu-
„len. Es iſt beſſer mit machen, als ein narr allein
„ſeyn„, Piſtorius am a. o. cent. 8 paroem. 26,
ſ. 712, 713, und paroem. 46 ſ. 734. Das herkommen
und der ſtilus curiae koͤnnen ebenfalls hieher gezohen
werden, ſihe Stryken u. Haymende ſtilo curiae.
§ 49
heiten wa-
ren den
Teutſchen
angenehm,
Die Teutſchen hielten gar viel auf die gewonhei-
ten, wie die alten geſchichtſchreiber bei dem herrn
grafen von Buͤnau im erſten theile, erſten buche,
ſ. 54 der reichshiſtorie angemercket haben; daher
es noch heiſet: „laͤndlich, ſittlich, oder landes weiſe,
„iſt landes ehre; eine alte gewonheit iſt ſtaͤrcker
„als brif und ſigel; eine alte gewonheit ſoll man
„nicht brechen„, Piſtoriuscent. 4 par. 4 ſ. 282
cent. 9, paroem. 38, ſ. 863, Hertlib. 1 paroem. 2
ſ. 258 vol. II tom. 3 opuſc. Derowegen muͤſſen die
fremden ſich nach den rechten des ortes richten, wo
ſie ſich aufhalten, Hert am a. o. Sie ſagten fer-
ner: „hundert jahre unrecht, iſt nicht eine ſtunde
„recht; ein jahr boͤſe, hundert jahre boͤſe„, Hert
paroem. 3 ſ. 259 und paroem. 24 ſ. 439, Piſtorius
cent. 2 paroem. 96 ſ. 242 centur. 9 paroem. 90
ſ. 930 u. f. das iſt: boͤſe gewonheiten machen kein
recht, David Mevius in P. II decis. 378 ſ. 294.
§ 50
[21]und der gerechtigkeit.
§ 50
Die liebe der Teutſchen zur gerechtigkeit hatdie Roͤmi-
ſchen ſitten
hingegen
verhaßt,
das ſpruͤchwort aufgebracht: „juriſten boͤſe chri-
„ſten, oder juriſt ein boͤſer chriſt, mit leibe und ſele
„des teufels iſt; advocaten, ſchadvocaten„, Hert
paroem. 1 ſ. 255, Piſtoriuscent. II paroem. 12
ſ. 149 cent. 7 paroem. 27 ſ. 593; indem die Teut-
ſche glaubten: alle Roͤmiſche juriſten, imgleichen
die canoniſten, waͤren lauter verdamte rechtsver-
dreher. Wie dann Floruslib. 4 cap. 17 von ihnen
bezeuget, was maßen ſie einen ſolchen haß wider
die Roͤmiſchen advocaten geaͤuſſert, daß ſie einigen
die augen, haͤnde verſtuͤmmelt, einigen den mund
zugenehet, und vorher die zunge ausgeſchnitten, ſol-
che in die hoͤhe gehalten, und geſaget haͤtten: tan-
dem vipera ſibilare deſiſte! Ja kaiſer Friderich
der III hat in einer zu Mainz 1441 zum vortrag ge-
brachten ſazung keinen doctoren leiden koͤnnen;
Meier in der diſp. juriſten, boͤſe chriſten, Johann
Joachim Muͤllers Reichstagstheatrum unter
kaiſer Friderichen V vorſt. 1 cap. 5 ſ. 58, Dreyer am
a. o. ſ. 159 und 160, Schuͤzde odio Germano-
rum in cauſſarum patronos.
§ 51
Ungeachtet die Teutſchen ſo ſehr aufs recht hiel-hielten das
verſprechen
unverlezlich
ten, glaubten ſie dennoch, man muͤſſe das verſpre-
chen eher halten, als das recht: mithin ſagten ſie:
„willkuͤhr bricht landrecht, oder geding, geluͤbd
„bricht landrecht„ das iſt, pacta derogant ſtatu-
tis ſiue legibus,Piſtoriuscent. 8 paroem. 15
cent. 9 paroem. 71, Hertparoem. 9 ſ. 270. Aus
dieſem ſpruͤchworte fluͤßet, daß, wenn ich bei einen
handel ſeze: nach gefallen, nach beliben, quando-
cunque volueris, niemals eine verjaͤhrung laufe,
Hert am a. o.
B 3§ 52
[22]III haubtſt. von den Reichsſazungen
§ 52
braͤuche
ſind keine
gewonhei-
ten.
Von den gewonheiten ſind die mißbraͤuche zu
unterſcheiden. Diſe ſind entweder unvernuͤnftig,
oder laͤcherlich. Daher ſaget man: „mißbrauch
„iſt keine gewonheit„, Piſtoriuscent. 8 par-
oem. 58
Drittes haubtſtuͤck
von den
Reichsſazungen auch gnadenbrifen.
§ 53
reichsſa-
zung ſey?
Eine Reichsſazung heiſet eine verordnung des
Teutſchen koͤniges, welche mit einwilligung
der ſtaͤnde ſolcher handlungen halber, welche das
Teutſche reich angehen, gemacht werden. Es ha-
ben bereits die aͤlteſten Fraͤnckiſchen koͤnige der
ſtaͤnde einwilligung genommen, Pagi in der critica
ad annales Baronii, T. II ſ. 350 Sie nenneten ſol-
che pacten, brife, capitula, wenn ſie von weltli-
chen ſachen, und capitularia, wenn ſie von geiſt-
lichen ſachen handelten. Die zuſammenkuͤnfte we-
gen verfertigung der weltlichen geſaͤze hieſen pla-
cita, und wegen der geiſtlichen ſoͤnden (ſynoden).
§ 54
kannt ge-
machet
worden,
ſtatt deren
brauchte
man die
zweikaͤm-
pfe,
wie die
reichsgeſaͤze
Die geſaͤze wurden durch die biſchoͤfe, oder
miſſos dominicos bekannt gemachet.
§ 55
An ſtatt der geſaͤze brauchte man zuweilen die
zweikaͤmpfe; die aber hernach abgekommen ſind.
§ 56
Heut zu tage koͤnnen keine Reichsgeſaͤze ohne der
ſtaͤnde einwilligung gegeben werden, obgleich her-
nach
[23]auch gnadenbrifen.
nach der kaiſer die abgefaßten allein oͤffentlich be-abgefaſſet
werden,
kannt machet.
§ 57
Die auf dem Reichstage gefertigte ſazungenwas der ab-
ſchid bedeu-
te?
heiſen Reichsabſchide. Abſchid bedeutet eine
durch die ſtimmen entſchidene ſache. Wir haben
allgemeine, Kurfuͤrſtentages-abſchide und Reichs-
deputations-ſchluͤſſe. Sihe des Reichshofraths
freih. von Senckenberg ſendſchreiben bei der neue-
ſten ausgabe der Reichsabſchide, § 3 ſ. 42, fg.
§ 58
Die Reichsabſchide verbinden alle und iede, auſ-der R. A.
verbindlich-
keit.
ſer, wer von den ſtaͤnden ſich dawider verwahret,
Reichsabſchid 1521 § 39
§ 59
Auſſer dem kaiſer koͤnnen die ſtaͤnde des Reichesdie R. ſtaͤn-
de machen
in ihren
landen ge-
ſaͤze,
in ihren landen ebenfalls geſaͤze geben. Deren
geſaͤze ſollten zwar nicht wider die Reichs-geſaͤze
laufen; allein man kehret ſich nicht daran, und die
Reichsgerichte muͤſſen ſich darnach in vorfallenden
faͤllen auf gewiſſe maaße richten, Reichskammer-
gerichtsordnung I th. tit. 57, Reichshofrathsord-
nung, tit. 1 § 15, Reichsabſchid vom jahre 1654
§ 171
§ 60
Die ſtaͤdte, univerſitaͤten, gemeinden und zuͤnfte,aber die
ſtaͤdte nicht
auch gilden koͤnnen keine geſaͤze mehr machen, auſ-
ſer mit einwilligung des landesherrns. Immittelſt
ſind die ſtatuten mancherlei, theils gehen ſie nur
die perſonen an, theils haben ſie ſachen zum gegen-
ſtande, theils enthalten ſie vortheile, theils ſtrafen,
Riccius von ſtadtgeſaͤzen, ſ. 10, 20, 329, 357, 520,
542, 591, 604, 607, fg. Nicht alle perſonen, wel-
che ſich an einem orte befinden, ſind ſothanen rech-
ten unterworfen, Riccius am a. o. B. II cap. 12
B 4§ 1
[24]III haubtſt. von Reichsſazungen ꝛc.
§ 1 ſ. 453 fg. ſ. 554. Von den benennungen der
ſtadtrechte beſihe Dreyers diſputation de variis
codicum iuris Germanici denominationibus,
1751
Von den gnadenbrifen.
§ 61
brife,
Gnadenbrife heiſet man, wenn der Teutſche
koͤnig, oder ein ſtand des Reiches iemanden ein ge-
wiſſes vorrecht ertheilet. Man nennet es auch
handfeſt, ehedem diploma regis, praeceptum, au-
ctoritas, Hert in der notitia Francorum, cap. 5
§ 34 ſ. 258 vol. II T. I
§ 62
kaiſer ſolche
ertheilen
koͤnne?
Der kaiſer darf keine gnadenbrife zum nach-
theile der ſtaͤnde ausrinnen laſſen, Reichsabſchid
1654, § 197, Weſtphaͤliſcher fride, art. 7 § 2, kai-
ſerliche wahlkapitulation, art. 22. Hiervon iſt
das begnadigungs-recht, Thomaſius, Claſſen,
Falknerde iure aggratiandi cet. imgleichen die
diſpenſation, auch abolition zu unterſcheiden.
Von den befreiungen.
§ 63
gien erthei-
len die re-
genten,
Wie der regent nur privilegien ertheilen kan;
ſo mag hergegen ein ieder dem andern ſein recht,
etwas zu leiſten, erlaſſen; z. e. der adeliche hat die
fronen, ſo kan er zu ſeinem nachtheile, nicht aber,
daß es ſeinen andern bauern zur laſt falle, die fro-
nen erlaſſen.
§ 64
der kaiſer
freiheiten
ertheilen
koͤnne?
Wider den Weſtphaͤliſchen friden haben keine
freiheitsbrife ſtatt, inſtrum. pac. art. XVII § 2.
Der kaiſer darf inhalts der wahlcapitulation, art.
XV § 9 keine widerrechtlichen privilegien, noch
be-
[25]IV haubtſt. vom zuſt. d. menſchen.
befreiungen, die auf monopolia hinauslaufen, art.
VII § 4, 5 oder der landeshoheit der Reichsſtaͤnde
eintrag thun, oder der Reichsverfaſſung entgegen
ſind, erteilen, art. VIII § 21 und f. art. X § 2
art. XVIII § 6, Johann Jacob Moſer in der diſp.
de poteſtate imperatoris circa conceſſionem
priuilegiorum. Die von kaiſerlicher Majeſtaͤt
erhaltenen privilegien ſind dem kammergerichte zu
behaͤndigen.
Viertes haubtſtuͤck
vom zuſtande der menſchen
in Teutſchlande.
§ 65
Der zuſtand bedeutet diejenige aͤuſſerliche be-der zuſtand
der men-
ſchen
ſchaffenheit, worin ſich ein Teutſcher be-
findet.
§ 66
Diſe beſchaffenheit gehet entweder auf dieiſt unter-
ſchidlich
menſchwerdung, oder auf das geſchlecht, oder
aufs alter, oder auf den coͤrper und gemuͤthsbe-
ſchaffenheit, oder auf die geiſtlichkeit und weltlich-
keit, oder auf die freiheit und knechtſchaft, oder
auf den hohen und nidern adel, Alandde ſtatu
hominum apud Germanos.
Fuͤnftes haubtſtuͤck
vom zuſtande der Teutſchen nach der
menſchwerdung.
§ 67
Nach der menſchwerdung iſt ein Teutſcher ent-nach der
menſchwer-
dung,
weder geboren, oder noch im mutterleibe.
Diſe werden unter dem namen kinder mit begrif-
B 5fen,
[26]V haubtſt. vom zuſtande
fen, auch die poſtumi werden fuͤr kinder geach-
tet, Wildvogelde iure poſtumorum. Ein
kind kan in mutterleibe belehnet werden, Schilter
ad ius feudale ſ. 521, Gundling in den digeſtis
ſ. 59. Den kindern in mutterleibe iſt in den
Teutſchen rechten vieles zu gunſten verordnet, z. e.
daß an den ſchwangern weibern ſo wenig das todes-
urthel, als weniger die leibesſtrafe vollſtrecket
werden kan, auch ſelbige nicht einmal gemartert
werden duͤrfen, capitular. Franc. B. VI cap. 196.
Daher ſie, benebſt den kindbetterinnen, nicht be-
ſchaͤdiget werden ſollen, fußknechtsbeſtallung
vom jahre 1570 § 149, policei-ordnung zu
Franckfurt 1577 tit. 6 § 1, imgleichen ſelbige an
die faſten nicht gebunden ſind, kaiſerliche erklaͤ-
rung wegen der religion zu Augſburg 1548, tit.
26 § 18, Wildvogels diſp. de iure embryonum,
Crellde iure infantium.
§ 68
lei die kin-
der ſind?
Die kinder werden entweder ehelich, oder un-
ehelich erzilet. Geborne kinder werden fuͤr leben-
dig geachtet, wenn ſie die waͤnde beſchrien haben,
Saͤchſiſches lehnrecht, cap. 20. Heut zu tage
ſihet man auf die bewegungen, die ein leben zeigen,
Gundling am a. o. ſ. 61. Kind heiſet ſoviel, als
geboren, von kennen. Es bedeutet dem nach ein
friſch gebohrnes kind, hernach hat man es auch
von knaben genommen. Knabe heiſet parvulus,
bisweilen auch juvenis und adoleſcens. Ein kind
iſt ſiben jahre, nach dem ſpruͤchworte: „ſiben jahr
„ein kind„, Hertparoem. 1 ſ. 423. Die ebenbuͤrtigen
kinder unterſcheiden ſich von den unebenbuͤrtigen,
nach dem bekannten ſpruͤchworte: „das kind gehoͤ-
„ret zur aͤrgern hand„, Piſtoriuscent. VI, par-
oem. 36 ſ. 465, Hertlib. II, paroem. 6 ſ. 398.
§ 69
[27]der Teutſchen nach der menſchw.
§ 69
Ein kind wird fuͤr rechtmaͤßig geboren gehalten,die recht-
maͤſige ge-
burt derſel-
ben.
wenn es im anfange des 7 monats zur welt gekom-
men iſt, oder in den erſten 10 tagen des 11ten
monats nach des vaters tode die welt erblicket.
Wenn zwillinge vorhanden ſind, und man den
aͤlteſten nicht weis, wird die ſache durchs loos ent-
ſchiden; denn der aͤlteſte zu ſeyn war bei den Teut-
ſchen ein vorrecht, Slevogts diſp. de iure pri-
mogeniturae et maioratus § 8 und f.
§ 70
Bei der menſchwerdung ſihet man darauf, obvon den
mißgebur-
ten.
die geburt einem menſchen gleich iſt, oder nicht?
lezteren falles heiſet es eine mißgeburt, ungeheuer,
(monſtrum) ſolche haben die Teutſchen getoͤdet,
Weberde iure monſtrorum.
§ 71
Diejenigen, welchen die natur zu viel, oder zuvon den
kruͤppelkin-
dern.
wenig gegeben, oder ſie ungeſtalt gemachet hat,
nennete man kruͤppelkinder. Die ganz lamen
oder buckelichten haben die Teutſchen von der erb-
ſchaft ausgeſchloſſen, Saͤchſiſches landrecht,
1 B. art. 4. Sie bekamen nur den unterhalt.
Zwerge (nani), wurden als ein wunder der natur
angeſehen und verachtet, nach dem bekannten
ſpruͤchworte: „wen Gott und die natur zeichnet,
„fuͤr dem ſoll ſich roß und mann huͤten„, Piſto-
riuscent. I paroem. 66 ſ. 86 u. f. Denn der
Teutſche war ungemein wohl gewachſen. Man
hieſe alſo die kleinen aus verachtung twerge
(twergmann), d. i. parvus, ein verkehrter menſch,
der aus irrtum der natur gezeuget worden war.
Tenzel in den monatlichen unterredungen vom jahre
1692 ſ. 709 hat einen zwerg aus der Schweiz, Hanß
Worrenberg, der uͤber 40 jahre alt war, abgebildet,
wel-
[28]VI haubtſt. vom zuſtande
welcher 2 fuß und 7 daumen nur hoch war. Im
jahre 1748 ſtarb zu Dublin, in Irrlande, Moſes
Jacob Cowan, aus Polniſch Preuſen, im 64ten
jahre ſeines alters, welcher drittehalbe fuße gros
war. Seine frau hilte ſechs halbe ſchue. Diſe
zwerge wurden auch von erbſchaften ausgeſchloſſen,
Saͤchſiſches landrecht, B. I art. 4.
Sechſtes haubtſtuͤck
vom zuſtande der Teutſchen nach dem
geſchlechte.
§ 72
ſchen ſind
dem ge-
ſchlechte
nach unter-
ſchiden.
Dem geſchlechte nach haben wir das maͤnnliche
und weibliche. Mann heiſet 1) ſtark, z. e.
einen uͤbermannen. Daher der Teutſchen ſtamm-
vater Mannus geheiſen hat, Tacitus cap. 2
2) darum heiſen die vaſallen manne; 3) bedeu-
tet es einen ehemann, daher mannbar bekannt iſt;
4) einen hausvater, hausmann, Eſtorde mi-
niſterialibus § 182. Kerl bedeutet einen mann,
insbeſondere einen ſtarken. Daher karl, einen ſtar-
cken bedeutet. Von mann kommet maͤnniſch;
menſch. Denn das wort mann bedeutet auch bei-
derlei geſchlechts-perſonen, z. e. iedermann. Meh-
rere bedeutungen hat Wachter im gloſſario Ger-
manico, ſ. 1034 u. f.
§ 73
tung des
wortes
weib.
Die Teutſchen nennen eine frauensperſon
wiffmann und noch die Engellaͤnder womann.
Wif heiſet tela, geſpinſt; wan oder wo desglei-
chen. Spannen doch kaiſer Karls des groſen
toͤchter; und ſpillmage heiſet ein verwandter weib-
licher ſeite, Gebauerde vocibus ſchwerdmagen
und
[29]der Teutſchen nach dem geſchlechte.
und ſpillmagen ad Hanneſii diſput. Frau hei-
ſet der herr, frauwe die herrin, frauenzimmer:
mulier honeſtior, Grupens Teutſche frau.
§ 74
Die Teutſchen hielten das weibliche geſchlechtdas weibli-
che geſchlecht
wurde von
den Teut-
ſchen hoch
gehalten.
hoch; indem ſie glaubten: es waͤre etwas goͤttli-
ches in ihnen, Tacitus cap. 8, Ayrerde gynae-
cocratia tutelari viduarum illuſtrium ſect. 1,
cap. 3 § 1 ſ. 145, d. i. ſie waͤren zur wahrſagerei
geſchickt, daher ſagte man: „prieſter und frauen
„ſoll man ehren„, Piſtoriuscent. V. par. 36
ſ. 939. Auf den Reichstaͤgen durften ſie nicht erſchei-
nen, wie Lipſius dafuͤr haͤlt; iedoch erſchienen die
aͤbtiſſinnen darauf. Sonſt gelangten ſie zu kei-
nen aͤmtern, auſſer daß die koͤnigin dem kammer-
weſen, oder den einkuͤnften vorſtand, und die jungfern,
auch wittben auf den turniren die daͤnke austheile-
ten, Schubartde ludis equeſtr. cap. V § 22.
Sie lebeten unter beſtaͤndiger vormundſchaft, Otto
de perpetua feminarum tutela, cap. 2. In den
lehn-erb-ſtamm- und herren-guͤtern folgeten ſie
nicht mit den ſoͤnen, daher das ſpruͤchwort entſtand:
„ſchlaget ſie wider die wand„! Dreyer in der diſp.
de inaequali maſculorum et feminarum ſe-
cundum iura Cimbrica ſucceſſione. Man
ſtrafete ſie gelinder, als die mannsperſonen. Man
bezahlete ihrentwegen nur ein halb wergeld, Saͤchſ.
L. R. B. III art. 45, von Leyſerſpecim. XIII
med. 3 ſ. 137 vol. I.
§ 75
Die perſonen, welche kinder zeugeten, hieſenvon den aͤl-
tern, und
der kinder
verbindlich-
keit gegen
ſie.
aͤltern: die von den aͤltern erzieleten perſonen, maͤnn-
lichen geſchlechtes hieſen ſoͤne; und die weiblichen
geſchlechtes, toͤchter. Aeltern koͤmmt her von
alen, nutritor. Alldieweil kinder ihren aͤltern
ihr
[30]VI haubtſt. vom zuſtande
ihr daſeyn benebſt ihrer gluͤckſeeligkeit, auch wohl-
thaten, zu dancken haben, imgleichen die aͤltern ih-
rer kinder beſte freunde, ihre vertraulichſten ge-
faͤhrten, ihre wachſamſten waͤchter, ihr ſicherſter
rath, ihr ſchuz und ihre zuflucht ſind; ſo entſtehet
daher die verbindlichkeit der kinder gegen ihre aͤl-
tern; graf Teſſ in in den brifen an einen jungen
prinzen von einem alten manne, 20 brif, ſ. 75 fg.
Ferner iſt daraus das recht der aͤltern ihrer kinder
handlungen zu regiren, zwangsmittel wider die
ungehorſamen zu gebrauchen, die nuzungen ihrer
guͤter zu erheben ꝛc. abzuleiten, Burc. Gotth.
Struve in der iurisprudentia heroica, vol. 5
ſ. 6 fg. vol. 4 ſ. 4 fg. Son, ſun, bedeutet ſatum,
von ſaͤen. Tochter, dother, koͤmmt von tygen,
toͤgen, zeugen, genita.
§ 76
geſellen und
jungfern,
Die unverehelichte mannsperſonen hieſen junge
geſellen, auch knechte, knaben. Fent iſt ein junger
knecht. Bengel war ein aufgeſchoſſener juͤngling.
Knapen hiſen die adelichen, welche noch keine ritter
waren, obſeru. feudales, obſ. 30 ſ. 37, Crell
in der diſp. corporis integri robuſti priuilegium
ſiſtens § 19. Bube iſt ein knab, auch der troß,
oder hurer; und die weibesperſonen, die noch kei-
nen mann gehabt hatten, oder die nicht geſchwaͤ-
chet waren, nennete man junge frauwen, jung-
fern, maͤgdlein, dirnen, oder wenn der mann ver-
ſtorben war, wittben, Eſtor in der diſp. de iuribus
quibusdam viduarum mulierum equeſtrium
obſ. I § 3 ſ. 5 fg. Geſell heiſet ſocius, domeſticus.
Man nennete ſie auch junge burſche, ſocios; knech-
te hieſen ſie auch. Junge frauwe, domina iunior,
domicella. Schwaͤchen heiſet debilitare honorem
vir-
[31]der Teutſchen nach dem geſchlechte.
virginis. Hur iſt eine kothige, daher: „hur im
„rothen rocke„, bekannt iſt. Von den witben iſt in
obſeru. feudalibus und in der angezogenen diſp.
gehandelt worden. Soͤne und toͤchter durften
nicht leichte fruͤhe heiraten. Indeſſen heiſet das
ſpruͤchwort: „armer leute rinder, und reicher
„leute kinder ſind bald feil„. Die unverheirate-
ten toͤchter trugen einen ſchnatz, oder fliegende hare,
die verehelichten eine haube. Ein weib traͤget kei-
nen baſtard, d. i. die mutter wird wegen der un-
ehelichen kinder als eine rechte mutter, auſſer bei
verdammter vermiſchung und der lehnsfolge, an-
geſehen, Hertparoem. 4 ſ. 262 B. I, Piſtorius
cent. 3 paroem. 11 ſ. 259. Sie durften auch der
mutter wapen nicht fuͤren.
§ 77
Zwitter oder altfiele heiſet eine perſon beiderleivon den
zwittern.
geſchlechts, oder der 2 geburtsglider hat. Altfiel
iſt ein hoher fehler. Sie erbeten anfaͤnglich
nicht, iedoch nachher. Zwitter nennet man unter
den menſchen, thieren und pflanzen diejenigen ge-
waͤchſe, die entweder von zweierlei geſchlechte, oder
geſchlechts-glidern ſind, welche eigentlich zwitter
heiſen, oder von zweierlei beſonderer materie etwas
an ſich haben. Unter den menſchen und thieren
zweifelt man billig an den zwittern, oder laͤugnet die
eigentlichen zwitter vielmehr, als unmoͤglich. Denn
die abirrung an einem geburtsglide, da z. e. bei
weibesperſonen ſich etwas groͤſſeres noch zeiget,
machet keinen zwitter, oͤconomiſches lexicon
ſp. 3390.
Sie-
[32]VII haubtſt. vom zuſtande
Sibentes haubtſtuͤck
vom zuſtande der Teutſchen nach dem
alter.
§ 78
ſtufen des
alters.
In anſehung des alters ſageten ſie: zehn jahre
ein kind, 20 jahre ein juͤngling, 30 jahre ein
mann, 40 jahre wohlgethan, 50 jahre ſtille ſtahn,
60 jahre gehets alter an, 70 jahre der kinder ſpott,
100 jahre, gnade Gott! Piſtorius,cent. II, par-
oem. 20 ſ. 157, oder wie der herr graf Teſſin
in den brifen an einen jungen prinzen von einem
alten manne, im 36ten brife ſ. 331 ſchreibet: „unſere
„ganze lebenszeit iſt eingeteilet, und hat ihre ab-
„wechſelungen, welche wir theils unter anderer
„pflege und handleitung, theils unter eigenen nach-
„dencken durchgehen muͤſſen. Das ſchlafjahr, das
„kinderjahr, das fragejahr, das ſitten- und fabel-
„jahr, die geſchichtjahre, die kunſtjahre, die wiſſen-
„ſchaftsjahre, die uͤbungsjahre, die dienſtjahre, die
„nuzenden ruhejahre, und endlich die jahre der ge-
„brechlichkeit und pflege. Die kindheit gefaͤllet
„wegen ihrer offenherzigkeit und froͤlichkeit, die ju-
„gend wegen ihrer ehrbarkeit und luſt zu lernen,
„das maͤnnliche alter wegen der edelen eigenſchaf-
„ten des herzens, das alter wegen des verlangens
„nach anderer gluͤckſeligkeit und vergnuͤgen. Und
„ſolchergeſtalt hat ein iedes alter ſeinen nuzen, wenn
„die erzihung gut und vernuͤnftig geweſen iſt.„
Wenn man zur rechten zeit ſaͤet, ſo kan man fruͤch-
te einerndten; ſaͤet man aber zu ſpaͤt, ſo muß man
mißwachs erwarten. Diſes brauchet man wegen
des hagenſtolzen-rechtes. Die uͤber 10 jahre hieſen
fentgen, die maͤgdlein backfiſche. Die kleine und
groſe knaben nennete man buben, jungen, gegen
das
[33]der Teutſchen nach dem alter.
das 18 jahr ſchoͤßlinge, bengel, jungen. Knab be-
deutet einen kleinen, ieweilen auch einen juͤngling.
Jung iſt nupergenitus, juͤngling, adoleſcens.
Achtes haubtſtuͤck
von den unmuͤndigen und muͤndigen.
§ 79
Demnaͤchſt iſt ein Teutſcher entweder muͤndig,die bedeu-
tung der
unmuͤndi-
gen und
muͤndig
oder unmuͤndig. Muͤndig iſt derjenige,
welcher zu ſeinen vogtbaren jahren gekommen iſt.
Unmuͤndig iſt derjenige, welcher zu ſeinen jahren
noch nicht gekommen iſt. Jahr bedeutet tempus,
wer nun muͤndig worden war, von dem ſagte man:
er iſt zu ſeinen jahren und tagen gekommen.
Gundling in D. ſ. 374. Muͤndig bedeutet einen
majorennem, von mund, tutela, weil er faͤhig iſt
ſich zu vertaidigen. Vogtbar, majorennis, der
ſich ſelbſt vertaidigen kan. Die meiſten Teutſchen
voͤlcker hielten diejenigen fuͤr muͤndig, welche 18
jahre alt waren, z. e. die Francken, und Schwa-
ben, Langobarden, Holſteiner, ꝛc. Daher Kaiſer
Carl der IIII die Churfuͤrſten im 18ten jahre fuͤr
muͤndig erklaͤret hat. Die Sachſen und Bayern
hingegen ſezten ſolche aufs 20 jahr, und fuͤgten
das ſchreijahr hinzu, Hofmannde maioris ae-
tatis termino. An einigen oͤrtern machet einen
das heirathen muͤndig, Klock im Conſil. 83,
vol. 2, Mean in obſervat. 688, Hertde colli-
ſione legum ſect. 4 § 5, auch an einigen orten,
wer mit vaͤterlicher bewilligung die kaufmannſchaft
treibet, Hert am a. o. oder wer eine beſondere
haushaltung anſtellet, Hert am a. o. Es fragt
ſich: ob derjenige, welcher an einem orte muͤndig
Ciſt,
[34]VIIII haubtſt. von den
iſt, und ſich anders wohin begibet, daſelbſt wie-
der unmuͤndig werde? Lauterbachde domicilio
§ 70 ſaget ja; allein das gegentheil iſt richtiger,
Hert am a. o. § 8., wer die volljaͤhrigkeit erhalten
hat, paſſiret uͤberall dafuͤr. Sonſt ſaget man:
„Kinder und narren ſagen die wahrheit,„ Hert
b. 1 paroem. 59 ſ. 333 opuſc. vol. II T. III.Pi-
ſtoriuscent. I paroem. 93 ſ. 127.
Neundtes haubtſtuͤck
von den rechten der alten.
§ 80
hat man
hochge-
ſchaͤzet,
Bei den Teutſchen war das alter aller ehren
wehrt, Hertde populis Germaniae veteris
P. I. cap. 4 § 7 (1) ſ. 37 vol. II opuſc.Piſtorius
cent. II paroem. 17 § 3 paroem. 19 § 2 ſ. 156; de-
rowegen alter ein ehren titel geweſen iſt, z. e. ſignor,
ſeigneur; daher nach dem ſpruͤchworte es hieſe;
„das alter gehet vor,„ Piſtorius am a. o. ſ. 156,
Hertparoem. 18 ſ. 405 Schroͤterde jure ſenum
ſingulari.Hert vol. II ſ. 310 handelt vom unter-
ſchide inter ſeniores und juniores. Die ſeniores
waren laien, oder geiſtliche.
§ 81
die reichs-
taͤge und
zu andern
berat-
ſchlagun-
gen,
Die aͤlteſten ſtaͤnde kamen auf den Reichstaͤgen
fuͤr andern in betrachtung. Daher ſagte man:
„mit den alten ſoll man ratſchlagen, und mit den
„jungen fechten,„ Piſtoriuscent. II paroem. 16.
ſ. 153. Die aͤlteſten eines geſchlechtes werden noch
fuͤr andern geehret. Alſo gehet bei den Boͤhmi-
ſchen koͤnigen, und den haͤuſern Pfalz, Sachſen,
Brandenburg, Braunſchweig, Heſſen, Baaden ꝛc.
das alter ohne abſicht auf die erſtgeburt bei den re-
girenden herren vor, Hert vol. I ſ. 614. Ob die
erſtgebohrne lini, oder der aͤlteſte von verſchiede-
nen
[35]rechten der alten.
nen ſtaͤmmen vorgehe? iſt zwiſchen Altenburg und
Weimar heftig geſtritten worden. Das letztere
behaubtet Goldaſt im ſeniore,Hert vol. I ſ. 614.
Dem alter zu ehren heiſſet es im ſpruͤchworte:
„einmal buͤrgermeiſter, immer buͤrgermeiſter,„
Hert vol. I ſ. 605, Piſtoriuscent. III par. 30
ſ. 282. Der aͤltere theilet, der juͤngere waͤhlet,
Hert vol. I ſ. 434 und paroem. 24 ſ. 285 lib. I
„Ein alter mann eine junge frau, gewiſſe kinder„
Hert ſ. 518 Piſtoriuscent. II paroem. 21 ſ. 159.
Sie ſagten auch: „alter hilft fuͤr thorheit nicht,„
Piſtorius am a. o. par. 18 ſ. 155, „iedoch ſoll man
„das alter ehren„. Wenn wegen ſchwaͤngerun-
gen das alter vorgeſchuͤzet wird, ſaget man: „alte
„zigen lecken auch gerne ſalz„, Piſtoriuscent. 8
paroem. 69 ſ. 767.
Zehentes haubtſtuͤck
von den rechten des coͤrpers wegen
der geſundheit am gemuͤthe und
am leibe.
§ 82
Nach dem coͤper ſind die Teutſchen entweder ge-die kran-
ken wer-
den ent-
ſchuldiget,
ſunde, oder kranke. Eine kindbetterin wird
in anſehung der wache-fronen fuͤr krank gehalten.
Ein kranker konnte kein teſtament machen, noch
veraͤußern, Saͤchſ. L. R. B. I. art. 52 Dreyer
am a. o. ſ. 104, wie ſolches der vorritt in der Lauſiz
bezeuget. Krankheit entſchuldiget vom ungehor-
ſam, von fronen, auch z. e. von der brauthuͤner-
abgabe. Der Teutſche war ſehr wohl gewachſen,
lang, hatte breite ſchuldern, gelbe haare, blaue
augen, einen geſtutzten bart, enge kleider, nacken-
de knie, Hert vol. 2. ſ. 309.
C 2§ 83
[36]X haubtſt. von den
§ 83
ken am ge-
muͤthe
werden
namhaft
gemacht.
Die am gemuͤthe krank ſind, heißen milzſichti-
ge, narren, bloͤdſinnige, ſinnloſe, wanwizige, wan-
ſinnige, unſinnige, tolle, raſende, thoren ꝛc dolen,
dwalen, deſipere. Die raſerei wird genommen
1) pro levi inſania, wenn einer zoͤrnet, ſaget man,
laſſet ihn ausraſen, 2) pro gravi inſania, furore
cum impetu. Man pfleget zu ſagen: „narren-
ſpiel, narrenteidung will raum haben„, Hertlib. I
paroem. 114 ſ. 384 T. III Vol. II Fatznarren,
ſchalksnarren, oder kurzweilige, pickelhering, von
hering, grex, pickeln, ludere, Gundlingiana XXXI
ſtuͤck, num. 4 ſ. 76 u. f. Reichsabſchid 1458 § 43,
1500 § 26, 1577 tit. 29. Die eintheilung der
Teutſchen narren iſt in der probeſchrift de poena
capitali homicidis doloſis neceſſario infligenda
cap. VIII §. 88, gezeiget worden, Piſtoriuscent.
VIII paroem. 17 und 50. Unſinnig, oder ſtock-
narr, alber, ad intelligendum inhabilis eſt. Sie
ſagten: große narren, große ſchellen, Piſtorius
am a. o. Narren muß man die kolbe lauſen,
Piſtoriuscent. 7 paroem. 14 ſ. 574 u. f.
§ 84
kenheit iſt
verboten,
Eine krankheit des gemuͤths iſt auch die trun-
kenheit, der die Teutſchen ſehr ergeben waren,
Tacitus, cap. 22. Hert ſ. 42. Daher man ſagte:
„einem vollen mann ſoll ein geladener wagen wei-
chen„ Piſtoriuscent. 6 paroem. 56 ſ. 496, Hert
lib. I par. 21 ſ. 283, doch glaubten ſie auch: wer
trunkener weiſe ſtehle, werde nuͤchterner weiſe ge-
hencket, das iſt, was einer trunkener weiſe ſuͤndi-
get, muß er nuͤchterner weiſe buͤßen, Hert 3 B.
paroem. 1 § 5 ſ. 412 vol. 2 T. III,Piſtorius
cent. 1 paroem. 89 ſ. 120, „ein trunkener mund
„ſpricht aus herzensgrund, eines trunkenen aͤcker
„tragen
[37]rechten des coͤrpers ꝛc.
„tragen alle waizen, Piſtoriuscent. 6 par. 55
ſ. 495, cent. 7 par. 89 ſ. 665. Das zutrinken iſt
in den Reichsgeſaͤzen verboten, Reichsabſchid
1495 §. 38, reformation zu Augsburg 1530 tit. 8,
reiterbeſtallung 1570 § 48 u. f. fußknechtsbe-
ſtallung 1570 § 197, u. f. Policeiordnung
zu Franckfurt 1577 tit. 8. Fuͤrſtlich Heſſi-
ſche verordnung wider die trunkenbolde,
d. d. Caſſel den 26 Febr. 1754.
§ 85
Ebenfalls iſt der zorn den Teutſchen ſehr ge-der zorn
war den
Teutſchen
ſehr ge-
mein.
mein geweſen, Tacitus cap. 22 Eſtorde poena
capitali homicidis doloſis neceſſario infligenda
cap. 8 § 82, 83 ſ. 49 von deſſen wuͤrkungen ſihe
Herten ſ. 629. Denn der wille iſt des werkes ſeele,
oder gibet dem werke den namen, Hert ſ. 621,
Piſtoriuscent. VII par. 1 ſ. 559. Zorn koͤmmt
von zerren; denn er iſt die wuͤrckung eines gezerr-
ten, oder aufgebrachten menſchens. Die Teut-
ſchen ſagten: „im zorne thut man nicht was rech-
„tens. Ein zorniger kopf iſt leicht blutig zu ma-
„chen„, Piſtoriuscent. 8 paroem. 65 ſ. 762.
§ 86
Die libe iſt ein beſtreben ſich und andere gluͤck-die libe
wird be-
ſchriben,
lich zu machen, daher ſaget man: „libe und noth
„hat kein gebot„, Piſtoriuscent. VI paroem.
88 ſ. 541. Ein ieder iſt ſich ſelbſt die naͤchſte treue
ſchuldig, Piſtoriusparoem. 28 ſ. 455 fg. Der
mutter treu iſt alle morgen neu, Piſtoriuscent. 7
paroem. 51 ſ. 739 Joh. Philipp Slevogt in der
diſput. de amore.
§ 87
Die uͤberredung iſt entweder mit einer argeliſtdie argli-
ſtige uͤber-
redung iſt
rechtswi-
drig.
und gefaͤhrde verknuͤpfet, oder nicht. Die erſte
haben die Teutſchen verabſcheuet, Stryk in der
diſp. de iure perſuaſionis.
C 3§ 88
[38]XI haubtſt. von den
§ 88
ge ſchmei-
chelei wird
verworfen.
Die argliſtige ſchmeichelei war den Teutſchen
ſo ſehr, als die verſtellung verhaſt, Strykde iu-
re blanditiarum,Cocceiide ſimulatione. Die
aufrichtigkeit mit freundlichkeit vermiſchet achteten
ſie fuͤr eine wahre tugend; daher derjenige, bei
welchem ein verſtelltes weſen entdecket wurde, bei-
des libe und zuverſicht bei ihnen verlore. Sie
hielten die tapferkeit, treue, keuſchheit und die
gottesfurcht fuͤr die fuͤrnaͤmſten tugenden, Hei-
neccius in elementis iuris Germanici B. 1
tit. 17 § 392 ſ. 325. Hert vol. II T. I ſ. 20 fg.
Eilftes haubtſtuͤck
von den geiſtlichen und laien.
§ 89
geiſtlicher
ſey.
Ferner waren die Teutſche: geiſtliche, oder laien,
Hert ſ. 314. Ein geiſtlicher iſt, welcher die
oͤffentliche betreibung des gottesdienſtes haubtſaͤch-
lich beſorget. Der gottesdienſt heiſſet die art
und weiſe Gott zu verehren, Eſtorde diuortio.
Ein lai heiſſet ein der pfarrei unterworfenes mit-
glied. Sie nenneten ihre prieſter Druiden. Denn
ob zwar Tacitus des namens in anſehung der
Teutſchen nicht gedenket; ſo iſt es doch wahr-
ſcheinlich, daß ſie ſelbige wie die Gallier, alſo ge-
nennet haben, Wachter im Gloſſario col. 313,
Schurzfleiſchde veter. inſtitut. Druid.Pu-
fendorf, Frickde Druidis. Sie hatten ſehr
großes anſehen, Tac. cap. 10, dem Caͤſarlib. 6.
de Bello Gallico nicht widerſpricht, Hert ſ. 62.
§ 90
ſchen koͤni-
Die Franken hielten gar viel auf die geiſtlichen.
Die Fraͤnkiſchen koͤnige ſchaͤzten auch den pabſt
hoch;
[39]geiſtlichen und laien.
hoch; doch hatte er ihnen nichts zu ſagen, Hertge lieſſen
ſich von
den paͤbſten
nichts vor-
ſchreiben.
ſ. 357. Daher ſie ſagten: „kirchen gut hat eiſerne
„zaͤhne. Es friſt eins mit dem andern hin, und
„bringt dem dritten erben kein gewinn„, Hert vol. I
ſ. 615 Piſtoriuscent. 6 par. 29 ſ. 457. Imglei-
chen: Herren und heiligen gehen vor. Hert vol. I
T. III ſ. 549. Sie theilten ſolche in majores und
minores. Unter jene gehoͤreten die erzbiſchoͤffe,
biſchoͤffe, aͤbte ꝛc. Hert ſ. 314 der biſchoͤfliche ſpren-
gel hieſe kirchſpiel, parochia, und war der gau ent-
gegen geſezet. Hert vol. I T. III ſ. 218.
§ 91
Die moͤnche waren im 9ten jahrhundert unterdie beſchaf-
fenheit der
moͤnche un-
ter den ca-
rolingiſchen
kaiſern,
Carl dem großen, alle Benedictiner, Hert ſ. 320.
Die kloͤſter waren unter dem kaiſer Ludwig dem
frommen dreierlei gattungen. Einige als Maur-
muͤnſter, beteten nur fuͤr die wohlfart des koͤniges,
andere als Schwazach, waren verbunden geſchen-
ke zu liefern. Wieder andere als Stablo und
Laurisheim muſten außer den geſchenken auch
kriegsdienſte leiſten, Hahns Reichshiſtorie I Th.
ſ. 146. Die ordenskleider hat kaiſer Carl der groſſe
verordnet. Hahn am a. o. ſ. 83.
§ 92
Bei den cathedral-kirchen (muͤnſter,) warenden canoni-
cis haben
die Fraͤnk.
kaiſ. lebens-
regeln er-
halten.
canonici, welche nach einer regel, wie die moͤnche
leben muſten, die ihnen Ludewig der fromme im
jahre 816 vorgeſchriben hat, Hert ſ. 321.
§ 93
Carl der große hat die ſchulen in den kloͤſternwer die
ſchulen an-
geleget
habe,
angeleget. Dieſe ſchulen waren innerliche clau-
ſtraͤles, oder aͤußerliche canonicaͤ. Jene fuͤr die
moͤnche, leztere fuͤr die laien, Johann George
Eccard in cenſura diplomatis Carolini de
ſcholis Oſnabrugenſis eccleſiae cet.Johann
C 4David
[40]XI haubtſt. von den
David Koͤhlerde veterum recentiorumque
Germanorum ſcholis ſolitis et ſolidis,Boͤh-
mer in iure eccleſ. proteſt. lib. II tit. 3 §. 1, 80,
lib. V, tit. 5 § 4 fg.
§ 94
ſchaffenheit
der erz- und
biſchoͤfe.
Die erzbiſchoͤfe welche nachgehends metropolita-
ni hießen, waren die vorgeſezte mehrerer biſtuͤmer.
Die biſchoͤfe, welche das pallium vom pabſte er-
hielten, nennete man ieweilen erzbiſchoͤfe. Ein
erzbiſchof hatte die unter ihm ſtehenden biſchoͤfe zu
weihen, nach des pabſtes Gregorius des IX ver-
ordnung muſten ſie dem erzbiſchofe ſchwoͤren. Der
metropolitan wurde von den biſchoͤfen der metro-
polis erwaͤhlet. Primaten hießen diejenigen erz-
biſchoͤfe, welche an einer von den Roͤmern darzu er-
klaͤrten haubtſtadt wohneten, z. e. in Lion, Bour-
ges, Naxbo, Trier ꝛc., wiewol hernach auch an-
dere zum primat gelanget ſind.
§ 95
ſchof gewe-
ſen ſey.
Ein biſchof hieſe eigentlich, welcher einer paro-
chie vorgeſezet war. Dergleichen hat Carl der
große 8 in Sachſen angerichtet, z. e. Bremen,
Verden ꝛc., weiter, Wirzburg, Buraburg, Er-
furt, Aichſtaͤdt. Vor ihm waren ſchon die bis-
thuͤmer Augsburg, Conſtanz, Chur, Paſſau,
Salzburg, und Freiſingen.
§ 96
gen erwaͤh-
let habe.
Die geiſtlichkeit erwaͤhlete den biſchoff, und
berichtete die wahl an den koͤnig, dieſer beſtaͤtigte,
oder verwarf ſolche. Erſten falls befahl er dem
metropolitan den erwaͤhlten zu weihen. Meiſten-
theils ginge der ,koͤnig von den wahlen ab, oder
ſezte vor der wahl einen biſchoffen, Hert ſ. 392
u. f. In den aͤlteſten zeiten hatte das volk eben-
falls antheil an ſolchen wahlen.
§ 97
[41]geiſtlichen und laien.
§ 97
Unterm biſchoffe ſtanden alle geiſtliche und moͤn-ſeine unter-
gebene,
che ſeiner parochie. Ihre amts-pflicht ſtehet beim
Hert ſ. 396. Jedoch hielten ſie ſich chorbiſchoͤffe,
jagten und pflegten ihrer luſt. Hert ſ. 397.
§ 98
Damit ſie in weltliche haͤndel nicht eingefloch-warum die
biſchoͤffe ad-
vocaten ge-
habt haben.
ten wuͤrden, hatten ſie ihre advocaten, Hert ſ. 398.
§ 99
Die aͤbte ſtunden zwar unter dem biſchoffe, dochunter wem
die aͤbte ge-
ſtanden
haben.
waren auch verſchidene nur dem koͤnige unterwor-
fen, endlich aber hielten ſie alle kloͤſter fuͤr ſich.
Die biſchoͤfe ſaſſen auf Reichstaͤgen. Carl der
große hat den biſchoͤffen einige vorrechte, nicht
aber die landes-hoheit ertheilet. Unter den Saͤch-
ſiſchen kaiſern muſten ſie kriegesdienſte mit leiſten.
Die koͤnige erbten ihre bewegliche verlaſſenſchaft.
Kaiſer Friderich gab ihnen aber die macht, einen
letzten willen zu errichten. Die Fraͤnkiſchen koͤni-
ge ließen den geiſtlichen die entſcheidung der geiſt-
lichen und religions-ſachen, hernach haben ſie die
kirchenhaͤndel, ehe-ſachen, heirats-guts-irrungen,
eide, begraͤbniſſe, milde ſachen an ſich gezogen,
weil dieſe nach den Roͤmiſchen und geiſtlichen rech-
ten entſchiden werden muſten, welches die Teutſche
richter nicht verſtuͤnden; daher haben ſie auch der
laien perſonen unter ihre gerichtbarkeit gebracht,
Gundling in D. lib. V, tit. I § 34 ſ. 41. In ih-
ren landen durfte kein kaiſerlicher richter richten.
Daher beſtellten ſie einen vogt, viztum, welcher
vom kaiſer belehnet und beſtaͤtiget wurde, um in
weltlichen und peinlichen haͤndeln zu richten,
Gundling am a. o. ſ. 44.
§ 100
Die laien waren entweder duces (patricii) re-der laien
unterſchie-
dene gat-
tungen.
etores provinciaͤ, oder graven, graviones, vice-
C 5comites.
[42]XII haubtſt. von den
comites. Ein graf muſte die zum krieg erfoderten
aufbieten, ſie zum erſcheinen noͤthigen, die hohe
und niedere gerichtbarkeit ausuͤben, fuͤr die einkuͤnfte
ſorgen, Hert ſ. 405. Miſſi waren koͤnigliche com-
miſſarien uͤber die biſchoͤffe, aͤbte und grafen, auch
ihre aͤmter; ſie konnten rechtstage in den provinzen
halten, der landſtaͤnde klagen anzuhoͤren, der wit-
ben und waiſen ſich anzunehmen, Hert ſ. 406.
Zwoͤlftes haubtſtuͤck
von den Chriſten und Juͤden.
§ 101
zuſtand
wird be-
ſchriben.
Unter den Teutſchen finden wir chriſten und
juͤden; dieſe waren in großer menge in
Teutſchland. Sie durften chriſten zu leibeige-
nen haben, Hert ſ. 323, Holbergs juͤdiſche ge-
ſchichte. Sie waren kaiſerliche kammerknechte,
kamen aber nachher unter die landesherren. Ohne
hinlaͤngliche urſache kan man ſie nicht abſchaffen,
Hertde ſubiect. territ. § 21. Daniel Hofmann
de aduocatia imperatoris iudaica,Boͤhmer,
de cauta Iudaeorum tolerantia. Von der juͤ-
den ankunft in Europa und beſonders in Teutſch-
lande ſihe die allerneueſte hiſtori des koͤnigreichs
Boͤheim, 1746, 4, haubtſt. 4 § 7 ſ. 193 fg.
§ 102
juͤde ſey.
wer ſolche
halten koͤn-
ne?
Ein juͤde iſt ein menſch, der an das moſaiſche
geſaͤz und den Talmud glaubet, jedoch den herrn
Chriſtus fuͤr den Meſſias nicht haͤlt. Man dultet
ſie nicht in Spanien, Braunſchweigiſchen, Sach-
ſen, Wirtenbergiſchen ꝛc. Nach der policeiord-
nung 1577, tit. 20 ſoll niemand juͤden halten der
nicht vom kaiſer regalien hat, oder deshalber pri-
vilegiret
[43]Chriſten und Juͤden.
vilegiret iſt, Pufendorf in obſerv. iur. vniuerſ.
obſ. I ſ. 10 vol. II,HeinecciusT. I reſp. 4, 5,
Ayrerde iure recipiendi iudaeos. Ordentlicher
weiſe ſind ſie des buͤrgerrechtes nicht faͤhig, Spe-
ner im Teutſchen iure publico lib. II cap. 7 § 6,
Ludolfobſ. for. contin. app. 2, ſ. 370 u. f. wohl
aber der rechten der unterthanen, George Lude-
wig Boͤhmer in der diſp. de officio poteſtate
Rabbini prouincialis in terris Brunſuico-Lu-
neburg. § 4 ſ. 3, Johann Friderich Kayſerde
autonomia Iudaeorum § 4 fg. Immittelſt ſind
zu Schweinsberg, einer ſtadt des oberfuͤrſten-
thums Marburg, aus kaiſerlichem gnadenbrife
vier juͤden iederzeit in der buͤrgerſchaft und heißen
Roͤmiſche buͤrger, Eſtorde lubrico iurisiuran-
di Iudaeorum. Die ſtrenge der geiſtlichen rechte
wider die juͤden wird nach maaßgebung des ge-
richtsbrauches nicht beobachtet.
§ 103
Wo es nicht der juͤden glauben und caͤremo-der juͤden
rechte und
richtſchnur.
nien betrift, oder ein landesherr ihnen nicht be-
ſonders nach ihren gebraͤuchen ſich zu achten erlau-
bet hat, richtet man ſie nach den gemeinen rech-
ten in geiſtlichen und weltlichen, Kayſer am a. o.
F. Heſſiſche erneuerte juͤdenordnung, Caſſel
1679 § XI ſ. 9, mithin genuͤßen auch die juͤden-
weiber des vellejaniſchen rathſchluſſes, ſihe des
reichshofrathes von Senckenbergs abhandlung
de iuribus ac priuilegiis dotium illatorumque
quoad mulieres Iudaeas,Kayſer am a. o. § 43.
Sie duͤrfen keine geſtolnen Sachen kaufen, widri-
genfalls ſie dieſelben unentgeldlich herausgeben
ſollen, policeiordnung 1548, tit. 20, 1577 tit. 20 § 2,
Hertde ſubiectione territor. §. 8 ſ. 380. Nach
der policeiordnung vom Jahre 1530 tit. 22 ſollen
ſie
[44]XII haubtſt. von den
ſie ſich durch tragung eines gelben ringes am rocke
unterſcheiden. Ihre rechnungen und ſchuldbuͤcher
muͤſſen ſie Teutſch ſchreiben, policeiordnung,
1577, tit. 20 § 3. Sie ſollen ihre ſchuld- oder an-
dere verſchreibungen bei nimand anders, als der
ordentlichen oberkeit, darunter der contrahirende
chriſt geſeſſen iſt, aufrichten, reichsabſchid 1551
§ 79. Kein chriſt vermag einem juͤden ſeine fode-
rung wider einen andern chriſten abzukaufen,
reichsabſchid 1551 § 50, 1577 tit. 20 § 4. Sie
duͤrfen keine wachſenden fruͤchte kaufen, auſſer un-
ter gewiſſer einſchraͤnkung, policeiordnung, 1548
und 1570. Unbewegliche guͤter, außer haͤuſern,
duͤrfen ſie nicht beſizen. In Frankfurt am Mayne
iſt ihr zuſtand ſehr beſchraͤnket, Gottlieb Ettling
de Iudaeorum Moeno-Francofurtenſium con-
ditione duriori prae ciuibus ac incolis chri-
ſtianis, 1751.
§ 104
Chriſt ſey
Ein chriſt heiſſet: welcher die in der heiligen
ſchrift geoffenbarte heilsordnung wegen des ver-
dienſtes Chriſti fuͤr das menſchliche geſchlecht weiß
und glaubet, Eſtorde diuortiis, ſ. 70. Ein
chriſt hat viele vorzuͤge vor dem juͤden. Dieſer
wird zu keinem ſoldaten angenommen, er kan keine
anſehnliche bedienung verwalten. Er verdienet
bei eiden und zeugniſſen nicht ſoviel glauben, als
ein chriſt. Er darf keinen degen, noch anderes
gewehr tragen ꝛc., Basnage in der hiſtori des
juͤdenthumes, die angezogene allerneueſte hiſtori
des koͤnigreiches Boͤheim am a. o. ſ. 197.
§ 105
armen und
den armen-
eide.
In Teutſchland gibet es arme und reiche. Arm
heiſſet derjenige, welcher aus ſeiner eigenen haus-
haltung nicht leben kan. Bei dem proceſſe iſt
der-
[45]Chriſten und Juͤden.
derjenige arm, welcher die noͤthigen proceß-koſten
zu tragen nicht vermag, Eſtors anfangsgruͤnde
des gemeinen und reichs-proceſſes, tit. 300 § 2341
fg. ſ. 890. Tacitus cap. 24 haͤlt die Teutſchen
fuͤr arm. Der kaiſer Carl der große verordnete,
daß den armen, wittben und waiſen das recht
ſtrecklich geſprochen werde, Hert, vol. 2 T. I ſ. 193,
welches bis dieſe ſtunde ieder kaiſer bei der kroͤnung
eidlich zuſagen muß. Beſage concept der cammer-
gerichtsordnung 1th. tit. 55 ſoll ihnen das recht
umſonſt geſprochen werden. Sie muͤſſen die ar-
mut anzeigen und vermittels eines zeugniſſes der
oberkeit oder glaubwuͤrdiger perſonen beſcheinigen,
Eſtor am a. o. § 2345. Der arme iſt zu warnen,
ſich wohl zu pruͤfen: ob er eine gerechte ſache zu
haben vermeine, widrigenfalls er nach befinden
eine leibesſtrafe zu gewarten hat, Eſtor am a. o.
§ 2357. Nach dieſem vorgange wird er zum ar-
meneide gelaſſen, Samuel Schulzde pauperi-
bus in camera litigantibus. Es wird ihm ein
advocat beigegeben, welcher ihm umſonſt dienen
muß, wie nicht minder der anwalt. Unterdeſſen
dienet den armen das Teutſche ſpruͤchwort: „arm
„ſeyn iſt keine ſchande, noch unehr„, Piſtorius
cent. 2 par. 37 und 38 ſ. 178 fg. Hertlib. 1 par. 64
ſ. 337 vol. II, T. III, zum troſte.
Dreizehentes haubtſtuͤck
von den bettlern.
§ 106
Das betteln war bei den Teutſchen verboten,das betteln
iſt verboten
kapitularia Francorum lib. I cap. 118. Bet-
teln bedeutet ſo viel, als oft bitten, ſihe Launojus
de cura eccleſiae pro miſeris et pauperibus.
Es
[46]XIIII haubtſtuͤck von den
Es gibet vielerlei arten der bettler, wie dann ſol-
che P. J. Marperger in ſeinen wohlmeinenden
gedanken uͤber die verſorgung der armen in einem
verzeichniſſe nach alphabetiſcher ordnung ſ. 9 fg.,
auch Theodor Ludewig Lau von der einrichtung
der intraden, ſ. 27 und ſ. 34 namhaft gemachet
haben. Von deren abſchaffung wird in den
reichsgeſaͤzen oͤfters gehandelt, Reichsabſchid
1497 § 20, 1498 § 44, 1500, tit. 27, 1530 tit. 34,
policeiordnung 1548 tit. 26, 1577 tit 27, der bett-
ler kinder ſollen zeitlich, wenn ſie ihr brodt zu ver-
dienen geſchickt ſind, zu handwerkern, oder an-
dern dienſten gewieſen werden, damit ſie nicht be-
ſtaͤndig dem betteln anhangen, policeiordnung,
1577, tit. 27, F. Heſſiſche verordnung wegen der
armen und bettler § 2, Caſſel 1752, fol. Starke
bettler ſollen andern zum exempel geſtrafet werden,
policeiordnung 1577 tit. 26, § 1. Jede ſtadt und
ieder ort ſoll die armen ſelbſt erhalten, policeiordn.
am a. o. F. Heſſiſche ordnung am a. o. § 2, ſ. 5,
wiewohl man im gemeinen ſpruͤchworte ſaget:
„bettler ſind uͤberall zu hauſe, imgleichen der bet-
„telſak iſt bodenlos, Piſtorius cent. 2 par. 82 und
84, ſ. 229 fg. Ahasv. Fritſchad L. vn. C. de
validis mendicantibus.
Vierzehntes haubtſtuͤck
von den reichen perſonen, oder dem
reichthume der Teutſchen.
§ 107
ſchen ver-
moͤgen
Ein reicher hieſe, welcher maͤchtig an aͤckern
war, daher ein ſolcher auch Gutmann, Gue-
demann genennet wurde, Schilter in armerkun-
gen uͤber den Koͤnigshofen ſ. 301, 525, Oſtfriſi-
ſches
[47]reichen perſonen ꝛc.
ſches landrecht B. 1 cap. 14 ſ. 27 in anmerkungen,worinn
es beſtan-
den habe.
und ſ. 27. Der alten Teutſchen habſeligkeit be-
ſtunde im viehe und hausrathe, auch in wehr und
waffen. Dieſes luden ſie auf den wagen und fuh-
ren es weg. Daher die fahrnis, die fahrende habe
annoch die beweglichen ſachen begreifet, iedoch ge-
hoͤret das vieh nicht unter die fahrnis, Hert vol.
II T. I ſ. 32, von Weſtphal am a. o. T. IV
ſ. 3085, Dreyer am a. o. ſ. 120 fg. Die aͤcker
hieſen ligende habe. Habe bedeutet opes, poſ-
ſeßio, davon unten ein mehres vorkommen wird.
§ 108
Ein landgut hieſſe praͤdium, eurtis, oder cortiswas ein
landgut in
ſich begrif-
fen habe.
(Bivang, Dominicale, Villa, Grangia, manſus,
territorium), wenn es aus einigen umfange, auch
wohl einer großen gegend in mehrern doͤrfern und
hoͤfen beſtunde; alſo ſchenkte kaiſer Conrad Lud-
wigen mit dem Barte ein praͤdium in Thuͤringen,
das iſt, die grafſchaft Thuͤringen, Tenzel in ſup-
plem. II hiſt. Gothan. ſ. 392, Johann Friderich
Schannatde patrimonio S. Bonifacii, cap. I
§ 1 fg.
§ 109
Die guͤter hatten ihre zugehoͤrungen. Dieſeder guͤter
zubehoͤrun-
gen;
von hufen.
beſtanden in den leibeigenen mit weibern und kin-
dern, feldern, haͤuſern, in der hutung, trift, wie-
ſen, in ſtraſen, wegen, ab- und zugaͤngen, waſſer,
und waſſerlaͤuften, gaͤrten, fiſchereien, muͤlen ꝛc.
Dieſes wurde unter der redensart: cum omnibus
appendiciis verſtanden, ſihe Schoͤttgens geſchichte
Markgrafen Conrads zu Meiſſen ſ. 250 fg. ſ. 261,
Johann Friderich Schannatscorpus tradi-
tionum Fuldenſium, ſ. 322 fg. In folgenden
zeiten hat man das wort curia und im Teutſchen
hof in eben der bedeutung gebrauchet, ſowohl haͤu-
ſer
[48]XV haubtſt. von den
ſer in den ſtaͤdten, als auch edel- und bauerhoͤfe
damit zu benennen. So waren auch die hufen, hu-
baͤ, hobonnaͤ, haftunaͤ, nicht einerlei. Einige wurden
koͤnigliche hufen genennet, andere waren domini-
cales, und ſerviles; die koͤniglichen hießen diejenige,
welche von den Teutſchen koͤnigen abhaͤngeten;
andre waren ſolche, welche an lehnleute uͤbergeben
waren, die ſolche auch wohl an andre wieder ver-
lihen, oder verpachteten. Man hatte noch andre
abtheilungen der hufen nach den nationen, naͤmlich
Slaviſche oder Wendiſche und Flandriſche oder
Flaͤmmingiſche ꝛc. Schoͤttgen am a. o. ſ. 258 fg.
Schannat am a. o. § 323.
Funfzehntes haubtſtuͤck
von den eingebohrnen Teutſchen.
§ 110
wozu ſie
dienen.
In Teutſchland ſind Teutſchgebohrne, oder in
die landsmannſchaft aufgenommene. Die-
ſer unterſcheid dienet zur anenprobe, bey der an-
nehmung zu beiſizern an den hoͤchſten reichsge-
richten, zu reichsaͤmtern, bedienungen, ſowohl
geiſtlichen, als auch weltlichen, reichsgeneralen ꝛc.
ſihe Johannen Andreen Hofmanns diſputation
de iuribus indigenarum Germaniae § 4, § 14-
24, Heinrich Hildebrandde iure ciuium ori-
ginariorum, cap. III § 4 fg. Zu den Teutſchge-
bohrnen gehoͤren I) die voͤlker, welche in Teutſch-
land diſſeits Rheines wohneten, Hertde populis
Germaniae veteris, th. II cap. 1 ſ. 44 fg. vol. 2
tom. 1, II) diejenige, welche im großen Teutſch-
lande lebeten, Hert am a. o. cap. II ſ. 48 fg.
III) die alten Francken, Hert ſ. 137. IV) die
Alamannier, oder Schwaben, Hert ſ. 63. V) die
Baiern,
[49]XVI haubtſt. von den fremden.
Bayern, Hert ſ. 69, VI) die Sachſen, Hert, ſ. 73,
VII) die Thuͤringer, Hert ſ. 83, VIII) die Frieſen,
Hert, ſ. 87, VIIII) die Teutſche Burgundier, Hert,
ſ. 91, X) die Schweizer, Ewſum, Erlach, Moͤnſter.
§ 111
Das wort Frank bedeutet bald die Frankendes wor-
tes: frank:
bedeutung.
dies- und jenſeits Rheines, bald die Oſt- und Weſt-
franken, bald die heutigen Franken, Hert am
a. o. ſ. 139.
Sechzehndes haubtſtuͤck
von den fremden.
§ 112
Fremde nahmen die Teutſche in ihre buͤrgerſchaftdie Teutſche
haſſeten die
fremden.
nicht auf, Hert am a. o. ſ. 16, daß die diſſeits
Rheines wohnende mit den Italiaͤnern ſich ver-
heirateten, konnten die Teutſche nicht leiden, Hert
am a. o. ſ. 16, 17, 29. Die aͤmter und gerichte
beſezten ſie mit eingebohrnen, Hildebrand am
a. o. § 6 ſ. 51. Daher man ſagte: „landeskin-
„der ſoll man fuͤr andern befoͤrdern,„ Piſtorius
cent. 6. par. 96, ſ. 552.
§ 113
Zu den angenommenen Teutſchen rechnete mandie ange-
nommene
Teutſche.
ehedem die Wenden, und heut zu tage die refuͤgiez.
Sibenzehntes haubtſtuͤck
von den aus dieſer eintheilung erwach-
ſenen rechten.
§ 114
Wegen dieſer verſchiedenen voͤlkerſchaften ent-die einart
iſt unter-
ſchiedlich.
ſtehet ein unterſchid der landsmannſchaft
oder buͤrgerrechts, einart, aͤnert, aͤbert, welches
Ddreierlei
[50]XVII haubtſt. von erwachſen. rechten.
dreierlei iſt. Entweder daß einer aus einem lan-
de, das unter dem Teutſchen ſcepter ſtehet, ge-
gebohren, oder 2) daß iemand aus einem lande
und provinz gebohren, oder 3) daß iemand in einer
ſtadt oder dorfe erzilet worden iſt.
§ 115
den verſtat-
tete man
keinen frei-
en paß,
Dieſen werden entgegen geſetzet: die fremde,
als da ſind: die Engellaͤnder, Spanier, Polen ꝛc.
ein ſolcher konnte ohne paß in Teutſchland nicht
reiſen, widrigenfalls er leibeigen wurde, das iſt
ein wildfang, immaßen ihn die luft leibeigen
machte, von Ludewig in der diſput. de pere-
grinitate, albinagio et Wildfangiatu,Hilde-
brand,de jure Wildfang.
§ 116
Die Teutſche haſſeten die fremden ſitten, und wa-
ren den fremden nicht hold, Hert am a. o. ſ. 16,
vol. II T. I,Franckenſteinde vſu albinagii in
Germania § 3.
§ 117
chen ꝛechten
der frem-
den ſtrei-
tigkeiten
entſchieden
worden.
Jeweilen entſtehet die frage, ob ein auslaͤndiſcher
klaͤger nach den von ſeinem landesherrn ausgegange-
nen rechten zu achten ſtehe, oder ob man ihn nach dem
wiedervergeltungsrechte (retorſion) richten muͤſſe,
wenn zumal ſothanes recht dem beklagten inlaͤndi-
ſchen zum vortheile gereichet und den klaͤger ſach-
faͤllig machet? Allein weiln der richter nach maaß-
gebung derer rechte, welche in ſeinem gerichte gel-
ten, die ſache entſcheiden muß; ſo faͤllet dahier
das wiedervergeltungsrecht weg, Hertde colli-
ſione legum, ſect. IV § 9, Franz Alefde le-
gum retorſione,Auguſtin von Balthaſar in
der diſput. de jure peregrinorum ſingulari,
cap.
[51]XVIII haubtſt. vom ſtrandrechte.
cap. II § 9 ſ. 44. Dafern auch in einem Lande
unterſchiedene religionen ſich vorfinden, und von
fremden die frage iſt: welcher religions-geiſtlichen
ſolche zu begraben haben? ſo ſiehet man hier auf
diejenige religion, der ein verſtorbener zugethan
geweſen iſt. Waͤre aber geboten, diſe religion
ſolle die fremden begraben; ſo gehet dergleichen
verordnung nur auf diejenigen, welche gar nicht
aus dem lande des herrns ſind. Man ſezet ie-
doch voraus, daß ein ieder ſothaner landen-reli-
gions geiſtlicher das begraͤbnisrecht habe; ſonſt
waͤre die frage vergeblich.
Achtzehntes haubtſtuͤck
vom
ſtrandrechte.
§ 118
Aus dem zuſtande der fremden iſt auch daswas das
ſtrandrecht
ſey?
ſtrandrecht hergekommen, kraft deſſen die ver-
ungluͤckten ſchiffe und waaren fuͤr herrnloſe ſachen
geachtet wurden, Jacob Schuback in comm.
de jure littoris, vom ſtrandrechte. Ehedem
verſchonete man der menſchen hierbei nicht einmal,
geſtalt daher das ſpruͤchwort entſtanden iſt: „der
„ſchiffer kan leib und gut verfahren, wenn er
„ſchiffbruch leidet„ Klockde aerario, II, 14,
Schuback am a. o. ſ. 14 fg. Sihe den art. 218,
der peinlichen halsgerichtsordnung kaiſer Carls
des V. allwo dieſes verboten worden iſt.
D 2Neun-
[52]XIX. haubtſt. vom erbfolgerechte in
Neunzehntes haubtſtuͤck
vom erbfolgerechte in der verſtorbenen
fremdlinge verlaſſenſchaft.
§ 119
binagii
wird be-
ſchrieben.
Aus der allgemeinen landsmannſchaft, welche
den fremden entgegen geſezet wurde, iſt das
jus albinagii, le Droit d’ Aubaine herzuleiten.
Denn wer bei den Francken nicht mit unter dem
koͤnig ſtunde, hieß ein fremdling. Fram, frem
heißet ex,al fremd, Wachter im gloſſario, ſ. 481.
Alſo bedeutet fremdling einen auslaͤnder. Es iſt
demnach das jus albinagii eine gerechtſame des
koͤniges in Frankreich, kraft deſſen er in die ver-
laſſenſchaft eines fremden folget, auch dieſer von
ehrenſtellen ausgeſchloſſen iſt, mithin kein fremder
ein teſtament, oder eine andere lezte willensver-
ordnung uͤber dasjenige, was ſelbiger in Franck-
reich beſizet, ſtiften kan, wenn er nicht beſonde-
re freiheiten desfalls erlanget hat, D. Richelet im
dictionaire François ſ. 105, Franz Jacob Chaſ-
les im dictionaire vniuerſel chronologique et
hiſtorique de juſtice etc. T. 1, ſ. 265, unter
dem worte Droit d’ Aubaine. Wenn ein Franzos
aus Franckreich gehet, und ſich anderweit wohn-
haft niderlaͤſſet, kan er in Franckreich nichts er-
ben. Ein fremder kan in Franckreich aus eines
Franzoſen teſtamente kein vermaͤchtniß bekommen.
Doch ſind von dieſer ſtrenge ausgenommen, 1) die
geſanden, 2) die geiſtlichen, 3) profeſſores und im-
matriculirte ſtudenten, 4) die fremde, welche in
Franzoͤſiſchen kriegsdienſten ſtehen, 5) die geiſel,
6) die hanſe-ſtaͤdte, 7) Hollaͤnder, Portugieſen,
Schottlaͤnder ꝛc. Friedrich Ulrich Peſtel in der
diſput.
[53]der verſtorbenen fremdlinge verlaſſenſ.
diſput. de vſu practico juris Albinagii,Fran-
ckenſtein, Dithmarde jure Albinagii,Chriſt.
Friderich George Meiſterde ſtatu ciuitatis,
§ 17, ſ. 17 fg. Die Soeſtiſche Schraa art. 13.
§ 120
Dieweil die Franzoſen ſothanes recht wider dieiſt in
Teutſch-
land nicht
gaͤnzlich
unbekannt.
Teutſchen ſo ſtraͤcklich beobachten; als iſt in Teutſch-
land das vergeltungsrecht (retorſion) eingefuͤhret,
Johann Schilterde jure peregrinorum, § 22,
ſ. 166. Ehedem hat man dieſes recht in Teutſch-
land ebenfalls gehabt, Peſtel am a. o. Es ſind
auch noch hin und wieder uͤberbleibſele davon an-
zutreffen.
§ 121
Aus der beſondern landsmannſchaft eines lan-woher das
wildfangs-
recht zu lei-
ten ſey?
des, oder einer provinz, in abſicht auf die andre,
iſt das wildfangsrecht gefloſſen. Die fahrenden
leute wurden leibeigen, ſie durften iedoch heiraten,
vermogten gleichwol zu keinem ehrenamte zu gelan-
gen, wurden auch in keine zuͤnfte gelaſſen, doch kon-
ten ſie teſtiren.
§ 122
Die pfeiffer, ſpielleute und keſſelflicker gehoͤre-die pfeiffer
und keſſel-
flicker ge-
hoͤreten un-
ter die fah-
renden leu-
te.
ten ebenfalls unter die fahrenden leute, Johann
Friderich Scheid in der probeſchrift de jure in
muſicos ſingulari Rappoltſteinenſi, Straßb.
1719, ſ. 18 fg. Allermaſen dergleichen leute als
landſtreicher und niedertraͤchtige menſchen den Teut-
ſchen ſehr verhaßt waren, mithin ihre kinder nicht
einmal in den handwerckern aufnemen wollten;
ſo hat diſem in den reichsgeſaͤzen abhelfliche maaße
verſchaffet werden muͤſſen, policeiordnung zu
Augſburg 1548 tit. 37 § 1, 1577 tit. 38 § 1.
D 3Zwan-
[54]XX. haubtſt. vom arreſte.
Zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom urſprunge des arreſtes.
§ 123
arreſt, zu
leiten ſey.
Diſe landsmannſchaft hat nicht minder gelegen-
heit zu dem arreſte gegeben. Denn weil die
benachbarten ſtaͤnde den buͤrgern aus den ſtaͤdten
nicht halfen, folglich ein ieder ſich ſelbſt zu helfen
ſuchte, ſo entſtunde daraus der arreſt und die repreſ-
ſalien, Gundling in D. lib. V, tit. 1 § 26. Das
uͤbrige hicvon folget unten bei der gerichtbarkeit.
Ein und zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom gaſtrechte.
§ 124
gaſtrecht
veranlaſſet
habe.
Nicht weniger hat die landsmannſchaft das gaſt-
recht (jus hoſpitum) veranlaſſet, kraft deſ-
ſen einem auslaͤndiſchen in kurzer zeit die gerech-
tigkeit angedeien mußte, reichsabſchid 1654 § 156.
Es wird diſes recht auch kaufrecht, kaufgericht ge-
nennet. Sihe Carl Heinrich Moͤllers diſp. de
judicio ſummario peregrinorum,Schmids
diſp. de modo procedendi circa peregrinos.
Eſtor im gruͤndlichen unterrichte von geſchickter
abfaſſung der urtheln und beſcheiden § 996 ſ. 490,
Ahasver FritſchT. II opuſc. vom gaſtrechte.
Zwei und zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom naturaliſiren.
§ 125
naturaliſa-
tion einge-
fuͤhret wor-
den.
Allermaßen ein fremder von den vortheilen eines
einheimiſchen ausgeſchloſſen war, ſo iſt zum
beſten
[55]XXV. haubtſt. von angeſeſſenen ꝛc.
beſten der fremden die naturaliſation eingefuͤhret
worden, kraft deren einer fuͤr einen inlaͤndiſch ge-
bohrnen erklaͤret wird, mithin wird er dadurch faͤ-
hig zu ehrenaͤmtern.
Drei und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den eingebohrnen einer Stadt
oder eines Dorfes.
§ 126
Landsleute eines Ortes ſind diejenige, welche anwas der
eingebohr-
ne eines or-
tes ſey?
einem orte wohnen und mitglieder derſelben ge-
meinde ſind. Hieraus folget, daß nicht alle, wel-
che an einem orte ſich befinden, zugleich mitbuͤrger
oder mitnachbaren ſeind. Denn es gibet auch
ſchuzverwandten, miethleute ꝛc.
Vier und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von beiſaſſen.
§ 127
Beiſaſſen, einliger (incolae) werden zwar nichtbeiſaſſen
ſind keine
glider der
gemeinde.
als fremde angeſehen, doch ſind ſie keine
glider der gemeinde, haben ſolchemnach an den
gemeinen nuzungen keinen anteil. Sie muͤſſen
die einen flecken habenden verſtorbenen zum grabe
tragen, immaßen ſich deſſen die zuͤnfte wegern,
ſihe theſauri practici Beſoldiani continuatio un-
ter dem worte, beiſaß, hinterſaß ſ. 291 u. 716, 717.
Fuͤnf und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den angeſeſſenen auswaͤrtigen.
§ 128
Diejenige, welche guͤter in der ſtadt oder dorf-von angefeſ
ſenen aus-
waͤrtigen.
flure haben und nicht daſelbſt wohnen, heiſ-
D 4ſen
[56]XXVII. haubtſt. von den uͤbrigen
ſen auslaͤndiſche beguͤterte (forenſes). Sie wer-
den auch zuweilen ausbuͤrger genennet, Ayrer in
analectis juris ad ſingularia ſtatutorum Nord-
lingenſium, ſect. 1 cap. 1 § 1 Hertde ſubject
territoriali § 3.
Sechs und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den vorſtaͤdten.
§ 129
haben ei-
gentlich
kein ſtadt-
recht.
Die vorſtaͤdte, oder neuſtaͤdte haben eigentlich
kein ſtadtrecht gehabt. Daher diejenige,
welche in den vorſtaͤdten wohneten, von den buͤr-
gern unterſchiden wurden, auſſer wenn ſie aus-
druͤcklich das buͤrger- und ſtadtrecht erlanget hat-
ten, und der ſtadt einverleibet worden waren,
Hertde paroemiis juris German. lib. II, paroem.
X, ſ. 400, vol. II T. III opuſc.Schilter in
exercit. ad D. III § 8,Fritſchde jure et ſtatu
ſuburbiorum,Friderich Eſaias Pufendorf in
obſeruationibus juris vniuerſi, ſ. 203 fg. obſ.
81 vol. 1.
Siben und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den uͤbrigen rechten, welche aus
der landsmannſchaft fluͤßen.
§ 130
landsmañ-
ſchaft der
verwiſenen.
Der nutzen oberwaͤhnter dreyfachen landsmann-
ſchaft veroffenbaret ſich unter andern darin,
daß derjenige, welcher des landes verwiſen wird,
nichts deſtoweniger die allgemeine landsmannſchaft
(jus ciuitatis vniuerſalis Germaniae) behalte,
folgſam das recht uͤber ſein eheweib und kinder,
auch die macht, ein teſtament zu errichten, an-
noch habe; iedoch verlieret er die landsmannſchaft
in
[57]rechten, welche aus der landsmannſ. ꝛc.
in dem lande, oder provinz, woraus er auf ewig
verwiſen worden iſt.
Acht und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von landſaſſen und unterthanen.
§ 131
In den Teutſchen landen treffen wir auch land-was land-
ſaſſen ſind,
ſaſſen an, das iſt, ſolche perſonen, welche in
perſoͤnlichen und dinglichen klagen fuͤr dem gerich-
te, des landesherrn recht nehmen muͤſſen. Ein
unterthan iſt weniger, als ein landſaß. Denn
diſes wort wird von geehrten unterthanen nur ge-
brauchet, z. e. von praͤlaten, univerſitaͤten, gra-
fen und rittern, Hertde ſubjectione territoriali § 6
ſ. 264 vol. 1 T.II opuſc., die adelichen landſaſſen wer-
den nicht fuͤr amtſaſſen, ſondern fuͤr ſchriftſaſſen
gehalten, von Cocceji in conſil. 452 num. 32
ſ. 599, vol. 2.
§ 132
Der unterthan iſt ein buͤrger, oder bauer. Je-ſind unter-
thanen,
der landſaß iſt ein unterthan; allein nicht jeder
unterthan iſt ein landſaß, Schilterde landſaſſiis,
cap. 1 num. 12 in exercit. ad D. ſ. 446, von Lu-
dewigde jure feudorum, cap. 4, qu. 8, ſ. 250,
Wilhelm Leiſerde landſaſſiis.
§ 133
Ein landſaß und unterthan muß dem landes-ſie muͤſſen
dem lan-
desherrn
huldigen,
herrn huldigen, das iſt, eidlich verſpre-
chen, dem landesherrn treu, gehorſam, und un-
terthaͤnig zu ſeyn, Hertde ſubjectione territo-
riali, § 16, 18.
§ 134
Die unterthanen und landſaſſen koͤnnen ordent-ſie koͤnnen
aus dem
lande zi-
hen.
licher weiſe aus dem lande zihen.
D 5Neun-
[58]XXIX. haubtſt. vom adelſtande,
Neun und zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom adelſtande, insbeſondere dem ho-
hen Adel.
§ 135
Der weitere zuſtand der Teutſchen gehet entwe-
der auf den adelſtand, oder den buͤrger- und
bauernſtand.
§ 136
wort adel
bedeute.
Adel, Odel, bedeutet einen, der vermoͤgend
war, anſehnliche guͤter beſaſe, Joachim Geor-
ge von Ploͤniesde miniſterialibus § 8, Bur-
card Gotthelf Struvede allodiis imperii, cap.
1 § 3 ſ. 20 fg., Wachter in gloſſario, unter wor-
te: od, col. 1159 fg., das Oſtfrieſiſche land-
recht B. 1, cap. 20 in Anmerckungen ſ. 35-38.
Im 11ten, 12ten, 13ten und 14ten jahrhundert ver-
ſtunde man darunter die fuͤrſten, grafen und her-
ren, wodurch heut zu tage der hohe adel angedeu-
tet wird, Eſtor in obſeruationibus feudalibus,
obſ. XVI, ſ. 19, de miniſterialibus, und th. IV
der kleinen ſchriften ſ. 800 fg. Johann Adam
Roppde inſigni differentia inter S. R. I. co-
mites et nobiles immediatos, ſect. 1 § 3 ſ. 14
fg. Johann George Cramerde juribus et
praerogatiuis nobilitatìs auitae, cap. II § 7
ſ. 58 fg. Denn im 15ten jahrhundert fingen die
vaſallen an, ſich nobiles, oder junckern zu nennen;
wodurch alſo der unterſchied zwiſchen dem hohen
und nidern adel entſtanden iſt, immaßen die va-
ſallen, oder heutige junckern ſich zum nidern adel
rechneten, da ſie ſonſt militaris generis homines
hiſen, ſihe des geheimten juſtizrathes Strubens
obſeruationes juris, obſ. 1 § 9 ſ. 26 fg., Cra-
mer am a. o. ſ. 85.
§ 137
[59]insbeſondere dem hohen adel.
§ 137
Aus dem hohen adel wurden die hohen reichs-aus dem
hohen adel
wurden die
reichsbe-
dienungen
beſezet.
bedienungen beſezet, wodurch ſie ſiz und ſtimme
auf reichstaͤgen erhielten, es wurden auch die koͤ-
nige ſelbſt aus ſelbigen erwaͤhlet.
§ 138
Es war demnach eine perſon des hohen adelsder hohe
adel wird
beſchriben.
nach maaßgebung der Teutſchen rechte, welche
auf dem reichstage ſiz und ſtimme hat, oder aus
einem ſolchen hohen geſchlechte entſproſſen war. Es
hatte einer des hohen adels anſehnliche vorzuͤge,
z. e. daß ſeine ſtreitigkeiten fuͤr dem fuͤrſten-rathe
entſchiden werden mußten, Kopp am a. o. ſ. 102,
302, 327, woran der nidere adel keinen antheil hat-
te, Eſtorde judicio principum, ſect. 1 § 20,
23 ſ. 10, 11 fg. Reichshofrath von Senckenberg
in der vorrede zu ſeinen diſquiſitionibus de judi-
ciis principum, §. 4 ſ. 8.
§ 139
Es hat zwar in den aͤltern zeiten auch titular-der unter-
ſcheid un-
ter den al-
ten u. heu-
tigen titu-
lar-reichs-
grafen.
reichsgrafen gegeben, anerwogen den ſoͤhnen der
herzoge, imgleichen den anverwandten der koͤnig-
lichen famili und andern angeſehenen perſonen der
grafen titel beigeleget worden iſt, Chriſtian Gott-
frid Hofmann in den grundſaͤzen des h. R. R.
ſtaatsrechtes ſ. 301 § 18, Struve im corpore ju-
ris publici, cap. xxxi § 16 ſ. 1174 fg. Adam
Friderich Glafey in der geſchichte des hohen chur-
und fuͤrſtl. hauſes Sachſen, 1 buches, cap. 4 § 5,
ſ. 49; allein diſes waren lauter perſonen des un-
ſtreitigen hohen adels; nachher haben kaiſer Carl
der V und deſſen nachfolger erſt angefangen, per-
ſonen des heutigen nidern adels einen grafen titel
beyzulegen.
§ 140
[60]XXIX. haubtſt. vom adelſtande,
§ 140
Derowegen hat man heut zu tage den großen
unterſcheid zwiſchen einem wuͤrcklichen, ſtimme und
ſtand auf dem Reichstage habenden grafen und
einem titular-reichsgrafen ſorgfaͤltig beobachtet.
§ 141
Sowohl der gerichtsbrauch, als auch die Reichs-
ſazungen und zwar der Reichsabſchid vom jahre
1548 § 66, inſonderheit aber die neueſte kaiſerliche
wahlcapitulation, art. III § 23 geben den unter-
ſchied zwiſchen einem wuͤrcklichen Reichsgrafen und
einem titular-Reichsgrafen ſattſam an die hand,
von Maiern in actis pacis Weſtphal. T. I ſ. 826
794 fg., T. II ſ. 507.
§ 142
ger titular-
reichsgraf
iſt nicht
beſſer alsein
adelicher.
Es erhaͤrten dieſem nach nicht allein die taͤgliche
erfahrung, ſondern auch der gerichtsbrauch, daß
in der that ein titular-Reichsgraf und ein adeli-
cher fuͤr einerlei gehalten werden. An den alt-
fuͤrſtlichen hoͤfen und in den gerichten ſihet man
keinen unterſcheid unter dem titular-reichsgrafen
und dem edelmanne. Laͤſſet ſich diſer den grafen
titel mittheilen, ſo bleibet er unterm vorigen ge-
richtszwange, und veraͤndert der grafenſtand hier-
unter nichts, ſihe Luͤder Mencken in tractatio-
ne ſynoptica proceſſus juris communis et Sa-
xonici, diſp. III tit. 1 § xvii, und Eſtor im un-
terrichte von abfaſſung der urthel und beſcheide
§ 53, ſ. 15.
§ 143
landſaͤßi-
gen grafen
in Chur-
ſachſen.
In Chur Sachſen werden daher die landſaͤßige
grafen bei der lehnsempfaͤngniß nicht anders, als
die adeliche vaſallen vom kanzler in der regirung
angeredet. Er nennet ſie ihr, wie einen ieden ade-
lichen
[61]insbeſondere dem hohen adel.
lichen Churſaͤchſiſchen vaſallen, der die lehne em-
pfaͤnget, Wabſt in der hiſtoriſchen nachricht von
des Churfuͤrſtenthums Sachſen hohen und nidern
iuſtiz, ſ. 74, ſ. 229.
§ 144
Die Oeſterreichiſche grafen ſind nicht beſſer als dieund Oeſter-
reich ange-
ſehen wer-
den.
landſaͤßigen edelleute in abſicht auf den ihrem landes-
herrn zu leiſtenden gehorſam, auch dienſtbarkeit,
geſtalt kaiſer Carl der V bereits ſolches in den frei-
heiten des erzhauſes Oeſterreich unter andern im
jahre 1530 alſo geordnet hat, Luͤnigin corpore
juris feudalis T. 1 col. 728.
§ 145
Derowegen verbleibet es auch hierunter bey derdie kaiſerli-
che ſtandes-
erhoͤhung
gibet nie-
manden die
vorrechte
des hohen
adels.
regel, daß die kaiſerliche ſtandeserhoͤhung die rech-
te und wuͤrckungen des alten adels oder des herren-
ſtandes, oder hohen adels, niemanden gebe, wie
Johann George Cramer am a. o. cap. IV §. 1
ſ. 169, und der ſelige Herr Vicecanzler Ropp im
zweiten theile der lehnsproben ſ. 162 gezeiget haben,
wofern ſie nicht das geſamte reich ausdruͤcklich zu-
geſteht, folglich in deſſen entſtehung ein titular-
oder landſaͤßiger reichsgraf nicht beſſer, als ein
adelicher landſaß, oder eine ritterſtandsperſon
iſt, daher die ehe eines fuͤrſtens, auch reichsgra-
fens mit einer adelichen dem Teutſchen ſtaats- und
lehnrechte, imgleichen der kaiſerlichen wahlcapitu-
lation zu folge fuͤr ungleich gehalten wird.
§ 146
Teutſchland hatte viererlei ſtaͤnde der perſonen,die ſtaͤnde
der Teut-
ſchen wer-
den erzaͤh-
let.
1) des adels, 2) der freigebohrnen, 3) der freyge-
laſſenen, und 4) der knechte, Koppde inſigni
differentia inter comites et nobiles,Eſtorde
mini-
[62]XXIX. haubtſt. vom adelſtande,
miniſterialibus,Riccius vom landſaͤßigen adel
in Teutſchland, cap. II, § 1 ſ. 10 fg.
§ 147
adel gehoͤ-
ret der her-
tenſtand.
Unter dem adel wurde der herrenſtand begrif-
fen, darin der kaiſer, die fuͤrſten, grafen, auch
unmittelbare reichsherren ſich befanden, welche
letztere entweder nun den grafen-titel angenommen
haben, z. e. die edele herren zur Lippe, die herren
Reuſen, die herren von Schoͤnburg ꝛc. und ſiz und
ſtimme auf dem reichstage fuͤhren, oder deren haͤu-
ſer ausgeſtorben ſind.
§ 148
reichsher-
ren ſind die
fuͤrnehm-
ſten reichs-
ſtaͤnde ent-
ſtanden.
Aus dieſen Reichsherren waren die fuͤrnehmſte
der reichsſtaͤnde entſproſſen, wie ſelbige unter den
herzoglichen, pfalzgraͤflichen, landgraͤflichen,
markgraͤflichen und graͤflichen wuͤrden annoch be-
kant ſind. Dergleichen Reichsherren waren den
wuͤrcklichen grafen am ſtande und nach der geburt
gleich. Sie hatten, wie der herr Reichshofrath
von Senckenberg in den anfangsgruͤnden der
Teutſchen gemeinen rechtsgelehrſamkeit ſ. 34 ganz
wohl beobachtet hat, mit dem heutigen nidern
adel gar keine gemeinſchaft, ausgenommen im
ſoldatenweſen und bei den turniren, ſondern ſie
waren die officiers von der reiterei; hingegen gabe
der nidere, oder heutige adel die gemeinen reiter
ab. Die ſtaͤrcke der Teutſchen kriegesmacht be-
ſtunde in der reiterei. Darzu nahme man keine
unadlichen Buͤrger, noch weniger bloſe bauern.
Die unadlichen buͤrger und die bauern brauchte
man im nothfalle nur zu belagerungen, und an-
dern dienſten bey dem heerzuge, oder wenn ein all-
gemeines aufgebot geſchahe, ſihe die fortgeſetzten
merckwuͤrdigkeiten zur erlaͤuterung der bran-
denburgiſchen hiſtori, ſ. 69.
§ 149
[63]insbeſondere dem hohen Adel.
§ 149
Ein Reichsherr, oder herr, war demnach der-was ein
reichsherr
ſey?
jenige, deſſen aͤltern und großaͤltern von beiden ſei-
ten aus reichsherrlichen haͤuſern beſtanden. Sie
mogten dann entweder reichsaͤmter fuͤhren, oder
bloſe reichsherren, ohne den hohen reichsſtaͤndi-
ſchen namen eines grafen und dergleichen ſeyn,
Wohlfart in der gruͤndlichen unterſuchung der
frage: ob die grafen und herren zu Hanau mit den
von Carben in vergleichung zu ſtellen? 1 abtheilung
§ 6 fg. II abtheilung § 3, Ropp am a. o. freiherr
von Senckenberg am a. o.
Dreißigſtes haubtſtuͤck
vom nidern adel, oder heutigen adel.
§ 150
Hingegen nennete man einen freigebohrnen den-der frey-
gebohrne
wird be-
ſchrieben.
jenigen, welcher unter ſeinen vier anen keinen
leibeigenen, oder freigelaſſenen hatte, das iſt, deſ-
ſen vater und mutter, großvater und großmutter
von beiden ſeiten freigebohrne waren, Johann
David Roͤhler im ſechſten theile der hiſtoriſchen
muͤnzbeluſtigung, ſ. 223, herr profeſſor Cramer
am a. o. ſ. 60 fg. diſe freien zog der hohe adel in
ſeine dienſte, und gebrauchte ſie entweder zu den
hofbedienungen, oder zu den krigesdienſten, oder
zur vertaidigung der damaligen veſtungen oder
ſchloͤſſer, folgbar zu burgmaͤnnern, oder zu geiſt-
lichen und gelehrten dienſten. Der kaiſer hatte
ihrer ebenfalls zu gemeinen burg- und feld- kriges-
auch geringen hofdienſten noͤthig. Sie wohneten
theils auf dem lande, und der ſicherheit halber wa-
ren ſehr viele zugleich buͤrger in den ſtaͤdten. Al-
lermaßen aber ſowohl der herren-ſtand, als auch
der nidere adel einen groſen abſcheu fuͤr der kauf-
mann-
[64]XXX. haubtſt. vom nidern adel,
mannſchaft und dem, was man anitzt buͤrgerliche
narung heiſſet, trugen, auch nicht leiden konn-
ten, daß ſo viele freygelaſſene in die buͤrgerſchaft
aufgenommen wurden; ſo fingen die freygebohrne,
die keine buͤrgerliche narung triben, an, mit de-
ren toͤchtern, die in ſolches gewerbe ſich miſcheten,
ſich nicht zu verehlichen, mithin ſich nach und
nach von den buͤrgern zu unterſcheiden, auch da-
her ſich militaris generis homines und adeliche zu
ſchreiben. Dieſes geſchahe erſt im funfzehnten
jahrhunderte, Struben am a. o. Cramer am a.
o. ſ. 85.
§ 151
ſcheid zwi-
ſchen dem
heutigen
adel und
den buͤrger-
lichen, dem
hohen und
nidern adel
Hieraus iſt alſo der neue unterſcheid zwiſchen
dem heutigen adel und dem buͤrgerſtande, an, be-
neben ſeit dem XVten jahrhundert die benennung
zwiſchen dem hohen und nidern adel entſtanden.
Denn die ſache, das iſt der zuſtand des heutigen
nidern und hohen adels, iſt jederzeit in Teutſch-
land auf das genaueſte beobachtet worden. Vor-
her machte den Teutſchen adel nur die Reichsher-
ren aus, und die von ſelbigem entſproſſene hohe
reichsſtaͤnde, als die herzoge und dergleichen.
Daher der pabſt, welcher bei der alten titulatur
in dieſem ſtuͤcke gebliben iſt, einem weltlichen
Churfuͤrſten in den ſchreiben an dieſen, im eingan-
ge nur gibet: dilecte fili, nobiliſſime vir, und
im contexte: nobilitas tua,Luͤnig im theatro
caerimoniali politico, IIIten theile ſ. 371, Hul-
derich von Eybende titulo nobilis, ſ. 818 ſcri-
ptorum.
§ 152
name: mi-
niſteriales
entſtanden
ſey.
Alldieweil die freigebohrne, oder die vorfahren
des heutigen adels, den Roͤmiſchen kaiſern und
ſtaͤnden des Reiches dienſte leiſteten; ſo uͤberkamen
ſie den namen der miniſterialium oder dienſtmaͤn-
ner.
[65]oder heutigen adel.
ner. In der Wirtenbergiſchen vorlegung der
anwachſenden reichsritterſchaftlichen irrun-
gen ſ. 104 Stutgart 1749, fol. wie auch in den
ſchriften des von Ploͤnnies und meiner abhand-
lung de miniſterialibus iſt aus unverwerflichen
urkunden dargethan, daß die dienſtmaͤnner, ſamt
ihren guͤtern zu des hohen adels landen als erbei-
gene weſentliche theile gehoͤret haben, immaßen
der kaiſer noch heut zu tage viele ſtaͤnde mit den
mannſchaften, das iſt, den vaſallen, aus dem ni-
dern adel zu belehnen pfleget. Sie ſind daher oͤf-
ters mit den landen vertauſchet, verkaufet und
verſchenket worden. Sie ſtunden in voller unter-
wuͤrfigkeit und erkannten in allen ſtuͤcken ihres
landes- oder lehnherrns hohe obrigkeit, Ropp im
zweiten theile der lehnsproben, ſ. 120 fg. anerwo-
gen die herren und diener unterſchiden ſeyn und
bleiben muͤſſen, ſihe des reichshofrathes von Sen-
ckenberg diſp. de ſeruorum conditione, § 2 fg.
§ 153
Das wilde und rauhe auch ungeſittete weſenwoher das
Band der
dienſtmañ-
ſchaft ent-
ſtanden
ſey?
der Teutſchen freigebohrnen, die ungezaͤmte frei-
heits-liebe, die vielen empoͤrungen des nidern
adels wider ihre landes- und lehnherren, davon
die verſtrickung des adels im Salzburgiſchen im
jahre 1359, der gefaͤhrliche aufſtand in Heſſen, un-
ter dem namen des ſterner, ſodann des bengeler
bundes, in den jahren 1374, 1382 und 1391 und
andere ſogenannte buͤnde zeugen, legen das zigel-
loſe betragen zur genuͤge vor augen, Derohalben
war eine ſtarke manns- oder krigeszucht von noͤ-
then, um den nidern adel in der ordnung zu er-
halten. Hieraus entſtund das veſte und groſe
band der dienſtmannſchaft. Denen nun, welchen
ihre wilde freiheit lieber war, als in der ordnung
Ezu
[66]XXX. haubtſt. vom nidern adel,
zu leben, die verachteten die miniſterialen, ſahen
ſie als knechte an, und nenneten ſich ihnen zum
troz liberos homines, oder ingenuos, Schoͤttgen
am a. o. ſ. 211, 216 fg.
§ 154
adel bedeu-
te,
Der adel bedeutet einen ſittlichen zuſtand (ſta-
tus moralis), kraft deſſen der nidere adel (milites)
ſeine gewiſſe eigenſchaften und vorzuͤge hat, und
ſich dadurch von andern unterſcheidet.
§ 155
zuͤge bei rit-
terſpielen,
Die vorzuͤge, welche die adeliche fuͤr den buͤr-
gerlichen haben, iſt die erſcheinung bey ritterſpie-
len und turniren, davon Menetrierdes Tour-
nois et Carouſſels,Schubartde ludis eque-
ſtribus,von Piſtorius in der vorrede zum ſiben-
ten theile der amoenitatum, ſ. 48 fg., Schoͤpf-
lin in Alſatia illuſtrata ſ. 797 § 3-5 ſ. 887 § 134.
Riccius am a. o. ſ. 202, 326 fg. von der Schu-
lenburg in der diſp. de priuilegiis et praerogat.
nobilium mediat. in Germania, gehandelt haben.
§ 156
Ein edelmann hat das recht wapen oder wafen
ſchild und helm zu fuͤhren, Eſtor in den obſerua-
tionibus feudalibus, obſ. 49 und folgende und
in der anen probe ſ. 447, Riccius am a. o. cap.
18 ſ. 369 fg. Ringk in der diſp. de eo, quod ju-
ſtum eſt circa galeam, der Erlangiſche profeſſor
Reinhard in der einleitung zur wapenkunſt. Die
wapen ſind mancherlei.
§ 157
orden,
Unter den vorzuͤgen des nidern adels iſt auch
dieſes, daß ſie zu dem Teutſchen und Johanniter
orden
[67]oder heutigen adel.
orden mit ausſchluͤßung der buͤrger gelangen, ge-
ſtalt pabſt Sixtus der IV im jahre 1483 dieſes al-
ſo verordnet hat, obgleich vorhin auch buͤrgerli-
che in dieſe orden aufgenommen worden ſind, Ru-
dolph Friderich Telgmann von der anen-zahl,
im Vten haubtſt. § 2 ſ. 193 fg. § 19 ſ. 218 fg.
§ 158
Bei den Teutſchen ſtiftern ſind ſeit etlichen jahr-der ſtiſter
halber,
hunderten nur Teutſche alte adliche angenommen
worden, da ſonſt auch buͤrger darzu gelangeten,
Eſtor in der anleitung zur anen probe, ſ. 3, IV
abtheilung, Telgmann am a. o. IV haubtſt. § 1
fg. ſ. 131. Von den graduirten perſonen, welche
in die ſtifter aufgenommen werden, ſihe den Telg-
mann am a. o. ſ. 152 fg.
§ 159
In Schleſien und der Oberlauſiz wird nimandbey dem
ritteꝛrechte,
zum ritterrechte, zu den ehren- oder ritter gerich-
ten, zu der ehren-tafel gelaſſen, er ſey denn vier-
ſchildig, Telgmann am a. o. VII haubtſt. ſ. 239
fg. Geſtalt denn auch in Churſachſen die adli-
chen bei den landtaͤgen ihre ſechs anen aufzuweiſen
haben, cap. VI § 11 ſ. 237.
§ 160
Bei den Ganerbſchaften haben die alten adeli-bei den gan-
erbſchaften,
chen einen vorzug, Telgmann am a. o. cap. VIII
ſ. 255 fg.
§ 161
In der Oberlauſiz darf kein buͤrgerlicher nochder lehn-
guͤter,
neu gewordener adlicher lehnguͤter kaufen, Telg-
mann ſ. 251, 254, Baſtineller in der diſput. de
priuilegio Ferdinandino ad mediatos vtrius-
que Luſatiae vaſallos non extendendo, § 4 lit.
d ſ. 13.
E 2§ 162
[68]XXX. haubtſt. vom nidern adel,
§ 162
ganges,
Ein alt adlicher gehet einem neuen adelichen
vor, Riccius am a. o. ſ. 360, ungeachtet
es im ſpruͤchworte heiſſet: „als Adam hackt,
„und Eva ſpann, wo war da der edelmann„,
Piſtorius cent. 6 par. 59 ſ. 322. Indeſ-
ſen iſt das bekannte ſpruͤchwort: „kein ſchermeſ-
„ſer ſchaͤrfer ſchiert, als wenn der bauer ein edel-
„mann wird„, Piſtorius cent. 2 par. 63 ſ. 208.
„Die tugend adelt mehr als das gebluͤt; fromm
„weis und mild, gehoͤret in des adels ſchild„, Pi-
ſtorius par. 8, und 9 ſ. 143-146. Der herr graf
Teßin am a. o. ſ. 74 und ſ. 137 ſaget: eine hohe
geburt iſt kein vortheil, in ſofern ſie nicht ihren
werth durch tugend behaͤlt; ſie gleichet ſonſt einem
edlen namen, der an einem ſchmuzigen pfahle ſizet.
§ 163
ge,
Ein mit adelichen lehnguͤtern im lande angeſeſ-
ſener von adel hat das recht auf landtaͤgen zu er-
ſcheinen; widrigenfalls, wenn er ſchon im lande
wohnet, er in anſehung der andern adelichen fuͤr
keinen einlaͤndiſchen paßiret, Riccius am a. o.
cap. 19 § 27 ſ. 394.
§ 164
ſaſſen,
Sie ſind berechtiget von ihren hinterſaſſen die
pflicht einzunehmen, dafern ſie es hergebracht ha-
ben, Riccius am a. o. ſ. 408.
§ 165
fiſei wegen,
Wer in Sachſen die obergerichte hat, hat das
jus fiſci, folglich der erbloſen guͤter ſich anzumaſ-
ſen, Riccius ſ. 412, 413 fg. wiewohl ſolches Carl
Erdmann Kiriz in der diſp. de jure fiſci mero
imperio haud cohaerente, in zweifel zihet.
§ 166
[69]oder heutigen adel,
§ 166
In verſchiedenen landen vermag keiner ein ade-
liches lehn zu beſizen, auſſer ein adelicher, Saͤchſ.
lehnrecht cap. II,Schwaͤbiſ. lehnrecht cap. I,
Riccius ſ. 419 fg.
§ 167
Die landſaͤßigen adelichen muͤſſen ihrem herrnwie ſie die
erbhuldi-
gung lei-
ſten muͤſſen
die erbhuldigung leiſten. Sie ſind in allen ſtuͤ-
cken nicht zollfrei, auſſer, wo es hergebracht iſt,
Riccius ſ. 438 fg. Sie geben ordentlicher weiſe
kein abzugsgeld, ſ. 441, ſihe iedoch Peſlers diſp.
de bonis nobilium juri detractus obnoxiis.
Sie haben das recht ihre wohnungen mit einer
mauer oder graben zu umgeben, geſtalt dann die
erbmaͤnner zu Muͤnſter ihren adelſtand daraus erwi-
ſen haben, Schwaͤb. landr. c. 234. Saͤchſ. landr.
B. III, art. 66, Riccius ſ. 442. Sie koͤnnen buͤrger
in den ſtaͤdten werden, iedoch ſind ſie vom buͤrgereide
frei. Es waͤre denn ein anders, z. e. im Mecklen-
burgiſchen ꝛc. herkommens. Das bierbrauen zum
feilen verkaufe und die betreibung der kaufmann-
ſchaft, als eine buͤrgerliche handthierung, duͤrfen
ſie nicht treiben, auſſer, was auf ihren guͤtern
waͤchſet, koͤnnen ſie verkaufen, und ſind deswegen
ordentlicher weiſe zoll- und accis frei, welches auch
von der wolle zu verſtehen iſt, wo nicht ein anders
hergebracht iſt. Von dem bierbrauen der adeli-
chen, ſihe Riccius am a. o. ſ. 447 und Struben in
nebenſtunden, III th. ſ. 305, 356, 390-401.
§ 168
Sie haben den vorzug, daß ihre kinder an denihrer kinder
vorzuͤge.
hoͤfen zu edelknaben, pagen, angenommen werden.
Page heiſſet ein edelknabe, der einem großen herrn
aufwartet. Die fuͤrnehmſten hof- und landesbe-
dienungen werden von ihnen beſezet. Eſtors an-
E 3mer-
[70]XXX haubtſt. Vom nidern adel,
merkungen uͤber das ſtaats- und kirchenrecht § 414,
426, 591.
§ 169
ſpielen und
wetten koͤn-
nen.
In einigen landen iſt verordnet, wie hoch ein
adelicher wetten oder ſpielen darf, als im Magde-
burgiſchen, in Churſachſen ſoll ein adelicher nicht
hoͤher, als einen reichsthaler ſpielen.
§ 170
ihres glei-
chen heira-
ten,
Ein adelicher muß ſeines gleichen heirathen;
alsdenn heiſſet es im ſpruͤchworte: „rittersweib
„hat rittersrecht, Piſtorius, cent. I par. 76, ſ. 100,
Hertde paroem. juris Germ. lib. II par. 6 und 7,
ſ. 398, vol. II T. III.Struve in juris prudentia
heroica, vol. II, cap. II § 31, ſ. 45 fg. Wer aber
eine buͤrgerliche, oder baͤuerliche perſon zur ehe
nimmt, bleibet zwar fuͤr ſich edel; allein die kin-
der werden nicht fuͤr edel gehalten, nach dem
ſpruͤchworte: „das kind folget der aͤrgern hand„,
Hert in paroem. VI § 2 lib. II,Cramer am a. o.
cap. III § 1, ſ. 118, (p) Struve am a. o. § 31 ſ. 48.
Und ob gleich heutiges Tages darauf nicht mehr
aller orten ſo genau geſehen wird, ſo iſt doch ſolches
durch eine allgemeine widrige Gewohnheit nicht
aufgehoben worden; immaßen dann auch derglei-
chen kinder in ſtiftern durchaus nicht aufgenom-
men werden.
§ 171
mißheira-
ten,
Wer vom hohen adel ſich alſo vergaſſe, und
durch eine ehe mit einer vom nidern adel ſich aus
ſeinem herrenſtande verirrete, der befleckete die
daraus erzielten kinder, anerwogen das kind bei
den Teutſchen zur aͤrgern hand trate, das iſt, ſelbi-
ges erlangte nur den ſtand, worinn der ungleiche
ehegatte ſich befande, mithin ſolches nicht ebenbuͤr-
tig, alſo nicht leibes-lehnsfaͤhig war, Joachim
Pot-
[71]oder heutigen adel.
Potgieſer in commentariis de ſtatu ſeruorum,
lib. II c. II § 44 ſ. 403 fg., der freiherr von Sencken-
bergde juribus nobilitatis Germanicae § 9, not. 3,
ſ. 21, Cramer am a. o. c. 4. § 6. Struve am a. o. § 29,
30, ſ. 43 fg., Riccius im ſpicilegio juris Germanici
ſ. 222, not. 3, Boͤhmer in jure eccleſiaſtico prote-
ſtantium lib. 4 tit. 10 § 2 ſ. 100, es war auch der erb-
folge in ſtammguͤter nicht faͤhig, von Sencken-
berg in primis lineis juris feudalis, § 306, ſ. 345,
Schilter in commentario ad jus feudale Ala-
mannicum, cap. 40 § 2, 3, ſ. 227. Denn zur
lehns- oder erbfolge in ein land wird nothwendig
eine ſtandesmaͤſige geburt erfordert, in betracht
nach den alten Teutſchen rechten ein kind ebenbuͤr-
tig ſeyn muß. Eine gleiche und ſtandesmaͤſige hei-
rat bei fuͤrſten und grafen iſt diejenige, welche mit
gemalinnen aus dem hohen adel, welcher ſtand
und ſtimme auf dem reichstage hat, eingegangen
wird. Eine mißheirat aber und ungleiche ehe er-
aͤuget ſich zwiſchen dem hohen und nidern adel,
oder, wenn der adeliche herrenſtand mit dem rit-
ter- und knechtsſtande ſich vermiſchet, herr hofrath
Schmauß in des Compendii juris publici, zwei-
ten buche, cap. 16 § 18, ſ. 199, ſintemal der unter-
ſte grad des adels in Teutſchland der nidere adel
oder ritterſtand iſt, welcher ehedem eigentlich der
edelknechte und miniſterialium hieſe, Schmauß
am a. o. ſ. 63 im zweiten buche cap. 4 § 4.
§ 172
An den meiſten orten haben die adelichen dasvon des
adels
trauung
und taufen.
recht ſich in ihren haͤuſern trauen und ihre kinder
darin taufen zu laſſen, von der Schulenburg
am a. o. § 12, Riccius vom landſaͤßigen adel. ſ. 478.
§ 173
Der adelichen hurkinder erlangen weder dender adeli-
chen hur-
kinder be-
adel, noch der aͤltern wapen, Riccius th. II cap.
E 435,
[72]XXX haubtſt. vom nidern adel,
kommen
der aͤltern
adel und
wapen
nicht.35, § 1 ſ. 482; angeſehen die Teutſche dafuͤr hielten,
daß der adel, welcher in abſicht auf der aͤltern und
vorfahren tugenden ſowohl verdienſte auf die Kin-
der durch eine eheliche und adeliche geburt gebracht
werden muͤſſe, durch verbrechen nicht fortgepflan-
zet werden koͤnne, vielmehr hat man dergleichen
kinder als wilde zweige iederzeit bei den Teutſchen
fuͤr rechtlos geachtet, Schwaͤb. landrecht, cap.
410, Saͤchſ. landrecht B. I, art. 37, Johann
George Cramer am a. o. ſ. 184 fg. folglich ſie von
ehrenaͤmtern, der lehn- und erbfolge ausgeſchloſſen,
Schwaͤb. landrecht, cap. 164, cap. 371, Cramer
am a. o. ſ. 185, 186, Struve in jurisprudentia
heroica, vol. III cap. 6, ſect. 3, § 1 fg. ſ. 625, vol.
II, cap. 6 § 12 ſ. 383. Jedoch muß ihnen der un-
terhalt gereichet werden.
§ 174
adels zeug-
niſſe.
Ein adelicher zeuge verdienet mehr glauben, als
ein anderer, Auguſtin von Leiſerde juribus
equitum ſax. ſingul. § 34, Andreas Gail in ob-
ſeruat. lib. 1 obſ. 101. num. 13, ſ. 177, lib II obſ.
66. num. 11 ſ. 419, in betracht die Teutſchen dieje-
nigen, welche der geburt nach fuͤr tugendhaft zu
halten, anbeneben mit unbeweglichen guͤtern ange-
ſeſſen waren, fuͤr gute und unverwerfliche zeugen
achteten, Dreyerde ceſpitalitatis requiſito in
teſtibus habilibus, § 1 fg. Ernſt Friderich
Schroͤters diſp. de ciuili nobilium ſtatu, cap. 12
§ 4, geſtalt denn auch ein adelicher, wenn er zum
zeugniß gefodert wird, der reiſe, auch koſten hal-
ber fuͤr den buͤrgern und bauern einen vorzug hat.
§ 175
adeliche fuͤr
ungehor-
Ein armer von adel, wenn er aus mangel der
kleidung vor gerichte nicht erſcheinen kan, wird er
fuͤr ungehorſam nicht gehalten, wenigſtens findet
bei
[73]oder heutigen adel.
bei ſo geſtalten ſachen die wiedereinſezung in denſam nicht
gehalten
werden
kan?
vorigen ſtand rechtens ſtatt, Rutger Rulandde
commiſſ. P. 21, 5, cap. 6, 7, Riccius am a. o.
th. II cap. 38 ſ. 491 § 2.
§ 176
Wenn der adeliche in ſchulden verfaͤllet; ſo ge-ob dem ade-
lichen das
benefic.
competen-
tiae zuſtehe
ben ihm die Sachſen das beneficium competentiaͤ,
Riccius am a. o. ſ. 492, 493; allein im reiche und
in hieſigen Landen, wenn er nicht in kriegsdienſten
ſtehet, hat er es nicht, Eſtors anfangsgruͤnde ꝛc.
tit. 239 §. 1999, c. ſ. 725.
§ 177
Bei den todesfaͤllen haben die gerichtsjunckerndie vorzuͤge
bei den be-
graͤbniſſen,
des trauer-
gelaͤutes.
das trauergelaͤute an vielen orten in Teutſchland
z. e. in Heſſen, von der Schulenburg am a. o.
cap. 1 § 12 num. 2 ſ. 33, Riccius am a. o. ſ. 495,
In Churſachſen koͤnnen die adelichen und zwar die-
jenigen, welche in civil- oder militair-dienſten da-
ſelbſt geſtanden haben, bis auf den oberſten ein-
ſchließlich, acht, die uͤbrigen aber nur ſechs bren-
nende wachskerzen auf beiden ſeiten des ſarges tra-
gen laſſen; welches in hiſigen landen wegfaͤllet,
immaßen die nachtleichen durch eine fuͤrſtl. verord-
nung vom 9ten Dec. 1748, § 11 ſ. 5, gaͤnzlich abge-
ſchaffet worden ſind.
§ 178
So werden auch wohl bei einer adelichen leichewie auch
der wapen
halber.
die wapen an den ſarg gehenket, wie ſolches aus
des von Hattſteins hoheit des Teutſchen adels,
tom. I,Eſtorsanalectis Fuldenſibus ſect. II
obſ. 30 ſ. 78, dem Telgmann am a. o. cap. IX
§ 2, 3, zu erſehen iſt. Bei mannsperſonen wird
der bloſe degen benebſt dem helm auf den ſarg ge-
leget. Iſt einer general geweſen, wird ſein leib-
pferd in tiefer trauer vor dem ſarge her, oder hin-
E 5ter
[74]XXX haubtſt. vom nidern adel,
ter der leiche gefuͤhret, welches auch an verſchiede-
nen orten bei adelichen geſchiehet, ob ſie gleich keine
generale geweſen ſind, wovon den urſprung herr
Profeſſor Riccius am a. o. cap. 39 § 34 ſ. 496
gezeiget hat, Eſtor am a. o.
§ 179
lezten eines
geſchlechts
werden
ſchild und
helm zer-
brochen u.
begraben.
Stirbet der lezte eines adelichen geſchlechts, ſo
werden alsdenn ſchild und helm zerbrochen und
mit ihm begraben; daher die redensart entſtan-
den iſt; er iſt mit ſchilde und helme begraben wor-
den, Telgmann am a. o. ſ. 263, (d) Riccius am
a. o. § 5 ſ. 496. Nicht minder wird der ſigel-ring
zerſchlagen, Johann Georgen Fichtners diſput.
de fractione inſignium § 17 ſ. 22 fg. Altdorf 1708
Willenbergde jure vltimi gentis ſuae, pag. 4.
§ 68. Wie es disfalls bey dem abſterben des lez-
ten Pommeriſchen herzogs Bogislaus, ingleichen
des gefuͤrſteten grafens von Henneberg ableben im
jahre 1584 gehalten worden ſey, beſagen Luͤnig im
theatro ceremoniali, P. II ſ. 562, Forſterde
emancipatione equeſtr. ſ. 104 fg., Muͤller in
den annalibus ſax. ſ. 187. Es werden auch zu-
weilen die ſporne bei ſolchen faͤllen zerbrochen und
ins grab geworfen, ſihe Johann Nicolaide vſu
et abuſu calcarium, ſ. 183. Es koͤnnen ſodann
auch in andern faͤllen ſchild und helm zerſchlagen
werden, naͤmlich wenn einer ſich des hochverrathes
oder des verbrechens der beleidigten majeſtaͤt ſchul-
dig gemachet hat, Fichtner am a. o. § 3 fg.
§ 180
adelichen
beſtrafung.
Bei beſtrafung der verbrechen ſihet man darauf;
ob es an eine leibes- oder lebensſtrafe gehe? bei
lebensſtrafe hoͤren der adelichen vorrechte auf;
hingegen bei leibesſtrafen verfaͤhret man gelinder;
iedoch lehret uns das beiſpil des Kunzens von
Kau-
[75]oder heutigen adel.
Kaufungen, welcher die 2 Saͤchſiſchen prinzen
aus Altenburg geraubet hatte, daß ſelbiger oͤffent-
lich wie ſein bruder, enthaubtet worden ſey; allein
des Kunzens 3 Knechte, nebſt dem kuͤchenjungen,
Schwalben, hat man zu Zwickau anfangs mit
gluͤenden zangen geriſſen, ſodann aber geviertheilet,
Muͤller in den annalibus Saxonicis ad a 1455,
ſ. 30, 31, Riccius am a. o. cap. 40.
§ 181
Die hurerei des adels wird ebenfalls beſtrafet.die hurerei
des adels
wird be-
ſtrafet.
Schwaͤchet ein adelicher eine prinzeſſin; ſo iſt
nach der Haͤlliſchen facultaͤts-meinung, wie ſie
1728 in ſachen wider den von M. wegen der prin-
zeſſin von E. geſprochen hat, der Kopf verloren.
Dahingegen, wenn eine adeliche geſchwaͤchet
wird; findet die ordentliche ſtrafe ſtatt, wie dann
auch ſolche der adeliche auszuſtehen hat, Riccius
am a. o. cap. 41, ſ. 503 fg. Ob aber ſothane hu-
rerei die adelichen ehrlos und anruͤchtig mache, iſt
unter den neuern rechtsgelehrten ſehr ſtrittig, ſihe
Riccius am a. o. § 6, ſ. 505. von Leyſer in ſpe-
cim. 650 med. 27, Heineccius in elementis ju-
ris Germanici lib. I § 320 und § 398, Johann
Andreen Hofmanns diſp. de judicibus atque
aduocatis nec non cauſis eos remouendi ab
officio et foro, § 23, not. (b) ſ. 27. Immittelſt
ſaget man im ſpruͤchworte: „wer eine hure zur ehe
„nimmt, der iſt entweder ein ſchelm, oder will
„doch einer werden, ferner: wer eine hure nimmet,
„der iſt ein verraͤther des vaterlandes, oder will
„doch einer werden„, Hert in den paroemiis juris
Germanici, lib. I par. 12 ſ. 273 fg. vol. II tom. 3,
Piſtorius am a. o. cent. 4, par. 7 „Es iſt gleich
„viel, ob einen eine hure lobet, oder ein ſchelm
„ſchilt. Piſtorius par. 2 cent. 7 ſ. 560. Unter-
deſſen iſt ſoviel gewiß, daß nach maaßgebung der
kapi-
[76]XXX haubtſt. vom nidern adel,
kapitularium Francorum, Buche VII cap. 143
beim Georgiſch im corpore juris Germanici,
ſ. 1645 die hurerei ehrlos gemachet habe, mit wel-
chen der freiheits brief, den der herr landgraf
Heinrich im jahre 1294 den Franckenbergern er-
theilet hat, in den analectis Haſſiacis coll. V ſ. 186
uͤbereinſtimmet.
§ 182
liche allein
pleureuſen
tragen koͤn-
nen?
Bei hoftrauern will der adel fuͤr den buͤr-
gerlichen bedienten einen vorzug haben, und dieſen
das pleureuſen-tragen nicht verſtatten. Allein der
vorige koͤnig in Polen, Auguſt, hat dieſen unter-
ſcheid nicht gedultet.
§ 183
zur fuͤrſtl.
tafel gezo-
gen wer-
den ſollen?
Auch ſollen die buͤrgerliche bedienten zur fuͤrſt-
lichen tafel nicht gezogen werden. Allein das ge-
gentheil liegt am tage, worin ſie einen anſtaͤndigen
rang haben.
§ 184
frauenzim-
mer hat ei-
nen vorzug
bei dem h.
abendmal.
Die adelichen weibesperſonen haben das vor-
recht, daß ſie bei dem h. abendmahle den manns-
perſonen geringern ſtandes vorgehen, Riccius
am a. o. ſ. 519.
§ 185
nicht mit
rothem
wachs
ſigeln.
Adeliche duͤrfen nicht mit rothem wachs ſiegeln,
ob ſie gleich die hohe gerichtsbarkeit haben, in be-
tracht ſolches ein Vorzug der fuͤrſten iſt, ſiehe
Strycks diſp. de cera rubra,Struve in corp.
jur. publici, cap. 30 § 18 ſ. 1135 und cap. 31 § 79,
ſ. 1229, iedoch koͤnnen ſie mit ſigil-lak, oder ſpani-
ſchem wachs ſiegeln, Riccius am a. o. ſ. 520.
§ 186
het verloꝛen
durch den
Der adel wird durch den nichtgebrauch verlo-
ren, geſtalt dann viele gefunden werden, deren ihre
voraͤltern adelich geweſen ſind, allein ſie ſich nun-
mehr
[77]oder heutigen adel.
mehr im buͤrger- oder bauernſtande befinden; da-nichtge-
brauch.
her es an vielen orten frei-bauern gibet, welche
bauern ſind, iedoch adeliche gerechtigkeiten auf
ihren guͤtern haben, Struben in obſ. 10.
§ 187
Der adel gehet verloren, wenn man ſich deſſenduꝛch deſſen
begebung.
begibet, iedoch ſchadet dieſes den bereits gebohr-
nen kindern nicht, ob gleich der vater auf ſeinen
Adelſtand verzicht leiſtete, Riccius am a. o.
ſ. 523, 524.
§ 188
Ferner, wenn eine von adel einen unadelichendurch hei-
raten und
buͤrgerliche
handthi-
rung,
heiratet, ſo verlieret ſie ihren adel; ingleichen ge-
het der adel verloren durch unanſtaͤndige handthi-
rungen, nicht minder durch die infamiam juris,
wenn einer ſeines ſtandes und ſeiner wuͤrde entſezet,
ſein wapen durch den ſcharfrichter zerbrochen wird,
Riccius am a. o. cap. 46 § 2 ſ. 525 fg.
§ 189
Der Teutſche adel kan keine handelſchaft trei-durch die
kaufmann-
ſchaft.
ben. Dieſes fluͤſet nicht aus dem L. 3, C. de com-
merciis, ſondern aus der verachtung der Kauf-
mannſchaft, welche bei den Teutſchen ehedem die
leibeigene und freigelaſſene triben. Wannenher
die adelichen, ſich damit abgaben, zu den turniren
nicht gelaſſen wurden, Goldaſt in Reichsſazungen
1th. ſ. 5, Forſter in der anmerkung uͤber den Ta-
citus, ſ. 492, ſihe Rottmanns Schaumburgiſche
policeiordnung, ſ. 371, 372, Oſtfriſiſches land-
recht, B. II, cap. 296 § 1, Riccius am a. o.
ſ. 453, 455, von Ludewigde opifice exule in
pagis, cap. 11 ſ. 14 fg. Caſpar Zieglerde jure
commerciorum § 10 fg.
§ 190
Als ehemalige ſoldaten hat man ihnen das jagenſie beſchaͤf-
tigten ſich
mit dem
jagen.
nachgelaſſen, anerwogen wegen menge des wildes
und
[78]XXXI haubtſt. vom briefadel.
und der wildniſſe niemand fuͤr den wilden thieren
ſicher war, darnebſt keine ſaat wachſen konnte,
auch den großen herren aller orten jaͤger zu beſtel-
len, zu koſtbar war; ſo lieſen ſelbige gern geſche-
hen, daß der adel ſich des jagens unterzoge,
Schoͤttgen am a. o. ſ. 209 fg., daher reiten und
jagen noch heut zu tage fuͤr eine erlaubte adeliche
beſchaͤftigung gehalten wird; geſtalt die adeliche
jaͤgereibediente, jaͤgerburſche, jagd-pagen, jagd-
junker, oberforſtmeiſter und oberjaͤgermeiſter ge-
nennet werden.
§ 191
waren frei.
Immaßen ihre guͤter den oͤffentlichen beſchwer-
den nicht unterworfen waren, ſo hieſen ſie freiguͤ-
ter, Strubende jure villicorum, cap. VI § 4
und in der obſerv. 3 § 10, ſ. 108, Riccius am a. o.
ſ. 426, und ſ. 41 fg.
Ein und dreißigſtes haubtſtuͤck
vom briefadel.
§ 192
briefadel
ſei.
Dieſer iſt eine handlung, welche die gloſſatoren
aus dem titel der pandecten und codicis de
jure aureorum annulorum und de natalibus
reſtituendis erfunden haben, kraft deren einem
der kaiſer das recht des Teutſchen geburtsadels
fuͤr ſich und ſeine ehelichen leibeserben ertheilet,
Eſtors kleine ſchriften I band, ſ. 859 fg.
§ 193
ſchlagen.
Dieſes geſchahe ehedem durch den ritterſchlag.
Allein heut zu tage ſchlaͤget der kaiſer bei der kroͤ-
nung nur alte adeliche zu rittern. Im uͤbrigen
werden auch perſonen buͤrgerlichen ſtandes durch
einen kaiſerlichen brief zu edelleuten gemachet,
Eſtor
[79]XXXII haubtſt. vom Teutſch. tugendadel.
Eſtor am a. o., Riccius am a. o. ſ. 293 fg. Wa-
penbriefe allein adeln nicht. Von den beweis-
mitteln des adels ſihe Links, Knorrens diſpu-
tationen.
Zwei und dreißigſtes haubtſtuͤck
vom Teutſchen tugendadel.
§ 194
Der tugend-adel heiſſet, wenn jemand durchwas der
tugendadel
ſey?
ſeine geſchicklichkeit dem ſtaate gute dienſte
leiſtet. Es geſchehe vermittels des degens oder
der Feder.
§ 195
Auf dieſen adel ſahe der Teutſche, nach demauf ſelbigen
ſahen die
Teutſchen.
zeugniſſe des Tacitus, ganz allein. Der Tuͤrk
weis dieſe ſtunde nichts vom geburtsadel.
§ 196
Wie der Churfuͤrſt Friderich Wilhelm der groſe,
zu Brandenburg vier profeſſoren zu den fuͤrnehm-
ſten ſtaatsminiſtern erhoben habe, und deſſen er-
ſter General, der Doͤrflinger, ein ſchneider ſeines
handwerkes geweſen ſey, iſt eine reichskuͤndige
ſache, ſihe Rayſlers reiſebeſchreibung vol. 1.
Drei und dreißigſtes haubtſtuͤck
vom
range der adelichen und buͤrgerlichen.
§ 197
Die gelehrte, als geiſtliche, hatten ehedeſſen dendie gelehrte
als geiſtli-
che hatten
den rang.
rang, wie z. e. Mainz denſelben annoch fuͤr
den aͤlteſten und groͤſten Reichsfuͤrſten hat. Man
zog auch die gelehrten, buͤrgerlichen ſtandes, zu den
an-
[80]XXXIV haubſt. von dem ehrenworte von.
anſehnlichſten bedienungen, wie man aus den un-
terſchriften der Reichsabſchiede erſihet, und aus
den handlungen des Weſtphaͤliſchen friedens ſich
veroffenbaret, auch aus den alten rangordnungen
erſichtlich iſt. Nachher hat der geburtsadel den
rang fuͤr den gelehrten zu behaubten geſuchet, er hat
aber doch nicht aller orten vordringen koͤnnen. Im-
mittelſt hat dieſe ſache in vielen hohen gerichten die
adeliche und gelehrte banck mit veranlaſſet, Stru-
bens nebenſtunden III th. 14 haubtſtuͤck.
§ 198
rang ſey?
Der rang iſt eine abmeſſung der verehrung,
welche der regent ſeinem bedienten bezeiget wiſſen
will. Von dem ehemaligen range der dienſtleute
ſihe Riccius am a. o. ſ. 198, 199. Dieſem koͤnnen
die fuͤrſtliche Sachſen-Gothaiſche rang-ordnung,
und andere beigefuͤget werden.
Vier und dreißigſtes haubtſtuͤck
von dem ehrenworte, da man einen
Von nennet.
§ 199
von, bedeu-
tete ehedem
kein ehren-
wort.
Von, bedeutete ehedem kein ehrenwort, ſondern,
daß einer von dem orte gebuͤrtig, oder da-
ſelbſt wohnhaft war. Alſo hieſe Erasmus von
Roterdam, Crato von Fulda. Demnach ha-
ben die irrige bedeutung, welche man dem worte
von beigeleget hat, und die zeit viele zu adelichen
gemachet, deren vorfahren ehrliche bauern gewe-
ſen ſind. Die laien fingen nach und nach an, ſich
der zunamen zu, auf, von, zu bedienen, ſie ſchrieben
ſich von ihren aͤmtern, z. e. viztum, kaͤmmerer,
voͤgte, ſchenken, marſchalle, viele fuͤhrten den zuna-
men von ihrer wohnung, oder doͤrfern, daher oͤf-
ters
[81]XXXV haubtſt. vom Teutſch. krigsw.
ters bruͤder zweierlei zunamen hatten, z. e. Graf
Heinrich von Schwarzburg und ſein bruder Graf
Guͤnther von Kefernburg, Eſtor in der practiſchen
anleitung zur anenprobe, ſ. 424 fg., und in kleinen
ſchriften, I bande, ſ. 861 fg., auch in den anmer-
kungen uͤber das ſtaats- und geiſtliche recht, § 596
fg. Riccius ſ. 42, 43.
Fuͤnf und dreißigſtes haubtſtuͤck
von den
Teutſchen neueren krigesperſonen.
§ 200
Die kriegesverfaſſung iſt heut zu tage ganz an-die heutige
krigesver-
faſſung iſt
von der al-
ten unter-
ſchieden.
ders beſchaffen, als in den alten zeiten,
Eſtorde jure ordinum imperii decorandi ho-
noribus militaribus, cap. III § 51, ſ. 26. Und
obgleich heutiges tages eine reiterei angetroffen
wird, ſo kan man doch keinesweges von einem itzi-
gen gemeinen reiter einen ſchluß auf die alten
Teutſchen ritter machen, Struben in nebenſtun-
den, I th. ſ. 414, in erwaͤgung, daß ehedem die
Teutſche reiterei aus rittern, oder dem heutigen
nidern Adel beſtunde, welche die herzoge, fuͤrſten,
grafen und herren anfuͤhrete, Eſtor in der an-
gezogenen diſputation § 52 fg. Da hingegen in
den neuern zeiten bauern und buͤrger die reiterei
ausmachen, auch wohl die ſoldaten als officiers
anfuͤhren und ſich durch ihre tapferkeit in die hoͤhe
ſchwingen. Die montur, das gewehr und die
waffen bekommet anizt der ſoldat von demienigen,
dem er dienet, damit er ſelbiger, ſo lange ſie brauch-
bar ſind, ſich bedienen ſolle, woraus denn folget,
daß das eigenthum von ſolchen ſachen dem ſoldaten
Fnicht
[82]XXXV haubtſt. v. Teutſch. krigsweſen.
nicht zugehoͤre. Allein der ritter mußte alles das-
jenige, was zum heerzuge noͤthig war, ſelbſt an-
ſchaffen, und war eigentuͤmer davon. Von dem
anfange der gleichfoͤrmigen ſoldaten-kleidung, ſihe
Textors Naſſauiſche chronick, cap. XI § 222
ſ. 154, welche dem grafen Johann Ernſt von
Naſſau beigeleget werden will.
Die ſoldaten nebſt den officiers erhalten ihren
ſold; hingegen die ritter mußten auf ihre koſten des
lehns halber dienen. Die heutige ſubalternation
und ſubordination iſt nicht minder von der alten
verfaſſung gar ſehr unterſchiden, ſihe Eſtorn
in commentariis de miniſterialibus und in
obſeruationibus feudalibus, auch die analecta
Haſſiaca des Kuchenbeckerscoll. VIII ſ. 249 fg.,
Johann Jacob Fuggern im ſpiegel der ehren
des erzhauſes Oeſterreich, buche III ſ. 286, Hort-
leder, Mettingk. Von den dragonern handeln
Khevenhuͤllersannales, Pater Daniel in ſei-
ner geſchichte, Laurentius von den kriegesgerich-
ten der alten Teutſchen, im anhange. Hiervon
unterſcheidet ſich nicht weniger die landmiliz,
welche ieder landesherr aus ſeinen unterthanen
zu errichten berechtiget iſt, damit er ſich derſelben
im nothfalle zu des landes beſten bedienen koͤnne.
Ob aber die landmiliz noͤthig und nuͤzlich ſey,
auch durch ſelbige etwas wichtiges ausgerichtet
werden koͤnne, beſagen Stryck in der diſputat.
de militia lecta prouinciali, cap. VI,Johann
Heinrich Gottlob von Juſti in der ſtaatswirt-
ſchaft, th. I ſ. 86. th. II ſ. 530. Gnuͤgens an-
leitung zum kriegesrecht, 23 haubtſt. ſ. 196 fg.
Sechs
[83]XXXVI haubtſt. von den buͤrgern.
Sechs und dreißigſtes haubtſtuͤck
von den buͤrgern.
§ 201
Nach den adelichen folgen die buͤrger. Demwas ein
buͤrger ſey?
wortverſtande nach heiſet ein buͤrger (burgen-
ſis) derjenige, welcher in einem beveſtigten orte
wohnet. Denn burg bedeutet einen mit graben
und aufwuͤrfen von erde befeſtigten ort. Derglei-
chen die Teutſchen in den aͤlteſten zeiten gehabt ha-
ben, wie davon Teutoburgium und andere zeu-
gen, auch Tacitus in den jahrbuͤchern ſolches B.
II cap. VIIII beſtaͤrket. Allein mit mauern um-
gebene ſtaͤdte hatten die alten Teutſchen nicht,
Tacitusde moribus German. cap. XVIII,
Spener am a. o. B. II cap. 7 § 6 (a)von Knig-
gede natura et indole caſtrorum in Germa-
nia,Waldſchmidtde feudis caſtrenſibus § 3
ſq.Schoͤttgen am a. o. ſ. 219 fg. Eſtors anmer-
kungen uͤber das ſtaats- und kirchen-recht, cap. 36
ſ. 579 fg.
§ 202
Gadem, kemnate und ſchloß ſind von einandergadem,
kemnate u.
ſchloß ſind
unterſchi-
den.
unterſchieden, Schannat im Fuldiſchen lehnhofe
cap. III § 3 ſ. 20, Brunquellde feudo Kemi-
natae, § 19 fg. Ein ſchloß hat hoͤhere mauern
denn acht ſchuhe und ſeine benennung daher erhal-
ten, immaßen ein ſchloß einen ſolchen ort bedeu-
tet, welcher auf einem huͤgel oder berge liget, mit
mauern, graben, auch wohl mit Waſſer um-
ſchloſſen iſt, Eſtor am a. o. ſ. 582 § 499, II, und
in der vorrede zum vierdten theile der ſtaatsgeo-
graphie § 22.
§ 203
Die buͤrger hat der Teutſche koͤnig Heinrichder buͤrger
zuſtand un-
ter kaiſer
Heinrich I.
der I mehr als ſonſt gewoͤhnlich war, in ehren ge-
F 2hal-
[84]XXXVI. haubtſt. von den
halten und beſſer als die landleute geachtet, wes-
halben er alles zu ihrer aufnahme beizutragen ſich
beſtrebet hat, DitmarI annal. ſ. 327, Hahns
reichshiſtorie II th. ſ. 36, Buders diſp. de operis
burgenſium § 13, 16 fg., von Ludewigde opi-
fice exule in pagis § 4 fg.
§ 204
theilung.
In den ſtaͤdten haben wir fuͤrnaͤmlich dreierlei
gattungen von buͤrgern, naͤmlich gemeine buͤrger,
und handwerker, 2) kauf- und gewerksleute, 3)
geſchlechter, die guten herkommens ſind, policei-
ordnung 1530 tit. XI der ehrenpact-buͤrger, zet-
telleute, beiſaſſen, oder einwohner, mundmaͤnner,
gleven, pfal-ausbuͤrger, nicht zu gedenken, Bu-
der am a. o. § 18 fg.
§ 205
gerichtsveꝛ-
faſſung.
Die ſtaͤdte gehoͤreten anfaͤnglich dem koͤnige,
welcher einen vogt, oder richter daruͤber ſezte.
Damit er nun gericht halten konnte, ſo hatte er
ſeine beiſizer aus den geſchlechtern, die man ſchoͤp-
pen nennete, woraus nach und nach die ſchoͤppen-
ſtuͤle entſtanden ſind, Heinecciusin elementis
juris Germanici lib. 1 § 112, 115, Hertde ſpe-
cialibus R. G. I. rebus publicis § 22, Grupens
antiquitates Hanouerenſes, ſ. 231 fg.
§ 206
eintheilung
Nachher fingen die biſchoͤffe an, dergleichen
ſtaͤdte von den kaiſern durch geſchenke zu erlangen,
und einen vogt vom kaiſer zu bekommen, wenn ſie
nicht desfalls begnadiget waren, den vogt zu ſe-
tzen. Dieſes bewoge die weltlichen ſtaͤnde, eben-
falls ſtaͤdte an ſich zu bringen, daraus entſtund
der unterſchied zwiſchen den koͤniglichen ſtaͤdten,
welche den koͤnigen gehoͤreten, und praͤfectoriis,
welche ſich unter einem geiſtlichen oder weltlichen
ſtande befanden, Conringde vrbibus Germani-
cis,
[85]buͤrgern.
cis, § 106, § 116, fg. Joh. Nic. Hertde quaſi
poſſidente probante, Sect. I § 1.
§ 207
Dieſes war die alteſte form und einrichtungund ein-
richtung
nach der
einfuͤhrung
des Roͤmi-
ſchen rech-
tes.
der ſtaͤdte. Nachdem aber das Roͤmiſche recht
bekannter wurde, ahmeten die buͤrger daraus der
einrichtung des ſtadtrechtes, wie auch der zuͤnften
nach, woraus die heutige regierungsform in den
ſtaͤdten entſtanden iſt, immaßen dadurch buͤrger-
meiſter, (conſules), ſenatores, eingefuͤhret und
die viertels- oder gildenmeiſter, als tribuni plebis
zum vorſchein gekommen ſind. Ungeachtet nun
der kaiſer und das Reich ſich auch aͤuſſerſt wider
die zuͤnfte ſezeten, beſonders aber Friderich der II
und Heinrich der VII, ſo war doch dieſem uͤbel
nicht zu ſteuern, dieweil der poͤbel in den ſtaͤdten
mit gewalt und aufruhr ſolche behaubtete und ſich
dadurch in das ſtadtregiment einmiſchete, Eſtor
am a. o. § 426 ſ. 662, Horns leben markgraf
Friderichs von Meiſſen ſ. 286, von Ludewigde
ſenatoribus et conſulibus,Graßhof in origini-
bus et antiquitatibus Muhlhuſ. cap. III § 2 fg.
Streckers diſp. de collegiis ciuicis Francofur-
tenſibus § 13 ſ. 13 fg.
§ 208
Bevorab in den ſtaͤdten nicht weniger als indie rechte
der koͤnige
uͤber die
einwohner
der ſtaͤdte.
den vorſtaͤdten, naͤchſt den freigebohrnen, faſt lau-
ter leibeigene wohneten; ſo ſind daher die rauch-
huͤner und andere zinſſen, auch abgaben, als paͤch-
te in den ſtaͤdten fuͤr den koͤnig, als den landes-
herrn entſprungen, wie denn der koͤnigs zinß an-
noch bekannt iſt, Ayrerde cenſu regali. Nach-
dem aber die herren ihre leibeigenen, welche in die
ſtaͤdte entwichen waren, in anſpruch nahmen, auch
ſich auſſerdem viele gerechtigkeiten anmaſſeten,
daß dadurch krig entſtunde, z. e. im jahre 1356
F 3zwi-
[86]XXXVII. haubtſt. von den
zwiſchen den grafen von Hoia und der ſtadt Bre-
men, des endes man nimanden, welcher kein
mannrecht hatte, das iſt, einen ſchein, daß er
nicht leibeigen ſey, aufnahme; ſo entſtunde das
ſpruͤchwort: „keine henne fluͤget uͤber die mauer„,
Hert,lib. II paroem. XI ſ. 401, Piſtorius cent.
1 par. 44, ſ. 57. Derowegen in Bremen kein
fremder ins buͤrgerbuch geſchriben werden ſollte,
er habe dann buͤrgen geſtellet, daß er nicht leib-
eigen, noch wachszinſſig ſey, ſtatutum 4, in
Pufendorfsobſeruat. juris vniu. vol. 2 ſ. 36 im
anhange. Sihe mit mehrern Spenern am a. o.
ſ. 40, Klock im conſil. 29 num. 10 und 20, vol.
II,Schottelin variis German. juribus, cap. 4
und Gerken, F. Altenburgiſche landesordnung,
II th. cap. II tit. 1 ſ. 138, Hennebergiſches land-
recht, Noͤrdlingiſches ſtadtrecht, th. II tit. 1 § 2,
Graßhof am a. o. ſ. 111 fg., Grupen in diſce-
ptat. ſ. 1024, Hertde hominibus propriis, ſect.
III § 10, Erfurtiſche ſtatuten, art. 5, Buder am
a. o. Lehmann in der Speieriſchen Chronik, B.
II cap. 20.
Siben und dreiſſigſtes haubtſtuͤck
von den kaufleuten und deren buͤchern.
§ 209
mann un-
terſcheidet
ſich vom
kraͤmer.
Ein kaufmann iſt, welcher die waaren im gro-
ſen verhandelt; der kraͤmer aber, welcher ſol-
che im kleinen verkaufet. Ein handelsmann ver-
treibet die waaren in auswaͤrtige lande und oͤrter,
Piſtorius cent. VI par. 45 ſ. 479, Johann Mar-
quardde jure mercatorum, lib. 1 cap. 7 num.
8, 41, 43 ſ. 53-57. Von marktplaͤzen: auch kauf-
haͤuſern ſihe Lau am a. o. ſ. 47. So vielerlei
arten
[87]kaufleuten und deren buͤchern.
arten von waaren nun und ſo vielerlei weiſen ſol-
che einzuhandeln ſowohl zu verhandeln ſind, ſo vie-
lerlei kaufmannsgewerbe entſtehen. Auſſerdem
wird die kaufmannſchaft entweder zu land, oder
zu waſſer, allein, oder in geſellſchaft betriben;
daher die verſchidene eintheilungen der kaufmann-
ſchaft entſtehen, von Juſti am a. o. th. I ſ. 158,
159.
§ 210
Dieſem iſt noch einiges von der haͤnſe, oder
hanſe beizufuͤgen. Haͤnſen bedeutet handeln. Da-
her ein hans-graf zu Regensburg ſo viel als einen
handelsrichter und der fuͤrname Hans einen handels-
man andeutet Derowegen die ehemalige hanſe-ſtaͤd-
te, handelsſtaͤdte und der hanſe-bund einen handels-
bund anzeigete. In der Naſſauiſchen ſtadt Hadamar
iſt die wein-haͤnſe, oder die gilde der weinſchenken.
Sie hat zwene haͤnſe meiſter. Keiner darf wein
verzapfen, der nicht in der haͤnſe iſt. Welcher
in die gilde aufgenommen werden will, heiſſet der
haͤnſende und wird ins haͤnſe-buch eingeſchriben.
Ein fuͤrſtlicher kammerrath iſt oberhaͤnsmeiſter,
wie der fuͤrſtliche rentmeiſter zu Marburg ober
zunftmeiſter und richter uͤber die zunftſachen iſt.
Von der kaufmannſchaft ſind beſonders folgende
ſchriften zu bemerken: eroͤfnete academi der kauf-
leute, oder vollſtaͤndiges kaufmanns-lexicon, von
Carl Guͤnther Ludovici, 1ter theil, Leipzig, 1752
groß 8v, Gottfrid Chriſtian Bohns wol erfahr-
ner kaufmann, Hamburg, 1750, 8, 2 baͤnde,
Paul Jacob Marpergers kaufmanns-magazin,
Hamburg 1732, 2 baͤnde in 8, deſſen beſchreibung
des haar- und feder-handels, Leipzig, 1717, 8,
Hagenmeyerde fœdere ciuitat. hanſeat.Mer-
denhagende rebus publicis hanſeaticis.
F 4§ 211
[88]XXXVII. haubtſt. von den
§ 211
lungen der
handlung.
Die handlung wird entweder mit eigenem ver-
moͤgen, oder fuͤr andere handelsleute, oder in ge-
ſellſchaft mit andern betriben, daher entſtehet die
eigene, commiſſions- und compagni-handlung.
Um nun dieſe in richtiger ordnung zu erhalten, ſo
iſt die wiſſenſchaft des buchhaltens, oder die kunſt,
ſeine handlung-geſchaͤfte alſo aufzuzeichnen, daß
man derſelben beſchaffenheit, ſo oft es einem ge-
faͤllet, klaͤrlich vor augen ſehen koͤnne, noͤthig und
nuͤzlich, ſihe Georgen Thom. Fluͤgels getreuen
und aufrichtigen wegweiſer zur gruͤndlichen erler-
nung des buchhaltens, Frankf. 1741, 4t., von den
unterſchidlichen kaufmannsbuͤchern ſihe die an-
fangsgruͤnde des gemeinen und reichsproceſſes §
379, ſ. 336 fg.
§ 212
gewerbe
der Teut-
ſchen be-
ſtanden ha-
be?
Die kaufmannſchaft der Teutſchen beſtund meh-
rentheils in viehe und leinewande; bei den Wen-
den in tuͤchern und belzwerke. Es waren aber die
freigebohrne Teutſchen der kaufmannſchaft nicht
ergeben, ſondern uͤberlieſen ſolche den knechten und
freigelaſſenen, Hert vol. II T. I ſ. 16, Boͤhm in
progr. de commerciorum apud Germanos ini-
tiis,Schoͤttgen am a. o. ſ. 222, fg.
§ 213
ſchaft wird
mit freihei-
ten verſe-
hen.
Alldieweil man aber nachher vermerkte, daß
durch das gewerbe, den verkehr die handelſchaft,
auch kaufmannſchaft dem gemeinen weſen vieler
nuzen verſchaffet werden koͤnne, ſo wurde von
reichswegen fuͤr deren ausbreitung ſowohl befoͤr-
derung geſorget, reichs abſchid 1594 § 42, reichs-
ſchluß 1668, 1669, 1670, Weſtphaͤliſches fridens-
inſtrument art. IX § 1, kaiſerliche wahlcapitula-
tion art. VII § 1, 2, art. VIII § 6, 7, daher die
zoͤlle ſowohl bruͤckengelder ꝛc. nicht erhoͤhet werden,
die
[89]kaufleuten und deren buͤchern.
die kauf- und handelsleute ein ſicheres geleit ha-
ben, reichsabſchid 1442 § 7, gleichwohl keine mo-
nopolia einfuͤhren ſollen, reichsabſchid 1512, § 16,
1530 § 135, 1577 tit. 18, indem man dafuͤr hielte:
durch kauf, vorkauf und aufkauf, boͤſer muͤnze
freien lauf, werde der arme gefreſſen auf, Pi-
ſtorius cent. VI par. 64 ſ. 511.
§ 214
Die handelſchaft, oder die commercien ſind ſol-was die
commerci-
en ſind?
che geſchaͤfte, wodurch die guͤter und waaren an
andere mit vortheil uͤberlaſſen werden, um dadurch
der nothdurft und bequemlichkeit des menſchlichen
lebens zu ſtatten zu kommen, Ricard im traité ge-
neral du commerce, ſ. 107. Solches kan ſo-
wohl gegen gold oder ſilber, als auch gegen ande-
re ſachen geſchehen. Durch den verkehr wenn das
land oder ein ſtaat vortheile haben ſoll, muͤſſen
mehr ſolche ſachen, welche das land hervorbrin-
get, ausgehen, als fremde waaren eingefuͤhret
werden. Es ſind dazu die ſchiffahrt, handlungs-
geſellſchaften, gute waaren, tuͤchtige landſtraſen,
billigmaͤſſige einrichtung der zoͤlle, mauten und ac-
ciſen, commercien-tractate, commerciencollegia,
tuͤchtige waaren, und andere mittel behufig, von
Juſti am a. o. th. I ſ. 172-206. Es hat alſo die
commercienwiſſenſchaft die vermehrung des ſtaates
vermoͤgen zum gegenſtand, folglich iſt ſie auf alle
art und weiſe zu befoͤrdern. Was aber ein com-
mercienrath fuͤr wiſſenſchaften haben ſolle, zeiget
Paul Jacob Marperger in der erſten fortſezung
ſeiner ſo nothwendig als nuͤzlichen fragen uͤber die
kaufmannſchaft, Leipzig, 1715, 8v., in der fuͤnf-
ten frage, ſ. 105 und ſ. 121 fg. ſihe auch traité ge-
neral du commerce par Samuel Ricard, Amſter-
dam 1732, 4t. le negoce d’ Amſterdam, par Je-
an Pierre Ricard, Amſt. 1722, 4t. eines ſtaatsmi-
F 5niſters
[90]XXXVII. haubtſt. von den
niſters fuͤrſtliche machtkunſt, herausgegeben von
Heinrich Boden.
§ 215
land kan
durch die
handlung
vieles er-
werben,
Teutſchland hat alles, was zur menſchlichen
nothdurft gehoͤret, daher es viele vorzuͤge fuͤr an-
dern laͤndern hat, und ſolchen ein anſehnliches von
guten waaren abgeben kan, folglich dadurch gro-
ſen reichthum zu erwerben vermag, wenn die be-
hoͤrige einrichtung mit dem vertribe der waaren,
darnebſt in anſehung der manufacturen, fabriken,
guter land- und hauswirtſchaft getroffen wird,
Boden am a. o. cap. 5 § 3, ſ. 303.
§ 216
be und der
handel
muß erhal-
ten werden
Das gewerbe und der handel muß als eine be-
ſtaͤndige quelle angeſehen werden, welche einen ſte-
ten zufluß noͤthig hat, damit ſie nicht vertrokene,
noch erſchoͤpfet werde. Wenn dieſes bewerkſtel-
liget werden ſoll, muͤſſen wohl eingerichtete han-
delsmanufactur-collegia und ein tuͤchtiges directo-
rium beſtellet werden, Boden am a. o. c. 4 ſ. 294
fg. von Juſti am a. o. I th. ſ. 206, II th. ſ. 665.
Dieweil hierbei das geld die loſung iſt, anerwo-
gen die commercien-collegia, manufacturen, fa-
briken, gewerke und die darzu noͤthigen gebaͤude
anzulegen, die beſten werkmeiſter anzuſchaffen, und
was ſonſt dazu gehoͤret, einen groſen vorſchuß, an-
lage und verlag erfodert, ſo iſt ein wohleingerich-
tetes credit-weſen, eine oͤffentliche bank oder banco
noͤthig, Marpergers beſchreibung der banken und
deren rechte.
§ 217
ſey?
Das wort bank hat unterſchidliche bedeutun-
gen, ſihe Carl Guͤnther Ludovici eroͤfnete aka-
demi der kaufleute, I th. ſ. 1226, fg. Es iſt aber
eine bank oder banco eine oͤffentliche anſtalt des
ſtaates, worin kaufleute und andere perſonen be-
libige
[91]kaufleuten und deren buͤchern.
libige geldſummen dergeſtalt niderlegen, daß ſie
dieſelben iederzeit erheben, auch dadurch an an-
dere vermittelſt des zu- und abſchreibens zahlung
leiſten koͤnnen, nicht minder iedermann daraus
anlehne gegen hinlaͤngliche ſicherheit zu erhalten ver-
mag. Man hat wechſel- oder giro-leihe ꝛc. ban-
ken, von Juſti am a. o. I th. ſ. 241, Ludovici
am a. o. Bode am a. o. ſ. 351 fg. ſ. 359, der ver-
lorne glauben derſelben iſt eine ſehr groſe wunde
fuͤr den ſtaat, von Schroͤder am a. o. ſ. 247, 248.
§ 218
Unter den handelsleuten findet man auch ban-was ban-
kiers ſind?
kiers, welche ſolche perſonen bedeuten, die mit
geldwechſeln ſowohl in umſezung einer muͤnzſorte
gegen die andere mit darlehnung ihrer gelder auf
zinſen, als auch auf laufende wechſel in auslaͤndi-
ſche oͤrter, umgehen, Ludovici am a. o. ſ. 1270,
Marpergers angezogene fortſezung, ſ. 170, Sa-
muel Ricard am a. o. ſ. 147, wiewohl ieweilen
bankiers auch die bankvorſteher, bankherren und
vorgeſezten der bank bedeuten, Ludovici am a. o.
ſ. 1271, Ricard am a. o. von der bankiers und der
kaufleute buͤchern, ſihe Fluͤgeln am a. o.
§ 219
Die buchhaͤndler gehoͤren ebenfalls unter diedie buch-
haͤndler ge-
hoͤren un-
teꝛ die kauf-
leute.
kaufleute, und genuͤſſen derſelben vorrechte. Man
zaͤhlet dieſe leute gleichfalls unter die fuͤrnaͤmſten
buͤrger, Beſoldde bibliopolis,Ludovici am
a. o. I th. ſ. 2207 fg.
§ 220
Der kaufleute freiheiten aͤuſſern ſich theils inder kaufleu-
te freihei-
ten.
abſicht auf ihre perſonen, theils ihrer ſachen, waa-
ren, contracten, auch verſchreibungen, theils der
gerichte und des proceſſes halber, Marquard
am a. o. ſ. 113 num. 2, Beyer in delineatione
juris Germanici, lib. 1 cap. 14 § 5 fg. Simon
de
[92]XXXVII. haubtſt. von den kaufl. ꝛc.
de mercatoribus, cap. 6-8, Suendendoͤrfers
diſp. de priuilegiis mercatorum. Unter die fuͤr-
naͤmſten vorrechte der kaufleute wird gerechnet,
daß ihre haubtbuͤcher, kraft des gerichtsbrauches,
halben beweis haben, Eſtors anfangsgruͤnde des
gemeinen und reichsproceſſes, tit. 45 § 379, XII
ſ. 142, § 415 ſ. 154, iedoch leidet dieſe regel in
vielen landen einen ſtarken abfall, Knorr in recht-
lichen anmerkungen, num. II ſ. 8 fg., von Lu-
dewig in den Haͤlliſchen anzeigen vom jahre 1734,
num. 44-46 ſ. 698 fg. Unterdeſſen werden ſothane
freiheiten nur den kaufmannsbuͤchern der chriſten,
keinesweges aber der juͤden, F. H. Caſſeliſche
juͤden-ordnung 1739 § 24, Luͤder Menken im
ſyſtemate juris ciuilis, lib. 22 tit. 4 § 8 ſ. 395,
und bankerutirer beigeleget. Ihre handlungs-
ſtreitigkeiten pflegen ſummariſch abgethan zu wer-
den, Marquard am a. o. ſ. 423 num. 11. Ue-
brigens hat man von den kaufleuten und kraͤmern
verſchidene ſpruͤchwoͤrter, z. e. „kaufmann, glaub-
„mann; an der hunde hinken, der huren winken,
„frauen weinen, und kraͤmer ſchwoͤren, ſoll ſich
„niemand kehren„, Piſtorius am a. o. cent. VI par.
45 ſ. 278, fg.; „kauf erfodert kaufmannswaaren,
„ſ. 506 und cent. 1 par 6; es pfleget nicht leicht
„ein kraͤmer einen markt zu verſaͤumen, cent. 7
„par. 2 ſ. 684; ein ieder kraͤmer lobet ſeine waa-
„ren; ein verdorbener kaufmann gibet einen gu-
„ten maͤckler,„ cent. 5 par. 13 und par. 19 von ih-
ren betruͤgereien ſihe Hoͤms betrugs - lexicon, ſ.
212 fg.
§ 221
conſtoflern.
In den ſtaͤdten waren auſſer den kaufleuten noch
geſellſchaften, welche ſich zu keiner zunft hielten,
und daher conſtofler hieſen, das iſt, ſchoͤppen, ſi-
he
[93]XXXVIII. haubtſt. von den druckern.
he Beiers handwerks-lexicon, ſ. 82, Knipſchild
de ciuitat. imp. lib. III cap. 51 num. 59 ſ. 985.
Acht und dreißigſtes haubtſtuͤck
von den
verſchidenen druckern.
§ 222
Unter diejenigen perſonen, welche den menſchenwie vieler-
lei die dru-
cker ſind?
nuzen verſchaffen, auch dienlich ſind, gehoͤ-
ren ebenfalls die unterſchidenen drucker. Es wer-
den aber unter den kuͤnſtlern und handwerksleuten
unterſchidliche drucker gefunden, als buch- und
kupfer-drucker, catun- und leinendrucker. Von
den leztern iſt hier nicht zu handeln, ſondern al-
lein von den erſten.
§ 223
Ein buchdrucker iſt uͤberhaubt derjenige, wel-was ein
buchdru-
cker iſt?
cher mit buͤcherdrucken umgehet. Jedoch zum un-
terſchid der geſellen und lehrburſche wird derjenige,
welcher ſothane kunſt in ſeiner buchdruckerei oͤffent-
lich treibet, der buchdruckerherr genennet, Fritſch
de typographis.
§ 224
Die geſellen werden in die ſezer und drucker ein-der geſellen
eintheilung
getheilet, und unterſcheiden ſich einigermaſen von den
cornuten Mit dieſen namen werden die ausgelernten
lehrburſche belegt, ſo lange ſie nicht geſellen ſind.
Wenn der Cornut geſell zu werden begehret, wird ſol-
ches das poſtulat genennet, Fritſch am a.o. 1 th. ſ. 67.
§ 225
Durch die erfindung der buchdruckerei hat nichtvon der er-
findung der
buchdrucke-
rei.
nur die gelehrte welt, ſondern auch die kirche, be-
nebſt der religion, und der ſtaat eine ausnemende
wolthat erhalten, und zwar zu einer ſolchen zeit,
da die welt in der groͤßten finſterniß und unwiſſen-
heit
[94]XXXVIII. haubtſt. von den druckern.
heit ſteckte. Sie wurde im jahre 1440 in Teutſch-
lande durch vorſchub Johann Guttenbergs und
Johann Fauſtens zu ſtande gebracht, ſihe die ſo-
genannte nuͤzliche buchdruckerkunſt und ſchrift-
guͤſerei mit Kappens vorrede, Leipz. 1740, Bei-
ers handwerkslexicon, ſ. 96, 97, Johann Da-
vid Koͤhlers ehrenrettung Johann Guttenbergs
ꝛc. Leipz. 1741, 4, Johann Chriſtian Wolfs
monumenta typographica, Hamburg 1740, 8
II th.
§ 226
die reichs-
geſaze er-
ordnen?
In den Reichsabſchiden iſt verſehen, daß nicht
aller orten druckereien angeleget werden ſollen. Sie
duͤrfen ohne cenſur nichts drucken, drucken ſie etwas
wider Gott, den ſtaat und gute ſitten, inſonder-
heit pasquille; ſo ſoll ihre obrigkeit, und, in de-
ren ſaumſeligkeit, der Reichsfiſcal wider ſie ver-
fahren, Reichsabſchid 1570 § 155-159, die policei-
ordnung zu Frankfurt 1577 tit. 35, ſihe auch die
Reichsabſchide von den jahren 1524 § 28, 1529 § 9,
1530 § 8, 1541 § 40, 1548, das kaiſerliche com-
miſſions-decret vom jahre 1715 und 1746 in der neue-
ſten ausgabe der Reichsabſchide, IVten theile, ſ.
336 und in den zuſaͤzen ſ. 114.
§ 227
Die pflichten eines buͤcher-cenſors hat Ahasve-
rus Fritſchde abuſibus typographiae tollen-
dis P. IIII tract. XIII ſ. 172 opuſculorum im IIten
th., wie auch ſ. 183, ſodann de typographia ſ.
182, von Andlern im Iten th. der conſtitut. im-
perialium ſ. 1300 ſetze hiezu Keyſlern im I theile
der reiſen ſ. 723. Was uͤbrigens dabei zu mer-
ken ſeyn moͤchte, ſtehet in der angezogenen buch-
druckerkunſt, beim Fabricius in der biblioth. an-
tiq. ſ. 615, in Tenzels unterred. 1692, Koͤlers
muͤnzbeluſtigung 14ten th. ſ. 353 fg. von Juſti am
a. o.
[95]XXXIX. haubtſt. von gewantſchneidern.
a. o. I th. ſ. 106, die Altenburgiſche landesordnung
P. l c. 2 tit. 3, der codex Auguſteus im dritten
anhange.
§ 228
Den eid, womit eine oberkeit die buchdrucker-
herren und geſellen zu verpflichten hat, ſtehet in
Eſtors unterrichte von urtheln ſ. 659 fg.
§ 229
Eine buchdruckerei anlegen zu duͤrfen, wirddie buch-
druckerei
anzulegen
iſt ein re-
gale.
fuͤr ein regale gehalten, ſihe Deinlins diſp. de
regali jure erigendi typographias, obgleich der
MeviusP. III deciſ. 69 ſolches in zweifel zihet.
Vom rechte eines regirungs-buchdruckers handelt
die F. Heſſen-Caſſeliſche verordnung von 1678.
§ 230
Der unbefugte nachdruck der buͤcher bringetder unbe-
fugte nach-
druck ſcha-
det dem
buchhandel
den buchhandel in verfall. Vom nachdrucke ſihe
die Gundlingiana, das juriſtiſche oraculum, vol.
IV, ſ. 246 fg. von den freiheiten uͤber den buͤcher-
druck und verlag handelt Woͤlker in den anmer-
kungen uͤber die Nuͤrnbergiſche reformation § 1-5
ſ. 53 fg. des Iten bandes.
Neun und dreißigſtes haubtſtuͤck
von den gewantſchneidern.
§ 231
Ein gewantſchneider heiſſet an verſchidenen or-was der ge-
wantſchnei-
der iſt?
ten derjenige, welcher die tuͤcher nach der elle
verkaufet und zu kleidern ausſchneidet.
§ 232
Die gewantſchneider unterſcheiden ſich von dendeſſen un-
terſchid von
den kauf-
leuten.
kaufleuten, die im groſen handeln. Selbige ſind
als kraͤmer anzuſehen, und befinden ſich auch in
gilden, wie ſolches aus dem freiheits-brife der ge-
wantſchneider zu Zerbſt, im juriſtiſchen oraculo,
vol.
[96]XL. haubtſt. von den
vol. IX f. 260, aus den concluſis des Reichshof-
rats in ſachen der tuch- und raſchmacher wider die
gewantſchneider zu Muͤhlhauſen in Thuͤringen,
beim Moſer in den Reichshofratsconcluſis th. II
und III ſ. 572 ſich erbricht.
§ 233
buch wie
ein kauf-
mannsbuch
anzuſehen
ſey?
Ob der gewantſchneider-buͤcher eben diejenigen
vorzuͤge, wie die kaufmannsbuͤcher nach dem ge-
richtsbrauche haben, iſt allgemein nicht zu behaub-
ten, es muͤßte dann ſeyn, daß die beſondern lan-
des- oder ſtadtgeſaͤze ein ſolches verordneten, wie
man aus den Luͤbeckiſchen, Frankfurtiſchen und ei-
nigen andern verordnungen erſehen kan, Mar-
quardde jure mercatorum, lib. I cap. 7 num.
43 ſ. 57, lib. III cap. 9 ſ. 441, ſihe auch die F.
H. Caſſeliſche folgen aus der landes- und policei-
ordnung vom jahre 1645 tit. IX ſ. 33 und taxord-
nung 1645 tit. VIII ſ. 36, Beiers handwerkslexi-
con ſ. 155, Meviusin comment. ad jus Lubec.
P. V tit. 7 art. 4 num. 7 fg. Strykde jure Lu-
becenſi cap. XIV num. 60. Sie haben, wie
die großhaͤndler und kramer ihren rang, wie ſie in
die innung getreten ſind, Luͤder Menken im ſy-
ſtemate juris ciuilis ſ. 928 tit. 3.
Vierzigſtes haubtſtuͤck
von den goldarbeitern und gold-
ſchmiden.
§ 234
unterſchie-
denen gold-
arbeitern.
Man hat in Teutſchlande gold- und ſilberfabri-
ken, welche nuͤzlich ſind, von Juſti am
a. o. 1 th. ſ. 262. Es gibet hiernaͤchſt goldarbei-
ter, goldſchlaͤger, goldſchmide, gold- und ſilber-
ſpinner, Beier am a. o. ſ. 161 fg.
§ 235
[97]goldarbeitern und goldſchmiden.
§ 235
Ein goldſchmidt wird derjenige genennet, wel-was der
goldſchmidt
ſey?
cher allerhand gold- und ſilber-arbeit verfertiget,
Beier am a. o. ſ. 163.
§ 236
Die goldſchmide ſollen nach maaßgebung derwas die
Reichsgeſe-
ze von den
goldſchmi-
den ver-
ordnen?
Reichsgeſaͤze goldene oder ſilberne muͤnzen nicht
verbrechen, ohne vorwiſſen ihrer ordentlichen obrig-
keit, ihre arbeit, ehe ſie ausgehet, auf der ober-
keit verordnete ſchau geben und daſelbſt probiren
laſſen, auf ihre arbeit ihre eigene zeichen neben des
herrn oder der ſtadt, darunter ſie ſeßhaft ſind,
wappen oder zeichen ſchlagen, vierzehn loͤthiges
ſilber verarbeiten, ſihe des kaiſers Ferdinands des I
muͤnzordnung 1559 § 172 fg. policeyordnung 1577
tit. 36, F. H. Caſſeliſche folgen aus der policei-
und landordnung 1645 art. XI ſ. 39. Es ſoll auch
die groſe menge der goldſchmide eingeſchraͤnket
werden, Reichsſchluß 1667 § 10. Uebrigens des
verkappten Lejiſugo bericht vom gold- und ſilber-
drat - zihen, vergulden, platten, ſpinnen, von
ſchmelzung der metallen, ſilber-treibern, goldſchei-
dern, drat-zihern, drat-platnern, gold- und ſil-
ber-ſtuͤckern und poſementirern, Luͤbeck 1744, 8.
Ein und vierzigſtes haubtſtuͤck
von den faͤrbern.
§ 237
Die faͤrber ſind diejenige kuͤnſtler und hand-was die
faͤrber ſind?
werksleute, welche allerhand zeug, tuch
und garn auf mancherley art faͤrben. Man hat
ſchwarz - ſchoͤn- und ſeidenfaͤrber, welchen der
Baier im handwerkslexico ſ. 117 die waid- und
Rheiniſchfaͤrber beifuͤget. Von dem urſprunge,
der erfindung der wollfaͤrberei, auch deſſen nuzen,
Gſihe
[98]XLII. haubtſt.
ſihe Marpergers abhandlung von der woll-
faͤrberei.
§ 238
genheit,
Den faͤrbern iſt inhalts der Reichsgeſaͤze ver-
boten, teufels- oder corroſif-farbe bey dem tuch-
faͤrben zu brauchen, policeiordnung 1577 tit. 21,
Reichsſchluß vom jahre 1670 § allermaſen auch
ſibendens ꝛc. Reichsabſchid 1594 § 128, 1603 § 64,
65, F. S. Gothaiſche landesordnung P. II. cap.
3 tit. 40 ſ. 201, Johann Peter von Ludewig
de re baſiaria tinctorum ſ. 47 num. 40, Tho-
maſiusde jure circa colores,Hoͤens betrugs-
lexicon, ſ. 141, 142, Marpergers beſchreibung
des tuchmacherhandwerkes, cap. VI ſ. 57 u. ſ. 293.
§ 239
betruͤgerei-
en vorzu-
beugen iſt?
Damit nun dieſen betruͤgereien abhelfliche maa-
ſe verſchaffet werde, iſt eine ſchau mit den gefaͤrb-
ten tuͤchern ꝛc. anzuſtellen nicht zu verabſaͤumen,
Marperger am a. o. Mylius im corpore con-
ſtitutionum Marchic. Vten th. IIten abth. IV cap.
ſ. 350, F. Heſſen-Caſſeliſche verordnung. Uebri-
gens wollen die faͤrber nimanden mit einer kuͤpe zu
faͤrben verſtatten, der nicht in ihrer innung ſtehet.
Zwei und vierzigſtes haubtſtuͤck
von den gaͤrbern.
§ 240
gaͤrber ſind,
Die gaͤrber, oder lederer, werden genennet,
welche nach den regeln ihres handwerkes al-
lerhand leder aus den fellen zubereiten, und da-
mit ein gewerbe treiben.
§ 241
tungen.
Die gaͤrber theilen ſich in roth- loh- und weiß-
gaͤrber. Sie ſollen beſage des Reichsſchluſſes
vom jahre 1731 art. 13 wegen verarbeitung der
hunds-
[99]von den gaͤrbern.
hundshaͤute einander nicht auftreiben. Imglei-
chen iſt vermoͤge der policeiordnung vom jahre 1577
tit. 22. § 3, das leder einzuſalzen und aus dem Teut-
ſchen reiche zu fuͤhren, bei verluſt deſſelben verboten.
Von ſothaner gaͤrber freiheiten und innungen in
der Chur-Mark Brandenburg, ſihe des Mylius
corpus conſtitutionum March. im 5ten theile,
II Abth. X cap. ſ. 172 und ſ. 469, im anhange,
allwo noch vieler andern handwerke innungsbriefe
befindlich ſind. Daß in Teutſchlande ſaffian und
juchten munufacturen angeleget werden, beweiſet
das vormalige exempel von Bonn.
Drei und vierzigſtes haubtſtuͤck
von den baͤkern.
§ 242
Diejenigen, welche mit den aus allerhand mehlwas die
baͤker ſind?
auch andern ſachen zum ſpeiſen dienliche
dinge durch das baken zubereiten, und ihre na-
rung damit ſuchen, heiſſen baͤker.
§ 243
Die baͤker ſind mancherlei. Es gibet ſchwarz-ihre Gat-
tungen.
weiß- kuchen- honigkuchen- zucker-paſteten- und faß-
baͤker, ſihe den Friſch im Teutſch-Lateiniſchen
woͤrterbuche, Ith. ſ. 47, Zink im oͤkonomiſchen
lexico, col. 257 fg. Allein wir handeln hier nur
von den brodbaͤkern.
§ 244
Ihre bakgaͤſte ſind entweder freiwillige, oderder bak-
haͤuſer ein-
theilung.
gebannte; in dem lezten falle ſind die bakhaͤuſer
zwangbakhaͤuſer, Stryckde jure furnorum,
Bernhard Friderich Rudolph Lauhns eroͤrte-
rung der rechtsfrage: in wie weit das recht eines
G 2zwang-
[100]XLIV haubtſtuͤck
zwangbakofens auf die weisbakgerechtigkeit zum
feilen kaufe zu ziehen ſey? 1752, 4.
§ 245
vichtſchnur.
Auf was art und wie die baͤker das ſchwarze
und weiſſe Brod auf den kauf zu baken ſchuldig
ſind, ſolches erbricht ſich aus den brod- und baͤ-
kertaxe auch policeiordnungen, ſihe die F. Heſſen-
Caſſeliſche tax-ordnung vom jahre 1645 art. 1 ſ. 5,
und die dabei befindliche tabellen vom brod- und
wekbaken; imgleichen die folgen aus der policei
und landordnung 1645 art. 3, marktordnung der
hochfuͤrſtlichen Saͤchſ. reſidenzſtadt Gotha 1753, 4
ſ. 21 fg.
§ 246
oͤfen ſollen
nicht be-
ſchaͤdiget
werden.
Die bak-oͤfen ſollen die krigsleute nicht beſchaͤ-
digen oder zerbrechen, ſie moͤgen ſeyn freunden oder
feinden zuſtaͤndig, reiterbeſtallung 1570 § 69, fus-
knechtsbeſtallung 1570 § 194.
§ 247
Die policei hat dahin zu ſehen, daß ihre bak-
oͤfen niemanden ſchaden, Stryckde jure furno-
rum, auch muͤſſen ihre ſchorſteine hoͤher, als an-
dere, gefuͤret werden, damit der wind den rauch
in der nachbarn haͤuſer oder darwider nicht treiben.
In engen ſtraßen ſind die bakoͤfen, und, wo man
mit feuerſpritzen nicht darzu kommen kan, nicht zu
dulten.
Vier und vierzigſtes haubtſtuͤck
von den bierbrauern.
§ 248
bierbrauer
iſt?
Ein bierbrauer heiſſet derjenige, welcher aus ge-
wiſſem getraide, dem hopfen und waſſer das-
jenige getraͤnke, welches man bier nennet, pflicht-
maͤſig verfertiget.
§ 249
[101]von den bierbrauern.
§ 249
Die bierbrauer befinden ſich entweder in be-der bier-
brauer un-
terſchidene
Gattungen
ſondern zuͤnften, z. e. zu Nuͤrnberg, Hamburg,
Strasburg, Bremen ꝛc. Zinck am a. o. col. 325,
Zahn am a. o. ſ. 1291 num. 68, daher man ſaget:
brauen iſt manufactur und keine kaufmannſchaft,
Hert am a. o. par. 41 lib. 1 ſ. 298. oder es ſind
andere in pflichten ſtehende perſonen, welche das
bierbrauen; von welchen die bierſchauer, bier-
ſchmaͤker ꝛc. unterſchiden ſind, F. H. Caſſeliſche
taxordnung 1645 tit. VI, greben-ordnung ſ. 88,
§ 3, ſihe die ſammlung verſchidener verordnungen,
welche in handlungs-ſchiffahrts- und policeiſachen
der k. freien Reichsſtadt Bremen, ſ. 11, 15 fgg.
§ 250
Die braugerechtigkeit ſtehet in den ſtaͤdten ent-wem die
braugerech-
tigkeit in
den ſtaͤdten
zuſtehet?
weder allen buͤrgern zu, oder ſie haftet nur auf
gewiſſen haͤuſern, welche daher brauhoͤfe genennet
werden, jeweilen wird ſothanes recht auch nach
dem ertrage der feldguͤter ausgeuͤbet. Schoͤpfer
de braxandi eidemque annexis juribus cap. 4
num. 20 fgg. Uebrigens ſaget man: brauen und
baken geraͤth nicht allezeit; imgleichen: das brau-
en bringet den buͤrgern eine guͤldene narung.
§ 251
Die beſchwerungen und abgaben von dem bier-die abgaben
davon ſind
unterſchid-
lich.
brauen zum oͤffentlichen verkaufe, ſind unterſchid-
lich. Es iſt die trankſteuer, acciſe, eimergeld ꝛc.
bekannt.
§ 252
Das braurecht kan auf mancherlei weiſe ver-das brau-
recht kan
verloren
gehen.
loren gehen, von Berger in electis proceſſ. poſ-
ſeſſ. ſ. 101, von Lynkerdeciſ. 979, Schoͤpfer
am a. o. P. III c. 2 num. 51 fg., von Rohr im
haushaltungsrechte ſ. 1435.
G 3§ 253
[102]XLV haubtſtuͤck
§ 253
lenrechte
der ſtadt
Marburg.
Die ſtadt Marburg hat das meilenrecht, die
policei ſihet dahin, daß die biere durch kunſt oder
mit kreide nicht angemachet werden. Sie muͤſſen
auch wohl gar gekochet werden. Sihe Caſpar
Neumannen von dem thee, caffe, biere und
weine, Leipzig 1735, 4.
Fuͤnf und vierzigſtes haubtſtuͤck
von den zuͤnften.
§ 254
zuͤnfte
haubtſaͤch-
lich einge-
fuͤhret wor-
den ſind?
Diejenige aber, welche in einer zunft, gilde,
gaffel, in aͤmtern, innungen, geſellſchaften ꝛc.
lebeten, welche im zwoͤlften jahrhundert haubt-
ſaͤchlich aufgekommen ſind, wurden handwerker,
genennet, Riccius in ſpicilegio iuris Germa-
nici, ſ. 329 fg.
§ 255
urſprunge
der zuͤnfte.
In den alten zeiten Teutſchlandes wurden die
handwerke von keinen freien leuten getrieben, viel-
mehr waren dieſelben eine beſchaͤftigung der knech-
te, welche ihren herren die kleider, auch andere
benoͤthigten ſachen verſchaffen mußten, Tacitus
cap. 25, welche gewohnheit lange zeit fort dauerte,
bis die freigelaſſene ſich den handwerkern widme-
ten, ſich benebſt den leibeigenen in die ſtaͤdte bega-
ben, und durch ſelbige ihre narung ſucheten. Die-
weil auch die zuͤnfte bei den Roͤmern beſondere
freiheiten genoſſen, ſo geſchahe es, daß ſelbige in
Teutſchland ſich ebenfalls dergleichen anzumaßen
anfingen, inſonderheit nachdem die Roͤmiſche rechte
in Teutſchland eingefuͤhret wurden. Als nun die
landesherren vermerkten, daß durch die handwer-
cke dem gemeinen weſen groſer nuzen verſchaffet
werden koͤnne; ſo ertheileten ſie ihnen beſondere
freiheiten,
[103]von den zuͤnften.
freiheiten, beſtaͤtigten die zuͤnfte, und hielten ſie
in ehren, es nahmen die handwerker niemanden
als ehrbare, ehrliche leute darin auf; daher ſie
ehrbare handwerksleute, ehrbare zuͤnfte, ehrliche
handwerker, ehrenhafte meiſter, ehrbare geſellen
genennet wurden. Es entſtunde nicht weniger
daraus das ſpruͤchwort: die zuͤnfte muͤßten ſo rein
ſein, als wenn ſie die tauben geleſen haͤtten, von
Ludewigde opifice exul. in pagis, diff. 1.
cap. III § 1, 2 ſ. 17 fg. Heineccius in der diſp.
de collegiis opificum, cap. II § 2, 6 fg.
Dreyerde priuilegiis opificum falſo merito-
que ſuſpectis, § 1 f. Juſt. Chriſt Dithmars
einleitung in die oͤconomiſche- policei- und came-
ralwiſſenſchaft, ſect. III cap. 15 § 5, ſect. IV c. 16
§ 1 und deſſen oͤconomiſche fama, im VI ſtuͤcke des
von Schroͤders Fuͤrſtl. ſchaz- und rentkammer,
cap. 91 ſ. 303 ſ. 345, von Juſti ſtaatswiſſenſchaft,
th. I, § 274 ſ. 250 fg. ſ. 271 fg. Ob aber die zuͤnfte
wieder aufgehoben werden ſollen, ſihe Boden am
a. o. ſ. 305.
§ 256
Eine zunft iſt eine geſellſchaft derer handwerks-was die
zunft ſey?
deren Gat-
tungen.
leute, welche ſich zuſammen thun und nach gewiſ-
ſen ihr gewerbe betreffende, von der landesoberkeit
fuͤrgeſchribenen, oder beſtaͤtigten ordnungen leben,
Reichsſchluß vom jahre 1731 § 1. Von den
zuͤnften unterſcheidet man die gilden, vom worte
Giladen, convocati, zuſammen gezogen, koͤmmt
gilde heraus, und verſtehet darunter eine vom
obern gebilligte geſellſchaft der kuͤnſtler. Jedoch
wird es weitlaͤuftig auch von allen zuͤnften gebrau-
chet, Johann Heumanns diſp. de ſacramento
gildoniae § 7 fg. Du Fresne im gloſſ unter dem
worte: Geldum, und Gilda, Wilkins im
G 4gloſſa-
[104]XLV haubtſtuͤck
gloſſario legum Anglo-Sax. unter den worten:
Gild, contubernalis, congildones. In Aachen
ſind gaffeln, das iſt, zuͤnfte, von LudolfT. III
obſ. ſ. 580. In Nider-Sachſen, auch in Nider-
Heſſen heißen die zuͤnfte: aͤmter, z. e. das ſchmide-
amt wider das kraͤmer-amt, und die zunftmeiſter
amts-meiſter, amtsfuͤrſteher, ſihe die F. H. Caſſe-
liſche erneuerte zunſt-ordnung vom jahre 1730,
§ VII, ſ. 10 § XV, ſ. 15. Der unterſcheid zwiſchen
den geſchenkten, auch ungeſchenkten handwerken,
zumal was jener eingebildete beſſere ehre belanget,
ſoll voͤllig wegfallen, Reichsſchluß, 1731 § 7.
Die kuͤnſtler, manufacturer, fabricanten, hand-
werksleute bereiten entweder dasjenige, was noth-
wendig, nuͤzlich iſt, oder zur wolluſt und zum uͤber-
fluſſe gereichet; daher ſie in nothwendige, nuͤzliche
und uͤberfluͤßige profeßionen eingetheilet werden
koͤnnen. Zu den nothwendigen werden gerechnet:
die muͤller, baͤker, brauer, fleiſcher, die butter und
kaͤſemacher, ſpinner, weber, ſchneider, ſchuſter,
maurer, zimmerleute, ſchmide, ſchloſſer, glaſer ꝛc.
Zu den nuͤzlichen die apoteker, barbirer, fiſcher,
ſchiffer, bergleute, gold- und ſilberarbeiter, drucker,
mahler ꝛc. und zu der leztern claſſe werden gezaͤlet:
Die koͤche, confect- und paſteten-becker, wein- und
coffeeſchenken, die parfuͤmeurs, und perruquiers,
und alle die galanteriemacher ꝛc. die namen ſolcher
leute ſind fuͤrnaͤmlich folgende: 1) die ahlmacher,
2) ankerſchmide, 3) apotheker, 4) aſchenbrenner,
5) barchetweber, 6) bekenſchlaͤger, oder flaſchner,
7) baͤker, 8) beutler, 9) bildhauer, 10) bortenwir-
ker, bandmacher, oder poſementirer, 11) brande-
weinbrenner, 12) brauer, 13) buchbinder, 14) buch-
drucker, 15) buͤchſenſchaͤfter, 16) buͤchſenſchmide,
17) buͤrſtenbinder, 18) cardetſchenmacher, 19) cirkel-
ſchmide 20) clauſur und ſpangenmacher, 21) col-
leten-
[105]von den zuͤnften.
letenſchneider, 22) confectbaͤker oder conditers,
23) corduan-bereiter, 24) degenklingen-macher,
25) dratziher, 26) drechsler, 27) faͤrber, 28) faß-
binder, oder boͤtticher, 29) federſchmuͤcker, 30) fei-
lenhauer, 31) fingerhutmacher, 32) fleiſchhauer,
welche ſich von hausſchlaͤchtern unterſcheiden,
Beier im aduocato rerum opif. cap. 32 § 3,
33) flitterſchlaͤger, 34) friesmacher, 35) gaͤrber,
36) geigenmacher, 37) goldarbeiter, 38) goldſchlaͤger,
39) glasmacher, 40) glasſchleifer, 41) glasſchneider,
42) glaſer, 43) glockenguͤſer, 44) grobſchmide,
45) guͤrtler, 46) gipſer, 47) haardeckenmacher,
48) harniſch- und panzermacher, 49) handſchuma-
cher, 50) hauszimmerleute, 51) heftelmacher,
52) horndreher, 53) hornrichter, 54) hutmacher,
55) kalkbrenner, 56) kaͤmmacher, 57) klemperer und
knoͤpfmacher, 58) koͤche, 59) kohlbrenner, 60) kraft-
mehlmacher, 61) kupferſchmiede und kupferſtecher,
62) kuͤrſchner, 63) leimſider, 64) leb- und pfeffer-
kuͤchler, 65) lichter- und kerzenmacher, 66) maͤlzer,
67) maurer, 68) maſchinenmacher, 69) mahler,
70) meßingſchlaͤger, 71) methſider, 72) muͤller,
73) nadelmacher oder nattler, 74) nagelſchmide,
75) neberſchmide, 76) neſtler und ſenkler, 77) pa-
piermacher, 78) pergamentmacher, 79) perlenbo-
rer, 80) perruquenmacher, 81) pulvermacher,
82) rademacher, 83) riemer, 84) ringmacher,
85) rothguͤſer, roth- oder lohgaͤrber, 86) ſaͤger- oder
ſagemuͤller, 87) ſaitenmacher, 88) ſalpeterſider,
89) ſalzkocher, 90) ſand-uhrmacher, 91) ſattler,
92) ſchachtelmacher, 93) ſchellenmacher, 94) ſchlei-
fer, oder polirer, 95) ſchifer- und ſteindecker,
96) ſchifszimmerleute, 97) ſchneider, ſowol ſchwein-
ſchneider, welche in Churbrandenburgiſchen und
Churbraunſchweigiſchen landen zuͤnftig ſind,
98) ſchriftguͤſer, 99) ſchwerdfeger, 100) ſchuſter,
G 5101)
[106]XLV haubtſtuͤck
101) ſeifenſieder, 102) ſeiler, oder repſchlaͤger,
103) ſibmacher, 104) ſigelgraber, oder pitſchierſte-
cher, 105) ſpigelmacher, 106) ſporner, 107) ſtahl-
arbeiter, 108) ſtempelſchneider, 109) ſteinbrecher,
110) ſteinbruͤcker, oder pflaſterer, 111) ſteinmetzen,
112) ſteinſchneider, 113) ſtuͤckguͤſer, 114) tapezirer,
115) taſchner, 116) teppichmacher, 117) therbrenner,
118) tiſchler oder ſchreiner, 119) toͤpfer, oder euler,
120) trompetenmacher, 121) uhrmacher, 122) wag-
macher, 123) wagner oder ſtellmacher, 124) wachs-
arbeiter, 125) wachsbleicher, 126) wachspoſſirer,
127) weber, 128) weisgaͤrber, 129) zapfen- u. leuchten
macher, 130) ziegler, 131) zinn- und kannenguͤſer, 132)
zukerrafineurs, dieſe kuͤnſtler und handwerke theilen
ſich ein: in 1) freie, 2) geſperrte, und 3) ungeſperrte.
Die freie ſind diejenige, welche nicht zuͤnftig, oder
unter gewiſſe amtsregeln verbunden, ſondern we-
gen ſeltenheit der meiſter, von iedem, der die kunſt
oder das handwerk verſtehet, ungehindert kan ge-
trieben werden. Die geſperrte ſind, welche we-
gen ihrer ſonderbaren vortheile und mechaniſchen
kunſtgriffe ihre geſellen nicht reiſen laſſen, damit
ſie die wiſſenſchaft fuͤr ſich allein behalten moͤgen;
die ungeſperrte oder frei offene handwerke nennet
man diejenigen, welche an vielen orten eingefuͤh-
ret, und meiſtens in gewiſſen zuͤnften eingeſchloſſen
ſind, davon die geſellen frei in allen ſtaͤdten ar-
beiten koͤnnen. Man hat dabei zu ſehen, auf der
gilden verfaſſung, ordnungen, und gebraͤuche,
auch caͤrimonien.
§ 257
verfaſſung
und die na-
tur, die ord-
nungen u.
Die verfaſſung und die natur der zuͤnfte beſte-
hen darin: daß ſie die ſtadt- auch landmeiſter in
ſich begreifen, welche von einerlei gewerbe und ge-
meinſchaft ſind, wegen ihrer handwerks-angele-
genheiten
[107]von den zuͤnften.
genheiten zu einerlei aͤlteſten ſich bekennen, ſich ei-gebraͤuche
der zuͤnfte
beſtehen?
nerlei regeln unterwerfen, zu einer lade, zu einem
amte, herberge oder krug ſich halten, und einerlei
amtsſigel haben. Die zunftordnungen und in-
nungsartikel ſind entweder mit den geſaͤzen der
menſchlichen vernunft und geſellſchaft einſtimmig,
oder denſelben zuwider. Die erſte gattung der
handwercksordnungen ſind diejenigen, welche auf
ehrbarkeit, zucht, gute ordnung und arbeit, auf
das aufnehmen des landes und erhaltung ihrer
zunft abzielen, und daher erfordern, daß z. e. die
lehrjungen, von ehrlicher geburt ſeyn, nach dem
unterſcheid der profeßionen gewiſſe jahre dienen
und ſtehen, wenn ſie ausgelernet haben, etliche
jahre wandern, oder bei andern meiſtern noch ar-
beiten, die geſellen ſich nicht widerſpenſtig auffuͤh-
ren, die neuen meiſter meiſterſtuͤcke verfertigen,
bei den zuſammenkuͤnften die ſchmauſereien, zank,
ſtreitigkeiten, ſchmaͤhen ꝛc. vermeiden; hingegen
ihre geſchwornen aͤlteſte und fuͤrſteher ihn ehren
halten, und ihnen gehorſamen, die ladenmeiſter
von der einnahme und ausgabe der ladengelder
richtige rechnung fuͤhren; daß die aͤlteſte meiſter,
um zu wiſſen, ob die uͤbrige meiſter den leuten
tuͤchtige arbeit machen, ſelbige oͤfters unvermerk-
ter weiſe beſichtigen, die verzoͤgerung der arbeit
eben ſo wenig, als die ſteigerung des arbeitlones
zugeben; uͤbrigens in auf- und annehmung frem-
der meiſter keine ſchwirigkeit machen ſollen u. d. g.
Die andre gattung der zunftbrife haben die unge-
reimtheit, den eigennuz, die verſchwendung zu ih-
ren geſezgebern. Dergleichen ſind diejenige, wel-
che keine legitimirten in die lehre annehmen, die
kinder der muͤller, ſchaͤfer, gerichtsfronen ꝛc. von
erlernung eines ehrlichen handwerkes und aufnah-
me in eine gilde, ausſchluͤſſen, denen die aus
menſch-
[108]XLV haubtſtuͤck
menſchlicher ſchwachheit einen fehler begangen ha-
ben, das handwerk legen, den meiſtern einbinden,
bald nur einen lehrjungen, bald nur zween geſel-
len zu foͤrdern. Ferner verbieten, den geheirate-
ten geſellen keine arbeit zu geben, nimanden die
meiſterſchaft zuſtehen, er heirate dann eines mei-
ſters tochter oder wittbe, die bei dem meiſterſtuͤck-
machen ꝛc. den vorkommenden allzu großen auf-
wand, gut heiſen. Die gebraͤuche und das caͤri-
moniel der zuͤnfte ſind von vielerlei gattungen,
und unterſcheiden ſich faſt unter einander auf eben
die art, wie ihre gilden und innungsbriefe. Sie
aͤuſſern ſich inzwiſchen fuͤrnaͤmlich: bei dem auf-
dingen der lehrjungen auf ein handwerk, bei der-
ſelben freiſprechen und geſellenmachen, bei dem
meiſtermachen, ihren wunderlichen gruͤſſen, fragen
und antworten, reiſe und dergleichen handwerks-
complimenten, ſihe Theodor Ludewig Lau von
gluͤcklicher, vortheilhaftiger, beſtaͤndiger einrich-
tung der intraden, im II theile, art. III ſ. 169 fg.
§ 258
haben ihre
zunftmei-
ſter.
Die zuͤnfte haben ihre obermeiſter, oder zunft-
gilde- gaffel- ladenmeiſter, ladenvorſteher, Beiers
allgemeines handlungs- kunſt- berg-lexicon ſ. 241,
309, welche von den gaffel-morgenſprachs-hand-
werksherren, handwerks-commiſſarien, wedde-
herren ꝛc. unterſchiden ſind, immaſen dieſe als
obrigkeitliche abgeordnete den zuſammenkuͤnf-
ten der handwerke beiwonen, auch wohl die
handwerksſtreitigkeiten zu entſcheiden haben. In
Nider-Heſſen und Braunſchweigiſchen nennet man
die zunftmeiſter auch amts- und gildenmeiſter
(§ 217); in Ober-Heſſen aber hat man den alt-
meiſter. Man trift ieweilen bei den handwerken
beiſizer, und kerzenmeiſter an. Sie ſollen ohne
vorwiſſen der oberkeit ihre zuſammenkuͤnfte, welche
auch
[109]von den zuͤnften.
auch quartale, capitul, morgenſprache genennet
werden, Beier am a. o. ſ. 281, ſ. 333, nicht halten,
Reichsſchluß 1731 art. 1, F. H. Caſſeliſche er-
neuerte zunftordnung 1730 § 1 ſ. 6, § 18 ſ. 16.
Solches geſchihet vor offener lade. Es ſind daher
die quartal-groſchen, laden-geld, innungspfennige
bekannt, Beier am a. o. ſ. 200, 240, ſ. 330; F. H.
Caſſeliſche zunftordnung § XX ſ. 18. Von der
verfaſſung der zuͤnfte, manufacturer auch fabri-
canten in der Mark Brandenburg ſihe den fuͤnften
band der conſtitutionum Marchicarum, und
von den Chur Braunſchweig-Luͤneburgiſchen lan-
desordnungen und geſaͤze, III th.
§ 259
Eine iede zunft hat ihren zunftbrief, welcher dieihre artikel
muͤſſen be-
ſtaͤtiget
werden.
artikel enthaͤlt, wornach ſie ſich zu achten haben,
Beier am a. o. ſ. 200. Er muß von dem landes-
herrn beſtaͤtiget werden, wenn er giltig ſeyn ſoll,
Reichsſchluß 1731, art. 1. Dieſer wird nebſt an-
dern urkunden und briefſchaften auch freiheitsbrie-
fen in der lade aufbehalten, F. H. Caſſeliſche er-
neuerte zunftordnung 1730 § XXI,Menken
am a. o. ſ. 1183.
§ 260
Mehrere handwerke koͤnnen in eine zunft ge-mehrere
zuͤnfte koͤn-
nen zuſam-
men geſtoſ-
ſen werden.
ſtoſſen werden, iedoch muͤſſen ſie ſo beſchaffen ſeyn,
damit eine uͤber der andern arbeit urtheilen kan,
z. e. ſchmide und ſchloſſer. Sonſt ſagt man:
„vierzehn handwerke, funfzehen ungluͤck, Hertlib. 1
par. 120 ſ. 380.
§ 261
Die ſtrafen ſollen von den handwerksmeiſtern,von den
ſtrafen der
handwerke.
ſoͤhnen und geſellen nicht mehr unternommen, ſon-
dern uͤber die handwerksverbrechen ſollen durch den
obermeiſter und beamten oder die zu handwerks-
ſachen
[110]XLV haubtſtuͤck
ſachen obrigkeitlich verordneten erkannt werden,
Reichsſchluß 1731, § 3, § 8. F. H. Caſſeliſche er-
neuerte zunftordnung 1730, § 15, § 18, § 19 ſ. 17.
§ 262
die ſchau.
Die zuͤnfte haben die ſchau. Schau iſt die
beſichtigung der hierzu beſtellten leute und meiſter:
ob die arbeit tuͤchtig, das iſt, kaufmannsgut und
kein wrak ſey? Es kommen daher die ſchau-zei-
chen-meiſter ꝛc. Beier am a. o. ſ. 362, 363 und de
collegio opificum, cap. VII § 2 § 5 num. 608,
626. Auf den jahrmaͤrkten aͤußert ſich die ſchau
uͤber die fremden, z. e. die ſchuſter und baͤker.
§ 263
hat ſeine
werkſtatt.
Ein handwerk beſtehet außer ſeinen vorſtehern
aus meiſtern, geſellen und lehrjungen. Ein mei-
ſter hat ſeine werkſtatt, welche er durch ein ausge-
henktes ſchild anzeigen kan, Wildvogels diſput.
de balneatoribus, cap. 5, § 15, Beierde aduo-
cat. opific. cap. 5 § 17.
§ 264
gerechtſa-
men.
Ein meiſter hat das recht einen jungen zu lernen,
er darf geſellen ſezen, er kan außer der werkſtatt
arbeiten, mit den waaren die maͤrkte beziehen, und
gewerbe darmit treiben, er muß ſeinen martkſtand
haben auf den maͤrkten, Beiersaduocatus cap. V
§ 25, cap. XIX § 10 fg. und deſſen magiſter,
cap. 12 num. 503 fg. Struve im corpore iuris
opif. T. III lib. II cap. XIV.
§ 265
Ein meiſter nimmt antheil an der lade, bei den
morgenſprachen und zuſammenkuͤnften, an den
ehrenaͤmtern und andern vortheilen auch vorrech-
ten des handwerkes, Beier im magiſtro num. 515-
528, Struve am a. o. lib. II cap. 10 ſ. 329.
§ 266
[111]von den zuͤnften.
§ 266
Ein lehrjunge darf ohne kundſchaft nicht ange-wie ein
lehrjunge
angenom-
men werde.
nommen werden. Dieſes heiſet der geburtsbrief,
welches ein zeugnis der oberkeit iſt, daß dieſer jun-
ge von ehrlichen aͤltern aus rechtmaͤßigen eheſtande
erzeuget ſei, ſihe Links diſput. de litteris nata-
litiis,Beier im tyrone, cap. V, num. 140 und
cap. VII § 5 num. 388 fg. Reichsſſchluß 1731
art. II. In Hamburg muß der kirchgang der
braut, wovon der junge geboren iſt, mit offenen
oder fluͤgenden haaren bezeuget werdeu.
§ 267
Ein lehrjunge darf ohne des handwerks vor-
wiſſen nicht angenommen werden, daher er vor
offener lade aufgedinget und eingeſchriben wird,
Beier im tyrone, cap. VII § 5 num. 389 fg.,
Struve am a. o. T. II lib. II cap. 7. ſihe iedoch
die F. H. Caſſel. erneuerte zunftordn. 1730 § 7.
§ 268
Die lehrjahre werden entweder durch ein gedingwie die
lehrjahre
beſtimmet
werden.
beſtimmet, oder durch die innungsartikel, oder
durch die landesgeſaͤze, welches leztere man in
verſchiedenen landen, z. e. in den fuͤrſtl. Heſſen-
Caſſeliſchen, Chur Braunſchweigiſchen ꝛc. landen
findet, ſihe Rottmanns ausgabe der Schaum-
burgiſchen policeiordnung, cap. 44, ſ. 374, F. H.
Caſſel. erneuerte zunftordnung vom jahre 1730,
§ 6, ſ. 9, 10.
§ 269
Nach ausgeſtandenen lehrjahren ſtellet der mei-wie er
losgeſpro-
chen werde.
ſter den jungen, der ausgelernet hat, dem hand-
werke dar, damit er vor der offenen lade frei- oder
losgeſprochen werde. Der meiſter bekennet ſol-
chemnach, daß der junge ſeine lehrjahre redlich
ausgeſtanden und das handwerk wohl begriffen
habe,
[112]XLV haubtſtuͤck
habe, ungeachtet er oͤfters weiter nichts, als maͤg-
de dienſte geleiſtet, kinder getragen, die ſtuben ge-
kehret, waſſer geholet ꝛc. hat, Beier am a. o.
cap. XII § 2 num. 705. F. H. Caſſel. erneuerte
zunftordnung 1730, § 9. Er bekoͤmmt darauf ſei-
nen lehrbrief, das iſt, ſein zeugnis, oder ſeinen ab-
ſchid, daß er ſeine kunſt, oder handwerk redlich und
wohl ausgelernet habe, Beiers handwerkslexicon
ſ. 247. Seltſame gebraͤuche ſollen bei loszaͤhlung
der jungen abgeſtellet werden, Reichsſchluß 1731
art. 9, Rottmann am a. o. ſ. 376. Die F. H.
Caſſel. zunftordnung 1730 § XI. Die geſellen
pflegen ihn zum geſellen zu ſprechen, Beier im
boetho, cap. 3.
§ 270
geſell ſei?
Ein geſelle heiſet ein aus der lehre gegebener,
welcher einem meiſter um ein gewiſſes lohn arbeitet,
Beier am a. o. cap. 9 § 2, 3.
§ 271
menden ge-
ſellens ob-
liegenheit.
Ein ieder ankommender geſelle muß ſich um-
ſchauen laſſen, das iſt, bewerben: ob er arbeit be-
kommen kan? und wenn er dergleichen begehret,
ſoll er mit der abſchrift ſeines geburts- und lehr-
briefes, auch mit einem handwerkszeugniſſe, oder
einer kundſchaft, verſehen ſeyn, policeiordnung
1530, tit. 39 § 1, 1548 tit. 37 § 1, Reichsabſchid
1559 § 77, 1570, 1577 tit. 38 § 3, Reichsſchluß
1731, art. 3, 4 welche in die lade zu liefern ſind,
Reichsſchluß 1731 art. 2 Riccius im ſpicilegio
juris Germanici ſ. 360, Beiersaduocatus cap.
V § 10, cap. XXXII §. 22.
§ 272
hat ihm ſei-
nen lohn u.
die koſt zu
reichen.
Der meiſter iſt ſeinem arbeitenden geſellen koſt
und lohn ſchuldig, Beier im boetho, cap. 9 § 2, 3,
und im aduocato, cap. 19. § 6. Doͤhlers be-
ſchreibung der handwerksrechte, art. 26, iedoch ſoll
der
[113]von den zuͤnften.
der geſelle ſich nicht bedingen, was und wie
viel ihm iederzeit der meiſter zu eſſen und zu trin-
ken geben ſoll, reichsſchluß 1731 art. 13.
§ 273
Die geſellen haben das recht auf der herbergedie rechte
deꝛ geſellen.
auf veranlaſſen des altgeſellens zuſammen zu kom-
men, ſie haben auch einen junggeſellen, Beier im
boetho, cap. XI iedoch ſollen ſie eigenmaͤchtiger
weiſe ſich der arbeit auf den montagen nicht ent-
ziehen, reichsſchluß 1731 art. 9, Rottmann am
a. o. ſ. 374, F. H. Caſſeliſche zunftordnung 1730
§ 12 § 16.
§ 274
Die geſellen duͤrfen keine degen tragen, und ſol-was ſie zu
unterlaſſen
haben.
len ſich des bettelns fuͤr den thuͤren enthalten, wi-
der die meiſter koͤnnen ſie keine gerichte halten, und
wenn ſie unvernuͤnftiger weiſe aufſtehen, oder
austreten, ſollen ſie beſtrafet werden, reichsſchluß
1731, art. 2, 5, 7, F. H. Caſſeliſche zunft-ordnung
1730 § XXIV, ſ. 21 § XXVI ſ. 23.
§ 275
Wenn die geſellen bei ihren meiſtern nicht laͤn-wenn ſie
den mei-
ſtern aufſa-
gen ſollen.
ger verbleiben wollen, haben ſie ſolches dieſen zum
wenigſten 8 tage zuvor anzukuͤndigen, reichs-
ſchluß 1731 art. 2, Beier am a. o. num. 275,
F. H. Caſſel. zunftordn. 1730 § XVII.
§ 276
Ein geſelle, welcher ſeine wanderjahre ausge-wenn der
geſelle mei-
ſter werden
kan.
ſtanden hat, ſihe F. H. Caſſeliſche erlaͤuterung des
zunftreglements in anſehung der wanderjahre, kan
meiſter werden, und wird vermittels verfertigung
des meiſterſtuͤckes dazu gelaſſen, iedoch werden die
unbrauchbaren koſtbaren meiſter-ſtuͤcke verboten,
reichsſchluß 1731 art. 12, F. H. Caſſel. zunftre-
glement 1730 § 3, worin zugleich die mutjahre
Hverboten
[114]XLV haubtſtuͤck
verboten werden; Beier in magiſtro, cap. V, VI,
VII, num. 248 fg. cap. VIII § 7 num. 307. Die
meiſterſtuͤcke ſind unterſchiedlich, z. e. bei den ſatt-
lern ein alter turnirſattel, oder zu Berka im Eiſe-
nachiſchen, muß der ſchneider tuch fordern, was
zu einem altartuche, auch andern altfraͤnkiſchen
kleidertrachten noͤthig iſt. Fodert er zu viel, wird
er geſtrafet, wenn mehr als zu einem paar ſtruͤm-
pfe ſolen uͤbrig bleibet, oder, wie zu Eiſenach der
gebrauch iſt, da der ſchneider die perſon anſehen
und befuͤlen, darauf das kleid fertigen muß. Ein
ieder feler dabei koſtet einen halben gulden. Wenn
aber einer bereits an einem orte meiſter worden iſt,
ſo brauchet er an einem andern nicht wieder das
meiſterſtuͤck zu machen, reichsſchluß 1731 art. 9.
Rottmann am a. o. ſ. 374. F. H. Caſſel. zunft-
reglement, 1730 § 2, 3. Er wird jungmeiſter ge-
nennet, F. H. Caſſeliſches erneuertes zunftregle-
ment 1730 § 1 ſ. 6.
§ 277
ter und
weiber mit
arbeiten
koͤnnen?
Die meiſterstoͤchter und weiber werden von der
mitarbeit nicht gaͤnzlich ausgeſchloſſen, es waͤre
dann ſolches ausdruͤcklich verboten, oder wider den
handwerksgebrauch. Fuͤr die arbeit und deren
tuͤchtigkeit muß der meiſter ſtehen; wenn ſelbige
aber verdorben iſt, hat die obrigkeit daruͤber zu
erkennen, F. H. Caſſeliſche zunft-ordnung 1730
§ XXV, wiewohl an vielen orten das handwerk
ſolche ſachen fuͤr ſich zu zihen pfleget, Beiersad-
vocatus rerum opif. cap. XIX, § 9.
§ 278
koͤnnen zu-
weilen das
handwerk
fortſezen.
Die meiſters wittben koͤnnen bei verſchiedenen
handwerken ſolches fortſezen, und ſich einen haubt-
geſellen halten, z. e. die ſchneiderswittben einen
tafelſchneider, die ſchuſters wittben einen bret-
ſchnei-
[115]von den zuͤnften.
ſchneider ꝛc. Beier in tyrone cap. III, § 2 num.
55 fg. Fuͤrſt. Heſſen-Caſſeliſche verordnung vom
jahre 1693 § 5 und 1730 § 10, 25.
§ 279
Jedem reichsſtande iſt unbenommen, mit ei-jedeꝛ reichs-
ſtand kan
der zunft
halber di-
ſpenſiren.
nem, oder andern guten arbeiter zu diſpenſiren,
und denſelben auch wider der zunft willen zur mei-
ſterſchaft kommen zu laſſen, reichsſchluß 1731,
art. 13, darnebſt gnaden- und freimeiſter zu ſezen.
§ 280
Die gnadenmeiſter heiſen, welchen die landes-was ein
gnaden-
meiſter,
herrſchaft erlaubet, ohne annehmung der zunft
das handwerk zu treiben.
§ 281
Ein freimeiſter heiſet derjenige, welcher bei ei-freimeiſter,
nem domherrn, geſanden, oder an einem andern
befreiten orte ſizen, oder von der landes-oberkeit
auſſer der zunft ſein handwerk zu treiben die frei-
heit erhalten hat, Beierde artificibus palatinis,
David Mevius im erſten theile deciſ. 55. der-
gleichen hat man bey verſchidenen univerſitaͤten,
als zu Halle, Goͤttingen ꝛc.
§ 282
Monopoliſten heiſen diejenigen meiſter, welcheund mono-
poliſt ſey?
einen gnadenbrief erhalten haben, daß keine von
der profeſſion ſolche an dem orte treiben duͤrfen.
§ 283
Land- und dorfmeiſter werden eigentlich nichtwie fern
land- und
dorſmeiſter
gedultet
werden?
gedultet, inzwiſchen wird oͤfters denenjenigen,
welche auf dem lande wonhaftig ſind, nachgelaſ-
ſen, mit einer zunft der ſtadt einzuhalten, Dreyers
diſput. de priuilegiis opificum falſo meritoque
ſuſpectis § 4 ſ. 29 fg., von Ludewigde opifice
exule in pagis. Es ſind iedoch die noͤthigen
handwerksleute, als ſchneider, ſchmide, tachde-
cker, toͤpfer, maurer, rademacher, leinweber,
H 2zim-
[116]XLV. haubtſt.
zimmermeiſter ꝛc. davon ausgenommen, welche
aber keine lehrjungen, und zuͤnftige geſellen haben
koͤnnen, Stiſſers einleitung zur landwirtſchaft,
cap. XII § 23 ſ. 330, Beier im handwerks-lexic.
ſ. 93. F. Heſſen-Caſſeliſche erneuerte zunft-ord-
nung 1730 § 27, ſ. 24, 25.
§ 284
ſtoͤrer,
Stoͤrer ſind, welche zwar an einem andern or-
te zuͤnftig ſind, iedoch ihr handwerk an einem or-
te treiben, wo ſie nicht meiſter worden ſind, oder
welche einem andern handwerke eingreifen. Al-
ſo vermeinen die ſchneider, die ſaͤkler, oder beut-
ler waͤren ſtoͤrer, wenn ſie lederne hoſen machten,
Beierde jure prohibendi und im magiſtro,
cap. XIV § 1 num. 47 und num. 600 fg. Struve
am a. o. T. II, lib. IV cap. 12. Sie werden auch
fretter, oder verraͤther genennet. Es entſtunde
daher die frage, ob ein lein- und bildweber das
blaue garn, welches er zu fertigung der zwilche
brauchet, ſelbſt faͤrben koͤnne? Der ober zunft-
meiſter ſprache es ihm ab, in betracht das blau
faͤrben den ſchoͤn-faͤrbern allein zukaͤme. In der
appellations-inſtanz blibe es dabei: er koͤnnte dann
vom hofe die erlaubniß beibringen. Dieſe erhilte
der leinweber ohne anſtand, Beiersaduocatus,
cap. 39 § 4.
§ 285
rer,
Hauſirer ſind, welche die waaren an einem or-
te verkaufen, wo ſie nicht in der zunft ſind. Die-
ſen duͤrfen die meiſter des ortes ohne richterliche
beihuͤlfe aus eigener macht die waaren nicht weg-
nehmen, Ayrers progr. de via facti collegiis
opificum ad perſequendos opificiorum turba-
tores nec permiſſa nec permittenda ſ. 9 fg. F.
Heſſen-Caſſeliſche erneuerte zunftordnung 1730 § 5,
ſ. 9. Die hoͤker, welche allein mit theer und
thran
[117]von den zuͤnften.
thran handeln, muͤſſen nach eben dieſer ordnung
§ 27 ſ. 24 zwo meilen und diejenige, welche mit
andern hoͤker- und fettwaaren handeln 3 meilen
von den ſtaͤdten entfernet ſeyn. In anſehung der
einfuͤrung fremder und abnahme im lande fabri-
cirter wollenen tuͤcher, wie es unter den wollen
tuchhaͤndlern und wollen tuchmachern, als auch
mit den fremden und juͤden zu der jahrmarktszeit
gehalten werden ſoll, ſezet das d. d. Caſſel 1734
den \frac{24}{5} April erlaſſene edict ziel und maaß. Wo-
fern aber erlaubte fremde waaren, welche an dem
orte und im lande nicht gemachet werden, vielwe-
niger daſelbſt zu haben ſind, immittelſt von den
fremden eingefuͤhret und verkaufet werden, ſo iſt
ſolches hieher nicht zu ziehen, Schaumburgiſche
policeiordnung, cap. 47. Inhalts der F. Heſ-
ſen Caſſeliſchen juͤden-ordnung 1739 § 23 ſ. 23, ſol-
len die juͤden keinen offenen laden halten, auch ih-
re waaren, auſſer den markttagen nicht in die
haͤuſer herum tragen, ſelbige anbieten, und ſol-
chergeſtalt damit hauſiren. Sihe Menkensſy-
ſtema juris ciuilis, ſ. 1001, F. S. Gothaiſche
landesordnung tit. 31, th. II cap. 3, Churbraun-
ſchweig-Luͤneburg. landesgeſaͤze, P. III c. 4 ſ. 360
fg. ſ. 452.
§ 286
Ein pfuſcher heiſet derjenige, welcher handwerks-ein pfuſcher
arbeit machet, iedoch nicht in der zunft iſt, oder
das handwerk nicht recht gelernet hat, folglich
nichts tauget. Johann Leonhart Friſch im
Teutſch-Lateiniſchen woͤrter buche II th. ſ. 58 leitet
ſothanes wort vom puſch her, immaſen ſich ſol-
che ſtuͤmper und ſtoͤrer immer fuͤr den andern ih-
res handwerks verſtecken muͤßten, damit ſie ih-
nen die werkzeuge nicht wegnaͤhmen. Andere
wollen das wort von der redensart: aus dem pu-
H 3ſche,
[118]XLV. haubtſt.
ſche, das iſt, was nach der kunſt gemachet iſt,
ableiten. Noch andere ſuchen dieſes wortes ur-
ſprung und urſach in der natur und feldbau oder
gartenwerk, da das haubtkraut, nicht alles fein
dicht zu haͤubtern zuſammen waͤchſet, ſondern pfu-
ſchen daraus werden. Dieſemnach waͤren unter
den handwerksleuten mißrathene, die zwar das
geſchlecht, doch nicht den grad, die vollkommen-
heit und tuͤchtigkeit haͤtten, ſihe Beiers handwerks-
lexicon, ſ. 324. Auſſer dieſen leuten ſind die ho-
ſenkoͤche, altreiſer, wezſchelbecker, laͤſterer, buh-
ler, zunaͤter, haken-oͤſenmacher bekannt, Beier
am a. o. ſ. 15, 75, 241 fg. von der arbeit der ge-
ſellen bei den pfuſchern ſihe Beiersaduocatum re-
rum opif. peritum, cap. 21 § 9.
§ 287
ſe ſey?
Dergleichen heimliche handwerker, welche nicht
zunftmaͤßig ſind, werden auch boͤnhaſen genen-
net, zweifelsohne deswegen, weiln ſie ſich, wie
die gejagten haſen auf die flucht begeben, und von
einer ecke zur andern fuͤr den rechten meiſtern ver-
ſtecken muͤſſen, von Boͤhn, boden, oder kammer,
daher kornboͤhn, holtboͤn ꝛc. kornboden, holzbo-
den ꝛc. bekannt ſind, Michael Richeyidioticon
Hamburgenſe, 1755, 8v, ſ. 18 unter dem worte:
boͤhn, Dreyers vorhin angezogene diſputation,
§ 3 ſ. 19 fg. Rottmann am a. o. ſ. 397.
§ 288
werke
zwangrecht
Alle handwerke zilen auf einen handwerks-
zwang, z. e. der ſchreiner machet die thuͤr, ſchraͤn-
ke, laden ꝛc. darf aber die haſpen und ſchloͤſſer ſo-
wohl baͤnder nicht anſchlagen. Der ſchneider
machet die kleider, ſoll iedoch keinen Belz einfuͤt-
tern ꝛc., Beierde jure prohibendi, cap. II, III,
VIII und im ſyntagmate prudentiae juris opifi-
ciarii,
[119]von den zuͤnften.
ciarii, cap. IX § 3 fg. ſ. 161, Struve am a. o.
T. III ſ. 222, 282 fg.
§ 289
Bei den handwerken iſt das aufheben gebraͤuch-was aufhe-
ben,
lich, das iſt, einem die waaren, materialien,
arbeit, oder das handwerkszeug wegnehmen, wel-
ches den handwerken ohne obrigkeitliche bewilli-
gung nicht zuſtehet, Beier im aduocato rerum
opific. cap. 38 § 10 § 16.
§ 290
Schelten bedeutet, wenn ein zunftgenoß demſchelten
ſey?
andern etwas beymiſſet, welches wider die hand-
werksgewohnheit und ehrbarkeit laufet; dieſes iſt
ſamt dem ſchmaͤhen, umtreiben, auch unehrlich
machen in den reichsgeſaͤzen, verboten, policei-
ordnung 1530 tit. 39 § 1, 1548 tit. 37 § 2, reichs-
ſchluß 1731 art. 5, reichsabſchid 1654 § 106.
Immittelſt liget den meiſtern und geſellen ob, die
anzeige deſſen, was wider die handwerks-gewohn-
heit ſich zugetragen hat, zu thun, Beier im ad-
vocato, cap. XX § 15.
§ 291
Wer etwas verſpricht bey ſchelmen ſchelten,das ver-
ſprechen
bey ſchel-
men ſchel-
ten gilt
nicht.
und haͤlt es nicht, wird deswegen nicht unehrlich,
immaßen niemand ein ſclave ſeiner worte ſeyn darf;
und obgleich ſolche verſprechungen ehedem in
Teutſchland ſehr gebraͤuchlich waren, ſo ſind ſie
doch durch die reichsgeſaͤze entkraͤftet worden,
reichsabſchid vom jahre 1577, tit. 35, § 7, ſihe
Brunquells diſp. de pictura famoſa, cap. II § 4,
§ 7 fg. Peter Muͤllers diſp. de obligatione ſub
infamia, bey ſchelm ſchelten, Freherde exiſti-
matione § 13, F. H. Caſſel. zunftordnung 1730
§ XV ſ. 15, reichsabſchid 1654 § 106.
H 4§ 292
[120]XLV. haubtſt.
§ 292
des hand-
werkes
wie es ge-
ſchehen
ſoll?
Legen das handwerk heiſet, wenn ein hand-
werksmann vermoͤge eines verbotes, ſein hand-
werk nicht treiben darf, welches eine zunft ohne
oberkeitliche bewilligung fuͤr ſich mit recht nicht
thun kan, reichsſchluß 1671 art. 6, in Fabers
Curopaͤiſchen ſtaats cancellei, bande II, num. 4,
von Wernher in ſelectis obſeruationibus fo-
renſibus, P. X obſ. 402, Beiersaduocatus re-
rum opif. cap. V, § 6, 19 fg., cap. VII § 23, cap.
XIX § 11. Hiervon iſt zu unterſcheiden, wenn
die zunft einen handwerksgenoſſen ſizen laͤſſet, und
ihn ins handwerk nicht berufet. Inzwiſchen duͤr-
fen die uͤbrigen handwerksleute demjenigen, wel-
cher ſeine handwerksleute nicht bezahlet, auf ihr an-
zeigen, nicht arbeiten, Beiersaduocatus rerum
opif. cap. V § 28 fg.
§ 293
werk hat
keine ge-
richtbar-
keit in ge-
meinen
verbrechen.
Ueber die gemeinen verbrechen der handwerks-
genoſſen ſtehet der zunft keine unterſuchung, noch
erkenntniß zu, reichsſchluß 1731 art. 5, Fritſch
de collegiis opificum, th. I cap. 3 § 4 ſ. 12, th.
II cap. 6, § 2 num. 7 ſ. 46, Auguſtin von Ley-
ſer im ſpecim. 642, med. 7 ſ. 274 vol. X. Wie
es mit der appellation an die hoͤchſten Reichsge-
richte in zunftſachen gehalten werden ſolle, beſaget
der reichsabſchid 1654 § 106. Ordentlicher wei-
ſe wird in ſolchen ſachen keine appellation zugelaſ-
ſen, Eſtors anfangsgruͤnde des gemeinen und
reichsproceſſes, tit. 164, § 1283, ſ. 504, Beiers
aduocatus rerum opif. cap. 37 § 2, 7, 26, cap.
39 § 10 fg. Die zuͤnfte muͤſſen durch ſyndicen
in gerichten erſcheinen, Beier am a. o. cap. 17
§ 2 fg. und haben die rechte der minderjaͤhrigen
wie andere collegia.
§ 294
[121]von den zuͤnften.
§ 294
Ob aber der handwerksleute-buͤcher wie die kauf-ob der hand
werksleute
buͤcher ei-
nen halben
beweis ma-
chen?
mannsbuͤcher einen halben beweis machen, iſt un-
ter den rechtsgelehrten ſtrittig? Wofern die geſaͤ-
ze ermangeln, iſt ſolches zu verneinen, Barth im
diſſenſu 669 num. 8, ſ. 210 cent. 7, Seifarts
reichsproceß ſ. 223. In Frankfurt, zu Nuͤrn-
berg haben die bemeldten buͤcher halben beweis.
§ 295
Eine zunft kan ſowohl von ſelbſt erloͤſchen, als
auch nach beſchaffenheit der umſtaͤnde aufgehoben
werden, Beier im ſyntagmate juris opific. ſ. 67
und de colleg. opif. cap. XXII,Fritſch am a.
o. th. I cap. 6, Mevius in parte V, deciſ. 169
und deciſ. 229, 230, geſtalt dann auch ein hand-
werksgenoß nicht allein des handwerkes ſich zu be-
geben vermag, ſondern auch aus ſelbigem auf ei-
ne rechtmaͤßige weiſe geſtoſſen werden kan, Beier
de colleg. opif. cap. V, XIII num. 590, cap. XXI,
und im aduocato rerum opif. cap. 25 § 10.
§ 296
Die ſpruͤchwoͤrter, welche man vom zunftwe-die ſpruͤch-
woͤrter von
den zuͤnften
ſen hat, ſind folgende: „1) die aͤmter (handwerke),
„muͤſſen ſo rein ſeyn, als wenn ſie die tauben ge-
„leſen haͤtten, oder, „nichts unehrliches leiden die
„zuͤnfte„, Hert im reſponſo 395 und reſponſo
„400, qu. 2; (2) was einer angefangen, oder zu-
„geſchnitten hat, ſoll der andere nicht fertig ma-
„chen„, welches aber als ein mißbrauch abge-
ſchafft worden iſt, reichsſchluß 1731, art. 13,
Heſſen-Caſſeliſche verordnung 1693 § XIV,Piſto-
rius cent. III par. 1 ſ. 247, (3) „das werk lobet
„den meiſter, artifici in ſua arte eſt credendum,
Piſtorius cent. 4, par. 66, ſ. 251, 4) „zimmerleu-
„te und mauerer, das ſind rechte zauderer, ehe
„ſie eſſen, meſſen, und ſich beſinnen, ſo iſt der
H 5libe
[122]XLV. haubtſt.
„libe tag von hinnen„, Piſtorius cent. 4, par. 27,
ſ. 198, 5) „ein handwerk hat einen guͤldenen bo-
„den; allein man muß ſelbigen bis an den elnbo-
„gen ſuchen„, Piſtorius, cent. 7 par. 23 § 6 ſ.
588. Indeſſen heiſſet es bei dem handwercke: „et
„ſuͤket wohl, aber et ſterft nit„, Piſtorius cent.
7 par. 23 ſ. 588, 6) „das weiß- oder rothgerbers
„handwerk, dann die ſtinkigten haͤute, geben die
„beſte beute, 7) wer das handwerk verſtehet, ver-
„raͤthet den meiſter nicht, Piſtorius cent. 9 par.
4 ſ. 809, 8) „handwerksſachen gehoͤren fuͤr den
„rath, par. 9 ſ. 814, 9) „dreizehn handwerke 14
„bettelleute, oder 14 handwerke 15 ungluͤcke, das
„iſt in omnibus aliquid, in toto nihil,Piſto-
rius cent. 9, par. 10, ſ. 816.
§ 297
braͤuche der
handwerke.
Unter die mißbraͤuche der handwerke gehoͤret:
1) daß ſie keine legitimirte perſonen zulaſſen wollen,
2) die kinder der muͤller, ſchaͤfer, gerichtsfronen,
auch bader, pfeiffer, ſchweinſchneider ꝛc. ausge-
ſchloſſen haben, welches iedoch reichsgeſaͤz wi-
drig iſt, policeiordnung 1548 tit. 37, 1577 tit. 38
§ 1, reichsſchluß 1731 art. 4 art. 11, 3) die be-
rufung auf andere zuͤnfte auſſer den landen, reichs-
ſchluß 1731 art. 6, 4) die anzahl der jungen, oder
geſellen einſchraͤnken, H. Caſſeliſche zunftordnung
§ XXIII, 5) denen, welche aus ſchwachheit feh-
len, das handwerk legen, 6) den geheirateten ge-
ſellen keine arbeit geben, 7) niemanden zum mei-
ſter machen, er heirate dann eines meiſters toch-
ter, oder wittbe, 8) der groſe aufwand bei dem
meiſterſtuͤckmachen, 9) alles, was auf ein mono-
polium hinauslaͤufet, 10) der eid wegen verſchwei-
gung der handwerksheimlichkeiten, F. H. Caſſe-
liſche zunftordnung 1730 § 22, 26, 11) die vereini-
gung in ſteigerung der arbeit, und andere, wel-
che
[123]von den zuͤnften.
che in der abhandlung: der handwerker und
handwerkszuͤnften in Teutſchlande urſprung
wie auch verfall derſelben in allerhand
mißbraͤuche ꝛc. Frankfurt und Leipzig 1743 8,
Chriſt. Heinrich Hillerstr. de abuſibus, qui
in noſtra Germania in collegiis vigent opifi-
cum, Tuͤb. 1729, Dithmars diſp. de collegiis
opificum apud Germanos emendandis;Jo-
hann Gottfrid Kaſts diſp. de ſtatutis et con-
ſuetudinibus, quae inter mechanicos vigent,
irrationabilibus, Straßb. 1715 und andern
ſchriften erlaͤutert worden ſind, von Chur Sach-
ſen ſihe Menken am a. o. ſ. 1182 fg. Von den
betruͤgereien der handwerksleute ſihe Hoͤnns be-
trugslexicon ſ. 187 fg.
§ 298
Dieweil auch die handwerksleute ihre arbeitvon tax-
ordnungen.
meiſtentheils ſehr hoch anſchreiben und dadurch
ein groſer mißbrauch, auch betrug entſtehet, ſo
iſt es der landes- ſowohl hauswirtſchaft beſonders
vortraͤglich, wenn den handwerksnothdurften,
waaren und arbeiten eine gewiſſe taxordnung vor-
geſchriben wird, wie dann auch dergleichen in
vielen landen angetroffen werden, ſihe Heſſen-
Caſſeliſche taxordnung, vom jahre 1622, 1632,
1645, Johann George Leopolds nuͤzliche und
auf die erfahrung gegruͤndete einleitung in der land-
wirtſchaft, ſ. 777 fg.
Sechs und vierzigſtes haubtſtuͤck
von manufacturern und fabricanten.
§ 299
Ein land wird gluͤcklich geſchaͤzet, wenn daſſelbedie manu-
facturen
machen ein
land gluͤck-
lich.
mit einer natuͤrlichen fruchtbarkeit begabet iſt;
allein
[124]XLVI. haubtſt. von manufacturern
allein es wird ſelbiges noch weit gluͤcklicher durch
den fleiß und kunſt der menſchen, wannenhero man
ſihet, daß die unfruchtbaren laͤnder, wo manufa-
cturen im flore ſind, die gewerbe und commercien
bluͤhen, viele fleißige und geſchickte handwerks-
leute ſowohl kuͤnſtler und kaufleute ſind, weit groͤ-
ſern reichthum beſizen, als die fruchtbaren laͤnder,
die dergleichen wenig, oder gar nicht haben, ſihe
Wilhelm freiherr, von Schroͤdern fuͤrſtliche
ſchaz und rentkammer, cap. 87 § 1 ſ. 291 fg. Mar-
pergers, Bechers und Lauens ſchriften hiervon,
von Juſti ſtaatswirtſchaft, th. 1 ſ. 174, 250, fg.
Derowegen man alle noͤthigen manufacturen an-
zulegen hat, von Juſti am a. o. ſ. 224, 261 fg.,
ſintemal dadurch die unterthanen in den ſtand ge-
ſezet werden, ſowohl durch fleiß und arbeit ihre
nothdurft und bequemlichkeit zu gewinnen, als
auch das ihrige zu den beduͤrfniſſen des ſtaates bei-
zutragen, wodurch dem betteln und muͤſſiggange
einhalt gethan wird. Dieſemnach iſt das manu-
factur- und handwerksweſen fuͤr den umtrib des
geldes und die daraus entſtehende narung der un-
terthanen als eine wichtige und nuͤzliche ſache zu
halten Bode am a. o. cap. 5 ſ. 303 fg.
§ 300
facturen
und fabri-
cken ſind?
Es heiſen aber manufacturen und fabricken die-
jenige geſchaͤfte der menſchen, wodurch vermittelſt
zu dem ende erworbener geſchicklichkeit und fleiſes
die rohen materialien, auch bereits zum theil zube-
reitete waaren zur nothdurft und bequemlichkeit des
menſchlichen lebens zubereitet, bearbeitet und ferner
in vollkommenen brauchbaren ſtand geſezet werden.
Hierzu brauchet man entweder ſchmelz-feuer, haͤm-
mer und ſchmiden, oder nicht. Die erſten wer-
den fabricken, die letztern manufacturen genen-
net, George Heinrich Zink, im allgemeinen
oͤco-
[125]und fabricanten.
oͤconomiſchen lexico, unter dem worte manufactur
ſ. 1773 fg. auch deſſen Teutſches real- manufactur-
und handwerks-lexicon, 1 th. Leipz. 1745, groß 8v
von Juſti am a. o. ſ. 250, 251.
§ 301
Die fabricken und manufacturen ſind neuererwie ſie nach
Teutſch-
land ge-
kommen
ſind?
zeiten von den Hollaͤndern, Franzoſen ꝛc. nach
Teutſchland gebracht worden, und eben in keine
innungen, oder zuͤnfte einzuſchluͤſſen, von Juſti
am a. o.
§ 302
Die manufacturen ſind entweder haubtſtaͤm-ihre ein-
theilungen,
me, z. e. wollen-manufacturen, oder neben-aͤſte,
als die tuch- hut-manufacturen, Zink am a. o.
ſ. 1775, Marpergers beſchreibung des tuchma-
cher-handwerkes, 8v, ſ. 323, fg.
§ 303
Man hat in befoͤrderung der manufacturen da-worauf bei
deren er-
richtung
zu ſehen
ſey?
hin zu ſehen, daß ſolche eingefuͤhret und errichtet
werden, welche nicht allein im lande, ſondern
auch auſer dem lande andern noͤthig ſind. Denn
wenn gleich ein groſer uͤberfluß allerlei manufactu-
ren im lande waͤre, und derſelben kein vertrib,
noch verſilberung an fremde orte geſchaͤhe, ſo
wuͤrde daraus dem lande kein reichthum zuwach-
ſen koͤnnen; iedoch dienen ſie im erſten falle dazu,
daß das geld im reiche und lande bleibet, ſihe das
kaiſerliche commiſſions-decret vom jahre 1669
und reichsſchluß vom jahre 1671, in der neue-
ſten ausgabe der Reichsabſchide, IV theile, ſ. 63
und ſ. 77, F. H. Caſſeliſche verordnung wegen der
wollenen tuͤcher d. d. Caſſel den 27 Jun. 1739,
welchergeſtalt aber die Franzoͤſiſche manufacturen
in Teutſchland abgeſchaffet werden ſollen, beſaget
das kaiſerliche commiſſions-decret vom jahre 1676,
ebend. ſ. 109.
Siben
[126]XLVII. haubtſt. von den ſtaͤdten
Siben und vierzigſtes haubtſtuͤck
von den ſtaͤdten und deren beneñungen.
§ 304
ſtadt ſey?
Eine ſtadt heiſet in Teutſchlande ein verwahrter
und angebauter, auch mit ſtadt- und markt-
recht begabter ort, worin eine aus allerhand leu-
ten, zuͤnften, geſellſchaften und collegiis zuſam-
men geſezte gemeine befindlich iſt.
§ 305
eintheilun-
gen,
Die ſtaͤdte ſind entweder dem reiche unmittel-
bar unterworfen, oder ſie ſtehen unter einem lan-
desherrn. Im erſten, falle werden ſie reichs-
ſtaͤdte, im andern aber landſtaͤdte genennet.
Dieſe werden auch wohl wieder nach der gericht-
barkeit, welcher ſie untergeben ſind, betrachtet,
und daher in ſchriftſaͤſſige, amtſaͤſſige, gerichts-
herren-ſtaͤdte eingetheilet, welchen die kammer-
ſtaͤdte noch beigefuͤget werden moͤgen, ſihe Kreſ-
ſensvindicias juſtitiae judicii recuperatorii,
ſ. 209, von Zech im Europaͤiſchen herolde, ſ. 259.
§ 306
ſchid,
Die ſtaͤdte eines landes werden ferner naͤchſt
der reſidenzſtadt, oder den feſtungen in haubt- und
landſtaͤdte eingetheilet. Die haubtſtadt iſt diejeni-
ge, welche bei allen landſchaftlichen zuſammenkuͤnften
mit berufen wird, auch die nachgeſezte landesre-
girung in ihren mauren hat. Alſo iſt im ober-
fuͤrſtentume des Heſſen Caſſeliſchen anteiles Mar-
burg, die haubtſtadt, u. im Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen
anteile hat dergleichen vorzug die ſtadt und feſtung
Gieſen. Die landſtaͤdte ſind diejenige, welche
auf den landtagen ein ſtimmrecht haben, oder
nicht. Dieſemnach ſind die ſtaͤdte entweder land-
tagesſaͤſſig, oder nicht landtagesſaͤſſig. Man hat
unter
[127]und deren benennungen.
unter den landtagesſaͤſſigen ausſchreibende, auch
legeſtaͤdte. Von den vielerlei umſtaͤnden bekom-
men die ſtaͤdte zuſammengeſezte namen, als frei-
berg-grenz-handels-ſtaͤdte ꝛc., ſihe Friſchens
Teutſch-Lateiniſches woͤrterbuch, unter dem wor-
te: ſtadt, im IIten theile ſ. 314 und im Iten th ſ. 594
legſtaͤdte. Die landſtaͤdte unterſcheiden ſich in
verſchidenen ſtuͤcken von den haubtſtaͤdten, aner-
wogen die landſtaͤdte jeweilen bei den durchzuͤgen
einquartirungen haben und annehmen muͤſſen,
welches doch keine haubtſtadt trift. Immittelſt
aͤuſſert ſich wohl die verbindlichkeit der buͤrger in
den reſidenzſtaͤdten der hofquartire halber. Die
buͤrger der feſtungs-ſtaͤdte werden angehalten zum
eiß- oder aufhauung des zugefrornen wallgrabens.
Die landſtaͤdte in Heſſen ſtellen ihre ſoͤhne zur
ausname fuͤr die landgrenadiers und landbatail-
lons, davon ſind Caſſel und Marburg frei. Bei
den ſtaͤdten kommen nicht minder vor die haingra-
ben, z. e. zu Frankfurt, oder burggraben, wie
zu Schweinsberg, die zwinger und plaͤze an der
ſtadtmauer, welche ebenfalls mit rechten ver-
ſehen ſind.
Acht und vierzigſtes haubtſtuͤck
von
den rechten und freiheiten der ſtaͤdte.
§ 307
Die gerechtigkeiten der ſtaͤdte aͤuſſerten ſich in denworin der
ſtaͤdte ge-
rechtigkei-
ten in den
aͤlteſten zei-
ten be-
ſtanden ha-
ben.
aͤlteſten zeiten 1) im marktrechte, 2) im muͤnzen
und 3) dem zolle. Gleichwie in den aͤltern zeiten
das ſtadtrecht von den Teutſchen koͤnigen ertheilet
wurde, wie ſolches Heineccius in elementis ju-
ris Germanici, lib. 1 § 110, Falkenſtein in an-
tiquit.
[128]XLVIII. haubtſt. von den rechten
tiquit. Nordg. num. 10, 11 ſ. 17 von Schweins-
berg die Marburgiſchen beitraͤge, th. III, Eſtors
origines juris publici Haſſ. ſ. 341, von Lumers-
heim und deſſen von kaiſer Carl dem IV erhaltenen
ſtadtrechte, Schannat in hiſt. Wormat. ſ. 179,
von verſchidenen orten im Mainziſchen, Luͤnig
im ſpecilegio eccleſ. I th. fortſ. ſ. 54 gezeiget ha-
be; alſo iſt ebenfalls ehedem das recht ſowohl oͤf-
fentliche jahr- als auch wochenmaͤrkte, nicht min-
der meſſen zu halten, von den kaiſern den ſtaͤdten
verlihen worden, wie ſolches die Frankfurtiſche,
Leipziger, Naumburger und andere meßfreiheiten
beſtaͤrken, Fritſchde regali nundinarum jure,
cap. VI num. 9 fg., Johann Heinrich Her-
mann Frieß abhandlung vom ſogenannten pfeif-
fergerichte ꝛc., Pfeffinger im Vitriario illuſtra-
to, vol. III ſ. 167, 197, es wurde von Reichswe-
gen den auf die maͤrkte reiſenden ſicheres geleit
verordnet, ſihe koͤnig Wencels landfride 1398 § 3
reichsſchluß 1670. Die kaiſer befreieten auch
wohl ſolche, wo nicht alle, iedoch verſchidene ſtaͤd-
te, und deren buͤrger von den zoͤllen, ſie gaben
vielfaͤltig den ſtaͤdten die erlaubniß, ſothane zoͤlle,
oder den kleinen marktzoll, markt- und pflaſtergeld,
einzuheben, z. e. der kaiſer Conrad der II begna-
digte im jahre 1030 das hochſtift Wuͤrzburg, eine
gemeine muͤnze, einen waſſerzoll, taͤglichen markt-
und landzoll in der ſtadt Wuͤrzburg aufzurichten,
auch jaͤhrlich eine Meſſe daſelbſt zu halten, Luͤnig
im ſpicilegio eccleſ. II th. ſ. 940, Fries am a. o.
ſ. 178 fg. ſ. 186, ſie erlaubeten nicht allein ver-
ſchidenen ſtaͤdten, z. e. Hoͤxter, Minden, Muͤn-
ſter, Halberſtadt, Hildesheim, Goͤttingen,
Braunſchweig, Magdeburg ꝛc., Waldſchmidts
diſp. de differentiis municip. R. et vrbium Germ.
med. § 25, ſondern auch gewiſſen familien in ſelbi-
gen
[129]und freiheiten der ſtaͤdte.
gen das muͤnzen; daher die muͤnzer, muͤnzge-
ſchlechter, hausgenoſſen bekannt ſind, Buders
diſp. de monetariis principum ac ciuitatum
Germaniae, dictis hausgenoſſen. Weiter er-
hielten die ſtaͤdte von den koͤnigen und kaiſern ſta-
pel- oder niderlagsgerechtigkeiten, Fritſch, Maſ-
cov, Leuber, Born, Engelbrechtde jure
ſtapulae und andere gerechtſamen, welche heuti-
ges tages der kaiſer fuͤr ſich allein nicht mehr er-
theilen kan, kaiſerliche wahlcapitulation, art. VIII.
§ 308
Nunmehr haͤnget das befugniß ſtadt- und markt-ieder lan-
desherr kan
das ſtadt-
und markt-
recht ver-
leihen.
recht, die marktfreiheiten ꝛc. zu verleihen, von ei-
nem iedem landesherrn ab, Thomaſiusde jure
ſtatuum imperii dandi ciuitat.,Geislers diſpu-
tationen de ciuitatibus municipal.,Eſtor in
electis juris publici Haſſiaci ſ. 105, Hertde ſu-
perioritate territoriali § 18. Der markt be-
koͤmmt ſeine benennung theils nach der zeit, z. e.
ein jahr- oder wochen-markt, theils nach den waa-
ren, welche darauf zum verkaufe vorhanden ſind,
z. e. vieh- roß- fiſch-holz-markt ꝛc. Die jahr-
maͤrkte ſind entweder feierliche, oder nicht feier-
liche. Die erſten heiſen beſonders meſſen, ſihe
des reichshofrathes, freiherrns von Senken-
berg ſendſchreiben zu des Fries angezogener ab-
handelung ſ. 13, 14 und Fries am a. o. § 7 ſ. 22
fg.; die andern jahr- oder wochen-maͤrkte.
§ 309
Die meſſen ſind dieſem nach feierliche und vonwas die
meſſen ſind.
den kaiſern mit verſchidenen durch das ganze Teut-
ſche reich ſich erſtreckenden freiheiten begnadigte
verſammlungen der verkaͤufer und kaͤufer an einem
gewiſſen orte und zu einer beſtimmten zeit, um mit
ſolchen von allerhand arten handlung zu treiben,
Marperger von meſſen und maͤrkten, Kleins
Jdiſp.
[130]XLVIII. haubtſt. von den rechten
diſp. de nundinis ſolemnioribus,Hoyers diſp.
de nundinali debitorum priuilegio,Traug.
Thomaſiusde nundinarum Francofurtenſium
hiſtoria, juribus,Jacob Wenkerde ſolenni-
bus in Germ. nundinis.
§ 310
zalwoche
ſei?
Bei den meſſen kommt die zalwoche vor. Dieſe
wird diejenige woche nach der meſſe, (da ſelbige
auch wohl ausgelaͤutet worden iſt), in welcher die
zalung geleiſtet werden ſoll, genennet, Friſch am
a. o. th. II ſ. 463. In dieſer zalwoche fallen die
freiheiten der verkuͤmmerungen ſowohl der kaufleu-
te ſelbſt, als ihrer waaren halber weg, folglich
koͤnnen ſie ſodann mit arreſt beleget werden, Carp-
zov in der jurisprudentia forenſi P. I. conſt.
30 defin. 28, 29, ſ. 337 und von Esbach daruͤber
ſ. 120, Fritſchde regali nundinarum jure,
cap. VII § 12. Nach maaßgebung der Frank-
furtiſchen erneuerten ordnung in wechſel und kauf-
mannsgeſchaͤften 1739 § 19 ſollen die wechſelbrife,
die zwar in der meſſe angenommen, aber zu rech-
ter zeit nicht bezalet worden ſind, den ſamſtag in
der zalwochen, gleich ſo bald von der zeit an, wenn
die kaufleute von dem gewoͤnlichen plaze ihrer ver-
ſammlung oder boͤrſe abgegangen ſind, proteſtiret
werden.
§ 311
pelgerech-
tigkeit ſei?
Die ſtapel-gerechtigkeit iſt hiervon unterſchiden,
und beſtehet in der befugniß, vermoͤge deren die
ſtaffelbaren ſachen, oder guͤter, eine gewiſſe zeit
zum feilen verkaufe an einem orte ausgeſezet wer-
den muͤſſen. Dieſe erſtrecket ſich entweder auf
alle ankommende ſachen, oder nur auf gewiſſe, ſie
moͤgen herkommen woher ſie wollen, oder nur von
einer ſeite, auf alle zeiten, oder nur auf gewiſſe
jahreszeiten; wannenher die ſtapelgerechtigkeit ver-
ſchi-
[131]und freiheiten der ſtaͤdte.
ſchidene eintheilungen hat, Bornde jure ſtapu-
lae nundinarum Lipſienſium.
§ 312
Die maͤrkte ſind zu einer gewiſſen zeit zu hal-wozu die
wochen-
maͤrkte
dienen?
ten, damit die kaͤufer und verkaͤufer ſich darnach
richten koͤnnen. Die Wochenmaͤrkte dienen ab-
ſonderlich darzu, damit eine ſtadt in gehoͤriger
ordnung auf eine bequeme art mit lebens-mitteln
verſehen werde, auch der landmann ſeine waaren
verſilbern; hingegen die waaren dererjenigen hand-
werker, welche in die ſtadt gehoͤren, ſich anſchaf-
fen koͤnne, Zink am a. o. ſ. 1179, markt. Die-
jenige, welche auf die jahr- oder wochenmaͤrkte
des handels wegen reiſen, haben die meßfreihei-
ten der verkuͤmmerung halber nicht, CarpzovP.
I conſt. 30 def. 23, Fritſchde regali nundin. ju-
re, cap. IX § 4, Klockde contribut. c. 3 num.
80 wofern ſolches in den landesgeſaͤzen, oder be-
ſondern freiheiten, nicht zugeſtanden worden iſt,
wie man aus der Schaumburgiſchen policei-ord-
nung cap. 40, beym Rottmann ſ. 359 erſehen
kann.
§ 313
Die ſtaͤdte maſen ſich auch an, uͤber die thorewie die
ſtaͤdte ſich
in die hoͤhe
gebracht
haben?
und mauern allein zu befelen, Crells diſput. de
jure vrbes muniendi et munitiones reficiendi,
ſ. 27 fg. geſtalt die verringerte macht des kaiſers,
das fauſtrecht, die ſtarke mauern, der groſe reich-
thum der buͤrger, die hanſeatiſchen und andere
buͤndniſſe, die ſtaͤdte ungemein empor brachten;
derowegen noch viele ſtaͤdte faſt ſo groſe gerechtſa-
men, als die reichsſtaͤdte, ausuͤben, z. e. Hil-
desheim, Eſſen, Roſtock ꝛc. mithin des beſazungs-
rechtes, geſaͤze zu geben, anlagen zu erheben, ſich
annoch bedienen, Strubens nebenſtunden Iter
th. ſ. 495 fg.
J 2§ 314
[132]XLVIII. haubtſt. von den rechten
§ 314
und ge-
rechtigkei-
ten.
Es iſt auſerdem durch das Roͤmiſche recht ge-
ſchehen, daß buͤrgermeiſter und rath in den reichs-
ſtaͤdten die oberkeitliche gewalt an ſich gezogen ha-
ben. Ob gleich ſonſt die ſtadt-oberkeit bey den
Teutſchen aus einem vogte, grafen oder ſchulthei-
ſen beſtund, welcher mit zuzihung der aus der buͤr-
gerſchafft genommenen ſchoͤppen ſein amt verrich-
tete, auch wohl mit zuzihung dieſer leute geſaͤze
und ordnungen machte. Allein viele ſtaͤdte haben
ſich von der vogtei und den ſchuldheiſen loßgema-
chet, Struvenscorpus juris publici cap. XXII
§ 27 ſ. 802 fg. 1) Die obere, auch erbgerichte
erlanget, iedoch nicht auf einerlei art, Struve
am a. o. § 28 fg., Buders diſp. de modis ad-
quiſitae a ciuitatibus Germaniae mediatis ju-
risdictionis criminalis. 2) Die macht einen
rath aufzufuͤhren, buͤrgermeiſter, ſtadtrichter,
rathsherren, ſchoͤppen, rathsverwandten zu erwaͤ-
len, und ſolche der landesherrſchaft zur beſtaͤti-
gung vorzuſchlagen, 3) das recht ein eigenes rath-
haus anzulegen, 4) ſtadtſigel zu fuͤhren, ſihe Goſ-
ſels diſp. de eo quod juſtum eſt circa ſigilla
vniuerſitatis, 5) eine brief-repoſitur zu haben,
6) eigene ſtadtguͤter, welche von der kaͤmmerei un-
terſchiden ſind, zu beſizen, 7) ſtaatsbedienten anzuneh-
men, 8) buͤrger aufzunehmen, oder diejenigen, welche
das buͤrgerrecht ſuchen, aus rechtmaͤſigen urſachen
abzuweiſen, auch fuͤr das buͤrgerrecht von fremden et-
was zu fodern, 9) von den angehenden buͤrgern den
buͤrger-eid zu nemen, worin ſie dem rathe den ge-
horſam zuſagen, folglich der buͤrgerliche gehor-
ſam daraus entſtehet.
§ 315
10) Rechnet man hieher die befugniß: pflaſter-
und brunnengeld aufzulegen, 11) die freiheit abge-
ord-
[133]und freiheiten der ſtaͤdte.
ordnete an den landesherrn, inſonderheit auf land-
und ausſchuß-tagen zu ſenden, 12) die herrſchaft-
lichen anlagen von den buͤrgern zu erheben, 13) das
jus fiſci der erbloſen guͤter halber, Ayrers diſp.
de jure occupandi bona vacantia,Menſers
diſp. de jure fiſci ciuitatibus municipalibus
competente; wiewohl der herr ſyndicus Drey-
er im rechtlichen bedenken, ob die mit dem Luͤ-
biſchen rechte bewidmete landſtaͤdte ſich des rech-
tes der erbloſen guͤter ihrer verſtorbenen buͤrger zu
ſich zu nehmen, zu erfreuen haben; Kiel 1753, 4t.
ſolches einigermaſen im zweifel zihet; Ant. Lud.
Seips diſp. de jure occupandi exuuias defun-
ctorum cet.
§ 316
14) Das recht zuͤnfte und handwerke zu hoͤgen,
und ſolche in gewiſſermaaſe auf den doͤrfern auf-
zuheben, ihnen auch an einigen orten ordnungen
fuͤrzuſchreiben, Riccius von den ſtadtgeſaͤzen, II
b. V cap. § 10 ſ. 399, 15) die hergebrachten jahr-
und wochenmaͤrkte zu halten, und ſtand-ſtaͤtte-
marktgeld zu erheben, Rottmann am a. o. zum
cap. 40 ſ. 358 num. 7, 16) den buͤrgerſchoß und
andre rathsgefaͤlle einzunemen, Hieron. Frid.
Scharchs diſp. de praeſtatione annua in vrbe
Coburgenſi vſitata der baͤth, § 3 fg. und de
collegiis ciuicis Francofurtenſibus, § 27,
Graßhof am a. o. ſ. 117, fg. cap. 3 § 9, 17) das
bierbrauen und ſchenken, benebſt dem bierzwan-
ge innerhalb der meile auszuuͤben, wo ſelbiger
naͤmlich hergebracht iſt, dergleichen Marburg hat,
Eſtorin originibus juris publici Haſſiaci ſ. 370.
Sihe mit mehren Strubens nebenſtunden, III th.
abh. XIX,Schoͤpfer und Taborde jure cere-
viſiario,Chriſtian Ludewig Scheids diſp. de
jure coquendi et vendendi cereuiſiam § 7 fg.,
J 3des
[134]XLVIII. haubtſt. von den rechten
des Mecklenburgiſchen adels und deſſen ritter-guͤ-
ter wohlhergebrachtes braurecht ꝛc. Zelle 1706, fol.
imgleichen des Sachſen-Lauenburgiſchen adels
deduction vom braurechte. In den Fuͤrſtlich
Heſſen-Caſſeliſchen und Schaumburgiſchen lan-
den wird das bierbrauen den ſtaͤdten vorzuͤglich
beigeleget, ſihe Fuͤrſtl. Heſſen-Caſſeliſche policei-
ordnung 1645, tit. VII ſ. 23, Rottmann am a.
o. ſ. 366 fg.
§ 317
18) Die aufſicht uͤber das policei-weſen, Schrei-
bers diſp. de cauſſarum politiae et earum, quae
juſtitiae dicantur, conflictu, ſect. I § 5, Ric-
cius am a. o. ſ. 394 fg. 19) Die eintheilung der
ſoldaten in die bequartirenden buͤrger-haͤuſer, 20) die
ſchuͤzen-ordnungen zu erhalten, 21) die erbauung
und beſſerung der kirchen, ſchulen, pfarrhaͤuſer
und verſtattung des allmoſenſammlens, iedoch die-
ſes mit vorwiſſen des geiſtlichen conſiſtorii, 22) die
aufſicht und verſorgung der hoſpitaͤler, armen-
haͤuſer, wittben und waiſen, auch verſchwender.
Die ſtadtraͤthe haben ieweilen noch andere anſehn-
ſehnliche vorrechte, z. e. der ſtadtrath in der her-
die gerecht-
ſamen des
F. Gothai-
ſchen ſtadt-
rathes.zoglichen Sachſen Gothaiſchen reſidenzſtadt Go-
tha hat das patronatrecht bei der auguſtiner und
St. Margareten kirchen, auch bei dem gymnaſio,
er hat die aufſicht uͤber kirchen und ſchulen, uͤber
die hoſpitaͤler, auch zucht- und waiſenhaͤuſer, uͤber
die ſtipendia fuͤr beduͤrftige ſtudenten und andere der-
gleichen perſonen, die gerichtbarkeit und lehnsgerech-
tigkeit uͤber das dorf Kindleben, die aufſicht ſowohl
uͤber der buͤrgerſchaft, als auch die vom kloſter zum
heiligen Kreuze herruͤrende landguͤter, die marktge-
rechtigkeit, das buͤrgerrecht an 16 guͤlden von denen,
welche ſich nach Gotha wenden, zu erheben, das ge-
ſchoß, abzugsgeld zu fodern, die aufſicht in bau-
ſachen,
[135]und freiheiten der ſtaͤdte.
ſachen, vor und bei entſtehender feuersgefahr, ſo-
wol uͤber der gemeinen buͤrger, als auch der exi-
mirten hofbedienten und andere freihaͤuſer, die
nuzung des ſtadtkellers, die nuzung des alten rath-
hauſes am markte, welches in die kleine Erfurter
gaſſe reichet, die nuzung der neuen garkuͤche bei den
fleiſchbaͤncken, die aufſicht in malz-brau-und bier-
ſchenken ſachen, uͤber den weinſchank, uͤber die
handwerks- und handelsleute, die jagdgerechtig-
keit, welche iedem buͤrger zu gute kommet, die auf-
ſicht in muͤlen ſachen, die gerechtigkeit wegen der
ſchaͤfereien, die aufſicht uͤber dreie unterſchiedliche
hut- und ſchaftriften, uͤber die ziegel und kalkhuͤtte,
uͤber den rothen kalk auch ſparkalk-ſteinbruch, die
aufſicht auf das izige buͤchſen- oder ſcheiben- und
vogelſchiſen ꝛc. ſihe Friderich Rudolphi dritten
theil der fuͤrſtlichen Sachſen-Gothaiſchen hiſtorien
beſchreibung, cap. 26 ſ. 125 fg.
Neun und vierzigſtes haubtſtuͤck
von den buͤrgerlichen beſchwerungen.
§ 318
Die buͤrgerliche beſchwerden ſind theils perſoͤn-die einthei-
lung der
buͤrgerli-
chen be-
ſchwerun-
gen.
liche, theils dingliche. Unter die erſten ge-
hoͤren: die wachen und andere dienſte, Buders
diſp. de operis Burgenſium,Fritſchde excu-
biarum jure,Beiersdelineatio juris German.
lib. I, cap. 13, Grupensdiſceptationes foren-
ſes ſ. 1006, Pufendorfde jurisdictione Ger-
man. P. II, ſect. 3, cap. 1. § 210, nicht minder
der gewerbe-buͤrgergeſchoß, ſchoßpfennig, welcher
von guͤtern abzugeben iſt, und daher auch ding-
und erbgeſchoß, herd-ſchilling ꝛc. genennet wird,
ſihe Lehmanns Speieriſche chronick, IV B.
J 422 cap.
[136]XLIX haubtſt. von den
22 cap. ſ. 318, 838, 849, 753 fg. Graßhof am a. o.
Es gibet auch an verſchidenen orten vor- und nach-
geſchoß, abſchoß ꝛc. Fritſch in den zuſaͤzen zu Be-
ſolds theſauro practico ſ. 849. Friſch am a. o.
II th. ſ. 221.
§ 319
zu entrich-
ten habe?
Geſchoß muͤſſen alle haͤuſer in die ſtadtkaͤmme-
rei jaͤhrlich entrichten, es waͤre dann, daß ſie
burgfreiheit haͤtten. Der geſchoß wird nach der
lage und groͤße der haͤuſer angeſezet, z. e. zu Mar-
burg zalen einige des jahres 2 pfund, oder 40 alb.
oder 80 kreuzer, einige 1 pfund, oder 20 albus,
oder 40 kreuzer; in den vorſtaͤdten 5 bis 6 ſchillinge.
Ein ſchilling thut 4 kreuzer, ein ſtrafſchilling aber
6 kreuzer, wie dann auch ein ſtrafpfund 1 gulden
ausmachet. Wegen der buͤrgerſchaft muß ein hie-
ſiger buͤrger jaͤhrlich entrichten 1 pfund buͤrger-
ſchilling, das iſt, 40 kreuzer. Eine buͤrgerswittbe,
nebſt ihren kindern zalet jaͤhrlich 20 kreuzer. Die-
jenige buͤrger, welche keine haͤuſer haben, geben
keinen geſchoß, wohl aber den buͤrgerſchilling. Ein
mehrers hiervon iſt im repertorio juris priuati
I. R. G. bande 1, ſ. 572 unter dem Worte: bede:
ingleichen in des Bilderbecks kurzer ausfuͤrung
einiger die materie des buͤrgerſchoßes betreffenden
fragen, welche dem Zelliſchen ſtadtrechte ange-
haͤnget worden iſt, befindlich.
§ 320
ſchoß auch
unrat der
buͤrger ſei?
Es iſt aber der geſchoß eine gattung der ſteuer,
oder des beitrages, welchen die buͤrger in den ſtaͤd-
ten zum unterhalte des gemeinen weſens alljaͤhrlich
zu erlegen ſchuldig ſind. Dieweil nun ſolcher, be-
ſonders der ding, geſchoß, ſich nach dem vermoͤgen
richtet, gleichwohl verſchiedenes davon verſchwigen
werden kan; ſo iſt der geſchoß-eid deswegen an
verſchidenen orten eingefuͤhret worden, Bilderbeck
am
[137]buͤrgerlichen beſchwerungen.
am a. o. von Piſtorius in amoenit. juris et hiſt.
D. F. ſ. 84. Was den Schenken zu Schweinsberg
an gerſten und hafer, malzgut genannt, Johannes-
geld, huͤnergeld ꝛc. geleiſtet werden muß, nennen
die buͤrger unrat, oder onera. Dieſe ſtehen auf
manchen buͤrgers ganzen gute, folglich kan iewei-
len ein ſtuͤck mit- oder ohne unrat veraͤußert werden.
Zum unrat gehoͤret auch das wachs- und olei gelt
fuͤr die kirche, welches ebenfals auf den guͤtern
haftet. Die buͤrger zu Kirchhain liefern den Schen-
cken rauchhuͤner. Dem unrate werden die lan-
desherrſchaftliche abgaben entgegen geſetzet. Die-
ſen buͤrgerlichen laſten koͤnnte man noch beifuͤgen:
die verbindlichkeit der ſtaͤdte zur aufname der ſolda-
ten in fridenszeiten, bei krigeszeiten in die winter-
quartire, und in abweſenheit dieſer die wachten
zu verſehen.
Funfzigſtes haubtſtuͤck
von den
meiſterſaͤngern und reimſprechern.
§ 321
Eine ſtadt beſtehet aus allerhand geſellſchaften,von den
meiſterſaͤn-
gern,
Es waren alſo in den ſtaͤdten unter an-
dern die geſellſchaften der meiſter ſinger hand-
werks-poeten. Dieſe ſangen an einem gewiſſen
orte ihre reimen ab nach ihren tonen, ſihe Friſch
am a. o. I th. ſ. 637 unter dem worte: meiſter,
policeiordnung zu Frankfurt 1577 tit. 31.
§ 322
Von dieſen ſind unterſchiden: die reimſprecher,und reim-
ſprechern.
welche in Nuͤrnberg waren, ſihe Wagenſeilde
ciuitate Norimbergenſi, und allda im berichte
von der meiſter-ſaͤnger-kunſt ſ. 451 fgg. wo ſ. 479
J 5eines
[138]LI haubſt. von den
eines ſpruchſprechers kleidung und ſ. 554 ihre ſing
noten, auch 503 die namen der ſaͤnger ſtehen.
Dieſe leute ſollen nach maasgebung der reichsge-
ſaͤze wie die ſchalksnarren beſtrafet werden, poli-
ceiordnung 1530, tit. 38, 1548 tit. 30. In den
Fuͤrſtlich Heſſen-Caſſeliſchen landen ſollen keine
fremde muſicanten gedultet werden, innhaltes der
Fuͤrſtl. Verordnung vom jahre 1739, fol. von den
ſpilen auf muſicaliſchen inſtrumenten ꝛc. § 1.
Ein und funfzigſtes haubtſtuͤck
von den hohen ſchulen.
§ 323
univerſitaͤt
ſei?
In einigen ſtaͤdten befinden ſich auch univerſitaͤ-
ten. Eine univerſitaͤt iſt ein vom kaiſer be-
gnadigtes corpus, welches aus vier facultaͤten be-
ſtehet. Es wird zwar wegen der univerſitaͤten
Paris und Paderborn der einwurf gemacht, daß
dieſe univerſitaͤten waͤren, ohne daß eine juriſten
facultaͤt ſich dabei befaͤnde, Koͤlers muͤnzbeluſtig.
VIII th. ſ. 335. allein man nimt hier das wort, wie
es ſeyn ſoll, auch meiſtens befunden wird. Unter
dieſen iſt die aͤlteſte die juriſtiſche, immaßen kaiſer
Friderich der erſte, gewiſſen lehrern des Roͤmi-
ſchen rechtes zu Bononien, die macht gegeben hat,
ſolches zu erklaͤren, Keufel von der Bononiſchen
ſchule, Fleury in inſtitut. ſ. 210. Denn als die
ſtaͤdte in Italien einen aufſtand erregten, brachten
ſie die juriſten zu Bononien zum gehorſam. Zum
dank erhielten ſie die gewalt zu lehren, den doctor
titel, und ihre ſchulen gewiſſe freiheiten, welche in
der authentica habita c. ne filius pro patre be-
findlich ſind, darauf machten die artiſten auch ein
geſchloſſenes collegium, welches facultas 7 artium
libe-
[139]hohen ſchulen.
liberalium hieſe, das iſt, 3 logiſtaͤ, und 4 mathe-
maticaͤ, welchen endlich die phyſic und ariſtoteli-
ſche ethick hinzu gethan wurde. Peter Lombard,
ein Italiaͤner und biſchof zu Paris, brachte in
Paris die theologiſche facultaͤt auf, ſintemal die-
ſer die ſcholaſtiſche Gottesgelahrheit anfinge. Denn
ſonſt wurde nur der Auguſtinus gelehret, nachher
aber die Ariſtoteliſche weltweisheit mit eingemen-
get. Unter dem kaiſer Friderichen II wurden die
mediciniſchen buͤcher im kloſter Monte Caſſino
ins Lateiniſche uͤberſezet; dieſemnach legeten ſich
die moͤnche auf die arzeneikunſt. Dieweil aber
ein moͤnch kein blut vergieſen durfte, ſo wollte der
pabſt die mediciner nicht leiden. Dieſes iſt alſo
die am lezten entſtandene facultaͤt, Conringsan-
tiquitates academicaeLudewig freiherr von
Hollberg in der allgemeinen kirchenhiſtori, II th.
ſ. 99, ſ. 100.
§ 324
Eine facultaͤt heiſſet ein collegium verſchidenerwas eine
facultaͤt ſei?
lehrer in einer haubtwiſſenſchaft in einer univerſitaͤt.
§ 325
Eine hohe ſchule wird entweder als lehrendewie eine
hohe ſchule
zu betrach-
ten ſei?
und lernende betrachtet, oder in abſicht auf die
oberkeit und unterthanen, naͤmlich als eine uni-
verſitaͤtt angeſehen.
§ 326
Der kaiſer und die reichsverweſere haben daswer ſolche
beſtaͤtigen
koͤnne?
recht univerſitaͤten zu beſtaͤtigen, geſtalt Rinteln
davon ein beiſpiel abgeben kan, ſihe des herrn pro-
feſſor Peſtellscomment. ad tabulas immunita-
tum academicarum, quas a Friderico comite
Palatino S. R. I. vicario a. M DC XIX obtinuit
Erneſtus princeps et comes Schaumburgicus,
1752, 8.
§ 327
[140]LI haubtſt. von den
§ 327
gehoͤre.
Zu einer univerſitaͤt gehoͤren die oͤffentlichen leh-
rer der 4 facultaͤten, denn die univerſitaͤts- ver-
wandte als buchdrucker, buchfuͤhrer, apothecker,
buchbinder, gehoͤren nicht zu den hauptperſonen,
ſondern dieſe machen die lehrende und lernende aus.
§ 328
den namen.
Die lernende heiſen ſtudioſi, ſcholares, ſtuden-
ten, burſche. Das gemeine haus, worin ſie zu-
ſammen woneten, hiſe burſa, boͤrſe.
§ 329
ſtudent ſei?
Ein ſtudioſus iſt, welcher, nach gelegten gruͤn-
den in der ſchule, nunmehr von den facultaͤten ler-
nen will, und des endes in die univerſitaͤts-ma-
tricul eingeſchriben wird. In Heſſen iſt in anſe-
hung der ſtudenten ein unterſcheid unter den ſtudi-
renden ſtipendiaten und beneficiaten; jene haben
den freien tiſch; dieſe aber bekommen nur eine
jaͤhrliche ſumme geldes. Einige erhalten ſolche
von gnaͤdigſter herrſchaft ohne zuthuung der hieſi-
gen univerſitaͤt; andre aus der communitaͤt und
werden der univerſitaͤt praͤſentiret, auch von die-
ſer beſtaͤtiget. Beneficien ſind z. e. das von den
von Eſchwege eines von Donop herruͤrende benefi-
cium, ſihe Zaunſchleifers diſp. de jure ſtipen-
diorum,Ahasv. Fritſch im tr. de Stipendiis
et ſtipendiatis ſcholaribus, F. H. Caſſeliſche
ordnung, wie es hinfuͤro in der univerſitaͤt zu
Marburg mit den ſtipendien auch mit praͤſenta-
tion, unterhaltung, inſtitution, examination und
dimiſſion der ſtipendiaten-ordnung gehalten werden
ſoll, Caſſel 1684, fol.
§ 330
heiten.
Die freiheiten der ſtudenten ſtehen in der au-
thentica: habita, ne filius pro patre, welche
Chriſtoph
[141]hohen ſchulen.
Chriſtoph Philipp Richter, Gottfrid Suevus
und andere erlaͤutert haben. Sihe auch Andreen
Mendo tr. de jure ſcholaſticor. et vniuerſitatis
ſeu academico, Lion 1668 fol. Bechmanns,
Arumaͤi, Hunnius, diſputationen. Sie ruͤren vom
kaiſer Friderich dem erſten und nicht dem andern her.
§ 331
Wer ſich geſchickt gemacht hat, wird hernachvon den
baccalau-
reis und
licentiaten.
auf verlangen promoviret. An einigen orten iſt
das erſte der baccalaureus, der andere grad iſt die
licenz. Ein baccalaureus hat nur examina aus-
zuſtehen. Er heiſet alſo von bas chevalier, ital.
baccal, baccalari und wird von ihm die gram-
matick, und dialectick gefodert, Melanchthon
in orat. T. I. ſ. 481, Groſch wider den Arnolden
ſ. 520. In der hiſigen ſtipendiaten ordnung vom jahre
1684 iſt ſ. 11 § 1, 2 verſehen, daß die ſtipendiaten erſt
baccalaurei in der weltweisheit werden ſollen. Was
darzu erfodert werde, und wie es geſchehe, hat Go-
clenius in den problematibus grammaticis 1601
ſ. 323 fg. gezeiget. Gerbert, kaiſers Otten des III
lehrmeiſter ſcheinet ein baccalaureus geweſen zu
ſeyn, Hahn reichshiſtori, II th. ſ. 168; darauf
folget der licentiat. Die benennung eines licen-
tiaten wird nur bei den obern facultaͤten gebrau-
chet. Chriſtoph Beſolds diſp. de ſtudioſis, ma-
giſtris, licentiatis, doctoribus eorumque pri-
vilegiis et immunitatibus. Wie die rechten
akademiſchen wuͤrden erſtlich zu den zeiten Gra-
tians ihren anfang genommen haben, zeiget Lu-
dewig freiherr von Hollberg, in der allgemei-
nen kirchenhiſtori II th. ſ. 99 aus des Bullani
hiſt. vniuerſali Pariſ. T. II. Der moͤnch Gra-
tian brachte es dahin, daß, wie in den kaiſerlichen
rechten man doctoren ſchaffete; alſo auch zum be-
hufe des fleiſes in den geiſtlichen rechten die geiſt-
lichen
[142]LI haubtſt. von den
lichen rechtsgrade eintreten moͤchten. Der papſt
Eugen der III fand ſich hierzu willig. Wer dreie
jahre uͤber Gratian und zwar deſſen CI diſtin-
ctionen gehoͤret hatte, konnte baccalaureus des
geiſtlichen rechtes werden. Wer im vierten jahre
die cauſſas XXXVI nebſt zugehoͤr erlernet hatte;
wurde licentiat der decreten; nach zuruͤck gelegtem
fuͤnften jahre auch gehoͤreten V diſtinctionen de
conſecratione, mochte einer decretorum doctor wer-
den, Boͤhmer in der vorrede zum corpore juris
canonici ſ. XIII fg. Hierdurch entſtanden nach-
her die licentiaten und doctoren beider rechte.
Bei dem Weſtfaͤliſchen fridensſchluſſe waren die
meiſten geſanden beider rechte gewuͤrdiget, beſage der
lebensgeſchichte der Weſtfaͤliſchen fridens-geſandten
bei dem von Maiern im VII bande der Weſtfaͤli-
ſchen fridens-handlungen ſ. 9 fgg.
§ 332
doctor
wuͤrde ſei?
Die doctor-wuͤrde iſt ein orden, da iemand
wuͤrdiges aus kaiſerlicher macht in den geiſtlichen
ritterſtand erhoben wird. Ehedem wurde nichts
deshalber bezalet, bis Jaſon Mainus zu Padua
anfing, ein gewiſſes geld dafuͤr zu nehmen. Wie
man aber den Paduanern zum ſpott in Avignon
einen eſel in einem doctor pomp aufgefuͤhret habe,
lehret Tenzel in den monatlichen unterredungen,
1692. Vor dieſem war die doctor und magiſter-
wuͤrde ieweilen einerlei, doch hat der papſt Ale-
xander der III die legis-doctores von den magiſtern
unterſchiden, imgleichen der kaiſer Friderich der I
Hahns reichshiſtorie III th. ſ. 317. Otto von
Freiſingen hat unterm kaiſer Friderich I die ari-
ſtoteliſche weltweisheit haubtſaͤchlich emporgebracht,
Hahn am a. o. ſ. 327. kaiſer Friderich der III
machte
[143]hohen ſchulen.
machte 1475 Adolph Gegenern zum doctor in rech-
ten, Hert vol. II. T. III ſ. 256, in paroemiis ju-
ris Germ. lib. I par. 1 § 2, Itterde gradibus
academicis cap. 6 § 21 ſ. 127. Der koͤnig Gu-
ſtav Adolph in Schweden hat ebenfalls doctoren
in der gottesgelahrheit gemachet, Itter am a. o.
§ 22 ſ. 131. Von dem unterſchiede zwiſchen einem
doctoren und licentiaten handelt Hert vol. 1 re-
ſponſ. 343, Itter am a. o. cap. 14 § 32 ſ. 376 fg.
§ 333
Daß ein rechtmaͤßig gemachter doctor der rech-
te den rang und vorgang fuͤr den fuͤrſtlichen regi-
rungs-ſecretarien haben ſolle, iſt vom hofe zu
Caſſel im jahre 1665 unterm 8 auguſt in ſachen des
Dr. Loſen wider den regierungs-ſecretaͤr Hammer
zum behufe jenes und der doctoren entſchiden wor-
den. In den concordaten der Teutſchen nation
vom jahre 1417, cap. III wurde verordnet, daß
der ſechſte theil der canonicaten und praͤbenden in
Teutſchen ſtiftern mit doctoren beſezet werden
ſollten. Inhalts des Weſtfaͤliſchen fridens-
ſchluſſes art. 5 § 17 ſollen die mit academiſchen
ehren begabte perſonen ebenfalls zu den canoni-
caten gelaſſen werden, Chriſtian Gottl. Buders
diſp. de jure doctorum ad canonicatus,Joh.
George Cramerde juribus et praerogatiuis
nobilitatis auitae, T. I ſ. 281 und ſ. 292, Telg-
mann von der anen-zal, cap. 4 § 14, ſ. 152 fg.
§ 334
Die doctorwuͤrde kan man niderlegen. Manwie die
doctorwuͤr-
de aufhoͤre.
verliret auch ſolche durch ein anruͤchtig machendes
verbrechen, und betreibung einer nidertraͤchtigen
auch geringfuͤgigen handthierung. Die kauf-
mannſchaft kan einer daneben treiben, Itter am
a. o. cap. XVII § 14 ſ. 421.
§ 335
[144]LI haubtſt. von den
§ 335
heiligen der
gelehrten.
Die ſchuzheiligen der Roͤmiſch-katholiſchen got-
tesgelehrten ſind St. Thomas und St. Augu-
ſtinus; der juriſten St. Ivo; der aͤrzte und apo-
thecker St. Coſmas, und Damianus, der philo-
ſophen St. Katharina, der ſtudenten der h. Gre-
gorius, ſihe Fabricius in bibliographia anti-
quaria.Eſtors anmerkungen uͤber das ſtaats-
und kirchenrecht § 392 ſ. 574.
§ 336
chen der ge-
ringſchaͤ-
zung der
univerſi-
taͤts-ehre n.
Der geringſchaͤzigkeit der univerſitaͤts graden
ſind verſchiedene urſachen, und zwar 1) das pen-
nal-weſen auf den evangeliſchen univerſitaͤten,
worinn haubtſaͤchlich die theologen geſtecket haben,
wie ſolches unweſen der Schuppius in ſeinen
ſchriften, und Schoͤttgen beſchriben haben, 2) die
unwiſſenheit, Piſtorius im theſauro paroem.
cent. III. par. 55, ſ. 315, 3) die menge, welche die
gradus angenommen, imgleichen, daß man juͤden
dazu gelaſſen hat. 4) Die allzu große pedanterei,
5) das tumultuiren und balgen, ſihe Buͤchners
epiſtolas, ſ. 843, Buͤnemannde ſtudioſis bac-
chantibus, 6) das ſchulden-machen und betruͤgen,
Hanocciusde aere alieno ſtudioſorum,Itter
am a. o. c. 7.
§ 337
ten freihei-
ten.
Die ſtudenten-freiheit beſtehet: 1) in dem be-
ſondern ſchuze des kaiſers und landesherrn, 2) in
dem befreiten gerichts-ſtande foro privilegiato,
3) in den freiheiten der geiſtlichen, 4) daß ſie nicht
leicht, wie auch die doctoren gefoltert werden.
Man ſaget auch: ſtudenten-gut iſt zollfrei, Pi-
ſtorius cent. X. par. 47 ſ. 1009.
§ 338
relegation.
Aus dieſer freiheit fluͤſſet die beſondere beſchaf-
fenheit der relegation, daß 1) der relegirte das
buͤrger-
[145]hohen ſchulen.
buͤrgerrecht der provinz nicht verliere, 2) das ver-
brechen mag ſeyn, wie es will, ſo infamiret ſie
nicht, wenn die relegation nicht ausdruͤcklich cum
infamia geſchiehet; jedoch irret Leyſer, wenn er in
ſeinen meditationibus ad D. vol. X ſ. 451 dafuͤr
haͤlt, ſie beflecke nicht einmal, 3) leiſtet er nicht
leichtlich eine urfede.
§ 339
Auch iſt es eine freiheit, daß ein ungluͤcklicherdas ehren-
gericht der
ſtudenten
in Heſſen.
ſtudent in Heſſen wegen des peinlichen proceſſes
um ein judicium honorarium nachſuchen kan. Von
der ſtreitigen gerichtbarkeit uͤber einen ſtudenten,
welcher auf dem lande informiret, ſiehe die wohl-
gegruͤndete Anzeige der univerſitaͤt Roſtock
wider den ſtadtrath daſelbſt, und des ſtadtraths
widerlegung, inſonderheit die beilagen, auch das
Marburgiſche Urtel von 1610. Cothmann in re-
ſponſo 41.
§ 340
Uebrigens werden die bullen doctoren deswegenvon den
bullen
doctoren.
nicht gedultet, weil ſie nicht zugleich im namen des
landesherrn dazu gemacht ſind, Bachov uͤber
den Treutler 1,1,7, Johann George Simons
diſp. de doctoribus bullatis, ſie koͤnnen auch nicht
zu den canonicaten gelangen, Buders diſp. de
jure doctorum ad canonicatus, § 40.
§ 341
Die univerſitaͤts-guͤter ſind im patrimonio derdie unverſi-
taͤts-guͤter
ſind im pa-
trimonio
der univer-
ſitaͤt.
univerſitaͤt, und hat die landesherrſchaft nur das
dominium eminens daruͤber, Stephanide juris-
dictione,von Juſti, am a. o. th. II ſ. 583. In
der reformation des herrn Landgrafen Philipp-
ſens, wie es hinfuͤhro mit der verwaltung bei der
univerſitaͤt zu Marburg gehalten werden ſolle,
Caſſel den 14 jaͤnner 1564 wird unter andern ver-
ordnet: daß alle ‒ ‒ zu geringe verlauhene guͤter
Kwieder
[146]LII haubtſtuͤck,
wieder ‒ ‒ zu der univerſitaͤt gebracht, auch umb
eyn gleichmeßiges vund billiges beſtenndnuß oder
zinß verlawen, vund alſo in dem allem der vni-
verſitaͤt nuz geſchaffen ‒ ‒ werde. Es ergiebet
ſich dieſemnach aus ſothaner reformation, daß die
landſideleien und andre guͤter nicht erblich geweſt
ſeyn. Die indarr bei den fruͤchten der univerſi-
taͤt paßiret dem Vogte, wie bei der kammer.
Zwei und funfzigſtes haubtſtuͤck
von den ſchulen.
§ 342
ſenſchaften
befoͤrdert
werden.
Das aufnehmen der wiſſenſchaften iſt ſo nuͤzlich,
als noͤthig fuͤr den ſtaat. Dieſes wird be-
foͤrdert durch die anlegung tuͤchtiger ſchulen, aka-
demien und univerſitaͤten. Die ſchulen und aka-
demien ſind mancherlei. Es giebet kunſt- bild-
hauer- kaufleute- muſik- werk- bergwerks- hand-
werks- und andre ſchulen, wovon hier nicht gehan-
delt werden ſoll, ſondern von den Chriſtlichen ſchu-
len. Von den erſten ſihe Lau am a. o. und im
entwurfe einer wohl eingerichteten policei, cap. 4
ſ. 22 fg. Juſt Chriſtoph Dithmars einleitung in
die oͤconomiſche policei- und kameral-wiſſenſchaft
ſ. 148. Ludovici am a. o. I th. ſ. 144-146, von
Juſti am a. o. II th. ſ. 583 fg. Immittelſt ſind
die ſchulen der pflanzgarten guter buͤrger, wodurch
der menſchen zeitliche und ewige wohlfart befoͤrdert
wird, Lau am a. o., Dithmar am a. o. Wan-
nenher einem ieden regenten obliget, fuͤr die er-
zihung der jugend aͤuſerſte ſorge zu tragen, Veit
Ludewig von Seckendorf in des Chriſtenſtaa-
tes 2ten buche, 9 cap. § 8 ſ. 261 und in den zu-
gaben zu des III buches 9ten cap. § 3 ſ. 916.
§ 343
[147]von den ſchulen.
§ 343
Ueberhaubt iſt eine ſchule eine geſellſchaft, welchewas die
ſchul ſei,
und wie
mancherlei.
aus lehrern und lernenden beſtehet, und ſowohl
den unterricht, als auch die zucht zum zwecke hat.
Die chriſtlichen ſchulanſtalten ſind als eine ſtuͤze
der chriſtlichen religion anzuſehen. Zu den zeiten
kaiſer Carls des großen wurden viererlei ſchulen
angerichtet, naͤmlich 1) pfarr, 2) biſchoͤfliche,
3) abteiliche und 4) hofſchulen (palatinaͤ) George
Friderich AyrerT. III opuſc. ſ. 207, der Pater
Ludewig Thomaßinde diſciplina eccleſ. P. II
lib. 1 cap. 96. und Johann Launoyde ſcholis
celebrioribus vel a Carolo M. vel poſt eun-
dem in occidente inſtauratis, cap. 4 ſ. 28,
T. VIII. operum. Die benedictiner kloͤſter un-
terzogen ſich dem unterrichte der gemeinen jugend,
ungeachtet ſie innere ſchulen fuͤr die jungen moͤnche
und aͤußere neben dem kloſter fuͤr die gemeinen kin-
der hielten, der Pater Johannes Mabillon in
der Vorrede ad ſaec. III actor. Bened. P. I ſ. 31
und ad ſaec. IV P. I ſ. 128, Joachim Barw.
Lauenſtein in der Hildesheimiſchen ſchulhiſtori,
cap. I § 10, von den folgenden zeiten ſihe Grego-
rius Rivius Puritanus oder George Burg-
hart Lauterbachen in der monaſtica hiſtoria
occidentis, cap. 146 ſ. 334, den Launojus am
a. o. cap. 9 ſ. 46 fg. Heutiges tages werden die
ſchulen in die hohen und niedern eingetheilet. Die
niedern ſchulen ſind entweder fuͤrſten-landes- ritter-
ſchulen, gymnaſia, paͤdagogia, trivial oder Latei-
niſche oder Teutſche ſtadt- fleken- dorfſchulen, An-
dreas Beier in additionibus ad Ben. Carpzouii
jurisprud. conſiſt. lib. 1 def. 9 ſ. 7, Carpzov
am a. o. num. 4 ſ. 13. Die trivialſchulen gehen
dahin, daß darin die dreie Wiſſenſchaften 1) die
grammatik, 2) die rhetorik, 3) die dialectik erler-
K 2net
[148]LII haubtſtuͤck
net werden, weshalber ſie auch den namen trivial
fuͤhren, oder drei wege zu den wiſſenſchaften helſen,
von Hollberg am a. o. ſ. 99; dahingegen in den
Teutſchen ſtadt- und dorfſchulen das leſen, ſchrei-
ben, ſingen, baͤten, rechnen getrieben und das
Chriſtenthum erlernet werden ſoll. Imgleichen gi-
bet es oͤffentliche, halboͤffentliche und privatſchulen,
welche ſich nach dem gottesdienſte und dem pfarr-
rechte richten.
§ 344
richten ſich
nach dem
gottesdien-
ſte und
pfarrrechte.
Nachdem im Teutſchen reiche dreierlei arten des
Gottesdienſtes einer ieden der dreien religionen ſich
vorfinden, beſage Burghard Gotthelf Stru-
vens hiſtori der religions-beſchwerden im I th.
ſ. 252 fg. auch Johann Jacob Moſers abhand-
lung de exercitio religionis domeſtico ſ. 396 fg.
der opuſc. academ. und zwar 1) die oͤffentliche
religions-ausuͤbung und was dieſer anhaͤnget, z. e.
das lauten der gloken, ſchlagen der orgel, trauen
der ehen, begraben mit ſang und klang, oder bei
den catholiſchen die proceßionen mit dem creuze,
und den fahnen, die taufe, die lezte oͤlung nebſt
dem viatico, Juſt Chriſtoph Dithmar,de anno
decretorio § 10 ſ. 147, Joh. Paul Kreß in der
erlaͤuterung des archidiaconalweſens ſ. 86, 2) der
oͤffentliche gottesdienſt zwar in einer oͤffentlichen
kirche gehalten wird, iedoch an einigen orten mit
der einſchraͤnkung, daß der geiſtliche nur das heili-
ge Abendmahl reiche, keinesweges aber taufet und
das begraͤbnisrecht nicht hat, folglich alsdann eine
ſemiparochialkirche ſich aͤuſſert, oder ein blo-
ſes oratorium gebrauchet wird, worin durch einen
geiſtlichen geprediget wird, 3) man den privat Got-
tesdienſt antrift, welcher in der ausuͤbung des voͤl-
ligen Gottesdienſtes auch ausſpendung der heiligen
ſacra-
[149]von den ſchulen.
ſacramenten beſtehet, iedoch daß er weder an ei-
nem oͤffentlichen orte, noch unter oͤffentlicher au-
ctoritaͤt, ſondern einige hausvaͤter, oder andere
verſammlete auf ihre koſten durch einen ordinirten
geiſtlichen ſolchen pflegen, Juſt Henning Boͤh-
merde priuatis legatorum ſacris, cap. I § 14,
Moſer am a. o. § 17 ſ. 402; hergegen 4) der
hausgottesdienſt (devotio privata) in einer haus-
andacht ohne zuzihung eines geiſtlichen, ferner ohne
ausſpendung der ſacramenten beſtehet, auch aus-
waͤrtige darzu nicht kommen duͤrfen, Pfaffde ve-
ra eccleſiae notione § 32, lit. oo ſ. 11, welcher
leztere gottesdienſt keinem der dreien religionen,
die im lande gedultet werden, zu verſagen iſt, noch
weniger der privat unterricht verboten werden kan,
Theodor Ernſt Zahn in der politia municipali,
lib. II cap. 30 num. 34, geſtalt dann auch der § 34
des fuͤnften artikels im Osnabruͤckiſchen fridens-
ſchluſſe auſſerdem noch die haltung eines privat
praͤceptors, oder hofmeiſters bei den kindern ver-
ſtattet, von Henniges in den meditationibus
ad inſtrumentum pacis T. II ſ. 1627, wiewohl
in frankfurt kein hausinformator ohne unterſchid
angenommen werden darf, ſihe eines hochedlen
und hochweiſen raths des h. R. ſtadt Frankfurt
am Mayn conſiſtorial ordnung 1739, 4 ſ. 98 fg. ſo
richten ſich die uͤbrigen ſchulen nach dem gottesdienſte
und dem entſcheide-jahre 1624, Juſt Henning
BoͤhmerT. III P. I, reſp. I num. 3, 22, 28 ſ. 2 fg.
§ 345
Das befugnis eine oͤffentliche ſchule zu halten,das befug-
nis eine oͤf-
fentl. ſchule
zu halten,
hanget
vom pfarr-
rechte ab.
hanget von dem pfarr-rechte lediglich ab, mithin wo
eine kirche das pfarr-recht nicht hat, ihr auch keine
oͤffentliche ſchule zuſtehet. Diſemnach die oͤffent-
liche und privatſchulen nach belieben nicht errichtet
werden moͤgen.
K 3§ 346
[150]LII haubtſtuͤck
§ 346
ley die pri-
vatſchulen
ſind?
Die privatſchulen ſind viererlei gattungen, 1)
wenn die glaubensgenoſſen eines oder zwei oͤrter
einen ſchulmeiſter halten und dieſem ihre kinder in
eine ſtube zugleich zum unterrichte uͤbergeben, oder
2) 5, 10, glaubensbruͤder ihre kinder zuſammen ie-
manden ihres glaubens bekenntniſſes die kinder
zum unterrichte zuſchicken, oder 3) dafern ein
hausvater ſeinen kindern einen hofmeiſter oder in-
formator haͤlt und keine auswaͤrtige kinder darzu
kommen, 4) ein ſolcher informator etlicher glau-
bensgenoſſen-kinder in ſeine ſtunden mitgehen laͤſſet.
Die erſte und andere gattung von ſchulen heißen
deshalber privatſchulen, weiln ſie zum oͤffentlichen
geſaͤnge bei den begraͤbniſſen nicht zugelaſſen werden.
§ 347
nung des
Oſnabr. fr.
ſchluſſes
hievon.
Der § 34 art. 5 benebſt dem art. 13 § 4 des Oſ-
nabruͤck iſchen fridensſchluſſes ſezet ziel redet von
den auswaͤrtigen und privatſchulen der evangeli-
ſchen und Roͤmiſch-katholiſchen, welche einer an-
dern religion, als ihr landesherr hat, zugethan
ſind; hingegen der § 25 von den evangeliſchen und
der art. VII § 1 von dem evangeliſch reformirten
landesherrn, wenn dieſer in einem evangeliſchen lu-
theriſchen lande folget, welchergeſtalt die ſchulen
und deren gefaͤlle in dem ſtande verbleiben ſollen,
wie ſolche vorher geweſen ſind.
§ 348
und neben-
pſarre ha-
ben oͤffent-
liche und
nebenſchu-
len.
Die haubt- oder ganze pfarre haben das recht
einer oͤffentlichen ſchule, und die neben oder halb-
pfarre des ortes oder bezirkes nur die gerechtſame
einer neben- oder privatſchule.
§ 349
ſchulverfaſ-
ſung zu
verdanken
ſei?
Die heutige verfaſſung der evangeliſchen gemei-
nen ſtadt und dorfſchulen hat man dem D. Luthern
zu danken, Gregorius Rwius Puritanus, oder
Lau-
[]
Zum § 150.
| VII | VI | V | III | II | IIII | VI | VII | |||
| Die unfreien buͤrger und bauern zu fuſe, um zu ſchan- zen und andere dinſte bei bela- gerungen und dem kriegsheer zu verrichten. | Die reutenden als die frei- buͤrger, oder ſtadtmanne. 2) ſemperleute. 3) die ſchoͤppen- bare. 4) die ſigel- maͤſige, die nur waͤrenden kri- ges um ſold zu pferde dienen. | Der unmittel- bare Reichs- nidere adel nach ſeinen ſaͤnlein, jedes zu 25 reutern. | Die mittel- freien oder Reichs-herren, deren einer kei- ne 25 reuter, folglich kein ganzes faͤnlein vaſallen oder reuter ſtellen konnte,. nebſt gedachten ih- ren vaſallen oder dinſt- maͤnnern zu pferde. | Die weltlichen fuͤrſten, pfalz- grafen, land- grafen, mark- grafen, fuͤrſten, gefuͤrſteten grafen, Reichs- grafen nebſt ih- ren vaſallen, je- des faͤnlein zu 25 reutern, oder vaſallen, oder dinſt- maͤnnern zu pferde. | Die geiſtlichen fuͤrſten, erz- und biſchoͤffe, gefuͤrſteten aͤb- te, ein jeder mit ſeinen va- ſallen, jedes faͤnlein zu 25 reutern oder dinſtmaͤnnern oder vaſallen zu pferde. | Die Reichs- herren oder freie herren, deren ein jeder wenigſtens ein faͤnlein, mit- hin 25 reuter oder dinſtmaͤn- ner ſtellete. | Der unmittel- bare Reichs- nidere adel nach ſeinen faͤnlein, jedes zu 25 reutern oder, dinſtmaͤn- nern. | Die reutenden als die freibuͤr- ger, oder ſtadt- manne. 2) ſemperleute. 3) die ſchoͤppen- bare. 4) die ſigelmaͤ- ſigen, welche man nur ſo lange der krig waͤrete, zur reuterei gegen einen gewiſſen ſold angenom- men hatte. | Die unfreien buͤrger und bauern zu fuſe, um zu ſchan- zen und andere dinſte bei bela- gerungen und dem kriges- heer zu ver- richten. | |
| Diſe keren dem Teutſchen heerſchilde den ruͤcken zu, um deſſen flanken zu bedecken. Vor ihnen iſt eine wagen- burg oder ver- hauung gezo- gen. | Das lager mit dem geſichte nach dem ſein- de zu, wie der ganze heer- ſchild. | Diſe keren den ruͤcken der ar- mee, um deren flanken zu be- decken. | Wagenburg. |
| V | III | II | IIII | VI |
| Die vaſallen des nidern adels. | Die Capitanei, als die weltli- chen fuͤrſten, grafen und freiherren nebſt den pote- ſtaten der ſtaͤd- te, oder ſtadt- voigten. | Die Capitanei, die erz- und bi- ſchoͤffe und geiſtlichen fuͤr- ſten. | Die groſen valvaſoren nebſt den klei- nen. | Die valvaſini, oder bedinten die nicht ade- lich waren. |
[][151]von den ſchulen.
Lauterbach am a. o. P. I cap. 58 § 7, 8 ſ. 87, 88
welchem die Roͤmiſchkatholiſchen durch die Jeſui-
ten, Theatiner und Somaſcener nachgeahmet
haben.
§ 350
Von dem ſchulweſen der evangeliſchen reichs-
ſtaͤnde handeln folgende ordnungen: die S. Wei-
mariſche kirchenordnung cap. 17 § 4 ſ. 386, die
F. H. Caſſeliſche kirchenordnung, cap. 15 § 3 ſ.
252, F. H. Darmſtaͤdtiſche kirchenordnung ſ. 250,
F. Heſſiſche und graͤflich Naſſauiſche kirchenord-
nung in der gemeinſchaft des Huͤttenberges, ſ. 152
§ 2, kirchenordnung in Pommern 1535 ſ. 60 und
1568 cap. 16 § f. ſ. 256, S. Coburgiſche kirchen-
ordnung 1626 cap. 19 ſ. 84 und im IIten th. cap.
18 § 4, F. Magdeburgiſche kirchenordnung cap.
12 ſ. 452, F. Magdeburgiſche ſchulordnung 1658
ſ. 272 und von den ſchulen auf den doͤrfern ſ. 282,
Chur-Saͤchſiſche kirchenordnung 1588 ſ. 57 fg.
graͤflich Lippiſche kirchenordnung vom jahre 1684
cap. 17 § 8, 9 ſ. 139 fg. Nuͤrnbergiſche kirchen-
ordnung 1533 ſ. 757 beym Moſer im IIten bande
des corp. euang. eccleſ. F. S. Gothaiſche lan-
desordnung von geiſtlichen ſachen, ſ. 41, F. S.
Altenburgiſche landesordnung von geiſtlichen ſachen
cap. 4 ſ. 51 fg. Graͤflich-Hanauiſche ſchul-ord-
nung 1658, die herzoglich Wirtenbergiſche kir-
chenordnung 1660 ſ. 161, die ſchulordnung fuͤr die
Churf. Braunſchweigiſchen lande, 1738, die koͤ-
niglich Preuſiſche gymnaſien- und ſchulordnung
1713 ꝛc.
K 4Drei
[152]LIII. haubtſt. von dem buͤrgerrechte,
Drei und funfzigſtes haubtſtuͤck
von dem buͤrgerrechte, wie ſolches er-
loren werden, oder erloͤſchen
koͤnne.
§ 351
buͤrgerrecht
aufhoͤre?
Das buͤrgerrecht kan auf verſchidene arten ver-
loren gehen, ſowohl mit willen, als auch
wider ſeinen willen. Wenn alſo einer auf ewig
verwiſen wird, oder ein feind und verraͤther des
vaterlandes wird, oder die ſtadt boͤßlicher weiſe
verlaͤſſet, machet er ſich des buͤrgerrechtes verlu-
ſtig. Uebrigens iſt das abſterben dabei nicht zu
vergeſſen, ſihe des Hildebrands diſp. de jure ci-
vium originariorum, cap. IV § I, II, IV.
§ 352
Inhalts der Luͤbeckiſchen, Hamburgiſchen,
auch Muͤhlhaͤuſiſchen ſtadtrechte verliret derjenige
das buͤrgerrecht, welcher die wuͤrde eines buͤrger-
meiſters, oder rathsherrn nicht annehmen will,
Hildebrand am a. o. cap. IV § 6, vermoͤge des
Noͤrdlingiſchen ſtadtrechtes gehet ſelbiges verloren,
wenn ein buͤrger, oder eine buͤrgerin zu einem
fremden, welcher daſelbſt nicht verbuͤrget iſt, ſich
ohne einwilligung des rathes verheirathet, ſihe
Ayrersanalecta Nordlingenſia, cap. II § 10 ſ.
21, 22, von Hellerſpergin ſelectis enucleatio-
nibus conſiliorum,Hildebrand am a. o. cap.
IV § 9.
§ 353
Man kan ſich ferner des buͤrgerrechtes nicht al-
lein ausdruͤcklich, ſondern auch ſtillſchweigend be-
geben. Das erſte wird in verſchidenen ſtadtrech-
ten, als zu Straßburg, Eslingen ꝛc. unter ge-
wiſſen feierlichkeiten erfodert, Zahnsichnogra-
phia
[153]wie ſolches verloren werden koͤnne.
phia municipal. ſ. 996 num. 184. Das andere
geſchihet durch das wegzihen in einen andern ort,
oder in ein ander land, wenn man ſich ſelbiges
ausdruͤcklich nicht vorbehaͤlt, Hildebrands diſp.
de jure ciuium originariorum, cap. II § II fg.
und cap. IV. Die ſchuzjuͤden, welche ſich aus
den Heſſen Caſſeliſchen landen wegbegeben wollen,
haben ſich zuforderſt mit der landesherrſchaft des
abzuges halber, (worunter auch die ehegelder,
wenn der juͤden toͤchter auſer landes heiraten, mit-
begriffen werden,) zu vergleichen, auch einen ab-
ſchidsbrief zu erlangen, ſihe die F. H. Caſſeliſche
juͤdenordnung vom jahre 1739 § 38, ſ. 33, 34.
Vier und funfzigſtes haubtſtuͤck
von den marktflecken und doͤrfern.
§ 354
Ein marktflecken heiſet ein mit marktfreiheit be-Was ein
marktfleck?
gabter, iedoch mit dem ſtadtrechte nicht be-
ſchenkter ort, deſſen einwoner wohl buͤrger ſeyn
koͤnnen, Friſch am a. o. ſ. 273, und ſ. 645, von
Juſti am a. o. Ith. ſ. 462, Eſtors vorrede uͤbern
IVten band der ſtats-geographi § XI.
§ 355
Ein dorf iſt ein umfang verſchidener einwoner,und dorf
ſey?
die zu ihrem ackerbau und ihrer viehzucht einen ge-
wiſſen bezirk von laͤndereyen, triften und andern
grundſtuͤcken mit ausſchluͤßung anderer im beſize
haben, und mit keinem ſtadt- noch marktrechte
verſehen ſind, ſihe Skinnersetymolog. linguae
Angl. unter dem worte dorpe, thorp, Eſtors
angezogene vorrede.
§ 356
Die doͤrfer ſind entweder nach Roͤmiſcher bau-
art beiſammen, das iſt, aus mehr zuſammen ge-
K 5ſezten
[154]LV. haubtſt. von den
ſezten haͤuſern, oder ſie beſtehen, nach der alten
Teutſchen art, aus mehrern von einander entfern-
ten haͤuſern, von Juſti am a. o. Fritſchde ju-
re ac ſtatu pagorum German. Dieſe lezte art
hat ihren groſen nuzen, beſonders in feuersbruͤn-
ſten. Aus was fuͤr urſachen aber die gebaͤude und
die bauern zuſammen gezogen worden ſind, wird
unten vorkommen, ſihe Leopolds landwirtſchaft,
ſ. 749.
§ 357
tigkeiten
der bauern.
Die einwoner eines dorfes, welche mitnachba-
ren ſind, heiſen bauern. Die zuſammenwonen-
de bauern haben ein gemeinde-recht, die einart,
den aͤbert, folglich an den gemeinen nuzungen,
auch rechten antheil.
Fuͤnf und funfzigſtes haubtſtuͤck
von den leibeigenen bauern.
§ 358
ern waren
vormals
leibeigene.
Die bauern waren in den alten zeiten haubt-
ſaͤchlich leibeigen. Dieſe leibeigenſchaft dau-
ert in verſchidenen landen noch fort, auch wo ſie
nicht mehr iſt, da haben die bauern dennoch eine
eingeſchraͤnkte freiheit.
§ 359
leibeigener
ſey?
Ein leibeigener (eigenbehoͤriger) iſt nach der
ſtrengen leibeigenſchaft ein menſch, deſſen leib und
kinder, benebſt dem hauſe und den guͤtern einem
herrn eigenthuͤmlich zuſtehen, welches iedoch nach
den Heſſiſchen gewohnheiten nicht durchgehends zu
behaubten iſt, anerwogen das haus und vermoͤ-
gen dem leibherrn langſam gehoͤret. Die kinder
gehoͤren dieſem auch nicht allezeit, z. e. der vater
iſt leibeigen, die mutter aber frei, ſo gehoͤren dem
leibherrn die kinder nicht, wie unten gezeiget
werden
[155]leibeigenen bauern.
werden ſoll. Ueberhaubt aber iſt ein leibeigener
ein ſolcher menſch, welcher ſowohl mit ſeinem lei-
be, als auch mit andern obligenheiten ſeinem herrn
verpflichtet iſt. Die leibeigenſchaft kan auf ver-
ſchidene weiſe erlanget werden, und zwar ſowohl
ausdruͤcklich, als ſtillſchweigend. Das leztere
findet man beſonders an denen orten, wo die luft
leibeigen machet, Piſtorius cent. I par. 56 ſ. 75,
Hert in der angezohenen diſp. ſect. III § 3 und in
paroemiis juris Germ. lib. II par. 12 ſ. 401
opuſc. T. III vol. 2. Alſo ſaget man im Holl-
ſteiniſchen, trittſtu meine henne, ſo wirſt du mein
han. Es heiſet auch ieweilen: die unfreie hand
zihet die freie nach ſich, Pottgießer am a. o. ſ.
381 fg., Du Freſne, am a. o. unter dem worte:
ſerui,MeviusP. V deciſ. 129 und von abforde-
rung der bauern, qu. 2 num. 160 des freiherrn
von Senkenberg diſp. de ſeruorum conditio-
ne § 4 ſ. 5 fg. In der Pfalz, den baadniſchen,
und einigen andern landen werden die hurkinder,
auch wohl die findlinge leibeigen, Herts diſp. de
hominibus propriis, ſect. III § 3, repertorium
reale practicum juris priuati, im Iten theile, un-
ter dem worte: Baſtard ſ. 457 fg. Inhalts des
Oſtfriſiſchen landrechts lib. III cap. 111 iſt von den
findel-kindern ein anders verordnet.
§ 360
Es gibet zweierlei bauern, leibeigene und freie,die einthei-
lung der
bauern.
welche ſich in vielen ſtuͤcken von einander unter-
ſcheiden.
§ 361
Ein freier bauer heiſet, deſſen perſon niman-was ein
freier bau-
er ſei?
den zugehoͤret, folglich keinen eigenthums- oder
halsherrn hat.
§ 362
[156]LV. haubtſt. von den
§ 362
nen gat-
tungen.
Die leibeigene koͤnnen nach ihrem zuſtande, ſo
fern dieſer ſtrenge oder leidlich iſt, auf zweierlei
weiſe betrachtet werden.
§ 363
Von der ſtrengen gattung ſind die Boͤhmiſchen
und Maͤhriſchen, auch die Schleſiſchen die elen-
deſten.
§ 364
Unter der ſtrengen gattung, iedoch etwas leid-
licher, ſtehen die Mecklenburgiſche, Pommeriſche,
und Weſtfaͤliſche, auch benachbarte, Eſtor in
kleinen ſchriften, II bande, ſ. 114, ſ. 126 fg.
§ 365
Die Oſnabruͤgiſche und Ravensbergiſche eigen-
tumsordnungen dienen haubtſaͤchlich zur erkennt-
niß der ſtrengen Teutſchen leibeigenen. Sie ſind
beſonders gedruckt, ſtehen aber auch bey dem von
Ludolf im 2ten bande der obſeruat. Es ſind des
von Vinkens gedanken uͤber das Oſnabruͤgiſche
eigentumsrecht vorhanden. Von den Pommeri-
ſchen und Mecklenburgiſchen ſihe den Mevius
vom zuſtande und abfoderung der bauern, Man-
zels diſp. de eo quod praecipue juris eſt circa
homines proprios in Megapoli, den von Bal-
thaſarde origine, ſtatu ac conditione homi-
num propriorum in Pomerania,Steudners,
Schachers diſp. de hominibus glebae adſcri-
ptis Luſatiae ſuperioris,Richters diſp. de ju-
re ſingulari marchionatus Luſatiae ſuperioris
homines proprios manumiſſos reuocandi,
Leipz. 1749, Heßiſches eigenbuch, 1532, Wald-
ſchmidts diſp. de hominibus propriis in Haſſia.
§ 366
fenheit der
ſtrengen
leibeigen-
ſchaft.
Die gerechtſamen dieſer ſtrengen leibeigenſchaft
beſtehen in folgenden; 1) werden ſie in geſchloſſe-
nen
[157]leibeigenen bauern.
nen handwerken zur lehre nicht aufgenommen, 2)
von ihrem vieh koͤnnen ſie nicht ſo viel verkaufen,
als ſie wollen. 3) Hat wohl ein leibeigener die
vaͤterliche gewalt uͤber ſeine kinder, doch darf er
nicht heirathen ohne ſeines herrn willen, wie denn
die verhelung der leibeigenſchaft der braut gelegen-
heit gibet abzugehen. Wenn ein leibeigener ein
menſch ſchwangert, kan dieſes nicht auf die ehe
klagen, noch eine genugthuung an gelde fodern.
Wenn aber ſolches eine leibeigene iſt, und von ei-
nem andern geſchwaͤchet wird, pfleget der herr
das bettemundsrecht in Weſtphalen auszuuͤben,
Eſtor am a. o. cap. 5 § 35 ſ. 135. Unter den ehe-
leuten iſt eine gemeinſchaft der guͤter in Pommern,
der vater und die mutter haben den niesbrauch an
dem peculio adventitio ihrer kinder. Die kinder,
ſobald ſie puberes worden, ſind nicht ſchuldig,
den aͤltern umſonſt zu arbeiten, es waͤre dann, daß
ſie arm waͤren. Den unmuͤndigen werden ande-
re leibeigene zu vormuͤndern beſtellet. Das gut
ſamt haus und hofwehren gehoͤren dem herrn.
Was der bauer erwirbet, gehoͤret ihm. Eine
dienſtbarkeit kan er nicht auf das gut legen, hin-
gegen iſt er der perſoͤnlichen dienſtbarkeit faͤhig.
Er ſoll zu keinem kirchen-amte kommen, noch in
den ſtaͤdten zum buͤrger aufgenommen werden,
kaiſer Heinrichs Wormſiſche reichstagsverord-
nung, 1232, cap. 1, 5.
§ 367
Die leibeigenen koͤnnen heut zu tage teſtamentedie gerech-
tigkeiten
der leibei-
genen,
machen, wo es ihnen nicht benommen iſt. Man
kan ſie zu erben einſezen. Sie brauchen fuͤnf zeu-
gen bei ihren lezten willensverordnungen. Sie
koͤnnen eigentlich keine zeugen bei teſtamenten ab-
geben, ſihe des kaiſers Maximilians des I ord-
nung fuͤr die notarien 1512 § 7, doch werden ſie
in
[158]LV. haubtſt. von den
in praxi zugelaſſen, Stryk im vſu moderno D.
lib. 28 tit. 1 § 17. Wegen der erbfolge ab inte-
ſtato wird es nach den gemeinen Teutſchen rech-
ten gehalten, iedoch nach maaßgebung des Oſtfri-
ſiſchen landrechtes vermoͤgen die leibeigene kinder
ihre aͤltern nicht zu erben, im IIten Buche cap. 24.
Sie koͤnnen contrahiren uͤber dasjenige, was ih-
nen eigentuͤmlich zuſtehet, und ſich desfalls ver-
bindlich machen. In anſehung der ſtrafen wer-
den ſie gehalten, wie die freien, ſie haben perſo-
nam ſtandi in judicio, welches iedoch inhalts des
Oſtfriſiſchen landrechtes, Buche I, cap. 3 § 9 der-
geſtalt wegfaͤllet, daß auch ein leibeigener ſeinen
herrn nicht fuͤr gericht fodern laſſen kan, cap. 6
des erſten Buches ſ. 16, der ausgabe D.Matthi-
as von Wicht, 1746, 4t. Sie gehoͤren nicht
zum geſinde des leibherrns. Man laͤſſet ſie zeugen,
ſogar wider ihre herren, nach erlaſſener erbhuldi-
gungspflicht. Sie duͤrfen mit ihren herren con-
trahiren, woraus ſich alſo offenbaret, daß ſie von
den Roͤmiſchen knechten unterſchiden ſeyn.
§ 368
gen leibei-
genen kan
der herr
zuruͤck fo-
dern.
Wenn ein ſolcher leibeigener durchgehet, hat
der eigentumsherr das recht ihn zuruͤck zu fodern,
Potgieſſerde ſtatu ſeruorum, lib. II cap. 8, 9
ſ. 492 fg., Johann Ernſt von der Linde in der
diſp. de vindicatione hom. propr.Mevius am
a. o.
§ 369
der kinder,
Die kinder des leibeigenen haben das erbrecht,
und zwar in Weſtphalen der juͤngſte ſohn, oder
wenn keiner vorhanden iſt, die juͤngſte tochter.
§ 370
benden ehe-
gattens;
Sind keine kinder vorhanden, ſo behaͤlt der
laͤngſt lebende ehegatte den hof, nach dem ſpruͤch-
worte: laͤngſt leib, laͤngſt gut, landbrauch im
grunde
[159]leibeigenen bauern.
grunde Breidenbach, freiherr von Senkenberg
de jure Haſſorum priuato antiquo, in beila-
gen, ſ. 61.
§ 371
Zum gute gehoͤren alle gebaͤude, nicht minderdie zubehoͤ-
rungen des
gutes,
die zaͤune, hartes und weiches holz, obſtbaͤume,
wiſen und weiden, haͤngendes obſt, die haͤlfte der
ausſaat.
§ 372
Dem bauer gehoͤret, was er erkaufet hat, nachdas gekauf-
te gehoͤret
dem bauer.
verſchidenen landesgewohnheiten.
§ 373
Ferner hat er nach einigen landesgewohnheiten
die haͤlfte von allen gebaͤuden, welche vom bau-
ern nicht herruͤhren, alle vorhandene baarſchaften,
hausgeraͤth, vieh, heu, korn, flachs, obſt und
fruͤchten.
§ 374
Ueberdieſes muß er ſpann- wagen- und pflug-die dienſte
leiſten,
dienſte leiſten, wofern er mit zugvieh verſehen iſt,
widrigenfalls thut er handfronen, Stiſſers ein-
leitung zur landwirtſchaft, cap. IX, abth. II § VII
ſ. 234 fg.
§ 375
Ohne gutsherrliche einwilligung kan er vom ho-er kan von
dem gute
nichts ver-
ſchreiben,
fe nichts verſchreiben, noch veraͤuſern; bey dem
leztern falle hat der halsherr den vorkauf, Oſna-
bruͤg eigenth. ordn. cap. XI § 11, Heßiſches ei-
gen buch § 1, Waldſchmidt am a. o. ſ. 53.
§ 376
Der eigentumsherr hat das bettemundsrecht,das bette-
mundsꝛecht
ſtehet dem
herrn zu.
Iſt von der
bedemund
unterſchie-
den.
welches er wider denjenigen ausuͤbet, welcher ſei-
ne eigenbehoͤrige magd geſchwaͤchet hat, Oſnabr.
eigent. ordn. cap. 16 § 2, Eſtors kleine ſchriften,
band II, ſt. V cap. 5 § 35 Struvens ſammlung unter-
ſchidener Teutſchen woͤrter, unter der rubrick:
Bet-
[160]LV. haubtſt. von den
Bettemund, Potgieſſer am a. o. lib. V cap.
II § 37 ſ. 877. Die Bettemund iſt von dem be-
demundsrecht unterſchiden, anerwogen dieſes in
demjenigen gelde beſtehet, welches derjenige, wel-
cher ſich verheiraten will, der obrigkeit, oder dem
guts- und eigentumsherrn fuͤr die erlaubniß erle-
gen muß, Struve am a. o. Bedemund, Schil-
ter in exercit. ad D. exerc. 36 § 32, Potgieſſer
am a. o. ſ. 346, ſ. 376. Es wird ſolches auch der
brautlauf, reitſchoß, klauenthaler, maidenrents,
maritagium ꝛc. genennet, Grupensvxor Theo-
diſca § 15.
§ 377
Der leibeigene kan rechtmaͤſiger urſachen halber
des gutes entſezet werden, z. wenn er ſich ohne be-
willigung des herrn verheiratet, kan er inhalts
des Ravensbergiſchen eigentumsrechtes cap. 1 § 9
und 22 cap. 4 § 3, Oſnabruͤgiſchen eigentums-
ordn. cap. 4 § 12, auch Lippiſchen rechte, des
gutes entſezet werden.
§ 378
Was der bauer dem herrn an zinſen und beden
zu leiſten hat, darf ihm nicht erhoͤhet werden,
Strubende jure villicorum, cap. IV ſ. 142 fg.
Es wird auch auf dieſe weiſe in hieſigen landen
gehalten.
§ 379
theile
Teutſch-
landes iſt
die leibei-
genſchaft
gelinder,
als in Nie-
derſachſen.
Der Naſ-
ſau-Weil-
Ob zwar im oberfuͤrſtenthum Heſſen, Naſſaui-
ſchen, Iſenburgiſchen, Solmſiſchen, Hanauiſchen,
Pfaͤlziſchen, Badniſchen ꝛc. ſich ſehr vile leibeigene
befinden, ſo iſt doch ſolche in abſicht auf die Ni-
derſaͤchſiſchen ſehr gelinde.
§ 380
Die benachbarte Naſſau-Weilburgiſche leib-
eigenſchaft iſt ſo geartet, daß ſie 1) ungemeſſene
dienſte nach ſich ziehet; 2) die luft durchgehends
leib-
[161]leibeigenen bauern.
leibeigen machet, das iſt, wer in einem dorfe ſichburgiſchen
leibeigenen
beſchaffen-
heit.
haͤuslich niederlaͤſſet, wird leibeigen; 3) ſind die
leibeigene das beſte haubt zu taidigen pflichtig,
wuͤrde auch einer vermittelſt einer todes-ſtrafe hin-
gerichtet; ſo muß das beſte haubt entrichtet wer-
den; 4) duͤrfen ſie ohne erlaubniß nicht heiraten,
5) auch in keine fremde krigesdienſte gehen. Sei-
ne iztregierende durchlaucht zu Naſſau-Weilburg
ſuchen die ſtarken fronen der untertanen zu mil-
dern, und haben ſolche des endes in ein leidliches
dinſtgelt verwandelt, und damit dieſes der bauer
verdine; ſo laſſen ſie ſolchen die baufuren ums
lohn verrichten.
§ 381
Die Ober-Heßiſchen leibeigenen ſtehen gelinde.der Ober-
Heßiſchen
leibeigenen
zuſtand.
Sie theilen ſich in die fuͤrſtlichen und adelichen
leibeigenen ein. Sodann in die zuſammen wo-
nenden und die auswaͤrtigen. Ehedem hiſen ſie
arme leute, arme maͤnner. Eigene leute heiſen
ſie noch. Der Hinterlaͤndiſche leibeigene iſt ge-
erbet, oder nicht, das iſt, der leibeigene hat ein
eigenes haus und gut, oder nicht, beſage des Heſ-
ſiſchen eigenbuches vom jahre 1532 § 1. Ver-
meinet er das gut zu veraͤuſſern, ſo muß er es dem
naͤchſten erben anbiten, will es diſer nicht; als-
dann ſeinem genoſſen, das iſt, wenn er landgraͤ-
fiſch iſt, einem landgraͤflichen leibeigenen; iſt er
aber einem adelichen zuſtaͤndig, einem adelichen
leibeigenen. Will es dieſer nicht, muß er ſich an
den fuͤrſtlichen amtmann wenden; darauf gehet er
an den eigenſtul zu Eiſenhauſen, mit der anzeige,
ſein gut wolle nimand kaufen, laut eigenbuches § 1.
§ 382
Der nicht hauswirtliche gebrauch des guteswie das gut
im Hinter-
lande ver-
loren wer-
de?
machet ihn deſſelben verluſtig, und faͤllet daſſelbe
an den erben und ganerben. Wer ein gut an-
Ltritt,
[162]LV. haubtſt. von den
tritt, muß die beedte und ein beedthun jaͤhrlich
dem herrn entrichten, eigenbuch § 2. Bei den
landſidel-eigenen guͤtern hat der leibeigene das naͤ-
herrecht fuͤr einem usmanne und auswaͤrtigen,
eigenbuch § 4.
§ 383
leibeigen
mache.
In den gerichten 1) Gladenbach, 2) Dautphe,
3) Eiſenhauſen, 4) Breitenbach, 5) Lixfeld, alle
Heſſen-Darmſtaͤdtiſcher Hoheit, machet die luft
die auslaͤndiſchen leibeigen. Diß iſt auch von
andern gerichten des hinterlandes, das der ſtadt
Marburg gegen abend liget, zu ſagen, eigenbuch
§ 9. Was aus der grafſchaft Wetter ins amt
Blankenſtein zihet, das wird dahin leibeigen;
desgleichen, was aus den Heßiſchen ſtaͤdten und
aus dem Naſſauiſchen uͤber die Diezſolze, auch
was uͤbern Reddinger berg dahin zihet, eigenbuch
§ 10 fg.
§ 384
der werden
leibeigen,
Alle pfaffen-kinde, muͤnchskinde, alle hurkin-
de und zwitterne werden dem herrn landgrafen
mit huͤnern und beedte leibeigen, eigenbuch § 16.
Alle guͤter der kirchen, der ritter und pfaffen da-
ſiger gegend ſollen, gleich den eigener guͤtern, un-
term gerichte Gladenbach ſtehen.
§ 385
graͤfl. leib-
eigene duͤr-
fen nur
landgraͤfli-
che heira-
ten.
Die landgraͤflichen Hinterlaͤndiſchen eigenen
duͤrfen nur landgraͤflliche heiraten, ſonſt wuͤrden
ſie geſtrafet. Daher wird alle ſiben jahre zu ober-
Eiſenhauſen im Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen das ſo-
genannte mouzen-gericht gehalten, Eſtorde ju-
diciis Haſſiacis im III theile der analector. Haſ-
ſiac. ſ. 89 fg.
§ 386
keine ſtadt
vor ihrer
Im amte Marburg wird im zweifel der bauer
fuͤr leibeigen gehalten. Eine leibeigene, oder eige-
ner
[163]leibeigenen bauern.
ner kan in keine ſtadt heiraten, bevor er ſeine freiheit,entledi-
gung.
nach befinden, mit 5, 10, 15, 20 rthlr. und mehr,
erkaufet hat.
§ 387
Ueberdem gibet es eine menge zerſtreueter Ober-von den
zerſtreuten
leibeigenen,
und deren
zuſtand.
Heßiſcher leibeigenẽ, wie die Schenken zu Schweins-
berg die Peterlinge um Schotten und im Vogels-
berge haben, Eſtors kleine ſchriften 1 ſt. ſ. 46.
Dieſer wonet in dieſem, jener in einem andern
dorfe. Wenn der leibherr nicht zugleich gerichts-
herr uͤber das dorf iſt; ſo hat er vom leibei-
genen weiter nichts, als die leib-beedte, und etwa
das leibhun jaͤhrlich, und wofern er die loslaſſung
ſuchet, daß er dieſe vom leibherrn empfaͤnget.
Fronen mag er gar nicht fodern. Die beedte laͤſ-
ſet der leibherr von den leibeigenen durch einen
beedtheber einſammlen. Es koſtet aber oft das
boten lohn mehr, als die beedt eintraͤget; daher
ieweilen ein blutarmer gegen 1 rthlr. losgelaſſen
wird. Von den Peterlingen im Vogelsberge hat
der ſelige V. C. Kopp im VIIIten ſtuͤcke der ana-
lector. Haſſiacor. ſ. 65 fg. gehandelt.
§ 388
Die Ober-Heßiſche mutter pflanzet nur die leibei-wie die
leibeigen-
ſchaft fort-
gepflanzet
werde?
genſchaft fort. Iſt der vater in ober-Heſſen frei,
und die mutter leibeigen; ſo werden die kinder leib-
eigen. Daher heiſen die leibeigenen eheweiber,
die buͤſſernden muͤtter, weiln die kinder dem buſen
folgen, wie ſothaner ausdruck im Heßiſchen lehn-
briefe fuͤr die von Dernbach ſ. 118 des Iten bandes,
Eſtors kleiner ſchriften ſtehet. Sihe auch des
Herts angezogene diſp. ſect. III § 4. Das Oſt-
friſiſche landrecht verordnet ein gleiches, im cap.
24, 25 des andern buches.
L 2§ 389
[164]LV. haubtſt. von den
§ 389
taidigung.
Der ober- und nider-Heßiſche leibeigene muß
das beſte haubt taidigen; das iſt, der leibherr
nimmet nach dem ableben des leibeigenen deſſen
beſte kuhe, oder das beſte pferd, oder das beſte
kleid, oder wie es ſonſt die gewohnheit mit ſich
bringet, F. Heſſen-Caſſeliſche greben ordnung
ſ. 230 § 16-18. Im Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen und
Naſſau-Weilburgiſchen thut es 5 von 100.
§ 390
Schenki-
ſchen eigen.
Noch ſind drei doͤrfer, Rod oder Roͤdgen, Ar-
genſtein und Wenkbach, zwo ſtunden uͤber Mar-
burg an der Laͤne, zu erwaͤnen. Dieſe drei doͤrfer hei-
ſen das Schenkiſche eigen. Die luft machet allda leib-
eigen. Die beiden leztern doͤrfer behaubten, daß ſie drei
doͤrfeꝛ eine gemeine ausmacheten, mithin die huten ge-
meinſchaftlich haͤtten. Roͤdgen ſaget nein. Dieſe drei
doͤrfer haben ſchwere dienſte, welche im I bande der
kleinen ſchriften ſ. 12 fg. benimet ſind. Die alten rech-
te uͤber dieſe leibeigenen ſtehen ſ. 240 am a. o.
§ 391
ausfluͤſſe
der leibei-
genſchaft
beſtehen?
Die ausfluͤſſe der leibeigenſchaft, ſie mag noch
dauern, oder erloſchen ſeyn, aͤuſſern ſich in dem
brauthafer und den brauthuͤnern, Eſtors kleiner
ſchriften, Iten band ſ. 72 auch den frondienſten
und im Schenkiſchen eigen in liferung der kraut-
pflanzen, auch des moͤdums.
§ 392
Die leibeigenſchaft fluͤſſet nicht aus der gericht-
barkeit, ſondern aus dem dominio herili, Hert
am a. o. ſect. III § 2.
§ 393
losgelaſſen
werden.
Gegen ein gewiſſes geld werden ſie losgelaſſen, wi-
drigenfalls hat der herr das beſazungs- oder ſaz-recht,
(vindicationem) Hertde hominibus propriis,
ſect. III § X, iedoch nicht in der maaſe, wie in
Ni-
[165]leibeigenen bauern.
Nider-Sachſen, Mevius am a. o. in der vierd-
ten frage, num. 9, Richter am a. o. ſ. 47, Man-
zel im jure Mecklenburgico et Lubecenſi illu-
ſtrato, cent. III num. 26 ſ. 137. Die Loslaſ-
ſung iſt entweder vollkommen, oder nicht vollkom-
men, Anton Ludewig Seips diſp. de ſtatu ru-
ſticorum ex medii aeui rationibus caute dijudi-
cando, cap. II § 3 ſ. 22 fg. freiherr von Senken-
berg am a. o. § 13, 14 ſ. 14 fg.
§ 394
In vielen landen iſt die leibeigenſchaft durch zu-die uͤber-
bleibſel aus
der leibei-
genſchaft.
reden der geiſtlichen und ihren eifer wider die knecht-
ſchaft verſchwunden, iedoch findet man noch ver-
ſchidene uͤberbleibſale davon, z. e. in leiſtung der
frondienſte, paͤchten, guͤlden und zinſen, abzugs-
gelder, die adliche gerichtbarkeit, der dienſtzwang.
Daher im zweifel vermutet wird, daß der bauer
der gerichtbarkeit ſeines gutsherrn unterworfen
ſei; wo aber der gerichtsherr und gutsherr unter-
ſchiden ſind, muß er lezterem im zweifel die dien-
ſte leiſten. Die vermutung iſt wider den bauer,
daß er von frondienſten frei ſei, mithin muß er
ſeine freiheit erweiſen, ſihe herrn kanzelleidirector
Friderich Carl von Buri ausfuͤhrliche erlaͤute-
rung des in Teutſchland uͤblichen lehnrechtes 1 th.
ſ. 716, 721, 724 fg., Eſtorde praeſumtione
contra ruſticos.
§ 395
In Teutſchland weiſ man in anſehung der los-
gelaſſenen von keinem jure patronatus, wie bei den
Roͤmern, von Senkenberg am a. o. § 15 ſ. 15,
iedoch geſchihet es wohl, daß den lasbrifen die
Clauſel angehaͤnget werde: da er ſich aber hier-
naͤchſt wieder in unſere lande, an ort und ende,
da wir leibeigene haben, begeben wuͤrde, auf ſol-
chen fall ſoll uns derſelbe, wie zuvor mit der leib-
L 3eigen-
[166]LVI. haubtſt. von den
eigenſchaft verbunden ſeyn, ſihe F. Heßiſches eigen-
buch § 14 beim Waldſchmidt am a. o. ſ. 43. In
der Oberlauſiz wird der freigelaſſene, wenn er ſich
des lasbrifes zu muthwilliger freiheit bedienet, ſich
binnen jahr und tag weder auf dem lande, noch
in ſtaͤdten ſeshaft machet, wieder in die leibeigen-
ſchaft gezogen, art. V num. 5 der Oberlauſ. un-
terthanen ordnung, Richters diſp. am a. o. cap.
II § 9.
Sechs und funfzigſtes haubtſtuͤck
von den frondienſten.
§ 396
fronen
ſind?
Die frondienſte ſind diejenigen arbeiten und
verrichtungen, welche der bauer iemand zu
leiſten verbunden iſt. Die fronen werden auch
dienſte, ſcharwerke, rabwald, robwold, robat ꝛc.
genennet, und entweder leibeigenſchaft halber ge-
fodert, oder haften auf den guͤtern.
§ 397
entweder
dem lan-
desherrn,
oder dem
erb- auch
gerichts-
herrn gelei-
ſtet.
Die dienſte werden entweder vermoͤge der lan-
deshoheit, oder von dem erb-auch gerichtsherrn
begehret. Die erſten heiſen herrendienſte, und
gehoͤren dahin: die landfolge, kriges-hof-jagt-
bau-landſtraſen, bau-fuhren, burgdienſte, poſt-
vorſpannen ꝛc., Strubende jure villicorum ſ. 175
fg., Balthaſarde operis ſubditorum, cap. IX.
In den F. Heſſen Caſſeliſchen landen werden die-
ſe dienſte theils nach dem fuſe der contribution,
theils den hufen, theils nach dem anſpanne gelei-
ſtet. Nach dem fuſe der contribution ſind alle
diejenige dienſte zu verrichten, welche das kriges-
und veſtungs-bauweſen betreffen, es beſtehe auch
ſolches, worin es wolle. Nach der hufen zahl
wird
[167]frondienſten.
wird gedienet bei voꝛwerken in herꝛſchaftlichen garten
und wiſen, bei der herrſchaftlichen frucht und fu-
rage, den holzfuhren zum brennen, auch was zu
den landgerichten, forſt und maſtſchluͤſſen, zu
zehntvermalterungen noͤtig iſt, es ſind nicht min-
der bergwerks-kummer und fiſchfuhren, ſodann
was man bei dem teichbau und uͤberhaubt dem ſaͤmt-
lichen civilbauweſen noͤtig hat, dahin zu rechnen.
Zu den nach dem anſpanne zu leiſtenden dienſten
wird dasjenige gerechnet, was zum landſtraſen-
bau, bei den jagten, zum behufe der kirchen und
ſchulen, auch andern gemeinden dorfs-angelegen-
heiten erforderlich iſt. Dieſes ſind die herrſchaft-
lichen ſpanndienſte, es ſind aber auch handdien-
ſte zu thun, ſihe F. H. Caſſeliſche greben ordnung,
1739, 4t, tit. 31, ſ. 75, fg. von den Churbraun-
ſchweigiſchen herrendienſten ſihe den IVten th. cap.
V, VIII der Churbraunſchweig-Luͤneburgiſchen
landesordnung und geſaͤze.
§ 398
Die fronen werden in ſpann und handdienſtederen ein-
theilung,
eingetheilet. Handdienſte heiſen ſie, weil ſie
haubtſaͤchlich vermittelſt der haͤnde arbeit verrich-
tet werden, z. e. getreide ſchneiden, hauen, mehen,
heu und grummet machen, treſchen, miſt breiten,
krauthaken, holzſchlagen, wild treiben, hunde
fuͤhren, wachen, botſchaft laufen, ſpinnen ꝛc.
Dreyerde vſu genuino juris Anglo-Sax. ſ. 9 fg.
ſ. 93 fg.
§ 399
Ferner ſind die dienſte entweder gemeſſen, oder
ungemeſſen, gewoͤhnliche, ungewoͤhnliche, ordent-
liche, außerordentliche, oder notdienſte, und wer-
den auch wohl nach der arbeit unterſchiden, z. e.
acker- bau- jagt- forſt-fronen.
L 4§ 400
[168]LVI. haubtſt. von den
§ 400
ſene?
Gemeſſene dienſte heiſen, wenn die gattungen
des dienſtes, die zeit, der ort, die weiſe, oder
die arbeit ausgemachet ſind, z. e. zehn tage fahr-
ſpanndienſte, ſihe des repertorii realis practici
juris priuati I th. ſ. 494 bauerdienſte, baudien-
ſte ſ. 467. Außer dieſen kan der herr mit beſtan-
de rechtens ordentlicher weiſe keine weitere fodern.
§ 401
meſſene
ſind?
Ungemeſſene dienſte heiſen, wenn der bauer
und dienſtpflichtige thun muß, was man ihn hei-
ſet. Dieſe ſind an keine gewiſſe tage noch zeit,
auch zu keiner gewiſſen arbeit beſtimmet, Stiſſer
am a. o. cap. IX, I abth. ſ. 223 fg. In einem
gewiſſen lande mußten die bauern am tage die gan-
ze woche fronen, und des nachts ihre arbeit ver-
richten, als pfluͤgen ꝛc.
§ 402
werden un-
gemeſſene
vermuthet.
Im zweifel ſind die dienſte fuͤr ungemeſſene zu
halten. Denn was der herr dem leibeigenen be-
fahl, mußte er thun, ſihe Eſtors vorrede zu
Grollmanns diſp. de operarum debitarum mu-
tatione, ſect. 1 § 1 fg. David MeviusP. IV dec.
131, Struben am a. o. cap. 5 § 1, von Leyſer
ſpecim. 416 med. 1, Pertſchde diuiſione in
operas determ. et indeterm. § 54 fg., Harp-
precht vol. nou. conſil. IV, num. 385 fg. Bal-
thaſarde operis ruſt. cap. XII ſ. 80, Buri am
a. o. ſ. 726, fg. Reinecciicomm. de ruſtico
quondam ſeruo.
§ 403
herr die un-
gemeſſenen
Wenn der Herr nicht erweiſen kan, daß er un-
gemeſſene dienſte habe, inzwiſchen ſeit langen jah-
ren
[169]frondienſten.
ren ſich mit einer gewiſſen art dienſte begnuͤgetdienſte
nicht er-
weiſen kan,
wie es zu
halten ſey?
hat, nun aber neue fodern will, alsdann bleibet
es bei dem alten herkommen, immaſen man die-
ſes im poſſeſſorio als die richtſchnur fuͤr augen ha-
ben muß.
§ 404
Wenn der bauer vermoͤge eines vertrages ge-die gemeſ-
ſene dienſte
richten ſich
nicht nach
dem her-
kommen,
wo ein ver-
trag iſt.
meſſene dienſte hat, und z. e. das pfluͤgen darun-
ter mit ausdruͤcklich begriffen iſt, ſolches aber bis-
her nicht gefodert worden; ſo iſt hier das herkom-
men nicht die richtſchnur, weiln ein ausdruͤckli-
cher vertrag vorhanden und das fodern eine res
meraͤ facultatis iſt, von Buri am a. o. ſ. 736,
740, 785, Potgieſſer am a. o. ſ. 883, Engel-
brecht am a. o. § 112, von Wernher in enunc.
175.
§ 405
Ob der bauern dienſte vermindert werden koͤn-der bauern
dienſte koͤn-
nen ver-
mindert
werden.
nen? iſt auf gewiſſe art zu behaubten, von Bu-
ri am a. o. ſ. 741, 742, iedoch koͤmmt es auf die
erkenntniß verſtaͤndiger hauswirte an, z. e. ſonſt
haben zwanzig die wiſe zur frone gemehet, izt ſtel-
le ich nur 15 dahin, und die uͤbrigen brauche ich
bei andern wiſen.
§ 406
Der richter kan die ungemeſſenen dienſte auf
eine billigmaͤſige weiſe einſchraͤnken, z. e. die Boͤh-
men mußten fuͤnf tage in der woche fronen, ſo ſez-
te kaiſer Leopold es auf drei tage. Sihe das S.
Altenburgiſche mandat vom 8ten Jul. 1741, S.
Altenburgiſche landesordnung, th. II cap. 2 tit.
15, F. Wolfenbuͤtteliſches dienſtreglement art. 1,
von Buri am a. o. ſ. 743, Eſtors diſp. de ju-
risdictione curiarum clientelarum German.
cap. VI ſ. 62 fg.
L 5§ 407
[170]LVI haubtſt. von den
§ 407
gelde.
Ob zwar ehedem in Teutſchlande ſtatt der dien-
ſte geld genommen worden iſt, auch die Landes-
herren noch ieweilen die dienſte ſich bezahlen laſſen,
F. H. Caſſeliſche greben ordnung tit. 43 § 17.
ſ. 104, 105; ſo gehet doch dieſes in praxi mit den
adelichen nicht an, weil man die regel angenom-
men hat: alles nach dem herkommen und vertra-
ge. Daher wer bisher dienſtgeld empfangen hat,
darnebſt die dienſte auf beſtaͤndig verſilbert wor-
den ſind, die fronen in natur nicht weiter fordern,
noch weniger die bauern anhalten kan, an einem
andern orte die frone zu leiſten, von Buri am
a. o. ſ. 745 fg. ſ. 749 fg. Wakede adaera-
tione operarum et ſeruitiorum ruſticorum,
Stiſſer am a. o. ſ. 227 § 22, Dreyer am a. o. ſ. 10.
Von dem anſchlage der gemeſſenen und ungemeſ-
ſenen dienſte handelt Simon Peter Gaſſers ein-
leitung zu den oͤconomiſchen politiſchen und came-
ralwiſſenſchaften, cap. 12, § 4 fg. ſ. 229 fg.
§ 408
dienſte ver-
pachtet
werden
moͤgen.
Mit dem gute mag man wohl die dienſte ver-
pachten; dieſes gehet aber nicht an, wenn man
das gut an einen und die fronen an den andern
verpachten wollte, BerlichP. II concl. 64.
num. 19, von Buri am a. o. ſ. 751-754.
§ 409
fronen haf-
ten auf den
zug-vieh.
Die ſpannfronen haften auf dem gute und dem
darauf gehaltenen zugviehe; wenn aber iemand
darneben freigut hat, ſo dienet er nur mit ſo viel
Zugvieh, als zum frongute erfordert wird, iedoch
kan durch die geſaͤze und das herkommen ein an-
ders ausgemachet werden, von Buri am a. o.
ſ. 755 fg., F. H. Caſſeliſche grebenordnung,
ſ. 40 § 8.
§ 410
[171]frohndienſten.
§ 410
Wenn wegen anfang und endigung der fronenwie der an-
fang und
das ende
der fronen
beſtimmet
werde?
nichts gewiſſes ausgemacht iſt, ſo kommt es auf
die erkenntniß verſtaͤndiger hauswirthe an. In-
halts der F. H. Caſſeliſchen grebenordnung tit. 30
§ 13 ſ. 72 geſchehen anſpann- und handdienſte auf
tagewerke in den erſten ſechs monaten vom april
anfangend von ſechs bis eilf uhr vormittags, von
ein bis ſechs uhr nachmittags; in den folgenden
ſechs monaten, vom october an zu rechnen geſchieht
der dienſt des morgens von acht bis zwoͤlf uhr,
und von ein dis vier uhr nachmittags. Sihe
Stiſſern am a. o. ſ. 226. Beſage der Sachſen-
Gothaiſchen landes-ordnung. th. II cap. II tit. 15
ſ. 143 ſollen alle froͤner von oſtern bis auf bartho-
lomaͤi fruͤh um 4 uhr an und um 6 uhr auf den
abend wieder ab, von bartholomaͤi aber bis oſtern
fruͤhe mit der ſonnen an und zu deren niedergang
abtreten.
§ 411
Wenn die dienſte verſaͤumet werden, giebet eindie ſtrafe
der ver-
ſaͤumten
dienſte.
dienſtwagen nach der F. H. Caſſeliſchen greben-
ordnung tit. 30 § 20 ſ. 73, ſechszehen albus ſtrafe,
koͤmmt er aber zu ſpaͤt, zalet er fuͤr iede erman-
gelnde ſtunde 2 albus und muß den dienſt nach-
thun. Ein handfroͤner, welcher ausbleibet, gibet
5 albus und fuͤr iede verſaͤumete ſtunde, oder die
er zu fruͤhe abgehet, 1 albus ſtrafe, und muß ſolches
allenfalls nachthun. Wer 2 bis 3 dienſte hinter
einander verſaͤumet, wird noch darzu mit gefaͤng-
nis beſtrafet, wofern die dienſte gezimend angeſa-
get worden ſind. In der Prigniz wird ſothanes
auſſenbleiben mit einem halben guͤlden geſtrafet,
repertorium juris priuati, I th. ſ. 500 und 510.
Es koͤnnen auch andeve zwangsmittel dabei gebrau-
chet
[172]LVI haubtſtuͤck von den
chet werden, Struben, am a. o. ſ. 285, Pufen-
dorfT. II obſ. jur. vniv. ſ. 7.
§ 412
baudienſte
geleiſtet
werden?
Was die baudienſte anlanget, ſo ſind ſelbige
nicht allein zu erbauung der adelichen wonung,
ſcheunen, ſtaͤllen, brauhaͤuſern, richters-wonung
und des jaͤgers auch gerichtsdieners hauſe, amt-
hauſe, zu leiſten ſchuldig, ſondern auch zu deren
reparirung, ſihe das repertorium juris priuati,
im I theile, unter dem worte: baudienſte.
§ 413
jagddienſte
beſtehen?
Die jagdfronen beſtehen theils in ſpann-theils
in handdienſten, z. e. die fahrung des jagdzeuges
und wildes ꝛc. ſodann der leitung der hunde, ma-
chung der wildzaͤune, im treiben ꝛc.
§ 414
Ueberhaubt gehoͤret noch zum fronen an gewiſ-
ſen orten, z. e. das ſpinnen, obſtabthun, die flachs-
arbeit, das rupfen, reffen, hecheln, aͤpfelſchaͤlen,
beſenbinden, hopfenpfluͤken ꝛc. das ſpazierfaren,
auch zu gevatterſchaften und hochzeiten, Eſtors
kleiner ſchriften 1tes ſtuͤck ſ. 55.
§ 415
muß das
geraͤthe
zum fronen
ſchaffen.
Der bauer muß alles geraͤte zu den fronen
ſchaffen, Engelbrechtde operis ruſticorum
§ 78, Roſenthalde feudis, cap. VIII qu. 22,
herzogl. Wolfenbuͤtteliſches dienſtreglement, § X,
Magdeburgiſche L. O. cap. 32 § 6, und wenn
ihm ſolches ſchadhaft wird, oder gar verloren ge-
het, iſt der herr ihm ſolches zu erſezen nicht ſchul-
dig, Engelbrecht am a. o. von Berger in der
oeconomia juris lib. 1. tit. II § VIII nota 7,
Eſtor in kleinen ſchriften, II bande, ſ. 136 fg.
erhaͤlt er
ordentlicheꝛweiſe nicht.
§ 416
Der bauer muß die dienſte auf ſeine koſten thun,
daher ihm das futter fuͤr das vieh ordentlicher
weiſe
[173]frondienſten.
weiſe nicht gereichet wird, Klok, vol. 1 conſ. 10
num. 524. PufendorfT. I obſ. 121 § 15, Struben
am a. o. cap. 5. ſ. 227.
§ 417
Eſſen und trinken, oder geld wird den froͤnerndas eſſen
und trinken
oder geld
eꝛhalten die
froͤner nach
dem her-
kommen.
nach dem herkommen gereichet, repertorium juris
priuati I th. ſ. 500 fg. § 17, F. S. Gothaiſche L. O.
th. II cap. II t. 15 ſ. 143, Altenburgiſche L. O.
th. II cap. 2 tit. 15. Engelbrecht am a. o. § 74,
Daͤgenerde abuſu circa praeſtationes ruſtico-
rum § 19, Frommann von frondienſten § 44.
§ 418
Von den fronen im Oſnabruͤgiſchen ſihe die
ordnung, cap. XIII und Eſtor in kleinen ſchrif-
ten II bande ſ. 135 fg.
§ 419
Zu ſpanndienſten mit einem wagen gehoͤrenwie viel
perſonen zu
den ſpann-
dienſten ge-
hoͤren?
2 perſonen, zu einem karn aber eine perſon.
§ 420
Wo es hergebracht iſt, muͤſſen die bauern alles
zur haushaltung gehoͤrige aus der ſtadt holen, auchvon dem
dienſt-
zwang.
ihre kinder dem herrn zum geſinde dienſt uͤberlaſſen,
welches man den dienſtzwang nennet, Carpzov
lib. I tit. 6 reſp. 58, von Berger am a. o. ſ. 54 fg.
Klingners ſammlungen zum dorf und bauern
recht, I th. ſ. 66 fg. Potgieſſer am a. o. II, 7, 28,
repertorium juris priuati, th. I ſ. 499 § 14, 15,
Myliicorpus conſtit. march. T. V th. I abth. I
ſ. 53. § 27 fg., Eſtors kleine ſchriften im erſten
bande ſ. 73 fg., woſelbſt von den Schenkiſchen ei-
genbehoͤrigen gehandelt wird.
§ 421
Bei den leibeigenen gibet es auch leibzuͤchter.was die
leibzucht
der leibei-
genen ſei?
Die leibzucht iſt ein gewiſſer unterhalt, welcher
den alten leibeigenen nuznuͤßlich auf lebenslang
nach
[174]LVII haubtſt. von den
nach dem betrage der groͤße des erbes angewiſen
wird, ſihe die Churbraunſchweig-Luͤneburgiſche
landesordnungen und geſaͤze vol. 4, cap. 5 ſect. 1,
num. 28 ſ. 80.
§ 422
heerwagen
und frei-
pferden.
Jeweilen haften auf den guͤtern kloſter-heerwa-
gen, freipferde, F. H. Caſſeliſche greben-ordnung
ſ. 80 § 16 tit. 31, Budersamoenitates juris
feud. obſ. 25 ſ. 177, Beſold am a. o. Kuͤchen-
wagen ſ. 492 von Weſtphal in der Vorrede
zum 4ten Bande der monum. ined. ſ. 64 fg. ſ. 83
von HontheimT. I hiſt. Treuir. diplom. ſ. 134,
ſ. 663 § 9 ſ. 668. Das kloſter Eberbach hat dem
herrn landgrafen zu Heſſen-Darmſtadt den klo-
ſterwagen zu ſtellen.
Sieben und funfzigſtes haubtſtuͤck
von den paͤchten und zinſen.
§ 423
paͤchte,
Ein ausfluß der leibeigenſchaft iſt auf gewiſſe
maaſe die abfuͤhrung gewiſſer paͤchte und
zinſen. Die paͤchte bedeuten eine abgabe vom ge-
traide auch andern ſachen wegen eines gutes an
den gutsherrn, Dreyer ſ. 94, Potgieſſer am a. o.
ſ. 139, 200, 457, 460, 889 fg. von Buri am a. o.
ſ. 946, MeviusP. IX deciſ. 84, 85, Eſtors kleine
ſchriften, II bande, ſ. 138, 139.
§ 424
ſind.
An einigen orten heiſet die frucht-lieferung guͤlte,
daher man kornguͤlte, waizen-weinguͤlte, herren-
guͤlte, fruchtguͤlte, malzgut, vogthafer, ſand-wald-
hafer ꝛc. ſihe Friſch im Teutſchen woͤrterbuche,
th. I ſ. 382, bauerguͤlte, guͤlt- und zinßleute, guͤlt-
bauern
[175]paͤchten und zinſen.
bauern, guͤltherren, guͤlthoͤfe hat, Friſch am a. o.,
Beſold im theſauro practico, unter dem worte:
guͤlt: ſ. 348; dahingegen, was an gelde abzuge-
ben iſt, zinß heiſet, Beſold am a. o. und in der
fortſezung ſ. 214, ſ. 260, Struvens ſammlung un-
terſchidener Teutſchen woͤrter, unter bauerguͤlte,
bauermiete.
§ 425
Auch iſt an einigen orten der moͤdum hergebracht,was moͤ-
dum iſt?
welcher eine gewiſſe abgabe an garben oder fruͤch-
ten iſt, welche der beſizer des ihm oder ſeinen vor-
fahren geſchenkten ſtuͤk landes zur erkennung der
beſchehenen uͤberlaſſung jaͤhrlich entrichten muß.
Man hat dergleichen moͤdumsguͤter, moͤdumsland
im oberfuͤrſtenthume Heſſen an der Lane und im
amte Wetter, welches das erſte jahr korn, das
andere hafer, und wenn es brach lieget, nichts
gibet, darnebſt zehndbar, auch ſteuerbar iſt, Kopp
in lehnproben vol. 1 ſ. 284. Eſtor in kleinen ſchrif-
ten, I bande, ſ. 75, und de miniſterialibus.
§ 426
Das maas des pachtes, imgleichen der werthwie es mit
dem maaſe
und dem
werthe des
geldes ge-
halten wer-
de?
der alten geldſorten wird nach dem herkommen be-
urtheilet; iſt aber kein herkommen vorhanden, ſo
gehet es auf das leidlichſte gemaͤs, cap. 18 ẍ de
cenſibus L. 9 L. 34 D. de regulis jur.Boͤh-
mer in jure parochiali, ſect. V II cap. I § 17
ſ. 403, Eſtors kleiner ſchriften IIIten bandes ſ. 756.
§ 427
Die pachten und zinſen muͤſſen ordentlicher weiſedie zinſen
ſind vonden
ſchuldigen
auf ihre ko-
ſten zu lie-
fern.
auf der leiſtenden koſten gelifert werden. Einige
hat man an dem orte des pachtgebers bei verluſt
des pachters an einem gewiſſen tage vom pacht-
herrn zu erheben, wie die Schenkiſchen erbzinſen
zu
[176]LVII haubtſtuͤck
zu Bommersheim auf Remigii tag empfangen
werden muͤſſen.
§ 428
den geben
die leibeige-
nen nach
dem her-
kommen.
Der leibeigene hat nicht allein von den inha-
benden guͤtern, ſondern auch wohl von ſeinem
leibe paͤchte, guͤlten und zinſen abzutragen, wie
ſolche nach den geſaͤzen, vertraͤgen, und gewohn-
heiten beſtimmet ſind, daher der haubthafer, haubt-
und leibhuͤner- leib- guͤlte, leib- bed- gelt- pfennig-
ſchilling, die leibes erledigung, bekannt ſind, wie
man denn auch die eigenbedheber in Heſſen hat,
Oſnabruͤgiſche eigent. ordnung cap. 14 § 1 und
cap. 17 § 2, Waldſchmidt am a. o. cap. III § 8 fg.
Potgieſſer ſ. 888, von Ludolfobſ. cam. contin.
obſ. 168. Baieriſches landrecht, buch IV art. 4,
anmerkung uͤber die frankfurtiſche reformation,
dritte fortſezung, ſ. 591, Deinlins diſp. de prae-
ſtationibus gallinariis § 5, Stiſſer am a. o.
ſ. 236, § 9, analecta Haſſiaca, coll. III ſ. 149,
von Weſtphal im ſpecimine documentorum
ineditorum ſ. 37.
§ 429
ſchen
gehen die
leibhuͤner
von der
mutter auf
die kinder
fort.
Inhalts des Solmſiſchen erbbuches gehen die
leibhuͤner von der leibeigenen mutter auf ihre kin-
der, oder es huͤnert fort, daher iedes wieder ein
leibhun jaͤhrlich geben muß, wenn es heiratet.
Vom manne erbet es nicht fort auf die kinder, es
muß aber, wenn er ſtirbet, das beſte haubt bei
der herrſchaft getaidiget werden, ſo lange ſolches
nicht geſchihet, hat die herrſchaft jaͤhrlich das leib-
hun von den erben zu fodern, und wenn eine leib-
eigene Frau ſtirbet, ſo wird es eben ſo mit der taidi-
gung gehalten.
[177]vom beſten haubte, haubtrechte.
Acht und funfzigſtes haubtſtuͤck
von dem beſten haubte, haubtrechte ꝛc.
§ 430
Das haubtrecht wird genennet, das befugnis,was das
haubtrecht
ſey?
vermoͤge deſſen der gutsherr von ſeinem bauer
und denen, welche ſothanem rechte unterworfen
ſind, nach dem abſterben von der verlaſſenſchaft
etwas gewiſſes nach dem herkommen erhaͤlt, Eſtor
de miniſterialibus und in dem fuͤnften ſtuͤcke der
kleinen ſchriften, bande II ſ. 143, 144 § 40, Dreyer
am a. o. ſ. 94 num. 5, Johann Andreas Hof-
mannde feudis cenſualibus cet. ſ. 2, 3. in noten.
Potgieſſer am a. o. II, 11, Harpprechtde jure
mortuarii.
§ 431
Es wird ſothanes recht die taidigung des beſtendeſſen be-
nennungen
haubtes, die todte hand, der todtfall, gewandfall,
das budtheil, baulebungsrecht, weidmal, gelaͤs,
die kurmede, das hausgenoſſenrecht ꝛc. genennet,
Potgieſſer, am a. o. ſ. 577, 594, 895, 898, Wald-
ſchmidt am a. o. cap. III § 9, 10.
§ 432
Das haubtrecht iſt nicht aller orten uͤberein,iſt nicht
aller orten
einerlei.
wannenher diſfalls auf das herkommen geſehen
werden muß. Im Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen wird
das gut des bauern geſchaͤzet, und die taidigung
des beſten haubtes mit 5 von 100 berichtiget,
Eſtors vorrede zum 4 theile der ſtaatsgeographi
§ XIII. Es haftet ſolches recht nicht allezeit auf
der perſon, ſondern auch wohl auf den guͤtern,
Strubenobſ. VIII.
[178]LIX haubtſtuͤck
Neun und funfzigſtes haubtſtuͤck
von den freien bauern.
§ 433
bauern vor-
zuͤge?
Genug von den leibeigenen! wir wollen nun
auch von den freien bauern handeln. Die-
ſer ihre freiheit beſtehet darin, daß ſie nicht leibei-
gen ſind, im uͤbrigen aber faſt eben dasjenige lei-
ſten muͤſſen, was die leibeigene ſchuldig ſind.
§ 434
koͤmmt das
voͤllige ei-
genthum
uͤber die
pacht- und
zinsguͤter
nicht zu.
Geſtalt dann ſelbige viele fronen thun, nicht
minder paͤchte und zinſen z. e. an rauchhuͤnern,
hanen, huͤnern, gaͤnſen, zehnten, die lehngelter,
den weinkauf geben muͤſſen. Sie haben auch ſo
wenig, als der leibeigene das voͤllige eigenthum an
ihren hoͤfen, mithin iſt Carpzovs und anderer
lehre irrig, welche ſie von der bauern pacht- und
zinsguͤtern haben, vermoͤge deren ſie dem bauer
daruͤber das voͤllige eigenthum zuſchreiben. Zu
Suͤnglis lifert iede bauſtaͤtte der hieſigen univerſi-
taͤt 1 gans, 1 han, 1 hun. Eine nicht bebauete
ſtaͤtte gibet 1 gans. Wird ein plaz bebauet, ent-
richtet der beſizer 1 han, 1 hun und 1 gans.
§ 435
ſchoſſe, und
was ſolches
ſei.
Die bauern muͤſſen an vielen orten, wie die
buͤrger geſchoß entrichten, z. e. zu Suͤnglis zalet
die gemeine jaͤhrlich der univerſitaͤt Marburg am
geſchoſſe 14 Caſſeliſche gulden, 14 Caſſel. Albus.
Das geſchoß bedeutet ein von verſchiedenen zu-
ſammen geſchoſſenes geld.
§ 436
zuſtand iſt
hart.
Bei dieſen umſtaͤnden iſt der Zuſtand der bauern
ziemlich hart, indem ſie ſehr vielen laſten, als uͤber-
bleibſalen der leibeigenſchaft noch auf ſich haben;
wie-
[179]von den freien bauern.
wiewohl ſolche beſchwerungen auch durch ein ge-
ding uͤbernommen werden koͤnnen.
§ 437
Wir wollen nun ihren zuſtand und bosheitdie ſpruͤch-
woͤrter von
den baueꝛn.
einzuſehen verſchiedene ſpruͤchwoͤrter bemerken; ‒ ‒
Da ſpricht der bauer:
„Das muß Gott walten,„muß ich dieſe alle erhalten,„ſo geb ich mich gedultig drein,„und will es ſo zufriden ſeyn,
cent. 1 par. 28 ſ. 38 „dem bauer gehoͤret haferſtroh,
Piſtorius cent. 2 par. 59 ſ. 202 „in Weſtfalen
„gibt man dem bauer weiter nichts, als einen zwil-
„ligern rok, ein hoͤlzern paar ſchuhe und pomperni-
„kel; wenn ein anderer reitet oder faͤhret, da kan
„der bauer wohl zu fuß gehen, oder auf des ſchu-
„ſters rappen reiten. Den bauern iſt gut pfeiffen.
„Ein bauer iſt ein lauer, der bei vielem gut, thut
„Gott und ſeinem herrn ſelten gut. Hinter ſich
„hinaus tragen die bauern ihre ſpieße. Ferner, wer
„bauern verderben will, muß bauern mit darzu neh-
„men. Weiter: wenn der bauer nicht muß, reget er
„weder hand noch fuß Piſtorius cent. II par. 60-65,
cent. VI par. 91. „Verdorbene bauern geben gu-
„te hof- und ſchiermeiſter ab, cent. V, par. 13 ſ. 314,
„Es mag leicht ſeyn, daß es ein bauer lobet, cent. VII
par. 29. „Laß du den bauer bei dem pfluge: der
„bauer iſt gut genug. Der bauer muß alle ernaͤren
„helfen. Auf dem bauer reitet iedermann.
M 2Sech-
[180]LX haubſt. von den
Sechzigſtes haubtſtuͤck
von den fuͤrgeſezten der doͤrfer, und
deren einrichtung.
§ 438
tung guter
ordnung
ſind auf
den doͤrfern
gewiſſe per-
ſonen zu be-
ſtellen.
Zur erhaltung beſſerer ordnung ſind in den doͤr-
fern gewiſſe perſonen zu beſtellen, z. e. greben,
vorſteher, heimberger, ſchultheiſen, richter, eid-
geſchworne, gelderheber, dorfsknechte, koͤtergreben,
dienſtlader, feuerherren, nachtwaͤchter, feldhuͤter,
F. H. Caſſeliſche greben-ordnung ſ. 4, ſchoͤppen,
bauermeiſter, burgemeiſter, ruͤgenmeiſter, aͤlteſten,
fuͤrſteher ꝛc.
§ 439
greben,
Die vorſteher der doͤrfer haben alſo verſchidene
namen. In Nider-Heſſen heiſen ſie greben,
und werden auch wohl in ober- und unter-greben
getheilet. Man hat daher die grebenſtuͤle an
manchen orten. Inhalts der erneuerten und ver-
beſſerten policei-ordnung der kaiſerlichen und H. R.
burg Friedberg, tit. 4 haben die greben einige ge-
richtbarkeit, und zwar in ſachen, die unter 5 gul-
den werth ſind, welches man ſonſt nicht leicht fin-
den wird. Schon zu Buzbach und in der ober graf-
ſchaft Kazenellenbogen heiſen ſie centgrafen, hier-
herum bauermeiſter, burgemeiſter, Eſtors vorre-
de zum 4ten theile der ſtaatsgeographi § 12, in
Sachſen und anderwerts dorfſchulzen, deren ob-
ligenheit iſt beim Fritſchde jure pagorum be-
findlich. S. Gothaiſche ſchulzen-ordnung, P. III
num. 18 ſ 407 fg., in der S. Gothaiſchen landes-
ordnung, Neu-Maͤrkiſche bauer-geſinde-ordnung,
1685, tit. III, in des Myliiconſtitut. marchica-
rum vol. V, abth. III cap. I ſ. 175. F. H. Caſſeli-
ſche greben-ordnung ſ. 128, F. Wolfenbuͤttel. L. O.
im
[181]fuͤrgeſezten der doͤrfer.
im anhange, ſ. 205. Das ſchulzen-amt iſt iewei-
len mit einem lehn verknuͤpfet, ſihe die conſtitu-
tiones marchicas, vol. II, abth. V num. 28, num.
30 ſ. 42, 43, daher es erb- und lehn- frei-ſchulzen
gibet, Wildvogels diſp. de feudo ſcultetico,
Schoͤttgen am a. o. ſ. 232, von Balthaſar, von den
landesgerichten in Pom̃ern ꝛc. 1 abth. cap. 1 § 3 ſ. 29.
§ 440
Auſſer dem ſchulzen, welcher die gemeine rechnungden dorfs-
fuͤrſtehern,
zu fuͤhren, wo nicht beſondere gelderheber vorhan-
den ſind, F. H. Caſſeliſche greben-ordnung, ſ. 97,
ſ. 129, auch andere obligenheiten auf ſich hat, z. e.
die aufſicht uͤber die ſabbats entheiligung, laͤſterer,
die in und auſſerhalb des dorfes in erfahrung ge-
brachten verbrechen anzuzeigen, ingleichen auf das
herrſchaftliche intereſſe zu ſehen hat ꝛc. Stiſſer am
a. o. ſ. 326 fg., findet man bei den gemeinden noch
beſondere fuͤrſteher, welche in Sachſen dorfs-vor-
muͤnder, genennet werden. Sie ſind wie die tri-
buni plebis, welche auf das gemeine beſte des dor-
fes nebſt den greben oder ſchulzen ſehen muͤſſen,
S. Gothaiſche L. O. P. III § 7. ſ. 250.
§ 441
Der heimberger (von heim, vaterland, und ber-den heim-
bergern,
ger, verthaidiger, defenſor) hat hier zu lande die
beſtellung und fortſchaffung der amtsbefehle, der
brife; ſihe auch den Beſold im theſauro practico
unter dem worte: heimbuͤrgen. Hartungs diſp.
de ſcultetis heimburgiis et ſcabinis paganis,
Bechmann, de ſcabinisBrummerde ſcabinis
ſ. 33. In der reichsſtadt Muͤhlhauſen iſt ein beſon-
deres heimberger-amt, ſihe die Muͤhlhaͤuſiſche
proceßordnung, 1730 fol. t. 1 § 7 ſ. 4.
§ 442
Die feuerherren oder feuerlaͤufer werden darzuden feuer-
laͤufern,
beſtellet, daß naͤmlich das feuergeraͤte wohlbehal-
M 3ten
[182]LX haubtſt. von den
ten werde, ſie auf erhaltung der gemeinen brun-
nen- und waſſerbehaͤlter ſehen, auf feuer und licht
in der gemeine wohl acht geben ſollen, ſodann, daß,
wenn eine feuersbrunſt entſtehet, ſie die zum loͤſchen
beſtellten leute der behoͤr nach anweiſen, F. H. Caſ-
ſeliſche greben-ordnung ſ. 130.
§ 443
waͤchter,
Die nachtwaͤchter muͤſſen in iedem dorfe beſtel-
let ſeyn, welche haubtſaͤchlich auf das feuer ſehen,
und bei verſpuͤrter feuersgefahr, vermerkten dieben,
oder wo verdacht iſt, lerm machen muͤſſen,
F. H. Caſſeliſche greben-ordnung, ſ. 26 § 11 und
ſ. 132. Eine ordnung, wornach die nachtwaͤchter
in den koͤniglichen reſidenzen Berlin und vorſtaͤd-
ten ſich eigentlich zu achten haben, 1727, ſihe beim
Mylius am a. o. T. V abth. 1 cap. 2 num. 14
ſ. 306. Sie duͤrfen in ihren dienſten nicht belei-
diget noch angefallen werden, S. Gothaiſche L. O.
P. II, cap. 4. tit. 14 ſ. 251.
§ 444
huͤtern,
Ueberdiß ſind feldhuͤter, oder feldſchuͤzen zu be-
ſtellen, welche den ſchaden auf den feldern, an den
fruͤchten, in den gaͤrten ꝛc. wahren, die leute, wel-
che ſchaden zufuͤgen, pfaͤnden und behoͤrigen ortes
anzeigen ſollen ꝛc. F. H. Caſſeliſche greben-ordnung,
tit. 45 § 9 fg. ſ. 114.
§ 445
Imgleichen kuͤhe- ſchweine- ſchaaf- gaͤnſe- zigen-
fuͤllen-hirten ꝛc. greben-ordnung ſ. 52 fg. welche
entweder gemeine, oder privat hirten ſind. Die
ſchweinſchneider, oder kleemeiſter, hebammen ſind
auch nicht zu entbehren. Man rechnet dieſe zu
den geiſtlichen perſonen des ortes, von Leyſer
uͤbern Schilter ſ. 76. Jedoch unſchicklich. In-
deſſen iſt deren beſtellung hoͤchſtnotwendig. Die
nachricht
[183]fuͤrgeſezten der doͤrfer.
nachricht fuͤr die heb-ammen-meiſter zu Strasburg
dinet hierunter zum muſter, ingleichen Johann
Chriſtian Stiſſers unterricht fuͤr die wehmuͤtter,
und Johann Chriſtian Themels hebammenkunſt,
die Chur-Brandenburgiſche wehemutter durch Ju-
ſtinen Siegmundin, koͤniglich Preußiſche und
Chur-Brandenburgiſche hebammen ordnung, in des
Myliuscorp. conſtitut. Marchicar. T. V abth.
IV ſ. 53 fg. ſ. 21, ſ. 204, 208, 233, 255. ſie duͤrfen
nicht curiren, und muͤſſen in pflichten ſtehen.
§ 446
Man pfleget die doͤrfer in reichsdoͤrfer, landes-die einthei-
lung der
doͤrfer.
herrſchaftliche- adeliche- amts- raths- gerichts-
haus-(kuͤchen-) bannzaͤundoͤrfer, oder in den bann-
zaͤunen liegende doͤrfer, ſihe Reinhards ausfuͤh-
rungen 1ter theil, freie auch gemeinſchaftliche oder
vielherriſche doͤrfer ꝛc. einzutheilen, welche entwe-
der nach roͤmiſcher art an einander, oder nach
Teutſcher art weit aus einander gebauet ſind,
Tacitus cap. 16, Stiſſer am a. o. ſ. 303, 304, 317.
Hinter Siegen fahen die alten doͤrfer der andern
Gattung an, darin ieder bauer ſein haus und hof,
ſeine felder, kaͤmpe, holzung ꝛc. von des andern
nachbars hauſe ganz beſonders beſizet, mithin die
doͤrfer aus lauter einzelen von einander gelegenen
hoͤfen beſtehen.
§ 447
In Ober-Heſſen machet man einen unterſchidder unter-
ſchid zwi-
ſchen ort
und oͤrtern.
zwiſchen einem orte, und den oͤrtern. Der ort
bedeutet einen fleken. Der fleke iſt zweierlei.
Der eine enthaͤlt bauern, als das Heſſen-Caſſeli-
ſche Trais an der Lumme, drei ſtunden von Mar-
burg und zwo von Gieſen gelegen, hat weder buͤr-
ger noch jahrmaͤrkte; dahingegen Schweinsberg,
Heſſen-Caſſeliſcher hoheit, und 3 ſtunden von Mar-
M 4burg,
[184]LX haubtſtuͤck von der
burg, gegen morgen gelegen, ein fleken war, der
buͤrger hatte, iedoch mit jahrmaͤrkten nicht verſe-
hen war, bis Seine in Gott ruhende Schwediſche
Majeſtaͤt, als regierender Landgraf zu Heſſen, er-
meldtes Schweinsberg mit jahrmaͤrkten begnadig-
ten, beſage des F. Baden-Durlachiſchen raths,
herrn H. R. Preuſchens nachricht von der ſtadt
Schweinsberg in den Marburgiſchen beitraͤgen.
Jedoch giebt das recht der Jahrmaͤrkte nicht alle-
mal das ſtadtrecht, noch weniger ſiz und ſtimme
auf den landtaͤgen, als welches Schweinsberg
auch nicht erlanget hat. Ebsdorf, 2 ſtunden von
Marburg gelegen, hat gute pferdemaͤrkte; es iſt
aber deſſen ungeachtet ein ſtarkes dorf.
§ 448
adelichen
guͤtern,
burgſizen
u. burgen.
Wenn man die oͤrter durchſuchet; ſo werden
doͤrfer und fleken dadurch verſtanden. Einzele
gebaͤude, als ſchaafſtaͤlle, ſchaͤfer-wonungen, ade-
liche ſize ſonder ein dorf, werden unter oͤrtern nicht
mit begriffen. Diejenige ſtaͤtte, worauf ein won-
haus nebſt ſcheunen, ſtaͤllen und miſtplaze ſich be-
finden, bedeutet in einem dorfe den hof, oder hob.
Der maierhof, oder wenn es dem landesherrn zu-
gehoͤret, das herrſchaftliche gut, oder dafern er
einem von adel zuſtehet, das adeliche gut, iſt ein
gut, welches allein liget. In Nider-Heſſen nen-
net man ein herrſchaftliches gut eine maierei, auch
ein forwerg. Die adelichen guͤter, ſie moͤgen lehn
oder erbe ſeyn, nennen wir adeliche guͤter, adeliche
hoͤfe. Sind es aber burglehne ſo heißt es ein burgſiz.
Eine burg bedeutet die herrſchaftliche wonung oder
den adelichen ſiz auf der ebene in einem dorfe, oder
einer ſtadt. Iſt ſie mit einer uͤber acht ſchuhe ho-
hen mauer oder einem waſſergraben umgeben, ſo
nennet man ſie eine burgfeſte. Die adeliche ſize ſind
von einquartirungen befreiet. Bei dem freiherr-
lichen
[185]doͤrfer einrichtung.
lichen Riedeſeliſchen Geſchlechte ſind vermoͤge erb-
vertrags von 1586 nur 6 ritterſize erlaubet.
§ 449
Die doͤrfer des oberfuͤrſtenthums Marburg ſinodie einthei-
lung der
Marburgi-
ſchen doͤrfeꝛ
entweder haus (kuͤchen) doͤrfer, oder bloſe doͤrfer.
Dieſe leiſten frondienſte zur hiſigen feſtung, wovon
hingegen die kuͤchendoͤrfer befreiet ſind, anerwogen
dieſe die haushaltungs-dienſte auf dem ſchloſſe ver-
richten muͤſſen. Es gehoͤren dahin Cappel, Okers-
hauſen, Wehrda und Marbach.
§ 450
Amtsdoͤrfer ſind, darin der landesherrſchaftwas amts-
doͤrfer ſind?
naͤchſt der landeshoheit die Gerichtbarkeit zuſtehet,
und ſolche durch die verordneten Amtleute verwal-
ten laͤſſet.
§ 451
Das mitglid eines dorfes nennet man einenwie man zu
einem mit-
gliede der
gemeine
aufgenom-
men werde?
mitnachbar oder bauer. Wer dazu aufgenom-
men ſeyn will, hat ſich mit der gemeine abzufinden,
F. H. Caſſeliſche greben-ordnung ſ. 95 § 1. Es
duͤrfen aber keine juͤden ſo wenig in einer ſtadt, als
weniger in einem fleken, oder dorfe in Heſſen Caſ-
ſeliſchen landen angenommen werden, wo deren
vorhin keine gewonet, oder die aufname von al-
ters her nicht gewoͤnlich geweſen iſt, F. H. Caſſe-
liſche juͤdenordnung vom jahre 1739 § 1, und 1749
§ 2 ſ. 4 dieſe duͤrfen keine feldguͤter weder eigen-
thuͤmlich noch unterpfaͤndlich beſizen, § 33. In
Nider-Heſſen theilet man die dorfseinwoner in an-
ſpaͤnner, huͤfner, koͤter, brinkſizer, hinterſidler, bei-
woner, hinterſaſſen, einlaͤuflinge, F. H. Caſſeliſche
grebenordnung, tit. 17 § 8 ſ. 41, tit. 31 § 9 ſ. 77 fg.
Sonſt hat man auch voll- und halbeimer, groß-
und klein-koͤter, bringliggern, baggers, Braun-
ſchweigiſche dienſtreglement vom jahre 1722, gaͤrt-
ner, leibzuͤchter, haͤusler, losgaͤnger ꝛc. die beiſaſ-
M 5ſen,
[186]LX. haubtſt. von der
ſen ſind keine gemeinsglider, Fritſchde jure pa-
gorum,von Goͤbelde jure et judicio ruſtico-
rum fori Germanici,Kreß von den geiſtlichen
ſendgerichten ſ. 154, 155, Hildebrand vom vorbe-
haltenen beiſize.
§ 452
dorfflur iſt?
Der bezirk des grundes und bodens bei einem
dorfe heißet im Reiche die terminei, gemarkung,
in Sachſen die dorfflur.
§ 453
meinen ſa-
chen und
rechten der
nachbaren.
Die gemeine ſachen und guͤter, welche in
Schwaben allmandten, allmandsguͤter heiſen,
beſtehen ieweilen aus haͤuſern, muͤlen, waldun-
gen, teichen, baͤchen, fiſchereien, wiſen, triſchen,
oder laiden, raſen oder waſen, laͤndereien, erb-
zinſen, intereſſen von capitalien, zehnten, wirts-
haͤuſern oder ſchenken ꝛc., ſihe des repertorii ju-
ris priuati Iten theil, ſ. 177 fg., deren nuzungen
der gemeine zuſtehen. Sihe Wolfgang Adam
Schoͤpfs diſp. de bonis vniuerſitatum, quae
Germaniae dicuntur: allmanden, Tuͤb. 1740.
Und wie in einer ſtadt das buͤrgerrecht und die
buͤrgerliche narung einem buͤrger zuſtehet; alſo nen-
net man dieſe gerechtſame auf den doͤrfern die ein-
art und im benachbarten amte Ameneburg den aͤh-
bert. Alſo wurden in ſolchen der gemeine W. wi-
der den etwas vom dorfe wonenden muͤller das naͤ-
hergeltungsrecht, oder der abtrib, nicht verſtat-
tet, weiln der muͤller die einart nicht haͤtte; auf ſo-
thane gemeine guͤter iſt eine genaue aufſicht zu ha-
ben, deren veraͤuſerung kommet der gemeine allein
nicht zu. Die rechnungen ſind uͤber die einna-
men und ausgaben richtig zu fuͤhren, grebenord-
nung ſ. 119 fg.
§ 454
[187]doͤrfer einrichtung.
§ 454
Die bauern haben ihre freiheiten, die aber mei-der bauern
freiheiten.
ſtens aus dem Roͤmiſchen rechte herfluͤſen. Hie-
her gehoͤret das recht, dorfhandwerke zu haben, z.
e. leineweber, ſchmide, ſchneider, zimmerleute,
rademacher (wagner) ſchuſter ꝛc. F. H. Caſſeli-
ſche erneuerte zunftordnung vom jahre 1730 § 27
ſ. 24 fg., grebenordnung ſ. 23 § 4; hiernaͤchſt,
daß ſie zur erndte zeit vom 18ten julius bis den
25ſten auguſt vor gerichte nicht erſcheinen duͤrfen,
daß ſie bey naſſen wetter auf ſonn- und feiertagen
heu und fruͤchte einerndten moͤgen, zum behufe
des zehnt-herrns die zehnten mit ein zu hauſten,
oder unter die fruchthaufen bei ihr getreide zu ſtel-
len, nicht ſchuldig ſeynd. Sie duͤrfen auch nicht
zu außerordentlichen dienſten, als daͤmmen, an-
geſtrenget werden. Das jagen muß bis nach der
erndte unterbleiben. Der frevel an feldfruͤchten
wird hart geſtrafet. Der bauer darf das aͤren-
leſen verbiten. Das windloch und die tenne darf
ihm nicht gekraͤnket werden ꝛc. Johann Paul
Kreſſens diſp. de priuilegiis agriculturae apud
Germanos, 1712.
§ 455
Außer den gemeinen dorflaſten, und ſchuldig-worin die
dorflaſten
beſtehen?
keiten der Fleken auch doͤrfer, als der amtes-
und landesfolge, einquartirung der durchzihenden
fremden und einheimiſchen ſoldaten, einnemung
der reiterei in die quartire, vorſpann fuͤr die
durchzihenden ſoldaten, gehoͤret dahin: die ſtel-
lung der ſtute-pferde zur beſchelung von den herr-
ſchaftlichen hengſten, die liferung der fuͤllen gegen
ein gewiſſes gelt, die nichtveraͤuſerung der ſtuten
ohne erlaubniß, die liferung der ſperlings-koͤpfe;
greben ordnung ſ. 21 § 9, F. H. Caſſeliſche ſtute-
reiordnung 1737 und 1753. Die leiſtung der tage
und
[188]LX. haubtſt. von der
und nachtwache, die haltung des gemeinen reit-
ochſens, oder bullens, auch des gemeinen ebers,
welche reihe um von einem jaͤhrlich angeſchaffet ſo-
wohl unterhalten werden muͤſſen, wie noch juͤngſt-
hin die hiſige juriſten facultaͤt gen Medebach im
benachbarten herzogtume Engern, Chur Coͤllni-
ſcher hoheit, geſprochen hat. Außerordentlich
kommen hieher im Heßiſchen die ſtuͤck-furen von
Rheinfels gen Marburg oder Zigenhain oder Caſ-
ſel, und von diſen orten dahin.
§ 456
ſind zur
landwirt-
ſchaft an-
zuhalten,
Alldieweil die erzihung guter unterthanen die
grundlage der wohl eingerichteten landwirtſchaft
iſt; ſo ſind desfalls alle behoͤrige anſtalten vorzu-
kehren, wobey der gottesdienſt benebſt den ſchulen
fuͤr die jugend voraus zu ſetzen ſind, F. H. Caſſeliſche
greben ordnung, tit. 1 ſ. 7, damit nun die bauern
ſich dem muͤßiggange nicht ergeben, vielmehr ſel-
bige zu ihrem eigenen beſten anfangen moͤgen, et-
was anzubauen, als obſt- und andere baͤume,
hopfen-gaͤrten, baumſchulen, anlegen, und
pflanzen, ſo hat man darzu die behoͤrigen verord-
nungen ausgehen laſſen, geſtalt es dann an der-
gleichen in den Teutſchen landen nicht erbricht, H.
Caſſeliſche greben ordnung, ſ. 31 fg., Meklenbur-
giſche policeiordnung, S. Gothaiſche landesord-
nung P. II cap. III tit. 26, Wolfenbuͤtteliſche lan-
desordnung § 36 fg., hieruͤber muͤſſen diejenige,
welche akerbau haben, ſich des flachsbaues und
der ſpinnereien befleißigen, greben ordnung, ſ. 61,
§ 1, in betracht das ſpinnen eine gute dorfnarung
iſt, wannenhero die dorfſpinnereien in aufname zu
bringen geſuchet, und mit guten haſbel-ordnun-
gen verſehen werden muͤſſen, wobei es fuͤr das
land zutraͤglich iſt, wenn das geſponnene garn im
lande verarbeitet und nicht rohe ausgefuͤhret wer-
den
[189]doͤrfer einrichtung.
den darf, wie unten weiter gezeiget werden ſoll,
ſihe der Chur-Braunſchweig-Luͤneburgiſchen lan-
desordnung und geſaͤze IIIten theiles, IVtes haubt-
ſtuͤck, H. Caſſeliſche greben ordnung ſ. 83 § 1 ſ.
96 § 1, ſ. 19 § 1, ſ. 84 § 5.
§ 457
Zu den oberwaͤnten laſten der bauern gehoͤrenvon den
ſteuern.
nicht minder die ſteuern nach Saͤchſiſcher mund-
art, oder die contributionen oder monatsgelder. Di-
ſe ſind in Heſſen die abgiften des buͤrgers und bau-
ers zur unterhaltung der ſoldaten und des landes
vertaidigung. Die ſteuern in Heſſen hingegen ſind
diejenigen abgaben, welche die landſtaͤnde auf den
landtagen verwilligen, und von den praͤlaten, der
ritterſchaft, der landſchaft, das iſt, den ſtaͤdten
und doͤrfern entrichtet werden. Von deren ur-
ſprunge und fortgange ſihe Grupensobſeruat.
IV, Strubens nebenſtunden I band, Lau am a.
o. ſ. 297, den von Weſtphal in der vorrede zum
4ten bande der monument. inedit. rerum Ger-
man. ſ. 84 fg. nota (hh).
§ 458
Ihren ſuͤrſten gaben die Teutſchen mann fuͤrworin der
alten Teut-
ſchen ſteu-
ern beſtan-
den haben,
mann freiwillig am viehe und getraide eine ſteuer,
Hertde veteris Germaniae populis, P. I cap.
V § 3 ſ. 42 T. I vol. II ſ. 42, Tacitusde mori-
bus German. cap. XV § 3, dahingegen ſie die
tribute nicht leiden konnten, Tacitus in annal.
lib. IV cap. 72. Unter den Franken waren die
freien davon frei, Hert in der notitia regni Franc.
vet. cap. 1 § 1 ſ. 137 und cap. 4 § 54 ſ. 210 vol.
II T. I opuſc.Strubende jure villicorum cap.
VI § 1 ſ. 250 fg., und in der IIIten obſ. § 1 ſ. 87
fg., iedoch mußten die ſtaͤdte, kirchen und kloͤſter
ſteuern, Hert am a. o. Struben am a. o. obſ.
III § 2, und § 4, f. 87, ſ. 94 fg., und wenn es
der
[190]LX. haubtſt. von der
der notſtand, auch das allgemeine beſte erfoderte,
wurde ein beitrag von den untertanen verwilliget,
Grupen am a. o. ſ. 886, fg. Von der unterm
Teutſchen koͤnige Philipps bewilligten reichsſteuer
ſihe Hahns reichshiſtori IIII ſ. 84.
§ 459
ſind man-
nigfaltig.
Die ſteuern ſind unterſchidlich, man hat z. e.
reichs-kreis-Tuͤrken-landes-ſteuern, ſoldaten-ſteu-
ern, quartier-monats-gelder, kopf-trank-ſteuern,
baͤdten ꝛc. und ſind entweder ordentliche, oder
außerordentliche abgaben.
§ 460
außeror-
dentlichen
ſteuern,
Außerordentliche ſteuern werden entweder auf
den landtagen verwilliget, oder eigenmaͤchtig ein-
gefuͤhret, z. e. kopfſteuer, fraͤulein-ſteuer, will-
kommſchaz, die froͤliche ankunft-ſchaz, kronen-
ſteuern. Man rechnet auch die ſervice fuͤr die ſol-
daten, die land lotterien und leibrenten hieher.
§ 461
abgaben u.
einkuͤnfte.
Es ſind aber noch viele andere abgaben und
einkuͤnfte bekannt. So hat man in einigen lan-
den: 1) die ſtaͤndigen erbzinſen von den ſtaͤdten,
auch von erbguͤtern, 2) den ſtaͤndigen erbzins von
den hufen, 3) den ſtaͤndigen zins von den herr-
ſchaftlichen eigentums-leib-las-heimgefallenen und
erbzinsguͤtern, 4) die rottzinſen, 5) die pachtzin-
ſen von den meiereien, 6) die pachtzinſen von ein-
zeln auf gewiſſe zeit verliehenen guͤtern und gebaͤu-
en, 7) den geſchoſ, 8) das kuhgelt, 9) die baͤdte,
10) das pfluggelt, 11) das dienſtgelt, bau- wein-
fuhr- und andere dergleichen gelter, 12) das zehnt-
gelt vom lande, das vormals den zehnten gegeben
hat, 13) von vermalterten zehnten, 14) den fleiſch-
zehnten, 15) das heerwagen gelt, 16) den muͤhlen-
zins, das pacht- und grundgelt, auch den ſonſti-
gen muͤhlen-ertrag, imgleichen von den ſchleifko-
ten,
[191]doͤrfer einrichtung.
ten, 17) das triftgelt, fuͤr kaͤſe, milch, triftvieh
und anderes aufkommen von den ſchaͤfereien, 18)
die einkuͤnfte von den fiſchereien und teichen, 19)
von den ſteinbruͤchen, und desfalls angelegten wip-
pen, 20) von den reukaufen, 21) die herrſchaftli-
chen und kancellei-buſen, auch was die reſervat-
beamte dictiret haben, 22) die rentkammer-buſen,
23) die peinliche halsgerichtsbuſen, 24) die ſtadt-
buſen zum herrſchaftlichen theile, 25) die amtsbu-
ſen, 26) die land- und ruͤgegerichtsbuſen, 27)
die wald- und maſtbuſen, 28) die jagt- hunde- und
fiſchbuſen, 29) die einkuͤnfte von den confiſcirten
ſachen, 30) von den freikaͤufen, oder der erlaſſung
aus der leibeigenſchaft, 31) von den erbfaͤllen, oder
fuͤr das beſte haubt und kleid, 32) vom markt-
rechte, 33) das zunftgelt, die buſen und anders,
was von den zuͤnften einkoͤmmt, 34) das buͤrger-
gelt, 35) das beiwoner gelt, oder von den inligern
an ſtatt des ſchuzgeltes, 36) das ſchuzgelt von den
juͤden, 37) das einzugsgelt von den chriſten, 38)
das einzugs-gelt von den juͤden, 39) das ſtrafgelt
vom rabbiner erkannt, 40) die peinliche und
andere gerichtskoſten, auch der gefangenen
zerungs-erſtattung, 41) das huͤlfs- oder immißions-
gelt, 42) das abzugsgelt, 43) fuͤr die verkauften
und ausgewiſenen ſtaͤtte- land- oder andere guͤter,
44) fuͤr die verkauften bau-materialien, 45) den
weinkauf von allerhand auf eine zeitlang verlihe-
nen ſachen, 46) den weinkauf von den erbguͤtern,
das lehn- und empfaͤngniß gelt, auch zum dritten,
zehnten oder zwanzigſten pfennig, 47) das forſt-
gelt, 48) der forſt-bedienten accidentien, 49) das
maſtgelt, 50) das nachmaſtgelt, 51) von den wein-
ſchenken, 52) vom brandteweinbrennen, 53) vom
brandteweinſchenken, 54) den zins vom bierbrau-
en, ſchenken, wirtſchaft und herbergiren, 55) die
trank-
[192]LX. haubtſt. von der
trankſteuern, 56) die bier-accis, 57) das juͤden-
ſilber- und federlappen-gelt, 58) vom pferde legen
und ſchweine ſchneiden, 59) die capital-zinſen, 60)
den tobaks-licent, 61) den impoſt und conſumti-
bilien-licent, 62) fuͤr verkaufte frucht und kleien,
63) fuͤr das rindvieh, die hof- und maier-rinder,
64) fuͤr die ſchweine, mahl- und zehntſchweine,
65) fuͤr verkauftes federvieh und eier, 66) fuͤr das
verkaufte wiltpret und anders, was vom jagdwe-
ſen einkommet, 67) vom ſchaaflager, 68) fuͤr die
wolle, 69) fuͤr verkauftes heu, gras, grummet
und huten, 70) fuͤr das ſtroh oder kaf, 71) fuͤr
das unſchlitt oder die butter, 72) fuͤr das wachs,
73) fuͤr das linnen tuch oder den flachs, 74) vom
ſalzſchließ, 75) von den ſalzwerken, oder was ſonſt
am ſalz verkaufet iſt, 76) von den berg- und alaun-
werken, auch glashuͤtten, 77) von den ſteinkolen
werken, 78) vom kalk- gips- zigel- und bakſtein-
brennen, thon graben, auch pott-aſchen ſiden,
79) von muͤnzen den gewinn, oder agio, 80) vom
geſtempelten papier, 81) den waͤſſerung- oder
wehrzins, 82) von den waſenmeiſtereien, 83) das
zollgelt, welches die beamten erheben, 84) den
landzoll, 85) den waſſerzoll, 86) den guͤlden wein-
zoll-gelt, 87) das wege- und geleitsgelt, 88) das
ſchlacht- und ſchleuſengelt, 89) das verſpruchs-
gelt ꝛc. Dieſen koͤnnten noch viele andere einkuͤnf-
te, z. e. von den poſten, diſpenſationen und der-
gleichen beigefuͤget werden, wenn es der raum
verſtatten wollte. Immittelſt ſind dieſe einkuͤnfte
in die ſtaͤndigen und unſtaͤndigen einzutheilen.
§ 462
zugsgelte,
oder der
nachſteuer.
Zu den außerordentlichen ſteuern, welchen die
bauern und buͤrger unterworfen ſind, gehoͤret der
abſchoß, nachſchoß, die nachſteuer, das abzugs-
gelt, Hornsjurispr. publ. cap. 60 § 15 ſ. 659.
Es
[193]doͤrfer einrichtung.
Es iſt aber ſothaner abſchos eine gewiſſe ſumme
geltes, welche der hohen landes- auch wohl der
nidern oberkeit, nach dem herkommen von den guͤ-
tern, welche anderwaͤrtshin gebracht werden ſol-
len, zuruͤke bleiben muß, Johann Jodoc Bek
vom abſchoß und nachſteuer, Thomaſius, Knorr
de jure detract. et gabellarum jure,Kopp vom
abzugsrechte, in Eſtors kleinen ſchriften II ban-
de, ſ. 49 fg.
§ 463
Das abzugsgelt iſt zweierlei, und wird entwe-deſſen ein-
theilung.
der von den abziehenden perſonen, oder von den
außer landes, auch wohl aus einem orte in den
andern zu bringenden erbſchaften nach dem her-
kommen, oder vermoͤge des wiedervergeltungsrech-
tes (retorſion) gefodert, reichsabſchid vom jah-
re 1555 § 24, 1594 § 82, Weſtfaͤliſcher fride art.
5 § 37, von Leyſerſpecim. 226 med. 5 und 6.
§ 464
Vor dem 16ten jahrhundert weis man von die-wenn ſol-
ches aufge-
kommen
iſt?
ſer abgabe nichts. Sie iſt wegen der leibeigen-
ſchaft eingefuͤhret, und koͤmmt am erſten im reichs-
abſchide vom jahre 1555 § 24 unter dem namen
nachſteuer vor. Demnach ruͤret ſie weder aus
dem Roͤmiſchen, noch geiſtlichen, ſondern Teut-
ſchen rechten her, von Ludewig gelehrter anzei-
gen Iten theil, ſ. 196, H. Caſſeliſche grebenord-
nung ſ. 95 § 2, fg. Judenordnung 1739 § 38, und
1749 § 28 ſ. 18.
§ 465
Die nachſteuer und der abſchoß iſt nicht allerdas abzugs-
gelt iſt nach
den landen
und orten
unterſchi-
den.
orten einerlei. Es werden 3, 5, 10, 15 ꝛc. vom hun-
dert gegeben, wofern man nicht davon befreiet iſt.
Es ſind aber entweder davon einzele perſonen, oder
gemeinen, auch ganze lande vermoͤge gewiſſer frei-
Nheiten,
[194]LX. haubtſt. von der
heiten, und gedinge befreiet, ſihe das repertori-
um juris priuati, Iter theil, ſ. 89-101.
§ 466
voꝛhandene
rechtsmit-
tel,
Die rechtsmittel wider diejenigen, welche das
abzugsgelt nicht erlegen wollen, ſind ſowohl or-
dentliche, als außerordentliche, reichsabſchid
1594 § 82.
§ 467
pelpapier-
gelte.
Eine außerordentliche ausgabe iſt nicht minder
das ſtempel-papiergelt, kraft deſſen ein ieder un-
tertan die gerichtlichen und außergerichtlichen
handlungen auf einen mit des landesherrn zeichen
bemerkten bogen bringen laſſen muß, und fuͤr ſol-
che bogen den geſezten wehrt zu erlegen hat. In
deſſen unterlaſſungsfalle werden entweder die hand-
lungen nichtig, oder man hat deshalber eine ſtra-
fe zu gewaͤrtigen, F. H. Caſſeliſche verordnung
von dem ſtempelpapiere vom 9 Sept. 1749.
§ 468
pelpapier
trift alle
untertanen
Gleichwie aber das geſtempelte papier alle un-
tertanen betrift, und theils ſo viel deſſen einfuͤh-
rung anlanget, dieſes in das ſtaatsrecht gehoͤret,
und uͤbrigens ins kammer-weſen einſchlaͤget, ſo
wollen wir uns dabei nicht aufhalten, ſondern zu
einer andern baͤuerlichen laſt, naͤmlich der lehn-
ware (laudemium) lehngeld, anleidt, empfaͤng-
niß-gelt, oder handlon, ehrſchaz ꝛc. ſchreiten, F.
H. Caſſeliſche greben-ordnung, tit. 41 § 4 ſ. 95.
§ 469
handlon
iſt?
Die lehnware iſt eine abgabe, welche bei ge-
wiſſen hergebrachten faͤllen von des bauern lehn-
gute an den gutsherrn abgetragen werden muß.
§ 470
ches zu er-
legen iſt?
Bei den ſterbefaͤllen und verkaufen wird die
lehnware als eine erkenntlichkeit angeſehen. Es
gibet hohe und kleine lehnware, LuͤnigT. III.
corp.
[195]doͤrfer einrichtung.
corp. juris feud. ſ. 621 in der note. Sie haͤngetdeſſen gat-
tungen,
benebſt
dem wein-
kaufe.
theils von den landes geſaͤzen, und gewohnheiten,
theils vom gedinge ab, daher ſie mannigfaltig iſt,
Schilters diſp. de bonis laudemialibus und in
der 36 exercit. adπ. Imgleichen gehoͤret hieher
die ſterbe-lehnware, von LudewigII th. der
Haͤlliſchen anzeigen, ſ. 335. Im zweifel muß ſie
bei der veraͤnderung des gutesherrn und des bau-
ers entrichtet werden. In Ober-Heſſen beſtehet
ſie im gelte und korbe. In diſem wird der naſſe
oder der trockene weinkauf uͤberbracht. Der naſ-
ſe enthaͤlt eine oder mehrere maßen weines. Der
trockene beſtehet in kuchen und koͤppel kaͤſen. Wein-
kauf heiſet die lehnware darum, weiln bei den
Teutſchen die uͤbergabe einer ſache vermittels zu-
trinkung eines glaſes weines geſchahe, Johann
Wilhelm Hofmann im ſpecimine jurispru-
dentiae ſymbolicae veterum Germanorum §
17 ſ. 24 allein der weinkauf zeiget nach maasge-
bung der Teutſchen gewohnheiten nicht allezeit die
uͤbergebung des eigentumes an, von Weſtphal
am a. o. ſ. 5, 6 der bemeldten vorrede, und § 427
num. 45.
Ein und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von den kirmeſſen.
§ 471
Die kirchmeß, kirchweihe, kirmes, iſt ein zu-was kirmes
und woher
ſie ent-
ſprungen
iſt?
ſammengeſeztes wort, von kirche und weihe,
oder meſſe. Das wort weihe bedeutet heilig, ſihe
Diderich von Stade erlaͤuter- und erklaͤrung der
fuͤrnaͤmſten Teutſchen woͤrter, ſ. 717. In der
Wetterau heiſſet es die koͤrb und kirbe, ſihe den
wahrhaften bericht in ſachen Iſenburgiſcher un-
N 2terta-
[196]LXI haubtſtuͤck,
tertanen des gerichtes Reichenbach wider ihre
hochgraͤfliche landesherrſchaft Iſenburg-Birſtein,
num. 4 und 6 ſ. 1, 2 und hat ſeinen Urſprung von
der einweihung der kirchen, deren zu ehren alljaͤhr-
lich ein feſt angeſtellet worden iſt, wobei man ſich
mit eſſen und trinken, tanzen und ſpringen luſtig
gemacht hat. Daher noch heutiges tages die
bauer-kirmes bekannt iſt, welches eine allgemeine
luſtbarkeit der bauern benennet wird, Heinrich
Linkde juribus templorum, cap. 7, num. 3.
ſ. 126, Boͤhmer im jure eccleſ. proteſtant. lib. III
tit. 40 § 54 fg. ſ. 709 fg. Fleiſchers einleitung
zum geiſtlichen rechte B. II cap. XI § 46 ſ. 401,
Otto Sigism. Moriz von der Venne diſp. de
jure circa encaenia templorum, Erfurt 1718
an einigen orten wird auch der kindtaufsſchmaus,
oder kirchgangs-eſſen mit dieſem namen beleget.
§ 472
nungen
von den
kirmeſſen.
Dieweil aber der gemeine mann dabei viel uͤber-
fluß treibet, und ſich oft dadurch in ſeiner wirt-
ſchaft ſchadet; ſo iſt bereits deßfalls von Reichs-
wegen ziel und maas geſzet worden, volicei-ord-
nung zu Augsburg 1530 tit. 23, zu Frankfurt 1577
tit. 15, welchem beiſpile viele landesherren nachge-
folget und die kirmeſſen, wo nicht gaͤnzlich abzu-
ſchaffen, iedoch ſehr einzuſchraͤnken geſuchet haben,
F. Braunſchweig-Luͤneburg-Celliſche policeiord-
nung, cap. 34 ſ. 94, Link am a. o. num. 18, 19,
bevorab da ſich einige, als die gerichtsherren, wel-
chen dieſe luſtbarkeit etwas eintraͤget, wider das
erſte geſezet haben, wie dann auch z. e. als der bi-
ſchof zu Bamberg, Carl Friderich, graf von
Schoͤnborn, die kirchweih-taͤnze verbote, das dom-
kapitel ſie in ihrer freiheit erlaubete, welche ſache
hernach an das kaiſerliche und reichs-kammer-ge-
richt gedihe.
§ 473
[197]von den kirmeſſen.
§ 473
Aus ſothanen kirmeſſen iſt der kirchweihſchuz,woher der
kirchweih-
ſchuz ent-
ſtanden iſt
und worin
er beſtehet?
oder der uͤber die kirchweihe, die kaͤufer und ver-
kaͤufer, wirte und gaͤſte durch oberkeitliche anſtal-
ten vorgekehrte ſchuz entſtanden, Friſch am a. o.
I th. ſ. 516 unter dem worte, kirchweihſchuz, von
der Venne in der angezogenen diſp. cap. II, § 6
ſ. 20 fg., welcher folgendes in ſich begreifet: 1) die
oͤffentliche ausrufung des fride-gebots mit mus-
ketirs und dem amtsknechte, 2) die auffuͤhrung des
oͤffentlichen plans 3) die beſtrafung der in der kirch-
weihe ſich eraͤugenden frevel, ſchlagereien, und be-
guͤnſtigungen, 4) die einnehmung des markt- und
ſcholler geltes, 5) die verſtattung der muſik auf eine
geſezte zeit und ſtunde, 6) die viſitirung der wirts-
haͤuſer oder tabernen, Eſtors kleiner ſchriften
III band ſ. 385.
§ 474
Inhalts der F. H. Caſſeliſchen greben-ordnungwie es da-
mit in den
F. H. Caſ-
ſel. landen
gehalten
werde?
tit. III § 1 ſ. 11 darf keine kirmes gehalten werden,
wo nicht vorher den beamten oder gerichtshaltern
ſolches angezeiget, und ſelbigen die desfalls zu erle-
gen verordnete gelter fuͤr das zuchthaus bezalet
worden ſind. Sihe auch die F. H. Caſſeliſche
verordnung von ſpilen auf muſikaliſchen inſtru-
menten bei hochzeiten, kirmeſſen ꝛc. 1739 fol. In
den F. Sachſen Gothaiſchen landen ſollen die kirch-
meſſen alle auf einen tag gehalten werden, ſihe
die fernere beifugen zur S. Gothaiſchen landes-
ordnung cap. 1 ſ. 98 fg.
§ 475
Unterdeſſen hat dieſe bauern-luſt zu einigendie ſpruͤch-
woͤrter von
den kir-
meſſen.
ſpruͤchwoͤrtern anlas gegeben, naͤmlich: „man
„laſſe die bauern ihre kirmes ꝛc. Piſtorius cent.
III par. 58 ſ. 320 ingleichen „es iſt kein doͤrflein
N 3„ſo
[198]LXII haubtſt. von den
„ſo klein, es iſt doch des jahres einmal kirchweih
„darein, cent. 4. par. 44 ſ. 347.
Zwei und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von den herren zehnten.
§ 476
Zu den baͤuerlichen abgaben rechnet man uͤber-
diß den herren-zehnten. Denn der pfaffen-
zehnte gehoͤret in das geiſtliche recht, Eſtors an-
merkungen uͤber das ſtaats- und kirchenrecht § 355
ſ. 549 fgg., von Buri am a. o. ſ. 567 fgg.
§ 477
herꝛenzehn-
te iſt?
Der herren-zehnte heiſet eine abgabe des bauern
von ſeinen fruͤchten auf dem felde und jungen vie-
he, welche an einen zehntherrn entrichtet wird,
von Weſtphal am a. o. vol. II ſ. 502, der zehn-
te vom viehe heiſet der blutzehnte, auch vermiſchte
zehnte, als von rindern, kaͤlbern, ſchaafen, zi-
gen, ſchweinen, laͤmmern, gaͤnſen, huͤnern. Von
der wolle, milch, butter, kaͤſe, von bienen-ſchwaͤr-
men, wachs, honig ꝛc. einiger orten.
§ 478
Was zun zeiten der Franken desfalls herkoͤmm-
lich geweſen iſt, lehret Hert vol. II T. I ſ. 209
und T. II ſ. 140. Inſonderheit hat Boͤhmer vol.
I conſil. 4, von Weſtphal in der angezogenen
vorrede zum 4ten bande der monumentorum in-
editor. ſ. 86, Meindersde origine et jure de-
cimarum,Eſtor am a. o. § 380 fg. ſ. 561,
Schoͤttgen am a. o. cap. XI ſ. 191 fg. Die Teut-
ſchen hielten dafuͤr, der zehnte gehoͤre dem koͤnige,
daher die koͤnigszehnten in den Teutſchen urkun-
den vorkommen.
§ 479
[199]herren zehnten.
§ 479
Der zehnte wird in den groſen und kleinen ein-deſſen ein-
theilung.
getheilet; jener beſtehet in allerhand getraide,
weinzehnten, oͤle ꝛc.; dieſer in verſchidenen kuͤ-
chenſpeiſen, ſaͤmereien, flachs, eier, kaͤſe, milch,
wolle, gewaͤchſe vom garten, baͤumen, jungen
viehe ꝛc.; Oeſterreichiſche zehntordnung § 2, Chur
Markbrandenburgiſche zehntordnung vol. V con-
ſtitutionum Marchicar. th. V abth. II cap. II ſ.
343-345 und th. II cap. II ſ. 138 num. 62, Chur-
Braunſchweig-Luͤneburg zehntrechtsordnung, im
III theile cap. 4, der Chur-Braunſchw. Luͤneburgi-
ſchen landesverordnung ꝛc. Eſtor am a. o. § 372
ſ. 557, Saͤchſ. landrecht lib. II art. 48, Wuͤrzbur-
giſche zehntordnung, § die heu und kleine ꝛc. Baie-
riſch landrecht tit. 28 § 11, 12, Hahnde jure de-
cimarum cap. 13, Schroͤter vom zehnten, cap.
III. Die eintheilung zu dorf und feld iſt auch uͤb-
lich, ſihe die Brandenb. Baireutiſche zehntord-
nung, Stiſſers einleitung zur landwirtſchaft, F.
H. Caſſeliſche zehntordnung 1737, 1747 und gre-
ben-ordnung tit. 27 ſ. 64 fg. Blum vom zehntrech-
te, cap. 17 § 7.
§ 480
Die zehnten werden entweder von den fruͤchten,der todte
und leben-
dige zehnte.
oder von dem vihe entrichtet. Daher der unter-
ſchid unter dem lebendigen und todten zehnten be-
kannt iſt. Sihe die Brandenburg-Baireutiſche
zehntordnung und Bambergiſche zehntordnung.
An einigen orten hat man den garten und kuͤchen-
zehnten, welcher der obſt- und kraut auch ruͤben
zehnte in der Wetterau heiſſet. Von tauben-
zehnten ſpricht die F. H. Caſſeliſche greben-ordnung
ſ. 69 § 3. Der kuh zehnte iſt, wo von ieder kuh
ein kaͤſe gegeben wird; der ſchweinzehnte ertraͤget
von ieder geburt eines, Eſtor am a. o. § 372 ſ. 557.
N 4Stiſſer
[200]LXII haubtſt. von den
Stiſſer am a. o. ſ. 260 § 23. In Oberheſſen
heiſſet der zehnte von den kaͤlbern, laͤmmern, gaͤn-
ſen, fuͤllen ꝛc. das gejuͤngſt oder der blut zehnte.
§ 481
wie oft ge-
zehntet
wird?
Alles was der aker traͤget, wird gezehntet, mit-
hin auch der tobak, die tartuffeln ꝛc. Wird der
aker zweimal des jahres beſamet, ſo zehntet man
ihn auch doppelt, Zink im oͤkonomiſchen lexico
ſp. 3332, Stiſſer am a. o. § 17 ſ. 255, wird in die
brache geſaͤet, iſt der zehnte davon zu geben, Gaſ-
ſer am a. o. cap. X § 111. ſ. 217, H. Caſſeliſche
zehnt-ordnung 1737 § 2, § 14.
§ 482
kuͤchen-
zehnte ge-
leiſtet wird.
Wo der kuͤchen-zehnte hergebracht iſt, allda
werden kraut, ruͤben, bonen ꝛc. gezehntet, ſihe die
Luͤneburgiſche zehntordnung § 1, das Baieriſche
landrecht am a. o. § 10, die kaͤrntiſche zehntord-
nung § 12, den Blum am a. o., Werndle vom
zehntrechte, Schoͤpfensdeciſ. Tubing. Mit der
ſtadt Gieſſen hatten die adelichen zehntherren einen
rechtsſtreit wegen des tobakzehntens. Von tar-
tuffeln-zehnten im Naſſauiſchen handeln die an-
merkungen uͤber das ſtaats- und kirchenrecht ſ. 557.
§ 483
zehnten.
Werden wuͤſte oͤrter angebauet, ſo gehoͤret dem
herrn der rottzehnte, oder neubruch, ſihe die F. H.
Caſſeliſche rottungsordnung vom jahr 1733 und
zehntordnung 1737 § 19, Stiſſer am a. o. § 21,
22 ſ. 258 fg. Philips Helfrich Krebsde ligno
et lapide P. I claſſe 4 ſect. 16 § X ſ. 209 fgg.
Hiervon iſt die oberheimgeraida und geraida um
Strasburg, Landau, Turkheim ꝛc. unterſchiden,
ſihe Franz Chriſtoph Schattenmanns diſp. de
oberheimgeraida, Strasburg 1753. Wo aber
keine verordnung iſt, auch die pfarre des ortes den
zehnten
[201]herren zehnten.
zehnten nicht zihet; allda iſt kein rott-zehnte, ſon-
dern der aker iſt zehnt-frei.
§ 484
Der zehnte iſt entweder der garben- oder ſak-der garben
und ſak-
zehnte auch
der treſenei
zehnte. Dieſer heiſet, wenn eine gewiſſe anzal
frucht an ſtatt der zehnten geliefert wird, ie-
doch hindert dieſes hernach die kuͤnftigen jahre
nicht, den garbe zehnten zu heben, Eſtor am a. o.
§ 373 ſ. 557, Zinck am a. o. ſp. 3333. Der gar-
ben-zehnte iſt unterſchiedlich, Stiſſer am a. o.
§ 15 ſ. 254, Pufendorf in obſeruationibus iuris
vniuerſ. T. I obſ. III obſ. 112 ſ. 294 fgg., T. II
obſ. 137 ſ. 484 fgg. Friſch am a. o. im II th. ſ. 467
die treſenei oder ſchmaalſaat zehnte wird von der
ſchmalen ſaat, oder von den ſchmalen plaͤzen in
anſehung des getraides gegeben; zur ſchmalen ſaat
gehoͤren: hirſen, linſen, kraut, ruͤben, tobak ꝛc.
Die treſenei wird der frucht entgegen geſezet, und
bedeutet allerhand gewaͤchſe, welche geringer als
das getraide ſind, F. H. Caſſeliſche zehnt-ordnung,
1737 § 2, § 14 1747, F. H. Darmſtaͤdtiſche kam-
mer und zehntordnung 1718, fol.
§ 485
Man hat auſſer dem die hauszehnten, da vonvon haus-
und andern
zehnten,
auch deſſen
anſchlage,
iedem hauſe z. e. ein rauchhun geliefert wird;
ferner ſtreu- wieſen- holz- fiſch und andre zehnten,
welche nach den unterſchiedlichen gewonheiten der
oͤrter zu beurtheilen ſind, und von den fordernden
erwiſen werden muͤſſen, Gaſſer am a. o. § 4, ſ. 218
bevorab wenn der aker oder das grundſtuͤk nicht in
der zehnt flure liget, Zink am a. o. ſp. 3333, Pufendorf
am a. o. T. I obſ. 112 T. II obſ. 32 ſ. 126 fgg. Krebs
am a. o. P. I, claſſe 15 ſ. 499 fgg., und im faſci-
culo quaeſt. XIII. ſ. 86 fgg., wie aber der zehnte
in anſchlag gebracht werden koͤnne, hat Gaſſer,
N 5am
[202]LXII haubtſt. von den
am a. o. cap. X, § VII ſ. 221 bemerket. In den
Chur-Brandenburgiſchen landen hat der fleiſch-
und dorf-zehnte ſeine gewiſſe taxe, ſihe die koͤnigl.
Preuſiſche hypotheken-ordnung ſ. 21 num. 17; der
garben-zehnte aber wird im Magdeburgiſchen nach
dem ſchoke auf 2 rthlr. 12 gl. in anſchlag gebracht.
Wie der flachs- und andere brachfruͤchte-zehnte im
H. Caſſeliſchen angeſchlagen werden ſolle? ſolches
beſaget die greben-ordnung ſ. 66 § 2 und zehnt-
ordnung 1737 § 15 ſ. 10.
§ 486
fortzaͤlung.
Der lebendige fleiſch- oder blut zehnte wird von
allerhand viehe entrichtet, wenn ſolches gewoͤnet
iſt, oder nicht mehr an der mutter ſauget, oder die
alten es verlaſſen haben. Wegen des fortzaͤlens
inſonderheit der gaͤnſe, oder des kleinen zehntens
uͤberhaubt vom jungen viehe iſt zu merken, daß
man zwar bei dieſem fortzaͤlen kan, aber nicht beim
frucht zehnten, ob gleich der hofrath Reinhard
vom fortzaͤlen des zehntens dieſes behaubten will,
wofern es nicht beſonders hergebracht, und durch
die landes geſaͤze verordnet iſt, F. H. Caſſeliſche
zehntordnung 1737 § 5 ſ. 6. Vor der haubt-ſchaaf-
zale und dem hammelſchnitte, darf, inhalts der
H Caſſeliſchen greben-ordnung ſ. 80 § 2. kein
ſchaaf-vieh verkaufet werden. Von der entrich-
tung der laͤmmer, ſihe den Blum am a. o. cap.
XVII, § 7 fg. Der hammelſchnitt wird alſo ge-
nennet, weiln bei zaͤhlung des ſchaf-vihes ieder 10te
hammel aufs kaͤrb-holz angeſchnitten wird. Von
den zehnt-laͤmmern ſind die weide-haͤmmel unter-
ſchiden, da der zehnte vor den genuß der hute aus-
gehoben wird. Wie die ſchafe bei zuſammen ge-
triebener heerde ausgezehntet werden, alſo ver-
meinete der von Baumbach zu N. daß die gaͤnſe
nach der heerde zu zehnten waͤren. Alldieweil aber
das
[203]herren zehnten.
das herkommen beim zehnten die einzige maasregel
iſt, ſo ſprache die hiſige facultaͤt wider ihn. Im
freigerichte Reichenbach, Iſenburgiſcher hoheit,
werden ebenfalls die weidhaͤmmel gegeben. Sihe
den wahrhaften bericht ꝛc. in ſachen Iſenburgiſcher
unterthanen des gerichtes Reichenbach wider ihre
hochgraͤfliche landesherrſchaft Iſenburg-Birſtein ꝛc.
ſ. 53, ſ. 95.
§ 487
Zu richtiger erlangung des zehntens ſind zehn-vom zehnt-
maler.
ter, zehntheber, zehntknechte, oder abzehnter zu
ſezen und zu vereiden, welche, wenn es ihnen an-
geſaget wird, dem auszehnten beiwonen, Stiſſer
am a. o. § 18 § 19, 20 ſ. 256 fgg. F. H. Caſſeliſche
zehent-ordnung vom jahre 1737 § 3 ſ. 5.
§ 488
Wer zehentpflichtig iſt, und bisher gelt dafuͤrder zehnte
kan in na-
tur gefor-
dert wer-
den.
gegeben hat, derſelbe kan dennoch angehalten wer-
den, den zehnten in natur zu liefern; wogegen das
herkommen nichts thut, weilen dieſes nur darauf
gehet, was zehntbar iſt. Iſt aber der zehnte auf
ein gewiſſes gelt geſezet, ſo muß ſolches entrichtet
werden, es mag etwas gewachſen ſeyn, oder nicht,
Krebs am a. o. P. I claſſe §. III num. 2 ſ. 501.
§ 489
Der gemeine ſtehet nicht zu verwehren frei, dendie gemeine
hat gewiſ-
ſer maſſen
den vorzug
bei deſſen
verpach-
tung.
zehnten an einen auswaͤrtigen zu verpachten; iedoch
wenn ſie eben ſo viel, als ein anderer geben will,
genuͤſſet ſie den vorzug, damit das geſtroͤh in dem
dorfe bleibe, Stiſſer am a. o. § 16 ſ. 255. F. H.
Caſſeliſche zehnt-ordnung vom jahre 1714 und vom
jahre 1737 § 30 ſ. 15.
§ 490
Vom zehnten hat man folgende ſpruͤchwoͤrter:die ſpruͤch-
woͤrter da-
von.
1) wo der pflug hingehet, da gehet auch der zehnte
hin,
[204]LXIII haubtſtuͤck
hin, 2) wiſen und zehnten ſind gut nehren, 3) es iſt
beſſer ein kleiner zehnte, als eine groſe zent, Piſto-
rius am a. o. cent. VIII, par. 77-79 ſ. 777 fgg.
Drei und ſechzigſtes haubtſtuͤck
vom geſinde.
§ 491
geſinde im
weitlaͤufti-
gen
Ein hauswirt ſowohl in der ſtadt, als auch auf
dem lande brauchet geſinde (gaſindi). Die-
ſes wort wird entweder im weitlaͤuftigen verſtande
genommen, und bedeutet alle broͤdtlinge maͤnnli-
chen und weiblichen geſchlechtes, auch den verwal-
ter, ſchreiber, koch, gaͤrtner, die ammen, franzoͤ-
ſin ꝛc. ſihe die oͤkonomiſche fama, th. X ſ. 96, im-
gleichen den kuͤnſtlichen laquai, ferner die made-
mo ſelle in Gottſcheds ſchaubuͤhne, welche um ein
gewiſſes lied-lon und die taͤgliche koſt dienen, dar-
nebſt die befehle ihrer herren mit aller treue, auch
moͤglichſtem fleiße und eifriger ſorgfalt ausrichten
ſollen.
§ 492
nem ver
ſtande be-
deute?
In eigenem Verſtande begreifet man die diener,
knechte und maͤgde darunter.
§ 493
theilung.
Das geſinde wird in das freie und zwang ge-
ſinde eingetheilet, welches nach den mannigfalti-
gen verrichtungen wieder verſchidene benennungen
erhaͤlt Zink am a. o. ſp. 932. In den Saͤchſiſchen,
Lauſiziſchen, Churbrandenburgiſchen, Magdebur-
giſchen, Weſtfaͤliſchen, Oeſterreichiſchen ꝛc. lan-
den hat man den dienſtzwang, Stiſſer am a. o.
cap. XVI, II abth. ſ. 374 fg.
§ 494
[205]vom geſinde.
§ 494
Das geſinde hat den dienſt treu und redlich zuund oblie-
genheit.
thun, es darf nichts entwenden bei leib- und lebens-
ſtrafe, F. H. Caſſeliſche grebenordnung ſ. 16, 17
§ 13 fg. und nach der neuen F. H. Caſſeliſchen ver-
ordnung von den hausdiebſtaͤlen vom jahre 1752
hat das geſinde ſein leben verwirket das vier thaler
werth dieblich entwendet, F. Braunſchweig-Wol-
fenbuͤtteliſche geſinde-ordnung und landordnung
§ 87, Chur-Braunſchweig-Luͤneburgiſche dienſt-
boten-ordnung § 20 im III th. cap. 4. Selbiges
muß, wenn es ſich vermieten will, ſcheine haben
und vorzeigen, ohne welche ſelbiges nicht angenom-
men werden ſoll, policeiordnung 1530 tit. 31, 1548,
tit. 24, 1577, tit. 25, das geſinde darf ſich nicht
doppelt vermieten. Es muß alle ehrliche arbeit
verrichten, feuer und licht wohl in acht nehmen,
auſſer der zeit nicht aus dem dienſte gehen, und ſoll,
wenn es nicht laͤnger dienen will, in zeiten den
dienſt aufſagen, das ihm anvertraute bei endigung
des dienſtes zuruͤk geben, F. H. Caſſeliſche geſinde-
ordnung vom jahre 1736, fol. grebenordnung ſ. 13-
17, Stiſſer am a. o. § 5-7.
§ 495
Der dienſtherr iſt ſchuldig ſeinem geſinde dasdes dienſt-
herrns ob-
ligenheit.
behoͤrige an eſſen, trinken und was ſonſt gewoͤnlich
iſt, zu reichen, auch das verſprochene, oder geſaͤz-
maͤſige dienſtlon zu geben.
§ 496
Das verdiente lidlon hat ſeine beſondere vorzuͤ-vom
lidlone.
ge, auch nach dem gerichtsbrauche bei den concur-
ſen. Inhalts der F. H. Caſſeliſchen verordnung
vom jahre 1751 ſoll das dienſtlon von den zwei lez-
ten jahren in die erſte claſſe bei den concurſen geſe-
zet werden; dahingegen das uͤbrige ruͤckſtaͤndige
unter die perſoͤnlichen ſchulden verwiſen worden iſt.
Auſſer
[206]LXIV haubtſt. von den
Auſſer dem ſoll der geſinde-proceß ganz ſummariſch
ſeyn, F. H. Caſſeliſche proceßordnung vom jahre
1745 § 51, 52, Chur-Saͤchſiſche erlaͤuterte proceß-
ordnung uͤbern tit. 1, § VI, Chur-Braunſchweig-
Luͤneburgiſche dienſtboten-ordnung § XI. Von der
gerichtsbarkeit uͤber das geſinde, ſihe Carl Gott-
lieb Knorrens diſp. de familiae conductitiae
foro competente, inprimis in Saxonia ele-
ctorali, Halle 1748, Stryks diſp. de jure dome-
ſticorum,Ludovicide jure et jurisprudentia
domeſtica cet.Schefferde famulis,Ferdinand
Chriſtoph Harprechts diſp. de jure domeſtico-
rum, vol. 1 diſſertat. academ. num. IV.
Vier und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von den tageloͤnern oder hand-
arbeitern.
§ 497
geloͤner iſt?
Man brauchet ſowohl in den ſtaͤdten als doͤrfern
tageloͤner. Diſer iſt derjenige, welcher
kein handwerk treibet, ſondern um das taͤgliche lon
die haus- oder feldarbeit verrichtet. Es arbeiten
nicht allein manns- ſondern auch weibsperſonen
um das tagelon.
§ 498
rechte
Die tageloͤner haben beim concurſe nach des
Lauterbachs meinung ein vorzuͤgliches recht, und
kommen in die erſte claſſe, ſihe deſſen collegium
theoretico-practicum lib. 42 tit. 5 § 31. denn
man ſaget: verdienter lon ſchreiet zu Gott, Pi-
ſtorius cent. VI par. 67 ſ. 516, Hert par. 20. Ihre
ſachen werden ſummariſch abgethan.
§ 499
[207]tageloͤnern und handarbeitern.
§ 499
Die tageloͤner ſollen die gedingte arbeit fertigen,und oblie-
genheiten.
die beſtimmten ſtunden aushalten, niemanden aus
faulheit die dienſte verſagen, noch allzu großes lon
fordern. Sie duͤrfen kein trinkgelt verlangen.
Es kan ihnen verboten werden, auſſer landes, ohne
vorbewuſt der oberkeit, arbeit zu ſuchen ꝛc. F. S.
Gothaiſche landesordnung, P. II cap. 3 tit. 48
ſ. 220, ſ. 265, und P. III num. 20, 21 ſ. 452 fgg.,
Chur-Brandenburgiſche dienſtboten- und tageloͤ-
ners-ordnung beim Mylius am a. o. im V theile
III abth. ſ. 35, 51, 72 fgg., F. H. Caſſeliſche tax-
ordnung, tit. 66 und folgen aus der policei- und
landordnung 1645 tit. 16 ſ. 48 fgg. Dergleichen
taxordnungen von dem tagelone muͤſſen oͤfters wie-
derholet werden, Zink am a. o. ſp. 2870.
§ 500
Ob aber einem gerichts- auch erbherrn, oderob ein vor-
zugsrecht
dem erb-
oder ge-
richtsherrn
auch dem
pfarr der
tagloͤner
halber zu-
komme?
pfarrern in abſicht auf die tageloͤner ein vorzugs-
recht fuͤr andern zuſtehe? iſt annoch unter den
rechtsgelehrten ſtrittig, wie man ſolches beim
Carpzovelib. I tit. 6 reſponſ. 58, und reſponſ. 59
findet. Allein, wo das geſaͤz, oder die gewonheit
dißfalls ermangelt, koͤnnen die tageloͤner arbeiten,
wo ſie wollen. Inhalts der Schwarzburgiſchen
kirchen-ordnung art. 13 § 18, iſt dem pfarrer ein
vorzugsrecht, ſo viel die pfarraͤker und die dabei
noͤtige arbeit belanget, zugeſtanden worden.
§ 501
Die adelichen koͤnnen in ihre gerichtsdoͤrfer inob die ade-
lichen fꝛem-
de tageloͤ-
ner nach
ihrem ge-
fallen an-
nemen moͤ-
gen?
ihre adelichen haͤuſer fremde tageloͤner zur mithe
uͤber die maße nicht annehmen; geſtallt ſonſt den
hand arbeitern des ortes die narung entgehet, an-
benebſt deren kinder den einwonern mit betteln zur
laſt fallen; zu geſchweigen, daß die garten-feld-
und holz-deuben dadurch ſehr vermeret werden,
wie
[208]LXV haubtſtuͤck
wie alſo 1743 in ſachen der B. zu S. wider die
S. zu S. geſprochen worden iſt.
§ 502
ihre arbeit
dauret?
Was die zeit ſowohl ſtunden des tages belan-
get, wenn die tageloͤner die arbeit antreten und
endigen ſollen, wie es auſſerdem mit dem morgen-
brode auch den ruheſtunden zu halten ſei, beſagen die
landesgeſaͤze und gewonheiten. Nach maasge-
bung der F. H. Caſſeliſchen folgen aus der policei-
und land-ordnung art. XVI ſ. 48 ſollen ſie von
Walpurgis an bis auf Bartolomaͤi fruͤhe um 4
uhr zum anfange der ſommerzeit aber von Petri
bis zu Walpurgis und ſonſt wenn der tag wieder
abnimmet, von Bartolomaͤi bis auf Galli, wie
auch die uͤbrige ganze winterzeit allwege mit dem
tage an ihre arbeit treten, und im ſommerlone von
vieren des morgens bis um eilf, ſodann von ein
ur nachmittag bis zu ſechs ur, im winter hingegen
vom morgen mit dem tage bis auf zwoͤlf und dann
von ein ur bis es dunkel wird, ihrer arbeit treulich und
fleiſig obligen, doch moͤgen ſie zur ſuppe von Petri
an bis auf Walpurgis eine halbe ſtunde, von Bar-
tolomaͤi bis auf Galli abermals eine halbe ſtunde
und nicht daruͤber, iedesmal zum morgenbrode ab-
gehen; allein von Galli bis wieder auf Petri ſoll
die ſuppenſtunde nicht gehalten, ſondern ein ieder
arbeitsmann unabgegangen auf ſeiner arbeit ver-
bleiben.
Fuͤnf und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von den gaſtwirten.
§ 503
gaſtgeber
ſei?
Ein wirt heiſſet dem worte nach einer, der bier
ſchenket, und diejenigen, welche bier bei ihm
trinken, nennet man gaͤſte. Hier aber bedeutet
ein
[209]von den gaſtwirten.
ein gaſtwirt denjenigen, welcher um ein gewiſſes
geld fremde leute herberget, auch ſelbige, ſowohl
einheimiſche, auf verlangen, mit ſpeiſe und trancke
verſihet, weshalber dergleichen leute gaſtgeber
heißen.
§ 504
Das recht gaſthoͤfe anzulegen iſt ein regal,das recht
gaſthoͤfe
anzulegen
iſt ein regal
Klock vol. I conſil. 8 num. 125, ungeachtet ver-
ſchidene das gegenteil behaubten wollen. Es darf
daher niemand, als der wirt herbergen, und muß
er iedermann, auſſer verbotenen und verdaͤchtigen
perſonen, aufnehmen, Beſold im theſauro pra-
ctico unter dem worte: wirt, MeviusP. III
dec. 63 num. IMuͤllers diſp. de jure peregrin.
§ 33, Moͤbiusde jure hoſpit. mercenar. § 72,
die reiterbeſtallung zu Speier vom jahre 1570
art. 79, Schaumburgiſche policeiordnung cap. 25,
F. Wuͤrtenbergiſche L. O. tit. von wirten und
gaſtgebern § 3.
§ 505
Auf den doͤrfern hat die gerichtsherrſchaft ge-wer ſolche
auf den
dorfern
meiſtens
habe?
meiniglich das wirtshaus, und das recht ſolches
zu verpachten, Meklenburgiſche policeiordnung
ſ. 352, Barth im diſſenſu in praxi 335 § 1 und
diſſenſu 588, Bek vom gaſtrechte, cap. 3 § 14 fg.
Beſold am a. o. unter dem worte: Gaſt, von
der Schulenburgde priuilegiis et praeroga-
tiuis nob. mediat. ſ. 75 fg.
§ 506
In den ſtaͤdten haben theils der ſtadtrath, theilswer ſolche
haben und
anlegen
koͤnne?
andre, aus herrſchaftlicher verguͤnſtigung, das
recht gaſthoͤfe zu halten, oder zu ertheilen, ſihe die
F. H. Caſſeliſche policei- und landesordnung vom
jahre 1645, 4, art. X ſ. 37, die Schaumburgiſche
policeiordnung cap. 25 ſ. 260, die Magdeburgiſche
Opolicei-
[210]LXV haubtſtuͤck
policeiordnung § 1 ſ. 353, welches in dem rechte
das ſchild auszuhaͤngen beſtehet, und ſowohl per-
ſonen zu beherbergen, als auch pferde in ſtallun-
gen aufzunemen vergoͤnnet.
§ 507
recht der
gaſtgeber
wie weit
ſich ſolches
erſtreke?
Wer eine herrſchaftliche begnadigung daruͤber
hat, dem kommet das recht andern zu verbiten
zu, daß ſie die wirtſchaft und das ſchenkrecht nicht
treiben, wie alſo in ſachen des kammerfiſcals zu
Hannover wider die ſtadt Salzhemmendorf und
des amtes daſelbſt; imgleichen in ſachen des gaſt-
wirtes zu Minden wider N. N. erkannt worden
iſt. Sihe indeſſen den Barth im diſſenſu 727
§ 3 und diſſenſu 740 § 2. Wie dann auch der
von Graͤfendorf entgegen N. N. zu Maͤchter-
ſtaͤdt dahin es hat nachgeben muͤſſen. Naͤchſt
dieſem koͤnnen auch die adelichen auf den doͤrfern
und diejenigen, welche erbkrezmar haben, die auf-
richtung neuer wirtshaͤuſer verbiten nicht minder
der fiſcus.
§ 508
ſtungs recht
an einen
andern ort
verleget
werden
koͤnne?
Jedoch darf ein wirtshaus ſo wenig von einem
hauſe, auf das andre, als weniger von einem
orte an den andern, ohne erlaubnis des obern,
verleget werden, Leyſer im jure georgico lib.
III cap. 19, Beyer in der delineatione juris Ger-
manic. ſ. 83, 84, num. 4, Barth im diſſenſu 341
§ 2 und diſſenſu 334.
§ 509
wirt kan
brauen,
Ein wirt hat in anſehung ſeines gaſthofes das
braurecht, und darf brandewein brennen, imglei-
chen breihan ſchenken.
§ 510
weinſchank.
In den ſtaͤdten haben ſie auch wohl den wein-
ſchank; iedoch auf erhaltene erlaubnis von der
rent-
[211]von den gaſtwirten.
rentkammer, wofern ſonſt keine andere einrichtung
des weinſchenkens halber in den ſtaͤdten befunden
wird, ſihe die folgen aus der F. H. Caſſeliſchen
landes- und policei-ordnung, ſ. 28, Fritſchde jure
oenopolii, cap. II,Meviusad jus lubecenſe
lib. III tit. 6, art. 12 § 4, ſammlung verſchidener
verordnungen, welche in handlungs-ꝛc. ſachen der
kaiſerl. freien reichsſtadt gegangen ꝛc. ſ. 148.
§ 511
Niemand kan vom wirte zum mit eſſen gezwun-von der
gaſtgeber
rechnungen
gen werden. Die rechnungen duͤrfen nicht von
gaſtwirten uͤberhaubt, ſondern ſtuͤkweiſe gema-
chet werden. Sie ſind den taxordnungen unter-
worfen, und haben fuͤr die ſachen der gaͤſte zu haf-
ten, Krauſens diſp. de actione de recepto ca-
ſum fortuitum non perſequente. Sie haben
das recht ſich an dieſe, wegen desjenigen, was
rechtmaͤſiger weiſe verzehret worden iſt, zu halten,
Richter in der deciſ. 77 num. 39, Wehner in
obſeru. pract. unter dem worte: wirt, Berlich
P. I, concl. 73, num. 102 fg., und werden deswe-
gen an manchen orten zum erfuͤllungs-eide gelaſ-
ſen, Oſtfriſiſches landrecht lib. II cap. 279. Je-
weilen wird ihnen durch die landesgeſaͤze fuͤrge-
ſchrieben, wie hoch ſie borgen ſollen, z. e. in der
F. H. Caſſeliſchen greben-ordnung iſt verordnet,
daß die wirte einem bauer nicht mehr denn 16 al-
bus borgen ſollen, tit. VI § 5 ſ. 20. Wegen des
borgens der ſtudenten handeln die fuͤrſtlichen ver-
ordnungen beim Eſtor in den Marburgiſchen bei-
traͤgen, vermoͤge der S. Gothaiſchen L. O. P. II,
cap. 3 tit. 12, der Altenburgiſchen L. O. P. II,
cap. 3 tit. 2 iſt des borgens halber fuͤrſehung be-
ſchehen, welches in den Chur-Braunſchweig-Luͤne-
burgiſchen und Wolfenbuͤtteliſchen, Schleſiſchen
und andern landen, ebenfalls durch die landesge-
O 2ſaͤze
[212]LXVI haubtſtuͤck
ſaͤze beſtimmet iſt. Von der policeimaͤſigen ein-
richtung der gaſthoͤfe, ſihe die Leipziger ſammlun-
gen im VIII und VIIIIten ſtuͤke. Daß die gaͤſte,
wie in Frankreich und Italien al paſto mit dem
gaſtgeber vorher dingen, iſt ihnen nachgelaſſen.
§ 512
gaſthoͤfe
anzuſchla-
gen ſind?
Die gaſthoͤfe ſind ein feines zugehoͤr bei den land-
guͤtern, welche verpachtet, verkaufet, oder iewei-
len mit erbzins ausgetan werden koͤnnen, wannen-
hero ſie in anſchlag gebracht werden muͤſſen, ſihe
Stiſſer am a. o. ſ. 360 § 36.
§ 513
woͤrter von
den wirten
und der
wirtſchaft.
Von den wirten und der wirtſchaft hat man
verſchidene ſpruͤchwoͤrter, z. e. „wie der wirt iſt,
„ſo ſind auch die gaͤſte; das gelt im beutel duzet
„dem wirt; es muß ein ſchlechter wirt ſeyn, der
„einem nicht eine zeche borgen kan, Piſtorius
cent. VII par. 86, ſ. 662, cent. VIII par. 12, 13 ſ. 693,
694, imgleichen: „ein fuhrmann der ein kniker iſt,
„und allzeit aus dem kober friſt, auch mit bringt
„haber und heu, der bring auch mit ſtall und ſtreu.
„Ich heis Johannes Kneipele; drum thu dich auf
„dein beutele.
Sechs und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von den fuhrleuten.
§ 514
fuhrleute
ſind?
Fuhrleute ſind ſolche perſonen, welche mit ihren
karren und wagen durch pferde ſowohl men-
ſchen, als auch deren guͤter und waaren fuͤr einen
bedingten lon von einem orte zum andern bringen.
§ 515
ſelbige ſind.
Sothane fuhrleute ſind entweder von der lan-
des oberkeit mit beſondern freiheits-briefen dißfalls
verſehen
[213]von den fuhrleuten.
verſehen worden, oder ſie verrichten die fuhren
nach ihrem eigenen willkuͤre; Es entſtehen daher
oͤffentliche und gemeine, auch privatwagen und
landkutſchen, von Beuſt vom poſtregal, III theil,
ſ. 5 fgg. ſihe auch die ordnung von der Bremiſchen
ordinanz-fahrer-boͤrde in der angezogenen ſamm-
lung der verordnungen ꝛc. ſ. 239 fg.
§ 516
Die fuhrleute, welche ſich auf das fuhrweſenwas die
fracht be-
deute?
legen, und ſich davon erhalten, pflegen fracht zu
fahren. Die fracht hat mannigfaltige bedeutungen,
naͤmlich, es zeiget ſelbige entweder das gut oder
das lon an. Der befrachter iſt diejenige perſon,
welche das gut und die waaren von einem orte
zum andern gegen ein gewiſſes lon fahren laͤſt.
Bei der ſchiffart bedeutet das befrachten: ein
ſchif entweder ganz, oder zum teile zur uͤberfart
ſeiner guͤter miten oder in beſtand nemen; imglei-
chen ein ſchif ausruͤſten. Bei den fuhrleuten hat
man ihre contracte, ihre rechte, die verbrechen,
ihren zugefuͤgten, benebſt dem erlittenen ſchaden
auf oͤffentlicher heerſtraßen ꝛc. zu betrachten,
reichsſchluß 1670, von Beuſt am a. o. Sect. V,
Harpprechts diſp. de jure aurigarum circa
contractus et quae ad illorum ſecuritatem et
indemnitatem ſpectant, de jure aurigarum circa
delicta, im erſten bande der diſſertationum aca-
demicarum num. XIII-XV,Salanders recht der
fuhrleute.
§ 517
Die fuhrleute und ſchiffer, welche wein fuͤhrenihre ver-
brechen.
und denſelben verfaͤlſchen, die fracht verkaufen,
oder verpfaͤnden, ſollen nach befinden am leibe
oder leben beſtrafet werden, policeiordnung 1548,
1577 tit. 16, reichsſchluß 1670. Sie duͤrfen keine
ab- und umwege zu abbruch der berechtigten zoll-
O 3ſtaͤtte
[214]LXVII haubtſtuͤck
ſtaͤtte bei ſtrafe der confiſcation nemen, wofern
die waaren ihnen zu gehoͤren, oder ſolches auf das
geheis des eigenthuͤmers der waaren geſchehen iſt,
reichsſchluß 1705 Ferd. Chriſtoph Harpprechts
diſp. de actione vtili de recepto, und de
actione vtili de recepto, vtrum contra Rhe-
darum meritoriarum exercitores, poſtarum
magiſtros et quoscunque aurigas, poſtmei-
ſter, landkutſcher, und andere fuhrleute locum
habeat in vol. I der diſſertationum academ.
num. XVI-XVII.
Siben und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von den mahlmuͤllern.
§ 518
mahlmuͤl-
ler iſt?
Unter die leute, welche meiſtentheils auſer
der ſtadt ſich aufhalten, gehoͤren die mahl-
muͤller. Der mahlmuͤller iſt eine perſon, welche
vermittels der muͤle das getraide zermalmet, ſihe
den Heringde molendinis,Borns diſp. de eo
quod juſtum eſt circa molendinaKreſſens
diſp. de molendinis,Boͤclers diſp. de jure mo-
lendinarum.
§ 519
bauen iſt
ein regale.
Nach den Teutſchen ſaͤzen, davon in der diſp.
de abuſu rerum merae facultatis § 75 ſ. 49
gehandelt worden iſt, wird das muͤhlenbauen fuͤr ein
regale gehalten, F. H. Caſſeliſche muͤlen ordnung
vom jahre 1753 fol. § 1, von Weſtphal am a. o.
T. III ſ. 346, 1524, mithin darf niemand eine
muͤle ohne landesherrliche bewilligung bauen,
Barth im diſſenſu 509. Eben dieſes iſt auch
von den windmuͤlen zu ſagen, Barth in diſſenſu
510, von Piſtorius in amoenitatibus iuris et
hiſt.
[215]von den mahlmuͤllern.
hiſt. vol. V ſ. 1499, von Juſti am a. o. ſ. 278,
Strykde jure prohibendi exſtructionem mo-
lendinorum,Hertde ſuperioritate territoria-
li § 47, num. 21, Stiſſer am a. o. ſ. 284.
§ 520
Diejenige, welche in einer muͤle mahlen, heiſenvon den
mahlgaͤ-
ſten.
mahlgaͤſte, davon das ſpruͤchwort bekannt iſt:
„wer zuerſt koͤmmt, mahlet zuerſt, Hert in den
paroemiis juris Germanici lib. I par. 50 ſ. 326
vol. II T. III, Piſtorius cent. 9, par. 55 ſ. 745,
grebenordnung ſ. 90 § 2, und muͤlenordnung am
a. o. § II, iedoch werden die zwangsgaͤſte vorge-
zogen. Es muͤſſen auch wohl die einheimiſchen
fuͤr den fremden gefoͤrdert werden, und wenn es
verlanget wird, das mehl und getraide wigen, F.
H. Caſſeliſche grebenordnung ſ. 91 § 8, Ulmiſche
muͤlenordnung art. 27.
§ 521
Die mahlgaͤſte ſind entweder freiwillige, oderder unter-
ſcheid der
muͤlen.
gebannte. Wo dieſe bei einer muͤle ſind, heiſet
ſelbige eine zwang- oder bann-muͤle, gebannet
mahlmerk, da jemand ſeine fruͤchte in dieſer muͤle
malen laſſen muß, ſihe die H. Caſſeliſche greben-
ordnung ſ. 90 § 1, von Weſtphal am a. o. T.
IIII ſ. 1965, 1967, Waldſchmidts, Peter Muͤl-
lers diſp. de molendinis bannariis. Auſerdem
gibet es auch noch unterſchidliche andre arten von
muͤlen, welche man entweder nach der weiſe, wie
ſie getrieben, oder nach den ſachen, welche dar-
auf zubereitet werden, betrachtet. Im erſten fal-
le hat man die waſſer- wind- hand- roß- ſchif-muͤ-
len; im andern falle ſind die oel- ſchneide- ſtein-
ſchneide- kalk- polier- ſchleif- ſchneide- pulver- walk-
bohr- ſtampf- loh- mang- gewuͤrz- dreſch- papier-
muͤlen ꝛc. ſihe den Stiſſer am a. o. cap. XI abth.
III § 2 ſ. 283 § 6 ſ. 285, den Zink am a. o. ſp.
O 41947
[216]LXVII. haubtſtuͤck
1947 fg., Beier im handwerks lexico ſ. 284 fg.,
den von Rohr in den merkwuͤrdigkeiten des ober-
harzes, VIII abt. cap. V-VII ſ. 508, daher es
nach den unterſchidenen muͤlen mancherlei muͤller
gibet.
§ 522
ſind zuͤnf-
tig,
Die muͤller ſind in Teutſchlande zuͤnftig. Sie
haben ihre geſellen, welche muͤhlknappen, oder
wenn ſie den muͤlenbau verſtehen, muͤlen-aͤrzte ge-
nennet werden; nicht minder ihre lehrjungen, wel-
che z. e. nach der Ulmiſchen muͤllerordnung art. 22
zwei jahre gelernet haben muͤſſen. Die muͤller ſo-
wohl die muͤlknechte, werden nach vielen landes-
geſaͤzen verpflichtet, F. H. Caſſeliſche muͤlenord-
nung am a. o. Beier am a. o. ſ. 288.
§ 523
die mahl-
meze.
Dem mahlmuͤller gebuͤret ein gewiſſer anteil
von den zu malenden fruͤchten, welches die mahl-
meze, oder molter heiſet, H. Caſſeliſche muͤlen-
ordnung § II num. 8-10, greben-ordnung ſ. 90
§ 5. Jeweilen erhalten die Muͤller auch gelt da-
fuͤr, oder naͤchſt der meze, Ulmiſche muͤllerord-
nung art. 28, wie es das herkommen, oder die
rechte mit ſich bringen, Stiſſer am a. o. § 10 ſ. 287.
§ 524
bei der muͤ-
le haubt-
ſaͤchlich an-
komme?
Bei einer muͤle koͤmmt es haubtſaͤchlich auf den
fachbaum und ſicherpfahl an, ſihe Bilers diſp.
de arbore et palo molend.
§ 525
ſicherpfal
beſtimmet?
Der ſicherpfal beſtimmet die hoͤhe des waſſers,
benebſt dem maaſe, dem fachbaume und den waſ-
ſerrinnen. Der ſicherpfal kan ſeyn ohne dem
fachbaume, aber der fachbaum nicht ohne den
ſicherpfal.
§ 526
[217]von den mahlmullern.
§ 526
Es iſt der fachbaum zweierlei, naͤmlich der muͤ-was der
fach- und
wehrbaum
iſt?
len- und der wehrfachbaum. Der erſte wird ge-
nennet das lange und groſe ſtuͤck querholzes, wel-
ches unmittelbar vor dem gerinne einer muͤle uͤber
den muͤlgraben hinuͤber geleget iſt, und worauf
die gries-ſaͤulen und ſchuzbreter ſtehen, das waſſer
in einer gewiſſen hoͤhe aufzuhalten, folglich daruͤ-
ber das Waſſer allernaͤchſt hinab in gleicher hoͤhe
auf die raͤder gehet, und da die faͤcher der muͤl-
gaͤnge unterſchiden ſind. Bei den wehren wer-
den die fachbaͤume quer uͤber den abfall-graben,
oder das wehrwaſſer geleget, welches die wehr-
fachbaͤume ſind. Der muͤlen-fachbaum muß nicht
nur fuͤr ſich allenthalben nach der bleiwage waſ-
ſer-gleich ligen, ſondern auch mit dem mahlpfale
(eich-ſicherpfale) nach abzug des dem fachbaume
gewoͤnlicher maſen zugelegten erbzolles wagrecht
eintreffen, und darf ſich auf keiner ſeiten ſenken,
Zink am a. o. col. 688, Friſch am a. o. ſ. 236,
th. IBeier am a. o. ſ. 291.
§ 527
Der fachbaum und ſicherpfal muͤſſen in beiſeynwie ſolche
zu legen
ſind?
geſchworner leute, der benachbarten muͤller, und
abgeordneten des muͤhlherrns geleget werden,
Stiſſer am a. o. § 7 ſ. 286, F. S. Gothaiſche
landes ordnung P. II cap. 3 tit. 47 ſ. 214 fg.
§ 528
Die muͤlſteine ſobald ſie geſchaͤrfet ſind, muͤſ-von dem
muͤlſteine,
ſen mit gleien oder ſteinmehl beſchuͤttet werden,
dieweil man ſonſt das mehl nicht brauchen kan,
mithin der muͤller es bezalen muß, F. H. Caſſe-
liſche muͤlen-ordnung art. II § 6 ſ. 5, Baieriſche
muͤlen-ordnung art. XI, Krebs am a. o. P. II
claſſe 6 ſect. 2 § 10 ſ. 174, 175.
O 5§ 529
[218]LXVII. haubtſtuͤck
§ 529
gaͤngen
ſchwing-
muͤlen ꝛc.
Zu den mahlgaͤngen gehoͤret nicht minder ein
rollgang. Bei groſen muͤlen findet man auch ei-
ne ſchwingmuͤle. Der bodenſtein iſt nicht leicht
uͤber 19 zolle und der laͤufer 16 zoll dick.
§ 530
regeln bei
einer muͤle.
Die pachtregeln bei einer verpachteten muͤle
ſind 1) feuer und licht darin zu beobachten, und
keine hochzeit darin zu halten, 2) die ungluͤks-
faͤlle, welche der muͤller nicht verhindern kan, als
eisgaͤnge und fluten-ſchaden, ſchleunig anzuzeigen,
3) die kamm-ſtirn und waſſer-raͤder, ſeile, trilles,
wellbaͤume, muͤleiſen, muͤlſteine, plaulzapfen,
meßingene und andere zapfenkloͤzer, zarchen, trich-
ter, melnez- vorſtell- ſaͤuber und andere kaſten, ie-
doch das gerinn, die muͤlbiede, henkel-arme, muͤl-
ketten, und aufzihraͤder, auch hausbau ausge-
nommen, zu unterhalten, 4) was er zu verbeſſern
hat, dennoch erſt anzuzeigen, 5) keine nacht ohne
urlaub mit ſeinen knechten auſer der muͤle zu ſeyn,
6) keine ungefegte frucht zu malen, 7) mehr nicht
denn z. e. 15 albus von iedem achtel molter zu ne-
men, 8) wegen des malzſchrotens und juͤden-ma-
zen es nach dem herkommen zu halten, 9) ohne
zedel keine frucht zu holen, oder anzunemen, 10)
die knechte nach acht tagen ihrer anname vereiden,
zu laſſen, 11) vorſtands-leiſtung wegen des pach-
tes, auch uͤbriger obligenheit halber, zu leiſten.
§ 531
Wie aber die muͤlen in anſchlag beim verkau-
fen auch verpachten zu bringen ſind, zeiget Gaſſer
am a. o. cap. IX § 9, und Stiſſer am a. o. cap.
XV § 36 ſ. 360.
§ 532
freiheiten.
Die muͤlen haben ihre freiheiten, und den ge-
meinen friden, Heineccius in den elementis ju-
ris
[219]von den mahlmuͤllern.
ris German. lib. II tit. 19 § 45 ſ. 40 vol. 2. Dan-
nenher ſelbige die kriges-leute weder berauben, be-
ſchaͤdigen, noch zerbrechen duͤrfen, ſie moͤgen ſeyn
feind oder freund zuſtaͤndig, ſihe die reiterbeſtallung
vom jahre 1570 art. 69, und fußknechtsbeſtallung
art. 53, Hering am a. o. qu. 41 num. 24. Die
oberſchlichtigen muͤller duͤnken ſich beſſer zu ſeyn,
dann die unterſchlichtigen waͤren, in betracht die-
ſe ein vors gerinne anfluͤßendes aas wegſchaffen
muͤſſen, welches das waſſer bei einer oberſchlichti-
gen muͤle ſelbſt verrichte.
§ 533
Sie haben immittels auch ihre beſchwerungen,und be-
ſchwerun-
gen.
und muͤſſen oͤfters die herrſchaftlichen hunde hal-
ten, F. H. Caſſeliſche grebenordnung tit. 25 § 2
ſ. 56
§ 534
Uebrigens ſind die muͤller wegen des ſtehlensdie ſpruͤch-
woͤrter von
ihnen.
ſehr beruͤchtiget, daher verſchidene ſpruͤchwoͤrter
entſtanden ſind, z. e. „der muͤller iſt fromm, der
„haare auf der zunge und in der hand hat, Hert
am a. o. lib. I par. 13 ſ. 275, Piſtorius cent. 6
par. 5 ſ. 423. Hiernaͤchſt heiſet es: „ein ieder
„muͤller, und ein ieder ſchneider duͤrfen eine hoͤlle
„haben, um die abfaͤlle hinein zu werfen„. Fer-
ner ſagen die leute: „der muͤller mit der meze, der
„weber mit der greze, der ſchneider mit der ſcheer,
„wo kommen die drei diebe her„? Piſtorius cent.
V, par. 49 ſ. 307 fg. „in der muͤle iſt das beſte,
„daß die ſaͤke nicht reden koͤnnen; muͤller und we-
„ber muͤſſen die leiter zum und vom galgen tragen,
„von Piſtorius in amoenitatibus vol. III ſ. 814,
am a. o. ſ. 308, davon iedoch die leinen-weber be-
ſage einer beſondern verordnung befreiet worden
ſind. Weiter ſpricht man: „das fett von einer
„feiſten muͤllers-henne, die kein geſtohlnes getrai-
„de
[220]LXVIII. haubtſtuͤck
„de gefreſſen hat, heilet das podagra„. Ueber-
dem ſprechen die leute: „muͤller und weber wer-
„den nicht gehenket, damit das handwerk nicht
„untergehe„. Auſerdem ſaget man: „es hat kein
„muͤller waſſer genug, wie kein ſchaͤfer genug wei-
„de„, Hert am a. o. lib. I par. 48, von ihren be-
truͤgereien ſihe Hoͤnns betrugs-lexicon ſ. 260 fg.
Acht und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von den papirmuͤllern.
§ 535
papirma-
cher iſt?
Ein papirmacher heiſet, welcher vermoͤge ſeiner
kunſt allerhand papire aus den lumpen (ha-
dern) und andern zubehoͤrungen zu verfertigen be-
rechtiget iſt. Denn die anlegung einer papir-muͤ-
le kan nu[r] an einem ſolchen orte geſchehen, wo au-
ſer dem wirde- oder aufſchlage-waſſer auch kla-
res und reine[s] waſſer aus brunnen oder herzufluͤſ-
ſenden quellen, zur reinigung der lumpen zu ha-
ben iſt.
§ 536
macher
ſind zuͤnf-
tig.
Die papirmacher ſind zuͤnftig, und haben ihre
geſellen, auch jungen. Sie ſind zweierlei gat-
tung, naͤmlich man hat ſtampfer und glaͤtter,
Beier im handwerks-lexico ſ. 317. Von der art
und weiſe das papier zu bereiten ſihe den Penther
im lexico architectonico ſ. 117, den von Rohr
in den merkwuͤrdigkeiten des Ober-Harzes, ſ. 512
fg., den Beier am a. o ſ. 315, das allgemeine
haushaltungs-lexicon, Leipzig 1749, 4t im 2ten
theile ſ. 501 fg., des Kempfersamoenit. exot.
faſc. II ſ. 467 fg., Andreen Cleyersmiſcell. nat.
cur. dec. II an. 6. Man theilet die papir-muͤlen
in gemeinen und Hollaͤndiſchen Werke ab. So
vil
[221]von den papirmuͤllern.
vil man weiß, iſt das papir im XIIII jahrhundert
nach 1320 erfunden worden.
§ 537
Die papiermacher haben oͤfters ein zwangrechtund haben
oͤfters ein
zwangrecht
der lum-
pen halber.
der hadern, oder lumpen; geſtalt denn auch vie-
le landesgeſaͤze die ausfuhr derſelben unterſagen,
ſihe die Chur-Brandenburgiſche verordnung beim
Mylius am a. o. im Vten theile, abth. II ſ. 106,
107, die S. Gothaiſche landesordnung, P II
cap. 3 tit. 47 ſ. 219. Von ihren mißbrauchen
ſprechen die S. Gothaiſche fernere beifugen zur
landesordnung, cap. II ſ. 512 § 8 und von ihren
betruͤgereien des Hoͤnns betrugs-lexicon ſ. 281. Die
beſchreibung einer papir-muͤle hat Johann Fri-
derich Penther im lexico architectonico ſ. 117 fg.
erteilet.
Neun und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von den berg- und huͤtten-leuten.
§ 538
Unter diejenigen menſchen, welche nuͤzlich ſind,
gehoͤren ebenfalls die berg- und huͤtten- ſalz-
leute, zigelbrenner, zimmerleute, toͤpfer, ſchifleu-
te, tageloͤner ꝛc.
§ 539
Bergleute heiſen uͤberhaubt alle diejenigen, wel-was die
bergleute
ſind?
che bei der bergwerksarbeit zu thun haben, es mag
ſeyn in den gruben, muͤlen, huͤtten, oder anders-
wo. Man teilet ſie in die einheimiſchen und die
fremden ein. Jene, wenn ſie von der ſcheidebank
beim bergwerke geweſt ſind, werden den leztern in
der befoͤrderung fuͤrgezogen, Minerophilus im
bergwerks-lexico ſ. 84. Eigentlich aber iſt derje-
nige ein bergmann zu nennen, welcher ſich auf al-
lerlei
[222]LXIX. haubtſt. von den
lerlei ſteine, mineralien, erz, auf eines ieden ge-
buͤrges natur, auf der gaͤnge wuͤrkung und na-
rung wohl verſtehet, auch die gebaͤude anzuſtellen,
und die kuͤnſte recht zu bauen, weiß. Von dieſen
ſind die gewerke ſelbſt unterſchiden, auf deren ko-
ſten und in deren namen die bergwerke des gewin-
ſtes halber betriben werden. Jeweilen ſtehen die
bergwerke den landesherrn allein zu, folglich fal-
len die privatgewerke weg.
§ 540
geſezte,
Bey den bergwerken haben wir beamten, fuͤr-
geſezte und arbeiter. Jene haben entweder mit
der juſtizpflege zu thun, oder ſie ſtehen den berg-
werken vor, und beſorgen den bau, und nennen
ſich teils von der feder, teils vom leder, ſihe Joa-
chim Friderich Sprengels beſchreibung der Har-
ziſchen bergwerke, ſ. 5, Chriſtian Boͤſens gene-
rale haushalts principia vom berg- huͤtten- ſalz-
und forſtweſen ſ. 83. Sie teilen ſich in obere
und nidere. Es gehoͤren dahin: der ober-
und berghaubtmann, ober- und unter bergmeiſter,
der bergrath, die ſyndicen, die bergſchreiber, re-
ceß- und gegenſchreiber, die geſchwornen ſchicht-
meiſter, und bergſtipendiaten ꝛc. Stiſſer am a. o.
ſ. 112 fg., Johann Georgen Bauſſensinſtitu-
tiones juris metallici tit. II cap. II § 2 ſ. 65 fg.,
ſ. 76, die F. H. Caſſeliſche bergordnung vom jah-
re 1616, 4t art. I-V im erſten theile.
§ 541
beſtelle?
Die eigentlichen bergbeamte werden von der
landesherrſchaft geſezet; dahingegen der ſchicht-
meiſter und ſteiger von den gewerken mit vorbe-
wuſt des obern nach fuͤrſchrift der geſaͤze angenom-
men und beeidiget wird, ſihe des Hedlers diſp. de
curatore fodinarum, vom ſchichtmeiſter, des
Spans bergſpigel I th. cap. 30, des Beiers berg-
und
[223]berg- und huͤtten-leuten.
und handwerks lexicon ſ. 367, die F. H. Caſſeli-
ſche bergordnung art. 6 ſ. 22 fg.
§ 542
Der ſchichtmeiſter, welcher auch jeweilen vor-des ſchicht-
meiſters
oblignheit
ſteher, oder grubenſchreiber heiſet, hat ſeinen Na-
men von der ſchicht, das iſt ein gewiſſer teil der
zur zeche oder die zur bergarbeit beſtimmte zeit, wel-
che in die lange und kurze, tag- und nachtſchich-
ten eingeteilet wird, von andern ſchichten ſihe den
Beier am a. o. ſ. 367, des Joachim Friderich
Sprengels beſchreibung der Harziſchen bergwer-
ke ſ. 56 fg., die F. H. Caſſeliſche bergordnung ſ.
114, Bauſſe ſ. 92, die Braunſchweig-Luͤnebur-
giſche bergordnung vom jahre 1593 im IVten teile
der Chur-Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landes-
ordnungen ſ. 77 fg. Des ſchichtmeiſters obligen-
heit iſt: fuͤr die erforderniſſen des bergwerkes zu
ſorgen, und ſelbige herbeizuſchaffen, die arbeit zu
verdingen, die zalung zu leiſten, die zechen zu be-
fahren, rechnung uͤber alles zu fuͤhren, verzeich-
niſſe uͤber dasjenige zu halten, was er von den ge-
werken in haͤnden hat, Bauſſe am a. o. ſ. 75.
§ 543
Die arbeiter pflegen in 4 ordnungen eingeteiletder arbei-
ter eintei-
lung.
zu werden, 1) in die anfuͤhrer, 2) die haͤuer, 3)
die knechte und 4) jungen. Dabei hat man noch
die bergſchmide, grubenzimmerleute, rademacher,
grubenhuͤter, pocher ꝛc., Stiſſer am a. o., Bauſ-
ſe am a. o. ſ. 175 fg., Sprengel am a. o. ſ. 55 fg.
§ 544
Unter die anfuͤrer gehoͤret der ſteiger, welcherder ſteiger.
die arbeiter anzuweiſen, die gruben tag und nacht
zu befahren, und dahin zuſehen hat, damit die
arbeiter ihrer obligenheit gemaͤß thun, F. H. Caſ-
ſeliſche bergordnung ſ. 54 fg., Bauſſe ſ. 76, 77
Chriſtoph Herttwig im bergbuche ſ. 369 fg.
§ 545
[224]LXIX. haubtſt. von den
§ 545
beamte u.
arbeiter.
Bei den bergwerken ſind nicht minder huͤt-
ten, wohin die erzte, wenn ſie in den puch- und
waſchwerken zu rechte gemachet ſind, gelifert wer-
den, wiewohl man auch andere huͤtten hat, als
eiſen- ſtahl- glashuͤtten, davon aber hier die rede
nicht iſt, ſondern von den erzhuͤtten. Dieſe ha-
ben ebenfalls bedienten und arbeiter. Unter den
erſten iſt der huͤttenmeiſter, oder der huͤtten ver-
walter der fuͤrnaͤmſte, Bauſſe am a. o. ſ. 77,
Stiſſer am a. o. ſ. 113. Naͤchſtdem hat man huͤtten-
ſchreiber, zehnter, erzkaufſchreiber, abtreiber, huͤtten-
ſteiger, huͤttenreiter, probirer, ſilberbrenner, ſchmel-
zer, austeiler ꝛc. Unter die arbeiter gehoͤren die roſt
ſchuͤtter, vorlaͤufer, probenſtoſſer, ſchlakenlaͤufer, kohl-
brenner, aſchenmeſſer, wagemeiſter, auftraͤger, ſchmaͤl-
zerknechte ꝛc. ſihe den Rechenberg im gluͤkauf,
P. I cap. 1 § 22 und ſ. 35, 36, die F. H. Caſſeli-
ſche bergordnung ſ. 159 fg., die Braunſchweig-
Luͤneburgiſche bergordnung am a. o. ſ. 44 ſ. 119 fg.,
den Bauſſe am a. o., den von Rohr in den
merkwuͤrdigkeiten des oberharzes ſ. 543, ſ. 551 fg.,
den Sprengel am a. o. ſ. 71 fg., den Albaro
AlonſoBarba in der docimaſia, oder probier- und
ſchmelzkunſt, Wien 1749, 8v, Schluͤtter von
den huͤttenwerken.
§ 546
leute ver-
faſſung.
Die bergleute haben unter ſich eine knabſchaft,
gleichſam eine zunft, und teilen ſich in die berg-
und huͤttenknabſchaft ein. Jede hat ihre aͤlteſten,
auch kaſſen und regiſter. Sie duͤrfen ohne wiſſen
des haubtmannes und huͤttenmeiſters nichts fuͤrne-
men. Das bergſeniorat hat ſeine vorzuͤge, ſihe
des Spans berg-urtheil, tit. II § 6, den Boͤſen
am a. o. ſ. 52.
§ 547
[225]berg- und huͤtten-leuten.
§ 547
Die berg- und huͤttenleute haben ihren beſon-gerichts-
ſtand,
dern gerichtsſtand unter dem bergamte. An eini-
gen orten finden ſich auch bergkancelleien und berg-
ſchoͤppenſtuͤle. Alle perſoͤnliche, und dingliche kla-
gen der bergleute ſamt den peinlichen und berg-
werksſachen gehoͤren fuͤr das bergamt, ſihe des
Engelbrechts diſp. de judiciis metallicis, den
Bauſſen am a. o. ſ. 133, ſ. 164 fg. den Stiſſer am a. o.
ſ. 114, die F. H. Caſſeliſche bergordnung ſ. 197 fg.,
die Churbraunſchweig-Luͤneburgiſche bergordnung,
am a. o. ſ. 35, 106 fg.
§ 548
Die proceſſe ſind ſummariſch und vom leder zurihre proceſ-
ſe werden
ſum̃ariſch
tractiret.
feder abzuthun, ſihe das Braunſchweig-Luͤnebur-
giſche edict vom jahre 1686 am a. o. ſ. 143. Die
notfriſten (fatalien) ſollen kuͤrzer als ſonſt ſeyn.
Die ladung geſchihet ſowohl durch das kerbholz,
als auch andere weiſe, Bauſſe am a. o. ſ. 140,
von Leyſerde citatione ſymbolica per teſſeram
fiſſam, H. Caſſeliſche bergordnung ſ. 205, des
George Engelhart Loͤhneis bericht vom berg-
werke P. V art. 14.
§ 549
Die bergleute haben beſondre bergfreiheiten,ihre frei-
heiten und
kleidung.
welche ſo wenig mit worten, als weniger mit wer-
ken und thaten zu beunruhigen ſind. Sie ſind
von perſoͤnlichen beſchwerungen frei. Man findet
bei ihnen bergſaͤnger, und ſind ſie auch wohl in
compagnien eingeteilet, auch fuͤren ſie daher ihre
fanen. Ihre kleidungen beſtehen in den gruben-
und huͤtten-kitteln, dem ruͤkleder, den bergkappen,
der pufjake, im ſchachthute, den berghakeln,
zſcherpern, knibuͤgeln, ſteigerkappen, ſihe des
Happels diſp. de fodinis ac eorum jure, den
Stiſſer am a. o. ſ. 116, die Braunſchweig-Luͤne-
Pbur-
[226]LXX. haubtſt. von den
burgiſche bergordnung, art. 80. Sie doͤrfen
nicht anders, als bergmaͤnniſch gekleidet einher ge-
hen, und muͤſſen eine berg-parte tragen.
§ 550
leute pflich-
ten.
Ihre pflichten ſind: keine verſamlung und auf-
lauf anzuſtellen, keine ſchauſtufen mitzunemen, das
gebaͤt fleiſig abzuwarten, keine bierſchulden zu ma-
chen ꝛc. ſihe die Braunſchweig-Luͤneburgiſche berg-
ordnung art. 86 fg., den Stiſſer am a. o. ſ. 117.
Das uͤbrige von den bergwerken, deren gattungen
und einteilungen ſoll unten abgehandelt werden.
Von den queck-ſilber-bergwerken in Ydria ſihe
den Keysler im IIten theile der reiſen ſ. 861 fg.
§ 551
muͤnzen,
Mit dieſen bergwerken hat das muͤnzen einige
gemeinſchaft, immaſen diejenige landesherren das-
jenige gold oder ſilber, das in ihrem lande, aus
den bergwerken gebracht worden iſt, in die muͤnze
bringen laſſen. Es finden ſich daher bei den muͤn-
zen ſowohl vorgeſezte, als arbeiter. Zu den erſten
gehoͤren die muͤnz-directoren, oder- und muͤnzmei-
ſter, muͤnzamtleute, waradeins ꝛc., zu den lezten
aber die muͤnzſchmide und praͤger auch arbeiter,
von Rohr am a. o. ſ. 568, Sprengel am a. o.
ſ. 96 fg., Boͤſe am a. o. ſ. 77, Span am a. o.
cap. 1, 8, 9. Das ſpruͤchwort von bergleuten
iſt: wer in den ſchacht zihen und bergwerke bauen
will; der ſoll ſeine augen nicht in die taſche ſteken,
Minerophilus am a. o. ſ. 85.
Sibenzigſtes haubtſtuͤck
von den ſalzleuten.
§ 552
erbſaͤlzern.
Nicht minder gehoͤren unter die nuͤzlichen men-
ſchen die ſalzleute. Das Teutſche ſalz wird
aus
[227]ſalzleuten.
aus der ſole geſotten, wiewol es auch bei Halle in
tyrol ſteinſalz gibet. Gewiſſe geſchlechter haben
hier und da das ſalzweſen in Teutſchland an ſich
gebracht, und heiſen daher erbſaͤlzer, ſalzbeerbte,
ſalzherren, ſalzjunkern, ſihe des Johann Hein-
rich Jungs abhandelung de jure ſalinarum,
Goͤttingen 1743, 4t ſ. 140, 174 fg. Die eigen-
ſchaften des kuͤchen-ſalzes beſchreibet Neumann
ſ. 99 fg. der chymi des Iten bandes IIten th.
§ 553
Diejenige, welche nur an dem brunnen teiledie guts-
herren und
pfaͤnner
ſind iewei-
len unter-
ſchiden.
haben, heiſen gutsherren und ſizen auf ihren aus-
laͤuften; hingegen diejenige, welche die ſole verſi-
den, werden pfaͤnner genennet, ſihe den Hof-
mann in der beſchreibung des Halliſchen ſalzwer-
kes, cap. XII ſ. 40 fg., Stiſſer am a. o. cap. V
abt. III § 17, 18 ſ. 126. Jedoch ſind auch viele
gutsherren anzutreffen, welche ihre ſole ſelbſt ver-
ſiden.
§ 554
Der ſalzleute fuͤrgeſezte ſind: der ober-ſalzgraf,der ſalzleu-
te fuͤrgeſez-
te und gat-
tungen.
oder ober-ſalzgrebe, die ober- und unterbornmei-
ſter, thalvoͤgte, bahrmeiſter, pfannherren, ſalz-
meiſter, inſpectoren, haal-haubtleute, haal-pfle-
ger, haalmeiſter, ſoͤtmeiſter ꝛc., ſihe des Hon-
dorfs beſchreibung des ſalzwerkes zu Halle, cap.
20 und cap. 28. Die arbeiter ſind ſolziher,
born- und haalknechte, wuͤrker, aufſchlaͤger, has-
beler, radetreter, ſtuͤrzer, gerentirer, zaͤpper,
traͤger, ſalzknechte, ſtopper, lader, wagen- und
karrenlader ꝛc., welchen die haal- und thalgerichts-
ordnungen, ſalz- und pfaͤnner-ordnungen zur richt-
ſchnur dienen, deren der Ahasverus Fritſchde
regali ſalinarum jure verſchidene beibringet.
P 2§ 555
[228]LXXI. haubtſt. von den
§ 555
ihre eige-
ne gerichte
an ver-
ſchidenen
orten.
An einigen orten haben ſie ihre beſondere ge-
richte, bottgedinge und ruͤgerichte. Was auſer-
dem die ſalzwerke ſelbſt belanget, und deren ge-
rechtſamen, davon wird im andern buche gehan-
delt werden.
Ein und ſibenzigſtes haubtſtuͤck
von den
zigelbrennern oder zigelern.
§ 556
zigelbren-
ner iſt?
Ein zigler, oder zigelbrenner heiſet derjenige hand-
werksmann, welcher alles dasjenige, was zum
zigelſtreichen und brennen erfodert wird, verſtehet,
und ſein oͤffentliches gewerbe mit ſeiner verfertigten
arbeit treibet. Ihre arbeit dinet zur notwendig-
keit und geſundheit. Bei feuchter luft und wo die
gebaͤude feucht ſtehen, zihen die backſteine die
feuchtigkeit an ſich, und machen geſunde zimmer.
Sie fertigen pflaſter-ſteine zu den fuß-boden, ſo-
dann back- oder brand-ſteine oder barnſteine, fer-
ner dach-zigeln, und zwar platte oder ſchluß-zi-
geln, forſt-zigeln, kehl- oder hol-zigeln, bort-zi-
geln ꝛc., Penthers lexicon architectonicum ſ. 163
und im bau-anſchlage ſ. 53 auch 50 und ſ. 24, Zink
am a. o. ſ. 1349 fg.
§ 557
Die zigelbrenner haben ein freies handwerk, ſie
koͤnnen wohl darauf jungen lernen, und pflegen
ſelbige nach uͤberſtandenen lehrjahren als geſellen
zu foͤrdern, Beier am a. o. ſ. 491, Zink am a. o.
ſ. 3356, Peſtelde jure circa lateraria.
ſteine un-
terſchidli-
che gattun-gen.
§ 558
Die zigelſteine werden aus leimen zubereitet,
wozu die zigelſtreicher gebrauchet werden, ſodann
im
[229]zigeldrennern oder zigelern.
im zigelofen durch das feuer zur vollkommenheit
gebracht. Von dem nuzen der zigeldaͤcher ſihe
den Leopoldt in der einleitung zu der landwirt-
ſchaft ſ. 741 fg. Sie duͤrſen den ton nach gefallen
nicht graben, zumal an den ſtraßen und triften,
muͤſſen auch fuͤr die erlaubniß etwas entrichten.
§ 559
Es bereiten nicht minder die zigelbrenner anvom kalk-
brennen.
vielen orten den kalk in den kalkoͤfen durch das
brennen zu, und mahlen ihn auch, wiewohl man
auch beſondere kalkofen und kalkmuͤlen hat, von
Rohr am a. o. ſ. 571, 576. Vom kalke, und
zwar dem leder- oder bitter-kalke und dem gyps-
oder ſpar-kalke, ſodann dem kalk-ofen und dem
kalk-roſte handelt, Penther im lexico architect. ſ.
91 fg. und im bau-anſchlage ſ. 14 fg., ſ. 68. Ob,
wo der adeliche mit dem dorfe belehnet iſt, der
bauer kalk brennen duͤrfe? wird billig verneinet.
Staudacherde mineralibus mediis et infimis.
Man ſehe indeſſen auch vom kalke Caſpar Neu-
manns chymi des Iten bandes IIIten th. ſ. 250.
Zwei und ſibenzigſtes haubtſtuͤck
von den toͤpfern.
§ 560
Mit den ziglern haben die toͤpfer, haͤfener, oderwas der toͤ-
pfer iſt?
euler, einige aͤhnlichkeit, immaſen ſie aus
thon allerhand gefaͤſe und andere ſachen zum oͤf-
fentlichen verkaufe verfertigen und ihre narung
treiben.
§ 561
Die erde wird abgetreten, mit der becher tau-wie die ar-
beit gefer-
tiget wer-
de?
be geſchlagen, auf der ſcheibe abgedrehet, mit dem
helfknechte geformet, die geformten ſtuͤke getrok-
P 3net,
[230]LXXIII. haubtſtuͤck
net, mit glaſur begoſſen, und endlich im ofen ge-
brennet. Uebrigens koͤmmt bei den gebaͤuden der
toͤpfer wegen der toͤnernen ofen, oder den toͤner-
nen oberofen in betrachtung, Joh. Friderich
Penthers bau-anſchlag ſ. 32 § 300. Ob ihre eß-
geſchirre, da gift unter die glaſur koͤmmt, der ge-
ſundheit zutraͤglich ſind, folglich die policei ſolche
dulten koͤnne? wird bejahet; weiln dem gifte ſeine
wirkung benommen wird.
Drei und ſibenzigſtes haubtſtuͤck
von den zimmerleuten.
§ 562
zimmer-
mann iſt?
Ein zimmermann wird im zwifachen verſtande
genommen. Denn bald bedeutet es einen
kuͤnſtler, bald einen handwerksmann. Ein kuͤnſt-
ler heißt derjenige, welcher das bauholz wohl
abzurichten weiß, und aus demſelben allerhand
gebaͤude verfertigen kan. Als ein kuͤnſtler weiß
er auch, wie alles bei den gebaͤuden vorkom-
mende bauholz zuſammen zu ſezen und zu ver-
binden ſei: wie die zapfenloͤcher, die verſazungen,
ſchwalben-ſchwaͤnze, kaͤmme, blaͤtter, nuten ꝛc.
zu machen ſind: und die balken, ſparren, ſtaͤn-
der, rigel, ſchwellen, wand-raͤmen ꝛc. vorzurich-
ten, daß daraus waͤnde, daͤcher, bruͤcken, kra-
ne, rammen ꝛc. zuſammen zu ſetzen ſeynd, wie die-
ſes Schuͤbler in zweien werken von der zimmer-
arbeit am beſten geleret hat, Penthers lexicon ar-
chitect. ſ. 163 fg.
§ 563
leute ein-
teilung,
Die zimmerleute teilen ſich in ſchifs- berg- und
andre zimmerleute ein, ſihe die angezogene ſamm-
lung der Bremiſchen verordnungen ſ. 102, 273, den
an-
[231]von den zimmerleuten.
anhang bei den Hamburgiſchen ſtatuten, art. 52
ſ. 3. Der Chur-Brandenburgiſchen zimmerleute
zunftbrief ſtehet beim Mylius am a. o. im 5ten teile,
2 abth. 2ten anhange ſ. 83. von ihrem lone handelt
Penther im bau-anſchlage ſ. 32 § 304 fgg.
§ 564
Welchergeſtalt die zimmerleute in peinlichen ge-ſollen des
galgen-
bauens hal-
ber nicht
angefoch-
ten wer-
den.
richten die galgen zu machen, oder zu beſſern ſchul-
dig ſind, und ſie deshalber von nimand verachtet
oder verkleinert werden ſollen, beſaget der art. 218
der peinlichen halsgerichts-ordnung des kaiſers
Carls des Vten.
§ 565
Sie muͤſſen denjenigen bau, welchen ſie ange-ihre oblie-
genheiten.
fangen haben, zur vollkommenheit bringen, F. H.
Caſſeliſche folgen aus der landes- und policei-ord-
nung art. 14 ſ. 44, 45, ſie ſollen benebſt den geſellen
keine kloͤzer noch ſpaͤne von dem bauholze wegtragen
am a. o. Chur-Brandenburgiſche verordnung
beim Mylius am a. o. im Vten teile, abt. I, ſ. 431.
Selbige duͤrfen auch nichts, was der feuerordnung
zu wider iſt bauen, F. S. Gothaiſche landesord-
nung, P. III num. 13 ſ. 362.
Vier und ſibenzigſtes haubtſtuͤck
von den ſchiffern und ſchifsleuten.
§ 566
Die ſchiffart bringet einem ſtaate großen nuzen.der ſchiffer
iſt von dem
ſchifmanne
unterſchie-
den.
Derowegen die ſchifsleute nuͤzlich ſind. Es
iſt aber der ſchiffer von dem ſchifsmanne unter-
ſchiden; im betracht dieſer unter jenem ſtehet. Den
ſchiffer nemen die reder oder ſchifsfreunde, und
vertrauen ihm das ſchif benebſt deſſen ladung an;
P 4daher
[232]LXXIV haubſt. von den
daher man ihn einen ſezſchiffer nennet; die ſchifleute
aber nimmt der ſchiffer an, ſamt den uͤbrigen noͤtigen
perſonen, z. e. den ſteuer-haubt- oder botsmann,
die piloten ꝛc. ſihe den Mevius in commentario
ad Jus Lubecenſe,Langenbek, in den anmerkun-
gen uͤber das Hamburgiſche ſchif und ſeerecht, ſ. 23,
Bremiſche ſchifsordnung vom jahre 1731 § 3.
§ 567
haben den
nuzen von
den ſchiffen
Die reder ſind die eigentuͤmer der ſchiffe, welche
ſolche auf ihre koſten ausruͤſten mit aller notdurft
verſehen, und den nuzen von ſelbigen erheben.
Merere reder eines ſchiffes heiſen ſchifsfreunde,
oder mitreder. Die teile, welche mehrere an ei-
nem ſchiffe haben, nennet man ſchifsparten.
§ 568
ſchiffer iſt?
Der ſchiffer iſt alſo, wo kein ſchifshaubtmann
ſich befindet, der befehlshaber von einem ſchiffe,
welcher die aufſicht uͤber die ſegel auch das ſchifs-
volk hat, und nach deſſen veranſtaltung das ſchif
ſeinen lauf erhaͤlt. Der ſchiffer ſoll die ſchiffarts
kunſt verſtehen, und erlernet haben, vermoͤge de-
ren er wiſſen muß: uͤber das meer zu fahren, ein
ſchif, vermittels der ſeekarten, der magnetnadel,
oder des compaſſes und des bleiwurfes zu fuͤhren.
Er ſoll die winde, die fuͤhrung der ſegel, des ſteuers
und der ruder, den lauf der ſonne und ſternen ver-
ſtehen, darnebſt um das ſchifs tractament beſor-
get ſeyn, ſihe die Bremiſche neue verbeſſerte ſchifs-
ordnung vom jahre 1731 § 1 fg., in der bemeldten
ſammlung, ſ. 87 fgg., der ehrbaren hanſeſtaͤdte ſchifs-
ordnung, tit. III § 1, 2, des Hermann Langen-
beks anmerkungen uͤber das hamburgiſche ſchif-
und ſeerecht, ſ. 22, tit. 14. Der ſchiffer ſoll ſo
wenig, als das ſchifvolk, ohne glaubhafte zeug-
niſſe von denen, bei welchen ſie vorhin gedienet
haben, angenommen werden, hanſerecht tit. 2,
tit. 4.
[233]ſchiffern und ſchifsleuten.
tit. 4. Gleichwie denn auch kein ſteuermann, in-
halts der bemeldten Bremiſchen ſchifordnung § 2,
angenommen werden ſoll, der nicht vorher in der
ſteuermannskunſt wohl unterrichtet, darnebſt eini-
ge jahre zur ſee gefahren, und ſowohl deßfalls als
auch ſeines uͤbrigen lebens und wandels halber ein
gutes zeugniß beibringen kan.
§ 569
Gleichwie die ſchiffe nach dem beſtimmten ge-die haubt-
und neben-
perſonen
bei den
ſchiffen.
brauche unterſchiden ſind, und teils kriges- teils
kaufartei und laſtſchiffe genennet werden, davon
im andern buche meldung geſchehen ſoll; alſo ſind
die dabei befindlichen befehlshaber, auch fuͤrge-
ſezte und untergebene ebenfalls unterſchiden.
Sothane befehlshaber ſind entweder uͤber ganze
flotten, oder nur wenige, auch einzele ſchiffe ge-
ſezet; daher ſind die admirale, viceadmirale, ge-
neral-lieutenants, commandeurs, capitaͤns, lieu-
tenants, ſchif-officiers und ſee-krieges-officiers ꝛc.
bekannt, nach deren befelen das auf den ſchiffen
ſich befindende krigesvolk, die matroſen, das
bootsvolk, das ſchif fuͤhren und beſchuͤzen, auch
dasjenige thun muͤſſen, was von ihnen rechtlich
gefodert wird. Naͤchſt den haubtperſonen, wel-
che ſowohl befehlshaber als dienſtleiſtende bei der
ſchiffart ſind, hat man noch verſchidene andere
neben perſonen auf den ſchiffen, deren man ſich
teils zur verwaltung des gottesdienſtes, teils zu
beſorgung der geſundheit, als auch zu andern ver-
richtungen bedinet, dahin gehoͤren: der ſchifs-
prediger, ober- und untermeiſter, oder wundaͤrzte,
der ſchreiber, barbirer, zimmermann, ſchimmann,
conſtabel, buddelier, die koͤche, die maaten oder
bediente, ſupercargo, die kajuͤten-jungens, auch
wohl trompeter und muſikanten ꝛc. Von der ſee-
P 5wiſſen-
[234]LXXIV haubtſt. von den
wiſſenſchaft ſihe des Marquis de Quinci krieges-
kunſt im fuͤnften teile, ſ. 536 fg.
§ 570
perſonen
ſich bei den
kauffartei-
ſchiffen
befinden?
Auf dem kauffartei ſchiffe, wovon hier zu han-
deln iſt, befinden ſich meiſtens naͤchſt dem capi-
taͤne, lieutenant, ſchiffer, der hoch- oder haubt-
bootsmann, der ſteuermann, ober und untere,
die lotſen, oder piloten, matrofen, und andere zur
ſchiffart, auch vertheidigung noͤtige perſonen.
Wenn ſich ein capitaͤn auf dem ſchiffe befindet,
ſo iſt er als haubt deſſelben in ſee-rechts und policei
ſachen anzuſehen. Der ſchiffer erteilet die befele
wegen des ſegelns. Wenn der ſchiffer vom reder
angenommen worden iſt, wird ſelbiger ſezſchiffer
genennet.
§ 571
hochboots-
mann iſt?
Der hochbootsmann, haubtbootsmann, oder
boosmann, iſt entweder der naͤchſte nach dem ſchiffer,
oder nach dem ſteuermanne, wie dieſes leztere ſich aus
dem hamburgiſchen ſtadtrechte dem andern teil, tit. 14
art. 16 ſ. 244 ergibet, Langenbek am a. o. ſ. 51. Er
iſt als ein von dem ſchiffer ihm nachgeſezter befehls-
haber anzuſehen, welchem die ausruͤſtung des ſchif-
fes und das unter-commando uͤber die matroſen,
nicht minder die aufſicht uͤber den zuſtand und
ſicherheit des ſchiffes aufgetragen iſt. In abwe-
ſenheit, oder verhinderung des ſchiffers, vertritt
er deſſen ſtelle, Langenbek am a. o., der erbaren
hanſeſtaͤdte ſchifsordnung tit. III art. 3.
§ 572
ten ſind?
Die piloten, oder lotſen, ſind diejenige perſo-
nen, welche eine hinlaͤngliche wiſſenſchaft und er-
farung von der tife des meeres und der fluͤſſe, auch
den darin befindlichen ſandbaͤnken, benebſt den
klippen und anfurten der haͤfen haben, daher die
ſchiffe
[235]ſchiffern und ſchifsleuten.
ſchiffe gegen ein gewiſſes lon durch ſothane gefaͤhr-
liche orte zu fuͤhren unternemen. Dieſe leute
muͤſſen an manchen orten, z. e. zu Hamburg, zu
foͤrderſt ein examen ausſtehen, bevor ſie in die pi-
loten-geſellſchaft aufgenommen werden, ſie haben
auch wohl ihre fuͤrſteher, lotsinſpectoren, lots-
ſchiffer ꝛc. ſihe den Langenbek am a. o. ſ. 438, 439,
den Jacob Schubakde jure littoris ſ. 254, fg.
die Hamburgiſche pilotage-ordnung vom jahre
1719 art. 2. den Reinold Kuͤrike im jure ma-
ritimo hanſeatico ſ. 124.
§ 573
Die obliegenheiten des ſchiffers ſind mancherlei,der ſchiffer
obligenhei-
ten.
ſowohl vor der angeſtellten fahrt, als auf der reiſe,
und nach deren endigung. Sie betreffen entwe-
der die ſchifsfreunde, (reder), oder die ſchifsleute
oder die auf dem ſchiffe befindliche fremden, oder
die waren und fracht, theils gehen ſie die con-
traete, teils die bezalung unterſchidlicher abgaben,
imgleichen das ſchif, deſſen befrachtung, die certe-
partei, die bodmereien, ſeewuͤrfe, havereien an,
davon unten zu handeln ſeyn wird. Sihe den
wohlinſtruirten Schiffer, Hamburg 1732, 8.
§ 574
Der ſchiffer hat zwar auf koſten der reder dasund ſorg-
falt.
ſchif in ſegelfertigen ſtand zu ſezen, wofern dieſe
ſolches nicht ſelbſt thun, jedoch darf ohne bewilli-
gung der reder der ſchiffer an dem ſchiffe nichts
bauen, indem es einmal in die ſee geſezet iſt, wenn
es nicht die not erfodert. Er hat fuͤr das anver-
traute ſchif und deſſen geraͤtſchaften, auch fuͤr die
darinn befindlichen waren treulich zu ſorgen, er
darf ſelbiges nicht uͤberladen, widrigenfalls bei
entſtehendem ungluͤke die werfung der guͤter auf des
ſchiffers gefahr geſchihet, er muß ſeiner inſtruction
und
[236]LXXIV haubtſtuͤck von den
und dem auftrage buchſtaͤblich geleben, ſeinem
ſchiffer-amte ſorgfaͤltig fuͤrſtehen, und ſeiner reder
beſtes auf alle art ſuchen, das ſchif und waren
nicht verkaufen, auch der ſchifleute eheweiber des
nachts im ſchiffe nicht dulten, keine contreband-
waren einnemen. Sihe die Bremiſche verord-
nung von contreband-waren vom jahre 1742, er
darf des nachs nicht vom ſchiffe bleiben, nicht
minder ſoll er nach zuruͤkgelegter reiſe ſeinen redern
gezimende rechnung leiſten, und das behoͤrige aus-
keren, auch den durch ſeine ſchuld verurſachten
ſchaden erſezen, ſchifsordnung und ſeerecht der
hanſeſtaͤdte tit. I-XII, Bremiſche ſchifs-ordnung
1731 § 3 fgg.
§ 575
pflichten.
Dahingegen ihm die reder das ſchif mit ſeinen
geraͤthſchaften in einem guten ſtande zu liefern,
und auf ihre unkoſten zu unterhalten, wegen der
ihm aufgetragenen reiſe eine richtige abrede mit
ihm zu nemen, auch einen deutlichen unterricht
und eine verſtaͤndliche fuͤrſchrift ſeines verhaltens
zu geben, den ihm verſprochenen gehalt nicht allein
unweigerlich zu entrichten, ſondern auch dasjenige,
was er zu richtiger bezahlung der ſchifsleute, heu-
ren und deren unterhaltung benoͤtiget iſt, zu ver-
ſchaffen, ſchuldig ſind. Nicht minder, was er
dieſerwegen und ſonſt zur unterhaltung des ſchiffes
und deſſen geraͤte verwendet hat, wieder zu verguͤ-
ten, benebſt der notdurft nach, auſſerhalb landes,
ihm eredit zu machen gehalten ſind, Hamburgi-
ſches ſchif- und ſeerecht, art. 1 tit. 14, und daſelbſt
der Langenbek ſ. 25 fg., ſchifsordnung und ſee-
recht der hanſeſtaͤdte vom jahre 1614 tit. I, tit. II.
§ 576
ſchuldig-
keit
Wenn der ſchiffer unter ſegel gehen will, hat
er die fuͤrnaͤmſten, oder den mereſten teil dabei zu
rath
[237]ſchiffern und ſchifsleuten.
rath zu zihen, ſich mit den gehoͤrigen vollmachten,u. freiheit.
ſee-briefen ꝛc. zu verſehen. Er kan ſchulden halber
nicht aufgehalten werden. Auf der fahrt hat der
ſchiffer die zoͤlle und andere gebuͤren zu bezalen, die
hafen mit den gewoͤnlichen ſchuͤſſen zu begruͤſſen,
die ſeegel zu ſtreichen ꝛc. EſtorsIII teil der an-
fangsgruͤnde ſ. 36 fgg.
§ 577
Die matroſen, das bootsvolk, die ſchifskinder,die ſchifs-
leute.
werden entweder auf die ganze fahrt, oder eine ge-
wiſſe zeit gemitet, ſie fahren auch wohl auf profit,
und ſind gehalten ſich zur geſezten zeit am bord zu
begeben, das ſchif auszureuten, den proviant an
bord zu bringen, duͤrfen nicht vom ſchiffe gehen.
Sie muͤſſen ſelbiges verteidigen, fleißig wache hal-
ten, alle gelegenheiten und unordnungen vermei-
den, den befelen der fuͤrgeſezten gehorſam leiſten,
und wenn ſie in ſothanen ſchifsdienſten ſchaden
leiden, muͤſſen ſie ſchadlos gehalten werden. So
lange ſie ihrer pflicht gemaͤß thun, ſoll ihnen ihre
heuer bezalet werden, welches auch beſchehen muß,
wenn ſie gefangen, oder im dienſte verwundet wer-
den, hanſerecht tit. 14.
§ 578
Die ſeefahrende haben ebenfalls ihre richter undderen rich-
ter und
gerichte.
gerichte. Es ſind daher die admiralitaͤten, con-
ſuls und andere richter beſtellet, und verordnet,
Langenbek am a. o. ſ. 310, 317 Johann Julius
Surland in grundſaͤzen des Europaiſchen ſeerechtes
ſ. 69 fg. Die ſtreitigkeiten werden ſummariſch
abgethan. Wie der ſchifleute untreue in anſehung
der ihnen anvertrauten waren zu beſtrafen ſind,
beſaget der reichsſchluß vom jahre 1670 im achten
und neunten punkte.
§ 579
[238]LXXV haubtſtuͤck
§ 579
hafenmei-
ſtern.
In den hafen heißen diejenige, welchen die be-
ſorgung derſelben uͤbertragen worden iſt, die ha-
fenmeiſter, Langenbek am a. o. ſ. 478 fgg.
§ 580
bewarern.
Dahingegen diejenige, welche das offene ufer,
oder die kuͤſte zu beſezen, darnebſt auf die ſich dem-
ſelben nahenden genaue aufſicht haben muͤſſen, die
kuͤſten-bewarer genennet werden.
§ 581
ralſchaft.
Von der admiralitaͤt iſt die admiralſchaft, am-
miralſchaft, unterſchiden, anerwogen dieſe in einer
verbindung beſtehet, kraft deren verſchidene ſchiffer
in krigeszeiten in geſellſchaft ihre reiſe zu verfolgen,
im falle der not ein ander beizuſtehen, und die ge-
meine gefar abzuwenden, ſich verbindlich machen,
Langenbek am a. o. ſ. 95 fg., Luͤder Menken,
im ſyſtemate juris ciuilis ſ. 284. Dieſes wird
die private ammiralſchaft genennet, und iſt von
derjenigen, welche von den obern angeordnet wird,
unterſchiden, ſihe den Kuͤriken am a. o. ſ. 179.
Hiher koͤnnen die octroirte und andre handlungs-
compagnien ebenfalls gezogen werden. Von der
orientaliſchen handlungs-geſellſchaft in Wien, ſihe
den von Juſti am a. o. im Iten teile ſ. 21.
Fuͤnf und ſibenzigſtes haubtſtuͤck
von denen menſchen, welche zur erhal-
tung der geſundheit dinen, und zwar
den aͤrzten.
§ 582
Einem landesherrn liget viel daran, geſunde
buͤrger und unterthanen zu haben. Damit
nun dieſe abſicht erreichet werde, ſo ſind die darzu
noͤtige
[239]von den aͤrzten.
noͤtige und nuͤzliche perſonen, wenn man ſie zu-
foͤrderſt tuͤchtig befunden hat, zu beſtellen, davon
unten bei der lehre von der einrichtung guter poli-
eei mit mehrern gehandelt werden ſoll. Es gehoͤ-
ren aber dahin: die aͤrzte, ſtadt- und landphyſici,
apotheker, chirurgi, bader, ſihe des Michael
Alberti diſp. de tuenda reipublicae ſalute per
medicorum bona conſilia, Halle 1745, den
Rhetius ſ. 157 fgg. des VIIIIten bandes der Stry-
kiſchen diſputationen, Elien Friderich Heiſter
de principum cura circa ſubditorum ſanita-
tem, Helmſtaͤdt 1738, 4.
§ 583
Aus den aͤrzten werden land- und ſtadt-phyſici,was ein
landphyſi-
cus iſt?
feld- und garniſon- medici beſtellet. Landphyſicus
heiſſet derjenige, welcher zur cur der unterthanen
und beſichtigung der wunden, benebſt der todten
menſchlichen Koͤrper auch zu andern geſchaͤften be-
ſtellet und vereidet iſt. Sihe die F. Heſſiſche me-
dieinalordnung vom jahre 1616, 1682, F. Heſſen-
Darmſtaͤdtiſche ordnung wornach die medici, apo-
theker, wundaͤrzte und hebammen ſich verhalten
ſollen, Darmſtadt 1727 fol. tit. 1. Koͤnigl. Preu-
ſiſche medicinalordnung, F. S. Gothaiſche lan-
desordnung, P. III ſ. 441, 446.
§ 584
In den Chur-Braunſchweig-Luͤneburgiſchenſie muͤſſen
ſich in ver-
ſchidenen
landen exa-
miniren
laſſen.
landen ſoll man keinen land- oder ſtadtphyſicus
annemen, noch weniger einen doctor medieinaͤ
darin practiciren laſſen, bevor er beſonders exa-
minirt worden iſt, Chur-Braunſchweig-Luͤnebur-
giſche landesgeſaͤze, im IIIten theile ſ. 455 fgg. thue
hinzu die Chur-Brandenburgiſche verordnung beim
Mylius am a. o. im V teil. 4abt. ſ. 13, 204, 224 fg. Im
uͤbrigen hat man die ſpruͤchwoͤrter „ein junger me-
„dicus
[240]LXXVI haubtſt. von den
„dicus ein neuer kirchhof; die doctors muͤſſen alt, die
„apotheker reich, und die barbirer jung ſeyn, Piſto-
rius am a. o. cent. VII par 70 und 85 ſ. 644
ſ. 661. „Es iſt beſſer, daß einem der medicus als
„der juriſt das leben abſpricht, cent. VI par. 74
ſ. 524. Wie aber ein arzt beſtrafet werden ſolle,
wenn ſelbiger aus nachlaͤßigkeit oder gefaͤhrde ie-
manden ſchadet, beſaget art. 134 der peinlichen
halsgerichtsordnung kaiſer Carls des Vten. Fuͤr-
naͤmlich iſt im ſtaate eine taxe noͤtig, wie die aͤrzte
ihrer bemuͤhung halber bezalet werden ſollen.
Darneben iſt bei ihrer annemung eine pruͤfung
noͤtig: ob ſie naͤchſt den uͤbrigen zur arzeneikunſt
erforderlichen wiſſenſchaften die medieinam foren-
ſem verſtehen? damit ſie in den peinlichen acten
den vertaidigern der peinlich beklagten keinen an-
las geben uͤber ihr viſum repertum ſich luſtig zu
machen. Ohne uͤberhaubt darauf vereidet zu ſeyn,
gilt das viſum repertum nichts.
Sechs und ſibenzigſtes haubtſtuͤck
von den wundaͤrzten oder chirurgis.
§ 585
chirurgi iſt?
Die chirurgi bedeutet dem wort-verſtande nach,
einen teil der arzenei-kunde, welche vermit-
tels zuthun der haͤnde heilet. Deutlicher iſt diſel-
be eine kunſt, die da lehret durch huͤlfe der haͤnde
und allerlei inſtrumenten, wie auch aͤuſſerlich auf-
gelegten arzeneien die menſchliche geſundheit her-
zuſtellen.
§ 586
einteilung.
Man theilet ſie in die mediciniſche chirurgi, und
die hand-operationen. Jene beſtehet in der kennt-
nis aller arzenei-mittel, die auf die, ſchaͤden zu legen
ſind,
[241]wundaͤrzten, oder chirurgis.
ſind, und nach befinden der innerlich zu gebrau-
chenden mittel, nebſt beobachtung der diaͤt.
§ 587
Vermittels der hand-wirkungen werden dieihre beſchaͤf-
tigungen.
zertrenneten teile des koͤrpers zuſammen geſezet,
oder was zuſammen gewachſen iſt, wieder getren-
net, oder die ſchadhaften und uͤberfluͤßigen teile ab-
genommen, ſiehe des Joh. Zacharien Platners
gruͤndliche einleitung in die chirurgi, 2 baͤnde
in 8., Lorenz Heiſters chirurgi 1747, 4, Elien
Cos von Vilars abhandlung der chirurgi, 5
baͤnde, 8.
§ 588
Die 1) zergliderungs-kunde muß er verſtehenwas ein chi-
rurgus ver-
ſtehen ſolle?
und zwar nach den neueſten erfahrungen des Ja-
cobs Winslow und Chriſtian Ehrenfrid
Eſchenbachs, imgleichen 2) die phyſiologi, als
den ganzen Grund der arzenei-kunſt und der chi-
rurgi, nicht weniger 3) die materiam medicam,
oder die beſtand-theile, kraͤfte, wirkungen und
zubereitung auch die zuſammenſezung der arzenei-
mittel; 4) wird erfodert, daß er die operationen
an den todten koͤrpern in den hoſpitaͤlern und ſonſt
veruͤbet, auch 5) diſe an den lebendigen koͤrpern
unternommen habe, und 6) ehender herzhaft als
mitleidig ſey, damit er durchs ſchreien der patien-
ten, mehr als noͤtig iſt, eile, oder weniger als
die ſache erfodert ſchneide.
§ 589
Solchergeſtalt muͤſſen der ſtabs-chirurgus, und
die regiments-feldſcherer geartet ſeyn. Siehe
des Herrn grafens Ludewigs von Khevenhuͤller
obſervationspuncten bei einem regimente dragoner
ſ. 150 fgg.
Q§ 590
[242]LXXVI haubtſt. von den
§ 590
tung der
zerglide-
rungsſchu-
le,
Damit die aͤrzte und wundaͤrzte eine ſchule zur
zergliederung haben; ſo ſorget die policei fuͤr ein
zergliderungs-gebaͤude in ieder provinz. Daſſel-
be iſt inwaͤndig mit einem ſaale verſehen, der in
der mitte einen groſen tiſch hat, worauf der todte
koͤrper geleget wird. Runt herum gehen baͤnke.
Je weiter ſelbige davon entfernet ſind, deſto er-
habener ſelbige ſeyn muͤſſen, damit die zuſchauer
alles beobachten koͤnnen.
§ 591
derniſſe,
In dieſem zergliderungs-gebaͤude, werden er-
fodert 1) kammern mit ſchraͤnken und fachen, 2)
ein gewoͤlbe, und 3) eine kuͤche. Die kammern
dienen die geribben der koͤrper, wie auch die ge-
raͤdſchaften zur zergliderung aufzubewaren. Im
gewoͤlbe werden die todten koͤrper wider die faͤul-
niß erhalten; die kuͤche dienet zur abſonderung des
fleiſches von den knochen, vermittelſt des kochens.
§ 592
aͤrzte anzal
iſt zu ver-
meren.
Ferner ſihet die policei dahin, daß die anzal
der wundaͤrzte anwachſe; hergegen der hauſe der
barbirer vermindert werde; in betracht der
menſchliche koͤrper viel zu edel iſt, als ſolchen den
pfuſchern preis zu geben.
§ 593
angezogen
werden moͤ-
gen?
Um die regiments-feldſcherer anzuziehen, liſet
die policei gewiſſe der wundarzenei befliſſenen aus,
die zugleich ſo viel aus der arzenei-kunde er-
lernen, was in die gemeine krankheiten der ſol-
daten einſchlaͤgt, z. e. die fiber, rote und weiſe
ruren, bauchgrimmen (colic) venus-ſeuche ꝛc.
Der herr graf von Khevenhuͤller am a. o. ſ. 150.
Siben
[243]apothekern.
Siben und ſibenzigſtes haubtſtuͤk
von den apothekern.
§ 594
Die apotheker werden alſo ab apotheka ge-was der
apotheker
iſt?
nennet, welches einen waaren- oder kram-
laden bedeutet. Ein apotheker iſt ein befreiter
und in pflichten ſtehender kuͤnſtler, welcher die
vom arzte vorgeſchribenen arzeneien zurichtet und
oͤffentlich verkaufet.
§ 595
Diejenige, welche dieſe kunſt oͤffentlich betrei-ihre beſchaf-
feuheit
ben wollen, ſollen nicht nur erfahrne und in ſelbi-
ger geuͤbte leute, ſondern auch der oberkeit mit
pflichten zugethan ſeyn; daher ſie von den aͤrzten
zufoͤrderſt examinirt werden muͤſſen, F. H. Caſ-
ſeliſche medicinal-ordnung cap. X, F. H. Darm-
ſtaͤdtiſche ordnung, wornach die medici, apothe-
ker ꝛc. ſich verhalten ſollen, tit. II, S. Gothaiſche
medicin- und apotheker-ordnung, cap. 2 § 1,
Kurbrandenburgiſches medicinal-edict beym My-
lius am a. o. im Vten teile IV abt. ſ. 203, 228;
hiernaͤchſt haben ſie, benebſt ihren geſellen, bei
antretung ihrer verrichtung einen ordentlichen eid
abzulegen, ſich des curirens gaͤnzlich zu enthalten;
ſie ſollen an niemand gift verkaufen ohne vorwiſ-
ſen der oberkeit, ſihe die peinliche halsgerichts-
ordnung art. 37, § 3; keine alte verlegene und un-
taugliche materialien bei ſich finden laſſen; daher
die apotheken jaͤhrlich viſitiret werden muͤſſen,
reichs-policei-ordnung 1548 tit. 33, 1577 tit. 34.
Sie moͤgen ferner keine purgirende und abtrei-
bende arzenei ohne vorwiſſen des arztes reichen,
Kur Maynziſche apotheker-ordnung, cap. III § 3,
Q 2keine
[244]LXXVII haubtſtuͤk
keine unfoͤrmliche recepte von denen leuten, welche
es nicht verſtehen, ja nicht einmal von badern
und barbirern annemen, F. H. Caſſeliſche medi-
cinal-ordnung.
§ 596
genheiten,
Sie koͤnnen ſich bei der zubereitung der ge-
miſchten arzeneien an bewaͤhrte apotheker-buͤcher
halten, F. H. Caſſeliſche medicinal-ordnung;
ſie muͤſſen ſich den taxordnungen und den vor-
ſchriften der aͤrzte unterwerfen, reichs-policei-ord-
nung 1548, 1577 am a. o. und demjenigen ſich ge-
maͤs bezeigen, was die reichs- und landesgeſaͤze
von ihnen fodern, ſihe des Ludewigs von Hoͤr-
nigkpolitiam medicam tit. 6, ſ. 28 fgg. die
Kurpfaͤlziſche landes-ordnung handelt fol. 99 von
den apothekern, welches zu einem bekannten bei-
namen den anlaß gegeben hat: die grenzen der
apotheker und barbirkunſt beſchreibet Valentini
in den nouellis medico legalibus, ſ. 263, Tho-
maſiusde iure circa pharmacopolia.
§ 597
teilung
Die apotheker ſind entweder hof- akademiſche,
oder ſtadtapotheker; daher haben ſie einen unter-
ſchiedenen gerichtsſtand. Es iſt in einem orte da-
hin zu ſehen, damit nicht zu viele apotheker vor-
handen ſind, Valentini am a. o. ſ. 8, Bremiſche
apotheker-ordnung 1665, 4to cap. 1 § 4 ſ. 7.
§ 598
ten.
Ihre freiheiten beſtehen darin: 1) daß ſie gleich
den gelehrten von perſoͤnlichen beſchwerden frey
ſeynd; H. Caſſeliſche medicinalordnung, 2) im
concurſe wegen der zur letzten krankheit des ſchuld-
ners gegebenen arzeneien vorzuͤglich in die erſte
klaſſe kommen, von einquartirungen frei ſeynd,
4) den materialiſten, auch badern und barbirern,
ſowohl den aͤrzten, an vielen orten die ausgebung
der
[245]von den apothekern.
der arzeneien verbieten koͤnnen, 5) moͤgen die uni-
verſitaͤts-apotheker zur annemung des buͤrger-
rechts, und leiſtung des buͤrgereides, auch zur
unterwuͤrfigkeit unterm ſtadt-rath nicht angeſtren-
get werden. 6) haben ſie in Kur-Sachſen den
rang mit den kaufmaͤnnern nach der zeit ihrer an-
nemung, Menken im ſyſtemate iuris ſ. 928
tit. 3, 7) duͤrfen ſie tegen tragen; 8) ſollen ſie die
materiam medicam verſtehen, damit ſie nicht,
wie jener that, opium fuͤr apium reichen, von
Leyſerſpecim. XX med. 7 ſ. 490 Vol. IIBec-
manns Anhaltiſche hiſtori teil VII cap. 1 §. 5,
9) ſtehet ihnen der verkauf von ſpecerei-waaren,
des aquavits und des weines nicht zu, 10) die-
weil ihnen viele materialien unbrauchbar werden;
ſo dultet man einen ziemlichen Aufſchlag vom 100
bei ihnen.
§ 599
Gleichwie die kramer-waaren fuͤr unbeweglichdie apothe-
ken werden
fuͤr unbe-
weglich ge-
halten.
gut gehalten werden, Barth im diſſenſu 44 § 1.
alſo wird die apotheke eben dafuͤr geachtet, Barth
im diſſenſu 43 § 1. Ein anders iſt von beiden in
Kur-Sachſen verordnet, da ſie fuͤr bewegliche
Sachen erklaͤret ſind, Barth am a. o. von Ber-
ger in der oeconomia iuris ſ. 215.
§ 600
Die buͤcher der apotheker wirken einen halbendie apothe-
ker- buͤcher
wirken ei-
nen halben
beweis.
beweis in anſehung der aus einer apotheke em-
pfangenen waaren, Barth im diſſenſu 894.
Von ihren zeichen [...] ſihe Hofmanns Klugheit
haus zu halten im IIIten teile ſ. 394 fgg. fuͤrnaͤm-
lich den anhang zum mediciniſchen lexico mit des
von Haller vorrede, und von ihrem gewichte
den Ludovici in der eroͤfneten academi der kauf-
leute, im I teile ſ. 795 fg.
Acht
[246]LXXVIII haubtſt. von den
Acht und ſibenzigſtes Hauptſtuͤk
von den barbirern und badern.
§ 601
bir bedeute.
Der barbir bedeutet eigentlich nicht mehr als
einen der das bartſcheren, welches in Frank-
reich die perukenmacher verrichten, betreibet, an-
bei eine kleine wunde zu heilen, und einen ſchlech-
ten verband verſtehet; imgleichen eine ader laſſen,
und einen zahn ausreiſen kan. An verſchidenen
orten ſind ſie zwar von den badern unterſchieden,
wie in den hieſigen landen, iedoch wo dieſes nicht
iſt, ſind ſie beides zugleich, Beier im allgemei-
nen handlungs- kunſt- berg- und handwerks-
lexico ſ. 41.
§ 602
zu nemen
ſind?
In vielen landen duͤrfen ſie nicht eher aufge-
nommen werden, bevor ſie ihrer beſitzenden ge-
ſchicklichkeit halber examiniret, auch wohl ver-
pflichtet worden ſind, F. H. Caſſeliſche medici-
nalordnung cap. VI, cap. XI, H. Darmſtaͤdti-
ſche verordnung am a. o. tit. III, repertorium
iuris priuati im Iten teile ſ. 454. Von dem
examine der wundaͤrzte und wehemuͤtter, wie ſol-
ches die aͤrzte in den Kur-Brandenburgiſchen lan-
den anſtellen, ſihe in Faßmanns leben Fride-
richs Wilhelms Koͤn. in Preußen, IIten teile
ſ. 254, 288, 329, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgi-
ſche landes-geſaͤze ꝛc. im IIIten teile ſ. 456 ſ. 458 fg.
Sie duͤrfen nicht innerlich curiren, Baſtineller
de medico ex voluntate aegroti perperam cu-
rante § 3 fgg. das verdiente bartputzen-lon hat
in den rechten kein vorzugsrecht, BoͤhmerT. III.
P. III. dec. 699 num. 9, 22. Wenn ſie als zeu-
gen
[247]barbirern und badern.
gen uͤber ſachen, die ihre kunſt angehen, gebrau-
chet werden ſollen, muͤſſen ſie beeidiget werden,
kammergerichtsordnung im Iten teile, tit. 85.
§ 603
Die barbirer und bader hatten ehedem in demdie barbirer
und bader
hatten ehe-
dem glei-
ches gewer-
be und glei-
che achtung
Teutſchen reiche ein ganz gleiches gewerbe, mit-
hin einen gleichen ſtand, darneben war einer ſo
geringſchaͤzig und beflecket, als der andere, wie
ſolches ſich aus der reichspoliceiordnung vom jahre
1548, und 1577, aus Chriſtian Heinrich Hil-
lers diſp. de abuſibus, qui in Germania in col-
legiis vigent opificum, cap. II § 5 ſ. 39 ſ. 46
des Eſtors kleiner ſchriften erſter band ſ. 921 fgg.
erbricht.
§ 604
Die barbirer und bader haben einerlei gegen-ſind mit den
badern glei-
ches ſtan-
des.
ſtand, naͤmlich ihre kunſt und handgriffe bei wun-
den und geſchwuͤren, kliſtiren, pflaſtern, auch uͤbri-
gen aͤuſſerlichen kuren und verrichtungen, gehabt,
gelernet und getriben, folglich muͤſſen ſie, wie bei-
de in anſehung ihres gleichmaͤſigen gegenſtandes
vor dieſem im gleichen grade der achtung geſtan-
den haben; alſo dieſelbe auch, da ſie nun beider-
ſeits durch die bemelde reichsgeſaͤze aus ihrem ver-
aͤchtlichen ſtande gezogen worden ſind, gleichen
rechtes und benennung ſich zu erfreuen haben, be-
vorab da die bader, daß ſie eher, als die barbirer
und zwar bereits durch den kaiſer Wenzeln zu ih-
rer achtung gelanget waͤren, ſich fuͤr jenen zu ruͤh-
men befuget ſind. Wannenher ſie auch an vielen
orten wirklich gleich geſtellet worden, z. e. im Her-
zogthum S. Gotha, zu Wien, Nuͤrnberg, Re-
gensburg, Dresden ꝛc. Eſtor am a. o. ſ. 926.
Fernere beifugen zur S. Gothaiſchen landesord-
nung ſ. 305 fg.
Q 4§ 605
[248]LXXVIII haubtſtuͤk
§ 605
unterſchide-
nen bedi-
nungen ha-
ben ſie man-
cherlei na-
men.
Gleichwie man land- und ſtadt-phyſicos in
Teutſchland hat; ſo ſind auch amts- und ſtadt-
chirurgi, auſſerdem die regiments- und compagni-
feldſcherer bekannt. Was zu einem regiments-
feldſcherer erfodert werde, hat Valentini am a. o.
ſ. 618 mitgeteilet, und von der beurteilung des
heilerlones eines barbirs ſ. 659, 671.
§ 606
tegen tra-
gen.
Die barbirer und buchdrucker, auch apotheker
nebſt ihren geſellen, duͤrfen vermoͤge fuͤrſtlicher
verordnung tegen tragen.
§ 607
beſchaͤfti-
gungen.
Die bader haben eigentlich mit dem baden in
einer oͤffentlichen bade-ſtuben, ſchroͤpfen zu thun,
doch wo es ihnen nicht unterſaget iſt, treiben ſie
auch die chirurgi. Die barbirer wollen den ba-
dern das bartſcheren ſchlechthin in den ſtuben, oder
dem bade-zimmer nur zugeſtehen, auf der naſſen
bank, ſihe das repertorium iuris priuati, im
Iten teile ſ. 406 fg. Friderich Gottlib Struve
de balneis ac balneatoribus.
§ 608
ſich exami-
niren laſſen.
Die bader muͤſſen ſich ebenfalls in vielen lan-
den vor der oͤffentlichen betreibung ihrer kunſt exa-
miniren ſo wohl beeidigen laſſen, koͤniglich Preu-
ſiſches medicinal-edict vom 27 ſept. 1725, S. Go-
thaiſche landesordnung P. II cap. III tit. 6 und
fernere beifugen dazu ſ. 304, Kur-Braunſchweig-
Luͤneburgiſche landes geſaͤze P. III cap. IV ſ. 454 fgg.
Sie duͤrfen eben ſo wenig, als die barbirer inner-
liche kuren fuͤrnemen.
Neun
[249]von den operateurs, ꝛc.
Neun und ſibenzigſtes haubtſtuͤk
von den operateurs, als den bruch-
ſchneidern, augen-aͤrzten, ſtein-ſchneidern,
und andern.
§ 609
Die ſo genannten operateurs heiſſen diejenigewas die ope-
rateurs
ſind?
perſonen, welche mit dem bruch- und ſtein-
ſchneiden, ſtarſtechen, mit abloͤſung der glider,
ſchneidung der ſchwaͤmme und andern aͤuſſerlichen
kuren am leibe geſchickt umzugehen wiſſen. Sie
teilen ſich wieder in beſondere gattungen ein.
§ 610
Der bruchſchneider iſt ein wundarzt, welcherwas der
bruchſchnei-
der,
mit ſchneidung und heilung der bruͤche ſich beſchaͤf-
tiget. Sihe des Zacharien Vogels abhandelung
von allen arten der bruͤche. Die policei laͤſſet den
bruchſchneider von den arten die bruͤche zu ſchnei-
den pruͤfen nach masgebung des Plattners
ſ. 437 fgg. im IIten teile. Sihe des Geigers
Xelegraphiam, den Wilhelm Cheſeldende li-
thotomia.
§ 611
Ein augen-arzt (oculiſt) heiſſet, welcher ſowohlimgleichen
der augen-
arzt,
uͤberhaupt die kunſt die krankheiten der augen, als
auch insbeſondere das ſtarſtechen geſchickt zu be-
treiben verſtehet. St. Yves (Carls) von den
krankheiten der augen, AntonsMaitre-Jean
von den krankheiten der augen. Vom ſtare und
ſchwarzen ſtare ſihe des Platners chirurgi
ſ. 401 fgg. den IIten teil, den Herm. Boerhaven
von den augenkrankheiten, Briſſeau vom
grauen ſtare.
Q 5§ 612
[250]LXXIX haubtſtuͤk
§ 612
ſchneider
iſt?
Der ſteinſchneider beſchaͤftiget ſich mit dem
ſchneiden der im leibe wachſender ſteine, es moͤgen
dieſes niren- oder blaſenſteine ſeyn. Johann
Jac. Rauobſeru. chirurg. de calculo renum,
veſicae, Leiden 1731, 8. Wiedemann vom
ſtein- und bruchſchneiden, wie auch vom ſtar-
ſtechen.
§ 613
ſtalt dieſe
leute ihre
kunſt trei-
ben moͤgen.
Dieſe bemeldte perſonen ſollen nach masgebung
der F. H. Caſſeliſchen medicinal-ordnung cap.
VIII nicht anders ihre kuren zu unternemen befu-
get ſeyn, als wenn ſie ſich zufoͤrderſt von dem col-
legio medico provinciali haben examiniren laſſen,
auch ſich in die geſellſchaft der wundaͤrzte begeben.
Sihe auch die F. H. Darmſtaͤdtiſche ordnung,
wornach die medici, apotheker ꝛc. ſich halten ſol-
len, tit. 3. F. S. Gothaiſche landesordnung
P. II cap. 3 tit. 6 ſ. 157 fgg. P. III num. 19 ſ. 444
und fernere beifugen ſ. 293, 309, Kur-Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſche landesgeſaͤze ꝛc. P. III ſ.
454-459. Bremiſche apotheker-ordnung cap. 4
§ 7 ſ. 19. Geſtalt dann auch die quakſalber,
zahnbrecher, ſtorger, theriakskraͤmer, markt-
ſchreier, hauſirer, laboranten, waſſerbrenner,
kraͤuter-kraͤmer, landfarer, und andre dergleichen
leute inhalts obiger verordnungen entweder gar
nicht, oder wenigſtens ohne beſondere erhaltene
erlaubnis nicht geduldet werden ſollen. Man
ſehe indeſſen den chirurgieen dentiſte par Mr.
Fauchard, Paris 1728, 12. Ehe man einen zahn-
arzt zulaͤſſet, ſorget die policei, daß nach der lehre
des Plattners im II teile der chirurgi, ſ. 254 fgg.
examiniret werde, ſihe auch den Ludew. Cron
vom aderlaſſen, und zahn-auszihen.
§ 614
[251]von den operateurs ꝛc.
§ 614
Dieſe perſonen duͤrfen ſo wenig, als die wuͤrz-ſie duͤrfen
nicht inner-
lich kuriren.
kraͤmer und uͤbrige im vorhergehenden § benennte
perſonen innerlich kuriren, F. Altenburgiſche lan-
des-ordnung ſ. 191. Valentini am a. o. ſ. 685,
welches nicht minder bei harter, auch leibes-ſtrafe,
den uͤbrigen landfarern, ſchlangen-faͤngern, hir-
ten, ſcharfrichtern, ſchindern, und ſchuͤrzen- do-
ctorn, oder weibern ꝛc. ernſtlich zu unterſagen iſt,
F. S. Gothaiſche landes-ordnung ſ. 157 und fer-
nere beifugen ſ. 311, F. H. Darmſtaͤdtiſche ver-
ordnung am a. o. dergleichen verderber der menſch-
lichen koͤrper und wohl gar unvermerkte todtſchlaͤ-
ger, ſind mit allem eifer zu vertilgen.
§ 615
Ob operateurs in doctorem zu promoviren
ſind? iſt vom Valentini in nouellis medico-
legalibus ſ. 623 unterſuchet.
§ 616
Im betreff der fontanellen laͤſſet ſie die policeiwie ſie der
fontanellen
halber zu
pruͤfen ſind?
nach Chriſtian Schorers abhandelung vom nu-
zen und gebrauche der fontanellen pruͤfen. Sihe
den Platnern ſ. 144 fg. des IIten teiles und vom
kaiſerlichen ſchnidte nach anleitung des Platners
ſ. 497, auch des Joh. Ruleau vom kaiſerlichen
ſchnidte. Man ſehe uͤbrigens wegen dieſes haubt-
ſtuͤkes des Junkers und Heiſters chirurgien.
Achtzigſtes haubtſtuͤk
von den hebammen oder wehmuͤttern.
§ 617
Das wohl vieler tauſend menſchen haͤnget vonwas die heb-
amme iſt?
einer gluͤklichen geburt ab; daher ſorget die
policei wegen der wehmuͤtter unterricht und beſtel-
lung.
[252]LXXX haubtſt. von den
lung. Die wehmutter (kindmume, kindermut-
ter, puͤpelmutter oder hebamme) iſt eine nicht zu
junge erbare und erfarne, von der oberkeit geord-
nete ſowohl vereidete weibesperſon, welche den
ſchwangern und gebaͤrenden weibesperſonen, vor,
in, und nach der geburt huͤlfreiche hand leiſtet,
auch ihnen mit rate und thate beizuſtehen ge-
ſchikt iſt.
§ 618
den hebam-
men Stras-
burg zum
muſter zu
nemen, de-
ren unter-
ſchid da-
ſelbſt.
In Strasburg werden ſie in die hebammen,
vortaͤuferinnen und lehrtoͤchter eingeteilet. Die
erſten unterſcheiden ſich von den vortaͤuferinnen
darin, daß ſie den gewoͤnlichen hebammen-ſchild,
oder die tafel mit der ſtadt wapen oͤffentlich aus-
haͤngen, und lehrtoͤchter annemen koͤnnen; dahin-
gegen die vortaͤuferinnen zwar das hebammen-
ſchild aushaͤngen moͤgen, iedoch ohne der ſtadt-
wapen, auch keine lehrtoͤchter anzunemen berech-
tiget ſind.
§ 619
lehrtochter
iſt?
Die lehrtoͤchter heiſſen, welche in der lehre bei
ihrer lehrfrau dieſer kunſt ſtehen, und in das amt
der oͤffentlichen hebammen noch nicht aufgenom-
men ſind, folglich fuͤr ſelbſt nichts handeln, noch
vielweniger das hebammen-amt treiben duͤrfen,
Strasburgiſche ordnung des hebammenmeiſters
und der hebammen 1728 fol. § 18, 19.
§ 620
terſchid in
Frankfurt.
Zu Frankfurt am Maine iſt ein unterſchid zwi-
ſchen den geſchwornen frauen und den hebammen.
Jene heiſſen frauen und dieſe muͤtter.
§ 621
nuzen und
notwendig-
keit.
Alldieweil einem lande viel daran gelegen iſt,
gerade und geſunde untertanen zu haben; gleich-
wohl nicht allein die gebaͤrenden muͤtter, ſondern
auch diejenige, welche ihnen in der geburt beiſte-
hen,
[253]hebammen oder wehmuͤttern.
hen, und die erſte ſorge fuͤr den leib des gebornen
kindes haben, darzu vieles beitragen koͤnnen; ſo
hat eine wohl eingerichtete policei fuͤrnaͤmlich dar-
auf zu ſehen, damit zu dieſem geſchaͤfte gute an-
ſtalten vorgekehret, hebammen-aͤmter und ſchulen
angerichtet, wie z. e. in Strasburg, oder ſonſt
andre mannsperſonen beſtellet werden, welche die
wehmuͤtter behoͤrig unterrichten. Wie man denn
auch dergleichen loͤbliche anſtalten in den koͤniglich
Preuſiſchen und Kur-Brandenburgiſchen, Kur-
Braunſchweigiſchen, S. Gothaiſchen, Heßiſchen
und andern landen antrift. Sihe die Kur-Bran-
denburgiſche hebammen-ordnung beim Mylius
am a. o. im Vten teile IVte abt. ſ. 53 fg. ſ. 208,
233, 255, 310, und diejenige verordnung, welche
juͤngſthin von dem koͤnige in Preuſſen deßfalls er-
laſſen worden iſt. Die F. H. Caſſeliſche medi-
cinal-ordnung cap. IX, die F. H. Darmſtaͤdti-
ſche angezogene ordnung ꝛc. tit. IV, S. Gothaiſche
landes-ordnung. P. II cap. III tit. 7 ſ. 161 fgg.
P. III tit. 18 ſ. 51, ſ. 444, 507 fgg. die fernere
beifugen darzu ſ. 308; des Andry orthopaͤdi, oder
kunſt bei den kindern die ungeſtalt des leibes zu
verhuͤten und zu verbeſſern, Berlin 1744. Der
pfarrer und die kirchen-aͤlteſten, oder diejenigen,
welche dergleichen Weiber zu wehemuͤttern fuͤr-
ſchlagen, haben dahin zu ſehen, damit ſelbige an
den haͤnden und fingern geſchmeidig ſeynd, auch
reinlich, darnebſt iederzeit kurze naͤgel daran
tragen.
§ 622
Die hebammen muͤſſen vor ihrer annemungſind vor ih-
rer anne-
mung zu
unterrich-
ten.
behoͤrig unterrichtet ſein, wie ſie ihr amt verrich-
ten ſollen. Hierzu ſind kunſt-verſtaͤndige, als
medici, wundaͤrzte, hebammen-meiſter, wie in
Strasburg, collegia medica, oder chirurgica ꝛc.
noͤtig,
[254]LXXX haubtſt. von den
noͤtig, wenigſtens ſorget die policei, daß die heb-
ammen nur aus dem haubtſtuͤke von der natuͤr-
lichen und widernatuͤrlichen geburt aus des ver-
ſtorbenen fuͤrtreff lichen prof. Platners chirurgi
im IIten teile ſ. 471 bis 496 einen unterricht von
einem lehrer der wundarzenei erhalten, wozu noch
die geiſtliche kommen, welche die kinder-mumen
nach masgebung verſchiedener landesgeſaͤze in
demjenigen unterweiſen muͤſſen, was ihnen aus
Gottes wort bei notfaͤllen zu wiſſen noͤtig iſt.
§ 623
ammen-
meiſter in
Strasburg
iſt?
Der hebammen-meiſter in Strasburg iſt die-
jenige perſon, welche darzu oͤffentlich angenommen
und verpflichtet iſt, daß er naͤchſt andern obligen-
heiten in der hebammen-ſchule die wehmuͤtter, auch
ihre lehrtoͤchter in dieſer kunſt woͤchentlich unter-
richte, ſie zu den zergliederungen weiblicher coͤrper
zihe, ihnen dienliche kunſt-griffe dabei zeige, auch
in ſchweren geburts-faͤllen ſowohl den hebammen,
als den ſchwangern und gebaͤrenden weibesperſo-
nen mit rat und that an hand gehe.
§ 624
muͤtter ſind
vor ihrer
annemung
zu examini-
ren.
Wenn die lehrtoͤchter zu Strasburg nach aus-
gehaltener lehrzeit wuͤrklich hebammen werden
wollen, muͤſſen ſie erſtlich von dem hebammen-
meiſter ihrer erlernten wiſſenſchaft halber in ſei-
nem hauſe ſcharf examiniret, nachgehends von
ihm mit einem ſchein ihres wohlverhaltens halber
verſehen und an die ober-ammenherren verwieſen,
auch im erkanntem und darauf beſtimmtem exa-
mine in deren gegenwart nach den ieweiligen
ſtadtphyſico und prodecano, gleichfalls und iedes-
mal examiniret werden, Strasburgiſche ordnung
des hebammen-meiſters § 9 ſ. 7. Die pruͤfung
der wehmuͤtter iſt dieſemnach vor ihrer annemung
noͤtig, damit man wegen ihrer geſchiklichkeit und
ihres
[255]hebammen oder wehmuͤttern.
ihres chriſtentumes verſichert ſey, anerwogen ſie
in ſolchen ſachen gebrauchet werden, welche mit
leib- und lebensgefar verknuͤpfet ſind, folglich auf
ihre erfahrung zufoͤrderſt zu ſehen iſt. Hiernaͤchſt
ſollen ſie verpflichtet werden, ſich des fluchens und
vollſaufens ꝛc. enthalten, keine aberglaubiſche
haͤndel bei der geburt und ſonſt treiben, den er-
teilten inſtructionen nachleben, ſich keiner inſtru-
menten fuͤr ſich bedienen. Sie duͤrfen ohne er-
laubnis der oberkeit nicht verreiſen, vielmehr ſich
zu hauſe finden laſſen. Sie ſollen ſich des arze-
nei-gebens enthalten, der aͤrzte und fuͤrgeſezten
rate folgen, in ſchweren faͤllen den medicum und
andre zu rate zihen, zu den armen und reichen
ſchwangern und gebaͤrenden weibesperſonen, auch
kindbetterinnen zu kommen ſich nicht weigern;
wenn ſie uneheliger perſonen ſchwaͤngerungen ver-
nemen, oder misgeburten haben, der oberkeit da-
von anzeige thun. Zur peſtzeit moͤgen ſie ohne
befehl und vorbewuſt der oberkeit oder fuͤrgeſetzten
zu verdaͤchtigen und kranken perſonen nicht gehen,
und muͤſſen des herumlaufens ſich enthalten; in
notfaͤllen die taufe im namen Gottes des vaters,
des ſohnes und des heiligen geiſtes, verrichten,
S. Gothaiſche landes-ordnung P. III ſ. 509,
Strasburgiſche hebammen-ordnung § 31 ſ. 19,
Kur-Braunſchweigiſche landesgeſaͤze, im Iten teile
ſ. 140 fg. S. Weimariſche kirchen-ordnung im
IIten Buche cap. 12 n. 4, Boͤhmer im iure ec-
cleſiaſtico proteſtantium lib. III tit. 42 § 4
ſ. 822 vol. 3.
§ 625
Die wehmuͤtter haben uͤber ihren lon, meiſtensihre freihei-
ten.
von den gemeinden einige ergoͤzlichkeiten, ſie ſind
auch wohl von den fronen und andern dienſten
frei. Man hat die vermuthung fuͤr ſie, daß ſie
aus
[256]LXXXI haubtſt. von andern
aus gefaͤhrde und nachlaͤßigkeit nichts haͤtten zu
ſchulden kommen laſſen, George Friderich
Harpprecht in deciſ. criminalibus deciſ. 104
num. 44 fg. ſ. 907, ihre ſachen werden ſumma-
riſch eroͤrtert, Menken in ſyſtem. iur. ciuilis
ſ. 943 lib. 50 tit. 13 § 2.
§ 626
coucheurs.
Man folget heut zu tage an vielen orten den
Franzoſen, und bemuͤhet ſich um geſchickte geburts-
helfer, deren man ſich nicht allein in beſonderen
notfaͤllen bedinet, ſintemal ſie ſich auf dieſe opera-
tiones nach der kunſt, anatomi, und chirurgi,
nicht minder auf die bei kreiſenden weibesperſonen
und neugebornen kindern vorfallenden krankheiten
fuͤrnaͤmlich geleget haben, ſondern auch dienen
koͤnnen, um die hebammen zu unterrichten. Man
ſehe die obſeruations ſur la groſeſſe et l’ acou-
chement par Mauriceau, Paris 1715, 4. Hein-
richs van Deventeroperationum chirurg.
nouum lumen exhibitum obſtetricantibus, Lei-
den 1733, 4, des de la Motte traitè des acou-
chemens,Joh. Ge. Roͤdererselementa artis
obſtetriciae,van Horne hebammenbuch ꝛc. den
Johann Herm. Fuͤrſtenaude arte obſtetricia,
und Joh. Ge. Simonde iure obſtetricum.
Ein und achtzigſtes haubtſtuͤk
von andern im ſtaate nuͤzlichen perſo-
nen, und zwar den exercitienmeiſtern, dem
bereiter, fecht- und tanz- auch ballmeiſter.
§ 627
tien-meiſter
ſind nuͤzlich.
Die fuͤrſorge der policei erſtrecket ſich dahin,
daß die jugend in der ausbeſſerung der gu-
ten
[257]im ſtate nuͤtzlichen Perſonen, ꝛc.
ten leibes-ſtellung, es ſey zu fuße oder zu pferde,
unterrichtet werde. Ein unfoͤrmlicher tritt und
zuſammen-haken der zehen, fuͤrnaͤmlich bei einem
reifrocke, laͤſſet uͤberaus uͤbel, und ein elender rei-
ter erwecket mitleiden. Das ſpruͤchwort ſaget
one diß: „wer uͤbers plaſter rennt, das pferd auf
„einer bruͤcke ſprengt, und eine frau nimmt, die
„er nicht kennt, der bleibt ein narr bis an ſein end.
§ 628
Die ſtellung der fuͤße und des leibes iſt dasund zwar
der tanz-
meiſter.
erſte der jugend. Dafuͤr ſorget der tanzmeiſter
Bis ins XVte jar weiß man von einer ſtaͤrke in
den armen nichts. Den rechten gebrauch der
beine und des oberleibes lehret das weibliche ge-
ſchlecht der tanzboden. Das maͤnnliche geſchlecht
hat einen doppelten vorteil eine ſtaͤrke der arme
und beinen zu erlangen, und zwar erſtlich durch
den fechtboden, alsdann vermittelſt des tanzbo-
dens, wozu jener die knie mit ſtaͤrke verſehen, und
dann zum ſchluſſe auf dem pferde zubereitet hat.
Die noͤtigen ſchriftſteller und nachrichten von der
tanzkunſt findet man in den elemens de la danſe
par Charles Pauli, Leipzig 1756, der tanzmeiſter,
mit figuren, Gluͤckſtadt 1705, 4. die tanzſchulen
mit kupfern, fol. zu Nuͤrnberg.
Zwei und achtzigſtes haubtſtuͤk
vom bereiter.
§ 629
Der bereiter iſt ein mann, welcher das reiten,was der
ſtallmeiſter
oder berei-
ter iſt?
das geſtuͤte-weſen und die maͤngel, auch die
krankheiten und arzeneimittel darwider verſtehet,
Zehentners unterricht von der pferde-zucht ſ. 2.
R§ 630
[258]LXXXII haubtſtuͤck
§ 630
erfodert
werde?
Zum reiten gehoͤret nicht nur geſchickt zu pferde
ſteigen, feſt und gut ſitzen, ſondern auch eine gute
fauſt zu haben. Es hat ein bereiter junge pferde
zum reiten geſchickt zu machen deren maͤuler durch
den zaum, cavezzon, die ſpißrute und ſporne des
gehorſams anzugewoͤnen, ſie zum ſchritte, trabe,
gallope, zu der carriere, den courbetten, dem re-
dope und anderen ſchulen abzurichten. George
Engelhart Loͤhneisdella cavalleria, oder
gruͤndlicher unterricht von allem, was zur reiterei
gehoͤrig iſt, 1609 fol. neu eroͤfnete hof- kriges-
und reitſchule, 1729 fol.
§ 631
ten der ju-
gend nuͤtzet?
Die jugend lernet hierbei eine gute ſtellung und
die feſtigkeit auf dem pferde. Der anfang hierzu
wird mit den paſtinen, das ſind, gurt-ſaͤttel auf
der reitſchule, welche von zwilch mit reh-haren
ausgefuͤllet werden und den jungen folen ſowol
ſcholaren nuͤzlich ſind, um darauf feſt ſitzen zu ler-
nen, in betracht keine ſteigbuͤgel daran ſind, folg-
lich der ſcholare die Knie zuſammen ſchluͤſſen, und
ſich der ſtaͤrke des ruͤckens gebrauchen muß. Er
lernet dabei, was zum ernſte oder vergnuͤgen er-
fodert wird, als zum carrouſele, da inwaͤndig in
den ſchranken z. e. ein in holz geſchnizter Roͤmer
in lebensgroͤſe ſtehet, der eine fackel in der hand
von ſich ausgeſtraͤcket haͤlt, woran unten der ring
haͤnget, welchen der ritter mit der lanze wegzune-
men hat. Zum quintan-rennen wird ein baͤr
von holze aufgeſtellet, der mit den zwoen vorder-
tazen und den fangzaͤnen eine kleine runde ſcheibe
haͤlt, wornach die renner zielen, und woran ſie
die lanzen brechen. Das javelin wird nach einer
bildſaͤule, worauf ein moren-kopf, von pappe ge-
formet, geſetzet iſt, geworfen, mit welchem man
den
[259]vom bereiter.
den gedachten moren-kopf herunter ſchmeißen
muß. Eine bildſaͤule eines Tuͤrken ſihet man
ferner aufgeſtellet, auf deſſen rumpfe ein Tuͤrken-
kopf aus pappe ſolchergeſtalt ausgeſetzet wird,
daß derſelbe in vollem ritte mit dem tegen abge-
hauen werden kan. Endlich findet ſich eine ganz
niedrig auf die Erde geſtellete Sirene, die gleich-
falls einen von pappe gebildeten kopf hat, welchen
die ritter in waͤrendem rennen mit der tegenſpitze
ausheben. Ueber die gewinſte erkennen die be-
ſtellten entſcheider und ein lediges frauenzimmer
teilet die daͤnke aus, Johann Ulrich Roͤnigs
beſchreibung des koͤniglichen Sieilianiſchen vermaͤ-
lungsfeſtes zu Dresden 1738 ſ. 109 fgg.
§ 632
Von den 52 ſchulen auf der reitbane giebt Va-die ſchriſten
davon.
lentin Trichter im exercitien-lexico ſp. 2085 fg.
nachricht. Der von [...]oͤhneis und der herzog
von Neweaſtle haben die beſten reit-buͤcher ge-
fertiget und zwar erſter in der hof-kriges- und
reitſchule, fol. Von letzterm haben wir le duc
de Newchaſtle methode de dreſſer les chevaux
avec fig., 1658 fol. und 1737 zu London fol. f. 2.
de Garſault nouveau parfait marechal 2 teil mit
kupf. 1741, 12 und 4. Was zur ſchoͤnheit eines
pferdes gehoͤret, imgleichen, was deſſen maͤngel
ſind, ſodann was bei deren kaufe zu beobachten
iſt, meldet Trichter am a. o. ſp. 1754 fgg. Jaques
de Soleyſel parfait mareſchal, qui enſeigne à
connôitre la beauté, la bonté et les defauts
des chevaux 2 b. 1723, 4. und vorher 1631, 4.
le mareſchal parfait, qui enſeigne à connôitre
la bonté et les defauts de chevaux, à Paris
1672, 4. Zehentners reitkunſt, 8. George Si-
mon Winter von der reitkunſt 2 teil fol. 1672,
deſſen wohlberittener cavalier, fol. 1678, ſtuterei
R 2und
[260]LXXXIII haubtſtuͤck
und folen-zucht, 1703, fol. curioſer ſtallmeiſter
1691, fol. Soleyſelsle parfait marechal, ana-
tomie general du cheval, traduit de l’Anglois
par Mr. de Garſault, à Paris 1734, 4. des an-
geregten Winters wohlerfarner pferde-arzt, 1746,
8. wird fuͤr das beſte buch in dieſer art gehalten.
Der Acreza, der Boͤhm, Lafoſſe, Hotſon, Fuchs ꝛc.
ſind bekannt. Wegen der ſtutereien muß gedach-
ter Zehentner nebſt dem Adlersfluͤgel zu rate
gezogen werden, wie dann auch unten ein meh-
res davon vorkommen wird. Uebrigens haben
der univerſitaͤts-ſtallmeiſter und fechtmeiſter ihren
gefreieten gerichtsſtand unter der univerſitaͤt.
Drei und achtzigſtes haubtſtuͤck
vom fechtmeiſter.
§ 633
fechtmeiſter
iſt?
Der fechtmeiſter iſt ein angeſehener, wohlge-
ſezter mann, welcher ſeinen lehrlingen die
fechtkunſt beibringet. Dieſe beſtehet im angrei-
fen, oder attakiren, im pariren, battiren, ca-
viren, paßiren, eirculiren, voltiren, ſtringiren,
im fechten auf den ſtoß und hieb, fintiren, appell-
machen, figiren, retiriren, die menſur-nemen,
und brechen, und uͤberhaubt die rechten und fal-
ſchen ſtoͤße von einander unterſcheiden, im gegen-
fechten gehoͤriger maße ausnemen, ſich nie aus
dem vorteile herauszugeben, mithin ſich nicht zu
bloͤſen, in hurtiger wiederherſtellung das gehoͤrige
lager zu waͤlen, ſeine ſpize iederzeit nach des gege-
ners auge zu bieten und durch eine vorteilhafte
ſtellung von ſich abzuhalten, was einem an der
leibes-ſtaͤrke abgehet, durch die hurtigkeit zu erſe-
zen,
[261]vom fechtmeiſter.
zen, die klinge nach 4 teilen zu bemerken, daß der
erſte zu naͤchſt an dem ſtichblatte, der andere die
halbe ſtaͤrke, der dritte die halbe ſchwaͤche und der
vierdte oder aͤußerſte bis an die ſpitze die ſchwaͤche
ſey. Daher battiren eine ſtarke bewegung an des
widerſachers klinge machen bedeutet, um denſel-
ben dadurch zu ermuͤden, oder in einen wehrloſen
ſtand zu ſezen; legiren eine gattung von pariren,
iſt, wenn der feind unter der klinge abſonderlich
inwendig ſtoͤſet, oder von freien ſtuͤken ſeinen ge-
gener dadurch zwingen will, entweder den tegen
zu verliren, oder doch wenigſtens bloͤſe zu einem
nachſtoſe zu geben, Anton Friderich Rahns
anfangsgruͤnde der fechtkunſt, 1739, 4, l’ An-
ge fechtkunſt, 4.
§ 634
Die piken-uͤbung wird auf einigen fechtbodendie piken-
uͤbung.
gezeiget und zwar 1) die verbeugung mit der pike,
2) die ganzen und halben turen, 3) die ganzen
und halben gliſſaden, 4) die ſtokkaden, 5) das
ligen en garde, 6) das battiren, 7) die para-
den, 8) die wuͤrfe, 9) die jungfern-tur, 10)
der ſteinwurf oder levade, 11) die uͤbungen mit
dem tegen und der pike zugleich, 12) die doppelten,
ganzen und halben gliſſaden, 13) le revers, 14)
die fuß- und naſen-tur, 15) die Spaniſche brum-
me, 16) die geſchwinde, kleine und große gliſſade
(eine ſtreichende finte) ꝛc., Trichter am a. o.
ſp. 1786.
§ 635
Das voltigiren beſteht aus dem heben, ſprin-das voltigi-
ren.
gen und ſchwingen auf ein hoͤlzernes pferd. Da-
hin gehoͤren 1) der gewundene ſprung, 2) der
gewundene jungfern-ſprung, 3) der ſchlechte
jungfern-ſprung, 4) die ſchilet, 5) die revers,
6) die troit, 7) die ganze und halbe pomade,
R 38) der
[262]LXXXIV haubtſtuͤck
8) der ſchwanz- und beinſprung 9) die verwech-
ſelungen hinten und vorn ꝛc. Wegen der gefar,
welcher der menſchliche koͤrper hibei unterworfen
iſt, hat die policei das voltigiren von vielen fecht-
boden verbannet, Trichter ſp. 2283 fgg.
§ 636
ſitaͤts-fecht-
meiſter frei-
heiten auch
gerichts-
ſtand.
Sonſt iſt die einteilung in die Teutſche, Ita-
lieniſche und Franzoͤſiſche fechtkunſt bekannt. Die
univerſitaͤts-fechtmeiſter genuͤſſen deren freiheiten,
und haben ihren befreiten gerichtsſtand bei ſelbi-
ger, Chriſtoph Philipp Richter in der andern
diſputation ad authent. habita C. ne filius pro
patre ſ. 40.
Vier und achtzigſtes haubtſtuͤck
vom tanzmeiſter.
§ 637
der tanz-
kunſt und
deren ein-
teilung.
Die tanzkunſt haͤlt man insgemein fuͤr die thuͤre
zu den uͤbrigen leibes-uͤbungen. Sie zeiget
1) das nidrige oder kammer-tanzen, und 2) das
hohe oder theatraliſche tanzen. Bei jener kom-
men vor: die proſa, theori und praxis. Die
proſa lehret einen, ſich manirlich zu kleiden, eine
geſchickliche ſtellung, einen netten gang und bei
allen gelegenheiten eine anſtaͤndige verbeugung zu
machen. Die theori zeiget die tritte regelmaͤſig
zu tun und zu verbinden, und zwar nach der ca-
dence und porte les bras zu vergeſellſchaften.
Die praxis lehret die dreie grundtaͤnze, woraus
die uͤbrigen fluͤßen, als naͤmlich die courante, me-
nuet und bouree.
§ 638
[263]vom tanzmeiſter.
§ 638
Die regeln der policei wollen, daß der tanz-des tanz-
meiſters er-
foderniſſe.
meiſter ſelbſt wohl tanze, eine leichte art zu leh-
ren habe, die muſik und fuͤrnaͤmlich den tact wohl
verſtehe, hoͤflich, manirlich, freundlich, beſchei-
den, unverdroſſen, fleiſſig, aufwartſam, und
reinlich in kleidern ſey. Er muß wiſſen, daß 5
allgemeine pas und hernach viele beſondere pas es
gebe, Trichter ſp. 1711, wiwohl diſer ſp. 437 den
coupé zu einem allgemeinen pas erklaͤret und de-
ren allda 6 angibet.
Fuͤnf und achtzigſtes haubtſtuͤck
vom ballmeiſter.
§ 639
Noch im anfange dieſes jahrhunderts war das
ballhaus an den hoͤfen auch univerſitaͤten
eine beliebte leibes-uͤbung. Man ballotiret ent-
weder, oder ſpilet partien. Erſtern falles wer-
den ordentlicher weiſe 4 ſpieler erfodert, einer an
der grille, der andre le trou, und die zwene
uͤbrigen la gallerie bewaren. Eines ieden oblie-
genheit iſt, den ball vermittels der raquette in ſei-
nes gegeners loch zu ſpielen. Beym parti-ſpile
zaͤlet man quinze, trente, quarante, cinq und
endlich parti. Quinze un und trente un bedeu-
tet, daß ein ieder gleiches ſpil habe, machen ſie
beide quarante cinq; ſo heiſſet es à deux le jeu.
Wer hierauf noch einen ſchlag gewinnet, der hat
avantage und ſo es ihm noch einmal gluͤket, hat
er alsdann die parti gewonnen.
R 4§ 640
[264]LXXXVI und LXXXVII haubtſt.
§ 640
ballmeiſter
iſt?
Der ballmeiſter iſt daher ein mann, welcher
das ballſpil verſtehet, und darin unterricht geben
kann. Das ballhaus pfleget 100 fuße lang und
mit quaderſteinen beleget zu ſeyn; den dritten teil
der laͤnge hat es zur breite und die haͤlfte der laͤnge
zur innern hoͤhe. Die deke wird von brettern auf
gewoͤlbe-art gefertiget. An den inwaͤndigen ſeiten
ſind verdeckte gaͤnge mit einem abhaͤngigen dache
von brettern. Auf univerſitaͤten ſtehet der ball-
meiſter unter der univerſitaͤt.
Sechs und achtzigſtes haubtſtuͤck
von denen menſchen, welche teils nuͤz-
lich, teils zum vergnuͤgen dinen.
§ 641
Unter den menſchen ſind viele, welche nicht al-
lein nuͤzlich ſind, ſondern auch zum vergnuͤ-
gen dinen; teils gibet es ſolche perſonen, welche
zur menſchlichen luſtbarkeit und ergoͤzung allein
vortraͤglich ſind. Dahin gehoͤren die baumeiſter,
maler, mechanici, muſici, trompeter, muſican-
ten, dichter, operiſten, bild- und ſteinhauer, ku-
pferſtecher, bild- und ſtatuͤen-guͤſſer, garten-in-
genieur, kunſtgaͤrtner, feuerwerker ꝛc.
Siben und achtzigſtes haubtſtuͤck
von den baumeiſtern.
§ 642
der policei
bei dem bau-
weſen.
Die fuͤrſorge der policei muß in dieſem ſtuͤke
deſtomehr wachen, je groͤſer der ſchade iſt,
welchen
[265]von den baumeiſtern.
welchen man davon empfindet. Seze einen fuͤrſt-
lichen reſidenz-bau, deſſen erſter fluͤgel nach der
fuͤrung deſſelben einen ſtarken mauer-riß zeiget;
eine kirche, die kaum 10 jare geſtanden hat, und
izt voller mauerriſſe iſt; eine koſtbare bruͤcke, wel-
che das waſſer nach etlichen jaren von ihrer er-
bauung weggeriſſen hat. Daher auf einen tuͤch-
tigen baumeiſter vieles ankoͤmmt, und nicht ein
ieder, welcher etwa die bauenden in ſchaden ſtuͤr-
zet, zu dulten iſt.
§ 643
Die baukunſt iſt mancherlei. Sie wird in diedie eintei-
lung der
baukunſt.
buͤrgerliche, kriges- und ſchifs-baukunſt eingeteilet.
Die buͤrgerliche baukunſt beſchaͤftiget ſich entwe-
der mit dem land- und offentlichen bauweſen ſo-
wohl zur notwendigkeit, zum nuzen, zur bequem-
lichkeit, als auch zur luſt und zum vergnuͤgen
groſer herren, oder mit anderer perſonen gebaͤu-
den, teils auf dem feſten lande, teils im waſſer.
Von dem landbauweſen ſihe den von Juſti am
a. o. im IIten teile ſ. 580 fgg., den Georgen a
Boͤckler in der architectura curioſa, oder bau-
und waſſerkunſt; die architecture hydraulique
par Mr. Belidor, des Paull Jacob Marper-
gers leben beruͤhmter Europaͤiſcher baumeiſter,
P. Dekers fuͤrſtlicher baumeiſter; recueil hiſto-
rique de la vie de plus celebres architectes;
des Piet. Linperchsarchitecturam mechani-
cam,Johann Friderich Penthers anleitung
zur buͤrgerlichen baukunſt, II teile fol., deſſen
bauanſchlag, fol., ebendeſſelben anleitung oͤffent-
liche gebaͤude aufzufuͤren, fol., Johann Jacob
Schuͤblers begriffe der civil-baukunſt, regal fol.,
deſſen jagt- campagne- marſch- und lager-oͤfen,
Daniel Stettners ſaͤulen- ordnung 6 beruͤmter
baumeiſter 4.
R 5§ 644
[266]LXXXVII haubtſtuͤck
§ 644
tungen des
wortes bau-
meiſter.
Das wort baumeiſter hat unterſchiedene be-
deutungen. Es fuͤren diſen namen ſowol die di-
rectoren der adelichen ganerbſchaften, Eſtor in
der kleinen ſchriften Iten bande ſ. 39 (a), als auch
diejenige, welche von den oberen, teils von den
ſtadtraͤten aus ihrem mittel dazu geordnet ſind,
daß ſie, naͤchſt der aufſicht uͤber die oͤffentliche
gebaͤude, die vorfallenden bau-ſtreitigkeiten der
privatperſonen, nach eingenommener beſichtigung
guͤtlich und rechtlich entſcheiden, ſihe des D.
Woͤlkers anmerkungen uͤber die Nuͤrnbergiſche
reformation ſ. 541 T. I. Diſe werden auch bau-
herren, baugeſchworne, bau-commiſſarien ꝛc. ge-
nennet und unterſcheiden ſich an einigen orten von
den baurichtern. Es ſind daher die bau-aͤmter,
bau-gerichte, bau-commiſſionen bekannt, ſihe
die inſtruction der bau-commiſſion zu Berlin
beim Mylius am a. o. T. II abt. 1. ſ. 566 fg.,
die anmerkungen uͤber die Frankfurtiſche reforma-
tion, in der IIIten fortſezung ſ. 347 fgg., die Ul-
miſche bau-ordnung tit. 1 fgg. Wir verſtehen
aber disfalls unter einem baumeiſter eine ſolche
perſon, welche gelernet hat zu allerhand aufzu-
fuͤrenden gebaͤuden verſtaͤndliche und regelmaͤßige
entwuͤrfe nach den abſichten des bauherrns, auch
der darzu gewidmeten baukoſten zu fertigen, damit
der bau ſtark, bequem und ſchoͤn ausfalle. Er
muß die noͤtige bau-materialien anzeigen, anbei
die koſten auswerfen und den bau fertig dar-
ſtellen koͤnnen, ſihe des Gaſſers Einleitung zu
den oͤkonomiſchen, politiſchen und kameral-wiſ-
ſenſchaften cap. III ſ. 28 fgg., des Johann
Georgen Leopolds einleitung zu der Landwirt-
ſchaft ſ. 726 fgg.
§ 645
[267]von den baumeiſtern.
§ 645
Allerhand gattungen von bau-riſſen zu ferti-die unter-
ſchidliche
gebaͤude.
gen und vielerlei gebaͤude an oͤffentlichen, geiſtli-
chen und weltlichen geſehen zu haben, wird von
dem baumeiſter erfodert. Zu den geiſtlichen ge-
hoͤren die kirchen und klokenthuͤrme, univerſitaͤts-
haͤuſer, (collegia), kloͤſter, ſchulen, grabmaͤler,
hoſpitaͤler, findlingshaͤuſer, zuchthaͤuſer, raſpel-
haͤuſer, ſpinnhaͤuſer ꝛc. Zu den oͤffentlichen welt-
lichen gebaͤuden zaͤlet man des landesherrns reſi-
denzſchloß, die luſthaͤuſer, orangerie-treib-haͤuſer,
jagt-haͤuſer, ballhaͤuſer, reithaͤuſer, reitſtaͤlle,
bibliotheken, kunſtkammern, ſodann die ſtadt-
und rathhaͤuſer, boͤrſen, kaufhaͤuſer, brau- ſchlacht-
proviant-manufactur-zeughaͤuſer, gießhaͤuſer,
caſernen, pulver-thuͤrme, thore, leucht-thuͤrme,
eren-pforten ꝛc. Unter die buͤrgerlichen gebaͤude
gehoͤren die wonhaͤuſer in den ſtaͤdten oder auf
dem lande, fuͤr anſenliche perſonen, gelehrte,
kaufleute, brauer, gaſtwirte, handwerker, zur
landwirtſchaft ꝛc., wobei ſich allerhand nebenge-
baͤude, als ſtaͤlle, holzſchuppen, waſch-haͤuſer ꝛc.
befinden. Ein muſter eines ſchoͤnen gebaͤudes iſt
der prinz-Eugeniſche palaſt zu Wien, beim Kuͤ-
chelbeker in der nachricht vom kaiſerlichen hofe
ſ. 789 das kupfer. Auf dem lande gehoͤren zu
den furwerken nebſt des herrns wonhauſe, die
maierei, ſtaͤlle fuͤr die pferde, das rindvieh, die
ſchweine, die gaͤnſe, enten, huͤner, waͤlſche huͤner,
tauben-haͤuſer, ſcheuren fuͤr die feldfruͤchte, das
heu, grummet ꝛc., Penther am a. o. ſ. 7 und 8.
§ 646
Nichtweniger muß ein baumeiſter die Griechi-der baumei-
ſter muß die
Griechiſche
und Roͤmi-
ſche bauart
verſtehen.
ſche und Roͤmiſche bau-art nach ausweiſe des
Vitruvius verſtehen, immaßen dieſer nach dem
zeugniſſe der kunſtrichter unter den groͤßten geiſtern
des
[268]LXXXVII haubtſtuck
des altertums die oberſte ſtelle verdinet, Rollins
XIter teil der hiſtori alter zeiten und voͤlker ſ. 19.
§ 647
Gotiſche
verabſcheu-
en.
Die Gotiſche bau-kunſt hat er zu verabſcheuen,
Roland du Cambray paralléle de l’ architecture
antique et moderne, Paris 1702, fol. Felibien
principes de l’ architecture. Sie gehet von
den richtigen verhaͤltniſſen der Grichen und Roͤ-
mer ab, und iſt mit eingebildeten zirraten uͤber-
haͤufet. Sie teilet ſich in die alte und neue Go-
tiſche baukunſt ein. Jene brachten die Goten im
fuͤnſten jahrhunderte aus Norden mit. Die ge-
baͤude waren ſchwer, ſtark und plump. Die
neue Gotiſche bauart finge im XIIIten jarhunderte
an, und dauerte bis ins XVI jarhundert. Die
werke ſind ſchon leichter, ſeiner und geſchickter,
anbenebſt haben ſie ſo viel kuͤnheit, daß man dar-
uͤber erſtaunen muß. Die alten dom- und andre
kirchen ſind auf dieſe art gebauet. Sihe das ku-
pfer der St. Stephans-kirche zu Wien beim Kuͤ-
chelbecker am a. o. ſ. 479, und erwaͤge folgende
muſter der ſchoͤnheit zu Rom, davon die reimen
klingen:
il cembalo di Borgheſe, il Dado di Farneſe,
il porton di Carboniani et la ſcala di Gaëtani,
ſono le quatre maraviglie Romane. Der
Fontanadel templo Vaticano, imgleichen der
Vaſari in den vite de pittori, ſcultori, achi-
tetti,Baldinucci in vita equitis Bernini,
Koͤhlers M. B. VIIII ſ. 297 fgg. Michel Fe-
libien recueil des vies et des ouvrages des plus
celebres architectes, 2 T. 1706.
§ 648
ersbruͤnſten
noͤtig.
Bei feuers-bruͤnſten ſind die baumeiſter pflich-
tig, die noͤtigen anſtalten zu daͤmpfung des feuers
mit vorzukeren, S. Gothaiſche fernere beifugen
zur
[269]von den bildhauern.
zur landes-ordnung ſ. 335, 343. Bremiſche feu-
er- und brandt-ordnung ſ. 14, 16 des zweiten tei-
les. Man pfleget ſie auſſerdem zu der jaͤrlichen
beſichtigung der brandtſtaͤtte, ſchornſteine, Her-
de ꝛc. zu zihen, Bremiſche feuer- und brandt-ord-
nung im IIten teile § 3 ſ. 45. Das bauweſen
ſelbſt wird unten vorkommen.
Acht und achtzigſtes haubtſtuͤck
von den bildhauern.
§ 649
Der bildhauer iſt derjenige kuͤnſtler, welcherwas der
bildhauer
iſt?
durch huͤlfe der zeichnung und der feſten
materi, diejenigen dinge in der natur nachamet,
welche in die ſinne fallen.
§ 650
Er arbeitet im holze, ſteine, marmor, helfen-worin er ar-
beitet?
beine und verſchiedenen metallen, als im golde,
ſilber, kupfer, ſodann in den edelgeſteinen, als
im achate ꝛc. Die figuren werden entweder
ausgehoͤlet, oder man bildet ſie erhaben.
§ 651
Die bildhauer unterſcheiden ſich auch wol nachderen gat-
tungen.
den mannigfaltigen arbeiten, und ſind an verſchi-
denen orten von den bildſchnizern, den bild- oder
ſtatuͤen-guͤſſern unterſchiden, Ludovici am a. o.
im Iten bande ſ. 1716-1719.
§ 652
Die guͤß-kunſt gehoͤret alſo auch hieher. Diſeder guͤßkunſt
einteilung.
teilet ſich ein in die kunſt: figuren in wachs zu
druͤcken, und die geſchiklichkeit: figuren in alle
arten der metallen zu guͤßen.
§ 653
[270]LXXXIX haubtſtuͤck
§ 653
Anfangs arbeiteten die bildhauer im tone;
darauf fertigten ſie auch bilder aus gypſe und
wachſe; naͤchſtdem aus holze, ferner aus mar-
mor und zwar dem weiſen. Die lebensgeſchichte
der beruͤmteſten Grichiſchen bildhauer hat Rollin
am a. o. ſ. 95-139 mitgeteilet. Der Venus zu
Florenz im Großherzoglichen octogon-ſale felet
nichts, als das leben, imgleichen dem Faunus
im Barberiniſchen, dem Hercules und ſtire im
Farneſiſchen, dem fechter im Borgheſiſchen, dem
Laocoon und Antinous, auch der Venus im Va-
ticaniſchen palaſte, dem bocke in des prinzen Ju-
ſtiniani, dem Meleager des Pighi und den X
marmornen bildſaͤulen auf der engels-bruͤcke zu
Rom mangelt nichts, als das leben.
Neun und achtzigſtes haubtſtuͤck
von den edelgeſteinſchneidern.
§ 654
ſteinſchnei-
dern.
Suſanna Maria Preislerin, eine tochter des
Dorſche zu Nuͤrnberg iſt dermalen die zir-
de Teutſchlandes in diſer kunſt, beſage Koͤhlers
M. B. teil XVII ſ. 65 fgg. Die alten ſtein-
ſchneider haben die edelgeſteine mit kleinen ſchnei-
demeſſergen beſchnitten und geſchnitten. Heut zu
tage ſchneidet man ſie nicht mehr, ſondern man
reibet die bildung mit ganz feinem diamantſtau-
be, oder diamant-bord, oder ſchmergelſtaube ab,
und bildet ſie nach und nach durchs reiben. Ver-
mittels des vergroͤſerungs-glaſes kau man ſehen,
was geriben und geſchnidten iſt. Die alte arbeit
hat gleiche, gerade, gelinde und ſich ſelbſt ver-
lirende
[271]von den malern.
lirende ſtriche, die in den abgeribenen ſtuͤken nicht
anzutreffen ſind. Die ſteinſchneider bedinen ſich
der onyche, des gruͤnen, gelben und roten jaſpis,
der achate von allerhand farben, am allermeiſten
aber der carneole. Selten ſchnidten ſie einen
ſmaragd, hellen carbunkel, chriſtall, buntfaͤrbi-
gen jaſpis, am ſelteſten einen ſaphir und chryſolit.
Die neueren kuͤnſtler reiben nur carneole, chalce-
don, achate und chriſtall, Koͤhler am a. o. ſ. 70.
Chriſt in der vorrede zu der dactyliotheca muſei
Richteriani,Keysler in den reiſen Iten teile
ſ. 304.
Neunzigſtes haubtſtuͤck
von den malern.
§ 655
Der maler iſt ein kuͤnſtler, welcher vermittelswas der ma-
ler iſt?
der linien und farben auf einer gleichen und
ebenen oberflaͤche alle ſichtbare dinge nachamet.
Das bild, welches er malet, es mag nun aus
vilen koͤrpern zuſammen genommen, oder aus ei-
nem einzigen insbeſondre beſtehen, heiſſet ein ge-
maͤlde.
§ 656
Die mglerei iſt ſolchemnach eine kunſt, allerleiwas die ma-
lerei iſt, und
deren ſchu-
len?
ſichtbare dinge mit farben abzubilden und kuͤnſt-
lich vorzuſtellen. Sie wird in drei haubtklaſſen
oder ſchulen eingeteilet, in welchen ſie auf verſchi-
dene art und nach beſchaffenheit des volkes in ei-
nem lande auferzogen iſt, 1) die Italieniſche, 2)
die Teutſche und Niderlaͤndiſche, 3) die Franzoͤ-
ſiſche, Graf Teſſin am a. o. ſ. 100 fgg.
§ 657
[272]XC haubtſtuͤck
§ 657
zu beobach-
ten iſt?
Bei der malerei ſind drei ſtuͤcke zu beobachten,
1) die ausfertigung (compoſition), 2) die zeich-
nung, und 3) die colorite. Die ausfertigung
hat zwei ſtuͤke, die erfindung und die einrichtung.
Die zeichnung iſt die umgraͤnzung der gegenſtaͤn-
de, dazu gehoͤret die ausbeſſerung (correction),
der gute geſchmak, die zirlichkeit, der character,
die verſchidenheit, der ausdruk und die perſpective,
Batteux am a. o. ſ. 162, 163.
§ 658
ſchid der co-
lorite und
farbe.
Die colorite iſt von der farbe unterſchiden.
Dieſe iſt dasjenige, was die gegenſtaͤnde den au-
gen ſichtbar machet. Die colorite iſt hergegen
ein weſentlicher teil der malerei, durch deren
kenntnis der maler die farben aller natuͤrlichen
gegenſtaͤnde nachzuamen weiß, indem der maler
eine woluͤberlegete miſchung der einfachen farben
trift, die er auf ſeinem palete hat.
§ 659
das wahre
in der male-
rei nennet?
Wenn der maler den character ſeines muſters
vollkommen nachamet; ſo nennet man diſes das
wahre in der malerei. Selbiges teilet ſich wie-
der in das bloſe wahre, das idealiſche und dem
aus beiden gemiſchten, reflexions critiques ſur
la poeſie et ſur la peinture,Rollin am a. o.
ſ. 140 fgg.
§ 660
der malerei.
Die arten zu malen ſind: 1) in freſeo, 2) in
waſſer-farbe, 3) oͤlfarbe, aus der erfindung Jo-
hanns van Eyk oder von Bruga, 4) cauſtiſch
oder im wachſe, 5) miniatur, 6) auf emallie
oder ſchmelzwerke, (KeyslerII ſ. 1055 und 1062)
7) moſaiſche oder eingelegte arbeit, 8) paſtell, in
welchem leztern Hr. Johann Friderich Reifſtein,
ein gelehrter zu Caſſel, ſeines gleichen ſuchet.
Sonſt
[273]von den malern.
Sonſt haben die Richardſone, vater und ſon
im traité de la peinture et de la ſculpture die
beſten meiſter und ſtuͤke in Italien bekannt gema-
chet, dergleichen auch Nemeiz in der nachleſe
von Italien und Keysler in ſeinen reiſen getan
haben. Ein kenner merket die ſtuͤke des Raphael
D’ Urbino, des Michael Angelo Buonarota,
des Pietro Perugiano, des Annibal Caracci des
Carlo Maratti, des Titiano, Guido Reni, Mu-
tiano, Caravaggio, Baſſano, Coreggio, Ban-
dinelli, Albert Duͤrers, (Roͤhlers M. B. XXI
ſ. 297. Lochners medaillen 1740 ſ. 289 fgg.)
Lucas Kranichs aus Cranach und von den neue-
ren eines Giuſeppe, Chiari, Benedetto, Lutti,
Treviſano ꝛc. des Michel Felibienentretiens
ſur les vies et ſur les ouvrages des plus ex-
cellens peintres anciens et modernes, 6 vol.
12, 1725, und die kunſtreicheſten ſtuͤke, welche Se-
izt regirende Fuͤrſtliche Durchlaucht der Herr
Landgraf Wilhelm der VIII in dero gallerie zu
Caſſel nach dero fuͤrtreflichſten geſchmake in diſer
wiſſenſchaft in groſer menge haben ſammlen laſſen.
§ 661
Der nuzen der malerei beſtehet fuͤrnaͤmlichder nuzen
der malerei.
darin: daß ſie 1) dasjenige verewiget, was zeit
und zufaͤlle oft leicht verloͤſchen wuͤrden, und daß
ſie 2) einen fluͤchtigen gedanken, der ſonſt vielleicht
eben ſobald verſchwaͤnde, als er entſtehet, vor
augen leget, 3) unter einem einzigen anblike das-
jenige darſtellet, was ſonſt durch einen langen und
beſchwerlichen umweg muͤßte beſchriben werden;
4) geben die ſchildereien eine angeneme anleitung
ſowol der alten fabeln, als auch die wuͤrklichen
zeitgeſchichte zu erlernen. Die zeichnung und ma-
lerei haben der libe und freundſchaft ihr erſtes le-
ben zu danken, ſaget der herr graf von Teſſin
Sim
[274]XC haubtſtuͤck
im erſten brife eines aͤltern mannes an einen ge-
ſezten prinzen ſ. 100 fgg.
§ 662
davon.
Die lebensgeſchichten der beruͤmteſten maler
und anderer kuͤnſtler, welche mit diſen verbunden
ſind erzaͤlet der herr profeſſor Gottſched im aus-
zuge aus des herrn Batteux ſchoͤnen kuͤnſten, Leip-
zig 1754, 4. im IIIten teile ſ. 164-183, und
Chriſt am a. o. ſ. 61 fgg. Sihe auch des von
Piles hiſtori und leben der beruͤmteſten Europaͤi-
ſchen maler, Hamburg 1710, 12. des Johanns
Melchtor Croͤkers wolanfuͤrenden maler, des
Felibiensprincipes de l’ architecture de la
ſculpture et de la peinture, Paris 1697, 4.
des Joachim von Sandrats, des aͤltern, Teut-
ſche akademi der edlen bau-bild- und maler-kuͤnſte,
Iter teil 1675, IIter teil 1679 fol. und das ganze
werk in Lateiniſcher ſprache 1683 fol. des Loch-
ners medaillen 1740 ſ. 361-376. Dem von
Sandrat iſt der Florit le Comte in ſeinem cabinet
des ſingularités d’ architecture, peinture,
ſculpture et gravûre, 1699, Paris, 12, 3 vol.
gefolget. Thue hinzu den H. Teſtelin in ſeinen
ſentiments ſur la pratique de la peinture, den
Abraham Boſſen von den zeichnungen und hand-
griffen vom ſteinhauen, Nuͤrnberg 1721, 4. des
Johann Daniel Preislers gruͤndliche anleitung
zur zeichenkunſt 5 teile fol. 1746, eines ungenann-
ten anweiſung zur maler- reis- und zeichen-kunſt,
wie auch illuminir-kunſt, Leipzig 1744, 8. des
Peter Muͤllersdiſp. de pictura,C. Fr. Boͤr-
ners abhandelung de priuilegiis pictorum,
Leipz. 1751, welche aber nur die Roͤmiſchen maler
angehet.
Ein
[275]von den kupferſtechern.
Ein und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den kupferſtechern.
§ 663
Ein kupferſtecher heiſſet derjenige, welcher auf
einem wohl polirten kupfernen bleche aller-
hand kuͤnſtlich einzugraben weis.
§ 664
Die kupferſtecher- und bildhauer-kunſt iſt mit
der malerei genau verbunden. Das kupferſte-
chen geſchah entweder durch einen ſpizhammer,
beſage Chriſts in der anzeige der monogramma-
tum ſ. 266 oder vermittels des griffels. Das
kupferſtechen iſt im Ober-Teutſchlande erfunden
worden. Lubrecht Ruͤſt, der ums jar 1450 und
ſein lehrling Martin Schoͤn in Colmar, moͤgen
wol die erfinder ſeyn. Wenigſtens hat dieſer
zwiſchen 1460 und 70 dergleichen gearbeitet,
Chriſt am a. o. ſ. 98. Sihe auch KeyslernI,
375 und II, 588.
§ 665
Die in kupfer geſtochene bilder ſind eine waarevon den ku-
pferſtichen.
der kupferſtecher. Anzuͤgliche kupferſtiche, auch
gemaͤlde, in glaubens- und ſtats-ſachen ſind ver-
boten, ſihe das kaiſerliche edict vom jare 1715 im
IVten teile der Reichsabſchide der ausgabe 1747
ſ. 337.
§ 666
Der kupfer-ſtecher iſt vom kupfer-druker unter-
ſchiden, Beier am a. o. ſ. 236 fgg.
S 2Zwei
[276]XCII haubtſt. von den
Zwei und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den muſicis, trompetern, ſodann
den muſicanten und ſtadtthuͤrmern.
§ 667
dung der
tonkunſt
mit andern
wiſſenſchaf-
ten.
Die malerei, der geſang und das ſaitenſpil, die
tanzkunſt, benebſt der dichtkunſt ſtehen in
genauer verbindung und dinen nicht etwa allein
zur wolluſt, ſondern ſind zur tugendlichen freude
des menſchlichen herzens und zur beruhigung deſ-
ſelben in allerhand drangſalen, gute, heilſame
und dinliche kuͤnſte, welche ihren einfluß in vilen
andern kuͤnſten und wiſſenſchaften haben. Denn
ſie amen der ſchoͤnen natur nach, folglich geben
ſie gleichſam einen ſichern probirſtein der faͤhigkeit
ab, die eines jeden verſtande beiwonet, ſihe des
Johann Friderich Chriſtens anzeige und aus-
legung der monogrammatum ſ. 5 fgg. den Jo-
hann Chriſtoph Gottſched am a. o. ſ. 162 fgg.
den Friderich Wilhelm Marpurg in den bei-
traͤgen zur aufname der muſik, Iten bande ſ. 43.
ſ. 515 fgg.
§ 668
ſik iſt?
Die muſik iſt eine kunſt, welche die eigenſchaf-
ten derer toͤne lehret, welche eine melodi und einen
wohlklang hervor zu bringen faͤhig ſind.
§ 669
ſchid unter
den muſicis
und ſpilleu-
ten.
Es iſt ein unterſchid zwiſchen den ſpilleuten oder
muſikanten und zwiſchen den muſicis. Diſe hat
man iederzeit hoch gehalten, die alten muſici tei-
leten ſich in canonicos und harmonicos, Mar-
purg ſ. 498. Die caſtraten kamen unterm kai-
ſer Severus auf, Marpurg ſ. 353. Guido von
Arezze, weil er die zeichen: ut, tre, mi, fa, ſol,
la,
[277]muſicis, trompetern, ꝛc.
la, zu den zeiten des kaiſers Heinrichs des II er-
funden hatte, vom papſte deshalber hochgeſchaͤzet
worden iſt, Hahns reichshiſtori IIter teil ſ. 219.
Batteux am a. o. ſ. 186 fgg. Dieſe noten wa-
ren nichts als bloſe puncte, die pauſe war nicht
bemerket, bis endlich Jean de Meurs die ſo ge-
nannten ſchwarzen und grauen noten, die ganzen
und halben tacten, erfunden hat, welche noch im
Gebrauche ſind. Allein ſie waren mangelhaft,
derowegen die Breitkopfiſchen druck-noten hoch
geſchaͤzet werden muͤſſen, Marpurg ſ. 508 fg.
Dahingegen die ſpilleute unter die wildfaͤnge, oder
leibeigenen, auch ſamt den trompetern, unter die
geringſchaͤzigen perſonen gezaͤlet worden ſind,
Scheidde iure in muſicos, reichs-policei-ord-
nung vom jare 1577, tit. 38.
§ 670.
Die ton-kunſt aͤuſſert ſich im ſingen und ſpilenworin ſich
die tonkunſt
aͤuſſert?
auf den inſtrumenten, Batteux am a. o. ſ. 183,
wodurch zur ehre Gottes und zum erlaubten ver-
gnuͤgen der menſchen allerhand reizende wuͤrkun-
gen hervorgebracht werden, ſihe Joh. Michael
Schmidts erbauliche anwendung muſikaliſcher
wahrheiten, Baireit 1754, den Marpurg ſ. 346
fgg., das kurzgefaßte muſikaliſche lexicon, Chem-
niz 1737, 8. ſ. 2 fgg. des Johann Gottfrid
Walthers muſikaliſches lexicon, des J. A.
Scheibens critiſchen muſicus, des Bachs ab-
handlung vom clavier, des Johann Joachim
Quanz von der floͤte und des Ernſt Gottlib
Barons von der laute.
§ 671
Die muſik der alten Teutſchen in den ſtaͤdtendie muſik
der alten
Teutſchen.
beſtund in ſchalmeien, baͤſſen und bonunern.
Deren einer der nicol-bommer, der andre alt-
bommer hiſe, muſicaliſches lexicon ſ. 292. Der-
S 3gleichen
[278]XCII haubtſt. von den
gleichen muſik hat Fries vom pfeiffer-gerichte zu
Frankfurt in noten auf dem titel-kupfer mitgetei-
let. Auf den doͤrfern waren die ſackpfeife, die
ſchalmei und die leier der bauern ſpielleute. Bei
den vaſallen im krige, auch an den hoͤfen waren
pauken und trompeten die muſik. Zu einer heer-
pauke gehoͤreten 8 bis 9 trompeter. Fuͤr allen
voͤlkern war der Teutſche in der trompete am
ſtaͤrkeſten.
§ 672
leute ſollen
nicht gelit-
ten werden.
Fremde ſpilleute ſollen nicht im lande herumzi-
hen noch gedultet werden, reichs-abſchid vom ja-
re 1497 § 19, 1498 § 42, 1500 § 25; reichs-
policei-ordnung 1500 § 37, 1548 § 29, 1577 tit.
30. F. H. Caſſeliſche verordnung vom ſpilen auf
muſikaliſchen inſtrumenten 1739 fol.
§ 673
ſen will die
gerichtbar-
keit uͤber die
trompeter
behaupten.
Ueber die trompeter will der Kurfuͤrſt von
Sachſen die gerichtbarkeit behaupten, weiln alle
unter ihm als erzmarſchall ſtehen muͤßten; allein
die ſtaͤnde und inſonderheit die herzoge von Sach-
ſen Erneſtiniſcher lini, geſtehen diſes nicht zu,
Wildvogelde buccinatoribus. Die Kur-
Saͤchſiſchen gruͤnde hat Wabſt ſ. 207 angezogen.
§ 674
Saͤchſiſchen
kamerad-
ſchaft der
trompeter
wird keine
gerichtbar-
keit zuge-
ſtanden.
Die Kur-Saͤchſiſche kameradſchaft der trom-
peter will ſich einer allgemeinen gerichtbarkeit uͤber
die andern trompeter anmaſen, Tobias Barth im
diſſenſu 772 § 1, welche iedoch vom Kurfuͤrſten
von Sachſen nicht geſtattet wird, von Lynker
deciſ. 1351.
§ 675
ter wollen
die thurm-
leute die
trompete
Die trompeter wollen keinem thuͤrmer geſtat-
ten auf der trompete auſſer dem thurm zu blaſen,
Fabers Europaͤiſche ſtatskancellei, im IIIIten ban-
de ſ. 840 fgg. Hofmann am a. o. III ſ. 381.
Das
[279]muſicis, trompetern ꝛc.
Das kaiſerliche privilegium der trompeter undnicht blaſen
laſſen.
heerpauker ſtehet beim Faber am a. o. ſ. 848, thue
hinzu die F. Sachſen-Altenburgiſche landes-ord-
nung P. II cap. III tit. 8 ſ. 200.
§ 676
Die trompeter und trommelſchlaͤger werden zuder trompe-
ter freihei-
ten in kri-
ges-zeiten.
kriges-zeiten an den feind geſchiket, welches aus
dem brauche der voͤlker herruͤret, in betracht diſes
keine perſonen ſind, welche dem feind haubtſaͤchlich
ſchaden, Hert im vol. I T. I ſ. 169 de lytro.
Die weiſe der alten Teutſchen und Heſſen zu
trommeln erzaͤlet Hortleder von den urſachen des
Teutſchen kriges, ſ. 424 des Iten bandes.
§ 677
Die orgeln hat kaiſer Karl der groſe eingefuͤ-wer die or-
geln einge-
fuͤhret hat?
ret, Hahn am a. o. ſ. 144. Sihe mit mehrern
des Fridrich Wilhelm Marpurgs hiſtoriſch-
kritiſche beitraͤge zur aufname der muſik, Berlin
1754 im Iten bande ſ. 354. und ſ. 448 fgg. wo er
die izigen beruͤmten organiſten und claviriſten in
Frankreich und Teutſchland ꝛc. benimet. Das
fuͤrgeben von ganzen, halben ꝛc. orgeln iſt uner-
findlich. Die beſchreibung davon gibet das mu-
ſikaliſche lexicon ſ. 268 fgg. Keine voͤlkerſchaft
iſt im orgelſchlagen ſo geſchikt, als die Teutſche.
Wer das patronat-recht der pfarre hat; dem
koͤmmt im zweifel auch die praͤſentation des orga-
niſten zu, Schoͤpfdeciſ. 99 num. 3 ſ. 528. Die
beſtaͤtigung deſſelben uͤbet das geiſtliche conſiſto-
rium aus, Horn in den zuſaͤzen uͤber des Schil-
tersius canonicum ſ. 162. Bernhard, von
ſeinem vaterlande der Teutſche genannt, hat 1480
zu Venedig das pedal erfunden.
§ 678
Zu einer kirchen-muſik gehoͤren 1) der director,
2) der organiſt, 3) die concertirenden ſaͤngerinnen,
S 4als
[280]XCIII haubſt. von den
als diskaͤnte, 4) die concertirenden ſaͤnger, als
baritoniſten und 1 altiſt, 5) zu den choͤren, erſter
diskant, und der zweite, die aͤlte, tenoͤre, hohe
baͤſſe und tife, 6) violiniſten, 7) floͤteniſten, 8)
hautboiſten, 9) zur bratſche, 10) baſſoniſten, 11)
violonſchelliſten, 12) contravioloniſten.
Drei und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den komoͤdianten, operiſten und
pantomimen.
§ 679
dien ver-
derben die
zuſchauer
durch aͤrger-
liche vorſtel-
lungen.
Die zwo Engelliſchen univerſitaͤten haben zwar
vom koͤnige befreiungen erhalten, die komoͤ-
dien und opern zu verbiten, auch bisher nicht ge-
ſtattet haben, daß eine ſchaubuͤne zu Oxfort und
Cambridge gedultet, in betracht dadurch die ju-
gend verdorben werde. Es iſt allerdings ſchaͤnd-
lich anzuhoͤren: was die izige groͤßte komoͤdiatin,
Pritchard, fuͤr unzuͤchtige worte und zoten reiſſet,
und dennoch das junge frauenzimmer durch haͤn-
de-klatſchen ſeinen wohlgefallen an den tag leget.
Es lernet von ihr, daß ein treuer ehegatte ein laͤ-
cherliches ding ſey, und daß tugend und laſter nur
dem namen nach unterſchiden waͤren. Daher
Burnet klaget, wasmaßen die ſchauſpile fuͤr die
groͤßten verderber der Britten zu achten ſtuͤnden.
George Wilhelm Alberti im Iten teile der brife
uͤber den gegenwaͤrtigen zuſtand der religion in
Gros-Brittanien ſ. 292 fgg.
§ 680
ende die ko-
moͤdien zu
gebrauchen
ſind?
Derowegen die policei wachen muß, damit die
komoͤdianten nicht alles ſchlechte und aͤrgerliche
zeug one unterſchid auffuͤren duͤrfen, ſondern die
ſchau-
[281]komoͤdianten, operiſten, ꝛc.
ſchau- und ſingſpiele eine rechte tugendſchul wer-
den; immaſen das trauerſpil das ſchoͤne und groſe
nachamet und die neigungen eines volkes fuͤrtref-
lich zu bilden vermag; das luſtſpiel hergegen das
laͤcherliche vorſtellet. Jenes erhebet die ſele und
bildet das herz; diſes aber beſſert die ſitten und
puzet das aͤußerliche. Die tragoͤdi machet uns
durch das mitleiden menſchlicher und haͤlt uns
durch die furcht von den laſtern zuruͤck; die ko-
moͤdi hingegen ziehet uns halb die larve ab und
haͤlt uns geſchikt den ſpigel fuͤr, Batteux am
a. o. ſ. 132 ſ. 193, von Juſti am a. o. im IIten
teile ſ. 549 fgg.; iedoch iſt hirbei dahin zu trachten,
daß ſolche ergoͤzlichkeiten nicht bis zur uͤppigkeit,
zur unordnung, verſchwendung und zu andern
laſtern ausſchweifen moͤgen, ſondern erbaulich
ſeynd, von Loen im entwurfe einer ſtaatskunſt
ſ. 59 fg., F. Sachſen Gothaiſche landesordnung
P. II cap. III tit. 14 ſ. 174.
§ 681
Die komoͤdianten ſind fuͤr ehrloſe leute nicht zudie komoͤdi-
anten ſind
nicht ehrlos.
halten. Der Cyprian im can. 95 de conſecrat.
diſt. 2 ſchluͤßet ſie vom heiligen abendmale aus.
Jedoch haben der Wurtado im tr. 1 reſol. VIII,
Auguſtin von Leyſer uͤbern Schilter II, 27, und
Gundling in den pandecten ſ. 289, auch Sa-
muel Stryk im vſu mod. π. lib. III tit. II. § 8
ſ. 320 vol. I ſie fuͤr ehrliche leute erklaͤret. Sihe
indeſſen den Luͤder Menken im ſyſtemate iuris
ciuilis lib. III tit. II § 2 ſ. 78. In den Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landen ſollen die
komoͤdianten, welche nicht von der landesherr-
ſchaft beſonders privilegiret ſind, wie auch die
gaukler, ſeiltaͤnzer, rimenſtecher, gluͤkstoͤpfer,
marionetten- oder puppen- taſchen-ſpiler, markt-
ſchreier ꝛc. nicht gedultet werden, Kur- Braun-
S 5ſchweig-
[282]XCIII haubtſt. von den
ſchweig- Luͤneburgiſche landesgeſaͤze im IIIten
bande ſ. 1018 fgg., Fabers Europaͤiſche ſtats-
kancellei im 4ten bande, S. Gothaiſche landes-
ordnung ſ. 173.
§ 682
Die operiſten ſtellen ihre gegenſtaͤnde durch die
muſik und den tanz vor. Bei der oper zu Paris
ſind I) 2 oberkapellmeiſter, II) 7 ſoloſaͤnger, und
zwar baritoniſten, III) 4 altiſten, IV) 1 tenoriſt,
V) 8 ſoloſaͤngerinnen, VI) 21 ſaͤnger in den choͤ-
ren, worunter 5 baſſiſten, 1 tenoriſt und 2 alti-
ſten ſind, VII) 17 ſaͤngerinnen in den choͤren,
VIII) das orcheſter beſtehet aus 2 directoren und
1 accompagnateur auf dem fluͤgel, IX) 16 violi-
niſten, X) 6 bratſchiſten, XI) 9 floͤteniſten und
hautboiſten, XII) 12 violoncelliſten, gambiſten
und contravioliniſten, XIII) 2 waldhorniſten,
XIV) 2 ſolotaͤnzer, XV) 7 ſolotaͤnzerinnen,
XVI) 15 figurirenden taͤnzer, XVII) 17 figuri-
renden taͤnzerinnen.
§ 683
Eine oper in den ſtand zu ſetzen, koſtet unge-
faͤhr 45000 livres, Marpurg ſ. 193 fgg. und
ſ. 75 fgg. den zuſtand der oper zu Berlin.
§ 684
Ein pantomimus iſt ein komoͤdiant, welcher
durch ſeine gebaͤrden alle leute vorſtellen kan, und
bald einen koͤnig, bald einen ſoldaten, bald eine
frau, bald einen mann, und ſo ferner abgibet.
Vier
[283]federfechtern und marxbruͤdern.
Vier und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den federfechtern u. marxbruͤdern.
§ 685
Die Teutſchen haben iederzeit ihr ſchwert unddie Teut-
ſchen hilten
ihre waffen
hoch.
den tegen, wie uͤberhaubt die waffen, hoch
gehalten, ſie ſchwuren dabei. Daher bei den
Reichsbelenungen das ſchwert gebrauchet wird.
An ſtatt des ermangelnden, oder unzulaͤnglichen
beweiſes beliebete man die zweikaͤmpfe, bei ſtif-
tung der ehe waren die waffen und das ſchwert,
welches der braͤutigam der braut uͤbergabe. Die
Teutſchen wurden auch mit den waffen begraben,
Johann George Keysler in den antiquitatibus
ſeptentr. et Celticis ſ. 163 fgg., Dreyer in der
ſammlung vermiſchter abhandlungen im Iten teile
ſ. 176, 189 fgg.; allein die kaͤmpfer, welche fuͤrwelche kaͤm-
pfer verhaßt
geweſen
ſind?
geld ſich herum balgeten, oder ſich von denen,
welche zum zweikampfe untuͤchtig waren, ums
lon dingen liſen, hielte man ſamt ihren kindern
fuͤr rechtlos, und waren zu keinem wergelde ge-
ſetzet, wenn ſie aber in einem gerichtlichen zwei-
kampfe erſchlagen wurden, mußten ſie von denen,
welche ſie zum kampfe gedungen hatten, gebuͤſſet
werden; Saͤchſiſches landrecht im Iten buche
art. 37, Schwaͤbiſches landrecht cap. 410, Oſt-
friſiſches landrecht nach der ausgabe des D. von
Wicht ſ. 655 fgg. lib. III cap. 7, von Weſtphal
am a. o. im IIIten bande ſ. 628, Heineccius in den
elementis iuris Germ. lib. I tit. 17 § 404 ſ. 336.
§ 686
Die ſo genannten klopffechter, freifechter wer-von den
klopffech-
tern.
den in federfechter und marx-bruͤder, oder meiſter
des ſchwertes abgeteilet, und bedeuten diejenigen
leute,
[284]XCV haubtſtuͤck
leute, welche fuͤr geld ihre ſchulen halten und ſich
auf allerhand gewehre mit einander herum bal-
gen. Wenn einer unter ihnen wider beide par-
teien zu fechten eine ſchule anſchlaͤget, wird er ein
lux-bruder geheiſſen. Sihe den Trichter am a. o.
ſ. 1231, 1232. Ire vermeinte freiheiten ſtehen in
der angezogenen ſtaats-kanzellei im IIIIten bande
ſ. 870. Sie werden nicht aller orten gedultet,
S. Gothaiſche landesordnung ſ. 173. Ob aber
ein freifechter, wenn er ſeinen gegner bei dem
fechten ertoͤdtet, am leben beſtrafet werden koͤnne?
verneinet der CarpzovP. III. deciſ. 296 num.
15 fgg., thue hinzu des Beſoldstheſaurum pra-
cticum ſ. 253 und deſſen fortſezung ſ. 197. Sonſt
hat man das ſpruͤchwort: „Die beſten ſchwim-
„mer erſaufen und die beſten fechter werden er-
„ſchlagen,„ Piſtorius cent. VII par. 34 ſ. 605.
Fuͤnf und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den
buͤchſenmachern oder buͤchſenmeiſtern.
§ 687
buͤchſenma-
cher iſt?
Buͤchſenmacher heiſet derjenige, welcher ſich
mit allerhand ſchuͤsgewehr aus den darzu
dienlichen materialien in der ſchmide kuͤnſtlich zu
verfertigen beſchaͤftiget. Bei der artillerie gibt
es auch buͤchſenmeiſter. Sihe des Georgen
Schreibers buͤchſenmeiſters-diſcours, des Caſi-
mir Simienowiz geſchuͤtz-feuerwerk- und buͤch-
ſenmeiſters-kunſt, Frankfurt 1676. Mylius
am a. o. im IIIten teile ſ. 96, Kostka uͤber die
kaiſerlichen krieges-artikel ſ. 19, von Quincy in
der krigeskunſt.
§ 688
[285]von den feuerwerkskuͤnſtlern.
§ 688
Sie werden an etlichen orten in feuer- ſchlos-deren un-
terſchid.
und buͤchſenmacher eingeteilet. Sie haben ein
freies handwerk und ihre geſellen, auch lehrjun-
gen. In der Kur-Mark Brandenburg ſtehen ſie
mit den ſchloſſern ꝛc. in einer innung, Mylius am
a. o. im Vten teile, IIten abt. X cap. ſ. 59 des
IIten anhanges.
§ 689
Sie unterſcheiden ſich von den buͤchſenſchaͤftern,von den
buͤchſen-
ſchaͤftern.
immaſen dieſe aus allerhand holz einen zierlichen
ſchaft zu dem von dem buͤchſenmacher verfertigten
ſchuͤsgewehre zu machen pflegen, Beier am a. o.
ſ. 74, Ludovici am a. o. ſ. 2236 im erſten teile.
Sechs und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den feuerwerkskuͤnſtlern.
§ 690
Die feuerwerkskunſt dienet groſen herren nurdie feuer-
werker
ſchaffen kei-
nen nuzen,
zum vergnuͤgen, aber nicht zum nuzen, von
Juſti am a. o. im IIten teile ſ. 550. Sihe des
J. C. Stoͤveſandts deutliche anweiſung zur feu-
erwerkerei, Halle 1748, 4. Unter der artilleri
befindet ſich ein alter und junger feuerwerker,
Koſtka ſ. 19, die aber hiher nicht gehoͤren.
Siben und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den glasmachern, auch glasſchlei-
fern und glasſchneidern.
§ 691
Die glasmacher hingegen koͤnnen einem ſtatewohl aber
die glasma-
cher.
und lande nuzen verſchaffen. Sie dienen
auch
[286]XCVIII haubtſt. von den
auch auf gewiſſe art zum vergnuͤgen, Zink im
oͤkonomiſchen lexico, ſp. 959, Johann Kunkeis
vollkommene glasmacher-kunſt, von Juſti am
a. o. im Iten teile ſ. 264, Beier am a. o. ſ. 159 fgg.
§ 692
ſcheiden ſich
von den
glasſchlei-
fern.
Die glasmacher ſind von den glasſchleifern,
glasſchneidern und glaſern, oder fenſtermachern
unterſchiden, Beier am a. o. ſ. 160. Vom glas-
ſchneiden ſihe den Leutmann, benebſt eines unge-
nannten kurze anweiſung die glaͤſer zu ſchleifen,
Dresden 1748, 8.
§ 693
glashuͤtten
zu vermeh-
ren ſind.
Wo man einen uͤberfluß am holze hat, da kan
ein landes-herr die glasmacher mit deſto groͤſſern
nuzen brauchen und viele glashuͤtten anlegen; hin-
gegen wo es daran gebricht, iſt die menge derſel-
ben einzuſchraͤnken, Krebsde ligno et lapide.
Das Kur-Mainziſche ſo genannte lohrer-glas fin-
det zu groſſen fenſter-tafeln vilen beifall. Die
ſpigel-manufactur, im erſagten amte Lohr, im
Speſſart, beſtehet aus einem director, verwalter,
buchhalter, einem huͤtten-meiſter zu Rechtenbach
und einem zu Weitersbronn.
Acht und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den garten-ingenieurn und kunſt-
gaͤrtnern.
§ 694
ten iſt?
Der garten iſt ein zugemachter plaz, worin,
nach der abſicht des herrns verſchidenes ge-
pflanzet wird, oder, es iſt ein mit beſonderm fleiſe
angelegter plaz, in welchem nicht nur allerhand
pflanzen und gewaͤchſe zum nuzen und unterhalte
des
[287]garten-ingenieurn u. kunſtgaͤrtnern.
des menſchen, ſondern auch verſchidenen andern
einrichtungen gemacht werden, die zur ergoͤzlich-
keit und aufmunterung des gemuͤtes dinen muͤſſen.
§ 695
Man teilet ſie 1) in baumgaͤrten, 2) in kuͤ-deren ein-
teilungen.
chen- oder kraut-gaͤrten, 3) in luſt- und 4) in
arzenei-gaͤrten; oder 5) gemiſchte. Naͤchſtdem
trifft man in einigen gaͤrten orangerien und me-
nagerien an.
§ 696
Der garten-ingenieur iſt eine perſon, welchewas der gar-
ten-inge-
nieur iſt?
einen garten zum behufe des herrns geſchikt anzu-
legen weis. Am kaiſerlichen hofe iſt ein garten-
ingenieur, Kuͤchelbekers nachricht vom kaiſerli-
chen hofe. An andern hoͤfen, als zu Carlsruhe
heiſſet er garten-inſpector. Er bringet des endes
waſſer-kuͤnſte, canaͤle, parterren, alleen, terraſ-
ſen, boulengrin, pyramiden, ſtatuen, raſen, luſt-
haͤuſer, cabinete, garten-theater, garten-ſaͤle,
eſpaliers, trianons, lauben, treillagen, grotten,
berge, irrgarten, einſidelereien u. a. m. an, Pen-
ther am a. o.
§ 697
Was in ruͤkſicht auf die anlegung des gartensdie ſchriften
davon.
der ingenieur zu beobachten habe, ſolches beſagen
Philipp Muͤllers gaͤrtner-lexicon ſ. 338 des Iten
teiles, Alexander Blonds gaͤrtnerei durch
Franz Anton Dannreitern 1731, 8. nebſt vilen
kupfern, die riſſe des Salomon Kleiners von
dem prinz-Eugeniſchen garten zu Wien, bei
Wolfs erben zu Augsburg, ermeldten Dannrei-
tersXXIIII garten-grundriſſe, gros fol. deſſel-
ben XI neue ſtuͤke, eben deſſen neues garten-werk.
Das uͤbrige hiervon wird im andern buche vor-
kommen.
Neun
[288]XCIX haubtſtuͤck
Neun und neunzigſtes haubtſtuͤck
von den eheleuten.
§ 698
So viel von dem zuſtande der buͤrger und bau-
ern, den kuͤnſtlern, zuͤnften und gilden, dem
gewerbe der menſchen ꝛc. Nun iſt uns von der
fortpflanzung des menſchlichen geſchlechtes, wie
ſolches regiret und beherrſchet werde, auch was
fuͤr perſonen darzu noͤtig ſind, zu handeln.
§ 699
wort ehe be-
deute.
Die menſchen werden entweder in der ehe, oder
auſſer ſelbiger erzilet. Ehe bedeutet ein buͤndnis,
oder das recht, ein geſaͤz ꝛc. Wannenhero die
ehe ein geſaͤzmaͤſiger ſtand iſt; anerwogen ein ie-
der nicht heiraten durfte, wen er wolte, ſondern
man ſahe auf die gleichheit des ſtandes und die
eingebornen, ſolchemnach die weibesperſon keine
auslaͤndiſche ſeyn mogte, geſtalt dann auch die
vaſallen, bei den toͤchtern derer vaſallen, welche
von ihrem lehnherrn lehnguͤter beſaßen, verbleiben
muſten. Wer alſo ungleich heiratete, lebte in
einer misheirat, oder wilden ehe, Wachter im
gloſſario ſ. 339, 340.
§ 700
iſt?
Die ehe iſt demnach vermoͤge der alten Teut-
ſchen gewonheiten eine verbindung einer mann-
baren manns- und weibes-perſon gleichen ſtandes,
um kinder zu zeugen, und mit einander zeitlebens
zu hauſen.
§ 701
verſpruch
Diejenige, welche einander heiraten wollten,
wurden verlobet, das iſt, ſie verſprachen einan-
der feierlich, auch vermittels eides einander zur
ehe
[289]von den eheleuten.
ehe zu nemen, wie dann noch zu den zeiten kaiſers
Conrads des II ein beiſpiel ſich findet, daß das
verloͤbnis vermittels eides geſchehen ſey, Hahn in
der reichs-hiſtori im IIten teile ſ. 273. Merere
beiſpile davon findet man in der Struviſchen
iurisprudentia heroica P. I ſ. 171 ſ. 176, in dem
Gudeniſchencodice diplomatico T. I num.
407 ſ. 859, beim Rymer in den actis publ.
Angl. T. I ſ. 520, dem von Ludewig in den
reliquiis MSCT. T. V ſ. 502, dem MiraͤoT. I
operum diplom. ſ. 198 bei dem Grupen in der
Teutſchen frau cap. 2 ſ. 48.
§ 702
Wolte einer heiraten, ſo wurde die weibes-angefangen,
perſon zu erſt angeſprochen; gehelete ſie in den ge-
ſchehenen antrag, ſo kaufte ſie der braͤutigam, das
kaufgelt, welches man Wittemon hieſe, Wach-
ter am a. o. ſ. 1919, bekam die braut, und diſes
war ihr heirats-gut (Dos); daher koͤmmt heut
zu tage noch das geben auf die treue. Die uͤber-
gabe des maͤdgens geſchahe, wie bey der uͤbergabe
der unbeweglichen guͤter gewoͤhnlich war, Keyß-
ler ſ. 365 antiquit. durch das zutrinken, man
trunke naͤmlich dem braͤutigam auf der braut ge-
ſundheit zu; daher iſt noch izt bei den verloͤbniſſen
der weinkauf in hiſigen gegenden und andern or-
ten bekannt; die dabei gegenwaͤrtige zeugen wer-
den weinkaufs-zeugen genennet, und in der F.
H. Caſſeliſchen kirchen-ordnung ſ. 5 des anhan-
ges, findet man diſes: „ſo vil die eheverloͤbniſſe
und weinkaufe anlanget ꝛc. und ſ. 62 werden die
weinkaufe, und das weinkaufliche zuſammen ge-
ben abgeſchaffet. War die braut dem braͤuti-
gam per poculum uͤberlaſſen, ſo durfte er ſie oͤf-
fentlich kuͤſſen, nachdem er ihr den ring angeſte-
ket, nicht minder einen Wittum beſtellet hatte,
TGundling
[290]XCIX haubtſtuͤck
Gundlingde emtione uxorum cap. I § 20 fg.
Grupen am a. o. ſp. 34 fgg. Dreyerde genui-
no uſu iuris Anglo-Sax. ſ. 95. von Ludewig
de dote mariti,Peter Muͤllerde oſculo ſan-
cto cap. III ſ. 19 fg. Paul Franz Romanus
de oſculis.
§ 703
naͤchſten
freunde be-
willigung.
Das verloͤbnis geſchahe mit einwilligung der
naͤchſten freunde, Tacitusde moribus Germ.
cap. 18 und cap. 22, die verlobte hiſſen braut-
leute, von dem worte brut.
§ 704
ſchen braͤute
waren die
theureſten.
Bei den Sachſen waren die braͤute am theu-
reſten, immaſen eine 300 ſolidos koſtete, Gund-
ling am a. o. cap. I § 25, Boͤhmerde ſecun-
dis nuptiis cap. I §. 63.
§ 705
nis wurde
heilig ge-
halten.
Das verloͤbnis wurde eben, wie die ehe, ſehr
heilig gehalten, und nicht leicht aufgehoben, Hei-
neccius am a. o. lib. I § 179, § 184, 187. Wer
davon abging, muſte nach dem Saliſchen und
andern Teutſchen geſaͤzen, eine gewiſſe ſumme gel-
tes erlegen, lex Alamannorum tit. 53. Hertde
veteris Germaniae populis, cap. III § 2 ſ. 17
vol. II T. I opuſc. und im ſpruͤchworte: „iſt der
finger beringet, ſo iſt die jungfer gedinget„ ſ. 339
vol. II T. III.
§ 706
rung
Hierauf erfolgte die heimfuͤrung der braut, die
trauung nach annemung der chriſtlichen religion,
und das beilager, wobei es ſehr feierlich zuginge,
Kuchenbeker von den Heßiſchen erb-hofaͤmtern
ſ. 85 fgg. der beilagen.
§ 707
Bei der heimfuͤrung muſte die braut auf dem
brautwagen ſpinnen, und mit dem bloſen kopfe,
auch
[291]von den eheleuten.
auch geſchmuͤkten haaren einen kranz tragen, im-
maſen diſes ein zeichen der jungferſchaft war,
Maderde coronis nuptialibus,Joh. Hein-
rich Meier vom jungfern kranze, Ayrerde iure
connubiorum apud veteres Germanos, Sect.
II § 5. Derowegen diejenige, welche geſchwaͤ-
chet worden war, dergleichen kranz nicht tragen
durfte, vielweniger einen oͤffentlichen kirchengang
mit den gewoͤnlichen brautleuten und uͤbrigen fei-
erlichkeiten halten konnte. Sihe die F H. Darm-
ſtaͤdtiſche kirchen-ordnung im titel: von den heim-
lichen verloͤbniſſen § wofern aber ꝛc. die Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſche landes-geſaͤze, im
erſten bande ſ. 283, die Ulmiſche ordnung von
den ſtrafen offenbarer laſter tit. XI und XV, die
Memmingiſche zucht-ordnung tit. X § 10, die
Sunderburgiſchen ſtatuten art. 35, den von
Weſtphal in der vorrede zum IIIten bande der
monument. inedit. ſ. 94, Carpzov in der iu-
risprud. conſiſtor. lib. III tit. VI def. 81 num.
3 fgg. und wenn die geſchwaͤchte nichts deſtowe-
niger einen kranz getragen hat, muß ſie ſtrafe ge-
ben, Ulmiſche ordnung am a. o. Carpzov in der
practica criminali P. II quaeſt. 70 num. 53 ſ. 164
und qu. 75 num. 80 fgg. Im uͤbrigen pflegen
die unverleumdete geſchwaͤchte weibesperſonen
von den ſchwaͤngerern zu fodern, daß ihnen der
kranz, oder inhalts der Memmingiſchen ordnung
am a. o. § 8, die blume bezalet werde.
§ 708
Es wurde alſo bei der heimfuͤrung der brautwozu der
brautwagen
gebrauchet
worden.
haubtſaͤchlich erfodert, daß ſie einen, oder zwene
brautwagen hatte, Kuchenbeker am a. o. ſ. 131,
auf den neben-wagen wurde der hausrat und ihre
ausſteuer geladen, darnebſt wurde ihr reitpferd
mitgebracht, ſintemal die weibes-perſonen des ho-
T 2hen
[292]XCIX haubtſtuͤck
hen und nidern adels ehedem geritten haben.
Das pferd nebſt den waffen und andern vihe
brachte die braut dem braͤutigam als ein geſchenk
mit, Breuningde vaderphio veterum Ger-
manorum, Leipzig 1751. Heineccius am a. o.
lib. I tit. XI § 241 ſ. 195. Auf diſe art iſt der
Tacitus zu verſtehen, wenn er ſchreibet: hoc
iuncti boues, hoc paratus equus, hoc data ar-
ma denunciant. cap. XVIII.
§ 709
heimfuͤrung
erfolget iſt.
In den mittleren zeiten und nachher, wurde
beim hohen und nidern adel geſpeiſet, getrunken,
geſpilet, getanzet, und endlich feierlich zum bette
geſchritten. Es wurde nach der heimfuͤrung auch
beſchehener trauung das Hochzeitmal eingenom-
men; die ſpeiſen waren gar maͤſig und geringe
gegen die izigen zeiten, beſage der tafel-zedel beim
Wecken in der beſchreibung der ſtadt Dresden
ſ. 347 fg. Der hohe adel hielte ein turnier den
feierlichen vor- und braut-tanz, die abendmalzeit,
worauf der fakel-tanz erfolgte, ſihe die vollſtaͤn-
dige beſchreibung aller ſolennitaͤten bei dem hohen
koͤniglichen Sicilianiſchen vermaͤlungs-feſte, wel-
ches im Mai-monate 1738 zu Dresden gehalten
worden iſt, fol. ſ. 100. Luͤnigstheatrum cae-
rimoniale II ſ. 383-506, Faßmanns leben
Friderich Wilhelms, koͤniges in Preuſen, ſ. 19 fg.
wie auch den Kuchenbeker von den Heßiſchen
erb-hofaͤmtern ſ. 134 fgg. (In Sachſen werden
ſtrohe-kranz-reden annoch ieweilen abgehalten,
Gottſcheds rede-kunſt ſ. 619.) darauf wurde
der braͤutigam benebſt der braut ins ſchlafgemach
gebracht, nachdem das ſchlafzimmer feierlich auf-
geſchloſſen worden war. Die entkleidung ge-
ſchahe oͤffentlich, der ſchlaftrunk wurde gereichet,
ſo dann die feierliche beſchlagung der deke vorge-
nommen,
[293]von den eheleuten.
nommen, endlich nach abgenommenen ſtrumpf-
bande der braut (Faßmann ſ. 400 am a. o.)
das ſchlafzimmer wieder verſchloſſen, den andern
morgen aber wieder feierlich aufgeſchloſſen, die
braut oͤffentlich unter die haube gebracht. Es er-
folgte darauf die morgengabe (opſtand), welche
vom dote unterſchiden war, Kopps lehnsproben
vol. I ſ. 191, und die uͤbrige hochzeit-gaͤſte machten
der braut geſchenke. Sihe Joh. Joach. Muͤl-
lers ſtats-cabinet II ſ. 341-409, IIII ſ. 197-291.
Anton Weckens beſchreibung der ſtadt Dresden
ſ. 339 fg.
§ 710
Bei den gemeinen leuten ward in hiſigen gegen-wie die
heimfuͤrung
bei auswaͤr-
tigen braͤu-
ten geſche-
hen iſt?
den die auswaͤrtige braut von ihren freunden und
brautknechten biß an die grenze zu pferde begleitet,
der braͤutigam nebſt ſeinen hochzeit-gaͤſten wartete
ihrer zu pferde. Es war eine verſtellte gewalt
noͤtig der braut ſich zu ermaͤchtigen. Die braut
ſaſſe auf einem mit tannen-zweigen ausgeſchmuͤk-
ten wagen, ſange und ſpanne; um ſie ſaſſen etwa
6 brautmaͤdgens und ſangen mit. Alle im ſchna-
tze, das iſt, bloskoͤpfig mit band und roßmarien
geziret, auch zween geflochtenen harzoͤpfen. Der
kirchgang beſchah unter vortretung der ſpil-leute
mit leiern, ſchalmeien und ſackpfeifen. Allein
diſe gebraͤuche ſind ſeit 30 jaren groͤßtenteils abge-
kommen, iedoch der geſchmuͤkte brautwagen iſt
hin und wieder noch gebraͤuchlich.
§ 711
Von der Altenburgiſchen bauern hochzeiten
und bettſprunge ſihe des Wildvogelsdiſput. de
iure thalami ſ. 15, des Dreyers diſp. de termi-
no effectuum ciuilium matrimonii a quo?
ſ. 17, des reichs-kammergerichts beiſitzer herrn
Chriſtian von Nettelbladts programma de
T 3velo
[294]C haubtſtuͤck
velo viduarum virginumque. Bei den hoch-
zeiten der gemeinen leute hat man noch den kehr-
aus, oder den großvater-tanz.
Hundertes haubtſtuͤck
vom beſchreiten des ehebettes.
§ 712
tung des
ehebettes
machet bei
den Teut-
ſchen die
eheleute.
Bei den Roͤmern machte die einwilligung die
eheleute, bei den Teutſchen aber machet die
beſchreitung des ehebettes eheleute. Die braut
wird des mannes genoßin, wenn ſie in ſein bette
tritt, er nimt ſie in ſeine gewaͤhr und alles gut zu
rechter vormundſchaft, Saͤchſiſches land-recht,
lib. I art. 31. lib. III art. 45. Deswegen heiſſet
es: die deke beſchlagen, das bett beſchreiten,
Dreyer in der angezogenen diſp. ſ. 22, 23 fgg.
und de genuino uſu iuris Anglo-Sax. ſ. 97.
num. 14 Chriſtoph Friderich Harprechtde
conſcenſione thalami.Struvensiurisprud.
heroïca T. II ſ. 225. Gundling am a. o. ſ. 72.
Die ehegenoßin aus dem hohen und nidern adel
erlanget dadurch die morgengabe, den wittum
und andere vorteile nach des ehemannes ableben.
Imgleichen werden die ehelich erzilten kinder al-
lein fuͤr rechtmaͤßige gehalten. Man ſaget des-
wegen: iſt das bett beſchritten, ſo iſt das recht
erſtritten. Piſtorius cent. II par. 79 ſ. 225; in
den ſtaͤdten aber und bei den land-leuten wirkete
die bettbeſchreitung die gemeinſchaft der guͤter, wo
naͤmlich weder lehn, noch ſtammgut vorhanden
war. Denn bei dieſen fiel ſie weg, iedoch leidet
diſe regel in dem koͤnigreiche Preuſen, inhalts des
Preuſſiſchen landrechts B. IIII tit. 15 art. 4 § 1
B. V
[295]vom beſchreiten des ehebettes.
B. V tit. 12, art. 5, und in den vereinigten Ni-
derlanden einigen abfall, Riccius im ſpicilegio
iuris Germanici ſ. 547, num. 10. Von den
Hollſteiniſchen adelichen Wittben, ſihe den Ric-
cius am a. o. ſ. 549, 550, Voigt am a. o.
§ 713
Der mann iſt ſolchemnach des weibes haubtder ehemañ
iſt des wei-
bes vogt.
und vogt; derowegen heiſſet er noch ehevogt, Oſt-
friſiſches landrecht, cap. 189, Juͤtiſches lowbok
im Iten Buche cap. 7 § 2, IIIten Buche cap. 44,
Heinecciusde marito tutore et curatore vxo-
ris legitimo, Halle 1734. Im Saͤchſiſchen und
Wuͤrtenbergiſchen, zu Hamburg, Luͤbek und an-
dern orten iſt das weibliche geſchlecht noch unter
der vormundſchaft, Otto de tutela foemina-
rum perpetua,Dreyerde genuino vſu iuris
Angl. Sax. ſ. 10 ſ. 96, von Weſtphal am a. o.
T. I. ſ. 680, 681 T. II. ſ. 106 T. IV ſ. 1928,
Sahmede curatore mulieris Prutentico, Ul-
miſche ſtatuten P. I tit. 18 P. II tit. 5, Tenzelde
cura maritali,Jacobide curat. mulier. Saxon.
§ 714
Der ehemann hiſſe der weiber mombar.und kann ſie
bei rechts-
haͤndeln ver-
treten.
Wenn alſo die eheweiber im rechtsſtreite befangen
waren, und der beweis gefuͤret werden ſollte,
gleichwol ſolcher fuͤr unzulaͤnglich gehalten wurde,
folglich der ſache durch den zweikampf abhelfliche
maſe verſchaffet werden ſollte; ſo muſte der ehe-
mann, wenn der beweis dem eheweibe zuerkannt
wurde, fuͤr ſie kaͤmpfen. Es hat ſich aber ſo-
thane vormundſchaft in vielen landen verloren,
iedoch iſt noch ein uͤberbleibſel davon vorhanden,
naͤmlich daß der ehemann fuͤr die frau proceſſe
fuͤren kann.
T 4§ 715
[296]CI haubtſtuͤck
§ 715
der Teut-
ſchen frau
fuͤr der Roͤ-
miſchen.
Inzwiſchen war doch die Teutſche frau viel
beſſer dran, als die Roͤmiſche. Denn der ehe-
mann pflegte ſie zu rat zu zihen; wie denn auch
ſolches von den kaiſerinnen aus den geſchichten
ſich erbricht, daß ſie naͤmlich die kaiſer zu rate
gezogen haben. Die herrſchaft der ehefrau, oder
nach dem ſpruͤchworte: daß ſie die hoſen habe, iſt
zwar etwas ſchimpfliches; doch gibet es eine ſchul-
digkeit, vermoͤge deren die ehemaͤnner ihren wei-
bern zu folgen haben, z. e. der mann will immer
herum ziehen, die ehefrau ſoll aber an einem ge-
wiſſen orte bleiben; ſo muß ſelbiger der frau fol-
gen, und der richter hat hierauf zu ſehen, von
Leyſerde obſequio maritali, ſpec. 666 vol. X
meditationum ad π.
Hundert und erſtes hauptſtuͤck
von den ungleichen ehen.
§ 716
urſachen die
misheira-
ten eingefuͤ-
ret worden
ſind.
Es iſt bereits vorhin bemerket worden, daß die
ehen haben ebenbuͤrtig ſeyn muͤſſen, wenn
anders die kinder den aͤltern haben am ſtande
gleich werden und ſie beerben ſollen. Damit
aber die famili gleichwol erhalten, und durch all-
zuviele ebenbuͤrtige kinder nicht gedrucket werde,
iſt eine ehe eingefuͤret worden, welche die Italiaͤ-
ner ad l. morganaticam, und die Teutſche zur
linken hand genennet haben, wozu die beſondere
neigung der mannsperſonen zu einer ſchoͤnen wei-
besperſon die ungleichen ehen noch gebracht hat.
§ 717
[297]von den ungleichen ehen.
§ 717
Die ungleichen ehen beſtehen darin, daß ent-worin ſie
beſtehen?
weder perſonen ungleichen ſtandes einander heira-
ten, oder die ehegenoſſin benebſt den kindern ver-
moͤge eines gedinges von des vaters ſowol ge-
mahls wuͤrde und landen, auch verlaſſenſchaft
gaͤnzlich, oder unter gewiſſen beſchraͤnkungen aus-
geſchloſſen werden, immittels mit demjenigen ſich
begnuͤgen laſſen muͤſſen, was ihnen angewieſen
worden iſt. Die erſte ehe wird eine ungleiche,
die andre ad legem morganaticam genennet.
Die kinder, welche aus dieſen ehen erzilet wer-
den, ſind zwar fuͤr eheliche, iedoch nicht fuͤr eben-
buͤrtige zu halten. Sie werden den uneheligen
entgegen geſezet.
§ 718
Es ſtehen zwar die verehrer des Roͤmiſchendie gegenſei-
tigen mei-
nungen
werden er-
zaͤlet.
rechtes in dem wane, als wenn man diejenige
heirat, welche von perſonen ungleichen ſtandes
eingegangen worden waͤre, fuͤr eine ungleiche
nicht halten duͤrfe, anerwogen hiebei nicht auf die
mutter, ſondern auf den vater geſehen werden
muͤſſe, wie denn ſolches aus dem ſpruͤchworte ſich
erbreche: „ein ritters weib traͤgt keinen baſtardt;„
imgleichen: „ein ritters weib hat ritters recht,
Piſtorius cent. I par. 76 ſ. 101, Hert in den
paroemiis iuris Germ. lib. II par. 6, 7, Saͤch-
ſiſches landrecht B. 1 art. 16, B. 3 art. 72, lehn-
recht art. 21, Schwaͤbiſches landrecht cap. 392.
Dieſem fuͤget man noch bei, daß diejenige alte
Teutſche geſaͤze und gewonheiten, welche von un-
gleichen ehen handelten, lediglich von den heiraten
der freigebornen mit den knechtiſchen perſonen zu
verſtehen waͤren. Derowegen die kinder, welche
die fuͤrſten, auch grafen mit freigebornen und an-
dern weibesperſonen des nidern adels erzilet haͤt-
T 5ten,
[298]CI haubtſtuͤck
ten, von der landes und lehnsfolge nicht ausge-
ſchloſſen werden koͤnnten, bevorab da die graͤfli-
che wuͤrde bis gegen das eilfte jahrhundert in
Teutſchlande eine bloſe amtswuͤrde geweſen, wel-
che nur auf lebzeiten gefuͤret worden, und nicht
auf das geſchlecht gegangen waͤre, mithin die
grafen keine beſondere klaſſe des erblichen adels
ausgemacht haͤtten. Welchem noch beitrete, daß
viele adeliche ſich mit graͤfinnen ehelich verbunden
haͤtten, wie man ſolches beim Luͤdiger von und
in Mannsbachde matrimonio principis, co-
mitis, liberique domini cum virgine nobili
inito Wezlar 1740, 4. auch in andern ſchriften
beſtaͤrket finde.
§ 719
leget.
Alldieweilen aber es eine bereits uͤberfluͤſſig und
ſtandhaft ausgefuͤrte ſache iſt, daß Teutſchland
virerlei ſtaͤnde der perſonen gehabt habe (§ 146)
und zwar 1) des adels, 2) der freigebornen, 3)
der freigelaſſenen und 4) der knechte; unter dem
adel aber der reichsherrenſtand begriffen war,
darin der kaiſer, die fuͤrſten, grafen, und unmit-
telbare reichsherren ſich befanden, welche die be-
fehlshaber von der reiterei, oder der ritterſchaft
waren, folglich dieſe von jenen ſich weit unterſchi-
den, wie die in den geſchichten erfarne maͤnner
der kaiſerliche und Reichs kammergerichts-beiſizer,
freiher von Gudenus, Johannis, der ſelige vice-
kanzler Kopp in ihren werken den groſen unter-
ſchid des hohen und nidern adels beobachtet haben,
auch von andern, inſonderheit dem Trieriſchen
weibiſchofe, herrn Joh. Nic. von Hontheim
im 2ten teile der hiſtoriae Treuirenſis diploma-
ticae ſ. 658 derſelbe dargeleget worden iſt, aner-
wogen die von der ritterſchaft bald armigeri, edel-
knechte, erbare knechte, fromme knechte, mini-
ſteriales
[299]von den ungleichen ehen.
ſteriales ꝛc. genennet worden ſind. Es durften
die dienſtmanne in lehnsſachen uͤber fuͤrſten-lehne
zu richten ſich nicht ermaͤchtigen, ſihe des freiherrns
von Senkenbergscorpus iuris feudalis ſ. 551.
§ 720
Da nun in Teutſchland der reichsherren undder reichs-
herren- und
heutige
adel-ſtand
ſind von
einander
unterſchie-
den.
heutige adelſtand hoͤchſt ungleich und von einan-
der ſehr unterſchieden waren, und noch ſind; ſo
iſt es eine ungereimte mengerei, wo man den fuͤr-
ſten, grafen und heutigen edelmann in eine reihe,
auch in gleichen ſtand zu ſetzen ſich unterwindet.
Sind aber der reichsherrenſtand und die ritter-
ſchaft unterſchiden; ſo duͤrfen ſie einander nicht
heiraten, ſondern weiln alle heirat der Teutſchen
eine ebenbuͤrtigkeit mit ſich brachten, freiherr von
Senkenberg in den anfangsgruͤnden der Teut-
ſchen rechtsgelehrſamkeit, erſten buche cap. VII-
VIIII auch XV, Juſt Henning Boͤhmer im iure
eccleſ. proteſtantium lib. IIII tit. X § 2 ſ. 100
ſo muß eine jede ehe wegen dieſer gleichheit in eben
dem ſtande geſchehen. Daher wenn eine unglei-
che heirath vorging, die kinder zur aͤrgern hand
gehoͤreten (§ 170 § 171), das iſt, ſie erlangten
nur denjenigen ſtand, worin der ungleiche ehe-
gatte ſich befand, Schwaͤbiſches landrecht cap. 48,
cap. 49, der freiherr von Senkenberg am a. o.
cap. XV, und de iuribus nobilitatis Germanicae
§ 9 nota 9 ſ. 29. Boͤhmer am a. o. und de ſe-
cundis nuptiis cap. II § 15 ‒ 21,von Piſto-
rius in den amoenitatibus iuris et hiſtor.
P. V ſ. 1375, P. VI ſ. 1574, 1609, Johann Pe-
ter von Ludewig in der erlaͤuterung der guͤlde-
nen bulle IIten teile ſ. 1365, Gundlingvtrum
nobilitet venter cap. III § 54, Kopp am a. o.
ſ. 315 fgg., der herr profeſſor Riccius im ſpici-
legio iuris Germanici ſ. 222 num. 3, der herr
profeſſor Johann George Cramer am a. o.
cap. III
[300]CI haubtſtuͤck
cap. III § 1 ſ. 116, 118, Piſtorius am a. o. cent.
VI par. 36 ſ. 465, mithin waren ſie auch der
erbfolge in lehn- oder ſtamm-guͤtern nicht faͤ-
hig, von Senkenberg am a. o. § 5, und in den
primis lineis iuris feudalis § 306, ſ. 345, Schil-
ter in commentario ad ius feudale Alam. cap.
40 § 3 ſ. 227 und cap. 48, die kaiſerliche wahl-
kapitulation art. 22 § 4; immaſſen diejenige,
welche nicht von rittersart waren, lehnsrechts
darben muſten, Saͤchſiſches lehnrecht cap. II.
§ 721
einer adeli-
chen mit ei-
nem aus
dem reichs-
herrenſtand
bedarf einer
ſtandes- er-
hoͤhung.
Und wenn die heirat eines fuͤrſten mit einer un-
mittelbaren oder landſaͤßigen von adel einer ſtan-
des-erhoͤhung vom kaiſer bedarf, wie die haͤufigen
beiſpile ſattſam bezeugen, auſſer, daß man die
Badeniſche im dreißigjaͤrigen krige entweder ver-
geſſen, oder verheimlichet hat; wer will alſo noch
fernern anſtand nemen, zu glauben, daß die ehe
eines reichsſtandes mit einer adelichen eine notori-
ſche misheirat ſey. Warum hat denn eine wuͤrk-
liche Reichs-graͤfinn oder Reichs-herrin aus einem
Reichsſtaͤndiſchen hauſe keiner ſtandes-erhoͤhung
noͤtig? ſondern ihre ehe wird fuͤr unſtrittig eben-
buͤrtig geachtet, und die von ihr erzilten kinder
ſind ebenbuͤrtig, wie ſolches die kurfuͤrſtlichen
ſchreiben, und beſonders Sr. Koͤniglichen Maje-
ſtat in Preuſſen, welche an den kaiſer Karln den
VII 1742 erlaſſen worden ſind, beſtaͤrken, Moſer
im erſten teile der wahlcapitulation kaiſer Karl
VII, ſ. 123, von Olenſchlager im IVten teile
der geſchichte des interregni, nach abſterben kaiſer
Karls des VI, ſ. 509, 524, und im anhange zur
wahl-kapitulation kaiſers Karls VII, ſ. 64.
§ 722
ſche und
Schwaͤbi-
Welchem die ſtellen des Sachſen- auch Schwa-
ben-rechtes nicht entgegen ſind, vielmehr deutlich
beſagen,
[301]von den ungleichen ehen.
beſagen, daß der ſon des vaters ſchild und erb-ſche land-
recht ſind
nicht entge-
gen.
ſchaft erhalten ſolle, wofern er ihm ebenbuͤrtig iſt.
Wenn aber ein ſon dem vater nicht gleich werden
kann, dafern er nicht von einer mutter gleiches
ſtandes mit dem vater geboren worden iſt, ſon-
dern ſelbiger, wenn die mutter aus einem nideren
ſtamme abſtammet, zu der aͤrgern hand treten
muß, ſolchemnach dem vater nicht gleich wird;
derowegen des ſchildes, auch der erbfolge darben
ſoll, Saͤchſiſches landrecht im Iten buche art. V
und art. XVIII, IIIten buche art. 12 und art. 72,
Schwaͤbiſches land-recht cap. 251, Struve am
a. o. ſ. 45, ſ. 55 vol. II. Denn zum voraus zu
ſezen iſt, daß nach maasgebung der Teutſchen ge-
wonheiten der ehemann die ehegenoßin nicht
adeln koͤnne, George Melchior von Ludolph
de iure foeminarum illuſtrium Sect. I. § 10 fag.
von Ludewigde dignitate vxoris diſſ. II
ſ. 13 fag. Gundling in der diſp. vtrum venter
nobilitet? cap. III, folglich die kinder in dieſem
falle ſich nach der mutter richten muͤſſen, und nicht
ebenbuͤrtig geboren werden koͤnnen. Weshalber
denn auch ein reichsherr von Limburg an der Laͤne
im jare 1386, beſage der urkunde beim freiherrn
von Gudenus im Iten teile des codicis diplo-
matici ſ. 965 verordnet hat: „und waͤre es ſach,
„daß ſi ſich verendern werden (verheiraten), ſo
„ſollen ſie ſich mannen mit iren glichen edeln man-
„nen; und diſelben mannen ſollen dan daz ‒ ‒
„lehen haben.
§ 723
Es felet uns dißfalls an beweistuͤmern keines-die beweis-
tuͤmer dar-
zu.
weges. Denn des Nithards ſtelle beim Adamo
Bremenſi im Iten buche hiſt. eccleſ. cap. 5 iſt
wichtig genug und was darin vorkommet, haben
nicht allein die Sachſen, ſondern auch die Fran-
ken
[302]CI haubtſtuͤck
ken und andere voͤlker beobachtet, Boͤhmer in
den anmerkungen uͤber das cap. I, X de ſponſali-
bus, im corpore iuris canonici ſ. 625. canon
39 concilii Triburienſis,Sperling in den no-
ten zum Adamo Bremenſi ſ. 648. Clevel in an-
tiquit. ſeptentrion. cap. I.Cramer am a. o.
cap. 3 § 1 ſ. 116, welche gewonheiten nachher die
Sachſen und Schwaben fortgepflanzet haben,
ſolchemnach bis auf unſere zeiten gekommen ſind.
Wannenher der reichshofrat in ſachen der So-
phien Marien Foͤlten, der grafen von Sponek,
des grafen Georgen Ariberts, Carl Friderichen,
Lebrechts von Anhalt ꝛc. darauf erkannt hat,
Struve am a. o. ſ. 50 vol. 2. Riccius am a. o.
ſ. 521 num. 2 fgg. und vom landſaͤßigen adel II
cap. II § 5. anderer exempel zu geſchweigen. Dar-
gegen die beiſpiele aus dem hauſe Baden-Baden
und Pfalz-Birkenfeld ꝛc. nichts fuͤrtragen; ſinte-
mal ſolche misheiraten, welche durch machtſpruͤ-
che gebilliget worden ſind, nichts beweiſen, auch
daher, daß die gevettern ſowol lehnsfolger, hier
und da in ſelbige gewilliget haben, kein Reichs-
herkommen zu folgern iſt; vilmer am tage liget,
daß ſo oft dergleichen ungleiche ehen ohne der an-
verwandten, oder mitbelehnten einwilligung ge-
troffen worden ſind, eine groſe irrung, und ein
beſchwerlicher rechtsſtreit daruͤber ſich eraͤuget ha-
be. Sihe den Pfeffinger im vitriario illuſtrato,
den Struven im corpore iuris publici und in
der iurisprudentia heroica.
§ 724
falls bei den
alten T.
gewonhei-
ten verblei-
ben.
Gleichwie nun von ie her, ſo oft heiraten der
fuͤrſten und herren mit adelichen vorgefallen ſind,
entweder die einwilligung der gevettern noͤtig ge-
weſen, oder widerſpruch und ſtreit deshalber ent-
ſtanden iſt, und dann hieraus die unwiderſprech-
liche
[303]von den ungleichen ehen.
liche gewonheit der Teutſchen fuͤrſten, wegen
ſtandesmaͤſiger heirat mit perſonen des hohen
adels ſich zu tage leget, alſo muß es nach klarer
maasgebung des Weſtphaͤliſchen fridenſchluſſes
art. VIII § 4 bei diſer loͤblichen gewonheit aller-
dings ſein bewenden haben.
§ 725
Vielweniger ſchlaͤget der einwurf: daß diedie alten
reichs-gra-
fen gehoͤren
zum hohen
adel.
grafen-wuͤrde ehedem nicht erblich geweſen ſey,
dißfalls an, in betracht die fuͤrſten und grafen ih-
rer ehrenſtellen und wuͤrden halber zu dem hohen
adel gehoͤreten, welcher auf ihre kinder fortge-
pflanzet wurde, Tacitus cap. XIII, herr profeſ-
ſor Johann George Cramer am a. o. cap. II
§ 7 ſ. 58. Aus diſem Reichsherren-ſtande wur-
den die Reichs-beamten genommen, auch die koͤ-
nige, gleichwie denn der hohe adel den Teutſchen
koͤnig allein waͤlete, Schwaͤbiſches landrecht cap.
III der Schannatiſchen ausgabe, Kopp am a. o.
ſ. 18-28 fgg. Im uͤbrigen iſt man nicht abredig,
daß es grafen gegeben habe, und noch gebe, wel-
che den namen der grafen gefuͤret haben, dennoch
keine wahrhafte geweſen ſind, ſihe von den adeli-
chen grafen in Heſſen die Marburgiſchen bei-
traͤge im Iten bande ſ. 259 fg.
§ 726
Daß aber der von Mannsbach dergleichendie ehe eines
fuͤrſten mit
einer adeli-
chen weibes-
perſon iſt
ungleich.
geſinnungen aͤuſſere, ſolches nimmt mich nicht
wunder; geſtalt er als ein mitglid der reichs-ritter-
ſchaft ſich befliſſen habe, in der bemeldten ſchrift die
ehe eines fuͤrſten mit einer von adel fuͤr ſtandesmaͤſig
auszugeben. So lange aber die reichs-hiſtori
kein fabelwerk iſt, und die Teutſche gewonheiten,
auch die rechte, vermoͤge der reichs-grundgeſaͤze,
zur regel dinen, ſo lange wird auch die ehe eines
fuͤrſtens mit einer adelichen fraͤulein eine offenbare
mis-
[304]CI haubtſtuͤck
misheirat ſeyn und bleiben. Daher die gegenſei-
tige lehre, als den Teutſchen auch ſtats- und lehn-
rechten augenſcheinlich und handgreiflich zuwider
laufend, keinen beifall verdinet. Nun weis man
zwar den ſcheingrund wohl, daß naͤmlich die ei-
genſchaft und beſchaffenheit der alten miniſteria-
len noch zur zeit nicht einmal recht erforſchet waͤre,
folglich man daraus keine ſchluͤſſe zu zihen ver-
moͤgte. Allein wo ſich iemand einmal zu wider-
ſprechen fuͤrſezet, da iſt die ſonne nicht mehr helle
genug, und ſodann muß ein Harpprecht von
Harpprechtſtein und Kaltenthal in ſeiner ertraͤum-
ten wetterauia illuſtrata den Teutſchen koͤnig
Conrad, den erſten, zu einem reichs-ritter ma-
chen, er wolle oder nicht. Wem die augen noch
hirin verbunden ſind, dem kan ſolche die Wir-
tenbergiſche vorlegung der reichs-ritterſchaft-
lichen irrungen voͤllig eroͤfnen. Und wo es auf
das anſehen, oder den namen des von Manns-
bach, als eines widerſprechers, oder zweifelma-
chers, ankommen ſollte, koͤnnte man diſem den
geweſenen kammergerichts-beiſizer von Ploͤnnies
im tr. de miniſterialibus, den reichs-hofrat frei-
herrn von Senkenberg in den anfangsgruͤnden
der Teutſchen rechtsgelehrſamkeit im Iten buche
cap. VII-VIIII, auch XV, den ſeligen herrn vice-
kanzler Kopp, den herrn profeſſor Cramer zu
Leipzig, und den Burghardt Gotthelf Struven,
auch andere tapfere maͤnner, deren groſe einſicht
und erfarung in Teutſchen ſachen nimand mit be-
ſtande in zweifel zihen mag, mit groͤſtem fug ent-
gegen ſtellen. Im uͤbrigen erwaͤchſet dem adel-
ſtande kein beſonderer vorzug, vilweniger eine
gleichheit mit dem herren-ſtande daraus, daß, wie
der von Mannsbach vermeinet, verſchidene adeli-
che ehegattinnen aus graͤflichen haͤuſern gehabt
haben;
[305]von den ungleichen ehen.
haben; vielmehr bleibet der adelſtand dem herren-
ſtande allezeit nachgeſezet und unterſchiden, im-
maſſen der adeliche wohl ein freigeborner, aber
der freigeborne nicht allezeit ein adelicher iſt.
§ 727
Die ungleiche ehe hieſe man in den alten zeitendie benen-
nung der
ungleichen
ehe.
auch den concubinat (beiſchlaf). Es war aber
diſer entweder fuͤr beſtaͤndig, oder auf eine zeit-
lang. Lezterer war verboten, erſter aber nicht,
geſtalt dann die concubinen (kebsweiber, beiſchlaͤ-
ferinnen, matronaͤ) zu den zeiten des kaiſer Karls
des groſen erlaubet waren. Das kebsweib war
dem manne zur ehe gegeben; allein wegen der un-
gleichheit des ſtandes hatte ſie keinen teil an des
mannes wuͤrde. Sie wurde auch nicht ſo feier-
lich geehlichet. Die kinder bekamen nur wenige
ihnen ausgeſezte vaͤterliche guͤter, ſihe des Hahns
reichs-hiſtori im Iten teile ſ. 90. Kopp am a. o.
ſ. 554 fg. Boͤhmer im iure eccleſiaſtico pro-
teſtantium lib. III tit. II § 19 fgg. Andreas ab
Iſerniaad L. II F. 26. Jacob Alvarottus,
Baldus, Matthaͤusab Afflictis, und anderer
erlaͤuterer der Langobardiſchen lehnrechte. Der
regirende graf Wolfgang zu Iſenburg-Birſtein,
welcher 1633 verſtarb, ehelichete nach ableiben ſei-
ner dritten gemalin, Sabinen von Burghauſen,
geborne von Saalfeld, mit dem bedinge, daß ſie
nur Sabina frau zu Iſenburg, geborne zu Saal-
feld, ſich ſchreiben ſollte, auch die grafen aus den
vorigen ehen, oder ihre ſtiefſoͤne, gnaͤdige herren
oder Ihre gnaden nennen wollte, Koͤhlers M.
B. VII ſ. 167. Von den Amien und varenden
wiven handelt herr hofrat Grupen in den Teut-
ſchen altertuͤmern, cap. IX ſ. 110 fg. Diſer bei-
ſchlaf blibe biß auf die zeiten des kaiſer Karls des
Vten erlaubet, welcher erſtlich in der Reichs-re-
Uforma-
[306]CI haubtſtuͤck
formation guter policei 1530 tit. 33 nach dem bei-
ſpile des papſtes Leons des Xtens verboten, und
1577 tit. 26 wiederholet wurde, in betracht man
ſowol bei den katholiſchen, als evangeliſchen, die
priſterliche trauung fuͤr noͤtig zu halten anfing, da-
durch es dann geſchahe, daß man nach den ſaͤzen
des Roͤmiſchen rechtes auch ungleiche ehen, wenn
nur die priſterliche trauung darzu gekommen war,
fuͤr rechtmaͤſig halten wollte. Allein in anſehung
der kinder hat diſe ehe die wuͤrkungen einer recht-
maͤſigen nicht, Boͤhmer am a. o. lib. IV tit. 9
ſ. 95. Struve am a. o. cap. II § 28 ſ. 42 vol. II
wiewol bei dem nidern adel in anſehung der lehn-
folge, wenn nur der vater von adel iſt, nicht al-
ler orten mehr darauf geſehen wird (§ 170),
Struben in den nebenſtunden P. III obſ. 21 § 11,
Eſtorde iudicio clientelari ſ. 85; dahingegen
beim hohen adel ſolche kinder ausgeſchloſſen blei-
ben (§ 171).
§ 728
priſterliche
trauung
unterblei-
bet, wie der
beiſchlaf
angeſehen
werde?
Wenn demnach eine ungleichheit vorhanden
iſt; ſo hat die priſterliche trauung keinesweges die
wirkung, eine rechtmaͤſige ehe zu machen, folgbar
bleiben die kinder ausgeſchloſſen. Unterbleibet
aber die trauung, ſo wird dergleichen beim nidern
adel, bauern und buͤrgern, als eine hurerei beſtra-
fet. Hingegen bei dem hohen adel wird eine ſol-
che weibesperſon fuͤr eine maitreſſe gehalten, oder
die beiwonung eine mariage de conſcience ge-
nennet.
Hundert
[307]von der gemeinſchaft der guͤter ꝛc.
Hundert und zweites haubtſtuͤck
von der gemeinſchaft der guͤter unter
den eheleuten.
§ 729
Weiln mann und weib gleich waren, und ſeyn
ſollten, daher gleichen anteil an der arbeit
und gefar namen, Tacitus cap. 18; ſo hatten ſie
auch ihr vermoͤgen gemein; darum hier zu lande
in den eheberedungen der gemeinen leute ſtehet:
ſie heiraten einander, und ſezen hut bei ſchleier,
und ſchleier bei hut, Johann George Werner
in der diſp. de pactis dotalibus ſub formula:
hut bei ſchleier, Marburg 1714, Kemmerich in
progr. de paroemio: hut bei ſchleier, und ſchleier
bei hut, Jena 1739, Riccius im ſpicilegio iuris
Germanici ſ. 533. Hiernaͤchſt heiſet es unter
den buͤrgers- und bauers-leuten: leib an leib, gut
an gut, Marburgiſche beitraͤge, im erſten bande,
IIIten ſtuͤke ſ. 11 ſ. 19. ſihe auch die Heßiſche ge-
richts-ordnung vom jare 1497 cap. 37, den Gieſ-
ſer ſtadtbrauch vom jare 1573 in des herrn reichs-
hofrat von Senkenbergſemeſtr. lib. vno,
num. II im anhange ſ. 3. Nuͤrnberaiſche refor-
mation tit. XII L. 3 L. 14. und tit. XIII L. I fgg.
den Wehner in den obſeruat. practicis unter
dem worte: gut, den Hert in den paroemiis iu-
ris Germanici, lib. I par. 68, 69. den Johann
Rudinger in den obſeruationibus iuris came-
ralis, cent. III obſ. 44 ſ. 265. Ferner ſaget
man: laͤngſt leib, laͤngſt gut, ſihe den Maſcov
in der notitia iuris et iudiciorum Brunſuico-
Luneburg. ſ. 35, 36. und im progr. de paroemio
U 2iuris
[308]CII haubtſt. von der
iuris Germanici: laͤngſt leib, laͤngſt gut: „wem
ich meinen leib goͤnne, dem goͤnne ich auch mein
gut;„ wer den kopf hat, ſchiert den bart, Hert
am a. o. „wer das andre uͤberlebet, zeucht die
ſchanze gar, oder der letzte thut die thuͤr zu,„
Karl Gottlob Knorr in den rechtlichen anmer-
kungen ſ. 83-124; oder „die dem manne trauet,
trauet auch den ſchulden, Hertlib. I par. 70.„
„wenn die deke uͤber den kopf iſt, ſind die eheleute
gleich reich„, Cypraͤusde ſponſ. cap. V § 35.
Fr. Ernſt Vogtde iure coniugum in bona,
§ 13. „Mann und weib ſind mit einander in
gleicher gewehr„.
§ 730
meinſchaft
der guͤter
unter ehe-
leuten im
Fulda[i]ſchen
beſchaffen
iſt.
Inhalts der Fuldaiſchen ordnung vom jare
1719 verhaͤlt es ſich mit der gemeinſchaft der guͤ-
ter unter den eheleuten nach dem Fuldaiſchen ge-
brauche „hut bei ſchleier, und ſchleier bei hut„
folgender geſtalt: Wenn zwo ledige perſonen
one aufgerichtetes beſonderes ehegeding ſich ſchlech-
terdings heiraten, daß diſelbe in eine wahre ge-
meinſchaft der guͤter mit einander treten, ſowol
derer, welche ſie wirklich zuſammenbringen, als
auch was einem oder andern teile hiernaͤchſt durch
erbfall, ſchenkung, oder in andere wege zukommet,
benebſt allem demjenigen, was ſie in ſtehender ehe
erwerben, dergeſtalt, daß unangeſehen ein ehegatt
mehr oder weniger, als der andere, ja auch gar
nichtszubraͤchte, oder hiernachſt uͤberkaͤme, dennoch
zu den anderſeits vorhandenen, uͤberkommenen,
oder erworbenen one unterſchid mit gehoͤre; diſem-
nach erbet ein ehegatte, wofern aus ſolcher ehe
keine kinder erzogen wuͤrden, oder waͤrender ehe
die geborne geſtorben waͤren, den andern mit aus-
ſchluͤſſung aller dem verſtorbenen angehoͤrigen der-
geſtalt voͤllig, daß in des ſterbenden maͤchten nicht
ſtehet,
[309]gemeinſch. der guͤter unter den ehel.
ſtehet, durch einen lezten willen ſchenk- oder ſonſti-
ge verordnung diſe dem uͤberbleibenden gehoͤrige
erbſchaft zu ſchmaͤlern, iedoch werden geringe zu
ſelenheil gemachte verordnungen nicht ausgeſchloſ-
ſen, welche der uͤberlebende aus chriſtlicher libe zu
erſtatten ihm billigſt nicht entgegen ſeyn laſſen
muß. Wenn aber kinder bei abſterben eines ehe-
gattens vorhanden ſind, ſo eignet ſich der uͤber-
bleibende das ganze vermoͤgen zu, ſchaltet und
waltet damit, als dem ſeinigen, ſo lange er in
dem wittwen-ſtand verharret, iedoch darf er nicht
verſchwenderiſch damit umgehen. Will er zur
andern ehe ſchreiten, muß der voraus den kindern
erſter ehe beſorget werden und zwar nach dem ver-
moͤgen, auch der anzal der kinder, und deren al-
ter, ſihe des von Ludolphcollectionem quo-
rundam ſtatutorum prouincialium et vrbium
Germaniae ſ. 611 fgg. im IIIten teile der obſer-
vationum forenſium.
§ 731
Die gemeinſchaft der guͤter unter den eheleutenſelbige war
ehedem
durchgaͤn-
gig in
Teutſch-
land ge-
braͤuch. ich.
war ehedem durchgaͤngig in Teutſchland; allein
durch das Roͤmiſche recht iſt ſelbige entweder ein-
geſchraͤnket, oder gar unſchiklich nach dem titel
pro Socio eingerichtet, oder gar abgeſchaffet wor-
den, z. e. in den Kur-Braunſchweig-Luͤneburgi-
ſchen landen werden die eheleute nach dem Roͤmi-
ſchen rechte beurtheilet, ſihe die Kur-Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſche landes-geſaͤze, im IIten teile
ſ. 624.
§ 732
Beſagte gemeinſchaft iſt eine gerechtſame derwas ſelbige
iſt, und de-
ren einthei-
lung.
eheleute, vermoͤge deren einem ehegatten uͤber des
andern guͤter das miteigentum waͤrender ehe zuſte-
het. Sothane gemeinſchaft ruͤret entweder aus
einem gedinge, oder dem geſaͤze her, und erſtreket
U 3ſich
[310]CII haubtſt. von der
ſich teils auf alle guͤter, oder einen teil des vermoͤ-
gens oder nur auf dasjenige, was waͤrender ehe
erworben worden iſt (errungenſchaft). Jewei-
len bewirket diſe gemeinſchaft nur den nuͤsbrauch,
beſonders nach ableben des einen ehegattens.
Daher die unterſchidlichen einteilungen der bemel-
deten gemeinſchaft entſtehen.
§ 733
gemeine an-
noch uͤblich
iſt?
Die allgemeine gemeinſchaft der guͤter iſt noch
haubtſaͤchlich in Weſtphalen, zu Muͤhlhauſen,
Hamburg, Luͤbek, Minden, Hildesheim, Bre-
men, in verſchidenen Meklenburgiſchen, auch
Hollſteiniſchen ſtaͤdten z. e. zu Stettin, von Weſt-
phal am a. o. T. I ſ. 1639. T. IV ſ. 1722 ſ. 1881,
2033, 2094. Dreyer am a. o. ſ. 96 num. 12
gebraͤuchlich. Das Culmiſche recht b. IIII tit.
I fg. das Preuſiſche recht b. V tit. 12 art. 5 § 2.
die Zittauer, Danziger ꝛc. ſtatuten cap. 39 beſa-
gen ein gleiches. In Geldern, zu Baſel, Schaf-
hauſen, iſt die bemeldete gemeinſchaft der guͤter
ebenfalls hergebracht, ſihe des Chriſtian Gott-
frid Hofmannsdiſp. de communionis bono-
rum coniugalium natura atque principiis
ſ. 9 fgg. Inhalts des alten Caſſeliſchen ſtadt-
rechtes, vom jare 1300 erbet ein ehegatt den an-
dern in allen und ieglichen guͤtern, welche von
dem verſtorbenen hergekommen, oder erworben
worden ſind, Kuchenbekersanalecta Haſſiaca
coll, IIII ſ. 201. Juſt Henning Boͤhmerde
communione aeris alieni inter coniuges Ham-
burgenſes, in den exercitat. ad π. vol. IIII ſ.
592 fgg. und de diuerſo ſponſaliorum et ma-
trimonii lure, cap. 3 § 3[5] fgg. ſ. 572 fgg. Ge-
orge Ludewig Boͤhmerde iuribus et obliga-
tionibus coniugis ſuperſtitis ex communione
vniuerſali praeſertim iuxta ſtatuta Hildeſienſia,
Dreyer
[311]gemeinſch. der guͤter unter den ehel.
Dreyer am a. o. ſ. 96. Von diſer gemeinſchaft
der guͤter in den vereinigten Niederlanden handelt
Abraham von Weſelde connubiali bonorum
ſocietate, tract. I num. 6 fgg. Riccius im ſpi-
cilegio iuris Germanici ſ. 434 fgg. Engel-
brechtde mutuo coniugum concurſu ad ſol-
vendum aes alienum ab alterutro ante nuptias
conflatum,von Nettelbladtde portione con-
iugum ſtatutaria Lubecenſi, von Noͤrdlingen
ſihe die ſtatuten P. III tit. VII § 1, 2. und des
Johann Friderich Troͤltſch diſp. daruͤber
ſ. 26 fg.
§ 734
Die beſondere gemeinſchaft erſtreket ſich nurworin die
beſondere
gemein-
ſchaft beſte-
het?
auf einen teil des zuſammen gebrachten vermoͤ-
gens, z. e. vermoͤge der kaiſerlichen landgerichts-
ordnung in Franken im teile III tit. 88 § 11 und
13 erhaͤlt der uͤberbleibende ehegatte, wenn keine
kinder vorhanden ſind, den vierdten teil von den
zugebrachten und errungenen guͤtern. Wofern
aber 6 kinder da ſind, bekoͤmmt ſelbiger nur einen
kindesteil; hingegen wenn deren nur 5 ſind, be-
koͤmmt der uͤberlebende einen ſechsteil tit. 89 § 2, 3.
Inhalts der Nuͤrnbergiſchen reformation tit. XII
geſaͤz III bekoͤmmt der uͤberbleibende ehegenoſſe, in
ermangelung der kinder, ebenfalls den vierten teil
von des verſtorbenen verlaſſenſchaft; beſage der
Ulmiſchen ſtadtrechte im Iten teile tit. 2 erhaͤlt der
uͤberbleibende ehegatt des one kinder verſtorbenen
haab und gut, ligend oder farend, auſſer den le-
hen, fidecommiſſen ꝛc. Joh. Rudolph Engau
im progr. de bonorum inter coniuges Vlmen-
ſes communione, welches ſich bei des Melchior
Egenolphs von Saͤvler diſp. de bonorum in-
ter coniuges Sueuos ſpeciatim Memmingenſes
communione, Jena 1751 befindet, thue hinzu
U 4des
[312]CII haubtſt. von der
des Kurfuͤrſt Joachims des Iten von Branden-
burg tit. VI Sect. III § 3 beim Mylius am a. o.
im IIten teile ſ. 19 fgg. welche Hofmann erlaͤu-
tert hat; der kaiſerlichen freien reichsſtadt Dort-
mund raths-gerichts- und ſportel-ordnung 1751, 4
§ 62 ſ. 33. Dieterich Hermann Kemmerich
diſp. de ſocietate bonorum connubiali etc.
Jena 1739. des Fr. Wilh. Peſtels diſp. de ſuc-
ceſſione inter coniuges ab inteſtato,von
Weſtphal am a. o. T. IV ſ. 2094. Hohenloi-
ſches landrecht P. V tit. II.
§ 735
rungen-
ſchaft unter
ſich begrei-
fet?
Die errungenſchaft begreifet alles dasjenige
unter ſich, was waͤrender ehe erworben, oder er-
kobert worden iſt, Pfaͤlziſches landrecht IIII teil,
XI tit. Baieriſches landrecht tit. I art. I. Naſ-
ſauiſche landesordnung IIIIter teil cap. 9.
Schweinfurtiſche ſtadtrechte, tit. LXI § 4.
Frankfurtiſche reformation P. V tit. 5. Muͤhl-
haͤuſiſche ſtatuten, b. IIII art. 21 § 2. Wirten-
bergiſches landrecht P. IIII tit. 4 und 5. Badni-
ſches landrecht P. VI tit. 5. Kur-Coͤllniſche rechts-
ordnung tit. VIII § 4. Oſtfriſiſches landrecht
b. II cap. 165, 168-170, 177. von Meklenburg
ſihe den von Weſtphal am a. o. T. I ſ. 2055,
2059, 2062, 74, 82, 83, 91, 2095. des Man-
zelsius Mecklenburgicum illuſtratum, den
von Lynkerde acquaeſtu coniugali.
§ 736
mit in Heſ-
ſen gehalten
wird?
In den Heßiſchen landen gehet die gemeinſchaft
der guͤter nur auf das errungene, und in gewiſſen
faͤllen auf die bezalung der ſchulden, welche ſotane
gemeinſchaft mit ſich auf den ruͤken traͤget, reichs-
freiherr von Senkenberg in ſelect. iur. et hiſt.
ſ. 275 im IIIten bande. Die Heßiſche gerichts-
ordnung vom jare 1497 cap. 27 befaget hiervon
folgen-
[313]gemeinſch. der guͤter unter den ehel.
folgendes: „wann mann und frawe leib und gut
„ohne alle geding zuſammen bringen, ſo ſoll es mit
„ihrem gut, ſo ſie zuſammen bringen, oder mit
„einander in ſtehender ehe gewinnen, alſo gehal-
„ten werden, daß ſie des ir lebenlang mit einan-
„der gebrauchen vnd genuͤſſen, vnd ſodann eins
„vnder inen von tode ohn leibs-erben abgehet, ſol
„das ander bei allen ſolchen guͤtern ſein lebenlang
„ſizen bleiben vnd ſo daſſelb auch darnach abge-
„hen wird, ſollen die guͤter gleich geteilet, jedwe-
„der ſeits freunden und erben halb und halb wer-
„den.„ Allein in der F. H. Caſſeliſchen proces-
ordnung vom jare 1745 § 38-40 iſt die errungen-
ſchaft zur helfte auf diejenige eheleute beſchraͤnket
worden, welche gleiche handtirung treiben. Die
uͤbrigen, welche dergleichen gewerbe nicht haben,
muͤſſen ſich ſolchen gewinnſt vorher mit einander
bedingen, darnebſt aber auch gleichen anteil an
den in der ehe gemachten ſchulden nemen, ſihe des
Eſtors diſp. de iuribus viduarum equeſtr.
obſ. VIII. des Joh. Jacob Franks diſp. de
dimidia adquaeſtus vxoris Haſſiacae, des Sal.
Tob. Merkels diſp. de dimidio adquaeſtus
coniugalis vxoribus Smalkaldenſibus com-
petente.
§ 737
Nach masgebung der Teutſchen rechte hat dieEs iſt die
vermutung
der Teut-
ſchen rechte
fuͤr die ge-
meinſchaft.
vermutung mehr fuͤr die gemeinſchaft der guͤter
unter den eheleuten, als wider ſelbige ſtatt, van
Weſel am a. o. tr. II cap. II num. 223 ſ. 153 an-
erwogen ſelbige auf die eintracht der eheleute, die
erhaltung des haushaltes und oͤffentlichen glau-
bens abzweket, Johann Moriz Weyerde com-
munione bonorum praecipue in dynaſtia
Gymbornenſi exiſtente ſ. 11. Sie hat nicht
U 5minder
[314]CII haubtſt. von der
minder nach der abſicht der alten Teutſchen ver-
faſſung die billigkeit zum grunde.
§ 738
guͤter ſich
ſelbige er-
ſtreket?
Die geſaͤzliche erſtreket ſich nur auf diejenige
guͤter, welche in dem lande ſich befinden, wo die
geſaͤze gegeben worden ſind; dahingegen die durch
ein geding errichtete gemeinſchaft ihre wirkung
auch auſſer dem lande erſtreken kan, George
Ludewig Boͤhmer in der angezogenen diſp. und
Schelede portione ſtatutaria Hamburg. Sect.
II § 4. Immittelſt gehoͤren darunter die lehnguͤ-
ter, ſtamm- und erb-guͤter nicht, Joh. Moriz
Weyer am a. o. P. I th. 15 ſ. 118 fgg.
§ 739
muͤſſen die
beſchwerden
und ſchul-
den derſel-
ben uͤberne-
men.
Derjenige, welcher in einer geſellſchaft nuzen
und vorteile haben will, muß auch die ſchaͤden
und beſchwerden derſelben uͤbernemen. Diſem-
nach die eheleute die ſchulden ſamt andern beſchwe-
rungen nach fuͤrſchrift der geſaͤze und gewonhei-
ten, auch inhalts des gedinges uͤber ſich zu nemen
gehalten ſind, iedoch iſt ein ehegatte denjenigen
ſchaden, benebſt den ſchulden, welche der andre
durch ein verbrechen verurſachet hat, zu tragen
nicht ſchuldig, Rodenburgde iure coniug.
tit. II P. II num. 3. Juſt Henning Boͤhmerde
communione aeris alieni. Die ſchulden, wel-
che waͤrender ehe gemacht werden, muͤſſen gemein-
ſchaftlich bezalet werden, iedoch findet das bene-
ficium ceßionis bonorum dißfalls ſtatt.
§ 740
lebende ehe-
gatte zur
teilung ge-
zwungen
werden
kan?
Wenn ein ehegatte verſtirbet, iedoch kinder
hinterlaͤſſet, koͤnnen diſe den uͤberblibenen ehege-
noſſen ordentlicher weiſe zur teilung der guͤter wi-
[d]er ſeinen willen nicht zwingen, es waͤre denn,
daß er zur andern ehe ſchritte, oder andre erheb-
liche
[315]gemeinſch. der guͤter unter den ehel.
liche urſachen vorhanden waͤren, in welchem falle
die abfindung, oder die teilung erfolgen muß, wi-
drigenfalls wird ſotane gemeinſchaft zur gunſt der
kinder erſter ehe auf die andre ehe erſtreket,
Weyer am a. o. P. II th. 18 ſ. 357-360. Weſel
am a. o. tr. II cap. 4 num. 73 fgg. ſ. 227. Sind
aber keine kinder vorhanden, ſo behaͤlt entweder
der uͤberlebende ehegenoß das ſaͤmtliche vermoͤgen
beiſammen, oder er muß ſich mit andern, inhalts
der rechte, gedinge, und willens meinung des ver-
ſtorbenen abfinden und abteilen.
§ 741
Ungeachtet die gemeinſchaft der guͤter unterdie teilne-
mung der
errungen-
ſchaft iſt
aus der ge-
meinſchaft
der guͤter
abzuleiten.
den eheleuten mit der zeit nach einfuͤrung des Roͤ-
miſchen rechtes einer nicht geringen veraͤnderung
unterworfen geweſen iſt; ſo hat man dennoch die
gemeinſchaft der errungenſchaft, in den hiſigen ge-
genden und anderwerts aufrecht erhalten. Da-
her was waͤrender ehe erkaufet, erbauet oder er-
worben wird, beiden ehegatten dergeſtalt gemein
wird, daß ſolche nach ableiben des einen, dem
uͤberblibenen entweder ganz, oder zu einem gewiſ-
ſen anteile verbleibet, bevorab wenn keine kinder
vorhanden ſind. Sihe die Wormſiſche reforma-
tion vom jare 1561 im Vten teile des fuͤnften bu-
ches Iten titel. Sind kinder am leben, ſo bekom-
men diſe einen anteil an der errungenſchaft, nach
fuͤrſchrift der beſondern land- und ſtadt-geſaͤze,
welcher der verſchidenheit halber auf eine allge-
meine regel nicht geſezet werden kan. Sihe die
erneuerte reformation der ſtadt Wezlar tit. III
und IIII beim Ludolph im obſeruationum fo-
renſium vol. II obſ. 119 ſ. 41 fgg. den ſtadt- und
land-brauch des oberfuͤrſtentums Marburg, in
den Marburgiſchen beitraͤgen im Iten bande IIIten
ſtuͤke ſ. 11, 99. die Senkenbergiſcheſelecta iuris
et
[316]CIII haubtſt. von der
et hiſtoriarum im IIIten bande ſ. 272 fgg. von
Gieſen findet man den ſtadtbrauch in den Sen-
kenbergiſchen ſemeſtribus num. I im anhange
ſ. 4 und ſ. 35. In hiſigen gegenden wird die er-
rungenſchaft heut zu tage zur helfte gemein, thue
hinzu des Peter Stokmannsdeciſiones curiae
Brabant. deciſ. 49 num. I ſ. 131 fgg. die ange-
zogenen Wertheimiſchen ſtatuten § 66 beſagen
ein gleiches. Die errungenſchaft kan von einem
ehegatten dem andern nicht entzogen werden, ie-
doch koͤnnen wol redliche urſachen vorkommen, da
ſotaner ehegewinſt dem ehegenoſſen entzohen wer-
den kan; z. e. wegen boͤslicher weglaufung und
verlaſſung, eheſcheidung, ehebruch ꝛc. wird der
ſchuldige ehegatte des bemeldeten nuzens verluſtig,
Dr. Orth im IIIten teile ſ. 579 fgg. wofern ſich
der unſchuldige mit dem ſchuldigen nicht wieder
verſoͤnet, ſ. 586, 587.
Hundert und drittes haubiſtuͤck
von der leibzucht oder erftocht, dem
beiſize und niesbrauche der aͤltern an ihrer
kinder, oder des verſtorbenen ehegattens
guͤtern.
§ 742
ſiz erlanget
wird?
Ein ausflus von der gemeinſchaft der guͤter iſt
die leibzucht, der beiſiz, und niesbrauch, wel-
chen der uͤberbliebene ehegatt an des verſtorbenen
guͤtern, nach masgebung der beſondern Teutſchen
land- und ſtadt-geſaͤze, hat, wiewohl ſelbiger auch
durch gedinge und vermaͤchtniſſe erlanget werden
kann, Dr. Orth am a. o. im IIten teile ſ. 533
ſ. 536,
[317]leibzucht oder erftocht, ꝛc.
ſ. 536, ſ. 551 fgg., Schilter in der exercit. 41
§ 75, 76.
§ 743
Es beſtehet aber ſotaner beiſiz, oder die leib-worin ſol-
cher beſte-
het?
zucht, in der verwaltung und dem niesbrauche
der unverſchaften und freien guͤter. Diſe guͤter
ſollen nach beendigung des beiſizes benebſt dem
niesbrauche entweder den mit dem verſtorbenen
ehegenoſſen erzilten kindern, oder deſſen blutsver-
wandten eigentuͤmlich wieder zufallen. Wenn
kinder vorhanden ſind, muͤſſen ſie vom leibzuͤchter
ernaͤret und ausgeſtattet werden, darnebſt iſt der-
ſelbe von den bemeldten guͤtern, etwas zu veraͤuſ-
ſern, zu verpfaͤnden, oder ſelbige zu verſchlim-
mern nicht befugt, vielmehr hat er die ſachen in
gutem bau und beſſerung zu erhalten, die beſchwer-
den zu tragen ꝛc. Orth am a. o. ſ. 543, 573 fgg.
und im IIIten teile ſ. 365 fgg. ſ. 605 fgg. Eſtor
de iure deuolutionis ſ. 43 fgg. Naſſau-Cazen-
ellenbogiſche gerichts- und land-ordnung IIIIter
teil cap. 7 ſ. 139 § 1 und cap. 11.
§ 744
Der beiſiz oder niesbrauch, welcher dem uͤber-der beiſiz iſt
vom nies-
brauche der
aͤltern uͤber
ihrer kinder
guͤter unter-
ſchiden.
bleibenden ehegatten, als ehegenoſſen, zuſtehet, iſt
von demjenigen, welcher ſelbigem als leiblichen
vater, oder mutter, vermoͤge der aͤlterlichen ge-
walt beigeleget wird, unterſchiden. Sihe des
Wilhelm Kloz diſp. de vſufructu coniugum
Statut. § 32, den Dr. Orth am a. o. im andern
teile ſ. 541, 542, ſ. 560 fgg. in betracht diſer nach
beendigung der vaͤterlichen gewalt erloͤſchet, wel-
ches von jenem ordentlicher weiſe nicht geſaget
werden kann, immaſen ſelbiger meiſtens auf le-
benslang, oder ſo lange der uͤberlebende ehegatte
den witbenſtul nicht verruͤket, dauret, auch viel-
faͤltig als ein ſtuͤk des nuzbarlichen eigentumes
anzu-
[318]CIII haubtſt. von der
anzuſehen iſt, folglich von der Roͤmiſchen nuznie-
ſung unterſchiden werden muß, Eſtorde iure
deuolutionis ſ. 43 fgg. Dr. Orth am a. o. im
IIIten teile ſ. 605 fgg. Peter Stokmannsdeci-
ſio curiae Brabantinae VIII, num. 4, ſ. 22.
Naſſau-Cazenellenbogiſche gerichts-ordnung im
IIIIten teile cap. XI § 2 ſ. 144.
§ 745
nach den
Kur-Pfaͤlzi-
ſchen,
Die verfaſſer der Kur-Pfaͤlziſchen und Solm-
ſiſchen landes-ordnungen, als treue uͤberſezer der
Roͤmiſchen geſaͤze, haben doch diß uͤberbleibſel des
Teutſchen rechtes mit fuͤßen zu treten verſchonet.
Daher heiſſet es im IIIIten teile der Kur-Pfaͤlzi-
ſchen landrechte, tit. XV ſ. 13. „vom beiſiz oder
„uſufructu des leztlebenden ehegemaͤchts und der
„caution, ſo man ſonſt deswegen zu leiſten ſchuldig.
Hier wird dem Teutſchen rechte die caution als
ein Roͤmiſcher brillant auf den kopf geſezet, Dr.
Orth am. a. o. im IIten teile ſ. 567, 571 fgg. im
IIIten teile ſ. 605 fgg.
§ 746
ſchen,
In der gedachten der grafſchaft Solms gericht-
und land-ordnung im IIten teile XXVIIIten titel
§ 6 ſ. 129 b iſt der beiſiz in den Roͤmiſchen nies-
brauch gar zierlich eingekleidet, da doch Peter
Stokmanns am a. o. und Karl von Meanad
ius ciuile Leodienſium obſ. 616 § 23 ſ. 193 des
Vten teiles ein anderes gezeiget haben, in betracht
ſolcher aus dem rechte der manus plicataͤ fluͤſſet
(droit de main plevie) obſ. 356 num. 6 ſ. 245
des IIIten teiles, ſintemal diß recht dem eheman-
ne die unbewegliche habſeligkeit ſeiner ehefrau gi-
bet, anerwogen die Luͤtticher eine zwifache erb-
ſchaft, naͤmlich des farniſſes und der grundſtuͤke
haben.
§ 747
[319]leibzucht oder erftocht, ꝛc.
§ 747
Der IIIIte teil Naſſau-CazenellenbogiſcherNaſſau-Ca-
zenellenbo-
giſchen,
landordnung 1616 meldet ſ. 142 cap. XI und XII
„wie und wasmaſen die aͤltern die leibzucht an ih-
„rer kinder guͤter haben ſollen„ und § 2 cap. XI
daß der vater, oder die mutter, wer den andern
ehegatten von ihnen uͤberlebet, er mag wieder hei-
raten, oder nicht, ſoll zeitlebens die leibzucht an
der kinder vermoͤgen haben. Heiratet ein kind,
ſo muß ihm die haͤlfte des ſeinigen werden.
§ 748
Das landrecht der markgrafſchaft Baden undBadeni-
ſchen,
Hochberg im VIten teile, VIIten titel ſ. 275 fg.
laͤſſet der mutter den beiſiz oder genuß, den vor-
munden die verwaltung, und wenn ſie vormuͤn-
derin wird, eben diſe. Verruͤket ſie den witben-
ſtul ſo hat die nieſung an ihrer kinder guͤtern ein
ende.
§ 749
Inhalts der Lindauiſchen vogtei- und vormund-Lindaui-
ſchen,
ſchafts-ordnung tit. VII § 1 ſ. 126 verbleibet den
altern, ſie bleiben im witbenſtande, oder nicht,
die nuznieſung an dem vaͤterlichen, altmuͤtterlichen
erbgute auf lebenslang.
§ 750
Vermoͤge des Luͤbeckiſchen ſtadtrechtes im IItenLuͤbecki-
ſchen,
buche tit. II § 8 ſ. 46 bleibet die frau nach des
mannes ableben, wenn kinder vorhanden ſind,
und ſie nicht wieder heiratet, in allen guͤtern
beſizen.
§ 751
Im oberfuͤrſtentume Heſſen iſt ſelbiger gleich-im oberfuͤr-
ſtentume
Heſſen.
falls bekannt, und iſt nachdem kinder vorhanden
ſind, oder nicht, unterſchiden, geſtalt im leztern
falle auſſer der erbfolge in den zugebrachten guͤ-
tern zu Marburg und Homberg an der Ohm,
Als-
[320]CIII haubtſt. von der
Alsfeld, Frankenberg, Kuͤrttorf, Kirchhain,
Nidda, ꝛc. das leztlebende an den alten hinterfaͤl-
ligen guͤtern, im Huͤttenberge an den vogtguͤtern
die leibzucht und den beiſiz hat. Im amte Epp-
ſtein, Ulrichſtein, zu Gießen, Roſenthal, im
amte Sturmfels, zu Staufenberg, Allendorf an
der Lomm, Battenberg, Homberg vor der Hoͤhe,
Schotten, Frankenau, im amte Koͤnigsberg,
Blankenſtein, Blankenau, gemeinen lande zu
Heuchelheim, Nidda, ꝛc. hat der uͤberlebende
ehegatte auf den zugebrachten ligenden guͤtern
ebenfalls die leibzucht. Im amte Sturmfels
wird der vater, wenn kinder vorhanden ſind, bei
dem genuſſe aller verlaſſenſchaft ſein lebenlang, er
verruke ſeinen witbenſtul, oder nicht, belaſſen,
doch daß der muͤtterlichen guͤter eigentum unver-
zuckt, auch die guͤter in bau und beſſerung gehal-
ten werden, welches mit der Fuͤrſtl. Heßiſchen
gerichtsordnung vom jare 1497 cap. 31 uͤberein-
kommet. Hingegen wenn die mutter nach des
vaters ableben ihren witbenſtul verruͤken will, muß
ſie den kindern ihre vaͤterlichen guͤter folgen laſſen.
Zu Marburg, Alsfeld, Kirchhain, Frankenberg,
Bidenkap, Schotten, im amte Ulrichſtein, Epp-
ſtein und Huttenberg, zu Gießen, Staufenberg,
Kurttorf, Homberg an der Ohm, und vor der
Hoͤhe, Allendorf an der Lomm, Battenberg, und
Nidda, hat der leztlebende ehegenos, wenn kin-
der vorhanden ſind, ebensfalls die leibzucht, ſihe
die Senkenbergiſcheſelecta iuris et hiſtoria-
rum im IIIten bande ſ. 272 fgg., die Marburgi-
ſche beitraͤge im Iten bande, das IIIte ſtuͤk, cap. I.
§ 752
land- und
ſtadtrechten
hergebracht.
Diſer beiſiz oder die leibzucht iſt naͤchſt den be-
nimten landen und orten, in der Wetterau, den
Rheiniſchen, Fuldaiſchen, Ober- und Nieder-
ſaͤchſiſchen,
[321]leibzucht oder erftocht, ꝛc.
ſaͤchſiſchen, Weſtphaͤliſchen, Oſtfriſiſchen, Fraͤn-
kiſchen, Schwaͤbiſchen landen hin und wieder be-
kannt, auch an den meiſten orten Teutſchlandes,
z. e. zu Hamburg, Bremen, Muͤhlhauſen, Nuͤrn-
berg, Frankfurt am Maine, Coͤlln, Minden,
Hildesheim, Soͤſt, Luͤneburg, Braunſchweig,
Augsburg, Ulm, Gieſen, Wezlar, Eiſenach,
Goslar, Gotha, Weimar, Arnſtadt, Cahla,
Sangerhauſen, ꝛc. gebraͤuchlich, wie ſolches aus
deren ſtadtrechten ſich erbricht. Sihe hiervon
mit mehrem des Saylers von Pfersheim un-
term vorſize des verſtorbenen hofrat Engau zu
Jena 1751 gehaltene und bereits angezogene diſpu-
tation § 23 fgg., ſ. 15 fgg., den Georgen Lu-
dewig Boͤhmer am a. o. § 19, den Peſtel am
a. o. cap. I § 7 und 26, den Pufendorf in den
obſeruationibus iuris vniuerſi, vol. I obſ. 68,
§ 8, den Kreßde aequitate ſucceſſionis con-
iug., den Heinecciusde vſufructu materno iu-
ris Germanici, den Riccius am a. o. ſ. 556,
557, den Juſt Henning Boͤhmer im conſultat.
T. III P. II deciſ. 174, den Weyer am a. o.
P. I th. 29 P. II th. 1, 2, des Kleiberts diſp. de
primariis communionis bonorum coniug. ef-
fectibus, Gieſen 1723, 4, welche auf Schwein-
furt gehet, Zerrande communione coniugum
ſecundum ius Lubecenſe conſiderata, Gieſen
1731, 4, Balekede communione bonorum a
coniuge ſuperſtite cum liberis continuata, 4,
den Ferdinand Chriſtoph Harpprechtde vſu-
fructu ſtatutario materno, qua conſtituendo
§ 7 num. 65 fgg. ſ. 1525 vol. 2 diſſertationum
academicarum, ſodann ſ. 1549 fgg. de impedi-
mentis vſusfructus ſtatutarii moderni, modis-
que eum ſoluendi, weiter 1582 fgg. de vſusfru-
ctus ſtatutarii materni, eidemque combinatae
Xadmi-
[322]CIV haubtſt. von dem
adminiſtrationis effectibus lucroſis. Thue hin-
zu den Johann Voet in comment. ad π. lib.
XXIIII § 30 fgg. und vom rechte der maſſari § 36.
§ 753
beendiget
wird?
Der beiſiz oder die leibzucht wird auf verſchi-
dene weiſe beendiget, z. e. durch den todt des leib-
zuͤchters, verzicht, verſchlimmerung, mißbrauch,
verkauf an den eigentuͤmer, die ceßion, veraͤuſſe-
rung, Dr. Orth am a. o. im IIten teile ſ. 588
fgg. III ſ. 619 fgg., von Senkenberg am a. o.
ſ. 273 und gehet auf die ſtiefaͤltern nicht uͤber,
Dr. Orth am a. o. ſ. 549, Naſſau-Cazenellen-
bogiſche gerichts- und land-ordnung im IIIIten
teile cap. XIII § 1 ſ. 147, cap. XIIII ſ. 149.
§ 754
auch ſterbe-
fall iſt da-
von unter-
ſchiden?
Von diſer leibzucht iſt die erbfolge zu unter-
ſcheiden, vermoͤge deren der uͤberlebende ehegenos
die guͤter des verſtorbenen erhaͤlt. Solche erſtre-
ket ſich entweder auf alle, oder einen teil deſſelben,
auch wol nur auf die errungenſchaft, davon un-
ten mit merern zu handeln ſeyn wird. Nicht
minder iſt davon der ſterbefall ausgenommen, wel-
cher durch den ehelich, oder die eheberedung beſtim-
met worden iſt, davon im haubtſtuͤcke von den
ehelichen einiges vorkommen wird.
Hundert und viertes haubtſtuͤck
von dem inſize, und dem auszuge, dem
uͤbergeben und anſchlage der grundſtuͤke.
§ 755
beiſize iſt
der inſiz
und auszug
Von dem beiſize iſt der bei gemeinen leuten ge-
woͤnliche inſiz und auszug unterſchiden, und
mit der gemeinſchaft der guͤter nicht zu vermengen,
auch
[323]inſize, und auszuge, ꝛc.
auch kein ausfluß davon. Jedoch da diſe haͤndelunterſchi-
den.
in den ehelichen meiſtens verabredet werden, ſo
gehoͤren ſelbige hieher.
§ 756
Der auszug iſt ein geding (pactum), vermoͤ-der auszug
wird be-
ſchriben.
ge deſſen die zu hohen jaren gekommene aͤltern ih-
ren kindern das ihrige uͤbergeben, und dargegen
ſich etwas entweder an aͤckern und wiſen, oder
etliche ſtuͤke vihe zu fuͤttern, ein fettes ſchwein, oder
den freien tiſch, holz ꝛc. ausbehalten, Oſtfriſiſches
landrecht im Iten buche cap. 129. Weshalber
auf den doͤrfern die bauern in nachbaren und aus-
zuͤger eingeteilet zu werden pflegen, ſintemal diſe
von allen baͤuerlichen laſten, auch herrſchaftlichen
abgaben und fronen frei ſind, Luͤder Menken im
ſyſtem. iur. ciuil. ſ. 923 § 7. Immittels, woder eidam
hat an di-
ſem gute
kein eigen-
tum.
einem eidame und deſſen eheweibe das gut zugleich
angeſchlagen worden iſt, erlanget jener nichts
daran, iſt auch nicht berechtiget, ſolches nach ſei-
nes eheweibes abſterben zu veraͤuſſern, wofern
keine dringende not vorhanden iſt; ſondern es hat
die tochter das eigentum daran, arg. des Kur-
Pfaͤlziſchen landrechtes im IIIten teile des XIIten
tit. § 2 ſ. 487, Dr. Orth am a. o. im Iten ban-
de, IIten teile, tit. 6 § 2 ſ. 543, wenn gleich der
eidam zur befridigung ſeines eheweibes-geſchwi-
ſter gelt hergeſchoſſen haͤtte, welches als ein anlehn
anzuſehen iſt, und wenn er auch an dem auszuge
ſeiner ſchwiger-aͤltern mit haͤtte tragen helfen; ſo
hat er nur den niesbrauch bis zur verheiratung
ſeiner kinder diſer ehe zu zihen, Orth am a. o.
ſ. 543. Darneben faͤllet das gut, wenn das ehe-
weib mit verlaſſung leibes-erben das zeitliche ge-
ſegnet, an diſe und nicht an ihren vater; es ver-
ſtuͤrben dann die kinder, und der vater erbete di-
ſelben. Der anſchlag iſt daher als ein Teutſches
X 2geſchaͤft
[324]CIV haubtſt. von den
geſchaͤft anzuſehen, und weder fuͤr einen kauf, noch
eine ſchenkung, vielweniger fuͤr einen leibrenten-
contract zu halten. Deswegen es in den Roͤmi-
ſchen rechten unerfindlich iſt.
§ 757
gut ange-
ſchlagen
wird?
Das gut wird bei heiraten entweder im eheli-
che angeſchlagen, oder hernach, in beiden faͤllen
bedingen ſich die aͤltern einen auszug.
§ 758
ſchlag iſt?
Der anſchlag iſt ein geding zwiſchen den aͤltern,
und einem ihrer kinder, vermoͤge deſſen ihm die
grundſtuͤke gegen eine gewiſſe ſumme abgetreten
werden, mit dem anhange, einem jeden geſchwi-
ſter ſo und ſo viel herauszuzalen. Unterweilen
kommen auch ſchif und geſchirr mit zum anſchlage.
§ 759.
nen leuten
werden ie-
weilen die
jungen ehe-
leute an den
tiſch ge-
nommen.
Jeweilen behalten ſich die alten bei gemeinen
leuten auch wohl, wenn die brautleute noch jung
ſind, die herrſchaft vor, und nemen die jungen
leute an den tiſch, daß ſie eines knechtes und ei-
ner magd dinſte tun. Iſt ihnen nun das gut an-
geſchlagen; ſo faͤllet ſelbigen das gut zu, wenn
ſchon das kind, dem es angeſchlagen war, vor
der aͤltern tode verſtorben, iedoch kinder verlaſſen
hat, herr H. G. R. Hombergk zu Vachde
pacto reali.
§ 760
inſiz beſte-
het?
Der inſiz beſtehet in der freien Wonung, einer
ſtube oder kammer, und iſt nicht allein unter aͤl-
tern, ſondern auch andern perſonen gebraͤuchlich.
Bei den bauerleuten beſtehet er in einer kammer,
und daß die inſizer in der gemeinen wonſtube ſich
des tages aufhalten. Der von Berger in der
oeconomia iuris ſ. 338 vermeinet, daß die zwote
ehe den inſiz nicht breche. Allein inhalts der Teut-
ſchen rechte gehet er wegen haſſes wider die zwote
ehe
[325]eheverloͤbniſſen u. eheſtiftungen, ꝛc.
ehe allerdings verloren. Der inſiz iſt demnach
weniger als der gebrauch eines hauſes. In
Sachſen nennet man ihn die herberge, oder die
notwendige wonung, Luͤder Menken im ſyſte-
mate iur. ciuil. lib. VII tit. 8 § 1 ſ. 159.
Hundert und fuͤnftes haubtſtuͤck
von den eheverloͤbniſſen und eheſtif-
tungen, oder ehelichen.
§ 761
Bevor die Teutſchen hochzeit, oder wie hier zu
lande die bauern ſagen: huſſig oder hoch-
zich, macheten, und die braut nach hauſe fuͤreten,
muſte zufoͤrderſt die belobung berichtiget werden.
§ 762
Das eheverloͤbnis iſt eine verbindung einer zumwas ein ehe-
verloͤbnis
iſt?
eheſtande tuͤchtigen manns- und weibes-perſon,
unter einwilligung derer, welche nach fuͤrſchrift
der rechte dazu erfordert werden.
§ 763
Bei den eheverſprechungen erfodern die Teut-was darzu
erfodert
wird?
ſchen ſitten, die einwilligung der beiderſeitigen aͤl-
tern, und in deren mangel der grosaͤltern beiderlei
geſchlechtes. Daher das ſpruͤchwort heiſſet: wer
die jungfer tochter will hon, muß die frau mutter
drum fron. Frot (fraget) er die mutter nit,
uͤberkommet er die tochter nit, Piſtorius am a. o.
cent. 6, par. 53. Sind diſe nicht vorhanden, iſt
der vormunden einwilligung, und dererjenigen,
welche der aͤltern ſtelle vertreten, noͤtig; Kur-
Braunſchweigiſche landes-geſaͤze Iſter teil ſ. 280.
Herr H. R. Jenichende neceſſario curatorum
in contrahendis ſponſalibus conſenſu. In-
X 3halts
[326]CV haubtſt. von den
halts der kaiſerlichen, und des Reiches burg Frid-
berg policei-ordnung tit. VIII § 2 muͤſſen der
graͤfe und der pfarrer bei dem eheverſpruche gegen-
waͤrtig ſeyn, und jener hat die ehepacten aufzu-
richten.
§ 764
mit in des
H. R. R.
burg Frid-
berg gehal-
ten wird?
Nur bemeldte policei-ordnung gebeut am a.
o. § 4 daß kein gerichts-untertan one vorwiſſen
und verguͤnſtigung der burg auſſer ihrem gebiete
ſich ehelich beſtatten laſſe, dafern er beſondere an-
gehoͤrige und nachfolgende herrſchaften hat.
§ 765
ehe-verloͤb-
niſſe unguͤl-
tig ſind?
Werden die eheverloͤbniſſe one der aͤltern be-
willigung, oder derer, welche ſonſt die Teutſche
geſaͤze und gewonheiten darzu erfodern, eingegan-
gen, ſind ſie fuͤr unguͤltig zu achten. Es duͤrfen
daher ſolche leute an vielen orten von den predi-
gern nicht aufgerufen werden, bevor ſie den ge-
ſaͤzen eine genuͤge geleiſtet haben, F. H. Caſſeli-
ſche kirchen-ordnung cap. 12 § 1, und reforma-
tions-ordnung im 10ten ſtuͤke ſ. 404, 405, ver-
ordnung vom 12ten Auguſt 1749, F. H. Hanaui-
ſche hof- und ehegerichts-ordnung tit. XI art. 37
§ 209 ſ. 141 fg., H. Darmſtaͤdtiſche kirchenord-
nung, tit. von heimlichen verloͤbniſſen, Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſche landes-geſaͤze im
Iten teile cap. I ſ. 280 fgg. ſ. 807 ſ. 926 corpus
conſtitutionum March. im Iten teile ſ. 327, und
im IIten teile ſ. 117 ſ. 217 nach der ausgabe des
Mylius, Kur-Saͤchſiſche eheordnung, S. Go-
thaiſche und Altenburgiſche landesordnungen P. I
C. 8 tit. I § 9, S. Weimariſche ehe-ordnung,
H. Rudolph Auguſts verordnung vom jare 1685
von verbotener heimlicher verlobung; F. Zwei-
bruͤckiſche ehe-ordnung tit. 6 tit. 7, Mecklenbur-
giſche policei-ordnung vom jare 1572, tit. von
heim-
[327]eheverloͤbniſſen u. eheſtiftungen, ꝛc.
heimlichen verloͤbniſſen § 1, Naſſau-Cazenellen-
bogiſche gerichts- und landesordnung im IIten
teile, cap. II § 2 § 13, von Ludewigde con-
ſenſu connubiali extra parentes, diſſ. III,
Boͤhmerde neceſſario parentum conſenſu in
nupt. liberorum,Joh. Eberh. Sieglersdiſp.
de aequitate iuris ſtatutarii. Francofurtenſis
circa validitatem matrimonii ſine conſenſu
parentum etc. contracti, 1749, Ulmiſche ord-
nung von ſtrafe offenbarer laſter, tit. 12.
§ 766
An einigen orten, als zu Melbach in der Wet-der pfarrer
darf an ver-
ſchidenen
orten one
trauſchein
die leute
nicht trau-
en.
terau, darf der pfarrer keine trauung verrichten,
es haben dann die verlobten erſt einen trau-
ſchein vom gerichtsherrn ihm vorgeleget. Dieſer
iſt eine verguͤnſtigung, daß die verlobeten priſter-
lich getrauet werden koͤnnen. Die trauſcheine
ſind weltliche oder geiſtliche. Iſt die oberkeit des
ortes einerlei religion mit der gemeine daſelbſt,
alsdenn ertheilet ſelbigen jene. Iſt aber die ober-
keit Roͤmiſch-katholiſch; ſo werden ſolche bei der
evangeliſchen gemeinde von den kirchenaͤlteſten er-
hoben, dafern die Roͤmiſch-katholiſche oberkeit
one urſache ſelbige verwegert, ſihe des herrn hof-
rates Preuſchens fortſezung der gruͤnde, warum
ein Roͤmiſch-katholiſcher landesherr in ehe- und
andern kirchenſachen ſeiner evangeliſchen unterta-
nen zu erkennen nicht befuget ſey, ſ. 11-23. In
dem herzogtume Wolfenbuͤttel muͤſſen, beſonders
auf dem lande, die pfarrer zu den verloͤbniſſen
erbeten und genommen werden. One trauſchein
ſollen die bauern und maier in den Kurbraun-
ſchweig-Luͤneburgiſchen landen nicht getrauet wer-
den, Kurbraunſchweig-Luͤneburgiſcher landesge-
ſaͤze Iter teil ſ. 809 ſ. 941.
X 4§ 767
[328]CV haubtſt. von den
§ 767
laubnis zu
heiraten
muß oͤfters
etwas geza-
let werden.
Fuͤr die erlaubnis zu heiraten muß an vielen
orten etwas der oberkeit, oder dem leibherrn erle-
get werden. Sihe des Karl Gottlib Knor-
rens rechtliche Anmerkungen ſ. 250 fg., Potgieſ-
ſer am a. o. lib. II cap. II § 28 fgg., Grupen
in der vxore Theodiſca § 15, Caſp. Achat.
Beckde iure principis circa connubia mini-
ſtrorum et vaſallorum. Jeweilen nennet man
diſes geld den klauer-taler, z. e. in Meklenburg.
Klauer bedeutet einen brumm-ochſen, oder braut-
lauf, z. e. um Ulm, zu Geislingen ꝛc. Anderer ſehr
lebhafter benennungen diſes geltes voritzt nicht zu
erwaͤnen. Daher ruͤret es, daß der haubtmann
bei der vereheligung des ſoldaten etwas bekommet.
Zu Apolda, im fuͤrſtentume S. Weimar, muß ein
buͤrger, welcher ſeine tochter auf das land verhei-
ratet, einen ſtul und kuͤſſen, 1 goldguͤlden werth,
aufs ſchlos lifern. Eben diſes muß auch erleget
werden, wenn eine fremde braut durch die ſtadt
Apolda oder neben der ſtadt weggefuͤret wird, in-
halts der Apoldaiſchen ſtatuten § 22. Mehrere
dergleichen beiſpile hiervon findet man bei dem
Knorr am a. o.
§ 768
iſt ein ge-
wiſſes alter
noͤtig.
Nicht uͤberall darf ein jeder ſich vereheligen,
wann er will; ſondern es iſt ein gewiſſes alter
fuͤrgeſchrieben, z e. im Heſſen-Caſſeliſchen muß
der braͤutigam das 20ſte jar zuruͤckgeleget haben;
im Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen muß ſelbiger 25 jare
alt ſeyn, immaſſen das ſpruͤchwort lautet: wo
man einem buben eine frau, und dem kinde einen
vogel gibt; ſo iſt beider untergang vor der thuͤre.
Crellde iure connubiorum, ſpeciatim in Lu-
ſatia ſuperiore § 6 ſ. 15 fgg.
§ 769
[329]eheverloͤbniſſen u. eheſtiftungen, ꝛc.
§ 769
Um nicht das land mit bettlern zu belaͤſtigen,worauf die
policei bei
den heira-
ten zu ſehen
hat?
wo keine bettler-ordnung eingefuͤret iſt, erheiſchet
die notdurft einesweilen zu verbiten, daß nicht ein
ieder one unterſchid heiraten duͤrfe. Der verſtor-
bene biſchof zu Wirzburg, Friderich Carl, liſe
daher den 21ſten jaͤnner 1732 eine verordnung aus-
gehen, vermoͤge deren nimand zur ehe ſchreiten
ſollte, er beſize dann 200 fl., oder ſo vil am werte,
oder habe ein handwerk erlernet, Theoph. Fran-
kens geſchichte des Frankenlandes ſ. 503. In-
halts der Memmingiſchen zuchtordnung tit. VII
§ 2, tit. VIII § 1 werden weder buͤrger-kinder,
noch fremde zu den heiraten zugelaſſen, wofern ſie
nicht eine namhafte ſumme geltes, oder ein er-
weisliches Vermoͤgen haben, davon ſie ſich red-
lich hinbringen koͤnnen. In den Heſſen-Caſſeli-
ſchen landen kann in den ſtaͤdten kein fremder das
buͤrgerrecht erlangen; er habe dann 200 fl. im
vermoͤgen, und in Caſſel muß ein kuͤnftiger buͤr-
ger aus der fremde diß eidlich erhalten. Alle
geiſtlichen haben demnach eine ſchwere ſtrafe wi-
der das verbot zu erwarten, die mit der trau-
ung ſich uͤbereilen, und die ehe iſt fuͤr nichtig
zu achten, wenn ſie wider das geſaͤz eingegan-
gen wird.
§ 770
Nicht minder will die policei, daß diejenigendie ſtrafe de-
rer, welche
ſich aus-
waͤrts trau-
en laſſen.
untertanen, welche ſich auſſer landes trauen laſ-
ſen, um eine verbotene ehe zu erſchleichen, ins
zuchthaus gebracht werden moͤgen. Es iſt auch
die ehe ungiltig.
§ 771
In betref der ſoldaten iſt der eheloſe ſtand unterder ſoldaten
ehen werden
unterſaget.
denſelben fuͤrzuͤglich beliebet worden, Joh. Wilh.
Waldſchmidtde caelibatu militum Marburg
X 51717
[330]CV haubtſt. von den
1717 ſ. 13 fgg. die Wirtenbergiſche und Heſſen-
Darmſtaͤdtiſche krieges-artikel verbiten die ehen
den ſoldaten ſcharf, wie aus des Luͤnigscorpo-
re iuris militaris ſ. 1175 und 1202 erhellet. Un-
ter den Oeſterreichiſchen kriegesvoͤlkern darf kein
regiments-geiſtlicher bei verluſt ſeines dinſtes einen
ſoldaten, oder officir trauen, er habe dann vom
regiments-commendanten einen erlaubnisſchein,
der herr graf von Khevenhuͤller im 1ten teile der
obſervationspuncten ſ. 159 § 6. One die erlaub-
nis eines regiments-commandantens darf kein
officir ſich vereheligen, am a. o. II teile ſ. 13 § 10.
Nimmet er eine luͤderliche dirne, ſo iſt er ſeines
dinſtes entſetzet, am a. o. Heiratet ein unter-
officir, oder gemeiner one die verguͤnſtigung darzu
erlanget zu haben; ſo wird das eheweib beim re-
gimente nicht gedultet, und er muß ſeine ſchlaͤge,
und den arreſt beim profoſe erleiden, Koſtka
uͤber den kaiſerlichen artikelsbrif ſ. 65, Joh. Ge-
orge Bertoch von ehe- und ſchwaͤngerungs-ſachen
der ſoldaten, Buͤnemannde codicillis indulti
connubialis militum,Friderich Andreas
Gottlib Gnuͤge in der gruͤndlichen anleitung
zum krigesrechte cap. 15 ſ. 113 fgg. Thue hinzu
die Kurbraunſchweig-Luͤneburgiſche landesgeſaͤze
Iten teile ſ. 935, 937 und im IIIten teile cap. III
ſ. 11 ſ. 74 fgg.
§ 772
melden ein-
ſchraͤnkun-
gen auszu-
legen ſind?
Die vorangeregten einſchraͤnkungen der ehen
ſezen beſondere umſtaͤnde, auch ein land zum
voraus, darin keine ſtrenge land-policei, keine
commercien, manufacturen, und fabriken, laza-
rete, findel- und waiſenhaͤuſer vorhanden ſind,
mithin es an mitteln gebricht, daß arme leute,
one zu betteln, ihr brod verdinen koͤnnen, oder die
policei keine anſtalten vorkehret, daß ſie arbeiten
muͤſſen.
[331]eheverloͤbniſſen u. eheſtiftungen, ꝛc.
muͤſſen. Denn wo die policei bluͤhet, iſt es eine
grundſaͤule des ſtaates, das land durch viele, ie-
doch vernuͤnftige heiraten zu bevoͤlkern, mithin zu
allen nicht augenſcheinlich nachteiligen ehen, allen
moͤglichſten fuͤrſchub zu leiſten. Die aber krip-
pel, oder mit der engliſchen, oder einer andern
erbkrankheit behaftet, oder ungeſund und un-
fruchtbar ſind, moͤgen zum eheſtande nicht gelaſ-
ſen werden, von Juſti ſ. 63 fgg. der grundſaͤze
der policei-wiſſenſchaft.
§ 773
Die policei verſtattet immittels keinen uͤberflusder uͤberfluß
bei hochzei-
ten ꝛc. iſt
einzuſchraͤn-
ken.
und unnoͤtigen aufwand bei den eheverloͤbniſſen und
hochzeitmalen, beſage Herrn H. R. Jenichens an-
merkungen von eingeſchraͤnkten eheverloͤbnis- und
hochzeitgaſtmalen. F. H. Caſſeliſche verordnung,
wie es mit kindtaufen, eheverloͤbniſſen und hoch-
zeiten auch begraͤbniſſen und trauren zu halten,
vom 9ten dec. 1748 fol.
§ 774
Der eheverſpruch muß inzwiſchen ungezwun-der ehever-
ſpruch ſoll
one zwang ꝛc
beſchehen.
gen, one gefaͤhrde, und irrtum beſchehen.
§ 775
Die zubereitung iſt die einholung des jawortes,wenn das
jawort
welches ſowol der braͤutigam, als auch ein frei-
werber tun kan.
§ 776
Iſt man bei dieſem uͤber alle puncten des ehe-verbindlich
iſt?
liches gleich einſtimmig, ſo iſt das jawort ver-
bindlich und mag man davon nicht abgehen;
weilen es weiter nichts nach ſich laͤſſet, als das
feierliche des eheverſpruches in gegenwart der aͤl-
tern und der naͤchſten anverwandten, die ſtatt der
zeugen dienen, von Weſtphal am a. o. T. I
ſ. 2054, 2057, 2064, 2071, 2079, 2091, 2094,
wobei der braͤutigam der braut, wie vorgedacht
worden
[332]CV haubtſt. von den
worden iſt, etwas auf die treue gibet, die aͤltern,
auch anverwandten, oder zeugen, mit ihrem
gluͤkwunſche dieſe feierliche handlung zu billigen
ſuchen. Sind keine aͤltern vorhanden, ſo beſte-
het das eheverloͤbnis one gegenwart der naͤchſten
anverwandten oder anderer zeugen nicht, Naſſau
Cazenellenbogiſche gerichts- und landesordnung,
im IIten teile cap. II § 2 ſ. 73.
§ 777
ches nicht
verbindlich
iſt?
Iſt aber das jawort entweder durch den braͤu-
tigam oder einen freiwerber geholet; gleichwol
von den puncten des eheliches noch nichts berich-
tiget; alsdann hat das jawort keine weitere
kraft, und enthaͤlt die ſtillſchweigende bedingung
in ſich, wenn man naͤmlich uͤber die puncten des
eheliches uͤbereinkommen wird, mithin iſt nur
eine zuſage unter einer bedingung vorhanden.
Auf dieſe art laͤſſet ſich der ſtreit der Wittenber-
giſchen und Halliſchen juriſten-facultaͤten entwi-
ckeln, welchen der von Leiſerſpecim. CCXC
med. 1 erzaͤlet, iedoch nicht recht entſcheidet. Im
uͤbrigen ſaget man: anwerbung macht keine ver-
bindung, Piſtorius am a. o. cent. I par. 4.
§ 778
verloͤbniſſe
gehen auf
das kuͤnfti-
ge.
Alle eheverloͤbniſſe gehen bei den Teutſchen auf
das kuͤnftige. Daher man die weinkaͤuflichen
trauungen abgeſchaffet hat, beſage des anhan-
ges zur F. Heſſen Caſſeliſchen kirchenordnung ſ. 62,
Fridbergiſche policei-ordnung am a. o.
§ 779
verſpruch in
den F. H.
Caſſeliſchen
landen be-
richtiget
werden ſoll?
In den F. H. Caſſeliſchen landen iſt bei gemei-
nen Leuten kein eheverſpruch giltig, welcher nicht
vor den geiſtlichen und weltlichen beamten, auch
der gegenwaͤrtigen zeugen erklaͤret worden iſt.
Der pfarrer liſet den verlobeten den 1ſten § des
eheliches vor, und fraget ſie, ob ſie einander zur
ehe
[333]eheverloͤbniſſen u. eheſtiftungen, ꝛc.
ehe nemen und behalten wollen? Wann ſie dar-
auf mit ja geantwortet haben, geben ſie ihm und
dem beamten die haͤnde darauf? Nachher liſet
ihnen der lezte die uͤbrigen puncten des eheliches
vor, und fraget ſie: ob diſes ihre willensmeinung
ſey? Die verlobeten und aͤltern geben darauf dem
beamten die hand. So dann wird der ehelich
von dem amte beſigelt auch beſtaͤtiget, und nun-
mehr zur aufrufung von der kanzel geſchritten,
F. H. Caſſeliſche erlaͤuterung der im jare 1723
den 8ten jaͤnner verkuͤndeten ordnung vom 18ten
febr. 1724, im anhange der kirchenordnung
ſ. 57 fgg.
§ 780
Die geehrten perſonen ſind im Heſſen-Caſſeli-welche per-
ſonen davon
ausgenom-
men ſind?
ſchen davon ausgenommen, inhalts der verord-
nung vom 12ten auguſt 1749, F. H. Hanauiſche
hof- und ehe-gerichtsordnung am a. o.
§ 781
Die eheſtiftungen, (ehebrife, heiratsbrife, ehe-was die ehe-
ſciftung iſt?
liche, hilliche, ehezaͤrter,) ſind ein geding zwiſchen
braut und braͤutigam, wie es wegen des ehegel-
tes, der wiederlage, der morgengabe, der erb-
faͤlle, wenn keine kinder vorhanden ſind, und an-
dern ſachen gehalten werden ſoll.
§ 782
In den eheſtiftungen wird daher abgeredet:was darin
abgeredet
wird?
1) daß die verlobeten einander zur ehe haben wol-
len, 2) berichtiget man die brautgift von ſeiten
der braut, 3) die braͤutelgabe des braͤutigams,
4) den ſterbefall, dafern eines von dem andern
one kinder verſtirbet, da dann der uͤberlebende
ehegatte bald in die ganze habſeligkeit des braͤuti-
gams, oder der braut, oder in eine gewiſſe ſum-
me geltes, oder in die beniemten unbeweglichen
ſtuͤcke, die erbfolge haben ſoll, 5) bei gemeinen
leuten,
[334]CV haubtſt. von den
leuten, auch ieweilen bei adelichen, der anſchlag
des hauſes und der guͤter, auch wohl des ſchiffes
und geſchirres, meiſtens berichtiget, nicht minder
6) der auszug der alten, und 7) wenn ſtiefkinder
vorhanden ſind, wegen des niesbrauches von den
aͤlterlichen guͤtern, und deren erzihung beſtimmet
wird. Nach den Angel-Normanniſchen rech-
ten wurde die mitgabe der braut vor der kirch-
thuͤre feſtgeſtellet, Grupen in der vxore Theo-
diſca, ſ. 249. In den Apoldaiſchen ſtatuten
§ 73 koͤnnen braut und braͤutigam in der haus-
thuͤre, wenn ſie in die kirche gehen wollen, ſich
einander etwas vermachen, welches das thuͤr-
vermaͤchtnis genennet wird.
§ 783
beredung
geſchiehet?
Wo hut bei ſchleier geſezet wird, iſt oͤfters der
ehelich nur muͤndlich abgeredet, und heiſſet des-
halber eine eheberedung. Zu Guͤſtrow geſchihet
diſes ebenfalls, von Weſtphal am a. o. T. I
ſ. 2062 die allermeiſten eheſtiftungen aber werden
ſchriftlich abgefaſſet, und zwar in den ſtaͤdten bei
buͤrgerlichen leuten durch den ſtadtſchreiber, oder
andre oͤffentliche perſonen; auf dem lande hinge-
gen, wo etwa zwene beamten ſind, ſezet der un-
terbeamte, oder ſchuldheis den ehebrif auf. Und
der heiſſet die eheſtiftung. Nach maasgebung
vieler landes- auch ſtadt-geſaͤze muͤſſen die eheſtif-
tungen entweder gerichtlich errichtet, oder wenig-
ſtens von gerichtswegen beſtaͤtiget werden, z. e.
in den Luͤneburgiſchen, Wolfenbuͤtteliſchen, An-
haͤltiſchen, Magdeburgiſchen, Wuͤrtenbergiſchen,
Schaumburgiſchen, Fuldaiſchen, Oſtfriſiſchen ꝛc.
landen, imgleichen zu Memmingen, Worms ꝛc.
Naſſau Cazenellenbogiſche gerichts- und landord-
nung im IIten teile cap. IIII § 1 ſ. 78.
§ 784
[335]eheverloͤbniſſen u. eheſtiftungen, ꝛc.
§ 784
Im benachbarten Nider-Rhein-Weſtphaͤli-wo ſelbige
hillich ge-
nennet
wird?
ſchen kraiſe, nennet man ihn den hillich, beſage
der urkunden bei des Teſchenmachersannalibus
Juliae, Cliuiae ſ. 67 cod. diplom. Derglei-
chen ehen werden deswegen verdingte, verbrifte ꝛc.
genennet, Wirtenbergiſches land-recht im IIIten
teile, tit. 8, Ulmiſche ſtatuten im Iten teile tit. I,
§ 1, Noͤrdlingiſche ſtatuten im Iten teile tit. 1, und
im IIIten teile, tit. 4 § 1.
§ 785
One gutsherrliche einwilligung koͤnnen diewie ſolche
von den
bauersleu-
ten im K.
Braun-
ſchweigl. er-
richtet wer-
den muß?
ſie wird von
dem bauer
hochgeſchaͤ-
zet.
bauerleute im Kurbraunſchweigiſchen keine ehe-
ſtiftung errichten, laut der landesgeſaͤze IIten
teile ſ. 639.
§ 786
Auſſer der bibel, und Habermanns gebaͤtbu-
che, iſt dem bauer nichts heiliger, auch unver-
brechlicher, als ſein ehebrif.
§ 787
Wenn kinder erzilet werden, ſo faͤllt in anſe-wenn ſolche
aufgehoben
wird?
hung der erbfolge der eheleute unter ſich die ehe-
ſtiftung weg. Denn kinder zeugen bricht die ehe-
ſtiftung, wenn ein anders nicht abgeredet wor-
den iſt, auch die landesgeſaͤze dißfalls nichts gegen-
ſeitiges verordnen, Gaſſerde lucro dotis mari-
to in pactis dotalibus conceſſo portionem
ſtatutariam non excludente § 43, Dr. Orth
am a. o. im IIIten teile ſ. 21, A. Florens Rivi-
nusde pactis dotalibus in quantum ſtatutis de-
rogent. Sterben aber die kinder, ſo wird die ehe-
ſtiftung in dieſem ſtuͤcke wieder fuͤr guͤltig gehalten.
§ 788
Ob das gedinge, daß der brautſchatz nach desob der
brautſchaz
im gute ver-
bleibet?
ehemannes ableben im gute verbleibe, zu rechte
beſtehe? diſe frage verneinet Baſtineller im an-
ſchlage
[336]CV haubtſt. von den
ſchlage zu der Riviniſchen probeſchrift de princi-
pali beneficio in concedendis priuilegiis ſ. 8.
Allein, beim hohen und nidern adel geſchihet diß
taͤglich beim leibgedinge. Bekaͤme die wittbe der-
gleichen nicht; ſo iſt es doch ein geding.
§ 789
tung iſt un-
wiederruf-
lich.
Die eheſtiftungen ſind nach masgebung der
Teutſchen rechte unwiederruflich, Struvensiu-
rispr. heroica P. III ſ. 30, von Weſtphal am
a. o. T. I ſ. 2101 u. fgg. Derohalben ſelbige einſeitig
durch eines ehegatten letzten Willen nicht aufge-
hoben werden koͤnnen, geſtalt der vermeinte un-
terſchid zwiſchen ehepacten unter den lebendigen
und contractsweiſe, oder auf den todtesfall ganz
unerfindlich, auch wider die verfaſſung der Teut-
ſchen rechte laͤuft, ſihe von Weſtphal am a. o.
ſ. 2104, Graude pactis dotalibus inter viuos
et mortis cauſſa,Sparmannde praerogatiua
iuris Germanici prae iure Romano in pacto-
rum dotalium materia,Riſchnon dari pacta
dotalia per teſtamentum vnius coniugis inuito
altero reuocabilia, Altorf 1745, von Leyſer
ſpec. 308, Herr H. G. R. Hombergk zu Vach
de origine atque indole diſtinctionum pacto-
rum dotalium in ſimplicia et mixta,Pufen-
dorfobſeru. iur. uniuerſ. T. I obſ. 109 ſ. 534,
Hohenloiſches landrecht im Iten teile tit. 3 § 9.
Immittels kan man nicht abredig ſeyn, daß an
unterſchiedenen orten ſotane einteilung zur gewon-
heit worden, auch wohl in die landesgeſaͤze einge-
floſſen ſind. Sihe die Schaumburgiſche policei-
ordnung cap. 18, die Frankfurtiſche reformation
im IIIten teile IIten tit. § 5, Dr. Orth am a. o.
im IIIten teile ſ. 19 fgg., verſtattet den eheleuten
durch teſtamente den eheſtiftungen entgegen zu
gebaren.
§ 790
[337]brautgift und ausſteuer.
§ 790
Wenn die aͤltern ihrem eidame nach abſterben
deſſen ehefrau one kinder die erbfolge im braut-
ſchatze vermittels der heiratsnotel verſprechen;
koͤnnen ſolche hernach das pflichtteil nicht fodern,
Ayrerde legitima parentum pactis dotalibus
excluſa,Joh. Gottfrid Bauerde quarta
Trebellianica in pacto nuptiali exule.
Hundert und ſechſtes haubtſtuͤck
von der brautgift und ausſteuer.
§ 791
In den alten zeiten brachte die braut dem braͤu-die ausſteu-
er der braͤu-
te.
tigame weiter nichts, als das fahrnis zu.
Daher noch in den bauer und buͤrgerlichen eheli-
chen dieſer gegend es heiſſet: „auch unſere tochter
„ausſteuren, ausloben, gebettet und gekleidet
„nach landes-brauche.„ Wobei z. e. auſſer dem
gelte und der laͤnderei eine kuh, ein rind, etliche
ſchweine und ſchafe, etwas an getraide ꝛc. der
braut von ihren aͤltern verſprochen wird; darge-
gen des braͤutigams aͤltern ihm eine ſumme geltes,
etwas an laͤnderei, ein kleid, vihe, getraide ꝛc.
dergeſtalt zuſagen, daß die brautgiften von bei-
den ſeiten oͤfters und meiſtens ſich gleichen. Zur
ausſtattung der braut gehoͤret: die brautlade mit
leinen tuche und geraͤte gefuͤllet, der flachs, der
hoͤlzerne, eiſerne und kupferne hausrat, das
brautbette und brautkleid. Die ſchuhe ſchaffet
der braͤutigam nebſt den ſtruͤmpfen. Im Bremi-
ſchen und Stadiſchen ꝛc. empfaͤngt die braut das
eingedoͤmte, als kroppen, keſſel, kiſten, braut-
zeug, bettgewandt, kleider, gelter, ſilber, ketten,
Yund
[338]CVI haubtſt. von den
und geſchmeide, mehl, rocken, malz, hopfen,
ſalz, butter, kaͤſe ꝛc. Eſtorde apparatu et in-
ftructu nuptarum, cap. II ſ. 36, Pufendorf
am a. o. T. I ſ. 519, Grupen am a. o. Struve
in der iurispr. heroica vol. III ſ. 8 fgg., Johann
Chriſtoph Strodtmann uͤbereinſtimmung der
Teutſchen altertuͤmer mit den bibliſchen ꝛc. Wol-
fenbuͤttel 1755, 8vo im IIIIten abſchnitte ſ. 309 fgg.
Michael von Lanckiſch ausfuͤhrliche und nuͤzli-
che betrachtung des mahlſchazes.
§ 792
er hat dei
entſtehen-
dem concur-
ſe die rechte
des braut-
ſchazes.
Die rechte ſotaner ausſteuer ſind in der bemel-
den diſputation de inſtructu et apparatu gezeiget,
und iſt dafuͤr gehalten worden, daß bei entſtehen-
den concurſe ſolche ausſteuer die rechte des braut-
ſchazes habe. Es hat aber herr H. R. Grupen
gemeinet, ſie haͤtte nur die rechte der parapher-
nalien. Nun ſind zwar vor ihm bereits viele
rechtslehrer dieſer meinung beigetreten: allein ſie
irren mit herrn Grupen heftig. Denn beim con-
curſe geht die ſache nicht nach den Teutſchen rech-
ten, ſondern nach den Roͤmiſchen geſaͤzen, imma-
ſen die Teutſchen von dem unterſchide zwiſchen
dotal und paraphernal nichts gewußt haben, wie
der Reichshofrat, herr von Gaͤrtnerde diffe-
rentiis inter dotalia et paraphernalia gezeiget
hat. Nimmt nun herr Grupen einen Roͤmiſchen
unterſchid an, ſo nimmt er ein Roͤmiſches ſuppo-
ſitum an, thut er diſes, ſo muß er auch die Roͤmi-
ſchen Rechte annemen.
§ 793
brautgift
bei reichen
iſt Roͤmiſch.
Die brautgift, wie wir ſolche bei fuͤrnaͤmen,
auch reichen buͤrgerlichen perſonen izt haben, iſt
Roͤmiſch; hingegen beim hiſigen gemeinen bauern-
volke noch Teutſch, imgleichen was wir vom
ſpilgelte haben. Denn weil alles zwiſchen den
eheleu-
[339]beiderſeitigen geſchenken ꝛc.
eheleuten gemein wurde; ſo konnte dennoch die
frau ſich ausbedingen, daß ſie von dem ihrigen
etwas fuͤr ſich behielte, und damit thun und laſſen
konnte, was ſie wollte.
Hundert und ſibentes haubtſtuͤck
Von den beiderſeitigen Geſchenken
der Verlobten und der Hochzeitgaͤſte.
§ 794
Bei oder bald nach der verlobung beehren diewas die gift
auf die
treue, oder
der mal-
ſchaz,
brautleute einander mit kugel- oder treu-rin-
gen, darinn eines ieden namen ſtehet. Der braut
reichet der braͤutigam an gelte etwas auf die treue.
Die braut machet dem braͤutigam ein gegenge-
ſchenke. Dergleichen beiderlei geſchenke nennet
man in Sachſen den malſchaz, die civiliſten heiſ-
ſen ſie arrham. Bei gemeinen leuten fuͤret der
braͤutigam die braut zum markte und ins wein-
haus, er muß ihr auch wohl etwas wo kaufen.
Bei angeſehenen perſonen ſorget der braͤutigam
fuͤr das brautkleid, darin ſie getrauet wird; fuͤr
die ſpizen, handſchuhe, ſtruͤmpfe und ſchuhe, auch
pantoffeln. Die braut ſchenket dargegen das
brauthemd, den ſchlafrok und pantoffeln ꝛc. ih-
rem braͤutigam.
§ 795
Sotane gift auf die treue iſt von der wiederlage,wie ſie von
der wieder-
lage unter-
ſchiden,
oder dem gegenvermaͤchtniſſe unterſchiden. Ein
iedes der brautleute erlanget das eigentum davon.
§ 796
Diſes letztere, was die verlobte ſich als braut-und die
brautfreige-
bigkeit iſt.
leute ſchenken, heiſſet die brautfreigebigkeit
(ſponſalitia largitas), Bardilide ſponſalitia lar-
Y 2gitate.
[340]CVII haubtſtuck
gitate. Die brautleute werden eigentuͤmer von
diſer ſchenkung nach vollzogener ehe.
§ 797
brautfreige-
bigkeit wie-
der verguͤtet
werden
muß.
Wenn die ehe durch eines verſchulden nicht
vollzogen wird, ſind ſotane geſchenke von dem
ſchuldigen wieder zu erſtatten, von Wern-
her in den ſelectis obſeruationibus forenſibus
T. III ſ. 34. Daß aber ſotane geſchenke dem
conſiſtorio zufallen; iſt hiſiger gegenden unbekannt.
Von diſer brautfreigebigkeit iſt das hochzeitge-
ſchenke unterſchiden.
§ 798
brautge-
ſchenk gehoͤ-
ret?
Das hochzeitgeſchenk, welches die gaͤſte geben,
gehoͤrete eigentlich der braut, nachher aber wurde
ſolches unter den neuen eheleuten gemein, Strodt-
mann am a. o. ſ. 320, Heineccius am a. o.
T. I ſ. 174. Der gemeine mann in Heſſen,
wenn er ſolches in die deshalber aufgeſtellte ſchuͤſ-
ſel leget, ſpricht: „hier ſchenke ich braut und
„braͤutigam.„ Die dote hergegen muß der braut
drei ſtuͤcke an linnen, oder andern hausgeraͤde
ſchenken. Der pate richtet das geſchenk an den
braͤutigam. Nach Sachſenrechte gehoͤret ſelbi-
ges auf erfolgtes abſterben des eheweibes dem
ehemanne, wofern es in beweglichen Sachen
beſtehet, von Berger in der oeconomia iuris
ſ. 140 ſ. 505, Peter Muͤllerde dono nu-
ptiali,CarpzovP. III conſtit. 22 def. 1 fgg.
Heeſerde bonorum communione P. II loc. 18
num. 70 fgg. ſ. 564, Rothde ſumtibus conui-
vii nuptialis § 33. Von dem hochzeitgeſchenke
iſt wiederum die morgengabe unterſchiden.
Hun-
[341]von der morgengabe.
Hundert und achtes haubtſtuͤck
Von der morgengabe.
§ 799
Die morgengabe iſt ein zuſammen geſeztes wort,was die
morgengabe
bedeutet?
aus morgen und gabe. Selbige hat vi-
lerlei bedeutungen. Denn es wird darunter bald
die Teutſche brautgift des braͤutigams, oder das
wittum, Struvensiurispr. heroica P. II ſ. 475,
585, P. III ſ. 97 ſ. 108, Kuchenbeckersanale-
cta Haſſiaca, coll. V ſ. 195, Leges Langobar-
dorum lib. II cap. I, bald der brautſchaz, oder
die ausſteuer, Oſtfriſiſches landrecht im Iten bu-
che cap. 66 ſ. 166 begriffen. Hier betrachten
wir ſie als ein geſchenk, welches zum zeichen der
libe die braut von ſeiten des braͤutigams des mor-
gens fruͤhe nach gehaltenem erſten beiſchlafe er-
haͤlt. Sie beſtehet meiſtens aus beweglichen ſa-
chen, im gelte, ſchmuke, und andern koſtbaren
ſachen. Allein ſie kan auch in unbeweglichen guͤ-
tern ausgeſezet und angewieſen werden, Struve
am a. o. Pufendorf in den obſeruat. iuris vni-
verſi, vol. II ſ. 102 § 13, Kreßde iuribus foe-
minarum illuſtrium § XX ſ. 19, 20.
§ 800
Wie es mit ſotaner morgengabe ehedem gehal-wie es ehe-
dem damit
gehalten
worden iſt,
wird gezei-
get.
ten worden ſey, kan man aus des herzogs Geor-
gens in Bayern beilagers caͤremoniel beim Muͤl-
ler im entdekten ſtats-kabinete, IIten eroͤfnung
ſ. 367 fg. erſehen, da es folgendermaſſen heiſſet:
„des morgen fruͤhe an der mitwoche, da nun die
„praut und praͤutigam aufgeſtanden waren, da
„kamen die fuͤrſten zu in gegangen, der keiſer und
„markgraf Albrecht und die andre fuͤrſten und be-
Y 3„gon-
[342]CVIII haubtſtuͤck
„gonten da ein ider fuͤrſt zu ſchenken, mit dem er-
„ſten ſchenkt der preutgam, das thet von wegen
„des preutgams mein herr markgraf Albrecht,
„und ſchankt der koͤnigin (koͤniglich Polniſchen
„prinzeßin Hedwig) ein ſchechtelein, darin ein
„koſtelich halspant, und darzu zehen tauſend Un-
„geriſcher guͤlden, da redet markgraf Albrecht gar
„vil ſchoͤner rede von wegen des preutgams, wie
„daß ſie die gabe ſolt aufnemen nicht fuͤr ein mor-
„gengabe, ſunder er gebe ir das aus libe und
„freundſchaft, dadurch ſolt ſie auch erkennen ſein
„libe und freundſchaft, darnach ſchankten die fuͤr-
„ſten alle, und auch die ſtete ꝛc.„
§ 801
gabe iſt noch
hier und da
bei gemei-
nen leuten
gebraͤuch-
lich.
In einigen gegenden und orten, als in der Wet-
terau und dem Nidern-Rheine, auch in den Ni-
derlanden, z. e. zu Zwoll, nicht minder zu Zittau
in der Lauſiz ꝛc. wird unter den gemeinen leuten
vom braͤutigame ſeiner braut eine morgengabe
ausgeworfen. In Engellande iſt ſelbige ebenfalls
noch gebraͤuchlich, Dreyer am a. o. ſ. 96, Crell
in der diſp. de iure connubiorum ſpeciatim in
Luſatia ſuperiore, § VII ſ. 18. In Ober- und
Nider-Heſſen, auch den mehreſten andern Teut-
ſchen landen iſt ſie nur unter dem hohen und ni-
dern adel gebraͤuchlich, Auguſtin von Balthaſar
de iuribus viduarum nobilium in feudis Po-
meraniae citerioris, Greifswald 1751, 4, cap.
IIII § 11 fgg. ſ. 125 fgg., Gundlingde emtione
vxorum, cap. IIII § 3, 8, Riccius im ſpicile-
gio iuris Germanici ſ. 531, von der morgengabe
des hohen adels handelt die Struviſcheiurispr.
heroica am a. o.
§ 802
len als eine
doppelte
Jeweilen wird die morgengabe als eine doppel-
te brautgift von beiderſeits ehegatten berichtiget,
wie
[343]von der morgengabe.
wie aus nachfolgender ſtelle der Wertheimiſchenbrautgift
von beider-
ſeits ehegat-
ten berichti-
get.
ſtatuten § 63 erhellet, da es heiſſet: „haͤtte dann
„ihr eins der eheleute dem andern morgengabe
„vermacht, und bewiſen, ſo ſoll man zu der mor-
„gengab greifen, und die ſchuld davon ausrichten.
§ 803
Wenn der braut die morgengabe nach vollzo-wenn die
braut das
eigentum
daran er-
langet?
gener ehe uͤbergeben worden iſt, erlanget ſie das
eigentum daran, Pufendorf am a. o. vol. II ſ.
101 fg. ſ. 611, 612. Wofern ihr aber ſolche nur
verſprochen worden iſt; ſo kan ſie ſolche aus des
ehemannes vermoͤgen fodern; jedoch, wenn ein
concurs uͤber deſſen vermoͤgen entſtehet, muß ſie
hier und da ſo lang dißfalls nachſtehen, bis die
ſchulden bezalet ſind, von Balthaſar am a. o.
ſ. 131, MeviusP. VI deciſ. 245, Barth von
der gerade ſ. 618 fgg. An manchen orten wird
ſie diſerhalben unter die chirographariſchen glaͤu-
biger geſezet, beſage des Ulmiſchen ſtadtrechtes im
Iten teile tit. X und tit. XVI.
§ 804
Die morgengabe koͤnnen ſowohl jungfern, alswelche per-
ſonen ſelbi-
ge erhalten?
auch witben erhalten, von Ludewig in der er-
laͤuterung der guͤldenen bulle im IIten teile ſ. 549,
Struve am a. o. P. III ſ. 98, Barth am a. o.
wenn diſes leztere die geſaͤze ausdruͤcklich nicht ver-
bieten, wie z. e. im Baieriſchen landrechte tit. I
art. I. Bei verſchidenen familien iſt ſelbige durch
gedinge feſtgeſezet.
§ 805
Die geſaͤze beſtimmen auch wohl, wie es mit
ſelbiger nach des mannes ableben gehalten werden
ſoll, von Balthaſar am a. o. ſ. 127, Riccius
am a. o. Von der morgengabe einer adelichen
witbe in Sachſen, ſihe den Barth von der gerade
cap. VI membr. III ſ. 602 fgg., und des Gott-
Y 4frid
[344]CIX haubtſt. von den
frid Auguſt Hofmannsſtatuta localia von dem
heergeraͤte und der morgengabe ſ. 103 fg.
Hundert und neuntes haubtſtuͤck
gemiſchte anmerkungen von den ver-
lobeten und eheleuten.
§ 806
heirateten
gern in die
freund-
ſchaft,
Die Teutſchen heirateten gern in die freund-
ſchaft, um das geſchlecht zu erhalten, und
damit das gut bei einander blibe, Heineccius am
a. o. T. I ſ. 156, Strodtmann am a. o. ſ. 314 fg.
§ 807
ten die
fremden
heiraten.
Fremde heiraten verabſcheueten ſie, cap. I, X.
de ſponſal., nach dem ſpruͤchworte: „wo es
„gaͤnſe gibet, da findet ſich auch weide.„ Sihe
des herrn prof. Sorbers probeſchrift unterm
Eſtoriſchen vorſize de odio Germanorum in ma-
trimonia imparia, „wer nicht will ſeyn betrogen,
„der kaufe des nachbars rind, und freie deſſen
„kind.„ Daher auch an einigen orten, z. e. in
Noͤrdlingen ꝛc. noch diejenige, welche ſich one
obrigkeitliche erlaubnis an fremde verheiraten, das
buͤrger-recht verliren (§ 352). Der burgmann
heiratete eine burgmaͤnnin, und der lehnmann ei-
ne vaſallin aus des herrn lehnhofe. Beckde
iure principis circa connubia miniſtrorum et
vaſallorum § 29 fgg. § 50 ſ. 51 fgg.
§ 808
che rechte in
den R. ſtaͤd-
ten wegen
der buͤrger
toͤchter.
In den Reichsſtaͤdten hatte der kaiſer das recht
eine der buͤrger toͤchter einem von ſeinem gefolge,
der ſie verlangete, zu geben. Dem kaiſer mel-
dete der libhaber ſein fuͤrhaben; gleich bald wur-
de
[345]verlobeten und eheleuten.
de der kaiſerliche marſchall vor des auserſehenen
weibesbildes haus abgeſendet, und ſprach:
Hoͤrt zu ihr herren uͤberall!was gebeut der kaiſer (koͤnig) und mar-ſchall?was er gebeut, das muß ſeyn.hier ruf ich aus N. N. mit N. N.?heut zum lehen!morgen zur ehen!uͤber ein jar!zu einem paar!
(von Lersner im Iten b. der Frankfurter chronik
cap. 6 ſ. 59.)
§ 809
Das ausrufen der lehne (oder lihn), iſt aufdas ausru-
fen der leh-
ne in hiſi-
gen gegen-
den.
den doͤrfern der hiſigen gegenden annoch gebraͤuch-
lich. In der Walburgis-nacht rufen die ledige
bauer-geſellen diejenigen dorſmaͤgde aus, von wel-
chen ſie glauben, daß ſie einander gerne ſehen, oder
einander etwa zu heiraten gedenken. Das maͤgd-
lein ſchiket dem libhaber auf die pfingſten darauf
einen ſchoͤnen blumen-ſtraus, dafuͤr kaufet ihr je-
ner etwas, oder fuͤret es zum markte in die ſtadt,
und ins weinhaus.
§ 810
Den damaligen Wetterauiſchen reichsſtaͤdten,die kaiſerli-
che gerecht-
ſame zu
Frankfurt
wird aufge-
hoben.
Frankfurt, Wezlar, Fridberg und Gelnhauſen,
file diſe kaiſerliche gerechtſame uͤber ire toͤchter
hoͤchſt bedenklich. Daher wirkten ſie im jare
1232 vom Roͤmiſchen koͤnige Heinrich dem VII,
kaiſers Friderichs des II prinzen, einen gnaden-
brif aus, daß diſes recht hinfuͤro auf hoͤren ſolle,
privilegia der reichsſtadt Frankfurt 1728 fol. ſ. 2.
Joh. Thomas Klumpfde priuilegio Henrici
VII, Romanorum regis, Francofurtanis ad
Y 5Moenum
[346]CIX haubtſt. von den
Moenum ciuibus de filiabus, libere elocandis,
olim dato, Altdorf 1730, 4.
§ 811
braut ſich
mit dem
braͤutigam
verhalten
ſoll.
Der braut gereichet es zum rume, wofern ſie
die geſchiklichkeit hat, dem braͤutigam die braut-
nacht tolle zu machen, das iſt, es dahin einzulei-
ten, daß er durchs tanzen ermuͤdet, oder in an-
dre wege zum beilager nicht gelangen kan. Ge-
ſtalt dann auch nach masgebung der Fraͤnkiſchen
kapitularien VII buches, cap. 463, die neuen ehe-
leute 2 oder 3 tage beten ſollten, bevor ſie einan-
der ehelich beiwoneten, damit ſie fromme kinder
erzilen moͤgten. Daher ruͤret zweifelsone der
gebrauch am kaiſerlichen hofe, daß, wenn eine
hoffraͤule am hofe getrauet worden iſt, ſie nach
eingenommener malzeit nebſt dem braͤutigam ſich
auf etwa 8 tage entfernen muͤſſe, in meinung, daß
die braut zum gebaͤte in ein Nonnenkloſter auf et-
liche tage, und der braͤutigam in ein manns-klo-
ſter ſich wenden ſollten; welches aber nun in eine
reiſe auf ein landgut iſt verwandelt worden.
§ 812
woͤrter von
den ehen.
Zu vorſtehenden eheſachen gehoͤren nachfolgen-
de ſpruͤchwoͤrter: 1) Wenn die libe alſo zunaͤme,
wie ſie abnimmet, fraͤſen ſich die eheleute fuͤr libe;
oder, es iſt noch kuͤßmonat. 2) Alle freier reich,
und alle gefangene arm; das iſt, man ſoll den
freiern und freiwerbern als aufſchneidern nicht
trauen. Fuͤr einen braͤutigam iſt gut buͤrge ſeyn.
3) Ein alter mann und eine junge frau gewiſſe
kinder. 4) Mann und weib ein leib, wodurch
die gemeinſchaft angezeiget wird. 5) Ein harte
nuß und ſtumpfer zan, ein junges weib und alter
mann, zuſammen ſich nicht raͤumen wohl, ſeines
gleichen ieder nemen ſoll. 6) Es iſt leichter eine
heerde floͤhe, als eine einzige frau zu huͤten. 7)
Des
[347]verlobeten und eheleuten.
Des mannes liſt iſt behend, der weiber liſt hat
gar kein end. 8) Frauen, pferde, und uren,
ſoll man nicht hinleihen, man bekoͤmmt ſie nicht
wieder, wie ſie waren. 9) Heimliche verloͤbniſſe
ſtiften keine ehe. 10) Iſt der finger beringet, ſo
iſt die jungfer gedinget. 11) Wer freien will,
muß ausdinen. 12) Haſt du mich genommen,
ſo muſt du mich behalten. 13) Eheſtand iſt der
heiligſte orden. 14) Eheſtand, weheſtand. 15)
Vile gaben muß der eheſtand haben. 16) Eine
henne kan mehr verſcharren, als zehn haͤne erſpa-
ren. 17) Der maͤnner ehre, iſt auch der frauen
ehre; der weiber ſchande, iſt auch der maͤnner
ſchande. 18) Weiber haben lange kleider und
kurzen ſinn. 19) Ein mann kan ſich eher zu tode
kraͤmen, als eine frau. 20) Nichts libers iſt auf
erden, als frauen libe, wems kan werden. 21)
Wo der mann taub, und das weib ſtumm iſt,
da gibet es die beſten ehen. 22) Eine jungfer
wie du wilſt, eine witbe wie ſie will. 23) Von
gewanderten jungfern haͤlt man nicht vil. 24)
Eine jungfer ſtehet fuͤr einen mann (auſſer gericht).
25) Die dem manne trauet, die trauet auch den
ſchulden. 26) Weiber regiren, iſt eine ſchwere
kunſt. 27) Faule weiber machen die maͤnner
reich. 28) Ein guter mut iſt eigner leib, drum
huͤte dich, narr! und nimm kein weib. 29) Wer
ſein weib verloren hat; der muß ſie in der Schot-
ten-kloſter ſuchen, das iſt, man ſoll ſeine frau fuͤr
den pfaffen huͤten. 30) Es iſt nimand ſchuldig
die kuhe mit dem kalbe zu nemen. 31) Weiber
nemen, iſt kein pferde kauf. 32) Wenn die frau
todt iſt, ſo hat die ſchwaͤgerſchaft ein ende. 33) Wer
eine hure wiſſentlich ehelichet, der iſt ein ſchelm
oͤffentlich; in betracht die Teutſchen mehr keuſch-
heit von einem weibesbilde erfoderten, als von
einer
[348]CX haubtſt. von dem
einer mannsperſon, woran die ausſchweifung diß-
falls keinen ſo groſen eckel erweckete, Gundling
maiorem a foeminis quam a viris requiri caſti-
tatem, § 25 ſ. 54. 34) Aus einer argen hure
wird ſelten ein gut eheweib.
Hundert und zehentes haubtſtuͤck
von dem wittume und leibgedinge.
§ 813
tum iſt?
Der wittum heiſſet derjenige unterhalt, welcher
von ſeiten des ehemannes der ehegattin aus-
geſezet wird, um davon nach ſeinem abſterben le-
ben zu koͤnnen. Selbiger wird auch witem, leib-
geding, leibzucht, vitalitium, vidualitium, dotali-
tium, doarium, vrowenrecht, verweis ꝛc. genennet.
Bei den alten Teutſchen war ſelbiger eigentlich
die Teutſche brautgift, eheſteuer (dos germanica),
welcher in abſicht auf den witbenſtand von dem
ehemanne, oder namens deſſelben dem eheweibe
beſtimmet wurde, davon ſie leben ſollte, Eſtor
de iuribus quibusdam viduarum mulierum
equeſtrium, obſ. II fgg., von Ludewigde
dote mariti,Polac im ſyſtemate iurispruden-
tiae ciuil. German. I, 9, Burgh. Gotth.
Struve in der iurisprudentia heroica, P. II
ſ. 473, Kopp am a. o. im Iten teile ſ. 194 ſ. 220.
Dreyer am a. o. ſ. 95 num. 9, von Senkenberg
in den ſelectis iuris et hiſtoriae P. V ſ. 372 ſ. 524.
§ 814
anlaß gege-
ben hat?
Der wittum war bei den alten Teutſchen
durchgaͤngig eingefuͤret. Es gab darzu den anlas
das unvermoͤgen der weibesperſonen, welche von
ihren vaͤterlichen unbeweglichen guͤtern nichts er-
hil-
[349]wittume und leibgedinge.
hilten, ſo lange der maͤnnliche ſtamm vorhanden
war. Derowegen ſie mit der ausſteuer zufriden
ſeyn muſten. Diſemnach hatten die Teutſchen
weibesbilder auſſer einigen geſchenken, auch irer
ausſtattung, nichts als ire perſonen, welche ſie
belibet machen konnte. Die mannsperſonen mu-
ſten ſich darmit begnuͤgen, und auf irer frauen
fernere verſorgung bedacht ſeyn. Diſer alte ge-
brauch iſt in den nachfolgenden zeiten gebliben,
und in den land- auch vilen ſtadt-geſaͤzen beibe-
halten worden, Fuͤrſtl. Heßiſche gerichtsordnung
vom jare 1497 cap. 29 und cap. 30, Oſtfriſiſch.
landrecht im IIten buche cap. 209, cap. 212, die
Wormſiſche reformation vom jare 1561 im Vten
buche, Vten teile, tit. I. Gleichwol hat diſer ge-
brauch durch die einfuͤrung des Roͤmiſchen rech-
tes, und mit ſelbigem die Roͤmiſche brautgift, eine
merkliche aͤnderung erlitten, immaſen dadurch der
unterſchid zwiſchen dem wittume und dem leibge-
dinge entſtanden iſt.
§ 815
Der unterſchid zwiſchen dem wittume des ho-der wittum
iſt vom leib-
gedinge un-
terſchiden.
hen und nidern adels, auch dem leibgedinge, iſt
nach dem heutigen gerichtsbrauche allerdings be-
gruͤndet; obgleich der wittum aͤlter, als das leib-
geding iſt, Eſtor am a. o. obſ. II ſ. 7 fg. B.G.
Struve in den elementis iuris feudalis cap.
XIII § 374 fgg., herr H. R. Hellfeld in Stru-
vens iurisprudentia heroica P. III ſ. 215 ſ. 233
fgg.; ſintemal das leibgeding einen brautſchaz der
ehefrau vorausſezet, hingegen der wittum ſich auf
die Teutſche brautgabe gruͤndet, welchen der ehe-
mann ſeiner ehegenoßin zu reichen verbunden war,
damit ſie hiervon, und der morgengabe, nach des
ehemannes ableben iren unterhalt haben moͤchte;
folglich der wittum keine mitgift vorausſezet, vil-
mehr
[350]CX haubſt. von dem
mehr derſelbe einer ehefrau, die keine brautgift
eingebracht hat, zuſtehet, PufendorfT. I obſ.
22 § 4 ſ. 36, Heineccius in den elementis iu-
ris Germanici lib. I § 253, Gundlingde em-
tione vxor. § 11-14, von Ludewig am a. o.
ſ. 18 ſ. 24 fg., Kopp in den lehnsproben Iter teil
ſ. 213. Derowegen der wittum einer witbe, wenn
ſie gleich kein heiratsgut eingebracht hat, nichts
deſtoweniger in ermangelung des erbe, woraus
ſie ſtandesmaͤſig unterhalten werden kan, aus dem
lehne gebuͤret, BoͤhmerT. I P. II conſult. 110
num. 4, 8 fg., und conſult. 114 num. 18.
§ 816
leibgeding
zum voraus
ſezet?
Das leibgeding ſezet eigentlich eine abrede zum
voraus, welche uͤber den leibes-unterhalt einge-
gangen worden iſt, Eſtor am a. o. ſ. 19 fgg. ſ.
53 fgg. und de dotalitio propter ſecundas nu-
ptias ceſſante, cap. VI § 33 ſ. 60 fgg. Wachter
im gloſſario ſp. 951.
§ 817
beſtimmet
wird?
Das wittum kan auf verſchidene weiſe beſtim-
met werden, und zwar durch die geſaͤze ſowohl
gewonheiten, durch geſchlechtes- und andere ge-
dinge, eheſtiftungen, durch den lezten willen, nicht
minder zur huͤlfe rechtens, von dem richter B. G.
Struve in der iurispr. heroica P. III ſ. 1 fgg.,
lehnſazungen der grafſchaft Tecklenburg bei dem
Luͤnig in corpore iuris feudalis T. III ſ. 117
§ 14.
§ 818
dem hohen
adel eine
gleiche ge-
burt.
Der wittum erfodert bei dem hohen adel eine
gleiche geburt, Moſer in der ſtaatsgeſchichte kai-
ſer Karls des VII, im IIten teile ſ. 567. Wan-
nenher ſelbiger den eheweibern ungleichen ſtandes
nicht gebuͤret.
§ 819
[351]wittume und leibgedinge.
§ 819
Oftermals bekommet die frau im wittume daswas die frau
fuͤr ein recht
erhaͤlt?
eigentum, Chladenius in der diſp. ius viduae
doariae an merus vſusfructus ſit? oder ein voͤl-
liges niesbrauchsrecht.
§ 820
Die frau erhaͤlt ſtatt der ehemaligen eheſteuerwie die wie-
derlage ent-
ſtanden iſt?
des mannes eine gewiſſe wiederlage, auch wohl
eine verbeſſerung der brautgift, worin ihr, als
auch des eingebrachten halber, nach des eheman-
nes abſterben der niesbrauch zuſtehet, welcher ie-
weilen auf doppelte, oder vierfache zinſen geſezet
wird, Eſtorde iuribus quibusdam viduarum
mulierum equeſtrium ſ. 17 ſ. 20 fgg., Stryk
de iure viduarum nobilium in Saxon. cap. I
§ 22, von Ludewig am a. o. diff. II ſ. 42,
wannenher das leibgeding oͤfters dem lehne oder
ſtammgute zur groſen laſt faͤllet. Daher das
ſpruͤchwort entſtanden iſt: „reiche weiber, arme
[„]kinder; oder reiches ehegelt, arme kinder. Hert.
lib. II par. 23.
§ 821
Die verbeſſerung der brautgift iſt ſowohl will-die verbeſſe-
rung der
brautgift iſt
unterſchid-
lich.
kuͤrlich, als auch geſaͤzlich. Diſe iſt beſonders in
der Brandenburgiſchen Neumark, in den Mek-
lenburgiſchen, auch Pommeriſchen landen bekannt,
von Balthaſar am a. o. ſ. 65 fgg., MeviusP.
II, dec. 224, 228, P. V deciſ. 52, Cothmann
vol. I conſil. 50 vol. 4 conſil. 8 num. 18, von
Ludewig am a. o. Strykde ſucceſſione ab
inteſtato diſſ. 4 cap. 2 § 20, Riccius im ſpici-
legio iuris German. ſ. 572 fg. iedoch findet man
ſie nicht aller orten einerlei, wie denn auch die
rechte derſelben nach den landesgewonheiten un-
terſchiden ſind. Von der willkuͤrlichen findet
man in der Wormſiſchen reformation einiges ver-
ordnet,
[352]CX haubtſt. von dem
ordnet, im Vten teile des fuͤnften buches, tit. III
ſ. 138, und beſtehet darin, wenn der ehefrauen
brautgift von ſeiten des mannes nach beliben und
aus eigenem willen vermeret wird.
§ 822
tum im leh-
ne angewi-
ſen werden
kan?
Der wittum kan one lehnherrliche und lehns-
folger bewilligung in dem lehne nicht angewiſen
werden.
§ 823
ger aufhoͤ-
ret?
Der wittum hoͤret ordentlicher weiſe auf, ſo
bald der witbenſtul verruͤket wird, und die witbe
ſich wieder verheiratet. Hingegen wegen des
leibgedinges iſt die ſache zweifelhaftig. So lan-
ge die eheſteuer, und was ſelbigem anhaͤngig iſt,
auſſer der wiederlage, nicht wieder erſezet wird,
dauert der niesbrauch fort, Joh. Jac. Mascov
de iure feudorum cap. 13 § 9 ſ. 217, Eſtorde
dotalitio propter ſecundas nuptias ceſſante
§ 50 und 58, Moſer im Teutſchen ſtatsrechte
vol. 20 ſ. 426, vol. 26 cap. 136 ſect. 5 § 35 ſ. 18,
Struve am a. o. P. III ſ. 257 § 55 ſ. 277, Ric-
cius am a. o. ſ. 570, 571, Heßiſche gerichts-ord-
nung vom jare 1497 cap. 31 am ende. Uebrigens
ſuchet der freiherr von Senkenbergmedit.
faſc. I ſ. 42-59 und ſ. 87 fgg. zu behaubten, das
leibgeding laufe bei der andern ehe fort. Allein
man kan eine menge urkunden darwider aufſtellen.
§ 824
H. Caſſeli-
ſchen mit
dem einbe-
haltungs-
rechte bei
den lehnguͤ-
tern gehal-
ten wird?
Nach masgebung der Fuͤrſtl. Heſſen-Caſſeli-
ſchen proceß-ordnung vom jare 1745 § 44, wird
nimanden bei lehn- und ſtamm-guͤtern, folglich
auch keiner witbe, das einbehaltungs-recht (reten-
tion) laͤnger, dann ein halbes jar, von zeit des
verſtorbenen verſtattet. Wer alſo in dieſer friſt
ſeine foderung ans lehn nicht erwieſen hat, der
muß
[353]wittume und leibgedinge.
muß weichen und mit einem vorſtande des lehns-
folgers ſich begnuͤgen.
§ 825
Es kan nicht minder der wittum durch hurerei,wenn ſelbi-
ger verloren
gehet?
und ein unkeuſches leben verwirket werden, Eſtor
de iuribus quibusdam viduarum etc. ſ. 37 fgg.
ſ. 43 ſ. 45, wie dann die Leipziger, Wittenbergi-
ſche, Jenaiſche und Halliſchen rechtsgelehrten im
jare 1619 alſo in ſachen Eliſabeten Margareten
von Viztum erkannt haben. Schwederde pri-
vilegio fori perſonarum miſerabilium § 37 ſ.
90 vol. I diſput.Beyer am a. o. cap. I § 19,
Riccius am a. o. ſ. 593.
§ 826
Wenn die witbe im witbenſtande verbleibet,nach der
witben ab-
ſterben blei-
bet das hei-
ratsgut in
den guͤtern
des ehe-
mannes.
und das leibgeding benuzet, ſo dann aber verſtir-
bet, bleibet ihr heiratsgut in den guͤtern des ehe-
mannes, wofern ein anders nicht abgeredet, oder
verordnet worden iſt.
§ 827
Wie aber? wenn der ehemann ſeiner ehegenoſ-
ſin ihre eheſteuer laͤſſet, diſe ſolche auf intereſſenin welchen
faͤllen.
auslenet, ſolches einnimmt und daruͤber quittiret? ob
auf erfolgtes ableben des ehemannes die witbe ſo-
tanen haubtſtul entweder angreifen, und gelter
davon zu irem nuzen verwenden koͤnne? oder ob
die eheſteuer nach ihrem ableben ins lehn falle,
weiln ſie waͤrend ires witbenſtandes doppelte zin-
ſen davon gezogen hat. In ſachen der verwittib-
ten O. V. M. zu S. 1756 iſt diſer fall vorgekom-
men. Wo die witbe mehr als einfaches intereſſe
von irem leibgedinge zihet; allda verbleibet der
brautſchaz im lehne, und ſie kan von haubtſtule
weder etwas auf heben, noch einiges davon zur
bezalung irer ſchulden verwenden.
Z§ 828
[354]CX haubtſtuͤck
§ 828
che zinſen
ſind im rei-
che nicht ge-
braͤuchlich.
Daß vom leibgedinge einer witbe, wie in der
Kur-Mark, vierfaches intereſſe gebuͤre, als 5 vom
100 der brautgift, 5 von hundert, daß diſe im
lehne verbleibe, 5 von hundert der widerlage hal-
ber, und 5 von hundert, daß ſie ins lehn falle, ſol-
ches wird im Reiche nicht beobachtet. S. verehe-
ligte M. z. S. geborne S. z. S. auf K. und W.
beſchwerte ſich 1755, daß die vormundſchaft irer
kinder von den 6000 fl. heiratsgelter nur gedop-
peltes intereſſe, nebſt freier wonung, noͤtiger feue-
rung, futter fuͤr zwei pferde, wiſen zu etlichen
kuͤhen, gaͤrten, kraut und flachslande fuͤr ſie aus-
geworfen habe. Allein man hilte dafuͤr, daß ſie
mit dem gedoppelten intereſſe zu 5 von 100 und
der freien wonung ſich zu begnuͤgen habe; das
uͤbrige aber als eine kindliche wohlthat von iren
kindern anzunehmen habe. In Kur-Sachſen
empfaͤnget die witbe 100 an intereſſe von 1000
brautgift, Menken in ſyſtem. iur. ciu. ſ. 432.
§ 829
me iſt das
gnaden-jar
unterſchi-
den.
Von dem wittume iſt das gnaden-jar der ade-
lichen witben im Bremiſchen, Pommeriſchen,
Hollſteiniſchen, unterſchiden, vermoͤge deſſen die
witben naͤchſt den toͤchtern, oder ſchweſtern des
verſtorbenen adelichen die fruͤchte desjenigen jares
erheben, in welchem ſelbiger das zeitliche mit dem
ewigen verwechſelt hat, ſihe des Joh. Andreen
Hofmanns diſp. de anno gratiae § 16 fgg. ſ. 16
fgg. Schluͤßlich gehoͤret das Meklenburgiſche
erb-jungfern-recht hieher nicht, Moͤller ſ. 324
diſtinctionum feudalium.
Hundert
[355]von der andern ehe.
Hundert und eilftes haubtſtuͤck
von der andern ehe.
§ 830
Sich verentern oder veranern, hiße zwar ſichdie andre
ehe war bei
den Teut-
ſchen ver-
haßt.
der jungferſchaft begeben, oder ſich verehe-
ligen, Keyßler in den antiquitat. ſeptemtr. ſ.
489. Es konte aber die verenderung nur einmal
geſchehen; denn die andre ehe war bei den Teut-
ſchen ſehr verhaſt, wie ſolches Tacitus cap. 19
bereits angemerket hat. Im ſpruͤchworte hiſe es
daher: ſtiefvater, ſtiefmutter; imgleichen: wenn
die henne zum hane kommet vergiſſet ſie irer jun-
gen, Piſtorius cent. X par. 39 und 40 ſ. 998
fgg. Hert.lib. I par. 71. Die Teutſchen hil-
ten eben ſowohl, als andere voͤlker die widerhol-
ten ehen fuͤr unkeuſch, und wolten deswegen, daß
nur die jungfrauen, nicht aber die witben heira-
ten ſollten. Und ob ſie gleich die anderweite ver-
eheligung den letztern nicht gaͤnzlich unterſageten,
ſondern wohl erlaubeten; ſo muſten ſie iedoch ſol-
che freiheit mit erlegung einer gewiſſen ſtrafe buͤſ-
ſen, welche bei den Franken die reubus, oder rei-
pus genennet wurde, Hofmann in den obſeruat.
iuris Germanici ſ. 81, von Eccardad legem
ſalicam ſ. 88, Gundlingde emtione vxor.
cap. I § 22 fg. Es iſt auch ſotaner gebrauch an
vilen orten in uͤbung verbliben. Diſemnach die
witben und ſogar witber verbunden ſind, die her-
gebrachte ſtrafe abzutragen. Die witben muͤſſen
an einigen orten die inen beſtimmte ſtrafe in einem
beutel one nat, welchen man den witben- oder
bocks-beutel nennet, dem richter uͤberbringen,
Knorre in den rechtlichen anmerkungen ſ. 247 fgg.
Z 2und
[356]CXI haubtſtuͤck
und de iure coniugis nuptias iterantis in bonis
propriis et a priore coniuge quaeſitis, cap. II
§ 14 ſ. 19, Boͤhmerde ſecundis nuptiis, cap. I
§ 50 fgg., von Weſtphalde conſuetudine ex
ſacco et libro, vulgo vom bocks-beutel, und
waͤsken-bock § 14 fg. Da hingegen ihr die ober-
keit einen ſchein daruͤber gab, one welchen ſie der
geiſtliche nicht trauen durfte. Diſer ſchein heiſſet
noch zu Gibichenſtein, bei Halle in Sachſen, der
ſtech-ſchein, und das gelt, der ſtech-groſchen,
Knorre am a. o. ſ. 250, Dondorfs diſp. de ſac-
co ſine ſutura § 5 fgg.
§ 831
witbe dabei
verlieret?
Durch die andre ehe verliret die witbe bei fuͤr-
naͤmen den ehrenſtand ires erſten ehemannes, deſ-
ſen gerichtsſtand, das wappen ꝛc. hingegen bei
gemeinen leuten das gewerbe, die handwerksrech-
te, imgleichen andere vorzuͤge und gerechtſamen,
welche ſie vom ſelbigen zu genuͤſſen hatte, jedoch
ſo vil die morgengabe, oder die ſtatutariſche por-
tion, welche ihr vermoͤge der ſtadt- oder land-
rechte, auch inhalts der eheſtiftung, oder kraft
eines lezten willens eigentuͤmlich beigeleget wird,
betrift, behaͤlt ſie ſolche, Beyers diſp. de concu-
bitu intra tempus luctus, cap. II § 9, Knorre
in der bemeldeten diſput. cap. III § 8 fgg. Wo-
fern aber dergleichen verordnungen ermangeln;
wird nach maasgebung des anfalls- oder abwaͤl-
zungs-rechtes, womit die kaiſerliche rechte in L. 3
§ 1 und 5 cod. de ſecundis nuptiis uͤbereinſtim-
men, wenn kinder aus der erſten ehe vorhanden
ſind, dafuͤr gehalten, daß, wenn die mutter, oder
der vater zur zwoten ehe ſchritten, das eigentum
des ererbeten iren andern kindern erſter ehe zufalle,
von Leyſerſpecim. 300 med. 7 ſ. 131 fgg. vol. 5,
Knorre in der angezogenen diſp. cap. III § 2 ſ. 28,
welches
[357]von der andern ehe.
welches auch von dem falle behaubtet wird, wenn
der uͤberlebende ehegatte eines ſeiner verſtorbenen
kinder, nebſt den noch lebenden erbet, und ſich
wieder verheiratet; welchenfalls der niesbrauch
ſelbigen verbleibet, von Leyſer am a. o. med. 7
ſ. 131.
§ 832
Ob aber nach den Teutſchen rechten eine wit-eine witbe,
welche ſich
in der trau-
erzeit wie-
der verehe-
liget,
be, wenn ſie ſich in der geſaͤzmaͤſigen trauerzeit
wieder vereheliget, ehrlos werde? auch ſich des
verſtorbenen ehemannes erbſchaft verluſtig mache,
iſt eine unter den rechtsgelehrten beſtrittene ſache.
§ 833
So viel das erſte belanget, naͤmlich die trauer-wird nicht
anruͤchtig.
zeit, ſo iſt in den Teutſchen rechten unerfindlich,
daß diejenige, welche ſich in ſelbiger zur andern
ehe begeben, anruͤchtig werden ſollen; Gund-
ling in den digeſtis lib. II tit. 3 § 10 ſ. 286 fg.
Schilter in der exercitat. ad π. X, § 38. Iſt
die witbe noch jung; ſo kan man nicht viel von
ihr halten; waͤre ſie aber betaget und nicht
ſchwanger, ſo waͤre es hart, ſie fuͤr anruͤchtig zu
erklaͤren; Gundling am a. o. daher ſotane an-
ruͤchtigkeit wegen der nicht ſchwangern oder beta-
geten in Teutſchlande wegfaͤllet. Es iſt auch diedie trauer-
zeit in
Teutſchlan-
de iſt unter-
ſchidlich.
trauerzeit nach den verſchidenen land- und ſtadt-
geſaͤzen Teutſchlandes gar unterſchidlich. In-
halts der F. H. Caſſeliſchen verordnung vom 9ten
Decemb. 1748, wie es mit kindtaufen ꝛc. auch
begraͤbniſſen zu halten ſey? tit. von begraͤbniſſen
§ 10 ſ. 7, moͤgen eheleute um einander ein halbes
jar trauren. In den Kur-Braunſchweig-Luͤne-
burgiſchen landen ſoll kein pfarrer vorm ablaufe
ſechs voller monate einen witber, und vor endi-
gung eines jares eine witbe bei ſtrafe der ſuſpen-
ſion, trauen, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher
Z 3lan-
[358]CXI haubtſtuͤck
landes-geſaͤze Iter teil ſ. 932. Die Fuͤrſtlich
Zweibruͤckiſche ehe-ordnung ſ. 27 ſezet den witbern
ſechs und den witben neun monate zur trauer.
In den Kur-Saͤchſiſchen neun monate, Menken
im ſyſtemate iur. ciu. ſ. 993, in den Coburgi-
ſchen, Pfaͤlziſchen, Magdeburgiſchen landen ꝛc.
haben die witber 6 und die witben 12 monate zu
trauren. Im herzogtume Gotha und Altenburg
iſt ein ganzes jar one unterſchid darzu beſtimmet,
Schoͤpferde ſtatu viduitatis mutato.
§ 834
ehen, welche
one hohe
erlaubnis
eingegan-
gen worden
ſind, koͤnnen
beſtrafet
werden.
Ob nun gleich diejenige, welche ſich in der
trauer-zeit wieder verheiraten, und one erlangte
diſpenſation ſich trauen laſſen, nicht ehrlos wer-
den; ſo koͤnnen ſie iedoch in eine willkuͤrliche ſtrafe
verfallen und genommen werden, CarpzovP.
IIII conſt. 21 def. 10. Auſſerdem aber, wo die
ausdruͤcklichen Teutſche land- oder ſtadt-geſaͤze
die uͤbrigen in dem Roͤmiſchen rechte geſezten ſtra-
fen, benebſt dem verluſte desjenigen, was der
uͤberlebende ehegenos von dem verſtorbenen erhal-
ten hat, nicht enthalten, iſt eine in der trauer-zeit
ſich verheiratende perſon auch nicht damit zu bele-
gen, BoͤhmerT. III P. III conſ. 534 num. 14,
von Leyſer im ſpecimine 300 medit. 19 ſ. 145
fg. vol. V.
§ 835
verordnun-
gen davon.
Immittels iſt dasjenige, was in dem Wirtem-
bergiſchen landrechte P. IIII tit. II § hineben ꝛc.
der landgerichts-ordnung des herzogtumes Fran-
ken, tit. 107 § 4-6, der Nuͤrnbergiſchen refor-
mation II, 28, 10, und einigen andern land-
auch ſtadt-rechten verordnet iſt, daß naͤmlich der-
jenige, oder diejenige, welche ſich vor verfluͤſſung
der trauer-zeit one hohe erlaubnis verheiraten
wuͤrde, das vom verſtorbenen ererbte verwirket
haben
[359]vom anfalls- oder verfang. rechte.
haben ſollen, zweifels one aus dem Roͤmiſchen
rechte entlihen, iedoch auſſer den benannten lan-
den und orten nicht zu erſtreken.
Hundert und zwoͤlftes haubtſtuͤck
vom
anfalls- oder verfangenſchafts-rechte.
§ 836
Das verfangenſchafts- oder abwaͤlzungs-rechtdas anfalls-
recht wird
beſchriben.
(jus devolutionis) iſt eine gerechtſame, ver-
moͤge deren nach abſterben eines ehegattens das
eigentum der guͤter, welche ſelbiger hinterlaſſen
hat, auch wohl des noch lebenden, nach masge-
bung der beſondern Teutſchen rechte den in der
erſten ehe erzileten kindern anfaͤllet.
§ 837
Diſes recht aͤuſſert ſich auf verſchidene weiſe.ſelbiges aͤuſ-
ſert ſich auf
verſchidene
weiſe.
Denn bald gehoͤret dahin das ſaͤmtliche vermoͤ-
gen, welches in der erſten ehe vorhanden geweſen
iſt, woran iedoch der uͤberbleibende ehegatte den
niesbrauch, oder beiſiz, merenteils auf lebenszeit
behaͤlt; bald werden nur des verſtorbenen guͤter
allein den kindern erſter ehe, dem eigentume nach,
beigeleget; bald faͤllet von des annoch lebenden
vermoͤgen ein gewiſſer anteil diſen kindern eigen-
tuͤmlich zu, Eſtorde iure deuolutionis cap. I
§ 5 ſ. 9.
§ 838
Es moͤgen nun die guͤter den kindern erſter ehedas verſan-
genſchafts-
recht entzi-
het dem
uͤberleben-
auf eine von den vorhergehenden arten zufallen,
wie ſie wollen; ſo werden die auferſtorbene guͤter
der freien gebarung des uͤberlebenden ehegenoſſens
Z 4entzo-
[360]CXII haubtſt. vom anfalls-
den ehegat-
ten die freie
gebarung.entzogen, und heiſſen daher verfangene guͤter,
Friſch im Teutſch-Lateiniſchen woͤrter-buche, Iten
teile ſ. 248, Wormſiſche reformation vom jare
1561 im Vten teile Vten b. tit. I ſ. 137, Lindaui-
ſche vormundſchafts-ordnung tit. VII § 1 ſ. 126,
Beſold im theſauro practico: unter dem worte
ausſpruch: und in der fortſezung deſſelben, un-
ter der rubrik: verfangenſchaft, Wehner in
den obſeruat. practicis unter eben dieſem worte
ſ. 470.
§ 839
anlas gege-
ben hat?
Den anlas zu dieſem rechte hat zweifels one,
nebſt andern urſachen, der haß wider die andre
ehe gegeben; wannenher man ſich beſtrebet hat,
den uͤberlebenden ehegenoſſen vom weitern heiraten
abzuhalten; imgleichen damit die guͤter nicht moͤg-
ten zerſtreuet werden, vilmehr ſolche bei den kin-
dern erſter ehe verbleiben ſollten, welche one dem
bei lebzeiten irer aͤltern in der gemeinſchaft derſel-
ben ſich befunden hatten, Eſtor am a. o. cap. V
§ 1 § 2 ſ. 48 fgg., ſolchemnach die kinder in ires
verſtorbenen vaters oder der mutter ſtelle traten,
darnebſt aus obigen urſachen in des uͤberlebenden
teiles guͤter das eigentum entweder gaͤnzlich oder
nur zu einem gewiſſen teile erhilten, bevorab wenn
er ſich wieder verheiraten wollte; welchem man
noch beifuͤgen moͤgte, daß die Teutſchen fuͤrnaͤm-
lich ſich dahin beſtrebet haben, die ligenden guͤter,
welche meiſtens von den vorfaren herkamen, bei
der famili zu erhalten, Eſtor am a. o. § 4 ſ. 56.
Denn die farende habe gehoͤrete ordentlicher weiſe
nicht dahin, am a. o. cap. 4 § 1-4 fg.
§ 840
mit im
oberfurſten-
tume Heſſen
Der ſtadt- und lands-gebrauch im oberfuͤrſten-
tume Heſſen in den Senkenbergiſchenſelectis
iur. et hiſt. IIIten teile ſ. 283 beſaget hiervon fol-
gendes:
[361]oder verfangenſchafts-rechte.
gendes: „wenn aber ſolche eheleut on geding zu-gehalten
wird?
„ſammen kinder mit einander erzihen, und irer
„eins unter dem andern verſtirbt, und ſolche kin-
„der verlaͤſt, alsdann ſo fallen denenſelben kindern
„alle erbguͤter ſo in ſtehender ehe beide eheleute ge-
„habt, es ſeyn zubrachte, ererbte und errungene
„guͤter zu Marburg, Frankenberg, Gieſen, Schot-
„ten, Kirdorf, Kirchhain, und im amte Eppſtein,
„denen es gleicher geſtalten mit den ablaͤßlichen
„guͤtern und pfanden gehalten wird, eigentuͤmlich
„zu, doch behaͤlt das leztlebende darauf die leib-
„zucht und farend hab, auf welche ſich daſſelbige
„wiederum veraͤndern mag. Gleichergeſtalt wird
„es auch zu Alsfeld, Allendorf an der Lomb,
„Stauffenberg, Bidenkopf, Roſenthal, Nidda,
„im amte Blankenſtein und Ulrichſtein mehrenteils
„gehalten, ohn allein daß zu Alsfeld auch die
„zweiter und folgender ehe kinder nit dann ihr aͤl-
„tern voraͤltern, in erſter ehe anerſtorbenen guͤtern
„zugleich beerbet werden ꝛc.„ Eſtor am a. o.
ſ. 28 fgg. Diſe gewonheit iſt vormals zu Halle
in Schwaben, Frankfurt am Maine, in den Heſ-
ſen-Darmſtaͤdtiſchen landen und vilen andern or-
ten uͤblich geweſen, der ſtadt Coͤlln und der Nider-
lande zu geſchweigen, Eſtor am a. o. Johann
Jacob Helferichde ſecundis nuptiis ſ. 24 fgg.
Schilter im cod. iur. feudalis Alem. ſ. 258
not. b.Knipſchildde fideicommiſſis familiae
cap. XV, 9, Peter Stockmannsde iure deuo-
lutionis, und der prof. zu Coͤlln Gerhart Ernſt
Hamm von Deuſternaw de iure deuolutionis, 4.
§ 841
Daß aber nicht allezeit des verſtorbenen ver-ſota[ne]s
recht begrei-
fet jeweilen
nur einen
teil der guͤ-
moͤgen mit des uͤberbleibenden ehegattens guͤtern
den kindern erſter ehe eigentuͤmlich zufalle, ſon-
dern nur ein gewiſſer teil, beſagen verſchidene
Z 5land-
[362]CXII haubtſt. vom anfalls-
ter des uͤber-
lebenden
unter ſich,land- und ſtadt-geſaͤze. Die Gothaiſche ſtatuten
art. 26 geben davon ein beiſpiel, wie aus folgen-
den ſich ergibet: kommen zwei zuſammen, bringen
erbe und gut zuſammen und was ſie des mehr er-
erben und kinder mit einander, und ſtirbet als-
dann das weib und der mann verruͤket ſeinen wit-
benſtul, ſo ſoll daſelbige mit ſeinen kindern zu tei-
len ſchuldig ſeyn, naͤmlich alſo, der vater nimmet
den anſiz des hauſes auf ſein lebelang und die fa-
rende haabe zuvor, aber die andern erbguͤter, und
was denen anhaͤngig, ſie kommen von vater oder
der mutter her, oder ſie ſeynd erzeuget, ſollen in
2 gleiche teile geteilet werden, und eine haͤlfte der
vater, eine haͤlfte die kinder, ihr ſeyn wenig oder
viel, nemen ꝛc. Inhalts der Frankenhaͤuſiſchen
ſtatuten IIten b. IIIten art. ſoll ein witber oder ei-
ne witbe, welche zur andern ehe ſchreitet, die kin-
der erſter ehe mit dem dritten teile der unbeweg-
lichen guͤter abfinden und entſchichtigen. Des
Grafen Guͤnthers zu Schwarzburg verordnung
wie es in dero graf- und herrſchaften mit der ſuc-
ceßion und erbſchaft ꝛc. gehalten werden ſoll §
zum ſechzehenten, gebitet dem witber ſowohl der
witbe, daß wenn er oder ſie ſich weiter vereheli-
gen wollen, ſie alle guͤter ligende und farende mit
den kindern erſter ehe zum gleichſten in 2 teile tei-
len, alſo, daß die kinder eine haͤlfte, und der va-
ter oder die mutter die andre haͤlfte behalten.
Die Hildesheimiſchen, Hamburgiſchen, Coͤllni-
ſchen und andre ſtadtrechte kommen damit uͤber-
ein, PufendorfT. I obſeru. iur. vniu. im an-
hange ſ. 62.
§ 842
verſtorbe-
nen guͤter
allein.
Die auferſtorbene oder verfangene guͤter wer-
den auch vilfaͤltig in den Teutſchen land- und
ſtadt-geſaͤzen in der bedeutung angetroffen, daß
ſie
[363]oder verfangenſchafts-rechte.
ſie nur diejenigen unter ſich begreifen, welche dem
verſtorbenen ehemanne, oder dem eheweibe zuge-
hoͤret haben, und nach deren abſterben den kindern
angefallen ſind, folglich dem noch lebenden ehegat-
ten dadurch ſeine ſtatutariſche portion an den un-
beweglichen guͤtern entzogen wird, gleichwol diſer
ſein vermoͤgen fuͤr ſich frei behaͤlt, und daruͤber
rechtmaͤſiger weiſe gebaren kan, darnebſt an den
ſeinen kindern angefallenen guͤtern den niesbrauch
behaͤlt, wie denn auf diſe art das Solmiſche land-
recht im IIten teile tit. 28 § 6 und tit. 25 § 2, die
Naſſau-Cazenellenbogiſche gerichts- und landes-
ordnung im IIIIten teile cap. VII, die erneuerte
reformation der reichsſtadt Wezlar im IIten titel
§ 1, 2, die Wormſiſche reformation am a. o.,
die Frankfurtiſche reformation, im Vten teile, Iten
tit. § 6, 7 ꝛc. zu verſtehen ſind. Die Lindauiſche
vogtei- und vormundſchafts-ordnung tit. VII § 1
ſ. 126 enthaͤlt hiervon folgendes: „wenn ein ehe-
„gemaͤcht, mann oder weib, welche unbedingt und
„one beſondern heirats-pact zuſammen kommen,
„vor dem andern mit todt abging, und kinder von
„inen beiden ehelich erzeuget hinter ſich verlies,
„ſolle denſelben all ires abgeſtorbenen vatters oder
„mutters zugebracht, ererbt, und reſpective errun-
„gen- und verlaſſend- farend- und ligendes gut
„heimgefallen und daſſelbe alles ir verfangen
„und eigen angefallen erbgut heiſſen und ſeyn ꝛc.„
Die Sangerhaͤuſiſche ſtatuten vom jare 1556 cap.
IIII verordnen ein gleiches. Von dem abwaͤl-
zungs-rechte in Thuͤringen z. e. zu Ordurf, ſihe
Eſtors kleiner ſchriften IIIten band ſ. 483 fg.
Hundert
[364]CXIII haubtſtuͤck
Hundert und dreizehentes haubiſtuͤck
von der eheſcheidung.
§ 843
policei hier-
bei ſihet?
Die policei ſezet die bevoͤlkerung eines ſtaates
fuͤr das groͤſte wohlſeyn; und weiln aus ei-
ner boͤſen ehe diſer endzwek nicht fluͤſſet; ſo will ſie,
daß der eheſcheidung halber man keine ſchwirig-
keiten in den weg legen ſolle.
§ 844
faͤllen die
Teutſchen
die ehen ge-
trennet ha-
ben?
Hiran kehreten die alten Teutſchen ſich nicht.
Sie hilten iren einmal berichtigten eheverſpruch
heilig, und trenneten nicht leicht die ehen, auſſer
wegen begangenen ehebruchs, Tacitus cap.
XVIIII, der herr graf von Buͤnau im Iten teile
der reichshiſtori ſ. 56; alſo war auch bei inen die
eheſcheidung eben nicht gemein, in betracht beide
teile libe und treue auf das genaueſte gegen einan-
der ausuͤbeten; weshalber dann auch die ehen der
Teutſchen zu des Tacitus zeiten fuͤr untrennbar ge-
halten wurden, iedoch um des ehebruches des ehewei-
bes willen geſchahen eheſcheidungen, Tacitus cap.
XX, herr geheimter juſtizrat Gebauer im progr. de
ſupplicio adulterarum. Nachher ſind noch an-
dere urſachen der eheſcheidungen durch einfuͤrung
der chriſtlichen religion und des geiſtlichen rechtes
bekannt worden, ſihe des herrn prof. Sorbers
probeſchrift, welche unter dem Eſtoriſchen vorſize
gehalten worden iſt, de odio in matrimonia in-
aequalia, cap. I § 7, und die diſp. de diuortio
praeſertim perſonarum diuerſae religionis il-
luſtr. in Germania § 45 ſ. 57, Heineccius am
a. o. ſ. 266 ſ. 272, als die boͤsliche verlaſſung
zum zeiten der Fraͤnkiſchen koͤnige, die aufhebung
mit
[365]von der eheſcheidung.
mit beiderſeitigen bewilligung, die paten- und do-
ten-ſtelle bei der firmelung, Hertcap. III not.
veter. Franc. regni § 3 ſ. 281 vol. II opuſc.
§ 845
Durch den ehebruch wurde die ehefrau desder verluſt,
welchen der
ehebruch
nach ſich ge-
zogen, wird
bemerket.
vom ehemanne ausgeſezten brautſchazes und an-
derer gerechtſamen, welche ſie nach deſſen abſter-
ben erhalten haͤtte, verluſtig. Es faͤllet nicht
minder die brautfreigebigkeit ſamt dem eingebrach-
ten dem ehemanne zu, von Weſtphal in der vor-
rede zum IIIten bande der monument. inedit.
ſ. 81; da hingegen wenn der ehemann die eheliche
treue bricht, verliret er dadurch ſein zugebrachtes
heiratgut und die braͤutelgabe, Schwabenſpigel
cap. 298, Wormſiſche reformation am a. o. ſ.
137, Baieriſches landrecht tit. I art. 5, Naſſau-
Cazenellenbogiſche gerichts- und landes-ordnung,
im IIIIten teile cap. XIV § 4, 5 ſ. 149.
§ 846
Daß der kaiſer Ludewig aus Baiern die Mar-die kaiſerli-
che eheſchei-
dung der
Margare-
ten Maul-
taſch in wird
angezeiget.
gareta Maultaſchin von irem ehegemale geſchiden
habe, iſt eine bekannte ſache. Die trennungs-
urkunde ſtehet bei dem von Leibniz im Iten teile
des cod. iuris gent. diplomatici ſ. 154-156.
Die perſonen waren diſe:
| Johannes Koͤnig in Boͤhmen † 1346. | |
| Carl der IIIIte Kaiſer † 1378 | Johann Heinrich, Markgraf zu Maͤren gebr. 1322 Ite ge- malin Margareta, Hein- richs, Herzogs in Kaͤrnten und grafens zu Tirol toch- ter 1327, geſchiden 1341. |
§ 847
Dieweil aber diſe geſchidene mit dem kaiſerli-der kaiſer
Ludewig er-
teilet des-
chen prinzen Ludewigen zu Brandenburg nicht
ver-
[366]CXIII haubtſtuͤck
falls diſpen-
ſation zu
weiterer
vereheli-
gung,vereheliget werden konnte; ſo erteilete der kaiſer
Ludewig eine diſpenſation ſuper affinitate con-
ſanguinitatis, bei dem von Leibniz am a. o. ſ.
156-158, und des von Olenſchlager urkunden
zu den geſchichten des kaiſers Ludewigs des
Baiern ſ. 212-214.
| Ludewig herzog in Baiern, geb. 1287, Kaiſer 1314 † 1347. |
| Ludewig, markgraf zu Brandenburg, IIte ge- malin Margareta Maultaſchin, herzogs Heinrichs in Kaͤrnten tochter. |
§ 848
pabſt miß-
billiget.
Der pabſt Benedict der XIIte mißbilligte des
kaiſers handlungen, und deſſen nachfolger Cle-
mens der VIte tat am 12ten April 1343 deshalber
den kaiſer in den bann, beſage Raynaldsannal.
eccleſiaſt. T. XVI ſ. 187. Marſilius aus Pa-
dua und Wilhelm von Occam vertaidigten des
kaiſers recht in eheſachen, wie aus Goldaſten
de monarchia imperii T. I ſ. 21, und T. II ſ.
1383 erhellet.
§ 849
den ehe-
ſcheidungen
unter dem
kaiſer Con-
rad II ge-
halten wor-
den iſt?
Unterm kaiſer Conrad dem IIten geſchahe die
ehetrennung, wann einer ſchwur, daß er die zur
ehe nicht leiden koͤnne, Hahns Reichs-hiſtori ſ.
273. Die ehehaͤndel zwiſchen dem koͤnige Lothar
dem IIten und der Thitberga, erzaͤlet gedachter
Hahn ſ. 192, ſihe des Jean de Launoi regiam
in matrimonium poteſtatem.
Hundert
[367]von den hagenſtolzen.
Hundert und vierzehentes haubtſtuͤck
von den hagenſtolzen.
§ 850
Ein hageſtolz iſt eine ledige perſon, welche zwarwas der ha-
genſtolz iſt?
haͤtte heiraten koͤnnen, aber nicht gewollt hat.
Die ableitung dieſes zuſammengeſezten wortes, iſt
unter den gelehrten ſehr beſtritten, ſihe den Wach-
ter am a. o. ſp. 637 und 1615, den Schottel,
den Beyer, und den Friſch am a. o. ſ. 394. Ei-
nige vermeinen, es bedeute diſes wort eine per-
ſon, welche zum hecken, oder zur fortpflanzung
des menſchlichen geſchlechtes ſtolz waͤre; andere
leiten ſolches vom worte: hag, welches ein haus,
oder eine wonung, ein gehaͤge, bedeutet; ſolchem-
nach ein hagenſtolz diejenige perſon waͤre, welche
ſich in irer clauſe, oder dem gehaͤge aufhalte, und
das andre geſchlecht neben ſich verſchmaͤhe. Thue
hinzu des herrn prof. Chriſtian Ferdinand
Harpprechts diſput. de iuribus priuatis ſing.
Alpirſpacenſibus § 10.
§ 851
Die Teutſchen verachteten die frauen feindedie Teut-
ſchen haſſe-
ten ſolche
leute.
und brauthaſſer. Sie hilten daher die alten
junggeſellen fuͤr unwuͤrdig zu einer bedinung; ge-
ſtalt denn noch in der Schweiz, auch vilen Reichs-
ſtaͤdten Teutſchlandes ungeheiratete zu keiner oͤf-
fentlichen bedinung gelangen koͤnnen, Schottel
de variis Germaniae iuribus cap. I § 6, und
Gericken in Schottelio illuſtrato cap. I ad § 2, 3.
Sie waren verachtet und hißen herbſt-knechte.
§ 852
Die hagenſtolzenſchaft hat zweifels one bei denwoher die
hagenſtolz-
ſchaft ent-
ſtanden iſt?
leibeigenen und freigelaſſenen iren anfang genom-
men;
[368]CXIV haubtſtuͤck
men; immaßen man das hagenſtolzen-recht im
Oßnabruͤkiſchen, Kreßde iure hagenſtolzia-
tus etc. cap. III § 1 ſ. 31, cap. VI § 1, Buri am
a. o. ſ. 1205, in den Zolleriſchen, Nellenburgi-
ſchen, Wirtenbergiſchen, Pfaͤlziſchen, und eini-
gen andern landen, wo die leibeigenſchaft fuͤrnaͤm-
lich im ſchwange geweſen iſt, auch teils noch fort
waͤret, antrift, welches nachher durch die policei
in verſchidenen landen z. e. in den Braunſchweig-
Luͤneburgiſchen und Wolfenbuͤtteliſchen, Pufen-
dorf in den obſeruationibus iuris vniuerſi vol.
I obſ. 92 ſ. 230 fg., auf die freien leute erſtreket
worden iſt. Und obgleich ein leibeigener ſich one
bewilligung ſeines leibherrns nicht verheiraten
durfte, ſo ſahen iedoch diſe hingegen auch nicht
gern, daß die leibeigenſchaft mit den gegenwaͤrti-
gen leuten abſterben ſollte. Es fil diſemnach der
verſtorbenen leibeigenen vermoͤgen den herrn zu,
wie ſolches aus den alten Teutſchen geſaͤzen er-
ſcheinet, Kreß am a. o. cap. II § 6, 10 fgg., ge-
ſtalt denn auch ſolches in Heſſen gebraͤuchlich ge-
weſen iſt; beſage des Eſtorsſpeciminis iuris
publici Haſſiaci ſ. 50 fgg.
§ 853
Ludewig
ſind hierin
zu weit ge-
gangen.
Es haben demnach der Kreß am a. o. und in
den uͤbrigen ſtreitſchriften, und der von Ludewig
de hagenſtolziatu exule in Germania, des rech-
ten weges verfelet, wenn der erſte ein allgemeines
recht daraus machen, und der lezte es gar nicht
hat zulaſſen wollen.
§ 854
wirkungen
das hagen-
ſtolzen-recht
habe?
Kraft des hagenſtolzen-rechtes wird den veraͤch-
tern des eheſtandes die freiheit benommen, durch
einen lezten willen ire erworbenen und beweglichen
guͤter andern zu vermachen, Kreß am a. o. cap.
4 § 8 fg. cap. 5 § 1, 2 fgg., von Wernherde
hagen-
[369]von den hagenſtolzen.
hagenſtolziatu, im IIIten Bande der ſelect. obſ.
for. ſ. 177 § 10, Harpprecht am a. o. § 15, vil-
mehr zihet ſolche der fiscus an ſich; da hingegen
die erb- und lehnguͤter den naͤchſten bluts-freunden
oder dem lehnherren anfallen. Immittels hat
man, um ſotanes recht in gewißheit zu ſezen, ein
beſtimmtes alter, z. e. im Alperſpachiſchen 50 jare
bei den eheloſen, und 30 jare bei den witben, oder
eine gewiſſe zeit geſezet, nach deren zuruͤklegung
auch verſtreichung die hagenſtolzenſchaft iren an-
fang nam. Das ſechzigſte jar ſtuͤrzete einen ledi-
gen geſellen in die zal der hagenſtolzen. An eini-
gen orten erſtreket ſich diſes recht, nicht allein auf
die weibesperſonen, ſondern auch auf die witben,
z. e. im Odenwalde, Alperspachiſchen, Schot-
tel am a. o. ſ. 10 von Wernher am a. o. § 9,
Beſold im theſauro practico ſ. 352 fg. Harp-
precht in der angezogenen diſputation § XI
ſ. 52 fgg.
§ 855
Dem hagenſtolzenrechte ſind die zum eheſtandewelche per-
ſonen da-
von befreiet
ſind?
untuͤchtige, beſtaͤndig kranke ꝛc. perſonen nicht un-
terworfen, Harpprecht am a. o. ſ. 53, immaßen
die policei nicht geſtatten darf, daß diejenige, wel-
che dem ſtate mit kruͤppel- oder kraͤnklichen kindern
beſchwerlich fallen, heiraten.
§ 856
Wenn die witben kinder hinterlaſſen, wird derwenn bei
den witben
ſotanes
recht weg-
faͤllet?
fiſcus von der erbſchaft ausgeſchloſſen. Allein in
ermangelung deren ſchluͤſſet der fiſcus die verwand-
ten in aufſteigender und ſeiten lini aus, Harp-
precht am a. o. ſ. 55 § XII.
§ 857
Hat der hagenſtolze ſchulden hinterlaſſen, ſower des ha-
genſtolzen
ſchulden be-
zalen muß?
muß der fiscus ſolche bezalen, Harpprecht ſ. 64,
wenn er deſſelben guͤter zu ſich nimmet.
A a§ 858
[370]CXV haubtſt. von der
§ 858
Braun-
ſchweigi-
ſchen landen
iſt beſagtes
recht abge-
ſchaffet.
Beſagtes hagenſtolzen-recht, iſt ſowol in den
Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landen, im
jare 1732 am 24 julius, als auch in den Braun-
ſchweig-Wolfenbuͤtteliſchen landen 1730 abgeſchaf-
fet und aufgehoben. Sihe der Kur-Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſchen landes-geſaͤze IIII teiles,
VItes haubtſtuͤk num. XIII ſ. 21, und die Haͤlli-
ſchen anzeigen des von Ludewig vol. I num. 44
ſ. 138.
Hundert und funfzehentes haubtſtuͤck
von der aͤlterlichen gewalt.
§ 859
terliche ge-
walt iſt?
Die aͤlterliche gewalt iſt eine gerechtſame der
aͤltern, ire kinder zu erzihen, auch deren
handlungen zu iren und des ſtates beſten zu lenken.
§ 860
hat daran
anteil.
Nach masgebung der Teutſchen rechte, hat die
mutter ebenfalls anteil an der zucht und gewalt
uͤber ire kinder; geſtalt die Teutſchen desfalls dem
natuͤrlichen rechte nachzugehen pflegen, folglich,
da die mutter zur wirklichkeit und zum daſeyn der
kinder das irige ebenfalls beitragen muß, die mut-
ter eben ſo viel gewalt hat, als der vater; jedoch
gehet es im zweifel dem vater nach, als dem haub-
te der ehelichen geſellſchaft, von Lynker diſp. de
matris poteſtate in liberos § 13 ſ. 14, Johann
Heinrich Felzde patria poteſtate § 12, Ric-
cius am a. o. ſ. 431 fgg. Beiden aͤltern muß
alſo ehrfurcht und libe von den kindern erzeiget
werden.
§ 861
[371]aͤlterlichen gewalt.
§ 861
Die Teutſchen litten keine ammen, ſondern diedie Teut-
ſchen litten
keine am-
men.
muͤtter muſten ire kinder ſelbſt ſaͤugen, Tacitus
de moribus German. cap. XX § 2, Herr vo [...]. II
T. I ſ. 18 opuſc. Denn ſie ſagten: was von hu-
ren ſaͤuget, das iſt zum huren geneiget, Piſtorius
cent. 5 par. 69. Sihe indeſſen Geergen Heinr.
Behrs phyſiolog. ſ. 184 und 546. Die ammen
und hausgenoſſen, welche von der erſten geburt
um die kinder geſezet werden, ſollen weiſe und tu-
gendhaft ſeyn, Carl Rollins anweiſung, wie
man die freien kuͤnſte lehren und lernen ſoll, ſ. 273
fgg. des Iten bandes.
§ 862
Hausarbeit und libesdinſte muͤſſen die amwas fuͤr
dinſte die
kinder den
aͤltern ſchul-
dig ſind?
brodte ſich befindende kinder umſonſt verrichten,
auſſer, wenn dadurch eines den aͤltern das geſinde
erſparet und die uͤbrigen kinder fuͤr ſich ſind, oder
dinen, Barth im diſſenſu 743 § 2 ſ. 366
cent. VIII.
§ 863
Bei der erzihung haben vater und mutter glei-bei der erzi-
hung haben
die aͤltern
gleiche fuͤr-
ſehung.
che fuͤrſehung, auch wegen der bevormundung,
Georg Adam Renzensmixtura iuris Romani
et Germanici in materia patriae poteſtatis con-
ſpicua,Struvensiurisprudentia heroica P. V
cap. I § III-VII ſ. 7 fgg. obgleich die laſt der er-
haltung der kinder und deren ernaͤrung mehr den
vater als die mutter beſchweret, Knorrede ali-
mentis a matre liberis praeſtandis,Moſer im
Teutſchen ſtats-rechte P. XXII ſ. 169 fgg. Struve
am a. o. ſ. 35, wofern nur der vater im ſtande iſt,
ſolcher ſchuldigkeit ein genuͤge zu tun.
§ 864
Die aͤltern haben das recht ire kinder mitden aͤltern
ſtehet ein
zwangs-
zwangs-mitteln zu demjenigen anzuhalten, was
A a 2zu
[372]CXV haubtſt. von der
recht uͤber
ire kinder
zu.zu irem beſten abzilet, folglich ſtehet inen das recht
zu, wo die guͤte nichts verfangen will, die kinder
taͤtlich zu zuͤchtigen. Diſe zuͤchtigung aber muß
iederzeit dahin abzwecken, daß der kinder vollkom-
menheiten befoͤrdert werden moͤgen, wiewol die
wenigſten aͤltern ire pflichten deßfalls beobachten.
Alle aͤltern ſollten nach den ungemein vernuͤnfti-
gen regeln, welche Rollin am a. o. vorgeſchriben
hat, zu werke gehen. Denn die eindruͤcke des
guten und boͤſen bekommen die menſchen in den
erſten jaren und diſe wachſen mit den zunemenden
jaren in die ganze natur. Es iſt alsdann ſchwer
die ſitten in eine andere form zu guͤſſen. Die be-
ſten pflanzen verderben, wenn ſie einem unverſtaͤn-
digen gaͤrtner in die haͤnde geraten; da hingegen
ein geuͤbter und erfarner gaͤrtner auch die wilden
ſtaͤmme durch zeitige beugungen, ſchneiden, pfro-
pfen, und oculiren, tragbar, ſchoͤn, nuͤzlich, und
die noth-
wendigkeit
der kinder-
zucht wird
gezeiget.brauchbar zu machen ſuchet. Die zucht der
menſchlichen gemuͤter erfodert eine gleiche und noch
groͤſſere ſorgfalt ſowohl wiſſenſchaft, wenn ſie
wohl geraten und einen guten ausgang gewinnen
ſoll, in betracht ſelbige auf das innerliche und
aͤuſſerliche des leibes und der ſelen gehet, wie dann
auch die gemeine wohlfart eines ſtates davon ab-
haͤnget, tugendhafte, ſittſame, gottesfuͤrchtige
und vernuͤnftige untertanen zu haben. Will de-
ren ein weiſer regent teilhaftig werden; ſo muß
er dieſes geſchaͤfte mit aller erſinnlichen ſorgfalt
und aufmerkſamkeit ſich am herzen ligen laſſen.
Denn die gute einrichtung der kinderzucht iſt auch
ein wirkſames mittel die faulheit und den muͤſſig-
gang auszurotten. Die jugend iſt daher in den
grundſaͤzen und begriffen der gottesfurcht, guter
ſitten, der ehre und redlichkeit zu unterweiſen;
der fleis, als die ruͤmlichſte eigenſchaft eines mit-
glides
[373]aͤlterlichen gewalt.
glides des gemeinen weſens, iſt ſelbiger einzupraͤ-
gen; es ſind die pflichten derſelben vorzutragen,
welche ſie einmal als hausvaͤter und buͤrger des
ſtates zu erfuͤllen hat. So iſt auch ferner bei der
kinderzucht fuͤrnaͤmlich darauf zu ſehen, daß man
den kindern keine boͤſe beiſpile und aͤrgerniſſe ge-
be ꝛc. Sihe mit merern des herrn von Loen
entwurf einer ſtatskunſt ſ. 183 fgg. Die groͤſten
miſſetaͤter im ſtate ſuͤndigen meiſtens aus mangel
der erzihung. Bei vilen bauern und buͤrgern
gleichet die kinder-zucht der auferzihung eines vi-
hes, fuͤrnaͤmlich eines jungen hundes. Wenn
doch alle aͤltern und lehrmeiſter die haubtſtuͤcke er-
ſagten Rollins in den haͤnden und koͤpfen haͤtten!
§ 865
Den aͤltern ſtehet frei, allenfalls ire kinder insdie aͤltern
koͤnnen ire
kinder al-
lenfalls in
das zucht-
haus brin-
gen, aber
nicht ertoͤd-
ten,
zuchthaus zu bringen, welches auch ein vormund
mit bewilligung der oberkeit tun kan, Gundling
in den π. ſ. 79, die Soeſtiſche neue ſchra, num.
64, Meviusad ius Lubecenſe I, 3, num. 11
und P. IIII deciſ. 184 num. 6. Allein uͤber leben
und todt der kinder haben die Teutſchen den aͤl-
tern ſo wenig eine macht gegeben, Gebauer am
a. o., als weniger inen die freiheit ire kinder zu
verkaufen, zu verſchenken, auszulegen, oder zu
verpfaͤnden, zugeſtanden worden iſt, Thomaſius
de patria poteſtate cap. II § 8.
§ 866
Der aͤltern obligenheit erheiſchet iren kinderninen lebens-
regeln fuͤr-
ſchreiben,
in der jugend lebens-regeln fuͤrzuſchreiben. Sie
koͤnnen ſelbige ſowohl in den glaubensleren unter-
richten, als auch andern zu diſem ende uͤbergeben.
Sihe des Hunefelds diſp. de iure et poteſtate
parentum circa religionem liberorum,Stru-
ve am a. o.
A a 3§ 867
[374]CXV haubtſt. von der
§ 867
religion die
kindeꝛ, wenn
die aͤltern
zweierlei re-
ligionen zu-
getan ſind,
erzogen
werden ſol-
len?
Wie aber, wenn die ehegatten zweierlei reli-
gionen zugetan ſind? oder die kinder keine aͤltern
mehr haben, und in was fuͤr einer religion man
ſelbige erzihen laſſen ſolle? Die frage kam auf
der executions-zuſammenkunft der reichs ſtaͤnde in
Nuͤrnberg 1650 vor, beſage des von Meiern
actor. execut. Iten teiles ſ. 754. Man war
darin einig, daß die kinder beiderlei geſchlechtes
in des vaters religion erzogen werden ſollten.
Nur konnte man ſich nicht uͤber die unterſchei-
dungs-jare vereinigen. Die Roͤmiſch-katholi-
ſchen ſezten anfaͤnglich das XVte, aͤnderten ſich
aber hernach und behaubteten: die entſcheidungs-
jare waͤren alsdann vorhanden, ſo bald eine per-
ſon zur beichte und zu dem heiligen abendmale ge-
laſſen wuͤrde. Die Evangeliſchen hingegen ſeze-
ten das XVIIIte jar zum grunde; geſtalt die kin-
der alsdann ſich erklaͤren koͤnnten: ob ſie bei der
religion verbleiben wollten? oder nicht. Die
ſtatsſchriften unterm kaiſer Franz dem Iten ſ. 475
fgg. des VIten bandes, Friderich Benedict
Carpzovs diſp. de eo quod iuſtum eſt circa
nuptias perſonarum diuerſae religionis, Wit-
tenberg 1735.
§ 868
ter geſtor-
ben iſt?
Dafern aber der vater fruͤhzeitig verſtorben iſt,
und die mutter die kinder in ihrer religion auferzi-
het, ſo ſind die vormunden befuget, ſotane kinder
der mutter zu entziehen, und in des vaters religion
unterrichten zu laſſen. Die herrſchende religion
vermag deshalber eines zwanges ſich nicht zu be-
dinen. Beharren unter deſſen ſotane kinder bei
einer andern gedulteten religion, ſo kan man ſie
weder zur beichte, noch zum heiligen abendmale
zwingen, ſondern man laͤſſet ihnen raum und friſt,
biß
[375]aͤlterlichen gewalt.
biß nach zuruͤkgelegtem XVIIIten jare. Bevorab
in den benachbarten reformirten Naſſauiſchen
landen die confirmation bis ins XVIIIte jar mei-
ſtens anſtehet. Die pruͤfung durch einen geiſtli-
chen, ob die kinder den unterſchid beider religionen
anzugeben wiſſen, iſt kein hinreichendes mittel aus
der ſache zu kommen. Sihe Iſrael Gottl.
Canzensiuris libere ſentiendi limites, 4. und
deſſen diſciplinas morales omnes ſ. 299 fgg.
und ſ. 931, wo er nicht geſtatten will, daß man
die uneheligen kinder einer andern religion, als
der aͤltern, widme.
§ 869
So lange die kinder unter der aͤltern gewaltdie kinder
koͤnnen mit
andern one
der aͤltern
bewilligung
keine wich-
tige hand-
lung unter-
nemen.
ſtehen, koͤnnen ſie one deren bewilligung keine
wichtige handlung mit andern leuten unternemen.
Derowegen ſie one deren einwilligung ſich nicht
verheiraten duͤrfen ꝛc. Hert vol. II T. I ſ. 283,
287 opuſc. obgleich die Teutſchen von dem ge-
nauen bande, auch der Roͤmiſchen einheit zwiſchen
aͤltern und kindern nichts gewuſt haben, vilmehr
unter diſem contracte errichtet werden, nicht min-
der die aͤltern iren kindern haben ſchenken koͤnnen,
imgleichen die kinder fuͤr ſich etwas zu erwerben
vermocht haben und noch vermoͤgend ſind, ob-
gleich den aͤltern deſſen niesbrauch, ſo lange die
kinder unter irer gewalt ſich befanden, zugehoͤrete.
Sihe des Titius diſp. de contractibus patris et
liberorum in poteſtate eius exiſtentium, des
herrn H R. Hellfelds diſp. de diuerſo pignoris
iure liberis in parentum poteſtate competente,
§ 14, des herrn H. R. Brauns diſp. de vſufru-
ctu parentum in bonis liberorum. Jedoch ver-
mag ein ſon, uͤber ſeines canonicats einkuͤnfte,
wenn er gleich noch unter vaͤterlicher gewalt ſtuͤn-
de, einen lezten willen zu errichten, Luͤder Men-
A a 4ken
[376]CXVI haubtſt. von der ehrlichm.
kende iure diſponendi filiifamilias, religioni
Proteſtantium addicti, circa canonicatum ſ.
714 fgg. diſſertationum. Nicht weniger ſind
die gedinge der aͤltern mit iren kindern wegen an-
ſchlages der guͤter ꝛc. zu rechte beſtaͤndig.
§ 870
gewalt der
aͤltern iſt
von der Roͤ-
miſchen un-
terſchiden.
Diſemnach iſt die Teutſche gewalt der aͤltern
von der Roͤmiſchen ganz unterſchiden. Die ehr-
furcht und libe der Teutſchen gegen ire aͤltern iſt
jederzeit ſehr groß geweſen. Ja man haͤlt noch
heutiges tages auf diejenigen kinder nichts, welche
iren aͤltern grob begegnen. Von der ſtrafe derer-
jenigen, welche ire aͤltern ſchlagen, ſihe des herrn
von Piſtoriusamoenitates iuris et hiſtoriar.
vol. I ſ. 157. Eine beſchimpfung der aͤltern erfo-
dert eine kniende abbitte.
Hundert und ſechzehentes haubtſtuͤck
von der ehrlichmachung der uneheli-
chen kinder.
§ 871
terliche ge-
walt bei den
Teutſchen
erlanget
worden iſt?
Die vaͤterliche gewalt uͤber die kinder wurde
bei den Teutſchen durch eine rechtmaͤſige
ehe erlanget. Sie wuſten vom anfange nichts
von der legitimation, wie die Roͤmer, ſondern
glaubeten, daß alle auſſer der ehe erzilte kinder ei-
nen flecken haͤtten. Sie nenneten ſelbige wanbuͤr-
tige, mantelkinder, libkinder, welche der landes-
lehn- auch erb-folge nicht faͤhig waren, Hahns
reichs-hiſtori im IIten teile ſ. 265; und obgleich
nachher die legitimation bei den Teutſchen be-
kannt wurde, ſo hilte man dennoch die legitimir-
ten kinder nicht fuͤr lehn- auch wohl nicht einmal
fuͤr
[377]der unehelichen kinder.
fuͤr erbfaͤhig, Grupende vxore Theodiſca ſ.
256 fgg., von LeibnizT. III ſcript. rerum
Brunſuic. ſ. 488. Nach dem Cimbriſchen rechte
erhilten ſie halb ſo viel, als ein ehelicher ſon, von
Weſtphal am a. o. vol. IIII, ſ. 1721, nachher
wurden ſie den ſchweſtern gleich gemachet, ſ. 1904
Es wurden auſſerdem diejenige, welche nicht rech-
ter natuͤrlicher ehelicher geburt waren, von den
ehren und wuͤrden ausgeſchloſſen, geſtalt denn ſol-
ches von den kaiſerlichen und Reichskammerge-
richtsbeiſizern erfodert wird, I teile, IIIten tit. § 2.
§ 872
Wenn alſo einem auſſer der ehe gebornen kindewas legiti-
miren iſt?
diſer makel abgenommen wurde, hiſſe ſolches
legitimiren.
§ 873
Anfaͤnglich da die Teutſchen entweder aus demwie es da-
mit unter
den Fraͤnki-
ſchen koͤni-
gen gehal-
ten worden
iſt?
heidentume noch die uͤberbleibſale an ſich trugen,
oder die geiſtlichen diſe, oder jene fuͤr eine eheliche
frau nicht achteten; geſchahe es, daß die unehe-
lichen prinzen den Fraͤnkiſchen koͤnigen folgeten,
Philip Ludewig Huthde his qui notantur in-
famia § XI ſ. 23. Joh. Nic. Hert in der notitia
veteris Francorum regni cap. IIII § 9 ſ. 366
vol. II opuſcul. T. I erwaͤnet des Sigeberts,
Diterichs, Theodebalds, Chilperichs und Si-
geberts, welche, als unaͤchte Prinzen, an der
Fraͤnkiſchen Reichsfolge teil genommen haͤtten.
Ich will nur Ludewigs des Iten oder Clodovei
meldung tun:
A a 5Lude-
[378]CXVI haubtſt. von der
| Ludewig I geb. 465 † 27 nov. 510, N. N. ein kebsweib, 2) Crotild, die gemalin | |||
| 1 | 2 | 2 | 2 |
| Diterich oder The- odorich bekoͤmmt Auſtraſien, u. hat ſein hoflager zu Mez † 548, ein un- aͤchter prinz. | Chlodomer, ein ehelicher prinz wird koͤnig von Orleans, † 524. | Chlotar, koͤnig zu Soiſſons 510, † 561 ein eheli- cher prinz. | Childebert, ein eheli- cher prinz, koͤnig von Paris † 558. |
gehet mit
den eheli-
chen prinzen
in gleiche
teile.
kaiſer Ar-
nulph war
ein unaͤch-
ter ſon des
Karlmanns
Hiraus veroffenbaret ſich, welcher geſtalt der
uneheliche prinz Diterich mit den ehelichen ſoͤnen
in gleiche teile gegangen ſey.
§ 874
Lenken wir unſer augenmerk auf Arnulphen,
den im jare 899 verblichenen Roͤmiſchen kaiſer,
ſo erblicken wir an ihm einen unehelichen ſon Karl-
manns, koͤniges in Baiern, Pannonien, Kaͤrn-
ten, Maͤren, Boͤmen und Wendlandes, der
von dem kebsweibe Ludswirida erzilet worden iſt,
auch nebſt dem ehelichen ſone Ludewigen, dem IIII,
Zwentibolden, koͤnigen von Lotringen hinterlaͤſſet,
ungeachtet dieſer von der Ellinrat, einer beiſchlaͤ-
ferin geboren war.
§ 875
derichs II
natuͤrliche
ſoͤne werden
namhaft ge-
machet.
Der kaiſer Friderich der IIte, welcher 1250 den
weg alles fleiſches ginge, hatte zwei kebsweiber,
deren iedes Blanca hiſſe. Von der erſten war
Ens, oder Heinrich erzilet, den der vater zum
koͤnige in Sardinien und Corſica 1246 machete.
Von der zwoten beiſchlaͤferin Blanca waren
Manfred, fuͤrſt von Tarento und 1258 koͤnig in
Sicilien, ſodann Friderich graf von Alby, fuͤrſt
zu Antiochien, geboren.
§ 876
urſachen die
legitima-
Schon vor diſen zeiten wurden die Teutſchen
gegen die wanbuͤrtigen des nidern adels und der
gemei-
[379]ehrlichmachung der unehel. kinder.
gemeinen leute ganz ſproͤde, und glaubeten, daßtion einge-
fuͤret wor-
den iſt?
inen ein ſchandflek anklebete. Derowegen der
kaiſer und der pabſt ein mittel erdachten, aus kai-
ſerlicher und paͤbſtlicher macht dergleichen ſchand-
flek wegzunemen, welches ſie legitimiren hiſſen,
Juſt Henning Boͤhmerde legitimatione libe-
rorum ex damnato coitu natorum, § 16 § 886
des Iten teiles der exercitationum ad π.
§ 877
Dahin zaͤlete man die aus ehebruch, verbotte-welche kin-
der legiti-
miret wor-
den ſind
nem grade, von einer juͤdin und chriſten, von ei-
nem leibeigenen und einer freien, aus ungleicher
ehe, von einem moͤnche und einer nonne, und
ſonſt von einem pfaffen erzieleten kinder; weiter,
die unehelichen, zwiſchen deren aͤltern zur zeit des
beiſchlafes keine ehe ſtatt fande, Boͤhmer am a. o.
Philipp Ludewig Huth in der diſp. de his,
qui notantur infamia § VII ſ. 10, § XI ſ. 22 fgg.
§ 878
Jedoch hat man diſes auf die unehelichen kinderdie uneheli-
chen kinder
der koͤnige
wurden
nicht legiti-
miret, bis
auf die zei-
ten K. Ru-
dolphs.
der koͤnige und fuͤrſten nicht erſtreket, ſondern
diſen wenigſtens den grafenſtand verſtattet, des-
halber ſie keiner ſtandeserhoͤhung bedurften. Je-
doch liſe durch den kaiſer Rudolph den Iten der
markgraf Heinrich zu Meiſſen ſeinen mit der Elſe
von Maltiz aus ungleicher ehe erzileten ſon Friz
1278 legitimiren, inhalts der urkunde beim We-
cken in der beſchreibung der ſtadt Dresden ſ. 159 fg.
und des gruͤndlichen berichtes beim Moſer in den
beilagen zu des kaiſer Franzens des Iten wahl ca-
pitulation ſ. 125 fgg.
§ 879
Der koͤnig Ludewig der XIIII in Frankreichder K. Lude-
wig XIIII in
Fr. legiti-
miret ſeine
natuͤrlichen
prinzen.
legitimirte ſeine natuͤrliche prinzen und dieſe be-
gerten daher, daß nach der alten Fraͤnkiſchen weiſe
die thronfolge inen vor dem izigen Spaniſchen
hauſe
[380]CXVI haubtſt. von der
hauſe dereinſt zufallen moͤgte, der XLVte ein-
gang des buͤcher- und ſtats- cabinets ſ. 128 fgg.
Lorenz, aus dem Hauſe Medicis, zeugete mit ei-
ner beiſchlaͤferin 1478 den Julius, welcher 1513
Kardinal, und 1523 unterm namen Clemens des
VII pabſt wurde, Lohmeiers ſtammtafeln CCII.
Der enkel kaiſer Ferdinands des Iten, ein ſon
des erzherzoges Ferdinands, aus der ungleichen
ehe mit der Philippinen Welſerin, freiin von
Zinnenberg, einer alt adelichen, genannt, An-
dreas von Oeſterreich geboren 1558, wird kardi-
nal, biſchof zu Koſtniz 1590, zu Brixen 1591,
ſtatthalter der Niderlanden 1598, † 1600. Fer-
dinand Karl, erzherzog von Oeſterreich in Tirol,
zeugete 1619 einen ſon Cyriac Troyern von Gis-
bach, freiherrn von Troyenſtein ꝛc. deſſen fuͤr-
naͤme nachkommen Koͤhlers wapenkalender von
1756 ſ. 23 meldet. Der ſon Friderichs des ſig-
haften, pfalzgrafens bei Rheine, den er mit der
Klaren von Tettingen erzeugete, Friderich, herr
zu Scharfenecke, ward Domherr zu Speier und
Worms † 1474.
§ 880
unehelichen
kinder gro-
ſer herren
hatte man
einen ekel
ſeit den zei-
ten K. Con-
rads II.
Unterdeſſen iſt nicht zu leugnen, daß ſchon ſeit
den zeiten kaiſer Conrads des IIten man wider
die unehelichen kinder der groſen herren einen ekel
zu faſſen begonnen hat. Denn in einer urkunde
beim Schaten im Iten bande der annalium Pa-
derbornenſium aufs jar 1130 ſ. 477 heiſet es:
quia ‒ ‒ ‒ Bernhardus comes ſpurius erat,
quod vulgo wanbuͤrtig dicunt. Deshalber
man ihm das ſchloß Pattberg genommen habe.
Den wanbuͤrtigen ſezet man die ebenbuͤrtigen ent-
gegen.
§ 881
[381]ehrlichmachung der unehel. kinder.
§ 881
Uebrigens haben Kur-Sachſen, Kur-Bran-die hofpfalz-
grafen ſind
in verſchi-
denen lan-
den dißfalls
eingeſchraͤn-
ket.
denburg und Heſſen-Caſſel die gewalt der hof-
pfalzgrafen in dieſem ſtuͤcke eingeſchraͤnket. Der
zeitige decanus hiſiger juriſten-facultaͤt iſt zwar
kaiſerlicher hofpfalzgraf; allein die unehelich ge-
bornen untertanen darf er nicht ehrlich erklaͤren.
§ 882
Im jare 1243 legitimirte kaiſer Friderich II die
Avesniſchen kinder und machete ſie erbfaͤhig. Der
brif ſtehet beim HahnIII ſ. 274 Martene und
DurandoT. I theſ. anecd. ſ. 1021, ſihe auch
des Chriſtian Gottlib Schwarzens diſp. de
antiquo ritu legitimandi liberos illegitimos
per pallium § 5. Indeſſen entſtand deshalber
groſer ſtreit, Struve in der iurisprud. heroica
T. I ſ. 49 fg., welcher durch ſchidsrichter ge-
ſchlichtet wurde. Margarete von Hennegau und
Flandern zeugete naͤmlich mit Burghardten von
Avesnes, capitularen zu Syſſel, 3 Soͤne. Nach-
her heiratete ſie Wilhelmen von Dampierre und
erzilete mit diſem ebenfalls 3 ſoͤne. Alſo wollten
die Avesnes und die Dampierre einander in der
erbfolge ausſchluͤſſen. Man merket davon fol-
gendes:
| Burghard von Avennes | Margareta | Wilhelm von Dampierre | |||
| Johannes bekoͤm̃t Hen- negau mit ſeinen zube- hoͤren. | Balduin | N. N | Wilhelm | Johannes | Guido |
Simon Friderich Hahnsobſeruationes iuris
publici § 3 ſ. 15-19.
§ 883
[382]CXVI haubtſt. von der
§ 883
die ehrlich-
machung
iſt?
Nach dem heutigen gerichtsbrauche teilet man
die ehrlichmachung der unehelichen kinder in die
voͤllige und nicht voͤllige ein. Jene bewirket die
erbfolge; dieſe aber nicht. Sie geſchihet durch
die trauung, oder einen kaiſerlichen brif, oder ein
reſcript des landesherrn. Gribnerde iure legi-
timandi comitum Palatinorum in terris prin-
cipum imperii, und de iure legitimandi prin-
cipum imperii. Die durch die trauung nimmet
nicht allein die makel weg, ſondern erteilet auch
die erbfolge in den Faͤllen, worin man noch den
Roͤmiſchen rechten folget.
§ 884
keine lehn-
folge.
Allein keine lehnsfolge bewirket ſelbige II F.
26 § naturales,Bauerde ſucceſſione legiti-
matorum per nuptias exule in feudis § 5, 6.
Struve am a. o. P. IIII ſ. 531, P. VII § 19, 20
ſ. 477, Grupen am a. o. cap. 6 § 1, 2, wofern
der lehnsherr nicht beſonders darein gehelet. Sie
gibet kein recht der erſtgeburt, auch keine mitbe-
lehnſchaft, von Leyſerſpec. 19 med. 3, Struve
am a. o. ſ. 535, Schroͤterde legitimatione,
ſect. III § 7. Sihe indeſſen Barthsdiſſenſum
362 und 303.
§ 885
bei gemei-
nen leuten
das recht
der famili.
Bei gemeinen leuten wirket ſie das recht der
famili; es muͤſſen nicht minder dergleichen ehrlich
gemachte kinder in die zuͤnfte aufgenommen wer-
den; ſie koͤnnen auch zu andern ehrenaͤmtern ge-
langen. Bevor aber ſolches geſchehen iſt, wer-
den die unaͤchten kinder weder zu ehrenwuͤrden ge-
laſſen, noch in den zuͤnften angenommen.
§ 886
[383]ehrlichmachung der unehel. kinder.
§ 886
Der kaiſer uͤbet ſotanes recht entweder unmit-wie der kai-
ſer ſolches
recht aus-
uͤbet?
telbar, oder vermittels anderer perſonen aus.
Dieſes geſchihet durch die ſo genannten pfalzgrafen.
§ 887
Die nicht voͤllige legitimation erfodert eben kei-wie die nicht
voͤllige be-
ſchehen kan?
nen lebenden vater, auch keine einwilligung des
vaters, oder des unehelichen kindes, wenn ſie
vom vater oder iemand anders geſuchet wird.
Sie beruhet auf dem kaiſerlichen reſcripte und be-
wirket ſo viel, daß man im Teutſchen Reiche fuͤr
ehelich geboren gehalten wird, iedoch leget ſie
keine familien- oder erbfolge-rechte in abſicht auf
den vater und deſſen geſchlecht bei, wenn der va-
ter ſolches nicht beſonders verlanget. Es koͤnnen
alle kinder legitimiret werden.
§ 888
Die unehelichen kinder wurden ieweilen gericht-die legiti-
mation ge-
ſchahe ie-
weilen ge-
richtlich.
lich legitimiret, von Weſtphal am a. o. T. IIII
ſ. 1721, 1904, Dreyer am a. o. ſ. 98, Grupen
am a. o. § 10 ſ. 271, 272.
§ 889
Von den mantelkindern ſihe des Riccius ſpi-vom na-
men: man-
telkinder.
cilegium iuris Germanici ſ. 458 fg., den Drey-
er am a. o. ſ. 97, den Schwarz am a. o. ſ. 271.
Diſen namen erhalten ieweilen die nicht legitimir-
te kinder. Unterdeſſen iſt diſe benennung im
Reiche nicht gewoͤhnlich.
Hun-
[384]CXVII haubtſt. von der
Hundert und ſibenzehentes haubtſtuͤck
von der anwuͤnſchung der kinder
(adoption), auch annemung zum vater oder
mutter, oder zum bruder, oder zur ſchwe-
ſter, oder zum ſone.
§ 890
Teutſche
adoption
beſtanden
hat?
Der Teutſchen adoption beſtand darinn, daß
man einen, welchen man werth und lib
hatte, adoptirete, und ihn dadurch fuͤr ſeinen be-
ſten freund erklaͤrete. Es geſchahe ſolches auf ver-
ſchiedene weiſen, auch mit ſonderbaren feierlich-
keiten, ſihe des herrn ſyndicus zu Bremen, Ever-
hardts Ottoiurisprudentiam ſymbolicam,
exercit. III cap. VII-VIIII, den von Kulpis
de adoptionibus et emancipationibus cap. I
§ 17 fg. den von Piſtorius in den amoenitati-
bus iur. et hiſtor. im Iten teile ſ. 122, VIIten
teile ſ. 1826 fgg. ſ. 1852 fg. ſ. 1913, den Thoma-
ſiusde adoptionibus, den Burghardt Gotth.
Struven in der iurisprudentia heroica P. IIII
ſ. 411 fgg., den Knorre in der diſp. de nobili-
tate adoptiua, den von Weſtphal am a. o.
T. II ſ. 21.
§ 891
fuͤr wirkun-
gen gehabt
hat?
Ordentlicher weiſe bewirkete ſotane anwuͤn-
ſchung der Teutſchen keine vaͤterliche gewalt, ſon-
dern ſie geſchahe merenteils ehren halber, ieweilen
auch der land-ſowohl erbfolge wegen, von Kul-
pis am a. o. § 18, welche dem angewuͤnſchten
guten freunde zugewendet wurde, obgleich die ge-
bluͤtsrechte wegfilen, wenn man deren nicht be-
reits durch die geburt teilhaftig war, Caſpar
Lerch
[385]anwuͤnſchung der kinder ꝛc.
Lerch von Duͤrmſteinde ordine equeſtri P. I
num. 12, welcher die Reichsritterſchaftlichen frei-
heiten der adoption halber beibringt, denn ſonſt
vermogte einer nicht dem unadelichen den adel-
ſtand beizulegen, Knorre am a. o. diff. I cap. II
§ V fgg. Johann George Cramer am a. o.
cap. IIII § 4 ſ. 217, Heineccius in den elementis
iuris Germanici, lib. I tit. VII § 152 ſ. 117 fgg.
§ 892
Wenn nun einer den andern adoptiren undwie ſelbige
unternom-
men worden
iſt?
ihm ſein vermoͤgen zuwenden wollte, ſo muſte
ſolches innhalts der Fraͤnkiſchen, Langobardiſchen,
Ripuariſchen ꝛc. geſaͤze in gegenwart des koͤniges,
oder gerichtlicher perſonen, auch zeugen geſchehen.
Lex Ripuariorum cap. 48, leges Langobardo-
rum, lib. II tit. XVI bei dem Georgiſch im cor-
pore iuris Germanici ſ. 1157, capitularia Fran-
corum, lib. VI cap. 212 ebend. ſ. 1555.
§ 893
Das annemen in einen orden, welchen die koͤ-das anne-
men in ei-
nen orden
kan als ein
uͤberbleibſel
davon ange-
ſehen wer-
den.
nige und fuͤrſten erteilen, iſt wohl ein uͤberbleibſel
der Teutſchen adoption. Dieſe war eine erklaͤ-
rung zum freunde. Sie gab keine erbfolge, der
herr graf von Buͤnau im Iten teile der Reichs-
hiſtori ſ. 617, Eſtorde miniſterialibus § 375
ſ. 536.
§ 894
Nicht minder kan die beilegung des vaters-die beile-
gung des
vaters ꝛc.
kan hieher
gezogen
werden.
mutters- bruders- Oheims- Neven ꝛc. titels, im-
gleichen moͤgen die erbverbruͤderungen hiher gezo-
gen werden. Der Roͤmiſche koͤnig Ferdinand
der I nennete den kaiſer Carl den Vten ſeinen va-
ter und bruder Frid. Carl Moſers kleiner ſchrif-
ten Iten bandes ſ. 384. Eduard Fortunat, mark-
graf zu Baden, ſchribe 1593 von Kur-Pfalz:
unſers liben vetters und vaters. Der herzog
B bJohann
[386]CXVII haubtſt. von der
Johann zu Cleve nennete ſeine gemalin mutter,
Moſer ſ. 444. Der kaiſer Heinrich der IIIIte
ſchribe dem biſchofe zu Bamberg und nennete ihn
ſeinen nepoten, von Ludewigſcriptores rerum
Bambergenſ. ſ. 816. Sihe auch die Gundlin-
giana im XIten ſtuͤke § 1-45, warum der kaiſer
die kurfuͤrſten neven nenne? Der titel: bruder
unter erlauchten perſonen erfodert eine gleichheit
des ſtandes, von Piſtorius in der vorrede zum
VIIten teile der amoenitat. ſ. 43, Joh. Jac.
Moſer vom brudertitel unter groſen herren ſ. 413-
424 opuſculorum Jena 1744, 4.
§ 895
der des bru-
ders.
In dem ſo betitelten rechtsgegruͤndeten eigen-
tume des hauſes Preußen und Brandenburg auf
die herzogtuͤmer und fuͤrſtentuͤmer Jaͤgerndorf ꝛc.
cap. II § 10, wird angezogen, daß zu merer be-
ſtaͤtigung der zwiſchen dem kurfuͤrſten Joachim
dem IIten zu Brandenburg, und herzogen Fride-
richen, zu Ligniz, im jare 1537 errichteten erbver-
bruͤderung beide durchlauchtige contrahenten ge-
gen einander den bruder-namen ſowohl unter ſich,
als auch in ihren kanzelleien angenommen haben.
Zwiſchen dem kaiſer Rudolph dem IIten und dem
Grosſultane wurde 1606 belibet, daß dieſer jenen
vater, und der kaiſer den Grosſultan ſon heiſſen
ſolle, Joh. Linnaͤusad capitulationes ſ. 124 fg.
§ 896
laus in Un-
garn nimmt
die verwit-
bete K. zur
mutter an.
Der koͤnig Ladislaus, in Hungarn, nam die
verwitbete koͤnigin des Johannes Hunniades zur
mutter und deren prinzen zu bruͤdern an, Struve
de variis modis decernendi ſucceſſorem und in
der iurisprudentia heroica P. IIII ſ. 441.
§ 897
exempel
hiervon.
Der kaiſer Ludewig, der Baier, nam ſeinen
vetter, den pfalzgrafen Rudolph im jare 1190 als
ſeinen
[387]anwuͤnſchung der kinder ꝛc.
ſeinen ſelbes ſun ꝛc. auch deſſen prinzeßin, als
ſeine ſelbſt tochter an, — zu ſezen und zu bera-
ten mit allen ſachen, als ob ſie unſer ſelbs toch-
ter waͤre ꝛc. 1338, Schilter in den inſtitutioni-
bus iuris publici lib. I tit. X, und Tollner im
codice diplomatico Palatino ſ. 86. Der kaiſer
Friderich IIIte nennet den koͤnig Vladislaus, in
Boͤhmen, ſeinen ſon und oheim. Der erzherzog
Sigismund von Oeſterreich, Tiroliſcher lini,
nam den Roͤmiſchen koͤnig Maximilian Iten eben-
falls an ſones ſtatt an, und trat ihm ſeine
lande ab, Fuggerlib. III cap. XII. Ein glei-
ches beiſpiel haben wir am kaiſer Matthia, wel-
cher den erzherzog Ferdinand zum ſone anwuͤn-
ſchete, RhevenhuͤllerT. VIIII ſ. 1100.
§ 898
Der kurfuͤrſt Friderich der ſigreiche genannt,der kurfuͤrſt
Friderich
der ſigreiche
nimmt den
pfalzgrafen
Philippen
an ſones
ſtart an.
heiſſet den an ſones ſtatt angenommenen pfalzgra-
fen Philipp in ſeiner vaͤterlichen diſpoſition und
reverſe vom jare 1472 ſeinen liben ſon herzog
Philippen ꝛc. Dargegen der pfalzgraf Philipps
den kurfuͤrſten Friderichen ſeinen liben Herrn und
vater nennet. Sihe die gruͤndliche nachricht von
des glorwuͤrdigſten kurfuͤrſtens zu Pfalz Friderici
victorioſi in fuͤrſt-eheliger abkunft entſproſſener
Pfalzgraͤflicher hoher ſtammlini ꝛc. in den beila-
gen lit. b, c, ſ. 21 und 28. Merere beiſpile findet
man hiervon in der Struviſchen iurisprudentia
heroica P. IIII ſ. 450 fgg.
§ 899
Sonſt ſind die bruͤderſchaften in den Staͤdten
bekannt, z. e. die laien bruͤderſchaften, als der
kalandsbruͤder ꝛc. Rivius Puritanus oder Lau-
terbach in der monaſtica hiſtoria occidentis
ſ. 415 fgg., 346 und 383, der handwerken, Crell
de adoptione in locum fratris ſ. 30, Lauter-
B b 2bach
[388]CXVII haubtſt. von der
bach in der XVIII und LXXXVIII diſp. der
diſſertationum academicarum. Bei den Kur-
Saͤchſiſchen leib- auch familien- renten- geſchaͤften
von 1748 § 20 wird verſtattet, daß der erſte ge-
winner eines familien-haubtſtammes berechtiget
ſeyn ſolle, in anſehung diſer renten einen ſon gleich-
ſam anzuwuͤnſchen.
§ 900
ſchmaus-
bruͤderſchaft
iſt?
Von den ſchmaus-bruͤderſchaften handelt Hein-
rich Link in der zu Altorf 1681 gehaltenen probe-
ſchrift de fraternitate compotatoria. Sie iſt
ein geding unter zwenen, daß ſie wie bruͤder ein-
ander liben wollen. Eine gattung davon gehet
aufs duzen. Beim Herm. Chriſt. Engelkende
compellatione in ſecunda ſingulari: vulgo
vom duzen findet man hirvon nichts.
§ 901
ſchen brau-
cheten die
anwuͤn-
ſchung nicht
wie die Roͤ-
mer aus
mangel der
kinder.
Die Teutſchen hatten die adoption nicht, wie
die Roͤmer, naͤmlich aus mangel der ehelichen
kinder, noͤtig; ſondern ſie waren vermoͤge irer
keuſchheit, welche ſie in irer jugend libeten, in der
ehe dergeſtalt fruchtbar, daß ſie nicht allein ſtreit-
bare ſoldaten fuͤr das vaterland im uͤberfluſſe ver-
ſchaffeten, ſondern auch noch andere lande bevoͤl-
kern, ſowohl auswaͤrtigen reichen mit tapfern
helden dinen konnten. Nur einige erlauchte und
merkwuͤrdige beiſpile koͤnnen diſes von den neuern
zeiten ſattſam beſtaͤrken. Kaiſer Rudolph I war
mit 13 kindern geſegnet; deſſen ſon der kaiſer Alb-
recht I hatte 21 erzilet. Kaiſer Ferdinand der Ite
15; kaiſer Max der II war ein vater von 15 kin-
dern; der erzherzog Carl zu Oeſterreich 15; kaiſer
Ferdinand III, 11; kaiſer leopold 16; der kaiſerin
majeſtaͤt werden das kaiſerliche haus bald mit dem
12ten kinde vermeren. Philipp der aufrichtige,
kurfuͤrſt zu Pfalz, welcher 1508 geſtorben iſt, zeu-
gete
[389]anwuͤnſchung der kinder ꝛc.
gete 13 kinder; Johannes der II pfalzgraf zu Sim-
mern, 11; deſſen ſon Friderich der III kurfuͤrſt,
12; Friderich der V, kurfuͤrſt, 13; Wilhelm der
Vte, herzog zu Baiern, 10; Philipp Wilhelm,
kurfuͤrſt zu Pfalz, 17; Franz der II, herzog zu
Sachſen-Lauenburg, 19; Auguſt, kurfuͤrſt zu
Sachſen, 15; der herzog zu Sachſen-Gotha,
Ernſt der fromme, 18; Johann George der Ite,
kurfuͤrſt zu Sachſen, 10; deſſen prinz Auguſt zu
Halle, 14; Friderich VI, burggraf zu Nuͤrn-
berg, 12; deſſen kurprinz Albrecht der IIIte, 20;
deſſen prinz Friderich zu Onolzbach, 19; Joa-
chim der II, kurfuͤrſt zu brandenburg, 11; Wil-
helm herzog zu Braunſchweig, 13; Anton Ulrich,
13; herzog Adolph Friderich zu Meklenburg-
Schwerin, 19; Guſtav Adolph, 12; Eberhart
III, herzog zu Wirtenberg, 25; Philipp I Land-
graf zu Heſſen, aus erſter ehe, 10; Eſtors
Marburgiſche beitraͤge V, ſ. 205, und aus der an-
dern 8, Eſtor am a. o. ſ. 178; George zu H.
Darmſtadt, 11; George der IIte 15; Ludewig
der VI, 16; George der aͤltere, fuͤrſt zu Anhalt,
17; Johann George, 16; Chriſtian zu Anhalt-
Baͤrenburg, 17; Wilhelm graf zu Naſſau Ka-
zenellenbogen, 14; Wilhelm prinz von Oranien,
deſſen ſon, 13; Johannes der mittlere, graf zu
Naſſau-Kazenellenbogen, 23; deſſen ſon 13; Jo-
hannes der mittlere graf zu Naſſau-Kazenellenbo-
gen, 23; deſſen ſon, Johannes der mittlere zu Si-
gen 23; George zur Dillenburg, 16; Johann Lu-
dewig zu Hadamar, 12; Johann Ludewig zur Dil-
lenburg, 16; vom grafen Ferdinand Max dem II
grafen zu Iſenburg-Waͤchtersbach ſind 14 kinder
vorhanden. Chriſtina, prinzeßin von Mecklenburg,
vermaͤlte graͤfin zu Stollberg-Gedern, welche 1749
verſtarb, war eine Mutter von 24 kindern, ſie
B b 3hatte
[390]CXVII haubtſtuͤck
hatte 49 enkele, 34 enkelinnen, 12 urenkele und 13
urenkelinnen, in ſumma 132, Koͤhlers muͤnzbelu-
ſtigung XXI teil ſ. 274 fgg. Andere exempel fin-
det man beim Lans in den reden ſ. 101. Hatte
doch der vorige kammerrichter, herr graf von In-
gelheim 23 kinder gezeuget. Der graf Anshelm
Caſimir Franz von Elz hat 10 kinder erzilet, und
ſein vater Karl Anton Erhart 14.
§ 902
miſche recht
dißfalls in
Teutſchland
verurfachet
hat?
Nachdem aber das Roͤmiſche recht in Teutſch-
lande bekannt wurde, miſchete man ſolches unter
die Teutſchen gewohnheiten; wannenher denn
auch diejenige Teutſche land- und ſtadtgeſaͤze,
welche etwas von der anwuͤnſchung enthalten,
groͤſtenteils auf das Roͤmiſche recht gebauet ſind,
Kur-Pfaͤlziſchen landrechtes IIIIten teiles, tit. 4
ſ. 451, koͤnigl. Preuſiſches und Kur-Brandenbur-
giſches landrecht P. I lib. I tit. VIIII art. 1 § 10.
Wirtenbergiſches landrecht P. IIII tit. 22, § aber
auf die an kindesſtatt, ꝛc. Hamburgiſche gerichts-
ordnung und ſtatuten P. III tit. I art. 38.
§ 903
Badniſchen
landen der
vater hier-
bei zu tun
hat?
Vermoͤge des Badniſchen landrechtes IIIIten
teiles tit. 28, § wann ſich zutraͤgt ꝛc. muß ein an-
wuͤnſchender vater dem angewuͤnſchten wenigſtens
den dritten teil ſeines vermoͤgens hinterlaſſen.
§ 904
Wenn demnach iemand ſpricht: „ich will dich
zu mir nemen, und dich wie mein kind halten,„
ſo verſtehet man dadurch keine anwuͤnſchung, ſon-
dern wenn ſolche die wirkung der Roͤmiſchen adop-
tion haben ſoll, muß ſolche nach Roͤmiſcher art
berichtiget werden. Joh. Chriſtoph Schroͤder
de adoptionibus iuris ciuilis et moribus Ger-
man. vſitatis, Jena 1713.
Hundert
[391]von der einkindſchaft ꝛc.
Hundert und achtzehentes haubtſtuͤck
von der einkindſchaft, wie auch der
einſezung zum rechten vater, oder zur
rechten mutter.
§ 905
Die einſezung zu rechten aͤltern und die einkind-die einkind-
ſchaft u. die
einſezung zu
rechten aͤl-
tern ſind un-
terſchiden.
ſchaft, ſind an und fuͤr ſich ſelbſt unterſchi-
den. Inhalts der grafſchaft Hohenlohe gemein-
ſamen landrechtes vom jare 1738 ſ. 39, 40, kann
eine braut und ein braͤutigam den kindern voriger
ehe ſich nur zu einem ſtifvater und ſtifmutter be-
nennen, ſowohl einſezen laſſen. Da hingegen die
einſezung zu rechten aͤltern, oder die einkindſchaft
ein ſolches geding iſt, darin von den beiden zu-
ſammen heiratenden perſonen eine gegen der an-
dern kinder voriger ehe, anſtatt eines rechten va-
ters, oder einer rechten Mutter zu ſeyn, ſich er-
klaͤret, damit die von beiden, oder einem teile zu-
gebrachte kinder mit denen, welche aus der be-
vorſtehenden ehe gehoffet werden, in dem zuſam-
mengeſezten gemeinſchaftlichen vermoͤgen, an den
aͤltern gleiches erbrecht haben ſollen.
§ 906
Die einkindſchaft iſt ein geding, kraft deren diewas die ein-
kindſchaft
iſt?
aͤltern die kinder aus verſchidenen ehen in anſehung
der erbfolge auf eine zu recht beſtaͤndige weiſe ein-
ander gleich machen, Rickde vnione prolium
cap. VI num. 16, Bardilide vnione pro-
lium § X.
§ 907
die Roͤmi-
ſche adopti-
on eingefuͤ-
ret worden.
Die einkindſchaft iſt anſtatt der Roͤmiſchen an-
wuͤnſchung keinesweges eingefuͤret worden, wie
B b 4dann
[392]CXVIII haubtſtuͤck
dann beide in vilen ſtuͤcken von einander unter-
ſchiden ſind, Rick am a. o. cap. VIIII num. 38 fgg.
anerwogen ſie durch ein geding errichtet wird,
darnebſt eine bedingte erbfolge bewirket; hier-
naͤchſt keine geſchlechtesrechte hervorbringet; ferner
ſowohl manns- als auch weibesperſonen ſelbige er-
richten koͤnnen; weiter der haubtperſonen, naͤmlich
1) der neuangehenden eheleute, 2) der minderjaͤ-
rigen kinder vormunden, auch 3) naͤchſte anver-
wandten einwilligung dazu erfodert wird, frei-
herr von Senkenberg am a. o. ſ. 293 fgg. wan-
nenher man ſotane einkindſchaft keinesweges aus
dem Roͤmiſchen rechte ableiten kann, in betracht
die Roͤmer die erbfolge-gedinge verabſcheueten,
Boͤhmers diſp. de ſucceſſ. heredit. coniug. ex
pactis dotalibus c. I § 4, von Leyſer in ſpecim.
43 med. 1 fgg., Schroͤter in der diſp. de doctri-
na ſucceſſionis pactitiae eiusque vſu et abuſu
in Germania, membr. I,Ayrerde indole vni-
onis prolium genuina § 6 ſ. 9, 10 ſ. 13. Dr.
Orth in den anmerkungen uͤber die Frankfurtiſche
reformation IIIten teile ſ. 181 ſ. 191 fgg.
§ 908
quellen zu
leiten ſind?
Die quellen diſer einkindſchaft trift man an in
der Mainziſchen ordnung von funfzehenden jar-
hundert, welche kaiſer Friderich der IIIte beſtaͤtiget
hat, ſihe den Bartholom. Muſculusde ſuc-
ceſſione conuentionali et anomala, membr.
III claſſ. I ſ. 29, die Kur-Maynziſche unterge-
richtsordnung, 1559 ſ. 19 fgg., in der ſtift Wirz-
burgiſchen und des herzogtumes zu Franken kai-
ſerlichen landesgerichtsordn. im IIIten teile tit.
109 fgg. fuͤrnaͤmlich im Hohenlohiſchen landrechte
ſ. 41 und ſ. 15-19, im Kur-Pfaͤlziſchen landrech-
te IIten teile tit. 25 ſ. 357 fgg., in der Naſſaui-
ſchen gricht- und landordnung, im IIten teile
cap.
[393]von der einkindſchaft ꝛc.
cap. IIII § 4 ſ. 79, Solmſiſchen gerichtsordnung
und dem landrechte IIten teile, tit. 20, in der
Frankfurtiſchen reformation im IIIten teile, tit. X
und den anmerkungen daruͤber, im IIIten bande
ſ. 180 fgg., Wormſiſche reformation vom jare
1561 im Vten buche des VIten teiles, tit. IIII ſ. 138
fgg. in den Kehdingiſchen, Oldenburgiſchen ſtatu-
ten und vilen andern land- auch ſtadt-geſaͤzen
Teutſchlandes, ſihe des herrn Oberappellations-
Ger. R. Pufendorfsobſeru. iur. vniuerſ. Iten
teiles obſ. 200 § III-V ſ. 485 fgg., Andreen
Gaillslib. II obſ. 225.
§ 909
Die gelegenheit zu diſer einkindſchaft gab fuͤr-die gelegen-
heit dazu.
naͤmlich der haß wider die andre ehe, immaßen
die Teutſchen glaubeten: die ſtifmutter verwan-
dele den leiblichen vater in einen ſtifvater, Hert
lib. I paroͤm. 71. Um nun zu zeigen, daß wenn
der witber, oder die witbe, zur andern ehe ſchrit-
ten, die kinder beider ehen keine ſtifgeſchwiſter
mehr ſeyn, darnebſt der uͤberbleibende ehegatte
mit den kindern erſter ehe nicht abteilen, vilmehr,
das diſen in anſehung der erſten ehe verfallene gut
ferner beibehalten, auch alle ſucceſſions-ſtreitig-
keiten unter aͤltern und kindern verhuͤtet werden
moͤgten, Dr. Orth am a. o. ſ. 182 fgg. ſ. 185 fg.
ſolchemnach die zugebrachten kinder, als vollbuͤr-
tiges geſchwiſter, in ruͤkſicht auf die aͤltern und
kinder unter ſich geachtet werden ſollten; wannen-
her diſes geſchaͤfte die einkindſchaft benennet wur-
de, immaßen ſolche die vaͤterliche gewalt bewir-
kete, und es eben daher hiſſe: der Teutſche hat
kinder entweder durch die geburt, oder einkind-
ſchaft, freiherr von Senkenberg in den anfangs-
gruͤnden der Teutſchen gemeinen rechtsgelehrſam-
keit ſ. 51 § 1, Pufendorf am a. o. § VI ſ. 488,
B b 5Hert
[394]CXVIII haubtſtuͤck
Hertde praelegatis § 9 fgg., Nicol Hieron.
Gundling in den digeſtis lib. I tit. VII § 5 ſ. 87.
Wie dann auch in Oberheſſen zum Battenberge,
Homberge vor der Hoͤhe, in den aͤmtern Eppſtein
und Ulrichſtein, auch zum Forchtenberge es alſo
gehalten wird, daß naͤmlich das ſtifgeſchwiſter
einander erbet, freiherr von Senkenberg im T.
III ſelector. ſ. 295, welches ebenfalls die Wirz-
burgiſche landesgewonheit mit ſich bringet, laut
der angezogenen landgerichts-ordnung im IIIten
teile tit. 119 § 13, Johann Adam freiherr von
Ickſtattde vnione prolium ſtatutaria epiſco-
patus Wirceburgenſis et ducatus Franconiae
cap. III § 29 ſ. 46, welches mit der eigenſchaft
und abſicht der einkindſchaft voͤllig uͤbereinſtimmet,
Ayrer am a. o. § V § XI und XII.
§ 910
ſche recht
hat die ge-
ſtalt derſel-
ben geaͤn-
dert.
Man wiche aber wegen des nachher eingefuͤr-
ten Roͤmiſchen rechtes von der geſtalt derſelben
durch die unerfindliche einbildung, als ob es die
Roͤmiſche anwuͤnſchung (adoption) waͤre, ab,
Nic. Betzde ſtatutis familiarum illuſtrium,
cap. V § 10 ſ. 82, von Leyſer in ſpecim. XX
med. 7 ſ. 208 vol. I, ſchraͤnkete ſelbige nur auf
die aͤlterliche erbfolge ein, Hert am a. o., Gund-
ling am a. o. und bekleiſterte ſelbige endlich mit
allerhand zuſaͤzen aus den Roͤmiſchen rechten auf
eine unſchikliche art, wie beim Heineccius am
a. o., George Beyer in der delineatione iuris
Germanici lib. I cap. 25 mit meren zu erſehen iſt.
Die verſchidene erklaͤrung der einkindſchaft, wel-
che Pufendorf am a. o. § II,Joh. Hartwig
Reuterde iure teſtandi vnientibus poſt initam
vnionem prolium competente ſ. 8 geſammlet
haben, als des von Ickſtadt, Stryks, Rickius
von Arweiler, Struvens und Schaumburgs
beleh-
[395]von der einkindſchaft ꝛc.
belehren diſes. Wozu die Roͤmiſche einkleidung
der einkindſchaft, welche Dr. Eichard, aus
Frankfurt, als verfaſſer der Frankfurtiſchen ſtadt-
reformation, und des graͤflichen Solmſiſchen land-
rechtes, begonnen hat, viles beigetragen, und dem
wahren Teutſchen begriffe von der einkindſchaft
den umſturz gegeben hat; geſtalt er in der Solm-
ſiſchen gerichts- und land-ordnung tit. 20 § 15 des
IIten teiles, das ſtifgeſchwiſter auf die kaiſerliche
rechte herunter verweiſet, kraft deren das ſtifge-
ſchwiſter andrer ehe ſein geſchwiſter erſter ehe, und
ſo umgekeret, ausſchluͤſſet, Dr. Orth in den an-
merkungen uͤber die Frankfurtiſche reformation
im IIIten teile tit. 10 § 19 ſ. 207 des dritten ban-
des. Welche geſinnung denn auch das herzogli-
che Wirtenbergiſche landrecht im IIIten teile tit. 9
§ es ſollen ſich auch ꝛc. enthaͤlt, Wolfgang
Adam Schoͤpf in der deciſ. Tubing. 247 num.
10, 11 ſ. 219, thue hinzu den Georg Adam
Struvede vnione prolium cap. V § 3, und
den Johann Wilhelm Haſtde vnione prolium
cap. V § 5 ſ. 25. Es hat nicht minder das Roͤ-
miſche recht die Teutſche gewonheit wegen der
erbſchaft des ſtifgeſchwiſters zu Marburg, Alsfeld,
Schotten, in den aͤmtern Sturmfels, Koͤnigs-
berg, und Huͤttenberg verdrungen, daß naͤmlich
das halbgeſchwiſter nicht miterbet, wenn eines
davon ſtirbet, von Senkenberg am a. o., im-
maſſen die libe zum Roͤmiſchen rechte, ſie als et-
was verhaſtes angeſehen wiſſen will, von Leyſer
am a. o.
§ 911
Die der alten Teutſchen einkindſchaft angehaͤf-ob der kin-
der bewilli-
gung dabei
noͤtig iſt?
tete erforderniſſe, insbeſondere, daß der kinder
einwilligung noͤtig geweſen ſey, iſt fuͤr unbegruͤn-
det zu achten, Heineccius am a. o., Reuter am
a. o.
[396]CXVIII haubtſtuͤck
a. o. § 6 fgg. Pufendorf am a. o. § 28 fgg.
Immittels finden ſich beiſpile, auch wohl land-
geſaͤze, worin neuerer zeit verordnet worden iſt,
daß die zu verſtaͤndigen jaren gekommene kinder,
darum gefraget werden ſollen, Hohenloiſches land-
recht P. I tit. VI § 3 ſ. 16. Dr. Orth am a. o.
ſ. 190, von Ludolf in den obſeru. cam. 171 ſ.
386 fgg., land-gerichts-ordnung des herzogtumes
Franken, im IIIten teile tit. III § II.
§ 912
lungen
Hieraus entſpringet die alte oder neue einkind-
ſchaft, oder die lautere Teutſche, oder die unlau-
tere, oder mit Roͤmiſchen rechten vermiſchte ein-
kindſchaft. Jene beſtehet darin, daß durch die
aͤltere alle ungleichheit und das ſtifweſen aufgeho-
ben wird.
§ 913
Man kann uͤberdem die einkindſchaft in die all-
gemeine, und beſondere, reciprocam und non re-
ciprocam, ſimultaneam und non ſimultaneam,
uͤberdiß in totalem und partialem einteilen, Reu-
ter am a. o. § 16. Sie kan ſowohl in abſicht
auf die vorhandenen, als auch noch zu hoffenden
kinder eingerichtet werden, Frankfurtiſche refor-
mation im IIIten teile tit. X § 2, und ſie iſt fuͤr
guͤltig zu halten, wenn gleich keine kinder weiter
erzilet werden, BoͤhmerT. III P. II conſult. 61
num. 40, conſult. 62 num. I, es muͤſten denn
die beſonderen landes- oder ſtadt-geſaͤze das gegen-
teil verordnen, wie ſolches ſich aus dem Kur-
Pfaͤlziſchen landrechte am a. o. ſ. 354 § 7, dem
Solmſiſchen landrechte im IIten teile tit. 20 am
ende, der Frankfurtiſchen reformation am a. o.
tit. X § 18 ergibet, vermoͤge deren naͤmlich die
einkindſchaft erloͤſchet, wenn keine kinder erfolgen,
oder diſe vor den aͤltern wieder verſterben.
§ 914
[397]von der einkindſchaft ꝛc.
§ 914
Sie kan ſowohl von adelichen als buͤrgerlichenvon welchen
perſonen ſel-
bige einge-
gangen wer-
den kan?
perſonen eingegangen werden, Rickius am a. o.
cap. IIII § I, wie dann die adeliche eheleute von
Hatſtein im jare 1296 eine ſolche einkindſchaft ge-
ſtiftet haben, der freiherr von GudenusT. I
cod. diplom. ſ. 895, die Wormſiſche reforma-
tion am a. o. ſ. 140, der BoͤhmerT. III P. I
conſultat. 154 num. 79 ſ. 673.
§ 915
Die Umſtaͤnde, welche hierbei zu uͤberlegendie dabei z
betrachten-
de umſtaͤn-
de,
ſind, betreffen 1) der kinder anzal, das alter
und die erzihungs-koſten, 2) was? und wie vil
denſelben vom verſtorbenen vater oder von der
mutter angefallen iſt? und daß 3) diſes in an-
ſchlag gebracht, und gegen des neuen ſtifvaters,
oder der neuen ſtifmutter zu- oder einbringen wohl
erwogen, auch in eine gleichheit gebracht werde.
Jeweilen iſt auch den vorkindern zufoͤrderſt der
voraus zu berichtigen, teils eine gleichheit zu ſtif-
ten, teils in abſicht auf das vermoͤgen des verſtor-
benen ehegattens, Kur-Pfaͤlziſches land-recht, im
IIten teile tit. 25 ſ. 352, Hohenloiſches land-recht
im Iten teile tit. VI § 4 ſ. 16, Frankfurtiſche re-
formation im IIIten teile, Xten tit. § 5, § 8, Dr.
Orth ſ. 192 fgg., Solmſiſche gerichts-ordnung
und land-recht im IIten teile tit. 20, §. wuͤrden
ſie nun ꝛc. Die Wormſiſche reformation erfodert
ſolchen nur bei den adelichen geſchlechtern, am a. o.
denn wo eine groſſe ungleichheit ſich aͤuſſert, ſoll
die einkindſchaft unterbleiben, Dr. Orth am a.o.
im IIIten bande ſ. 193, 196 fgg.
§ 916
Wenn die einkindſchaft gerichtlich beſtaͤtigetvon wel-
chem richter
ſelbige zu
werden muß; ſo gehoͤret ſolches fuͤr den ordentli-
chen
[398]CXVIII haubtſtuͤck
beſtaͤtigen
iſt?chen richter, und nicht fuͤr kaiſerliche hofpfalzgra-
fen, Pufendorf am a. o. § 34, 35 fgg.
§ 917
und nach
eingegange-
ner ehe er-
richtet wer-
den.
Wofern keine beſondere geſaͤze vorhanden ſind,
welche verordnen, daß die einkindſchaft vor der
vollzihung der andern ehe berichtiget werde, wie
z. e. zu Frankfurt am Maine, Frankf. reforma-
tion IIIten teiles X tit.; kan ſelbige auch noch nach
vollzohener ehe errichtet werden, Hommelde ge-
nuina vnionis prolium indole extra caſum le-
gis et obſeru. ſpec. § 3 und 10, Wormſiſche re-
formation am a. o.
§ 918
und nach-
kinder ſind?
Die vorhandene kinder heiſſen vorkinder, und
die kuͤnftigen die nachkinder, oder uͤberhaubt
eingeſezte (zugebrachte) und die aͤltern angeſezte
oder angewuͤnſchte.
§ 919
kungen,
Die einkindſchaft bringet die auferzihung mit
ſich. Von ſeiten der kinder erfodert ſie die ehrer-
bietung. Die zuſammengeſezten guͤter des neuen
ehemannes und der neuen ehefrau, werden gemein,
worinn, und in keinem andern angefallenen ver-
moͤgen, ſodann die aͤltern und kinder einander er-
ben, Hohenloiſches land-recht im Iten teile tit. VI
§ VI ſ. 16, Frankf. reform. im IIIten teile Xten
tit. § XVI, XVII, § XVIIII, § XXI, Dr. Orth
am a. o. ſ. 205, 207, ſ. 208, landgerichts-ord-
nung des herzogtumes Franken im IIIten teile tit.
118 § 1. Es koͤnnen auch in diſem falle die enkel
in der verſtorbenen kinder ſtelle treten.
§ 920
gemein-
ſchaft der
guͤter diß-
falls gehet?
Die gemeinſchaft der guͤter bei der einkind-
ſchaft gehet nur eigentlich auf das gegenwaͤrtige
vermoͤgen, welches der freien gebarung unterwor-
fen iſt, es muͤſte dann ſeyn, daß uͤber alle gegen-
waͤr-
[399]von der einkindſchaft ꝛc.
waͤrtige und zukuͤnftige guͤter diſelbe errichtet wor-
den waͤre. Im erſten falle bleiben die erbfaͤlle,
welche waͤrender ehe ſich begeben, dem teile, wel-
chem ſie anfallen, dem eigentume nach zur freien
verordnung, Hohenloiſches landrecht im Iten teile
tit. 6 § 7 ſ. 17, Pufendorf am a. o. § 13 ſ. 491.
§ 921
Was die vorhandenen kinder von iren verſtor-was der
voraus iſt?
benen vater oder mutter auch andern anverwand-
ten ererbet haben, heiſſet der voraus, die nuz-
niſſung davon ſo lang ein kind ſich nicht verheira-
tet, oder ſeine eigene haushaltung anſtellet, ge-
hoͤret in das gemeine vermoͤgen. So bald das
kind heiratet, muß ihm der voraus verabfolget
werden. Stirbet ein ſolches kind, ſo erbet das
angewuͤnſchte geſchwiſter nichts vom voraus, Ho-
henloiſches landrecht am a. o. § 7, 8 ſ. 17, Kur-
Pfaͤlziſches landrecht im IIten teile, tit. 25, § 2, 6,
ſ. 353, 354, Solmſiſche gerichtsordn. und land-
recht, im IIten teile, tit. 20, § in kraft ꝛc. fgg.,
Kur-Mainziſche untergerichtsordn. vom jare 1559,
§ in kraft ſolcher einkindſchaft ꝛc. Frankfurtiſche
reformation am a. o. § XIII, § XV, Dr. Orth
am a. o. ſ. 202 fgg. und im IIten teile ſ. 563.
§ 922
Die angewuͤnſchten kinder erlangen nicht dender ange-
wuͤnſchten
kinder
ſtand,
ſtand ires angewuͤnſchten vaters; ſie haben auch
kein naͤher-recht an der angewuͤnſchten freunde
vermoͤgen; Hohenloiſches landrecht am a. o. § 9
ſ. 18, und im IIIten teile tit. 6, 7.
§ 923
Gehet ein ehegatte mit todte ab, ſo waͤret diewie die ein-
kindſchaft
aufhoͤret?
einkindſchaft fort, bis das uͤberlebende teil ſich
wieder verheiratet, da dann nach maasgebung
des Hohenloiſchen landrechtes am a. o. § 10 ſ. 18
eine gaͤnzliche erbteilung zwiſchen den angewuͤnſch-
ten
[400]CXVIII haubtſtuͤck
ten aͤltern und kindern vorgenommen und die ein-
kindſchaft voͤllig aufgehoben wird. Wann aber
der uͤberlebende ehegenos im witbenſtande bis an
ſeinen todt verbleibet, ſo hat er auch im gemein-
ſchaftlichen vermoͤgen den beſiz, BoͤhmerT. III
P. II conſult. 62, num. 2 ſ. 106, und nach deſſen
abſterben erben daſſelbe die angewuͤnſchte benebſt
den rechten kindern zugleich. Die Frankfurtiſche
reformation am a. o. § IX erlaubet die einkind-
ſchaft mit dem ehegatten in der dritten ehe fortzu-
ſezen und zu erneuern, Dr. Orth am a. o. ſ. 198,
folglich wird die einkindſchaft inhalts der Frank-
furter rechte erſtlich nach abſterben beider ehege-
noſſen beendiget, am a. o. § 20, Dr. Orth ſ. 208.
§ 924
formel zu
verſtehen
iſt?
Die formel eines einkindſchaftbrifes ſtehet im
Hohenlohiſchen landrecht ſ. 41 fgg. ſie wird buch-
ſtaͤblich verſtanden, daher gehet ſie nur auf das
aͤlterliche vermoͤgen und nicht auf lehn- oder
ſtamm-guͤter, Dr. Orth am a. o. ſ. 196, 203
fgg. ſ. 208.
§ 925
munden ob-
ligenheit
hierbei,
Jeweilen muͤſſen die vormunden, um deſto beſ-
ſer ausfindig machen zu koͤnnen, ob eine gleich-
oder ungleichheit zwiſchen der narung irer pfleg-
kinder und der aͤltern, welche die einkindſchaft
machen wollen, anzutreffen ſey, ein verzeichnis
uͤber allerſeits vermoͤgen aufrichten, und ſelbiges
auf verlangen der oberkeit vorlegen, Kur-Pfaͤlzi-
ſches landrecht im IIten teile tit. 25 § 1 ſ. 352,
Wirtenbergiſches landrecht im IIIten teile tit. 9
§ 2. Es erfodert auch wohl die oberkeit von den
vormunden und den verwandten, daß ſie vermit-
tels eides, oder bei iren pflichten anzeigen ſollen,
ob ſotane einkindſchaft den kindern erſter ehe
ſchaͤdlich oder fuͤrtraͤglich ſey; Wormſiſche refor-
mation
[401]von der einkindſchaft ꝛc.
mation am a. o. § zum dritten ſ. 139, Kur-Pfaͤl-
ziſches landrecht am a. o. § V, Dr. Orth am
a. o. ſ 192, Solmſiſche gerichts- und land-ord-
nung tit. 20, § es ſollen auch darneben ꝛc.
§ 926
Wie die einkindſchaft einmal geſtiftet wordenſie kan ein-
ſeitig nicht
veraͤndert
werden.
iſt; ſo muß ſie auch feſte und unveraͤndert ſtehen
bleiben, BoͤhmerT. III P. II reſponſ. 437
num. 18 ſ. 800, wannenher die gegenſeitige ver-
aͤuſſerungen, Boͤhmer am a. o. conſultat. 455
num. 14, auch lezte willens verordnungen dadurch
abgeſchnitten werden, Frankfurtiſche reformation
im IIIten teile tit. X § 12, welches den Teutſchen
rechten nicht entgegen iſt, BoͤhmerT. II P. II
conſult. 1005 num. 17 ſ. 351.
§ 927
Die einkindſchaft iſt fuͤr unguͤltig zu halten,wenn ſie fuͤr
unguͤltig zu
halten iſt?
wenn ſie der fuͤrſchrift der landes-ordnung, oder
ſtadt-reformation nicht gemaͤß eingerichtet worden
iſt, Kur-Pfaͤlziſches land-recht am a. o. im an-
fange ſ. 351, Frankfurtiſche reformation am a. o.
§ 22, Dr. Oto ſ. 209. Wo aber keine verord-
nung vorhanden iſt, richtet man ſich nach der al-
ten Teutſchen, und nicht der neuern durch die Roͤ-
miſche geſaͤze abgeaͤnderten einkindſchaft.
§ 928
Die neuere hoͤret auf durch die abteilung, land-wie ſie auf-
hoͤret;
gerichts-ordn. des herzogtumes Franken am. a. o.
tit. 119 § 12-14, Frankfurtiſche reformation am
a. o. tit. X § 20, BoͤhmerT. III P. II conſult.
62, num. 4, durch den erfolgten todt; imgleichen
durch eine beiderſeitige wiederrufung und aufhe-
bung, nicht minder durch eine weitere vereheli-
gung ꝛc. Ayrer am a. o. ſ. 22 fg.
C c§ 929
[402]CXIX haubtſt. von der
§ 929
enterbung
ſtatt findet;
Wo die aͤltere einkindſchaft uͤblich iſt, folglich
die angewuͤnſchte kinder der vaͤterlichen gewalt
unterworfen ſind, koͤnnen diſe aus rechtmaͤſigen
urſachen enterbet werden, von Ickſtadt am a.o.
cap. III § 13, die alte Teutſche einkindſchaft weiß
hiervon nichts.
§ 930
In dem Speiergaue, in der Witgenſtein-Ber-
leburgiſchen herrſchaft Homberg an der Marke,
und in Franken kommen die faͤlle der einkindſchaft
mehr, als ſonſt, vor.
§ 931
hiervon.
Von der einkindſchaft in Heſſen haben Haſt
zu Gieſen 1711 eine diſp. de vnione prolium ge-
halten, von der in Franken der freiherr von Ick-
ſtadt, von der am Rheine Rick von Arweiler,
und von der zu Frankfurt Joh. Adolph Beyer
in der diſp. de vnione prolium gehandelt. Wel-
chen noch beigefuͤget werden koͤnnen: des Ernſt
Friderich Schroͤters diſp. de pacto ſucceſſo-
rio inter vnitos diuerſi matrimonii liberos, des
Caſpar Achat Becks diſp. de vnione prolium
patriae poteſtatis cauſſa, des Georgen Adam
Struvens diſp. de vnione prolium.
Hundert und neunzehentes haubtſtuͤck
von der abſonderung der kinder.
§ 932
ſchen haben
keine Roͤmi-
ſche eman-
eipation ge-
habt.
Die Teutſchen wuſten von keiner Roͤmiſchen
vaͤterlichen gewalt, auch von keiner eman-
cipation, ſondern ſo bald eine tochter heiratete,
war ſie von dem vaͤterlichen hauſe abgeſondert;
und
[403]abſonderung der kinder.
und ſo bald ein ſon ſeine beſondere haushaltung
anrichtete, hiſſe er abgeſondert, iedoch wurden
die rechte der famili und des geſchlechtes dadurch
nicht aufgehoben, herr H. R. Grupen in den
diſcept. forenſ. ſ. 91 fgg., Dreyer am a. o. ſ. 98
num. 19.
§ 933
Es beſtehet ſotane abſonderung darin, wennworin die
abſonde-
rung der
kinder be-
ſtehet?
kinder bei lebzeiten irer aͤltern eine eigene haus-
haltung anfangen, folglich nicht mehr an derſel-
ben brote, und unter derſelben gewalt bleiben,
ſondern ſich den unterhalt ſelbſt verſchaffen.
§ 934
Abgeſonderte kinder behalten die rechte der fa-die abgeſon-
derte kinder
behalten die
rechte der
famili.
mili, mithin laͤſſet ſich von der Roͤmiſchen eman-
cipation hier nichts anwenden, Boͤhmers diſp.
de ſtatu liberorum ſui iuris factorum per ſepa-
rationem vel nuptias cap. II § 6, § 11, 13, Harp-
prechtde ſeparatione liberorum familias ab
oeconomia paterna, § VIII num. 36 fgg., Ric-
cius im ſpicilegio iuris Germ. ſ. 480.
§ 935
Diſe abſonderung hat iren grund in dem na-die Teut-
ſchen bliben
dißfalls bei
dem natuͤr-
lichen rech-
te.
tuͤrlichen rechte; immaßen die aͤltern verbunden
ſind, ire kinder zu ernaͤren und zu erzihen, ſo lan-
ge ſie ſich ſelbſt nicht regiren und ernaͤren koͤnnen.
Sind aber die kinder in ſolche umſtaͤnde, auch zu
ſolchen jaren gekommen, daß ſie ir eigenes beſtes
zu befoͤrdern, darnebſt ſich den unterhalt zu ver-
ſchaffen vermoͤgen, auch ſolches in die wirklichkeit
ſezen; ſo hoͤret die aͤlterliche gewalt, iedoch keines-
weges die den aͤltern von den kindern ſchuldige
ehrerbietung auf, Boͤhmer am a. o. Struvens
iurisprudentia heroica P. V ſ. 21 fgg., der frei-
herr von Senkenbergde iuribus egreſſus e
parentum poteſtate Germ. et Rom.,Riccius
C c 2am
[404]CXIX haubſt. von der
am a. o. ſ. 480, Strykde iure reuerentiali,
von Weſtphal am a. o. T. I ſ. 659, 2007, 2104
T. IV ſ. 2098, 3079, T. III ſ. 629.
§ 936
Solchemnach iſt diſe abſonderung weiter nichts,
als eine entlaſſung von der narungs-unterhaltung
und der aͤlterlichen gewalt.
§ 937
beſchehen
iſt?
Bemeldte abſonderung geſchah in den alten
zeiten auch wohl oͤffentlich, und mit beſondern fei-
erlichkeiten, Tacitus cap. XIII, imgleichen Hert
in der notitia veter. German. ſ. 28, Schilter
exercit. XI § 14 fgg. Baieriſches landrecht tit.
III art. 2. Es wurde hierzu ein gewiſſes alter
erfodert, z. e das 18, 20, 21, oder 25, Inhalts
des Schwaͤbiſchen, cap. 282, cap. 316, und Baie-
riſchen landrechtes werden 25 jare hierzu erfodert,
tit. III art. 2, welches alter denn auch in Fran-
ken beobachtet wird, Carlier in den anmerkun-
gen uͤber des Demeratsdifferentias iuris com-
munis et Francon. cap. II diff. IV ſ. 30, reper-
torium iuris priuati P. I ſ. 69 fg., Riccius im
ſpicilegio iuris priuati ſ. 473 fg. Nach den
Nuͤrnbergiſchen ſtadtrechten ſtehen die ſoͤne bis in
das 25, hingegen die toͤchter bis zum 22 jare un-
ter der aͤltern gewalt.
§ 938
rung kan
auf eine er-
haltene
wuͤrde er-
folgen.
Die abſonderung kann auch erfolgen, wenn
der ſon eine wuͤrde erhaͤlt, von deren einkuͤnften
er ſich zu unterhalten vermoͤgend iſt, von Wern-
her in den ſelectis obſeruationibus forenſ. T.
III obſ. 344 ſ. 245, Thomaſiusquibus modis
ius patriae poteſtatis ſoluitur, cap. II § 6,
Burgh. Gotth. Struve am a. o. P. V ſ. 21;
da hingegen, wenn der ſon nur einen titel erhaͤlt,
befreiet ihn ſolcher nicht ſchlechterdings von der
aͤlter-
[405]abteilung der kinder.
aͤlterlichen gewalt, von Wernher am a. o. ſ. 124
obſ. 169 P. I T. III.
Hundert und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von der abteilung der kinder.
§ 939
Wir haben noch eine beſondere gattung der ab-
ſonderung, welche die beratung, die abtei-
lung, oder der ausſpruch, die auſſage genennet
wird, Hamburgiſche ſtatuten im IIIten teile tit.
III art. 7, Luͤbeckiſches ſtadtrecht im IIten buche,
IIten tit. art. 31, repertorium iuris publici pri-
vati ſ. 367, 368 fgg. P. I unter dem worte aus-
ſpruch. Man ſaget auch: abfinden, z. e. ade-
lichen oder prinzen etwas anweiſen; ablegen die
kinder ꝛc. Hermann George Buͤnekau in der
diſp. de ſeparatione liberorum cet. § 5, § 7.
§ 940
Die beratung wird zwar eigentlich von dervon der be-
ratung.
toͤchter vermoͤgen, welches die Roͤmer parapher-
nalien nennen, genommen; allein man findet
nichts deſto weniger in verſchidenen Teutſchen
land- und ſtadt-rechten, daß die beratung, aus-
beratung, von den kindern und deren ausſtat-
tung gebrauchet wird, wie ſolches aus einer ver-
ordnung des kur-fuͤrſtens von Brandenburg ſich
erbricht, repertorium luris priuati P. I ſ. 599 § 6.
§ 941
Sotane abſonderung iſt in den alten Teutſchendie abſonde-
rung iſt
Teutſch.
gewonheiten begruͤndet, Schwaͤbiſches land-recht
cap. 382, und kan auf verſchidene weiſe beſchehen,
David Meviusad ius Lubecenſe lib. II, 2, 33.
num. 14, Buͤnekau am a. o. § XI ſ. 22 fg.
C c 3§ 942
[406]CXX haubtſt. von der
§ 942
beſtehet?
Sie beſtehet darin, daß die aͤltern iren kindern
entweder das irige, was inen von den verſtorbe-
nen ehegatten, oder ſonſt angefallen iſt, oder auch
wohl von dem, was ſie erworben haben, bei le-
bendigem leibe geben, oder ſich mit inen wegen
des ſaͤmtlichen vorhandenen vermoͤgens gaͤnzlich
abfinden. In diſem, aber nicht im erſten falle,
hoͤret das erbrecht der kinder gegen die aͤltern or-
dentlicher weiſe auf. Daher werden die abge-
teilte kinder fuͤr todt gehalten, Buͤnekau am a. o.
§ 14, 1, und § 22, der kaiſerlichen freien reichs-
ſtadt Dortmund raths- gerichts- und ſportul-ord-
nung vom jare 1751, 4. ſ. 34 § 62, kaiſerliche
landgerichts-ordnung des herzogtumes Franken,
im IIIten teile tit. 29 und tit. 76 § 2, der freiherr
von Ickſtatt am a. o. ſ. 180 opuſc. P. I. Wenn
aber die beſagten aͤltern one andre unabgeteilte
kinder ſodann verſterben, auch keine andre ver-
ordnung uͤber ihr vermoͤgen geſtiftet haben, koͤn-
nen die abgefundene kinder von deren nachlaſſe
nicht ausgeſchloſſen werden, Buͤnekau am a. o.
§ 27. Beſage der angezogenen Dortmundiſchen
ratsordnung am a. o. ſollen die abgeſonderte kin-
der in dem falle, da die zwote ehe one kinder, oder
ſelbige vor der trennung des ehebuſens ſaͤmtlich
verſterben ſolten, in die guͤter des zur andern ehe
geſchrittenen ehegattens nebſt deſſen andern ehege-
noſſen in die haͤubter folgen, und koͤnnen hiervon
durch kein teſtament ausgeſchloſſen werden.
§ 943
folget?
Sie geſchihet entweder aus eigener bewegnis,
erheblicher urſachen halber, wo die gemeinſchaft
der guͤter uͤblich iſt, oder wenn eines der lebenden
aͤltern die hand bricht (das iſt, wieder heiratet)
alsdann werden die kinder abgefunden.
§ 944
[407]beiſteuer der aͤltern, ꝛc.
§ 944
Wenn die kinder nicht gaͤnzlich abgefundenwenn die
abteilung
das erb-
ſchaftsrecht
nicht auf-
hebet?
worden ſind, ſondern nur einen voraus, oder von
ires verſtorbenen vaters, oder von irer mutter
erbſchaft den rechts-gebuͤrenden anteil erhalten
haben; ſo hat diſe abteilung vorbeſagte wirkung
nicht, ſondern ſie koͤnnen mit dem uͤbrigen geſchwi-
ſter erben. Geſtalt dann auch ſotane abteilung
keine art iſt: die vaͤterliche gewalt aufzuheben,
Kirchhofs diſp. de ſeparatione liberorum per
elocationem et diuiſionem, Gießen 1711, thue
hinzu das repertorium iuris priuati im Iten tei-
le, unter dem worte: abgeteilte kinder, abſon-
derung, abfindung der kinder ſ. 32, ſ. 67 fgg.
§ 945
Von diſer abſonderung der kinder, iſt die ab-
ſonderung, auch abfindung des nachgebornen ge-
ſchwiſters, der witben, bei dem hohen und nidern
adel, den gemeinen leuten unterſchiden.
Hundert u. ein u. zwanzigſtes haubtſtuͤck
von der beiſteuer der aͤltern, oder der
in Sachſen ſo genannten vaͤterlichen
huͤlfe.
§ 946
Die vaͤterliche oder muͤtterliche huͤlfe heiſet,was ſotane
huͤlfe iſt?
wenn aͤltern iren von ſich abgeſonderten
kindern mit irem vermoͤgen an hand gehen. Sol-
ches kan mit ſachen, waaren, gelte und andern
zur haushaltung noͤtigen und dinlichen dingen ge-
ſchehen, ſowohl, wenn ſie ſich verheiraten, als
auch, wenn ſie iren eigenen haushalt anfangen.
C c 4§ 947
[408]CXXI haubtſt. von der
§ 947
ein anlehn
oder ge-
ſchenk zu
halten iſt?
Nur fraget ſichs, ob diſe huͤlfe fuͤr ein anlehn,
oder fuͤr eine ſchenkung zu halten ſey? Die Wit-
tenbergiſche Juriſten-facultaͤt beiahet das lezte,
von Wernher am a. o. P. I obſ. 166. Hinge-
gen die Jenenſer und Leipziger halten ſie fuͤr ein
anlehn, von Lynkerdeciſ. 612. Barth im dis-
ſenſu 487.
§ 948
unterſchid
eroͤrtert.
Ich mache hier einen unterſchid unter der eh-
ren und vaͤterlichen huͤlfe am gelte. Jene heiſſet,
was vor, oder bei der verheiratung die aͤltern den
kindern geben. Diſe iſt eine zu rechte beſtaͤndige
unwiderrufliche ſchenkung, von Leyſerſpecim.
306 medit. I,von Berger in der oeconomia
iuris ſ. 500. Was aber nach der verheiratung
die kinder empfangen, das iſt mit einem unter-
ſchide zu beurteilen. Entweder der vater oder die
mutter haben merere kinder, und eines erhaͤlt
waͤhrender ehe einen gelt-vorſchuß; ſo iſt ein an-
lehn ſonder intereſſe vorhanden. Geben aber die
aͤltern einem ieden irer vereheligten kinder an gel-
te, oder ligenden gruͤnden etwas in gleicher ſum-
me, oder acker-zale; ſo iſt es ebenfalls ein unwie-
derrufliches Teutſches geſchenke.
§ 949
che huͤlfe
wurde den
kindern ei-
gen.
Die alſo genannte vaͤterliche oder muͤtterliche
huͤlfe, da aͤltern iren erwachſenen kindern zur beſ-
ſeren beſtreitung der eigenen angeſtellten haushal-
tung einiges geben, gehoͤrete voͤllig und eigentuͤm-
lich dem ſone, oder der tochter, Thomaſius in
der diſp. de vſu iuris paterni Romanorum ſe-
cundum mores Germaniae, cap. II § 7, von
Neumannde patria poteſtate lib. I tit. 12 § 25;
anerwogen dasjenige, was der vater auf ſeinen
ſon verwendet, oder ſelbigen gibet fuͤr geſchenket
geach-
[409]beiſteuer der aͤltern, ꝛc.
geachtet wird, wofern der vater von der wieder-
erſtattung nichts gedenket. Die kinder erwar-
ben ſich alſo ſelbſt das eigentum desjenigen, was
ſie bereits bei iren aͤltern erarbeiteten oder erlan-
geten. Vater und mutter, auch kinder konnten
einander ſchenken; immaſſen ſie in allen ſtuͤken fuͤr
zwo perſonen gehalten wurden. Von den unter-
ſchidenen peculiis wuſten die alten Teutſchen
nichts, Schilterexercit. 27 § 85 ſ. 335 § 88
ſ. 336, Saͤchſiſches weichbild art. 94 in der
gloſſe, Andreas Rivinusde ſubſidio paterno
Leipzig 1730.
§ 950
Die aͤlterliche huͤlfe iſt von der abfindung, ab-ſie iſt von
der abfin-
dung unter-
ſchiden.
teilung, auch abſonderung zu unterſcheiden. Von
diſer ſind die alte Teutſche gewonheiten und ge-
ſaͤze, z. e. der lex Wiſigothorum, lib. IIII cap.
III, das Saͤchſiſche landrecht im Iten buche art. 13,
das Ditmarſiſche landrecht vom jare 1567 art.
39 § 1, die Muͤhlhaͤuſiſche ſtatuten und andre zu
verſtehen. Wie dann auch wohl zu behaubten
ſtehet, daß, da die Teutſchen von der einwerfung
nichts wuſten, die in den nur gedachten rechten
befindliche einwerfung aus dem Roͤmiſchen rechte
hergenommen, und unter ſelbige gemiſchet wor-
den ſey.
§ 951
Die Frankenhaͤuſiſche ſtatuten im IIIten bucheder Fran-
kenhaͤuſi-
ſchen ſtatu-
ten verord-
nung hier-
von.
beſagen: „welcher mann ſeinen ſon zu einem brauer
„machet, der ſoll ihn abſondern von andern ſeinen
„kindern, vnd ſolch gut, das er ime dann gibt,
„das ſoll ime zuſtehen zu gewinſt und verluſt, one
„alles geverde, vnd ſoll das zu den heiligen ſchwe-
„ren auch ſal der ſon an des vaters koſt nicht ſeyn,
„ſelbſt koſt und wonunge haben,„ Joh. Fride-
C c 5rich
[410]CXXII haubtſt. von den
rich Muͤldeners geſchichte des Frankenhaͤuſi-
ſchen ſtadtrechtes, in der Vten abhandelung ſ. 20.
Hundert zwei u. zwanzigſtes haubtſt.
von den vormunden und obervor-
munden, auch krigiſchen vormunden.
§ 952
ableitung
und bedeu-
tung.
Vormund (mumbar) kommet her von vor
und mund. Mund bedeutet einen men-
ſchen. Vormund bedeutet alſo einen protectoren
und defenſoren. Daher koͤmmt muͤndel, pupillus.
Muͤndig bedeutet diſemnach einen menſchen, der
ſich ſelbſt vertaidigen ſowohl beſchuͤtzen kan; hin-
gegen unmuͤndig zeiget einen menſchen an, der ſich
nicht beſchuͤzen kan. Wachter am a. o. ſp. 1709,
Johann Jacob Frey in commentar. de munt-
mannis, 1749, 4to, § 2, Friſch am a. o.
ſ. 673, 674 im Iten teile, und ſ. 408, im IIten
teile. In den graͤflichen Hanauiſchen alten ur-
kunden heiſen die graͤflichen vormunden momper,
monpar. Es bedeutet diſes wort auch einen ge-
richtlichen anwalt, Schilter im gloſſario Teu-
tonico ſ. 593, Zweibruͤkiſche hofgerichtsordnung
tit. 13.
§ 953
vormund
Ein vormund heiſſet demnach derjenige, wel-
chem die aufſicht uͤber eine perſon, welche ſich und
iren ſachen nicht fuͤrſtehen kann, von oberkeits
wegen aufgetragen iſt. Sowol der tutor, als
auch der curator werden vormunden genennet,
Pufendorfobſerv. XLVIII ſ. 148 des Iten ban-
des. Die menſchen koͤnnen aber ſich, oder iren
ſachen
[411]vormunden und obervormunden.
ſachen nicht fuͤrſtehen, teils wegen des alters,
teils wegen des geſchlechtes, oder der leibes- und
gemuͤtskrankheit; ferner der verſchwendung, oder
abweſenheit halber.
§ 954
Der vormund eines unmuͤndigen kindes heiſſeteines un-
muͤndigen
iſt?
demnach derjenige, welchem die auferzihung und
verwaltung des vermoͤgens eines unmuͤndigen von
der oberkeit anvertrauet worden iſt.
§ 955
Unmuͤndig heiſſet der oder diejenige, welcherwelche men-
ſchen un-
muͤndig
heiſſen?
oder welche die rechtsbeſtimmten jare z. e. das 18,
oder 21ſte 25ſte noch nicht zuruͤck geleget, und ent-
weder gar keine aͤltern mehr hat, oder nur eins
derſelben verloren gegangen iſt, z. e. der vater.
Denn ſo lang diſer lebet, wird kein vormund,
auſſer in beſondern faͤllen, wenn etwa das un-
muͤndige kind z. e. wegen des muͤtterlichen ſtreit
bekaͤme, beſtellet. Indeſſen kann nach Sachſen
und Schwaben recht ein vater ſeinen kindern ei-
nen vormund fuͤr dem gerichte beſtellen, Hertde
tutela regia, ſect. I § XI ſ. 326 vol. I T. I
opuſcul.,Specht in der diſp. de his, quae vſu
fori a tutoribus et curatoribus et circa eos ob-
ſeruanda ſunt num. 2. Daher Pufendorfobſ.
48 ſ. 147 fg. des Iten bandes den ſchluß zihet, was
maßen in Teutſchlande der unterſchid zwiſchen
tutoren und curatoren obgewaltet haͤtte. Allein
der gerichtsbrauch weiß davon nichts, auſſer, daß
der Roͤmiſch geſinnte Fichard in dem Solmſiſchen
landrechte, die tutoren vormuͤnder, und die cu-
ratoren verweßerIItes buch tit. XXI § 27
nennet, iedoch zugleich einraͤumet, daß diſer un-
terſchid nicht beobachtet werde. Jedoch unter-
laͤſſet der verfaſſer der Kur-Pfaͤlziſchen hofge-
richtsordnung tit. XVIII nicht, die tutoren vor-
muͤnder,
[412]CXXII haubtſt. von den
muͤnder, und curatoren pfleger, zu nennen, beſage
der Muͤhlhaͤuſiſchen ſtatuten IIIIten buches art. 20
§ 7 muß ein vater, wenn er zur andern ehe ſchrei-
tet, zuvoͤrderſt ſein unmuͤndiges kind bevormun-
den laſſen. Die Zweibruͤckiſche untergerichts-
ordnung art. 100 ſ. 154 erheiſchet vom vater, daß
er ſeine kinder nach abſterben ſeines eheweibes
mit vormunden verſehe, er verheirate ſich wieder,
oder nicht.
§ 956
nungen der
vormunden.
Der vormund wird auch pfleger, gerhaber,
ſchirmer, vogt, verweſer, vertreter, mombar,
treuhaͤnder, treustraͤger, vollmaͤchtiger, gewal-
tiger ꝛc. genennet Struve am a. o. P. V ſ. 627,
Ulmiſches ſtadtrecht im IIten teile tit. I; daher
auch die vormundſchaft pfleg- und tragſchaft be-
nennet wird, Nideroͤſterreichiſche gerhabſchafts-
ordnung, von Ludewigde tutelis diff. I,Hei-
neccius am a. o. lib I tit. 15 § 360 *.
§ 957
bei den alten
Teutſchen
beſtimmet
worden ſind
Nach den alten Teutſchen gewonheiten wurde
die vormundſchaft entweder durch die geſaͤze, oder
durch gedinge, oder von der oberkeit beſtellet.
Die geſaͤzliche (legitima) war die fuͤrnaͤmſte und
eintraͤglichſte, anerwogen mit ſelbiger der freie
niesbrauch von des pflegbefohlnen guͤtern one
rechnungsablegung verknuͤpfet war, von Lude-
wigde tutela fructuaria,Pufendorf in den
obſeruat iur. vniuerſ. T. I obſ. 47 ſ. 119 fgg.,
und in Eſtors kleinen ſchriften, Struve am
a. o. P. V ſ. 587-612 fgg. ſ. 653, P. VI ſ. 15 ſ. 71
ſ. 136, von Weſtphal am a. o. T. IIII ſ. 315
ſ. 1978, 2038, 2098, ſ. 1718, II, 339, III ſ 78.
Der Reichshofrat begeret, daß aller Reichs-
ſtaͤnde vormunden rechnungen ablegen ſollen, un-
geachtet ſie ſolche nach Wien zu ſenden nicht noͤtig
haben,
[413]vormunden und obervormunden.
haben, ſondern dem geweſten unmuͤndigen ſelbige
ablegen ſollen.
§ 958
Die beſtaͤtigung, oder beſtellung geſchihet heutvon wem die
beſtellung
oder beſtaͤti-
gung geſchi-
het?
zu tage von der ordentlichen oberkeit. Denn die
vormunden der unmuͤndigen vaſallen muſten we-
gen der lehnsdinſten vom lehnsherren beſtaͤtiget
werden. Der burgmaͤnner halber war eben diſes
noͤtig. Dadurch iſt die beſtaͤtigung auf die buͤr-
ger, und ſodann auf die bauern erſtrecket wor-
den, Puſendorfobſ. 50 ſ. 150 fg. Der landes-
herr iſt obervormund aller unmuͤndigen ſeines lan-
des geworden; derowegen die bevormundung ein
landesherrliches recht in Teutſchland iſt, folglich
keiner vormund ſeyn kann, welcher nicht von der
oberkeit beſtaͤtiget iſt, wie diſes die Reichsrefor-
mation guter policei vom jare 1548 tit. 31, und
die Reichspoliceiordnung vom jare 1577 tit. 32
ausdruͤcklich erfodern.
§ 959
Es iſt daher in den angezogenen Reichspolicei-die Reichs-
ſtaͤnde ſollen
fuͤr die un-
muͤndigen
in iren lan-
den ſorgen.
ordnungen die fuͤrſorge fuͤr der unmuͤndigen be-
vormundung vom kaiſer und Reiche allen kurfuͤr-
ſten, fuͤrſten, praͤlaten, grafen, herren, von
adel und communen anbefolen, darnebſt verord-
net, daß, wenn gleich im teſtamente ein vor-
mund ernennet, oder durch das recht, oder auf
andere weiſe gegeben worden ſey, ſich dennoch kei-
ner unterſtehen ſoll, der verwaltung ſich zu unter-
zihen, es waͤre ihm dann ſolche durch die oberkeit
anbefolen worden.
§ 960
Bei den alten Teutſchen ſchwuren die vormun-der vor-
mund-
ſchaftseid iſt
in den alten
zeiten nicht
gebraͤuchlich
den nicht, wie es dann noch zur zeit in Sachſen
auf diſe weiſe gehalten wird; hingegen im Reiche
muͤſſen alle ſchwoͤren, ein inventarium errichten,
und
[414]CXXII haubtſt. von den
geweſen,
auch in
Sachſen
nicht.und vorſtand leiſten, Reichsreformation guter
policei 1548 tit. 31 § 3, 1577 tit. 32 § 3, Reichs-
kammer gerichtsordnung vom jare 1555 im I teile
tit. 75, 76, Zweibruͤckiſche hofgerichtsordnung
tit. 13, Ulmiſche ſtatuten im erſten teile tit. 3, und
im andern teile tit. 8, F. Heßiſche ſamt hofge-
richtsordnung, die Naſſau-Kazenellenbogiſche
landordnung t. V cap. I, das Solmſiſche land-
recht II t. tit. 21 § 12, Kur Pfaͤlziſche hofgerichts-
ordnung tit. 18 bl. 18. Alle unmittelbare, welche
das kammergericht, oder der Reichshofrat zu
vormunden beſtaͤtiget, muͤſſen den vormundſchafts-
eid entweder in perſon, oder durch einen bevoll-
maͤchtigten allda abſchwoͤren. Dergleichen wird
auch bei der Reichsritterſchaft beobachtet.
§ 961
die ehren-
vormunden
nicht ab.
Die ehren-vormunden ſchwoͤren nicht, ſie legen
auch keine rechnung ab. Ihr amt beſtehet in der
aufſicht, und werden in ſchweren faͤllen gefraget,
und zu rate gezogen, Lauterbachde honorario
tutore.
§ 962
ſtrittigen
Reichsherr-
ſchaften ge-
halten wer-
de?
Iſt die gerichtbarkeit zwiſchen unmittelbaren
Reichsherrſchaften ſtreitig, ſoll einsweilen das
kaiſerliche und Reichskammergericht die vormund-
ſchaft beſtaͤtigen, Reichs-deputations-abſchid vom
jare 1600 § 26.
§ 963
der Teut-
ſchen vor-
mundſchaft
ſind von der
Roͤmiſchen
unterſchidẽ.
Die Teutſche vormundſchaft hat alſo eine ganz
andre quelle, als die Roͤmiſche. Sie hiſſe auch
deswegen in den alten geſaͤzen cuſtodia, oder guar-
dia. Diſelbe unterſcheidet ſich von der Roͤmi-
ſchen darin, daß 1) wir eine obervormundſchaft
haben, weshalber vormundſchaftsaͤmter, waiſen-
gerichte, pflegeaͤmter ꝛc. nidergeſezet und beſtellet
werden, Birknerde iudicio tutelari Norim-
bergenſi,
[415]vormunden und obervormunden.
bergenſi, 1745, 4; 2) daß ſie keine gemeine
buͤrde ſey, ſondern bei gemeinen leuten, und der
gelehrten, bei adelichen vormundſchaften die vor-
munden belonet werden, oder eine beſoldung er-
halten, Mollenbek, Menken, Reiſe,de ſala-
rio tutorum,Schilter in den exercitat. ad π.
exercit. III § XI ſ. 57, XXXVII, § 9, 177,
MeviusP. VIII deciſ. 433, Badeniſches land-
recht im IIIten teile tit. 6, Baieriſches landrecht
tit. V art. 14, Magdeburgiſches, XXXXIII, 22,
Tyroliſches, III, 5, Wirtenbergiſches, tit. 40,
Oſtfriſiſches landrecht II, 224 und cap. 228,
Frankfurtiſche reformation im VIIten teile tit. 13
§ 2, Fraͤnkiſche landgerichtsordnung im IIIten teile
tit. 22 § 2, welche belonung alſo etwas Teutſches iſt.
§ 964
Bei den lehnen wurde von den vormunden inmit deꝛlehn-
vormund-
ſchaft war
der nies-
brauch ver-
knuͤpfet.
Engelland und Teutſchland keine rechnung abge-
leget, ſondern der lehnherr, nachher der naͤchſte
ſchwertmagen hatte die nuzungen von des unmuͤn-
digen guͤtern. Die ſpillmagen muſten davon ab-
ſtehen, Dreyer am a. o. ſ. 99 num. 24, von
Ludewig in differentiis iuris Romani et Ger-
manici in fructuum attributione,Struve am
a. o. P. V ſ. 599 fgg.
§ 965
Unter dem kaiſer Conrad dem II war der erz-geiſtliche
ſind vor-
munden ge-
weſen,
biſchof Poppo zu Trier uͤber ſeines bruders ſon,
herzogen Ernſt, zu Schwaben, vormund, Wip-
po ſ. 423, Hahns Reichshiſtori ſ. 265, War-
mann, biſchof zu Coſtniz, war zu herzogs Her-
manns in Schwaben vormund beſtellet, Hahn
am a. o. Eſtorde tutela electoris clerici
agnati. Inzwiſchen kam nach der regel den naͤch-
ſten verwandten die vormundſchaft zu, Hert vol.
II T. I ſ. 19 § 4, wiewohl die muͤtter der Fraͤn-
kiſchen
[416]CXXII haubtſt. von den
kiſchen koͤnige die vormundſchaften auch gefuͤret
haben, Hert am a. o. ſ. 20 T. II,Struvens
iurispr. heroicae P. V ſ. 361-364.
§ 966
mutter die
vormund-
ſchaft er-
haͤlt?
Vile Teutſche geſaͤze, wie auch die Engellaͤn-
diſche haben auſſer den lehnen, der mutter die
erzihung ſowohl vormundſchaft und nuzniſſung
gelaſſen, jedoch werden ieweilen den muͤttern ein
oder der andere vormund zur ſeite geſezet, Ulmi-
miſche ſtatuten I, 3, 1, II, 12, Heinecciusde
vſufructu ſtatutario materno iuris Germanici,
Harpprechtde vſufructu ſtatutario materno,
Dreyer am a. o. von der Saͤchſiſchen vormund-
ſchaft, ſihe den ſtatsſecretar, im 138ſten teile,
von Weſtphal am a. o. T. I ſ. 660, 2007,
2016, IIII, 214, 984, 1903. Bei den Reichs-
ſtaͤnden fuͤret die mutter oͤfters die vormundſchaft,
welcher ein ehren-mitvormund beigegeben wird.
Ordentlicher weiſe ſoll der mitvormund auch ein
der mutter beigegebener mitregent ſeyn.
§ 967
koͤnnen in
den F. H.
Caſſeliſchen
landen nicht
vormunden
ſeyn,
welchen per-
ſonen ſelbi-
ge beſtellet
werden.
Die ſtifvaͤter koͤnnen in den F. H. Caſſeliſchen
landen die vormundſchaften irer ſtifkinder nicht
verwalten, noch ſelbiger ſich unterzihen, beſage
der Fuͤrſtl. verordnung vom 20 jul. 1750.
§ 968
Den unmuͤndigen nachgebornen ſoͤnen und toͤch-
tern werden im falle der einzufuͤrenden erſtgeburt,
wie auch den bloͤdſinnigen und kindern im mutter-
leibe, imgleichen bei einer ſchwangern witbe auch
vormunden beſtellet.
§ 969
auch vor-
munden be-
dungen
werden,
Es iſt auch vergoͤnnet, ſich bei lebendigen leibe
fuͤr ſeine kinder vormunden auszubedingen, wel-
ches die tutela pactitia heiſſet, iedoch muͤſſen der-
gleichen vormunden hernach von der oberkeit be-
ſtaͤtiget
[417]vormunden und obervormunden.
ſtaͤtiget werden, ſintemal alles weſen der vor-
mundſchaft auf der oberkeitlichen beſtaͤtigung
beruhet.
§ 970
Wenn mit der vormundſchaft der niesbrauchwenn die
vormunden
rechnung
abzulegen
haben.
nicht verknuͤpfet iſt, muß der vormund alle jare
die vormundſchafts-rechnung derjenigen oberkeit
ablegen, welche ihn beſtaͤtiget hat, Naſſau Ka-
zenellenbogiſche landordnung t. V cap. 6 ſ. 164.
Und nachdem der Fichard wegen der vormund-
ſchafts-rechnungen, ſich nach Rom gedrehet und
gewendet hatte, ſo erſcheinet dennoch tit. 21 § 34
des II t. des Solmſiſchen landrechtes, daß es
beim loͤblichen herkommen verbleiben ſolle, alle
jare rechnung zu tun. Allein der verfaſſer des
Kur-Pfaͤlziſchen landrechtes hat ſich ſo weit her-
unter zu laſſen nicht vermocht. Bei gemeinen
leuten hat man ehedem die vormundſchaftsrech-
nungen mit kerbhoͤlzern zugelaſſen. Heut zu
tage aber iſt den vormunden in den Preuſiſchen
und Heſſiſchen landen ein modell fuͤrgeſchrieben,
welches in der F. H. Caſſeliſchen grebenordnung
ſ. 138 fgg., und bei dem herrn profeſſor Polac in
der matheſi forenſi, auch Eſtors unterrichte von
abfaſſung der urthel cap. XX ſ. 373 fg.
§ 971
Der vormund hat ſo viel gewalt als der vater,deren ge-
walt.
auſſer bei veraͤuſſerungen. In Franken hat der
vormund beſonders groſe gewalt in abſicht auf
ſeines muͤndlinges guͤter, wirzburgiſche landge-
richtsordnung tit. 120 § 5, Kleibert am a. o.
§ 39, Demerath am a. o. diff. II P. IIII. Der
unmuͤndige wird nicht befraget bei den handlun-
gen, welche der vormund fuͤr ihn unternimmet,
ſondern der vormund beſorget alles, und zwar
ſoll diſes treulich, fleiſſig, ſonder gefaͤrde geſche-
D dhen,
[418]CXXII haubtſt. von den
hen, immaßen keines vormundes farlaͤßigkeit noch
weniger vervorteilung bei ſeinem pflegkinde, oder
deſſen guͤter unbeſtrafet bleiben ſoll, Reichspolicei-
ordnung vom jare 1577 tit. 32 § 3.
§ 972
horſam ſoll
den pflegbe-
fohlnen
nicht ſchaͤd-
lich ſeyn.
Der ungehorſam der vormunden ſoll den pu-
pillen nicht ſchaͤdlich ſeyn, ſondern der proceß wi-
der ſelbige in ire guͤter angeſtellet werden, Reichs-
deputationsabſchid 1600 § 95.
§ 973
Wenn und wie ſie fuͤr ire pflegbefohlnen die
Reichslehne empfangen ſollen, beſaget die neueſte
wahlkapitulation art. XI § 5, 6.
§ 974
vormund-
ſchaft auf-
hoͤret?
Nach den Teutſchen rechten iſt kein unterſchid,
unter der tutel und curatel, ſolchemnach hoͤret die
vormundſchaft mit dem virzehenten jare nicht auf,
ſondern waͤhret ſo lange fort, biß der unmuͤndige
zu ſeinen jaren gekommen iſt, das iſt, das 18,
21, 25, jar erreichet hat, von Gaͤrtnerde iure
Germanico inter impuberes et minores tuto-
res et curatores non diſtingui,von Ludewig
in der Erlaͤuterung der guͤldenen Bulle tit. VII
§ 4, Schilter im codice iuris feud. Alem.
cap. 50, 51; Hingegen achtet ſich der Reichshof-
rat nach dem Roͤmiſchen rechte, geſtalt das an-
ſuchen um einen curator von diſem ſelbſt beſche-
hen muß.
§ 975
ſche vor-
munden be-
deuten?
Es haben die unmuͤndige jeweilen ire krigiſche
vormunden, welche auch vormunden zum rechten
benennet werden. Diſe haben der muͤndlinge
rechtshaͤndel zu beſorgen, und werden entweder
von den erblaſſern ſelbſt auserſehen, oder von den
minderjaͤrigen, auch dem ſtreitigen gegenteile fuͤr-
geſchlagen, oder von der oberkeit beſtellet, Solm-
ſiſche
[419]vormunden und obervormunden.
ſiſche gerichtsordnung und landrecht, im IIten
teile, XXII tit. F. Heſſiſche ſamt hofgerichtsord-
nung tit. VI § 7, F. H. Caſſeliſche untergerichts-
ordnung art. III § 6. Der eid, welchen ein ſol-
cher krigiſcher vormund abzulegen hat, ſtehet in
der kaiſerlichen und Reichskammergerichtsord-
nung im Iten teile tit. 75, auch in der angezogenen
hofgerichtsordnung, und im Solmſiſchen land-
rechte am a. o. wie auch im Badiſchen landrechte
ſ. 79. Dem adelichen vormunde wird oͤfters ein
gelehrter beigegeben, welcher die rechnung fuͤret,
und das noͤtige beſorget. Iſt er keiner, der einem
rate gleichet; ſo heiſſet er krigiſcher vormund,
ſonſt aber mit-vormund. Der krigiſche vormund
leget keine rechnung ab, ſondern er fuͤret ſie im
namen des adelichen vormundes.
§ 976
So bald der unmuͤndige vogtbar, oder fuͤrwas nach er-
langter
muͤndigkeit
erfolget?
volljaͤrig erklaͤret worden iſt, hoͤret die vormund-
ſchaft auf, und nach getaner ſchlußrechnung, muß
er dem Vormunde eine haubtquittung zuſtellen,
Struve in der iurisprudentia heroica P. VI,
cap. IIII § 13 ſ. 140. Diſe heiſſet im Reiche ab-
ſolutorium.
§ 977
Die alten gewonheiten der Teutſchen beſagen,die unter-
ſchidlichen
gattungen
der vor-
mundſchaf-
ten.
von einer lehns- eides- und gerichts-muͤndigkeit,
Pufendorf am a. o. T. I obſ. 48 ſ. 147, von
Ludewigde aetate puberum. Inhalts der F.
S. Altenburgiſchen landesordnung im IIten teile,
tit. I ſ. 136, wird einer im 16ten jare lehnsmuͤn-
dig. Nach Saͤchſiſchen rechte war einer ſonſt im
13ten jare und 6 wochen lehnsmuͤndig; Allein der
lehnsbrauch hat es auf 18 jare, auch 21 ge-
ſetzet. Die eidesmuͤndigkeit eraͤuget ſich im 18ten
D d 2jare;
[420]CXXII haubtſt. von den
jare; Wer 16 jar alt iſt, muß in ehe und ſchwaͤn-
gerungsſachen ſchwoͤren.
§ 978
lung der
volljaͤrig-
keit iſt Roͤ-
miſch.
Die alte Teutſchen wußten nichts von der er-
teilung der volljaͤrigkeit (venia aͤtatis) von Lu-
dewigde legitima aetate puberum, cap. VI,
ſondern es iſt ſelbige durch einfuͤrung des Roͤmi-
ſchen rechtes bekannt worden. Selbige erteilen
ſowohl der kaiſer, die Reichsverweſer, als auch
die landesfuͤrſten den in iren landen befindlichen
untertanen, iedoch richten ſie ſich nicht ſchlechter-
dings in abſicht auf die jare nach der fuͤrſchrift der
Roͤmiſchen rechte. Sihe des kaiſerlichen und
Reichskammergerichtsbeiſizers, freiherrns von
Cramer abhandlung de iure principis conce-
dendi veniam aetatis, vol. II opuſc. ſ. 572 fgg.,
des herrn profeſſor Gottfrid Daniel Hofmanns
diſp. de iure imperatoris concedendi veniam
aetatis princ., des verſtorbenen herrn H. R.
Koͤnigsdifferentias iuris Romani et Germanici
in concedenda venia aetatis, und in den ſele-
ctis iuris publ. VIIten teile ſ. 1 fgg. Im jare
1320 erklaͤrete kaiſer Ludewig, Heinrichen Mark-
grafen in Brandenburg und Landsberg fuͤr voll-
jaͤrig, Paulli in der einleitung zur Preuſſiſchen
ſtatsgeſchichte, period. III § 48 not. b. ſ. 112.
§ 979
raͤte ſelbige
erteilen koͤn-
nen?
Die ſtadtraͤte, auch andere richter in den
Teutſchen Reichslanden vermoͤgen ſotane volljaͤ-
rigkeit nicht zu erteilen, wofern es einen nicht be-
ſonders verguͤnſtiget iſt, freiherr von Cramer am
a. o., Koͤnig am a. o. ſ. 12.
§ 980
erklaͤrte kan
ſeines ge-
ſchwiſters
Derienige, welcher fuͤr muͤndig erklaͤret wor-
den iſt, kan ſeines unmuͤndigen geſchwiſters vor-
mund werden, auch uͤber ſein vermoͤgen giltige
contracte
[421]vormunden des weibl. geſchlechtes.
contracte ſchluͤſſen, Riccius am a. o. ſ. 622,vormund
werden.
Struve am a. o. P. VI ſ. 107 und 206. Bei
dem kaiſerlichen Reichshofrate, muß die uͤberne-
mung ſotaner vormundſchaft beſonders von dem-
jenigen, welcher die volljaͤrigkeit erhaͤlt, ausgedru-
cket werden, von Neumann in den principiis
proceſſus iud. imp. aul. § 60 ſ. 128.
Hundert drei u. zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den vormunden des weiblichen
geſchlechtes.
§ 981
Die vormundſchaft uͤber das weibliche ge-worin die
vormund-
ſchaft uͤber
das weibli-
che geſchlecht
beſtehet?
ſchlecht beſtehet in der geſaͤzmaͤſigen gewalt,
vermoͤge deren ein vormund einer weibesperſon in
wichtigen handlungen, welche ihr nachteilig ſeyn
koͤnnen, mit gutem rate beiſtehen, und ſelbige durch
ſeine einwilligung giltig machen ſoll.
§ 982
Inhalts des Saͤchſiſchen und Schwaͤbiſchenſie war in
den aͤltern
zeiten
Teutſchlan-
des ge-
braͤuchlich.
landrechtes ſtunde das weibliche geſchlecht unter
einer beſtaͤndigen vormundſchaft, und vermogten
one vormunden in gerichten nicht zu erſcheinen,
Saͤchſiſches landrecht I, 46, III, 45, Schwaͤbi-
ſches landrecht cap. 307, cap. 309, Polac im
ſyſtemate iurisprudentiae ciuilis Germ. anti-
quae, lib. I cap. 14 § 3 ſ. 50, Dreyer am a. o.
ſ. 100 num. 28, von Weſtphal am a. o. T. IIII
ſ. 1926, 2023, 2033, 2092, Everard Otto in
der diſp. de tutela foeminarum perpetua cap. II
§ 1 ſ. 39 fgg., Schilterexerc. 37. Daher heiſ-
ſet es, im Oſtfriſiſchen landrechte: alle frauens-
D d 3perſo-
[422]CXXIII haubtſt. von den
perſonen ſollen entweder einen erkornen, oder ge-
bornen vormund haben, welcher der naͤchſte vaͤter-
licher ſeite iſt, im IIten buche 130 cap.
§ 983
ſtehet?
Sotane vormundſchaft ſtehet entweder gewiſſen
perſonen vermoͤge der geſaͤze zu, oder ſie wird
durch ein geding errichtet, oder von der oberkeit
beſtellet. Dem ehemanne wird nach maasge-
bung der Teutſchen rechte die eheliche vormund-
ſchaft uͤber ſein eheweib beigeleget (§ 713, 714),
Oſtfriſiſches landrecht im IIten buche cap. 189.
§ 984
cher vor-
mund zu be-
trachten iſt?
Der vormund einer weibesperſon wird nur als
ein ratgeber angeſehen; daher er auch, auſſer dem
ehemanne, mit der verwaltung der guͤter nichts zu
tun hat; es ſind deswegen ſeine guͤter der Curan-
din mit einem ſtillſchweigenden unterpfande nicht
verhaftet; er hat mit nichts zu ſchaffen; wenn er
der weibesperſon nicht mehr anſtaͤndig iſt, kann
wenn die le-
digen wei-
besperſonen
und witben
ſelbigen
nicht brau-
chen?ſie von ihm abgehen. Zu den auſſergerichtlichen
handlungen brauchen die ledigen weibesperſonen
und witben in Sachſen keinen vormund, welches
auch nach dem Schwaͤbiſchen landrechte befunden
wird, cap. 309, Reinhardts diſp. de feminae
Sax. negotiis absque curatore validis,Baſti-
nellers diſp. de negotiis, quae a muliere ſine
curatore in Sax. expediri poſſunt.
§ 985
vormund-
ſchaft noch
uͤblich iſt?
Obgleich durch das Roͤmiſche recht ſotane vor-
mundſchaft der weibesperſonen in vielen Teutſchen
landen verdrungen, auch aufgehoben worden iſt;
nichts deſtoweniger iſt ſelbige noch in Pommern,
in Ober-Sachſen, zu Hamburg, Luͤbeck, im
koͤnigreiche Preuſſen, Sahme in der diſp. de cu-
ratore mulieris Prutentico, in Schwaben, z. e.
im herzogtume Wirtenberg, zu Ulm ꝛc. in Oſt-
frießland,
[423]ehrloſen, anruͤchtigen menſchen ꝛc.
frießland, im Hollſteiniſchen, in den Niederlan-
den ꝛc. uͤblich, Schoepfde proceſſu appellat. IIII,
3, 7 fg. Ulmiſches ſtadtrecht im IIten teile tit. 5,
16, und tit. 18, MeviusP. V. deciſ. 99, Otto
am a. o. § IIII ſ. 43 fgg.
§ 986
In den hiſigen landen, weiß man nichts vonin Heſſen iſt
ſie nicht ge-
braͤuchlich.
der vormundſchaft des weiblichen geſchlechtes.
Der ehemann darf nicht einmal, beſage der F.
Heſſiſchen ſamthof-gerichtsordnung tit. VI § 9 in
den rechtshaͤndeln ſeines eheweibes einen andern
bevollmaͤchtigen, noch ſoll er one genugſame ge-
walt von ſeinem Eheweibe zu haben, etwas in den
gerichten fuͤr diſes zu handeln zugelaſſen werden.
Hundert vier u. zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den ehrloſen, anruͤchtigen, be-
fleckten menſchen, auch andern
lumpenvolke.
§ 987
Die menſchen ſind entweder ehrliche, ehrbare,der unter-
ſchid der
menſchen in
die ehrliche
und unehr-
liche.
redliche, tugendhafte, tapfere, treue und
worthaltende, keuſche und gottesfuͤrchtige; oder
ehr- recht- treu- und tugendlos, feige memmen,
ſchaͤlmen, betruͤger, nidertraͤchtige, unehrbare,
mit ſchandflecken behaftete, racker, hallunken,
landfarer, jauner, gaudibe, hurenpak, dibes-
raub- und zigeuner- ſo dann herrenloſe-wildſchuͤzen,
muͤſſige und luͤderliche bettel-geſindel, gardenbruͤ-
der ꝛc. Die erſten ſchaͤzeten die Teutſchen hoch,
da hingegen haſſeten ſie die letztern.
D d 4§ 988
[424]CXXIV haubtſt. von den
§ 988
genden der
Teutſchen.
Die Teutſchen hielten die tapferkeit, treue, keuſch-
heit und die religion fuͤr die haubttugenden. Mit
einem worte, ſie waren ehrlibend, daher die ehr-
bare maͤnner, ehrbare weibesperſonen hochgeſchaͤ-
zet wurden.
§ 989
haſſen die
Teutſche.
Die betruͤger hingegen haſſeten ſie aͤuſſerſt, und
nenneten ſie lotterbuben. Denn lotter heiſſet un-
ter andern: fraus, dolus, mendacium, Wach-
ter im gloſſario ſp. 1000, Friſch am a. o. ſ. 625
und ſ. 626, unter lotter und luder im Iten teile,
daher lotterich, luͤderlich koͤmmet.
§ 990
ſchaͤlmen.
Man nennet ſie ſchaͤlmen, das iſt, abſchaͤler,
oder die ein aas ſchinden, welches haubtſaͤchlich von
einem todten hunde gebrauchet wird. Hiervon
kommet hundes-vogt; immaßen die empfindlich-
ſten ſchimpfwoͤrter von dem hunde genommen wur-
den, man ſagte: er muß hunde fuͤren, es entſtand
auch daher das ſpruͤchwort: feindes mund, ſchilt
ieden einen hund, Dreyers ſammlung vermiſchter
abhandlungen im Iten teile ſ. 56 fgg. daher dann
auch das hunde tragen eine empfindliche ſtrafe
war. Man nam den zu diſer ſtrafe verdammten
den ritterguͤrtel ab, Dreyerde lithophoria ſ. 13,
14, Meibomde κυνοφορία, Gericken im Schot-
telio illuſtrato, cap. 4, Gundling am a. o.
ſ. 288 § 13, 14, Huth am a. o. § 14 ſ. 20, 30 fg.
Eſtorde miniſterialibus.
§ 991
der das ſte-
len.
Obzwar die Teutſchen das rauben und pluͤn-
dern des adels, auſſer den grenzen des vaterlan-
des, fuͤr keine untugend hilten, Heineccius am
a. o. lib. II tit. III § 58 ſ. 413, ſondern es unter
dem namen: ritterzerung vertaidigten; ſo war
doch
[425]ehrloſen, anruͤchtigen menſchen ꝛc.
doch der dibſtahl des gemeinen volkes fuͤr etwas
anruͤchtiges geachtet, welcher bereits in den aͤlte-
ſten zeiten mit harten, auch wohl galgenſtrafen
geandet wurde, von Piſtorius am a. o. I, 101,
III, 647, IIII, 836, 849, VI, 1509, 1608, Heu-
mann in opuſc. T. I ſ. 232 fg.
§ 992
Die hurerei und den ehebruch verabſcheuetenferner die
huretei,
die Teutſchen auf das hoͤchſte; weshalber es ein
ſehr grobes ſchimpfwort war, wenn man jeman-
den einen huren-ſon nennete, ſintemal die huren-
kinder als unaͤchte leute zu keiner zunft, und eh-
ren-wuͤrde gelangen konnten, bevor ſie ehrlich ge-
macht worden waren. Sotanes laſter machete
anruͤchtig (§ 181), von Piſtorius am a. o. I,
111, Gundling in π. ſ. 285 § 6, ſ. 293 § 21,
Huth am a. o. § 8, 9, 11. Von den ehemaligen
frauenhaͤuſern in Frankfurt am Maine, ſihe den
Dr. Orth am a. o. im IIIten teile ſ. 486, von
den hanreien, den Tenzel in den monatlichen un-
terredungen 1692, den Panlini in der zeit erbau-
ende luſt P. I cap. 67, 85, und in Eccardts vor-
rede zu den collect. etymol. Leibnit. P. I ſ. 55,
von den hallunken ſihe Eſtors unterricht von ur-
teln und beſcheiden § 1594, ſ. 928.
§ 993
Diſemnach ſind die handlungen ſowohl verbre-woher die
anruͤchtig-
keit und ver-
achtung ab-
zuleiten iſt?
chen, welche nach masgebung der Teutſchen ge-
wonheiten den verluſt der ehre, oder der achtung
nach ſich gezogen haben, und noch verurſachen,
entweder vom krigesdinſte herzuleiten, Gundling
in π. ſ. 284, oder von andern vergehungen und
veraͤchtlichen gewerbe her. Was die erſten be-
langet, ſo gehoͤren ſelbige in das krigesrecht, z. e.anruͤchtige
krigesſtra-
ſen.
die caſſation eines oberofficirs cum infamia, das
wegjagen vom regimente, das ſchlaͤmen machen,
D d 5ſowohl
[426]CXXIV haubtſt. von den
ſowohl der gegenwaͤrtigen, als auch der abweſen-
den, wenn der name, oder das bildnis an den
galgen geſchlagen wird, wenn in der muſter-rolle
bei eines ſeinen namen der galgen gezeichnet, wenn
jemand mit einer lebens- oder leibes-ſtrafe beleget
wird, welche durch den henker vollſtrecket werden
muß; wenn einer dem ſcharfrichter zur abſezung
(degradation) uͤbergeben wird, Stephan Wa-
ga in comm. de eo, quod iuſtum eſt circa poe-
nas militum ignominioſas,Wendde poe-
nis militum famoſis § 16 fgg., graf von
Khevenhuͤller in den obſervations-puncten Iten
teile ſ. 23, Luͤnig in corpore iuris militaris ſ.
869, 1308 fgg., reiter-beſtallung kaiſer Maximi-
lians II art. 62. Es gehoͤret ferner dahin die
zerbrechung der waffen, des tegens, ſchildes und
helmes durch des ſcharfrichters haͤnde, Gundling
am a. o. 289 § 15.
§ 994
ruͤchtig er-
klaͤrung ge-
ſchihet?
Die anruͤchtig-erklaͤrung geſchihet entweder
ausdruͤcklich, z. e. wenn ein bedinter abgeſezet,
und aller ehren-ſtellen fuͤr untuͤchtig erklaͤret, oder
zu einer unehrlichen ſtrafe verdammet wird, z. e.
wenn einer bei den ſoldaten durch urtel und recht
zum ſtecken-knecht, oder regiments-henker gema-
chet wird, Koſtka in den obſeruat. militar. art.
33 ſ. 220, oder ſtillſchweigend, z. e. einem officir
der tegen genommen und abgeſezet wird.
§ 995
die anruͤch-
tigkeit iſt?
Es iſt aber die anruͤchtigkeit entweder in den
rechten auf gewiſſe freie menſchliche handlungen
geſezet, oder ſie wird durch boͤſe ſitten, und nider-
traͤchtige ſowohl luͤderliche lebensart bewirket.
Die erſte wird infamia juris und die andere infa-
mia facti benennet. Unter die erſte gattung zaͤle-
ten die Teutſchen unter andern die meineidigen,
untreu-
[427]ehrloſen, anruͤchtigen menſchen ꝛc.
untreuen, eid- und pflicht-vergeſſenen, ſie ſagten
daher: „untreu ſchlaͤgt ſeinen eigenen herren.„
Hiernaͤchſt diejenigen, welche die geſchloſſenen ge-
dinge nicht hilten, wie dann auch diſerwegen die-
jenige, welche das einlager, oder den einritt im
Hollſteiniſchen nicht halten, anruͤchtig werden, von
Weſtphal am a. o. T. IIII ſ. 872 in der note. Die
pasquillanten, hurenwirte, art. 122 der peinlichen
halsgerichts-ordnung, kaiſer karls des Vten, die
geaͤchteten, die falſarii, die treuloſen vormunden,
Saͤchſiſches landrecht im Iten buche art. 41,
Schwaͤbiſches landrecht cap. 321, die geſtaͤupete,
Philipp Ludewig Huth in der diſp. de his, qui
notantur infamia § VII ſ. 9, § XII ſ. 25 fgg.,
die miſſetaͤter, welche wegen irer verbrechen mit
dem ſchwerte und durch den henker vom leben zum
todte gebracht worden ſind.
§ 996
Zu der andern gattung werden die verſchwen-
der, oͤffentliche ſpiler, kaͤmpfer (§ 685), leicht-
fertige weibesperſonen ꝛc. gezaͤlet, Gundling am
a. o. Menken im ſyſtemate iuris ciuilis lib. III
tit. II § 7 ſ. 80.
§ 997
Diejenige, welche einen ſich ſelbſt erhenkten los-welche fuͤr
anruͤchtig
nicht zu hal-
ten ſind?
ſchneiden, oder blos an den halseiſen geſtanden,
oder die tortur ausgehalten, und ire unſchuld dar-
auf erhaͤrtet, ſodann amts- und gerichts-diner,
landknechte mit iren weibern und kindern, ſchaͤ-
ferskinder und dergleichen, ſind fuͤr unehrlich nicht
zu achten. Sonſt ſaget man: ſchaͤfer und ſchin-
der ſind geſchwiſter-kinder, Piſtorius cent. VII
par. 3 ſ. 561.
§ 998
Noch weniger ſind die ſchweinſchneider fuͤr un-die ſchwein-
ſchneider
ſind ehrlich.
ehrlich zu halten, anerwogen ſelbige der kaiſer
Leopold
[428]CXXIV haubtſt. von den
Leopold im jare 1699 durch einen freiheits-brif fuͤr
ehrliche leute erklaͤret hat, welcher ſich in den Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landesgeſaͤzen im
IIIten teile, cap. IIII ſ. 36 fgg., und in des My-
liuscorpore conſtitutionum Marchicarum im
Vten teile, Vten abt. II cap. ſ. 109 fg. num. 15 fg.
§ 999
geringſchaͤ-
zig zu achten
ſind?
Auſſerdem gehoͤren unter diejenige menſchen,
welche in Teutſchland geringſchaͤtzig gehalten
werden 1) die zigeuner, welche eine gattung ver-
jagter juͤden ſind, Wagenſeilde ciuitate No-
rimbergenſi, nun aber ſich zum chriſtlichen glau-
ben bekennen. Sie heiſſen landſtreicher, und ha-
ben iren namen von zug und gau, Reichs-policei-
ordnung 1530 tit. 35, 1577 tit. 28, ſeiltaͤnzer,
gauckler, ſtorger, ſchalksnarren, gardbruͤder,
jauner, und andere § 613 § 681, 685 benannte
perſonen, Fabers Europaͤiſche ſtats-kanzellei im
IIIIten teile cap. III ſ. 255, elephanten- loͤwen-
baͤren- und andre thier-fuͤrer, welche ungeheure
mißgeburten herumfuͤren ꝛc. und nicht zu dulten
ſind.
§ 1000
bankerutti-
rer ſind ehr-
los.
Ferner ſind hiher zu rechnen die fuͤrſezliche und
boshafte bankeruttirer, welche inhalts der Reichs-
policeiordnung vom jare 1548 tit. 22, 1577 tit. 23
§ 2, und des Reichsſchluſſes vom jare 1670
§ da ſich aber ꝛc. zu keinen aͤmtern oder wuͤrden
gelangen ſollen, F. H. Caſſeliſche verordnung
von \frac{5}{16} Mai 1747 § 3, F. H. Hanauiſche ver-
ordnung wegen der banqueruttirer vom 20ſten
Jul. 1751 fol. § 2, koͤnigliche Preuſiſche ſazung
vom 14ten Jun. 1715 wider die muthwillige ſchul-
denmacher, § I, II, beim Mylius am a. o. T. II
in der IIten abt. ſ. 240, von Ludewig in den ge-
lehrten anzeigen im IIten teile ſ. 404 fgg., Sach-
ſen-
[429]ehrloſen, anruͤchtigen menſchen ꝛc.
ſen-Gothaiſche landesordnung P. II cap. 4 tit. 24,
auch S. Gothaiſchen handels- und bankeruttirs-
mandat vom jare 1740 § 28 fg. Sihe mit me-
rern das repertorium iuris priuati im Iten teile
ſ. 442 fgg. In der Schweiz iſt ſotane ſtrafe
gleichfalls uͤblich.
§ 1001
Desgleichen ſollen beſage einer F. H. Caſſeli-auch die ge-
fliſſentliche
brante-
weinsſaͤufer
in F. H. Caſ-
ſeliſchen
landen.
ſchen verordnung vom 16ten febr. 1754 die gefliſ-
ſentliche branteweinsſaͤufer zu keinem vorſteher-
greben- ſchulzen- zunft- meiſter- ratsverwandten
und andern dergleichen aͤmtern zugelaſſen werden.
§ 1002
Die rechtloſe und mit einem flek behaſtete, wer-diſe leute
werden in
keinen in-
nungen ꝛc.
gedultet,
den in keinen oͤffentlichen geſellſchaften, innungen,
und aͤmtern gedultet, Huth am a. o. § XVI fg.
Menken am a. o. § 4, 7, 10. Sie werden fuͤr
untuͤchtige zeugen gehalten, und haben ſich keines
oͤffentlichen und ehrbarlichen begraͤbniſſes zu er-
freuen.
§ 1003
Die ehrloſe koͤnnen ihrer anruͤchtigkeit von demkoͤnnen ires
flekens ſo-
wohl der
anruͤchtig-
keit ent-
nommen
werden.
landesherrn entnommen werden, Gribnerde
iure principum imperii reſtituendi famam.
Bei den ſoldaten geſchihet ſolches durch die fane,
oder ſtandarte, iedoch gehet diſes auf die ſchinder
und weiber nicht, Khevenhuͤller am a. o. im Iten
teile, ſ. 52 ſ. 53, num. 44, Gnuͤge am a. o. ſ.
546 fgg., Wagade reſtitutione famae per ve-
xillum. Dahingegen diejenige, welche durch ire
luͤderliche lebensart ſich bei der ehrbaren welt ver-
aͤchtlich gemachet haben, koͤnnen durch einen guten
lebenswandel ſich wieder helfen.
Hundert
[430]CXXV haubtſt. von den
Hundert u. fuͤnf u. zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den abdeckern oder ſchindern.
§ 1004
werden fuͤr
unehrlich
gehalten,
Die ſchinder ſamt iren weibern und kindern,
werden inhalts der Reichs- auch landesge-
ſaͤze heutiges tages fuͤr anruͤchtige leute geachtet,
Reichsſchluß vom jare 1731 § 4, F. H. Caſſeli-
ſche verordnung wegen der leichentraͤger vom jare
1753 § 2.
§ 1005
ſchriben.
Deren be-
nennungen.
Schinder ſind diejenige perſonen, welche, auſ-
ſer dem koͤpfen, die leibes- und lebens-ſtrafen zu
vollſtrecken, zur abdeckung des verreckten vihes,
oder des aſes, zur reinigung der heimlichen gemaͤ-
cher, ſchlagung der hunde und andern verrichtun-
gen gebrauchet werden. Man nennet ſie auch
klemeiſter, waſenmeiſter, caviller, feldmeiſter,
zuͤchtiger, abdecker, abſchaͤlmer, halbmeiſter,
racker ꝛc. Gundling am a. o. ſ. 291, 292. In
hiſigen oberfuͤrſtentume heiſſen ſie meiſter. Fer-
ner nennet man ſie: meiſter hanns! meiſter fix!
meiſter haͤmmerling, die angſtmaͤnner, notboten,
buͤttel, halt uns feſt, pack an, ſchergen ꝛc.
§ 1006
ſter ſind mit
den ſcharf-
richtern
nicht zu
vermiſchen.
Die meiſte rechtslehrer vermiſchen den abde-
cker und den ſcharfrichter, wie Andreas Mylius
de iure carnificum, cap. I § 4 getan hat; da
hingegen Adrian Beierde eo, quod circa car-
nifices et excoriatores iuſtum eſt, cap. VIII
num. 254 fg. ſ. 80 beide wohl unterſcheidet.
§ 1007
Der feldmeiſter darf keine ſcharfrichterliche
exccution verrichten, Mylius im corpore conſti-
tutio-
[431]abdeckern oder ſchindern.
tutionum Marchicar. im Vten teile, Vten abteil.ſie duͤrfen
keine ſcharf-
richterliche
execution
verrichten.
Ihre kinder
und von des
ſcharfrich-
ters kin-
dern unter-
ſchiden.
ſ. 119; es werden darnebſt die ſchinders-kinder al-
lein bis in das andre glid von den handwerken
ausgeſchloſſen, Reichsſchluß vom jare 1731 § 4,
juriſtiſches oraculum T. V ſ. 39; dahingegen we-
der der ſcharfrichter, noch deren kinder daſelbſt
einige erwaͤnung geſchihet, folglich ſotane Reichs-
verordnung auf diſe nicht zu erſtrecken iſt.
§ 1008
Beſage der Reichsreformation guter policeiſie ſollen ſich
beſonders
kleiden.
vom jare 1530 tit. 21 ſollen ſich die zuͤchtiger, nach-
richter, feldmeiſter, oder abdecker beſonders klei-
den. Daher ſie an vilen orten gruͤn, oder rot
gekleidet gehen. In dem Kur-Brandenburgiſchen
muͤſſen die ſcharfrichter und ſchinder dunkelgraue
kleider mit eben ſolchen knoͤpfen und rote huͤte,
welche oben ſpizig zugemachet ſind, auch kein ſei-
ten-gewehr oder tegen tragen, Mylius am a. o.
im Vten teile, Vte abteilung ſ. 115 ſ. 119, auſſer-
dem ſollen die ſchindersknechte den haſpel mit ſich
fuͤren, wenn ſie ausfaren, ebend. An vilen or-
ten haben ſie ire beſondere kirchſtuͤle, oder ſtaͤndte.
§ 1009
Die geringſchaͤzung der ſchinder iſt nicht ausire gering-
ſchaͤzung iſt
nicht aus
den Teut-
ſchen ge-
wonheiten
abzuleiten.
den alten Teutſchen gewonheiten, ſondern aus
den Roͤmiſchen und geiſtlichen rechten herzuleiten,
von Piſtorius am a. o. T. I ſ. 66, T. VII ſ.
2268 fg., Thomaſiusde iurisdict. diff. ſecun-
dum mores German. § 81, Beſold im theſauro
practico ſ. 865, Boͤhmers diſp. de executionis
poenarum honeſtate. § 44.
§ 1010
Ire verrichtung hat teils ſtinkende, teils grau-ire verrich-
tungen.
ſame handlungen zum gegenſtande. Jene beſte-
hen in reinigung der heimlichkeiten, diſen wuſt ins
waſſer zu faren, oder an abgelegene oͤrter zu brin-
gen,
[432]CXXV haubtſt. von den
gen, auch diß in warmen tagen nicht, ſondern zu
froſtzeiten zu bewirken.
§ 1011
reckten vihe,
Weiter haben ſie das verreckte vihe abzudecken,
juriſtiſches oraculum T. III ſ 387 fgg., oder beim
viheſterben ſelbiges unabgedecket 6 ſchue tief zu
vergraben, auch einen rauch von wachholder-
ſtraͤuchen und brennholze darbei zu machen, My-
lius im corpore conſtitutionum Marchic. im
Vten teile, IIIIte abt. ſ. 446.
§ 1012
den.
In den hundestagen, oder in der faſtenzeit muͤſ-
ſen ſie die hunde, welche keine zeichen tragen, todt
ſchlagen. Darneben haben ſie das luder fuͤr die
wolfs- und fuchs-huͤtten an die jaͤgerei zu liefern.
Vermoͤge pacht- oder leihe-brifes haben ſie herr-
ſchaftliche groſe hunde zu halten.
§ 1013
anger.
Der ſchindanger, oder wulwaſen darf am orte
nicht zu nahe, auch an keiner ſtraße ligen; auch
hat er das geſchlachtete untuͤchtige vihe fortzu-
ſchaffen.
§ 1014
ſame ver-
richtungen.
Des ſchinders grauſame verrichtungen beſte-
hen 1) im angriffe bei der folter, der ausklei-
dung ꝛc. auch vollzihung der folter ſelbſt, 2) im
aushauen mit ruten, 3) oren und naſen abſchnei-
den, 4) brand-marken, 5) haͤnde und finger
abhauen, 6) wippen, erſaͤufen, 7) den namen
an den galgen ſchlagen, 8) henken, 9) an den
galgen ſchleifen, 10) erſaͤufen, 11) verbrennen,
12) die zerbrechung der wapen und ſchilde, 13)
die zerbrechung des tegens, 14) die begrabung
eines uͤbelthaͤters, oder deſſen, der ſich ſelbſt ums
leben gebracht hat, und auſſer dem todtenhofe ein-
geſcharret werden ſolle, 15) einen widerruf im
namen
[433]ſcharf- oder nachrichtern, ꝛc.
namen eines andern zu tun, auch dieſen nach be-
fehle aufs maul zu ſchlagen, 16) die ſchwoͤrung
der urfede in eines andern namen zu tun, 17) die
verbrennung confiſcirter buͤcher, 18) die vollſtre-
ckungen im bildniſſe, als henken, Jacob Doͤp-
lers ſchauplaz der leibes- und lebens-ſtrafen Iter
teil cap. VI.
§ 1015
Der forſtherr hat das recht, abdecker zu ord-der forſtherr
kan ſolche
ordnen.
nen, juriſtiſches oraculum T. X, 254, Beck von
der forſtgerechtigkeit, cap. X ſ. 207, Johann
Jacob Reinhardtde iure foreſtali ſ. 90.
§ 1016
Ire weidſpruͤche ſind: er ſchlaͤget ein gutesdie weid-
ſpruͤche.
laub, das iſt, er weiß den ſtaub-beſen gut zu ge-
ben: er ſezet gut ab, das iſt, der ſcharfrichter
koͤpfet wohl: er ſchlinget einen guten knoten, das
iſt, der meiſter weiß gut zu henken.
§ 1017
Von den ſchwirigkeiten bei iren begraͤbniſſen
wird im lezten haubtſtuͤcke unter andern meldung
geſchehen.
Hundert u. ſechs u. zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den ſcharf- oder nachrichtern, ſo
dann der unter ihm ſtehenden feldmeiſterei,
oder meiſterei und abdeckerei.
§ 1018
Ein ſcharfrichter, oder freimann, auch fronbo-was der
ſcharfrich-
ter iſt?
te, iſt diejenige perſon, welche die oberkeit
dazu gebrauchet, daß ſie an den miſſetaͤtern das
koͤpfen verrichte, auch die vollſtreckung der den
E emiſſe-
[434]CXXVI haubtſt. von den
miſſetaͤtern zuerkannten folter, benebſt den uͤbri-
gen leibes- lebens- und ehrenſtrafen, anordne.
§ 1019
ne hand an
die miſſetaͤ-
ter.
Der ſcharfrichter leget an keinen miſſetaͤter
hand an, ſolchem nach foltert er nicht, noch weni-
ger ſtaͤupet, henket, oder raͤdert ſelbiger, ſondern
er laͤſſet diſes, wie auch die uͤbrigen der meiſterei
obligenden handlungen durch ſeine leute verrichten,
wofern kein beſonderer henker, oder ſchinder beſtel-
let iſt, F. H. Darmſtaͤdtiſche eriminal und pein-
liche gerichtsordnung 1726 fol. tit. 17, § 6 ſ. 51,
Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſche landesgeſaͤze im
IIten bande cap. XI § 8 ſ. 872 fg.; derowegen,
wenn er nie ein aas abgedecket hat, ſolcher in der
buͤrgerſchaft, und der ſchuͤzen-geſellſchaft gedultet
werden muß, wie die hiſige juriſten-facultaͤt in
ſachen des ſcharfrichters zu Goßlar, wider die
ſchuͤzen-geſellſchaft allda geſprochen hat, Barth
im diſſenſu 292 § 4 ſ. 213, diſſ. 293 § 2 ſ. 217
fgg. Kuriren darf er nicht (§ 614).
§ 1020
ſchaften.
Zum ſcharfrichter-amte ſoll nimand angenom-
men werden, als die haubtſaͤchlich im koͤpfen wohl
erfaren ſind; daher man ſelbige, one daß ſie vor-
her ire probe an kaͤlbern, ſchoͤpſen, oder andern
dingen gemachet haben, zu keiner oͤffentlichen
handlung zulaͤßt.
1021
richter wer-
den ieweilen
mit den
feldmeiſte-
reien bele-
net.
Sie werden an einigen orten vom jaͤger-meiſte-
rei-amte mit den feld-meiſtereien belenet, der von
Ludewigiura feudorum ſ. 124, 423 fgg., wie
ſie dann auch im Kur-Brandenburgiſchen unter
dem oberjaͤgermeiſter und hausvogte iren gerichts-
ſtand haben, Mylius am a. o. im Vten teile, Vte
abteilung ſ. 108, 110.
§ 1022
[435]ſcharf- oder nachrichtern, ꝛc.
§ 1022
Die hinrichtung der miſſetaͤter, one hand andie hinrich-
tung der
miſſetaͤter
one hand an
ſelbige zu le-
gen, war ei-
ne ehrliche
handlung.
ſelbige zu legen, war iederzeit eine ehrliche hand-
lung. Unter den Karolingern muſten die ſchoͤp-
pen die verbrecher hinrichten, wiewohl es auch
jeweilen die anklaͤger, oder verwandten des erſchla-
genen getan haben, Johann Samuel Friderich
Boͤhmerde exſecutione poenarum capitalium
honeſtate § 33 ſ. 46, von Weſtphal am a. o.
T. III ſ. 1762, T. IIII ſ. 1939, welches hernach
in Teutſchlande lange alſo beobachtet worden iſt,
Beſold im theſauro practico ſ. 865, Kreß in
comm. ad conſtit. criminal. Carol. art. 97, 98,
99, ſ. 255, von Falkenſtein in der hiſtoria ci-
vitatis Erfurtenſis ſ. 487.
§ 1023
Dieweil aber bei den Roͤmern ein ſcharfrichterder Roͤm.
ſcharfrich-
ter iſt mit
dem Teut-
ſchen nicht
zu vermi-
ſchen.
(carnifex) nur die knechte und fremden hinrichtete,
iedoch kein buͤrger war, und in der ſtadt nicht wo-
nen durfte; ſo iſt aus mißverſtande dem Teutſchen
ſcharfrichter ein flecke angehaͤftet, auch mit dem
abdecker in einige gleichheit geſezet worden, da
doch beide von einander unterſchiden ſind, Barth
im diſſenſu 292 § 3 ſ. 211, darneben noch beſſer
als der Roͤmiſche lictor iſt, der nur die buͤrger mit
ruten hibe und hinrichtete; derohalben, indem man
den Roͤmiſchen und verachteſten carnifex mit dem
ſcharfrichter vermiſchet hat, gleichwohl jener wie
eine peſt verabſcheuet worden iſt, Pitiſcus im le-
xico antiquitatum Romanarum ſ. 367, daraus
eine verwirrung ſich entſponnen hat. Immittels
ſind weder der lictor, noch der ſpeculator, wel-
cher die ſoldaten hinrichtete, verachtete leute ge-
weſen, Chriſtian Gottl. Schwarzde ſpecula-
toribus veterum Roman. § 9 ſ. 20 fgg.
E e 2§ 1024
[436]CXXVI haubtſt. von den
§ 1024
Teutſchland
fuͤr anruͤch-
tig nicht zu
halten.
Die ſcharfrichter ſind in Teutſchlande fuͤr an-
ruͤchtig nicht zu achten, ſie werden nebſt iren wei-
bern und kindern ehrlich begraben, F. H. Caſſeli-
ſche verordnung von den leichen-traͤgern § II; ire
ſoͤne koͤnnen zu akademiſchen wuͤrden gelangen,
Thomaſius juriſtiſche haͤndel, III teil, ſ. 185 fgg.
ire toͤchter moͤgen ſich an ehrliche handwerks-leute
verheiraten, von WernherP. IIII obſeruat. 107
und im IIIten Tomo P. II obſ. 419 ſ. 300, Mau-
ritius in conſil. ſ. 2346, RichterP. II deciſ.
280, Abrah. Kaͤſtnerde carnifice fama non
laborante.
§ 1025
liche richter
ſolche beſtel-
len kan?
Daß derjenige, welcher die peinliche gerichts-
barkeit hat, einen ſcharfrichter beſtellen koͤnne, be-
haubtet der Eſaias Pufendorf in der introdu-
ctione in proceſſum criminalem Luneb. cap.
27 § 2 ſ. 279, 280.
§ 1026
iſt, wenn die
hinrichtung
mißlinget?
Wenn demſelben die hinrichtung mißlinget,
oder derſelbe dabei etwas verſihet, darf er von
nimanden gemißhandelt werden, art. 97 der pein-
lichen halsgerichts ordnung kaiſer Karls des Vten,
ob er gleich vom richter deßfalls in ſtrafe genom-
men werden kan, Pufendorf am a. o. § 13 ſ. 283.
Immittels hat von einer ſolchen mißhandlung ein
exempel der von Falkenſtein am a. o. ſ. 561.
Hundert
[437]verſtorbenen, u. deren begraͤbniſſen.
Hundert u. ſieben u. zwanzigſtes haubtſt.
von den verſtorbenen, und deren
begraͤbniſſen.
§ 1027
Die alten Teutſchen pflegeten ire fuͤrnaͤmenwas die
Teutſchen
mit iren
todten fuͤr-
genommen
haben?
leichen, benebſt iren pferden und waffen ꝛc.
zu verbrennen, und uͤber deren geſammlete aſche
einen huͤgel von raſen, auch ſteinen aufzufuͤren,
Tacitusde moribus German. cap. 27, Barte
im Iten bande der geſchichte vom Teutſchlande
ſ. 12, Joh. Jac. Chiflet in der anaſtaſi Childe-
rici,CluversGerman. antiqua ſ. 400, herr
graf von Buͤnau in ſeiner Reichshiſtori, ſ. 62
im Iten teile, Piccard in antiquit. Celtic. cap. V,
imgleichen ſelbige mit baͤumen, altaͤren, oder an-
dern denkmalen zu beſezen, von Weſtphal am
a. o. T. I ſ. 62, 63, T. II ſ. 16, III ſ. 256, ſ. 689
707, 708, 716, IIII, 48, Rhode in der beſchrei-
bung der grabhuͤgel der alten Hollſteiner, 1730, 4,
Keyßlerantiquit. ſ. 99 fgg. Nachdem die
chriſtliche religion eingefuͤret worden war, unter-
blibe zwar das verbrennen, immaßen die verſtor-
benen begraben wurden, wie man denn beim
Gregorius Turonenſis liſet: daß unter den
Fraͤnkiſchen koͤnigen die todten vor der ſtadt zu
begraben angefangen worden ſey, Heineccius am
a. o. im IIten teile § 342 ſ. 305, 306, Schminks
diſp. de vrnis ſepulcralibus et armis lapideis
veterum Cattorum, Marb. 1714; allein bei
den vom hohen und nidern adel, wurde das leib-vom trau-
erpferde und
anheſtung
der wapen.
pferd als ein trauerpferd, imgleichen das freuden-
pferd, welches der leiche nachgefuͤret wurde, hin
und wieder beibehalten, wie ſolches das leichen-
E e 3begraͤb-
[438]CXXVII haubtſt. von den
begraͤbniß des herrn landgrafens Morizens von
Heſſen, des Kur-fuͤrſtens zu Sachſen Johann
Friderichs, herzogs Johann Friderichs des juͤn-
gern zu Sachſen, des lezteren gefuͤrſteten grafens
zu Henneberg und andere beſtaͤrken, Muͤller in
den annal. Saxon. in dem jare 1554, 1565, 1573,
1584 und 1603, Riccius vom landſaͤſſigen adel
ſ. 496. Man haͤftete die wapen an den ſarg,
Eſtors anleitung zur anenprobe ſ. 468 fg. von
Hattſtein in der hoheit des Teutſchen Reichs-
adels in der vorrede des Iten teiles, und des herrn
profeſſor Reinhardts wapenkunſt § 201 ſ. 124,
und zwar wird das haubt- oder geſchlechts-wapen
an den fusboden, die anen aber auf beiden ſeiten
des ſarges, die vaͤterlichen zur rechten, die muͤt-
terlichen zur linken, von oben herab nach der reihe
geſezet; wiewohl auch das haubt-wapen jeweilen
auf den deckel gebracht wird. Man behaͤnget
auch wohl das trauer-pferd mit wapen, und wenn
es der lezte ſeines geſchlechtes war, wurden ihm
das ſchild und helm, nachdem es zerbrochen wor-
den war, mit in das grab gegeben (178, 179, 685
ſ. 73 fg.). Von den leichen-tuͤchern, welche bei
adelichen beerdigungen gebrauchet werden, ſihe
den Riccius am a. o. ſ. 497.
§ 1028
den wapen
des leztver-
ſtorbenen
herzogens
zu Pom-
mern vorge-
nommen
worden iſt,
Als der lezte herzog Bogislav der XIIII in
Pommern, welcher 17 jare uͤber der erde geſtan-
den hatte, 1654 feierlich begraben wurde, zer-
brach man den regimentsſtab, das groſe ſigel zer-
ſchnidte ein goldſchmidt, davon Schweden und
Brandenburg iedes die haͤlfte zu ſich nam. Die
biſchoͤfliche Caminiſche infel und die trauerfane
zerriſſe man, und warf die ſtuͤcke ins grab; den
helm und das ſchild aber behilten die lehnsfolger,
Koͤhlers muͤnzbeluſtigung ſ. 343 des VIIII teiles.
§ 1029
[439]verſtorbenen, u. deren begraͤbniſſen.
§ 1029
Die obligenheiten der erb-aͤmter bei den fuͤrſt-
lichen leichen erwaͤnet Kuchenbecker von den
erb-hof-aͤmtern der landgrafſchaft Heſſen ſ. 141 fg.
Andre feierlichkeiten ergeben ſich aus Luͤnigs thea-
tro caerimoniali ſ. 552-766 des IIten teiles.
§ 1030
Von der zubereitung der fuͤrſtlichen perſonenwas das
ſeelgeraͤte
bedeutet?
zu irem todte und von irem ſterben ſelbſt, kan man
des Julius Bernhard von Rohr einleitung zur
caͤremoniel wiſſenſchaft groſſer herren, im Iten
teile, XVI cap. ſ. 272 fgg., nachſehen. Hirvon
iſt das ſeelgeraͤte unterſchiden, welches bei den ka-
tholiſchen alles dasjenige unter ſich begreifet, was
zur beſtattung einer leiche nach paͤbſtiſchen gebrau-
che und caͤrimonien gehoͤret, z. e. abkuͤndigungen,
fuͤrbitte, vigilien, und ſeelmeſſen, ſeelbaͤder, und
ſpenden fuͤr die armen, glockengelaͤute, kerzentra-
gen, verteilung der teſtaments-gelter, beſtellung
der dreiſigſten, imgleichen jar-gedaͤchtniſſe, die
trauer-mahlzeit, opfer und rauchwerk, nebſt vilen
lichtern ꝛc. Sihe der altzelliſchen chronik achten
teil, ſ. 657, wie es mit dem trauer-gelaͤute in Kur-
Sachſen gehalten werden ſoll, ſihe den Menken
im ſyſtemate iur. ciuilis ſ. 994 fg.
§ 1031
Wenn die fuͤrſtlichen leichen geoͤfnet zu werdenwie es mit
der oͤfnung
der fuͤrſtli-
chen leichen
gehalten
wird?
pflegen, werden das eingeweide, gehirn, das
herz, die zunge, und die augen, beſonders abge-
ſondert, Eſtors Marburg. beitraͤge IIIItes ſtuͤck
ſ. 2 fgg., von Rohr am a. o. ſ. 279. Es wer-
den bei den geiſtlichen fuͤrſtlichen leichen das kreuz
und der ſtab gebrauchet, wie ſolches aus der be-
ſchreibung des leichen-begaͤngniſſes des biſchoffes
zu Wirzburg, Friderich Karls 1746 bei dem
Theophilus Franken in der geſchichte des Fran-
E e 4kenlan-
[440]CXXVII haubtſt. von den
kenlandes ſ. 517 fgg. und aus andern ſchriften zu
erſehen iſt. Bei dieſer Wirzburgiſchen leiche
wurden auſſerdem, die beide herzogs- und ſtifts-
fanen vorgetragen, und ſodann in der Dom-kir-
che um das caſtrum doloris geſtecket, Frank
am a. o.
§ 1032
lung der lei-
chenbegaͤng-
niſſe.
Sonſt werden die leichen-begaͤngniſſe in die am
tage und die naͤchtliche eingeteilet. Die leztere
ſind in den Heſſen-Caſſeliſchen landen verboten.
Allhier ſind die leichenbegaͤngniſſe entweder um 1,
oder zwo, oder gegen 5 Uhr. Die erſten, wo die
weibes-bilder die leiche begleiten, ſind faſt ganz
abgekommen; die andre gattung iſt die gemeine,
doch one leichen-predigt und perſonalien; gleich-
wol mit geſange und klange. Die dritte art ge-
ſchihet in der ſtille. Die leichen werden ferner
getragen, oder gefaren. Die F. H. Caſſeliſche
verordnung ſchreibet die anzal der kutſchen fuͤr.
Dem geſinde und den bedinten wird keine trauer,
beſage gedachter ordnung, gegeben.
§ 1033
graͤber und
der todten
wurde hart
beſtrafet.
Von der ſtrafe, welche in den aͤltern zeiten auf
diejenigen, welche die todten und kirchhoͤfe berau-
bet haben, beſaget das Saͤchſiſche landrecht, im
IIten buche art. 13, Carpzov in der praxi crimi-
nali P. II quaeſt. 83 num. 64, Stryk im vſu
moderno π. lib. 47 tit. 12, Riccius am a. o.
ſ. 653, Caſpar Zieglers diſp. de eo quod iuſtum
eſt circa mortuos,Heineccius am a. o. T. II
§ 341, 342 und 345 ſ. 305 ſ. 309.
§ 1034
niſſe gat-
tungen.
Heut zu tage ſind die begraͤbniſſe unterſchidli-
cher gattung. Man hat gemeine, erb- und fa-
milien- (ſtamm- und geſchlechts-) begraͤbniſſe,
von Berger in der oeconomia iuris lib. II tit. 1
§ 3
[441]verſtorbenen, u. deren begraͤbniſſen.
§ 3 nota 12, welche einteilung aus dem Roͤmiſchen
rechte hergeleitet wird, repertorium iuris priua-
ti, im Iten teile ſ. 580 fgg. Baſtinellers diſp.
de iure ſepulturarum. Ob, wenn einer ſein
adeliches gut verkaufet, auch das in der kirche
vom verkaͤufer gebauete gewoͤlbe zum leichen mit
verkaufet ſey? iſt ſehr geſtritten worden. Man
hat es fuͤr ein zugehoͤr geachtet.
§ 1035
Die policei hat dahin zu wachen, daß vor demdie todten
ſind unter
24 ſtunden
nicht zu be-
graben.
verlaufe von 24 ſtunden kein todter begraben wer-
de, weilen die ohnmachten jeweilen nach laͤnger
dauern. Die allzugroßen begraͤbnißkoſten, mahl-
zeiten und trauer muͤſſen beſchraͤnket werden. F.
H. Caſſeliſche verordnung, wie es mit kindtau-
fen, eheverloͤbniſſen und hochzeiten, auch begraͤb-
niſſen und trauren zu halten vom 9 Dec. 1748.
Sihe des herrn hofrat Jenichens hiſtoriſche und
rechtliche abhandlung von den begraͤbnis-mahlzei-
ten, 1747, 4. Sotane koſten koͤnnen in die recht-
maͤſigen und nicht rechtmaͤſigen eingeteilet werden.
§ 1036
Nicht minder hat die policei zu verordnen, wiedie leichen-
traͤger ſind
zu beſtellen,
es mit den leichentraͤgern gehalten, und von wem
die anruͤchtigen, auch uͤbrige befleckte perſonen zur
erde beſtattet werden ſollen. Sihe die F. H.
Caſſeliſche verordnung vom 30 april 1753 fol.
vom leichentragen. Die ſchinder mit deren
knechten und iren weibern und kindern ſollen beſa-
ge diſer F. H. Caſſeliſchen verordnung § 2 einan-
der ſelbſt zu grabe tragen. In einer benachbar-
ten auslaͤndiſchen ſtadt ſezete es wegen tragung
des ſchinders zur leiche vile unruhe, der buͤrger-
meiſter und ſtadtrath kamen in arreſt, die meiſten
buͤrger, aus furcht, daß ſie die leiche tragen muͤ-
ſten, wichen in die benachbarten lande aus. In
E e 5ſolchem
[442]CXXVII haubtſt. von den
ſolchem falle, wo keine verordnung iſt, werden
fremde bettler am beſten gedungen, um die leiche
zu tragen.
§ 1037
ger veran-
ſtaltet das
begraͤbnis
ſeines vor-
gaͤngers.
Der lehnfolger machet die veranſtaltung zu
dem begraͤbniß ſeines vorgaͤngers in dem lehne,
wie fern er aber die leichen-koſten zu tragen habe?
zeiget Chriſtoph Ludewig Crells diſp. de vaſal-
lo ad impenſas in funus deceſſoris in ſubſidi-
um obligato. Stirbet der vaſall im concurſe,
oder es eraͤuget ſich ſolcher nach ſeinem ableiben,
ſo werden nach ſeinem ſtande 50, auch mehr tha-
ler fuͤr leichen-koſten ausgeworfen, davon die haͤlf-
te auf die landerben, und die andre halbſcheid auf
die lehns-erben faͤllet, wie alſo in ſachen der von
R. glaͤubiger gen Meiningen 1754 geſprochen
worden iſt. Von den trauer-kleidern ſihe den
herrn conſiſtorial-directorn von Balthaſarde
iuribus viduarum nobilium in feudis Pomeran.
citerioris, cap. III § 25, 26 ſ. 119 fgg., und den
Strykde iure veſtium.
§ 1038
curſe paſſi-
ren die ko-
ſten fuͤr die
leichenpre-
digt,
Beim concurſe paſſiren auch die koſten fuͤr die
leichen-predigt, und wenn der verſtorbene vom
ſtande iſt, auch die perſonalien, und parentations-
unkoſten; immaßen wegen der perſonen hirunter
ein unterſchid obwaltet, Wildvogelde eo, quod
iuſtum eſt, circa conciones funebres, cap. II
§ 4, von Leyſer uͤbern SchilterII ſ. 108 § 14.
§ 1039
begraͤbnis
geſchihet
one laͤuten
der gkocken.
Die ſoldaten werden one ſingen und lauten der
glocken, one leichen-rede, ſondern mit trommeln
und pfeifen, one trauer-kleider, bei ſenkung des
koͤrpers in die erde mit dreimaliger abfeurung des
ſchuͤßgeweres begraben, wobei den generals-per-
ſonen geſtuͤcke nachgefuͤret werden, Eſtorde iure
deco-
[443]verſtorbenen, u. deren begraͤbniſſen.
decorandi honoribus militaribus. Da hinge-
gen bei der leiche eines krigesrates, feldpredigers,
regiments-ſchuldheiſens (auditoͤrs), ſtabs-arztes,
regiments- und compagni-feldſcherers, marketen-
ders, der ſoldaten-weiber und kinder kein gewehr
abgefeuert wird. Der geiſtliche des ortes darf
auch von der ſoldaten-leiche nichts fodern.
§ 1040
Im lande werden die leichen, one reverſalienwie die lei-
chen durch-
gefuͤret wer-
den?
an die gerichtsherren auszuſtellen, oder es denſel-
ben zu melden, durchgefuͤret, Crellde translatio-
ne mortuorum per territorium alienum ſ. 39.
Wo aber der landesherr und ein gericht im lande
ſtreitig ſind, wird von der regierung ein lebendi-
ges geleite, wenigſtens von zweenen landreitern
der leiche beigegeben.
§ 1041
Der vogteiherr uͤber eine ſtadt, oder ein dorf,die gerecht-
ſamen des
vogtei-her-
rens dabei.
hat auch das recht, die wegzufarenden leichen zu
begleiten.
§ 1042
Die aufhebung der todten koͤrper gehoͤret zudie aufhe-
bung der
todten koͤr-
per,
den hohen gerichten, F. S. Altenburgiſche lan-
des-ordnung.
§ 1043
Ein richter kan die koͤrper der hingerichtetenund gebung
der hinge-
richteten in
die anato-
mi.
miſſetaͤter in die anatomi nach ſeinem willkuͤr nicht
geben, ſondern des landes-herrns verordnung muß
dißfalls vorhanden ſeyn, Carpzov in der practi-
ca crimin. quaeſt. 137 num. 72, Brunnemann
im proceſſu inquiſit. cap. X num. 34.
Zweites
[444]I haubtſt. von den
Zweites buch
von den ſachen.
Erſtes haubtſtuͤck
von den einteilungen der ſachen.
§ 1044
So viel von den perſonen. Es haͤtten zwar
deren noch verſchidene namhaft gemachet
werden koͤnnen, z. e. die hof-diner, jagt- forſt-
kammer- policei- poſt- ꝛc. bedinten, und gerichts-
perſonen, ſowohl beamten; ſie werden aber im
folgenden an behoͤrigen orten, beſonders bei der
gerichtsbarkeit, policei- und andern aͤmtern vor-
kommen.
§ 1045
ſind? und
deren ein-
teilung,
Sachen nennet man alles dasjenige, was un-
ter den guͤtern begriffen werden kan. Die ſachen
aber befinden ſich entweder in der gewalt und
herrſchaft der menſchen, oder nicht. Diſe koͤn-
nen entweder von jedermann in beſiz genommen
werden, oder ſie ſind von der eigenſchaft, daß ein
untertan ſelbige nicht wohl erwerben kann. Fuͤr-
naͤmlich ſehen die Teutſchen auf den unterſchid der
herrenloſen und nicht herrenloſen ſachen. Jene
haben ſie dem regenten uͤberlaſſen, Eſtorde
abuſu rerum merae facultatis § 26 § 73. Die-
jenige ſachen, welche in der gewalt der menſchen
befun-
[445]einteilungen der ſachen.
befunden werden, gehoͤren entweder zum ſtate,
auch dem landesherrn, oder gemeinen, oder pri-
vatperſonen. Hiernaͤchſt ſind die ſachen entweder
geiſtliche oder weltliche, Tacitusannal. I, 51,
Kemmerichs diſp. de rebus diuini et humani
iuris Germanici priuati; ferner gibet es ſachen,
welche mit einer beſondern unverlezung, oder hei-
ligkeit begabet ſind, und ſolche, welchen derglei-
chen nicht beigeleget worden iſt. Weiter ſind ſie
entweder koͤrperliche, oder nicht koͤrperliche. Je-
ne werden in bewegliche und unbewegliche wieder-
um eingeteilet. Man hat haubtſachen und zube-
hoͤrungen, davon der pfandbrif des erzbiſchofes
Adolphs zu Maynz an Pfalz von 1463 eine erklaͤ-
rung gibet, T. IIII actorum pacis Weſtphalicae
des von Meiern ſ. 363; nicht minder ſolche be-
wegliche ſachen, welche one verminderung nicht
gebrauchet werden koͤnnen; dahingegen andere
ſich one verkleinerung gebrauchen laſſen (res fun-
gibiles und non fungibiles). Endlich ſind die ſa-
chen entweder teilbar, oder unteilbar, Hofmann
de iure rerum indiuiduarum.
§ 1046
Die alten Teutſchen hatten ebenfalls ire heiligedie heilige
ſachen der
Teutſchen.
ſachen, Tacitusde moribus Germanorum,
cap. VII cap. VIII, und in den annalibus lib. I
cap. 51, Hachenbergde religione veterum Ger-
manorum gentili, und de religione Chriſtiana,
Cluver in Germania antiqua,Schminkde quer-
cu Jouis in Haſſia a St. Bonifacio ſucciſa.
Nach annemung der chriſtlichen religion und ein-
fuͤrung des Roͤmiſchen und paͤbſtlichen rechtes,
ſind die darin befindliche einteilungen der ſachen
gleichfalls angenommen worden, Hert in der
notitia regni Francici veteris cap. III § 49 fgg.
So gaben auch die fehdezeiten anlaß, gewiſſen
orten
[446]I haubtſt. von den
orten beſondern friden ſowohl oͤffentliche ſicherheit
zu bewirken. Es gehoͤret dahin der burgfride,
imgleichen der hausfride. Jener bedeutet hier
das verbot, daß ſolche oͤrter von aller beſchim-
pfung und einem ieden verbrechen verſchonet blei-
ben ſollen, Joh. Sam. Strykde ſanctitate re-
ſidentiarum cap. III num. 32 ſ. 235 T. XII ope-
rum. Ein iedes verbrechen darwider wird hoͤher,
als ſonſt beſtrafet. Die zihung des tegens oder
auf hebung der hand, einen zu ſchlagen, zihet das
abhauen der hand, auch die landesverweiſung
nach ſich, Stryk am a. o. cap. IIII ſ. 238. Der
hausfride iſt diejenige ſicherheit, die einem ieden
in ſeiner wonung fuͤr aller gewalt und unrecht an-
gedeihen muß, Frid. Gottl. Struvede pace
domeſtica cap. I § 2. Nicht minder gehoͤret der
kirchenfride hiher, ſihe den Frid. Gerdesde pa-
ce domeſtica cap. II § 3 ſ. 11, den Georgen
Beyernde violatione pacis domeſticae § 28
ſ. 121.
§ 1047
den burg-
friden haben
Des burgfridens genuͤſſen die reſidenzen, fuͤrſt-
liche pallaͤſte, kanzelleien, regirungen, landſchafts-
amts-haͤuſer, rentkammern, rathaͤuſer, und an-
dere dergleichen fuͤrſtliche, auch oͤffentliche gebaͤu-
de. Ferner werden unter die unverlezlichen ſa-
chen nach masgebung der Teutſchen rechte gezaͤ-
let: die grenzſteine, bruͤcken, muͤlen, pfluͤge,
mark-plaͤze, todtenhoͤfe, kirchhoͤfe, oder gottes
aͤcker ꝛc. George Adam Struvede iuribus pa-
latii principalis,Fritſchde palatiis et domi-
bus dominicis,Rittershusde iure aſylorum
cap. III num. 22, Obrechtde ſacris terminis,
Engau im progr. de regiorum pontium ſancti-
tate,Appoldde ſigno pacis,Ernſt Friderich
Kochde pace burgorum, in Eſtors kleiner
ſchrif-
[447]einteilungen der ſachen.
ſchriften IIten bande ſ. 467 fgg., J. H. Boͤtti-
cherde rebus ſanctis,Heydenreichde iuribus
apanagiator. § 38, Markgraf Chriſtian Ernſts
zu Brandenburg-Culmbach hofordnung tit. XXII,
herr hofrat Hellfeld im Iten capitel des VIIten
bandes der Struviſchen iurisprudentiae heroi-
cae § 3 ſ. 2.
§ 1048
Die kirchen und kirchhoͤfe ſind nach einfuͤrungdie kirchen
und kirch-
hoͤfe ſind be-
ſonders be-
fridet.
der chriſtlichen religion, bei den Teutſchen eben-
falls beſonders befridet geweſen, capitularia
Francorum lib. VII § 136, und Caroli Calui
tit. VII § 72 ſ. 38 T. II edit. Baluz. Saͤchſiſches
landrecht im IIten buche, art. 13, Schwaͤbiſches
landrecht cap. 114, Reichsabſchid 1442 § 8, 1548
tit. VI § 1, 1577 tit. VI § 1, Hert in der noti-
tia regni Francici veteris, cap. III § 46 und
§ 53. Man hat auf ſelbigen oͤfters gericht gehal-
ten, und gerichtliche handlungen vorgenommen,
von Weſtphal am a. o. T. II ſ. 19, 148 ſ. 300
ſ. 319 T. III ſ. 77 ſ. 593. Man hielte an eini-
gen orten die buͤrgerliche gerichte auf denſelben.
Daher heiſſet es in einer urkunde vom anfange
des vorigen jahrhunderts, daß in Schweinsberg
auf dem kirchhofe diſe uͤbergabe zur mehrern feſt-
haltung auf dem kirchhofe gewoͤnlicher maſſen be-
ſchehen ſey.
§ 1049
Die kirchhoͤfe ſind wohl zu verwahren, damitdie todten-
hoͤfe ſind zu
verwahren.
kein vih darauf kommen, und ſchaden zufuͤgen
kan, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-
geſaͤze Iter teil ſ. 174, CarpzovP. III deciſ. 289
num. 6, und in der iurisprudentia eccleſ. lib. II
tit. 24 def. 385.
§ 1050
[448]I haubtſt. von den
§ 1050
evangeli-
ſchen wer-
den die
kirchhoͤfe
dem eigen-
tume des
ſtates nicht
entzohen.
Bei den evangeliſchen werden die kirch- oder
todten hoͤfe dem eigentume des ſtates nicht entnom-
men. Ob ſie aber fuͤr ſolche ſachen anzuſehen
ſeynd, welche einer gemeine, iedoch den unterta-
nen nicht, zuſtehen? das iſt eine andere frage.
Frid. Eſaias Pufendorfde iurisdictione Ger-
manica, P. III ſect. I c. 1 § 40 fgg. ſ. 636 haͤlt
ſie fuͤr gemeinde-ſachen. Allein es laͤſſet ſich die-
ſes nicht ſagen. Eine gleiche bewandniß hat es
auch mit den uͤbrigen zum gottesdinſte gewidme-
ten ſachen. Denn ſie ſind eigentlich weder geiſt-
liche, noch gemeinde-ſachen. Sie werden iedoch
weder zum parade-plaͤzen, noch zum trocknen der
waͤſche, noch von den ſeilern, noch den lohgerbern
gebrauchet. Der wohlſtand gibet hir die beſte
mas-regel; derowegen die policei auch den ſchul-
kindern den abtritt aus der ſchule, weder an den
kirchen, noch auf dem kirchhofe verſtattet, ſon-
dern es iſt die ſtadt ſchuldig, in dem gemeinen
ſchulhauſe fuͤr die kinder einen ſolchen ort bauen
zu laſſen. Die darauf wachſende obſtfruͤchte
und trauben, auch maulbeer-baͤume, ſind zwi-
ſchen dem pfarrer und ſchulmeiſter ieweilen ſtrei-
tig; gleichwol laͤſſet man diſelbe im zweifel dem
leztern, bevorab, wenn er die uhr ſtellet.
§ 1051
hoͤfe ſind
von der
ſtadt abzu-
ſondern.
Dieweil nichts mehr krankheiten nach ſich zihet,
als die ausduͤnſtungen von todten koͤrpern, ſo kan
die policei weder die begraͤbniſſe in den kirchen,
noch nahe an den ſtaͤdten und doͤrfern, noch gar
zu nahe an denſelben dulten; immaßen der regent
fuͤrſorge zu tragen hat, damit ein fruͤhzeitiger todt
der untertanen verhuͤtet werde, beſage des von
Juſti policei-wiſſenſchaft ſ. 75 § 117, fuͤrnaͤmlich
Gundlingde origine ſepulcrorum in templis
ſ. 158,
[449]einteilungen der ſachen.
ſ. 158, obſeruationum ſelectarum, Halle 1737,
ſchrift- und natur-maͤßiges bedenken uͤber die be-
graͤbniſſe der abgeſtorbenen, welche man in die
kirchen- und bet-haͤuſer zu begraben pfleget, Frank-
furt 1685, 8.
§ 1052
Von den kirchenſtuͤlen aͤuſſern die rechtslehrervon den
kirchſtuͤlen
gehoͤret das
eigentum
der kirche.
verſchidene meinungen. Wo die verordnungen
im lande dißfalls nichts beſagen; ſolget man bei
den evangeliſchen der Kur-Saͤchſiſchen kirchen-
ordnung; immaßen diſe die ſaͤze der reformatoren
beibehalten hat. Die Fuͤrſtliche Heſſen-Caſſeli-
ſche verordnung beim Krebsde ligno et lapide,
ſ. 359 fg. iſt mit der Kur-Saͤchſiſchen einſtimmig.
Diſemnach iſt die kirche die eigentuͤmerin der ſtuͤle.
Daher moͤgen ſie von den beſizern weder verkau-
fet, noch vermitet werden. Wird der vorteil,
den die kirchenſtuͤle etwa eintragen, eher der kir-
che, als den beſizern gegoͤnnet; bevorab die kirche
zur unterhaltung baukoſten noͤtig hat. Wo aber
eine gewonheit die kirchenſtuͤle zum eigentume der
beſizer rechnet; allda hat es eine andere beſchaf-
fenheit, als zu Frankfurt am Maine, wo ſie in
die teilung der erben kommen, auch verkaufet und
vermitet werden. Die begraͤbniſſe gehoͤren zur
nuzung und zum gebrauche der privatperſonen.
Das eigentum aber gehoͤret diſen nicht, dahinge-
gen die nuzung von einer perſon auf die andere
gebracht wird. An einigen orten gehoͤren die kir-
chenſtuͤle zu den haͤuſern. Die naͤchſten ver-
wandten haben bei den kirchenſtuͤlen das naͤherrecht,
Pufendorfobſ. 133 § 8; zum zeichen, daß die
kirche eigentuͤmerin ſey, muͤſſen die ſtuͤle bei den
ſterbefaͤllen geloͤſet werden, Jacob Fels unter
Johann Andreen Hofmanns vorſize gehaltene
F fdiſp.
[450]I haubſt. von den
diſp. de retractu praecipue ſecundum ſtatuta
Lindauienſia § 21.
§ 1053
faͤllen geiſtl.
ſachen ver-
aͤuſſert wer-
den moͤgen?
Geiſtliche ſachen und guͤter auch ziraten koͤnnen
im falle der not veraͤuſſert, nicht minder zu an-
dern oͤffentlichen loͤblichen und noͤtigen einrichtun-
gen verwendet werden, Reichsabſchid vom jare
1542 § 65, Reichsabſchid 1544 § 54; von Piſto-
rius am a. o. in der vorrede zum IIIten teile, und
ſ. 617, 618. Die pfarr-kirchen haben ire guͤter
und gottes-kaſten, und ieweilen zehnten und dota-
len, auch andre gefaͤlle. Bei den hochſtiftern
trift man geiſtliche, gemeine, und dotal-guͤter an,
und diſe teilen ſich in dotal- und tafel-guͤter ein,
von Leyſerſpecim. CCCCLVIIII medit. 12,
ſ. 197 fg. T. VII. Die veraͤuſſerung wichtiger
ſtuͤcke geſchihet vom praͤlaten mit einwilligung des
kapitels und bedarf der paͤbſtlichen einwilligung
nicht, wie der rechtsſtreit in ſachen des hochſtif-
tes Wirzburg wider den grafen von Ingelheim,
im betreff des rittergutes Bockholt belehret hat,
Hert am a. o. cap. III § 51.
§ 1054
chen des ſta-
tes.
In dem allgemeinen vermoͤgen eines ſtates be-
finden ſich unterſchidliche ſachen, welche dergeſtalt
beſchaffen ſind, daß ſie ſich fuͤr das privat eigen-
tum der untertanen entweder gar nicht, oder nicht
one beſtaͤndige anordnung und mitwirkung des
landes-fuͤrſtens ſchicken. Hirbei aͤuſſern ſich ei-
gentlich dreierlei urſachen, warum das privat-
eigentum dabei nicht ſtatt haben mag; in betracht
1) der gebrauch ſotaner ſachen allen untertanen
gemein ſeyn muß, von welcher gattung die meere,
ſeen, große fluͤſſe und landſtraßen ſind; 2) weil
das eigentum daran eine ſo große und weitlaͤufti-
ge erſtreckung erheiſchet, welche mit dem entzwecke
des
[451]einteilungen der ſachen.
des privat-eigentumes nicht uͤbereinkommet; wo-
hin zu rechnen ſind: die großen waͤlder, die wilden
tire, auch die wilde fiſcherei; 3) weil der ge-
brauch bemeldter ſachen nicht auf die oberflaͤche
der erde eingefuͤret ſind. Hirher gehoͤren alle ſa-
chen, welche durch den bau unter der erden zum
nuzen des geſellſchaftlichen, auch buͤrgerlichen le-
bens gewonnen werden muͤſſen, z. e. mineralien,
ſalze, koſtbare ſteine, und uͤberhaubt alle foßilien.
Alldieweilen nun dieſe ſachen ſolchergeſtalt zu dem
privat-eigentume nicht wohl ſchicklich ſind, iedoch
unter das geſammte vermoͤgen des ſtates gehoͤren,
und entweder zu dem allgemeinen gebrauche aller
mitglider des gemeinen weſens unentbehrlich ſind,
oder doch zum beſten des ſtates genuzet werden
muͤſſen; ſo iſt nichts ſo natuͤrlich geweſen, als daß
man die verwaltung und nuzung derſelben der
oberſten gewalt uͤberlaſſen hat, welcher onedem
alle angelegenheiten des ſtates anvertrauet worden
ſind. Diſe kan auch in der tat den gebrauch ſo-
taner ſachen dergeſtalt einrichten, daß ſowohl alle
untertanen daran teil nemen koͤnnen, auf die art,
wie es das gemeine beſte des ſtates und deſſen gli-
der erfodert, damit ſie nicht zu grunde gerichtet
werden, welches unfelbar bei verſchidenen, z. e.
den waldungen und jagten beſchehen wuͤrde, wenn
der gebrauch derſelben einem ieden nach eigenem
beliben frei ſtuͤnde. Gleichwie aber zu der inner-
lichen erhaltung, auch einrichtung des ſtates gro-
ſer aufwandt gemachet werden muß, ſo hat man
one ſchwirigkeiten darauf verfallen muͤſſen, den
gebrauch und nuzen diſer dinge dergeſtalt einzu-
richten, daß dadurch zugleich einkuͤnfte, oder be-
reiteſtes vermoͤgen fuͤr den ſtat hat ausfindig ge-
macht werden koͤnnen.
F f 2§ 1055
[452]I haubtſt. von den
§ 1055
zu den rega-
lien
Auf ſolche Weiſe iſt es geſchehen, daß, da die
bemerkte ſachen blos zum eigentume des ſtates ge-
hoͤren, welchem die oberſte gewalt fuͤrſtehet, man
diſelben gleichſam als das beſondere eigentum der
fuͤrſten, welchen ſolches beigeleget wird, angeſe-
hen hat, folglich die daraus entſpringenden rechte
in abſicht auf das privat-eigentum, vorzuͤglich koͤ-
nigliche rechte, oder regalien genennet hat, von
Juſti in der ſtatswirtſchaft IIten teile § 95, 96,
ſ. 113 fgg., von Leyſer im ſpecim. 25 medit. I.
§ 1056
Diſemnach gehoͤren diejenige ſachen, welche die
Roͤmer res communes nenneten, nach masgebung
der Teutſchen rechte zu den regalien, von Ley-
ſer am a. o. medit. 3. Paulide iure principis
circa res nullius,Hertde ſuperioritate terri-
toriali § 47 § 56.
§ 1057
res publicaͤ,
Solche ſachen des ſtates (res publicas), wie
die Roͤmer gehabt haben, hatten die Teutſchen
nicht, ſondern ſie rechneten ſelbige ebenfalls unter
die regalien, II F. 56, von Leyſerin ſpec. 25
med. II,Hert am a. o. § 47 fgg., George
Ludewig Boͤhmer in der diſput. de iure prin-
cipis circa loca et opera publica,Grotiusde
iure belli et pacis im IIten buche cap. VIII § 5.
§ 1058
dern nach-
gelaſſen
werden koͤn-
nen?
Die ſtatsſachen koͤnnen von einigen ſowohl
ausdruͤklich, als auch ſtillſchweigend einem andern
nachgelaſſen werden, von Leyſer im ſpec. 25
medit. I. Jedoch gehet diſes von den domainen
was domai-
nen und ta-
felguͤter
ſind?und tafelguͤtern nicht an. Jene ſind diejenige guͤ-
ter, welche dem regenten unmittelbar zugehoͤren,
von Juſti ſtats-wirtſchaft II teil ſ. 85 fgg. Man
nennet ſie auch kammer-guͤter. Die dotal-guͤter
ſind
[453]einteilungen der ſachen.
ſind zum unterhalte diſer und irer bedinten gewid-
met. Ein teil davon iſt dem praͤlaten angewiſen,
um ſtandesmaͤßig davon leben zu koͤnnen. Diſe
heiſſen tafelguͤter.
§ 1059
Die domainen und tafelguͤter duͤrfen nicht ver-diſe duͤrfen
nicht ver-
aͤuſſert wer-
den.
aͤuſſert werden, wie dann ſolches ſchon unter den
Franken nicht geſchehen konnte. Daher kaiſer
Karl der groſſe zuruͤkfoderte, was ſein ſon Ludewig
davon verſchenket hatte, Hahns Reichshiſtori im
Iten teile ſ. 98, und wenn gleich ſolche zu lehn ge-
geben waren, durfte dennoch der vaſall keine abtei
daraus machen, Hahn am a. o. im IIten teile
ſ. 92, Hellfeld am a. o. cap. II ſect. II § 19 fgg.
ſ. 59 fgg. ſect. III § 39 fgg. § 48 ſ. 97 fgg. Fri-
demann Iſaac Loͤwede eo quod iuſtum eſt
principi ſucceſſori circa reuocanda auulſa,
Leipzig 1747, 4. inſonderheit Heinr. Gottl.
Franke in der notitia domaniorum.
§ 1060
Alſo gehoͤren unter die ſachen des ſtates die oͤf-was zu den
ſachen des
ſtates
fentliche heerſtraßen, bergwerke, die fluͤſſe, ſeen,
meere, welche beſtrichen werden koͤnnen, die luft,
die waͤlder, ſalzquellen, edelgeſteine, inſeln ꝛc.
wie bald mit merern gezeiget werden ſoll, Hert
am a. o. § 56, Strykde iure principis aereo,
Kreß im ſpecim. iurisprud. lib. I tit. II § 3,
Engau in der diſp. cuinam inſularum in flu-
minibus publicis natarum competat domi-
nium? cap. II,Schilter in der exercit. IIII
§ 19, Gryphianderde inſulis,Linkde iure
fluminum,Fritſchde iure fluuiat.,Buchner
de re et iure aquatili § 113 fg.
§ 1061
Von diſen ſachen des ſtates ſind diejenige zuund zu den
gemeinen
ſachen ge-
unterſcheiden, welche den gemeinen gehoͤren, z. e.
F f 3rat-
[454]I haubtſt. von den
rechnet
wird?rat-haͤuſer, markt-plaͤze, gerichtsplaͤze, und an-
dere oͤffentliche gebaͤude, brunnen, baͤche, hoͤlzer,
back- brau- wirts-haͤuſer, ſchenken, weiden, wi-
ſen, muͤlen, ſamt den uͤbrigen grundſtuͤcken und
gerechtſamen, welche der ganzen gemeine in ab-
ſicht auf die abnuzung und den gebrauch zuſtehen.
Sotane gemeine guͤter werden am Rheine, in
Schwaben und in der Schweiz Allmandguͤter,
allmenden, das iſt, allmeine, allgemeine guͤter
in ruͤckſicht auf die gemeine, welcher ſolche guͤter
des nuzens halber zuſtehen, genennet. Denn all-
mend ſtammet vom worte allermaͤnnig ab, Schil-
ter im gloſſario Teuton. ſ. 21, Schoͤpfde bo-
nis vniuerſitatum, quae dicuntur:Allmanden,
Fritſchde ſtatu pagorum cap. XVII, und im
ſupplemento Speidelio-Beſold. ſ. 19, Beſold
de iure rerum vniuerſitatum,Wehner in den
obſeruat. practicis unter dem Worte: Weid-
gang, ſ. 497 ſ. 512, Wormſiſche reformation
vom jare 1561 im Iten buche des VIten teiles tit.
XIII ſ. 144, b, repertorium iuris priuati, im
Iten teile 177 fg. Es ſind daher die allmands-
waſſer, das iſt, gemeine waſſer, bekannt. Ob
aber die gemein reut und prendt den zehnten zu
leiſten habe, beſaget der zuſaz zu des Klocks
conſil. I num. 139, 173 fg., Friſch im Teutſch
Lateiniſchen woͤrterbuche ſ. 19 des Iten teiles, und
ſ. 495 unter dem worte kabeln.
§ 1062
one feier-
lichkeit
nicht ver-
aͤuſſert wer-
den.
Einer gemeine kommet nicht zu, dergleichen ge-
meine ſachen one dringende urſache und one vor-
wiſſen ſowohl decret des landesherrns zu veraͤuſ-
ſern, Brunnemannad L. vlt. cod. de vend.
reb. ciuit.Wildvogel in conſil. 40 num. 8,
ſ. 72, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-
geſaͤze IIter teil ſ. 630 fg. Daß aber den gemei-
nen
[455]koͤrperlichen ſachen uͤberhaupt.
nen die rechte der minderjaͤrigen zukommen, auch
ſelbige anders nicht, als durch ſyndicen in den ge-
richten erſcheinen ſollen, iſt eine bekannte ſache.
Von den gemeinen guͤtern wird unten noch zu
handeln ſeyn.
§ 1063
Bei vollkommenen hausvaͤtern, finden wir anwas man
bei einem
vollkomme-
nen hausva-
ter an ſa-
chen findet?
ſachen: 1) barſchaft, 2) ausſtehende kapita-
lien, 3) farende habe, 4) ligende gruͤnde, 5)
rechte und gerechtigkeiten.
Zweites haubtſtuͤck
von den koͤrperlichen ſachen uͤberhaupt.
§ 1064
Die koͤrperlichen ſachen ſind, welche in die ſin-was koͤrper-
liche ſachen
ſind? und
deren
ne fallen. Sie werden in die beweglichen
und unbeweglichen eingeteilet. Die bewegliche
ſind entweder lebendige oder lebloſe.
§ 1065
Die lebendige ſind entweder noͤtige, nuͤzliche,einteilung.
Die beweg-
liche ſind
entweder le-
bendige,
oder ſchaͤdliche. Es gehoͤren dahin 1) die vier-
fuͤßigen tire, als pferde, kuͤhe, ochſen, kaͤlber,
ſchafe, ſchweine, zigen, hunde, kazen, maͤuſe,
kaninchen, ꝛc. 2) die voͤgel und das federvih,
z. e. die huͤner, gaͤnſe und enten, tauben, pfauen,
ſperlinge, raben, kraͤhen, elſtern, ꝛc. 3) die fiſche;
4) die inſecten, als binen, ſeiden-wuͤrmer ꝛc.
§ 1066
Lebloſe bewegliche ſachen ſind: 1) gelt, 2)oder lebloſe,
kleidung, waͤſche, 3) jubelen, perlen, edelgeſtei-
ne, geſchmeide, 4) hausrat, ſchiffe und geſchirr,
5) ſeide, wolle, hanf, federn, flachs, garn,
zwirn, 6) buͤcher und papier, gewehr, auch an-
F f 4dre
[456]III haubtſtuͤck
dre zur profeßion, zum handwerke noͤtige und nuͤz-
liche, imgleichen muſikaliſche inſtrumente, 7) al-
lerhand fruͤchte und gewaͤchſe des gartens, ackers,
der baͤume, an obſt, eicheln, nuͤſſen, kaſtanien,
mandeln, bucheckern, taback, tartuffeln, oder
erdbirnen, zwibeln, oliven ꝛc.; 8) wein, bier,
eßig, brandewein, the, kaffe, malz, hopfen, ꝛc.
9) holz, 10) heu, ſtroh, laub, ſchilfen ꝛc.
§ 1067
auch in ei-
nem inbe-
griffe ge-
nommen.
Die bewegliche ſachen werden auch wohl in ei-
nem ganzen inbegriffe genommen, z. e. die gerade,
heergewette, das mußteil, die fahrniß, das zubehoͤr ꝛc.
§ 1068
wegliche,
Unter die koͤrperlichen ſachen gehoͤren nicht min-
der die unbeweglichen ſachen, als allerhand ge-
baͤude und ligende gruͤnde, gaͤrten von verſchide-
nen gattungen, aͤcker, wiſen, weinberge, wal-
dungen, teiche, eiſernes vih ꝛc.
§ 1069
koͤrperliche
ſachen,
Von den koͤrperlichen ſachen ſind die nicht koͤr-
perliche zu unterſcheiden. Zu diſen werden gezaͤ-
let: die gerechtigkeiten, dinſtbarkeiten von man-
cherlei arten, wie nachher gezeiget werden ſoll.
Drittes haubtſtuͤck
von der barſchaft.
§ 1070
ſchaft be-
deutet?
Barſchaft bedeutet goldene und ſilberne muͤn-
zen, ſie moͤgen grobe, oder kleine, (ſcheide-
muͤnze) ſeyn, oͤkonomiſches lexicon unter dem
worte ſcheidemuͤnze. Die art zu muͤnzen und
die geltſorten ſelbſt werden unten bei dem muͤnz-
regal vorkommen.
§ 1071
[457]von den kapitalien.
§ 1071
Ueber die frage: ob bares gelt unter das fahr-das bare
gelt gehoͤret
zur fahrnis.
nis gehoͤre? ſind die rechtslehrer nicht einig,
Barth im diſſenſu 42. Wir rechnen es zur
fahrnis, Wehner in dem worte: fahrende habe,
Dreyerde ceſpitalitatis requiſito in teſtibus
habilibus ſ. 99 fgg.
Viertes haubtſtuͤck
von den kapitalien.
§ 1072
Das kapital (der haubtſtamm, haubtſtul)was ein ka-
pital iſt?
heiſſet eine namhafte geltpoſt, welche gegen
eine gewiſſe jaͤrliche abgabe an gelt (die der ge-
meine mann zinſſen nennet) jemanden vorgeſtre-
cket wird.
§ 1073
Ausſtehende kapitalien, activ-ſchulden (nomina)ob ausſte-
hende kapi-
talien zum
fahrniſſe ge-
hoͤren?
werden von einigen zum fahrniſſe gerechnet; von
andern aber nicht. Nach dem Roͤmiſchen rechte
gehoͤren ſie zu keinem von beiden. Nach den
Teutſchen gewonheiten rechnen einige das kapital
zum fahrniſſe, als die Oberheßiſchen ſtadtbraͤuche
in Eftors Marburgiſchen beitraͤgen IIIten ſtuͤcke
ſ. 12 fgg. Das Solmſiſche landrecht II tit. 28
§ 12 ſ. 130; die gerichtsordnung des landgrafens
Wilhelms vom jare 1497 bl. 17 b; die vom kanz-
ler Reinhart Scheffern zu Caſſel unter den 4 her-
ren gebruͤdern aufgeſezte landes-ordnung, welche
Heinrich Anton Geis dem Teutſchen corpori
juris einverleibet hat, ſ. 475 § 12, Dreyer am
a. o., Schilterexercit. 4 § 23, von Leyſer im
ſpecim. 26 med. 2, 3. Das uͤbrige hirvon wird
F f 5bei
[458]V haubtſtuͤck
bei dem anlehn vorkommen. Im teſtamente des
herrn grafens zu S. R. war der frau gemalin,
und den nachgebornen kindern das fahrnis ver-
ſchaffet. Auf dem S. W. amte S. hatte der
teſtirer ein kapital von 29000 talern ausſtehen.
Die witbe foderte dieſe ſchuldpoſt, als zum fahr-
niſſe gehoͤrig; allein die juriſten-facultaͤt zu Jena
ſprach es ihr ab.
§ 1074
Von der loskuͤndigung oder dem aufkuͤndigen
der kapitalien ſihe den IIten teil in Eſtors an-
fangsgruͤnden ſ. 90 fg., auch von der kuͤrzung
vom kapital beigetribenen wucher in deſſelben un-
terrichte von abfaſſung der urthel und beſcheide.
Fuͤnftes haubtſtuͤck
vom fahrniſſe.
§ 1075
rende habe
iſt?
Das fahrnis, oder die farende habe, bedeutet
dem wortverſtande nach alles bewegliche,
das iſt, hin und her farende gut; daher die mei-
nung des Herts in der notitia veteris Germ.
popul. welcher es vom fahren, curru vehi, her-
leitet, nicht begruͤndet iſt. Eben derſelbe will auch
diſerhalben das vih unter dem worte: fahrnis
nicht verſtanden haben. Welches gleichfalls
KlockT. III conſil. 125 behaubten will.
§ 1076
lei.
So viel provinzen ſind, faſt eben ſo vilerlei
lehren hat man von den beweglichen ſachen. Zu
Aachen wird das bewegliche in das erb und ge-
reidt eingeteilet, Johann Nopp in der Aacher
chronik, im IIIten buche ſ. 137. In Heſſen haben
die
[459]vom fahrniſſe.
die ſtaͤdte und aͤmter unterſchidene begriffe vom
fahrniſſe, von Senkenberg im IIIten bande der
ſelector. ſ. 282 fgg. Die Heßiſche gerichts-ord-
nung vom jare 1497 cap. 33 beſaget hiervon:
„fahrende hab iſt nicht zu achten, fruͤcht des erd-
„reiches, alldieweil vnd ſie dem erdtrich vngele-
„digt anhangen, und das obs, dieweil es auf den
„baͤumen iſt. Item drauben, alldieweil ſie an
„ſtoͤcken ſtehen, ſo ſie aber darvon kommen vnd
„erledigt, werden ſie fuͤr farend hab gehalten.
„Item guͤlt, rend, zinß, fruchtabnuzung, ſo die
„erſchinen ſeynd, werden fuͤr farend haab geach-
„tet, desgleichen geltſchuldt oder anders bewe-
„gendts, als hausrat, kleinot, kleider, harniſch,
„waffen vnd was man tragen und bewegen kan.
„Item abloͤſung guͤlt, werden auf diſer ſeiten
„Rheins fuͤr farend hab geachtet, und fuͤr ewige
„guͤlt jenſeit des Rheins gehalten„. Krebsde
ligno et lapide im IIIten teile quaeſt. XI. Dr.
Orch in den anmerkungen uͤber die Frankfurtiſche
reformation, im IIten teile ſ. 236 fgg., IIIten teile
ſ. 526 fgg.
§ 1077
In einem ehelich, welcher im jare 1716 zwiſchen
2 fuͤrnaͤmen verlobten von adel in Franken errich-
tet worden iſt, verſpricht der braͤutigam ſeiner
braut: das halbe teil aller fahrenden habe,
darunter das ſilberne geſchirr allein, welches in
diſer ehe beigebracht, geſchenket, oder ſonſten er-
zeuget worden, mit begriffen ſeyn ſoll, gleichfalls
von allen in der ehe gewonnenen und errungenen
guͤtern an ligend und fahrend, auch den halben
teil, ausgeſchiden pferd, harniſch, geſchuͤz, tape-
zereien, auch was zur wehr und des mannes leib
und ſtand gehoͤrig iſt, welches den kindern aller-
dings verbleiben ſoll, wofern einige ſchulden,
welche
[460]V haubtſtuͤck
welche aus erkauften ligenden oder fahrenden guͤ-
tern, davon ihr der witbe der halbe teil gefolget
wird, vorhanden, diſelbe ſolle ſie pro quota mit-
tragen und bezalen, ſonſt aber mit andern ſchul-
den-laſt nicht zu tun haben.
§ 1078
ter an eini-
gen orten
begriffen
wird?
An einigen orten wird nur der hausrat benebſt
den dazu gehoͤrigen ſachen darunter verſtanden;
allein wir wollen den gemeineſten ſaͤzen folgen, und
verſtehen dadurch die ſachen: welche in eines ver-
moͤgen ſind, oder ſeyn koͤnnen, auch von einem
orte zum andern unverſehrt gebracht werden koͤn-
nen, gleichwol zu einer gewiſſen unbeweglichen
ſache nicht beſtimmet ſind.
§ 1079
gerechnet
wird?
Wir rechnen dazu: 1) baares gelt, 2) not-
pfennige, die zum handel, kaufe, oder auslehnen
gewidmet ſind, 3) das von einem verkauften
gute geloͤßte gelt, 4) erbe-gelt und guͤlten, wel-
che betaget ſind, Dr. Orth am a. o. im IIten
teile ſ. 236 ſ. 256, 5) ſilber und verguldetes ge-
ſchirr, als teller, ſchuͤſſeln ꝛc. jubelen und geſchmei-
de, 6) kleidung, puz und ſchmuk, 7) hausrat,
8) betten, 9) kuͤſſen, 10) matrazen, uͤberzuͤge,
11) ſchraͤnke, laden, und kiſten, 12) tiſche 13)
ſtuͤhle, 14) baͤnke, 15) tapeten, 16) keſſel, 17)
pfannen, 18) wein, 19) weinfaͤſſer, 20) kel-
ter, 21) bienenſtoͤcke, 22) kraide, 23) ſand,
24) gebrochene ſteine, 25) gefaͤlletes holz, 26)
ſtatuͤen, 27) malereien, 28) leuchter, und in-
ſtrumente.
§ 1080
Imgleichen 29) die ſchiffe und das geſchirr,
30) die pferde, ochſen, kuͤhe, ſchafen, zigen, das
gefluͤgel, die fiſche zum behaͤlter (aber nicht die
zum ſezen), das wild im tiergarten ꝛc. 31) fruͤchte,
die
[461]von den pferden.
die einem ausgeſtecket ſind, 32) die vom wein-
ſtocke abgeſonderte weinbeere, die ausbeute. An
einigen orten, z. e. in Kur-Sachſen, werden die
apotheker- und kram-waaren ebenfalls dahin ge-
rechnet, von Berger in der oeconomia iuris,
ſ. 215, Johann Audreen Hofmanns unter dem
vorſize des herrn H. R. Hellfelds gehaltene ſtreit-
ſchrift: de hypotheca mobilium cap. I § 9.
§ 1081
Bei der entſcheidung: was zum fahrniſſe ge-worauf man
bei deren
entſchei-
dung zu ſe-
hen hat?
hoͤre? ſihet man auf den ort des handels, oder,
wo der erblaſſer verſtorben iſt, Gottfr. Barth
von der gerade ſ. 68, was in Sachſen der ehe-
mann von ſeiner frau an fahrniſſe erbe, zeiget
Gottfr. Auguſt Hofmann von der gerade und
dem heergeraͤde § 242 ſ. 241.
Sechſtes haubtſtuͤck
von den pferden.
§ 1082
Unter die lebendigen beweglichen ſachen gehoͤretwie vilerlei
das lebendi-
ge vih iſt?
das vih. Solches iſt entweder zahmes, oder
zahm gemachtes. Durch das vih verſtehet man
diejenigen tire, welche um den menſchen ſind, auch
zu deſſen nuzen dinen.
§ 1083
Das zahme haushaltungs-vih gehoͤret inſon-die pferde
ſind das
fuͤrnaͤmſte
vih darun-
ter.
derheit hiher, und unter dem vierfuͤßigen erſtlich
die pferde als die aͤdelſten und fuͤrnaͤmſten. Das
pferd iſt ein großes vierfuͤßiges thier, welches dem
menſchen zum reiten, zihen und tragen dinet, und
vermittelſt eines zaumes regiret wird. Diſer be-
ſtehet fuͤrnaͤmlich in einem gebiſſe, oder kapp-zau-
me,
[462]VI haubtſtuͤck
me, oder wie bei den Egyptern, einem ringe durch
die naſe.
§ 1084
die pferde
ſind und de-
ren benen-
nungen.
Von natur ſind die pferde entweder wildfaͤnge,
oder zahme. Sonſt iſt pferd das gemeine wort,
und bedeutet einen laſt-traͤger, von baerde, boͤrde;
daher es auf Hollaͤndiſch paard heiſſet. Gaul
wird von ſchlechten pferden gebrauchet, es kom-
met her von caball. Roß bedeutet ſo viel, als
raſch, geſchwind. Stut iſt ein beſchaͤler. Stute
ein mutterpferd. Mar ein krigespferd, davon
iſt maͤre, eine ſtute. Beſchaͤlen kommet von
ſchale, concha. Hengſt iſt ſo viel als heſt, wel-
ches im Daͤniſchen und Schwediſchen equum ma-
rem bedeutet. Heſt iſt celer, klepper ein laͤufer,
die Weſtphaͤlinger ſprechen peerd peird, Strodt-
mannsidioticon Osnabrugenſe ſ. 158.
§ 1085
farben,
Nach den haubtfarben ſind ſie rappen, ſchim-
mel, fuͤchſe und braune. Nebenfarben ſind ge-
zeichnete rappen, apfelſchimmel, grauſchimmel,
ſpigel-ſchimmel, hechtgrau, fligenſchimmel, roth-
ſchimmel, ſchwarzſchimmel, porcellain-ſchimmel,
die lichtbraunen, goldbraunen, apfelbraun, grau-
braun, lichtgrau, ſchweisfuchs, ꝛc. Trichter am
a. o. ſp. 1753 fg.
§ 1086
art,
Auf die landesart der pferde, imgleichen deren
geſchlecht-regiſter koͤmmt ſehr viles an, beſage
Zehentners unterrichte von der pferde-zucht ſ. 143.
Auf einen Perſiſchen hengſt bitet der Lord Forbes
4000 rthl., und in Engelland will man 1500
guinees dafuͤr zalen. Ein tuͤchtiges pferd muß
herzhaftig, geiſtreich, gelehrig und von vilem ver-
moͤgen ſeyn, auch die tugenden eines guten pfer-
des beſizen. Deshalber kaufete einsmalen ein
nobili
[463]von den pferden.
nobili di venetia ein pferd fuͤr 3000 zechinen, Ze-
hentner am a. o. ſ. 141. Was aber zur ſchoͤn-
heit eines pferdes gehoͤret, haben Marperger im
kaufmanns-magazine ſ. 243 fg. des IIten teiles,
und Trichter am a. o. ſp. 1758 bemerket. Sie
ſind entweder Araber, Tuͤrken, Barbaren, oder
Africaner.
§ 1087
Unter allen hilte der kaiſer Karl der VI dievon den
Neapolita-
nern,
Neapolitaner fuͤr die ſchoͤnſten, wie er dann keine
andere pferde als Neapolitaner geritten hat.
Von diſen handelt Marperger ſ. 241. Ihre
dreierlei arten beſchreibet Trichter ſp. 1189, Mar-
perger am a. o.
§ 1088
Die kupferſtiche der pferde nach iren landes-wo man die
kupferſtiche
davon fin-
det?
arten finden ſich beim George Simon Wintern
von Adlersfluͤgel in der ſtuterei, als des Perſia-
ners, Arabers oder Aſiaten, Barbaren, Engel-
laͤnders, Spaniers, Neapolitaners, Italieners,
Tuͤrken, Bachmattens, Preuſens, Polens, Si-
benbuͤrgers, Daͤnens, Holſteiners, Niderlaͤn-
ders, Frieslaͤnders, Nider-Sachſens und Weſt-
faͤlingers.
§ 1089
Der Spanier iſt feuerig, hurtig, gelehrig,der pferde
natur und
eigenſchaft.
geſchickt und ſtolz, auch iſt ſein aͤuſſerliches anſe-
hen hochtrabend und ernſthaftig; auch hat er ein
gar zartes maul, und iſt gegen die ſchenkel des
reiters gar aufmerkſam und empfindlich, herzhaft
und unermuͤdet. Der Daͤne iſt brav, gelaſſen,
fromm, gelehrig, leutſelig, unerſchrocken. So
bald man ihm zu viel thut, wird er verzaget. Er
muß immer angereget werden. Die Italiener
ſind gemeiniglich boshaftig, zornig, falſch und
aſt verzweifelt, inſonderheit die Neapolitaner,
diſe
[464]VI haubtſtuͤck
diſe machen ſchoͤne koͤpfe; geſtalt die Italiaͤniſche
landesart meiſten teiles ſchaf-koͤpfe hat.
§ 1090
ſiſchen pfer-
den,
In Heſſen werden die beſten pferde zu Saba-
burg, im Niderfuͤrſtentume gezogen. Die ſtu-
terei zum Zigenhaine lifert ſchoͤne pferde. Allein
weilen diſe grafſchaft die fruchtbareſte im ganzen
lande iſt; ſo fallen die fuͤllen zwar wohlgemuſtert,
das futter aber iſt zu fett, mithin muͤſſen die fuͤl-
len anderweitig gebracht werden. Im oberfuͤr-
ſtentume Heſſen werden in den gerichten, Ebsdorf,
Raizberg, und fuͤrnaͤmlich Lohr, ſtarke und gute
kutſchen-pferde gezogen. Zu Schweinsberg hat
die ſtadt eine fuͤllen-heerde, die in moraſtigen wei-
den zur haͤrte angewoͤnet wird. Die herrſchaftli-
chen fuͤllen aus dem Oberfuͤrſtentume weideten drei
ſtunden von Marburg im walde des forſtes Roß-
burg, im winter aber waren ſie im hiſigen rent-
hofe. Nunmehr weiden ſie des ſteinklees halber
an der Weſer bei Rinteln; weil im walde man-
ches fuͤllen ſchaden leidet.
§ 1091
Die Spaniſchen pferde ſind die kluͤgeſten und
herzhafteſten unter allen pferden, man teilet ſie in
genetten und montivellanos, Trichter ſp. 1581,
Marperger am a. o.
§ 1092
und Hollſtei-
niſchen,
Mecklen-
burgiſchen,
Bremi-
ſchen,
Die Daͤniſche pferde ſind edel, Trichter ſp.
1580, die Hollſteiniſche fallen etwas groͤſſer, iedoch
ſind ſie ſtark, von harten knochen und geſund,
Trichter am a. o. Die Mecklenburgiſche kom-
men den Daͤniſchen nah. Beide ſind gelehrig.
Die Bremiſche ſind weich, matt und gemeiniglich
platthuͤfig, Trichter am a. o. ſp. 1580, Mar-
perger ſ. 241.
§ 1093
[465]von den pferden.
§ 1093
Die Friſiſche und Groͤningiſche ſind unter denFriſiſchen
und Groͤ-
ningiſchen,
Niderlaͤndiſchen die groͤſten, und dinen fuͤr die
kutſchen, auch die kuͤraßir - reiter, Trichter
ſp. 1579.
§ 1094
Die Engliſche ſind auf der ſchule ſehr ſchwerEngliſchen,
abzurichten; zum laufen aber ungemein, imglei-
chen zum paßgehen, die beſchreibung ſolcher pfer-
den und ſtuten erteilen der herzog von Newcaſtle
in der reitbane, ſ. 47 fgg. und Trichter ſp. 610 fg.
§ 1095
Die Ungariſchen werden wild erzogen, undUngari-
ſchen,
ſcheuen deswegen leichtlich. Zum geſchwinde rei-
ten ſind ſie brauchbar, Trichter ſp. 1581, jedoch
ſind die Podolier und Ukraͤner beſſer, Trichter
ſp. 1581, ſie laſſen ſich aber nicht gern beſchlagen.
Die Ungarn ſind zu ſchweren laſten in ſchweren
landen, tiefen wegen, oder bergen fortzubringen,
nicht aufgeleget, ſo dauerhaft ſie ſonſt ſind, und
aushalten; hergegen dinen die Moldauer hirzu
beſſer, Marperger am a. o.
§ 1096
Die Teutſche pferde werden zu reiter- drago-Teutſchen,
ner- und karoſſen-pferden gebrauchet, der feler iſt,
daß ſie zu jung arbeiten muͤſſen, Trichter ſp. 1579.
§ 1097
Die maͤngel der pferde ſind entweder haubt-deren maͤn-
gel.
erb- oder zufaͤllige. Ferner teilet man ſie in
haubtſaͤchliche maͤngel, oder geringe, Trichter
ſp. 1759. Jedoch nemen die ſtallmeiſter das wort
haubtmangel anderſt, als die roß-haͤndler, Trich-
ter ſp. 1758 fg. Die erbmaͤngel werden auf die
fuͤllen fortgepflanzet. Von den zufaͤlligen heiſſet
es: wer die augen nicht auftut, tue den beutel
auf; kauf und backenſtreiche ſind einander ſelten
G ggleich.
[466]VI haubtſtuͤck
gleich. Vor allen dingen ſihet man nach den au-
gen, fuͤſſen und zaͤnen.
§ 1098
maͤugel ſind
nach den
landesge-
wonheiten
unterſchi-
den.
Die haubtmaͤngel ſind nach den landes- und
ſtadt-geſaͤzen unterſchiden. Die Sachſen haben
ſtetig, hart oder herzſchlaͤgig, ſtaarblind; die Tuͤ-
ringer tun noch rozig hinzu, Vitriarius in der
diſp. de 4 cardinalibus equorum Sax. vitiis.
Beſage der Nuͤrnbergiſchen reformation im IIten
buche tit. 16 § 4, ſind unter die haubtmaͤngel zu
rechnen, rozig, reutig, haar- oder herz-ſchlaͤgig,
koller, welchen in dem Hohenloiſchen landrechte
noch ſchlebaͤuchig, worunter auch lungenfaul ge-
hoͤret, beigefuͤget wird, im IIIten teile tit. 4 § 2
ſ. 66. Beſage der Kur-Braunſchweig-Luͤnebur-
giſchen landesgeſaͤze, ſind die haubtmaͤngel: rozig,
kollerich, hartſchlaͤgig, ſchlehbaͤuchig, und geſto-
len, IIter teil ſ. 626, Maſcou in progr. de red-
hibitione equorum; dergleichen auch in den F.
Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen rechtens iſt, laut der ver-
ordnung von 1706, und muß der verkaͤufer 4 wo-
chen dafuͤr ſtehen. Diſemnach wenn der verkaͤu-
fer fuͤr alle maͤngel zu ſtehen nicht verſprochen hat,
der kaͤufer wegen anderer maͤngel nicht gehoͤret
werden ſoll. Die Frankfurter halten fuͤr haubt-
feler: geraubt, oder geſtolen, hartſchlaͤgig, ſtetig,
haubtſiech, oder moͤnig, oder rozig, welches die
Muͤhlhaͤuſiſche ſtatuten ebenfalls beſagen, im
IIIten buche, art. 29 § 4 ſ. 292. Wie es diß-
falls nach den Luͤbeckiſchen rechten gehalten werde,
beſaget Meviusad ius Lubecenſe III, 6, 17,
von Rohr im haushaltungsrechte P. I ſ. 876,
Leiſer im iure georgico II, 12, 67 fg. Schoͤpf
de eo quod iuſtum eſt circa luem pecorum.
§ 1099
[467]von den pferden.
§ 1099
Die erbmaͤngel ſind, beſage des Winters vondie erbmaͤn-
gel werden
namhaft ge-
machet.
Adiersfluͤgel am a. o. ſ. 68 fg. diſe: dickkoͤpfig,
ſchweinkoͤpfig, kollerig, blind, mondſuͤchtig,
ſchweinsaugen, fett und ungleiche augen, lange
oren, haͤng-oren, kleine enge naſenloͤcher, tifes
maul, trocken und duͤrres maul, kurzer, dicker
und fuͤr ſich hangender hals, ſpeichhaͤlſig, aufge-
zogener leib, ſpat, ſtein-floßgalle, fluͤßige ſchenkel,
und ſtrumpffuͤſſe, bochbeine, uͤberbeine, plathu-
fig, vollhufig, weiſe, muͤrbe hufe, weiſe hufe mit
ſchwarzen ſtrichen, hochgekegelt, das kreuz hinten
hoͤher als vorn, der widerbiß, eingebogener tifer
ruͤcken, ſchmale enge bruſt, ſpizig und abgeſchlit-
ten kreuz, rattenſchwanz ꝛc.
§ 1100
Zu den felern auch untugenden gehoͤren nichtandre feler
und untu-
genden,
minder taubheit, ſehr empfindlich, zappelt, ſtall-
ſtetig, beiſig, untreu, ſporn-fluͤchtig, waſſer-
taugend, krippen-beiſer.
§ 1101
Eckelhafte zeichen ſind: groſe breite bleſſe, weiſeauch eckel-
hafte zei-
chen,
fuͤſſe, 2 forder weiſe oder 2 kreuz weiſe fuͤſſe; hin-
gegen ſind gute zeichen: eine lange unten zugeſpiz-
te ſchmale bleſſe, ein kleiner runder ſtern, der hin-
tere linke weiſe fuß, der fodere rechte weiſe fuß,
2 hinter und der fodere rechte fuß, weiſe fuͤße mit
ſchwarzen duͤppeln bei dunkeler farbe.
§ 1102
Der hirſchbauch und nicht gefraͤßig iſt eben-nebſt andern
falls ein mangel.
§ 1103
Die augen-maͤngel muß man durch das an-maͤngeln an
den augen
ſchauen uͤber zwerg, auch nicht auf dem markte
an der ſonne, ſondern im ſchatten, oder am be-
ſten des nachts bei einem wachslichte pruͤfen, oder
G g 2man
[468]VI haubtſtuͤck
man reitet das pferd wider eine wand oder
mauer.
§ 1104
zaͤlet.
Moͤniſche augen ſind ein ſtaͤrkerer fehler als ein
fleck auf dem glaſe des auges.
§ 1105
gel hier in
betrachtung
kommen?
Allein diejenigen maͤngel kommen dahir nur in
betrachtung, welche in die rechte einſchlagen.
Wenn gleich nichts ausbedungen iſt, muͤſſen den-
noch die haubtmaͤngel: rozig, hartſchlaͤgig, oder
ſchlehbaͤuchich und koller ꝛc. binnen monatsfriſt,
und die alten ſchaͤden, als lungen- oder andere
faͤule gewehret werden. Zu Schlotheim auf dem
markte werden keine haubtmaͤngel gewehret.
§ 1106
che feler
werden
nicht geweh-
ret.
Die aͤuſſerliche feler, als 1) gewaͤchsbeulen,
2) boͤſe nabel, 3) floßgallen, 4) dollfuͤße, 5) hin-
ken, 6) blumen in den augen, 7) ſchel, 8) blind,
9) das alter, 10) lederfreſſer, 11) falſcher ſchweif,
12) gefaͤrbet, 13) gejudſcht, 14) ſpat und alle
aͤuſſerliche ſchaͤden ſowohl maͤngel werden nicht
gewehret.
§ 1107
verkaͤufer
dazu pflich-
tig iſt?
Wenn der verkaͤufer ſaget: ich verkaufe euch
gerechtes und untadelhaftes vihe: ich ſtehe fuͤr alle
maͤngel; alsdann muß er one gewiſſe zeit zu ſezen,
mithin unumſchraͤnkte gewehrſchaft leiſten. Je-
doch hat der kaͤufer zu beſcheinigen, daß diſer
mangel zur zeit des getroffenen handels ſchon am
pferde geweſen ſey.
§ 1108
ſtandenen
irrungen
hirbei zu be-
obachten iſt?
So bald deshalber irrung entſtehet, gibet der
kaͤufer dem verkaͤufer das pferd zuruͤck, will es
aber diſer nicht annemen, ſtellet er es ins wirts-
haus, auf des verkaͤufers unkoſten. Damit aber
das pferd nicht mehr verzehre, als es werth iſt;
ſo
[469]von den pferden.
ſo darf es uͤber 8 bis 14 tage nicht ſtehen, ſondern
es wird von amtswegen verkaufet.
§ 1109
Die innerliche maͤngel, als 1) gewaͤchſe imdie innerli-
che maͤngel.
ſchlunde, 2) keuchen, 3) ſchlehbaͤuchig, 4) hart-
fuͤtterig, 5) krippenbeiſer, 6) ſchlagen, oder bei-
ſen, 7) wenn es zum zuge verkaufet worden iſt
und nicht zihen will; diſes weis nun entweder der
verkaͤufer, oder nicht. Iſt das erſte, ſo kommet
dem kaͤufer in geſezter zeit die wandelung zu gut.
Iſt das leztere, ſo ſtehet der verkaͤufer nur fuͤr
ſolchen mangel (an einigen orten 14 tage).
§ 1110
Alle pferdehaͤndel ſollen daher in gegenwart et-die pferde-
haͤndel ſol-
len in ge-
genwart er-
licher zeu-
gen getrof-
fen werden.
wie das ge-
fallene pferd
behoͤrig ge-
oͤfnet wer-
den ſoll?
licher zeugen geſchehen, damit, wenn ſich ſtreit
eraͤuget, diſe kundſchaft davon geben koͤnnen.
§ 1111
Iſt das pferd gefallen, muß es der abdecker in
gegenwart zweener gerichtsſchoͤppen, oder hirzu
beeidigten pferde verſtaͤndigen oͤfnen und vom be-
fund nebſt diſen ein zeugnis geben.
§ 1112
Ein pferd, dem der roz geſtopfet worden iſt,wie es mit
einem rozig
geweſenen
kan der kaͤufer ebenfalls wieder zuruͤck geben.
§ 1113
Wer aber ein ſcheinbar blindes, verwundetes,und wiſſent-
lich mangel-
haften pfer-
dekaufe ge-
halten wird.
oder lames und wiſſentlich mangelhaftes pferd
kaufet, muß es behalten, weil er die augen nicht
aufgetan hat. Gibet aber der verkaͤufer den
mangel fuͤr geringer aus, als er iſt; ſo hat die
wiederheimſchlagung des pferdes ſtatt. Nach
Stryks meinung im vſu moderno π. ſoll zwar
der verkaͤufer alle maͤngel anzeigen, und ſelbige
nicht verſchweigen. Und diſes iſt der Teutſchen
ehrlichkeit gemaͤß; allein es wird hirauf nicht ge-
G g 3ſehen,
[470]VI haubtſtuͤck
ſehen, weil das Roͤmiſche recht merern eingang
findet.
§ 1114
geweſenes,
aber wieder
geneſenes
pferd iſt
nicht wieder
zuruͤck zu
geben,
auch eine
ganze koppel
nicht, wenn
eines, oder
anderes
krank iſt.
Ein krank geweſenes pferd, das aber wieder
geneſen iſt, kan dem verkaͤufer nicht wieder zuruͤck
gegeben werden.
§ 1115
Wenn eine ganze koppel gehandelt wird und
eines, oder anderes mangelhaftes pferd darunter
iſt, kan die ganze koppel deshalber nicht heimge-
ſchlagen werden; wie diſes taͤglich alſo bei den re-
gimentern im brauche iſt, obgleich Trichter bei
dem von Loͤhneis ſ. 68 num. II andrer meinung
iſt. Leiſer am a. o. ſ. 307 num. 104. Was
aber bei der liferung der pferde zur compagni, oder
zu einem regimente zu beobachten ſey? hat der
herr graf von Khevenhuͤller in den obſervations-
puncten IIten teile ſ. 112 fg.; imgleichen, was von
einem reiter, oder dragoner des pferdes halber er-
fodert werde, im Iten teile ſ. 77 bemerket.
§ 1116
wandelung
bedeutet?
Die zuruͤckgabe des pferdes an den verkaͤufer
nennet man die wandelung, Kur Braunſchweig-
Luͤneburgiſche landesgeſaͤze im IIten teile ſ. 626,
von Weſtphal am a. o. T. IIII ſ. 1369 num. 59.
Diſe redensart iſt auch in Ober-Heſſen gewoͤnlich.
§ 1117
Darmſtaͤd-
tiſche und
Hohenlohi-
ſche verord-
nungen hir-
von werden
gelobet.
Zum beſten des handels und wandels ſowohl
mit allerhand vihe, als auch beſonders mit pfer-
den, iſt das Hohenlohiſche landrecht am a. o. und
die F. H. Darmſtaͤdtiſche verordnung vom jare
1706 wohl eingerichtet, daß naͤmlich unter den
maͤngeln, dafuͤr der verkaͤufer hat ſtehen wollen,
nur die haubtmaͤngel begriffen ſeyn ſollen, darne-
ben die wehrhaftsleiſtung allein 4 wochen dauern
ſolle. Inhalts der Naſſau-Cazenellenbogiſchen
landes-
[471]von den pferden.
landes-ordnung im Iten teile cap. IIII § 5 ſ. 17
ſollen die maͤngel wenigſtens innerhalb 2 mona-
ten angezeiget werden.
§ 1118
Bei dem einkaufe der pferde hat man dahinworauf bei
dem einkau-
fe zu ſehen
iſt?
beſonders zu ſehen, 1) daß das pferd vorgeritten
werde; 2) hat man die augen zu betrachten, im-
gleichen das alter, die fuͤße und huͤfe; 3) laſſe den
reiter abſizen und das pferd an der hand im trab
laufen; 4) gib acht: ob es im umkeren hinket,
oder mangel im gang habe; 5) im aureiten darf
es nicht gepeitſchet werden; 6) laſſe es zur koppel
reiten, woraus es genommen iſt, und ſihe: ob es
abgehet, oder ſtaͤtig iſt? Von den betruͤgereien
der aͤrzte und roßkaͤmbe handeln der von Rohr
im hauswirtsſchafts-buche, fuͤrnaͤmlich aber der
Hoͤnn im betrugslexico ſ. 315. Uebrigens ſihe den
von Loͤhneis am a. o. und nur angeregten von
Rohr ſ. 353.
§ 1119
Wenn der landesherr den untertanen pferdewie die ge-
ſtuͤckpferde
fuͤr die regi-
menter ge-
ſchwind
aufzubrin-
gen ſind?
umſonſt zur arbeit als eiſerne gibet; ſo ſind auf
den notfall die geſtuͤckpferde fuͤr die regimenter
flugs bei handen.
§ 1120
Sonſt hat man die pferde zum fronen, es gibetvon andern
auf guͤtern
haftenden
pferden.
ſchoͤppen- guͤter- heergeraͤts- lehn- artilleri-pferde,
reit- kuͤchen-klepper, welche auf gewiſſen guͤtern
haften.
§ 1121
Die ſpruͤchwoͤrter ſind: „eigene ſporne und ge-die ſpruͤch-
woͤrter von
den pferden.
mitete pferde machen kurze meilen. Vier fuͤſſe
mit einem weiſen zeichen, duͤrfen keinen zoll ab-
reichen,„ welches aber nicht mehr gilt. „Ein
gutes pferd ſoll man nicht zuvil reiten. Es ſezet
ſich nimand gern vom pferde auf den eſel.„ Pi-
G g 4ſtorius
[472]VI haubtſtuͤck
ſtorius am a. o. cent. IIII par. 53, 59, cent. V
par. 40. Gleichwie einem dreie H. koͤnnen auf-
helfen, naͤmlich hopfen, hafer und heu; alſo moͤ-
gen dreie H. leichtlich verderben: hengſte, hunde
und huren, Doͤbels hausvater ſ. 109, Schup-
pius in ſeinen ſchriften.
§ 1122
davon.
Was Johann Ferdinand Behamb im roß-
taͤuſcher-rechte auf des Johann Wilhelm Roͤ-
venſtrunksmeditationibus aedilitiis zuſammen
geſchrieben hat, gehoͤret nicht hirher, ſondern zum
aedilitio edicto,von Rohr am a. o. ſ. 787 fg.
Sonſt iſt auch Hoffmanns klugheit hauszuhal-
ten im IIten teile ſ. 269, Juniusde vitiis peco-
rum venalium, und Stiſſers landwirtſchaft
ſ. 136 fg., nachzuſehen. Von den uͤbrigen krank-
heiten der pferde ſihe Loͤhneiſen. Johann Ni-
col Textors verſuch, wie die giftig anſteckende
vihſeuchen unter hornvieh und pferden zu curiren,
Carlsruh, 1739, 4.
§ 1123
pferde ſind
unentgelt-
lich zuruͤck
zu geben.
Geſtolne pferde muͤſſen dem eigentuͤmer unent-
geltlich zuruͤckgegeben werden. Bei den Sachſen
wurde der pferde-diebſtal mit dem leben beſtrafet,
Lex Sax. tit. 4 ſ. 52; woruͤber der von Leibniz
geſpottet hat. Allein die pferde waren der Teut-
ſchen fuͤrnaͤmſte habſeligkeit, darneben ginge das
ſtelen ſehr im ſchwange, Heineccius in der vor-
rede der element. iur. Germ.von Gaͤrtner
uͤber das Saͤchſiſche geſaͤz, am a. o. Hofmann
de origine legum Germ. ſ. 61. In den Kur-
Braunſchweigiſchen landen iſt ſotane ſtrafe eben-
falls eingefuͤret, beſage des Eſaien Pufendorfs
introductio ad proceſſum criminalem Lune-
burg. cap. 24 § 46 fgg. ſ. 164 fgg. Im uͤbri-
gen iſt die ausfuhr der pferde aus dem Teutſchen
Reiche
[473]von den geſtuͤten.
Reiche verboten, ſihe die neueſte ausgabe der
Reichsabſchide vom jare 1747 im IIIIteile ſ. 160,
209, 401, 405.
§ 1124
Im ſpruͤchworte heiſſet es: einem geſchenktenvon der
pferde zaͤnen
und alter.
gaul ſoll man nicht ſehen ins maul. Diſes iſt
von den kunden an den zaͤnen hergenommen. Ein
pferd hat 40, und ein maultier 36 zaͤne. Forn
hat das pferd 6 oben, und 6 unten. An ſtokzaͤ-
nen zwoͤlf oben, und zwoͤlf unten. 4 hacken oder
hundszaͤne. Diſe 4 bringet kein fuͤllen mit, ſon-
dern die uͤbrigen vorbenimten. Ein pferd wird
wohl 30 jare alt. Wenn es ins dritte jar koͤmmt,
ſo gehen ihm beide forderſte fuͤllenzaͤne weg, dar-
gegen wachſen breite. Im 4ten jare zanen ſie
wieder und bekommen auf ieder ſeite einen breiten
zan. Im 5ten zanen ſie ab, und bekommen wie-
der zwei breite zaͤne. Im 6ten wachſen die hack-
zaͤne. Alsdann iſt der kern noch ſchwarz und tief
in den zaͤnen. Im 7ten jare iſt es eben noch alſo,
im 8ten jare vergehet ſolches. Von den zaͤnen der
pferde und deren kunde geben Hering im oͤkono-
miſchen wegweiſer cap. VII, und George Si-
mon Winter im wohlerfarnen roß-arzte, cap.
XII weitern unterricht.
Sibendes haubtſtuͤck
von den geſtuͤten.
§ 1125
Das anzihen der pferde im lande, und die bei-der nuzen
der ſtute-
reien,
behaltung ſo viler tauſend taler darin, iſt
eine unumgaͤnglich noͤtige ſache. Daher muͤſſen
geſtuͤte angeleget werden. Die erſte gattung der-
G g 5ſelben
[474]VII haubtſtuͤck
ſelben beſtehet im land-geſtuͤte, da der landesherr
der untertanen ſtuten beſchaͤlen laͤſſet. Die zwote
art iſt, die haltung der ſtuten auf den herrſchaft-
lichen furwerken. Die dritte iſt das wilde geſtuͤ-
te, wie in Ungarn, Polen, der Ukraine, Mol-
dau, Wallachei, Tatarei und bei den Kalmu-
cken gebraͤuchlich iſt. Die vierte iſt auch wilde,
iedoch werden ſie in einen groſen ſchuppen getri-
ben, und morgens mit ſtrohe, mittags mit heue,
und des abends wieder mit ſtrohe gefuͤttert, wel-
che hernach 15 bis 18 meilen des tages zum reiten
dinen. Die fuͤnfte art eines wilden geſtuͤtes iſt
in der Senne, in der grafſchaft Lippe Detmold,
Zehnter ſ. 83. Die ſechſte weiſe des geſtuͤtes iſt,
wo der eigentuͤmer deſſelben 80 ſchoͤne ſtuten, und
8 beſchaͤler darzu erhaͤlt. Zu 300 zucht-ſtuten ge-
hoͤren 40 beſchaͤler. Die veranſtaltung lehret
Winter von Adlersfluͤgel in der ſtuterei, oder
folenzucht, Nuͤrnberg 1703 fol.
§ 1126
pferdezucht,
Alldieweil der nuzen der pferde gar mancherlei;
auch einem ſtate daran ungemein vil gelegen iſt,
anerwogen man reitpferde, hand- parade- kutſch-
artilleri- jagt- parforce- ſchies- treibe- poſt- batail-
len- fuhrmanns- karren- acker-pferde, reitklep-
pern ꝛc. brauchet; ſo iſt auf der ſtutereien aufna-
me und ſorgfaͤltige aufſicht ſowohl einrichtung ein
merkſames auge zu haben.
§ 1127
herrſchaftli-
chen ſtute-
reien zu be-
obachten
iſt?
Bei herrſchaftlichen ſtutereien, als einem un-
umgaͤnglichen puncte, iſt dahin zu ſehen, daß, wo
moͤglich iſt, auslaͤndiſche ſtuten mit auslaͤndiſchen
hengſten beleget werden, iedoch geraten die von
auslaͤndiſchen ſtuten und Teutſchen hengſten ge-
fallene fuͤllen ungemein wohl und geben die beſten
pferde.
§ 1128
[475]von den geſtuͤten.
§ 1128
Will man aber auslaͤndiſche ſtuten mit aus-beſonders
wegen der
hengſte
laͤndiſchen hengſten beſchaͤlen laſſen, ſo duͤrfen kein
Tuͤrk mit einer Engliſchen ſtute, kein barbar mit
einer Tuͤrkiſchen ſtute, kein Sardinier und Ungar,
kein Daͤne und Sibenbuͤrger, kein Araber und
Engellaͤnder zum beſchaͤlen beiſammen getan wer-
den. Hergegen fallen fuͤrtreffliche fuͤllen von
barbariſchen und Sardiniſchen hengſten und Ita-
liaͤniſchen, Spaniſchen, Friſiſchen, Preuſiſchen
und uͤbrigen Teutſchen groſen ſtuten. Ein Per-
ſianer, Araber, Neapolitaner, Engellaͤnder, mit
einer Italiaͤniſchen, Friſiſchen, Spaniſchen, Daͤ-
niſchen, Preuſiſchen und Polniſchen groſen ſtute,
machet gute zucht. Einem Frieslaͤnder gib Daͤ-
niſche, Neapolitaniſche, Spaniſche, Italieni-
ſche, Teutſche und Preuſiſche ſtarke ſtuten. Mit
einem Bachmatten belege Pohlniſche, Daͤniſche
und Preuſiſche ſtuten, Winter von Adlersfluͤ-
gel ſtuterei ſ. 54.
§ 1129
Hiernaͤchſt iſt auf die farben des hengſtes undund ſtuten,
auch
der ſtute zu ſehen. Von einem ſchwarzen und
weißen pferde fallen ſchwarzgraue, oder apfel-
ſchimmel, oder ſtichelhaͤrige; von einem fuchſe und
braunen oder ſchimmel, ſandgraue oder rotſchim-
mel, oder ſtichelhaͤriger brauner oder roter farbe,
Winter von Adlersfluͤgel am a. o. ſ. 56.
§ 1130
Aus was fuͤr einer farbe vom vater, vorvaterder farbe,
ein pferd abſtammet, darnach arten die fuͤllen,
von Loͤhneiſen ſ. 109. Eine ſchwarze ſtute und
weiſer hengſt, zeugen entweder ein ſchwarzgraues,
apfelgraues, oder ſtichelhaͤriges fuͤllen; ein fuchs
oder braunes und weiſes pferd, einen ſandgrauen,
rotſchimmel oder ſtichelhaͤrigen, roter oder brau-
ner
[476]VII haubſtuͤck
ner farbe, ein ſchwarzſcheckigter hengſt und
ſchwarze ſtute erzilen ſchwarzſchecken, dergleichen
tun ein ſchwarzer hengſt und eine ſchwarzſcheckigte
ſtute. Iſt der hengſt ein fuchs oder brauner, und
die ſtute braun oder rotſcheckigt, fallen die fuͤllen
rot- oder braun-ſchecken, Winter ſ. 54. Eine
ſchwarze ſtute und ein hirſchfalber hengſt, zeugen
einen mausfalben. Imgleichen ein licht- hirſch-
falber hengſt und dunkel ſchimmelichte ſtute einen
granich oder geapfelten ſpigelſchimmel. Die
goldfalben fallen von ires gleichen einerlei farbe,
oder goldfuͤchſigen, oder hirſchfalbigen ſtute. Von
den uͤbrigen herauszubringenden farben ſihe den
von Loͤhneis am a. o. ſ. 110.
§ 1131
herren iren
untertanen
disfalls an-
befelen koͤn-
nen?
Groſe herren koͤnnen zu dem ende iren unterta-
nen anbefelen, ire ſtuten mit herrſchaftlichen heng-
ſten belegen zu laſſen, damit ein guter pferdeſchlag
ins land komme. Zu dem ende die untertanen
keinen hengſt zum ſpringen halten duͤrfen, F. H.
Caſſeliſche ſtuterei-ordnung vom jare 1753, fol.
§ II ſ. 2 § VII ſ. 4. wie aber wenn die bauern
die pferde abſchaffen, und ochſen dafuͤr ſich an-
ſchaffen? immaſſen inen zur laſt falle, daß ſie we-
der eine ſtute one erlaubnis verkaufen duͤrften,
auch die hengſtfuͤllen zum herrſchaftlichen fuͤrkaufe
erſt darſtellen muͤſten. Gleichwie aber eine herr-
ſchaft an bauern ſich nicht bereichern will; alſo
vermag diſer auch das gemeine beſte des landes
nicht zu taͤuſchen; wie inen denn auch nicht zuge-
laſſen wird, ire ſtuten bei einen beſchaͤler auſſer
dem lande zu bringen.
§ 1132
legung
Die belegung darf nicht zu fruͤhe, auch nicht
zu ſpat geſchehen, weil das fuͤllen das mai-gras
genuͤſſen
[477]von den geſtuͤten.
genuͤſſen muß, und wenn es zu fruͤhe kommet,
durch die kaͤlte leidet.
§ 1133
Bei der belegung muͤſſen die knechte die ſtutebeſchehen
ſoll?
beſtricken, wie Winter von Adlersfluͤgel es am
a. o. vorgezeichnet hat, damit der hengſt nicht ge-
ſchlagen werde.
§ 1134
Die untertanen ſind anzuhalten, 1) das mut-wie das
junge fuͤllen
zu halten
iſt?
terpferd mit dem fuͤllen allein zu ſtellen, und diſes
nicht anzubinden, oder wo es angebunden wer-
den muß, daß die halfter weder einen rimen, noch
einen ſtrick, noch eine kette, ſondern dinne eiſerne
ſtaͤblein mit gewerben oder gelenken habe. 2)
Auch ſind ſie anzuweifen, wie ſie bei ſchweren ge-
burten der pferde ſich zu verhalten haben. Die
ſtuten ſind nach der geburt wohl zuzudecken, das
fuͤllen iſt mit ſalz zu beſtreuen, und nach 3 tagen
ſind die fuͤſſe mit einem wirkmeſſerlein zuzuſtuzen.
Die fuͤllen muͤſſen zum wenigſten 6 monate ſau-
gen, F. H. Caſſeliſche ſtuterei-ordnung § V.
Man hat dabei zu ſorgen, daß ein fuͤllen keinen
ungeſchrotenen hafer, oder gerſte bekomme, bis
es 4 jar alt iſt. Kleien oder ſchwarzes mehlge-
traͤnk iſt das beſte; die raufe muͤſſen ſie immer
voll des beſten heues haben, und wo moͤglich, da-
mit ſie ſich nicht verſtehen, des tages etliche mal
herausgelaſſen werden. Hengſt-fuͤllen von 2 ja-
ren ſind nicht mehr unter die ſtuten zu treiben.
Auf der weide muͤſſen ſie an das getoͤſe von trom-
meln, pfeifen, rauch und feuer gewoͤnet werden.
Die ſtute nebſt dem fuͤllen muß ſauber und rein-
lich gehalten werden.
§ 1135
Am beſten werden die fuͤllen geſchnitten (geriſ-wenn die
fuͤllen am
beſten geriſ-
ſen) wenn ſie 3 monate alt ſind. Das wallachen
darf
[478]VII haubtſt. von der
ſen werden
moͤgen?darf nicht im herbſte beſchehen. Der Doͤbel im
hausvater ſ. 236 will, daß man ſie erſt im 3ten
jare reiſſe. Jedoch ein bei der muttermilche ge-
legtes fuͤllen wird ſo gut, als ein hengſt am ver-
moͤgen ſeyn kann. Die policei dultet nur gepruͤf-
te und erfarne fuͤllen-ſchnidter. Auſſerdem darf
ein fuͤllen nicht zu fruͤhe zur arbeit gebrauchet wer-
den, und muß wenigſtens 4 jare alt ſeyn.
§ 1136
was art?
Den wallachen muß etwas muts gelaſſen wer-
den. Die zerreiſung der ſamen-adern und klo-
pfung derſelben, gibet klopf-hengſte, denen 1 ge-
len genommen wird, damit ſie zur arbeit tuͤchtiger
werden. Allein dieſes wallachen iſt gefaͤhrlich.
§ 1137
pferde nicht
auſſer land
verkaufet
werden ſol-
len?
Die policei hat ebenfalls darauf zu ſehen, daß,
wo im lande kein uͤberfluß an pferden iſt, der auf-
kauf und die ausfuͤrung derſelben aus dem lande
nicht geſtattet, auf die durchfuͤrenden, und auf
die maͤrkte gebrachten genaue obacht genommen
werde, daß kein krankes und anſteckendes vih ge-
dultet werde, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſche
landesgeſaͤze IIter teil ſ. 626, Mylius am a. o.
F. H. Caſſeliſche verordnung wegen auf kauf,
durchfuͤrung und liferung der pferde an die
Reichsfeinde, 1704.
§ 1138
de-aͤrzte iſt
zu ſorgen.
Ueberhaubt aber iſt darauf zu ſehen, damit gu-
te pferdaͤrzte, und tuͤchtige hufſchmidte beſtellet
werden. Der untertan leidet merklich wenn aus
mangel eines geſchickten roßarztes ihm ſein pferd
von 50 und mehr taler verrecket. Auch muß die
ſtuterei wohl eingerichtet, und die fuͤllen von iedem
jare beſonders geſtellet, nicht minder das 1 und 2
jaͤrige auf die weide getriben werden. Sonſt ſa-
get man im ſpruͤchworte: das pferd, welches den
hafer
[479]maultir- und eſels-zucht.
hafer am meiſten verdient, bekoͤmmt am wenig-
ſten. Wer kan latein, hat ein gut pferd und ſe-
ckel mit gelt, der reiſſet und koͤmmt wohl durch
die ganze welt. Alte diner, hund und pferd, ſind
bei hof in einem wert, PiſtoriusI, 47.
Achtes haubtſtuͤck
von der maultir- und eſels-zucht.
§ 1139
Die mauleſels-zucht iſt ebenfalls nicht zu ver-die maul-
tir- und
eſels-zucht
iſt nicht zu
verabſaͤu-
men.
abſaͤumen. Denn diſes tir iſt im futter
leichter, als ein pferd zu halten, es iſt auch weit
dauerhafter, und kan zum reiten, faren, und tra-
gen großer laſten, beſſer als die pferde, gebrau-
chet werden, iedoch iſt ſelbiges dumm, halsſtarrig,
ſtockiſch, tuͤckiſch, und ſeinem knechte gefaͤrlich,
kluger landmann im IIten teile cap. 32, und be-
gattet ſich nicht. Die groſen Italieniſchen wald-
eſel belegen die pferde-ſtute, davon fallen die ge-
meinen mauleſel. Wer aber etwas ſonderlicheswie ſolche
haben will, der laͤſſet ſie aus Neapolis, Sicilien
oder Auvergne kommen, wo das ſtuͤck 40 bis 50
piſtolen auf dem plaze koſtet, Keyßlers reiſen
Iter teil ſ. 334.
§ 1140
Die andere art der belegung geſchicht mit einergezeuget
eſelin und pferde-hengſte, diſe gattung faͤllet klei-
ner, Winter von Adlersfluͤgel ſ. 122 fgg.,
Doͤbel ſ. 239.
§ 1141
Die beſten mauleſel fallen von einem groſenwerden?
eſelshengſte und einer pferdeſtute. Diſe aber kan
hernach mit einem pferdehengſte nicht wieder bele-
get
[480]VIII haubtſtuͤck
get werden. Es gehet auch an, die pferde mit
hirſchen oder ochſen zu belegen, Winter ſ. 126.
In den Piemontiſchen taͤlern gibet es wild jumar-
ren. Sie werden entweder von einem ſtire, einer
ſtute, oder von einem ſtire und einer eſelin gezeu-
get. Die leztere art faͤllet etwas klein und heiſſet
bif; jene aber iſt vil groͤſſer, und traͤget den na-
men baf. Beide gattungen freſſen ſehr wenig,
und am ende ſeptembers iſt einer des tages mit
diſem tire 18 meilen uͤber lauter gebuͤrge geritten,
welches von irer hurtigkeit im laufen zeuget; da-
bei ſie ſanfter als ein pferd gehen; der kupferſtich
dergleichen tires findet ſich in Legers geſchichte
der Waldenſer ſ. 17. Die policei in bergigten
landen, hat auf die zeugung, anſchaffung ſotaner
tire ire fuͤrſorge zu lenken.
§ 1142
nen eſel ge-
zeuget wer-
den?
Die kleine eſel werden von den muͤllern beſon-
ders gebrauchet, und von irer eigenen art erzeu-
get. Ire trage-zeit iſt mit den pferden gleich,
iedoch ſaͤugen die fuͤllen ſehr lange.
§ 1143
woͤrter da-
von.
Im ſpruͤchworte heiſſet es: „er ſchlaͤget auf den
„ſack und meinet den eſel. Die eſel rufet man
„nicht ehe zu hofe, ſie ſollen dann ſaͤcke tragen;
„vil ſaͤcke ſind des eſels todt; wenn der eſel ſeine
„laſt hat, ſo weis er wie er gehen ſoll.„ Piſto-
rius cent. III par. 93-96. „Wer vom drohen
„ſtirbet, dem ſoll man mit eſelsnuͤſſen zu grabe laͤu-
„ten. par. 56.
Neundtes
[481]vom rindvihe.
Neundtes haubtſtuͤck
vom rindvihe.
§ 1144
Daß das hornvih ein reines, wiederkaͤuendes
thir, welches mit hoͤrnern und geſpaltenen
klauen, iedoch mit keinen vorderzaͤnen im oberki-
fer verſehen ſey, weiß ein ieder.
§ 1145
Der rindvih-nuzen iſt ſo gros, daß man ſichder nuzen
des rindvi-
hes,
ebenfalls um daſſelbige bekuͤmmern muß, bevorab
da nicht gar zu vermoͤgenden untertanen die ochſen
nuͤzlicher, als pferde ſind, Doͤbel ſ. 241. Denn
1 paar ochſen kan mit geringern koſten erhalten
werden, als 1 pferd, anerwogen der beſchlag (auſſer
Thuͤringen und Italien) benebſt andern aufwand
bei pferden, bei den ochſen wegfaͤllet, und an bergig-
ten, auch bruchichen wiſen, ſind die ochſen beſſer
zu gebrauchen, als die pferde. Des ſchlachtens
und duͤngens zu geſchweigen. Denn die menge
des rindvihes auf einem gute ſchaffet einen be-
traͤchtlichen duͤnger. Iſt diſer vorraͤtig; ſo kan
man merere fruͤchte zihen. Allein die unterhal-
tung des rindvihes hanget von dem gefuͤtter ab.
Die wiſen, wo baͤche vorbei fluͤßen, ſind vermit-
tels der waͤhre daran zu waͤſſern. Hirdurch ge-
ſchihet es, daß wo ſonſt 40 fuder heues geerndet
wurden, dermalen wohl 55 bis 60 wagen einge-
erndet werden. Diſes zihet nach ſich, daß die
vorigen ſcheunen zu den fruͤchten nicht mehr raͤu-
mig genug ſind. Die guͤter R. S. und H. ge-
ben davon die unwiderleglichen zeugen ab.
H h§ 1146
[482]IX haubtſtuͤck
§ 1146
lung,
Man teilet es in zames und wildes rindvih,
zum leztern gehoͤren die buͤffel- und auer-ochſen.
Hirnaͤchſt iſt es einlaͤndiſches oder fremdes. Fer-
ner wird ſolches in das maͤnnliche und weibliche,
und diſes wieder in das melk- und gelte- auch zug-
oder ſchorg-vih eingeteilet. Ob der bauer vom
gelten-vihe ſteuern zu geben ſchuldig ſey? iſt im
Eiſenachiſchen beſteitten worden; dieweil dasjeni-
ge, was der untertan nicht benuzen koͤnne, er auch
nicht verſteuren duͤrfe. Sodann hat diſe eintei-
lung auch iren nuzen bei der ordnung der hute in
den ſtoppeln. Bei den landwirten trift man vom
melkvihe hir und da viererlei gattungen von kuͤhen
an: 1) die kleinen, 2) die Roͤnm-kuͤhe, welche
groͤſer und dunkel-rot ſind, 3) die ſchweizer-kuͤhe,
und 4) die groͤſeſte art, oder die Friſiſchen kuͤhe.
§ 1147
ſen in Euro-
pa und
Teutſchlan-
de den vor-
zug haben?
Die Polniſche, Ungariſche, Schoniſche, Juͤt-
laͤndiſche, und Bornholmiſche ochſen haben in
Europa den vorzug. In Teutſchlande aber die
an den Roͤnm in Franken und die vogelsberger,
immaßen in dieſen gegenden das ſchoͤnſte rind-vih
gezogen wird, welches das ſchmackhafteſte fleiſch
in Teutſchlande gibet, dergleichen auch die Born-
holmiſchen ſind.
§ 1148
teilung.
Das maͤnnliche geſchlecht des rindvihes nennet
man ochſen. Diſe teilet man 1) in reit-ochſen,
oder bullen (brummer, oder bruͤllochſen); 2) ſti-
ren, welche verſchnitten, und zwar, wenn ſie noch
nicht erwachſen ſind, ob ſie gleich eingeſpannet
werden; die erwachſene werden ochſen, zug-ſchorg-
ochſen genennet; 3) maſtvih. Becmanns diſp.
de eo quod circa equos iuſtum eſt, § 18, von
den nuzen auch behoͤrigen unterhalte der zugochſen,
ſihe
[483]vom rindvihe.
ſihe den Leopold in der einteilung zur landwirt-
ſchaft ſ. 361 fgg.
§ 1149
Wegen der bullen iſt dahin zu ſehen, daß einerwas wegen
der bullen zu
beobachten
iſt?
uͤber 40 kuͤhe nicht habe, darneben ſolche bei einer
herde nicht von gleicher ſchwere ſeynd. Die hal-
tung des gemeinen reitochſens, auch ebers, wird
zu den dorflaſten mitgerechnet. Die ſtaͤrkſten
zugochſen geben die verſchnidtenen reitochſen ab.
Diſe, wenn ſie erwachſen ſind, werden geriſſen,
und darauf ins joch gebracht, ſodann zum zuge
gebrauchet.
§ 1150
Der untertan iſt anzuhalten, ſo vil rindvih zuwie die hal-
tung des
rindvihes
einzurichten
iſt?
halten, als er uͤberwintern kan, und nach den
landes- ſowohl beſondern verordnungen erlaubet
iſt, Fritſchde iure compaſcui § 14, Mevius
P. V dec. 251. F. S. Gothaiſche landesordnung
im IIten teile cap. 3 tit. 21, F. H. Caſſeliſche gre-
ben-ordnung ſ. 96 § 4, F. H. Caſſeliſche reno-
vation und erlaͤuterung des im jare 1702 ergange-
nen hute-edicts, 1735, von Juſti in der ſtats-
wirtſchaft im Iten teile ſ. 529, ſintemal man auſſer
der guten duͤngung von einer kuhe die milch, but-
ter, das ſchmalz (die ſchmalz-butter) und die kaͤſe
hat, daher man ſaget: eine kuh deckt vil armut
zu. Die butter und kaͤſe auch haͤute duͤrfen nicht
auſſer landes, ſondern muͤſſen in die nahe gelege-
nen ſtaͤdte feil getragen werden. Auſſerdem liget
der policei ob, darauf zu ſehen, damit nicht allzu-
vile kaͤlber geſchlachtet werden, immaßen hirdurch
die vihzucht ſchaden leidet. Jeweilen muͤſſen die
bauern mit den kuͤhen pflugdinſte tun, wie mit
pferden. Es iſt auch hier und da der kuhzinß be-
kannt, Klingner am a. o. im Iten teile ſ. 25, 80,
141, ſ. 426, 640.
H h 2§ 1151
[484]IX haubtſtuͤck
§ 1151
milch in
großer men-
ge aufbehal-
ten und be-
quem gebut-
tert werde?
Wo man auf einem gute vile melkkuͤhe hat,
wird die milch mit mehrerm vorteile in hoͤlzerne
gefaͤße, als in irdene toͤpfen gefaſſet. Das ſtarke
buttern geſchihet zu groͤßerer bequemlichkeit, wo
man waſſer hat, vor der muͤle, da ein butterfaß
mit anbrechendem tage im ſommer an den muͤlen-
graben geleget, welches mit einem ganz kleinen
muͤlrade verſehen iſt, mithin der querl des butter-
faſſes vom waſſer umgetrieben wird.
§ 1152
rindvih zu
huͤten iſt?
Nimanden, welcher keine 30 ſtuͤcke hat, iſt
das eigene huͤten zu verſtatten, ſondern es muß
alles unter den gemeinen hirten getriben werden,
wenn dergleichen vorhanden iſt. Hutelos darf
immittels das vih nicht gehen, H. H. Caſſeliſche
grebenordnung, tit. 45 § 5 ſ. 113.
§ 1153
des rindvi-
hes ſind gu-
te anſtalten
vorzukeh-
ren.
Vihe-bruͤcken, oder ſpecken, wo ſie noͤtig ſind,
muͤſſen angeleget und erhalten werden. Gute
vihe-aͤrzte ſind zu beſtellen, auch hirten darzu an-
weiſen zu laſſen. Wie dann auch noͤtig iſt, daß
bei den huten eine traͤnke nicht zu entfernet ſey.
Daher, wofern die blumen-hute an eine haͤge-
waldung ſtoͤſet, und uͤber diſer ein waſſer fluͤſſet,
der herr des waldes dem rindvihe eine trift oder
ſchneiſe durch die haͤge nach dem waſſer verſtat-
ten muß.
§ 1154
maͤngel des
hornvihes,
Die haubtmaͤngel des hornvihes ſind 1) mark-
fluͤſſig, 2) mit der fallenden ſucht behaftet, 3)
umgaͤnger (ſchwindelhirnig), 4) mit dem ſteine
behaftet, 5) das ſchwinden, 6) die lungenfaͤu-
lung, 7) der fuͤrfall, 8) abgegangene klauen ꝛc.
Hohenlohiſches landrecht am a. o. tit. 4 § 5 ſ. 67.
§ 1155
[485]vom rindvihe.
1155
Wo diſe binnen 30 tagen von zeit des kaufeswenn ſie den
kauf ruͤck-
gaͤngig ma-
chen?
angezeiget, auch beſcheiniget werden, muß der
verkaͤufer dafuͤr ſtehen, und fuͤr das gefallene vih
dem kaͤufer das kaufgelt wieder geben, oder, wo
es noch lebet, gegen empfang des kaufgeltes das
ſtuͤck vih wieder annemen, und die koſten erſtat-
ten, Hohenloiſches landrecht am a. o. ColerP. II
dec. 228 num. 2.
§ 1156
Im Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen dauret die ſchad-wie es mit
der ſchad-
loshaltung
im H.
Darmſtaͤd-
tiſchen ge-
halten wer-
de?
loshaltung in diſem ſtuͤcke unter den untertanen
¼ jar, beſage verordnung vom Aug. 1702. Kla-
get aber ein auslaͤndiſcher dißfalls wider einen
Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen untertan, ſo wird der
klaͤger nach ſeines ortes herkommen gerichtet; es
mag darin ¼ oder ½ jar oder 1 jar vorgeſchri-
ben ſeyn.
§ 1157
Oefters ſuchet der kaͤufer nach, das vih durchwenn das
vih vom ab-
decker ge-
ſchlagen
werden
mag?
den abdecker wuͤrgen, oder ſchlagen und beſichti-
gen zu laſſen. Leiſtet er nun deshalber vorſtand,
daß naͤmlich, wenn ſein vorgeben falſch, es auf
ſeine gefar geſchehen ſeyn ſolle; ſo iſt ihm zu
willfaren.
§ 1158
Faͤllet ein ſtuͤck maſtvih bei dem ſchlachtenwenn der
verkaͤufer
den ſchaden
zu tragen
hat?
falſch, z. e. an den finnen, oder franzoſen, iſt
der ſchade dem verkaͤufer. Es muß aber diſer
feler beglaubiget werden. Eine beim kalben ver-
ungluͤckte und geblibene kuhe, darf zwar kein mez-
ger ſchlachten; iedoch wird [d]em hauswirte ver-
ſtattet, das fleiſch zu verkaufen.
§ 1159
Ein fleiſcher, oder mezger, welcher wiſſentlichein fleiſcher
darf kein
krankes vih
krankes vih kaufet, und ſchlachtet, wird nicht nur
H h 3aus
[486]IX haubtſtuͤck
wiſſentlich
kaufen und
ſchlachten.aus der zunft geſtoßen, ſondern auch willkuͤrlich
beſtrafet, wie alſo nach dem Rotenberge an der
Fulde geſprochen worden iſt.
§ 1160
del mit
kranken vihe
angeſehen
werde.
Wer krankes vih kaufet, und ſolches wieder
verhandelt, faͤllt, wenn er z. e. das vih im dorfe
damit angeſtecket hat in den peinlichen proceß, wie
man alſo gen Gruͤnſtadt im Weſterriche er-
kannt hat.
§ 1161
haltung des
rindvibes
iſt aͤuſſerſt
zu ſorgen,
Je groͤſſer des rindvihes nuzen bei der land-
wirtſchaft iſt, deſto genauere fuͤrſorge hat die po-
licei wegen deſſen erhaltung anzuwenden. Dero-
wegen zu wuͤnſchen waͤre, daß wegen der vilen
zufaͤlle, welchen das rindvih unterworfen iſt, ein
ieder vorſteher oder grebe des ortes mit des Dr.
Barthold Ludewig Huͤckels abhandelung vom
hornvihe, Kuͤſtrin 1747, 8, verſehen waͤre. Di-
ſemnach wo einige ſeuche ſich eraͤuget, iſt kein
fremdes vih in und durchs land zu laſſen, und
wenn auch ſchon die vihtreiber mit zeugniſſen ver-
ſehen waͤren, muß dennoch ſolches zu mererer fuͤr-
ſicht etwa 8 tage auf der grenze ſich aufhalten.
Von der hornvihe-ſeuche und dem verhalten da-
bei, handeln die Kur-Braunſchweigiſche landes-
geſaͤze, im IIIten teile ſ. 868, 871 fgg., die oͤcono-
miſch-phyſicaliſche abhandlungen, Leipzig 1751, 8,
ſ. 604 fgg. des erſten bandes.
§ 1162
bei vihſeu-
chen,
Reiſſet aber das ungluͤk ein, ſo muͤſſen die aͤſer
unabgedeckt 5 ſchue tief eingeſcharret werden, bei
lebensſtrafe, immaßen die hunde, voͤgel und fuͤch-
ſe, welche davon freſſen, das uͤbel weiter bringen.
Daher kein fett davon auszuhauen iſt; die kleider
und was der abdecker dabei gebrauchet hat, darf
ſelbiger an geſunde orte nicht mitnemen. An den
ort,
[487]vom rindvihe.
ort, wo das verreckte vih eingeſcharret worden iſt,
muß von holze und wachholder-reiſern ein ſtarkes
feuer angezuͤndet werden, damit die luft rein
bleibe.
§ 1163
So bald das vih erkranket, darf es nicht zurdas kranke
vih darf
nicht bei
dem andern
vihe gelaſſen
werden.
weide getriben, auch nicht beim andern gelaſſen
werden. Von den krankheiten des rindvihes ſihe
den Hofmann am a. o. im IIten teile ſ. 153, den
Fuͤrſtenau in der viharzeneikunſt, 1747, 8, den
Huͤckel von der viheſeuche, 8, welcher am beſten
von diſer materi geſchriben hat. Die ſammlung
der arzeneimittel bei der vihſeuche, Prenzlau 1746,
8, F. H. Caſſeliſche verordnung wegen der vihe-
ſeuche vom 13ten april 1745, Leopoldt am a. o.
ſ. 428, 452. Sonſt handeln auch vom hornvihe
George Andreas Boͤckler in der haus- und feld-
ſchule ſ. 205-220, des P. Noel Chomels oͤco-
nomiſches und phyſicaliſches lexicon, ſp. 128-131
des VIIten teiles, Fr. Ph. Florini kluger und
rechtsverſtaͤndiger hausvater, ſ. 954-997 des
IIten bandes.
§ 1164
Das ochſenblut wird zum ſalzſiden gebrauchet,wozu das
ochſenblut
gebrauchet
wird?
KeyßlerIIten teile 574, und im I ſ. 52, auch von
den zuckerbeckern zur reinigung des zuckers, im-
gleichen zum Berliner-blau genommen, Marper-
ger am a. o. ſ. 170; den baͤumen dinet es zum
duͤnger. Der handel mit ochſen-haͤuten iſt be-
traͤchtlich. Zu Hamburg iſt der handel mit ge-
raͤucherten ochſen-fleiſche und zungen zimlich. Die
hoͤrner verarbeiten die kammacher. Die knochen
dinen den knochen-drehern.
§ 1165
Uebrigens lautet das ſpruͤchwort: alle kuͤhedie ſpruͤch-
woͤrter vom
rindvihe.
ſind kaͤlber geweſen; imgleichen: eine beſchmiſſene
H h 4kuh
[488]X haubtſtuͤck
kuh haͤtte irer gerne zwu; man kan nicht allezeit
mit eigenen ochſen pfluͤgen. Was ſoll der kuh
muſcaten? ſie friſt wohl haber-ſtroh. Man ſaget
nicht minder: man heiſſet ſelten eine kuh ein blaͤß-
lein, ſie habe dann eines; des ſchultheiſen kuh,
und eines andern ſeine, ſind zweierlei kuͤhe; die
kuhe iſt nimand mit dem kalbe zu behalten ſchul-
dig; weiter heiſſet es: kein vih verbuͤſſet gewette;
man muß der kalbzeit ihr recht laſſen. Sihe im
uͤbrigen die F. H. Caſſeliſche verordnung wegen
huͤten des vihes zwiſchen den aͤckern auch des
nachts, 1692. Was der hirt in ſeiner hut ver-
liret, das ſoll er gelten.
Zehntes haubtſtuͤck
von den ſchafen.
§ 1166
ſind nuͤzliche
thire.
Welchergeſtalt das ſchaf ein zames, wieder-
kaͤuendes, reines, einfaͤltiges, gedultiges
und getreues vierfuͤßiges, darnebſt wolle tragen-
des thir ſey, deſſen klauen geſpalten, auch deſſen
teile insgeſamt dem menſchen nuͤzlich ſeynd, wird nie-
mand leugnen. Denn die milch, wolle, das fleiſch,
das fell, die knochen, ſenen, daͤrme, der talg, miſt,
hortenſchlag ꝛc. dinet der menſchlichen geſellſchaft.
Derowegen man ſaget: das ſchaf hat einen guͤl-
denen fuß; denn man treibe es im winter, beim
froſte, auf die kornſat, ſo ſchadet es dem korne
nicht, ſondern es duͤnget, Doͤbel ſ. 246 fg.
Treibet man ſie im herbſte und fruͤiare uͤber wiſen
die moſig und belzig ſind, und es ſind auf beiden
ſeiten zum abzuge des moraſtes ſchmale tife gra-
ben gefertiget, ſo traͤget hernach die wiſe klee und
gutes
[489]von den ſchafen.
gutes gras. Der hortenſchlag hat nicht minder
ſeinen groſen nuzen. Es iſt auch der aufwand
wegen des ſchafvihes nicht ſo gros als bei dem
uͤbrigen vihe, in betracht ſelbiges auſſer dem huͤ-
terlone und der ſalzlecke, im ſommer nichts koſtet,
ſihe den von Juſti am a. o. I, 531, den Huͤckel
von ſchafen und geiſen, 8, den Leopoldt am a. o.
ſ. 342 fg., ſ. 275. Ire 21 eigenſchaften erzaͤlet
Friderich Wilhelm Haſtfer im unterrichte von
der zucht und wartung der beſten art von ſchafen,
in gros 8, ſ. 16-20, wie er dann auch ſ. 29-35,
die kennzeichen der guten ſchafe meldet.
§ 1167
Nach dem geſchlechte ſind ſie entweder boͤcke,deren ein-
teilung nach
dem ge-
ſchlechte,
alter,
(ſtoͤre), oder wenn ſie verſchnitten worden ſind,
heiſſen ſie hammel, ſchoͤpſen, oder weiblichen ge-
ſchlechtes, welche ſchafe benennet werden, wenn
ſie erwachſen ſind. Daher, wenn ich einem die
herde ſchafe vermache, oder meine ſchafnoͤſer; ſo
bekoͤmmt er alles ſchafvih. Hergegen wenn der
teſtirer ſaget: meine ſchafe vermache ich ihm; als-
denn verſtehet man nur die erwachſenen ſchafe,
weiblichen geſchlechtes. Nach dem alter ſind die
ſchafe entweder laͤmmer, oder jaͤrlinge ꝛc. Ihr
alter iſt aus den zaͤnen wahrzunemen, Stiſſer am
a. o. ſ. 147, 148, Leopoldt ſ. 343. Zur zucht
ſind die dreijaͤrige die beſte; die 5 jaͤrige werden
zum ſchlachten ausgemerzet.
§ 1168
Die ſchafe ſind entweder rein (reinſchmizer),und geſund-
heit,
oder ſchmir-vih. Jene ſind weichlich und haben
auch feine wolle. Die ſchmirſchafe haben groͤ-
bere wolle, als jene, ſind iedoch dauerhafter, und
hat man wegen der raͤude mit den reinen groſe
beſchwerlichkeit, Stiſſer am a. o. ſ. 146 fg.
H h 5§ 1169
[490]X haubtſtuͤck
§ 1169
vih iſt?
Schmir-vih heiſſet es vom ſchmiren des grin-
des, den es bekoͤmmt. Zu dem ende der ſchaͤfer
die grindigten mit goſſe ſchmiret, darzu er taback
kochet oder kaͤuet. Wenn aber das reine vih
grindig wird, muß ſolches abgeſchaffet werden.
Hier zu lande und im Coͤllniſchen iſt ſchmir-gut.
Die bocken, oder blattern ſtecken ebenfalls an,
Leopoldt ſ. 347 fg., F. H. Caſſeliſche greben-
ordnung tit. 32 § 2 ſ. 81. Jedoch in Nider-Heſ-
ſen um Wilhelms-tal und Grebenſtein haͤlt man die
reine ſchafe. Doͤbel ſ. 250 haͤlt das ſchmir-vih
fuͤr zweiſchuͤrig; allein in dem Rheiniſchen, hiſi-
gen und Coͤlniſchen landen ſind ſie nur einſchuͤrig.
§ 1170
ſchafe, Flaͤ-
miſchen
ſchafe eigen-
ſchaften,
Die zaubel-ſchafe ſind klein, iedoch zweiſchuͤrig
und lammen jaͤrlich zu zweienmalen. Die wolle
iſt ſehr zart und das fleiſch ſchmackhaftig und fett.
Die wolle der Flaͤmiſchen ſchafe, die man in
Franken hat, geben lange und ſtarke wolle. Sie
bleiben des nachts im ſommer auf dem felde. Al-
lein die zaubel muͤſſen wegen ihrer zaͤrtlichkeit
iederzeit des nachts im ſtalle ſeyn, KeyßlerII
ſ. 287.
§ 1171
vih iſt vom
ſchmirvihe
abzuſon-
dern.
Das reine vih muß von dem ſchmirvihe abge-
ſondert, und auf beſondere weiden gebracht wer-
den. In einigen landen wird das ſchmirvih nicht
gedultet, z. e. in Mecklenburgiſchen, der Lauſiz
und in Schleſien, Leopoldt am a. o. ſ. 258, koͤ-
niglich Preuſiſche erneuerte ſchaͤferordnung, und
darf, wenn es geſchlachtet worden iſt, nach ver-
ſchidenen landt- auch ſtadtrechten, nicht auf die
fleiſchbaͤnke gebracht werden, wie ſolches zu Jena
beſonders eingefuͤret iſt. Klingners ſammlun-
gen zum dorf- und bauern-rechte, im IIten teile
ſ. 156
[491]von den ſchafen.
ſ. 156 fg. Strykde iure cratium, cap. I.
num. 67, 68.
§ 1172
Das ſchafvih ſtehet nicht aller orten. In denwo die ſcha-
fe am beſten
ſtehen?
bergichten landen und wenn die taͤler fettes gras
geben, iſt es nicht ratſam die ſchafe uͤbern winter
zu behalten. Denn im fruͤjare ſchaffet man ſie
gutes kaufes wieder an, wie dahir aus dem Coͤll-
niſchen beſchihet. Fuͤr die laͤmmer ſind die brach-
felder am beſten, nicht minder dinen ihnen gute
anger und berge, auch den uͤbrigen ſchafen. Da
hingegen thaͤler, gruͤnde, fette weide und futter,
ſumpfigte, auch naſſe orte vile krankheiten, beſon-
ders aber die faͤulnis, leicht verurſachen, woran
ſie hernach, wenn ſie ausgewintert worden ſind,
und Peterstag herbei koͤmmt, ſterben. Dero-
halben man ſie den herbſt verkaufet, oder zu faul-
ſchafen machet, Leopoldt ſ. 267-274.
§ 1173
Jemehr ſie vom thymiane, majorane und ſer-wie ſie
ſchmackhaft
werden?
polet freſſen, deſto ſchmackhafter werden ſie, und
gleichen den Spaniſchen ſchafen, welche die
ſchmackhafteſten ſind. In Teutſchlande ſind die
Schmalkaldiſchen und Erfurtiſchen hammel am
geſchmacke die beſten.
§ 1174
Ein ſchaͤfer darf ſo lange die ſonne den thauwenn der
ſchaͤfer aus-
treiben
mag?
noch nicht abgelecket hat, nicht ausfaren, Leo-
poldt am a. o. ſ. 274. Inhalts der F. H. Caſ-
ſeliſchen greben-ordn. tit. 45 § 14 ſoll alles vih im
fruͤling, ſommer, und herbſt, des abends eine
ſtunde nach der ſonnen untergang in den ſtaͤl-
len ſeyn.
§ 1175
Die ſchafe, welche hier zu lande nicht ſtehen,von wem
der beweis
beim ver-
freſſen ſich auf den Rhein-inſeln wieder geſund.
Daher
[492]X haubtſtuͤck
kauften
ſchafvih,
wenn ſol-
ches unge-
ſund befun-
den worden
iſt, gefuͤret
werden ſoll?Daher die Marburgiſche juriſten-facultaͤt ehedem
ganz recht dem klaͤger den beweis zuerkannt hat,
als die rechtsfrage entſtand, ob ſelbiger dem be-
klagten das ſchafvih fuͤr haltbar- oder wert-vih
verkaufet habe? Dahingegen die Gießer und
Jenenſer diſe landesart auſſer augen geſezet hat-
ten. Den rechtsſtreit erzaͤlet George Adam
Struvede iure ouium, und aus diſem Stryk
im vſu moderno π. im 21ten buche tit. I § 14,
auch der von Rohr im haushaltungsrechte
ſ. 819 fg.
§ 1176
ren geſund-
heit auch
krankheit zu
erkennen
iſt?
Das ſchafvih iſt ſehr ſchwaͤchlich und vilen
krankheiten unterworfen, daher man gar leicht an
ſchafen bald reich, bald arm iſt. Die weiſe au-
gen zeugen vom kranken weſen am marke, oder
im leibe. Ein geſundes ſchaf muß etwas rote
augen, und inſonderheit die augenwinkel haben,
es muͤſſen auch die aͤderlein von diſer farbe ſeyn,
Leopoldt ſ. 344-360.
§ 1177
ſchafhalten
zukoͤmmt?
Das ſchaf halten haben die adelichen fuͤr ſich,
und wollen ihren bauern die ſchaͤferei nicht ver-
ſtatten, Eſtors kleiner ſchriften IIIten band ſ.
485 fg., wenigſtens ſind vile mit der ſchaͤferei be-
lenet. Jedoch mag die ſchaͤferei durch eine ver-
jaͤrung von 30 jaren erlanget werden, Barth im
diſſenſu 826.
§ 1178
mer mitzu-
zaͤlen ſind,
wenn nur
eine gewiſſe
auzal gehal-
ten werden
darf?
Wo einer nur eine gewiſſe anzal halten darf,
werden die laͤmmer bis ſie jaͤrig werden, nicht
mitgezaͤlet, kleiner ſchriften IIIter band ſ. 761,
Barthdiſſenſu 349 § 1. Die aushebe-zeit iſt
von der ausmerz-zeit unterſchiden, Engelbrechts
diſp. de iure agnorum.
§ 1179
[493]von den ſchafen.
§ 1179
Der ſchaftrib hat nicht einerlei gerechtſame.der ſchaftrib
hat unter-
ſchidliche
gerechtſa-
men, beſon-
ders der
herrſchaft
In vilen aͤmtern, beſonders in Heſſen, haben die
gemeinen die ſchaͤferei, und geben der herrſchaft
entweder ein gewiſſes gelt, oder eine gewiſſe anzal
weide-hammel, welche man trift- auch ſchnitt-
hammel nennet, vom anſchneiden auf kerbhoͤlzern,
welches ehedem gebraͤuchlich war, immaßen man
mit kerbhoͤlzern gerechnet hat, kleine ſchriften am
a. o. ſ. 483, ſ. 492. Von 50 ſchafen, oder ham-
meln gebuͤret im oberfuͤrſtentume Heſſen der herr-
ſchaft ein ſtuͤck. Iſt aber die anzal unter 25, ſo
zalen die bauern ſo vil ſechſer, als die anzal iſt;
dahingegen wo 26 und mehr ſtuͤcke vorhanden
ſind, zalet die herrſchaft ſo vil ſechſer, bis die zal
voll wird. Man zaͤlet die herde und muͤſſen ſich
hernach die bauern der gemeine vergleichen. In
der ſtadt Kirtorf wird von iedem ſtuͤck 3 pfennige
und kein weidhammel gegeben. In den Kur-
Braunſchweigiſchen landen iſt der ſchafſchaz be-
kannt, Grupen in den diſceptationibus for.
obſ. IIII ſ. 975 fgg. welcher als eine ſteuer anzu-
ſehen iſt, die auf ſchafe geleget iſt.
§ 1180
An einigen orten in Heſſen wird wegen derhalber,
weide das 50te und beſte lamm der herrſchaft ge-
geben, Krebs am a. o. ſ. 498.
§ 1181
Bei der hiſigen univerſitaͤts-vogtei zu Suͤnglis,die univerſi-
taͤts-vogtei
Suͤnglis er-
haͤlt eben-
falls trift-
hammel ꝛc.
in Nider-Heſſen, gibet ieder pferch der univerſi-
taͤt einen trifthammel und ein triftlamm, wiewol
inhalts der alten rechnungen das eilfte ſtuͤck zu
entrichten waͤre.
§ 1182
Die ſchaͤferei iſt, wo die vorhergehende hinder-wie die ſchaͤ-
fereien
niſſe der adelichen nicht vorhanden ſind, ſo einzu-
richten,
[494]X haubtſtuͤck
richten, daß ein ieder nicht ſo vil halte, als er
will, ſondern es iſt auf die guͤter hirunter zu ſe-
hen, MeviusP. V dec. 251, Fritſchde iure
compaſcui § XI fgg. und zwar wo es die gegend
verſtattet, reines vih, damit gute weiſe wolle in
das land komme; hingegen die ſchwarze, braune,
griſe und graue ſchafe abgeſchaffet, auch diejeni-
ge, welche filzhaͤrig ſind und ſpringhare unter der
wolle haben, nicht gedultet werden. Des endes
zu verhuͤten iſt, daß keine zigen-boͤcke bei den ſcha-
fen weiden. Anbenebſt ſind, wo es der himmels-
ſtrich erlaubet, zaubel-ſchafe zu zihen. Auch die
rauhe art der ſchafe laͤſſet ſich in eine feinere ver-
wandeln, beſage Frider. Wilh. Haſtfers unter-
richt von der zucht und wartung der beſten art
von ſchafen ſ. 52 fgg.
§ 1183
en ſind?
Diſemnach beſage der S. Gothaiſchen landes-
ordnung im IIten teile cap. III tit. 21 duͤrfen auf
eine hufe landes nur 8 ſchafe; S. Altenburgiſche
landes-ordnung II, 3, 20; in Baiern aber 12,
Baieriſch landrecht III, 14, 4, in Schleſien 25
auf eine hufe gehalten werden, Schickfuß in der
Schleſiſchen chronik im IIIten buche ſ. 496. In
den Kur-Braunſchweigiſchen landen kan ein
ackermann 30, ein halbſpaͤnner 15, ein koͤter,
welcher wenigſtens 20 morgen acker hat, 10
haͤubter halten. In den Kur-Brandenburgiſchen
landen iſt die ſchafzal der untertanen ebenfalls be-
ſtimmet. Diſes aber erſtrecket ſich nicht auf die
fleiſcher, welche im herbſte viles ſchafvih zum
ſchlachten halten, Fritſch am a. o., weilen ſie
fuͤr die weide ſorgen und diſe pachten muͤſſen.
§ 1184
ger der herꝛ-
ſchaft ſchafe
Wenn eine herrſchaft auf ihrer buͤrger feldern
die ſchaͤferei hergebracht hat, gleichwohl nebſt dem
einen
[495]von den ſchafen.
einen vorwerke, worauf eine ſchaͤferei haftet, nochauf ire fel-
der treiben
laſſen muͤſ-
ſe?
ein anders hat, iſt die buͤrgerſchaft die treibung
der ſchafe von beiden vorwerken auf ire felder zu
leiden nicht ſchuldig, Eſtor am a. o. ſ. 522. Die
gemeinen wollen auch nicht gern leiden und den
adelichen zugeſtehen, daß diſe diejenige weiden mit
dem ſchafvihe betreiben laſſen, worauf das rind-
vih zu weiden pfleget, anerwogen das rindvih ent-
weder gar nicht, oder doch ſehr ungern freſſe, wo
der ſchaͤfer geweſen ſey; welches aber keinen grund
hat. Unterdeſſen hat es eine ganz andere urſache
bei der ſtoppelhute, anerwogen deshalber verord-
net iſt, daß die ſchafe dem hornvih nachgetriben
werden ſollen, Hohenloiſches landrecht tit. 19 § 2
ſ. 115, Naſſau-Cazenellenbogiſche policei-ordnung
vom jare 1615 im IIten teile cap. 5. Eſtor am
a. o. ſ. 484, Klingner am a. o. im IIten teile
ſ. 74, 771, 879, 1023.
§ 1185
An einigen orten haben zwar die gemeinen diedie ſchafe
duͤrfen des
nachts an
einigen or-
ten nicht
auf dem fel-
de bleiben.
befugnis ſchafe zu halten, ſie duͤrfen aber ſolche
nicht uͤber nacht auf dem felde laſſen, ſondern
muͤſſen ſelbige eintreiben, Klingner am a. o. II,
120. Jeweilen hat ein anderer an eben demſel-
ben orte die gerechtſame der ſchaͤferei und des
bochts, oder hordenſchlages, und dabei die befug-
nis 4 haufen zu machen, 1) die melkſchafe, 2)
den gelt- und hammel-haufen, 3) den laͤmmer-
und 4) ſtech-haufen.
§ 1186
Im Schwarzburgiſchen iſt an verſchidenenwas die
ſchacken-
ſchaͤferei im
Schwarz-
burgiſchen
bedeuten.
orten einigen untertanen vergoͤnnet, daß ſie nach
den hufen landes eine gewiſſe zal ſchafe in fremde
felder treiben duͤrfen, obgleich die edelleute und
nachtbaren mit der weidgerechtigkeit ſelbiger orten
belenet ſind, welches man ſchackenſchaͤferei, oder
ſchacken-
[496]X haubtſtuͤck
ſchackentrift nennet, Fritſch in den zuſaͤzen zu
dem Speidel unter dem worte: ſchackenſchaͤfe-
rei. Hirvon iſt der beitrib, oder beiſchlag unter-
ſchiden, Eſtor am a. o. ſ. 485 fgg.
§ 1187
lande darf
nicht ein ie-
der ſchaͤfe-
reien anle-
gen,
Hiraus iſt abzunemen, daß in Teutſchlande
nicht allen und ieden nach beliben ſchaͤfereien anzu-
legen vergoͤnnet ſey, ſondern dazu berechtiget ſeyn
muͤſſe, beſage der F. H. Caſſeliſchen greben-ord-
nung tit. 32 § 3 duͤrfen keine neue ſchaͤfereien one
hohe erlaubnis angeleget werden. Wirtenbergi-
ſches landrecht tit. von weid- und ſchaf-ordnung
num. 2, von den Kur-Brandenburgiſchen landen
ſihe den Scheplizad conſuetud. Brandenbur-
gicas P. III tit. 20 § I, Kur-Baieriſche forſtord-
nung art. 35, von Kur-Sachſen beſaget ſolches
CarpzovP. II deciſ. 206. BerlichP. II concl.
49 num. 12.
§ 1188
im ſtalle
halten,
Hiraus folget aber nicht, daß der untertan im
ſtalle ſchafe des winters zu halten nicht befugt ſey.
Daß er ſie alsdann nicht weiden laſſen duͤrfe, ſol-
ches verſtehet ſich von ſelbſt. Gleichwol da ein
ſchaf des winters one etwa eine ſtunde auſſer dem
ſtalle friſche luft zu ſchoͤpfen nicht beſtehen kan, ſo
iſt nicht abzuſehen, wie dem untertane auf ſeinen
acker, ſeine wiſe, oder den gemeinen raſen ſeine
ſchafe im winter zu treiben verboten werden koͤn-
ne. Ehedem, als der bauer ſeinem eigentums-
herrn nur ſeine paͤchte gab, und darmit weiter
nichts leiſtete, liſen ſich die bauern dergleichen
freilich nicht zu ſinne ſteigen. Nachdem aber ire
abgaben eine andere geſtalt gewonnen haben; ſo
heiſſet es: was dir nicht ſchadet, und dem andern
hilft, das muſt du leiden.
§ 1189
[497]von den ſchafen.
§ 1189
Wie die ſchaͤferei im Kur-Brandenburgiſchen
in anſchlag zu bringen ſey, lehret Gaſſer in der
einleitung zu den oͤkonomiſchen wiſſenſchaften ſ.
179, Stiſſer am a. o. ſ. 354 § 23.
§ 1190
Das ſoͤmmern, oder umackern der ſtoppelfel-das um-
ackern der
ſtoppeln darf
zum nach-
teile der
ſchafweide
nicht gerei-
chen.
der gehet zum nachteile der ſchafweide nicht an.
Entſtehet ſtreit daruͤber: daß z. e. der edelmann
allzuvile ſchafe halte und der bauern melk- auch
zugvih abbruch an der weide leide, wird die anzal
auf verſtaͤndiger hauswirte erkenntniß geſezet,
Eſtor am a. o. ſ. 495.
§ 1191
Es iſt immittels keine folge, daß derjenige, wel-vom horn-
vihtribe iſt
auf den
ſchaftrib
nicht zu fol-
gern.
cher mit dem hornvihe den trib, oder die hut hat,
diſes auch mit ſchafen, zigen, und gaͤnſen ausuͤben
koͤnne, Esbach uͤber den Carpzov ſ. 290.
§ 1192
Wer die weide-gerechtigkeit hat, mag den buch-der horten-
ſchlag gehoͤ-
ret nicht al-
lezeit zur
trift-gerech-
tigkeit.
ten- oder horten-ſchlag eben nicht begeren, von
Berger in der oecon. iuris ſ. 307, anerwogen
ſelbiger nicht ſtets zur hut- und trift-gerechtigkeit
gehoͤret, Klingner am a. o. im IIten teile ſ. 109,
ſ. 616, 732, 734, 742 fgg., ſondern an manchen
orten iſt nur das bloſſe lagern verſtattet, Stiſſer
am a. o. ſ. 185 § 19. Unterdeſſen hat der horten-
ſchlag, oder pferch ſowohl auf wiſen als auch auf
aͤckern ſeinen groſen nuzen, Klockde aerario,
cap. IIII num. 32, Bilderbeck in der reſolut. III
ſ. 224, Klingner am a. o. II, 110.
§ 1193
Wo nimand die ſchaͤferei an dem orte alleinwie die ſcha-
fe gehuͤtel
werden ſol-
len?
hat, kan ein ieder die ſchafe im winter auf dem
ſeinigen huͤten. Allein das beſtaͤndige allein-huͤ-
ten eines ieden gehet nicht an, ſondern er muß
J iunter
[498]X haubtſtuͤck
unter die herde ſeine ſchafe treiben, oder ſo vil an
feldguͤtern haben, daß er einen eigenen hirten an-
nemen darf. Nach masgebung des Saͤchſiſchen
landrechtes im Iten buche art. 54 ſoll ein ſolcher
3 hufen haben. Wer nun ſeinen eigenen hirten
auf ſeinen hufen haͤlt, ſoll auch von rechtswegen
auf ſeinen laͤndereien verbleiben, wo nicht durch
eine widrige gewonheit ein anders eingefuͤret iſt.
§ 1194
und bei der
ſchur zu be-
obachten
iſt?
Vor der ſchur iſt darauf zu ſehen, daß die
ſchafe tuͤchtig gewaſchen, und darauf wieder recht
trocken werden, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſche
landes-geſaͤze IIIter teil cap. 4 ſ. 988 fgg., wobei
nicht zu verſtatten iſt, daß ſie mit wagen-ſchmir
gezeichnet, vilweniger in ſtrauchwerk getriben wer-
den, Leopoldt am a. o. ſ. 322. Bei deren
ſchwemmen wird den untertanen eine unſchaͤdliche
uͤbertrift verſtattet.
§ 1195
gen der
wolle,
Anlangend die wolle, welche ein ſehr ſchwaches,
zartes, und gekruͤmtes krauſes har benennet wer-
den kann; iſt virerlei: 1) klare, 2) krauſe, 3)
haͤrichte oder ſcharfe, und 4) gar grobe. Die
erſte gattung liget an der art der ſchafe und der
ſuͤßen weide; die andre gattungen fallen an rau-
hen oͤrtern. Die gute wolle muß lang, fein, reich,
und dicke ſeyn. Jedoch iſt die Teutſche groͤber,
als die Engelliſche. Diſe aber wieder nicht ſo
fein, als die Spaniſche, Friderich Wilhelm
Haſtfer im unterrichte von der zucht und wartung
der beſten art von ſchafen ſ. 30 fg.
§ 1196
in menge
aus dem T.
Reiche ver-
fuͤret wer-
den.
Die wolle ſoll in menge auſſerm Reiche nicht
verkaufet werden, Reichsreformation 1548 tit. 21
§ 3, Reichs-policeiordnung zu Augsburg 1555
§ 135, 1577, tit. 22 § 2, Reichsabſchid 1566,
§ 178
[499]von den ſchafen.
§ 178, 1603 § 61, Reichsſchluß 1670 ſ. 77 im
IIIIten teile der Reichsabſchide; denn man ſaget:
der wollenhandel iſt der Hollaͤnder guͤlden vließ,
Piſtorius cent. 8 par. 31.
§ 1197
Die Heſſiſche wollenkaufs-ordnung iſt 1678wie es in
Heſſen dis-
falls gehal-
ten werden
ſoll?
herausgekommen. Es muß iedes kleuter wollen
21 pfund ſchwer ſeyn. Nimand darf, er ſey ade-
lich oder unadelich, ſeine wolle verkauſen, wofern
ſie nicht zuvorderſt in der naͤchſten ſtadt beſichtiget
worden iſt. Imgleichen ſoll alle verkaufte wolle
erſt gewogen und verzollet werden, F. H. Caſſe-
liſche ordnung wie es mit dem wollenkaufe und
verkaufe gehalten werden ſoll, 1721, 1729 fol. be-
ſage der F. H. Caſſeliſchen verordnung vom 21
Decemb. 1750 darf die inlaͤndiſche wolle in anſe-
hung der wollenhaͤndler und aufkaͤufer bis zu
Martini auswaͤrts nicht verhandelt werden.
Dahingegen ſich die ſchafhalter nach Margareten-
tage richten ſollen.
§ 1198
Die ſchaͤfer muͤſſen ire raͤnke laſſen, weshal-der ſchaͤfer
obligenhei-
ten,
ber ſie beruͤchtiget ſind, Rhetiusde aſtutiis opi-
lionum. Ire pflichten erzaͤlet der verfaſſer des
klugen landmannes, der redliche, aufrichtige
ſchaͤfer, die koͤniglich Preuſiſche ſchaͤfer-ordnung,
von Rohr im haushaltungs-rechte ſ. 840 fgg.,
P. Abraham a St. Clara etwas fuͤr alle, im
IIten teile ſ. 575 fg., Hoͤnns betrugs-lexicon,
Klingner am a. o. im IIten teile ſ. 225, 233, 843,
Florinus am a. o. ſ. 1029-1031. Die ſchaͤfer
ſind verantwortung und gefar unterworfen,
Klingner ſ. 235, 248, 537, 539, 625, 698, 701,
861, 907, Kaſpelherrns diſp. de verſutiis opi-
lionum, Frankf. 1673.
J i 2§ 1199
[500]X haubtſtuͤck
§ 1199
ten.
Das haubtwerk kommet darauf an: daß die
ſchaͤfer nicht zur weide treiben, ſo lang das gras
vom reife, oder tau naß iſt, Huͤckels abhandelung
vom ſchaf-vihe § 52 ſ. 39, geſtalt die naͤſſe uͤber-
haubt dem ſchafvihe ſchaͤdlich iſt, auch, wo ein
honigtau gefallen iſt, diſer inen durſt erwecket,
worauf das ſaufen die faͤule nach ſich zihet, 2)
die laͤmmer auch das uͤbrige ſchafvih auf die hize
nicht ſaufen laſſen, wobei auf reines, und helles
waſſer zu ſehen iſt; 3) bei donnerwettern den
ſchafen zuſprechen, und ſorge tragen, daß ſie nicht
ausbrechen; 4) die laͤmmer bei kaltem und naſ-
ſem wetter nicht in die horten ſchlagen, ſondern in
den ſtall bringen; 5) den hortenſchlag alle mor-
gen fortruͤcken, und in behoͤriger groͤſſe, z. e. zu
100 ſtuͤcken ſchafen 8 horten zu 14 ſchue lang, da-
mit 1 morgen des nachts mit 1000 geduͤnget wer-
de; 6) die laͤmmer im brachfelde, die uͤbrigen
auf guten angern und bergen, die faulen ſchafe,
auch den ſtechhaufen auf nidrige wiſen und bruͤche
treiben; 7) im winter taͤglich in die luft auſſer
den ſtall kommen, iedoch beim tiefen ſchnee, glat-
eiſen und ſcharfen winden nicht austreiben; 8)
in die gaͤrten, haͤgewaͤlder nicht huͤten; 9) vom
lezten tage Aprilis (wo es nicht zu kalte und
ſchneeigte gegend iſt) bis auf den 1ten Nov. die
wiſen nicht behuͤten, F. H. Caſſeliſche verordnung
vom jare 1735; 10) in die ſtoppeln nicht treiben,
bis das rindvih darin geweidet worden iſt, im-
maßen es im ſpruͤchworte heiſſet: ein ſchaf iſt zwar
fromm, es graſet aber genau. Deshalber woll-
ten die gemeinde Eßdorf wider iren gerichtsherrn
den von Eßdorf im Altenburgiſchen, und die ge-
meinde Hermannſtein im Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen
wider den herrn Schenken zu Schweinsberg die
huͤtung
[501]von den Schafen.
huͤtung der ſchafe auf der gemeinen rindvihe-weide
nicht dulten. Allein weder die regirung zu Giſen,
noch das Kaiſerliche und Reichs-kammergericht
haben in der lezten ſache auf dieſes einſtreuen ge-
ſehen. Sihe indeſſen Eſtors kleine ſchriften am
a. o. ſ. 494; 11) die ſchafe nicht ſchlagen, oder
werfen; 12) die jungen ſchafe nach 2 jaren zum
bocke laſſen; 13) zur lamm-zeit tag und nacht im
ſchafſtalle bleiben, die abgelammten ſchafe mit den
laͤmmern allein tun, und gut fuͤttern; 14) die
ſaͤugenden ſchafe nicht melken; 15) die kranken
und blatterigten ſchafe von den geſunden abſon-
dern, und im ſtalle behalten, ſintemal die blat-
tern anſtecken, auch ſolche fleißig warten; 16)
die ſalzlecke nach fuͤrſchrift des Florinus ſ. 1026,
auch Haſtfers ſ. 154-159 fertigen, und behoͤrig
beſorgen; 17) die verreckten ſchafe den eigentuͤ-
mern anzeigen; 18) den ſchafreckel (von recken,
agere, pellere) mit einem knebel verſehen; 19)
nicht uͤber die grenzen treiben, widrigenfalls ſie
gepfaͤndet, auch geſtrafet werden, von Rohr im
hauswirtſchaftsbuche ſ. 62, ſ. 388. Inſonderheit
iſt wegen der ſorge beim huͤten der Haſtfer ſ. 192-
194 nachzuſehen, und deſſen fuͤrſchrift zu beobach-
ten. Sihe auch diſen vom amte der ſchaͤfer
ſ. 185-191. Im uͤbrigen ſaget man: wenn der
hirt auch nicht mehr freiheit haͤtte, als das ſchaf,
ſo muͤßte er auch graß eſſen, PiſtoriusIIII, 75;
der woͤlfe todt iſt der ſchafe heil.
§ 1200
Die krankheiten der ſchafe ſind mancherlei, z e.die krank-
heiten der
ſchafe.
die bocken, faͤule, elbiſche krankheit, welche fuͤr
unheilbar gehalten wird, kroͤpfe, egeln, trab, toll-
ſucht, rote und weiſe rur, brandt, blutkrankheit,
waſſerſucht, gelbſucht, ſtaupe, nabelſucht, har-
wurm, drehend, herzſchlaͤgig, kroͤte ꝛc. Sihe
J i 3hir-
[502]X haubtſtuͤck
hirvon den klugen landmann und arbeitſamen
hausvater, den Leopoldt am a. o. ſ. 344-360,
den von Rohr im hauswirtſchaftsbuche ſ. 394 fg.
den Huͤckel ſ. 76-112, den Florinus ſ. 1041, den
Boͤckler ſ. 228, des Frid. Wilh. Haſtfers un-
terricht von der zucht und wartung der ſchafe ſ.
194-248, wie auch ſ. 71-111.
§ 1201
egelſchne-
cken.
Alle ſonſt um die ſchafzucht verdinte ſchriftſtel-
ler, auch ſo gar ein Haſtfer haben die egelſchne-
cken in den ſchaflebern nicht recht betrachtet.
Hingegen hat Jacob Chriſtian Schaͤffer die
egelſchnecken in der leber der ſchafe, Regensburg
1753 in gros 4, wohl beſchriben. Das ſchaf li-
bet den waſſer-wegerich (plantaginem aquaticam)
und den waſſer-ampfer (lapathum aquaticum).
Hiran ſizet der ſame der ſchnecken; diſen ſchlucken
ſie mit ein, und ſelbiger zihet ſich durch den leber-
gang in die leber. Der pater Buffon vermei-
net zwar, ſie wuͤchſen in den lebern, T. II de
l’hiſtoire naturelle ſ. 469; allein diſes iſt nicht
wahrſcheinlich. Diſe krankheit iſt nicht anſte-
ckend, ungeachtet ſie ganze herden hinreiſet. Die
mittel wider diſe ſtaupe gibet gedachter Schaͤffer
ſ. 40.
§ 1202
lon wird auf
verſchidene
art geleiſtet.
Die ſchaͤfer erhalten das lon entweder im gel-
te, oder fruͤchten, oder haben das gemenge (an-
menge), Leopoldt am a. o. ſ. 262, 266 fg.,
Stiſſer am a. o. ſ. 153, Preuſiſche ſchaͤfer-ord-
nung § 7. Das gemenge iſt nicht aller orten ei-
nerlei. Denn die ſchaͤfer ſtehen bald auf dem
zehnten, bald auf dem achten, ſibenten, auch
ſechſten ꝛc. ſtuͤcke, wobei der ſchaͤfer auf ſeinen teil
den verluſt zu tragen hat, Leopoldt ſ. 262, Huͤ-
ckel ſ. 68. Die knechte duͤrfen an vilen orten ihr
eigen
[503]von den zigen.
eigen vih unter der herde haben, welches iedoch
zu vilen betruͤgereien anlas gibet.
§ 1203
Den mezgern, oder fleiſchern iſt das auf blaſendas aufbla-
ſen des ge-
ſchlachteten
vihes iſt ge-
wiſſermaſen
zu verbiten.
des geſchlachteten rind- und ſchaf-vihes, vermit-
tels ires mundes, zu verbiten; iedoch durch einen
blasbalg wird ſolches inen nachgelaſſen; geſtalt
das geſchlachtete unaufgeblaſene vih gar unſchein-
liches fleiſch darleget.
Eilftes haubtſtuͤck
von den zigen.
§ 1204
Die zige iſt ein wiederkaͤuendes geſchwindes
thier eines ſtarken ſprunges, und hat ge-
ſpaltene klauen, auch im oberkinnbacken keine vor-
derzaͤne, iedoch unten und oben ſtarke backen-zaͤne.
§ 1205
Die zigen, oder das geißvih hat mit dem ſchaf-die zigen
ſind ſchaͤd-
lich,
vihe einige verwandnis, Stiſſer am a. o. ſ. 155
§ 21, noch mehr aber mit den gemſen und rehen,
gleichwol iſt ſotanes vih das ſchlechteſte hausvih,
und dinet nur fuͤr arme und kranke leute. Fuͤr
baͤume, gaͤrten, gehaͤge, zaͤune, und die wal-
dung iſt es das ſchaͤdlichſte vih, welches, nach
den regeln der hauswirtſchaft, nur an diejenigen
orte getriben und gehuͤtet werden darf, wo dor-
nen, oder feldſtraͤuche ſind, oder wo die ſchweine
ins feld gehuͤtet werden koͤnnen. Wie dann auch
die zigen irer ſchaͤdlichkeit halber, inhalts verſchi-
dener holz- und landes-ordnungen oͤffentlich auszu-
treiben gaͤnzlich unterſaget werden. F. H. Caſſe-
liſche greben-ordnung tit. 13 § 4 ſ. 34, Naſſau-
J i 4Cazen-
[504]XI haubtſtuͤck
Cazenellenbogiſches landrecht, im IIten teile cap. 9
num. 23 ſ. 102, Mylius im corpore conſtit.
Marchicar. IIIIten teile Iter abt. ſ. 588 ſ. 610,
und IIIten teile der conſtitut. Magdeburg. num.
17, 54, F. H. Darmſtaͤdtiſche forſt- und wald-
auch weidwerks- und fiſcherei-ordnung im IIten
teile § 55, 56 ſ. 25, 26, Kur-Braunſchweig-Luͤne-
burgiſcher landesgeſaͤze IIIIter teil, cap. VI ſ. 223,
227-240, F. S. Gothaiſche landesordnung im
IIIten teile num. 9 ſ. 321, 322 § 4, Klingner
am a. o. im IIten teile ſ. 159 fg., die Kur-Saͤch-
ſiſche verordnung vom 11ten mai 1726, wegen
pflanzung der baͤume, unterſaget die haltung der
zigen ſchlechterdings § 10.
§ 1206
ten koſtbar.
Da die ſtaͤdte Caſſel und Homberg in Heſſen
abgeſonderte gebuͤſche und ſtraͤucher haben, ſo hal-
ten ſie einen zigen-hirten. Und obgleich die zigen
wegen irer geſunden milch und der daraus ge-
machten kaͤſe auch butter, imgleichen irer frucht-
barkeit ꝛc. nuͤzlich ſind, von Rohr im hauswirt-
ſchaftsbuche ſ. 146 ſ. 399 fgg., Leopoldt ſ. 484
fgg., von Juſti am a. o. im Iten teile ſ. 531; ſo
ſind ſie dennoch im ſtalle zu fuͤttern vil zu koſtbar.
Man muß inen laubwerk holen laſſen und vom
guten graße zihen ſie mehr, dann die haͤlfte unter
die fuͤße, geſtalt ſie vermittelſt ires durchſuchen-
den maules das beſte aus dem futter von der raufe
zihen, mithin ſo vil futter verderben, welches das
andre vih ſehr gern freſſen wuͤrde, Leopoldt am
a. o. ſ. 485, wannenher man dem Doͤbel im ge-
ſchickten hausvater ſ. 251, und dem Boͤckler am
a. o. ſ. 232 nicht beipflichten kan, welcher ſ. 253
vermeinet, daß ſie nicht koſtbar zu unterhalten
waͤren; anerwogen ſie in den ſtaͤllen das heu, wel-
ches das rindvih und die pferde verbroͤſeten, auf-
laͤſen;
[505]von den zigen.
laͤſen; geſtalt die zige ein gefraͤſſig thier ſey. Al-
lein die probe lehret das gegenteil. Nicht einmal
ein verſchnidtener bock der an einer ſtange unter
der krippe, woran ein ring iſt, gehet, iſt mit dem
heue zufriden.
§ 1207
Wenn man daher auch den armen zum beſtendie milch iſt
hizig. Wie
ſie zu geniſ-
ſen iſt?
die unterhaltung am ſeile ſie hinaus zu fuͤren, ver-
ſtatten wollte; ſo erfodert dennoch die zige viles
gras und reiſig. Daß ſolche aber ſo vile milch,
als eine mittelmaͤſige kuh gebe, wie Doͤbel ſ. 253
§ 7 ſchreibet, das bleibet dahin geſtellt. Die
milch iſt hizig, mithin fuͤr die, welche wallung des
gebluͤtes ſpuͤren, nicht rathſam; ſie wuͤrde dann
warm mit gewaͤrmeten Selteriſchen ſauerwaſſer
genoſſen. Sie ſind nicht ſo leicht zu erhalten,
ſind auch nicht ſo gefraͤßig, wie Doͤbel meinet.
Doch ſind die haͤute von den boͤcken gut; eben
diſe boͤcke ſind in den pferdeſtaͤllen nuͤzlich. Der
Gottfr. Aug. Hofmann am a. o. ſ. 155, des
IIten teiles, ſchlaͤget die kaͤſe nuzung fuͤr 1 thl. 8
auch 16 ggr. an.
§ 1208
Einen groſen Polniſchen bock mag iemand ein-mit einem
groſen Pol-
niſchen bock
kan man in
die kirche
ſaren.
ſpannen und zur kirche mitfaren, wie deshalber
zu Rochliz ſtreit entſtanden iſt.
§ 1209
Ein grobes verſehen heiſſet den bock zum gaͤrt-
ner ſezen. Vom nuzen der zigen zeuget das
ſpruͤchwort: zigen-miſt, und tauben-miſt, laͤſt den
bauer wie er iſt. Sonſt ſaget man auch: ſie ha-
ben das fett inwendig als wie die zigen. Halte
mit der geiſe! morgen iſt der markt. Der wonet
auf dem geiſen-markte. Ein grindiger (ſtinkigter)
bock iſt einer guͤldenen zigen wert, Piſtorius
cent. II par. 95. Der ſchwanz darf der zigen
J i 5nicht
[506]XI haubtſtuͤck
nicht zu lang wachſen, ſonſt ſchlaͤget ſie ſich die
augen damit aus.
§ 1210
Von den krankheiten der zigen handeln Huͤckel
in der abhandelung von den zigen, ſ. 29-32, Flo-
rinus ſ. 1036, von Rohr ſ. 400.
§ 1211
Von irem nuzen ſihe des von Hohberg adeli-
ches landleben in des IIIten teiles VIIten buche
ſ. 200, den Florinus ſ. 1035. Die zigen kaͤſe
aus Langen-Schwalbach ſind beruͤmet. Die zi-
gen-hare brauchen die perucken-macher.
§ 1212
policei we-
gen irer felle
zu ſehen
hat?
Die policei hat reiflich zu erwaͤgen: ob die un-
terſagung des zigenhaltens in ruͤckſicht auf die ar-
men untertanen, darneben wegen des groſen ab-
bruches am lederhandel und den manufacturen,
etwa den vorteil des eingeſchraͤnkten zigenhaltens
uͤberwige? Die geiſen- und bock- auch zickels-
felle dinen zu mancherlei. Denn die zigen-felle
geben pergament, corduan, und handſchuhe.
Die bocks-felle dinen zum leder fuͤr die ſchuhe,
zum reithoſen, kamiſoͤlern, dudelſaͤcken und bock-
pfeifen. Die jungen zigen-haͤutlein brauchet man
zu den neſteln, ſaͤckeln, ſtarken guͤrteln, zur fuͤtte-
rung der ſeidenen degen-gehaͤnken, und zu weichen
handſchuhen. Nicht zu gedenken, daß, wenn
die ſaffian-manufacturen gluͤcken ſollten, auſſer
den ſchaf- und kaͤlber- haͤuten, eine menge von
bocks- und zigen-fellen erfodert wuͤrde. Man
hatte davon eine manufactur in Bonn angeleget.
Zwoͤlf-
[507]von den ſchweinen.
Zwoͤlftes haubtſtuͤck
von den ſchweinen.
§ 1213
Die alten Teutſchen hilten ſchr vil auf diedie alten
Teutſchen
hilten vil
auf die
ſchweine.
ſchweine (die ſaͤuen, ſugen, von ſaͤugen)
Denn man findet vile verordnungen der ſchweine
halber in dem Saliſchen geſaͤze, von Eccardt
ad legem Salicam, tit. II § I fgg., und in den
zuſaͤzen Karls des groſen tit. II § I.
§ 1214
In den ſtaͤdten duͤrfen eigentlich keine ſchweinein den ſtaͤd-
ten ſind ei-
gentlich
keine zu hal-
ten.
gehalten werden; weil ire ausduͤnſtung die luft
gar ungeſund machet. Daher zu Jena nimand
in der ſtadt, wohl aber in den vorſtaͤdten allda
ſchweine halten darf. Man ſehe auch die ſamm-
lung verſchidener verordnungen der kaiſerl. freien
Reichsſtadt Bremen ſ. 320, 321.
§ 1215
Die brauer, brandewein-brenner, baͤcker undihr nuzen
muͤller finden bei deren haltung, imgleichen die
bauern und groſe wirtſchafter iren nuzen, welcher
in der merung und dem zuwachſe, auch in ſchlach-
ten und maͤſten, desgleichen im verkaufen beſtehet,
welcher um ſo vil mehr eintraͤglich iſt, wenn es
gute maſtung in den waͤldern gibet. Von der
ſchweinezucht ſihe das oͤconomiſche lexicon ſ. 689.
§ 1216
Wer ſelbige haͤlt, darf ſie nicht laſſen hutlosund ſcha-
den.
herum laufen, ſondern muß ſie unter die herde
treiben, Pufendorf in den obſeru. iur. vniu.
T. I im anhange ſ. 112 ſtatut. 110 des Verdi-
ſchen ſtadtrechtes, F. H. Caſſeliſche greben-ord-
nung im 45 tit. § 5 ſ. 113. Sie richten auf fel-
dern
[508]XII haubtſtuͤck
dern und wiſen, auch waͤldern mit irem wuͤlen
und brechen groſen ſchaden an. Daher wenn
ein ſchwein zu ſchaden gehet, und ich heze ſolches
mit dem hunde, welcher es wider ſeine art zu todte
beiſſet, bezale ich den ſchaden nicht. Es koͤnnen
auch die zu ſchaden gehende ſchweine gepfaͤndet
werden. In Baiern werden inen ringe an die
naſe geleget, damit ſie nicht durch wuͤlen ſchaden
koͤnnen.
§ 1217
ſchweine
ſind kein
kaufmanns-
gut.
Hat ein ſchwein finnen; ſo iſt es kein kauf-
manns-gut, und verliret der verkaͤufer das kauf-
gelt. Denn daß Stryk im vſu moderno π.
den ſchaden auf den kaͤufer waͤlzen will, weil es
ein ſichtbarer feler waͤre, und Esbach uͤber den
Carpzov, nebſt dem von Berger einen unter-
ſchid zwiſchen einem fleiſcher und einem andern
kaͤufer, welcher kein mezger iſt, machet, iſt zu
weitlaͤuftig. Genug, daß hir ein alter innerlicher
feler vorhanden iſt, und man einem ſchweine nicht
ſo gut, als einem pferde, ins maul ſehen kann.
Daß aber die buͤrſten alsdann ausgehen, und ſie
bluten, iſt truͤglich. Beſage der F. S. Alten-
burgiſchen landesordnung im IIten teile cap. 3
tit. 38, ſoll ein fleiſcher, welcher finnicht ſchweine-
fleiſch hat, ein fleiſchmeſſer uͤber ſich ſtecken, oder
es an einen ſonderbaren ort verkaufen bei ſtrafe
10 fl. F. S. Gothaiſche landesordnung im IIten
teile cap. 3 tit. 42 ſ. 205, ſihe indeſſen Marper-
gers kuͤchen- und keller-dictionarium, ſ. 1065, wo
er von den finnen und deren kennzeichen handelt.
Finnichte ſchweine verkaufen zu laſſen, oder ſolche
wegzunemen und den armen zu geben, ſoll die po-
licei nicht dulten, Marperger ſ. 1066 am a. o.
§ 1218
[509]von den ſchweinen.
§ 1218
Wer eine traͤchtige ſau kaufet, hat one zwei-mit der
traͤchtigen
ſau werden
auch die fer-
kel verkau-
fet.
fel die ferkel mit gekaufet. Aber wenn die ferkel
ſchon geboren ſind, muͤſſen diſe ausdruͤcklich mit
gekaufet werden, ſonſt bekommet man ſie nicht
mit. Eben ſo iſt es mit der kuhe, und dem kalbe,
auch uͤbrigen vihe.
§ 1219
Wer indeſſen hornvih halten kan, tut beſſer,mit dem
hornvih-
halten iſt es
beſſer als
mit den
ſchweinen
getan.
als bei dem ſchweinen vihe, nach der regel: man
ſoll ſich halten an hornvih und kein kornvih; iedoch
meinet der Doͤbel am a. o. ſ. 255: eine ſau waͤre
ſo gut, als eine kuh zu nuzen, Stiſſer am a. o.
ſ. 157 § 2. Allein jener nimmet den dinger ganz
recht aus; zu geſchweigen, daß ein rindvih leich-
ter, als eine ſau, wo nicht zu erhalten, doch zu
maͤſten ſey. Indeſſen bleibet die ſau dem land-
manne, um ſich und die ſeinigen zu ſaͤttigen, un-
entberlich.
§ 1220
Die ſchweine ſind dreierlei gattungen, einhei-deren gat-
tungen,
miſche, die kurz vom leibe und hochbuͤrſtig fallen;
2) Weſtfaͤliſche, die langſeitig ſind, und zwei
gloͤcklein, oder zwene zacken unten am halſe tra-
gen, oder 3) die halbwilde, wie in Nider-Heſſen,
die an der farbe den wilden ſchweinen gleichen.
Die ſchwere ſteiget von 450 pfunden auf 8 cent-
ner, Keyßlers reiſen Iter teil ſ. 43.
§ 1221
In Oberheſſen teilet man das ſchweinevih inund eintei-
lung,
ferkel, laͤuflinge, mocken (ſau-muͤtter), verſchnid-
tene maͤnnlichen geſchlechtes, verſchnidtene mocken
und eber oder ſauwazen. Ein milchferkel ſaͤuget,
ein ſpanferkel aber nicht.
§ 1222
[510]XII haubtſtuͤck
§ 1222
ſten,
Der handel mit ſchweinsborſten iſt von Mar-
pergern in der beſchreibung des har- und feder-
handels, cap. XI beſchriben, auch allda zugleich
von den buͤrſtenbindern handelt. Jeweilen erhal-
ten beſondere perſonen die freiheit, mit den
ſchweinsborſten allein zu handeln. Mylius im
corpore conſtitut. march. Vten teile IIten abt.
ſ. 142, 152. Die borſten ſind eine art ſtarker und
harter hare.
§ 1223
Wenn eine ſau erkranket, ſo geneßet ſie ſchwer-
lich, Doͤbel am a. o. ſ. 108, von Rohr am a. o.
ſ. 411 fg. ſie bekommen die braͤune und den rank,
Leopoldt am a. o. ſ. 480. Bei der braͤune tut
das unverzuͤgliche aderlaſſen unter der zunge gut.
Es wird auch fuͤr ein gutes mittel die ſchweine ge-
ſund zu erhalten ausgegeben, wenn man ſie uͤber
einen geſtreiften fuchs ſaufen laͤſt, Doͤbel ſ. 109.
Vom Maͤrz bis in den Julius darf der hirt nicht
austreiben, bis die ſonne den tau weggelecket hat,
Florinus am a. o. ſ. 1049.
§ 1224
ſind fuͤr dem
rindvih auf
die ſtoppeln
zu laſſen.
Die ſchweine ſind fuͤr dem rindvihe auf die
ſtoppeln zu laſſen, F. H. Caſſeliſche greben-ordn.
ſ. 113. Auf eines andern oder des forſtherrn wal-
dung duͤrfen die ſchweine, one der forſtbedinten
vorwiſſen, nicht geſchlagen werden, F. H. Caſſe-
liſche greben-ordnung ſ. 54 fgg.
§ 1225
gelt iſt ein-
traͤglich.
Das maſtgelt traͤget in manchen landen uͤber
60,000 rthl., und in Baiern iſt die maſt eine der
ſtaͤrkſten einkuͤnfte des kur-fuͤrſtens. In Heſſen
traͤget die maſt viles ein.
§ 1226
[511]von den ſchweinen.
§ 1226
Die untertanen muͤſſen, wo ſie keine eigenewie es diß-
falls mit der
untertanen
ſchweinen
zu halten
ſey?
waldung haben, in ires herrn wald treiben, wo-
fern ſie nicht allzuweit davon entfernet ligen, z. e.
4 meilen. Wo man die behoͤlzigung hat, dahin
muß man in die maſt treiben.
§ 1227
Daß die herrſchaft das recht habe, die in diedie herr-
ſchaft hat
das recht
die in die
maſt ein-
ſchlagenden
ſchweine
brennen zu
laſſen.
maſt einſchlagenden ſchweine zu vermeidung der
unterſchleife bei der maſtung brennen zu laſſen,
und dem foͤrſter eine kleine abgabe dafuͤr anzuwei-
ſen, das iſt keinem zweifel unterworfen; allein
den landſtaͤnden will man diſes nicht verſtatten,
wo kein herkommen vorhanden iſt. Wenn aber
die ſchweine ausgehoben werden, erhalten die ei-
gentuͤmer das erlegte maſt- auch wohl brenngelt
wieder, Reinhardde iure foreſtali, ſ. 120.
§ 1228
Ein hirt muß fuͤr die ihm anvertraute ſchweineder hirt
muß fuͤr die
verlornen
ſchweine ſte-
hen.
ſtehen, mithin welches er verliret, oder verwar-
loſet erſtatten, Reinhardt am a. o. ſ. 119. Er
muß auch auſſerdem behutſam mit den ſchweinen
umgehen, Leopoldt ſ. 473 fg.
§ 1229
Die ſchweine bleiben entweder zur zucht gelaſ-die zucht-
und maſt-
ſchweine.
ſen, oder ſie werden zum ſchlachten aufgeſtellet.
Diſe ſollen nun entweder zum ſpecke, oder zu kuͤ-
chenſchweinen gebrauchet werden. Diſe leztere
werden auch ſchlichtſchweine benennet. Die maſt-
ſchweine werden in Sachſen zu der adelichen wit-
ben mußteile gerechnet.
§ 1230
Unter die wuͤrſte, welche die fleiſcher verkaufen,was die flei-
ſcher bei ver-
fertigung
der wuͤrſte
unterlaſſen
ſollen?
ſoll kein rind- kuͤhe- ſchoͤpſen- ſchafe- bocks- zigen-
oder kaͤlber-ſchweis, vilweniger gehaͤnge oder kal-
daunen untergemenget werden, S. Gothaiſche
landes-
[512]XII haubtſtuͤck
landesordnung am a. o. ſ. 205. Im uͤbrigen ſa-
get man: es nimmet kein fleiſcher dem andern eine
wurſt ab. Wurſt wieder wurſt.
§ 1231
ſche ſchinken
und wuͤrſte
ſind die
ſchmackhaf-
teſten.
In Weſtfalen findet man den beſten ſpeck, und
die ſchmackhafteſten ſchinken. Auſſer Weſtfalen
taugen die rauchkammern nicht vil. Der rauch
tut es nicht allein, ſondern es wird friſche zihende
luft dabei erfodert, mithin iſt Hofmanns am a. o.
ſ. 165 befindliche beſchreibung einer rauchkammer
Saͤchſiſch, aber nicht Weſtfaͤliſch. Die ſchin-
ken-toͤpfe aus dem Sigeniſchen und Altenkirchi-
ſchen eiſen gegoſſen werden von den ſchlecker-maͤu-
lern gepriſen.
hoͤret zu
dem muß-
teile der
adelichen
witben inSachſen.
§ 1232
Speck und ſpeckſeiten, auch ſchmalz gehoͤret in
Sachſen zum mußteile der adelichen witben,
Barth von der gerade ſ. 670.
§ 1233
legung der
ſchweins-
ſtaͤlle zu be-
obachten iſt?
Der ſchweine-ſtall muß mit den andern vihe-
ſtaͤllen inſonderheit der pferde keine nahe nachbar-
ſchaft haben. Daß diſer von des nachbars hau-
ſe drei ſchuhe entfernet ſeyn muͤſſe, iſt eine bekann-
te ſache. Ob aber wegen des groſen geſtankes an
des nachbars hof ein ſchweine-koben gebauet wer-
den koͤnne? das iſt eine beſtrittene frage. Jedoch
iſt es der nachbar zu leiden nicht ſchuldig, Stryk
de iure ſenſuum diſſert. V cap. II § 34.
Drei-
[513]vom geſchlachteten vihe.
Dreizehntes haubtſtuͤck
vom geſchlachteten vihe.
§ 1234
Jeweilen iſt von dem geſchlachteten vihe etwas
an die landes- gerichts- oder erb-herren ab-
zugeben. Wie dann z. e. die zungen den Schen-
ken zu Schweinsberg, als gerichts-herren gelifert
werden, welches in Baiern ebenfalls rechtens iſt,
von Chlingensperg de hofmarchiali iure. Je-
der einwoner des dorfes Baumersdorf, welcher
ein jaͤriges ſchwein ſchlachtet, muß dem beſizer
des darin befindlichen gutes Eltiſtum, den ruͤcken
und eine bratwurft geben, Klingner am a. o.
im Iten teile ſ. 513. Es koͤnnen auch die lammes-
baͤuche hirher gerechnet werden. Der univerſi-
taͤt Jena muͤſſen die fleiſcher eine gewiſſe anzal
unſchlitts jaͤrlich lifern.
Virzehntes haubtſtuͤck
von den caninchen, hunden, kazen,
maͤuſen.
§ 1235
Die caninchen (kullen, haſen-koͤnige, oder ha-der canin-
chen natur
und geſtalt.
ſen-killen, oder in Ober-Heſſen grein haſen),
kommen den haſen irer natur, und der aͤuſſerli-
chen geſtalt nach, zimlich gleich. Wiewohl das
fleiſch davon ganz weiß, folglich vom haſen-wild-
pret unterſchiden iſt. Die farbe iſt auch meiſten-
teils unterſchidlich. Im Cleviſchen, in Brabant,
Frankreich, Engelland ꝛc. gibet es eine groſe
K kmenge
[514]XIV haubtſtuͤck
menge derſelben. Die Franzoſen nennen die ge-
haͤge Garennes. Es ſind beſonders zwo arten
bekannt, naͤmlich wilde und zame, oder haus-
caninichen, von Rohr im hauswirtſchaftsbuche
ſ. 799, Zinkens oͤconomiſches lexicon, ſ. 476,
Doͤbels jaͤger-practica Iter teil ſ. 31. Sie ſind
eine zwitter art von haſen. Die wilden ſehen
grau wie die haſen. Die zamen haben eine
weiſſe, ſchwarze, bunte und gelbe farbe.
§ 1236
ben ſich in
die erde und
ſind ſchaͤd-
lich.
Beide haben die art an ſich, daß ſie ſich in die
erde vergraben, und darin iren bau, oder lager
machen. Sie unterwuͤlen die mauern, worauf
die gebaͤude ſtehen, und tun, wo ſie hinkommen,
in allerhand getraide, baͤumen, beſonders in den
gaͤrten und weinbergen, auch feldfruͤchten unglaub-
lichen ſchaden. Daher, wer diſes ſchaͤdliche vih
halten will, ſich zu gewaͤrtigen hat, dem nachbar
den ſchaden zu erſezen, Zinkens oͤkonomiſches
lexicon ſ. 476 fg.
§ 1237
dinen?
Sie vermeren ſich ungemein, dinen zum eſſen,
und ire felle gebrauchet man zu allerhand rauch-
futter und aufſchlaͤgen. Die wilden werden mit
frettgen gefangen, die eine art von iltiſſen ſind,
und ſchwarz-gelber, auch gilblichter farbe ſind,
Doͤbel am a. o. II teile ſ. 123.
Von den hunden.
§ 1238
gattungen.
So vil die hunde anlanget, ſind deren unter-
ſchidliche klaſſen in den Teutſchen geſaͤzen befind-
lich, Hofmann in den obſeru. iur. Germ. ſ 281.
Bei den Burgundiern wurden ſie hochgeſchaͤzet,
lex Burgund. addit. I tit. X. Bei der jaͤgerei
kom-
[515]von den hunden.
kommen vor 1) der leithund, davon Carl von
Heppe gehandelt hat, Augeburg 1751, 8, Doͤ-
bel am a. o. ſ. 80 fgg. des Iten teiles; 2) der
hezhund, Doͤbel ſ. 101; 3) der ſchweishund ſ.
102; 4) der ſaufinder ſ. 104; 5) der huͤner-
hund ſ. 105; 6) der ſpion-hund; 7) der auer-
han-hund ſ. 112; 8) der barbet- oder waſſer-
hund ſ. 113; 9) der blendling ſ. 113; 10) der
jagt-hund ſ. 114; 11) der wind-hund ſ. 115; 12)
der dachs-kricher ſ. 116; 13) der Ungariſche waſ-
ſer-hund ſ. 117; 14) der otter-hund; 15) der
triffel-hund ſ. 118; 16) der rote aͤnten-hund; 17)
der parforce-jagthund.
§ 1239
Die andern hunde ſind die ſchoos-huͤndgen,und arten,
mufti-budel, Daͤniſche, Engliſche, ſchafruͤden,
mezger-hunde, hof- und ketten-hunde, Florinus
ſ. 1038, von Hohberg ſ. 264, Martin Pegius
vom hunde-rechte, 4. Ein Franzoſe hat neulich
eine menge gattungen von hunden beſchriben.
Die haid-hunde dinen auf den reiſen hinten auf
der kutſche.
§ 1240
Derjenige, welcher die jagt nicht hat, darfwer keine
jagt bat,
darf keine
jagthunde
halten.
keine wind- leit- ſchweiß- ſchweins- ſpuͤr- huͤner-
und jagt-hunde halten. Groſſe niderreiſſende,
weitlaͤuftige jagt- und parforce-hunde, welche die
wildbane veroͤſen, werden nicht gedultet, ſondern
ſind verboten. Miſtbeller, welchen andre hunde
nachfolgen, darf ein untertan nicht halten, F. H.
Caſſeliſche jagt-ordnung vom jare 1722, § X.
§ 1241
Ein groſer hund zur wache bei dem hauſe iſt er-haushunde
ſind erlau-
bet, ſie duͤr-
fen aber
nicht in[s]
laubet; doch darf er nicht das wildpret jagen,
auch iſt keinem untertan vergoͤnnet, die hunde in
die gehaͤgten felder, oder waͤlder mitlaufen zu
K k 2laſſen;
[516]XIV haubtſtuͤck
feld und in
wald gelaſ-
ſen werden.laſſen; um aber allen unterſchleif zu verhuͤten, iſt
inen am tage ein knebel, oder eine ſchleif-kette an-
zuhenken, ſo dick, als ein bindeſtecken, und nach
irer ſtaͤrke, auch groͤſe 2 ſchuhe oder 1 ¼ elle lang.
Die mezger und juͤden ſollen ire hunde, welche
nicht wirklich das vih treiben, durch die waͤlder
an ſtricken fuͤren, F. H. Caſſeliſche jagt-ordnung
vom jare 1722 fol. § X-XII. Die im walde
herum laufende hunde werden erſchoſſen, und der
eigentuͤmer noch darzu geſtrafet.
§ 1242
den ſtaͤdten
mit den
hunden zu
halten iſt?
In den ſtaͤdten darf nimand groſſe beißige her-
umlaufende hunde, noch weniger bullenbeiſer hal-
ten. Wie dann auch auf ordentlichen poſtwa-
gen keine hunde gedultet werden. Vermoͤge des
verbotes der ſtadt Dresden von 1727, darf kein
fleiſcher ſeinen hund auf der gaſſe laufen laſſen,
bei 50 thl. ſtrafe, wofuͤr die zunft haften muß.
Die policei weiſet die ſchinder-knechte an, die un-
nuͤzen hunde in den hundestagen und ſonſt todt zu
ſchlagen.
§ 1243
halten iſt
keine will-
kuͤrliche
freiheit.
Solchemnach iſt das hunde-halten keine unum-
ſchraͤnkte willkuͤhrliche freiheit. Den ſtudenten
iſt wider des hauswirts willen hunde zu halten
nicht erlaubet, Cluverde iure canum. Schaͤd-
liche und beißige auch groſe hunde, welche die
leute anfallen, muͤſſen ſofort abgeſchaffet werden,
Kur-Braunſchweigiſche landes-ordnungen Iter
teil ſ. 788; den nachbaren, welche mit bellenden
hunden die gaſſe und zumal des nachtes beunruhi-
gen, wird die abſchaffung, oder die anlegung im
hauſe anbefolen.
§ 1244
hunde gehoͤ-
ren den
landerben.
Die jagt-hunde gehoͤren den land-erben, und
nicht zum lehne. Wie aber allerhand jagt-hunde
abge-
[517]von den hunden.
abgerichtet werden ſollen, zeiget der freiherr von
Hohberg im adelichen landleben, im XIIten
buche des andern teiles.
§ 1245
Wegen der tollen hunde und wie ſich dabei zuvon den
verhalten ſey? beſagen die Kur-Braunſchweigi-
ſchen landesordnungen im IIIten teile ſ. 1040 fg.
§ 1246
Weil vile hunde tolle werden, duͤrfen die abde-tollen hun-
den,
cker in der faſtenzeit, oder in hundstagen, die kei-
ne von inen geloͤſeten zeichen tragenden und auf
der ſtraße laufenden hunde todtſchlagen. Dar-
gegen ſie gehalten ſind hir und da an die jaͤgerei
hundefelle zu lifern, auch die kranken hunde um
die gebuͤr zu curiren, Beierde eo quod circa
carnifices et excoriatores iuſtum eſt, cap. 9.
Mylius in der diſp. de iure carnificum, anbei
diſe und die kazen zu verſchneiden.
§ 1247
An einigen orten muͤſſen die muͤller, ſchenk-der hunde
fuͤtterung.
und gaſt-wirte, abdecker ꝛc. die herrſchaftlichen
hunde fuͤttern, von Chlingensberg am a. o.
ſ. 162 fg.
§ 1248
Wer einen hund toͤdtet, hat ſich deshalber we-wer einen
hund toͤdt[et]
hat vom ab-
decker ꝛc.
nichts zu be-
faren.
der vom abdecker, noch von ſeiner zunft etwas zu
befaren, Leiſer im iure Georgico ſ. 342, ob er
gleich, wenn er ſolches one rechtmaͤſige urſach ge-
tan hat, dem eigentuͤmer den ſchaden erſezen muß,
CarpzovP. IIII conſtit. 37 def. 8. Im uͤbrigen
ſaget man: „an rimen-nagen lernen die jungendie ſpruͤch-
woͤrter von
den hunden.
„hunde leder freſſen; ein toller hund laͤuft nicht
„uͤber 7 tage; wenn man unter die hunde wirft,
„welchen es trift, der ſchreiet, Hert par. 28;
„der hund, welcher todt iſt, beiſet nicht. Er
„muß es hinnemen, als wenn ihn ein hund gebiſ-
K k 3ſen
[518]XIV haubtſtuͤck
„ſen haͤtte. Zwene hunde an einem beine vertra-
„gen ſich ſelten. An der hunde hinken, der huren
„winken, der kraͤmer ſchwoͤren, ſoll ſich nimand
„keren. An fremden hunden und kindern iſt das
„brodt verloren.
Von den kazen.
§ 1249
verurſachen
viles unge-
mach.
Bei den fruchtboden, ſcheunen und ſchiffen ſind
die kazen wegen der maͤuſe und ratten, im mangel
der kammer-jaͤger, unentberlich. Dieweil aber
die policei fuͤr deren beſtellung ſorget; ſo fallen die
kazen und das vile ungemach, das diſe nach ſich
zihen, weg. Die getreide-boden auf dem adeli-
chen gute Hermanſtein finden ſich in ganz ſichern
ſtande, der maͤuſe und ratten halber, ſeitdem die
kazen abgeſchaffet worden ſind. Zugeſchweigen
des ſchadens, welchen ſie in der kuͤche und ſonſt
an den kuͤchlein, den tauben, jungen rebhuͤnern
und haſen veruͤben. Man hat zwar eine erfin-
dung, einen fruchtboden auf glatte ſteinerne ſaͤu-
len zu bauen, daß keine maus darzu kommen kan;
allein diſes iſt nicht fuͤr alle hausvaͤter. Und wie
kommen die maͤuſe ins ſchiff? wer weis alſo, ob
ſolche boden fuͤr inen ſicher ſind? In Sardinien
muß ieder ſo vil kazen halten, als er kammern hat,
Leiſer am a. o. ſ. 345. Von den kazen ſaget
man, ſie laͤſſet das mauſen nicht; nimand will
gern der kazen die ſchelle anhaͤngen, Piſtorius
cent. V, par. 50.
§ 1250
wegen des
maͤuſeſraſes
bei frucht-
einnemern,
Immittels muß einem, der getreide einzunemen
hat, ein gewiſſes in ſeiner jares-rechnung, fuͤr den
maͤuſe-fras nachgelaſſen werden, wofern nicht
kammer-jaͤger beſtellet ſind. Unterdeſſen bleibet
doch
[519]von den kazen.
doch das boden-recht zum behufe des rechners.auch boden-
rechte, oder
Man nennet auch diſes die eindarre, oder einwehr
der frucht, davon folgende regeln beobachtet wer-
den: I) Von derjenigen frucht, die nicht wirk-
lich eingenommen iſt, oder deſſelben jares vor
dem ſchluſſe der rechnung ausgegeben worden,
paßiret nichts. II) Von dem, was das jar ein-
genommen, und nicht wieder ausgegeben iſt, ſon-
dern beim ſchluſſe der rechnung auf den boden
noch liget, und im vorrate bleibet, gehet dem
rechner von 100 maltern (oder anderm gemaͤſe)
ein malter zu gute. III) Von dem aber, was
ein jar uͤber gelegen hat, von 100 zwei.
§ 1251
An andern orten gehoͤren von 100 maltern brin-eindarre,
ge-zinſen, ein halbes malter, und von 100 hole-
zinſen, zwei malter dem rechnungs-ſuͤrer, und
von 100 maltern lager-fruͤchten ein malter. In
Franken gehen dem rechnungs-fuͤrer zu gut: vom
100 lager-getreide ein halb ſimmer; ein und ein
halbes ſimmer, wenn das getreide gebracht wird,
vom 100 hergegen, dafern man das getreide ſelbſt
holen muß, zwei, auch drei ſimmer, Jac. Doͤp-
lers getreuer rechnungs-beamter teil I ſ. 894 fgg.
Man ſehe auch die Kur-Braunſchweigiſchen land-
ordnungen vom maͤuſe-fraße nach, im IIIten teile
ſ. 233. Von dem maͤuſe-fraße auf den feldern
wird beim pachte gehandelt werden. Von den
martern, iltiſſen, oder razen, eichhoͤrngen, wiſel-
gen, igeln, ſihe den von Rohr am a. o. Daß
maulwurfs- auch reite-maͤuſe-faͤnger wegen der
gaͤrten, aͤcker, wiſen gegen ein gewiſſes fange-
gelt beſtellet werden, gehoͤret zur obſorge der po-
licei. Sihe die Kur-Braunſchweigiſchen landes-
verordnungen, den Klingner am a. o. im IIten
K k 4teile
[520]XV haubtſt. von den
teile ſ. 229 und ſ. 855 fg. Im uͤbrigen ſaget man:
es muß eine ſchlechte maus ſeyn, die nicht mehr
als ein loch hat.
Funfzehntes haubtſtuͤck
von den huͤnern und gaͤnſen
auch aͤnten.
§ 1252
bereiteſte
habſeligkeit
beſtehet in
huͤnern ꝛc.
In dieſem vihe beſtund die bereiteſte habſeligkeit
der bauern. Alſo machte der von den faſten-
ſpeiſen ſchwache magen der pfaffen, und die ar-
mut des bauern, daß haͤne, huͤner, gaͤnſe und
eier der ordentliche zinß wurden. Daher huͤner
und eier fuͤr die ſchuldige abgabe, oder den wert
der ſache genommen wird. Derowegen die
ſpruͤchwoͤr-
ter davon.ſpruͤchwoͤrter entſtanden ſind: die henne traͤget
das handlon auf dem ſchwanze, Hert am a. o.
lib. I par. 19; keine henne fluͤget uͤber die mauer,
Hertlib. II par. XI. Wer nimmet den junker
zum maier, bekommet weder huͤner noch eier,
Piſtorius cent. 3 par. 62. Auſſerdem ſaget man:
es iſt beſſer ein halbes ei, als gar keines, oder ei-
ne ledige ſchale, Hert am a. o. par. 9 ſ. 430.
Iſt die henne mein, ſo gehoͤren mir auch die eier,
Piſtorius cent. 4 par. 13, Hert par. 23. ſ. 438
vol. II T. III. Man gibet nicht vil goldes um
ein ei. Wenn man die huͤner ſchlachtet bekommt
man keine eier. Die henne, welche das ei aus-
bruͤtet, der gehoͤrt das junge, Beſold im theſau-
ro practico. Eine henne kan mehr verſcharren,
als 10 haͤne erſparen. Eine henne hat das recht
uͤber 9 zaͤune, Piſtorius cent. V par. 77 und 95.
Die
[521]huͤnern, gaͤnſen, auch aͤnten.
Die henne iſt kluͤger als das ei. Des muͤllers
henne und witbers magd, hat ſelten hungers-not
geklagt.
§ 1253
Die abgabe der huͤner zeugete ehedem von derwas deren
abgabe b[e-]
deutet?
leibeigenſchaft, und hiſe die leibhenne, oder das
halshun. Allein heut zu tage kan man von der
abgabe der huͤner darauf nicht ſchluͤſſen, noch we-
niger auf die gerichtsbarkeit, Piſtorius cent. I
par. 44 ſ. 57.
§ 1254
Sie heiſſen bald faſtnachts-huͤner, rauch-huͤner,deren be-
nennungen.
herbſt- pfingſt- zinß- ſommer- hirten- wald- graſe-
Michaels- lauber- haus- erndte- gohe- hufen ꝛc.
huͤner, Wehner in den obſeru. ſ. 116, Beſold
unter dem worte: henne, Deinlins diſp. de
praeſtationibus Gallinariis. Jeweilen muͤſſen
auch wohl kaphaͤne gelifert werden, von Rohr
am a. o. ſ. 405 § I.
§ 1255
Die pfarrer heben verſchidentlich die oſter- oderdie oſter-
oder gruͤn-
donnerſta-
ges-eier he-
ben iewei-
len die pfar-
rer.
gruͤnen-donnerſtags-eier. Von den braut-huͤnern
der Schenken zu Schweinsberg ſihe das Iſte ſtuͤck
der kleinen ſchriften, tue hinzu den Klingner am
a. o. im Iten teile ſ. 144 num. 416.
§ 1256
Des nachbars huͤner, welche mir in gartenob man des
nachbars
huͤner in ſei-
nem garten
toͤdten kan?
fluͤgen, darf ich nicht toͤdten, wohl aber die fluͤgel
beſchneiden auch pfaͤnden, Piſtorius am a. o.
cent. V par. 95. Allzuvile huͤner iſt unrat. Da-
her der vorſchlag beim Becher laͤcherlich iſt. Die
kleine huͤner ſind die nuͤzlichſte, Stiſſer am a. o.
in der Vten abt. des VIten haubtſtuͤckes § 2 ſ. 223,
Leopoldt am a. o. ſ. 509 fg.
K k 5§ 1257
[522]XV haubtſt. von den
§ 1257
halten in
den ſtaͤdten
iſt unrat,
Das huͤner-halten in den ſtaͤdten iſt keine wirt-
ſchaft: in betracht das gras und die tauwuͤrme
das beſte zum eierlegen beitragen.
§ 1258
die bauern
dazu anzu-
halten.
Der Thuͤringiſche bauer ſorget von ſelbſt fuͤr die
menge der huͤner und fruͤhzeitige kuͤchelein, die er im
nachwinter in ſeiner ſtube ausbruͤten laͤſſet; weil
er diſes fuͤr ein ſtuͤck ſeiner guten narung achtet.
Wo der bauer diſes von ſich ſelber nicht beſorget,
oder gar das huͤner-vih ſelbſt verzehret, hat ihn
die policei zu diſer land-narung anzuweiſen, auch
die huͤner-kaͤufer, welche ſolche auſſer land tragen,
nicht zu dulten. Denn da der bauer ſein gelt aus
der ſtadt zihet; ſo darf er auch derſelben die eß-
waaren nicht verringern, ſondern muß diſe ihr,
fuͤrs gelt, goͤnnen.
§ 1259
fuͤr die zinß-
huͤner
Ob der bauer, welcher bisher ein geringes gelt
fuͤr das zinshun bezalet, daſſelbe nun in natur
lifern muͤſſe? iſt eine beſtrittene frage. Sihe
Eſtors abhandlung de abuſu rerum merae
facultatis.
§ 1260
werden
kan?
Die gemeine zu Melbach ſoll den freiherrn von
Wezel ein gewiſſes gelt fuͤr eine iede henne ent-
richten. Selbige wegert ſich deſſen und will die
huͤner in natur lifern. Die ſache iſt an den
Reichshofrat gedihen.
§ 1261
hanen und
hanen be-
deuten?
In den pfarre-regiſtern des benachbareten
Ober-Weimar finden ſich ganze hanen und hanen.
Jene bedeuten erwachſene. Zum Wilhelmstale
erblicket man die mancherlei arten der huͤner.
§ 1262
[523]huͤnern, gaͤnſen, auch aͤnten.
§ 1262
Indianiſche, oder welſche huͤner ſind nicht ſon-die welſche
hanen ſind
nicht ſon-
derlich ein-
traͤglich.
derlich eintraͤglich, vilmehr koſten ſie vil, und die
jungen ſind mancherlei gefaͤrlichkeiten unterwor-
fen. Der plazregen und ſchloſſen auch die groſe
ſonnenhize ſchadet inen, Leopoldt ſ. 492 fg.
von Rohr am a. o. ſ. 423. Der erſte welſche
han, welcher aus Mexico kam, wurde in Frank-
reich 1570 bei dem vermaͤlungs-feſte des koͤniges
Karls des VIIII zur tafel gebracht.
Von den gaͤnſen.
§ 1263
Diſe werden an zinſen und paͤchten gelifert.der gaͤnſe
gebrauch
und nuzen.
In der haushaltung ſind ſie wegen des fleiſches,
der federn und des fettes ſehr nuͤzlich. Man ro-
pfet ſie des ſommers 4 mal, im Mai, um Jacobi,
um Bartholomaͤi, und Michaelis. Wenn ſie
darauf wieder mit federn bewachſen ſind, koͤmmt
der Martinus, alsdann werden ſie gelifert, da-
her die Martins-gans entſtanden iſt. Denn das
ſpruͤchwort heiſſet: Michael manet (den bauer)
und Martin zalet.
§ 1264
Die federn ſind 1) ſtaub- oder pflaumen, wel-die gattun-
gen der fe-
dern.
che von den Islaͤndiſchen die eiderdumen genen-
net werden; 2) ſchleisfedern; 3) federſpulen.
§ 1265
Wegen der weide, ſodann am kraute, ruͤbenſind den
garten- und
feld-fruͤch-
ten, auch
wegen ires
miſtes,
ſchaͤdlich.
und moͤren, auch andern garten- und feldfruͤchten,
ſind die gaͤnſe ſchaͤdlich. Sie muͤſſen alſo nicht
einzeln, ſondern unter der herde geweidet werden;
wo anderes vih weidet, duͤrfen die gaͤnſe nicht hin-
kommen, weil eines teils ihr miſt alles verdirbet,
teils den pferden einen unleidlichen geſtank verur-
ſachet.
[524]XV haubtſtuͤck
ſachet. Daher gaͤnſe- und ſchwein-ſtaͤlle bei den
pferde-ſtaͤllen nichts taugen, Klingner am a. o.
im IIten teile ſ. 75, 236, 242, und im Iten teile
ſ. 495, 699, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſche
landesgeſaͤze IIIter teil ſ. 375 fg.
§ 1266
peln kom-
men ſie zu-
lezt.
In die ſtoppeln kommen ſie nach dem vihe,
folglich zulezt, keinesweges aber zuerſt. Man
ſchreibet auch jeweilen die anzal vor, wie vil einer
halten ſolle, Klingner im Iten teile ſ. 597.
§ 1267
ſerzehnte ge-
zaͤlet wird?
Der gaͤnſe-zehnte wird nicht nach der herde,
ſondern den eigentuͤmern gezaͤlet. In Pommern
finden ſich rauchgaͤnſe, ſtatt der rauchhuͤner.
§ 1268
woͤrter von
inen.
Im ſpruͤchworte heiſſet es: wenn man die gans
zu dem ganden ſezet, ſo bleibet der gand der mann,
der es ſeyn ſoll, Hert im par. 41 ſ. 461 vol. II
T. III.Piſtorius cent. 4 par. 28 ſ. 199. Eine
gans iſt geflogen aus, ein gickack kommet wieder
nach haus, Piſtorius par. 32 ſ. 203. Wenn
man eine gans uͤbern Rhein ſchicket; ſo koͤmmt
eine gans zuruͤck. Die mannichfaltigen gaͤnſe
ſihet man zum Wilhelms-tale.
Von den aͤnten.
§ 1269
aͤnten di-
nen?
Die aͤnten ſind, wiewol nicht fuͤr ſchleckermaͤu-
ler, gut zu eſſen, und nicht koſtbar aufzuzihen.
Ire federn ſind zwar den gaͤnſe-federn nicht gleich;
in fiſchwaſ-
ſern taugen
ſie nichts.iedoch dinen ſie in der haushaltung. Zum ver-
derben der jungen fiſchbrut ſind ſie geſchickt. Da-
her wo haͤge-fiſchwaſſer ſind, iſt das aͤnten-halten
verboten. Wo aber keine haͤge-fiſchwaſſer ſind,
mag ſie ein ieder halten, und alſo damit umgehen,
wie
[525]von den tauben.
wie Doͤbel am a. o. cap. 120 erinnert, Leopoldt
ſ. 505 fgg. F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit.
26 § 14 ſ. 62. Die narung der untertanen bei
allen waſſern dißfalls einzuſchraͤnken, iſt bedenklich.
§ 1270
In der benachbarten ſtadt Kirchhaine werden
vile aͤnten gezogen. Sie tun dem getreide in fel-
de ſchaden. An der ſtadt Zigenhain iſt ein fuͤr-
treff licher herſchaftlicher aͤntenfang. Zu Wil-
helmstal wird eine menge von allerhand arten
der aͤnten unterhalten.
Sechzehntes haubtſtuͤck
von den tauben.
1271
Die tauben ſind unterſchidlicher gattung. Sie
werden in zame und wilde, und jene in
haus- und feldtauben eingeteilet, der uͤbrigen gat-
tungen nicht zu gedenken. Martin Pegii juriſti-
ſche ergoͤzlichkeiten vom hunde- tauben- und huͤner-
rechte, 1725, 4.
§ 1272
Es iſt eine ſehr ſtreitige frage: ob die feldfluͤch-ob die feld-
tauben dem
beſameten
ſelde ſcha-
den?
ter dem beſameten felde ſchaden zufuͤgen? oder
nicht? Das erſte bejahen vile. Ein kluger und
erfarner Ober-Heßiſcher hauswirt hat auf ſeinem
rittergute mit einem fluge von 80 bis 100 paren
weiſer feldtauben die erfarung oͤfters wiederholet,
und ganz deutlich gefunden, daß durch die tauben
der ſaat kein ſchade zuwachſe; indem nicht tun-
lich ſey, alle ſamenkoͤrner durch die ege unter die
erde zu bringen; folglich wo man es den tauben
aufzuleſen nicht goͤnnen wollte, den ſchaͤdlichen
kraͤhen
[526]XVI haubtſtuͤck
kraͤhen und raben diſer vorzug liber dargeboten
werden muͤſte; abſonderlich da keine taube
ſcharrete.
§ 1273
ben ſind ein-
traͤglich.
deren hal-
tung kan be-
ſchraͤnket
werden.
Die feldtauben ſind fuͤr den eigentuͤmer die
eintraͤglichſten; deren haltung aber an vilen orten
eingeſchraͤnket, und deren anzal auf die feld-guͤter
beſtimmet iſt. Geſtalt dann die F. H. Caſſeli-
ſche greben-ordnung tit. 29 verordnet: daß keiner
tauben an fluge halten ſolle, der nicht eine halbe
hufe, oder an deren ſtelle funfzehen acker andern
landes in der feldmark habe. Wer dreißig
acker, oder eine hufe landes beſizet, haͤlt 12 paar;
wer aber ¾ hufen hat, 9 paar; und ½ hufe 6 paar.
In der winter- und ſommer-ausſat muͤſſen die
tauben iedesmal 14 tage lang innen bleiben, und
duͤrfen nicht ausfluͤgen. Die F. H. Darmſtaͤd-
tiſchen, benebſt andern verordnungen hirvon, fin-
det man in des herrn H. R. Jenichens program.
de columbariis, bei dem Stiſſer am a. o. § 5,
in Peter Muͤllers diſp. de iure columbarum,
beim Klingner am a. o. im Iten teile ſ. 495, ſ.
637, Finſterwalder in den obſeruationibus
practicis, lib. III obſ. 156 num. 28 ſ. 554, all-
wo er aus der Nider-Oeſterreichiſchen landes-
ordnung das tauben-halten anzeiget; Lindenſpur
im commentario uͤber die Wirtenbergiſche poli-
cei-ordnung ſ. 433.
§ 1274
den feldtau-
ben im H.
Darmſtaͤd-
tiſchen ge-
halten
wird?
Beſage der F. H. Darmſtaͤdtiſchen verord-
nung vom jare 1749 muß ein ieder vom tauben-
ſchlage jaͤrlich einen gulden erlegen, und nach be-
ſchaffenheit 3 oder 4 morgen guͤter von iedem tau-
benſchlage jaͤrlich 20 kreuzer, und die kein land
haben, fuͤr ieden ſchlag jaͤrlich 30 kreuzer. Es
muͤſſen auch die leute um haltung der tauben um
einen
[527]von den tauben.
einen erlaubnisſchein nachſuchen. Wenn diezur ſaat-zeit
muͤſſen die
tauben ein-
geſperret
bleiben.
tauben zur ſatzeit wider das verbot in das feld
gelaſſen werden, ſind die eigentuͤmer ſowol ſtraf-
faͤllig, als wenn ſie uͤber die geſezte anzal derglei-
chen halten, oder ſolche zu halten nicht berechtiget
ſind. Sihe die F. S. Altenburgiſche landesord-
nung tit. 81, F. S. Gothaiſche landesordnung im
IIten teile tit. 24, F. S. Weimariſche landes-
ordnung tit. 81, Speidel am a. o. unter dem ti-
tel: tauben, Lindenſpur am a. o. Es duͤrfen
auch die in der ſat-zeit wider das verbot ausfluͤ-
gende tauben gefangen, auch ertoͤdtet werden,
Feltmannde incluſione animalium cap. 21,
Speidel am a. o. Wo wenig feld, und weni-
ges getraide waͤchſet, ſind die feldtauben nicht
zu halten.
§ 1275
Um aber zu wiſſen, ob die untertanen uͤber diedie tauben-
ſchlaͤge koͤn-
nen viſitiret
werden.
geſezte anzal feldtauben halten, koͤnnen die tauben-
ſchlaͤge von der oberkeit viſitiret werden. Ob
aber diſes zur zent oder vogteilichen gerichtsbarkeit
gehoͤre? iſt unter den rechtsgelehrten ſtrittig;
Knichende iure territorii cap. IIII num. 253,
leget diſe befugnis der vogteilichen gerichtsbarkeit
bei. Muͤller am a. o. § 9 ſ. 31. Die F. S.
Altenburgiſche landesordnung uͤberlaͤſſet diſes ie-
des orts oberkeit.
§ 1276
In Thuͤringen und Ober-Sachſen iſt die tau-die tauben-
zucht in
Thuͤringen
und Sach-
ſen iſt gros.
benzucht gros, und rechnet man den nuzen von
19 paar tauben, eben ſo hoch, als von einer kuhe.
§ 1277
Von den eiſernen tauben und deren anſchlagegehoͤren
nicht zur ge-
rade in
Sachſen.
wird unten bei dem pachte gehandelt werden.
Jeweilen werden die tauben zu den beweglichen
ſachen, iedoch nicht zur gerade bei den adelichen
witben
[528]XVI haubtſt. von den
witben in Sachſen gerechnet, Muͤller am a. o.
ſ. 30.
§ 1278
ſtal wird be-
ſtrafet.
Das fangen der tauben iſt ein dibſtal, und
wird benebſt dem unrechtmaͤſigen wegſchuͤßen be-
ſtrafet. F. S. Gothaiſche landesordnung am a.o.
tit. 24. Wormſiſche reformation im fuͤnften bu-
che, IIIIten teile tit. 22. Nider-oͤſterreichiſche
landesordnung tit. 9 § 3 § 11. Die taubenſchlaͤ-
ge, welche durch den eingang der tauben ſich er-
oͤffnen und denſelben den ausgang verſperren, ſind
dibesgriffe, F. S. Gothaiſche landesordnung im
IIten teile cap. 3 tit. 23 ſ. 184, Kur-Braunſchweig-
Luͤneburgiſcher landesgeſaͤze II teil ſ. 675 num. 95.
§ 1279
ſchaͤdlich iſt?
Der ruͤbe- und lein-ſamen iſt den tauben ſchaͤd-
lich, anerwogen ſie die buckeln, oder blattern da-
von bekommen. Die flugloͤcher oder ſchlaͤge duͤr-
fen nicht gegen norden, oder weſten, ſondern ge-
gen oſten, oder ſuͤden gehen; wie ſie aber gewar-
tet werden moͤgen, ſihe bei dem Doͤbel ſ. 277,
Muͤller am a. o., von Rohr am a. o. ſ. 433,
ſie liben die
reiulichkeit.Leopoldt ſ. 524. Sie liben die reinlichkeit, wes-
halber ire neſter oͤfters ausgeraͤumet und gefeget
werden muͤſſen. Sie koͤnnen zum boten, oder
poſtilionen-amte abgerichtet werden, Keyßler
T. II ſ. 548 der reiſen. Die Italieniſche tauben
ſind fuͤr ſchleckermaͤuler, aber nicht die Teutſchen.
Jedoch laſſen ſich die weiſen tauben noch eher,
als die andern eſſen. Vom tauben-zehnten iſt
oben bereits gehandelt worden.
§ 1280
woͤrter da-
von.
Das ſpruͤchwort iſt: azeln hecken keine tauben,
es werden dann die jungen verwechſelt, Hert am
a. o. par. 32, Piſtorius am a. o. cent. 4 par. 90;
die tauben haben keine gall, und ſind der leute
all;
[529]ſchaͤdlichen thiren und voͤgeln.
all; wo tauben ſind, fluͤgen tauben zu, Piſtorius
cent. X par. 53; tauben-vih iſt zank-vih.
Sibenzehntes haubtſtuͤck
von den der Teutſchen haus- und land-
wirtsſchaft ſchaͤdlichen thiren und voͤgeln.
§ 1281
Auf die ausrottung der ſchaͤdlichen thire, beſon-die policet
hat auf de-
ren
ders der hoͤchſtſchaͤdlichen ſperlinge, kraͤhen,
und dergleichen, muß eine iede oberkeit bedacht
ſeyn. Der ſpaz, wie er im Reiche heiſſet, iſt ein
kleiner mit der fallenden ſucht behafteter, boͤsarti-
ger, geiler und liſtiger vogel, der 1) an den
baumknoſpen im jaͤnner und hornung, 2) mit
aushackung des ſamens im maͤrze, 3) im aprill
an eben dergleichen, auch den kohl- und ſallat-
pflanzen, 4) im mai eben den jungen gewaͤchſen,
5) im junius an den zucker-erbſen und kirſchen,
6) im julius an dergleichen, ſodann dem kappes-
und andern ſamen, auch den in der milch ſtehen-
den getreide-koͤrnern, 7) im auguſt an dem wai-
zen und der gerſte, da ganze aͤcker, die an den
hecken ligen, verdorben werden, 8) im ſeptem-
ber an den ruͤbſamen, anhackung des obſtes, 9)
im october an den kaͤſen und den trauben, auch
dem getreide in den ſcheunen, 10) im november
und 11) december auf den fruchtboden, und den
knoſpen an den baͤumen ſchadet, welches von ei-
nem des jares 4 rthl. 2 ggr. \frac{3}{7} pf. tut, beſage der
ausrechnung Peter Krezſchmers oͤconomiſcher
vorſchlaͤge ſ. 147 fg. Daher das ſpruͤchwort lau-
tet: man ſoll ihm den hals umdrehen, wie einem
ſpaze. Man breche dem ſpaz den hals ehe er 9
L ltage
[530]XVII haubtſtuͤck von den
tage alt wird. Groſe ſpaniſche kirſchenbaͤume
voller fruͤchte haben ſie nebſt den dolen diſes jar
in etlichen tagen ihrer kirſchen beraubet, und 4
groſe tragekoͤrbe, die zu ernden geweſt waͤren, ei-
nem hauswirte auf einem benachbarten dorfe zer-
nichtet. Sonſt hat man auch das ſpruͤchwort:
ſpazen arbeit, finken-lon, Piſtorius cent. 9
par. 22.
§ 1282
Die art, ſolche zu fangen, hat Doͤbel in der
jaͤger-practica ſ. 256 des IIten teiles gelehret.
§ 1283
zu ſehen.
Die dolen halten ſich zu den kleinen raben und
kraͤhen, DoͤbelI ſ. 80. Ire narung ſind koͤrner.
Daher ſie an manchen orten verſpeiſet werden.
Die kraͤhe iſt aſchgrau, nebſt einem ſchwarzen
kopfe und dergleichen fluͤgeln. Der kolk-rabe,
der kleine rabe (oder die ſchwarze kraͤhe), die
ruͤcke, rauben ſehr an jungen haſen, reb-huͤnlein,
kuͤchlein auf dem hofe, und ſtreifen die getreide-
aͤren ab, Doͤbel ſ. 79. Weil alſo ſolche art von
thiren hoͤchſt ſchaͤdlich ſind, ſo muß ein ieder un-
tertan des jares eine gewiſſe anzal ſperlings-koͤpfe,
kraͤhen-eier, auch wohl maulwuͤrfe an die oberkeit
lifern, F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit. VI
§ 9 ſ. 21, F. S. Gothaiſche fernere beifugen zur
landes-ordnung ſ. 532 vol. II, Kur-Braunſchweig-
Luͤneburgiſcher landesgeſaͤze IIIIter teil, cap. 5 ſ. 81,
Mylius im corpore conſtitutionum Marchi-
carum Vten teile, IIIte abt. ſ. 375 ſ. 378 num. 33
und 38, F. S. Weimariſche verordnung vom
jare 1705, und Erfurtiſches mandat vom jare
1706, welche beide leztern verordnungen Treiber
in der diſp. de lege paſſerum extirpandorum
erlaͤutert hat. Im uͤbrigen ſaget man: es hacket
keine
[531]ſchaͤdlichen thiren und voͤgeln.
keine kraͤhe der andern ein auge aus, Piſtorius
cent. X par 9.
§ 1284
Der wildfraß iſt eine bekannte ſache. Er ver-der wildfraß
verringert
den wert der
guͤter.
ringert den preiß der ligenden gruͤnde. Wie
dann wohl an ſolchen orten ein morgen nur 5 fl.
gilt, da er ſonſt weit hoͤher verkaufet werden koͤnn-
te. Der geile haſe, welcher ſelb-ander im fruͤlin-
ge zu felde und im herbſte auf die 16 bis 17 wieder
zu holze gehet, maͤhet im getreide ganze gaͤnge, im
herbſte ſuchet er die kohlſtuͤcke heim, und im win-
ter laͤſſet er den braunen kohl ſein graͤße ſeyn, auch
ſchaͤlet er die jungen obſtbaͤume. Die caninichen
ſind den gebaͤuden, auch jungen obſtbaͤumen, die
wilde aber dem getreide nachteilig. Das eich-
hoͤrnlein iſt ein nuß-raͤuber und ſchaͤlet die jun-
gen baͤume.
§ 1285
Der woͤlfe halber war Teutſchland nach dendie woͤlfe ge-
hoͤren eben-
falls unter
die ſchaͤdli-
chen thire,
dreiſig-jaͤrigen kriges-zeiten ſehr geplaget. Zu
Eringshauſen zwiſchen hier und Alsfeld werden
die zeuge zur wolfs-jagt noch auf bewaret. Sihe
den Raiſende perſecutione luporum. Giſen
in 4. Die hirſche, thire, die fuͤllen, das junge
rindvihe, die ſchafe, hunde, ſind ihr raub. Die
luchſe thun zwar der wildbahn groſen ſchaden,
aber nicht ſo leicht als der wolf den uͤbrigen
thiren.
§ 1286
Die daͤchſe finden ſich bei den weiſen ruͤbenwie auch die
daͤchſe, fuͤch-
ſe, u. ſ. w.
ein; der liſtige fuchs raubet die junge haſen, rehe,
huͤner, gaͤnſe, voͤgel ꝛc. Die fiſchotter rauben
die karpfen, forellen ꝛc. Einen ſez-teich machen
ſie leer. Die wilde kaze raubet junge rehe, haſen,
feder-wildpret, huͤner in den doͤrfern; die baum-
ſowohl ſtein-marder verderben im ſommer die
L l 2voͤgel-
[532]XVII haubtſtuͤck von den
voͤgel-brut, im herbſte nemen ſie die gefangenen
voͤgel aus den donen, im winter borgen ſie, fuͤr-
naͤmlich die ſtein-marder, dem bauer die huͤner
und tauben ab. In einem huͤner-hauſe, oder
tauben-ſchlage, beiſen ſie allen die koͤpfe ab. Mit
gedoͤrretem obſte, als pflaumen und birnen, ne-
men ſie in den bauren-haͤuſern auch vorlib. Der
raz, oder iltis, raubet die huͤner, tauben, eier,
fiſche ꝛc. Die wiſel iſt eines der ſchaͤdlichſten
raubthirgen an der brute der auerhaͤne, birkhaͤne,
faſanen, rebhuͤner und allerhand voͤgel, insbeſon-
dere der huͤner-eier, die ſie entweder fortſchleppen,
oder ausſaugen. Die jungen haſen wuͤrgen ſie
mit zerbeiſſung des genickes. Den kuͤhen beiſſen
ſie in die eiter. Der hamſter traͤget das ſchoͤnſte
getreide in ſeine roͤren.
§ 1287
die meiſen,
Die ſechſerlei gattung von meiſen, fuͤrnaͤmlich
die groſe oder pick-meiſe, tun an den baum-knos-
pen, erbſen, auch wohl den binen, ſchaden, Doͤ-
bel ſ. 64. Die dreierlei ſchwalben ſind den bi-
nen ſehr nachteilig, indem ſie diſe im fluge weg-
ſchnappen. Der reiher iſt ein ſchadhafter vogel
an den fiſchen. Der ſtorch raubet die junge brut
der voͤgel, als lerchen, huͤner, wachteln ꝛc. Die
binen, welche auf den wiſen blumen ſizen, leſen
ſie ab und verſchlucken ſie.
§ 1288
ten,
Von den wilden aͤnten fiſchet der ſee-rache
ſtark. Diſes tut auch die groſe wilde aͤnte, und
fallen auf die gerſten und hafer-ſchwaden.
§ 1289
raub-voͤgel.
Eigentliche raub-voͤgel ſind der ſtein-adler,
ſchuhu, haſen-geier, blau-fuß, habicht, der weis-
geſperberte habicht oder groſe ſperber, die muͤlans
(kurvi auch ſchwalbenſchwanz), der maͤuſe-geier,
der
[533]binen, oder immen.
der fiſch-geier, ſperber, das ſprenzgen oder die
ſchmerl, der baum-falke, der rittel-geier, die horn-
und ſtein-aͤule, der heier oder marcolph, die aͤlſter
oder azel, die kolk-raben, die ſchwarze kraͤhen, die
kraͤhen, die ruͤcken, die krick-aͤlſter, oder krick-azel,
die dolen, Doͤbels jaͤger-practica I ſ. 29 fgg.
Achtzehentes haubtſtuͤck
von den binen oder immen.
§ 1290
Unter die nuͤzlichen inſecten gehoͤren die binenwas die bi-
nen ſind?
und deren
gattungen.
und ſeiden-wuͤrmer. Die binen ſind eine
geſellſchaft ſtarker fluͤgen, die unter einer weibli-
chen regirung honig und wachs machen. Sie
ſind entweder zame, oder wilde. Die zamen
ſind bei den Teutſchen bereits lange gehaͤget wor-
den, wie dann ehedem die kaiſer daraus ein regale
gemachet haben, von Eccardad legem Sali-
cam tit. VIIII leg. I-VII,Koͤhlerde caſtro
imperii foreſtali Brunn. ſ. 39, Scheurl von
Deſſersdorfde iure mellicidii,Schwarzde
butigulariis Norimbergenſibus. Die wilden
in den waͤldern gehoͤren dem eigentuͤmer deſſelben,
oder dem forſt-herrn, Stiſſers forſt- und jagt-
hiſtori der Teutſchen cap. VI § 33 ſ. 187, der
ausgabe vom jare 1754, Fritſchde iure horto-
rum § 44, F. H. Caſſeliſche greben-ordnung
tit. 23 § 12 ſ. 52, F. H. Darmſtaͤdtiſche forſt-
ordnung § 77. Von den zeidelguͤtern ſoll unten
gehandelt werden.
§ 1291
Die zamen binen ſind braͤunlich-gelbe; hinge-der binen
aͤuſſerliche
beſchaffen-
gen die wilden raucher, ſchwarzer und dicker,
L l 3auch
[534]XVIII haubtſtuͤck
heit und be-
ſchaͤftigung.auch kuͤrzer, als die zamen. Die binen ſaugen
das honig aus allerlei blumen, die unten am ſtile
ein troͤpflein gleich dem taue haben. Sie ſchlu-
cken es ein und ſpeien es hernach in den wefel;
naͤchſtdem tragen ſie an den beinen das wachs ein.
Weiter holen ſie zur ſpeiſe das meel, welches an
den buͤzlein der blumen hanget. Andre holen
waſſer, andre miſt-ſotte und d. g. Andre ſtehen
am flugloche wache, andre bereiten die narung,
andre bereiten die ruſten; andre haben die wache
beim weiſel. Laͤſſet man ein glaͤſernes behaͤltnis
fuͤr ſie machen, um ire arbeiten zu bemerken; ſo
iſt doch diſes in etlichen tagen mit wachſe inwaͤn-
dig uͤberzogen, daß man nichts mehr von irer ar-
beit warnemen kan. Sie gebrauchen zu ein-
ſammlung des honigs und was inen ſonſt noͤtig
iſt, ire kinbacken, welche mit ordentlichen zarten
zaͤnen verſehen ſind, und ire zungen. Die wil-
den binen ſind von den raub-binen wieder unter-
ſchiden. Diſe ſind entweder eigen, oder fremde.
§ 1292
nen ſind zu
deren hal-
tung anzu-
ſtrengen.
Dieweil diſe reine und arbeitſame thirlein
durch ihr honig- und wachs-machen ſich ſowohl
noͤtig, als auch nuͤzlich machen; ſo ſind die unter-
tanen zu deren haltung anzuſtrengen. Wie dann
in der Kur-Mark-Brandenburgiſchen flecken-
dorf- und acker-ordnung vom jare 1702 beim
Mylius im Vten teile IIIte abt. I cap. num. 32
ſ. 238 § 35 verordnet iſt: daß ein ieder bauer bei
ſtrafe 1 gl. fuͤr das ſtuͤck, zum wenigſten 4 ſtoͤcke,
ein halber bauer 2, und ein coſſate 1 ſtock halten
ſollen. Diſemnach auch ieder untertan auf der
heide wonend, die honig zinſen erlegen muͤſſen, ſie
haben gleich binen oder nicht, Stiſſer am a. o.
ſ. 188 in der nota § 33, S. Gothaiſche landes-
ordnung P. II cap. 3 tit. 26 ſ. 188. In Sach-
ſen
[535]von den binen oder immen.
ſen machet man den anſchlag von einem binenſto-
cke folgendermaßen: 1 guter ſtock gibet jaͤrlich
8 bis 10 kannen honig, und 2 pfund wachs, zu
8 ggl. Die kanne honig gilt 10-12 ggl., 1 ſchlech-
ter ſtock traͤget 4 bis 6 kannen, Hofmann am
a. o. im IIIten teile ſ. 268.
§ 1293
Es kommet aber auf die ſtellung des binen-kor-auf die an-
legung und
ſezung des
binen-hau-
ſes oder kor-
bes koͤmmt
viles an.
bes oder ſtockes und anlegung des binen-hauſes
viles an. An den orten, wo eine geſunde lage,
nicht vil waſſer, raͤumige felder, benebſt gaͤrten,
aͤckern, beſonders mit ſommer- und winter- ruͤbe-
ſamen, hedrig und andern honigkraͤutern und blu-
men, wiſen und holzungen, heiden ꝛc. ſind, befin-
den ſich die binen wohl. Das flugloch muß ge-
gen mittag ſtehen, und die ſonne diſes loch wohl
beſcheinen koͤnnen. Das hintere teil des ſtockes,
oder korbes muß gegen mitternacht wider wind
und regen wohl verwaret werden. Nahe am
waſſer, in ſauren, kalten und allzuhohen gegen-
den, wo es geringen, oder allzuweit entfernten
feldbau gibet, ſintemal der weite binenflug keinen
nuzen bringet, oder wo langes gras, ſchilf und
rohr waͤchſet, oder wo ſie der rauch angehet, bei
ſchmelz- ſchwefel- vitriol-huͤtten, toͤpfer-oͤfen und
gift-faͤngen, gedeien ſie nicht, oder wenigſtens ſte-
hen ſie nicht ſonderlich, von Rohr im hauswirt-
ſchafts-buche ſ. 434 fgg. Die binen befinden ſich
wegen der beſtaͤndigen bluͤte in den heiden am be-
ſten. Man hat zwar alles diſes bei anlegung der
binen-haͤuſer genau beobachtet; allein im beſten
binenhauſe will es dennoch nicht von ſtatten gehen.
Man behaubtet: der ſtock muͤſſe frei ſtehen. Ein
freund hat das binenhaus nidergeriſſen, und die
binen frei geſtellet. Nun gluͤcket es ihm beſſer.
L l 4§ 1294
[536]XVIII haubtſtuͤck
§ 1294
nenkoͤrbe
am beſten
gemachet
werden?
Die binen-koͤrbe werden am beſten vom ſtrohe
und weiden, oder linden-baſt unten breit und oben
ſpizig gefertiget. Das ſchneiden, oder zeideln im
herbſte iſt den binen ſehr ſchaͤdlich, wenn man
inen naͤmlich das honig nimmet, immaßen ſie da-
durch in hungers-not verſezet werden, und ſterben,
wenn man ſie bei vermerkten mangel des vorrates
nicht wieder mit viler muͤhe und genauer aufſicht
mit reinem honig fuͤttern will. Sie muͤſſen wohl
gewartet und reinlich gehalten werden, Zink im
oͤkonomiſchen lexico ſp. 295, von Rohr am a. o.
ſ. 66, ſ. 440, 444.
§ 1295
ſchwarm be-
ſtehet?
Ein ſchwarm oder ſtock beſtehet 1) aus einem
koͤnige, weiſer (weiſel), den man aber in den
oͤconomiſchen ſammlungen ꝛc. aus den Breslaui-
ſchen natur- und kunſt-geſchichten ſ. 662 fg. nicht
fuͤr einen koͤnig, ſondern das allgemeine binen-
weiblein angeſehen wiſſen will, das allein die eier
lege, Zink am a. o. ſp. 298, 302, Stiſſer ſ. 232.
2) den troͤnen, traͤnen (droͤnen, waſſer-binen),
welches die brut-binen und maͤnnlichen geſchlech-
tes ſind. Sie tragen nicht ein, ſie ſind ſchwarz
und noch einmal ſo ſtark als die andern binen, ſie
haben darnebſt keinen ſtachel; 3) die flug-binen,
welche keines geſchlechtes, ſondern zwitter ſind.
§ 1296
nen entſte-
hen?
Die bine iſt ein gezifer, welche aus einem ei,
das nach vorheriger zuſammentuung des maͤnn-
leins und weibleins vom leztern geleget wird, aus-
gebruͤtet worden iſt, und welche irer natur nach
anders nicht, als in verſammlung anderer binen
ihr leben bekommen, ſolches erhalten, auch ire
dinſte vermittels andrer vergeſellſchafteter binen
durch eintragung und bereitung des wachſes und
honi-
[537]von den binen oder immen.
honiges verrichten kan, Hofmann am a. o. im
IIten teile ſ. 211.
§ 1297
Diſe zame geſellſchaft gehoͤret dem eigentuͤmer;die zamen
binen gehoͤ-
ren dem ei-
gentuͤmer.
da ſie ſich nun vermeret und eine neue geſellſchaft
von ihr ausgehet; ſo gehoͤret diſe dem herrn der
binen ebenfalls, ſo lange derſelbe beſcheinigen kan,
daß der fortgeflogene ſchwarm der ſeinige ſey,
Stiſſer am a. o. § 14 ſ. 235 fgg., Peter Muͤller
de iure apum. Daher pfleget man auf becken
zu ſchlagen, um zu erkennen zu geben, daß ſeine
binen ſchwaͤrmen. Oefters ſchwaͤrmet ein binen-
ſtock des jares 2 mal, alsdann heiſſet der lezte
ſchwarm der affter-ſchwarm. Schwaͤrmet aber
ein junger bien noch ſelbigen jares, ſo nennet man
diſes einen jungfern-bien.
§ 1298
Finden ſich fremde raub-binen ein, ſo lauretwie mit den
raub-binen
zu verfaren
iſt?
man ſelbigen auf, machet ſeinen ſtock zu, und be-
ſtreuet die raͤuber mit mehl, und tut diſes dem
andern bienhalter kund, um die raͤuber abzuſchaf-
fen, wo nicht, machet man diſen einen fraß, wor-
an ſie ſterben. Die eigenen raub-binen muß man
toͤdten, bevorab da die guten binen ſolche ausbei-
ſen und verfolgen, Zink am a. o. ſp. 2354, Stiſ-
ſer am a. o. § XI. Auf gleiche weiſe kan man
nach den wirtſchaftsregeln die ſpaͤten ſchwaͤrme,
und welche nicht viel vorrat auf den winter einge-
tragen haben, ertoͤdten, immaßen man dadurch
einen vorteil und nuzen hat; da hingegen wenn
man ſie leben laſſen will, ſind ſie mit ſchaden zu
unterhalten.
§ 1299
Es iſt durch eine gute binen-zucht vil gelt einzu-die binen-
zucht iſt ein-
traͤglich.
bringen, und zwar nicht allein durch das honig,
ſondern auch durch das wachs, immaßen wegen
L l 5der
[538]XVIII haubtſtuͤck
der vilen wachs-manufacturen, durch faͤrben, blei-
chen, guͤſſen, poßiren ꝛc. ein großer nuzen einem
ſtate verſchaffet werden kan. Von der wachs-
arbeit ſihe den vermehrten und erfarnen ſeifenſi-
der 1738, und Joh. Melch. Croͤckers kunſt-ka-
binet, welches bei deſſen wohl anfuͤrenden maler
zu finden iſt, 1743, Florinus am a. o. im Iten
teile, ſ. 1155 fgg.
§ 1300
wachsblei-
che,
Es kommet aber von den binen gelbes und wei-
ſes oder jungfern wachs. Erſteres wird geblei-
chet, und ſind die wachs-bleichen in Schwaben
z. e. in Augsburg ꝛc., im Luͤneburgiſchen und
Kur-Brandenburgiſchen von erheblichkeit. Der
Kur-Brandenburgiſchen wachsbleicher freiheiten
ſihe beim Mylius im Vten teile IIte abt. ſ. 459.
Der wachs-aufkauf iſt in den Kur-Brandenbur-
giſchen landen verboten, ſ. 86, 102, 210. Nur
die ſtadt Venedig uͤberkommet aus Ungarn fuͤr
die 500,000 fl. am wachſe, KeyßlerII, ſ. 838.
Von dem wachshandel und der bleiche iſt Mar-
pergers kaufmanns-magazin II ſ. 649-652
nachzuſchlagen.
§ 1301
zehnten,
Es ſind auſſerdem die binen- oder immen-zehn-
ten bekannt, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſche
landesgeſaͤze im IIIten teile cap. 4 ſ. 1009,
Klingner am a. o. im IIten teile ſ. 365, 388, man
hat die honig-zinſen hier und da, es gibet auch
wachs-zinſen, welche den kirchen entrichtet werden.
§ 1302
wegen des
wetterſcha-
dens iſt auf
den ſchaden
der binen
Wegen des erlaſſes bei dem erlittenen wetter-
ſchaden an den feldfruͤchten bei meiern und pach-
tern iſt kein erlaß des binen-ſchadens zu gewaͤrti-
gen, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-
geſaͤze
[539]von den binen oder immen.
geſaͤze IIter teil cap. II ſ. 660, es ſind auch dienicht zu er-
ſtrecken.
immen-zerungen verboten, IIII, cap. 5 ſ. 59.
§ 1303
Der binen-dibſtal wird willkuͤrlich und nachder binen
dibſtal wird
verſchident-
lich beſtra-
fet.
befinden mit dem ſtaup-beſen beſtrafet, Beyer in
der delineat. iur. criminalis ſ. 330. Laufet ſol-
cher uͤber 5 ducaten, wird er mit dem ſtrange be-
ſtrafet, von Berger in der oeconomia iuris ſ.
231, Bilderbeck in der reſolut. IIII § 5.
§ 1304
Von der binen-krankheiten und mittel dafuͤr,
beſonders dem binen-pulver, ſihe den von Rohr
am a. o. ſ. 445, den Zink am a. o. ſp. 306, 307,
Leopoldt ſ. 678.
§ 1305
Von der binen-zucht, dem honige und wachſedie ſchriften
von der bi-
nenzucht ꝛc.
hat man vile ſchriften. Es gehoͤret dahin Jo-
hann Geddensapiarium Anglicum, welches
auch in die Teutſche ſprache uͤberſezet iſt, unter
dem titel: der vollkommene binen-meiſter, Leipzig
1729, auch deſſen neue entdeckung einer fuͤrtreff-
lichen methode der binen-haͤuſer und colonien 1729,
Gruͤbels Brandenburgiſche binen-kunſt, J. A.
Becks beſchreibung von der binen- oder immen-
natur, Neuſtadt 1700, 8, Hannoͤveriſche anzei-
gen vom jare 1750 im Novemb. und December,
worin beſonders von der Luͤneburgiſchen binen-
zucht gehandelt wird, die man fuͤr die beſte ein-
richtung haͤlt, Hoͤflers, Graͤzmanns, Quer-
becks, Warders ſchriften hirvon ſind auch nicht
zu verachten. Andreas Picus von den binen,
dem honige und wachſe, von Hobberg im Xten
buche des IIIten teiles ſeines adelichen landlebens
ſ. 276-292, Florinus ſ. 1134, 1163 des IIten
bandes. Im uͤbrigen ſaget man: gelehrte leute
und
[540]XIX haubtſtuͤck
und binen muͤſſen wohl in acht genommen werden,
Piſtorius cent. X, par. 17.
Neunzehentes haubtſtuͤck
von den ſeidenwuͤrmern.
§ 1306
wie vilerlei
die ſeiden-
wuͤrmer
ſind?
Tſchina iſt das vaterland des ſeidenbaues.
Daher muß man diſen von den Tſchineſern
beſchreiben lernen. Die ſeide iſt ein weicher, zar-
ter fade vom geſpinſte eines ſeidenwurmes. Diſer
iſt die gattung einer raupe. Die arten der ſeiden-
wuͤrmer ſind fuͤnferlei, welche de Sauvage ſ.
132 der nachrichten von den ſeidenwuͤrmern be-
ſchriben hat. Man ſehe auch den Du Halde in
der beſchreibung des Tſchineſiſchen Reiches IIten
teile ſ. 241-262. Die gattungen der ſeide und
deren handel erzaͤlet Marperger am a. o.
ſ. 463-466.
§ 1307
bau und de-
ren manu-
facturen
ſind ſehr
eintraͤglich.
Der ſeidenbau benebſt den ſeidenmanufacturen
iſt fuͤr eine goldgrube des landes zu halten, geſtalt
Heinrich der IIII durch einfuͤrung des ſeidenbaues
den Franzoſen groſe geldſummen verſchaffet hat,
von Juſti in der ſtats-wirtſchaft I ſ. 16, ſ. 22,
ſ. 256, 257, 492, von Schroͤtern in der fuͤrſt-
lichen ſchaz- und rent-kammer cap. 70 § 9, Stiſſer
am a. o. ſ. 248. Die Engellaͤnder zihen wohl
jaͤrlich nur fuͤr ſeide 405000 pfund ſterling aus
irem handel mit der ſeide.
§ 1308
gut befin-
den.
Wo marmes land ſich befindet, das ſandig
und leimig iſt, da ſind die maulbeerbaͤume, beſon-
ders die weiſe, zu pflanzen, von Rohr in hiſto-
ria
[541]von den ſeidenwuͤrmern.
ria arborum naturali, cap. 56 § 1 § 5, Jean
Aunant l’art de planter et de cultiver les meu-
riers blancs, 1744, oder gruͤndliche anweiſung
zum ſeidenbaue, Leipzig 1748, 8. Doch dultet
man wegen der ungeſunden luft, welche die ſei-
denwuͤrme verurſachen, diſe nicht gern in den
ſtaͤdten. Darneben muß der ort ires aufenthal-
tes vom miſte, waſſer-geraͤuſche, vihe-triften, dem
blize, und allem getoͤſe entfernet ſeyn.
§ 1309
Der ſeidenwurm iſt gemeiniglich ein weiſerderen geſtalt
und anſe-
hen, auch
unterhalt.
wurm in geſtalt einer raupe, deren futter die
maulbeer-blaͤtter von den weiſen maulbeer-baͤu-
men, auch in Tſchina eichenblaͤtter ſind. Man
findet von diſen wuͤrmern gute nachrichten in den
oͤconomiſchen ſammlungen aus den Breslauer
natur- und kunſt-geſchichten ſ. 663-682, beim
KeyßlerT. I der reiſen ſ. 329 fg., Zinken am
a. o. ſp. 2704 fg., Stiſſer am a. o. § 7, Hom-
burgs abhandelung von den kleinen ſpinnen in
den memoires de l’ academie des ſciences,
1702, ſ. 350. Menanders diſp. de ſerico ex
telis aranearum 1748. Sihe auch des Mol-
wizensGermaniam bombyzantem, den ſeiden-
bau beſchriben von einem mitglide der Koͤniglich
Preuſiſchen ſocietaͤt der wiſſenſchaften, Berlin
1714, 4, Mylius am a. o. im Vten teile IIte abt.
ſ. 463, 473, Rathgebens tr. von der natur des
ſeidenwurmes ꝛc. Von pflanzung der maulbeer-
baͤume wird unten bei den baͤumen gehandelt
werden.
§ 1310
Gleichwie aber der ſeidenhandel oͤfters zur ver-
ſchwendung, nicht minder zum betruge anlaß gi-
bet; alſo kan, was das erſte belanget, der ge-
brauch der ſeiden bei den untertanen beſchraͤnket,
auch
[542]XX haubtſtuͤck
auch wohl verboten werden, Reichspolicei-ord-
nung vom jare 1577 tit. 9 und tit. 21. Der be-
trug aͤuſſert ſich ſowohl in der ſchlechten farbe, als
auch in der vermiſchung der floretſeide mit der gu-
ten ſeide, Reichsabſchid 1594 § 128, und 1603
§ 64, Savari im vollkommenen kauf- und han-
delsmanne IIten teile ſ. 36.
Zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den raupen.
§ 1311
beſchaffen-
heit, ſchaͤd-
lichkeit und
gattungen.
Unter die ſchaͤdlichen inſecten gehoͤren die rau-
pen, welche ein ungezifer in geſtalt eines
wurmes, mit vilen fuͤßen verſehen und ein haubt-
verderber des garten-werkes, auch der baͤume und
hecken ſind. Es ſind derſelben gar vilerlei arten.
Jedoch ſind dreie gattungen derſelben am ſchaͤd-
lichſten, Muͤllers gaͤrtner-lexicon, IIter teil ſ. 194.
Wenn ſie alt werden, verwandeln ſie ſich in ſom-
mer-voͤgel, oder ſchmetterlinge. Diſes ungezifer
zu tilgen, iſt das beſte mittel: fleißig und zeitig zu
raupen, das iſt, die raupen-neſter und alles ge-
ſpinſte, welches an den blaͤttern, nicht minder an
den zweigen und aͤſten angeſezet wird, zu behoͤri-
ger zeit abzunemen, Zink am a. o. ſp. 2361 fg.
und in den Leipziger ſammlungen im Vten ſtuͤcke
num. I.
§ 1312
nen ſind
zum raupen
anzuhalten.
Es hat diſemnach die policei die untertanen da-
hin anzuſtrengen, daß ſie bei ſtrafe im fruͤlinge
und andern zeiten fleißig raupen, F. H. Caſſeli-
ſche greben-ordn. tit. 13 § 5 ſ. 34, S. Gothaiſche
fernere beifugen zur landes-ordnung, cap. II
num.
[543]von den raupen.
num. 84 ſ. 534, Klingner am a. o. im Iten teile
ſ. 247, 494, 597, von Rohr im hauswirtſchafts-
buche ſ. 232, 234, 292. Teils die oſtwinde, teils
der anhaltende regen auf die baumbluͤte, teils auf
die ausbrechenden knoſpen, befoͤrdern die menge
der raupen. Eine art, faſt eines kleinen fingers
dick, welche braun ausſihet, machet ſich an die
apricoſen-baͤume. Die kappes-raupen muͤſſen
durchs abſchuͤtteln und wegleſen getilget werden,
oder der ſamen iſt nach fuͤrſchrift Krauſens gaͤrt-
ner und des hausverwalters ſ. 496 einzuweichen,
oder es werden friſche neſſeln unter die kraut-pflan-
zen geleget, Gabriels kunſterfarner gaͤrtner, ſ.
128. Die baum-raupen-neſter muͤſſen im winter
und laͤngſtens im februar abgenommen werden.
Schwefel auf einen alten beſen gelegt und unter
dem baume angezuͤndet, toͤdtet ſelbige, oder ein
rauch vom ſchwarzen harze und weirauche bringet
ſie ums leben, oder auf brennende ſtrohwiſche
horn und ſchwefel geleget, erſticket ſolche, Krau-
ſens gaͤrtner ſ. 13, Boͤcklers haus- und feldſchule
ſ. 414. Die ſchwarze ringel-raupen werden zer-
ſchnidten, Riedels garten-lexicon ſ. 643, von
Hartenfels oder Reiſenberges gartenſaal ſ. 37.
Die abgeleſenen aber durch die vergrabung zu
vertilgen, iſt eine torheit, Reicharts gartenſcha-
zes IIIter teil ſ. 137 fg.
§ 1313
Die heuſchrecken thun ebenfalls dem graſe, ge-vom andern
ſchaͤdlichen
ungezifer.
treide und uͤbrigen erdgewaͤchſe groſen ſchaden;
daher ebenfalls auf deren ausrottung behoͤrige
ſorgfalt zu nemen iſt. Sihe davon die oͤconomi-
ſche fama im IIten ſtuͤcke num. 4, Leipziger ſamm-
lungen ſ. 389, Stiſſer am a. o. im Iten haubtſt.
Ite abt. § 36, 39, allwo von den erdfloͤhen, den
pfeifern, ſchwarzen maden und andern ſchaͤdlichen
thiren
[544]XXI haubtſtuͤck
thiren gehandelt iſt, auch die mittel dawider an-
gegeben werden.
Ein und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von der zamen fiſcherei.
§ 1314
die zame
fiſcherei ver-
ſtanden
wird?
Durch die zame fiſcherei verſtehet man diejeni-
ge, welche in teichen (weihern), canaͤlen
und graben, welche jemand auf dem ſeinigen anle-
get, geſchihet.
§ 1315
der fiſche.
Teich-fiſche ſind, wenn es brunn-quellen ſind,
die forelle, oder wo der zufluß aus einem bache,
oder ſtrome koͤmmt, der hecht, und der baͤrſch.
Von diſen fiſchen laͤſſet man auch einen eben krank
geweſenen etwas genuͤſſen. Sodann beſezet man
die teiche fuͤrnaͤmlich mit karpfen, karauſchen.
Die teich-fiſche ſind entweder weichliche, als die
hechte und baͤrſche, welche leichtlich abſtehen, und
haͤrtere, z. e. die karpfen, karauſchen und ſchleien.
§ 1316
teich iſt?
Der teich iſt ein mit einem damme verſehener
ort, darin waſſer ſich ſammlet und auf behalten
wird. Die teiche ſind entweder 1) leich-ſtreich-
teiche, worin der fiſch bruͤtet; oder 2) ſtreck-tei-
che, worin der 2 jaͤrige fiſchſame waͤchſet, Leo-
poldt am a. o. ſ. 561, 564 fgg.; oder 3) gewaͤchs-
teiche, darin die fiſche gros werden; oder 4) fiſch-
behaͤlter, worin man die ſpeiſe-fiſche auf behaͤlt,
Zink am a. o. ſp. 2888 fg., von Juſti am a. o.
I, ſ. 492, Stiſſer am a. o. ſ. 296 § XII cap. VIII.
§ 1317
[545]von der zamen fiſcherei.
§ 1317
Hiernaͤchſt koͤnnen ſolche teiche entweder abge-und gattun-
gen.
laſſen werden, oder nicht. Ferner ſind ſie ent-
weder karpfen- oder hecht- oder forellen- oder ka-
rauſchen- ꝛc. teiche.
§ 1318
Von der eintraͤglichkeit der teiche laͤſſet ſichſind ein-
traͤglich.
daraus urteilen, z. e. man tue in einen teich 200
ſchock ſez-karpen; ſo bekoͤmmt man nach 2 oder 3
ſommern 200 centner karpfen, ieden zu 6 rthl.,
traͤget 1200 rthl., Zink am a. o., von Rohr im
hauswirtſchaftsbuche ſ. 912 fg. § 6. Wie aber
die anlegung ſotaner teiche beſchehen muͤſſe, erwaͤ-
net der Hofmann am a. o. IIIten teile ſ. 213 fg.
und IIten teile ſ. 175, Florinus am a. o. im Iten
teile ſ. 1181. Nach 6 jaren muß der abgelaſſene
teich durch graben ausgetrocknet, und das fruͤjar
auf beſchehenes pfluͤgen, mit gerſten, haber, hei-
dekorn, hirſe, erbſen, wicken ꝛc. beſaͤet werden.
Wird diſe frucht beizeiten reif, ſo ſaͤet man ruͤbe-
koͤrner hinein. So bald die ruͤben gewachſen
ſind, bleiben ſie ſtehen, und das waſſer wird ein-
gelaſſen, und der teich aufs kuͤnftige fruͤjar beſe-
zet. Diß iſt die beſſerung und der wuchs der
fiſche erſezet die zeit doppelt, die der teich unbeſezet
blibe, Doͤbel ſ. 238.
§ 1319
Das ſtelen aus ordentlichen teichen wird wieder fiſchdib-
ſtal aus tei-
chen wird
wie ein an-
drer dibſtal
beſtrafet.
ein andrer dibſtal beſtrafet, peinliche halsgerichts-
ordnung kaiſer Carls Vten art. 169, F. H. hals-
gerichtsordnung vom jare 1535 art. 91, Baieri-
ſche malefizordnung tit. 12 art. 11, Nuͤrnbergiſche
reformation tit. 24 zweites geſaͤz, Kur-Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſcher landesgeſaͤze IIter teil, cap.
2 ſ. 670, und IIIIter teil cap. 6 ſ. 298, Kling-
M mner
[546]XXI haubtſtuͤck
ner in den zuſaͤzen zu Becks forſtgerechtigkeit
ſ. 681, 682, Florinus im Iten teil ſ. 136, ſ. 1186.
§ 1320
otter und
biber gehoͤ-
ren zur jagt.
Die fiſchotter und biber ſind zwar auch fiſch-
raͤuber, allein wenn der eigentuͤmer des teiches die
jagt nicht hat, darf er ſolche auch nicht fangen,
Beck am a. o. cap. XIII § 5 ſ. 254 und 703.
§ 1321
herr kan ſei-
ne fiſche bei
den uͤber-
ſchwem-
mungen
[v]erfolgen.
Wenn ein teich, oder weiher, durch einen wol-
kenbruch, guß oder auf andre weiſe ausbricht,
oder uͤberſchuͤſſet, und dadurch die fiſche fortge-
ſchwemmet werden, darf der teichherr ſolchen
nachſezen, und ſie wieder auffangen. Inhalts
des erzherzogtumes Oeſterreich ordnung de iuri-
bus incorporalibus tit. X § 3 muß diſes inner-
halb tag und nacht vom teichherrn befolget wer-
den, Schmidt in der auslegung des Baieriſchen
landrechtes.
§ 1322
zehntbar
ſind?
Wo der grund und boden zehntpflichtig iſt,
werden auch die fiſche in teichen gezehntet,
Werndtle vom zehnt-rechte im IIten buche cap. 3
ſ. 105 fgg., Florinus am a. o. im Iten teile ſ.
1186 am ende.
§ 1323
ſchaden der
erfrornen
fiſche tragen
muß bei den
pachten?
In ſachen des graͤflichen pachters zu N. kam es
1740 auf einen teich-ſchaden von 2000 rthl. an,
wer den ſchaden der erfrornen fiſche zu tragen ha-
be? Es faͤllet 1) die beſchaffenheit des teiches in
betrachtung, und 2) ob wuhlen-loͤcher durchs eis
ſind gehauen, auch ſtangen mit abgehauenen ſtro-
he darin ſind geſchlagen worden? Hat nun der
teich weder warme quellen, noch den gehoͤrigen
zu- und abfluß, und die fiſche erfriren, der wuhlen
ungeachtet, darin; ſo iſt der pachter auſſer ſchuld,
Doͤbel am a. o. ſ. 238. Wie man ſich immit-
tels
[547]von der zamen fiſcherei.
tels bei dem froſte wegen eines teiches zu verhalten
habe, lehren das oͤconomiſche lexicon ſ. 3397, der
von Rohr am a. o. ſ. 931 § 12, 13, und Leo-
poldt ſ. 594 fg.
§ 1324
Bei der ſonderung des lehns vom erbe, iſt vor-wer die
fiſche bei der
ſonderung
des lehns
vom erbe
erhaͤlt?
aus zu ſezen, daß die ſazfiſche im erſten jare den
beſten wachstum tun, folglich es billig iſt, daß
den erben des vaſallen die fiſche bleiben, wenn er
nach dem erſten ſazjare verſtorben iſt. Von den
dinſtbarkeiten der fiſchereien handelt Friſede iu-
re ſemitarum.
§ 1325
Von der anlegung und lage der teiche ſihe dendie ſchrif-
ten davon.
Stiſſer in der einleitung zur landwirtſchaft, cap.
VIII, IIte abt. § 13 fgg., den von Rohr in der
einleitung zur landwirtſchaft, und im hauswirt-
ſchaftsbuche ſ. 912, 914 fgg., Eulers vorſchlag
zum beſten des teichwaſſers, Georgen Man-
golds fiſchbuch, den von Hobberg ſ. 295 fgg.,
und fuͤrnaͤmlich Doͤbeln im IIIten teile der jaͤger-
practica ſ. 223 fgg., ChomelT. V ſ. 1026 fg.
§ 1326
Die verwalter haben bei den guͤtern, bei wel-der verwal-
ter obligen-
heiten bei
den teichen.
chen teiche ſich befinden, behoͤrige rechnungen zu
fuͤren, und in die unterſchidenen fache die namen
der teiche, die verſchidenen arten der fiſche, und
groͤſe des ſazes, welcher hinein geſezet worden iſt,
auch die ſchocke, manteln, und ſtuͤcke, welche
ausgefiſchet worden ſind, die centner und pfunde,
die ſie gewogen haben, den preis der verkauften
fiſche ꝛc. einzutragen.
§ 1327
Im uͤbrigen ſaget man: wer maͤchtig iſt, derdie ſpruͤch-
woͤrter von
den fiſchen.
wird vermeſſen, groſe fiſche die kleinen freſſen;
dreitaͤgiger gaſt iſt eine laſt, dreitaͤgiger fiſch tau-
M m 2get
[548]XXII haubtſtuͤck
get nicht zum tiſch. Im truͤben waſſer iſt gut
fiſchen. Fiſche fangen und vogel-ſtellen verder-
ben manchen guten geſellen. Die hechte werden
deswegen in die teiche geſezet, damit die andern
fiſche nicht faul werden.
Zwei und zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom eiſernem vihe.
§ 1328
nes vih iſt.
Zum fahrniſſe gehoͤret auch das eiſerne vihe,
welches der eigentuͤmer einem dergeſtalt zu
nuzen gibet, daß er ſo vil ſtuͤcke, als er empfan-
gen hat, zu ſeiner zeit wieder lifere. Das alſo
geliferte vih heiſſet das ſtamm-vih, das vih-inven-
tarium, weiln die anzal allezeit bleiben muß.
§ 1329
dem vihe bei
pachtungen
ieweilen ge-
halten wer-
de?
Jeweilen wird auch, um irrung zu vermeiden,
bei pachtungen bedungen, daß der pachter dasje-
nige, was er in natur nicht wieder ſtellen koͤnne,
oder nicht anzunemen ſey, er fuͤr einen gewiſſen
anſchlag bezalen ſolle. Immittels erlanget ein
pachter am eiſernen vih kein eigentum, folglich hat
deſſen eheweib bei entſtehenden concurſe kein recht
daran, ſondern der verpachter nimmet ſein vih
zuruͤck. Stryk im vſu moderno π. denn es iſt
hir blos ein handel, ſocida, (das vih verſtaͤllen,
austun in pacht) da der pachter die gefahr uͤber
ſich nimmet, und wird mit kuͤhen, ſchafen, ſchwei-
nen, tauben ꝛc., haubtſaͤchlich getriben, Strup
de iure ouium cap. 2, iedoch gehoͤren die eiſerne
ſchafe nicht zur gerade der adelichen witben in
Sachſen, Hofmann in ſtatutis localibus II
ſ. 53 fgg., Barth von der gerade ſ. 649, Kling-
ner
[549]vom eiſernen vihe.
ner am a. o. im IIten teile ſ. 129. Es kan auch
dergleichen vih zu lehn gereichet werden, Anto-
nius in der diſp. XIII 4, 6.
§ 1330
Im Schwarzburgiſchen haben einige pfarrerwoher der
pfarrer ei-
ſernes vih
im Schwaꝛz-
burgiſchen
wohl zu lei-
ten iſt?
bei der beſoldung eiſerne kuͤhe, welche unter den
bauern ſtehen, Burkhardt Heinrich Tilemann
de contractu ſocidae. Diſes ruͤret wohl vom
alten baulebungsrechte her, da der herr den leib-
eigenen auch vih zum hofe gab, Schottelcap. II
§ 19. Daher iſt noch hir und da die hofgewehr
uͤblich, Huſanusde hominibus propriis cap.
VIII num. 10, Beyer in der delineatione iuris
Germanici lib. II cap. 22 § 34. Es koͤnnen
auch hirher die ſogenannten: Gottes- oder immer-
kuͤhe gerechnet werden.
§ 1331
Will der verpachter ſtatt geltes mit einem teiledas zuſam-
menſezen iſt
nicht aller
orten erlau-
bet.
des abnuzens zufriden ſeyn, gehet es auch wohl
an, Stryk im vſu moderno π. lib. 19 tit. 2 §
10, wie denn unter den gemeinen leuten das lei-
hen (zuſammenſezen) um die haͤlfte, oder den drit-
ten teil ſehr gaͤnge iſt, obgleich ein ſolcher handel
dem pachter oͤfters gar ſchaͤdlich ſeyn kan. Wan-
nenher auch ſelbiger, beſage des Mecklenburgi-
ſchen landrechtes, tit. vom gewerbe und handti-
rung der bauern mit den buͤrgern in den ſtaͤdten ꝛc.
imgleichen des Wirtenbergiſchen landrechtes, tit.
von wucherlichen contracten ꝛc. unterſaget iſt,
Beſold in der erlaͤuterung des Wirtenbergiſchen
landrechtes, ſ. 8 § 44.
§ 1332
Unterdeſſen erhebet ein ſolcher pachter alle nu-der pachter
erhebet alle
nuzungen
von ſolchem
vihe.
zungen von ſotanem vihe, Klock im conſil. 70
num. 20 T. IIII und de aerario lib. II cap. 19
M m 3num.
[550]XXIII haubtſt. von den
num. 82. Im uͤbrigen ſaget man: eiſern vih
ſtirbet nicht, Piſtorius cent. III par. 78.
§ 1333
Teutſchen
iſt die gefar
diſes vihes
auf ſeiten
des empfaͤn-
gers.
Wer die gefar des eiſernen vihes trage, iſt eine
beſtrittene frage? Am ſicherſten iſt: desfalls ab-
rede zu nemen. Iſt diſes unterbliben; ſo glaubet
Taborde contractu et iure ſocidae cap. VII
§ 17 ſ. 141 T. I operum die gefar ſtehe bei dem
empfaͤnger; hingegen iſt der von Berger in der
oeconomia iuris III tit. 5 § 22 not. 8 ſ. 682
widriger meinung. Bei den Teutſchen wird der
empfaͤnger des eiſernen vihes als ein eigentuͤmer
angeſehen, daher ſtirbet es ihm.
Drei und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den beweglichen ſachen, welche
leblos ſind. Von ſchiffe und geſchirre.
§ 1334
Schiff koͤmmt her von ſchiben (fortſchiben),
mithin bedeutet es hier: wagen, karren,
ſchlitten, ſamt den zubehoͤrungen. Karren iſt ſo
vil als fahren, Wachter am a. o. unter diſem
worte, ſp. 816. Diſemnach iſt karren eine gat-
tung des fuhrwerkes mit 2 raͤdern, wovon karret-
te, karriol, karoſſe, ſchibekarren ꝛc. abſtammen.
Wagen iſt ſo vil, als eine maſchine, die man be-
weget, wagen, wegen, bewegen, Wachter un-
ter diſem worte.
§ 1335
bedeutet?
Geſchirr bedeutet teils das werkzeug, das man
zum ackerbau und fuhrwerk gebrauchet, teils wer-
den auch andre ſtuͤcke des hausrates von allerlei
materi
[551]beweglichen ſachen, welche leblos ꝛc.
materi dahin gerechnet. Daher im erſten falle
in den forſt ordnungen das geſchirr-holz fuͤr die
wagner vorkommet, nicht minder ſind die ſchirr-
meiſter, ſchirrhaͤuſer bekannt. Merere bedeutun-
gen hirvon findet man bei dem Friſch im Teutſch-
Lataniſchen woͤrter-buche IIten teile ſ. 185 unter
den worte: ſchirr. Was zum acker-geſchirr ge-
h[oͤ]ret, erzaͤlet das oͤconomiſche lexicon ſ. 49 fgg.,
[...]ink am a. o. ſp. 2568 fg. ſ. 2578 fgg.
§ 1336
Es wird auch ſolches jeweilen in Sachſen dasdes pfluges
dibſtal oder
frevel auf
dem felde
wird haͤrter
als ſonſt be-
ſtrafet.
wirtſchafts-inventarium genennet. Dazu gehoͤ-
ren haubtſaͤchlich: pflug und ege ꝛc. Wer von
diſem auf dem felde etwas ſtilet, oder daran fre-
velt, wird haͤrter als ſonſt beſtrafet, kaiſerliche
reiterbeſtallung 1570 § 69. Die alten Sachſen
ſezten auf den pflug-dibſtal das rad.
§ 1337
Bei dem anſchlage des gutes, welchen die aͤl-auch bei
dem an-
ſchlage des
gutes dar-
unter ver-
ſtanden
wird?
tern einem kinde tun, iſt der anſchlag des ſchif-
fes und geſchirres. Hirurtr verſtehet man die
wagen oder karren, nebſt den leitern und zugehoͤr,
als den binde- und ſpann- auch zug-ketten, die
erndte-leitern, und den heu- oder wiſen-baum, die
dung-breter, rungen, linſen-ſtuͤzen, die wage und
das ſchildſcheit, die ege nebſt iren ſchluͤtten, der
pflug, das leit-ſeil, das zug-geſchirr der pferde
und an den ochſen das joch, nebſt den joch-rimen,
den ſchorge-nagel. Das zug-vih gehoͤret nicht
zum ſchiffe und geſchirr.
§ 1338
Diſe feldbau-werkzeuge koͤnnen nicht verpfaͤn-der feldbau-
werkzeuge
vorzuͤge und
freiheiten.
det werden, ſie ſind darnebſt zollfrei, es ergehet
keine huͤlfs-vollſtreckung darin, ſo lange andre ſa-
chen vorhanden ſind, Menken im ſyſtemate iuris
ciuilis lib. XX tit. 3 § 1, F. H. Caſſeliſche unter-
M m 4gerichts-
[552]XXIV haubtſtuͤck
gerichts-ordnung art. 6 § 8 ſ. 34, wiewol Jo-
hann Paul Kreßde priuilegiis agriculturae
apud Germanos, ſect. II § 19 ſ. 45, 46, ande-
rer meinung iſt.
§ 1339
vom ge-
ſchirr.
Auſſerdem hat man noch allerhand anderes ge-
ſchirr von allerlei materi, z. e. irdenes, ſilberres,
kupfernes, eiſernes, hoͤlzernes ꝛc., welches auch
nach dem gebrauche ſeine benennung hat, z. e.
preß-geſchirr, trink-milch-thee-caffee-ꝛc. geſchirr.
Diſes gehoͤret zum hausrate.
Vier und zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom hausrate, oder hausgeraͤte.
§ 1340
hausrat be-
greifet?
Der hausrat begreifet alles dasjenige in ſich,
was zur taͤglichen notdurft in den ſtuben,
kuͤchen, kammern, und ſonſt bei der haushaltung,
nicht minder zur bewirtung der gaͤſte, imgleichen
zur auszirung eines hauſes noͤtig, nuͤzlich und vor-
traͤglich iſt.
§ 1341
teilung,
Sotaner hausrat iſt entweder notwendig, oder
nuͤzlich, oder uͤberfluͤßig und unnoͤtig; daher der
unterſchid zwiſchen dem notwendigen, nuͤzlichen,
uͤberfluͤßigen und unnoͤtigen entſtehet.
§ 1342
tung.
Zu den erſten arten gehoͤren tiſche, baͤnke, ſtuͤle,
betten, bettgeſtelle, vorhaͤnge, teppiche, tiſch und
bettzeug, leuchter, ſpigel, ſchraͤnke, kiſten und
kaſten, hausgeraͤt, allerhand tiſch- und kuͤchen-
keller-geſchirr auch geraͤte, am zinne, meßing, ku-
pfer ꝛc. wie ſolches, was die kuͤche angehet, Mar-
perger
[553]vom hausrate, oder hausgeraͤte.
perger ſ. 672 fgg., des kuͤchen- und keller-dictio-
narii namhaft gemachet hat. Hiernaͤchſt wird
auch zu beſondern arten nach der abſicht der ſtadt-
oder land-wirtſchaft und des gewerbes; ferner in
den zu gewiſſen verrichtungen beſonders angeleg-
ten gebaͤuden z. e. back- brau- brenn- waſch-haͤu-
ſern, ſcheunen, ſtaͤllen ꝛc. ebenfalls beſonderes ge-
raͤte erfodert, beſage Zinken im oͤconomiſchen
lexico.
§ 1343
Ein anders iſt iedoch der hausrat bei hohenbei hohen
ſtandes- und
privat-per-
ſonen.
ſtandes, ein anders bei privat-perſonen. Sihe
Koͤnigs beſchreibung des Sicilianiſchen vermaͤ-
lungs-feſtes ſ. 67 und das oͤconomiſche lexicon III
ſ. 297, Marperger ſ. 1088.
§ 1344
Ein neuer hausrat iſt in Teutſchland das por-vom porcel-
lan.
cellan, welches ſeinen namen aus der Portugiſi-
ſchen ſprache hat, und einen topf bedeutet, Cho-
mel ſ. 903 des VIIten teiles. Das aͤchte wird
in Tſchina gefertiget, du HaldeII ſ. 209-240.
Diſem wird das Meißniſche gleich geachtet. Das
uͤbrige heiſſet Faience (Faianze). Man ſihet in
den angeſehenen haͤuſern an taſſen: thee- coffee-
chocoladen- punch- und reiß-taſſen; zur tafel:
acht-eckigte, achteckigte-ovale und runde ſervicen.
Darzu gehoͤren ſuppe- und flache ſchuͤſſeln, terri-
nen mit ſchuͤſſeln, ſuppe-teller, ſauce-ſchuͤſſeln, ſalz-
faͤſſer, ſaladieren, confitur-teller, butter-pott, ſpil-
kummen, gorgelet mit ſchuͤſſeln, kleine terrinen
mit ſchuͤſſeln und loͤffeln, meſſern und gabeln, ne-
ſten ſaladieren, neſten frucht-koͤrbe, frucht-teller,
muggen, oͤlkrug, eßig-krug, waſſer-pott, quiſpe-
dor, zucker-pott, poſitur (plat de menage) cof-
fee- und thee-bret.
M m 5§ 1345
[554]XXV haubtſt. vom
§ 1345
ben bedeutet
ieweilen ſo
vil als
ſchenken.
Wenn einem paar neu angehenden eheleuten
bei irer angetretenen haushaltung ein und ander
ſtuͤck, das man darin brauchen kan, zu einen ge-
ſchenke verehret wird, heiſſet ſolches: einem haus-
rat geben, und bedeutet in diſem falle eben ſo vil,
als ein hochzeit-geſchenk.
§ 1346
iſt vom
hausrate zu
unterſchei-
den.
Wo die gerate uͤblich iſt, hat man die gerate-
ſtuͤcke vom hausrate zu unterſcheiden, woraus be-
ſonders in denenjenigen haͤuſern zu ſehen iſt, wor-
in die frau den mann nicht beigewonet hat, auch
nicht zur taͤglichen haushaltung, ſondern zur zirde
angeſchaffet worden ſind, Hofmann von der ge-
rate im IIten teile ſ. 76 fg. Barth von der ge-
rate ſ. 142 fg., wovon unten ein meres vorkom-
men wird. Was in Leipzig zur vollen und mittel
gerate gehoͤret, erzaͤlet PutoneusI ſ. 32 fgg.
enunciatorum.
§ 1347
Die uͤbrigen ſtuͤcke des hausrates ſind oben
bei der farnis im 5ten haubtſtuͤcke namhaft ge-
macht worden, und werden auch aus dem folgen-
den ſich erbrechen.
Fuͤnf und zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom gewehre und ſchuͤß-pulver.
§ 1348
bedeutet?
Das gewehr heiſſet ein ſolches werkzeug, deſſen
man ſich zur veruͤbung der gewalt, vertai-
digung und vergnuͤgen, auch betreibung ſeiner
kunſt zum ſchuͤſſen, hauen, oder ſtechen ꝛc. bedinet.
Daher liſet man von lanzentraͤgern, hellebardi-
rern,
[555]vom gewehre und ſchuͤß-pulver.
rern, 10000 mit feldſchlangen (coulevrinen) oder
handbuͤchſen, Joſephs Barre geſchichte vom
Teutſchlande IIII ſ. 869. Die picken haben Lu-
dewig der XIIII in Frankreich und Friderich der I
von Preuſen abgeſchaffet, des von Humbert
unterricht von der krigeskunſt ſ. 370. An deren
ſtelle die bajonette gekommen ſind, am a. o. ſ. 327.
Zu Dresden ſihet man die groſen piſtolen des
Kurfuͤrſten Morizens, nebſt denen, welche deſſen
leibwache fuͤrete. Die aͤlteſte buͤchſe erſcheinet
folgendergeſtalt: anſtatt des ſchloſſes, iſt ein ge-
gen das zuͤndloch uͤber gelegter han mit ſeinem
flintenſteine, unter welchen eine feile ſo lange hin
und her gezogen wurde, bis ſich der funke finge.
Der han kan ſtaͤrker und gelinder auf die feile ge-
ſchraubet werden, KeyßlerII ſ. 1080. Die
gattungen des alten gewehres zeigen die zeughaͤu-
ſer zum Zigenhaine und in Giſen.
§ 1349
Man verſtehet entweder ſchuͤß-gewehr, alsund deſſen
arten.
buͤchſen, flinten, piſtolen, puffert, oder tegen und
ſpiſe. Diſes wird dem groben geſchuͤze entgegen
geſtellet, Marperger im kaufmanns-magazine
unter dem worte: ſchuͤß-gewehr.
§ 1350
Das ſchuͤß-gewehr iſt entweder glatt, oder ge-des ſchuͤß-
gewehres
gattungen.
zogen, diſes heiſſet: wenn der lauft mit tifen
ſchwaͤmmen inwendig verſehen iſt, und zwar ent-
weder ſchrauben-zuͤge, oder gerade zuͤge hat.
Aus den mit ſchrauben-zuͤgen ſchuͤſſet man mit
runden, oder viereckigten kugeln, geſtalt zu Halle
auf dem Neumarkte die leztere gattung gezogener
buͤchſen verfertiget worden iſt. Hergegen aus
den mit geraden zuͤgen pfleget man kugeln und
ſchrot zu ſchuͤſſen. Die ſcheiben-buͤchſen ſind das
vollkommenſte gewehr, und ſind 2, auch 2½ elle
lang.
[556]XXV haubtſtuͤck
lang. Ein meres hirvon hat Hofmann am a. o.
im IIIten teile, ſ. 218-253. Eine gute buͤchſe muß
kugel gleich und nicht unten weiter, als oben ſeyn.
Sie teilen ſich in Teutſche und Franzoͤſiſche den
ſchloͤſſern und ſchaͤften nach. Jene ſind entweder
ſchwamm-buͤchſen, oder mit einem Teutſchen
ſchloſſe. Diſe ſind im wetter und winde die be-
ſten. Hergegen findet man die Franzoͤſiſchen
ſchloͤſſer an den flinten am beſten.
§ 1351
Die piſtol iſt die kleinere gattung des ſchuͤßge-
wehres. Ein kleines piſtol heiſſet terzetto.
§ 1352
geſchuͤze.
Die geſtuͤcke nennete man ehedem karren-buͤch-
ſen, weckauf, purlepaus, das leichte gewehr hatte
den namen hand-kanonen (canna, ein rohr), wie
dann das rohr am ſchluͤſſel canon, und canon de
goutiere das rohr heiſſet, dadurch die dachrinne
ins regenfaß laͤuft. Die geſtuͤcke bei den feſtun-
gen und die fuͤrſtlichen gewehr-kammern gehoͤren
zum lande.
§ 1353
fertigung
iſt ein guͤß-
haus noͤtig.
Zum behufe des ſchweren geſchuͤzes wird ein
guͤshauß erfodert, welches ein leichtes gebaͤude iſt,
worin ſchmelz-ofen befindlich, hinter welchen ein
par blaſe-baͤlge vorhanden ſind, die von einem
waſſer-rade beweget werden, damit die in den
ofen getane kolen immer gluͤend bleiben, und das
darzu getane metall zum fluſſe komme, welches,
wann es voͤllig fluͤßend iſt, in die nahe dabei ein-
gegrabene form gelaſſen und zu ſtuͤcken, moͤrſern,
glocken ꝛc. gegoſſen wird.
§ 1354
fabriken an-
zulegen iſt
gut.
Die anlegung der gewehr-fabriken iſt gut,
wenn nur das eiſen zum flinten-rohre tauglich und
nicht kupferſchoͤßig, oder mit ſtale vermenget iſt.
Je
[557]vom gewehre, und ſchuͤß-pulver.
Je weicher und zaͤrter das eiſen iſt, deſto beſſere
flinten und piſtolen werden daraus gearbeitet.
Weiches eiſen tauget zu allem gewehre beſſer, als
das harte, Doͤbels jaͤger-practica II ſ. 117.
§ 1355
Die alte art des gewehres habe ich in den
analectis Fuldenſibus und den obſeruationibus
feudalibus erlaͤutert. Man kan auch daſſelbe
bei dem P. Daniel in der hiſtoire de la milice
Françoiſe I, ſ. 301, 305, 306, 315 und 319 im ku-
pfer ſehen.
§ 1356
Das ſchuͤßgewehr zu tragen iſt im Reichsab-das ſchuͤßge-
wehr zu tra-
gen iſt ver-
boten.
ſchide 1530 tit. 22 verboten. Daher Landgraf
Philipp im jare 1536 das feuer-buͤchſen-tragen bei
leib ehre und gut unterſaget hat. Gleichwohl
ſollen die ſchuͤzen ihr gewehr behalten, die andern
untertanen aber ſolches in der pfarr-kirche in ver-
warung haben. In den waͤldern, gehoͤlzen, fel-
dern und gehaͤgen, auſſer den gemeinen wegen
und oͤffentlichen landſtraſſen, ſoll ſich nimand mit
flinten und verdaͤchtigen gewehr finden laſſen, be-
ſage der H. F. H. Caſſeliſchen jagtordnung § 13.
§ 1357
Von den armbruſten, als dem ehemaligenwoher die
ſchuͤzen iren
namen er-
halten ha-
ben?
ſchuͤßgewehre, haben die ſchuͤzen den namen erhal-
ten. Sie hißen ſtahl- auch bogen-ſchuͤzen und
armbruͤſter. Sie dineten im felde zu pferde, auch
zu fuße, Schilter im gloſſario Teutonico.
Man liſet auch, daß ein ieder bogen-ſchuͤz ſeinen
bogen-ſpanner neben ſich gehabt habe, Schilter
uͤber des Koͤnigshoven Elſaßiſche chronik ſ. 251.
Die ſtaͤdte hatten im XIIIIten jarhundert die
ſchuͤzen-kumpane unter einem haubtmanne, daher
im jare 1406 die einteilung in buͤrger und ſchuͤzen
herruͤret, Graßhofde originibus Mühlhuſae
ſ. 124,
[558]XXV haubtſtuͤck
ſ. 124, 127. Noch im vorigen jarhundert waren
die ſtahl-ſchuͤſſen gebraͤuchlich, Hoͤnns Sachſen-
Coburgiſche hiſtori II ſ. 239.
§ 1358
ſchuͤſſens
einteilung.
Die vogelſchuͤßen teilen ſich in die hohe und ni-
dere ſtangen. Der herzog Johann Caſimir zu
Coburg ſtellte dem biſchoffe zu Bamberg zu gefal-
len im jare 1604 an; 50 fl. ſtanden auf dem
rumpfe des vogels, 30 fl. auf den kopf, 25 auf
den rechten fluͤgel, und ſo vile auf den linken,
20 fl. auf den ſchwanz, alles das groͤſeſte teil ge-
meinet, Hoͤnn ſ. 232. Im jare 1601 waren gen
Halle zum vogel-ſchuͤßen 156 ſtaͤdte und 323 ſchuͤ-
zen beſchriben, die gewinnſte betrafen 600 fl.,
Vogels Leipzigiſch geſchicht-buch ſ. 325, zu Leip-
zig wurde 1498 ein ſcheibenſchuͤſſen mit gezogenen
roͤren und eines nach dem vogel ausruͤſtungen ge-
halten. Der beſte gewinn war 100 fl. Im jare
1595 waren zu Leipzig zwo geſellſchaften der arm-
bruſt- und buͤchſen-ſchuͤzen. Eine iede hatte einen
haubtmann und aͤlteſte vorſteher. Sie zogen
ſonſt den gewinn von den wuͤrfel-tiſchen. Dafuͤr
der ſtadtrat 40 fl. einer ieden aus der ſchoßſtube
jaͤrlich zu reichen verſprach, Vogel ſ. 312.
§ 1359
ſchuͤzen ha-
ben ſich ver-
loren.
Die ſtahlſchuͤzen haben ſich verloren, ungeach-
tet man im jare 1672 zu Dresden ein Kurfuͤrſtli-
ches ſchuͤßhaus zum ſchirm- und ſtahl-ſchuͤſſen ge-
bauet hat, Wecken ſ. 71 der beſchreibung von
Dresden. Den buͤchſen-ſchuͤzen iſt der plaz allein
verbliben. Jene nenneten diſe kraut-ſchuͤzen; in
betracht kraut und lot das pulver und blei bedeu-
tete. Die meiſten waren lunten-ſchuͤzen, die mit
ſchwamm-buͤchſen ſchoſſen. Im jare 1707 mu-
ſten diſe den ſcheiben-ſchuͤzen das ſchuͤßhaus zu Er-
furt
[559]vom gewehre, und ſchuͤß-pulver.
furt einraͤumen, von Falkenſtein hiſtori von Er-
furt ſ. 1074.
§ 1360
Heut zu tage iſt das ſcheiben-ſchuͤſſen entwederdie eintei-
lung des
ſcheiben-
ſchuͤſſens.
woͤchentlich in den ſommer-monaten, oder ein
freies kunſt- und ritter-ſchuͤſſen. Eſteres wird
von der landesherrſchaft geſtattet, und lezteres
kan one diſer einwilligung nicht gehalten werden;
folglich hat des Zahns meinung in der politia
municipali III cap. 4 ſ. 1243 keinen plaz, wel-
cher die erlaubnis zu einem freien kunſt- und ritter-
ſchuͤſſen dem ſtadtrate zuſchreiben will, und zwar,
daß diſer die ſcheiben darzu hergeben, ſodann den
haubtgewinn reichen muͤſſe. Allein weder diſe,
noch die landes-regirung kan ſolches erlauben,
ſondern es gehoͤret zur hohen policei, mithin fuͤr
den landesherrn, wie dann ſolches auch die beſon-
dern landes geſaͤze beſtaͤrken. Sihe des Kurfuͤr-
ſtens zu Sachſen Auguſts kirchen- policei-ordnun-
gen vom jare 1580, tit. 17 § nachdem auch ꝛc.
Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-ord-
nungen IIIten teil ſ. 1017 n. 376.
§ 1361
Indeß iſt das heutige freie ſchuͤßen nach art derdas heutige
freie ſchuͤſſen
iſt nach art
der alten
turnire ein-
gerichtet.
alten turnire, in ruͤckſicht auf die verfaſſung ein-
gerichtet. Die plazmeiſter geben das ſchuͤßen, die
auslage beſtehet in 1000 und mereren fl. zur be-
ſtreitung der unkoſten und gewinnſte. Deren bei-
ſizer, zur ſchlichtung der irrungen werden von
den ſchuͤzen die ſibener erwaͤlet, Zahn am a. o.
num. 29. Die ſpeiſer und ſchenken beſtellen die
plazmeiſter gegen eine gewiſſe abgabe. Die aͤuſ-
ſerliche ordnung muß der pritſchen- oder drill-
meiſter erhalten.
§ 1362
[560]XXV haubtſtuͤck
§ 1362
die renn-
ſcheibe zu
leiten iſt.
Gleichwie man bei den ſchuͤßen auch rennſpile
hilte, von Falkenſtein am a. o. ſ. 422; alſo hat
man auch eine rennſcheibe. Bei dreien wochen
wird nach diſer geſchoſſen. Wer ſolche felet, ver-
liret den einſaz, und muß wieder von neuen einſe-
zen. Dabei ſind der haubt-ritter, nach-ritter,
und der reihe-ritter ꝛc. zu gewinnen. Ein ſchuͤz
darf den andern ſeinen zu gewartenden gluͤcks-ſchuß
abkauſen. Ein einſaz hat 5 gaͤnge, die 20 ſchuͤſſe
nach der rennſcheibe ausmachen.
§ 1363
ſcheibe
Sowohl die ſchuͤzen, als auch die nicht einge-
ſezet haben, duͤrfen nach der ſchnapp-ſcheibe taͤg-
lich ſchuͤſſen. Die einlage iſt ein bazen, und der
gewinn iedes tages ein ſilberner loͤffel.
§ 1364
ſtechſcheibe
zu unter-
ſcheiden,
Fuͤr die ſchuͤzen, die in rennſcheiben gut geſchoſ-
ſen haben, folget die kleine, oder ſtech-ſcheibe.
Diſe entſcheidet den haubt- und neben-gewinn.
§ 1365
ſchwarzen
ſcheibe,
Zum behufe derer, welche gefelet haben, das
iſt, feld-ſchuͤzen geworden ſind, folget endlich die
ſchwarze ſcheibe mit einem weiſen rande und dem
ſchwarzen.
§ 1366
wort davon.
Das ſpruͤchwort iſt: ein ſchuͤz muß drei haͤuſer
in vermoͤgen haben; eines zum verſchuͤßen, das
andre zum verpfaͤnden, und das dritte darin zu
wonen.
§ 1367
ſchuͤſſen,
Das vogelſchuͤßen wird entweder allein, oder
nebſt dem ſcheiben ſchuͤſſen gehalten. Der vogel
ſtehet auf einer eiſernen ſpille, und iſt mit eiſen
wohl verwaret. Die Fuͤrſtliche Sachſen-Go-
thaiſche ſchuͤzen-ordnung vom jare 1704, und die
artikel,
[561]vom gewehre, und ſchuͤß-pulver.
artikel, wornach ſowohl die herren judicirer und
kleinods-meiſter, als auch die ſchuͤzen bei vorha-
benden abſchuͤßen des vogels ſich zu achten haben,
ſind beim Rudolphi in der Gotha diplomatica
III cap. XXVI ſ. 138 fgg. des IIten bandes zu
leſen, wo ſ. 144 die ſpan-gewinſte vom vogel er-
laͤutert werden, die iedesmalige reihe der ſchuͤzen
im abſchuͤßen heiſſet ein rennen.
§ 1368
Das ſcheiben- und andre ſchuͤſſen iſt in dendas ſchelben
und andre
ſchuͤſſen iſt
in den boͤr-
fern nicht
zu verſtat-
ten.
doͤrfern nicht zu verſtatten. Die F. H. Caſſeli-
ſche verordnung vom 22ſten Auguſt 1733 verſtat-
tet den ſtaͤdten Caſſel, Marburg, Rinteln,
Schmalkalden, Hersfeld und Zigenhain, das
ſcheiben-ſchuͤſſen am 3ten oſter- und pfingſt-tage,
und die ſommer-monate hindurch alle 14 tage ein-
mal, in den uͤbrigen ſtaͤdten, auſſer obgedachten
2 feſttagen, nur des jares 2 monate, alle 14 ta-
ge einmal.
§ 1369
In den epiſtolis ad Magliabechium, welche
Targionius zu Florenz 1745, 8 herausgegeben
hat, iſt bemerket, welchergeſtalt das geſchuͤz ſchon
1309 in einem krige zwiſchen den einwonern St.
Geminiano und Volaterra gebrauchet worden
waͤre. In den proviſioni des Florentiniſchen ſta-
tes wird 1326 von den bedinten bei den kanonen
erwaͤnung getan, zuverlaͤßige nachrichten 86ſter
teil ſ. 88. Der Barre am a. o. ſ. 868 erwaͤnet
der kanonen, welche 1303 gefertiget worden waͤ-
ren, und der pater Daniel am a. o. meldet ſ. 319,
daß die Franzoſen ſelbige ſchon 1338 gehabt haͤt-
ten. Die groͤßte gattung des groben geſchuͤzes
find die not-ſchlangen (welche laͤnger, als die
kanonen ſind), kanonen, oder roͤre, ſcharfmezen,
N npurle-
[562]XXV haubtſtuͤck
purlepump, moͤrſer, feldſchlangen, falconeten,
ſerpentinen, regimentsſtuͤcke ꝛc.
§ 1370
ten kaiſer
Carls IIII
war das
feuer-ge-
wehr be-
reits be-
kannt.
Unter kaiſer Carls des IIII regirung war das
feuergewehr ſchon bekannt. Bei dem treffen zu
Crespy hatten die Engellaͤnder 5 kanonen; die
Franzoſen hingegen keine. In Teutſchlande ſind
zu Augsburg im jare 1378 zuerſt 3 ſtuͤcke gegoſſen
worden, Maſcov in der einleitung zu den ge-
ſchichten des Teutſchen Reiches ſ. 109.
§ 1371
ſchuͤßpulver
beſtehet?
Das ſchuͤß-pulver iſt eine vermiſchung oder zu-
ſammenſezung von ſchwefel, kolen aus weidenholz,
und ſalpeter. Diſes wird zum bekannten gebrau-
che in der pulver-muͤle bereitet. Der ſchwefel
gibet das feuer, die kolen dinen zur entzuͤndung,
und der ſalpeter zur ausdenung. Daß durchs
pulver nicht ſo vile menſchen, als vermittels des
ehemaligen gewehres in den krigen umkaͤmen, ſu-
chet der von Humbert am a. o. ſ. 373 zu be-
haubten.
§ 1372
ſchuͤßpulver
erfunden
hat?
Nach der gemeinen ſage hat Roger Baco, ein
Engellaͤnder, welcher 1292 verſtorben iſt, den
Europaͤern die kraft des pulvers gewiſen. Ancel-
zen von Friburg, einem moͤnche, ſchreibet Thevet
die erfindung zu. Froiſſard aber gedenket ſchon
1340 der bombarden und kanonen, deren ſich die
einwoner zu Guesnoy wider die Franzoſen bedinet
haͤtten. Im Joͤcheriſchen gelerten lexico IIII ſp.
399, wird Berthold Schwarz, ein capuziner zu
Coͤln, welcher 1380 verſtorben iſt, zum erfinder
des ſchuͤß-pulvers angegeben, da doch der capu-
ciner-orden erſt 1525 entſtanden iſt. Wie weit
alſo die nachricht begruͤndet iſt, daß die erſte
buͤchſe
[563]vom gewehre, und ſchuͤß-pulver.
buͤchſe diſes moͤnches zu Dresden ſich befindet,
ſolches ſtellet man dahin. Gabriel Groddeck
de eo quod iuſtum eſt circa tormenta bellica,
Fabricius ſ. 621 bibliographiae antiquariae.
§ 1373
Den untertanen, welchen ſchuͤß-pulver zu hal-wo das pul-
ver aufzube-
waren und
die pulver-
muͤlen an-
zulegen
ſind?
ten zukommet, iſt aufzugeben, daß ſie daſſelbe
oben unterm dache auf bewaren. Die pulver-
muͤlen muͤſſen an einſamen oͤrtern angeleget wer-
den, damit, wenn ſie im feuer aufgehen, ſelbige
keinen ſchaden weiter anrichten. Die pulver-
tuͤrme gehoͤren auch an ſolche orte der feſtung, wo
ihr zerſpringen am wenigſten ſchadet. Zudem
muͤſſen die pulver-magazine nimals an einem orte
verwaret werden. Denn ein verungluͤckter pul-
verturm von 200 tonnen machet nicht ſo vile um-
ſtaͤnde, als einer von 800 tonnen, von Humbert
am a. o. ſ. 374 fg.
§ 1374
Das wort tegen bedeutet 1) einen freiendie bedeu-
tungen des
wortes:
tegen.
mann, der ſeinem herrn folget; 2) einen buͤrger;
3) den oberherrn, der bedinten hat; 4) einen ſol-
daten; 5) einen tapfern, und 6) ein lang meſſer.
Es heiſſet auch ſolcher ſchwert. Man ſchwur
daruͤber. Mancherlei gattungen derſelben hat
der P. Daniel am a. o. I ſ. 301 in kupfer ſtechen
laſſen. Sihe auch die Ombraſiſche ruͤſtkammer
durch Jacob Schrenken von Nozing 1735, 4.
§ 1375
Das tegen-tragen war allen, auſſer den rit-es hat nicht
iederman
einen tegen
tragen duͤr-
fen.
tern, und dem hohen adel, verboten, Eſtorde
miniſterialibus, ſ. 439, Dreyer in der ſamm-
lung vermiſchter abhandlungen I teil, ſ. 41 fgg.
ſ. 193 fgg. In die kirche durfte nimand einen te-
gen bringen, auſſer der koͤnig, Hahns Neichs-
hiſtori IIter teil ſ. 220, Simon Heinrich Mu-
N n 2ſaͤus
[564]XXV haubtſtuͤck
ſaͤus in der diſp. de armis prohibitis, ſihe auch
des von Ludewig gelehrte nachrichten, imglei-
chen des herrn Prof. Frid. Wiedeburgs ſamm-
lungen vermiſchter anmerkungen aus dem ſtats-
rechte ꝛc. obſ. 13 ſ. 304. Die Reichs-hofraͤte
von der ritterbank gehen one tegen zu rate. Ob
buͤrger auf landtaͤgen mit tegen erſcheinen koͤnnen,
iſt in der diſp. de abuſu rerum merae facultatis
cap. II § 48 ſ. 32 bemerket. Bei der abſchwoͤ-
rung eines eides muſte der tegen abgeleget werden,
wie der Wideburg in einer beſondern abhande-
lung zu Helmſtaͤdt gezeiget hat. Wer ein kind
zur taufe hilte, oder zum heiligen abendmale gin-
ge, erſchine, wie noch in Sachſen beſchihet, one
tegen. Vorm hofgerichte zu Jena muͤſſen die in
perſon erſcheinende von adel im mantel one tegen
ſich darſtellen. Bei der belenung wird den ge-
ſandten kein tegen verſtattet, Kuͤchelbeckers
nachricht vom Roͤmiſch-kaiſerlichen hofe ſ. 395.
Der Teutſche und Malteſer ordens-ritter behaͤlt
ſeinen tegen uͤberall an, weilen er ſolchen fuͤr die
religion anſtatt der bibel fuͤret.
§ 1376.
wird unter
den ebeleu-
ten nicht al-
ler orten ge-
mein gut.
Unter den ehegatten wird das gewehr an eini-
gen orten kein gemein gut, Weyerde commu-
nione bonorum ſ. 121 § 4, Meviusad ius Lu-
becenſe lib. II tit. II art. 8, zu Nuͤrnberg, beſa-
ge der reformation tit. 14 lex 1, 2, nemen die ſoͤne
zum voraus allen harniſch und waffen zu der weh-
re gehoͤrende, und ihre vaͤterlichen kleider. In
den urkunden des Nider-Rheiniſchen auch Ful-
daiſchen adels findet man, daß die ruͤſtung dem
ſone zum voraus gehoͤre. In Pommern iſt der
harniſch und gewehr ebenfalls von des eheweibes
ſtatutariſchen portion ausgenommen, von Bal-
thaſar
[565]vom hergewaͤde, oder heergeraͤte.
thaſarde iuribus viduarum nobilium cap. 4
§ 21 ſ. 164.
§ 1377
Vor diſem waren die zweikaͤmpfe ſehr gemein,vom kampf-
rechte,
wie ich de miniſterialibus ſ. 274 gezeiget habe.
Man hatte deswegen kampfrechte, davon der
Jung in den miſcellaneis, und der IIte band
meiner kleinen ſchriften ſ. 273 fgg. nachgeſehen
werden koͤnnen. Dirmar Gerhardde iudicio
duellico,Maderde duellis,Mauritiusde
duellis,Grupen in den Teutſchen altertuͤmern,
cap. III ſ. 79 fgg. von Piſtorius in den amoe-
nitatibus T. VII ſ. 1996 fgg., Dreyers ſamm-
lung vermiſchter abhandlungen zur erlaͤuterung
der Teutſchen rechte ꝛc. im Iten teile, ſ. 40 fgg.
ſ. 60 ſ. 141 fgg.
Sechs und zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom hergewaͤde, oder heergeraͤte.
§ 1378
In Ober- und Nider-Sachſen iſt das heerge-das heerge-
raͤte iſt noch
hier und da
uͤblich,
waͤde (herwadium) an vilen orten gewoͤn-
lich. Daſſelbe iſt dasjenige geraͤte, welches zu
eines mannes leibe in ſeiner heerfart gehoͤret.
Diß faͤllet auf die ſoͤne, oder die naͤchſten ſchwert-
magen, von Weſtphal am a. o. T. IIII ſ. 1508,
3102. Sotanes hergeraͤte iſt in den alten Dit-
marſiſchen, Flensburgiſchen, Schleswigiſchen,
auch Bremiſchen rechten begruͤndet, von Weſt-
phal am a. o. T. III ſ. 81 ſ. 1781, 1899, Dreyer
de vſu genuino iuris Anglo-Sax. ſ. 105 num. 38.
Von dem herzogtume Bremen ſihe des Maſcovs
introductionem in ius Luneburg. ſ. 128.
N n 3§ 1379
[566]XXVI haubtſtuͤck
§ 1379
Rheiniſchen
landen ge-
braͤuchlich
geweſen.
Auſſerdem iſt die heergewaͤde auch in den Rhei-
niſchen landen uͤblich geweſen, und zwar, wenn
ein vaſall mit hinterlaſſung eines unmuͤndigen ſo-
nes verſtarb, wollte der lehnherr kein anevel,
heergewede fodern, beſage der urkunde vom jare
1276 beim freiherrn von GudenusT. II cod.
diplom. ſ. 199. Von der heerweida in dem ſtifte
Muͤnſter und Weſtphalen ſihe des Johann An-
dreen Hofmanns diſp. vtrum feuda cenſualia
praeſumenda ſint feminea, § I, e, ſ. 3. Eine
andre bedeutung hirvon findet man beim Weſt-
phal am a. o. T. III ſ. 1755, da es fuͤr erb- oder
ſtamm-guͤter genommen wird. Wenn der aͤlteſte
Schenk zu Schweinsberg verſtorben iſt, muß der
abtißin zu Eſſen der neue vaſall wegen der dreien
doͤrfer Roͤdgen, Argenſtein und Wenkbach, bei
Marburg, das herbadium taidigen, das iſt das
heergeraͤte des abgelebten eine ſumme geltes ent-
richten, Eſtorde miniſterialibus.
§ 1380
ſchwertma-
gen iſt?
Ein ſchwertmagen (agnatus) iſt diejenige
mannsperſon, welche einem andern nicht blos von
der mutter, oder weiblichen lini, ſondern von der
vaͤterlichen lini verwandt iſt.
§ 1381
raͤte verlaſ-
ſen nur
weltliche
perſonen.
Das heergeraͤte verlaſſen nur weltliche perſo-
nen, mithin keine geiſtliche, kuͤſter und ſchulmei-
ſter, Knorre in den rechtlichen anmerkungen ſ.
278 fgg. Es gehet daſſelbe eigentlich nur auf
adeliche; allein es iſt hier und da ſolche unter an-
dern perſonen, buͤrgern und bauern hergebracht,
Riccius von ſtadtgeſaͤzen ſ. 611, Pufendorf
T. II.Barth von der gerate cap. 8 ſ. 746 fgg.
Hofmann von der gerate und dem heergeraͤte, von
Neumann im iure principum priuato T. II
ſ. 270
[567]vom hergewaͤde, oder heergeraͤte.
ſ. 270 fgg. Wie dann im Sachſen-Eiſenachi-
ſchen amte Allſtaͤtt, unter den bauern das heer-
gewaͤde hergebracht iſt.
§ 1382
Das heergeraͤte beſtehet bei den adelichen: 1)woraus ſol-
ches bei den
adelichen
beſtehet?
aus einem hengſte, oder wallachen, aber keiner
ſtute, mit ſattel und zaume, auch der ſchabracke
und piſtolhulftern, aber nicht den piſtolen, Barth
am a. o. ſ. 760 cap. 8 § 11; 2) dem beſten har-
niſche; 3) dem beſten ſchwerte, ſaͤbel, oder hirſch-
faͤnger, one das gehenke, ſihe iedoch den Knor-
ren in den rechtlichen anmerkungen ſ. 56 fgg.,
welches bei den ſcharfrichtern auf das beſte richt-
ſchwert gehet, CarpzovP. III conſtit. 38 def. 25,
Richterde ſucceſſione ab inteſtato ſect. I
membr. I num. 56, Knorre in den rechtlichen
anmerkungen ſ. 55; 4) des verſtorbenen taͤglichen
kleidern, naͤmlich dem rocke und hoſen, weilen
einer, der zu felde gehet, ſich nicht zu puzen pfle-
get; 5) dem heerpfuͤle; 6) zwoen leilachen;
7) einem tiſchtuche mittelmaͤſiger groͤße und guͤte,
nicht von den beſten, noch von den geringſten;
8) zwoen ſchuͤſſeln, von zinne, tone, oder holze,
wie ſolche der verſtorbene hinterlaſſen hat; 9)
einem fiſchkeſſel, wo einer vorhanden iſt; 10)
einem handtuche, von leinewande, oder zwilliche;
11) einem ſchuͤſſelringe, damit die ſchuͤſſeln im fel-
de nicht duͤrfen auf die erde geſezet werden, Hof-
mann am a. o. ſ. 121, Pufendorf in den obſer-
vationibus iuris vniuerſi T. II im anhange ſ.
131, 176.
§ 1383
Das heergewaͤde wird in jares friſt verjaͤret,und wenn
ſolches ver-
jaͤret wird?
Hofmann am a. o. T. I ſ. 120, Barth am a. o.
cap. 8 § 20 und wird erbe.
N n 4§ 1384
[568]XXVII haubtſtuͤck
§ 1384
ſon hat da-
bei ein vor-
zug[sr]echt.
Der aͤlteſte ſon hat fuͤr dem juͤngſten bei der
heergewette ein vorzugsrecht, Knorre am a. o.
ſ. 52 und ſ. 58. Wenn kein vetter vorhanden iſt,
begeret das heergeraͤte der fiſcus, Barth im diſ-
ſenſu 870 § 2.
Siben und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von der gerate.
§ 1385
bedeutet?
Nate heiſſet ſo vil als geraͤte. Eine beratete
tochter iſt die ire ausſteuer erhalten hat.
Die unberatete iſt noch nicht ausgeſteuert, Eſtor
de inſtructu et adparatu nuptarum.
§ 1386
rate unter
ſich begrei-
fet?
Die gerate begreifet unter ſich diejenigen be-
weglichen ſachen, welche dem weiblichen geſchlech-
te benebſt andern geratefaͤhigen perſonen nach
masgebung der beſondern Teutſchen land- und
ſtadt-rechte auch gewonheiten auf erfolgtes abſter-
ben gewiſſen perſonen zufallen. Die perſonen,
aus deren nachlaſſe die gerate gefodert wird, ſind
entweder ehemaͤnner, oder weil esperſonen, Lan-
gede ſucceſſione clerici in geradam mater-
nam,Jenichende clerico nepote, exule ſuc-
ceſſionis in geradam auiae maternae.
§ 1387
wegliche ſa-
chen dazu
[g]ehoͤren.
Sotane bewegliche dinge, ſind entweder leben-
dige oder lebloſe. Beide werden in der gerate
der adelichen witben nach Saͤchſiſchen rechten be-
funden, und zwar, ſo vil die lebloſen belanget, ſo
kommet es dißfalls darauf an, ob die witbe die
von irem ehemanne erhaltenen und zum weiblichen
ſchmu-
[569]von der gerate.
ſchmucke, oder gebrauche dinenden ſachen bei deſ-
ſelben abſterben im beſchluſſe hat, oder nicht?
In jenem falle bleiben ſie der witbe nach dem er-
folgten todte eigentuͤmlich, in betracht das weſent-
liche der gerate der eheweiber haubtſaͤchlich darin
beſtehet, 1) daß die bewegliche ſache zur zirde der
weibesperſon angeſchaffet worden; 2) daß ſie im
beſize der ehefrau ſey. Es kan aber auch die ge-
rate einer nahen anverwandten von muͤtterlicher
ſeite weiblichen geſchlechtes, nach abſterben irer
verehelichten, oder ledigen mume zufallen, welche
ihr von den erben, vermittels eines inventarii,
oder eidlichen verzeichniſſes, auszuantworten iſt,
Barth am a. o. ſ. 12. Die geiſtliche nemen mit
den weibesperſonen daran anteil.
§ 1388
Die gerate iſt entweder 1) die witben- oderderen ein-
teilung.
die niftel-gerate; 2) adeliche oder buͤrgerliche,
welche merklich von einander unterſchiden iſt; 3)
die volle oder niftel-gerate, und kleine niftel-gerate.
Ferner hat die gerate-ſtuͤcke entweder das eheweib
dem ehemanne zugebracht, oder ſolche vom ehe-
manne erhalten, und in iren beſchluß bekommen.
Diſe heiſſet die erlangte, und jene die eingebrachte
gerate. Geſtalt dann auch unter der gerate ſelbſt,
und unter den zur gerate gewoͤnlicher maßen ge-
hoͤrigen ſachen ein unterſchid gemachet werden
muß. Sie wird entweder nach den land- oder
ſtadt-rechten und gewonheiten ermeſſen, und iſt
nicht aller orten uͤberein. Sonſt iſt nicht minder
die frauenrada, auch wiber- (weiber) rada in
Nider-Sachſen an einigen orten bekannt, Pu-
fendorf am a. o. T. II im anhange ſ. 155, 159,
Maſcov in der vorrede zu der notitia iuris et
iudiciorum Brunſuico-Luneb.
N n 5§ 1389
[570]XXVII haubtſtuͤck
§ 1389
tung,
Die dazu gehoͤrige ſtuͤcke ſind in der diſp. de
apparatu et inſtructu nuptarum zu finden, den
urſprung der gerate leitet J. Fl. Rivinus in der
diſp. an vitricus geradam in legitimam impu-
tare poſſit, nec ne? aus dem lege Anglorum
et Werinorum her. Menkede rebus Gera-
dicis. Sie wird binnen jar und tag verjaͤret,
Rivinus in der diſp. de praeſcriptione gera-
dae,Joachims diſp. de ſucceſſione geradae
iuxta forum domicilii inſtituenda.
§ 1390
mangelung
einer gera-
tefaͤhigen
weibesper-
ſon ſolche
erhalte?
Stirbet eine weibesperſon, die keine mume
verlaͤſſet, oder nicht gerate faͤhig iſt, indem ſie
ſich in einem lande befindet, wo die gerate nicht
uͤblich iſt; ſo ſchreiben einige die gerate der ober-
keit, welche die hohe gerichtsbarkeit hat, als heim-
gefallen zu. Barth im diſſenſu 870 § 1; dahin-
gegen Barth im hodog. for. ſ. 607 ſelbige dem
ehemanne, als mobiliar-erben, mit grunde zueig-
net, geſtalt dann auch zu Leipzig, Wittenberg,
Chemniz, Weiſenfels und in einigen andern Kur-
Saͤchſiſchen ſtaͤdten ſolche dem ehemanne, wenn
er buͤrger iſt, auch wohl den ſoͤnen, vor den ſpill-
magen zukommet. Nicht minder kan ein ehe-
mann ſeiner ehefrau die gerate bei lebendigen lei-
be abkaufen. Im uͤbrigen ſaget man: gerate
machet vil ungerade.
Acht
[571]vom mußteile und eingeſchneidel.
Acht und zwanzigſtes haubtſtuͤck
vom mußteile und eingeſchneidel.
§ 1391
Das mußteil iſt eine Saͤchſiſche recht-wohltatwas das
mußteil iſt?
fuͤr die adelichen witben, vermoͤge deren ſie
von aller irer verſtorbener ehemaͤnner gehoften
ſpeiſen, ſo vil deren nach dem 30ſten (nach den 4
trauer-wochen) noch uͤbrig ſind, die haͤlfte zu
fodern haben.
§ 1392
Gehofte ſpeiſen ſind: wein, bier, meth, kofend,was zu den
gehoften
ſpeiſen ge-
hoͤret?
fleiſch, ſpeck, ſchinken, wuͤrſte, maſtſchweine,
karpfen, hechte, fiſche in den behaͤltern, getraidig
am korne und weizen, gedroſchen und ungedro-
ſchen, erbſen, linſen, malz, hirſen, graupen, bo-
nen, maͤren, baſtinackwurzeln, ſelleri, artiſcho-
cken, ruͤben, ruͤbeſamen, kraut, kohl, mohn, but-
ter, ſchmalz, kaͤſe, quark, ſalz ꝛc. Barth von der
gerate ſ. 636, Hofmann am a. o. im Iten teile
ſ. 58 fg.
§ 1393
Von dem mußteile iſt das eingeſchneidel unter-iſt vom ein-
geſchneidel
unterſcht-
den,
ſchiden, ſintemal 1) diſes nicht allein der witbe,
ſondern auch dem witber verlaſſen und bedungen
werden kan; 2) jenes auf die Saͤchſiſchen rechte,
diſes aber auf ein geding ſich begruͤndet; 3) jenes
ertrag und groͤſſe meiſtens ungewiß iſt, diſes aber
durch das geding beſtimmet iſt.
§ 1394
Es beruhet daher das eingeſchneidel auf einemworin diſes
beſtehet?
unter den eheleuten errichteten gedinge, vermoͤge
deſſen eines dem andern aus den guͤtern des erſt-
verſterbenden zum beſſern jaͤrlichen lebens-unter-
halte
[572]XXIX haubtſt. von den
halte und auskommen gewiſſe lebens-mittel auf
ſeine lebenszeit verſpricht, Barth am a. o.
ſ. 661 fg.
Neun und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von den feld- baum- garten-fruͤchten.
§ 1395
lung der
fruͤchte.
Die fruͤchte teilen ſich in feld- baum- und gar-
ten-fruͤchte, welchen die weinbergs-fruͤchte
noch beigefuͤget werden moͤgen. Die feldfruͤchte
beſtehen fuͤrnaͤmlich aus getreide, die garten-
fruͤchte aus dem kuͤchen-gewaͤchſe, und die baum-
fruͤchte aus dem obſte. Dem getreide ſezet man
die huͤlſen-fruͤchte entgegen. Sodann gibet es
winter- und ſommer-fruͤchte. Diſe begreifen
ſommer-weizen, ſommer-korn, ſommer-gerſte und
hafer ꝛc. Winter-fruͤchte ſind: korn, dinkel,
weizen und winter-gerſte. Rauhes getreide iſt:
1) dinkel, 2) gerſten, 3) hafer. Glattes oder
hartes iſt: korn, weizen, bonen, erbſen, linſen,
und heidekorn, auch wicken. Was zum feld-
fruͤchten gehoͤret findet man im oͤconomiſchen lexico
ſ. 49. Frucht bedeutet hir rocken, gerſten, wei-
zen ꝛc. Nuzung hergegen iſt z. e. flachs, kraut,
ruͤben, Strykde iure circa frumentum.
§ 1396
wort getreid
geleitet
wird?
Getreid kommet von treid, treten, weil die
alten nicht draſchen, ſondern durch die ochſen die
aͤren austreten lieſen. Hernach erfanden ſie die
ege, womit die fruͤchte ausgedroſchen, und die
aͤren ausgedrucket wurden, Schoͤttgen in den
antiquitatibus triturae,Paulſen von dem acker-
baue der morgenlaͤnder, 4.
§ 1397
[573]feld- baum- garten-fruͤchten.
§ 1397
Bei den Teutſchen war der ſaz: wer ſaͤet, derdie Teut-
ſchen be-
haubten:
wer faͤet, der
maͤhet.
maͤhet, Hert im paroͤm. 87 vol. II T. III ſ. 357
oder: was die ege beſtrichen, und die hacke bede-
cket hat, das folget dem erbe, Eſtorde dotali-
tio,Boͤhmerde iuribus diuerſis, ex diuerſita-
te climatum natis, § 21 ſ. 296 vol. I exercit.
ad π.Schilter in der exercit. 16 § 59 fg. Al-
ſo erndet der landerbe, und nicht der lehnerbe.
Es gehoͤret auch die erndte nicht dem wiederkaͤu-
fer. Nach Sachſen-rechte gehoͤren die noch nicht
abgeſonderte fruͤchte zu den beweglichen ſachen,
Hert am a. o. CarpzovP. I c. 28 def. 124.
Menken im ſyſtemate iuris ciuilis lib. I tit. 8
§ II ſ. 29, Crells diſp. de iure ſeminarii eius-
que vſufructu.
§ 1398
Die auf dem halme ſtehende fruͤchte duͤrfendie reebte
der noch im
felde befind-
lichen fruͤch-
te.
nicht verkaufet werden. Die unterſchidenen faͤlle
hirvon hat Harpprecht vol. I diſp. 26 § 6 ſ. 1040.
Die Reichs-reformation guter policei vom jare
1577 § 3 gebeut, daß wer auf wein und frucht,
auch anders fuͤrleihe, ſich gewaͤrtigen ſolle, daß
der preis nach dem gemeinen ſchlage, und was
es zur zeit des geſchloſſenen handels, oder 14 tage
die naͤchſten nach dem herbſte, oder der erndte
gelten wird, beſchehe. In ſachen des pfarrers
N. wider den Kur-Pfaͤlziſchen ſchuz-juden N. zu
N. hat man hirauf geſprochen. Die wein- und
frucht guͤlten koͤnnen an den zukuͤnftigen fruͤchten
hoͤher nicht, als daß es von 20 fl. einen fl. an
muͤnze ertraͤget, gekaufet werden, Graß in der
collatione iuris ciuilis cum receſſibus imperii
ſ. 331 fgg. Heinecciusde venditione illicita
fructuum in herbis, Halle 1738, 4. Abge-
ſchnittene fruͤchte ſind mit arreſte nicht zu belegen,
daß
[574]XXIX haubtſtuͤck von den
daß ſie im felde ſtehen bleiben ſollen, Fritſchde
iure meſſis.
§ 1399
uͤberfluß am
getreide iſt
in einem
lande zu
ſorgen.
Die policei muß dahin ſehen, daß ein uͤberfluß
an getreide im lande ſich vorfinde. Hiernaͤchſt
wird das uͤbrige verfuͤret; ferner iſt es beſſer in
ſeinem lande teures korn, als von den fremden
wolfeileres zu kaufen.
§ 1400
nen des kor-
nes wird
angepriſen.
Auſſerdem waͤre zu wuͤnſchen, daß man ſich
befleiſige, nach art der Liflaͤnder das korn zu trock-
nen, damit es ſich halte, und fuͤr den wuͤrmern
bewaret werde. Im magazin zu Mez kan man
korn von etlichen hundert jaren ſehen. Bartho-
lomaͤus Tutieri hat eine gewiſſe trocken-ſtube er-
funden, um das korn one einige veraͤnderung auf
etliche hundert jare haltbar zu machen. Man
bedienet ſich derſelben in Neapel und Frankreiche,
ſihe ragionamento ſopra i mezzi piu neceſſari
per far fiorire l’ agricoltura de P. abate D.
Ubaldo Montelatici,Marpergers kuͤchen und
keller-dictionarium ſ. 406.
§ 1401
korn iſt das
dinnſchaͤli-
ge.
Das dinnſchaͤlige korn, welches im ſand-land
waͤchſet, iſt das beſte. Nider-Weimar, Nider-
Walgern in der naͤhe geben das beſte korn. Je-
doch wird es weiſſer, wenn es am orte ſelbſt ge-
backen wird. So viles traͤget das waſſer bei der
baͤckerei mit zu. Das hirher gehoͤrige Gruͤnin-
gen bei Giſen, Allendorf im Huͤttenberge, nebſt
andern orten, die Wetterau um Fridberg herum
lifern das auserleſenſte korn.
§ 1402
ſte zum
bꝛauen nicht
wohl tau-
get?
Die gerſte, welche von der pferch-dunge ge-
wachſen iſt, tauget zum brauen nicht wohl.
§ 1403
[575]feld- baum- garten-fruͤchten.
§ 1403
Der getreide-handel iſt einer der ungewiſſeſten.der getrei-
de-handel
iſt ungewiß.
Auf einmal faͤllet der preis, ehe man ſichs verſi-
het, und ganz unvermuthet ſteiget derſelbe. Si-
he unterdeſſen Ungers ordnung der frucht-preiſe,
Goͤttingen 1752, 4, und Herberts verſuch einer
allgemeinen korn-policei, Berlin 1756, 8, vom
korn-handel, des Marpergers kaufmanns- ma-
gazin ſ. 859 fg. I, und vom brode deſſen kuͤchen-
und keller-dictionarium ſ. 162-172, Happens
beſtaͤndige erfindung, daß alles getreide in einerlei
und civilen preiſe verbleiben muͤſſe.
§ 1404
Die policei will, daß ein ieder baͤcker auf etli-wozu die
baͤcker anzu-
halten ſind?
che monate einen vorrat am korne und mele habe.
Hiernaͤchſt duͤrfen ſie nicht zu leichte, oder kleine
backen; ferner muß das brod wohl ausgebacken
ſeyn; weiter iſt die vermengung guten meles mit
ſchlechten nicht zu geſtatten, auch das anfeuchten
hart zu beſtrafen.
§ 1405
Das getreide darf nicht erſtocken, ſondern iſtwas bei den
kornboͤden
zu beobach-
ten iſt?
monatlich, vermittels der ſchaufel, zu wenden,
wobei in der hize die laden vormache, damit es
fuͤr der warmen luft, und dem herumſchwaͤrmen-
den ungezifer bewaret bleibe. Vor einſchuͤttung
des getreides auf den boden, iſt diſer mit wermut-
waſſer, darin entian, floͤh-ſamen, und ochſen-
galle gemiſchet war, zu beſprengen. Die fenſter
werden mit dratgittern, oder nezen von bindfaden
verſehen, und ſo bald die luft kuͤle iſt, aufgema-
chet, damit der boden durchſtreichende luft habe,
Marperger ſ. 406 fg. Diſe verwarte luftloͤ-
cher muͤſſen von mitternacht, oder abend her, durch-
aus aber nicht von der mittagsſeite gehalten
werden.
§ 1406
[576]XXIX haubtſt. von den
§ 1406
gung,
Der kornboden muß von den vihſtaͤllen und
deren ausduͤnſtungen entfernet ſeyn. Es darf kein
ſonnenſchein, kein regen, noch ſchnee hinein kom-
men, folglich muß ſelbiger wohl verwaret werden.
§ 1407
kornwuͤr-
mern,
Die ſchaͤdlichen weiſen kornwuͤrmer uͤberzihen
den kornhaufen, wie ein ſpinn-gewebe, und ſchro-
ten die frucht, verurſachen auch, daß ſie klumpen-
weiſe zuſammen hanget. Der ſchwarze wurm,
den der Oberheſſe einen korn-wibel nennet, iſt
noch ſchlimmer. Er holet die koͤrner aus und
fluͤget mit der ſchale davon. Wo er ins haus
geraͤt, von dar iſt er ſchwer zu vertreiben, Kan-
go von den kornwuͤrmern 1746, 8. Die mittel
darwider werden im oͤconomiſchen lexico ſ. 1484,
vom Leopoldt am a. o. ſ. 79 fg. angezeiget. Es
dinet dergleichen von wurme angefreſſenes korn
haubtſaͤchlich fuͤr die brandewein-brenner, iedoch
kan man das von weiſen wurme angegangene rei-
nigen und das beſte verkaufen.
§ 1408
frucht-dib-
ſtal auf dem
felde,
In der peinlichen halsgerichts-ordnung kaiſer
Carls des Vten art. 167 iſt verſehen, daß wer
frucht oder nuzung auf dem felde bei nacht ſtilet,
als ein ordentlicher dib; das bei tage ſtelen der
fruͤchte hingegen buͤrgerlich beſtrafet werden ſoll.
Das ausdreſchen auf dem felde iſt eben wie ge-
ſtolen. Kur-Saͤchſiſche verordnung P. IIII conſt.
35, Hildesheimiſche policeiordnung § 46, Wol-
fenbuͤtteliſche landesordnung § 81, Ditmarſches
landrecht art. 105.
§ 1409
zuͤnden be-
ſtrafet wer-
den ſoll?
Wer fruͤchte auf dem felde anzuͤndet, wird mit
dem feuer vom leben zum tode gebracht, Carpzov
in der practica criminali quaeſt. 38 num. 36.
§ 1410
[577]feld- baum- garten-fruͤchten.
§ 1410
Wie bei rechnungen und einname der fruͤchtewas die ein-
darr bedeu-
tet?
der eindarr, (oder wie es andre nennen, der bo-
den-riß, ſchrimpf, frucht-ſchrumpf, einmaß) in
betrachtung komme, iſt vorhin im virzehenten haubt-
ſtuͤcke des andern buches § 1251 bemerket wor-
den. Man verſtehet dadurch denjenigen abgang,
welcher ſich am aufgeſchuͤtteten, oder eingenom-
menen getreide, als dem korne, der gerſte, hafer,
ſowohl durch die eintrocknung und ungezifer, als
auch durch das wegmeſſen eraͤuget. Der maͤu-
ſe-fras ſtecket unter der eindarre. Vom ſchaden,
welcher durch den ſchnee beſchihet, ſihe den Harp-
prechtende eo, quod iuris eſt circa niuem,
vol. I diſp. 26.
§ 1411
Die fruͤchte, brod und mehl aufzukaufen, undwifern das
auf kaufen
des getrei-
des verbo-
ten iſt?
wieder, ſonderlich auſſer landes zu verkaufen, iſt,
wenn einiger fruchtmangel ſich eraͤuget, verboten,
Reichspoliceiordnung 1577 tit. 18, F. H. Caſſeli-
ſche verordnung entgegen die fruchtpartirer vom
29 Nov. 1740. Diſe heiſen auch ſonſt korn-ju-
den, davon von Rohr im haushaltungs-rechte
nachzuſehen iſt, Johann Brunnemanns, Paul
Franz Romans diſp. de dardanariis,Johann
Heringsmantiſſa de officio principis circa fa-
mem et dardanarios,Kreſſens diſp. an Joſe-
phus fuerit dardanarius.
§ 1412
Damit es indeſſen bei dem mangel der fruͤchtefuͤr die aus-
ſat iſt bei
dem mangel
der fruͤchte
zu ſorgen.
an der ausſat nicht gebreche, muß der beamte ſich
ins mittel ſchlagen und credit machen, oder die
herrſchaft die ſatfruͤchte vorſtrecken. Des endes
fleißige obſicht zu nemen iſt, damit ein ieder unter-
tan die erforderlichen ſatfruͤchte zuruͤck lege. Im-
mittels hat das ſatgetreide anſehnliche vorzuͤge in
O ocon-
[578]XXIX haubtſtuͤck von den
concurſen, bei der huͤlfe und auspfaͤndung, im
anlehne ꝛc., Crells diſp. de priuilegio ſementis
et ſeminum.
§ 1413
policei bei
dem mangel
an korne
zum beſten
des landes
zu ſehen hat.
Bei dem mangel an korne iſt den untertanen
anzubefelen, gerſten, erbſen und bonen mit unter
zu malen. Wie dann auch die baͤcker ⅓ gerſte
untermalen muͤſſen. Die policei hat in zeiten auf
gute magazinen zu denken, ſelbige anzufuͤllen und
bei behoͤriger zeit zu eroͤffnen, damit keine mutwil-
lige teurung veranlaſſet werde, auſſerdem die aus-
fuhr und das branteweinbrennen zu verbiten.
§ 1414
meſſen,
Wegen des zu- und ausmeſſens der fruͤchte iſt
dahin zu ſehen, daß iedes frucht gemaͤs geeichet,
und mit einem brandzeichen beglaubiget, das un-
richtige hergegen zerſchlagen, und derjenige, wel-
cher es gebrauchet, beſtrafet werde. Von den
verſchidenen benennungen des fruchtgemaͤſes in
verſchidenen Teutſchen landen ſihe das oͤconomi-
ſche lexicon ſ. 939. Von den betruͤgereien im
maſe und gewichte handelt die p. h. g. o. kaiſer
Carls des Vten art. 113. Das richtige und einer-
lei gemaͤß, auch die ſorgfaͤltige aufſicht auf den
billigmaͤſigen preis bei dem oͤffentlichen getreide-
verkaufe bringet einem lande ebenfalls groſen nu-
zen des fruchthandels halber.
§ 1415
dabei zu un-
terlaſſen iſt?
Das ruͤtteln des gemaͤſes, eindruͤcken der fruͤch-
te in ſelbiges, anſtoßen mit den fuͤßen, trampen
auf dem fußboden, iſt nicht zu geſtatten, ſondern
es iſt wie die frucht aus dem ſacke laͤufet, oder
von der ſchaufel in das gemaͤs faͤllet, zubelaſſen.
wie es des
ſtreichensDarauf iſt mit der hand, ſodann mit der ſtreiche
zu ſtreichen. Den ſteg muß man nach dem ſtrei-
chen allenthalben ſehen koͤnnen.
§ 1416
[579]feld- baum- garten-fruͤchten.
§ 1416
Wo einem getreide verkaufet iſt, verſtehet ſichhalber zu
halten iſt?
ſolches geſtrichen zu meſſen. Wer es alſo nicht
geſtrichen haben will, muß ſich ſolches vorher aus-
bedingen. Bei pachtliferungen hat das ſtreichen
immer ſtatt. An der ecke des gemaͤſes darf nichts
ungeſtrichen bleiben. Das meſſen geſchihet mit
dem gewoͤnlichen groͤſten gemaͤſe. Alſo waͤre es
unrecht, wenn jemand einen ſack kornes liferte,
und ich wollte es mit maͤsgen oder ſeftern mir zu-
meſſen laſſen.
§ 1417
Die geliferte frucht muß marktrein und tuͤchtigdie frucht
muß markt-
rein und
tuͤchkig ſeyn
ſeyn. Iſt ſie annoch zu ſtaubig, muß ſie der bauer
erſt wurfen, er muß auch ſelbige ſo gut lifern, als
ſolche gewachſen iſt, F. S. Altenburgiſche lan-
desordnung ſ. 174, bei ſtrafe doppelter liferung.
§ 1418
Die ausmeſſung der beſoldungs-fruͤchte, mußwie die aus-
meſſung der
beſoldungs-
durch beeidigte meſſer zugemeſſen werden, keines-
weges aber durch kinder, weiber, oder geſinde,
F. H. Caſſeliſche verordnung vom 30ſten Au-
guſt 1670.
§ 1419
Wo eines verrechnenden diners frucht-vorratund eines
verrechnen-
den diners
frucht zu
meſſen iſt?
ausgefunden werden ſoll; hat man eine meſſung
one frucht-gemaͤs, naͤmlich nach den ſchuhen des
fruchthaufens.
§ 1420
Bei dem verborgen des getreides iſt der auf-wie der auf-
ſchutt bei
dem verbor-
gen einzu-
richten iſt?
ſchutt (das aufmaß), in gewiſſe ſchranken derge-
ſtalt zu ſezen, damit mehr nicht, dann 5 von hun-
dert herauskommen. Derowegen vom virtel
1 meze, von partims-fruͤchten (das iſt vom korn
und hafer) paßiren fuͤr 100 thl. 3 virtel partim.
Wird ein groͤſſeres verſchriben; ſo wird dem
O o 2glaͤu-
[580]XXIX haubtſtuͤck von den
glaͤubiger zu mehr nicht, als ¾ vom hundert ver-
holfen. Doch mag der glaͤubiger ſtatt der fruͤch-
te 5 vom hundert begeren, F. H. Caſſeliſche ver-
ordnung vom \frac{16}{27} apr. 1739.
§ 1421
der erndte
und dem
einfaren ge-
halten
wird?
Die erndte-zeit ſtehet in eines ieden gefallen,
wo nicht deshalber etwas beſonders verordnet iſt,
wie z. e. im Wirtenbergiſchen, Baieriſchen ꝛc.
Jedoch duͤrfen zur nachtzeit zur verhuͤtung der
deuben die untertanen ihr getreide nicht einfaren,
bevorab der zehnte auch dadurch abbruch leiden kan,
Fuͤrſtl. erneuerte Heſſen-Caſſeliſche zehnt-ordnung
vom jare 1737 § XII. Ehe den zehnt-hebern die
anzeige zum auszehnten beſchehen, iſt das einfaren
der fruͤchte verboten, am a. o. § III ſ. 5. Im-
mittels iſt den tageloͤnern bei diſer zeit ein gewiſſes
lon zu ſezen.
§ 1422
witterung
iſt das ein-
faren an
ſonn- und
feiertagen
erlaubet.
Faͤllet zu naſſe witterung ein, duͤrfen die unter-
tanen an ſonn- und feiertagen das getreide und
heu oder grummet einfaren, Kreßde priuilegiis
agriculturae ſ. 10 fg. Fritſchde iure meſſis.
§ 1423
aͤrenleſen
zulaͤßig iſt?
Das aͤrenleſen iſt wohl nachgelaſſen, iedoch
darf ſolches nicht eher beſchehen, bis die garben
und getreide-haufen (hauſten, heucheln, oder
mandeln) voͤllig abgefuͤret ſind, Fuͤrſtl. Heſſen-
Caſſeliſche erneuerte zehnt-ordnung § 9 ſ. 8; dero-
wegen das aͤrenleſen zwiſchen den mandeln verbo-
ten iſt. Jeweilen muͤſſen ſich, um den mißbrauch
zu vermeiden, diejenigen, welche aͤren leſen wol-
len, bei den beamten angeben, und von diſen der
erlaubniß ſich gewaͤrtigen, Klingner am a. o.
im IIten teile ſ. 53, Fritſch von den aͤrenleſern.
§ 1424
[581]feld- baum- garten-fruͤchten.
§ 1424
Zur befoͤrderung der erndte ſind von alten zei-die erndte-
ferien ha-
ben beſon-
dere ge-
rechtſamen.
ten her die ferien geordnet. Die erndte-ferien
heiſſen auch hundstags-ferien, und dauren am
kammergerichte vom 18ten Jul. bis den 25ſten Au-
guſt einſchluͤßlich, und hat man ſich vermoͤge des
R. A. 1654 § 137 hirnach zu achten, wenn kein
beſondres landes-geſaͤz vorhanden iſt. Im uͤbri-
gen iſt die erndte-zeit nach dem himmelsſtriche un-
terſchiden. Sie gibet einen gerichts-ſtilleſtand
einem jeden, und ein urthel oder beſcheid, der in
ſolcher zeit eroͤfnet oder erteilet wird, iſt ungiltig;
es lidte denn die ſache keinen verzug.
§ 1425
So lange die fruͤchte noch nicht reif ſind, darfwenn nicht
gejaget wer-
den darf?
nicht gejaget werden, wenn gleich die jagt offen
und Bartholomaͤi vorbei iſt, Fritſch am a. o.
vol. I opuſc.Wildvogel in vronoſcopia leg.
§ 32.
§ 1426
Zum getreide gehoͤren 1) der weizen, 2) derwas zum
getreide ge-
hoͤret?
rocken, 3) die gerſte, 4) der haber, 5) der hirſe,
6) der dinkel, 7) der ſchwade, und 8) der tuͤrki-
ſche weizen. Vom einkorne, heidenkorne und
andern arten der feldfruͤchte, beſonders in Schwa-
ben, handeln die oͤconomiſche nachrichten im VIII
bande, ſ. 874 fgg., Leipz. 1755, 8.
§ 1427
Der weizen gibet unter allem getreide die ſtaͤrk-die beſchaf-
fenheit des
weizens in
abſicht auf
den menſch-
lichen koͤr-
per.
ſte narung fuͤr den menſchlichen koͤrper. Jedoch
wirket die zaͤhe klebrichkeit des meles ungeſund-
heit. Der ſauerteig oder die haͤfe, imgleichen die
hize des backofens und das ſalz, auch kneten, muͤſ-
ſen diß uͤbel heben. Davon werden fuͤnferlei
gattungen weisbrodes gebacken, die zwo feineſten
erſten dinen denen, welche nicht ſtark arbeiten,
O o 3nicht
[582]XXIX haubtſtuͤck von den
nicht zur geſundheit. Die dritte gattung aus mele
und den reineſten teile der kleie iſt die geſundeſte;
die virte gattung verſtattet die policei nicht, als
nur in der hungersnot, Joh. Sigmund Elsholt
im tiſchbuche ſ. 312.
§ 1428
dem weizen
beſonders
gemachet
wird?
Aus dem beſten weizen wird die ſtaͤrk, oder das
kraftmel gemachet, Marperger K. magazinII
ſ. 503. Hiraus bereitet man das haar-puder zu,
am a. o. I ſ. 705.
§ 1429
korn gibet
ſchoͤn weis
brod.
Die ſpelt oder das dinkel-korn in der obergraf-
ſchaft Kazenellenbogen ꝛc. gibet leichter und
ſchmakhafter weisbrod, als der weizen. Im
uͤbrigen iſt der ſpelt mancherlei: Man hat rocken-
gerſten- weizen-ſpelt, Leipziger ſammlungen von
wirtſchaftlichen ꝛc. ſachen im 10ten bande ſ.
664 fgg.
§ 1430
brod iſt ge-
ſuͤnder als
das weizen-
brod.
Das weizen-brod iſt nicht ſo geſund, als das
von rocken, Hofmanns diaͤtetic ſ. 35. In den
morgen-laͤndern waͤchſet nach Kortens berichte
in der reiſe nach dem gelobten lande, kein rocken.
Indeß wachet die policei, daß weder das weizen-
noch gerſten-brod durch ſchlechte baͤcker verdorben
werde. Backen und brauen geraͤtet nach dem
ſpruͤchworte nicht immer. Und eben der baͤcker,
welcher in der Wetterau das ſchoͤnſte brod baͤcket,
wenn man ihm eben das mel an einem andern
orte gibet, kan kein Wetterauiſches brod backen.
So vil traͤget das waſſer und die luft hirzu bei.
Jedoch ſind ſchlechte baͤcker nicht zu dulten, ſon-
dern es iſt allen ſo genannten kloͤſe-baͤckern das
backen zu unterſagen. In Hamburg ſind weis-
los-baͤcker, faſt-baͤcker, und grob-baͤcker, wozu
die kuchen-baͤcker an andern orten noch kommen.
§ 1431
[583]feld- baum- garten-fruͤchten.
§ 1431
Der rocken teilet ſich in den winter-rocken, ſtau-der rocken
iſt mancher-
lei,
den-rocken und ſommer-rocken, oder korn, der
rocke naͤret den menſchlichen leib weniger, als der
weize, und mehr, als die gerſte. Was des bro-
des halber die policei zu beobachten habe, ſolches
lehret Elsholt ſ. 312. Von dem fruchtbaren
ſtaudekorn handeln die oͤconomiſche ſammlungen
aus den Breslauer natur- und kunſtgeſchichten,
ſ. 267, 296.
§ 1432
Der gerſte ſind zwo arten, die groſe gerſte undauch die
gerſte,
die kleine, die fruͤhe und ſpat-gerſte. Das malz
hizet, hingegen kuͤlen und erfriſchen die graupen.
Was wegen des bieres in die policei einſchlaͤget,
das beſaget Elsholt ſ. 418.
§ 1433
Der haber iſt dreierlei, der weiſe, ſchwarze,nicht min-
der der ha-
ber,
und nackente. Dem menſchlichen koͤrper gibet er
geringe, dem pferde aber ſtarke narung, Elsholt
ſ. 267. Vom tauben und ſchwarzen haber han-
deln die bemeldte oͤconomiſche ſammlungen aus
den Breslauer natur- und kunſt-geſchichten ſ.
216 fgg.
§ 1434
Der reiß gibet einen mittelmaͤſigen, doch gro-des reiſſes
eigenſchaft,
und des hir-
ſens beſchaf-
fenheit.
ben narungs-ſaft. Der hirſe iſt in den Rheini-
ſchen landen verſchidener art, der Frankfurter
hirſe iſt mehr gelb als weiß, und der hiſige iſt
mehr weiß als gelb, quillet aber beſſer. Er gibet
nicht boͤſe, doch wenig narung, und iſt ſchwer zu
verdauen, Elsholt ſ. 268. Die ſchwade iſt einwas die
ſchwade iſt?
ſame eines graſes. Sie iſt wie der hirſe geartet
und ſtopfet. Der Tuͤrkiſche weizen ſchmeckt ge-
kochet ſuͤßlich, wirket aber eine zaͤhe und dicke
ſchleimigkeit, Elsholt ſ. 169.
O o 4§ 1435
[584]XXIX haubtſtuͤck
§ 1435
der huͤlſen-
fruͤchte,
Die huͤlſen-fruͤchte ſind 1) die erbſen, fuͤnfer-
lei gattungen, 2) die groſen garten bonen, 3)
die faſelen, oder ſteigbonen, 4) die linſen, 5)
der buchweize, 6) der monſamen, Elsholt ſ.
269 fgg.
§ 1436
wurzeln,
Von kuͤchen-wurzeln gehoͤren hirher die paſti-
nak, die moͤhr-ruͤbe, die beis-ruͤbe, die weiſe-ruͤ-
be, die ſtech-ruͤbe, die zucker-wurzel, ruͤben-ker-
fel, ruͤben-rapunzel, eichorien, rettig, radis,
meer-rettig, haber-wurz, zwibeln, lauch, hollauch,
tartuffeln, morcheln, reizger, buͤlze, bocksbart,
Elsholt ſ. 272 fgg.
§ 1437
ſcheunen-
bau zu beob-
achten iſt?
Bei dem ſcheunen-baue hat die policei dahin zu
ſorgen, und den untertanen vorzuſtellen, daß ſel-
bige, wo ſtroh, heu und grummet ligen ſoll, luͤf-
tig, und der morgen- auch mitternacht-wind es
durchwehen koͤnne, welches das muͤchzende und
dumpfige weſen, woraus ſonſt eine feuersbrunſt
entſtehen kan, vertreibet. Diſemnach muß eine
ſcheune luͤftig, von aller feuchtigkeit, miſtſtaͤtten
und ſtaͤllen entfernet ſeyn, auch etwas erhaben
ſtehen. Man kan auch zualoͤcher, wie die ſchorn-
ſteine darin anbringen, damit das getreide beſſer
ausdumpfe. Von anleaung der ſchuttboͤden ſihe
eine nachricht in den oͤconomiſchen nachrichten
VIIten bande ſ. 552 fg. Leipzig 1755, 8.
§ 1438
ſind in den
ſtaͤdten nicht
zu dulten.
Das legen des getreides, heues, ſtrohes, grum-
mets u. d. g. zu wagen oder karren voll, ſind in
den haͤuſern der ſtaͤdte nicht zu dulten; es ſtuͤnde
denn die ſcheune allein. Zu Jena muß man der-
gleichen in den vorſtaͤdten unterbringen. Auch
werden die ſcheunen-tore von ſtrohe nicht gedultet.
Mylius
[585]von den garten-gewaͤchſen.
Mylius im corpore conſtitut. March. Vten
teile. Von den dreſch-muͤlen ſihe die oͤconomi-
ſchen ſammlungen aus den Breslauer natur- und
kunſt-geſchichten ſ. 347 fgg.
Dreiſigſtes haubtſtuͤck
von den garten-gewaͤchſen.
§ 1439
Die policei traͤget ſorge, damit an den kuͤchen-die pflan-
zung der
kuͤchen-
kraͤuter
kraͤutern kein mangel erſcheine. Darzu
gehoͤren baſilicum, borragen, beiſſe, kardonen,
dill, dragun, endivien, fenchel, garten-kerfel,
grevinne, hopfen, ſpargel, iſop, kohl, kreß,
lactuken, lavendel, loͤffel-kraut, majoran, melde,
piterſilien, pfeffer-kraut, pimpinelle, portulac,
raute, rukette, ſalbei, ſaturei, ſauerklee, ſauer-
ampf, ſenf, ſelleri, ſpargen, ſpinat, thymian,
winter-rapunzel, wirſing ꝛc.
§ 1440
Die aufſicht wegen pflanzung diſer kraͤuter iſtiſt noͤtig
und nuͤzlich.
um ſo noͤtiger, ie fuͤrtraͤglicher es iſt, dadurch den
menſchlichen koͤrper fuͤr den hizigen morgenlaͤndi-
ſchen gewuͤrzen zu bewaren, und ſo vile 1000 thl.
die hirdurch aus dem lande gehen, zu erſparen.
§ 1441
Das garten-gewaͤchſe teilet ſich in kraͤuter, wur-deren ein-
teilung:
kraͤuter,
zeln und fruͤchte. Die kraͤuter begreifen das ge-
waͤchs, deſſen blaͤtter man haubtſaͤchlich ge-
brauchet.
§ 1442
Unter den wurzeln verſtehet man z. e. ruͤben,wurzeln,
fruͤchte,
moͤren, rettige ꝛc. Es koͤnnen auch die zwibeln,
tartuffel ꝛc. hirher gerechnet werden. Die
O o 5fruͤchte
[586]XXX haubtſtuͤck
fruͤchte begreifen das gewaͤchs, welches vom kraut
und ſtengel hervorwaͤchſet, z. e. kuͤrbſe, gurken,
artiſchocken, mohn, hirſen, reiß, erbſen, linſen,
bonen, Arn. Frid. von Hartenfels oder Reiſen-
berg neuer garten-ſaal, Frankfurt 1745, 8, Stiſ-
ſer am a. o. ſ. 47 fgg. Chriſtian Reichardts
IIIter und IIIIter teil des garten-ſchazes. Von
den gaͤrten ſelbſt wird bald ein meres folgen.
§ 1443
Zu Reichelsheim in der Wetterau zihen die
Naſſau-Weilburgiſche untertanen die zwibeln
zu morgenfeldes. Daher die landesherrſchaft
den zehnten davon fodert. Von deren fortpflan-
zung ſihe des Samuel Trowells anleitung fuͤr
einen landmann, oder neue abhandlung vom
ackerbaue, der gaͤrtnerei ꝛc. Leipzig 1750, 8. ſ. 253
254. Sie teilen ſich 1) in die ſommer- 2) Jo-
hannis- 3) ſaͤz- oder ſteck- 4) winter- und 5)
weiſe ſpaniſche zwibeln, ReichardtIII ſ. 209 fgg.
§ 1444
Die tartuffeln, (kartoffeln oder krumme birne)
ſind zum teile ein garten- zum teile aber ein feld-
gewaͤchſe, und mit den erd-aͤpfeln als einer unge-
ſunden frucht gar nicht zu vermiſchen. Einige
kameraliſten wollen, in betracht der gemeine mann
viles am brod-korne dadurch erſparet, den tar-
tuffeln-bau nicht loben; geſtalt ſie den frucht-preiß
verringerten. Allein ſie haben noch kein gehoͤr
gefunden. Von deren pflanzung ſihe die oͤcono-
miſchen nachrichten im VIten teile ſ. 534, Leipzig
1754, 8.
§ 1445
iſt davon zu
[le]iſten.
Im Naſſau-Sarwerdiſchen iſt zwiſchen Naſ-
ſau-Weilburg und deſſen untertanen zu Herbiz-
heim wegen des krummbirn-zehntens die ſache an
das kammergericht gedihen; es ſind auf beiden
ſeiten
[587]vom obſte.
ſeiten daruͤber in die 12 und mehr todtgeſchoſſen
worden. Einige halten dafuͤr, daß wenn man
die tartuffeln nicht zur bluͤte kommen laſſe, ſie ſich
ſtaͤrker vermereten, auch groͤſſer wuͤrden.
§ 1446
Durch das garten-gewaͤchs, inſonderheit denwie das
gartenge-
waͤchs am
kohl zu ge-
brauchen
iſt?
blumen- auch wirſching- und ſpaniſchen- auch Sa-
voier-kohl, kan die rote ruhr unvermerkt einreiſ-
ſen. Denn der mel tau fuͤret ein giftiges werk
bei ſich, und ſezet ſich in das krauſe diſes gemuͤſes
an. Daher vorm kochen das bruͤhen mit ſalz-
waſſer erfodert wird. Bei ſolchen umſtaͤnden
muß die policei auf den gebrauch des wurzelwer-
kes anleitung geben, welches von den meeltauen
frei bleibet.
Ein und dreißigſtes haubtſtuͤck
vom obſte.
§ 1447
Auf die pflanzung des obſtes hat die policei groſedie pflan-
zung des
obſtes iſt noͤ-
tig und nuͤz-
lich.
ſorgfalt zu wenden. Das ſommer-obſt be-
ſtehet in kirſchen, coruel-kirſchen, pflaumen, pfir-
ſichen, apricoſen, feigen, maulbeeren, brombee-
ren, himbeeren, ſtachelbeeren, rauchbeeren, Jo-
hannis-beeren, berberis und wiſen, Elsholt ſ.
292 fgg.
§ 1448
Vom winter-obſte ſind bekannt: die aͤpfel,des winter-
obſtes gat-
tungen.
birnen, quitten, meſpeln, mandeln, wallnuͤſſe,
haſelnuͤſſe, und kaſtanien, Elsholt ſ. 299 fgg.
Man ſehe auch das fuͤrtreffliche kraͤuter-buch des
Theodor Zwingers, wo er ſ. 8 eine groſe menge
von aͤpfeln, und ſ. 13 eine groſe anzal birnen er-
waͤnet
[588]XXXI haubtſtuͤck
waͤnet hat. Des Decombe beſchreibung der
pfirſichbaͤume 1747, 8, iſt bekannt.
§ 1449
des Teut-
ſchen obſtes
fuͤr dem
Franzobſte.
Das Teutſche obſt iſt dem Franzobſte vorzu-
ziehen, oͤconomiſches lexicon ſ. 2065. Beſonders
ſind die Borsdendorfer aͤpfel beliebt. Das dorf,
wovon die aͤpfel den namen haben, liget in der
Heßiſchen grafſchaft Nidda.
§ 1450
zu verbiten
iſt?
Das obſt, welches die rote-ruhr wirket, deſſen
zucht und verkauf muß die policei verbiten, als da
ſind ſpillinge, bockgailen, haberkoͤcher, bilſen.
§ 1451
ben einen
vorzug fuͤr
den birnen.
Ein guter apfel iſt geſunder, als eine birn; da-
her die policei fuͤr die pflanzung guter aͤpfel ſorge
traͤget.
§ 1452
ge obſt ſoll
nicht ver-
kaufet wer-
den.
Bei harter ſtrafe darf kein unzeitiges obſt ver-
kaufet werden. Wegen giftiger tauen hat die
policei die noͤtige fuͤrſicht nicht zu ſparen, Frid.
Hofmanns gruͤndliche anweiſung, wie ein menſch
fuͤr dem fruͤhzeitigen tode ſich bewaren ſolle, I,
ſ. 199 fg.
§ 1453
tertanen
vom ſchaͤd-
lichen und
geſunden eſ-
ſen u. trin-
ken einen
unterricht
erhalten
koͤnnen?
Alldieweil die policei zur verhuͤtung allerhand
krankheiten verbunden iſt; ſo hat ſie durch die
aͤrzte wohlfeile ſchriften in Teutſcher ſprache aus-
gehen zu laſſen, damit ein ieder vom eſſen und
trinken einen unterricht habe, was geſund und
ſchaͤdlich ſey? Ein gelehrter nimmet ſeine zuflucht
zu Johann Franz Paul Ganſershygieine,
Leipzig 1731, 8; Johann Sigmund Elsholzens
(auch Elsholtens) diaͤtetico und tiſchbuche, Leip-
zig 1715 fol. und Johann Frid. Hofmanns an-
weiſung zur verwarung fuͤr den fruͤhzeitigen todte,
Halle 1715, 8, oder deſſen diaͤtetic.
Zwei
[589]vom taback.
Zwei und dreißigſtes haubtſtuͤck
vom taback.
§ 1454
Taback iſt eine pflanze, welche Franz Herman-woher der
taback ſtam-
met?
deſſen gat-
tungen.
dez von Toledo ums jar 1522 aus America
von der Inſel Tabacko nach Portugall gebracht
hat, von da iſt ſelbiger nach Spanien, unter
Franz dem II nach Frankreich, 1568 nach Engel-
land gekommen. Nachher iſt deſſen pflanzung
auch in Holland und Teutſchland angefangen
worden. Der feineſte iſt 1) kanaſter, 2) mo-
rian, 3) Tuͤrkiſcher, 4) Virginiſcher ꝛc. Von
deſſen bau ſihe das oͤconomiſche lexicon ſ. 2860;
imgleichen die vermiſchten oͤconomiſchen ſammlun-
gen, Leipzig 1750, 8, ſ. 120 fgg., Dr. Chebeſens
tr. vom taback, Kaͤſtnerde iure tabaci. Di-
ſer iſt an etlichen enden ſehr uͤblich worden. Es iſt
aber dergleichen pflanzung bei dem uͤberfluſſe des
ackerbaues anzuſtellen, Leib in der erſten probe,
cap. III § 3, Marpergers plantagen-tractat
ſ. 21, iedoch deſſen mißbrauch zu beſchraͤnken, teils
aus vorſicht fuͤr die geſundheit der untertanen,
teils des aufwandes halber, wie dann wohl des-
halber bei 500,000 thl. aus Teutſchland gehen,
Marperger am a. o. ſ. 219, ungeachtet Hof-
mann am a. o. ſ. 110 des Iten bandes ſchreibet:
„denn gewiß der rauch-toback ein ſolches, welches
„der natur ganz zuwider, dem haubte und nerven
„ſchaͤdlich iſt.„ Wenn diſemnach kein uͤberfluß
an feldern vorhanden iſt, gleichwol die untertanen
diſe mit tabacks-pflanzen verſperren, iſt ihnen ein-
halt zu tun, auch anzubefelen, ſtatt deſſen getreide
zu pflanzen. Wenn aber an feldern kein mangel
ſich
[590]XXXII haubtſtuͤck
ſich findet, iſt ihnen an hand zu geben, ſelbigen
anzupflanzen, F. H. Caſſeliſche greben-ordnung
tit. 36 § 4.
§ 1455
lei.
Der taback iſt entweder rauch- oder ſchnupf-
taback. Der rauchtaback iſt entweder blaͤtter-
roll- oder geſchnittener, oder brif-taback. Der
ſchwarze beſtehet aus den beſten blaͤttern, welche
mit zwetſchen-bruͤhe oder ſyrup angemachet wer-
den. Der Braſilianiſche iſt der beſte. Farbe,
geruch, geſchmack und deſſen aſche ſind zeichen der
guͤte. Die nichts taugende blaͤtter heiſſen geiz.
Diſe muͤſſen abgeblattet werden, welches man
geizen nennet.
§ 1456
ſonen zum
ſpinnen er-
fodert wer-
den?
Zum ſpinnen des tabacks werden 5 perſonen
erſodert: die 1ſte iſt der ſpinner, die 2te die blaͤt-
termacherin, welche die blaͤtter ausbreitet, die
3te drehet das kleine weſen zuſammen, die 4te
iſt der aufleger, welche naͤmlich die gebreiteten
blaͤtter dem ſpinner aufleget, die 5te iſt der dre-
her. Von den betruͤgereien dabei handelt Hoͤnn
am a. o. ſ. 415-417.
§ 1457
backsrau-
chen verbo-
ten iſt?
Auf den ordentlichen poſtwagen, bei torf, in
den ſtaͤllen, ſcheunen, heuboden, waͤldern, im-
gleichen one deckeln auf den pfeifen iſt das tabacks-
rauchen verboten, F. H. Caſſeliſche poſt-ordnung
§ 15, und greben-ordnung ſ. 26 § 5 tit. 10; Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landesgeſaͤze IIIter
teil, cap. 4 ſ. 264, ſ. 276, 292, Mylius im
corpore conſtit. Marchic. Vten teile, Iter abt.
ſ. 262, und IIIter abt. ſ. 231, Wirtenbergiſche
reſcripte vom jare 1643 und 1684.
§ 1458
[591]vom taback.
§ 1458
Gleichwie auf nur zur wolluſt dinende waarenes kan fuͤg-
lich eine
auflage dar-
auf geleget
werden.
eine abgabe zu legen iſt; alſo verſtehet ſich diſes
auch vom tabacke, wie dann vermoͤge Heßiſcher
verordnung unterm 21. Febr. 1686 befolen wor-
den iſt: daß vom pfunde geringen ſchwarzen ta-
backs 2, und von iedem gelben feinen taback 4
heller, vom centner auslaͤndiſchen geſponnenen
tabacks 4 thl., von 100 briftaback ungefehr an-
derthalb lot wigend, 1 halber thl. entrichtet wer-
den ſolle. Thue hinzu die Kur-Brandenburgiſche
verordnung bei dem Mylius am a. o. im Vten
teile, IIter abt. ſ. 506, Kur-Braunſchweig-Luͤne-
burgiſcher landes-geſaͤze IIIIten teil, cap. VII cap.
6 ſ. 67, ſammlung verſchidener verordnungen
der kaiſerlichen freien Reichsſtadt Bremen, ſ. 137,
141. In Oeſterreich und Boͤhmen traͤget der ta-
back wohl in die kammer iedes jar 640000 fl.
§ 1459
In den Fuͤrſtlich Heſſen-Caſſeliſchen landen iſtwem der
tabackshan-
del in den
F. H. Caſſe-
liſchen lan-
den erlau-
bet iſt?
nimanden der tabackshandel erlaubet, wer nicht
vorher von den beamten hirzu ſchriftliche erlaub-
nis uͤberkommen hat. Aller taback, welcher ſo-
wohl im lande waͤchſet und darin fabriciret, oder
von fremden orten eingebracht wird, muß wegen
des darauf ſtehenden licentes geſigelt oder geſtem-
pelt werden, Greben-ordnung tit. 36 ſ. 87, My-
lius am a. o. im Vten teile IIten abt. ſ. 482 fgg.
Das hauſiren und heimliche einſchleichen mit dem
taback, iſt ebenfalls in den Kur-Braunſchweigi-
ſchen und andern landen verboten, Kur-Braun-
ſchweigiſche landes-ordnungen im IIIten teile cap.
4 ſ. 366, die Bremiſche verordnungen ſ. 45, 46.
§ 1460
Die im lande gezeugte blaͤtter ſind nicht auſſer
landes zu fuͤren, ſondern darin zu verarbeiten,
damit
[592]XXXII haubtſtuͤck
damit der nuzen und vorteil im lande verbleibe,
Mylius am a. o. ſ. 487, 495.
§ 1461
maͤſige ta-
backsrau-
chen iſt zu
verbiten.
In den F. S. Altenburgiſchen landes-ordnun-
gen ſ. 207, und Gothaiſchen landes-ordn. P. II
ſ. 171, wird das uͤbermaͤſige tabacksrauchen als
hoͤchſtſchaͤdlich unterſaget. In der hiſigen ſtipen-
diaten-ordnung ſ. 15 § 11 iſt das tabacksrauchen
den ſtipendiaten unterſaget. Sihe den Klingner
am a. o. ſ. 263 fg. ſ. 599 des Iten teiles. Neu-
mann in der chimi ſ. 399 fgg., des dritten teiles
vom IIten bande ſ. 402 haͤlt den ſchmauch-taback
fuͤr ſchaͤdlich.
§ 1462
In ſachen Heinrich Nicol Steineckens zu Bre-
men, wider Jacob Bertram zu Zelle, wurde
1748 uͤber ein faß briftaback geſtritten: ob extra
f. Jan. zapfenberger, aus Endwicks zapfenbergs
fabrik zu Amſterdam, oder Franz Jacobs und
Cornelis ſorte die rechte ſey? geſtalt leztere gat-
tung fuͤr gaͤnge waͤre, die erſte aber dafuͤr nicht
paßire; anbei: ob die ſorte by d’Erf Jan Sapf-
fenbergh fuͤr zapfenberger zu halten ſey? Die
betruͤgereien und verfaͤlſchungen des tabacks ſind
ſehr groß und mancherlei, Neumann am a. o.
§ 1463
iſt davon zu
entrichten.
Dieweil die Gießer und Buzbacher, nicht
minder die Hanauiſchen vilen taback bauen; ſo
duͤrfen die zehntherren hirunter nicht leiden, ſon-
dern vom taback iſt der zehnte zu entrichten.
Vom Schleſiſchen tabacksbaue ſihe die oͤconomi-
ſchen ſammlungen aus den Breslauer natur- und
kunſt-geſchichten cap. II ſ. 120.
§ 1464
des ſchnup-
tabacks iſt
Der ſchnuptaback iſt eine faſt allgemeine ver-
meinte arzenei, und daher iſt in Frankreich die
ſtaͤrkeſte
[593]vom weine, biere, branteweine ꝛc.
ſtaͤrkeſte einkunft vom ſchnuptabacke. Diſerzu beſchraͤn-
ken.
ſchwaͤchet das gedaͤchtniß, und zihet fluͤſſe in den
kopf, verurſachet auch zu unnoͤtigen ausgaben
anlas, weshalber die landesherrſchaft ſtarke ab-
gaben darauf legen mag, Hofmanns klugheit
hauszuhalten, im dritten buche ſ. 108, Zink im
oͤconomiſchen lexico ſp. 2637. Von deren gat-
tungen ſihe den Marperger am a. o. ſ. 536.
Drei und dreiſigſtes haubtſtuͤck
vom weine, biere, branteweine, mete,
auch den ſo genannten liqueurs,
und eßig.
§ 1465
Der wein heiſſet der aus weintrauben gepreßtewas wein
heiſſet?
ſaft, welcher gegoren hat. Vor der gaͤ-
rung heiſſet er moſt.
§ 1466
Der wein iſt entweder jung oder firn. Nachdeſſen be-
ſchaffenheit
dem waſſer iſt er das natuͤrlichſte getraͤnk. Er
befoͤrdert die dauung, hilft der narung, erquicket
die lebensgeiſter, ſtaͤrket haubt, herz und magen,
verzeret die feuchtigkeiten, machet reines und leich-
tes gebluͤte, ermuntert zur froͤlichkeit, Andreas
Ridigerde diaeta eruditorum ſ. 224 § 776.
Die eigenſchaft eines guten weines iſt 1) daß
er den durſt loͤſche, 2) die verdauung befoͤrdere,
3) nur eine kleine roͤte des geſichtes errege, und
4) kein kopfwehe verurſache, Ganſer in der hy-
gieine ſ. 358 § 340, der offenherzige wein-arzt,
1753, 8. Kaiſer Probus hat im jare 280 ſol-
chen in Teutſchlande pflanzen laſſen.
P p§ 1467
[594]XXXIII haubtſtuͤck
§ 1467
beſten weine
ſind in
Teutſch-
lande?
Die geſunden iedoch ſtarken weine und die kei-
ne kopfbrecher ſind, fangen unter Oppenheim am
Rheine zu Nierſtein an. Diſer iſt wider den
ſtein und das gries gut. Der Hochheimer zwi-
ſchen dem Rheine und Maine auch der Ruͤdes-
heimer bergwein im Rheingaue ſind die ausſtiche,
kommen aber ſelten an privat-perſonen, auſſer die
leichtglaͤubig ſind und ihn dafuͤr kaufen ſowohl
trinken. Sie haben erdſel (einen erden-geſchmack)
und beſtehen alſo aus ſchwefelichten, auch ſauren
ſalzteilen. Der Eberbacher wein hat die tugend,
wie die Moſelweine, er iſt cos, das iſt, wohl-
ſchmaͤckend, darnebſt grob, das iſt, er treibet auf
den harn und verjaget die blaͤhungen, verſto-
pfet auch nicht, wie die bleicherte von Huͤningen
und Andernach, die ordentliche tiſchweine, Hof-
manns diaͤtetik ſ. 326 fgg.
§ 1468
weine be-
ſchaffenheit.
Nach den Rheingauer weinen verdinen den
erſten plaz die Moſeler. Sie ſind ſubtil, rein
und klar, ſchmaͤcken auf der zunge angenehm, ſie
oͤfnen und bekommen einem guten magen wohl.
In niren- blaſen- und glider-beſchwerungen leiſten
ſie trefliche huͤlfe wegen irer temperirten eigen-
ſchaft. Denn ſie fuͤren nicht vile ſchwefelichte
und ſauer-ſalzigte teilchen bei ſich; allein wegen
des uͤbergewichtes des waͤſſerichten halten ſie ſich
nicht lange, Baͤumler am a. o. ſ. 415.
§ 1469
ſchidlichen
gattungen
eigenſchaf-
ten.
Die Pfaͤlziſche Rheinweine haben kein flacke-
res feuer und nemen den kopf ein. Neckar und
Frankenweine ſind gegen den Rheingauer ſchlecht.
Vom Wirzburger ſteinweine und dem Sommer-
haͤuſer ꝛc. machen die Thuͤringer vil werks. Kai-
ſer Carl der VI ſchaͤzte den roten Tiroler oder
Trami-
[595]vom weine, biere, branteweine ꝛc.
Traminer hoch. Die gattung der trauben ſihe
im oͤconomiſchen lexico ſ. 3166. Von den wein-
bergen ſoll bei den unbeweglichen guͤtern gehan-
delt werden. Die gattungen und tugenden der
weine haben Caſpar Neumann in des IIten ban-
des IIIten teile der chymi ſ. 528-644, und Geor-
ge Heinrich Behr von der materia medica ſ. 441
544, Baͤumler im praͤſervirenden arzte, Els-
holzen am a. o. ſ. 427-436. Inbeſondere hat
erſagter Neumann 26 gattungen des weines ge-
pruͤfet: 1) wie vile grade des ſpiritus vini rectifica-
tißimi? 2) des reſinoͤs-dick-oͤl kleberichten weſens?
3) des weinſteinichtens und gummoͤſen weſens?
und 4) des bloſſen waſſers habe? Das malvaſir
hat 8, der alicanten-wein, der Frontignac, der
muſcat-wein, der Neufchateler, der palmſec, vi-
no Tinto enthalten 6 lote geiſtes, der Burgun-
der, der alte Rheinwein 4 lote 2 quinten, der
Moſeler 4 lote 2 quinten geiſtes, und der
Tockaier nur eben ſo vilen an iedem Berliniſchen
quarte oder 2 noͤſſel; denn ¼ iſt 2 noͤſſel. Von
den beſtandteilgen der Franzoͤſiſchen weine, die
ſich aber fuͤr einen Teutſchen koͤrper nicht ſchicken,
handelt Nicol Lemery im vollſtaͤndigen materia-
lien-lexico ſp. 1181 fgg.
§ 1470
Die wein-verfaͤlſchungen ſind mancherlei: 1)die verfaͤl-
ſchungen
der weine
ſind ſtraf-
bar.
wenn der wein mit waſſer, oder der gute mit
ſchlechten vermiſchet wird; 2) wenn dem weine
durch ſchwefelichte einſchlaͤge eine hohe farbe und
am geſchmacke geſchaͤrfet wird; 3) wenn man
dem weine einen lieblichen geſchmack und ſchoͤne
farbe zu geben ungeloͤſchten kalk thut; 4) wenn
man die weine in ein faß thut, darin hefen vom
Spaniſchen, Italieniſchen, Ungariſchen, oder
Rheiniſchen weine iſt, damit jene durch diſe einen
P p 2ange-
[596]XXXIII haubtſtuͤck
angenemern geruch und geſchmack annemen, folg-
lich teurer verkaufet werden koͤnnen; 5) wenn
man unter die weine oder moſte kraͤuter und blu-
men, ſonderlich ſcharlach-beere, holunder-bluͤten,
baſilienkraut ꝛc. thut, damit ſolche ebenfalls einen
liblichen geruch bekommen, und wie muſcateller-
wein ſchmecken moͤgen; 6) wenn man unter ein-
heimiſche weine zucker, zibeben, ſirup ꝛc. nebſt
ein wenig Spaniſchen, Italieniſchen, oder Un-
gariſchen wein thut, und jene hernach fuͤr ſolche
ausgibet, auch verkaufet; 7) wenn man die
weine ſtark ſchwefelt, brantewein oder Spani-
ſchen wein darunter guͤſſet, damit ſie fuͤr ſtarke
auslaͤndiſche weine paßiren moͤgen; 8) wenn
man die moſte oder weine mit aͤpfel- oder birn-
moſt verfaͤlſchet. Die anmachung mit ſilberglaͤtte
kan den menſchen ums leben bringen, Zeller und
Weismannde docimaſia, ſignis, cauſſis et
noxis vini lithargyro mangoniſati, Altorf 1721,
Lentilius in iatromnematibus ſ. 65. Ob das
kuͤnſteln durch roſinen ſtrafbar ſey? daran iſt
kein zweifel, der einwand, daß dem Ungariſchen
weine roſinen zugeſellet wuͤrden, tut zur verteidi-
gung nichts. Wie dann auch das ſo genannte
verheiraten der weine, oder die vermiſchung nichts
tauget, und von der policei zu beſtrafen iſt.
Hoͤnns betrugs-lexicon ſ. 442.
§ 1471
am beſten
erhaͤlt?
Sonſt erhaͤlt ſich der wein beſſer in groſen, als
kleinen faͤſſern, und der trink-wein iſt auf bouteil-
len zu zihen.
§ 1472
Dieweil das weinmaas gar unterſchiden iſt, ſo
iſt bei kaufung der weine die aiche wohl zu beob-
achten. Denn am Rheine tut ein ſtuͤck weines,
Rheingauer aiche, 7½ ome, welche zu Marburg
acht
[597]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
acht omen betragen, iede zu 80 maaſen, deren
eine 4 noͤſel oder ſchoppen haͤlt. Am Rheine in
den taͤlern, als zum Bacharache, machet ein fu-
der weines 6½ ome aus, Rheingauer aiche, und
in Marburgiſcher aiche 7 omen. An der Nohe
werden die weine zu laſt-weiſe verkaufet. Diſer
tut an Rheiniſcher aiche 4 omen, betraͤget zu
Marburg 4 omen 6 virtel, iedes zu 4 maaſen.
Am Ober-Rheine, als zum Forſte, in Deides-
heim und mereren orten der Pfalz, werden die
weine fuder-weiſe verhandelt, und beſtehet das
fuder weines aus 6½ omen, welches in Marburg
7 omen und einige virtel ausmachet. Zum Op-
penheime und Nierſteine haͤlt das ſtuͤck weines
7½ ome, Rhingauiſcher aiche, in der Marburgi-
ſchen aber 8 omen. An der moſel iſt das ſtuͤck
weines 6 omen, auch 6½ ome, tut zu Marburg
7 omen.
§ 1473
Zur Raſtadt im Badiſchen iſt die groͤſeſtemaaſt,
wein-aiche. Zu Worms iſt die ome zwo maaſen
groͤßer als im Rhingaue, und zum Rode, unfern
Landau, iſt die wein-aiche noch groͤßer.
§ 1474
Der weinkeller iſt ein von ſteinen gewoͤlbterwie der
weinkeller
an zulegen
iſt?
raum unter der erden zur verwarung des weines.
Die thuͤr muß gegen mitternacht gehen, und der
keller von allem geſtanke, als pferde- und vih-
ſtaͤllen, ſecreten, auch miſtphuͤlen abgeſondert ſeyn.
Kaͤſe, leder, oͤl, kraut, knoblauch, ruͤben, ꝛc.
und alles was unangenehm riechet, gehoͤret in
keinen weinkeller, Neumann am a. o. ſ. 586.
§ 1475
Die weinſchroͤter muͤſſen auf ire gefahr dendie wein-
ſchroͤter
muͤſſen den
wein auf ire
gefar in den
keller ſchaf-
fen.
wein in den keller ſchaffen, wie ihn der furmann,
ſo bald er aufgeladen iſt, in ſeiner gefahr hat.
P p 3§ 1476
[598]XXXIII haubtſtuͤck
§ 1476
weinſchank
iſt?
Der weinſchank iſt eine vom landesherrn er-
teilte gerechtſame, wein in kleinem gemaͤſe zu ver-
kaufen, Fritſchde iure oenopolii cap. II num.
7, vol. II Allein ſovil die ſelbſt gezogene weine
belanget, kan ein ieder ſolche faßweiſe verkaufen.
§ 1477
haushal-
tung kan
iedermann
wein ein-
kaufen.
Zu ſeiner haushaltung mag ein ieder weine
kaufen, wenn er nur ſelbigen ſeinen hausleuten
nicht verkaufet. In den privilegien der Marbur-
giſchen univerſitaͤt tit. I § 19 heiſſet es von den
Marburgiſchen profeſſoren: iidem pro ſe et fa-
milia vinum ementes, praeter pretium nihil
pendunto. Zu Franecker und Groͤningen haben
die ſtudenten den trinkwein frei, welches auch auf
andern univerſitaͤten befunden wird.
§ 1478
omgeld da-
von erleget
wird?
Im uͤbrigen muß ein ieder, welcher wein kau-
fet, um- oder om-gelt davon geben, wenn er deß-
falls nicht frei iſt. Um- oder omgelt wird von
om, einem weinmaaſe alſo genennet, und bedeutet
eine abgabe vom erkauften weine, Wehner am
a. o. unter dem worte ungelt. Man nennet es
auch trankſteuer, wein-acciſe, wein-zoll, Fritſch
am a. o. cap. IIII num. 10, Leiſer im iure geor-
gico III, 20, wenn naͤmlich vom ankommenden
weine der herrſchaft ein gewiſſes erleget werden
muß. Nach befinden kan man den auslaͤndi-
ſchen wein z. e. Franzwein ꝛc. hoͤher anſezen.
§ 1479
Im Hombergiſchen landtags-abſchide vom
jare 1553 iſt verordnet, daß von iedem fuder wei-
ne, das in keller zum trunke oder verkaufe einge-
leget wird, 2½ fl. ieden zu 26 Alb. bezalet wer-
den ſollen.
§ 1480
[599]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
§ 1480
Wer in ganzen ſtuͤcken oder faſſen den wein imzolle.
lande verkaufet, zalet 1 fl. vom fuder. Der ein-
kaͤufer aber entrichtet noch 1½ fl. Von auslaͤndi-
ſchen weinen zalet man 2½ fl.
§ 1481
Der guͤldenweinzoll traͤget an der erſten zoll-
ſtaͤtte, wo er gekaufet und weggefaren wird, von
der ome 4 Caſſelalb. 8 heller.
§ 1482
Zu Jena hat die univerſitaͤt auf der roſe einender freie
weinſchank
der univer-
ſitaͤt Jena
und des T.
hauſes zu
Marburg.
wer keinen
wein ſchen-
ken darf?
freien weinſchank. Nicht minder hat das Teut-
ſche haus zu Marburg dergleichen.
§ 1483
Adeliche, profeſſoren, geiſtliche ꝛc. duͤrfen kei-
nen wein ſchenken, auſſer wo wein-wachs iſt, und
ſie die freiheit des verzapfens deſſen, was ſie gezo-
gen haben, wie zu Jena, Fritſch am a. o. cap.
III num. 22, Leiſer am a. o. num. II fg. Klock
de contribut. cap. XII num. 265 fg. Vom
bann-wein vorzulegen und auszuſchenken ſihe den
Magerde aduocatia armata cap. XV num.
107 fg. An den handelsplaͤzen iſt der verkauf an
weinen aus ſchiffen ꝛc. verboten.
§ 1484
Der wein-zehnte muß nach dem geaichten maaſewie der
wein-zehnte
zu lifern iſt?
gelifert werden, Krebsde ligno et lapide im
IIten teile, quaeſt. 13 ſ. 86 fgg.
§ 1485
One probe wird nach den Teutſchen rechten einone probe
wird der
wein fuͤr er-
kaufet nicht
geachtet.
wein fuͤr erkaufet nicht geachtet, obgleich nach den
Roͤmiſchen rechten einige das gegenteil dafuͤr hal-
ten wollen, Dr. Orth uͤber die Frankfurtiſche
reformation im Iten teile ſ. 218.
P p 4§ 1486
[600]XXXIII haubtſtuͤck
§ 1486
und bier hir
zu lande bei
der acciſe
gerechnet
wird?
Der wein, auch hir zu lande das bier, in an-
ſehung der ziſen (licents), werden nach fudern
gerechnet, von deren gehalt handelt das oͤconomi-
ſche lexicon ſp. 834. Das Wormſer und Main-
zer, auch Caſſeliſche fuder iſt groͤſer, als das
Frankfurtiſche. Beim kaufe iſt die aiche oder
das gemaͤß auszudrucken. Die Coblenzer aiche
iſt kleiner, als die hiſige.
§ 1487
weines hal-
ber zu beob-
achten iſt?
In anſehung des weines iſt folgendes zu beob-
achten: 1) daß die einwoner die weinleſe one der
oberkeit erlaubnis nicht anfangen duͤrfen; 2) daß
die weinberen one alles gemaͤcht und zuſaz ſollen
gekeltert und gegaͤrt gelaſſen werden, Reichsab-
ſchid vom jare 1487 ſ. 283, Iter teil, R. A. 1498
ſ. 54 im andern teile der ſammlung der Reichs-
abſchide vom jare 1747 fol.; 3) ſoll beim ablaß
nur 1 lot ſchwefel zum fuder genommen werden,
Reichsabſchid 1487; 4) ſind die uͤbertreter mit
100 fl. zu ſtrafen, und der wein iſt auszuſchuͤtten;
5) die fuhr- und ſchiff-leute, die waſſer in die
faͤſſer guͤßen, oder ihn verfaͤlſchen, werden an
ehren, leib und gut beſtrafet, Reichs-abſchid 1498
§ 3, R. Pol. O. 1577 tit. 16 ſ. 386 im IIIten
teile; 6) diejenige, welche kalk darein tun, ſol-
chen ſchmiren oder verfaͤlſchen, werden an ehre
leib und gut haͤrtiglich beſtrafet, auch iſt der wein
verfallen, R. P. O. 1577 tit. 16, welches im
Reichsſchluſſe 1671 IIIIten teile ſ. 77 wiederholet
worden iſt; 7) wenn die ſtaͤnde ſaͤumig ſind, die
uͤberfarer zu beſtrafen, ſoll der Reichsfiſcal wider
ſolche zu klagen macht haben, Reichsabſchid 1500
tit. 34 ſ. 81 im IIten teile; 8) iſt verboten, den
wein an den ſtoͤcken zu verkaufen, auſſer auf den
gemeinen ſchlag, Reichsreformation guter policei
1548
[601]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
1548 tit. 19 § 2, oder was der wein entweder zur
zeit des kaufes, oder 14 tage nach dem herbſte
(erndte) gilt, Reichspolicei-ordnung 1577 tit. 19
§ 3; 9) mag ein landesherr unterſagen, daß
keine fremde weine in eine gewiſſe gegend eingefa-
ren werden, angeſehen Kur-Maynz ſehr ſcharf
verboten hat, daß in dem Rheingau keine Ober-
Rheiniſche weine gelaſſen werden, damit alle
mengerei verhuͤtet, hingegen die achtung und die
guͤte der Rhingauer weine aufrecht erhalten wer-
den. Auſſerdem iſt auch dahin von der policei zu
ſorgen, daß nimand fremde weine one beiſeyn der
hirzu beeidigten weinſchroͤter oder viſirer in ſeinen
keller bringe und verkaufe, bevor ſie gepruͤfet wor-
den ſind; darnebſt die weinhaͤndler und ſchenken
bei den auslaͤndiſchen weinen inlaͤndiſche, oder
birn- und aͤpfel-weine zugleich fuͤre und verkaufe;
die ſchenkkannen und das gemaͤß behoͤrig viſitiret
und geaichet werde.
§ 1488
Dieweil auch durch die kaͤrner, welche weinden kaͤrnern
ſoll man kei-
nen wein
verkaufen
laſſen.
verkaufen, viler betrug und vermengung des wei-
nes veruͤbet wird; ſo iſt am beſten nach dem
Brandenburgiſchen beiſpile deren wein-verkauf
bei verluſt des weines und geſchirres zu verbiten;
dahingegen die auf dem lande wonende ſolchen
accisfrei im großen von den weinhaͤndlern in den
ſtaͤdten kaufen moͤgen.
§ 1489
Weinſchulden werden auf univerſitaͤten alswie hoch die
weinſchul-
den auf uni-
verſitaͤten
bezalet wer-
den?
verſchwenderiſche ſchulden, wenn ſie uͤber 5 thlr.
laufen, nicht bezalet, F. H. Caſſeliſche verord-
nung vom 20ſten December 1746.
§ 1490
Den wein zum heiligen abendmale gebenwer den
wein zum
heil. abend-
nach dem herkommen entweder die gemeine,
P p 5oder
[602]XXXIII haubtſtuͤck
male zu ge-
ben hat?oder der kaſten. Im zweifel faͤllt diſe laſt auf
den kirchen-kaſten.
§ 1491
Eine beſondere wein-cur hat Hofmann in der
diaͤtetic ſ. 345 fuͤrgeſchriben und ſolche darzu an-
geraten, die nicht in den kopf ſteigen. Ob er
aber die aͤchten gattungen der weine getroffen ha-
be, die er allda benimet, ſolches wird ihm kein
weinverſtaͤndiger glauben. Sihe uͤbrigens des
Boͤcklers haus- und feld-ſchule.
Vom biere und bruͤhane.
§ 1492
iſt?
Bier iſt das bekannte getraͤnke, welches aus
waſſer, malz und hopfen gekochet wird. Das
wort bier koͤmmt von bera, gerſte, her, Gund-
ling in den D. ſ. 425. Aus gerſten-malz wird
braunes bier, aus weizen (dinkel) gerſte und ha-
fer wird breihan oder weiſes bier gebrauet, von
Rohr im haushaltungs buche ſ. 1311 fgg., oͤcono-
miſches lexicon ſp. 324 fg., Hofmann am a. o.
im IIten teile ſ. 267 und 164. Und zwar wird
am biere in bierlaͤndern eine gar groſe menge
verzapfet.
§ 1493
teilung,
Das bier teilet man beſage Marpergers im
kuͤchen- und keller-dictionario, ſ. 97 fgg. verſchi-
dentlich ein. Ich erwaͤne nur des unterſchides in
weiſes und braunes bier, welches beides aus ger-
ſten gebrauet wird. Hirnaͤchſt gibet es weizen-
und haber- auch kraͤuter-bier, von Chlingens-
bergde hofmarchiali iure ſ. 228. Daher man
den weizen in brau- und back- auch land-weizen
einteilet. Weiter iſt das bier entweder einfaches,
oder
[603]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
oder doppel-bier, Marperger K. u. K. diction.
ſ. 107, oder das bier iſt entweder von gedorreten,
oder luft-malze gebrauet. Ferner iſt es auf ge-
pichten faͤſſern ligendes, wie in Sachſen und Thuͤ-
ringen, oder blos in eichenen faͤſſern auf behalte-
nes, wie in den hiſigen gegenden. Abfaͤlle davon
ſind das mittel-bier, ſodann der kofent, oder das
kleine bier, auch junkern genannt. Diſer iſt von
waſſer gar wenig unterſchiden. Mang-bire wer-
den aus weizen und gerſte gebrauet. Das beſte
bier wird zu Glinicke, bei Potsdamm aus ger-
ſten, weizen, haber und buchweizen gebrauet.
Diß iſt die Bredaiſche art, Marpergers kuͤchen-
und keller-dictionarium ſ. 106.
§ 1494
Zu Muͤnchen brauet man im fruͤlinge und bisvom Baie-
riſchen bire.
zum anfange des Junius ein doppeltes weiſes bier,
ambock genannt, das ſehr ſtark iſt, und dem
Engliſchen oͤle gleich kommet. Das weiſe bier-
brauen traͤget dem Kur-ſuͤrſten in Baiern jaͤrlich
uͤber eine million gulden ein, KeyslerI der reiſen
ſ. 67. Der unterricht fuͤr einen Baieriſchen
braumeiſter ſtehet bei dem von Chlingensberg
am a. o. ſ. 230-239.
§ 1495
Luft-malz und guter hopfen, auch ſtehendeswas das
beſte bier
gibet?
quell-waſſer geben das beſte bier. Die gerſte
darf auf einem gepferchten acker nicht gewachſen
ſeyn. Der hopfen ſoll wenige ſaͤuerlichte und
deſto merere fluͤchtige ſalz-teilchen in ſich haben,
wie der Boͤhmiſche hopfen, Baͤumler am a. o.
ſ. 422. Man erfodert durchgehends helles fluͤſ-
ſendes waſſer. Allein teils die erfarung, teils der
Neumann vom thee, coffe, weine und biere,
lehren ein anders. Zu Schweinsberg, in der
nachbarſchaft, iſt bisher das beſte und geſundeſte
bier
[604]XXXIII haubtſtůck
bier aus luft-malze gebrauet worden. Wollte
man es aus der Ohme, dem fluſſe, brauen, duͤrf-
te man des endzweckes verfelen. Aus einem tei-
che daſelbſt quiller ein mit meerlinſen uͤberzogener
breiter born, hiraus muß das bier gebrauet wer-
den, ſoll es anders geraten.
§ 1496
Das weizen-bier blaͤhet und beſchweret die
bruſt, auch verurſachet es ein dickes gebluͤte,
Baͤumler ſ. 423.
§ 1497
bires eigen-
ſchaften.
Das weiſe bier kuͤlet und treibet den unrin; er-
kaͤltet aber den magen, Hofmann ſ. 25 der diaͤ-
tetik lobet das Lebeginer weiſe-bier. Freilich iſt
es fuͤr den geſund, welcher, wie er, ein tuͤchtiges
glas weines darneben trinket. Denn wohl heiſſet
es im ſpruͤchworte: von dinnen bire wachſen die
laͤuſe am bauersmanne. Und wer mit dem kopfe
arbeitet, der wird beim dinnen bire bald den gar-
aus empfinden. Es verurſachet ſchleim an ſtatt
des ſpeiſe-ſaftes aus dem magen; ſintemal es die
verdauung behindert, Baͤumler ſ. 423. Indeß
iſt das dicke bier vom gedoͤrreten malze ungeſund.
Und wegen der geſundheit waͤre das malz-doͤrren
abzuſchaffen, oder die Bredaiſche art einzufuͤren,
Elsholz ſ. 422, Marperger am a. o. ſ. 106.
§ 1498
behoͤrig zu
kochen,
Die policei hat dahin zu ſehen, damit wegen
theurung des holzes das bier und der hopfen recht
gar gekochet werde; in betracht nichts ungeſun-
ders iſt, als ein nicht wohl ausgekochtes bier.
Zur erleichterung der bier-brauerei iſt auf torf und
ſteinkolen zu denken, auch die Marburgiſche neue
art der kupfernen braupfannen dinet zur holz-
fparung.
§ 1499
[605]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
§ 1499
Der Elsholz am a. o. ſ. 421 lobet aus demdie beſten
biere,
Jonſton das Einbeckiſche, dem die Braunſchwei-
giſche mumme gleiche, nur, daß ſie dicker ſey,
das Goslariſche, das Roſtockiſche im ſommer,
das Neuburgiſche in Thuͤringen, fuͤrnaͤmlich das
Torgauiſche, das Rauſchenbergiſche in Ober-
Heſſen wider den ſtein.
§ 1500
Der bruͤhan iſt eine gattung des weizen-bieres.wie der bruͤ-
han entſtan-
den iſt?
Cord Broyhan wollte zu Hannover 1526 das
Hamburger bier nachmachen, und erfand dadurch
den bruͤhan, Grupens abhandelung von der
ſtadt Hannover ſ. 372, und Rhetmeyers Braun-
ſchweigiſche chronick ſ. 783. Zu Halberſtadt wird
der geſundeſte gebrauet, welcher ein kraͤftiges und
den durſt ſtillendes getraͤnke iſt, leicht durch den
harn gehet und fuͤr dem ſteine und podagra be-
waret, Elsholz ſ. 422.
§ 1501
Die beſonderen namen der biere hat Berken-
meier im antiquario ſ. 774 fgg. geſammlet. De-
ren guͤte und das gemaͤs der meiſten orten erzaͤlet
Marperger in K. u. K. diction. ſ. 104 fgg. und
ſ. 115.
§ 1502
Ob der land-adel die brau-narung treibenob der land-
adel die
brau-na-
rung trei-
ben duͤrfe?
duͤrfe? daruͤber iſt im Mecklenburgiſchen und Luͤ-
neburgiſchen heftig geſtritten worden. In Baiern
hat ſolche kein adelicher, der ſie nicht hergebracht
hat, von Chlingensberg am a. o. Das brauen
der adelichen zum feilen verkaufe wollen Strube
im IIIIten teile der nebenſtunden ſ. 356-403,
Schnarmacher in des S. Lauenburgiſchen adels
brau-rechte, und der verfaſſer des Mecklenburgi-
ſchen adels brau-rechtes 1706, auch die vertaidi-
gung
[606]XXXIII haubtſtuͤck
gung diſes braurechtes, von Marquard in den
deciſionibus cauſſae Meklenburgicae claſſe II
tit. 10 ſ. 79 vertaidigen (§ 316).
§ 1503
braunarung
dem adel
beizulegen
iſt?
Es iſt diſe ſtadt-narung dem adel nicht anders
zu vergoͤnnen, als wenn er das recht eines gaſt-
wirts-hauſes hergebracht hat oder damit belehnet
iſt; immaßen er alsdann ſeinem gaſtwirte das
bier zum ſchanke vorlegen kan.
§ 1504
oberkeit bei
dem bier-
brauen zu
ſehen hat?
Die oberkeit hat dahin zu ſehen, damit geſun-
des gutes bier durch gewiſſenhafte, beeidigte und
geſchickte leute gebrauet werde, und zwar 1) aus
guten und nicht verdorbenen koͤrnern oder unta-
delhaften malze; 2) guten und tuͤchtigen hopfen,
geſtalt das bittere bier geſunder, als das ſuͤſſe iſt;
3) daß gutes und geſundes friſches waſſer dazu
genommen werde; 4) daß es klar ſey; 5) daß
es genug gekochet; 6) daß es nicht verfaͤlſchet,
durch kunſt zum kopfreiſer gemachet, und die feler
mit verderblichen auch ungeſunden ſachen und zu-
ſaͤzen zu verbeſſern geſuchet werde. Es ſind ſolche
zuſaͤze entweder erlaubete oder verbotene. Zu
diſen gehoͤren z. e. wenn, um den hopfen zu er-
ſparen, ſcharlei, kuͤnpoſt, kuͤnrus, weiden-blaͤt-
ter, wermut, kockels-koͤrner, das poſt- oder wan-
zen-kraut, wodurch die leute in eine raſende voll-
heit geraten, Neumann ſ. 478 des IIten bandes,
Iſter teil der chimi, ochſen-galle ꝛc. genommen,
womit der geſundheit heftig geſchadet wird. Auſ-
ſerdem gehoͤren dahin: das ſalz ꝛc. So iſt auch
keine gute verbeſſerung das dicke pichen der bier-
faͤſſer. Es iſt deßfalls die entzihung der brau-ge-
rechtigkeit, und nach befinden der umſtaͤnde, eine
gelt- gefaͤngniß- auch leibes-ſtrafe zu ſezen, My-
lius im corpore conſtitut. Magdeburg. P. III
conſtit.
[607]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
conſtit. 220, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſche
landes-ordnung im IIIIten bande cap. VII ſ. 23 fg.
Baieriſche landes- und policei-ordnung im IIIten
buche tit. II art. 7 folgen aus der F. H. Caſſeli-
ſchen policei- und land-ordnung 1645, 4, tit. VII
ſ. 25, 26 fg. Man findet daher hir und da be-
ſondere dazu verordnete collegia, welche bier-
proben genennet werden, welche die gebrauten
biere auskoſten, und ſodann daruͤber erkennen, ob
ſolche tuͤchtig ſind oder nicht, worauf ſodann der-
ſelben verkauf und preiß beſtimmet werden. Auſ-
ſerdem hat man auch ein gewiſſes inſtrument, wel-
ches wie die ſalz-wage, oder ſolen-probe gemachet
iſt, wodurch die guͤte des bieres, auch das einge-
fuͤllte waſſer erkennet werden kan, Leupolos
theatr. ſtatic. Unter die erlaubeten zuſaͤze koͤn-
nen gerechnet werden: nelken, muſcaten-nuͤſſe, ci-
tronen-ſchalen, lorbeeren, wachholder-beeren, me-
liſſen, ſalbei ꝛc. dabei man ſehen kan, was die
mitgaͤrung tue. Die hoͤchſte ſtufe des geiſtes im
biere ſind 9 grade, Neumann am a. o. Von
den betruͤgereien der bier-brauer und wirte ſihe
den Hoͤnn am a. o. ſ. 64 fgg., und in der fortſ.
ſ. 10. Die bier-kuͤnſte aus dem oͤconomiſchenſchriften
davon,
lexico ſp. 329 ſind nicht zu verabſaͤumen. Vom
haber-biere ſihe die vermiſchten oͤconomiſchen
ſammlungen aus den Breslauer natur- und kunſt-
geſchichten ſ. 714 fg., Kellners bier-brau-kunſt
8, Dr. Bruͤckmanns beſchreibung des weizen-
bieres, duckſtein genannt, Stengels bewehrte
bier-kuͤnſte, auch Schoͤpferde iure braxandi
lehren ein meres, von Rohr in der haushaltungs-
bibliothek cap. 5 § 25, Zink in der kameraliſten
bibliothek ſ. 300 fg. § 85.
§ 1505
[608]XXXIII haubtſtuͤck
§ 1505
herrſchaft
gerechtſa-
men hirbei.
Die landes-herrſchaft hat das recht, die brauer
vereidigen zu laſſen, daß ſie ſich des nachkochens
und der nebenkeſſel enthalten, auch nichts uͤber
die zahl brauen; darnebſt zu verordnen, daß one
zedel kein malz in die muͤle gebracht, auch daſſelbe
nicht auswaͤrts gefuͤret, bei dem abbrauen kein
kofend, noch etwas aus dem ſchetelſtein zugegoſ-
ſen, auch die wuͤrze in die geaichte faͤſſer gleich ein-
geteilet, die gaͤrung beſorget und befoͤdert werde.
Davids Hollnerts bier-brauer-kunſt, Henkels
abhandelung von malz- und brau-haͤuſern, von
der gaͤrung handeln die oͤconomiſche phyſicaliſche
abhandlungen, im Iten bande ſ. 751 fgg., thue
hinzu die oͤconomiſchen nachrichten im Vten bande
ſ. 441, Leipz. 1753, 8.
§ 1506
auf dem
lande iſt aͤl-
ter, als in
den ſtaͤdten.
Das brauen auf dem lande iſt aͤlter, als in
den ſtaͤdten; allein es iſt nunmehr in den mereſten
landen Teutſchlandes eine ſtadt-narung, und die
braugerechtigkeit eine ſtadt-gerechtſame worden,
Hertde ſuperioritate territoriali § 18. Sihe
oben den § 316 ſ. 133 fg. Den Heßiſchen flecken
und doͤrfern, welche das brauen hergebracht ha-
ben, wird ſolches, wie in andern landen, gelaſ-
ſen. Der geiſtlichen und edelleute untertanen in
Heſſen ſollen ebenfalls die trank-ſteuer entrichten,
iedoch, daß den junkern und praͤdicanten, auch
hoſpitalien und hof-bier, was ſie in iren haushal-
tungen brauchen, frei bleiben. Die univerſitaͤt
Marburg ſoll vom bierbrauen im paͤdagogio ab-
ſtehen, dergleichen den wein, was ſie des verſchen-
ken oder in ire keller einlegen, verſteuren. Das
auslaͤndiſche bier gibet vom fuder 1 fl.
§ 1507
[609]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
§ 1507
Die profeſſoren in der univerſitaͤt Marburg,der profeſſo-
ren ꝛc. in
der univer-
ſitaͤt Mar-
burg brau-
recht,
und deren beſoldete diner haben das recht fuͤr
ire haushaltung one ſteuer zu brauen, ſtatut.
tit. I § 18.
§ 1508
Daß die ſtadt Marburg das meilen-recht ha-
be, iſt oben bereits bemerket worden (§ 253),
diſemnach darf keine dorfſchaft des amtes Mar-
burg, welche unter 1 meilweges von der ſtadt ge-
legen iſt, brauen. Sihe die verordnung vom 4ten
Febr. 1706, die doͤrfer Ebsdorf, Lohr, Frohn-
hauſen, Caldern, Nider-Weimar, Wittelsberg,
Schoͤnſtatt ꝛc. haben die braugerechtigkeit; im-
gleichen haben ſolche hergebracht: Kirchvers,
Damm, und Bellnhauſen. Von dem meilen-
rechte ſihe des SchrammsSaxoniam monu-
mentis viarum illuſtratum 1726, 4, und Geor-
gen Marsmanns meilen-recht 1674, 4. Von
der ſtadt Frankenberg und deren freiheiten ſihe
Kuchenbeckersanalect. Haſſ. coll. V. ſ. 192,
193, 219.
§ 1509
Die gleichheit des bier-maaſes iſt nuͤzlich. Da-vom bier-
maaſe,
her die buͤrger zu Schweinsberg ſich gefallen laſ-
ſen muͤſſen, ſtatt des Schiffenberger naſſen ge-
maͤſes, die Marburger naſſe aich anzunemen.
Das unrichtige gemaͤß wird mit hinwegnemung
des bieres und einer geldbuſe angeſehen.
§ 1510
Vom bierbrauen zum oͤffentlichen verkaufe ſindder trank-
ſteuer, auch
andern ab-
gaben,
unterſchidliche abgaben heutiges tages zu entrich-
ten (§ 251). Im jare 1458 wurde auf dem
landtage zu Grimme in Sachſen eine ſteuer be-
williget, die man die ziſe nennete, naͤmlich, daß
alles fremde und einheimiſche kaufmannsgut, auch
Q qgebrauen
[610]XXXIII haubtſtuͤck
gebrauen bier mit einem gewiſſen gelte verſteuret
werden; imgleichen die ſchuſter, ſattler, rimer,
wollweber, und andre handwerke, welche etwas
zu verkaufen, den 30ſten pfennig vom geloͤſeten
ſtuͤcke zur ziſe erlegen ſollten, Weck in der be-
ſchreibung der ſtadt Dresden ſ. 439 fg. Im
jare 1469 wurde von der landſchaft das ungelt,
oder die accis vom bire auf 6 jare verwilliget.
Diſe ſteuer hiſe auch der bier-zehnte, Muͤller in
den annalibus Saxon. ad an. 1469 und 1502, 1539,
1540, 1546, 1561, 1570, 1576, 1578. Im jare
1491 fiel wegen des auslaͤndiſchen malzes diſer
ſpruch: daß man nach Neu-Dresden kein Boͤh-
miſches malz ſolle kaufen, einlegen, bringen, noch
brauen, ſondern Boͤhmiſche gerſte moͤgte man
wohl herbringen, kaufen, die allhier melzen, und
den von Alt-Dresden ſollte man jre malze auch
zu Dresden melzen, Wecken ſ. 467, Eſtorde
comitiis er ordin. prouinc. Haſſ. ſ. 50, 51. Als
Kur-fuͤrſt Johann zu Brandenburg 1488 zu be-
ſtreitung der notwendigkeit eine acciſe, mit einwil-
ligung der landſtaͤnde, nach dem beiſpile der nach-
baren, auf das bier legte, rebellirten die Maͤrker,
beſonders die buͤrger zu Stendal, wie dann ſota-
ne bier-ziſe erſtlich im jare 1513 zu ſtande kam,
herr H. R. Lenz in der Stendaliſchen chronik,
ſ. 36, Cerniz ſ. 44, Mylius im corpore con-
ſtitut. Marchic. im IIIIten teile ſect. 4 ſ. 1 fg.
und in der IIIten abt. ſ. 147, 174, 460.
§ 1511
falls im
landtags-
abſchide zu
Homberg in
Heſſen ver-
ordnet wor-
den?
Im abſchide des land-tages zu Homberg in
Heſſen iſt 1553 wegen des bieres verſehen worden:
1) daß die faſſe geaichet, 2) im brauhauſe unan-
gezeiget nichts verkaufet, 3) vom fuder 1 fl. der
herrſchaft gegeben werden ſolle, F. H. Caſſeliſche
greben-ordnung tit. 37 ſ. 88 § 3.
§ 1512
[611]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
§ 1512
Das kleien-bier, langeweil, der junkern, ſol-das kleien-
bier ſoll ver-
ſteuret wer-
den.
len, weilen hopfen darzu gebrauchet, und erſteres
unter das bier gemiſchet wird, verſteuret werden.
§ 1513
An manchen orten haben die adelichen, herr-vom haus-
und tiſch-
trunke.
ſchaftlichen bedinte, profeſſoren, geiſtliche ꝛc. die
freiheit, iren haus- und tiſch-trunk zu brauen, und
ſind zugleich deßfalls von der trank-ſteuer entwe-
der gaͤnzlich frei, oder nur zum teile, wie z. e. in
den Kur-Braunſchweigiſchen landen, Tenzels
diſp. de iure prohibendi ciuitat. Sax. § 15, S.
Gothaiſche landes-ordnung im Iten teile cap. 5,
tit. I ſ. 50, und ferneren beifugen dazu ſ. 618,
Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-ordn.
IIIten teiles cap. 4 ſ. 195, IIIIten teiles VIItes
haubtſtuͤck ſ. 8, ſ. 20, Magdeburgiſche policei-ord-
nung cap. XX § 7.
§ 1514
Jeweilen haben auch die untertanen wohl dieder unter-
tanen frei-
heiten des
bierbrauens
halber hir
und da.
freiheit erndte-haus- kind-taufen-pfingſt-hochzeit-
keſſel-bier ꝛc. zu brauen, oder auswaͤrtig, iedoch
nicht auſſer landes zu holen. Sihe die Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landes-ordnungen
IIIter teil cap. 4 ſ. 190, 195, IIIIter teil cap. VII
ſ. 21, Kur-fuͤrſt Joachims des II zu Branden-
burg landes-ordnung vom jare 1539, und Johann
Georgens 1571, Muͤllerspract. ciu. March.
reſol. 108, 109, Menken im ſyſt. iur. ciu. ſ. 1184.
Die F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit. 37 § 2
erlaubet keſſel-bier gegen erlegung des verordne-
ten acciſes zu brauen, Klingner am a. o. im Iten
teile ſ. 493, herr H. R. Scheid in der diſp. de
iure coquendi et vendendi cereuiſiam § IIII.
Q q 2§ 1515
[612]XXXIII haubtſtuͤck
§ 1515
wein- und
bruͤhan-
ſchank iſt be-
ſchraͤnket.
Bier und wein, auch bruͤhan, darf nimand
one herrſchaftliche verguͤnſtigung, oder wohlherge-
brachte befugnis zum verkaufe brauen und ver-
ſchenken, F. H. Caſſeliſche greben-ordnung am
a. o. § 5 ſ. 89, Naſſau-Cazenellenbogiſche poli-
cei-ordnung IIter teil cap. 6 num. I ſ. 82, Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-ordnungen
IIIter teil ſ. 194 fgg.
§ 1516
die brau-
haͤuſe[r] auch
malzdarren
anzulegen
ſind?
Brauhaͤuſer und malz-darren ſollen auſſerhalb
den ſtaͤdten, oder innerhalb von andern haͤuſern,
abgelegen ſtehen, auch wohl verwaret und feuer-
feſt ſeyn, Naſſau-Cazenellenbogiſches landrecht
im IIten teile cap. II num. 12 ſ. 110, Dr. Orth
am a. o. ſ. 384 im IIten teile. Es iſt darnebſt
wegen des holzmangels dahin zu ſehen, daß die
brau-pfannen abgeſchaffet und keſſel eingefuͤret,
auch die brau-oͤfen zu erſparung des holzes bequem
angeleget werden, wovon man die oͤconomiſchen
ſammlungen aus den Breslauer natur- und kunſt-
geſchichten cap. XI ſ. 659 fgg., auch die oͤconomi-
ſchen nachrichten im VIIten bande ſ. 357 fgg. Leip-
zig 1755, 8 nachſehen kan.
§ 1517
nuzen und
notwendig-
keit.
Zum brauen iſt der hopfen unentberlich. Das
gewaͤchſe iſt duͤnne, und hat lange, duͤnne, ran-
kige, rauhe ſtengel, indem es an ſtangen, baͤu-
men, und was es ergreifen kan, hinauf waͤchſet,
ſodann den hopfen hervorbringet, welcher aus
vilen ſchuppenfoͤrmigen blaͤttlein und haͤubtlein be-
ſtehet, welche eine weißgelbliche farbe, einen ſtar-
ken und durchdringenden geruch und kleine ſchwaͤrz-
liche ſamen-koͤrnlein haben, oͤconomiſche phyſica-
liſche abhandelungen IIIter teil ſ. 513 fgg., oͤcono-
miſche
[613]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
miſche nachrichten VIter band ſ. 393, ſ. 423 fgg.,
VIIter band ſ. 173 fgg., ſ. 687 fgg., Leipz. 1755, 8.
§ 1518
Es iſt der hopfen ſowohl guter, als auch wil-deſſen gat-
tungen.
der. Jener iſt der beſte. Diſer iſt entweder fruͤ-
her oder ſpaͤter. Der fruͤhe wird ehender reif,
als der ſpaͤte; und jener iſt beſſer als diſer. Die-
weil der hopfen unter die eintraͤglichen ſachen ge-
hoͤret, ſo iſt er den untertanen zu pflanzen zu befe-
len, Baieriſches landrecht tit. 15 § 2, Samuel
Trowells anleitung fuͤr einen landmann, Leipzig
1750, 8, ſ. 143 fgg. cap. XVIIII, wie dann der
hopfen-handel den Boͤhmen, Baiern, viles gelt
verſchaffet. Ehingers tr. vom hopfen, Stiſſers
land-wirtſchaft cap. III abt. IIII ſ. 98 fag. Von
den mitteln wider den meltau im hopfen ſihe die
Leipziger ſammlungen von wirtſchaftlichen ꝛc. ſa-
chen im IIIten bande ſ. 121 ſ. 378 ſ. 910, IIIIten
bande ſ. 443.
§ 1519
Wenn der hopfen ſelbſt im lande gebrauchetwenn ſelbi-
ger nicht
ausgeſuͤret
werden
darf,
werden kan, darf er nicht auſſer landes gefuͤret
werden. Sihe die folgen aus der F. H. Caſſeli-
ſchen policei- und land-ordnung tit. II f. 5. Das
hopfenpfluͤcken, oder brechen, gehoͤret ieweilen un-
ter die fronen, Kur-Baieriſches land-recht tit. 22
art. 6. Die notdurft an brenn- und bau-holze
erſtrecket ſich auch ieweilen auf die hopfen-ſtangen,
Stuck im Iten teile, conſil. 27 num. 847 ſ. 1037.
§ 1520
Wenn der hopfen ſich in des andern zaun ver-von der ho-
pfen-zucht.
wirret, ſo heiſſet es im Saͤchſiſchen land-rechte:
wer die wurzel im garten hat, mag auch den ne-
men, welcher ſich in des nachbaren zaun geflochten
hat, und was ihm folget, im IIten buche art. 46,
52. Der hopfen gehoͤret in Kur-Sachſen nicht
Q q 3zum
[614]XXXIII haubtſtuͤck
zum mußteile, Barth von der gerade ſ. 646 § 6
cap. VI. Wegen des am hopfen-bau erlittenen
ſchadens wird in den Kur-Braunſchweigiſchen
landen kein erlaß gegeben, II, cap. II der Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landes-ordnungen.
Eine anweiſung zum hopfen-bau ſihe in den oͤco-
nomiſchen nachrichten VIten bande ſ. 393 fgg.
Leipzig 1754, 8, und den nuzen der hopfenranken
zur ſpinnerei ſ. 715 fgg.
Von dem methe.
§ 1521
einteilung.
In verſchidenen ſtaͤdten Teutſchlandes, als zu
Luͤbeck und Regensburg ꝛc. wird ein getraͤnk aus
waſſer und honig gebrauet, welches meth heiſſet.
Er iſt einfach, oder doppelt, gelb, gruͤnlicht und
braͤunlich, und gleichet ieweilen dem Spaniſchen
und Ungariſchen weine am geſchmacke. Ferner
iſt der meth trink- und apotheken-meth, Neu-
mann ſ. 341 des IIten bandes IIIten teiles, Jo-
hann Schroͤders arzenei-ſchazes IIIter teil ſ. 1806,
Marpergers K. u. K. dictionarium ſ. 776 fgg.,
Elsholz ſ. 424, wo er von aland-meth, zitwer-
negelin- gewuͤrz- himbeer- malvaſir- roſinen- me-
then handelt.
§ 1522
Bei diſer gelegenheit iſt von der bine, dem kri-
chenden und fligenden ungezifer noch zu gedenken,
daß der Neumann am a. o. ſ. 314 fgg. und Phi-
lipp Jacob Malardi die binen auch nach allen
kleinigkeiten am allerrichtigſten beſchriben haben.
Sihe auſſerdem des Joſeph Warders wehr-
und waffenhafte Amazonen- oder die monarchi
der binen, nebſt des Maraldi abhandelung von
den
[615]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
den binen, Hannover 1718. Ein weiſer hat ge-
meiniglich 8000 untertanen. Maraldi haͤlt ihn
fuͤr den eier-leger. Neumann widerſpricht ihm.
Die brut-binen haͤlt er fuͤr die maͤnnlein, die uͤbri-
gen binen fuͤr weibchen. Die eigenſchaften des
honigs und wachſes hat Neumann am beſten
beſchriben.
Vom branteweine.
§ 1523
Der branteweln iſt ein aus getreide, hefen,was der
brantewein
iſt?
auch andern ſachen, mit einem geringen phlegma-
te durch doppeltes feuer erzwungener ſpiritus.
Diejenigen ſachen, woraus ein brantewein ge-
bracht werden kan, erzaͤlet Neumann ſ. 243 im
IIIIten teile des IIten bandes. Die haubt-eintei-
lung iſt in frucht, oder hefen, oder Rheiniſchen
und Franz-brantewein, Neumann ſ. 244.
Vom frucht-branteweine iſt der Nordhaͤuſer und
in Heſſen der zum Hainchen am beſten. Jedoch
hat er heßliches phlegma gegen den Franz-brante-
wein. Auſſerdem pfleget man den brantewein
in ſpiritus vini, aquavit und korn-brantewein einzu-
teilen, oͤconomiſches lexicon ſ. 404 fg., oͤconomiſche
ſammlungen aus den Breslauer natur- und kunſt-
geſchichten ſ. 717 fgg. ſ. 737 fg. ſ. 745, Doͤbel
am a. o. ſ. 329, 345 fgg.
§ 1524
Auf groſen land-guͤtern ſind die brantewein-wo das
bꝛantewein-
brennen
nuͤzlich, oder
zu verbiten
iſt?
brennereien noͤtig, nuͤzlich und vorteilhaftig, teils
um das vile getreide und andere fruͤchte mit ſchwe-
ren koſten nicht verfaren zu duͤrfen, teils einen an-
ſenlichen vorteil damit, vermittels des maſtvihes,
zu erhalten. Im uͤbrigen aber, wo ſotaner uͤber-
Q q 4fluß
[616]XXXIII haubtſtuͤck
fluß in einem lande, oder orte, ſich nicht befindet,
gleichwol dadurch vil holz und getreide vertan
wird, auch oͤftere feuersbruͤnſte entſtehen koͤnnen;
ſo iſt die brennerei einzuſchraͤnken, und nicht einem
ieden zu verſtatten; nicht minder fremden brante-
wein einzufuͤren zu verbiten, oder mit ſchweren
auflagen zu beſchweren ꝛc. das uͤbermaͤßige bran-
tewein-trinken gaͤnzlich zu unterſagen, F. H. Caſ-
ſeliſche verordnung vom 26ſten Febr. 1754; vom
uͤbermaͤßigen brantewein-trinken, Kur-Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſcher landes-ordnungen IIIter
teil cap. 4 ſ. 1042 fg., Altenburgiſche landes-ord-
nung cap. XX § 18, herr H. R. Scheid in der
diſp. de eo, quod iuſtum eſt circa vinum adu-
ſtum, § III ſ. 6 fgg., zu brantewein-ſchulden ni-
manden zu verhelfen ꝛc., anerwogen der mißbrauch
des brantewein-ſaufens die menſchen ruiniret, traͤ-
ge und untuͤchtig machet, Hammonde potu et
potulentis,Camerarius in der diſp. de potu
aquarum ardentium,Pree vom gebrauche und
mißbrauche des branteweines, gedanken uͤber die
verſchidenen wirkungen des branteweines im
menſchlichen koͤrper, im Hamburgiſchen magazine
des IIIten bandes IItes ſtuͤck. Von den betruͤge-
reien dabei handelt Hoͤnn im betrugs-lexico
ſ. 71 fg.
§ 1525
des fremden
brantewei-
nes iſt 1700
in den F. H.
Caſſeliſchen
landen ver-
boten.
In den F. H. Caſſeliſchen landen iſt die einfuhr
auslaͤndiſcher branteweine gaͤnzlich unterſaget, be-
ſage der verordnung vom 1. Nov. 1700, mit dem
zuſaze, daß der fremde frucht-brantewein hinweg-
genommen, und dem anzeiger ⅓ davon gegeben,
hiruͤber die uͤbertreter noch eine willkuͤrliche ſtrafe
z[u e]rlegen ſchuldig ſeyn ſollen, verordnung vom
[...][S]ept. 1732, Greben-ordnung tit. 37 § 6 ſ. 89.
Auſſerdem darf nimand one beſondere erlaubnis
brante-
[617]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
brantewein brennen und verſchenken, Grebenord-
nung am a. o. ſ. 89, welches iedoch nur auf das
oͤffentliche gewerbe gehet. Fuͤr das hausweſen
brantewein zu brennen iſt darunter nicht mit be-
griffen.
§ 1526
Der bierzwang der ſtaͤdte iſt auf das brante-vom bier-
zwange iſt
keine folge
auf das
bꝛantewein-
brennen zu
machen.
wein-brennen nicht zu erſtrecken, Menken in ſy-
ſtem. iur. ciu. ſ. 291, 8, Hommel am a. o. § 8
ſ. 14, 15 fg., § 11 ſ. 20. Diſemnach wo kein ver-
bot vorhanden iſt, iedermann brantewein bren-
nen und verkaufen mag, Hommel § 14, § 17,
Scheid am a. o. § VIII, auch deshalber keine
acciſe, wie ein brantewein-brenner und verſchen-
ker im kleinen zu geben ſchuldig iſt; geſtalt er den
brantewein faͤſſer-weiſe nur verkaufet, nicht aber
verſellet.
§ 1527
Der brantewein-blaſen-zinß wurde ehedem fuͤrob der bran-
tewein-bla-
ſen-zinß ein
regale iſt?
kein regale, auch keinen ausfluß der gerichte, ſon-
dern blos als ein herkommen betrachtet, von
Berger in der oeconomia iuris, ſ. 86, herr
H. R. Scheid in der diſp. de eo, quod iuſtum
eſt circa vinum aduſtum, § II ſ. 4 fgg., § VII,
§ VIIII ſ. 40 fgg., von Leyſer ſ. 658 medit. XI,
Ferdinand Aug. Hommels diſp. de iure vini
aduſti § III § IIII ſ. 5 fgg. Allein heut zu tage
wird ſelbiger in den mereſten landen des Teut-
ſchen Reiches fuͤr ein regale gehalten. Derohal-
ben in ſachen des hiſigen fiſcals wider die Schen-
ken ein proceß daruͤber annoch zu Wezlar anhaͤn-
gig iſt. Jeweilen duͤrfen die untertanen one des
gerichtsherrn verguͤnſtigung keinen brantewein
brennen, auch die wirte, kruͤger, den brantewein
von dem gerichtsherrn, oder den zůnftigen bran-
tewein-brennern nemen, Hommel am a. o. ſ. 6 fg.
Q q 5In
[618]XXXIII haubtſtuͤck
In der Kur-Mark Brandenburg iſt den brau-
kruͤgern das brantewein-brennen nicht erlaubet,
wo ſie nicht dißfalls einen 30jaͤrigen beſiz fuͤr ſich
haben, Mylius im corp. conſtit. March. IIII,
IIII, ſ. 120.
§ 1528
bꝛantewein-
brennen er-
fodert? und
die beſte zeit
dazu.
Die brantewein-brennerei erfodert gutes, fri-
ſches, reines, und weiches waſſer. Iſt ſolches
nicht ſalpetrich, noch vitrioliſch, iſt es noch beſſer.
Die beſte zeit zum brantewein-brennen iſt der
herbſt, winter und fruͤling. Wie dabei zu werke
zu gehen iſt, haben Doͤbel am a. o. ſ. 329 fgg.,
von Rohr im hauswirtſchafts-buche ſ. 278 fgg.
und andre bemerket. Vom handel und den con-
tracten des branteweins halber ſihe des Ludovici
kaufmanns-lexicon im Iten teile ſ. 2073 fgg., den
Florinus im klugen hausvater Iten teile. ſ. 1220
fgg., Hofmannen im IIten teile ſ. 269 n. 165 fg.
der hauswirtſchaft. Von der anlegung einer
brantewein-blaſen ſihe die oͤconomiſchen nachrich-
ten im 4ten bande ſ. 349, Leipzig 1752, 8.
§ 1529
wein-bren-
ner ſind je-
weilen in
zuͤnften.
An verſchidenen orten ſind die brantewein-bren-
ner in zuͤnften, z. e. in Luͤbeck iſt das brantewein-
brenner-amt, welches aus aͤlteſten und bruͤdern
beſtehet, mit welchen die diſtilirer einhalten.
Anbeneben entſtehet die frage: ob das aquavit
und andre liqueurs unter dem licente ſtehen? Es
iſt dißfalls leicht zu antworten, wenn der brante-
wein ſchon veracciſet worden iſt. An einigen or-
ten wird das brantewein-brennen zu einem mono-
polio gemachet, an andern aber unter zimlicher
beſchwerung den untertanen erlaubet.
§ 1530
theker aqua-
vit verkau-
fen duͤrfen?
Die apotheker pflegen ebenfalls die liqueurs zu
verkaufen, Hommel am a. o. § 7 ſ. 12. Im
uͤbrigen
[619]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
uͤbrigen duͤrfen ſich die brantewein-brenner mit
keinem arzenei-weſen behaͤngen. In ſachen der
ſtadt A. wider den hof-apotheker zu A. war die
frage: ob die verſellung des aquavites unter dem
brantewein-ſchanke ſtecke. Die mediciniſche fa-
cultaͤt zu G. war fuͤr den apotheker, die Goͤttin-
giſche aber nicht. Die hiſige hat fuͤr den ſtadt-
rat geſprochen, in betracht das aquavit eine art
des branteweines iſt, und in die apotheken nicht
gehoͤret, auch hier in keiner apotheke verſellet wird.
Von den Italiener-laden, worin ebenfalls
liqueurs verkaufet werden, ſihe Preuſchenk
progr. de iuribus mercatorum Italorum in
Germania commorantium ſingularibus.
§ 1531
Ferner moͤgen die brantewein-ſchenken verkau-welchen
brantewein
die brante-
wein-bren-
ner verkau-
fen moͤgen?
fen: 1) den ſchlechten annis-brantewein, 2) den
fenchel- 3) den kuͤmmel- 4) den wachholder-
brantewein, oder wachholder-waſſer, davon das
beſte zu Gruͤnberg in Ober-Heſſen gebrauet wird,
5) lorbeer-brantewein, 6) rosmarin- 7) wer-
mut- 8) meliſſen- 9) angelicken- 10) calmus-
11) zitwer-brantewein, 12) zimmet-waſſer, 13)
naͤgelein-brantewein, Schroͤders arzenei-ſchaz
ſ. 551, wo er zugleich den unterricht ſolche zu ferti-
gen gibet, auch gruͤn, braun, gelbe, blaue, auch
die naͤgelein- oder zimmet-farbe ihm zu machen
lehret. In Luͤbeck haben die brantewein-brenner
nebſt einigen andern den verkauf des Franzbran-
teweines.
§ 1532
Die brantewein-ſchenken fuͤren auch wohl 1)was die
brantewein-
ſchenken
naͤchſt dem
branteweine
mehr zu fuͤ-
ren pflegen?
das anis-elixir, 2) das angelicken- 3) das
wachholder- 4) das pommeranzen- oder citro-
nen- 5) das kuͤmmel-elixir, Schroͤder ſ. 551 fg.
§ 1533
[620]XXXIII haubtſtuͤck
§ 1533
liqueurs ge-
zaͤlet wird?
Unter die liqueurs rechnet man: 1) das roſſo-
lis, Schroͤder am a. o. Marperger ſ. 967 fgg.
2) die gelbe eſculate, 3) eau parfait d’ amour,
4) eau d’ or, 5) ratafiat de muſcate, 6) ra-
tafiat de Framboiſe, 7) eau des fleurs d’ oran-
ge, 8) gruͤne eſculade, 9) canel, 10) maſtyx,
11) anniſette, 12) coll-geneure, 13) carmi-
natif, 14) ſirop de capillaire à la fleur d’ oran-
ge, 15) eau de meliſſes des larmes, 16) eau
de leuande,Schroͤder am a. o.
§ 1534
brantewein-
ſaͤufer zu be-
trachten
ſind?
Leute, die ſich des brantewein-ſaufens angewoͤ-
net haben, werden fuͤr nidertraͤchtige und zu den
aͤmtern, auch der zeugen-ſage faſt fuͤr untuͤchtige leu-
te angeſehen. Die branteweine ſind nur blos als
eine arzenei, und zwar abends bei ſchlafengehen,
zu gebrauchen; alsdenn erwaͤrmen ſie den kalten
ſchwachen magen, verzeren den zaͤhen magen-
ſchleim, und befoͤrdern die dauung, fuͤrnaͤmlich,
wenn ſie mit aniſe, zimmet, citronen- oder pom-
meranzen-ſchalen verſezet ſind; gleich nach dem
eſſen, oder waͤhrender mahlzeit iſt derſelbe hoͤchſt
ſchaͤdlich, Baͤumler ſ. 417 fg.
Vom eſſig-brauen.
§ 1535
Unter die ſauren geiſter gehoͤren die eſſige. Die
eſſig-brauerei gehoͤret unter die aufſicht der ober-
keit, und muß etwas davon an die herrſchaft ab-
gegeben werden, z. e. trankſteuer, niderlage und
accis, F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit. 37,
§ 7 ſ. 89, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher lan-
des-ordnungen P. IIII cap. VII ſ. 10. Von deſſen
brau-
[621]vom weine, biere, branteweine, ꝛc.
brauerei ſihe den Doͤbel am a. o. ſ. 360 fg., die
oͤconomiſchen ſammlungen aus den Breslauer
natur- und kunſt-geſchichten ſ. 732 und deren
unterſchidenen gattungen.
§ 1536
Die eſſige ſind entweder durch die aufguͤßungder eſſige
gattungen.
zweierlei: einfache und zuſammengeſezte. Zu
jenen rechnet man 1) den roßmarin-bluͤte-eſſig,
2) den ringel-blumen- 3) den lavendelbluͤte- 4)
den maien-blumen- 5) den klapper-roſen- 6)
roſen-eſſig, 7) kraut-naͤgelein- 8) rauten- 9)
meer-zwibel- 10) hollunder-bluͤte- 11) himbeeren-
und 12) den nuß-eſſig, Neumann in des Iten
bandes IIten teile ſ. 92, 13) pommeranzen-bluͤte-
14) citronen-ſchalen- 15) erdbeeren- 16) krauſe-
muͤnze-eſſig.
§ 1537
Zuſammengeſezte eſſige ſind: 1) der gift- odervon zuſam-
mengeſez-
ten eſſigen.
kraft-eſſig, 2) peſt-eſſig, 3) zuſammengeſezter
rauten-eſſig, 4) theriac-eſſig. Zu jenen gehoͤren
der ſchlechte wein-eſſig, und der diſtillirte, Schroͤ-
der ſ. 85.
§ 1538
In der haushaltung wird der eſſig aus biere,woraus der
eſſig gema-
chet wird?
oder auch hefen, oder aus weine, oder aus wein-
hefen, oder wildem obſte, holz-birnen und holz-
aͤpfeln, oder honige zubereitet. Die art, wie
man zu werk gehet, lehren Schroͤder in der
pharmacopoeia vniuerſali oder arzenei-ſchaze,
ſ. 84 fgg., Marperger in K. u. K. dictionario
ſ. 284 fg., auch die wein-eſſig zubereitung der
Lemery ſp. 11 fg.
§ 1539
Des eſſiges geruch erquicket die lebens-geiſter.deſſen eigen-
ſchaften.
Innerlich daͤmpfet der eſſig die galle, und verdin-
net das dicke gebluͤt. Die unverdaulichkeit der
fiſche
[622]XXXIV haubtſtuͤck
fiſche behindert er, nebſt dem merrettige, Baͤum-
ler ſ. 294.
§ 1540
Der agreſt, welcher aus unreifen trauben ge-
preſſet wird, kommet dem eſſige annoch zuvor.
Der citronen- und limonien-ſaft haben faſt die
kraft des eſſiges in befoͤrderung der verdauung,
Baͤumler ſ. 295.
Vir und dreiſigſtes haubtſtuͤck
von dem thee und caffe, und andern
getraͤnken.
§ 1541
Auſſer dem taback gehoͤret zur naͤſcherei der thee
und caffe, Hofmann am a. o. III § 45 ſ.
des thees
beſchaffen-
heit,103 fgg. Der thee beſtehet aus zarten, dunkel-
gruͤnen, laͤnglichten, am rande eingekerbten, for-
ne ſpizigen gedoͤrreten blaͤttern, welche aus Oſtin-
dien, fuͤrnaͤmlich aus China und Japan gebracht
werden. Er waͤchſet an einem ſtrauche, wie ein
roſen-ſtock. Der kaiſer-thee iſt der beſte, Mar-
pergers kaufmanns-magazin im IIten teile
ſ. 562 fg.
§ 1542
brauch iſt zu
beſchraͤnken.
Dieweil indeß uͤbergroſe ſummen daruͤber aus
dem lande gehen, und der thee bei vilen eine rei-
zung zum brantewein-trinken abgibet, weiln er
trocknet, auch noch ungewiß iſt, wie weit er din-
lich ſey? Es iſt von diſem ſtauden-gewaͤchſe an
dem, daß bei alten und mageren leuten der thee
die trockene vermeret, beſage Baͤumlers ſ. 442
ein wort zu reden. Sonſt tun der kuͤmmel, eren-
preiß,
[623]von dem thee und caffe, ꝛc.
preiß, oder ſalbei waſſer, eben die dinſte, wie der
thee, Hofmann am a. o., Baͤumler ſ. 440,
darum ſaget man reimen-weiſe: veronica und be-
tonica, fragraria und fumaria, cavritte und caſ-
ſine, ſalbei nebſt roßmarine, vaccinia und roſen,
huflattich, ſcabioſen, und andre ires gleichen, da-
fuͤr muß der thee die ſegel ſtreichen.
§ 1543
Diß ſtraͤucher-gewaͤchs koͤmmt aus Tſchina.woher der
thee kom-
met? und
deſſen gat-
tungen.
Es ſind 4 gattungen von diſen nidrigen baͤum-
chen oder ſtraͤuchern, und zwar die erſte aus Fo
kien, die heiſſet vom gebuͤrge von y chan, vou y
tcha: die zwote vom berge Kiang nan, ſong lo
tcha: die dritte vom dorfe pou eul nennet man
pou eul tcha: die virte lo nan tcha, Du Halde
in der beſchreibung des Chineſiſchen Reiches I,
ſ. 24 fgg. und von den wirkungen deſſelben III,
ſ. 509.
§ 1544
Beſage des Neumanns koͤmmt aus Japan
keiner in Europa, hergegen holet ihn Lemery am
a. o. ſp. 1128 aus China, Japan, und Siam.
Sihe denſelben unterm worte chaa ſp. 283. Ein
fluͤchtiges ſalz und zimlich kraͤftiges oͤl ſoll er in
ſich faſſen.
§ 1545
Die erſte thee-erndte faͤllet in das ende des Fe-wie die
thee-erndte
faͤllet?
bruars und den anfang des maͤrzes. Hier fallen
die beſten blaͤtter, welche aus China nicht verfuͤ-
ret werden duͤrfen, ſondern dem hofe und den
wandarins dinet, auch ſehr teuer iſt. Die andre
ſammlung beſchihet zum ende des maͤrzes und an-
fange des aprils, und iſt geringer, iedoch behal-
ten diſe die Chineſer im lande. Die dritte erndte
trift ein am ende des aprils und anfange des
maies. Diſe abermal geringe gattung wird gen
Europa
[624]XXXIV haubtſtuͤck
Europa verfuͤret. In diſen dreien erndten wird
blatt fuͤr blatt mit ledernen handſchuhen abgebro-
chen, und werden die oberſten und juͤngſten als
die beſten nebſt der zweiten und dritten, ſo dann
unterſten reihe als ſchlechteſten abgeſondert. Ge-
gen ende des Maies erfolget die lezte jares-erndte,
dabei alle blaͤtter unter einander geworfen werden.
§ 1546
Diſes iſt alles vom gruͤnen thee zu verſtehen.
Vom thee-buu iſt keine begruͤndete nachricht bis-
her aufzutreiben geweſt: ob er wachſe? oder ge-
kuͤnſtelt werde? Neumann ſ. 418 fg.
§ 1547
gattung des
gruͤnen
thees.
Die beſte gattung des gruͤnen thees der in Eu-
ropa kommet, iſt der thee-bing, oder angebliche
kaiſer, der vermeintliche blumen-thee, geſtalt die
Chineſer den wahren blumen-thee nicht aus dem
lande laſſen. Der Hollaͤnder gibet oft dem Chi-
neſer ein pfund ſalbei fuͤr zwei pfunde thees. Die
mittlere gattung des gruͤnen thees heiſſet thee-hy-
ſon. Die geringſte art gruͤnen thees nennet man
thee-ſinglo, Neumann ſ. 422.
§ 1548
Die gattungen des thee-buu ſind 1) thee-pecco,
thee-buu mit weiſen ſpizen, 2) thee-bohra, iſt
ſchlecht, 3) thee-congo iſt der beſte thee-buu;
iedoch iſt 4) thee-cambo beſſer, und 5) thee-
chaucon noch nuͤzlicher, Neumann ſ. 423.
§ 1549
Die betruͤgereien ſind, daß er gruͤn gefaͤrbet,
mit violen angemachet, oder in friſches heu gele-
get werde.
§ 1550
coffe in
Europa be-
kannt wor-
den iſt?
Gleichwie die arzenei den thee unter die verduͤn-
nernde arzenei-mittel zaͤlet, alſo gehoͤren die caffe,
die chocolade und mandel-milch unter die anfeuch-
tende
[625]von dem thee und caffe, ꝛc.
tende mittel. Die kerne von diſem getraͤnke ſind
erſt 1650 in Europa bekannt worden. Die baͤu-
me, welche 8 und merere ellen hoch ſind, wachſen
im gluͤcklichen Arabien und heiſſen bon; den trank
aber von den kernen, deren zwene in einer ſchale
ligen, nennen ſie chaova, auch coava. Der
Amſterdamiſche buͤrgermeiſter Nicol Witſen liſe
deren im vorigen jarhundert in Java und in Ame-
rica im Surinamiſchen anbauen. Daher haben
wir dreie gattungen des coffe: 1) den Levanti-
ſchen (aus Arabien), 2) den Oſtindiſchen (aus
Java), und 3) den Weſtindiſchen oder Suri-
namiſchen.
§ 1551
Die policei ſihet auf folgende eigenſchaften: 1)worauf die
policei bey
dem coffe
zu ſehen
hat?
daß er wohl von der ſchale geſaͤubert ſey, 2) von
allen fremden unreinigkeiten befreiet, 3) gruͤnlich
ausſehe, in betracht alle friſche kerne deſſelben
gruͤn ſind, und ie aͤlter ſolche werden, deſto gel-
ber iſt die farbe derſelben, 4) muß er recht tro-
cken, auch maͤßig ſchwer ſeyn, damit er auf dem
waſſer nicht ſchwimme, 5) daß er nicht dumpfig,
oder vom ſee-waſſer feucht geworden und wieder
getrocknet ſey, Neumann ſ. 113 des IIten bandes
IIten teiles.
§ 1552
Die verfaͤlſchung des zerribenen coffes ſind, daßdeſſen ver-
faͤlſchung [...]
ſtrafbar.
ſchmink-bonen, groſe ſau-bonen, erbſen, linſen,
reis, graupen, rocken, mandeln, brodtkruſten,
haſelnuͤſſe, Tuͤrkiſcher weizen darunter getan wer-
den, welches zu beſtrafen iſt. Jedoch kommet ei-
ne geroͤſtete mandel und der gebrannte rocken dem
coffe-geſchmacke am naͤchſten, wie Dillenius die
erfarungen gemachet hat. Von den betruͤgereien
der thee- und coffe-wirte, auch haͤndler, ſihe den
Hoͤnn am a. o. ſ. 420 fgg.
R r§ 1553
[626]XXXIV haubtſtuͤck
§ 1553
hat fuͤr deſ-
ſen beſchꝛaͤn-
kung zu ſor-
gen,
Die einfuͤrung der caffe-haͤuſer, wie in Engel-
lande und Frankreich, iſt eine fuͤrſorge der policei.
Daß zu Venedig in den caffe-haͤuſern weder ſtuͤle
noch baͤnke gedultet werden, hat ſeine urſache,
KeyslerII ſ. 704. Nach dem eſſen tauget der
caffe nichts; magere leute, wie auch diejenigen,
welche viel ſizen und zum ſcorbut geneigt ſind, ſol-
len ſich deſſen enthalten, Baͤumler ſ. 444 fg.
Neumann haͤlt allen ſtarken caffe fuͤr ſchaͤdlich.
Ein lobredner deſſelben iſt Behr von der materia
medica ſ. 406 fg. In Strodtsmannidiotico
Osnabrugenſi ſ. 19 heiſſet der caffe-pott zu Os-
nabruͤck bankerotts-pott. Thee und caffe ſind
das verderben gemeiner leute.
§ 1554
urſacheu?
Dieweil eine groſe verſchwendung mit ſelbigen
vorgehet, nicht minder unnuͤzen, koſtſpiltigen auf-
wand des geſchirres halber nach ſich zihet, muß
auf den caffe, auch die caffe-haͤuſer eine ſtarke
auflage geſezet werden, Kur-Braunſchweig-Luͤ-
neburgiſcher landes-ordnungen IIIIter teil cap. 7
ſ. 75.
§ 1555
den gehoͤren
unter die
wolluͤſtigen.
Auf univerſitaͤten, da die ſtudenten-ſchulden,
in noͤtige, ehren und wolluͤſtige eingeteilet werden,
gehoͤren die fuͤr thee und caffe zur lezten gattung.
Eben diſes ergibet ſich bei den militair-perſonen in
den Kur-Braunſchweigiſchen landen, ſihe die
Kur-Braunſchw. landes-ordnungen im IIIten teile
cap. III ſ. 88.
§ 1556
chocolade
beſtehet?
welchen leu-
ten ſie be-
ſonders
ſchaͤdlich iſt?
Die dinne chocolade iſt ein anfeuchtendes ge-
traͤnke, welches die Americaner erfunden, die
Spanier nachgemachet, und die andern Euro-
paͤer befolget haben. Sie wird aus Oſtindiani-
ſchen
[627]von dem thee und caffe, ꝛc.
ſchen und Americaniſchen fruͤchten und gewuͤrzen
gefertiget, als 1) cacao-bonen, 2) fanille,
3) negelein, 4) zimmet, 5) muſcaten-bluͤte,
6) mexicaniſchen pfeffer und 7) zucker. Mit
dem ſamen der Indianiſchen frucht achiotle wird
die maſſa gefaͤrbet und die chocolade ſodann mit
milch, weine, auch waſſer gekochet, oͤconomiſches
lexicon, ſ. 507 Marperger am a. o. unter diſem
worte, Behr ſ. 399. Gallſuͤchtigen, auch fet-
ten und vollbluͤtigen ſchadet diſer trank, Baͤum-
ler ſ. 446, Zwinger ſ. 43, Elsholz ſ. 440,
Lemmery ſp. 197.
§ 1557
Die tiſane, limonade, der ſcherbet, und die
lactade, mandelmilch ꝛc. gehoͤren auch zu diſen
naͤſchereien, Elsholz ſ. 440 fg. Behr ſ. 413.
§ 1558
Die naͤſcherei des warmen getraͤnkes verdinetob das wa[r-]
me getraͤnk
nuͤzlich oder
ſchaͤdlich iſt?
die aufmerkſamkeit der policei, zumal der groſe
arzt Friderich Hofmann am a. o. ſ. 287 des
thees ſchaͤdlichkeit gezeiget, hergegen der Zwinger
ſ. 231 des kraͤuter-buches, deſſen lobredner und de-
ren vorſpiegelungen erzaͤlet, und der Caſpar Neu-
mann ſ. 477. fg. der chymi, des IIten bandes
IIIIten teile eine menge ſchriftſteller angezogen ha-
ben, der eine ſpricht: als Teutſchland von den
warmen getraͤnken noch nichts wuſte, da zeugeten
die Teutſchen ſtarke und geſunde kinder; nunmehr
aber werden ſie papirne leute! Andre nemen den
ſaz an: alles warmes getraͤnk iſt geſund, wofern
man es nur nicht zu heiß trinket! Woher ruͤren
aber die ſchlappichkeit, das verdorbene und unrei-
ne gebluͤt, und der harnfluß der ſtarken thee-traͤn-
ker? vom thee, Neumann ſ. 463.
R r 2Fuͤnf
[628]XXXV haubtſtuͤck
Fuͤnf und dreißigſtes haubtſtuͤck
von den kleidern.
§ 1559
bedeuten?
Kleider bedeuten alles dasjenige, was zur bede-
ckung des leibes vom haubte bis zu den fuͤſſen
gebrauchet wird, Strykde iure veſtiario,
cap. I § 12, Johann Kleins diſp. de lege ve-
ſtiaria, cap. I num. 18 fgg, ſ. 1158 fgg. Und
diſes aͤuſſert ſich entweder unmittelbar, oder mit-
telbar, anerwogen bei manns-perſonen naͤchſt den
roͤcken, weſten und hoſen, ſtruͤmpfe, krauſen, hand-
ſchuhe, ſchuhe, ſtifeln ꝛc. dahin gerechnet werden,
Eſtors vorrede zu des Vinniusquaeſt. iur. ſe-
lect. ſ. 35. Unter die koͤſtliche kleidungen gehoͤren
1) goldene ſtuͤcke (drap d’or), 2) ſilberne ſtuͤcke
(drap d’argent) 3) ſeidene, 4) ſammete, 5)
wollene, 6) leinene. Bei dem frauenzimmer
will auch der ſchmuck mit unter die kleidung ge-
rechnet werden, Klein am a. o. cap. I. num.
27 fgg.
§ 1560
der der alten
Franken
beſchaffen
geweſen
ſind?
Die kleidungen der alten Franken waren ein
enges wamms (kamiſol, weſti), das nur etwas
uͤber den guͤrtel ging. Die beinkleider und ſtruͤm-
pfe waren enge auch an einander, und damit ſie
nicht herunter filen mit einem bande umwunden.
Das haar war oben auf dem kopfe in einen
ſchweif zuſammengebunden. Die abbildung da-
von zeiget das kupfer beim pater Daniel in der
hiſtoire de la milice Francoiſe teile I ſ. 5 der
von Weſtphal hat die Nider-Saͤchſiſchen trach-
ten in den ſcriptoribus rerum Germanicarum
praecipue Cimbricarum in kupfer bringen laſ-
ſen. Ein arzt zu Coblenz hatte eine groſe ſamm-
lung
[629]von den kleidern.
lung von den kleider-trachten und zugleich von et-
lichen hundert gattungen ſchnupftobak-doſen zu-
ſammengebracht. Die trachten der Teutſchen
und auslaͤndiſchen helden erblicket man aus des
Jacob Schrenkens von Nozing Ombraſiſchen
helden und ruͤſt-kammer.
§ 1561
Die oberkeit hat haubtſaͤchlich darauf zu ſehen,dem kleider
pracht iſt
von ober-
keitswegen
vorzubeu-
gen.
damit eine ordnung des koͤſtlichen und auslaͤndi-
ſchen kleider-prachts und verſchwendung halber ge-
troffen, auch auf den uͤberfluß derſelben ſowol bei
den manns- als auch weibesperſonen eine abgabe
geleget werde. Sihe die Kur-Braunſchweig Luͤ-
neburgiſche landesgeſaͤze in IIIIten teile cap. 7 ſ.
52 fgg. ſ. 59. fg. Klein am a. o. cap. I num.
54 fgg. cap. IIII num. 13 fgg. Die ſchneider duͤr-
fen die kleider-ordnung nicht uͤbertreten, es ſoll
auch niemand der kleider-ordnung zuwider an
fremden orten kleider machen laſſen, F. S. Go-
thaiſche-Landesordnung im IIIten teile ſ. 564. Es
ſind deßfalls vile verordnungen von Reichswegen
zum vorſchein gekommen, als im jare 1497 § 9 fg.
1498, § 39, 1500 tit. I § 2; allein ſie werden
nicht gehalten. Im beſagtem Reichsgeſaͤze vom
jare 1500 tit. 23 § 1 iſt verſehen, daß eine ordnung
in den kleidern ſolle beobachtet werden, und wenn
ſie die oberkeit nicht in acht naͤme, ſolle diſe geſtra-
fet werden, nachdem ſie vom Reichsfiſcale ange-
geben worden. Diſes iſt wiederholet im Reichs-
abſchide 1548 tit. 14 § 7, 1577 tit. 14 § 7. Sihe
des herrn von Loen entwurf einer ſtatskunſt,
VIte betrachtung § VI ſ. 152 fg. Es ſind hirbei
gewiſſe klaſſen zu beobachten, 1) fuͤr die hohen,
2) mittlern, 3) geringern bedienten, und gelehr-
ten, 4) kuͤnſtler, 5) kaufleute, 6) kraͤmer,
7) handwerker, 8) bauern, 9) das geſinde,
R r 3tageloͤ-
[630]XXXV haubtſtuͤck
tageloͤner und handarbeiter, C. B. v. L. unver-
faͤngliche vorſchlaͤge zu einrichtung einer guten po-
licei, Frankf. 1740, 8v, § 83 ſ. 156 fgg. Denn
es iſt eine wichtige ſache, einem durch pracht und
uͤppigkeit einreiſenden verderben des ſtates durch
alle moͤgliche anſtalten zu begegnen, ſintemal ſo-
wol dadurch, als auch durch unterſagung der all-
zuweit getribenen unordnungen bei hochzeiten, kind-
taufen, leichen-begaͤngniſſen, auszirungen der haͤu-
ſer, zimmer mit koſtbaren tapeten ꝛc. kutſchen und
pferde, und dergleichen groſen unheil vorgebauet,
darnebſt auch den untertanen vil nuzen verſchaffet
werden kan, Klein am a. o. cap. I num. 35 fgg.
num. 55, cap. IIII,Wildvogels diſp. de legibus
conuiuiorum, abſonderlich wird dem lande und
den darin vorhandenen manufacturen groſer vorteil
zuwege gebracht, wenn die im lande gefertigten tuͤ-
cher, zeuge und andre ſachen mehr abgang dadurch
erlangen. F. H. Caſſeliſche verordnungen von 27
jun. 1739 das im land verfertigte wollene tuch zu tra-
gen betreffend, und vom jare 1734 fol. verordnung
wegen der trauer-kappen 1739. Thue hinzu die Kur-
Saͤchſiſche trauer-ordnung unterm 29ten julius
1739, beim Luͤder Menken im ſyſtemate iuris
ciuilis ſ. 993 fg. Wie auch die vom 7ten maͤrz
1750 fg. und die Kur-Saͤchſiſche kleider-ordnung
vom jare 1750 ebendaſ. ſ. 1193 fgg. Kur-Bran-
denburgiſche kleider-ordnung beim Mylius im
Vten teile, 1ten abt. ſ. 90, ſ. 67, 72, S. Gotha-
iſche landesordnung P. III ſ. 482 ſ. 545 fgg. und
fernere beifugen dazu ſ. 439, 445, Leipziger-ſamm-
lungen von wirtſchaftlichen ſachen VIIter Band
ſ. 427, 478.
§ 1562
ſonen duͤr-
ſeu ſich nicht
Manns-perſonen duͤrfen ſich in weibes-kleider
nicht verkleiden, Klein am a. o. cap. I num. 64,
65,
[631]von den kleidern.
65, fgg. imgleichen ſollen die geiſtliche in keinenin weibes-
kleider ver-
kleiden.
andern dann in ſchwarzen und in ehrbaren kleidern
einhergehen, Reichsabſchid vom jare 1497 § 9
fgg. 1449 § 39, 1500, 1530 § 52, Reichsrefor-
mation guter policei 1530 tit. 17 § 5, tit. 19 § 4,
1548 tit. 14 § 5, 1577 tit. 14 § 5, Kur-Saͤchſiſche
kleiderordnung bei dem Menken am a. o. ſ. 1194
§ 4, Klein am a. o. cap. I num. 70 fgg.
§ 1563
Iſt kein allodium vorhanden, werden den ade-woher die
trauerklei-
der der ade-
lichen wit-
ben reichen
ſind?
lichen witben aus dem lehne die trauer kleider ge-
reichet (1037).
§ 1564
Zu den notwendigen ſchulden werden die fuͤrdie ſchulden
fuͤr alle ta-
geskleider
gehoͤren zu
den notwen-
digen.
alle tags-kleider, nicht aber fuͤr die andern koͤſtli-
chen gezaͤlet.
§ 1565
Was der ehemann ſeinem eheweibe kaufet, iſtwas der ehe-
mann ſei-
nem ehe-
weibe kau-
fet, iſt ge-
meinſchaft-
lich.
nach den Teutſchen rechten gemein. Eben ſo iſt
auch die geſchenkte ſache in der gemeinſchaft, wo
dieſe noch uͤblich iſt.
§ 1566.
Die huͤlfe kan nicht in die taͤgliche noͤtige klei-wie es mit
den kleidern
bei der huͤlfe
ſowol dem
concurſe ge-
halten wer-
de.
der beſchehen. Eraͤuget ſich ein concurs, muͤſſen
dem eheweibe ire kleider ordentlicher weiſe gelaſſen
werden. Allein in Luͤbeck, Noͤrdlingen, Bre-
men, Lindau, Memmingen, Ulm, Hildesheim
und verſchidenen andern orten haben die eheweiber
ſolche ſo lange im ſtiche zu laſſen, bis die gemein-
ſchaftliche ſchulden bezalet ſind, Luͤbeckiſches ſtadt-
recht im IIIten teile tit. I art. 10, Ulmiſche ſtatu-
ten P. I tit. 9, Sayler von Pfersheim in der be-
melden diſp. ſ. 14. Es wird ſolches an einigen or-
ten die auflegung der ſchluͤſſel, oder das ſchluͤſſel-
recht genennet. Hier zu lande aber heiſſet den
R r 4ſchluͤſſel
[632]XXXVI haubtſtuͤck
ſchluͤſſel aufs grab legen: wenn man eines ver-
ſtorbenen ſchulden nicht bezalen will.
Sechs und dreißigſtes haubtſtuͤck
von den buͤchern.
§ 1567
Die buͤcher werden von den buchen-rinden,
worauf die Teutſchen anfaͤnglich geſchrie-
ben haben, alſo benennet. Sie gehoͤren eben-
falls zu den beweglichen ſachen, iedoch koͤnnen ſie
unter gewiſſen umſtaͤnden die eigenſchaft der unbe-
weglichen dinge erhalten. Sie werden in alte
und neue eingeteilet. Die alten waren meiſten-
teils auf pergament geſchrieben, folglich weit koͤſtli-
cher als die neue, welche odentlicher weiſe aus pa-
pyr beſtehen. Das pergament wird aus kalb-oder
ſchafs-haͤuten gemachet, und iſt von der Attali-
ſchen ſtadt Pergamum in klein Aſien, alſo benen-
net worden, alwo man es zu machen erfunden
hat. Das beſte findet man in Holland. Man
teilet es in zartes oder jungfern pergament und ge-
meines. Diſes wird auf einer ſeiten rauch, auf
der andern ſeite geglaͤttet.
§ 1568
chern der al-
ten.
Die buͤcher der alten wurden entweder auf per-
gament, oder auf papyr (chartas) geſchriben.
War deren geſtalt faſt viereckigt und vile blaͤtter
zuſammen geleget und gehaͤftet, auch mit einem
deckel verſehen, ſo hatte man einen codex. Wur-
de das pergament, oder die chartaͤ laͤnglicht zu-
ſammen geklebet und darauf gerollt, ſo war ein
volumen da. Auf dem hiſigen regirungs-archive
finden ſich ſchmale und ſehr lange rollen, worauf
die alten Kammer-rechnungen ſtehen. Daher
ruͤret
[633]von den buͤchern.
ruͤret die benennung der zeugen, rotel und der rol-
liſten bei der Reichs Kanzellei zu Wien.
§ 1569
Die buͤcher koͤnnen auf mancherlei weiſe einge-der buͤcher
einteilung.
teilet werden, 1) in geſchribne und gedruckte,
von aller hand formaten, wie dann unter den ge-
ſchribenen die erbſchoß-ſteuer-zinß-gerichts-amts-
rats-ſtadt-flur-handels-haus-und vile andere buͤcher
bekannt ſind; 2) in alte und neue, 3) nach
irem inhalte, oder der materi, in theologiſche, juriſti-
ſche, mediciniſche, philoſophiſche, philologiſche ꝛc.
4) nach irer einrichtung und ausarbeitung, in gu-
te und ſchlechte, 5) ires erlaubten, oder verbot-
tenen gebrauches halber, in erlaubte und uner-
laubte ꝛc, repertorium iuris priuati im Iten tei-
le ſ. 762 § 8, 9, Ludovici im kaufmanns-lexico
Iten teile, ſp. 2198 fgg. Die beſte einteilung ei-
nes buͤcher vorrates nach allen wiſſenſchaften ergi-
bet der inhalt der Gundlingiſchen bibliotheck,
Halle 1731, 8, im auszuge des Iten und IIten
teiles.
§ 1570
Bevor ein buch zu ſeiner wirklichkeit gelanget,ein buch
muß, bevor
es zu ſeiner
vollkom-
menheit ge-
langet,
durch vile
haͤnde ge-
hen.
und wenn es zum bequemen gebrauch eingerichtet
werden ſoll, muß ſelbiges durch vile haͤnde gehen.
Der ſchriftſteller, papyrmacher, ſchriftguͤſſer,
ſetzer, buchdrucker, corrector, verleger, buch-
binder ꝛc. muͤſſen dazu huͤlfreiche hand leiſten.
§ 1571
Johann Guttenberg von Sorgenloch, genanntwer das
buchdrucke[n]
erfunden
hat?
Gaͤnſefleiſch, ein nider-Rheiniſcher von adel und
buͤrger zu Mainz, erfand das buchdrucken mit
ſchneidung der buchſtaben auf tafeln, hernach de-
ren einzeler ſchneidung im holze, darauf mit guͤſ-
ſung aus bleie, ferner aus metalle, endlich aus
zinne, mit metalle vermiſchet.
R r 5§ 1572
[634]XXXVI Haubtſtuͤck
§ 1572
gedruckten
buͤcher.
Das erſte buch war ein vocabularium, oder
catholicon, welches gedachter Guttenberg mit bei-
huͤlfe ſeines geſindes nur blattweiſe auf hoͤlzerne
brettlein geſchnitten hat. Es kam in Mainz 1450
zum vorſcheine. Das zweite buch iſt die lateini-
ſche bibel in gros folio vermittels einzeler gegoſſe-
ner buchſtaben in geſellſchaft Johann Fauſtens und
Peter Schoiffers von Gernsheim. Ehe der 12te
bogen abgedruckt war, koſtete der druck ſchon
4000 fl, das dritte buch war der lateiniſche pſal-
ter, den Fauſt und Schoiffer 1457 ausgehen liſen.
Das virte buch waren Durands rationale 1459
fol. durch eben diſelben. Das fuͤnfte waren die cle-
mentinaͤ, 1460 fol. das ſechſte buch war die aufla-
ge von gedachten catholico, 1460 fol. das ſibente
war das ſechſte buch der decretalien, 1465 fol.
Koͤhlers ehrenrettung Johann Guttenbergs ſ.
36 fgg.
§ 1573
teilung der
buͤcher in
ſeltene und
gemeine.
Die buͤcher ſind entweder ſeltene, oder gemei-
ne; zu jenen rechnet man die bald nach der dru-
ckerei-erfindung ausgekommene, inſonderheit die
Aldiniſchen und Stephaniſchen ausgaben. Von
den ſeltenen buͤchern handeln Johann Vogt im ca-
talogo librorum rariorum. Hamburg 1747, 8,
und Fr. Bernhard in der curieuſen hiſtori der ge-
lehrten, ſ. 659 fgg. Gundlings hiſtori der ge-
lahrheit IIIIten teiles ſ. 6057 fgg.
§ 1574
Auf der kirchen-verſammlung zu Trident kam
1563 die anordnung eines indicis expurgatorii zum
ſtandt, Saligs hiſtori des Tridentiniſchen conci-
liums IIIten teiles ſ. 162, thue hinzu des Johann
Maria Braſichellindicis librorum prohibito-
rum
[635]von den buͤchern.
rum Iten teil Rom. 1608, 8, und des Aymon
tableau de la cour de Rome ſ. 284 fg.
§ 1575
Wenn vile buͤcher zuſammengeſetzet werden,wie die bi-
bliotheck
entſtehet?
und deren
bedeutun-
gen.
welche zu eines eigentume gehoͤren, heiſſen dieſelben
eine bibliotheck und bei den alten Teutſchen eine
liberei. Es bedeutet aber das wort bibliotheck
entweder den ort, wo die buͤcher aufbehalten wer-
den, oder den buͤchervorrat ſelbſt. Die bibliothe-
cken ſind entweder oͤffentliche, oder privat auch
geſchlechts-bibliothecken. An den hoͤfen findet man
eine bibliotheck und darneben eine hand bibliotheck
des herrn.
§ 1576
Die bibliothecken ſind von abzugs-gelte frei,der biblio-
thecken und
buͤcher frei-
heiten.
wie dann auch die buͤcher nicht unter die vermoͤ-
genſteuer gehoͤren, obwol es in Frankfurt und
Nuͤrnberg ꝛc, anders gehalten wird. Denn
handwerkszeug kan nicht verſteuret werden. Im-
gleichen ſind die buͤcher, welche den ſtudirenden
gehoͤren, zollfrei, nicht aber derer, welche handel
und wandel damit treiben.
§ 1577
Bei den erbeteilungen der privat-perſonen ne-wie es mit
den biblio-
thecken bei
erbeteilun-
gen oͤfters
gehalten
wird.
men oͤfters die ſoͤne die vaͤterliche bibliotheck zum
voraus; welchen die toͤchter an den muͤtterlichen
kleidern haben.
§ 1578
In die buͤcher kan ordentlicherweiſe die exſecu-der buͤcher
und biblio-
thecken
rechte.
tion nicht geſchehen. Geſtalt dann auch unter der
unterpfaͤndlichen verſchreibung alles vermoͤgens die
bibliotheck nicht verftanden wird. Nach Sach-
ſen rechte gehoͤren die buͤcher nicht zur heergewede.
Hingegen zur gerade zaͤlet man diejenige buͤcher,
welche die weibesperſonen gebrauchet und im be-
ſchluſſe gehabt haben.
§ 1579
[636]XXXVII haubtſtuͤck
§ 1579
den eintei-
lung.
Zu einem buchladen werden eigentlich nur ſor-
timent erfodert. Kommen die verlags-buͤcher hin-
zu; alsdann iſt der buchlade deſto vollſtaͤndiger.
Man teilet ſie ferner in die mit einheimiſchen, ſo-
dann geiſtliche, juriſtiſchen oder arzenei-und welt-
weisheitsſchriften an[ge]fuͤllete, oder in neumodiſche
laͤden, die mit wiz und verſtande, gedanken, auch
ſchoͤnen wiſſenſchaften, oder wirtsſchafts-werkgen
prangen, oder mit uͤberſezungen ausgeziret werden.
§ 1580
In den buchlaͤden kan wohl eine oͤffentliche ver-
kaufung (auction) angeſtellet werden.
Siben und dreiſigſtes haubtſtuͤck
vom heutigen, oder lumpen papyre.
§ 1581
rus eigent-
lich iſt?
Papyrus iſt ein dreieckigtes rid, welches am
ufer des Nils in Aegypten, wie auch in Sici-
lien waͤchſet, woraus ein ſchreibe zeug gemacht wur-
de; die abbildung diſes papyres, oder rides hat der
Zwinger am a. o. ſ. 367 mitgeteilet, auch die
art das papyr daraus zu fertigen ſ. 368 erwaͤnet,
und deſſen gattungen der Grupen in den obſer-
vationibus de forma conficiendi acta apud Ro-
manos ſ. 169 erzaͤlet. Die dinneſte war charta
auguſtana, dann folgete die livia, welches die an-
dre und die Claudia die dritte war.
1582
heutige pa-
pyr erfun-
den worden
iſt? deſſen
gattungen.
Hiervon iſt das heutige papyr, welches gegen
den anfang des virzehnten jahrhunderts erfunden
worden iſt, ganz unterſchiden. Denn es iſt ein vom
papyrmacher auf der papyrmuͤle zubereitetes blatt,
darauf man ſchreiben, auch drucken, und das zu
andern
[637]vom heutigen, oder lumpen-papyre.
andern ſachen gebrauchet werden kan (§ 535, 537).
Man teilet es in pack- ſchreib- druck- und loͤſch-
papyr. Man hat ſolches von mancherlei groͤſe.
Sodann hat man geſtempeltes und ungeſtempel-
tes; ſuper-regal, ordentliches regal, groſes, mit-
tel und kleines, poſt-median-klares, poſt-papyr,
dickes noten, weißes, ordentliches ſchreib- oder
regiſter-papyr, braunes- oder concept-papyr, un-
geleimtes druck-papyr von allerhand gattungen,
alles aus leinen lumpen gefertiget. Die wollene
lumpen geben blaues, grobes, ſchraͤnz- oder ma-
culatur, fluͤß- oder loͤſch-karten, haͤftlein und ein-
binde-papyr, welches leztere geleimet ſeyn muß,
Marpergers kaufmanns-magazin ſ. 212 des IIten
teiles der buchdrucker-kunſt Iſten teiles ſ. 214 fg.
§ 1583
Die kunſt das papyr aus leinwande und ſeidendeſſen erfin[-]
dung,
zu fertigen, wollen die Tſchineſer ſchon vor Chriſti
geburt ausgeuͤbet haben, du HaldeII ſ. 281 § 4.
Die weiſe das heutige papyr zu bereiten, lehren
die buchdrucker-kunſt am a. o. ſ. 211 fg., und der
von Rohr in den merkwuͤrdigkeiten des oberhar-
zes ſ. 515 fg.
§ 1584
Man teilet das papyr in buͤcher und riſe. Einund eintei-
lung in buͤ-
cher u. riſe.
buch ſchreibpapyres betraͤget 24, und druckpapyr
25 bogen, das ries enthaͤlt 20 buͤcher. Ein bal-
len beſtehet aus 10 riſen.
§ 1585
Das beſte wird aus zarten leinen tuche, ausworaus ſol-
ches zube-
reitet wird?
papyr-ſpaͤnen; das ſchlechte hingegen aus farbigen
und geringen lumpen, ſodann das blaue und loͤſch-
papyr aus wollenen lumpen zubereitet.
§ 1586
In den Niderlanden hat man das geſtempeltewo das ge-
ſtempelte
papyr erfun-
papyr erfunden; obgleich der Marperger das
gegen-
[638]XXXVII haubtſtuͤck
den worden
iſt?gegenteil behaubtet, ſihe indeß den Boxhorn in
der disquiſit. polit. ſ. 276, und den Friderich
Jac. Bartholdide charta ſignata cap. II § 17
ſ. 37.
§ 1587
gen des
ſtempel-pa-
pyres in den
F. H. Caſſe-
liſchen lan-
den.
In den Fuͤrſtlich Heſſen-Caſſeliſchen landen
ſind beſage der verordnung vom 9ten Sept. 1749
zehnerlei ſorten ſtempel-papyr: 1) von 6 heller,
2) 1 albus, 3) fuͤr 2 albus, 4) fuͤr 4 albus,
5) zu 8 albus, 6) zu 12 albus, 7) 24 albus,
8) 1 thlr. 9) 1½ thlr. 10) 2 thlr. In den Kur-
Braunſchweigiſchen landen ſind virerlei gattun-
gen geſezet: 1) mit einer krone, 2) mit einem
pferde, 3) mit einem loͤwen, 4) mit einem kran-
ze, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landesord-
nungen IIIIten teiles cap. VII ſ. 75 fgg. ſ. 147 fg.
Von dem koͤniglich Preuſiſchen und Kur-Bran-
denburgiſchen ſtempel-papyre, ſihe den Mylius
im corpore conſtitut. March. teile IIII abt. 3
ſ. 231 abt. 5 ſ. 232 fgg. Von dem Kur-Saͤch-
ſiſchen ſtempel-papyre findet man die verordnun-
gen beim Menken im ſyſtem. iuris ciu. ſ. 1185 fgg.
§ 1588
delung, wel-
che auf ſtem-
pel-papyr
haͤtte ge-
bracht wer-
den ſollen,
gaͤnzlich un-
giltig ſey?
Wer einen handel zu papyre bringet, ſelbigen
aber auf ſtempel-papyr nicht ſchreibet, verurſachet
nicht, daß die handelung deshalber ungiltig werde,
geſtalt ebenfalls, wenn die ſtrafe der nichtigkeit
geſezet iſt, zwar diſe ſchrift auf ungeſtempeltes pa-
pyr keine beweis-kraft hat; gleichwol der handel
an und fuͤr ſich aufrecht beſtehen bleibet, von
Leyſerſpec. 262 ſ. 998 fgg. des 4ten bandes.
§ 1589
Wer etwas auf mein papyr ſchreibet, muß mir
ſelbiges bezalen, Strykde iure biblioth.
Acht
[639]vom flachſe, hanſe, garne, ꝛc.
Acht und dreiſigſtes haubtſtuͤck
vom flachſe, hanfe, garne und
leinewande.
§ 1590
Der flachs-bau hat ſeinen groſen nuzen im ſtateder flachs-
bau iſt n[uͤ]z-
lich.
und im haushalte, immaſen der handel mit
garn und leinen-tuche einer der anſehnlichſten iſt,
wodurch, wenn der flachs wohl geraͤtet, viles gelt
in ein land gebracht werden kan. Des lein-oͤles
nicht zu gedenken. Wannenher der untertan zum
flachs- auch hanf-bau anzuhalten, bevorab wo es
das land zugibet, F. H. Caſſeliſche greben-ordn.
tit. 34 § 1 ſ. 83 fgg., iedoch muß der getreide-bau
allezeit ſelbigem vorgezogen werden, ſowol wegen
des unterhaltes der menſchen, als auch des vihes,
nicht minder des ſtrohes halber, oͤconomiſche nach-
richten dritter band, Leipzig 1751 ſ. 75, ſ. 81 fgg.
Vter band ſ. 605 fgg.
§ 1591
Flachs iſt dieienige pflanze, welche aus geſaͤedie beſchrei-
bung davon.
ten leinſamen waͤchſet, und einen einfachen zarten
runden und holen ſtaͤngel hat, ungefaͤr 2 bis 3
fuße hoch, Zwingers kraͤuter-buch ſ. 633. Aus
deſſen baſte wird das garn geſponnen. Der hiſi-
ge lein iſt dreierlei, fruͤlein, franzoſen-lein, und
feld-lein. Die erſte gattung heiſſet auch garten-
lein, unter ſelbigen miſchen die leute gern gelben
moͤren-ſamen, um fruͤ-moͤren zu bekommen. Man
hat auch hir die probe mit dem Siberiſchen leine ge-
machet, und ihn gut befunden. Diſer wird ab-
geſchnitten, die wurzel bleibet ſtehen, welche jaͤr-
lich wieder reichlich ausſchlaͤget. Froſt und hize
ſchadet ihm nicht. Denn ſonſt heiſſet es vom
flachſe:
[640]XXXVIII haubtſtuͤck
flachſe: er hange am himmel, das iſt, wenn er
keine regen bekommet und gute witterung hat, oder
ein meltau faͤllet, verdirbet er. Johann Daniel
Schreber hat vom perennirenden Siberiſchen
leine 1754 eine kleine abhandelung in 4to ausge-
hen, auch einen ſtaͤngel in kupfer ſtechen laſſen.
Der Siberiſche lein verdinet auf ſolche weiſe die
aufmerkſamkeit der policei. Vom kuͤn-flachſe
ſihe die oͤconomiſche ſammlungen aus der Bres-
lauer natur- und kunſt-geſchichte ſ. 290 fg.
§ 1592
dem flachs-
baue zu ſe-
ben iſt?
Der flachs will einen gelinden, muͤrben, guten
und ein wenig mit ſand vermengten, wohl zuge-
richteten, iedoch nicht zu fette geduͤngten acker ha-
ben, Leipziger ſammlungen von wirtſchaftlichen ꝛc.
ſachen VIIIIter band ſ. 97, ſ. 396. Darnebſt
wird erfodert: 1) alter, reifer leinſamen, wel-
cher in einem ganz reinen ſacke auf das feld zu
bringen iſt, 2) muß der acker dreimal uͤberſaͤet
werden, 3) etwas dick, 4) vormittages. Denn
man ſaͤe ein ſtuͤck zur haͤlfte des morgens und das
andre nachmittages; ſo veroffenbaret ſich der groſe
unterſchid. Der bauer ſpricht daher: vormitta-
ges-ſaat iſt halbe dunge.
§ 1593
dem andern
vorzuzihen
iſt?
Wo moͤglich, iſt der tonnenlein oder Rigaiſche
dem ſpaͤten oder klengelein vorzuzihen, Heſſen-
Caſſeliſche verordnung wegen des garnſpinnens ꝛc.
vom \frac{20}{9} Mai 1738 § 2, Kur-Braunſchweig-Luͤ-
neburgiſcher landes-ordnungen IIIter teil cap. 4
ſ. 335 ſ. 347, 352, Marperger vom hanfe und
flachſe, und im kaufmanns-magazine ſ. 573 des
Iſten teiles. Jedoch faͤret der Vogelsberger in
ſeinem von kleinen ſteinen wimmelnden lande mit
einheimiſchen leine am beſten. Vom Liflaͤndi-
ſchen lein- und flachs-baue ſihe die oͤconomiſchen
ſamm-
[641]vom flachſe, hanfe, garne, ꝛc.
ſammlungen aus den Breslauer natur- und kunſt-
geſchichten ſ. 245.
§ 1594
Unter allen gewaͤchſen, welche das land zumder flachs-
bau iſt muͤh-
ſam.
beſten des menſchlichen geſchlechtes traͤget, brau-
chet kein einziges, bevor es zum vollkommenen ge-
brauche gelanget, ſo vil muͤhe und arbeit, als der
flachsbau und die fertigung der leinewand. Denn
1) iſt das land auſſerordentlich zuzubereiten, daß
es der rosmarin erde gleiche, 2) muß der leinſa-
men ſehr wohl gereiniget werden, 3) iſt ein be-
ſonderer reiner beutel, und 4) ein ganz rein-ge-
waſchenes ſaͤe-tuch darzu noͤtig. Wenn er auf-
gegangen, iſt ſelbiger 5) zu jaͤten, 6) zu ropfen,
7) zu ruͤffeln (reffen), 8) zu buͤſſeln, 9) zu roͤ-
ſten, 10) wenn er flick im waſſer iſt, 11) auf
der wiſe zu ſtauchen, oder 12) wo er noch nicht
recht flick iſt, auf den raſen zu breiten, 13) wenn
er geweidet hat, bindet man ihn in dicke gebunde,
14) wird er nach hauſe gebracht, 15) an die ſon-
ne geleget, und 16) geplauet, 17) auf einen
haufen geſchlagen, wohl zugedecket, 18) gebre-
chet, 19) geſchwungen, 20) zu zweien bis drei-
enmalen gehechelt, 21) welches endlich der flachs
genennet wird, und ſich von dem werke, als dem
abgange bei dem hecheln unterſcheidet. Der
flachs iſt hirauf 22) zu ſpinnen, 23) das garn
zu haſpeln, oder zu weifen, 24) zu ſiden, oder
zu aͤſchern, 25) zu klopfen, 26) zu weben, 27)
zu bleichen, 28) die knoten ſind auf dem boden
zu trocknen, 29) fleißig zu wenden, 30) der
feldlein an der ſonne zu klengen, immaßen die
knoten des Franzoſen-leines ſich nicht klengen laſ-
ſen, ſondern geplauet oder gedroſchen werden muͤſ-
ſen, endlich iſt 31) der lein mit ſiben zu reinigen.
S s§ 1595
[642]XXXVIII haubtſtuͤck
§ 1595
roͤſten,
Wo moͤglich, iſt der flachs nicht im waſſer zu
roͤſten, ſondern auf dem raſen, felde, oder den
triſchen auszubreiten. Wo aber keine gelegen-
heit hirzu iſt, darf er in fiſchbaͤche, oder woraus
gebrauet wird, nicht geleget werden, F. S. Go-
thaiſche landes-ordnung IIIter teil, ſ. 533, My-
lius im corp. conſtitut. March. im Vten teile,
IIIten abt. ſ. 239 ſ. 384, 387.
§ 1596
die F. H.
Caſſeliſche
ſiſch- ꝛc. ord-
nung beſa-
get?
In der F. H. Caſſeliſchen waſſer- fiſch- und
haͤge-ordnung vom 1ſten Oct. 1711 iſt § 9 verſe-
hen, daß in den forellen- krebs- oder gruͤndel-baͤ-
chen kein flachs bei verluſt deſſelben und 5 rthlr.
ſtrafe, eingeleget werde; iedoch ſind die groſen
waſſerſtroͤme, als die Weſer, Werra, Fulda,
Laͤn, Eder, Schwalm und Dimel ausgenom-
men, worin flachs zu legen erlaubet iſt; F. H.
Caſſeliſche greben-ordnung tit. 26 § 8 ſ. 61. We-
gen der Ohme iſt desfalls ſtreit entſtanden. Als
das Schenkiſche amt zu Schweinsberg wegen
einlegens des flachſes in die Ohm die buͤrger allda
beſtrafete, kamen diſe dahir um eine beſichtigung
ein und behaubteten, daß, weil die Ohm der
Schwalm gleich waͤre, das roͤſten ihnen verſtat-
tet werden moͤgte. Es hat auch die fuͤrſtliche com-
miſſion fuͤr die buͤrger 1746 geſprochen.
§ 1597
rung des
flachſes ge-
chehen ſoll?
Die doͤrrung des flachſes iſt wegen augenſchein-
licher gefar des brandes anders nicht, dann an
der ſonne, oder in gemeinen von den doͤrfern und
ſtaͤdten entferneten darren zu verſtatten, folglich
darf er nicht in den ſtuben und backoͤfen gedoͤrret
werden, F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit. X
§ 5 ſ. 26, Caſſeliſche feuer-ordnung § 26-28,
Kur-fuͤrſtl. Braunſchw. Luͤneb. landes-ordnung
IIIter
[643]vom flachſe, hanfe, garne, ꝛc.
IIIter teil cap. IIII ſ. 290 fg., S. Gothaiſche
landes-ordnung III ſ. 365 fgg., Leopoldt am
a. o. ſ. 159 fg. Sonſt iſt das doͤrren an der ſon-
ne dem flachſe weit fuͤrtraͤglicher, als etwa im
backofen. Iſt diſer zu heis; ſo leidet die guͤte des
flachſes ſchaden.
§ 1598
Das brechen und ſchwingen, auch hecheln,das brechen,
hecheln, ꝛc.
ſoll nicht bei
licht beſche-
hen.
muß one licht geſchehen, Kur-Braunſchweig-Luͤ-
neburg. L. O. IIIter teil ſ. 291, F. S. Gothaiſche
fernere beifugen zur landes-ordnung ſ. 351 fgg.
Beſage der Kur-Brandenburgiſchen verordnung
beim Mylius im corp. conſtit. March. Vten
teile I abt. ſ. 12 ſoll der flachs innerhalb den ſtaͤd-
ten nicht getrocknet noch gebrechet werden. Zur
peſt-zeit iſt der flachs nicht ins land zu bringen.
Aller flachs gebrecht und ungebrechet, wenn er
nur vom acker gebracht iſt, gehoͤret nach Sach-
ſen-rechte zur adelichen gerade. Imgleichen das
garn, roh und geſotten, gezwirnet und ungezwir-
net, ꝛc. Barth am a. o. ſ. 170, 171. Der ge-
ſchwungene flachs wird in geſpliſſe geteilet.
Wenn der flachs beim ſchwingen nicht vil verflo-
gen iſt, gibet eine handvoll 3 geſpliſſe, ſonſt aber
zwey. Zehen geſpliſſe tun eine halbe kaute gehe-
chelten flachſes; folglich beſtehet die kaute aus 20
geſpliſſen. 24 kauten machen einen globen gehe-
chelten flachſes. Der ſilbergraue iſt der beſte.
Von den betruͤgereien der flachs-verkaͤufer ſihe
den Hoͤnn am a. o. ſ. 144, 145.
§ 1599
Die agen (oder der kern des flachs-ſtaͤngels,was der
agen halber
zu verord-
nen iſt?
die ſchaͤbe,) muͤſſen die an den ſtaͤdten wonende
untertanen aufzubehalten und den weisbindern
(tuͤnchern), toͤpfern und bauherren zu verkaufen
angewiſen werden.
S s 2§ 1600
[644]XXXVIII haubtſtuͤck
§ 1600
lung des
garnes.
Vom flachſe fallen der ſogenannte flachs und
das werk, auch das aiſchwerk (oſchwicke). Vom
leztern wird das groͤbeſte garn zu ſacktuch geſpon-
nen. Das aus den erſten geſponnene garn wird
in das flaͤchſene und werkene geteilet. Das garn
iſt ein zuſammengedreheter faden.
§ 1601
haſpel oder
der weife.
Der haſpel oder die weife muß eine behoͤrige
groͤße haben, und die drechsler ſind darauf anzu-
weiſen. In Sachſen hat man gebinde, zalen
und ſtrenen. Das gebinde beſtehet aus 20 faden
und der ſtrang aus 40 gebinden. Dahir auf
dem lande findet man geplaͤze, oder 60 haſpel-
faͤden, gebinde und zalen, auch halbe zalen, imglei-
chen ſtraͤnge. Der ſtrang enthaͤlt 5 geplaͤze; die zale
20 geplaͤze. Ein gebinde iſt zu Marburg ein geplaͤze,
dazu 60 haſpelfaden gehoͤren und 20 eine zale ſind;
auf dem lande aber tut das gebinde 2 geplaͤze und 10
gebinde geben eine zale. Auf dem lande hat das
geplaͤze auch 60 haſpelfaden und das gebinde tut
120 haſpelfaden. Wie man es zu Berlin nenne,
gibet die unterweiſung vom ſpinnen und we-
ben, in 8, zu erkennen. Der Schleſiſche garn-
und leinwands-handel bemerket zum ſtuͤcke 4 ſtren-
nen, eine ſtrenne hat 3 zaſpel, eine zaſpel 20 ge-
winde, ein gewinde zehn faden, Marpergers
Schleſiſcher kaufmann ſ. 230 cap. 5, 1714, 8,
worin er uͤberhaubt von dem Schleſiſchen flachs-
garn- zwirn- leinewand- und ſchleier-handel gute
nachricht mittheilet.
§ 1602
flachsbau in
Ober-Heſ-
ſen.
Im oberfuͤrſtentume Heſſen iſt der flachsbau
betraͤchtlich, fuͤrnaͤmlich in den doͤrfern des amtes
Homberg an der Ohme, Eringshauſen und dem
Vogelsberge, geſtalt im leztern auch die manns-
perſo-
[645]vom flachſe, hanfe, garne, ꝛc.
perſonen ſpinnen, und ſtatt des lichtes ſpaͤne an-
zuͤnden. Der Ruͤlbenroͤder und Eringshaͤuſer
flachs laͤſſet ſich ſpinnen, daß eine zale durch einen
fingerring gezogen werden kan.
§ 1603
Dieweil nun der garnhandel fuͤrnaͤmlich invom garn-
handel in
Heſſen.
Nider-Heſſen, inſonderheit zu Homberg an der
Efze, ſehr groß iſt; ſo hat man zu Caſſel deshal-
ber noch 1732 unterm \frac{14}{25} Aug. eine beſondere ver-
ordnung ausgehen laſſen, inhalts deren ein kaͤu-
fer, der mit garne oder leinenen tuche betrogen
worden iſt, ſolches zuruͤck geben kan, und der
verkaͤufer muß ihm das kaufgelt nebſt den ſchaͤden
und unkoſten erſtatten. Finden ſich falſche haſpel;
ſo wird der verkaͤufer oder die verkaͤuferin one
entſchuldigung zum erſtenmale mit 1 fl., zum 2ten
male mit 5 fl., zum 3ten mit 4 wochen thurm-
ſtrafe beleget. Beim ſchocktuche wird iede an
der laͤnge felende ¼ elle mit 1 fl., ieder halbe zoll
an der breite mit 3 fl. verbuͤſſet, und wenn das
tuch an garne oder gewebe untuͤchtig befunden
wird, iſt die ſtrafe vom ſtuͤcke 5 fl. Dafuͤr haf-
tet der erſte verkaͤufer. Merket es aber der kaͤu-
fer nicht, und verſendet das garn oder tuch; ſo
faͤllet die ſtrafe ihm zur laſt; greben-ordnung tit.
VI § 1 tit. 34 § 2 fg. ſ. 83, 84, F. H. Caſſeliſche
verordnung wie es mit dem garnſpinnen, leinen
tuchmachen und deſſen handel gehalten werden
ſoll 1738. Zwo andre Luͤneburgiſche verordnun-
gen hirvon ſtehen bei dem Marperger am a. o.
ſ. 908 fgg.
§ 1604
Die guͤte des garnes iſt: daß es trall und der-von der guͤte
des garnes.
be iſt, wenn es zum weisgarnichten leinewande
verarbeitet worden iſt, Marperger im Schleſi-
ſchen kaufmanne ſ. 231. Das garn iſt entweder
S s 3weber-
[646]XXXVIII haubtſtuͤck
weber- oder pack-garn. Diſes iſt loſer als jenes,
und dinet zum zwirne und andern manufacturen.
Der zwirn iſt dreierlei: der grobe, mittlere und
feine.
§ 1605
lung der lei-
newand.
Die leinweber weben teils werkene, oder mittel-
leinewand, teils flaͤchſene, welche in grobe und
feine, rohe oder ungebleichte, haus- oder kauf-
tuch eingeteilet wird. Das hiſige leinen-tuch iſt
entweder ſchmal oder breites. Diſes hat zwo
ellen in der breite. Jenes iſt das feinere. Das
breite iſt 1) entweder ſacktuch, als das groͤbeſte,
oder 2) geworren, deſſen aufzug vom flaͤchſen
garne, und der einſchuß oder einſchlag aus werken-
garne beſtehet, oder 3) es iſt ganz flaͤchſen. Auſ-
ſer dem leinen-tuche wird in Ober-Heſſen, insbe-
ſondere aber zu Hersfeld, bild- oder tiſch-zeug ge-
fertiget, welches man auch leinen-damaſt nennet.
Das ſchmale tuch, deſſen breite hiſiger orten et-
wa 1½ ellen, enthaͤlt 18, 20 bis 24 zalen auf die
ſtige, oder 20 ellen. Die feineſte leinewand iſt
die Hollaͤndiſche, Bilefeldiſche, auch Wahren-
dorfiſche, Schleſiſche und Lauſiziſche.
§ 1606
ſier,
Der Schleſier teilet die leinewande in grobe,
feine, dicke und dinne, mittel und geringe. Die
breite iſt auch 2 ellen und daruͤber. Die ſchleier-
webe gehoͤret auch hirher, die aus glatten, geſtreif-
ten, piquirten mit duͤpfeln und blumenwerke be-
ſtehet. Die ſchleier ſind dreierlei: grobe, mitt-
lere und feine. Die Breslauer ballen- oder bett-
zeuge beſtehen aus zwillig-ballen, leinewand-bal-
len, und ſchuͤrzen-leinewands-ballen. Die Ni-
derlaͤndiſche ballen haben eingewebte figuren.
Die zuͤchen ſind rauten-weiſe gewebet. Dama-
ſtene
[647]vom flachſe, hanfe, garne, ꝛc.
ſtene tafel- und tiſch-tuͤcher, ſervietten-ballen lifert
Schleſien ebenfalls.
§ 1607
Es fraget ſich aber: ob die leineweber galgen-die leinewe-
ber ſind in
den F. H.
Caſſeliſchen
landen von
der aufrich-
tung der ge-
richte frei.
heber ſeynd? Vermoͤge einer F. H. Caſſeliſchen
verordnung vom 12ten Mai 1701 iſt verſehen:
daß, wie das leineweber-handwerk mit herbeibrin-
gung zum galgen nie das geringſte zu ſchaffen ge-
habt habe; alſo auch die leineweber von der auf-
richtung der gerichte ganz frei, ledig und los er-
klaͤret werden. Von den betruͤgereien der leine-
weber handelt Hoͤnn am a. o. ſ. 244, welchen
am fuͤglichſten von der oberkeit in den policei-ord-
nungen, oder den innungs-brifen, und durch ein
wohlbeſtelltes ſchau-amt vorgebeuget werden kan.
§ 1608
Wenn einem das leinen vermachet iſt, gehoͤretwas das
vermaͤchtniß
des leinen
in ſich be-
greifet?
ihm auch das vorraͤtige garn. Wenn in den
eheberedungen das leinen-geraͤte fuͤrkommet; be-
greifet ſolches alles dasjenige leinene zeug, welches
zur menſchlichen bekleidung und ſonſt zum noͤtigen
gebrauche in der haushaltung noͤtig iſt.
§ 1609
Was den bleichern gelifert wird, dafuͤr muͤſſenvon den
bleichern.
diſe ſtehen. Bei einer ſtadt, oder gemeine muß
ein ſtuͤck waſen, am waſſer gelegen, zum bleich-
plaze angewiſen werden. Eine kurze nachricht
von den Harlemiſchen leinewandbleichen findet
man in den Leipziger ſammlungen IIIten bande
ſ. 269. Zum bleichen werden uͤberhaubt erfodert
ein ort, der gebuͤrge-waſſer hat, und mit buchen-
oder elſen-aſche wohl verſehen iſt. Die aſche di-
net zur beuche und zihet die rohigkeit aus, damit
das leinen wolligt wird und gut ausſihet. Der
froſt im winter bleichet auch wohl. Der Hol-
laͤnder bleichet mit buttermilchs-wattig.
S s 4§ 1610
[648]XXXVIII haubtſtuͤck
§ 1610
bau iſt ein-
traͤglich.
Der hanf-bau iſt in hiſigen gegenden nicht eben
gemein, ob er gleich groſen nuzen bringen kan,
Samuel Trowells anleitung fuͤr einen landmann,
Leipzig 1750, 8, ſ. 87 fgg. Es iſt der hanf ein
feld-gewaͤchs, welches einen einzigen geraden, vir-
eckigten, rauchen, holen, und an manchen orten,
oft einer manns-laͤnge hohen ſtaͤngel treibet, deſ-
ſen rinde eigentlich zum geſpinſte gebrauchet und
gleich dem flachſe zubereitet wird. Er will eben-
falls einen milden und gelinden boden haben, wie
der flachs, von Rohr am a. o. ſ. 221 fgg., Leo-
poldt ſ. 144, 145, Leipziger ſammlungen von
wirtſchaftlichen ꝛc. ſachen im zehnten bande ſ. 170.
Es iſt ſolcher von zweierlei art, naͤmlich einiger
hat einen dicken, hohen, mit ſtarken ſamen-zoͤpfen
beſezten ſtaͤngel, der andre iſt etwas nidriger, zar-
ter, auch vom weiſern ſtaͤngel one ſamen-zoͤpfe,
und wird von einigen fimmel, auch die haͤnfin
benennet, Hofmann in der klugheit hauszuhal-
ten, IIten buche ſ. 93 § 48.
§ 1611
ſtark betri-
ben wird?
Moſcau, Lifland, Curland, Polen, Elſas,
auch Ungarn ꝛc. zihen ſehr vilen hanf, welcher,
wenn er gut zurechte gemachet wird, zur hauslei-
newand wohl gebrauchet werden kan. Zu ſegel-
tuͤchern wird diſe gern gebrauchet. Die ſchuma-
cher laſſen iren drat aus hanfe ſpinnen. Am me-
reſten aber verarbeiten ſolchen die ſeiler, welche
iedoch darunter, one betrug, kein flachs-werk ne-
men duͤrfen, Hoͤnn im betrugs-lexico ſ. 362, 363.
Der ſamen iſt im preiſſe dem rocken gleich und
kan zum oͤle gut gebrauchet werden. Er gehoͤret
zu den ſommerfruͤchten.
§ 1612
[649]vom fahrniſſe, welches zum ꝛc.
§ 1612
Wie fern der hanf nach Sachſen-rechte zur
adelichen gerade gehoͤre, beſaget Barth am a. o.
ſ. 176, 177, num. 56.
Neun und dreiſigſtes haubtſtuͤck
von fahrniſſe, welches zum lehne oder
erbe gehoͤret.
§ 1613
Bei abſonderung des lehnes vom erbe, kommet
ſehr vil darauf an, was dem land-erben,
und was dem lehn-erben gebuͤret. George Adam
Struve im ſyntagmate iuris feudalis hat ein
verzeichniß davon gefertiget.
§ 1614
Man ſihet haubtſaͤchlich darauf: was zumworauf hir-
bei zu ſehen
iſt?
lehne beſtimmet iſt, das bleibet bei demſelben.
Alſo gehoͤret eine ſchlage-uhr zum lehne. Nicht
minder zaͤlet man in Thuͤringen die tauben zum
lehne. Imgleichen rechnet man die windmuͤlen,
die kelter, welche erdfeſt iſt; ferner den becher,
oder den willkomm, welcher zum lehngute verord-
net worden iſt; die binen, die tapeten, welche na-
gelfeſt ſind, ꝛc. Weiter einen groſen eiſernen oder
kuͤpfernen topf zum ſiden fuͤr das vih, zum lehne.
§ 1615
Das petſchir, die betten, kreuze, das ſchiff
und geſchirr gehoͤren dem land-erben. Allein die
glocken, erucifixe, kirchen-geſchmeide, muͤlſteine,
braupfannen, desgleichen das grobe geſchuͤz, auch
das pulver und das blei zur beſchuͤzung der herr-
ſchaft, auch haͤuſer gehoͤren zum lehne.
S s 5Virzig-
[650]XL haubtſtuͤck
Virzigſtes haubtſtuͤck
von den unbeweglichen ſachen uͤber-
haubt, insbeſondere von den haͤuſern
und ligenden gruͤnden.
§ 1616
Unter die koͤrperlichen ſachen gehoͤren die unbe-
weglichen ſachen (§ 1068), welche unterſchid-
licher gattung ſind.
Von den gebaͤuden.
§ 1617
baͤude be-
deutet?
Ein gebaͤude bedeutet uͤberhaubt den beſchluß ei-
nes raumes, deſſen abteilung ſich auf diejenige be-
quemlichkeit gruͤndet, welche haubtſaͤchlich zu diſer
und jener verrichtung, die darin vorgenommen
werden ſoll, hoͤchſt noͤtig iſt. Denn bauen begrei-
fet iede zur auffuͤrung und beſſerung einer ſache vor-
genommene arbeit. Daher hat man den acker-feld-
berg-waſſer-haus-hafen-damm-ſchif-bruͤcken-
ſchleuſſen-feſtungs-ꝛc. bau, wobei es auf das bau-
recht ankommet. Das wort bau hat ebenfalls
verſchidene bedeutungen, Wachter am a. o. ſp.
130 fg.
§ 1618
recht bedeu-
tet?
Das wort bau-recht hat unterſchidliche bedeu-
tungen, naͤmlich es wird darunter ſowohl das ius
colonarium angezeiget, Hennebergiſche landes-ord-
nung im Vten buche, tit. I. cap. 4 § 1, als man
auch dadurch die einem eigentumsherrn eines grun-
des und bodens zuſtehende befugnis nach ſeinem
gutduͤnken darauf allerlei gebaͤude des ortes brauch
gemaͤß
[651]von den unbeweglichen ſachen ꝛc.
gemaͤß und dem dritten unſchaͤdlich aufzufuͤren,
verſtehet.
§ 1619
Es vermag zwar iedermann vermoͤge der natuͤr-die natuͤrli-
che freiheit
des bauens
halber kan
beſchraͤnket
werden.
lichen freiheit auf ſeinem eigenen grunde und bo-
den nach beliben zu bauen; und wenn auch gleich
dadurch dem nachbar ſein taglicht benommen wer-
den ſollte, Naſſau-Cazenellenbogiſche landesord-
nung im VIten teile cap. 3 § 2, 3, fgg. ſ. 181, 182.
Allein ſotanes recht wird oͤfters durch vertraͤge oder
die zum beſten und wohlſtand des gemeinen we-
ſens, auch nuzen der untertanen, und zu verhuͤ-
tung der ſtreitigkeiten benebſt der gefahr abzilen-
den verordnungen der landesherrſchaft und ober-
keit beſchraͤnket, wannenher in wohleingerichteten
ſtaten die beſondern bauordnungen, baugerichte,
baumeiſter beſorget werden. Denn es lieget ei-
nem landesherrn allerdings daran, daß nicht allein
tuͤchtige und dauerhafte gebaͤude aufgefuͤret, ſelbi-
ge in baulichen weſen bleiben, und baufaͤllige,
oder verwuͤſtete gebaͤude hergeſtellet werden, (§
642-644 fgg), ſondern auch dem gemeinen we-
ſen und den benachbarten kein ſchaden zugefuͤget
werde.
§ 1620
Ein haus bedeutet ſo vil, als eine bedeckung,was ein
haus bedeu-
tet?
aufenthalt, behaͤltnis ꝛc. Wachter am a. o. ſp.
679, Friſch am a. o. ſ. 427 im Iten teile; das
haus iſt ein gebaͤude, worin menſchen wonen, und
fuͤr allerlei ungemache des wetters ſich beſchuͤzen,
auch ire habſeligkeit verwaren, nicht minder ihr
gewerbe gemaͤchlich treiben koͤnnen. Der bauen-
de muß angewiſen werden, einen guten grund zu
legen. Ein keller darin iſt noͤtig. Die heimliche
abtritte muͤſſen auſſer dem gebrauche nicht bemer-
ket werden koͤnnen, Penther im Iten teile der bau-
kunſt
[652]XL haubtſtuͤck
kunſt ſ. 86. Die haͤuſer werden vom buͤrger und
bauer mit holze und leinen, auch noch andern ma-
terialien erbauet. Der hohe und nidere adel
bauete mit kalke und ſteinen ſeine kemnaden, bur-
gen, und ſchloͤſſer. Die haubt- und ſcheide-waͤn-
de, das dach, die tuͤren, die fenſter und ſchorr-
ſteine gehoͤren zu einem hauſe. Vom rauche und
geſtank befreiet zu ſeyn, iſt ein haubtſtuͤck. Die
ovalen ſchorrſteine ſind die beſten, oder wenig-
ſtens auch die eirkelrunde. Die hize des feuers
treibet den rauch in die hoͤhe. Ein iedes feuer
muß ſeinen beſondern rauchfang haben, Penthers
Iter teil zur baukunſt ſ. 69. Es iſt wirtſchaftli-
cher hoch, als lang zu bauen, PenthersIIter
teil § 183 ſ. 22. Diſemnach hat man das back-
haus, brauhaus, gewaͤchshaus, malzhaus,
waſchhaus, vogel-ſchnecken-narren-enten-tauben-
huͤner-binen-ſchilterhaus ꝛc. Noch merere der-
gleichen haͤuſer ſind oben § 645 namhaft gemacht
worden. Die gebaͤude zu einem landgute ſihe im
oͤconomiſchen lexico ſp. 887 des Boͤcklers haus
und feldſchule, des Leonhardt Chriſtian
Sturms vollſtaͤndige anweiſung von landwonun-
gen bei dem Fuͤrtenbachen, dem freiherrn von
Hohberg, Fiſchern, Florino, Leopold am
a. o. ſ. 727 fgg, dem Stiſſer am a. o. im XIIII
ten haubtſtuͤcke.
§ 1621
ſcheune die-
net?
Die ſcheuer (ſcheune) iſt ein furwerksgebaͤude,
worin feld-fruͤchte in iren garben und gebunden,
nicht weniger heu und grummet, auch leres und
ausgedroſchenes ſtroh aufbehalten, und die erſtern
ausgedroſchen werden. Die ſcheune enthaͤlt ban-
ſen und die tenne; oder nach oberheſſiſcher einrich-
tung die heu-boden, die geruͤſter zu den fruͤchten
und dem geſtroͤhe, den hald-boden und die ſcheuer-
tenne
[653]von den unbeweglichen ſachen ꝛc.
tenne. In ſcheunen von mauerwerke muͤſſen die
loͤcher, wie bei den pulvertuͤrmen gefertiget wer-
den, um die anlegung des feuers zu verhuͤten.
§ 1622
Die kuͤhe- und ochſen-auch rinder-ſtaͤlle ſind nichtdie einrich-
tung der
ſtaͤlle fuͤr das
rinbvih.
hoch zu bauen, da mit das vih warm ſtehet. Die
krippen werden aus ſteinen gehauen. Zwo reihen kuͤ-
he ſtellet man mit den koͤpfen ſo gegen einander, daß
ein gang von 6 fuͤßen erhoben darzwiſchen bleibe.
§ 1623
Das malzhaus dinet zum malz-machen undwozu das
malzhaus
dinet?
doͤrren. Deſſen einrichtung beſchreibet PentherI
ſ. 101.
§ 1624
Zur einrichtung eines apothecken-gebaͤudes die-merere
nachrichten
von anle-
gung aller-
hand gebaͤu-
de.
net das Berliniſche nach der einrichtung des Neu-
manns, vom zeughauſe ſihe den Penther ſ. 10,
vom hoͤrſale ſ. 11, dem badhauſe ſ. 12, dem ball-
hauſe ſ. 13, buͤcherſale ſ. 21, der boͤrſe ſ. 23, dem
brauhauſe ſ. 25, dem univerſitaͤts-collegio, ſ. 37,
rathauſe ſ. 49, guͤß-hauſe ſ. 70, reithauſe ſ. 86
ſpitale ſ. 87, pferdeſtalle ſ. 120, dem ſchafſtalle
ſ. 137, ſchweinſtalle ſ. 140, taubenhauſe ſ. 150, wacht-
hauſe ſ. 46, zucht-hauſe ſ. 164. von der anlegung ei-
nes blauenfarben-werkes ſihe die Leipziger ſammlun-
gen von wirtſchaftlichen ꝛc. ſachen im 7 bande ſ. 482
fgg. der zigeloͤfen, ebendaſ. im VIten bande ſ. 302
fgg. von vorteilhafter anbauung kleiner unterta-
nen haͤuſer auf des adelichen gutes grund und bo-
den, IIIIter band ſ. 161.
§ 1625
Sowohl in den ſtaͤdten, als auf dem lande, iſtworauf vor
und bei an-
legung der
gebaͤude zu
ſehen iſt?
vor errichtung und anlegung der gebaͤude zu ſe-
hen: 1) auf die lage, 2) den ort, 3) boden,
4) das waſſer, 5) die luft und geſundheit, 6)
die baumaterialien, 7) die ſtaͤrke und bequem-
lichkeit,
[654]XL haubtſtuͤck
lichkeit, nach abſicht des gutes und gebaͤudes,
auch der narungs-geſchaͤfte. Darnebſt iſt bei er-
richtung derſelben dahin zu ſorgen: daß ſie erhoͤhe-
te ſchwellen und ein gutes dach, beſonders von zi-
geln bekommen, wenn ſie dauern ſollen, nicht
minder feuer feſt werden, Krebsde ligno et la-
pide,Gaſſer in der einleitung zu oͤconomiſchen po-
litiſchen und kameral-wiſſenſchaften, cap. III.
Bei bauersleuten heiſſet feuerfeſt, wenn die ſchorr-
ſteine nicht geflochten, ſondern von leimenſteinen
gemachet ſind, diſe ſind beſſer, wenn ſie recht tro-
cken ſich befinden, als die backſteine, in betracht
ſie weit leichter fuͤr das gebaͤude ſich aͤuſſern. Im-
mittels ſind die feuerfaͤnge ſo weit zu machen, daß
ein menſch fuͤglich hineinſteigen kan, Kur-Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſcher landesordnung IIIter teil,
cap. 4 ſ. 260. 272 fgg. Mylius im corpore
conſtit. March. P. V. abt. 1 ſ. 267, F. S. Go-
thaiſche landesordnung P. III ſ. 1358. fgg.
§ 1626
feuerfeſtig-
keit gehoͤret.
Es gehoͤret aber zur feuerfeſtigkeit der haͤuſer,
1) daß die ſchorrſteine nicht geflochten, ſondern
von leimen, oder andern ſteinen gemachet ſind;
denn hoͤlzerne feuereſſen ſind nicht zu dulten, in-
dem ſie hoͤchſt gefaͤrlich ſind; ein eiſernes blech
gehoͤret zu einem rauchfang, damit, wenn der ruß
im ſchorrſteine brennet, die vorſchibung diſes ble-
ches demſelben die luft beneme, mithin das feuer
erſticke, Penther § 180 ſ. 22. Ein ſchorrſtein muß
zur foͤrſte des daches, oder deſſen oberſten kante
hinausgehen. Widrigenfalles aͤuſſert es ſich,
daß der meiſtens horizontal ſtreichende wind wi-
der die erhabene teile, die hoͤher als der ſeitwaͤrts
herausgefuͤrte ſchorrſtein ligen, ſtoͤſſet, und von
da zuruͤck entweder ins haus, oder auf die nach-
baren haͤuſer prallet, daß diſe, one mit geraͤuchert
zu
[655]von den unbeweglichen ſachen ꝛc.
zu werden, ein fenſter oͤfnen koͤnnen. Die poli-
cei hat dennoch hirunter, fuͤrnaͤmlich der baͤcker
halben, fuͤr den mißſtand und die nachbaren ſorge
zu tragen. 2) Wo feuer hinkommen kan, muͤſ-
ſen brandmauern aufgefuͤret werden. 3) Darf
das dach nicht mit ſtroh F. H. Caſſeliſche greben-
ordnung tit. 10 § 10 ſ. 26, rore, oder ſchindeln,
ſondern mit zigelſteinen (als das beſte), Leipziger
ſammlungen von wirtſchaftlichen ſachen, 10ter band
ſ. 974, oder ſchiferſteinen gedecket ſeyn, wiewohl
die ſchiferſteine, weil ſie ſpringen, nicht recht feu-
erfeſt ſind, vielweniger die ſchindeln. Kupferne
daͤcher ſind zwar die beſten, allein ſie erfodern ei-
ne gar ſtarke grundlage. Mit bleie ein dach zu
decken, iſt ebenfalls nicht ratſam, anerwogen ſol-
ches ſchwer iſt, und im feuer ſchmelzet, auſſer-
dem die loͤſcher dadurch zum feuer zu kommen be-
hindert werden. Das dachwerk vom rore, von
ſchindeln und ſtrohe iſt gefaͤrlich bei der feuers not.
Die altane von holze ſind nicht zu dulten. Die
miſt-ſtaͤtte duͤrfen an den ſchwellen nicht ligen.
§ 1627
Die handwerks-leute muͤſſen bei dem bauen da-
hin ſehen, daß die kuͤche und werkſtadt feuerfeſt
werde, bevorab wenn ſie im feuer arbeiten. Di-
ſe ſind in den unterirrdiſchen gewoͤlben am
ſicherſten.
§ 1628
Die feuerfeſtigkeit zu bewerkſtelligen, die artwie das be-
ſte des lan-
des und der
untertanen
bei den ge-
baͤuden be-
ſorget wer-
den kan.
und weiſe, wie die untertanen bauen ſollen und
zum gemeinen, auch irem eigenen beſten die ge-
baͤude, die herde, darren, camine, ofenloͤcher,
die ſchloͤtte, ſchmide-eſſen, backoͤfen, brauhaͤuſer,
brantewein-blaſen, ſchweinkoben, privete, waſch-
ſide-faͤrbe-keſſel ꝛc. ſezen, erbauen und verwaren
moͤgen, wie die maurer, zimmerleute, toͤpfer,
auch
[656]XL haubtſtuͤck
auch andre handwerksleute bei vermeidung ernſt-
licher ſtrafe die gebaͤude auf eine unſchaͤdliche wei-
ſe einrichten und auffuͤren ſollen, Kur-Braunſchw.
Luͤneburg. landes-ordnung III, cap. 4 ſ. 266 fg.
iſt eine auf alle faͤlle abgefaſte bau-ordnung, im-
gleichen eine feuer-ordnung unumgaͤnglich noͤtig.
Es muß zum beſſern behufe der bauenden eine bau-
caſſe, eine feuer-caſſe (brand aſſecuration) auf-
gerichtet, wie auch andre fuͤrtraͤgliche anſtalt vor-
gekehret werden. Es iſt alle virtel jare die feuer-
ſchau zu verfuͤgen, und ſind bauverſtaͤndige leute
beſonders deshalber zu beſtellen, F. H. Caſſeli-
ſche greben-ordnung tit. X § 7 ſ. 26 fg, F. S.
Gothaiſche landes-ordnung III teil ſ. 380, My-
lius im corp. conſtit. Marchic. Vter teil Ite abt.
ſ. 267 fg. Breslauiſche feuer-ordnung vom jare
1578, Nuͤrnbergiſche 1698, Wieneriſche 1666,
Wirtenbergiſche 1703, Zwickauiſche 1678, Caſſe-
liſche 1659, 4, Carl Chriſtoph Oelhafen von
Schoͤllenbach diſp. de ſingulari cuſtodiendo-
rum ignium cura et inſpectione, Altorf 1731,
Links diſp. de incendiis,Joh. Fr. Moͤg-
lings diſp. de incendiis et cauſis improuiſis,
Hambergerde incendiis und die Kur-Saͤchſi-
ſche juͤngſte feuer-ordnung, beim Menken im ſy-
ſtemate iuris ciuilis ſ. 1096 fg.
§ 1629
wohleinge-
richtete feu-
er-ordnung
kommet hir-
bei viles an.
Von einer guten feuer-ordnung und deren ge-
nauen befolgung haͤnget viles ab, indem dadurch
viles und groſſes ungluͤck von den untertanen abge-
wendet werden kan. Es iſt in ſelbiger der unter-
tan zu aller vorſichtigkeit bei dem feuer und dem
lichte anzuſtrengen. Bei entſtehender feuers-
brunſt iſt die feuerfolge bei ſtrafe zu befelen, damit
die einwoner des ortes die benachbarten, und un-
rertanen, nach gehoͤreten lermen, rufen der tuͤr-
mer,
[657]von den unbeweglichen ſachen ꝛc.
mer, waͤchter, ſturm-laͤuten- oder ſchlagen, auch
flinten- oder kanonen-ſchuͤſſen, zu dem feuer mit
noͤtigen, auch dinlichen geraͤte, waſſer ꝛc. unver-
zuͤglich herzu, eilen. Zu deſſen behufe muß tuͤch-
tiges feuer-geraͤte an eimern, hacken, leitern,
ſprizen ꝛc ſamt den pferden in beſtaͤndiger bereit-
ſchaft gehalten, behoͤrige leute bei den ſprizen, ei-
mern, hacken, leitern ꝛc. in gezimender ordnung
beſtellet werden, welche ſo wohl die loͤſcher, waſſer-
traͤger und andre arbeiter anfuͤren, als auch die
feuer-wache beſorgen, die eingaͤnge zum feuer be-
ſezen, bei die geretteten ſachen die behoͤrige wache
beſtellen. Die fuhrleute, oder die feuer-laͤufer ha-
ben die ſpritzen, wie auch die waſſer-kufen zum
feuer zu bringen. Ein ieder haus-vater ſoll in ſei-
nem hauſe mit einer, auch zwoen handſprizen ver-
ſehen ſeyn, darnebſt einen waſſer-behaͤlter in ſom-
mer auf dem boden haben ꝛc.
§ 1630
Diſes findet ſeine nuzanwendung an den in dervon andern
loͤſchungs
anſtalten.
ebene gelegenen orten. Jedoch iſt ſowohl an di-
ſen, als auch an bergigten ſtaͤdten und doͤrfern
das bewaͤrteſte mittel, wenn zwo reihen leute
vom waſſer an bis zur brandtſtaͤtte geſtellet werden.
Die eine reihe gibt einer dem andern den geſchoͤpften
ledernen eimer in die haͤnde, die andre hingegen
reichet die leeren eimer wieder an das waſſer.
Bei den brennenden ſchorrſteinen wird entweder
mit einem piſtole in ſelbige geſchoſſen, oder ein
ſchwefel-brand angebracht. Uebrigens erreget ein
ieder brand ſo fort einen wind, welcher nach dem
vorherigen zuge der luft ſich wendet. Ein halbes
maas-ſole, oder ſalz-waſſer loͤſchet ſo vil, als ein
eimer ſchlechten waſſers, wie diſes die erfarung zu
Halle belehret. Wennder bliz einſchlaͤget und zuͤn-
T tdet,
[658]XL haubtſtuͤck
det, alsdann tut die milch, auch miſtſotte, gute
dinſte.
§ 1631
feuerſaͤcke
gut ſind?
Die feuer-ſaͤcke, welche die haus-wirte in be-
reitſchaft haben muͤſſen und den hopfen-ſaͤckẽ gleichen,
dinen zur geſchwinden fortſchaffung des farniſſes.
§ 1632
genſprizen
tun gute
dinſte.
Die ſchlangen-ſprizen tun ſehr gute dinſte. Ein
mit einer ledernen weſte, eiſernem helme und ei-
nem beile verſehener mann, nimmet das eine ende
der ledernen ſchlange mit ſich in das haus, in
welchem das feuer ausgekommen iſt, und machet
ſich mit huͤlfe des beiles plaz. Nimmet das feu-
er uͤberhand, werden die fenſter eingeſchlagen, da-
mit die brand-ſprizen da hinein ſpielen koͤnnen.
Diſes iſt die Londoniſche loͤſch-ordnung. Alberti
brife vom zuſtande der religion in Grosbrittan-
nien I ſ. 42 fg.
§ 1633
groſer feu-
ers-gefar
zu tun iſt?
Bei groſer gefar, wegen zuſammenhangender
haͤuſer iſt die niderreiſſung, oder zuſammenſchuͤſ-
ſung eines gebaͤudes durch die geſtuͤcke erfoderlich.
§ 1634
derne eimer
bequem an-
geſchaffet
werden koͤn-
nen?
Damit aber kein mangel an ledernen eimern
ſey, werden die neu ankommenden buͤrger und ein-
ziher, ingleichen, welche buͤrger, oder meiſter
werden, einen, oder zwene eimer auf das rathaus,
oder an die gemeine zu lifern, ſie muͤſſen auch
wohl hir und da dergleichen zum handwerke ſchaf-
fen, F. H. Caſſeliſche grebenordnung am a. o.
§ 14 ſ. 27, Mylius im corp. conſtit. Marchic.
im Vten bande IIten abt. I fgg.
§ 1635
brand-caſ-
en.
Von den feuer brand-caſſen in den Kur-Saͤch-
ſiſchen-landen ſihe den Menken am a. o. ſ. 1097,
von der Kur-Brandenburgiſchen feuer-caſſe den
Mylius
[659]von den unbeweglichen ſachen ꝛc.
Mylius am a. o. im Vten teile I abt. ſ. 173, 213,
die gedanken von der einrichtung und dem nuzen
der in den fuͤrſtentuͤmern Calonberg, Goͤttingen
zu errichtenden brand aſſecurations-ſocietaͤt, in den
Hannoͤveriſchen gelehrten anzeigen vom jare 1751,
9tes ſtuͤck ſ. 299 fgg. Generale brandgilde und
brandaſſecuranz-caſſe verordnung fuͤr das amt
Segeberg vom 10ten jaͤnner 1741 im corp. conſtit.
regio-Holſat. ſ. 507, vorrede zum VIIten ban-
de der leipziger ſaminlungen von wirtſchaftlichen
ſachen ꝛc. von der Braunſchweig-Wolfenbuͤtteli-
ſchen brandt-verſicherungs-geſellſchaft vom jare
1753 im 10ten bande der leipziger ſammlungen
ſ. 898.
§ 1636
Das eichenholz, welches im gebaͤude nicht ge-welches holz
zum bauen
nicht tau-
get?
rade in die hoͤhe ſteht, ſondern liget (horizontal),
tauget nichts. Buchen-eſchen-eſpen-birken-ha-
ſeln-lindenholz taugen zum bauen nicht, Penther
ſ. 16.
§ 1637
Die gebaͤude haben eine groſe gunſt, wannen-die gebaͤude
haben groſe
gunſt.
her wuͤſte plaͤze zum verbauen gegen billigen preiß
hergegeben, oder vom eigentuͤmer ſelbſt bebauet
werden muͤſſen.
§ 1638
Bei dem bauen muß ein ieder in der geraden li-wie ſie auf-
zufuͤren
ſind?
ni ſeines nachbars hauſes, und nach deſſen hoͤhe
ſein gebaͤude auffuͤren, auch das winkelrecht (in-
terſtitium) zwiſchen zweien benachbarten gebaͤu-
den beobachten. Die policei muß daher alle zim-
merleute und maurer beim antritte ires handwer-
kes vereiden laſſen, daß ſie keinen bau auffuͤren,
wo der geringſte zweifel wegen des nachbars ſich
hervortut, ſondern, daß ſie ſolche der oberkeit ſo
fort anzeigen wollen.
T t 2§ 1639
[660]XL haubtſtuͤck
§ 1639
wird fuͤr ge-
meinſchaft-
lich im
zweifel ge-
achtet.
Der winkel (zwiſchen-raum), wird im zweifel
fuͤr gemeinſchaftlich geachtet, Hildebrandde fini-
bus praediorum,Peter Muͤller diſp. de inter-
ſtitiis. Immittels muß ein ieder, welcher bauen
will, auf ſeinem grund und boden bleiben, und ſei-
nen grund alſo faſſen und legen, daß es ſeinem
nachbar nicht zu nahe ſey, auch keinen ſchaden,
oder nachteil zufuͤge. Der zimmer und mauer-
meiſter muͤſſen bei legung des grundes 1½ ſchuhe
von des nachbars plaze bleiben, damit diſem kein
traufrecht aufgebuͤrdet werde.
§ 1640
bau-holz ge-
faͤllet wer-
den, auch
beſchaffen
ſeyn ſoll?
Zum bauen muß das forſt-amt das bauholz
hergeben, ſiehe das oͤconomiſche lexicon unter dem
worte bauholz. Das holz zum gebaͤuden muß
gefaͤllet werden, wenn es one ſaft iſt, mithin im
winter. So bald der ſaft aus der wurzel wieder
hervorgetreten iſt, findet ſich das bauholz den wuͤr-
mern leichtlich unterworfen, Hanß Carl von
Carlowiz in der anweiſung zur wilden baum-
zucht, ſ. 248 fg. im IIten teile cap. VIII § 13. Es
muß ſolches nicht zu ſchwach, auch nicht zu ſtark
ſeyn. Man hat nicht minder dabei gar wohl
darauf zu ſehen, was fuͤr holz zum baue zu erwaͤ-
len und nuͤzlich ſey. Denn es iſt die beſchaffen-
heit des holzes gar ſehr unterſchiden. Zu den po-
ſten nimmt man eichenholz; iedoch iſt zwiſchen der
eis-eiche und der andern beim bauen ein merkli-
cher unterſchid; zu demjenigen gebaͤlke, das tro-
cken ſtehet, inſonderheit den traͤgern, oder donen,
iſt das tannenholz gut; in betracht ſich eine tanne
zwar biget, wenn ſie aber trocken wird, hebet ſie
ſich wider und traͤget weit beſſer. Das buͤchen-
holz, wenn es im waſſer ſtehet, iſt ganz gut; im
wetter hingegen tauget es nicht. Aſpen iſt eben-
falls
[661]von den unbeweglichen ſachen ꝛc.
falls gut, wo es trocken liget; allein im naſſen nu-
zet es nichts. F. H. Caſſeliſche verordnung die er-
haltung des in Heſſiſchen fuͤrſtentuͤmern und lan-
den ꝛc. zum bauen brauchbaren eichenholzes.
§ 1641
Das bauholz von hohen bergen, welches gewelches
bau-holz fuͤr
das beſte ge-
halten
wird?
gen morgen, oder mitternacht gewachſen iſt, wird
fuͤr das deſte gehalten, oͤconomiſches lexicon am a.
o. und Krebsde ligno et lapide.
§ 1642
Ein haus hat groſe ſicherheit, und darf nimanddie haͤuſer
ſind befri-
det.
den andern darin angreifen, noch beeintraͤchtigen,
wenn er nicht einen hausfridensbruch begehen will.
Es wird diſer ſchwer beſtrafet, geſtalt dann ſich
auch derjenige, welcher angegriffen wird, eigen-
maͤchtiger weiſe ungeſtraft vertaidigen kan (1046),
von Caſſel ſihe den Kuchenbecker in den annal.
Haſſ. Coll. IIII ſ. 263, von der ſtadt Franken-
berg Coll. V ſ. 155, Bayers diſp. de violatione
ſecuritatis domeſticae; H. Heinrich Julius zu
Braunſchweig burg- und hausfride vom 25 maͤrz
1592, in den privilegien, ſtatuten ꝛc. der Heinrichſtadt
von jare 1602, 4t. des fuͤrſtlichen hauſes Sach-
ſen Erneſtiniſcher lini duell-mandat § 3, in den fer-
nern beifugen zur S. Gothaiſchen landes-ordnung,
Oſtfriſiſches landrecht, im erſten buche, cap. 55,
cap. 95.
§ 1643
Im ſpruͤchworte heiſſet es: eigen herd, iſt gel-die ſpruͤch-
woͤrter von
haͤuſern.
tes wert, das iſt, in anſehung des vermitens,
weil der mitmann auszihen muß. In abſicht auf
die ſicherheit bei einem unterpfande, ſaget man:
ein haus ein brandt. Derowegen die brandtſtaͤt-
te allemal mit verpfaͤndet iſt, Hert Vol.II T. III
ſ. 432, 433, Piſtorius cent. 1 par. 45, cent. IIII
par. 78. Ein nachbar iſt dem andern einen brandt
T t 3ſchul-
[662]XL haubtſtuͤck
ſchuldig, es waͤre dann deſſen nachlaͤßigkeit ſchuld
daran, Piſtotius cent. V par. 31 ſ. 335.
§ 1644
baͤuden in
den ſtaͤdten
und den daͤ-
chern uͤber
kramladen.
In den ſtaͤdten darf zur ſchmaͤlerung der ſtraſ-
ſen nicht gebauet werden, wie dann auch die kraͤ-
mer an ire laͤden keine daͤcher, oder plauen bauen
duͤrfen, weilen dadurch der laden verdunkelt wird,
und man die faden benebſt den farben der tuͤcher ꝛc.
nicht recht ſehen kan, folglich ein kram-laden am
dunkelen orte verboten iſt, R. reformation guter
policei vom jare 1548 tit. 21 § 4, Reichspolicei-
ordn. 1577 tit. 21 § 6.
§ 1645.
laͤſten,
Die in den ſtaͤdten befindliche koſtbare gebaͤu-
de heiſen, palaͤſte. Palaz (palz) bedeutet bei
den Franken ein koͤnigliches gebaͤude, daher die
rathaͤuſer an einigen orten palzen genennet werden,
wie z. e. zu Strasburg. Man nennet auch die
fuͤrſtlichen haͤuſer palaͤſte, Fritſchde palatiis
T. I P. I fg. Ockelde palatio regio, II F. 56
werden die palatia fuͤr regalia geachtet.
§ 1646
landgebaͤu-
de ſind zu
widerraten.
Koſtbare landgebaͤude ſind von privatperſonen
nicht anzulegen, immaſen ſolche oͤfters ſo vil zu
unterhalten koſten, als das gut eintraͤget. Man
hat daher das ſpruͤchwort: das haus ſoll man ſtuͤ-
zen, und das gelt mittlerweil nuͤzen. Denn die
guͤter muͤſſen ſich ſelbſt vertaidigen, Piſtorius
cent. 8 par. 92; wer bauet, findet gelt; inglei-
chen, wer will in das arme geſchlechte, der mau-
re, baue vil und rechte. Ferner, wer an den
weg bauet, hat vil tadler, Piſtorius cent. III par.
13-15. Ein meres vom bau-rechte wird in haubt-
ſtuͤcke vom eigentume beigebracht werden.
§ 1647
[663]von den unbeweglichen ſachen ꝛc.
§ 1647
Zur verwarung der baumaterialien hat man in
den ſtaͤdten, feſtungen, bei den zeughaͤuſern, auch
in den haͤfen ꝛc. die bauhoͤfe, oder zimmerhoͤfe noͤ-
tig, Penther ſ. 35 des Iten teiles der baukunſt.
Ein und virzigſtes haubtſtuͤck
von der ſtadt- und dorf-flure
(gemarkung.)
§ 1648
Das wort flur wird in verſchidener bedeutung
genommen. Im weitlaͤuftigen verſtande
begreifet ſelbige den bezirk derer ligenden gruͤnde,
welche zu einer ſtadt- oder einem dorfe gehoͤren; es
moͤgen ſolche in buͤſchen, waͤldern, triften, gaͤrten,
wiſen, weinbergen, aͤckern, angern, und andern
feldguͤtern beſtehen, Fritſch in den zuſaͤzen zu Be-
ſoldstheſauro practico,von Juſti in der ſtats-
wirtſchaft I, ſ. 462. Daher kommet die ſtadt-
und dorf-flur, das flurrecht. Sotane flur wird
ieweilen, z. e. in Sachſen, weichbild, ſtadtrecht,
im Reiche: grenzen, terminei, markung ꝛc. benen-
net, Hartmannde etymologia vocis: weich-
bild, Kiel 1735, 4. Die flur der ſtadt Aachen
und deren doͤrfer heiſſet das reich, von Ludolf
T. III obſ. forenſ. ſ. 454 im anhange, tue hinzu
des herrn hofrat Buders progr. vom worte:
Reich. zu Crove heiſſet das gebit im Zweibruͤcki-
ſchen das Reich, z. e. ſchoͤffen weistume von 1350
uͤber das Croͤver Reich. Im engern verſtande
wird das wort flur einiger orten, beſonders in
Thuͤringen, Sachſen ꝛc. fuͤr einen teil der mar-
kung genommen, inmaßen man die fruchtbaren
T t 4laͤn-
[664]XLI haubtſtuͤck
laͤndereien nach der ſaat in den feldern in die win-
ter-ſommer-flur, oder felder, und das brachfeld
einteilet, Johann Oettingerde iure et con-
trouerſ. limitum im Iten buche, cap. 8, num.
8, 9. ſ. 86, **, Fritſch vom flurrechte. In hi-
ſigen Ober-Heſſiſchen landen iſt das wort flur den
gemeinen leuten unbekant. Es heiſſet des winter-
ſommer- und brachfeld; ſo weit gehet der ſtadt
Marburg gemarkung: hir faͤnget des dorfes Gi-
ſelberg grenze an. Sie ſagen auch diſtrict, oder
terminei.
§ 1649
ſind behoͤ-
rig zu be-
richtigen.
Ein iedes dorf und iede ſtadt muß iren bezirk
berichtigen und von malen zu malen beſchreiben.
Diſe beſchreibung wird in ein buch eingetragen,
und heiſſet das flur-buch, das lager-markungs-
buch. Vorn iſt ein genauer geometriſcher abriß
von der ganzen terminei vorzuſezen. Von deſſen
fertigung ſihe das oͤconomiſche lexicon, den En-
gau in verſchidenen einladungsſchriften von den
grenz-lager-buͤchern ꝛc. des Eſtors vorrede zum
IIIIten teile der ſtats- und reiſe geographie § 41,
des Johann Jodoc Becks abhandelung vom
rechte der grenzen und markſteine, 1739, 4, des
H. R. Ayrers abhandelung de praeſcriptione
limitum, 4, den Stierde iure et controuer-
ſiis limitum, den Tileſiusde iure limitis in
aquis conſtituti, 4, des von Juſti ſtatswirt-
ſchaft II, ſ. 302. Die gemeine art iſt diſe: acker —
garten — wiſen — beſizer — guͤte — lehn — erbe — or-
dentliche ſteuern — auſſerordentliche ſteuern — andre
beſchwerungen von Seckendorf im fuͤrſtenſtate, in
den zuſaͤzen, cap. II § 10.
§ 1650
ge.
Die ſtadt- und dorf-flur wird durch die ober-
keit und in gegenwart der angrenzenden berichti-
get,
[665]von der ſtadt- und dorf-flure ꝛc.
get, darnebſt jaͤrlich durch eine flur- oder grenzbe-
zihung begangen. Bei diſer muß iemand von
oberkeitswegen gegenwaͤrtig ſeyn, Fritſchde di-
ſtrictu vniuerſitatis agrorum ciuitatis vel pagi,
F. S. Gothaiſche landes-ordnung im IIten teile,
cap. 3 tit. 25, Hohenlohiſches landrecht im IIIten
teile, tit. 20, F. H. Caſſeliſche greben ordnung
tit. 40, Hildebrandde viſitatione finium pro-
vinc. cap. III.
§ 1651
Diejenige perſonen, welche von der oberkeitund flur-
ſchuͤzen.
als aufſeher uͤber die fluren und felder beſtellet
werden, damit kein ſchade darin an den feld- und
garten-fruͤchten, am graſe, und holze, in wein-
bergen, flur auch grenzſteinen, durch menſchen
und vihe zugefuͤget werde, heiſſen flur-feld-ſchuͤzen,
wein-feld-huͤter, feldſtuzler, flur-acker-wiſen-voͤg-
te, wirtenbergiſches landrecht im IIteile cap. 3 tit.
27 (Sihe oben § 444).
§ 1652
Die grenzen ſind entweder von der natur, z. e.die grenzen
ſind man-
cherley,
durch baͤche, klippen, fluͤſſe ꝛc., oder durch kunſt
beſtimmet, das leztere geſchihet durch kreuze, ma-
le, baͤume, lochbaͤume, aufwuͤrfe, graben, am
beſten aber iſt es durch ſteine getan, von Piſto-
rius in den amoenitat. II, 485, Krebsde li-
gno et lapide P. II claſſ. 6 ſect. 4 und Strik im
vſu moderno π. lib. X tit. I § 5 benimmet de-
ren 51 gattungen. Die abbildung des Roͤmi-
ſchen goͤzen termini legen Schramm in der Saxo-
nia monumentis viarum illuſtrata, ſ. 8. und
Ayrer am a. o. dar. Auſſer den ſteinen und baͤ-
chen werden in Heſſen keine grenz-zeichen gedultet;
in betracht die anderen der zeit und vergaͤnglichkeit
zu vil unterworfen ſind. Zwiſchen H. Caſſel und
H. darmſtadt ſind die grenzen erneuert und wer-
T t 5den
[666]XLI haubtſtuͤck
den izt lauter groſe grenzſteine geſezet. Derglei-
chen geſchihet auch dermalen zwiſchen Kur-Mainz
und H. Caſſel. Diſe haben groſe grenzſteine, laͤu-
fer und hute-ſteine belibet. Die landgrenzen wer-
den erſtlich von beiderſeitigen hirzu ernenneten com-
miſſarien beſehen. Die beamten und die darzu be-
feligte untertanen, welche die beſte wiſſenſchaft da-
von haben, ſind dabei zugegen. Ein hirzu verei-
deter landmeſſer bringet die gegend in einen abriß.
Man beſtimmet 3 farben, die eine enthaͤlt z. e. das
unſtreitig Mainziſche, die andre das ungezweifelte
Heſſiſche, die dritte farbe zwiſchen den gedachten
farben ſtellet die ſtreitige grenzen vor. Eſtors
vorrede am a. o. § 3. Beſage des Oſtfriſiſchen
landrechtes IIten buche cap. 269 heiſſet die mar-
kung zwener aͤcker, haͤuſer ꝛc. dole und ſwette
und die zeichen, oder male, womit ſelbige bemer-
ket wird, ſwett-ſloot, ſwett-ſchott, ſwes-pael ꝛc,
Dr. von Wicht ꝛc. in den anmerkungen uͤber be-
ſagtes land-recht ſ. 585.
§ 1653
ſteine ſind
nnverlezli-
che ſachen,
Die grenzſteine werden unter die unverlezlichen
ſachen gerechnet, Lobecks diſp. de iure lapidum
terminaliumJacob Brunnemanns diſp. de iu-
re limitum prouincialium. Die peinliche hals-
gerichts-ordnung kaiſer Carls des Vten art. 114,
ſezet eine leibesſtrafe auf die verruͤckung der grenz-
ſteine. Die alten Teutſchen gruben den boͤsli-
chen verrucker in die erde bis an den hals und
ackerten ihn mit dem pfluge zu todte, von Leyſer
ſpecim. 558 ſ. 419, VIII bande.
§ 1654
tungen.
Es ſind aber noch verſchidene andre dergleichen
markſteine bekannt, z. e. die land- oder grenz-ſteine,
amt-gerichts-bann-geleits-jagt-forſt-zehnt-freiungs-
weide- und trift-wegebau-meilen-waſſer-ſteine ꝛc.
Hilde-
[667]von der ſtadt- und dorf-flure ꝛc.
Hildebrands diſp. de diuerſitate lapidum final.
cap. I § 5.
§ 1655
Bei den grenzſtreitigkeiten hat ein ieder einendei grenz-
ſtreitigkei-
ten ſind ab-
riſſe zu den
acten zu
bringen.
abriß zu den acten zu bringen, beſage des Reichs-
abſchides vom jare 1654 § 51.
§ 1656
In dem dorf- oder ſtadt-banne, (gemarkung)
befinden ſich gaͤrten, aͤcker, wiſen, weinberge,
hopfen-berge ꝛc. wovon nunmehr zu handeln ſeyn
will.
Von den gaͤrten.
§ 1658
Nach den gebaͤuden und das naͤchſte bei ſelbigen,
ſind meiſtens die gaͤrten, deren beſchreibungen
und einteilungen bereits oben bemerket worden ſind.
(§ 694, 695). Der garten iſt ein mit beſonderm
fleiſe angelegter plaz, in welchem ſowol allerhand
pflanzen und gewaͤchſe zum nuzen und unterhalte
des menſchens, als auch verſchidene andre einrich-
tungen gemachet werden, die zur ergoͤzlichkeit und
aufmunterung des gemuͤtes dinen, Penther ſ. 76
am a. o. Es koͤnnen zwar die gaͤrten mit mau-
ren, planken, oder zaͤunen umgeben werden, ie-
doch iſt diſes eben nicht weſentlich, ſondern es kom-
met auf die orte an, welchen garten recht zuſtehet,
wohin kein hirte das gemeine vih treiben darf, be-
vorab wenn ſie umzaͤumet, oder zu gemachet ſind,
F. H. Caſſeliſche grebenordnung tit. 45 § 8 ſ. 114,
Fritſchde iure hortorum § 15. Es iſt daher
die regel, daß ein ieder ſeinen garten verzaͤunen
koͤnne, nur daß er dem nachbar nicht zu nahe kom-
me, greben-ordn. tit. 6 § 8. Denn wo der
nachbar einen acker daran haͤtte, den er pfluͤget;
muß diſem das pflug-recht bleiben, das iſt, daß
ein
[668]XLI haubtſtuͤck
ein ochs oder pferd, das den pflug mit zihet in der
furche, one daß es der zaun behindert, gehen
koͤnne. Die untertanen ſind zu anlegung der le-
bendigen zaͤune anzuſtrengen, Fritſch am a. o. §
18, H. Caſſeliſche greben-ordn. tit. 20 § 8 ſ. 47,
um das planken-holz zuerſparen, oͤconomiſche nach-
richten Vter band ſ. 329, oͤconomiſche ſammlun-
gen aus den breslauer natur- und kunſt-geſchich-
ten Leipzig 1750, 8v, ſ. 492 fgg.
§ 1659
tung der ge-
meinen zaͤu-
ne.
Iſt der zaun gemein, kan der andre zu deſſen
machung angehalten werden, wer planken, oder
zaunpfaͤle ſtilet, wie auch die hecken verwuͤſtet,
verbrennet oder aufreiſet, iſt mit ſchwerer ſtrafe
anzuſehen. F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit.
13 § 3 ſ. 34. Wem indeſſen der hagen gehoͤret,
dem iſt auch der graben.
§ 1660
Der kraut-gemuͤß-garten auch obſt-garten-bau,
iſt ſowohl dem bauer, als auch dem buͤrger noͤtig
und nuͤzlich, daher die untertanen dazu angehal-
ten werden moͤgen. Fritſch am a. o. § XI. Es
ſollen darnebſt die kinder zum garten ausſtellen,
anzihen und warten der baͤume angehalten, und
deſſen in zeiten kundig gemachet werden, F. H.
Caſſeliſche greben-ordnung, tit. 13 § 6 ſ. 34.
§ 1661
nen ſind zu
anlegung
der lebendi-
gen zaͤune
anzuhalten.
Die oberkeit hat die untertanen anzuweiſen,
daß ſie lebendige haͤcken um die gaͤrten zihen, und
hirzu rotbuchen, heimbuchen, weisdorn, auch
creuzdorn, rheinweiden oder haͤckenholz nemen,
damit ſelbige nicht die jungen baͤume im fruͤhjare
aus dem walde entwenden, und ire zaͤune damit
machen duͤrfen, welche ſie alsdann im winter zu
verbrennen pflegen, Hartenfels im gartenſale
IIten teile ſ. 166, iedoch ſind die Johannes- und
ſtachel-
[669]von der ſtadt- und dorf-flure.
ſtachel-bere wegen der fruͤchte nicht uͤberall anzu-
bringen; in betracht ſie zu zerreiſung der zaͤune an-
las geben. Entweder der weisdorn, creuzdorn,
oder die ſtechpalmen aus reiſern, oder beeren gezo-
gen, oder der Franzoͤſiſche genſter, oder die holz-
aͤpfel, geben die beſten haͤcken, oder zaͤune, Mil-
lers gaͤrtner-lexicon II ſ. 522. Es iſt aber der
zaun eine aus holz beſtehende einfaſſung eines gar-
tens (einer wiſe, eines ackers, oder weinberges)
fuͤr den anlauf. Diß heiſſet den garten verfriden,
von Rohr im haushaltung-rechte, Vten buche
C. I. § 6, von den ſtechpalmen nach deren anmut,
eigenſchaften und nuzbarkeit ſihe die oͤconomiſch-
phyſicaliſche abhandlungen 4ten teil, Leipzig 1752,
8, ſ. 864 fgg.
§ 1662
Um Michaelis duͤrfen die lebendigen haͤckenſie duͤrfen
um Michae-
lis ſelbige
nicht aus-
reiſſen.
und zaͤune nicht ausgeriſſen werden, fremde ſchafe,
rindvih und pferde ſind nicht darein zu treiben,
widrigenfalls ſolches mit einer ſcharfen geltbuße,
oder gefaͤngniß anzuſehen iſt, Krebs am a. o.
ſ. 108.
§ 1663
Fremde thire, welche mir in meinem gartenvom zuge-
fuͤgten ſcha-
den der
thire.
ſchaden thun, als die ſchweine, gaͤnſe, pferde ꝛc.
kan ich pfaͤnden. Was ſich nicht pfaͤnden laſſen
will, kan ich hezen. Beiſſet es der hund todt, ſo
iſt es alsdann bezalet. Joh. Heinr. von Berger
in der Oeconomia iuris lib. II tit. II § 26 not. 9
ſ. 273, Bened. CarpzovP. II conſt. XXVII
def. 1 n. 5, und allda Goswin von Esbach,
Joh. Brunnemann im commentar. ad π. lib.
VIIII tit. 1 lege 4 n. 3 ſ. 405. Ob man aber
z. e. die huͤner und tauben todt ſchuͤßen koͤnne?
ſolches will gedachter Brunnemann anderſt nicht
verſtatten, als wenn der ſchade dem wehrte des
thires
[670]XLI haubtſtuͤck
thires gleichet, der Thomas Merkelbachconſ.
XXX n. 4 ſ. 569 T. I conſilior. des Klocks
gehet ſo weit, daß man das ſchadende wildpret
todtſchuͤßen moͤge.
§ 1664
erſezung,
Thut mein vih ſchaden in eines andern garten,
welcher ſeinen zaun nicht verwaret hat, ſo hat er
ſich den ſchaden beizumeſſen, Fritſch am a. o.
§ 35, 36.
§ 1665
ſachen ſind
nicht zu ge-
brauchen
wider das
vih.
Vergiftete ſachen zu ſtellen, ſind nicht in garten
erlaubt. Selbſtgeſchuͤſſe wider die garten-dibe
zu legen, iſt nicht vergoͤnnet, obgleich fußangeln
nicht verboten ſind, Fritſch § 37-42.
§ 1666
garten-di-
ben und de-
ten ſtrafen
Garten-dibe ſind nach befinden mit tragung
der geige, ſtellung an das halseiſen, mit dem
zuchthauſe, der thurm- oder geld-ſtrafe, landes-
verweiſung zu belegen. F. H. Caſſeliſche greben-
ordnung tit. 13 § 1 ſ. 33, baumpflanz-ordnung §
20, 21, F. H. Caſſeliſches garten-edict vom jare
1688, 1702, 1723, Kur-Braunſchweig-Luͤnebur-
giſcher landes-ordnungen IIter teil ſ. 695, ſ. 795,
oder man ſchnellet ſie in einem korbe, Kur-Pfaͤl-
ziſche malefiz-ordnung tit. 54 ſ. 563, Stiſſer am
a. o. cap. III abt. I § 16, 17, ſ. 77, 78, Krebs
am o. o. P. I claſſe 4 Sect. 3 § 3 ſ. 105. Es iſt
nicht minder billig, daß die vermoͤgende aͤltern
dißfals fuͤr ire kinder, welche ſich in dergleichen
garten-diberei betreten laſſen, wofern man das
geringſte nachſehen deshalber bei ihnen verſpuͤret,
oder ſie ire kinder davon nicht abgemanet haben,
ſtehen, und die nach geſtalt des verbrechens auf-
gelegte geltſtrafe abtragen, Krebs am a. o. ſ. 107,
Fritſch am a. o. § 38, 39, 40.
§ 1667
[671]von der ſtadt- und dorf-flure.
§ 1667
Unter die garten-dibe und freveler gehoͤren nichtwelche leute
fuͤr garten-
dibe und
freveler zu
halten ſind?
allein diejenige, welche das obſt und garten-ge-
waͤchſe z. e. kraut, ruͤben ꝛc. dibiſcher weiſe ent-
wenden, ſondern auch diejenige, welche die darin
angepflanzten baͤume entfremden, die garten-haͤu-
ſer erbrechen, zaͤune wegtragen, und ſonſt beſchaͤ-
digen, Stiſſer am a. o. cap. III abt. I § 16 ſ. 77.
Julius Caͤſar Ruginellide arboribus contro-
verſis, cap XV ſ. 190 haͤlt ſich nur mit Roͤmi-
ſchen ſachen auf.
§ 1668
Immittels erfodern die obſt- oder baum- undwas die
obſt- und
andre gaͤr-
ten erfo-
dern?
kuͤchen-gaͤrten einen guten boden, tuͤchtige und
dem lande zutraͤgliche duͤngung, noͤtiges waſſer,
eine warme gegend, und verwarung fuͤr den kal-
ten nordwinden, auch dem anlaufe und den diben,
Hartenfels am a. o. IIten teile, wo er auch von
den garten-buͤchern handelt. Thue hinzu Heinr.
Heſſens garten-luſt cap. I und II. Die garten-
inſtrumente haben das oͤconomiſche lexicon ſ. 878
fgg. und Richardts land- und garten-ſchaz.
§ 1669
Zu erhaltung der obſt-gaͤrten, und obſtbaͤumevon den
baumſchu-
len.
ſind die baumſchulen fuͤrtraͤglich, zu deren anle-
gung haͤlt eine gute policei die untertanen teils
durch ſtrafen, teils durch beſondere vorteile an,
wie unten bei den baͤumen und baumpflanzſchulen
gezeiget werden ſoll.
1670
Ein luſtgarten muß nicht lauter kunſt, ſonderndie erfoder-
niſſe eines
luſtgartens.
auch natur haben. Daher hat man ſich an den Hol-
laͤndiſchen gleich ſatt geſehen, und an den Franzoͤ-
ſiſchen gaͤrten des koͤniges iſt eben diſer feler. Die
Italieniſche ſind hierin die angenemſten, nur felet
es in den gaͤngen an groben ſande. Unterdeſſen
treiben
[672]XLI haubtſtuͤck
treiben die Hollaͤndiſchen Bloemiſten einen ſtarken
handel, inſonderheit mit hyacinthen, tulipanen,
anemonen, ranunkeln, der fritillaria, iris anglica
bolboſa, martagons, corona imperialis, dem col-
chicum, crocus, cyclamen, tros-narciſſen, jon-
quilles ꝛc. Die policei ſorget, daß dergleichen im
lande gezogen und das gelt nicht verſchleppet wer-
de. Zu Carlsruhe hat man dergleichen alle. Und
was allda angehet, laͤſſet ſich anderswo nachah-
men. Sihe indeſſen Johann Jac. Schuͤblers
neu-inventirte perrons- und garten-proſpecte fol.,
wie auch deſſelben neue verſuche von kleinen luſt-
haͤuſern, vogelbauern und unterſchidlichen aufſaͤ-
zen und garten-werke, 1732 fol. Die abbildung
des luſtſchloſſes Charlottenburg, nebſt dahinter
gelegenen luſtgarten, fol., in 17 abriſſen. Joh.
Fr. LeopoldsXXV auserleſene garten-abriſſe
fol., Joh. David Fuͤlckens neue garten-luſt in
77 kupfer-ſtichen, fol.
§ 1671
erfodern vi-
le muͤhe.
deren fruͤch-
te ſind un-
terſchidlich.
Das ſpruͤchwort heiſſet: garten-werk, warten-
werk, das iſt, die gaͤrten muͤſſen in acht genom-
men, darnebſt muß die zeit erwartet werden, bis
ſie etwas hervorbringen und abwerfen. Sie tra-
gen teils natuͤrliche fruͤchte, teils muß der fleis das
mereſte, und die natur das wenigſte tun, in wel-
chem falle die fruͤchte induſtriales benennet werden.
Die natuͤrliche fruͤchte ſind diejenige, wo der
menſchliche fleis das wenigſte, hingegen die natur
das meiſte tut, Hert in paroem. iuris Germanici
lib. I par. 58, Piſtorius cent. 8 par. 84 ſ. 784,
Mollenbecks diſp. de iure hortorum, und die
abhandlung vom garten-rechte, nebſt einer inſtru-
ction fuͤr hof und gaͤrtner.
§ 1672
[673]von der ſtadt- und dorf-flure.
§ 1672
Die felder und fluren koͤnnen nicht iederzeitman kan
nicht alle-
zeit nach ge-
fallen gaͤr-
ten anlegen.
nach eigenem gefallen zu gaͤrten gemachet werden,
Naſſau-Cazenellenbogiſche landes-ordnung im
IIten teile cap. 9 num. 17 ſ. 101, bevorab wenn
ein anderer die jagt, oder hut und trift darauf
hergebracht hat, Leiſſer im iure georgico III,
19, 15, Hohenloiſche forſt-ordn. tit. 2, gleichwie
man die haͤuſer nicht allezeit niderreiſen, und gaͤr-
ten daraus machen darf, Klockde aerario, II,
18, 3, von Rohr im haushaltungs-rechte ſ. 569.
Will ich aus meinem acker einen umzaͤuneten gar-
ten machen; ſo muß ich dem anlaͤger ſo vil am
plaze ligen laſſen, damit er das hergebrachte pflug-
recht behalte.
§ 1673
Aus einem garten kan ich wohl eine wiſe ma-von anle-
gung der
gaͤrten.
chen, dargegen moͤgen auf den feldern und plaͤzen,
welche nicht garten-recht haben, garten-fruͤchte ge-
bauet werden, Fritſch § XXVI ſ. 20.
§ 1674
Wenn der andre in ſeinem hauſe ein ſecretdie ſecrete
duͤrfen nicht
an der nach-
baren gaͤr-
ten angele-
get werden.
bauet, welches in meinem garten einen geſtank
verurſachet, iſt er ſolches wegzuſchaffen verbunden,
ſihe meine diſp. de abuſu rerum merae facultatis.
§ 1675
Die landesgeſaͤze verbiten hir und da, daß ni-in die gar-
ten-haͤuſer
koͤnnen
nicht aller
orten frem-
de geſezet
werden.
mandt in die gartenhaͤuſer one vorbewuſt der ober-
keit geſezet werden ſoll, der nicht das buͤrger- oder
nachbar-recht des ortes hat, F. S. Gothaiſche
landes-ordnung im IIten teile cap. III tit. 27, Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſche landes-ordnungen
IIIter teil cap. 4 ſ. 725.
§ 1676
Der dibſtal in garten-haͤuſern wird gleich einemdie ſtrafe in
den garten-
haͤuſern.
andern beſtrafet. Sihe uͤbrigens des Frid.
U uSchra-
[674]XLI haubtſtuͤck
Schragens probeſchrift de iure hortenſi, Stras-
burg 1697, 4, und G. T. Geislers diſp. de iure
hortenſi, daſelbſt 1698, 4.
§ 1677
Merere ſchriften vom garten-bau und beſondern
plantagen machet Herr H. R. Zink in der kame-
raliſten bibliothek ſ. 248 fgg. namhaft.
Von den weinbergen.
§ 1678
weinberg
iſt?
Der weinberg (wingert) heiſſet ein fruchtba-
res ſtuͤck landes, oder ein berg, welcher mit wein-
reben bepflanzet iſt.
§ 1679
boden be-
ſchaffen ſeyn
muß?
Der boden darf nicht naß, noch leimig ſeyn,
ſondern mit ſand und leimen vermiſchet, iedoch iſt
das trockene mit groben kiſſe vermiſchte erdreich
das beſte. Der Moſeler wein waͤchſet auf den
ſchifern, oder einem boden, der aus ſchiferſteinen
beſtehet, dergleichen man in der naͤhe bei Gladen-
bach und Dautphe findet. Samuel Trowells
anleitung fuͤr einen landmann, vermehret durch
Wilhelm Ellis, Leipzig 1750, 8, ſ. 230 fgg.
§ 1680
deſſen lage.
Der berg, oder huͤgel iſt beſſer, als die ebene
zu dem weinwachſe, deshalber hat der bergwein
bei Ruͤdesheim ein groſes feuer bei ſich. Die un-
terhalb Landau am gebuͤrge wachſende weine, als
zu Rod, Weiher, Edickhoben, Neuſtadt, Mos-
bach, Hambach, Kinsbach, Gimeldingen, Forſt,
Deidesheim ꝛc. ſind fluͤchtig und ſubtil; iedoch
haben ſie ein dickes, ſaures, irdiſches ſalz, Baͤum-
ler ſ. 411. Der weinberg muß gegen mittag li-
gen, damit er den ganzen tag die ſonne habe.
Deswegen tanget es nichts einen weinberg an ei-
nem
[675]von der ſtadt- und dorf-flure.
nem walde, oder in einem tale anzulegen; bevorab
da er im erſten falle vom wilde und den voͤgeln vil
leiden muß.
§ 1681
Wo der feldbau noͤtig iſt, wird one erlaubnißdie aͤcker
duͤrfen nicht
allezeit in
weinberge
verwandelt
werden.
der oberkeit nicht verſtattet, die aͤcker in weinber-
ge zu verwandeln. Wirtenbergiſche landesordn.
tit. wie fuͤrohin neue weingaͤrten gereutet werden
ſollen, § 1, 2, Frankfurtiſche reformation Xter teil
tit. 7, Stiſſer am a. o. cap. III abt. 3 § 2 ſ. 89.
§ 1682
Von den weinbergen und dem weinbaue, auchſchriften
vom wein-
baue.
deſſen nuzbarkeit ſihe die oͤconomiſchen nachrichten
im VIten bande ſ. 547, ſ. 600, das oͤconomiſche
lexicon unter diſen worten, Stiſſer am a. o. § 3
ſ. 89 fgg., des von Rohr in des Ernſt Abra-
ham von Dehn herausgegebenen weinbaue, die
vermiſchte oͤconomiſche ſammlungen aus den Bres-
lauer natur- und kunſt-geſchichten, cap. X ſ. 681 fgg.
§ 1683
Immittels hat man hirbei auf verſchidenewem die
weinleſe ge-
hoͤret bei
den lehnguͤ-
tern?
rechtspuncten zu ſehen. Diſemnach gehoͤret 1)
des vaſallen land- oder eigens-erben die weinleſe,
wenn er nach Urbans-tage, oder den 25ten mai
verſtirbet, oder nach fuͤrſchrift der Langobardi-
ſchen rechte, wofern er zwiſchen dem 1ſten maͤrz
und dem ſeptember das zeitliche geſegnet, Boͤh-
merde iuribus diuerſis ex diuerſitate climatum
natis § 21 fgg. ſ. 296 fgg. t. 1 der exercitationum
ad π. Hirnaͤchſt darf 2) ein vaſall zum nach-
teile des lehnfolgers einen weinberg nicht eingehen
laſſen. 3) Wer einen weinberg mit neuen holz
und ſtoͤcken verbeſſert, deſſen landerben fodern mit
recht die bezalung nach der anzal der ſtoͤcke, die
ihr erblaſſer eingeleget hat, iedoch nicht wie ſie ſich
itzt befinden. 4) Wer einen weinberg gepachtet,
U u 2gleich-
[676]XLI haubtſtuͤck
gleichwol deſſen winzer etwas darin verwarloſet
hat, muß den ſchaden entgelten. 5) Bei un-
fruchtbaren jaren, oder krigeslaͤuften, dadurch der
weinberg veroͤdet wird, zalet der pachter kein pacht-
gelt. 6) Werden die weinpfaͤle fuͤr bewegliches
gut gehalten. In die weinberge duͤrfen 7) die
hirten und ſchaͤfer nicht huͤten, Struvede iure
vinearum,Frommanns diſp. de iure vinea-
rum. Iſt 8) vermoͤge der reformation guter
policei 1577 nicht verſtattet: die trauben am ſtocke
uͤberhaubt zu verkaufen. Die Kur-Saͤchſiſche
von 1588, und die Kur-Brandenburgiſche wein-
gebuͤrgs-ordnungen von 1617 ſtehen im allgemei-
vom wein-
zehnten.nen haushaltungs-lexico t. III ſ. 689-695. Daß
der weinzehnte nach geaichtem maſe zu nemen ſey,
hat Krebs im anhange quaeſt. 13 ſ. 86-95 be-
haubtet. Zur ſchmaͤlerung und zum nachteile des
weinzehntens iſt nicht zu verſtatten, daß die wein-
trauben vor der zeit ausgeſchnitten, und auf den
maͤrkten verkaufet werden, Brandenburg-Bai-
reutiſche zehnt-ordnung vom jare 1666. Von
dem weinbaue handeln auch Zwinger im theatro
botanico, ſ. 295 fg. und Dan. Rhagorius im
pflanz-garten, auch Phil. Jac. Sachs von Le-
wenhaimb in der ampelographia. Von den
betruͤgereien der winzer handeln Hoͤnn ſ. 104 im
fortgeſezten betrugs-lexico, und Joh. Paul Knoll
in der vinicultura; zu der aufbewarung der fri-
ſchen trauben vom herbſte bis wieder in den au-
guſt-monat dinen kleine kammern gegen mitter-
nacht, wozu weder die aͤuſſere luft noch des tages
licht hinzu kommen darf. Die trauben werden
uͤber ſchmale ſtoͤcken geleget, und wo ja eine bere
faulet, wird ſie abgenommen, KeyslerT. II der
reiſen ſ. 546.
§ 1684
[677]von der ſtadt- und dorf-flure.
§ 1684
Wo wuͤſte gegen mittag gelegene warme bergewelche berge
die unterta-
nen mit
weinſtoͤcken
anlegen ſol-
len?
ligen, die zur hute nicht dinen, ſind die unterta-
nen dahin anzuweiſen, ſolche mit weinreben anzu-
pflanzen. Es muͤſſen aber darzu beſondere arten
des weinſtockes auserleſen werden. Alſo kan man
hir gute und ſuͤſſe trauben zihen.
§ 1685
Von der kelter und andern hiher gehoͤrigen din-die arten
der weinſtoͤ-
cke werden
erzaͤlet.
gen handelt Miller im gaͤrtner-lexico t. II ſ. 483-
511. Der Riedel im garten-lexico erzaͤlet 48 gat-
tungen von weinſtoͤcken, welche in Teutſchlande
verkaufet zu werden pflegen, ſ. 798-800. Sihe
auch Hennemanns des edlen weinſtockes anbau.
Die weiſen trauben ſind: ſchoͤn-edel, ruͤßlinge,
muſcateller, blankwaͤlſche, kilianer, rehfal ꝛc. Un-
ter den roten: rote muſcateller, rot-waͤlſche, gaͤn-
ſer, ſchoͤn-edle, rot-traminer, ſchil-traminer, kleb-
rote, und Ungariſche leib-farbe. Ferner hat man
weintrauben one koͤrner, ſo kleine, wie corinthen,
vom tinto-weine, peterſilien weine, geſaͤkten-weine,
blank-muſcateller mit roten ſtrichen, malvaſir-
trauben, burdelaſſer und groſe roſin trauben ꝛc.
Marpergers kuͤchen- und keller-dictionarium
ſ. 1312.
Von den hopfen-gaͤrten.
§ 1686
Der hopfenberg, oder hopfengarten, iſt einwas der ho-
pfenberg iſt?
ſtuͤcke landes, worauf der hopfen erbauet wird.
Gemeiniglich erwaͤlet man dazu ein etwas abhaͤn-
giges land, oder ſanft erhabenen huͤgel, von gu-
ten boden, welcher ein feuchtes, luckeres, geiles,
nicht minder ſchwarzes erdreich hat. Daher iſt
der Ameneburger hopfen gut. Denn wo ſand
U u 3und
[678]XLI haubtſtuͤck
und kies die oberhand behalten, leidet der hopfen
hunger und durſt, mithin muß der boden weder
allzu naß, noch allzu trocken ſeyn, oͤconomiſche
phyſicaliſche abhandlungen, Leipzig 1752, 8, § 16,
17, ſ. 535 fgg., oͤconomiſches lexicon unter dem
worte: hopfen-garten. Von den hopfenſtangen
ſihe den Krebs am a. o. P. I claſſe 4 ſect. 6 § 11
ſ. 163, und P. I claſſe 7 ſect. 2 § 2.
§ 1687
pfen gebauet
werden
darf?
Wo iemand die hutungs-gerechtigkeit herge-
bracht hat, allda darf kein hopfen gepflanzet wer-
den. Krebs am a. o. P. I claſſe 2 ſect. 3 § 20
num. 5 ſ. 57. Das uͤbrige von hopfen ſihe oben
im IIten buche 33 haubtſtuͤck § 1517 fgg. wie auch
im allgemeinen haushaltungs-lexico t. III ſ. 751-
753, und den Joh. Colerus in der oͤconomia
VIten b. ſ. 238-242.
Von den aͤckern.
§ 1688
feldbau di-
net?
Der feldbau iſt eine haubtſtuͤze der notdurft,
der bequemlichkeit, des reichtumes und der macht.
Diſen zu verabſaͤumen, heiſſet den ſtat ſchwaͤchen.
Joh. Sam. Hallers verſuch einer allgemeinen
korn-policei ſ. 238 fgg. ſ. 264 fgg. Berlin 1756, 8.
§ 1689
wird be-
ſchriben,
und deſſen
bedeutun-
gen beige-
bracht.
Der acker iſt ein ſtuͤck landes, oder feld, wel-
ches mit einem pfluge und egge behoͤrig zugerich-
tet, und darauf mit allerlei ſamen und gewaͤchſen
zu verſchidenen zeiten beſaͤet, oder beſtecket wird.
Auſſerdem bedeutet ein acker auch wohl ein gewiſ-
ſes ſtuͤck erdreiches, welches eine erfoderliche anzal
ruten enthaͤlt, es mag mit holz, graß, oder ſonſt
bewachſen ſeyn, z. e. in Sachſen enthaͤlt ein acker
300 gevirte Leipziger ruten. Inhalts der F. S.
Gotha-
[679]von der ſtadt- und dorf-flure.
Gothaiſchen forſt- oder wald- ꝛc. ordnung vom jare
1644 ſollen auf einen acker holz 160 ruten gezaͤlet
werden, und iede rute 8 ellen lang ſeyn. Einiger
orten hat man die jaucharte, jucharte, auch mor-
gen. Beſage des Muͤhlhaͤuſiſchen feldrechtes
art. I enthaͤlt ein juchart acker in der laͤnge 50 und
in der breite 8 gevirte ruten. Bei der berichti-
gung des Heßiſchen ſteuerſtockes wird das ganze
land nach dem Caſſeliſchen acker gemeſſen. Di-
ſer beſtehet aus 150 gevirten ruten. Eine rute
enthaͤlt 14 ſchuhe. Ein Ober-Heßiſcher morgen
landes enthaͤlt 180 gevirte ruten, welches nach der
Caſſeliſchen acker zale 1½ Caſſeliſchen acker, und
10½ rute betraͤget. Die Oberheßiſche rute haͤlt
16 ſchuhe.
§ 1690
Die aͤcker ſind entweder art-aͤcker, das iſt, ur-der aͤcker
einteilung.
bar, oder gebauete, oder wuͤſte aͤcker. Das ur-
bare feld traͤget ſeine nuzung, und iſt zum anbaue
tuͤchtig. Ferner teilet man die aͤcker in das win-
ter- ſommer- und brach-feld, oder feld-mark. Im
uͤbrigen hat man gute, mittlere und ſchlechte arten
von aͤckern und feldern, Stiſſer am a. o. cap. I
abt. I § 9, 10.
§ 1691
Soͤmmern heiſſet in Thuͤringen denjenigenwas ſoͤm-
mern be-
deutet?
acker, welcher den feldarten nach brach ligen ſoll-
te, mit ſommerfrucht beſaͤen. Hier zu lande ſaget
man: ſie halten keine felder, oder ſie ſaͤen ins
brachfeld. Weilen nun dadurch die huten ſehr
leiden; ſo duͤrfen die eigentuͤmer, wenn ein ande-
rer die hut gerechtigkeit hergebracht hat, nicht
ſoͤmmern, wie ſie wollen, ſondern die oberkeit
ſchreibet deßfalls vor, was zu ſoͤmmern ſey. Von
den brach- oder ruhe-feldern ſihe die Leipziger
U u 4ſamm-
[680]XLI haubtſtuͤck
ſammlungen von wirtſchaftlichen ꝛc. ſachen, im
IIIten bande ſ. 327.
§ 1692
des landes.
Weiter iſt das land entweder leichtes oder
ſchweres; z. e. in der Wetterau iſt leichtes land,
und zihet ein pferd den pflug beim ackern. Her-
gegen unter der Ameneburg iſt fettes ſchwarzes
land, wo 4 ſtuͤcke vihes den pflug zihen. Die ar-
ten der guͤte des landes hat Leopoldt am a. o.
erzaͤlet. Die beſchaffenheit der erde hat Miller
im gaͤrtner-lexico t. I ſ. 298-300 gruͤndlich beſchri-
ben. Sihe meine vorrede zum IIIIten bande der
ſtats- und reiſe-geographi, auch herrn Dr. Dui-
ſingende ſalubritate aeris Marburgenſis ſ. 102-
108 fgg.
§ 1693
wende.
Das angewende hat nimand auf des andern
acker, auſſer, wenn er es hergebracht hat. Ein
angewende heiſſet dasjenige ſtuͤck feld, welches
mit der laͤnge am quer uͤber ligenden anſtoͤſſet,
Klingner am a. o. im IIten teile ſ. 839 *. Vom
gewende handelt eben derſelbe im Iſten teile ſ. 213,
214, 248, 257 ꝛc. und das oͤconomiſche lexicon un-
ter dem worte: gewende.
§ 1694
aͤckern ſoll
nichts abge-
pfluͤget wer-
den.
Bei dem ackern darf nimand dem andern bei
ſtrafe etwas abpfluͤgen. S. Gothaiſche landes-
ordnung im IIten teile cap. 3 tit. 25 ſ. 186. Al-
tenburgiſche L. O. II, 3, 35, Kreßde priuilegiis
agriculturae, Sect. II § 14 ſ. 34, Klingner am
a. o. im Iſten teile ſ. 247, 256, 494, 585, 683, F.
H. Caſſeliſche greben-ordnung tit. VI § 8 ſ. 20.
§ 1695
tige um-
ackern iſt
nicht allezeit
erlaubet.
Das fruͤhzeitige umackern, oder umſtoßen der
ſtoppeln kan ebenfalls nach gefallen zum nachteile
eines andern hut-gerechtigkeit nicht geſchehen,
Stiſſer
[681]von der ſtadt- und dorf-flure.
Stiſſer am a. o. cap. I abt. 2 § 8, Klingner im
andern teile ſ. 54, 360, 455, 633.
§ 1696
Wenn der acker beſaͤet werden ſoll, muß er zu-vor dem ſaͤ-
en iſt der
acker zu
pfluͤgen,
foͤrderſt gepfluͤget werden. Von den unterſchidli-
chen pfluͤgen und neuen erfindungen davon ſihe die
oͤconomiſchen nachrichten, im IIIIten bande das
38 ſtuͤck, num. I, Vten band ſ. 527, VIten bande
ſ. 281, Leipz. 1752, 8., von der egge tue hinzu den
VIIten band ſ. 674 fgg., den Stiſſer am a. o.
cap. I abt. I § 13-17, Peter Kretzſchmars an-
gegebene pflug-art, wo von acker-regolen vorſchlaͤ-
ge beſchehen.
§ 1697
Soll aber der acker kraͤfte erhalten, und gutezu duͤngen,
fruͤchte hervorbringen, muß ſelbiger geduͤnget wer-
den, das iſt, dem lande hat man etwas ſalpete-
richtes beizubringen. Auſſer dem miſte iſt ein
hiziger duͤnger von den ſchafen, der im dritten
jare erſt gut tut, Richarts land- und gartenſcha-
zes IIter teil ſ. 35. Das trockene und leichte erd-
reich bedarf eines fetten und kuͤlenden miſtes, der-
gleichen eigenſchaft der ochſen- und kuh- auch
ſchweinen-miſt hat. Das kalte und ſchwere, auch
naſſe land, wird mit ſchafe- pferde- und tauben-
miſt fruchtbar gemachet; immaſſen diſer duͤnger
heis und trocken iſt.
§ 1698
Der miſt hat zwo eigenſchaften, eine waͤrmen-des miſtes
eigenſchaf-
ten.
de, als der friſche pferde- und maultire-miſt; die
andre machet die erde fetter und fruchtbarer. Zu
den obſt-baͤumen dinet der ſchweine-miſt, imglei-
chen zur gras-duͤngung. Der tauben- huͤner- und
gaͤnſe-miſt beſſert die wiſen und kornfelder, auch
gartenbeete. Der miſt von dem gefluͤgel, welches
ſand friſſet, iſt beſſer und duͤnget geſchwinder, als
U u 5von
[682]XLI haubtſtuͤck
von dem, welches kraͤuter friſſet, Millers gaͤrt-
ner-lexicon ſ. 51 t. II.
§ 1699
gen,
Ferner gehoͤren zur duͤngung der mergel, die
aſche der potaſche-brenner, der ruß, die kuchen der
lohgerber, verfaulete gewaͤchſe, aſche, verfauletes
holz und ſaͤgeſpaͤne, beine, hoͤrner und klauen der
thiere ꝛc. Miller am a. o. ſ. 281 t. I. die duͤngung
iſt entweder natuͤrlich oder gekuͤnſtelt; die natuͤrli-
che beſtehet aus allerhand miſt, und andern ſa-
chen, welche dem acker zutraͤglich ſind, und eine
fruchtbarkeit bewirken. Immittels iſt der miſt
unterſchiedlich, daher ſelbiger mit guter uͤberle-
gung nach unterſchid der ſachen, ſowohl fruͤchte,
als auch nach beſchaffenheit des landes, angewen-
det werden muß, oͤconomiſches lexicon unter dem
worte: duͤngung, oͤconomiſcher nachrichten IIIter
band, ſ. 846, Leipz. 1748, 8vo, Vter band ſ. 846,
Leopoldts einleitung zu der landwirthſchaft ſ. 12,
ſ. 26 fgg. ſ. 61 fgg. Von den miſt-ſtaͤtten und
zubereitung derſelben, auch anwendung des duͤn-
gers, imgleichen von der acker- und ſandfelder
verbeſſerung, auch der wilden erde, handeln eben-
bemeldete oͤconomiſche nachrichten am a. o. im
IIIten teile ſ. 128, 159, 215, 257, 789, IIIIten
bande ſ. 477, Krebs am a. o. P. I claſſ. 3 ſect. 4
§ 5 ſ. 83. J. A. H. neuentdeckte oberflaͤche der
erden auf dem acker-lande, 1749, 4, ſ. 24,
Kretzſchmars oͤconomiſche practica cap. 8.
§ 1700
hoͤret zu den
guͤtern.
Der miſt gehoͤret zu den guͤtern, und wird als
ein pertinenzſtuͤck davon angeſehen, Leiſer im
iure georgico lib. III, cap. I num. 20, Stryks
diſp. de pertinentiarum probatione, cap. I
num. 49; daher ſolcher von den pachtern zu der
guͤter beſten angewendet werden muß, iedoch darf
ſolcher
[683]von der ſtadt- und dorf-flure.
ſolcher nicht vom anſteckenden viehe ſeyn, im-
maſſen dieſer fuͤr ſchaͤdlich zu achten iſt. Deſſen
verkauf aus einem orte in einen andern kan be-
ſchraͤnket werden, wenn ein mangel ſich daran
aͤuſſert. Es wird auch nicht geſtattet, daß bei
einer geſchwiſterlichen teilung das ſtroh dem gute
entzogen werde.
§ 1701
Zu der gekuͤnſtelten duͤngung gehoͤret die ein-von der ge-
kuͤnſtelten
duͤngung.
weichung, oder impraͤgnation des getreides, Leip-
ziger ſammlungen von wirtſchaftlichen ſachen
VIIter band ſ. 26, ſ. 165, 363, 385, und andre
ſachen, Stiſſer am a. o. cap. I abt. I § 21-23
ſ. 40 fg., wovon wir hier nicht weitlaͤuftig han-
deln wollen.
§ 1702
Der ſtreit zwiſchen den landwirtſchafts-liebha-ob das tife
ackern zu-
traͤglich iſt?
bern uͤber das tiefe und nicht tiefe ackern iſt be-
kannt. Des Sam. Trowells und Wilhelm
Ellis Engliſcher furchen-pflug iſt in kupfer geſto-
chen. Ober Heſſen hat umwende-pfluͤge, kraft
deſſen beim ackern eine furch an der andern ge-
pfluͤget wird; mithin wenn eine fertig iſt, ſo
koͤmmt durchs umwenden des pfluges ſogleich die
neue furch an die vorige. In Nider Heſſen ſind
die umtreibe-pfluͤge gewoͤnlich, da der acker von
beiden ſeiten gepfluͤget wird, biß in der mitte ſich
das pfluͤgen endiget. Die ſchriften hirvon machet
herr H. R. Zink in der kammeraliſten-bibliothek
ſ. 246, 247 namhaft, thue hinzu die oͤconomiſch-
phyſicaliſche abhandlungen Iten teil Leipzig 1751, 8,
ſ. 178 fgg. ſ. 829 fgg.
§ 1703
Dem pfluͤgen und duͤngen folget die beſtellung,von der be-
ſtellung oder
beſaͤung und
freiheiten
des ſaatge-
treides.
oder beſaͤung des ackers. Die ſaat-zeit hat ei-
gentlich in den rechten keine vorzuͤgliche freiheiten,
wie
[684]XLI haubtſtuͤck
wie die erndte-zeit, Luͤder Menken im Syſtemate
iuris ciuilis lib. II tit. XII § 2 ſ. 53, obgleich
das ſaat-getreide, ackerzeug, auch der ackermann
ſelbſt beſondere freiheiten haben, immaſſen die er-
ſten nicht verkuͤmmert werden duͤrfen, noch die
huͤlfe ordentlicher weiſe in ſelbige beſchehen darf;
imgleichen das anlehn des ſaatgetreides bei ent-
ſtandenen concurſe vorzuͤglich bezahlet werden muß,
Kreßde priuilegiis agriculturae ſect. II § 17, 18
ſ. 38 fgg. Auſſerdem der ackermann und wein-
bergs-arbeiter, inhalts der Reichsgeſaͤze, in irer
arbeit weder beunruhiget, angegriffen, beſchaͤdi-
get, beraubet, noch vergewaltiget werden duͤrfen.
Sihe die neueſte ausgabe der Reichsabſchide vom
jare 1747 fol. im Iten teile. ſ. 30, 93, 97, 101, 154,
172, IIten teile ſ. 591, IIIten teile ſ. 382, Oſtfri-
ſiſches landrecht III, 42.
§ 1704
von neuen
vorſchlaͤgen
wegen be-
ſtellung der
aͤcker.
Wer neue vorſchlaͤge von beſtellung der aͤcker,
auch vermerung des getreides zu wiſſen verlanget,
der findet ſolche in den oͤconomiſchen nachrichten,
im Vten bande ſ. 792, desgleichen in den ver-
miſchten oͤconomiſchen ſammlungen aus den Bres-
lauer natur- und kunſt-geſchichten, cap. II ſ. 101fgg.
Dr. Kuͤnholdsoeconomia experimentalis,
Erfurt 1735, 4, Zinkens cammeraliſten bibliotheck
ſ. 241 ſ. 243, des koͤnigl. Preuſiſchen kammer-
rats herrn Peter Kretzſchmars oͤconomiſche
practica, worin die deutliche aufloͤſung des acker-
bau-raͤzels ꝛc. enthalten iſt, Leipzig 1749, 8; fer-
ner deſſen auszug der neuen acker-verbeſſerung,
Berlin 1750, 8, Joh. Frid. Neumanns diſ-
curs uͤber ſeinen beweis von dem izigen ungemein
ſchlechten kornbau, deſſen moͤgliche verbeſſerung ꝛc.
Berlin 1748, 4. J. A. Herzogs neuentdeckte
ober-
[685]von der ſtadt- und dorf-flure.
oberflaͤche der Erde auf dem ackerlande, oder neue
acker-theori, 1749, 4.
§ 1705
Wenn einem die acker-beſtellung vermachet iſt,vom ver-
maͤchtniſſe
der acker-
beſtellung,
werden alle acker-arbeiten darunter verſtanden,
welche auf das feld angewendet werden muͤſſen,
biß der ſamen unter und zum voͤlligen aufkommen
gebracht iſt, geſtalt dann das duͤngen ebenfalls
zur acker-arbeit mit gehoͤret, oͤconomiſches lexi-
con ſ. 49.
§ 1706
Wenn einem das ackergeſchirr vermachet iſt, ſodes ackerge-
ſchirres,
gehoͤret vieles dazu. Die namen davon ſtehen im
oͤconomiſchen lexico, ſp. 50.
§ 1707
Zum beſten des landes ſorget die policei dafuͤr,die aͤcker
duͤrfen nicht
unbeſtellet
gelaſſen
werden.
daß die aͤcker nicht unbeſtellet ligen bleiben, noch
zur haͤlfte nur beſamet werden, Wirtenbergiſches
landrecht tit. 47 § 13, Hildesheimiſche policeiord-
nung § 88, Anhalt Bernburgiſche feldordnung,
Magdeburgiſche policeiordnung cap. 19 § 12,
Kreß am a. o. ſect. II § 21 ſ. 47, Mylius im
corp. conſtit. March. Vten bande III abt. ſ. 34,
53, 73, 105, 130, 207, 298; die landreiter ſollen in
den Kur-Brandenburgiſchen landen darauf acht
geben ſ. 774.
§ 1708
Wuͤſte und verlaſſene aͤcker heißen auch landenwas laiden
ſind?
(laiden), welche ordentlicher weiſe dem landes-
herrn gehoͤren; iedoch maßen ſich ſolcher auch die
adelichen bei iren guͤtern an, Stryks diſp. de
agr. deſert.Strubende iure villicorum cap. 3
§ 10 b ſ. 82, Pufendorf in den obſerv. iur. vniu.
Iten bande ſ. 555.
§ 1709
[686]XLI haubtſtuͤck
§ 1709
feldern zu
unterlaſſen
iſt?
Sowohl auf den ausgeſaͤeten feldern iſt das
wenden, uͤberfaren mit wagen, eggen, pfluͤgen,
jagen, das reiten, vihtreiben und gehen, bei ſtra-
fe zu unterlaſſen, F. H. Caſſeliſche grebenord-
nung tit. VI § 8 ſ. 20, ſ. 109 § 1 ſ. 113 § 6, als
auch das faren uͤber die brach-aͤcker verboten; den
fremden iſt das diſtel-ſtechen, krauten, und ſchrap-
pen nicht zu verſtatten, Stiſſer am a. o. § 35 ſ. 46,
Gothaiſche landesordnung im IIten teile cap. 3
tit. 27 ſ. 189, Kreß am a. o. ſ. 35 ſ. 49. Es
ſind deswegen die auswuͤrfe und feldgraben aus-
zuraͤumen und im guten ſtande zu erhalten, um
die felder und aͤcker deſto mehr fuͤr ſchaden zu
bewahren, F. H. Caſſeliſche grebenordnung tit.
XI § 7 ſ. 30.
§ 1710
ein pachter
ordentlicher
weiſe die ge-
pachteten
felder nuzet.
Ein pachter, welcher aͤcker und felder gepachtet
hat, benuzet ſolche ordentlicher weiſe drei jare,
worin das Teutſche recht vom Roͤmiſchen abge-
het, welches auch bei der ſtillſchweigenden erneue-
rung des pachtes zu behaubten ſtehet, Boͤhmers
diſp. de iuribus diuerſis ex diuerſitate clima-
tum natis, von Weſtphalde iuris Romani in-
dole et obligandi diuerſa ratione et dignitate
in foris apud Romanos et Germanos,Luͤder
Menkensſyſtema iuris ciuilis ſ. 324 ſ. 1011.
§ 1711
Von den feldgerichten der Teutſchen ſihe den
Kreß am. a. o. ſect. II § 13 ſ. 30 fgg. das re-
pertorium iuris priuati im IIten teile ſ. 1596 fgg.,
auch die Frankfurtiſche reformation vom acker-
gerichte.
Von
[687]von der ſtadt- und dorf-flure.
Von den wiſen.
§ 1712
Die wiſe iſt ein ſtuͤck feldes, darauf gras zumdie wiſe
wird be-
ſchriben.
heu, auch grummetmachen gezogen wird. Die
futterwiſen gehoͤren zur ausname. Die wiſen
bringen entweder von natur das gras hervor, oder
ſie werden durch fleiß zubereitet. Der gattungen
des wiſen-graſes ſind XIIII.Miller ſ. 374 t. I,
wo er auch die pflanzung und beſorgung des gra-
ſes angibet. Das ſterbe-gras iſt darauf nicht
zu dulten, oͤconomiſche ſammlungen aus den
Breslauer natur- und kunſtgeſch. cap. III ſ. 358.
§ 1713
Die wiſen ſind unterſchidlicher gattungen,der wiſen
gattungen,
Stiſſer am a. o. cap. II § 5 ſ. 59 fg. Sie haben
entweder heurecht oder gartenrecht. Dieſe heiſen
haͤge-wiſen, worauf ein anderer nicht huͤten darf,
Krebs am a. o. P. I claſſ. II ſect. 3 § 19, 4,
claſſ. 12 ſect. 5 § 27. Das heurecht bringet mit
ſich, daß die wiſen nur eine gewiſſe zeit geſchloſſen
ſind, und wenn ſie gemaͤhet worden, zur hute
und trift offen bleiben. Nach der regel gehet
das heurecht bis nach gemachtem grummet, Crell
de fructibus pratorum ſ. 16. Wenn um eine
wiſe ein zaun iſt, wird daraus ein gartenrecht
geſchloſſen. Im uͤbrigen koͤnnen die wiſen wohl
umzaͤunet werden, bevorab, wenn ſolches niman-
den nachteil verurſachet. Naͤchſt diſem teilet man
ſie in acker, tragewerke, kabbeln, maſe ꝛc.
§ 1714
Die wiſen ſind wegen des vihes unentberlich.die wiſen
ſind des vi-
hes halber
unentber-
lich.
Daher bei ankaufung eines gutes, auch deſſen
pachtung, fuͤrnaͤmlich darauf zu ſehen iſt, ob da-
bei ſolche hinlaͤnglich vorhanden ſind? Denn ſo
wenig die menſchen des brodtes entraten koͤnnen;
ſo
[688]XLI haubtſtuͤck
ſo wenig kan das vih one gras leben. Wannen-
her bei einem gute die wiſen ſo noͤtig und noch
noͤtiger, als die aͤcker ſind, anerwogen das haubt-
werk eines gutes auf die vihzucht ankommet, one
welche der ackerbau ſchlecht zu nuzen iſt, Leo-
poldt am a. o. ſ. 212 fgg. Von verbeſſerung der
wiſen ſihe den Kretzſchmar in der oͤconomiſchen
practica cap. 5.
§ 1715
gen der wi-
ſen werden
unter die
gewiſſen ge-
rechnet.
Vom gras-
dibſtale und
deſſen ſtrafe.
Die nuzungen von wiſen werden unter die ge-
wiſſen gezaͤlet, Crells diſp. de fructibus prato-
rum ante tempus paſcendi perceptis, Witten-
berg 1754 § 1, 2. Der grasdibſtal wird buͤrger-
lich beſtrafet. Sihe iedoch den art. 167 der pein-
lichen halsgerichts-ordnung kaiſer Karls des Vten
Tenzelde eo, quod iuſtum eſt circa prata ſ. 35.
§ 1716
haͤgezeit.
Die wiſen werden in anſehung der zeit verſchi-
dentlich gehaͤget. An einigen orten gehet die haͤ-
ge-zeit von Georgen-tage, oder den 23ſten April
an; in andern ortſchaften hingegen auf Walbur-
gis, oder den 1ten mai, bis nach gemachtem grummet,
auf Michaelis, das iſt den 29ſten ſeptember, oder
nach Jacobi, oder den 25ſten Julius bei den duͤr-
ren wiſen. Im zweifel folget man der alten zeit
(dem alten kalender); in betracht derjenige, wel-
cher die hutgerechtigkeit im vorigen jarhundert
ſchon nach dieſer zeit veruͤbet hat, dabei gelaſſen
wird. Alſo ward in ſachen von Geuſau wider
die gemeinde Heickendorf geſprochen; iedoch hat
man ſich auch deßfalls nach iedes ortes gewonheit,
nach der witterung und gelegenheit zu richten,
Tenzel, Fritſchde iure pratorum, Kur Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſcher Landesordnungen IIIter
teil cap. 4 ſ. 373.
§ 1717
[689]von der ſtadt- und dorf-flure.
§ 1717
Wer eine wiſe pachtet, hat deshalben die nu-was zum
wiſen-pach-
te nicht ge-
hoͤret?
zung von den weiden und ſtraͤuchen nicht, von
Berger in der oeconomia iuris.
§ 1718
Den trockenen wiſen bringet die waͤſſerungwelchen wi-
ſen die waͤſ-
ſerung nu-
zen brin-
get?
groſen nuzen von Rohr im haus-wirthſchafts-
buche, ſ. 15, 44, 466, Leopoldt ſ. 252. Diſe
wird im fruͤlinge und wenn das heu gemachet iſt,
gebrauchet; allein das ſchnewaſſer tauget durch-
aus nicht, oͤconomiſches lexicon ſp. 3074. Es
muß auch das waͤſſern ordnungs-maͤſig beſchehen,
Naſſau Dillenburgiſche jagd- und forſt-ordnung
§ 4, F. H. Caſſeliſche grebenordn. tit. 38 § 3 ſ. 90,
imgleichen den fiſchwaſſern und muͤllern one ſcha-
den. F. S. Gothaiſche landesordnung, im IIIten
teile ſ. 537, F. H. Caſſeliſche grebenordnung tit.
26 § 11 ſ. 62, tit. 38 § 3 ſ. 90, Fritſchde iure
hortorum § 30 ſ. 21.
§ 1719
Durch anlegung eines wehres an einem bacheder nuzen
der waͤſſe-
rung.
beim gute muß dem wiſewachs vermittels der
waͤſſerung geholfen werden. Schnee- und win-
terwaſſer taugen hirzu nicht. Man machet da-
durch doͤrre und unnuͤze wiſen, fruchtbar, einſchuͤ-
rige werden zweiſchuͤrig, und zweiſchuͤrige drei-
ſchuͤrig. Sein gut mit 20 fudern heues vermeren
bedeutet ſchon etwas.
§ 1720
Sumpfige wiſen tragen wegen des moſes nichts.wie den
ſumpfigen
wiſen ge-
holfen wer-
den kan?
Deshalber werden ſchmale und tife graben um
die wiſe gezogen. Sie muͤſſen ſo gemacht werden,
daß ſie einen zug erlangen, darauf werden die
ſchafe des herbſtes daruͤber getrieben. Man hilft
mit uͤberſtreuung des ofen-ruſes oder aſche; ſo
wird eine tuͤchtige wiſe daraus.
X x§ 1721
[690]XLI haubtſtuͤck
§ 1721
gerechtig-
keit durch
das umzaͤu-
nen verlo-
ren gehet?
Wer die hutungsgerechtigkeit hat, und leidet
daß die wiſen verzaͤunet werden, verliret, nach des
von Leyſer meinung, die hutung, im ſpecim.
110 med. 1 ſ. 461 fg. II bande; auſſerdem kan
derjenige, welcher durch einen von dem andern
angelegten zaun an der hut und trift behindert
werden will, ſolchen eigenmaͤchtiger weiſe nider-
reiſen, George Adam Struvede vindicta pri-
vata, cap. 6 aph. 8, ſ. 57, Leyſer im iure geor-
gico ſ. 466; dahingegen, wenn die wiſe mit buͤ-
ſchen bewaͤchſet, wird die hutungsgerechtigkeit
dadurch nicht benommen, von Leyſer im cor. I
ſpec. 110 ſ. 469, 470.
§ 1722
koͤnen nicht
iederzeit zu
aͤckern ge-
machet
werden.
Nimand darf zum abbruche des andern hutge-
rechtigkeit ſeine wiſen, oder laiden, zu aͤckern ma-
chen, Tenzel am a. o. theſ. III not. 9 ſ. 24 fg.,
von Berger in der oeconomia iuris lib. II tit. 3
§ 9 not. 5; wofern aber aus der wiſe ein acker
gemachet wird, ſo entſtehet daher kein rottzehnte.
Man muß ſich aber, im falle der acker zehnt-
pflichtig war, mit dem zehntherrn vorher ab-
finden.
§ 1723
heuzehnte
gefordert
werden
kan?
Wo die flur und feldmarkung zehntbar iſt,
wird auch der heuzehnte gefodert, Tenzel am a. o.
theſ. IIII ſ. 26, Wehner in den obſeru. pract.
unter dem worte: novalzehend. Immittelſt
wird von den wiſen in hiſigen landen eigentlich
durchgehends kein zehnter gegeben. Jedoch hat
die benachbarte pfarre Ober-Weimar den heu-
zehnten; anerwogen es, in ruͤckſicht auf den zehn-
ten, lediglich aufs herkommen hinaus lauft.
§ 1724
[691]von der ſtadt- und dorf-flure.
§ 1724
Nimand darf bei ernſtlicher ſtrafe mit reiten,was bei den
wiſen ver-
boten iſt?
faren, oder gehen neue wege uͤber des andern wi-
ſen und aͤcker machen, Tenzel am a. o. theſ. V
ſ. 31, vilweniger das gras vergiften, Stiſſer am
a. o. cap. II § 13 ſ. 63.
§ 1725
Von den wiſen ſind die auen unterſchiden.was eine
aue iſt?
Aue iſt eigentlich ein ſtuͤck landes, welches in ei-
nem grunde, oder tale, auch an einem fluſſe, oder
bache gelegen, und mit hoͤhen umgeben iſt. Die-
ſemnach beſtehet eine aue aus wiſen und feldern.
Merere bedeutungen des wortes aue, ſihe im re-
pertorio iuris priuati, Iten teile ſ. 361, beim
Schottelde ſingularibus quibusdam et anti-
quis in Germania iuribus, cap. XIII.
§ 1726
Die gemeine lehre gehet dahin, daß in erman-wie man
wiſewachs
und futter
fuͤr das vie[h]
erhalten
kan?
gelung des wiſenwachſes ein landwirt ſolchen zu
verſchaffen habe. Er ſoll ſich daher an den Hol-
laͤndiſchen oder Spaniſchen klee, imgleichen den
Burgundiſchen, den ſchuriſamen, den burri, oder
ſtrohparſch, ſpurrei, eſparcette, ſaint-foin hal-
ten ꝛc. Man raͤtet ihm bei deſſen anlegung den
boden zufoͤrderſt wohl zu pruͤfen, beſage Stiſſer
am a. o. cap. II § 14, und der oͤconomiſchen
ſammlungen aus den Breslauer natur- und kunſt-
geſchichten, cap. III ſ. 354 fg., der Leipziger ſamm-
lungen von wirtſchaftlichen ꝛc. ſachen VIII bandes
ſ. 805 fg., des von Rohr im hauswirtſchafts-
buche ſ. 460.
§ 1727
Diejenige, welche es beſſer treffen wollen, re-
den und ſchreiben vom eſparcette. Man beziehet
ſich deßfalls auf das allgemeine haushaltungs-
lexicon ſ. 435 fg. des 1ſten bandes.
X x 2§ 1728
[692]XLI haubtſtuͤck
§ 1728
zung des
klees ꝛc.
Auſſer den futter-wicken und dem immerwaͤren-
den, wie auch dem Spaniſchen klee, deren der
immerwaͤrende ſtets, wie jedes gras fortwaͤchſet,
der Spaniſche aber nach dreien jaren aufhoͤret,
finden ſich: I) das Burgundiſche heu, oder die
medica maior, oder trifolium burgundicum, wel-
ches die Franzoſen luſerne, die Teutſchen aber
ſichelklee nennen. Die abbildung davon hat
Nicol Lemery im materialien-lexico ſ. 707 mit-
geteilet. Diß gewaͤchs hat eine papilions-blume,
aus deren kaͤlche ein ſtempel entſpringet, der her-
nach zu einer, gleich einem widderhorne zuſammen-
gedreheten huͤlſe wird, in welcher nirenfoͤrmiger
ſamen ſteckt, Miller am a. o. ſ. 23 t. II. Der
ſtaͤngel diſes futters treibet auf zwene ſchuhe hoch.
Er iſt rund, gerade, zimlich dicke, feſt und ſtark-
aͤſtig, inſonderheit nach der ſpize zu, und traͤget einen
haufen blaͤtter, deren je dreie zuſammenſtehen,
wie am klee. Die fruͤchte, welche aus zweien
blaͤttergen zuſammengeſezet ſind, haͤngen am
rande aneinander, und ſehen wie eine gerollete
binde aus, oder wie ein kraͤzer, oder eine ſchraube.
Der ſamen hat die geſtalt einer kleinen nire, ſihet
weislicht, auch bleichgelbe aus. Das kraut ſchme-
cket faſt wie die kreſſe. Die wurzel iſt nicht dicke,
iedoch gerade. In warmen laͤndern, als Langue-
doc, Provence, und Dauphine, waͤchſet diß fut-
ter haͤufig, imgleichen in gemaͤßigten himmelsſtri-
chen, als um Paris und in der Normandi. Die
wurzel ſtehet uͤbern winter. Der boden muß
feucht und zimlich fett ſeyn. Diweil es mehr oͤl,
als ſalz bei ſich fuͤret, ſo maͤſtet es die pferde fuͤr-
trefflich, und machet milch bei den kuͤhen. Die
pflanzung lehret Miller ſ. 24. In England zihet
man es in einem leichten, trockenen, lockerigen
und
[693]von der ſtadt- und dorf-flure.
und ſandigen erdreiche. Man ſaͤet den ſaamen
im april. In guten jaren maͤhet man die pflanze
dreimal, und huͤtet ſie zweimal ab. Die kaͤlte
ſchadet der wurzel nicht. Es wird auch heu da-
von gemachet. Den ſamen hat man entweder
aus der Schweiz, oder den noͤrdlichen landen
Frankreichs kommen zu laſſen.
§ 1729
Die IIte gattung der guten fuͤtterung heiſſetvom Tuͤrki-
ſchen klee.
onobrychis, eſelswicken, ſaint foin, tuͤrkiſcher
klee. Diß gewaͤchs traͤget eine papilions-blume,
aus deren kaͤlche ein ſtempel entſpringet, der her-
nach zu einer ſchote wird, die einen kamm hat,
mannichmalen aber ſtachelicht iſt, und einen moͤ-
renfoͤrmigen ſamen enthaͤlt. Der gattungen ſind
dreie. Die zwo erſten ſind nur an der farbe der
bluͤten unterſchiden. Die dritte iſt auſſer den
ſchoten etwas kleiner. Diſe pflanze dauert 18
bis 20 jare, wenn der boden ſandig und trocken
iſt. An naſſen orten iſt die wurzel in zweien ja-
ren verfaulet. Man ſaͤet diß futter im anfange,
auch in der mitte des maͤrzen, und zwar reihen
weiſe, wie das Burgundiſche heu. Eine pflanze
treibet viele ſtaͤngel, bevorab in ſandigen, oder
kreidigen huͤgeln. Der ſame muß beim trockenen
wetter geſaͤet werden. Denn in der naͤſſe ſpringet
er und gehet nicht auf. Der ſame iſt gros und
gehen dreie bis vire ſcheffel auf einen morgen; der
ſtaͤngel wird eines halben fuſes lang, und ſihet
roͤtlicht, liget und krichet auf der erde herum.
Die blaͤtter gleichen den wicken, iedoch ſind ſie
vil kleiner, oben her gruͤn, unten aber weis, auch
rauch und ſpitzig, ſtehen paar und paar weiſe an
einer ribbe oder ſtile an deſſen ſpize vorn nur ein
blatt zu finden iſt. Die roten bluͤten ſtehen wie
lange aͤren daran, die aus den ecken zwiſchen
X x 3den
[694]XLI haubtſtuͤck
den ſtaͤngeln und den blaͤttern herauskommen.
Die wurzel iſt lang, nicht gar zu dicke, auswaͤn-
dig ſchwarz, inwaͤndig weis. Es gibet kein beſſer
futter ſo wohl gruͤn als auch zu heue gemachet.
Im erſten jare wird diß futter im anfange des
auguſtes reif. Man maͤhet ſie ab. Am ende des
ſeptembers hauet man ſie wieder ab, oder laͤſſet
es abweiden, und zwar wegen des duͤngers mit
ſchafen. Jedoch duͤrfen ſie nur durchzihen, in be-
tracht ſie ſonſt die wurzeln auszoͤgen. Dieſe trift
dauert bis zur haͤlfte des maͤrzes. Im andern
jare gehet die erndte im mai an. Im julius maͤ-
het man es zum andern male oder laͤſſet es abhuͤ-
ten. Dergleichen auch im winter und fruͤlinge
mit dem vihe beſchihet. Weder dem rindvihe,
noch den pferden iſt es ſchaͤdlich, und man hat
nicht, wie bei dem klee etwas zu befaren. Das
heu davon iſt fuͤrtrefflich, Miller ſ. 88 t. II, Le-
mery ſ. 803. Diß erhellet daraus, weilen ſie
viles weſentliches ſalz und oͤl bei ſich fuͤret. Schluͤß-
lich muß man ſich durch die lehre der kraͤuter-kun-
de dißfalls nicht irre machen laſſen; angeſehen es
vile gattungen der onobrychis gibet, nach auswei-
ſe des Zwingers ſ. 654, des Frankens von
Frankenau ſ. 448 fg. der Floraͤ Francicaͤ, und
des von Haller floraͤ Jenenſis ſ. 254, allwo diſe
pflanze mit der medica vermiſchet wird.
§ 1730
cette.
Endlich folget IIItens der knoͤterich, oder ſpurei,
ſpergula, oder eſparcette. Die blume iſt roſen-
foͤrmig. Der gattungen ſind dreie. Die erſte
wird in Holland und Flandern zur fuͤtterung des
vihes gebauet. Man ſaͤet diſe pflanze im auguſt,
um futter im winter fuͤr das ſchaf- und andres vih
zu haben. Sie waͤchſet bis 6 zolle hoch. Der
unfruchtbareſte ſand und wo ſonſt kein gras waͤch-
ſet,
[695]von der ſtadt- und dorf-flure.
ſet, ernaͤret diſelbe, und gibet ir gedeien. Mit
dem vihe ſolche abzuhuͤten, iſt wegen der dunge
ratſam. Die butter und das ſchaffleiſch werden
uͤberaus ſchmackhaft davon. Man muß diſe
pflanze alle jare ſaͤen. Tut man diſes im april;
ſo wird der ſame im auguſt reif, welcher aber ſehr
klein iſt. Daher 12 pfunde zur beſaͤung eines
morgens gehoͤren; das erdreich muß vor der ſaat
wol zubereitet und one ſchollen ſeyn, Miller ſ. 285
t. II, Lemery ſ. 1067. In der flora Jenenſi ſ. 73
ſtehen andre ſpergulaͤ, die hirher nicht gehoͤren.
Die ſtaͤngel ſind rund, aͤſtig, und rauch; die blaͤt-
ter aber klein, zart, ſchmal, und gelblicht. Sie
ſtehen, als wie ſtralen, rund um einen ieden kno-
ten der zweige. Die blaͤtter wachſen auf den
ſpizen der zweige, und beſtehen aus vilen kleinen
weiſen blaͤttern in roſenforme, und ſizen in einem
fuͤnfblaͤtterichten kaͤlche. So bald die blume ab-
gebluͤhet hat; ſo folget eine hautige frucht, welche
beinahe runde iſt, und die runden ſchwarzen ſa-
menkoͤrnlein beſchluͤßet, der vil kleiner iſt, als der
ruͤbſamen. Die wurzel iſt lang, einfach, und mit
weiſen zaſern beſetzet.
§ 1731
Sonſt iſt der immerwaͤrende klee vom gemei-der eſpar-
cette iſt vom
gemeinen
wiſen-klee
unterſchi-
den.
nen wiſenklee ganz unterſchiden. Denn er ſihet
blas gruͤn aus.
§ 1732
Der bauer laͤſſet ſich insgemein an ſeinem win-das wick-
futter iſt
ebenfalls
gut.
ter- oder ſommerwickfutter begnuͤgen, welches eben-
falls ſeinen groſen nuzen hat, von Rohr im haus-
wirtſchaftsbuche ſ. 307.
§ 1733
Der waſen (raſen, anger) iſt ein ſtuͤck unge-was ein an-
ger iſt, und
wie ſie zu
behuͤten
ſind?
bautes land, welches mit gras bewachſen, und
den pferden, dem rind- ſchaf- und andern vih zu
X x 4gewiſſen
[696]XLI haubtſtuͤck
gewiſſen zeiten zur weide gewidmet iſt. Solcher
iſt entweder gemein, oder beſonders. Der beamte
muß ſelbigen ſo einteilen, daß ein teil um Wal-
burgis mit dem rindvihe betriben; der andre teil
bis pfingſten gehaͤget, und der dritte teil von Jo-
hannistage an beweidet werde. So lange die anger
in den gemeinden gehaͤget ſind, muͤſſen ſie unbehuͤ-
tet bleiben, F. H. Caſſeliſche grebenordnung tit.
45 § 1. Sobald aber ſtoppeln vorhanden ſind,
muß das rindvih davon wegbleiben, in betracht
die ſchafe in die ſtoppeln vor ſelbigem und mit ſel-
bigem nicht gelaſſen werden. Von dem eigentu-
me der gemeinen anger ſihe des herrn geheimten
juſtizrat Strubens tr. de iure villicorum, cap.
III § X, (a) ſ. 81. Im uͤbrigen duͤrfen die ge-
meine anger one vorwiſſen und decret des obern
von den gemeinen nicht veraͤuſſert werden, Spei-
delsnotabilia ſ. 22. Uebrigens hat Miller im
gaͤrtner-lexico fuͤrſchlaͤge zur verbeſſerung der vih-
weiden getan, und zwar unterm worte: weide,
auch gezeiget, daß eine vihweide mit haͤcken und
baͤumen verſehen ſeyn muͤſſe.
§ 1734
Von dem au- oder angerrechte, beſonders in
Schleſien, ſihe den Schifordegherlib. III ad
Fabr. tract. 29 ſ. 429, imgleichen das reperto-
rium iuris priuati Iten teil ſ. 361 fgg.
Von den baͤumen und der
pflanzordnung.
§ 1735
wird be-
ſchriben.
Der baum iſt die fuͤrnaͤmſte und groͤſte pflanze,
welche die erde herfuͤrbringet, und aus einem ei-
genen haubtſtamme beſtehet, welcher mit einer
wurzel, wipfel und ſeinen aͤſten verſehen iſt, und
zu
[697]von der ſtadt- und dorf-flure.
zu einer anſehnlichen dicke und hoͤhe waͤchſet. Es
unterſcheidet ſich der baum von einem ſtrauche,
welcher zwar ebenfalls holzartig iſt, aber nicht all-
zuhoch von der erde in die hoͤhe gehet, als ein
baum.
§ 1736
Die baͤume ſind entweder wilde, oder zame,der baͤume
einteilun-
gen.
fruchtbare, oder unfruchtbare. Die zamen wer-
den obſtbaͤume benennet, wiewohl die obſtbaͤume
auch wieder in gute und wilde eingeteilet werden.
Sie tragen entweder kern-obſt, als aͤpfel-birnen-
kaſtanien- maulbeer- nuß- und quitten- baͤume;
oder ſtein-obſt, als amarellen, apricoſen, cornell,
kirſchen, zwetſchen, pflaumen, mandeln, miſpeln,
pferſiche, ſpillinge, marunken, roß-pflaumen ꝛc.
Man teilet die obſtbaͤume in hochſtaͤmmige und
nidrige oder zwerchbaͤume ein. Alſo erzaͤlet Mil-
ler ſ. 64 t. I von apricoſen 8 gattungen, von pfer-
ſichen baͤumen 28 arten t. II ſ. 115 fg., von pflau-
men-baͤumen 33 gattungen t. II ſ. 161 fg., zum
nachtiſche 18 arten von aͤpfeln, zur kuͤche 16 gat-
tungen ſ. 62 t. I, der birnen 87 arten ſ. 171 t. II,
der kirſchen 23 arten ſ. 154 fg. t. I.
§ 1737
Der untertan iſt anzuhalten: aͤpfel- kirſchen-zur pflan-
zung nuͤzli-
cher obſt-
baͤume ſind
die unter-
tanen anzu-
halten.
birn- und pflaumen-baͤume als die noͤtigſten und
nuͤzlichſten zu pflanzen. Kur-fuͤrſtl. Pfalz-fuͤrſten-
tums in Ober-Baiern landes-ordnung vom jare
1606 tit. 15; dahingegen die ſpillinge und bilſen,
auch bramen, als ſchaͤdlich und ungeſund wegzu-
laſſen ſind. Des endes ieder untertan an einem
kleinen gegen morgen und mittag gelegenen rau-
me, wo ſonne und luft iſt, eine baumſchule anle-
gen, und ſolche wider die haſen, auch andre
ſchaͤdliche tire verwaren muß. Imgleichen hat
die ganze gemeine eine gemeine baumſchule von
X x 51, 2,
[698]XLI haubtſtuͤck
1, 2, bis 3 oder ½ oder ¼ morgen, nach irer groͤſe,
anzulegen, F. H. Caſſeliſche baumpflanz-ordnung
1724 fol.
§ 1738
zur baum-
ſchule zube-
reitet wer-
den kan?
Das beet zur baumſchule wird umgegraben,
mit kuͤhmiſt, alter holzerde, gaſſenkote ꝛc. uͤberfa-
ren, ſodann geackert, oder beſſer gegraben, ſehr
wohl geeget. Das umgraben und egen muß im
fruͤjare 3 mal vor dem ende des maͤrzes beſchehen.
Hirzu dinet die Reichartiſche ege, welche von
zwoen perſonen gezogen wird. Hirnaͤchſt wird
das beet im fruͤjare mit kernen von aͤpfeln und an-
dern obſte ganz dichte beſaͤet, oder beſtecket. Im
herbſte aber werden die eicheln darauf geſaͤet.
Man ſchlage ReichardtsIIten t. des land- und
garten-ſchazes, auch den Miller t. I ſ. 113 nach.
§ 1739
ſind in acht
zu nemen
und endlich
fortzuſezen.
Die pflanzen ſind zu jaͤten und zu beguͤßen, wenn
es duͤrr iſt. Im fruͤjare ſind ſie zu beſchneiden.
Sie bleiben bis ſie 7 bis 8 ſchuhe hoch und eines
bindeſtockes dick ſind in der baumſchule. Als-
denn werden ſie in die gaͤrten, an die wege, tri-
ſchen, waͤlder, hoͤlzer, auen, anger, gemeine oͤr-
ter ꝛc. verſezet, darnebſt mit dornen wohl verſe-
hen. Was auf gemeine plaͤze gepflanzet wird,
davon teilet die gemeine das obſt. Die herrſchaft
pfleget die reiſer zum pfropfen, oculiren, nicht
minder die ſtaͤmme ſelbſt, im anfange, auch wohl
unentgeltlich herzugeben, F. H. Caſſeliſche baum-
pflanzordn. § IX § X und § XI § XIII, imglei-
chen erfarne leute ſowohl planteurs zu beſtellen,
welche die unerfarnen untertanen im ſezen, pfro-
pfen, und noͤtiger pflege der baͤume unterrichten
muͤſſen, § XVIII immaßen ein apfel- und birn-
baum, wenn er nicht gepfropfet, oder oculiret
wird, ob er gleich von den beſten kernen gepflanzet
worden
[699]von der ſtadt- und dorf-flure.
worden iſt, wildes obſt traͤget, von Carlowiz
am a. o. ſ. 21 § 22 ſ. 202 § 1. Sonſt dinen die
wilden aͤpfel-baͤume zu getriben an der muͤle, die
birn-baͤume aber zu den ſchrauben der zimmer-
leute.
§ 1740
Weder die herrſchaftliche gaͤrtner, noch unter-die baͤume
duͤrfen one
erlaubniß in
den F. H.
Caſſeliſchen
landen nicht
auswaͤrts
verkaufet
werden.
welche baͤu-
me am ge-
ſchwindeſten
wachſen?
tanen duͤrfen ſtaͤmme one erlaubnis auſſer landes
verkaufen, F. H. Caſſeliſche baumpflanzordnung
§ XII.
§ 1741
Die baͤume, welche zur holzung dinen, und am
geſchwindeſten wachſen: ſind pappelbaͤume, eſchen,
hainbuchen, aſpen, weiden, lerchenbaͤume, ſihe
die oͤconomiſche nachrichten, Vter band ſ. 612,
VIter band ſ. 297, VIIter band ſ. 479 ſ. 845,
die Leipziger ſammlungen von wirtſchaftlichen ꝛc.
ſachen, IIIter band ſ. 995, neundter band ſ. 1058,
allwo vom lerchenbaume gehandelt wird, deſſendes lerchen-
baums nu-
zen.
nuzen und ſchleunigen wachstum der unten be-
meldte von Carlowiz beſchreibet in der wilden
baumzucht ſ. 184 ſ. 268 ſ. 270. Er dinet ſowohl
zum bauen, als auch zum brennen und kolen, das
holz an gebaͤuden brennet nicht leicht, er gibet gu-
ten terpentin, und iſt von harter natur. Doch
wird er nicht ſo hoch, als die tanne. Der eiben-
baum iſt ſelbigem ſehr aͤnlich, von Carlowiz ſ.
183 § 25, von Rohr in der naturgeſchichte von
baͤumen und ſtraͤuchern ſ. 193, das holz von diſen
beiden baͤumen verfaulet faſt nicht, wird auch
nicht wurmſtichig. Der lerchenbaum heiſet ſonſt
leerbaum von larix, VitruvII, 9, Penthers
lexicon architectonicum ſ. 16; den winter uͤber iſt
er one nadeln und ſtehet nackt, Zwinger ſ. 185,
oͤconomiſche ſammlungen aus den Breslauer na-
tur- und kunſt-geſchichten ausgezogen, cap. IIII
ſ. 414
[700]XLI haubtſtuͤck
ſ. 414 fgg. Eichen und buchen wachſen langſa-
mer; die arten der eichen erzaͤlet Ellis in ſeiner
abhandelung von erbauung des zimmerholzes,
Leipziger ſammlungen VIIIIter band ſ. 241. Ab-
ſonderlich iſt kuͤhnbaum-ſamen zu ſaͤen, indem di-
ſes holz leichter waͤchſet, als eichen und buchen,
Leipziger ſammlungen Vter band ſ. 358, von den
nuß- und kaſtanien-baͤumen ſihe den VIIIIten band
ſ. 241, und die oͤconomiſche nachrichten im VIIten
bande ſ. 887, 895 fgg., ferner des Hanß Carl
von Carlowiz anweiſung zur wilden baumzucht
III teile, Leipzig 1732 fol., imgleichen Julius
Bernhardts von Rohr geſchichte der von ſich
ſelbſt wild wachſenden baͤume und ſtraͤucher in
Teutſchlande ebend. 1732 fol. worin des Carlo-
wiz lehrſaͤze erlaͤutert werden. Merere ſchriften
hirvon bemerket Zink in der kammeraliſten biblio-
thek ſ. 252 fgg. ſ. 256 fgg. Heinrich Wilhelm
Doͤbels eroͤfnete jaͤger-practica, Leipzig 1746 fol.
im IIIten teile, allwo von der beſchaffenheit der
holzungen gehandelt wird, Hermann Friedrich
von Goͤchhauſennotabilia venatoris, Weimar
1741, 8, ſ. 159 fgg. Samuel Trowells anlei-
tung fuͤr einen landmann, cap. 20, 21, ſ. 153-
214 fgg.
§ 1742
ausſezung
der baͤume
zu beobach-
ten iſt?
Einem ieden baume, der ausgeſezet werden ſoll,
muß ein loch 3 bis 4 ſchuhe weit mit guter erde
angefuͤllet gegraben werden; allein bei den weiden
bedarf es deſſen nicht.
§ 1743
me geduͤn-
get werden
koͤnnen?
Wo ſandiger und trockener boden ſich befindet,
iſt alter verfaulter kuͤhmiſt fuͤr die baͤume am be-
ſten; wo aber kaltes und feuchtes erdreich iſt, di-
net der ſchafmiſt. Der ſchweine-miſt kuͤlet die
kranken baͤume und machet ſie wieder gruͤnend.
Kraft-
[701]von der ſtadt- und dorf-flure.
Kraftloſe und halb erſtorbene baͤume werden mit
alten tauben-miſte geheilet, wenn zumal verrecktes
junges kleines vih, auch huͤner bey die wurzel ge-
leget werden.
§ 1744
In Thuͤringen und Ober-Sachſen, werden diedie ufer und
wiſen ꝛc.
koͤnnen mit
baͤumen be-
ſezet werden
ufer mit weiden und erlen, auch pappeln beſezet,
nicht minder die wiſen mit weiden bepflanzet.
Diſes kan ein ieder eigentuͤmer auf ſeinen zugehoͤ-
rigen guͤtern tun. Jedoch wollte die ſtadt B …
in Thuͤringen wegen des Schwarza baches nicht
leiden; in betracht bei flute-zeiten ire felder zu ſehr
uͤberſchwemmet, wenn diſer bach auf der einen
ſeite ein befeſtigtes hohes ufer haͤtte. Die regel
gilt hir: der groſe privat-nuz gehet den kleinen oͤf-
fentlichen vor: oder mein groſer nuz dringet des
andern nuzbarkeit vor, George Engelbrecht im
compendio iurisprudentiae lib. XLIII tit. XIII
§ 56 ſ. 676, wofern aber einer gegen uͤber weiden
pflanzet, die ins waſſer haͤngen; ſo geſchihet es
dadurch, daß ſie den ſtrom an das diſſeitige ufer
treiben, und ein wegreiſſen auf diſer ſeite verurſa-
chen. Daher ſolche ins waſſer hangende weiden
weggeſchaffet werden muͤſſen.
§ 1745
Inhalts der bemeldten F. H. Caſſeliſchenverordnun-
gen wegen
des baum-
pflanzens.
baumpflanz-ordnung § XIIII ſ. 8 ſoll keinem in
den landſtaͤdten, oder dorfſchaften das buͤrger-
beiſaß- oder einfarts-recht mitgeteilet werden, er
habe dann zuvoͤrderſt wenigſtens 5 junge obſtbaͤu-
me auf ſeinem eigentuͤmlichen, oder in mangel deſ-
ſen, auf der gemeine grunde 5 eichen, buͤchen,
hainbuͤchen, pappelbaͤume, eſchen und dergleichen
in die gemeine waldung, oder haͤcken gepflanzet;
die ſich verheiratende buͤrger und bauern aber ſol-
len, wenn ſie ſich im winter und fruͤlinge verhei-
raten,
[702]XLI haubtſtuͤck
raten, im fruͤlinge, und die ſich im ſommer, oder
herbſte vereheligen, im herbſte das paar, als
braͤutigam und braut, wenigſtens 4 obſt- oder
nach beſchaffenheit, andre baͤume pflanzen, fuͤr
deren auf kommen ſie allerſeits, auch mit behoͤri-
ger wartung zu ſorgen, und wenn einer abgehet,
einen andern an die ſtelle zu ſezen verbunden ſeyn
ſollen. Wie man mit der pflanzung der eichen zu
werke gehen muͤſſe, lehret Miller t. II ſ. 182 fg.
Eben dergleichen verordnung iſt in den F. S. Alten-
burgiſchen und Sachſen-Gothaiſchen landesgeſaͤ-
zen im IIten teile cap. III tit. 26, und corp. con-
ſtit. March. I teile II abt. ſ. 93 fgg. VIten teile
num. 167, der Magdeburgiſchen policei-ordnung
cap. XXVIIII § 13 beim Mylius im corp. con-
ſtit. Magdeb. im IIIten teile, num. 28, num. 79,
in der S. Querfurtiſchen forſt- und jagt-ordnung,
cap. X § 16 und XI. In den Kur-Brandenbur-
giſchen, Eiſenachiſchen, Weimariſchen, Wirten-
bergiſchen, Wolfenbuͤtteliſchen, Kurfuͤrſtl. Pfalz-
fuͤrſtentumbs in Ober-Baiern landes-ordnung
1606 tit. 15, und andern landes-geſaͤzen anzutref-
fen, Leiſer im iure georgico ſ. 422, 480, 481,
Fritſchde iure hortorum § XI ſ. 8, 9, Leib in
der erſten probe von verbeſſerung land und leute,
cap. III § IIII, und Parcus im kurzen begriffe
zur haushaltungskunſt, repertorium iuris pri-
vati, Iſter teil ſ. 529 fgg.
§ 1746
baͤume hil-
ten die alten
Teutſchen
hoch.
Die alten Teutſchen hatten fuͤr den hohen und
groſen baͤumen, beſonders den eichen, linden ꝛc.
ſonderbare hochachtung. Sie hilten gerichte und
allgemeine zuſammenkuͤnfte unter ſelbigen, Ku-
chenbeckersanal. Haſſ. coll. III num. 3, 9,
Schminkede cultu arboris Iouis in Haſſia,
Keyslerantiquitates ſeptentrionales, des herrn
ſyndi-
[703]von der ſtadt- und dorf-flure.
ſyndicus Dreyers ſammlungen vermiſchter ab-
handlungen zur erlaͤuterung der Teutſchen rechte
IIter teil ſ. 691 ſ. 702 ſ. 731, ſie hatten auch die
heiligen waͤlder, welche hainen benennet wurden,
welchen man das recht der freiſtaͤdte beilegte,
Strodtmanns bemeldte uͤbereinſtimmung der
Teutſchen altertuͤmer ꝛc. ſ. 205 fgg. ſ. 213, Dreyer
ſ. 703 fgg.
§ 1747
Die freveler an den baͤumen ſind mit feſtungs-wie die fre-
veler an den
baͤumen zu
beſtrafen
ſind?
bau, zuchthaus, handabhauen, leibes- auch gelt-
ſtrafe ꝛc. zu zuͤchtigen und zu beſtrafen, F. H. Caſ-
ſeliſche baumpflanz-ordnung § 20, 21, Mylius im
corp. conſtitut. Marchic. IIten teile IIIten abt.
ſ. 118, 119, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher
landes-ordnungen IVter teil ſ. 254, 256. Unter
die freveler, verderber, und beſchaͤdiger gehoͤren
diejenige, welche die baͤume ſchaͤlen, umhauen,
umreiſſen, umdrehen, ausbrennen, anſtecken, be-
ſchneiden, abkoͤpfen, auch diejenige, welche one
erlaubnis baſt machen, widſchneiden, queckſilber
hinein boren, laubſtreifen ꝛc. F. H. Caſſeliſche
forſt- und holz-ordnung ſ. 26, F. H. Darmſtaͤd-
tiſche forſt- und wald- auch weidwerks- und fiſche-
rei-ordnung, 1724 fol. IIter teil § 63 fgg. ſ. 27 fgg.
des von Ludewig gelehrte anzeigen im Iſten teile
ſ. 354 fgg., Fritſch am a. o. § 43, Kur-fuͤrſtl.
Mainziſche ordnungen fuͤr dero ſtadt Erfurt und
zugehoͤrige lande ſ. 293, F. S. Weimariſche lan-
des-ordnung tit. 42, repertorium iuris priuati
Iſter teil ſ. 531 fgg. § XI-XXIX.
§ 1748
Der uͤberfall von den baͤumen, welche am zau-wie der
uͤberfall ſo-
wohl uͤber-
hang beur-
teilet wird?
ne ſtehen, und deren fruͤchten, wird nach den aͤſten
beurteilet. Was ſolchemnach uͤber meines nach-
bars erdreich und boden faͤllet, gehoͤret ihm, nach
den
[704]XLI haubtſtuͤck
den Teutſchen rechten, Piſtorius cent. V par. 10,
Krebs am a. o. ſ. 67, 73, Hildebrandde fru-
ctibus in alienum praedium propendentibus,
Fritſchde iure hortorum § 31, 32, Frankfurti-
ſche reformation im VIIIten teile tit. 13 § 2, Schil-
terexerc. 47 § 75.
§ 1749
wurzeln u.
aͤſte halber
rechtens iſt?
Die wurzeln von meinem baume, welche in des
nachbars garten ſchlagen, darf er nicht weghauen,
wohl aber die aͤſte von meinem baume, welche in
ſeinen grund haͤngen und ſchatten machen, Fritſch
am a. o. § 33, 34 ſ. 23 fg., theatrum ſeruitutum
im anhange dec. IX ſ. 1213, Schilterexercit. 47
§ 75, Heineccius in den elementis iur Germ.
T. I lib. II § 69. Wenn aber ein baum uͤber
des nachbars haus, oder dach haͤngt, und daran
ſchaden verurſachet, oder auch unten im grunde
an den mauern des hauſes mit den wurzeln nach-
teil bringet, kan ſelbiger rechtlich fodern, daß ſol-
cher baum ausgegraben, oder abgehauen werde,
erneuerte reformation der ſtadt Frankfurt am
Maine im VIIIten teile tit. 13, Wildvogel diſp.
de eo quod iuſtum eſt circa arbores.
§ 1750.
zung der
baͤume mit
ſich brin-
get?
Iſt iemanden die nuzung der baͤume vermacht;
ſo kan er ſolche nicht umhauen, ſondern hat
nur die fruͤchte davon zu genuͤßen, und wenn eini-
ge ausgehen, iſt er ſchuldig, andre dargegen zu
ſezen, theatrum ſeruitutum tit. XV § 22 ſ. 695,
Solmſiſches landrecht im IIten teile tit. 7 § 8, 9,
welches auch auf die beamten und pfarrguͤter und
gaͤrten ſich anwenden laͤſſet, fernere beifugen zur
F. S. Gothaiſchen landes-ordnung ſ. 74, Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-ordnungen
Iſter teil ſ. 805.
Zwei
[705]von den wald- und holzungen ꝛc.
Zwei und virzigſtes haubtſtuͤck
von den wald- und holzungen, auch
dem forſt-weſen.
§ 1751
Die holzungen ſind allerdings fuͤr einen wichti-die holzun-
gen ſind un-
entherlich
und nuͤzlich.
gen landesſchaz zu halten. Denn ein un-
tertan vermag one gelt, getraide und holz nicht
wohl beſtehen. Der nuzen aͤuſſert ſich in ruͤck-
ſicht auf die austraͤgliche floͤſen, die berg- bau-
huͤtten- brenn- ſiedwerke, fabriken, das forſt und
jagt-regal, wie auch die hut und trift, die maſt,
die bequemlichkeit, bedeckung fuͤr froſt und hize,
der zamen vihzucht und des wildes, auch viler un-
tertanen narungsgeſchaͤfte, bei dem bauen, brauen,
backen, nicht minder in abſicht auf die bequem-
lichkeit der menſchen, und die anſehnlichſten ein-
kuͤnfte eines landesherrn; dahingegen der holz-
mangel einem ſtate groſen nachteil bringet, dar-
nebſt groſe ſummen geltes entzihet.
§ 1752
Bei dem wald- forſt- und holz-weſen hat manworauf bei
dem wald-
forſt- und
holzweſen
zu ſehen iſt?
auf verſchidenes zu ſehen, naͤmlich holzungen fuͤg-
lich und mir vorteile anzulegen, die bereits vor-
handenen waͤlder, forſte, hoͤlzer, gebuͤſche in beſ-
ſern ſtand zu ſezen, ſelbige durch forſtmaͤſigen ge-
brauch und zufaͤllige gelegenheiten zu benuzen,
wirtſchaftlich zu erhalten und zu ſchonen, auſſer-
dem das bau- werk- brenn- und uͤbriges holz, wie
auch die kolen wohl anzuwenden und zu ſparen.
§ 1753
Die holzungen werden in waͤlder, forſte, hoͤlzerdie eintei-
lungen der
holzungen.
und buͤſche eingeteilet. Die buͤſche werden auch
feldbuͤſche, feldhoͤlzer, vorhoͤlzer, vorberge, vor-
Y ykoͤpfe
[706]XLII haubtſtuͤck
koͤpfe ꝛc. benennet. Es gehoͤren naͤchſt diſem da-
hin die feld- und ſtraſſen-baͤume, die weiden, aſpen,
erlen, auf den wiſen, angern und in den auen.
Ein wald im weitlaͤuftigen ſinne hat viele forſte
unter ſich, als der Harz- Boͤhmer- Thuͤringer-
Schwarzwald ꝛc. Forſt iſt ein teil eines waldes
und begreifet den umfang eines waldes von bergen
und taͤlern unter ſich, auch flaͤchen, woruͤber ein
foͤrſter geſezet iſt. Wiewol das wort: forſt in
den alten Teutſchen geſaͤzen und urkunden unter-
ſchidliche bedeutungen hat. Es bedeutet daſſelbe
teils einen gehaͤgten ort und wald, darin nimand
weder jagen, fiſchen noch holzen durfte, Hertde
ſuperioritate territ. § 48, Reinhardde iure
foreſtali, cap. I § 4 ſ. 7; daher auch die gehaͤg-
ten fiſchwaſſer unter dem worte: forſt, oft mithe-
griffen worden ſind, Hert am a. o. Reinhard
am a. o. Friſch im Teutſch-Lateiniſchen woͤrter-
buche, Iſten teile ſ. 286, 287 unter dem worte:
forſt, folglich diſes wort ſo vil als den wildbann
mit angezeiget hat. Woraus die forſtliche ober-
keit und herrlichkeit iren urſprung leitet, davon
unten bei dem jagtregal gehandelt werden ſoll.
Teils wird das wort: forſt fuͤr die aufſicht und
forſtmaͤßige nuzung, auch erhaltung der waͤlder
und gehoͤlze, nach fuͤrſchrift der forſt-ordnungen
genommen, mithin das jagtrecht dem foͤrſter nicht
zuſtehet; es wird diſes auch das forſtrecht benen-
net, von Ludolf in faſc. 1 ſent. cam. n. 14,
Krebs am a. o. I, 2, 2, ſ. 13 ſ. 34 fgg. Hoͤlzer
ſind die in einem forſte gelegene einzele mit holz
bewachſene berge, taͤler, und ebenen, welche wohl
einer gemeine, oder privatperſon zugehoͤren koͤn-
nen. Buſchhoͤlzer heiſſen, welche eigentlich zu kei-
nen baͤumen, oder ſtangen wachſen, Stiſſers
jagt- und forſt-hiſtori cap. I § 5 ſ. 6 fgg. So
finden
[707]von den wald- und holzungen ꝛc.
finden ſich z. e. im amte Gießen 1) der forſt zum
Steinberge, unfern der commende Schiffenberg,
2) der forſt zum Staufenberge, einem ſtaͤdtgen
zwiſchen Gießen und Marburg, 3) der forſt Al-
lendorf an der Lumme. Die gattungen des hol-
zes ſind 1) an der ſeite vom Schiffenberge, ein
eichenwald, von ſeiten der Linnermark, untermi-
ſchet mit buchen und eichen, 2) der burgwald,
ein eichenwald, das ſtarke lohe- eichen, 3) der
Scheid, ein buchen-wald, welcher der ſtadt Al-
lendorf gehoͤret. Der Todten-wald, ein buchen-
wald, iſt nur beſagter ſtadt zuſtaͤndig. Sihe des
Eſtors vorrede zum IIIIten bande der neuen Eu-
ropaͤiſchen ſtats- und reiſe-geographi, § XXVII,
des Doͤbels jaͤger-practica, IIIter teil ſ. 3, Dan.
Ehr. Rodigs diſp. de iure priuatorum circa
ſyluas imprimis caeduas. Die grenzen eines
ieden forſtes ſind behoͤrig zu berichtigen und daruͤ-
ber zu halten.
§ 1754
Im Reiche und insbeſondere in Ober-Heſſen,im Reiche
und Ober-
Heſſen.
hat man waͤlder, oder waldungen, waͤldger und
haͤcken. Alles buſchholz nennet man haͤcken, oder
z. e. einen Birken-kopf. Im Naſſauiſchen heiſſet
diſes ein hauberg, Naſſau-Cazenellenbogiſche po-
liceiordnung cap. IX ſ. 98 fgg., jeweilen wird
ſolcher auch hauwald benennet, Reicharts diſp.
de iure priuatorum circa ſyluas caeduas ad-
modum reſtricto,Struvens diſp. de iure ſil-
varum et arborum,Fritſchde iure boſcandi.
§ 1755
Der wald beſtehet entweder aus bloſen eichen,woraus der
wald beſte-
het?
alsdann nennet man ihn einen eichen-wald, oder
aus buchen, ſolchenfalls hat er den namen eines
buch-waldes. Oefters aber iſt ſelbiger mit eichen
und buchen gemiſchet. Die hainbuchen, welche
Y y 2in
[708]XLII haubtſtuͤck
in der geſtalt der weiden-baͤume wachſen und zum
brennholze, auch ofenkloͤzen dinen, die aſpen, bir-
ken, ſaalweiden, ſind nebenholz, das hir und da
in einem waldflecke, auch in den haͤgen mit unter-
waͤchſet. Tannen-waͤlder gehoͤren in den hiſigen
gegenden zur ausname, weiln ſie beſonders ange-
leget werden muͤſſen. Im Oberfuͤrſtentume ſind
zum Rauſchenberge und Schweinsberge, auch in
Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen zu Gißen und zur Grebe-
nau gegen Hersfeld zu, auch zum Ober-glene die
haubttannen, welche bei dem bauen zur ruͤſtung
und traͤgern, oder donen geholet werden. Um
Darmſtadt ſind die tannen-waͤlder in menge.
Hir zu lande hat man den kuͤn-baum und die fich-
ten, iedoch, wie gedacht, als eine ſeltenheit. Die
Heßiſchen berge ſind nicht kale, ſondern ſie tragen
eichen, oder buchen, welche die Sachſen rot-bu-
chen nennen, gleichwol der unterſchid unter weiſen
und rot-buchen dahir unbekannt iſt. Die eichen
ſind zweierlei gattung, eisbaͤume und eichen ins-
beſondere, deren jene die Sachſen ſteineichen und
die eichen lohe-eichen nennen, von Rohr am a. o.
ſ. 141 § 2, der MillerT. II am a. o. ſ. 18 fg.
benennet XXXVI gattungen der eichen, Zwinger
hingegen ſ. 153 fg. gedenket nur X arten derſelben.
Die hain- oder hage-buchen heißen in Sachſen
ſtein-buchen.
§ 1756
Thuͤringi-
ſchen waͤl-
der fuͤrnaͤm-
lich beſte-
hen?
In Thuͤringen hat man den kuͤnbaum, die
fichte und die tanne, als die haubtbaͤume. Die
buchwaͤlder ſind in Thuͤringen nicht ſo vil anzu-
treffen, als im Reiche. Die tannen ſind dreyer-
lei gattung: 1) die edle tanne, 2) die weiſe tan-
ne, 3) die kifer- oder kuͤnfoͤre; die Sachſen haben
1) den kuͤnbaum, 2) die foͤre, 3) die fichte, und
4) den
[709]von den wald- und holzungen ꝛc.
4) den tannen-baum, Marburgiſcher beitraͤge
Vter teil ſ. 59 fg., Doͤbel am a. o.
§ 1757
Die tanne hat ganz ſchwarz-gruͤne nadelnder tannen
und ſich-
ten ꝛc. be-
ſchaffenheit.
(laub) und zottichte aͤſte. Die fichte hat herun-
ter hangende nadeln, und ſind deren zwo gattun-
gen. Die foͤren, forren, oder kifern ſind ein gu-
tes bauholz, iedoch des feuers halben gefaͤrlich.
Die adern, oder jare ſind dunkeler, als bei den
tannen und fichten. Die rinde der tannen und
fichten iſt aſchgrau, und eben nicht gar ſehr auf-
geriſſen. Die kifer hat unten eine ſtark aufgeriſ-
ſene rinde; oben aber, auch an den aͤſten, iſt ſie
roͤtlich und glatt, Penthers bauanſchlag ſ. 5, zu
waſſer-roͤren ſind die foͤren ungemein gut. Iſt
man genoͤtiget die tannen zu ſchwellen, oder eis-
boͤden zu gebrauchen, ſo iſt ratſam ſie mit ganz
heiſen wagenſchmiere, das mit peche vermiſchet iſt,
zu beſtreichen. Wo die waſſerroͤren trocken ligen,
da ſind die tannen die beſten. Die kuͤnbaͤume-
roͤren geben anfaͤnglich dem waſſer einen ſtarken
harz-geſchmack. Uebrigens iſt der kuͤnbaum kein
pinus, ſondern der pinaſter.
§ 1758
Das holz wird bekannter maßen in hartes unddie eintei-
lungen des
holzes wer-
den erzaͤlet.
weiches, laub- und tangel-nadelholz eingeteilet.
Das leztere wird auch ſchwarz, und harz-holz be-
nennet. Das laubholz wird wieder in das harte
und weiche eingeteilet, Doͤbel am a. o., wiewohl
einige auch die nadelhoͤlzer in harte und weiche ab-
zuteilen pflegen, Stiſſer am a. o. cap. IV abt. I
§ XI ſ. 109, von Carlowiz am a. o. Im Rei-
che werden die birken, das erlenholz, die maſſel-
lern, oder maßholdern ꝛc. unter das weiche holz
gerechnet.
Y y 3§ 1759
[710]XLII haubtſtuͤck
§ 1759
Die einteilung des holzes 1) in laßreiſſe, 2)
ſommer-latten, 3) vorſtaͤnder, welche 2 gehaͤue
geſtanden, 4) angehende baͤume, die 30 bis 50
jare alt ſind, ober baͤume (oder ober-hohe-holz),
die 80, 90, 100 jare geſtanden haben, iſt hir zu
lande unbekannt, Stiſſers einleitung zur land-
wirtſchaft, cap. IV abt. II § 3 ſ. 116, von Juſti
in der ſtats-wirtſchaft IIten teile § 164 ſ. 199 fgg.
ſ. 201.
§ 1760
lung des ei-
chen- und
buͤchen- hol-
zes.
Man hat hir das eichen- oder buͤchen-holz zu
betrachten. Jenes teilet man in das bauholz-
wirk- oder geſchirr- und nuz-holz; ſodann ins brenn-
holz und maſtbaͤume.
§ 1761
lung des ei-
chen-holzes.
Das eichenholz begreifet entweder den ſtamm,
oder die aͤſte, welche das urholz heiſſen. Jener
enthaͤlt dreyerlei bauholz: 1) die ſo genannten
haubt-bau-baͤume, oder die ſtarken und geſunden
ſtaͤmme, deren einer am ſtamm-ende im durch-
meſſer eine elle und druͤber, am obern ende aber
18 und merere zolle hat. Zum naͤhe- oder der
faͤre zwo ſtunden hirvon, ward eine eiche von etli-
chen 60 ſchuhen erfodert, davon der groͤßte ein
wellbaum (zur welle an ein muͤlrad) abgibet.
IItens koͤmmt die mittelgattung der eichenbaͤume,
die am ſtamm-ende 16 bis 18 zolle dicke ſind.
IIItens, die jungen eichen in der dicke von 12 bis
14 zollen; 2) die eichen laͤnge, oder ein ſtuͤck vom
ſtamme, 3) den eichenzopf, oder windfalls-kloz,
4) das ſtick-holz in die gefache der gebaͤude. Zum
brennholze werden nur die faule, abſtaͤndige, wind-
faͤllige, und zu keinem bau und werkholze, oder
zur maſt nicht dinſame eichen genommen. Bei
dem anſchlage eines waldes uͤberhaubt, beſonders
aber
[711]von den wald- und holzungen ꝛc.
aber eines eichen-waldes wird das augenmerk zu-
voͤrderſt auf die bau- und nuz-baͤume gerichtet.
Wo es an diſen gebricht; ſezet man oͤfters 8 bis
10 fl. fuͤr den morgen an.
§ 1762
Die erſte gattung dinet zu well-baͤumen an denwozu die
bau-baͤume
dinen,
und zwar
die ſtarken,
muͤlen-raͤdern, zu ſchlage-laden an den oͤl-muͤlen,
zum haus-baume an der wind-muͤle, zur ſchrau-
ben-mutter bei einer groſen preſſe, ſodann ſchwel-
len und rigel daraus zu ſchneiden.
§ 1763
Die mittel-gattung der eichen wird zu ſchwel-mittelmaͤ-
ſige und
ſchwache?
len, roͤſten in der erde, roͤſt-pfaͤlen, an den bruͤ-
cken zu eis-boͤcken und jochen, zum ſterze der wind-
muͤle, auch wohl zum fluͤgel-ruten, kuͤhe-krippen
und glocken-ſtuͤlen gebrauchet, Penthers bau-
anſchlag ſ. 3. Die ſchwachen eichen geben ſaͤulen
und ſchwellen und die ganz jungen im heiſſen waſ-
ſer geſotten, geiſel- und karbatſchen-ſtecken.
§ 1764
Bei dem bauen iſt das eis-eichenholz am be-wo das eis-
eichen-holz
beſonders
zu gebrau-
chen iſt?
ſten, auſſer nur nicht zu traͤgern, oder donen;
denn wie ſich diſe eiche einmal kruͤmmet, ſo blei-
bet ſie; hingegen der kuͤnbaum ſtreckt ſich wieder,
das iſt, er wirft ſich. Man erfodert zum voͤlli-
gen wuchſe einer eiche 100 jare, ſie beſtehet 100
jare, und 100 jare nimmt ſie ab, und zwar wird
erſtlich der wipfel doͤrre. Die laͤngeſte und ſtar-
keſte eiche befindet ſich im forſte Eringshauſen,
und iſt deshalber umzaͤunet. Zwiſchen Zigenhain
und Frillendorf iſt ein eichen-wald von ſehr dicken,
anbei mit knorren ausgewachſener eichen, die der
misgeburte von eichen gleichen. Wenn die eichen
auf die floͤſſe gebracht werden, teilet man ſie in
wagenſchuͤſſe ein. Zu Dagobertshauſen unfern
von hier, iſt eine ſo groſe eiche, daß ein rind,
Y y 4oder
[712]XLII haubtſtuͤck
oder 8 ſchweine darin ſich aufhalten koͤnnen.
Man kan trocken darin ſtehen, auch, wo man
will, einen tiſch darin anbringen.
§ 1765
holz tauget
nicht zu al-
len gebaͤu-
den.
Das buchen-holz tauget zum gebaͤuden im
trocknen nicht, weil es gleich wurmſtichig wird.
Dahingegen iſt ſolches zum waſſerbaue, wo es
beſtaͤndig im waſſer liget, gut. Diſemnach teilet
man es in werk- und brenn-holz. Zum buͤchen-
bauholze werden gebrauchet: 1) die ſtaͤmme, das
iſt, die gefaͤllte baͤume one aͤſte, davon die dickeſte
bader, oder gerinne baͤume heiſen, worin das
muͤlrad laͤuffet. Die nach diſen an der dicke
ſind, werden ſchaufel-baͤume benennet, weiln dar-
aus die ſchaufeln an den muͤlraͤdern gehauen wer-
den; dann die buchen-baͤume, woraus die wagner
felgen hauen, auch zu brettern, zu ſaͤrgen fuͤr die
ſchreiner und andern behuf dinen, 2) die buchen-
laͤnge, 3) achſen laͤnge, oder ein ſtuͤck vom klei-
nern heiſter, 8 ſchuhe lang, 4) buchen-heiſter,
oder ein noch geringer buchen-baum, welcher ſtaͤr-
ker als ein achſen-heiſter, 5) ſtuͤzen, oder ſtaͤuper,
auch holzſchneide-baͤnke, 6) ruͤſt-reidel, darauf
in die ſcheunen das getreide geleget wird, oder von
maurern, auch weisbindern (tuͤnchern) um an
den gebaͤuden auswendig zu arbeiten, gebrauchet
werden, 7) reidel zu wagen-deichſeln und lang-
widen, 8) weinpfaͤle, hopfenſtangen, 9) zaun-
oder fiz-gaͤrten, oder fach gerten- zum behufe der
kleber, 10) bohnenſtangen. Sonſt iſt die maſt
von den buchen nicht ſo gut, als von den eichen,
der ſpeck von den eicheln wird hart, von den buch-
eckern aber troͤpfelnd und weich.
§ 1766
che, aſpe,
birken, erlen
Die hein- oder weis-buche wird gleich den wei-
den-ſtaͤmmen gekoͤpfet. Ihr holz dinet zu den
kaͤm-
[713]von den wald- und holzungen ꝛc.
kaͤmmen, auch tribe-ſtoͤcken der muͤlen. Zu deniſt gut zu
gebrauchen.
lebendigen haͤgen um die gaͤrten, auch den alleen,
oder gaͤngen, irr-gaͤrten werden ſie ſtark gebrau-
chet. Aſpen und birken ſind gut unter den brau-
keſſel. Die birke ſtehet 60 bis 70 jare. Die
erlen taugen im waſſerbaue und zu den born-roͤren.
Die haſeln geben fachgerten und ſchienſtoͤcke fuͤr
kleber. Das lindenholz iſt fuͤr die bildhauer. Die
eſchen ſind fuͤr die wagner zu kutſchen-baͤumen.
§ 1767
Den anwuchs und anflug der hoͤlzer erhaltenwie der an-
wuchs der
hoͤlzer be-
ſchihet?
wir entweder von der natur, oder mit zuthuung
unſeres fleißes, und angewendeten arbeit. In
jenem falle erfolget die fortpflanzung des holzes
entweder durch den ſamen, oder durch das aus-
ſchlagen an der wurzel und ſtammes. Daher der
anflug und wiederwachs bekannt iſt. Durch den
ſamen kommet fuͤrnaͤmlich das nadelholz fort; al-
lein das laubholz wird ſowohl durch den ſamen,
als auch durch die auslaͤufer fortgepflanzet. Die
haͤher, oder markolfen verſtecken die eicheln, und
ſind demnach oͤfters die pflanzer derſelben. Die
natuͤrliche fortpflanzung gehet langweilig zu. Hin-
gegen die andre art, naͤmlich die kuͤnſtliche, hat
einen geſchwindern fortgang, auch beſſern erfolg.
Diſe fortpflanzung des holzes beſchihet teils durch
den ſamen, teils durch die pflanzung, und zwar
durch fortſezung ganzer und junger ſtaͤmme, oder
durch die ſchnittlinge, ſowohl aͤſte. Bei dem
wilden holze wird das ſaͤen beſſer, als das pflan-
zen gehalten. Von der befoͤderung des holzpflan-
zens beſagen die Teutſchen landes- forſt- policei-
und andre ordnungen. Sihe davon den Stiſſer
am a. o. ſ. 113 cap. 4 abt. I § 19 *, den von Goͤch-
hauſen am a. o., die oͤconomiſchen ſammlungen
aus den Breslauer natur- und kunſt-geſchichten
Y y 5aus-
[714]XLII haubtſtuͤck
ausgezogen cap. IV ſ. 415 fgg., von Juſti am
a. o. § 171 ſ. 209 im IIten teile.
§ 1768
mes nuzen.
Wo der holz-mangel ſich hervortut, iſt der
kuͤnbaum das brauchbareſte holz zum geſchwinden
aufwuchſe. Zum bauen, zu bretern, bolen, zum
waſſer-bau, zu ſchleiſſen, zum brennen, iſt es eine
ſehr nuͤzliche holzung. Allein das harzreiſſen iſt
daran nicht leicht zu verſtatten, beſonders, wenn
es zum nuz- ꝛc. holze gebrauchet werden ſoll, von
Carlowiz ſ. 48 § 39 ſ. 94 § 14, ſ. 171 § 13, von
Goͤchhauſen am a. o. ſ. 187 ſ. 210 fgg., F. H.
Darmſtaͤdtiſche forſt- und wald-ordnung, im
IIten teile § 52 ſ. 24. Das erlen-holz zu pflanzen
darf hirbei nicht vergeſſen werden, beſonders an
naſſen und ſumpfigten orten, F. H. Caſſeliſche
forſt- und holz-ordnung ſ. 24.
§ 1769
kommen des
anwuchſes
[zu] befoͤrdern
iſt?
Zum aufkommen und befoͤrderung des anfluges
ſowohl jungen wuchſes der baͤume, ſind die berge
und gegenden zu haͤgen, und weder die hirten, ſchaͤ-
fer, und andre leute mit irem vihe, noch gras-
ſchneider, laubſtruͤpfler, mosrecher darin zu dul-
ten, F. H. Caſſeliſche forſt- und holz-ordnung
vom jare 1683 fol. ſ. 21 ſ. 27, Naſſau-Cazenellen-
bogiſche policei-ordnung cap. IX § 14, von Goͤch-
hauſen am a. o. ſ. 221 fgg. 229, auch keine wi-
den zu ſchneiden, die beſen-binder fuͤr ſich nicht zu-
zulaſſen, noch andre ſchaͤdliche leute, als fuhrleu-
te ꝛc. darin zu leiden. Was die zeit belanget, wie
vile jare naͤmlich die gehaͤge verſchonet bleiben ſol-
len; ſo iſt ſolches, dem gemeinen wane nach will-
kuͤrig. In den Braunſchweig- Wolfenbuͤtteli-
ſchen landen, auch im ſtiſte Hildesheim werden
meiſtens 7 jare, in andern landen 5, 8 jare be-
ſtimmet, Stiſſer in der jagt- und forſt-hiſtori, im
anhan-
[715]von den wald- und holzungen ꝛc.
anhange ſ. 127, und in der einleitung zur land-
wirtſchaft, cap. IV abt. 3 § 8 ſ. 130. In der
F. H. Caſſeliſchen forſt- und holz-ordnung ſ. 22
werden wenigſtens 5 jare dazu verordnet. In-
halts der Naſſau-Cazenellenbogiſchen policei-ord-
nung cap. IX § 8 ſ. 99 ſoll kein vih in 2 oder 3 ja-
ren in die junge hoͤlze, oder ſtoppel-haine getriben
werden. Allein weder die jare, noch daß die rei-
gungen 7 ſchuhe hoch ſeyn muͤßten, geben eine all-
gemeine regel; ſondern ſo bald das rindvih vermit-
tels ſeiner hoͤrner den jungen wuchs nicht mehr
kruͤmmen, und den wipfel zum abfreſſen an ſich
bigen kan; ſo bald iſt die haͤge aufzutun. Denn
das rindvih weiß die jungen baͤumgen ſo zu bigen,
daß es den wipfel als das ſuͤſſeſte, zum fraße uͤber-
komme. Laͤſſet ſich aber der ſtamm, oder wuchs
nicht mehr beigen, ſo kan auch kein ſchade mehr
an dem wipfel beſchehen; ſintemal die abbeißung
deſſelben das wachstum eines baumes behindert.
Wo demnach eine haͤge auf kommen ſoll; allda
muß auch das wildpret weggeſchoſſen werden.
Diſes iſt die groͤſte mit-urſache des holzmangels.
Von den gehaͤgten waͤldern ſind die faͤrigen un-
terſchiden, in welche naͤmlich das vih faren darf,
Beck von der forſtlichen oberkeit ſ. 138.
§ 1770
Hat eine gemeine die hute im walde, welchewie der hut-
gerechtig-
keit bei der
anlegung ei-
nes gehaͤges
ein genuͤge
beſchehen
ſoll?
man die blumen-hute nennet, ſo muß jener bei an-
legung einer haͤge ein ander ſtuͤck waldes ſo lange
angewiſen werden. Das vih auf der weide im
walde bedarf eines ganges, oder einer trift zum
waſſer. Daher muß neben der haͤge eine trift
offen bleiben.
§ 1771
Bei dem faͤllen der baͤume und ſchlagen deswas bei
dem faͤllen
und ſchla-
holzes muß es ordentlich, pfleglich, redlich, treu-
lich
[716]XLII haubtſtuͤck
gen des hol-
zes zu beob-
achten iſt?lich und forſtmaͤſig zu gehen, auch auf das nuz-
holz geſehen werden, anerwogen ſonſt durch un-
treues, auch unzeitiges und unordentliches ſchla-
gen und abtreiben des holzes groſer ſchaden ver-
urſachet werden kan. Zu welchem ende keinem
foͤrſter zu erlauben iſt, daß er fuͤr ſich allein und
one vorwiſſen der forſtbeamten, ſamt den forſt-
ſchreibern, weder bau- werk- nuz- brenn- noch
ander holz, one den waldhammer, anweiſe, oder
verkaufe, abzaͤle, F. H. Caſſeliſche forſt- und
holz-ordnung ſ. 6, 7, ſ. 15, greben-ordnung ſ. 50
§ 1 § 3 ſ. 51 § 5 fgg., Naſſau-Dillenburgiſche
jagt- und forſt-ordnung § 38, Magdeburgiſche
policei-ordnung cap. IX ſect. III § 12, Henneber-
giſche forſt-ordnung. Es iſt auſſerdem den ge-
meinen und den privat-perſonen in iren hoͤlzern
nach eigenem gefallen zu ſchlagen und zu faͤllen
nicht zuzulaſſen, immaßen dem holz-mangel auf
alle weiſe vorzubeugen iſt. Zu dem ende dinen
die holz- und forſt-ordnungen, F. H. Caſſeliſche
greben-ordnung ſ. 119 § 4, von Juſti am a. o.
§ 162 ſ. 197 § 165 ſ. 200 fgg., Reinharts diſp.
de iure priuatorum circa ſiluas caeduas admo-
dum reſtricto; daher muͤſſen die untertanen in
iren eigenen waldungen ſich forſtmaͤſig betragen,
und nach maasgebung der landesherrlichen forſt-
ordnungen ſich betragen, von Ludolfobſ. for.
CIV § 5 ſ. 273 fg. t. I. Ob aber die herrſchaft-
lichen forſt bedinten ſich der anweiſung unterzihen
und gar eine belonung desfalls fodern koͤnnen?
das iſt eine andre frage. In ſachen der ſtadt
H. wider das fuͤrſtliche forſt-amt zu R. hat man
dafuͤr gehalten, daß diſem unverwehrt ſey, der
ſtadt-anweiſung auf ſeine koſten beizuwonen.
§ 1772
[717]von den wald- und holzungen ꝛc.
§ 1772
Die faͤllung des bauholzes muß im winter ge-das bauholz
iſt im win-
ter zu faͤllen,
ſchehen, weil alsdann der ſaft in die wurzel zuruͤck
getreten iſt. Man hauet ſie auf beiden ſeiten an,
und laͤſſet den kern unberuͤret, damit der ſich ſen-
kende ſaft durch die kerben abfallen moͤge. Dar-
auf wird der baum voͤllig abgehauen. Das iſt
der rat Vitruvens.
§ 1773
Bei dem holzfaͤllen iſt auf die erhaltung derworauf da-
bei zu ſehen
iſt?
haͤgereiſſer, der ſamen-baͤume, wildbahn, und
jagt zu ſehen, bevorab wenn ein anderer diſe im
walde hergebracht hat, Beck am a. o. ſ. 139 fgg.
Krebs am a. o. P. I claſſ. 4 fect. 63 ſ. 197 fgg.
anerwogen die jagt und wildban vom waldherrn
nicht veroͤdet werden duͤrfen; wie daruͤber in ſa-
chen Sachſen-Weimar wider Hazfeld-Gleichen
geſtritten worden iſt.
§ 1774
Dem walde iſt es nicht zutraͤglich, wenn dasdas lange
ligen des
holzes im
walde iſt di-
ſem nicht
zutraͤglich,
imgleichen
das zimmer
hauen, und
das willkuͤr-
liche holz-
leſen.
gemachte holz zu lange darin ligen bleibet; daher
iſt die zeitige abfur deſſelben nach der beſchehenen
holzbeſichtigung ſo bald das holz doͤrre iſt zu befe-
len; auch das zimmerhauen in den waͤldern zu
unterſagen, F. H. Caſſeliſche forſt- und holz-ord-
nung ſ. 9. Das holzleſen in den herrſchaftlichen
waͤldern iſt nicht zu allen zeiten, auch nicht auf
alle tage zu verſtatten, ſondern es kan ſolches
wohl eingeſchraͤnket werden, geſtalt dann beſage
der F. H. Caſſeliſchen greben-ordnung tit. 23 § 1
ſ. 50 nimand one der forſtbedinten vorbewuſt holz-
leſen, darnebſt weder axt, noch barte mit in den
wald nemen ſoll. Thue hinzu die bemeldte forſt-
und holz-ordnung ſ. 7, in betracht der holz-diberei
auf alle weiſe einhalt zu tun ſeyn will. Wirten-
bergiſche forſt-ordnung, Hennebergiſche forſt-ord-
nung
[718]XLII haubtſtuͤck
nung § ſo ſollen ꝛc. Calenbergiſche forſt-ordnung
cap. 2 § 13.
§ 1775
ren im wal-
de iſt nicht
alle tage zu
verſtatten.
Weder in den eigenen, noch in den herrſchaftli-
chen waͤldern iſt das holzfaren alle tage verſtattet,
ſondern es werden hirzu zwene tage anberamet,
F. H. Caſſeliſche forſt und holz-ordnung vom
jare 1683 ſ. 7; immaßen ſonſt der bauer unterm
fuͤrwande, ſein klafter-holz zu faren, das ganze
jar in den wald faͤret, und holz entwendet. Die
holung des beſtallungs-holzes von den zugeſchribe-
nen klaftern leidet ire ausname.
§ 1776
ſtallungs-
holz gehau-
en werden
ſoll?
Das hauen der bind-raidel wird nicht nach
willkuͤre verſtattet. Das klafter-beſtallungs-holz
wird durch geſchworne holzhauer gehauen, und in
die klafter geleget. Diſes teilet ſich ins lange und
kurze holz. Jenes iſt 6 ſchuhe lang, und die klaf-
ter 5 ſchuhe hoch. Das kurze holz iſt 3 ſchuhe
lang, und 10 ſchuhe hoch, auch den untertanen
fuͤrtraͤglicher. Die ſcheite, oder ſpalten muͤſſen
in die klafter nicht dinne, ſondern ſtark und grob
geſpalten ligen, von Goͤchhauſen ſ. 237 fgg.
§ 1777
waͤldern
ſchaͤdlich iſt,
Das aſchen- heiden- graß-brennen, imgleichen
die haͤufigen kolſtaͤtte der koͤler bringen den waͤl-
dern keinen nuzen; derhalben ſolche bei ſtrafe zu
unterſagen ſind, F. H. Caſſeliſche forſt- und holz-
ordnung ſ. 9 fg. ſ. 28. Die hirten, ſchaͤfer, holz-
arbeiter duͤrfen an die baͤume kein feuer machen,
ſ. 10, 11, Stiſſer am a. o. cap. IV abt. III § 2,
3, ſ. 127, § 12 ſ. 133.
§ 1778
holzſpar-
kunſt erfo-
dert,
Die holzſparkunſt erfodert: daß wo kein allzu-
großer uͤberfluß am holze iſt, weder kolen, zimmer-
noch ander bau- nuz- brenn-holz auſſer landes, we-
der
[719]von den wald- und holzungen ꝛc.
der durch floͤßen, noch auf eine andre art gebracht,
F. H. Caſſeliſche forſt- und holz-ordnung ſ. 27,
imgleichen daß nicht allen und ieden eigene back-
oͤfen verſtattet, ſ. 25, die ſchneide-muͤlen einge-
ſchraͤnket werden, auch bei vilen andern gelegen-
heiten des holzes geſchonet werde, Stiſſer in der
einleitung zur landwirtſchaft cap. IV abt. 2 § 19
ſ. 124 ſ. 133. Immittels iſt bei dem verkaufe des
holzes den untertanen billig der vorkauf ſowohl
vorzug zu verſtatten, fernere beifugen zur S. Go-
thaiſchen landes-ordnung ſ. 646 num. 27, F. H.
Caſſeliſche forſt- und holz-ordnung ſ. 27.
§ 1779
Das ſiden fuͤr das rindvih, die menge desund deswe-
gen abzu-
ſchaffen iſt [...]
wildprets, die ſchmelzen- und eiſen-huͤtten, auch
haͤmmer, die glas-huͤtten, die kamine verurſachen
eine holz-teurung, wo man nicht mit ſteinkolen
dazu verſehen iſt. Wenn aber ein allzu großer
uͤberfluß an holze vorhanden, und ſolches durch
floͤſſen nicht ſonderlich genuzet werden kan, ſind
die bemeldte huͤtten, und fabriken auch bergwerke
anzulegen, um einen guten nuzen vom holze zu
erlangen.
§ 1780
Wo turf (torf) und ſteinkolen ſich vorfinden,der torf iſt
zu erſpa-
rung des
holzes zu
gebrauchen.
iſt deren gebrauch zu erſparung des holzes nicht zu
verabſaͤumen, von Carlowiz am a. o. f. 281-283,
von Rohr in der geſchichte der von ſich ſelbſt
wilde wachſenden baͤume ꝛc. ſ. 2 § 3 ſ. 135 fgg.,
Leipziger ſammlungen von wirtſchaftlichen ꝛc. ſa-
chen im IVten bande ſ. 367, Vten bande ſ. 288,
538, ſ. 720, VIIIten bande ſ. 652, 674, IXten
bande ſ. 166, Degners erlaͤuterung von torf und
brennenden raſen, Frankf. 1731, 8.
§ 1781
[720]XLII haubtſtuͤck
§ 1781
wird be-
ſchriben.
Der turf iſt teils ein mit vilen zaͤſergen, faͤſig-
ten und filzigten wurzeln durchwachſenes moos,
teils ein aus vilem graſe und verfaulter ſchwefe-
lichter holzerde beſtehendes erdreich, teils eine
verſammlete menge unzaͤlicher wachſenden und
gruͤnen pflaͤnzgen, die unter dem ſumpfigen und
ſtillſtehenden waſſer hervorkommen, und ſich mit
einander verwickelt haben. Die farbe iſt bei ei-
nigem turfe dunkelbraun, fett und klebericht; ei-
niger iſt leicht und trocken, und beſtehet aus vilen
holzigten teilgen auch dicken wurzeln, aus rore,
ſande ꝛc. von Rohr am a. o.
§ 1782
muß iewei-
len das holz
vertreten.
In der Wetterau und vilen andern orten, wird
aus mangel des holzes mit ſtrohe geheizet und ge-
kochet. Ein kleines feſt zuſammen gebundenes
gebuͤndgen vom ſtrohe dinet anſtatt des ofen-
klozes.
§ 1783
einbrechen-
den holz-
mangel der
unterta-
nen ꝛc. ge-
halten wer-
den mag?
Haben etwa untertanen in einem herrſchaftli-
chen, oder adelichen walde die beholzigung, der
wald aber nimmt ab, und die untertanen mehren
ſich; alsdann wird der wald gemeſſen, das holz
darin uͤberſchlagen, und der ertrag ausgeworfen,
nach fuͤrſchrift, wie ich im Vten ſtuͤcke der Mar-
burgiſchen beitraͤge ausgefuͤret habe. Wie aber!
wenn der vaſall ſeinem lehnsherrn gegen die be-
holzigung den wald uͤberlaſſen hat! Hier kan
der vaſall von der hergebrachten holz-anzale nicht
zuruͤck geſezet werden. Alſo iſt in ſachen von B.
wider die rentkammer zu H. geſprochen worden.
§ 1784
nis darf
kein anſtoͤſ-
ſer an den
Wer one erlaubnis ſich bei ſeinem acker und
wiſen, welche an die waͤlder ſtoßen; zu roden un-
terſtehet, iſt ſtraffaͤllig, F. H. Caſſeliſche forſt-
und
[721]von den wald- und holzungen ꝛc.
und holz-ordnung ſ. 22 ſ. 28, greben-ordnung ſ.herrſchaft-
lichen wald,
roden.
52 § 14 ſ. 207, geſtalt dann auch zu beſſerer er-
haltung des holzes den untertanen kraft viler
Teutſcher landes-geſaͤze verboten iſt, die waͤlder
und hoͤlzer abzutreiben, abzuraͤumen und auszu-
ſtoͤcken, Luͤneburgiſche holz-ordnung § 76-78,
Mecklenburgiſche policei-ordnung, Gothaiſche
forſt-ordnung, F. H. Darmſtaͤdtiſche forſt- und
wald-ordnung im IIten teile § 18 ſ. 16, Hertde
ſuperioritate territoriali § 50, repertorium iu-
ris priuati Iſter teil ſ. 53 und ſ. 371 unter den wor-
ten: abraum und ausſtoͤcken. Vom abſterben
und andern zufaͤllen, oder ſchaͤdlichen krankheiten
der baͤume ſihe den von Carlowiz am a. o. cap. 5
ſ. 45 fgg., von Goͤchhauſen am a. o. ſ. 191 fgg.
§ 1785
Es ſtehen aber die waͤlder, hoͤlzer, buͤſche ent-was der ei-
gentuͤmer
des waldes
fuͤr nuzun-
gen daraus
hat?
weder dem landesherrn, den gemeinden, oder an-
dern perſonen zu. Demjenigen, welchem des wal-
des grund und boden zugehoͤret, gebuͤren auch die
nuzungen. Diſe ſind entweder haubt- oder neben-
nuzungen. Die haubt-nuzungen betreffen haubt-
ſaͤchlich die holzungen. Derjenige, welcher eigen-
tuͤmer des waldes, oder holzes iſt, benuzet die
baͤume, und die auf denſelben wachſenden fruͤchte,
das gras, hut und weide, wenn ſolche ein ande-
rer nicht hergebracht hat. Imgleichen kan er das
harz ſammlen, die ſchalen von den baͤumen zur
lohe andern uͤberlaſſen, wie bald mit mererem bei
dem jagt- und forſt-regal gezeiget werden ſoll. Er
kan die baum-maſt an eicheln, bucheckern, und
wilden obſte andern darin verſtatten, verkaufen,
verpachten, und one erlaubnis darf nimand die
eicheln oder das wilde obſt aufleſen, brechen und
entwenden, F. H. Caſſeliſche forſt- und holz-ord-
nung ſ. 31, Beck von der forſtlichen oberkeit
Z zſ. 139
[722]XLII haubtſtuͤck
ſ. 139 fgg., Heuſerde eo quod iuſtum eſt circa
ius glandis legendae,von Juſti am a. o. § 163
§ 167 IIten teile ſ. 198 fg., Krebs am a. o. P. I
claſſe IV ſect. 3 § 7 ſ. 103 fgg., iedoch, wenn
ein anderer die jagt darin hat, muß fuͤr das wild
die noͤtige azung uͤbrig gelaſſen werden, Heuſer
am a. o. § 26 fgg.
§ 1786
wird nicht
aller orten
dem forſt-
und wald-
eigentuͤmer
beigeleget.
Jeweilen wird das recht, das eckerig zu leſen,
zum jagt-rechte, und nicht zum eigentume des wal-
des, oder zum forſt- und wald-rechte gezaͤlet, Ric-
cius im entwurfe von der in Teutſchlande uͤbli-
chen jagt-gerechtigkeit, cap. 3 § 6 ſ. 103. In
Baiern und Bernburgiſchen hat der fuͤrſt die
maſt, Zinkens grundriß einer einleitung zu den
kammeral-wiſſenſchaften, IIten teile cap. VIII
§ 484 ſ. 176. Es kommet alſo dißfalls auf die
landes-verfaſſung und das herkommen an.
§ 1787
waldes ver-
mag die
maſt beſich-
tigen zu
laſſen.
Dem herrn des waldes ſtehet die gerechtigkeit
zu, die maſt beſichtigen zu laſſen. Die maſt be-
deutet die fruͤchte der eichen- und buchenbaͤume.
Die eichel-maſt iſt fuͤr die ſchweine die beſte. Der
ſpeck davon wird, wenn der maſt-wurm ſich da-
bei gut zeiget, hoch und hart: haͤlt ſich und dinet
zum ſpicken.
§ 1788
lung der
maſt,
Die maſt teilet ſich in die vor- und nach-maſt,
in die voͤllige, nicht ganze, halbe und die nur zum
durchlaufen der ſchweine. Die beſichtigung be-
ſchihet mit zutun eines ausſchuſſes derer, welche
die ſchweine auf den wald ſchlagen, und die maſt
dingen wollen. Nach befinden wird ſo und ſo
vil auf ein ſchwein an maſt-gelte geſezet. Darauf
folget das ſchreiben der kuͤnftigen maſt-ſchweine,
die man in ſaͤue, laͤuflinge und ferkel einteilet.
Diſe
[723]von den wald- und holzungen ꝛc.
Diſe ſtecken unter jenen, und gibet eines ſo vil als
das andre. Das ſchreibe-gelt gehoͤret an vilen
orten dem foͤrſter. Vile brennen die ſchweine, vile
nicht; weiln es leichtlich auswaͤchſet. Den ade-
lichen, die es nicht hergebracht haben, wird das
brenn- und brenn-gelt nicht nachgelaſſen.
§ 1789
Das leſen der eicheln zum trockenen fuͤr dasdas leſen
der eicheln
iſt one er-
laubnis
nicht ver-
ſtattet.
rindvih und die gaͤnſe, kan ſonder erlaubnis nicht
beſchehen. Das ſchlagen und kehren der eckern
iſt unterſchiden. Die erlaubnis dazu gegen eine
gewiſſe abgift nennt man handeln. Aus den
eckern und haſelnuͤſſen wird oͤl geſchlagen. Ein
Kur-fuͤrſt bedauerte einen Reichsfuͤrſten, daß di-
ſer keine weinberge im lande habe. Der fuͤrſt
zeigete ihm ſeine waldungen, daraus er einen
herbſt von 60, 1000 thlr. mache. In Baiern
iſt das maſt-gelt ein groſes einkommen in die rent-
kammer von etlichen tonnen goldes, von Lude-
wigGermania princeps lib. IV cap. V § 3 ſ. 91.
§ 1790
Die zeit des eintreibens und ausfemens bei derwie die
maſt-zeit
beſtimmet
wird?
maſt, richtet ſich nach dem herkommen, und den
landes geſaͤzen. Die forſtbedinten duͤrfen ſich der
nach-maſt nicht anmaßen, wo ihnen ſolche nicht
beſonders verſtattet iſt, ſondern muͤſſen ſolche der
herrſchaft berechnen, Kur-Braunſchw. Luͤneburg.
landes-ordnungen IVter teil cap. VI ſ. 252 § 8.
Im uͤbrigen wirket bei pachtungen der guͤter der
maſtungs-abgang, oder mißwachs keinen erlaß.
§ 1791
Zur aufſicht uͤber die waͤlder und holzungen
ſind gewiſſe perſonen zu beſtellen, wovon bei dem
forſt- und jagt-regal zu handeln ſeyn wird.
Z z 2§ 1792
[724]XLIII haubtſtuͤck
§ 1792
zehnten.
An einigen orten in Teutſchlande, iſt auch der
zehnte von allem holze eingefuͤret, welches die unter-
tanen aus iren in den fuͤrſtlichen forſten gelegenen
hoͤlzern ſchlagen laſſen, von Juſti am a. o. § 162
ſ. 197 im IIten teile, Zinkens einleitung zu den
kammeral-wiſſenſchaften IIter teil cap. 8 § 484
ſ. 176, Krebs am a. o. I, 1, 1, 2, 4, und P. I
claſſ. 15 ſ. 499 fgg.
Drei und virzigſtes haubtſtuͤck
von den zum ſtate gehoͤrigen ſachen.
§ 1793
lung der
ſtatsſachen.
Die koͤrperlichen ſachen ſind etweder bewegliche
oder unbewegliche. Sie gehoͤren teils zum
ſtate, teils dem landesherrn beſonders, oder ſie
ſtehen gemeinen, auch privat-perſonen zu (§ 1045).
Die ſtatsſachen ſind ebenfalls teils koͤrperlich, teils
nicht koͤrperlich (1054-60). So vil die koͤrper-
lichen belanget, koͤnnen diſe gleichermaßen in be-
wegliche und unbewegliche geteilet werden. Die
nicht koͤrperlichen begreifen die rechte und gerech-
tigkeiten, welche bei groſen herren regalien benen-
net werden, und ſind entweder auf dem feſten lan-
de, oder aͤuſſern ſich in anſehung des waſſers,
Zinkens grundriß einer einleitung zu den kamme-
ral-wiſſenſchaften IIter teil, cap. VI § 320
ſ. 108 fgg.
§ 1794
chen beſte-
hen teils
aus haubt-
achen, teils
Der ſtat wird entweder in ſeinem ganzen um-
fange, als ein ganzes und die haubtſache betrach-
tet, oder man hat mit deſſelben zubehoͤrungen
(pertinenzen) zu tun. Diſemnach ſind bei einem
ſtate,
[725]von den zum ſtate gehoͤrig. ſachen.
ſtate, ſowohl haubtſachen, als auch zugehoͤrigeaus zubehoͤ-
rungen.
ſachen (§ 1045). Man hat daher das ſpruͤch-
wort: „ſand und land gehoͤret der herrſchaft; im-
„gleichen der wind gehoͤret der herrſchaft,„
Stryks diſp. de iure principis aereo. Wor-
aus ſich ergibet, daß nach masgebung der Teut-
ſchen rechte es heiße: „was allen untertanen nicht
„vil nuzet, hergegen dem landesherrn allein vor-
„teil bringet, das hat ihm ſeine voͤlkerſchaft uͤber-
„laſſen; oder alle adespota gehoͤren dem landes-
„herrn, Eſtorde abuſu rerum merae faculta-
tis; daher die luft nicht gemein iſt, wie bei den
Roͤmern. Diſemnach kan einer one landesherr-
liche bewilligung keine windmuͤlen auf gemeinem
grunde und boden anlegen. Sihe das oͤconomi-
ſche lexicon unter dem worte: muͤlen.
§ 1795
Alle groſe fluͤſſe und ufer werden benebſt derdie ſtatsſa-
chen werden
dem landes-
herrn
fiſcherei ebenfalls dem landesherrn zugeſchriben.
Daher bei den Angel-Sachſen das ius ſturgio-
num, ſturionum angetroffen wird, Dreyerde
vſu genuino iuris Anglo-Saxon. ſ. 204. Nicht
minder werden ſelbigem die meere, ſeen, ſalzbrun-
nen, ſauerbrunnen, baͤder, die groſen waͤlder mit
iren gerechtigkeiten, die ſchaͤze unter der erden,
bergwerke, Frid. Ernſt Bruͤckmanns ausfuͤr-
liche beſchreibung aller bergwerke in Europa,
2 teile fol. 1727, die oͤffentlichen ſtraßen, die zoͤlle,
die inſeln, edelgeſteine, perlenfiſcherei, der bern-
und agtſteine ꝛc. beigeleget (§ 1056-1060), und
iſt ſelbiger deswegen verordnungen zu machen be-
fugt, Buders diſp. de dominio lacus Bodam.
Hertde ſuperioritate territoriali § 47, der
herr graf Heinrich von Buͤnaude iure Impera-
toris atque imperii R. G. circa maria, Leipzig
1744, 4, Conrad Sam. Schurzfleiſchde
Z z 3maris
[726]XLIII haubtſtuͤck
maris ſeruitute,Joh. Strauchde imperio
maris, 1674, 4.
§ 1796
behoͤrigen
gewalt bei-
geleget.
Die in einem ſtate befindliche ſachen, ſind ent-
weder von ſolcher art, daß die untertanen davon
gemeinſamen nuzen zihen ſollen, oder die gemeinen
koſten davon beſtritten werden, auch zum unter-
halte des landesherrn dinen (1054 fg.), geſtalt
dahin die domainen (1058), die waͤlder, die jag-
ten, die fiſealiſche einkuͤnfte, zoͤlle und andre ge-
meine abgaben zu rechnen ſind. Damit aber in
einem ſtate alles zum beſten deſſelben verwendet,
auch diſes jeweilen vermittels einer gewalt erhal-
ten werden moͤge, iſt eine behoͤrige macht (impe-
rium) erfoderlich. Wo alſo ein landesfuͤrſt vor-
handen iſt, koͤmmt ſelbigem allerdings gedachte
macht und gewalt zu, wo die landesverfaſſung
ein anders nicht mit ſich bringet.
§ 1797
herr kan die
beſtimmung
derſelben
feſtſezen.
In einem ſtate hat man oͤffentliche ſachen ſo-
wohl orte. Dem landesherrn wird desfalls ein-
geraͤumet zu ermeſſen, wozu ſelbige beſtimmet
werden moͤgen, ob ſie naͤmlich privat-leuten uͤber-
geben, oder den untertanen uͤberlaſſen, oder zu
etwas anders beſtimmet werden ſollen (§ 1058).
Wenn aber auch dergleichen ſachen den unterta-
nen eingeraͤumet werden; ſo koͤnnen ſie doch nicht
iederzeit damit nach gefallen ſchalten und walten,
ſondern es kan ein landesherr deßfalls zil und maß
ſezen, jeweilen auch wohl ſelbige des gemeinen
beſtenshalber einzihen und zu einem andern nuzen
anwenden, immaßen ihm die hoͤchſte gewalt zu-
ſtehet, mittel und wege ausfuͤndig zu machen,
durch welche das gemeine beſte eines ſtates befoͤr-
dert und erhalten werden kan. Weshalber er
auch in anſehung der oͤffentlichen ſachen, vermoͤge
ſeiner
[727]von den oͤffentlichen gebauden, ꝛc.
ſeiner hoͤchſten gewalt, das behufige verfuͤgen mag.
Sihe des herrn H. R. Georgen Ludewig
Boͤhmers diſp. de iure principis circa loca et
opera publica, cap. I § XI, und cap. III § 1-3.
Privat-perſonen duͤrfen one verwilligung des lan-
desherrns ſich eigenmaͤchtiger weiſe der zum ſtate
gehoͤrigen ſachen nicht anmaßen, noch in den beſiz
nemen, Thomaſiusde praeſcriptione regal. ad
iura ſubditorum non pertinente. Die zum
ſtate behoͤrigen ſachen machen das ſtatsvermoͤgen
aus, von Juſti in der ſtats-wirtſchaft IIter teil
§ 1-3 fgg.
Vier und virzigſtes haubtſtuͤck
von den oͤffentlichen gebaͤuden, den
ſpinn- werk- zucht- waiſen-haͤuſern ꝛc.
§ 1798
In einem ſtate finden ſich oͤffentliche gebaͤude
und orte (§ 1047), Penther von anlegung
der oͤffentlichen gebaͤuden, fol., Leonhard Chri-
ſtian Sturms anweiſung groſer herren pallaͤſte
ſchoͤn und praͤchtig anzugeben, Augsburg 1718, fol.
Diſe ſtehen unter des landesherrn gewalt und
aufſicht. Inſonderheit koͤnnen hirher die werk-
ſpinn-raſpel-walſen- zucht-haͤuſer gezogen werden.
§ 1799
Ein ſpinn-haus iſt ein oͤffentliches gebaͤude,was ein
ſpinuhaus
worin muͤſſige, luͤderliche, auch unvermoͤgende
weibesperſonen unterhalten werden. Eine jede
muß an weiblicher arbeit das ihr taͤglich aufgege-
bene bei ſtrafe der zuͤchtigung lifern.
Z z 4§ 1800
[728]XLIV haubtſtuͤck
§ 1800
iſt?
Ein zucht-haus iſt ein oͤffentliches gebaͤude, zum
aufbehaͤltniſſe nichtswuͤrdiger, luͤderlicher und un-
gezogener leute, teils zur taͤglichen ſtrafe, teils
zur gemeſſenen arbeit, um ſie zu einer beſſern le-
bensart zu gewoͤnen. Ins zuchthaus gehoͤren eine
kirche, arbeits-oͤrter, und verſchloſſene ſchlafſtaͤtte.
Es ſind unterſchidene grade darin, nachdem einer
geſuͤndiget hat. Vorneme perſonen kommen in
die ſeparaten des zuchthauſes. Das koſtbareſte
zuchthaus iſt zu Amſterdam; ſihe Leonh. Chriſt.
Sturms anweiſung zur erbauung der zuchthaͤu-
ſer, fol., auch im auserleſenſten Goldmanne von
zucht- und libes-gebaͤuden.
§ 1801
ge, welche
hinein kom-
men, ange-
ſehen wer-
den,
Aeltern und vormunden koͤnnen die ungehorſa-
men kinder hineinbringen. Die perſonen welche
hinein kommen, heiſſen zuͤchtlinge, und bekommen
ordentlicher weiſe den willkommen, welcher in ei-
ner gewiſſen anzal ſchlaͤge beſtehet. Nachdem
erhalten die mannsperſonen auch wohl ein bein-
eiſen, hingegen die weibesperſonen ein kloz an das
bein; der vorgeſezte des zuchthauſes heiſſet der
zuchtmeiſter, oder der hausvater. Sihe die be-
ſchreibung des zucht- waiſen- und armen-hauſes
zu Waldheim in Kur-Sachſen.
§ 1802
zuchthaus-
ſtrafe be-
trachtet
wird?
Das zuchthaus im groͤſten grade, wird dem
ſtaupbeſen gleich geachtet. Die landesverwei-
ſung, dem mittlern grade. Juriſten-facultaͤten
duͤrfen auf den veſtungsbau und zuchthaus-ſtrafe
nicht erkennen, wo nicht eine beſondere verord-
nung desfalls vorhanden iſt.
§ 1803
erbauung
und unter-
Die erbauung des zuchthauſes gehoͤret unter
die landesſchuldigkeiten. Die unterhaltung wird
genom-
[729]von den oͤffentlichen gebaͤuden ꝛc.
genommen 1) von kirmeſſen-taͤnzen, 2) ſpilleu-haltung der
zuchthaͤuſer
zu nemen
iſt?
ten, 3) juͤden bei der copulation, 4) bei ſchenk-
hochzeiten, 5) willkuͤrlichen collecten, 6) von bir-
wein- und brandewein-wirten, 7) von karten,
8) ſeiltaͤnzern. Im Braunſchweigiſchen haben
ſelbige von den teſtamenten einiges zu heben. F.
H. Caſſeliſche verordnung wegen des zuchthauſes
1720, 1734, Grebenordn. tit. III ſ. 11 fgg., Kur-
fuͤrſtlich-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-
ordnungen IVter teil cap. V ſ. 61, und IIter teil
cap. II ſ. 717 fgg. Sihe mit mereren hirvon den
Simonde ergaſteriis, den Reinhart, des
Doͤplers ſchauplaz der leib- und lebens-ſtrafen
T. I cap. 13 von anlegung eines zuchthauſes und
deſſen einrichtung beſagen die Leipziger ſammlun-
gen von wirtſchaftlichen ſachen, IIIter band ſ. 803
ſ. 1051 fgg.
§ 1804
Ob aber ein handwerksmann, wenn ſelbiger in
dem zuchthauſe geweſen iſt, untadelhaft und zunft-
maͤſig ſey, wird im juriſtiſchen oraculo Vten ban-
de ſ. 13 beſonders nach den Brandenburgiſchen
verordnungen unterſuchet.
Von den waiſen- und armen-haͤuſern.
§ 1805
Ein waiſen-haus (orphanotrophium) iſt zudas waiſen-
haus,
erzihung armer kinder beiderlei geſchlechtes er-
richtet.
§ 1806
Ein armen-haus (gerontocomium) iſt einarmenhans
und deſſen
gattungen.
auf behaͤltniß alter, unvermoͤgender perſonen, wel-
che ihr brod nicht verdinen koͤnnen. Es gibet da-
her mancherlei arten. Man hat die ſichen- kran-
Z z 5ken-
[730]XLIV haubtſtuͤck
ken- peſtilenz-haͤuſer, lazarete (noſocomium),
darin gebrechliche kranken verpfleget werden, Hert
in notitia regn. Franc. veteris cap. III § 40
ſ. 198 vol. II T. I.Spital iſt ein auf behaͤltnis
der fremden und pilgrime (xenodochium),
Hert am a. o.
§ 1807
Von einrichtung der armen- und waiſen-haͤuſer
handelt Marperger von verſorgung der armen.
das ſpital
wird be-
ſchriben.Sie heiſſen auch hoſpitalien, ſpitale. Das ſpi-
tal iſt ein oͤffentliches gebaͤude, worin arme, alte,
ſchwaͤchliche manns- und weibes-perſonen auf be-
halten, mit leibes-narung, und falls ſie krank
ſind, mit arzenei und wartung verſorget werden.
Sie beſtehen aus verſchidenen cellen, deren zwo
ein ofen heizet. Auſſerdem iſt ein ſpeiſe- und baͤt-
ſal darin vorhanden. Bei einer ieden Teutſchen
ordens-commende findet ſich ein ſpital. Sodann
hat man ſichen- oder kranken- auch peſtilenz-haͤu-
ſer vor den ſtaͤdten. Diſe und die hoſpitale leget
man gegen morgen der ſtadt an; in betracht die
wenigſten winde daher kommen, damit der von
ſotanen haͤuſern kommende unangenehme, auch
ungeſunde geruch ſo oft nicht empfunden werde,
PenthersIſter teil der buͤrgerl. bau-kunſt, ſ. 87.
Nicht alle und iede ſind darin aufzunemen. Wer
in Heſſen in die oͤffentlichen armen-haͤuſer, oder
hoſpitalien aufgenommen werden will, muß nach
der verordnung vom jare 1728 ſich richten. Ver-
ordnung von hoſpitalien und armen-haͤuſern 1736.
Ermeldte haͤuſer koͤnnen auch ieweilen den gemein-
den zuſtehen, gehoͤren aber ordentlich dem re-
genten.
§ 1808
rathaͤuſer
zuſtehen?
Die rathaͤuſer, brauhaͤuſer, tanzhaͤuſer ꝛc. ge-
hoͤren meiſtenteils den ſtaͤdten. Ein rathaus hat
den
[731]von den oͤffentlichen gebaͤuden ꝛc.
den burgfriden. Was zu einem ſolchen gebaͤude
gehoͤre, leret die 1719 in regal-folio ausgegangene
beſchreibung des ſtadthauſes zu Amſterdam, nebſt
CIX kupfer-tafeln. Es iſt daſſelbe 300 fuße lang,
und uͤber 200 fuße tief. Auſſer den policei- und
rats ſtuben, werden ein buͤrger- auch tanz-ſal, im-
gleichen gefaͤngniſſe darin angebracht. Jeweilen
hat es thuͤrme, z. e. zur ſtadtuhr und dem glocken-
ſpile. Dazu gehoͤren ſtarke mauren, ein tifer und
wol pilotirter grund.
§ 1809
Die ſtadtmauern gehoͤren zur ſtadt. Es wer-wohin die
ſtadtmauer,
der zwinger
gehoͤret?
die verlezer
der ſtadt-
mauer wer-
den nicht
mit dem le-
ben beſtra-
fet?
den aber deren verlezer nicht mit dem leben be-
ſtrafet, Krebs am a. o. P. I. claſſ. XI ſect. 3
§ 3 ſ. 391 fgg. P. II. claſſ. V ſect. 3 § 3. Gleich-
falls gehoͤret den ſtaͤdten der zwinger, das iſt der
plaz zwiſchen der ſtadtmauer und den haͤuſern.
Was an den mauern liget und ein wuͤſter plaz
iſt, wird fuͤr ſtadtgut geachtet.
§ 1810
Von den ſchlagbaͤumen (poſtellis) ſihe denvon den
ſchlagbaͤu-
men und
thoren.
Krebs am a. o. I, 11, 4, ſ. 397 fgg. Bei den
ſtaͤdten gehoͤren ſie zu den thoren, und ſind gleich
diſen heilige ſachen. KrebsP. I claſſ. XI ſect. 3
§ 2 § 6. Eines thores hoͤhe verhaͤlt ſich zur brei-
te, wie 3 zu 2, wenn es alſo 8 fuße breit iſt, wird
es 12 fuße hoch. Man hat auch dergleichen
ſchlagbaͤume bei den doͤrfern, feldern, Krebs
ſ. 396. Von den bruͤcken, den wegen, inſeln
und dergleichen, ſoll bei den regalien gehandelt
werden.
Fuͤnf
[732]XLV haubtſtuͤck
Fuͤnf und virzigſtes haubtſtuͤck
von den haubtſachen und zube-
hoͤrungen.
§ 1811
haubtſache
und zubehoͤ-
rung heiſ-
ſet?
Eine haubtſache wird gemeiniglich genennet, one
welche etwas nicht beſtehen kan, Thomaſius
in der diſp. de rerum differentia intuitu iuris
Germ. priuat. § 65 fg.; hingegen heiſſen zubehoͤ-
rungen diejenigen ſachen, welche mit der haubt-
ſache verknuͤpft ſind, oder welche zu der haubtſa-
che kommen, ſowol getan werden. Diſes kan
nicht allein durch die geſaͤze, gewohnheiten, gedin-
ge, verjaͤrung, ſondern auch die beſtimmung be-
ſchehen, Menkens diſp. de probatione pertinen-
tiarum feudalium § 5 fg., Muegs diſp. de per-
tinentiis,Eſtors kleiner ſchriften IIter band
ſ. 712. Wenn eine ſache ſich bei der andern, ob-
ſchon lange zeit, befunden hat, auch diſe mit ein-
ander verwaltet worden ſind, iſt dennoch daraus
keine zubehoͤrung ſogleich zu machen, ſondern zu
erweiſen, daß ſie dergleichen ſey.
§ 1812
ſchid der zu-
gehoͤrun-
gen
Man muß indeſſen den unterſchid unter einer
zugehoͤrung an ſich und dem zugehoͤre der ſachen
machen, z. e. die pertinenz des lehns iſt und blei-
bet erbe (oder eigen); dahingegen die pertinentia
feudalis zum lehn und dem lehnsfolger gehoͤret,
one daß er den land-erben etwas dafuͤr bezalet,
Joh. Heinrich edler von Berger in der oeco-
nomia iuris ſ. 218 lib. II tit. I § VII nota 3,
Juſt Henning BoͤhmerT. I conſ. XLI n. 14
P. II.
§ 1813
[733]von den haubtſachen und ꝛc.
§ 1813
Die zubehoͤrungen ſind ſehr unterſchiden, undiſt mancher-
lei.
begreifen vilerlei gattungen, nicht allein in anſe-
hung der haubtſachen, ſondern auch, weiln ſie
groͤſten teils von dem willkuͤre der menſchen ab-
hangen unter ſich. Ein ſtat, ein land, eine fe-
ſtung, hat diſemnach andre zubehoͤrungen, als ein
adeliches gut. Bei diſem finden ſich wiederum
andere, als bei einem bauern hofe. Die gaſt-
hoͤfe unterſcheiden ſich deßfalls von einem brau-
hauſe, backhauſe, und einem andern wonhauſe.
Ein bauergut kan one aͤcker und wiſen nicht beſte-
hen. Es werden dabei ſtaͤlle, ſcheunen, ſchuppen,
und andre aufbehaͤltniſſe fuͤr menſchen und vih,
auch das getreide, fruͤchte, geſtroͤde erfodert.
Der dabei befindliche miſt, und die duͤngung und
das geſtroͤh gehoͤret ebenfalls dazu, die brunnen-
ketten, eimer, brunnen-ſeile, laͤger im keller, mit
den eingemauerten eingezimmerten ſachen, und
was erd- nid- und nagel-feſt iſt, werden fuͤr zube-
hoͤrungen eines hauſes ordentlicher weiſe gehalten;
allein es leidet diſe regel oͤfters einen abfall,
Krebsquaeſt. XI num. 20 ſ. 82 fg. Diſem-
nach gehoͤren ſtatuen, tapeten, ſpigel, bilder ꝛc.
welche befeſtiget ſind, gleichwol zum zirate eines
hauſes, oder der zimmer dinen, nicht dazu. Die
entwickelung der worte: was erd- nid- und nagel-
feſt iſt, traͤget vil hirzu bei, Orths anmerkungen
uͤber die Frankfurter reformation im IIten teile
ſ. 387 fgg. Wenn einer allodial-ſtuͤcke zu einem
lehngute bringet, werden ſelbige dadurch nicht ſo
gleich lehnbar.
§ 1814
Die zubehoͤrungen werden nicht vermutet, da-die zubehoͤ-
rungen
werden
nicht ver-
mutet.
her ſelbige erweißlich gemacht werden muͤſſen.
Immittels hat diſe regel ieweilen ire ausnamen,
Stryk
[734]XLV haubtſtuͤck
Strykde probatione pertinentiarum,Gaill
lib. II obſ. 62 und 63, Menken am a. o. § 6
§ 19, welche ſich auf die einverleibung, pflan-
zung, einſchluͤſſung und beſondere beſtimmung
begruͤnden.
§ 1815
ſtehen koͤn-
nen?
Sotane zubehoͤrungen koͤnnen ſowohl in koͤrper-
lichen, als nicht koͤrperlichen ſachen z. e. rechten
und gerechtigkeiten beſtehen. Wer alſo die
haubtſache bekommet, dem gebuͤren auch die per-
tinenz-ſtuͤcke.
§ 1816
gebrauch
ſich aͤuſſert?
Der nuzen diſer lehre aͤuſſert ſich in vilen faͤl-
len, ſowohl bei den lehnen, als andern guͤtern.
Bei den erſtern kommet viles darauf an, wenn
das lehn vom allodio abgeſondert werden ſoll, in
welchem falle fuͤrnaͤmlich zu ſehen iſt, ob der lehn-
mann ſich im beſize der zubehoͤrungen findet, oder
nicht. Im erſten falle hat ſelbiger die vermutung
der befugniß fuͤr ſich. Dahingegen im andern
falle ſelbige erweißlich gemachet werden muͤſſen.
Der beweis kan desfalls durch die lehnbrife, in-
ventarien und zeugen gefuͤret werden, Stryk am
a. o., KlockT. III conſil. 157 num. 44.
§ 1817
Bei den uͤbrigen guͤtern, z. e. zinß- hufen- erb-
und andern guͤtern kommen die zubehoͤrungen in
betrachtung, daß ſelbige von den haubt-guͤtern
nicht veraͤuſſert, noch durch teilungen abgeriſſen
werden duͤrfen; und wenn ſolches beſchehen iſt,
ſelbige bei ſich eraͤugendem veraͤuſſerungs-falle
wieder zu den haubt-guͤtern gebracht werden muͤſ-
ſen, F. H. Caſſeliſche verordnung von der ver-
aͤuſſerung der zinß- und dinſtbaren hufen, auch
erbguͤter vom jare 1545, 1546, 1555, 1564, 1584,
1681, 1700 und 28. Aug. 1750 fol. F. Heſſen-
Caſſe-
[735]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
Caſſeliſche lehns-verordnung wegen ergaͤnzung der
lehne, dergleichen auch die F. H. Darmſtaͤdtiſche
in betref der lehns-ſtuͤcke enthaͤlt, S. Gothaiſche
L. O. im IIten teile cap. II tit. 14 ſ. 140 fg. und
fernere beifugen ſ. 196, 197, S. Coburgiſcher
landtags-receß vom jare 1613, und landes-ordnung
tit. 33, Hennebergiſche L. O. im IIten buche tit. 8
§ 6, im Vten teile tit. I cap. 2 § 1 § 5, Fritſch
de iure congrui, cap. 5 ſ. 15 fgg., Schoͤpf in
conſil. Tubing. 92 und 93 vol. 8, Boͤhmer
T. III P. II conſult. 306 num. 3 ſ. 517, von
Leyſerſpec. C ſ. 362 fgg. vol. 2.
§ 1818
Von dem zuwachſe und uͤbrigen acceſſionen
wird bei der beſiznehmung zu handeln ſein.
Sechs und virzigſtes haubtſtuͤck
von dem eigentume u. deſſen gattungen.
§ 1819
Die ſachen ſind entweder eigentuͤmlich erlangetworin das
eigentum
beſtehet?
ſowol erworben worden, und befinden ſich
in der gewalt der menſchen, oder nicht (§ 1045).
Diejenige halbſeligkeit, welche einem nach Teut-
ſchen gebrauche als herrn zugehoͤret, befindet ſich
im eigentume. Diſes beſtehet ſolchemnach in ei-
nem vermoͤgen uͤber eine ſache aus eigner befugnis
zu gebaren, und ſelbige von einem ieden beſizer zu-
ruͤck zu fodern. Woruͤber man nach beliben ge-
baren kan, nennet man in Franken eigen. Das
erbe iſt ſtamm-gut bei ihnen.
§ 1820
Gebaren heiſſet uͤber etwas verordnung ma-was geba-
ren bedeu-
tet?
chen (disponiren), Brandtde natura bonorum
auitorum,Eſtors diſp. de partitione terrarum
illuſtrium. Entweder vermag man uͤber etwas
zu
[736]XLVI haubtſtuͤck
zu ſchalten und zu walten, wie man will, oder
nicht. Im erſten falle ſaget man: eigen herr-
ſchaft iſt geltes wert. Weil aber die Teutſchen
auf die erhaltung der familien haubtſaͤchlich ſa-
hen, ſo konnte man uͤber die von den aͤltern ererbte
guͤter nach gefallen nicht gebaren, imgleichen nicht
uͤber die lehnguͤter. Daher die ſtamm- und lehn-
guͤter in einem beſchraͤnkten eigentume ſich be-
finden.
§ 1821
lungen des
eigentumes.
Das eigentum laͤſſet ſich auf verſchidene weiſe
einteilen. Denn die ſachen gehoͤren entweder ei-
nem allein, oder verſchidenen eigentuͤmlich zu.
Jenes wird das eigentum ſchlechterdings benennet,
diſes aber heiſſet ein gemeinſchaſtliches, geſammt-
vilherriſch-eigentum, eine gemeinds- eine mitherr-
ſchaft, gan-erbſchaft, die mitherren nennete man
gemeiner, des freiherrn von Senckenbergpri-
mae lineae condominii pro indiuiſo ſiue Gan-
erbinatus der gemeinds- herrſchaften, Goͤttin-
gen 1736, 4, der B. Durlachiſche geheimte rat
herr Reinhart in der ausfuͤrung fuͤr die herren
Rheingrafen wegen Daun: „die gemeinſchaft
als ein warer grund, der erbfolge, und der einzige
grund der lehnsfolge der ſeiten-verwandten, 1755 fol.
Hirnaͤchſt iſt entweder der nuͤßbrauch mit dem ei-
gentume zugleich verknuͤpfet, oder nicht. In je-
nem falle hat man ein voͤlliges, in diſem aber ein
bloſes eigentum. Ferner findet ſich ein natuͤrli-
ches und buͤrgerliches, wahrhaftes und erdichte-
tes, ein ober- und nuzbares, ein allgemeines und
beſonderes, imgleichen ein gemeines (vulgare)
und oberſtes (eminens); nicht minder ein inter-
ims-eigentum, Sibrand und Johann Kleinde
dominio interimiſtico, Roſtock 1684 ſ. 78 fgg.
in des Joh. Kleinsdiſſert. iuridicis,Cocceji
diſp.
[737]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
diſp. III de dominio in pares,Wilhelm Lei-
ſers diſp. pro imperio contra dominium emi-
nens, Wittenberg 1673, 4, des herrn profeſſor
Frid. Ulrich Peſtels diſp. de limitibus imperii
eminentis, Rinteln 1751, Polac im ſyſtemate
iurispr. Germ. antiq. III, 1, 3.
§ 1822
Dem landesherrn und regenten ſtehet, vermoͤ-das emi-
nens domi-
nium ſtehet
dem regen-
ten zu.
ge der hoͤchſten gewalt, oder landeshoheit die
macht zu, alles zum beſten ſeines ſtates und der
untertanen anzuordnen, darnebſt die hirzu behu-
figen mittel zu ergreifen und vorzukeren. Diſem-
nach kommet den landesgerichten keine erkaͤnntniß
uͤber des landesherrn anſtalten zu, wofern er ſich
diſen nicht freiwillig unterworfen hat. Immittels
darf das recht der regenten die guͤter, das leben,
die freiheit einzeler untertanen der wolfart des ſta-
tes aufzuopfern, nicht zum ſcheingrunde der unge-
rechtigkeit genommen werden. Die grenzen ſota-
ner hoͤchſten gewalt laſſen ſich teils nach den all-
gemeinen abſichten der ſtaten beſtimmen, teils
ſind ſie in den beſondern grundgeſaͤzen eines ſtates
begruͤndet, Peſtel am a. o. Auſſerdem ſtehen
dem landesherrn alle diejenigen ſachen in ſeinem
ſtate zu, welche keinen herrn haben, oder von den
untertanen one ſeine bewilligung in beſiz nicht ge-
bracht werden duͤrfen, Paulli diſp. de iure prin-
cipis circa res nullius.
§ 1823
Seit den zeiten des Weſtfaͤliſchen fridens hatdie ſtaͤdte
und doͤrfer
werden als
minderjaͤri-
ge angeſe-
hen.
man die landeshoheit auch uͤber die gemeinde-ſa-
chen zu erſtrecken angefangen, anerwogen man
die ſtaͤdte und doͤrfer als minderjaͤrige angeſehen
hat. Derowegen bei veraͤuſſerungen der gemein-
de-ſachen ſehr nuͤzlich fuͤr den kaͤufer ꝛc. iſt, wenn
dasjenige beobachtet wird, was der von Leyſer
A a aſpecim.
[738]XLVI haubtſtuͤck
ſpecim. DCLXXVI ſ. 6 t. XI, desfalls nach
masgebung der rechte bemerket hat (§ 1062).
Nicht minder hat der landesherr das recht, den
gebrauch der gemeinſchaftlichen guͤter einzurichten,
und die rechnungs-ablegung zu fodern, Boͤhmer
am a. o. cap. I § 14-20, und cap. III § 9-12,
Stryks diſp. de iure principis circa rationes
ciuitat.von Ludolfobſ. for. 197.
§ 1824
dem eigen-
tume einer
ſache
Derjenige, welcher eine ſache eigentuͤmlich er-
langen will, muß eine in den rechten begruͤndete
ſache haben, durch welche man ſelbige zu erhalten
vermoͤgend iſt. Diſes wird ein titel benennet,
welcher von dem inodo acquirendi unterſchiden iſt.
Es werden aber die ſachen erlanget, teils vermit-
tels des rechtes ſelbſt, teils durch die uͤbergabe,
Siegels diſp. de dolo translationem dominii
impediente § 3.
§ 1825
Die ſachen, welche man eigentuͤmlich erlangen
will, ſind bereits in eines andern gewalt, oder
nicht. In diſem falle wird die beſiz-ergreifung
mit der abſicht, ſelbige in ſeiner gewalt zu behal-
ten erfodert, von Berger in der diſp. de exordio
proprietatis ſeu origine dominii, Wittenb. 1709,
die nicht koͤrperlichen ſachen werden durch recht-
maͤſige ausuͤbungen gewiſſer handlungen erlanget.
§ 1826
arten und
weiſen des-
falls zu lei-
ten ſind?
Die arten und weiſen das eigentum zu erlan-
gen, ſind entweder im vernunft- und voͤlker-rechte
begruͤndet, oder durch die buͤrgerlichen rechte be-
ſtimmet. Was ich eigentuͤmlich erlanget habe,
gehoͤret zu meinem vermoͤgen. Alles dasjenige
vermoͤgen, was in unſerer gewalt iſt, und darin
verſtanden wird, oder was wir ausrichten und
bewerkſtelligen koͤnnen, wird uͤberhaubt das ver-
moͤgen
[739]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
moͤgen benennet. Insbeſondere aber verſteht man
unter dem vermoͤgen die guͤter, und ſachen, ſie moͤgen
beweglich oder unbeweglich ſeyn; es gehoͤren auch die
rechte und gerechtigkeiten dahin. Das vermoͤgen
wird entweder durch unſere bemuͤhungen und hand-
lungen, oder durch einen zufall erlanget. Durch die
handlungen kommet man auf vilerlei weiſe zum
vermoͤgen, z. e. durch gewerbe, arbeit und dinſte,
auch gute haushaltung u. d. g. Sovil die zu-
faͤlle betrift, gehoͤren dahin die erbſchaften, erbge-
dinge, auch beſondre Gluͤckswege ꝛc. von Juſti
in der ſtatswirtſchaft Iſten teile ſ. 383 fgg. Die
erwerbung, oder vermerung des vermoͤgens iſt einer
der wichtigſten endzwecke der haushaltungs-kunſt,
welche iedoch durch erlaubte und gerechte wege und
mittel beſchehen muß. Hirdurch muß der eigene, des
ſtates, und des naͤchſten nuzen befoͤrdert werden.
§ 1827
Es koͤnnen ordentlicher weiſe alle ſachen eigen-ob alle ſa-
chen eigen-
tuͤmlich er-
langer wer-
den koͤnnen?
tuͤmlich erlanget werden, iedoch ſind, ſo vil die
nicht koͤrperlichen belanget, davon ausgenommen.
Es koͤnnen auch dergleichen ſachen durch die ge-
ſaͤze und gewonheiten, von natur, durch gedinge
und vertraͤge, teſtamente, und beſtimmungen aus-
genommen ſeyn.
§ 1828
Nach den Teutſchen rechten aͤuſſern ſich deß-die Teut-
ſchen rechte
gehen hirbei
in vilen ſtuͤ-
cken von den
Roͤmiſchen
ab.
falls verſchidene abweichungen von den Roͤmiſchen
nach anleitung des titels der inſtitutionen von der
einteilung der ſachen. Denn ſo wird 1) die
luft, 2) die jagt, 3) die fiſcherei ꝛc. davon aus-
genommen, welche rechte dem landesherrn beige-
leget werden, auch diſer verordnungen deswegen
zu machen befugt iſt, 4) werden heut zu tage
die ſchaͤze dem landesherrn zugeſchriben, Hertde
ſuperioritate territoriali § 45. Thue hinzu
A a a 2Chriſtoph
[740]XLVI haubtſtuͤck
Chriſtoph Gottfrid Golls diſp. an theſauri
iure Germanico hodierno regalibus fiſci an-
numerandi ſint, Altdorf 1754, von Leyſerſpe-
cim. 442 med. 2 ſ. 44 fgg. vol. VII, Schilter
exercit. 45 § 26 fg., Thomaſiusad inſtitutio-
nes ſ. 144.
§ 1829
Es heiſſet aber ein ſchaz eine vergrabene beweg-
liche ſache, deren herrn man nicht weiß.
Von dem, was dem feinde abgenommen
worden iſt.
§ 1830
In der fußknechtsbeſtallung vom jare 1570
§ 203 (62) iſt verſehen, daß die beute den ſol-
daten gehoͤren ſoll, geſchuͤz und munition aber dem
herrn, und die gefangene der generalitaͤt. Eben
diſes iſt wiederholet im Reichsſchluſſe 1682 § 75
T. IV der Reichsabſchide ſ. 144. Im uͤbrigen
ſihe des Schwarzens diſp. de iure victoris in
res deuictas,Kulpisde priuatis in hoſtem
excurſionibus, und die Kur-Saͤchſiſche deciſ.
LXXXX.
Vom finden.
§ 1831
Bei dem Teutſchen hiſe es: dein fund, mein
halb! wer etwas findet, muß es dem herrn wieder
geben, nach dem ſpruͤchworte: ein fund verholen,
iſt ſo gut, als geſtolen, Piſtorius cent. X par. 23.
Immittels iſt ein unterſchid deßfalls zwiſchen
weggeworfenen und verlornen, auch verlaſſenen
ſachen zu machen. Das wegwerfen geſchihet
entwe-
[741]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
entweder der bevorſtehenden gefar halber, oder
aus freien willen und one urſache, um ſeines ei-
gentumes entlediget zu ſeyn. Die verlorne und
aus urſach, z. e. der gefar wegen ꝛc. weggewor-
fene ſachen, ſind fuͤr verlaſſene ſachen, oder res
nullius, keinesweges zu halten, Paulli am a. o.
§ 22, wohl aber die leztern ſachen.
§ 1832
Inzwiſchen heiſſet finden eine verlaſſene beweg-was finden
heiſſet?
liche ſache, deren herrn man nicht weis, ſich zu-
eignen. Unbewegliche ſachen findet man nicht.
An einigen orten leget man die gefundenen ſachen
den landesherrn bei. Hirvon ſind die findungen
und finder der gerichte unterſchiden, repertorium
iuris priuati, IIter teil ſ. 1618.
Von den perlen, edelgeſteinen, boͤrn-
ſtein und achaten.
§ 1833
Die koſtbaren ſteine werden, vermoͤge derdie koſtba-
ren ſteine
werden nach
den Teut-
ſchen ge-
wonheiten
zu den rega-
lien gerech-
net.
Teutſchen gewonheiten, zu den regalien gerechnet,
KrebsP. II claſſe II § III ſ. 5 fgg. und claſſe
III ſect. 3 § 8 num. 5 ſ. 41. Von der perlen-
fiſcherei ſihe den Valentini im muſeo muſeorum
ſ. 495, von Leyſerſpecim. 293 ſ. 926. Die
corallen-fiſcherei gehoͤret ebenfalls hirher, nicht
minder die zubereitung des meerſalzes, Zink am
a. o. IIten teile § 325-347 fgg.
§ 1834
Edelgeſteine werden genennet: diejenige ſteine,was edelge-
ſteine heiſ-
ſen?
welche von der natur teils mit einem beſondern
glanze, teils groſer haͤrte, teils mit anderer ſelten-
heit und ſchoͤnheit begabet ſind. Sie werden in
durchſichtige, als karfunkel, ſmaragt, diamant ꝛc.
A a a 3und
[742]XLVI haubtſtuͤck
und in dichte eingeteilet, z. e. achat, carniol,
chalcedonier, jaßpis, tuͤrkis, Minerophili mine-
ral und bergwerks-lexicon ſ. 164, das oͤconomi-
ſche lexicon unter dem worte: edelgeſteine, Ans-
helm Boetius von Boothiſtoria gemmarum,
worin er von den Boͤhmiſchen edelgeſteinen han-
delt. Die diamante in Boͤhmen ſind ſo ſchoͤn,
als ſie irgend ſeyn koͤnnen. Nur felet ihnen die
haͤrte. Auch lifert Boͤhmen amethyſten, topaſe,
ſapphire, hyacinthen, rubinen, tuͤrkiſſe, carniole,
granaten, corallen, jaspis, cryſtallen, ſtats-
und reiſe-geographiIſter teil ſ. 18. Crain und
Tirol lifern edele geſteine. Cryſtalle gibet es zu
Laybach und in der grafſchaft Auersberg nach
dem berge Slivenza. Die Tiroler werden an-
ſtatt der diamanten zum glas ſchneiden gebrau-
chet. Schoͤne hyacinthen gibet es in der eryſtal-
ader zu Laybach, reiſe geographiIIter band
ſ. 365. Crain bringet auch den jaſpis, auch den
amethyſt, granat, chalcedonier und marcaſit li-
fert Tirol. Von den edelgeſteinen des Ober-
Saͤchſiſchen kreiſes als den diamanten, rubinen,
granaten, allmandei-ſteinen, carniolen, ſardony-
chen, opalen, amethyſten, ſapphiren, ſmaragden,
malachiten, topaſen, aquamarinen, laſurſteinen,
chalcedoniern und jaſpiſen handelt der VIte band
der reiſe-geographi ſ. 166 fg.
§ 1835
Von den agathen in Lothringen gibet der IVte
band der reiſe-geographi nachricht ſ. 113, und in
Ober-Sachſen ſ. 168 des VIten bandes, in Blan-
kenburgiſchen ſ. 96 des VIIten bandes. Der
Heſſiſche wird zu ſalzfaͤſſern, ſchalen, meſſer-haͤf-
ten, tegen-gefaͤßen, ſchnuptobacks-doſen, ſtock-
knoͤpfen, verarbeitet, Minerophilus ſ. 13. Sonſt
iſt der achat ein halb durchſichtiger edeler geſtein,
und
[743]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
und wegen ſeiner vilfaͤltigen farben ſehr ſonderbar.
Der beſte koͤmmt aus Indien und Sicilien.
Vom achate im Harzgerodiſchen und bei Loͤbegin
ſihe des von Rohr merkwuͤrdigkeiten des Unter-
harzes ſ. 445 und 705, wie auch zu Nordhauſen
ſ. 84 deſſen merkwuͤrdigkeiten des Ober-harzes.
§ 1836
Edelgeſteine und perlen werden nach unzen, oderdie edelge-
ſteine wer-
den nach
unzen oder
gran gerech-
net.
gran gerechnet. Eine unze bei ſteinen hat 567
gran, und bei perlen 600 gran. Boͤhmen rei-
chet milchweiſe perlen, da die Morgenlaͤndiſchen
nur ſilberfarbig ſind, reiſe-geographi Iſter band
ſ. 18. Die Elſter- und Mulde-perlen ſind be-
kannt, reiſe geographi ſ. 165 des VIten bandes.
Die perle wird in gewiſſen gattungen von mu-
ſcheln gefunden, Minerophilus ſ. 412.
§ 1837
Der boͤrnſtein iſt ein im meer erhaͤrtetes harz,was der
boͤrnſtein
iſt?
oder gummi, welches im koͤnigreiche Preuſen in
der gegend Sudau ꝛc. ſowohl aus dem meere ge-
fiſchet, oder von ſelbigem an das ufer geworfen,
als aus daſigen ſandhuͤgeln ausgegraben wird.
Den namen hat ſelbiger von boͤrnen, brennen;
in betracht man ihn anfaͤnglich zum raͤuchern
brauchte.
§ 1838
Den boͤrnſtein duͤrfen privat-perſonen in Preu-die privat-
perſonen
duͤrfen ſich
des boͤrn-
ſteines nicht
anmaſen.
ſen nicht entfremden, oder in ire gewarſam brin-
gen, Grube im corp. conſtit. Pruten. P. III
ſ. 312, Preuſiſches landrecht im IIten teile ſ. 7 § 3.
Sihe auch des herrn von Sahme gruͤndliche ein-
leitung zur Preuſiſchen rechtsgelahrheit B. II T. II.
§ 1839
Die policei hat darauf zu ſehen, daß den un-die unterta-
nen ſollen
nach gefal-
len keine
tertanen nicht nach eigenem gefallen edelgeſteine zu
kaufen und zu tragen geſtattet werde, Reichsab-
A a a 4ſchid
[744]XLVI haubtſtuͤck
edelgeſteine
tragen.ſchid vom jare 1500 tit. 22 § 1 fgg., 1530 § 98,
99, Reichs-policeiordnung vom jare 1530 tit. 9,
10, § 1 fgg., tit. 11, 12, 13, 1548 tit. 9 fgg., 1577
tit. 14, Krebs am a. o. § 8 ſ. 8 fg., Hofmanns
klugheit hauszuhalten I, cap. 3 § 47 ſ. 98, 99.
§ 1840
vermaͤcht-
nis der ju-
belen in ſich
begreifet?
Wenn einer perſon die jubelen, oder das ge-
ſchmeide vermachet iſt, verſtehet man auch die
perlen darunter. Geſchmeide begreifet die golde-
nen und ſilbernen mit koſtbaren ſteinen verſehene
zirate, welche zum aufpuz des menſchlichen koͤr-
pers dinen, z. e. angehaͤnge, ohrbuckeln ꝛc.
§ 1841
jubelen ver-
ſtanden
wird?
Durch jubelen verſtehet man allen ſchmuck und
koſtbarkeit vom golde und ſilber, das mit edelge-
ſteinen beſezet iſt. Dazu gehoͤren diſemnach alle
edelgeſteine, und was daraus verfertiget iſt, oͤco-
nomiſches lexicon ſ. 1329, Krebs am a. o. § XI
§ XVI fgg. ſ. 13 fgg.
§ 1842
falls bei den
adelichen
erbſchaften
gehalten
wird?
Der geſchmuck und die jubelen und die kleino-
dien werden beim adel in die haus- und gemeine
jubelen eingeteilet. Jene gehoͤren zur ſtats-erb-
ſchaft und verbleiben beim hauſe. Die gemeine
aber fallen in die teilung des geſchwiſters oder
der erben.
Von an- und zuwachſe, der zulage ꝛc.
(acceſſion).
§ 1843
wachs be-
wirket
wird?
Der zuwachs bei einer haubtſache wird teils
durch die natur, teils durch menſchlichen fleiß,
oder durch beides bewirket. Was diſemnach von
meinem thire geboren wird, gehoͤret mein, iedoch,
wenn
[745]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
wenn eines andern henne ein ei, welches meine
henne geleget hat, ausbruͤtet, gehoͤret das kuͤch-
lein zu der ausbruͤtenden henne, Beſold im the-
ſauro practico unter dem worte: henne.
§ 1844
Es koͤnnen nicht minder die beſſerungen hirhervon den beſ-
ſerungen.
gezogen werden, welche ſowohl durch die natur,
als auch den fleiß und beides zugleich bei lehn-
und andern guͤtern befindlich ſind, wovon unten
bei den erblichen und den zinß-guͤtern zu handeln
ſeyn wird.
Vom anwachſe des ufers.
§ 1845
Wem das ufer gehoͤret, dem gehoͤret auch derwem der
anwachs
des ufers,
amvachs, nun gehoͤret ſolches nach Schilters und
Beyers meinung dem landesherrn; alſo auch der
anwachs des ufers, Thomaſius am a. o. ſ. 130,
imgleichen der aus- und anwurf der fluͤſſe; ferner
der grund und boden des auſenbleibenden, oder
einen andern gang ſuchenden ſtromes, Zink am
a. o. § 331, § 354, § 357.
Von den inſeln.
§ 1846
Wem der fluß gehoͤret, dem ſtehet gleichfallsimgleichen
die inſel ge-
hoͤret?
die inſel zu; folglich kan er ſolche zu den domainen
zihen, oder ſie ſonſt nuzen und gebrauchen. Di-
ſes hat das fuͤrſten-recht, welches der Teutſche
koͤnig Adolph 1293 auf dem fuͤrſten tage zu Nuͤrn-
berg gehalten hat, auf anſuchen des grafen Rai-
nalds, zu Geldern, alſo ausgeſprochen. Die
urkunde davon ſtehet in der repraeſentatione
reipubl. Germ. ſ. 620, imgleichen beim Ditmar
A a a 5im
[746]XLVI haubtſtuͤck
im cod. diplomatico ſ. 510 uͤber den Teſchen-
macher. Reinold im ſpicilegio de inſulis, ad
L. 65 de A. R. D. iſt in den exercitationibus
Francofurt. T. I ſ. 40 befindlich. Gleicher mei-
nung iſt Kurfuͤrſt Auguſt zu Sachſen wegen der
Elbe in dem reſcripte 1563 beim Zieglerde iuri-
bus maieſt. ſ. 1081 geweſen (§ 1060), Gyll-
mannſymphor. ſupplic. lib. II tit. VIII vol. VI.
§ 1847
nungen der
inſeln.
Die Teutſchen nennen die inſeln waͤrder, haͤ-
ger, woͤrt, Gryphianderde inſulis. Eine
ſolche inſel im fluſſe, wenn ſie nicht bewachſen iſt,
heiſſet auch grics. Es gibet nicht minder ſchwim-
mende inſeln, welche ieweilen nachher feſt werden,
KeyslerT. II der reiſen ſ. 116.
§ 1848
gehoͤren zu
den rega-
lien.
Daß die inſeln zu den regalien gehoͤren, dar-
auf iſt an der Reichskammer verſchidentlich er-
kannt worden. Sihe den von Juſti am a. o.
§ 154 ſ. 184 im IIten teile, Zink am a. o. IIten
teile § 330 § 353.
§ 1849
So wird auch die goldwaͤſche und deren nu-
zung dem landesherrn beigeleget, von Juſti am
a. o. § 153 ſ. 183, Zink am a. o. cap. VI § 349
ſ. 118. Der in Gott ruhende herr landgraf Carl
hat aus dem Eder-golde einen ducaten ſchlagen
laſſen. Die beſchreibung deſſelben geben Win-
kelmann in der beſchreibung der fuͤrſtentuͤmer
Heſſen und Hersfeld ſ. 46, und der IVte band
der reiſe-geographi ſ. 108, der von Juſti handelt
auch von der Goldwaͤſche in der ſtats-wirtſchaft
ſ. 183, 184 im IIten teile.
Vom
[747]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
Vom ſtrand-rechte.
§ 1850
Diſes hat der kaiſer Friderich in der authent.ob das
ſtrandrecht
zu vertaidi-
gen iſt?
nauigia cod. de furtis, und die peinliche halsge-
richts-ordnung art. 218 fuͤr unvernuͤnftig und wi-
derrechtlich ausgegeben (§ 118). Allein es laͤſſet
ſich ſolches wohl vertaidigen. Dann was ich
wegwerfe one hofnung es wieder zu bekommen,
oder der eigentuͤmer nicht bekannt iſt, warum ſoll
diſes nicht dem herrn des fluſſes, oder des ufers,
zuwachſen, von Juſti am a. o. § 152 ſ. 182,
Zink § 323 § 331 § 342, im IIten teile ſ. 110 fg.
Schubackde iure littoris. Eine gleiche beſchaf-
fenheit hat es mit dem rechte, die von verungluͤck-
ten ſchiffen verſunkenen waren und guͤter aus dem
meer heraus holen zu laſſen, Zink § 327 ſ. 118
IIten teile.
§ 1851
Hirvon iſt das berge- (barge- borge-) gelt un-was das
berge-gelt
iſt?
terſchiden. Diſes wird denenjenigen, welche die
geſtrandeten, uͤber bord geworfenen, verungluͤck-
ten, oder den feinden abgenommenen ſchiffe und
ſachen in verwarung gebracht, auch gerettet ha-
ben, fuͤr ire muͤhe und gehabte gefar gereichet,
Joh. Sam. Frid. Boͤhmers diſp. de ſeruaticio,
quod vulgobergelonvocant, Halle 1743, re-
pertorium iuris priuati, Iſter teil ſ. 599 fg.
Von der ſpecification.
§ 1852
Die in eine andre form gebrachte ſache gehoͤret
ordentlicher weiſe dem ſpecificanten, und diſer be-
zalet dem herrn der materi deren wert, Thoma-
ſius
[748]XLVI haubtſtuͤck
ſius diſp. de pretio affectionis in res fungibi-
les non cadente, cap. III § 41-43.
Vom bauen auf fremden grunde.
§ 1853
Wer den bau haben will, muß ſolchen bezalen.
Wer mit fremden materialien bauet, bezalet dem
eigentuͤmer diſelben. Die actio de tigno juncto
faͤllet dißfalls weg. Wer auch aus boͤſen glau-
ben (m. f.) auf eines andern grunde bauet, be-
koͤmmt dennoch den wert des gebaͤudes, wenn ihn
der eigentuͤmer behalten will, Heineccins in ele-
mentis iuris Germanici lib. II tit. III § 66 ſ.
418, 419. Bei den lehnguͤtern wird es der ge-
baͤude auf des lehns grund und boden anders in
Sachſen, anders nach den gemeinen lehn-rechten
gehalten, welche die gebaͤude gegen die bezalung,
was ſie izt wert ſind, dem lehns- und ſtamms-
guts folger zueignen.
Von pflanzen.
§ 1854
Meine pflanze kan ich wo ſie ſtehet, zuruͤck fo-
dern (vindiciren), Heineccius am a. o. § 69
ſ. 421.
Vom ſaͤen.
§ 1855
Wer auf fremden boden ſaͤet, aus gutem glau-
ben, der erndtet und bezalet das pacht-gelt. Wer
aus boͤſem glauben ſaͤet, verliret den ſamen und
wird noch dazu geſtrafet, Heineccius § 68 ſ. 420.
Man ſaget darnebſt im ſpruͤchworte: was die
egge
[749]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
egge beſtrichen und die hacke bedecket hat, gehoͤret
den erben (§ 1397).
Von der uͤbergabe (auflaſſung, oder
liferung, traditione).
§ 1856
Die uͤbergabe iſt diejenige handlung, dadurchwas die
uͤbergabe
iſt?
der eigentuͤmer ſeine zu veraͤuſſernde ſache auf ei-
nen andern durch eine rechtmaͤſige art und weiſe
uͤbertraͤget. Diſes beſchihet entweder one feier-
lichkeit, oder vermittels derſelben; daher die uͤber-
gabe in die feierliche und ſchlechte eingeteilet wird,
welcher man die eigentliche und uneigentliche, die
wahre und erdichtete (ficta), gerichtliche und
auſſergerichtliche ꝛc. beifuͤgen kan.
§ 1857
Bei den Teutſchen wurde die herrſchaft daswie ſolche
bei den
Teutſchen
mit den un-
beweglichen
ſachen ge-
ſchehen iſt?
eigentum (dominium) einer unbeweglichen ſache
nicht anders dann gerichtlich auf den andern ge-
bracht. Welches man die auflaſſung, aufgift,
uͤbergabe und lehns reichung, oder gerichtliche ver-
laſſung nennet, davon herr H. R. Grupen in
den Teutſchen altertuͤmern Iſten haubtſtuͤcke weit-
laͤuftig handelt. Daher in der Wetterau die
feſtmachung, an andern orten die gewaͤrung, an
andern orten die gerichtliche beſtaͤtigung, nicht
minder die waͤrbrife, veſtebrife, deßfalls bekannt
ſind, Dr. Orth in den anmerkungen uͤber die
Frankfurtiſche reformation, IIten teile tit. III
§ VII ſ. 302 fgg., Solmiſches landrecht IIter teil
tit. XI § 4, Struve am a. o. ſ. 4, 5, Schilter
in den exercitationibus ad π. VIII § 5, Stre-
ckers, Kleins diſp. de reſignatione iudiciali,
Sluͤter
[750]XLVI haubtſtuͤck
Sluͤter vom verlaſſungs-rechte, Dreyer am a. o.
ſ. 110 fgg.
§ 1858
auflaſſung
bedeutet?
Das wort auflaſſung wird unterſchidlich ge-
nommen, anerwogen durch ſelbige verſtanden
wird: 1) eine gerichtliche uͤbergabe der guͤter,
oder pfaͤnder, von dem verkaͤufer an den kaͤufer,
wodurch diſem von jenem das eigentum mit den
davon abhangenden nuzungen und ſchaͤden uͤber-
laſſen, folglich auf des neuen erwerbers namen
geſchriben werden. Daher das ab- und zuſchrei-
ben bekannt iſt. 2) Die beiderſeitige ſchenkung
der eheleute, Luͤbeckiſche ſtatuten im Iſten buche
tit. 6 art. XI. 3) Wird ſotanes wort genom-
men von den perſonen, welche ſtatt der andern in
eine verbindlichkeit treten und ſich durch anne-
mung der erb- und bauer-guͤter irem gutsherrn zu
den gewoͤnlichen pflichten verbindlich machen,
Struvens erklaͤrungen rechtsuͤblicher woͤrter und
redensarten, ſ. 27, repertorium iuris priuati
Iſten teil ſ. 350.
§ 1859
gabe noͤtig
ſey?
Ob die uͤbergabe, oder wie es beim handel und
wandel heiſſet, die liferung, noͤtig ſey? wird un-
ter den rechtslehrern geſtritten. Der Heinrich
von Coccejian traditio neceſſaria ſit ad trans-
ferendum dominium? bejahet diſe frage, und
vermeinet, nach den natur-rechten, folglich den
Teutſchen, waͤre ſie unumgaͤnglich erfoderlich, vol. I
exercitationum ſ. 213 fg. Von ſeiten des em-
pfaͤngers iſt ſie eine ergreifung des beſizes zur ver-
ſicherung des eigentumes.
§ 1860
uͤbergabe
beſchehen
iſt?
Bei der uͤbergabe wurden allerhand feierlich-
keiten und ſachen gebrauchet, z. e. erdſchollen,
waſen, halmen, aͤren, ſpiſe, hoͤrner, ringe, ſtaͤbe,
ein
[751]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
ein hut, waffen, aͤſte, handſchuhe ꝛc. geſtalt, in-
halts der Wormſiſchen reformation Iſten teil
Vten buches, tit. I, die verkaufte ligende guͤter
mit hand und halm, imgleichen in den Cleviſchen
landen, die feierlichen uͤbergaben mit hand, halm,
und gichtigen munde verrichtet werden, Hert
de conuent. domin. translat. § 15, Joh. Wilh.
Hofmannsſpecimen iurisprudentiae ſymbo-
licae veterum Germanorum, 1736, 4, § 14 fgg.
ſ. 19 fgg., Verpoortende inueſtitura allod.
ſ. 74 fgg., Lindenbrog im gloſſ. ſ. 1483,
Schaumburgs diſp. de traditione ſymbolica,
Dreyer ſ. 112 fgg., Ever. Otto in der iurispru-
dentia ſymbol. exerc. I cap. II ſ. 78. Es ge-
hoͤret unter die feierlichkeiten auch wol das belaͤu-
ten, der aufruf, die verkuͤndigung von den kan-
zeln, oder vor der kirchtuͤre, wenn unbewegliche
guͤter veraͤuſſert werden ſollen. Wo diſes die
geſaͤze erfodern, iſt die uͤbergabe unguͤltig, wofern
der aufruf unterlaſſen worden iſt.
§ 1861
Die belenung iſt uͤberhaubt eine uͤbergabe einerwas die be-
lenung iſt?
unbeweglichen ſache, welche von dem ordentlichen
richter, auch lehn- und zinß-herrn bewerkſtelliget
wird, Eſtorde inaugurationibus beneficiariis.
§ 1862
Die belenung iſt entweder im eigentlichen, oderwie die be-
lenung ge-
nommen
wird?
im nicht eigentlichen ſinne zu nemen. Durch die
eigentliche belenung wird der neue beſizer, oder
erwerber in dem eigentume befeſtiget und ſolches
an ihn uͤbertragen. Durch die uneigentliche be-
lenung wird das eigentum nicht ſchlechterdings
uͤbergeben. Denn die woͤrter: lehn, belenung,
leihe, werden, ſowohl bei erb- und eigenen guͤ-
tern, als auch lehn-guͤtern, nicht minder bei pach-
ten gebrauchet, Verpoorten am a. o., Schilter
im
[752]XLVI haubtſtuͤck
im gloſſario Teut. unter dem worte lihen ſ. 543,
geſtalt dann auch bei allen diſen guͤtern und deren
uͤbergaben der weinkauf meiſtens vorkommet; an-
erwogen die Teutſchen bei der berichtigung irer
contracte einander zuzutrinken pflegten, anbenebſt
das zutrinken eines glaſes oder bechers weines das
zeichen der uͤbergabe war, Joh. Wilh. Hof-
mannsſpecimen iurisprudentiae ſymbolicae
veterum Germanorum, § XVII ſ. 24; geſtalt
der geber und empfaͤnger dadurch die uͤbergabe an
den tag legeten. Daher der weinkauf (leikauf)
entſtanden iſt (§ 470 § 702), von Weſtphal
in der vorrede zum IVten bande der monum. in-
edit. ſ. 5, 6, *, Strubende iure villicorum
ſ. 343, 344, Naſſau-Cazenellenbogiſche landes-
ordnung im Iſten teile, ſ. 19 § 5, Solmſiſches
landrecht im IIten teile tit. XI ſ. 77 b, und bei
den hiſigen bauerguͤtern bei empfangung der leihen
der naſſe, oder trockene weinkauf vom bauern zu
entrichten iſt, wie dann auch die bringung eines
korbes mit kuchen und kaͤſen ꝛc. das zeichen der
empfangenen uͤbergabe hieſiger orten noch iſt.
Bei den lehnguͤtern iſt die lehn-ware, das hand-
lon, der ehrſchaz, das lehn- leih- lobe-gelt, an-
leidt, handloſen, wegloſen, LuͤnigT. III corp.
iur. feud. ſ. 621, Hohenlohiſches land-recht im
IIIten teile VIII tit. § 4, Riccius im ſpicilegio
iuris Germ. ſ. 735 fg. Hirvon ſind der ſchrei-
be-ſchilling und die ſchreibe-gebuͤren unterſchiden.
Vom lehngelte und weinkaufe wird bei den lehn-
und zinß- auch pacht-guͤtern ein mereres anzufuͤh-
ren ſeyn.
§ 1863
des voͤlligen
eigentu-
mes.
Immittelſt ſtehet dem buͤrger, oder bauer, wel-
cher das voͤllige eigentum von einer ſache hat, ver-
moͤge der natuͤrlichen freiheit, die gewalt zu, nach
ſeinem
[753]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
ſeinem gefallen uͤber ſeine ſachen zu gebaren und
andre von deren gebrauche auszuſchluͤſſen, ſie von
andern zuruͤck zu fodern, ſelbige zu verkaufen, ver-
tauſchen, verſchenken, verderben und verwuͤſten,
auf ſeinem grunde nach belieben allerhand gebaͤu-
de anzulegen, die daͤcher, fenſter, dachtraufen
nach willkuͤr einzurichten, brunnen und miſtgru-
ben zu graben, ſeine grundſtuͤcke mit mauern, zaͤu-
nen, graben, zu umgeben, Lincks diſp. de iure
aedificandi in ſuo,Leuchtde iure feneſtrarum;
ſeine guͤter nicht allein mit dem voͤlligen, als auch
dem nuzbaren eigentume, nicht minder pachtweiſe
zu uͤbergeben, ſolche auf leibrenten zu ſezen, ſich
eine leibzucht, einen auszug dabei vorzubehalten,
ſich mit einzukaufen, § 755 fgg., Krauſens diſp.
de iuribus et moribus reſeruatorum ruſtico-
rum,Hildebrands diſp. de manſione conſtitu-
tiua et reſeruata,Webers diſp. de contractu
vitalitio,Ayrers diſp. de reſciſſione contra-
ctus vitalitii. In den Braunſchweigiſchen lan-
den hat man das alt vaterrecht, Kreßde diffe-
rentiis iur. comm. et Brunſuicenſis cap. V
obſ. 6 ꝛc.
§ 1864
Dahingegen der hohe und nidere adel das vondes adels
beſchraͤnkte
gebarung
wird gezei-
get.
den aͤltern ererbte unbewegliche gut one ſeines ge-
ſchwiſters bewilligung zu veraͤußern nicht vermog-
te. War es von anherren angeſtammet; ſo
muſte derer bewilligung, welche vom erſten erwer-
ber ehelich herruͤhreten, zur veraͤußerung erlanget
werden. Sonſt konten diſe, wenn es inen an-
ſtarb, ſolches zuruͤck fodern, Juſt Henning
Boͤhmerde pactis familiae ad naturam fidei
commiſſorum inclinantium. Und, wofern
man dem hohen und nidern adel nicht den voͤlligen
umſturz geben will; ſo darf man nur den ſaz von
B b berhal-
[754]XLVI haubtſtuͤck
erhaltung des ſtammes, welcher den Teutſchen ſo
ſehr am herzen liget, auſſer augen ſtellen, und ſie
durch die freie gewalt der veraͤußerung irer erbguͤ-
ter zum untergange befoͤrdern.
§ 1865
eigentum
kan auf ver-
ſchidene
weiſe be-
ſchraͤnket
werden.
Sintemal ſotanes eigentum benebſt der natuͤr-
lichen freiheit durch buͤrgerliche geſaͤze und gewon-
heiten, durch gedinge, vergleiche, vertraͤge, te-
ſtamente ꝛc. beſchraͤnket werden kan; geſtalt die
land- auch ſtadt-rechte vilfaͤltig verordnen, wie es
bei dem verkaufe der unbeweglichen guͤter gehal-
ten werden, die einheimiſchen, ſamt den bluts-
verwandten dabei fuͤr den fremden einen vorzug
haben ſollen, folglich man nicht allezeit ſeine guͤ-
ter an alle und iede nach gefallen uͤbergeben kan,
Kemmerichs diſp. de reſtricta alienandi et ad-
quirendi facultate bona immobilia iure Fran-
cofurt.,Hellfelds diſp. de reſtricta illuſtrium
alienandi facultate, maxime quoad allodia
auita,Dreyers diſp. de reſtricta facultate alie-
nandi bona hereditaria. Diſemnach findet
man in vilen landen, auch orten, daß die unbe-
wegliche guͤter nicht an die ſtifter und kloͤſter ver-
kaufet, oder ſelbigen zugewendet werden ſollen,
Cramers diſp. de alienatione bonorum equeſtr.
ad manus mortuas, per ſtatutum prohibita,
Schweders diſp. de ſtatut. alienationem bono-
rum immobilium in eccleſias et elericos pro-
hibent.,Riccius von den ſtadtgeſaͤzen ſ. 574 fgg.
von Gudenusſyll. I ſ. 490, Kuchenbeckers
anal. Haſſ. coll. V ſ. 183. Die bauern-guͤter
koͤnnen nicht iederzeit an adeliche uͤberlaſſen wer-
den, Riccius am a. o. ſ. 572. wie unten bei
der lehre vom kaufe und verkaufe gezeiget werden
ſoll. ScheplizP. IV conſuetud. elect. et
March. Brand. tit. VII, Kur-Saͤchſiſches man-
dat
[755]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
dat vom 25. April 1623, Magdeburgiſche policei-
ordnung cap. IV, F. Anhaͤltiſche policei-ordnung
tit. von bauer-guͤtern, S. Gothaiſche L. O. im
IIten teile cap. II tit. 14.
§ 1866
Ferner beſchraͤnken die landes-rechte hir unddie baufrei-
heit wird
oͤfters be-
ſchraͤnket.
da, die freiheit zu bauen, bevorab, wenn ein bau
dem nachbar, oder dem gemeinen beſten nachteil
verurſachen kan; Rieſe diſp. de reſtricta aedifi-
candi libertate, cap. II, ſie verordnen, daß die
groſen haͤuſer nicht geteilet, S. Altenburgiſche
landes-ordnung im IIten teile cap. 13 tit. 19, die
alten in guten ſtand geſezet und erhalten, Magde-
burgiſche policei-ordnung cap. 13 § 6, Frankfur-
tiſche reformation im VIIIten teile, tit. 12 § 4,
aus den haͤuſern keine gaͤrten, aus den aͤckern kei-
ne weinberge, gaͤrten, teiche, Moͤglings diſp.
de damno diminut. frum. § 5, das getreide,
holz, weine, wollen und andre ſachen nicht auſſer
landes gefuͤret werden ſollen, abſonderlich, wenn
man deren im lande ſelbſt benoͤtiget iſt und ſie ge-
brauchet werden koͤnnen. Imgleichen verordnen
die landes- auch ſtadt-geſaͤze, wie es mit den fen-
ſtern oder lichtrechte gehalten werden ſoll, reper-
torium iuris priuati, im IIten teile ſ. 1599 fgg.
Leucht am a. o., Dr. Orth am a. o. im IIten
teile ſ. 524-530.
Vom geſamt-eigentume.
§ 1867
Dafern verſchidenen eine ſache gemeinſchaft-wie ſich das
ober- und
nuzbare,
imgleichen
das mit-ei-
gentum er-
aͤuget?
lich, iedoch nicht auf einerlei weiſe zuſtehet; ſo
entſpringet daraus ein ober- und ein nuzbares ei-
gentum. Im falle aber einigen die ſache auf ei-
B b b 2nerlei
[756]XLVI haubtſtuͤck
nerlei weiſe gehoͤret; alsdann eraͤuget ſich ein mit-
eigentum, oder eine mit-herrſchaft (gemeinſchaft).
§ 1868
meinſchaft-
liches ei-
gentum iſt?
Wenn diſemnach verſchidenen perſonen das ei-
gentum einer ſache unteilbar zuſtehet, wird ſolches
ein gemeinſchaftliches, geſamt-eigentum benen-
net, welches ſowohl unbeſchraͤnket, als beſchraͤn-
ket, ober- als nuzbar ſeyn kan.
§ 1869
chen in der
gemein-
ſchaft ſeyn
koͤnnen?
Es ſind aber nicht allein guͤter, herrſchaften,
und doͤrfer gemeinſchaftlich, ſondern es finden ſich
auch gemeinſchaftliche rechte und gerechtigkeiten,
Frommanns diſp. de condominio, woran ein
gemeinſchafter mehr als der andre anteil haben
kan, Johann Schilters diſp. de condominio
circa ſacra,Peſtels diſp. de communione per-
petua metallifodinarum inter conſtatus impe-
rii durante etc. Rinteln 1737.
§ 1870
gentuͤmers
gerechtſa-
men werden
gezeiget.
Der mit-eigentuͤmer hat alſo anteil an der ge-
meinſchaft, folglich kan er, was zur erhaltung
und verbeſſerung derſelben abzilet, eigenmaͤchtig
tun, auch alle ausfluͤſſe des eigentumes ausuͤben;
die ſache von andern zuruͤckfodern, die beſchaͤdiger
pfaͤnden, und die ſachen vertaidigen, von Coc-
ceji in den conſil. T. II ſ. 1004 num. 84 fg.,
Hertde ganerb. caſtr. § 4, Eſtors kleine ſchrif-
ten im IIten bande ſ. 726 fg.; im uͤbrigen aber
darf er one des andern bewilligung und wider die
beſondern rechte keine neuerungen vornemen, noch
etwas tun, ſondern muß alles auf dem alten
fuß laſſen, Graßde iure condominii cap. I
§ XI, wo es nicht allen nuͤzlich iſt, Dr. Orth
am a. o. im IIten teile ſ. 638, er hat nach ſeinem
anteile die laſten und beſchwerden zu tragen. Je-
weilen wird bei der gemeinſchaftlichen ſache eine
mut-
[757]von dem eigentume und deſſen ꝛc.
mutſchirung beliebet, Graß am a. o. cap. I § 13,
Naſſau-Cazenellenbogiſches landrecht im Iſten
teile cap. XVII § 5 ſ. 67, Slevogts diſp. de
alternatione,Eſtorde partion. terrar. illuſtr.
§ 1871
Wenn die gemeinſchafter einen rechts-ſtreit
haben, ſind ſie einen gemeinſchaftlichen Anwalt
zu beſtellen pflichtig, Eſtors progr. im IIten
bande der kleinen ſchriften ſ. 764, Frommann
am a. o., Johann Andreas Hofmann im
progr. de procuratoribus ex officio conſtituen-
dis, Marburg 1754, § VI § X ſ. 21 ſ. 25.
§ 1872
Bei den Teutſchen giebet es keine ſchluͤßige fol-die gemein-
ſchaft gibet
bei den
Teutſchen
keine ſchluͤſ-
ſige folge
auf die tei-
lung ab.
ge ab: „wir ſind in der gemeinſchaft; derowe-
„gen kan einer von uns die teilung verlangen,„
Eſtorselementa iuris publici Haſſiaci. Man
hat hirbei oͤfters auf die naͤhere ſippſchaft zu ſehen,
herr G. R. Reinhart in der ausfuͤrung fuͤr die
herren Rheingrafen wegen Daun, ſ. 3 fgg. Wo
aber das Roͤmiſche recht eingedrungen iſt, und die
gemeinſchaftliche beſizer nicht laͤnger beiſammen
bleiben wollen, ſo verordnen einige Teutſche ſtadt-
rechte, daß derjenige, welcher die teilung verlan-
get, das gut ſchaͤzen laſſen muͤſſe, ſo dann der pro-
vocat die wahl habe, entweder ſeinen teil an den
provocanten zu uͤberlaſſen, oder deſſen teil fuͤr den
geſezten preiß an ſich zu bringen, Meviu [...]ad ius
Lubecenſe. Will aber der eine teil ſeinen anteil
von der gemeinſchaftlichen ſache an fremde ver-
kaufen, ſtehet den mit-eigentuͤmern das einſtands-
recht daran zu, Dr. Orth uͤber die Frankfurtiſche
reformation IIten teil tit. 5 § 1, ſ. 505 fg., Naſ-
ſau Cazenellenbogiſches landrecht im Iſten teile,
cap. 5 § 23 ſ. 25. Ein gemeinſchafter traͤget bei
der gemeinſchaft den caſum fuͤr den andern nicht,
B b b 3von
[758]XLVII haubtſtuͤck
von CoccejiT. II conſil. 714 num. 69, 75, ſ.
1004, 1005.
§ 1873
Die gemeinſchaft kan auf verſchidene weiſen
beendiget und aufgehoben werden, z. e. durch die
voͤllige teilung, veraͤuſſerung, verjaͤrung ꝛc. Von
der teilung iſt aber unterſchiden, wenn nur die
ſache mit aller gemeinſchafter bewilligung gewuͤr-
dert, oder geſchaͤzet wird, von Cocceji am a. o.
T. II conſil. 714 num. 91 ſ. 1007, Frommann
am a. o. § 47 fgg., imgleichen, wenn nur die
teilung in anſehung des niesbrauches beſchehen iſt,
Reinhart am a. o. not. 1 ſ. 4 not. 29 ſ. 60 ſ. 254
not. 162.
Siben und virzigſtes haubtſtuͤck
vom beſize und mit-beſize.
§ 1874
ſiz iſt?
Die wuͤrkliche inhabung einer ſache, heiſſet ein
beſiz; bei diſem hat man naͤchſt der ergrei-
fung, oder geſaͤzlichen verordnung die abſicht und
meinung entweder die ſache fuͤr ſich zu behalten
und andre von deren gebrauch auszuſchluͤßen, oder
es iſt ſotane abſicht nicht vorhanden. Zum recht-
maͤſigen beſize einer unbeweglichen ſache iſt die ge-
richtliche gewaͤrung, oder feſtmachung bei den
Teutſchen noͤtig geweſen.
§ 1875
ſachen ſich
der beſiz er-
ſtrecket?
Der beſiz erſtrecket ſich nach den Teutſchen
rechten, ſowohl auf koͤrperliche, als unkoͤrperliche
ſachen. Von beiden kommet die redensart in
den urkunden vor: in proprium tradere,Heda
in hiſtoria Vltraiect. ſ. 95, Heineccius am a. o.
ſ. 390,
[759]vom beſize und mit-beſize.
ſ. 390, iedoch pflegten die alten Teutſchen das
poſſeſſorium bei den koͤrperlichen dingen nur zu ge-
brauchen; hingegen war ihnen ſolches bei unkoͤr-
perlichen ſachen unbekannt, Eſtors anweiſung
zu dem im Reiche uͤblichen amtes- und protocol-
lar-verfaren, auch den uͤbrigen ſummariſchen pro-
ceſſen, tit. VI § 105 ſ. 82. Die ſachen muͤſſen
zum handel und wandel tuͤchtig und nicht verbo-
ten ſeyn.
§ 1876
Derjenige hat einen rechtmaͤſigen beſiz von ei-worin der
rechtmaͤſige
beſiz beſte-
het?
ner ſache, welcher ſelbige in ſeiner gewaͤre hat, und
nicht anders meinet, als daß er derſelben eigentuͤ-
mer ſey und ſie ihm zuſtehe, oder ſo vil recht und
gerechtigkeit daran hat, durch welche er herr der-
ſelben werden kan, Culmiſches recht im IIIten bu-
che tit. VII cap. I.
§ 1877
Zu dem rechtmaͤſigen beſize einer ſache wird einwas dazu
erfodert
wird?
behoͤriger grund erfodert, immaſen derjenige, wel-
cher eine ſache inne hat, wenigſtens eine urſache
haben muß, warum er ſie beſizet, welche der grund
des beſizes benennet wird. Diſe gruͤnde ſind
nach den Teutſchen rechten mancherlei.
§ 1878
Bei den erbfaͤllen der Teutſchen war die regel:bei den
Teutſchen
bedurfte der
erbfaͤlle hal-
ber keiner
beſiz ergrei-
fung.
der tode ſezet den „lebendigen in den beſiz„ das iſt,
es bedarf keiner beſiz-ergreifung; anerwogen der-
ſelbe mit der erbſchaft dem erben zufaͤllet, welches
das jus ſaiſinaͤ heiſſet, Carl van Meanad ius
ciuile Leodienſe, obſ. 96, 97 ſ. 205-210 obſ.
314 num. 21 ſ. 132 fgg., der grund iſt weiln der
erbe nicht dem lezt verſtorbenen, ſondern dem er-
ſten erwerber ſein recht und den beſiz zu verdan-
ken hat.
B b b 4§ 1879
[760]XLVII haubtſtuͤck
§ 1879
ſiz-ergrei-
fung noͤtig
iſt?
Immittels iſt die ergreifung des beſizes noͤtig:
1) bei den ſachen, welche herrnlos ſind, 2) wo-
fern iemand eine ſache heimlich, oder gewaltſam
vorher beſeſſen hat, 3) im falle der beſizer mir
die ſache nicht einraͤumen will. Weil der erbe
nicht dem lezt verſtorbenen, ſondern dem erſten er-
werber ſein recht und den beſiz zu verdanken hat.
§ 1880
der beſiz er-
langet wer-
den kan?
Der beſiz kan auf verſchidene arten erlanget
werden, teils durch den kauf, tauſch, die beleh-
nungen, verjaͤrung, erb- und lehn-folgen, abtre-
tungen, einweiſung, zuſchaͤzung, geſaͤze, u. d. g.
Sihe des herrn Reichshofrats von Gaͤrtner ab-
handelung de materia poſſeſſionis territorio-
rum S. R. I. immediatorum in titulis et modis,
Leipzig 1724. Nach den Teutſchen rechten gehet
der beſiz ſo fort auf die erben, Eſtor am a. o.
§ 121, 122 ſ. 87. Vom aͤchten und unaͤchten be-
ſizer wird in den anfangs-gruͤnden des gemeinen
und Reichs-proceſſes tit. 91 § 851 h, i, k, ſ. 295
gehandelt. Der aͤchte beſizer (b. f. poſſeſſor)
hat die gerechtſamen eines eigentuͤmers, und wird
in anſehung eines dritten dafuͤr gehalten. So
bald aber der rechte eigentuͤmer koͤmmt, hoͤret
ſein recht auf.
§ 1881
ſiz-ergrei-
fung erfo-
dert?
Die beſiz-ergreifung erfodert eine koͤrperliche
handlung, welche auch durch einen gevollmaͤchtig-
ten und andre rechtmaͤſige perſonen verrichtet wer-
den kan, wiewol ſolches gleichfalls durch ſymboli-
ſche zeichen, beſonders bei den unbeweglichen ſa-
chen, vermoͤge der rechte beſchehen kan. Sihe
das repertorium iuris priuati im erſten teile un-
ter dem worte affatomia,von Weſtphal am
a. o. IV ſ. 1885. Die uͤbergabe der kauf brife
und
[761]vom beſize und mit-beſize.
und anderer urkunden iſt hir allein hinreichend,
wie davon die lehnbrife die unverwerfliche probe
abgeben, als welche die uͤbergabe des lehns vor-
ſtellen, obgleich die kaufbrife allein das wirkliche
eigentum des uͤbergebers nicht hinreichend zu be-
weiſen vermoͤgen. Bei den gerechtigkeiten ſind
von der einen ſeite das ſtillſchweigen und auf der
andern ſeite die ausuͤbung, auch wol ein gebot
und verbot noͤtig. Hingegen zur beibehaltung
des bereits rechtmaͤſig erlangten beſizes iſt der wille
hinreichend. Bei entſtehendem zweifel wird fuͤr
denjenigen geſprochen, welcher ſich im beſize be-
findet. Es brauchet auch ordentlicher weiſe der
beſizer den titul nicht zu erweiſen. Die ausna-
men hirvon ſihe bei dem Hert in der diſp. de
quaſi poſſidente probante.
§ 1882
Wenn man eine ganze ſache in beſiz nemenob die beſiz-
ergreifung
von einem
teile auf
das ganze
erſtrecket
werden
koͤnne?
ſoll, iedoch nur von einem teile den beſiz ergriffen
hat, wird ſolches fuͤr eben ſo gut gehalten, als
wenn ſolches mit dem ganzen beſchehen ſey, wo-
fern nur ein anderer nicht ſchon einen teil ergriffen
hat, folglich dadurch jener an der beſizergreifung
behindert wird, Stryk im vſu moderno π. lib.
41 tit. I § 5, Eſtor am a. o. § 119 ſ. 86. Di-
ſemnach hat derjenige, welcher den beſiz uͤber das
ganze ergriffen hat, die vermutung fuͤr ſich, daß
er ſolchen in allen teilen des ganzen habe.
§ 1883
Es darf nimand ſeines beſizes entſezet werden,nimand
darf one
rechtmaͤſige
urſach ſei-
nes beſizes
entſezet
werden.
es waͤre dann zufoͤrderſt nach rechte in der ſache
erkannt und verfaren worden. Daher in der
Rammer-gerichts-ordnung die ſchlechte und
gewaltſame entſezung vorkoͤmmt, und auf jene
kein mandat one clauſel erkannt wird. Die
ſchuͤzung beim juͤngſten beſize, oder das poſſeſſo-
B b b 5rium
[762]XLVII haubtſtuͤck
rium momentaneum, oder das manutenenz-decret
ſind Teutſcher art und in der Kammer-gerichts-
ordnung belibet worden. Es ſoll auch zum nach-
teile des beſizers, ſo lange er nicht ordentlich vor-
geladen worden iſt, nichts veraͤndert, oder neue-
rungen vorgenommen werden, Oſtfriſiſches land-
recht im Iſten buche cap. 106, Hadeliſches land-
recht Iſter teil tit. XVII. Die eigenmaͤchtige
entſezungen ſind ſtrafbar, Reichsabſchid 1521,
tit. 32, Saͤchſiſches land-recht im IIIten buche,
art. 42, 43, die Culmiſche landes-ſazung vom
jare 1538 § 16 ſezet auf ſolche entſezung die todes-
ſtrafe. Inhalts des Oſtfriſiſchen landrechtes im
Iſten buche cap. 19 verliret der entſezer ſein an der
ſache habendes recht. Es kan auch der entſezer
ſogleich vom entſezten wieder aus dem beſize ge-
ſchmiſſen werden, Hert in paroemiis iuris
Germ. lib. I par. 88 ſ. 357 fgg. vol. II T. 3.
§ 1884
maͤſige beſiz
wird dem
unrechtmaͤ-
ſigen vorge-
zogen.
Der rechtmaͤſige beſiz iſt dem unrechtmaͤſigen
vorzuzihen. Von der zeit an, da ich zum behoͤ-
rigen beſiz gelanget bin, faͤnget die verjaͤrung an.
Hirzu wird ein ununterbrochener beſiz erfodert.
§ 1885
den beſiz-ſa-
chen gehal-
ten werden
muß?
Beſiz-ſachen ſind an keine gerichtlichen ferien
gebunden, Oſtfriſiſches landrecht 1, 9. Wie
aber bei dem ſtreitigen beſize am Reichs-Kam-
mer-gerichte zu verfaren ſey, beſaget der Reichs-
abſchied 1512 § 12, 1521 tit. 32, 1532 § 15, die
Kammer-gerichts-ordnung vom jare 1552, tit. 21,
1555, II, 21. Wenn aber das poſſeſſorium in
ſachen ſtreitigen beſizes bey dem Reichs-Kammer-
gerichte beendiget iſt, gehoͤret das petitorium fuͤr
den richter der gelegenen ſache, reichs-abſchied
1512 § 12. Es ergibet ſich alſo aus den bemeldten
Reichs-geſaͤzen das ſummarium und ordinarium
als
[763]vom beſize und mit-beſize.
als eine Teutſche ſache, Boͤhmers diſp. de vero
vſu remedii poſſeſſorii ordinarii et ſummarii,
cap, III. § 4. repertorium iuris priuati I ter teil
ſ. 665 § 20 *, Eſtors anweiſung zu dem im Rei-
che uͤblichen ſummariſchen ꝛc. proceſſe, VItes
Haubtſtuͤck § 125 ſ. 87. von dem aͤltern beſize
ſchluͤſſet man auf den izigen, Gaillde pignorat.
obſ. 22, num. 13, ſ. 220, Eſtor am a. o. § 149.
Alle beſiz-haͤndel ſind ſummariſch. Nimand kan
den beſiz ſeiner Sache abaͤndern, Gaill am a. o.
ſ. 243 num. 13. Auf den jaͤhrigen beſiz, laut
Schwabenſpigels cap. 204, ſiehet man heuti-
ges tages nicht mehr, Eſtor am a. o. § 178,
ſ. 97.
§ 1886
Ein untertan iſt in dem beſize der regalien undwenn der
untertan
wider den
landesherrn
in ſeinem
beſize zu
handhaben
iſt?
der angeblichen freiheit von den landes-beſchwer-
den wider den landes-herrn, ſo wohl die lan-
des-geſaͤze, nicht zu ſchuͤtzen, er habe dann den
titel und das recht desfalls erweislich gemachet,
Kurbraunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-ordnun-
gen IIIIter teil cap. VII ſ. 172 fg. BoͤhmerT. II.
P. I. conſultat. 60 num. 7 ſ. 59, Eſtor am a. o.
§ 118, ſ. 86, § 193 ſ. 99, Thomaſiusde prae-
ſcriptione regalium ad iura ſubditorum non
pertinente,von Ickſtatt diſp. de poſſeſſione vel
quaſi regalium et in ſpecie regalis venandi iu-
ris ſubditum ſeu landſaſſium aduerſus territo-
rii dominum parum aut nihil releuante, Wirz-
burg 1736, § 64, ſ. 44 fgg. § 122 fgg. Wofern
aber der Untertan mit ſeinem landes-Herrn uͤber
eine ſache, welche zu den regalien nicht gerech-
net werden kan, rechtet; ſo iſt zufoͤrderſt dar-
auf zu ſehen, wer ſich im beſitze befindet, in wel-
chem falle derjenige, welcher den beſitz nicht fuͤr
ſich hat, den beweis uͤber ſich zu nemen hat, Pe-
ter-
[764]XLVII haubtſtuͤck
termanns diſp. de valore poſſeſſorii ſumma-
riiſſimi contra poſſeſſorem, Leipz. 1731, von
Neumann in dem iure princ. priuato, T. IIII,
lib. 4, tit. 1 § 451 fg. Hertde quaſi poſſidente,
in prologo § 1 ſ. 136. vol. I T. III. Wer ſich
auf den beſiz ſeiner freiheit gruͤndet, muß aus-
uͤbungen derſelben beibringen, Eſtor § 196.
§ 1887
beſiz ver-
loren ge-
het?
Der beſiz kan auf verſchidene weiſe verloren
gehen, ſowohl mit willen, als auch wider willen,
und zwar kan ſolches auf eben die art, wie ſelbi-
ger erlanget worden iſt, wider verloren werden,
Menken im ſyſtemate iuris ciu. lib. 41. tit. 2
§ 13-15. ſ. 638.
Vom mit-beſize.
§ 1888
mit-beſiz
iſt?
Der mit-beſiz wird genennet, wenn mehrere
als einer die ſache zu gleicher zeit auf einerley weiſe
inne haben. Es mag nun einer vorhin den beſiz
allein gehabt haben und der andre zum mit-be-
ſiz aufgenommen worden, ſo wohl gelanget ſeyn,
oder beide zugleich den beſiz ergriffen haben. Den
mit-beſiz haben die Roͤmiſchen rechts-gelahrten
fuͤr unmoͤglich gehalten, Stryckde compoſſes-
ſione,Eſtor am a. o. § 115, § 378 fgg. Er
kan ſo wohl geteilet, als ungeteilet ſeyn. Er iſt
hiernaͤchſt entweder decretalis, oder fluͤſſet aus dem
geſaͤze, oder rechtskraͤftigen urtel, oder gedinge,
Eſtor § 380. Der mit-beſiz aͤuſſert ſich nach den
Teutſchen rechten in vilen ſtuͤcken. Es befanden
ſich alſo die eheleute mit einander im mit-beſize
(729-744), Eſtor am a. o. § 383 fgg. von
Weſtphal am a. o. T. III. ſ. 624. Daher bey
beſchluͤſſung eines contractes des eheweibes bewil-
ligung
[765]vom beſize und mit-beſize.
ligung erfordert wurde; Herr Hofrat Hellfeld
de reſtricta illuſtrium alienandi facultate, cap.
1. § X. ſ. 11 fg. Diejenigen guͤter, welche ein
ehegatt fuͤr ſich behalten, wurden einhandsguͤter
(ainshandsguͤter) benennet, Nuͤrnbergiſche re-
formation vom jare 1564, tit. 28, IItes geſaͤz.
Imgleichen befanden ſich die kinder, beſonders die
nicht abgeſonderten, mit ihren aͤltern im mit-be-
ſize der guͤter, oder in ſammenden gute, in der
were, Dreyer in der ſammlung vermiſchter ab-
handlungen zur erlaͤuterung der Teutſchen rechte,
Iter teil ſ. 94. fgg.
§ 1889
Die geſammte erbſchaft beruhete bey denworauf die
geſammte
erbſchaft
der Teut-
ſchen beru-
het hat?
Teutſchen auf dem bey lebzeiten des erblaſſers be-
reits erlangten mit-eigentume, oder mit-beſize der
erbguͤter und in dem damit verknuͤpften naͤchſten
rechte, dieſelben nach des erſten toͤdtlichen hintritt
zu behalten. Dieſemnach wurde, bevor man die
erbfolge aus dem ordentlichen ſucceßions-rechte
entſchide, zufoͤrderſt darauf die ruͤckſicht genom-
men, wer mit dem verſtorbenen in der gemein-
ſchaft der guͤter ſich befinde, oder darinn am mei-
ſten geſeſſen waͤre. Geſtalt denn auch Tacitus
de moribus Germ. cap. 20. den beſitz als den
grund der natuͤrlichen und Teutſchen erbfolge angi-
bet, Dreyer am a. o. ſ. 97 fgg, repertorium
iuris priuati im IIten teile ſ. 980 fg. Eſtors klei-
ner ſchriften IIter band ſ. 423 ſ. 763. IIIter band
ſ. 83, ſ. 273.
§ 1890
Landerben, welche lehns-verbeſſerungen zu fo-was die
landerben
der lehns-
verbeſſerun-
gen halber
zu beſorgen
haben?
dern haben, muͤſſen wegen ihres einbehaltungs-
rechtes im mit-beſitze des lehnes ſo lange zu ver-
bleiben ſuchen, bis ſie desfalls voͤllig befridiget ſind,
Eſtor am a. o. § 388, ſ. 191.
§ 1891
[766]XLVIII haubtſtuͤck
§ 1891
mit-beſiz
fuͤr rechtmaͤ-
ſig gehalten
wird?
Der von einem fremden zu ergreifende mit-be-
ſiz iſt fuͤr rechtmaͤſig zu achten, wenn ſolcher auf
eine rechts begruͤndete weiſe erlanget wird. Die
eigenmaͤchtige ergreifung des mit-beſizes an des
beſizenden bewilligung, oder richterliche erkaͤnnt-
nis, auch geſaͤzliche verordnung, wird fuͤr eine wie-
der rechtliche entſezung geachtet, Eſtor am a. o.
§ 387, ſ. 190 § 393, ſ. 192.
§ 1892
den ſtreiten-
den parteien
der mit-be-
ſiz zuer-
kannt wer-
den mag?
Wenn ſich ergibet, daß beide ſtreitende par-
teien ſich im beſize befunden haben, iſt ſelbigen
auch beiderſeits der mit-beſiz zu zu erkennen, Boͤh-
merT. III. P. III. conſult. 744, num. 8, con-
ſult. 745 num. 9. Die jagt, welche jaͤhrlich ein-
mal im ganzen lande ausgeuͤbet, und gemeiniglich
der uͤberzug benennet wird, leget dem landes-
Herrn keinen mit-beſiz bei, Boͤhmer am a. o.
deciſ. 746 num. 5, ſ. 682.
§ 1893
ret?
Wie der beſiz aufhoͤret und verloren gehet, ſo
kan auch der mit-beſiz erloͤſchen und aufgehoben
werden.
Acht und vierzigſtes haubtſtuͤck
von den unterſchidlichen guͤtern der
Teutſchen.
§ 1894
ſchen guͤter
und deren
eintheilun-
gen.
Die Teutſchen hatten ihre guͤter (§ 108, § 109).
Selbige wurden uͤberhaubt in dreierlei ar-
ten eingeteilet, naͤmlich, 1) in eigene guͤter, wel-
che einer erworben hatte, und woruͤber er frei ge-
baren
[767]von den unterſchidlichen guͤtern ꝛc.
baren konnte. Dieſe wurden auch erworbene,
errungene benennet (comparata, adquiſita),von
Piſtorius in der vorrede zu dem IIIten teile der
amoenit. iur. und ſ. 517, 519, 2) ſtamm- und
erbguͤter, welche man auch fideicommiſſe, imglei-
chen allodia nennete und haubtſaͤchlich in unbeweg-
lichen guͤtern beſtunden, Hert, vol. II. T. 1 ſ. 212,
opuſc. in notitia regni Franc. vet. cap. III. § 57,
58, Hellfeldde reſtricta illuſtrium alienandi fa-
cultate, cap. I § VI. fgg., Dreyerde reſtricta
facultate alienandi bona hereditaria § IIII ſ. X
fgg. ſ. 72, iedoch konnten ſie auch im farniſſe und
in der barſchaft beſtehen, Dreyer am a. o. § VIII
ſ. 38-40 fgg. Auſſerdem konnte das vermoͤgen
aus lehnguͤtern beſtehen, welche der hohe und ni-
dere adel beſaſe. Denn bauern und buͤrger ſind
ordentlicher weiſe der lehne nicht faͤhig geweſen.
§ 1895
Dasjenige unbewegliche vermoͤgen, welcheswas ſtamm-
erb-guͤter
heiſſen?
vom vater, oder den aͤltern und voraͤltern auf den
ſon und nachkommen nach erbgangs-recht gekom-
men, oder angefallen iſt, heiſſet ſtamm-gut (erb-
gut). Ich ſage unbeweglich, allermaſſen es
heiſſet: narung iſt kein erbe, Hertde paroemiis
iur. Germ. lib. 1. par. 5, ſ. 262, vol. II. T. III,
Dreyers angezogene diſp. § II. (a) ſ. 3 fgg. § VII
ſ. 28 fgg. Die eigenſchaften deſſelbigen haben
der Herr von Buri im erlaͤuterten lehn-rechte ſ.
375 fgg., Herr Hofrat Brandt zu wezlar de na-
tura bonorum auitorum cap. II, der Luͤbeckiſche
ſtadt-ſyndicus Herr Dr. Dreyer in der belobten
diſput. ſ. 6 fgg. bemerket. Wir brauchen hirbei
die einteilung des eigentumes in das voͤllige und
nicht voͤllige nicht, anerwogen nach Teutſcher art
das ererbte ſo geartet war, daß alle nachkommen
des Iten erwerbers ein recht daran hatten, folg-
lich
[768]XLVIII haubtſtuͤck
lich der beſizer daruͤber nach ſeinem gefallen nicht
gebaren konnte, ſondern der von dem erſten erwer-
ber abſtammenden nachkommen bewilligung wur-
de bei deſſen veraͤuſſerung erfodert; widrigenfalls
ihnen das einſtands-recht, auch bei eroͤfneter erb-
folge die zuruͤckfoderung zuſtunde und noch zuſtehet,
Hellfeld am a. o. c. 1, § 8 fgg. § 12 ſ. 13 fgg.
§ 1896
guͤter be-
ſtimmung
und eigen-
ſchaft wird
bemerket.
Die ſtamm-guͤter waren zur erhaltung des ge-
ſchlechtes beſtimmet. Derohalben die toͤchter, ſo
lange bruͤder vorhanden waren, zu derſelben ge-
nuß nicht gelangen konnten, ſondern mit dem noͤ-
tigen unterhalte, und nach beſchehener verheira-
tung, mit der brautgift und ausſtattung ſich be-
gnuͤgen laſſen mußten. Welches auch noch heu-
tiges tages bei dem adel in Franken, Schwaben,
Bremen, Preuſſen, Hollſtein, am Rheine ꝛc.
uͤblich iſt. Sotane ſtamm-guͤter ſind auch in
Heſſen nicht unbekannt, F. H. Caſſeliſche proceß-
ordnung § 47. Inhalts des Hamburgiſchen ſtadt-
rechtes im IIIten teile, tit. 1 art. 4 iſt verordnet:
vom erb-gut iſt niemand vermoͤge dieſer ſtadt-
rechte one ſeiner naͤchſten erben erlaubnis, oder be-
willigung zu teſtiren bemaͤchtigt, ſondern daſſelbe
ſeinen rechten erben ungeſchmaͤlert zu laſſen ſchul-
dig.
§ 1897
gern und
bauern erb-
guͤter anzu-
treffen und
zu vermuten
ſind?
Bey buͤrgern und bauern werden ordentlicher
weiſe ſtamm-guͤter nicht vermutet, iedoch finden
ſich hir und da dergleichen, welche mit dem na-
men der erb-guͤter, erb-eigen beleget werden,
Hellfeld am a. o. ſ. 34, Dreyers diſp. § VIIII ſ.
41 fgg. Immittels haben die Worte: erbe, ei-
gen, erb-gut, mancherlei bedeutungen in den
Teutſchen beſondern land- und ſtadt-rechten.
Sihe das repertorium iuris priuati im IIten
teile
[769]von den unterſchidlichen guͤtern ꝛc.
teile ſ. 1386, 1392, 1452, 1463 fg., Kopp in
den lehnproben Iten bande ſ. 270, 271. Es be-
deutet daher ein gut vererben oͤfters ſo vil, als
einem andern fuͤr ſich und ſeine nachkommen, auch
nur in gewiſſermaſe ein erbrecht daran uͤbergeben
und zugeſtehen, ſolchemnach iſt erbe und eigen von
einander unterſchicken, immaſen man auch one
das eigentum wol ein erbrecht an einer ſache haben
kan, Kopp am a. o.
§ 1898
Die allodien ſind von den lehnguͤtern unterſchi-die allodien
ſind von den
lehnguͤtern
unterſchi-
den.
den; daher die erſten zu lehn aufgetragen und ge-
machet; hingegen lehne in erb- und eigene ver-
wandelt werden koͤnnen, wie ſolches die Kurbran-
denburgiſche lehne bezeugen, Mylius im corp.
conſt. march T. II abt. V ſ. 119 fgg.
§ 1899
Als die Franken fremde laͤnder bezwungen, oderdie adeliche
guͤter wer-
den lehnbar
zu ſeyn ver-
mutet.
aus einem in die andern die voͤlker verpflanzeten,
wurden den freigebornen loſe, oder guͤter zu teile,
welche de munere regum hiſen. Der hohe adel
beſaße unterdeſſen ſtarke allodien, welches zur ver-
erbung der Reichs-lehne, beſage des Herrn Gra-
fens von Buͤnau im IIIIten bande der Kaiſer-
und Reichs-hiſtori ſ. 208 b und hernach zur lan-
deshoheit gelegenheit mit gab, Struben im IIIIten
teile der nebenſtunden ſ. 62 fg. beim nidern adel
wimmelte alles von lehnen, und wer erbe hatte,
der trug es zu lehne auf. Nun beſaget die ver-
nunft-lehre, daß wir in den ſittlichen wiſſenſchaf-
ten vermittelſt der induction aus der mehrheit der
beiſpile regeln zu zihen vermoͤgen, Eſtorsobſ. feu-
dal. IIII. Man neme aber 100 adeliche guͤter; ſo
finden ſich darunter kaum 20. die erbe ſind; da-
her folget der Schluß, daß die meiſten lehnbar
ſeynd. Derowegen muß ich die vermutung von
C c cdem
[770]XLVIIII haubtſtuͤck
dem meiſten herleiten, und ſagen: die mehreſten
adelichen guͤter ſind lehne: alſo wird dieſes auch
lehnbar zu ſeyn vermutet; mithin hat der gegener,
daß es erbe ſey, zu erweiſen.
Neun und virzigſtes Haubtſtuͤck
von den bauerguͤtern.
§ 1900
guͤter im
Teutſchlan-
de ahmẽ die
lehne mei-
ſtens nach.
Bei den Teutſchen bauerguͤtern aͤußert ſich mei-
ſtens eine nachahmung der lehne, Kopp am a.
o. ſ. 286. Sie fuͤren auch hirum, wenn ſie
nicht erb-eigen ſind, den namen der lehne (luͤh),
der leihen, immaſen ſie verlihen werden. Da-
her findet man vilfaͤltig in den urkunden, auch
landes-geſaͤzen die verleihung zum rechten er-
be, welche redens-art ſo vil bedeutet, als daß
der eigentums-Herr ſein Gut einem andern nicht
eigentuͤmlich, auch nicht auf eine gewiſſe Zeit,
ſondern ihm benebſt allen ſeinen nachkommen, oder
nur auf ein beſtimmtes glid zu einem erblichen ge-
brauche und nuzen, gegen entrichtung eines jaͤhr-
lichen zinßes, oder pachtes, auch andre bedingun-
gen eingibet, welches eine erb-verleihung, oder
erb-beſtaͤndnis, lehngut, benennet wird, Kur-
Pfaͤlziſche landes-Ordnung P. II. tit. V. im an-
fange ſ. 276 fgg. 1, Solmſiſche landordnung im
IIten teile, tit. 5, Oſtfriſiſches landrecht im IIten
Buche, cap. 249, Kopp am a. o ſ. 271 fgg.
Clammer im promtuar iur. tit. 9.
§ 1901
lehn bedeu-
tungen.
Das wort lehn, leihen, lihen, lauen, ver-
leihen, hat dieſemnach vilerlei bedeutungen. Denn
es begreifet unter ſich die zeit-verpachtungen,
(tempo-
[771]von den bauerguͤtern.
(temporal-leihen), Hohenlohiſches landrecht im
IIten teile, tit. 7 § 1 ſ. 82, das anlehn, commo-
datum, und uͤberhaubt wird ſolches von allen uͤber-
gaben, und verleihungen genommen, von Lyn-
ker in den analectis ad Struuii ſynt. iur. feud. ſ.
12, von Ludwig im iure client. ſ. 48. not. 6 ſ.
54, not. (u),Conradide nominibus feode et
lehn ſ. 565 T. 1, theſauri iur. feud. Ienich. Daher
das Wort lehn: fuͤr ein feudum nicht ſchlechter-
dinges genommen, vielweniger bei den leihen das
nuzbare eigentum iederzeit dem lehnmanne uͤberlaſ-
ſen wird, ſondern ſotane worte in den Teutſchen
urkunden, landes-geſaͤzen, auch mit-contracten
von den unleugbaren bloſen locationen pro merce-
de, oder ſo genannten zeitigen leihen oͤfters gebrau-
chet werden. Derowegen dergleichen Gedinge,
oder verpachtungen den namen der lehne erhalten
haben. Woraus iedoch nicht ſo gleich erblehen, oder
erbpaͤchte zu folgern ſind, angeſehen beim bauern
alles lehn oder lihn, heiſſet, das er nicht eigen-
tuͤmlich beſizet, freyherr von Senkenberg in den
anfangs-gruͤnden der Teutſchen rechtsgelehrſam-
keit, cap. V § 1 ſ. 108 § 6 ſ. 110, von Buri am
a. o. ſ. 47 num. 3, Horn in der iurispr. feud.
cap. II. § 3, Schilter am a. o. ſ. 543. Dero-
halben das wort lehn iederzeit nach der abſicht der
handelnden perſonen zu verſtehen iſt, und kan nicht
allein von einer ieden miete gegen einen zu erlegenden
zinß gebrauchet werden; ſondern bedeutet auch ie-
weilen eine Roͤmiſche verpachtung, in welcher dem
verpachter das eigentum verbleibet, der pachter
hingegen kein nuzbares eigentum uͤberkommet,
Abraham Kaͤſtnerde erronea doctorum opi-
nione per locationem ad longum tempus
factam vtile transferri dominium, Leipz. 1747
§ 6 ſ. 7 fgg. Derowegen dergleichen guͤter nach
C c c 2den
[772]XLVIIII haubtſtuͤck
den pacht- oder leihe-briefen beurteilet werden
muͤſſen, von Buri am a. o. ſ. 794, Gundling
in den digeſtis ſ. 287, und ſ. 302, auch der richter
die auslegung ſolcher leihbrife nach den Teutſchen
keinesweges aber nach den Roͤmiſchen und geiſtli-
chen rechten vorzunemen hat, Kopp am a. o. § 4
fgg. 1, ſ. 7, fgg. und de teſtamentis Germ. ſ. 180
reg. 2, Reichs-abſchid vom jare 1654 § 105,
Reichs-hofraths-ordnung tit. 1, § 4, Caſpar
Heinrich Hornde praerogatiua morum Ger-
maniae in concurſu cum legibus receptis, ſect.
1 ſ. 3, bevorab da die Teutſche verpachtung und
erb-leihe von der Roͤmiſchen emphyteuſi ſich merk-
lich unterſcheidet.
§ 1902
ſchid zwi-
ſchen der T.
emphyteuſis
und der Roͤ-
miſchen.
Inmaßen 1) die Teutſche erbleihe eine verbri-
fung erfordert, Kopp am a. o. im Iten teile cap.
VI § 7. ſ. 297, Dr. Orth am a. o. im IIten teile
ſ. 515 ſ. 575; 2) in ruͤckſicht auf die erbfolge, wel-
che nur auf die gehet, welche aus des erſten er-
werbers gebluͤte abſtammen, wie alſo bei hi-
ſiger juriſten-facultaͤt oͤfters geſprochen worden iſt.
Daher bei einer erbleihe nur diejenigen zur erbfol-
ge kommen, welche vom erſten erwerber abſtam-
men, Kopp ſ. 299, § 8 fg. Chriſtian Gottfrid
Hofmanns diſp. de emphyteuſi cap. IIII. §
15-17 ſ. 53 fgg. 3) ein unterſchid wegen der
lehns-erneuerung und entrichtung der lehn-
ware ſich aͤußert Kopp § 9 ſ. 301; 4) in anſe-
hung des ruͤckſtaͤndigen Zinſes und deſſen Heraus-
treibung, Kopp § 10 ſ. 308; 5) der einzihung des
leihgutes, Kopp § 11, ſ. 312. fg. ein unterſchid
ſich hervor tut. Wozu noch kommet, daß nach
dem Roͤmiſchen rechte die verbeſſerungen des heim-
gefallenen gutes ein ſtuͤck deſſelben werden, folg-
lich desfalls nichts gefordert werden kan; dahinge-
gen
[773]von den bauerguͤtern.
gen nach ausweis der Teutſchen rechte dem erb-
beſtaͤnder alle und iede erweisliche verbeſſerungen,
auſſer was im leihbrife deshalber ausgenommen
worden iſt, bey dem heimfalle des gutes erſtattet
werden muͤſſen, von Lynkerde iure colonario
§ 24, 26 ſ. 55, Eſtors anfangs-gruͤnde des ge-
meinen und Reichs-proceſſes § 2021 ſ. 730, wo-
durch die ſo genannte oberbeſſerung, quarta co-
lonoria an einigen orten verſtanden wird, von
Buri ſ. 923, 1015, 1047, welche des bauern ei-
gentum iſt. Dahin gehoͤren z. e. die neu erbaute
ſcheunen, ſtaͤlle, das miſtrecht ꝛc. Sihe des Herrn
Reichs-kammergerichts-aſſeſſors freiherrn von
Cramer unvorgreifliche Gedanken von der im ober-
fuͤrſtentume Heſſen und Solmſiſchen uͤblichen land-
ſideley, § 9, 10, zudem rechtlich vermutet wird,
daß eine iede gutsverpachtung Teutſcher und nicht
Roͤmiſcher art ſey, ſintemal man das einheimiſche
fuͤr dem fremden beybehalten zu ſeyn glaubet; hin-
gegen die abaͤnderung nicht vermutet, Koppde
teſtam. Germ. ſ. 184, reg. III. ſ. 186 reg. IIII.
§ 1903
Es heiſſet aber ein bauern-gut uͤberhaubt das-was ein
bauergut
heiſſet?
jenige, welches zum ackerbau und zur vihzucht an-
geleget iſt, aus laͤndereien und andern grundſtuͤ-
cken auf dem lande beſtehet, darnebſt ordentlicher
weiſe mit abgaben und dinſten beſchweret iſt, und
gemeiniglich von bauern beſeſſen, auch benuzet
wird. Daher man pflichtbare, dinſtpflichtige,
fronbare guͤter hat, geſtalt die dinſte bei den bauern-
guͤtern im zweifel vermutet werden, Eſtorde
praeſumtione contra ruſticos in cauſſis opera-
rum. Dahingegen diejenige, welche von din-
ſten, auch wohl von andern laſten befreiet ſind,
freihoͤfe, freie bauerhoͤfe ꝛc. und die beſizere frei-
ſaſſe, genennet werden.
C c c 3§ 1904
[774]XLVIIII haubtſtuͤck
§ 1904
ein bauer-
hof?
Diejenige ſtaͤtte, worauf ein wonhaus nebſt
ſcheunen, ſtaͤllen auch andern gebaͤuden und miſt-
plaze ſamt andern zum behufe der landwirtſchaft
dinende ſtuͤcke ſich befinden, bedeutet in einem
dorfe einen bauer-hof, oder hob (§ 448.)
§ 1905
guͤter be-
ſchaffenheit.
Die bauern beſizen die hoͤfe und die inhabenden
guͤter nicht auf einerlei weiſe. Immittels ſind die
meinungen der rechtsgelehrten ſamt den landesge-
ſaͤzen desfalls ſehr unterſchiden; anerwogen einige
die Teutſchen bauern-guͤter nach dem masſtabe des
Roͤmiſchen rechtes abmeſſen, und den beſizern, wo
nicht das voͤllige, dennoch wenigſtens das nuzba-
re eigentum beilegen. Das erſte wird bei den zinß-
guͤtern in Sachſen, nach Carpzovens meinung,
in dem Hohenlohiſchen landrechte, IIIten teile tit.
8 § 1, ſ. 86, in der Naſſau-Cazenellenbogiſchen
land-ordnung Iten teile cap. VIII § 2 ſ. 37 be-
haubtet. Andre wollen den bauern in anſehung
ihrer guͤter ein nuzbares eigentum zuſchreiben, und
wieder andere betrachten die bauern als pachtleu-
te und entnemen ihnen das eigentum voͤllig, von
Engelbrechtobſeruat. ſpec. II. obſ. 72 ſ. 373,
von Buri am a. o. ſ. 766, Strubende iure
villicorum cap. II § 1 fgg., cap. VIII § 1 ſ. 290,
und in den acceſſionibus de iure villicorum, ſ.
2, Boͤhmerde imperfecta libertate ruſticorum
§ 26, welchen noch diejenige beizufuͤgen ſind, wel-
che die mittelſtraſſe gehen, und dafuͤr halten, daß
nach der unterſchidenen beſchaffenheit der bauern-
guͤter eine bei allen zutreffende regel nicht gege-
ben werden koͤnne, bevorab die erfarung lehre,
daß nach einfuͤrung des Roͤmiſchen, auch paͤbſtli-
chen rechtes die emphyteuſes, erbpachte, die brif-
guͤter, welche auch wol boc-land benennet wer-
den,
[775]von den bauerguͤtern.
den, van Wicht in den Anmerkungen zum
Oſtfriſiſchen landrechte ſ. 53, du Freſne im
gloſſ. unter dem Worte: libellus und liber,von
Buri ſ. 1103, imgleichen precarium, ſ. 1182 fgg.
erb- und grundzinß-guͤter und dergleichen be-
nannt worden waͤren, Johann Jacob Rein-
hard ſ. 262, von Buri am a. o. ſ. 832 ſ. 1242.
Dahingegen fuͤr pachtarten nach den Teutſchen
gewonheiten gehalten wuͤrden; die annemung zu
einem hofmanne, oder beſtaͤnder, zu hofleuten,
homannen, paͤchtern, Schilter am a. o. ſ. 462.
die landſideleihe, hinterſideleihe, maierei, oder
vermaierung, von Buri am a. o. ſ. 1119, die ge-
bung zu lehne, die reichung zu einem hof-huben-
gute, oder zum hubenrechte, waltrechte, medum,
malzgut, guͤlte, oder zum koͤter-vogtgute ꝛc.
von Buri ſ. 1119 ſ. 1269, die verpachtung auf
willkuͤr, und wiederruf, daher deren beſizer noch
in einigen landen herren-guͤnſtler benennet werden,
Clammer im promtuar. iur. tit. 9, die zinßguͤ-
ter, von Buri ſ. 93, oder die erblehne, die ver-
pachtung auf lebenslang, leibguͤter, laßguͤter, u.
d. g. benennet worden waͤren, freiherr von Gu-
denus im codice diplom. T. II ſ. 169.
§ 1906
Dieſem vorgaͤngig und ſovil die erſte Teutſchewas ein
hofmann
bedeutet?
pachtgattungen betroffen habe, ein hofmann oder
die hofleute, hobleute, homaͤnner, uͤberhaubt
zwar einen ieden, der ein gut baue, bedeute, es
moͤge ein erbgut oder ein bauerlehn-hof ſeyn,
Schilter am a. o. ſ. 462; imgleichen ein ſchafner
auf einem maierhofe, villicus, dadurch verſtanden
werde, Johann Leonhard Friſch im Teutſch-
lat. woͤrterbuche ſ. 460, welcher naͤmlich die auf-
ſicht uͤber das geſinde und den ackerbau habe, und
in Heſſen geiſſel-hofmann heiſſet; nicht minder
C c c 4ein
[776]XLVIIII haubtſtuͤck
ein freigeborner, oder adelicher, der ein gut zum
ſolde hatte, alſo jeweilen hiſe, Wachter im gloſ-
ſario unter diſem worte.
§ 1907
len mit dem
landſidel
fuͤr einerley
gehalten.
Ferner ieweilen Hofmann und landſidel in Heſ-
ſen einerlei waͤren, beſage der urkunden vom jare
1570 bei dem KuchenbeckerT. 1 anal. Haſſ. ſ.
126 und Joh. Jac. Reinharden im Iten bande
der kleinen ausfuͤrungen ſ. 259, in der urkunde
vom jare 1343 und 1531, in welcher leztern aber
das wort hofleute von denen gebrauchet werde,
welchen das gut zu rechtem erbe ewiglich und
erblich, zu rechter erbſchaft verlihen worden
waͤre.
§ 1908
del wird je-
weilen be-
ſtaͤnder ge-
nennet.
Weiter in einem landſidelei-brife, welchen das
Kloſter Arnsburg im jare 1631 ausgeſtellet habe,
inhalts der beilage 127 ſ. 145 in der ſupplica des
graͤflichen Hauſes Solms wider das Kloſter Arns-
burg, ſich finde, daß der landſidel bald ein be-
ſtaͤnder, bald ein Hofmann genennet werde.
Thue hinzu die policei-ordnung der k. und h. R.
Burgfridberg, Gieſen 1729 fol. tit. XI.
§ 1909
weiter be-
ſtaͤrket wird
Geſtalt als das rittergut Hermanſtein bei Wez-
lar, im jare 1666 bis 1669 auf eine unverneinli-
che temporal-leihe an Abraham Wiſſigern aus
Wezlar, verpachtet, und dieſe pachtung vom jare
1669 bis 1671 erneuert worden waͤre; der pachter
nicht anders, als der hofmann und die pachtung
eine leihe, der pachtbrif aber ein leihbrif genennet
worden ſey, laut der beilage 1 ſ. 27, in der
acten-maͤſigen relation in ſachen Schenk, wi-
der Schenken, das gut Hermannſtein betreffend,
1716, 4.
§ 1910
[777]von den bauerguͤtern.
§ 1910
Immittels nach der Heſſiſchen mundart einwas ein
hofmann
im Heſſi-
ſchen iſt?
hofmann, oder homann ſo vil, als ein pachter
ſey, welcher ein gut auf eine zeit-pacht (location)
gepachtet habe.
§ 1911
Immaſſen die Teutſchen iren leibeigenen ehe-wie die lan-
ge paͤchte
entſtanden
ſind?
dem die guͤter mit vorbehalt des eigentumes und
gemeiniglich auf einen ſchlechten zeitlichen beſtand
verpachtet haͤtten, BoͤhmerT. III. exerc. ad π.
ſ. 466 § 2, ob gleich der hohe und nidere adel den
leibeigenen aus libe, auch ſorge, fuͤr ſelbige die
guͤter nicht leichtlich genommen, ſondern ſolche ih-
nen, ſo lange ſie die ſchuldigen auf den guͤtern haf-
tenden landes-beſchwerden, welchen dieſe leute
ſich unterzihen muͤſſen, auch andre Gaben davon
entrichtet, von Buri ſ. 947 fg., die fronen ge-
leiſtet, imgleichen die guͤter im guten ſtande erhal-
ten, gelaſſen haͤtten, wodurch es dann geſchehen
ſei, daß der bauer aus der gewohnheit des guts-
herrn das gut lange jare innen gehabt habe, und
dadurch die gelegenheit entſtanden ſei, daß die ver-
pachtung unbeweglicher dinge merenteils auf eine
lange zeit beſchehen waͤre, wenn auch gleich ſelbi-
ge vom anfange auf etwas erbliches, oder beſtaͤn-
diges, nicht gerichtet worden waͤre, von Sen-
kenberg am a. o. cap. V § 1, 2 ſ. 109, Joa-
chim Potgieſerde ſtatu ſeruorum lib. I, cap. 4,
§ 34, 35, ſ. 206, fgg.
§ 1912
Immittels der adel ſeine laͤnderei gar leichtlichvom aufho-
lungs-pro-
ceſſe.
einzuzihen vermogt habe, anerwogen der dißfalls
belibte aufholungs-proceß, kurz und ſehr ge-
woͤhnlich geweſen ſey, von Senkenberg am a. o.
§ 17 ſ. 111, Struben am a. o. cap. II § 1 fgg. ſ.
35, und cap. 8, und in den acceſſionibus ad ius
C c c 5vill.
[778]XLVIIII haubtſtuͤck
vill. obſ. 25 ſ. 73. fg., Boͤhmerde vſu pract. di-
ſtinct. hom. ſect. III. § 20, Kopp am a. o. Iten
teile ſ. 315, 316.
§ 1913
urſachen die
guͤter iewei-
len auf lan-
ge zeit ver-
pachtet woꝛ-
den ſind?
Wiewol ſich auch die Teutſche oͤfters genoͤtiget
geſehen haͤtten, einige irer guͤter an gewiſſe bauern,
oder andre leute auf lange jare, oder fuͤr beſtaͤn-
dig zu verpachten, indem es mit den pachtungen
auf kurze jare ſeine große ſchwierigkeiten gefunden
habe. Unterdeſſen ſotaner erbpacht das eigentum
dem pachter nicht zuwege bringe, von Ludewig
im iure client. ſect. III. cap. 4. § 8 not. k ſ. 191
fgg., Eſtor in den kleinen ſchriften Iten bande,
ſ. 158.
§ 1914
tung iſt fuͤr
die zeitliche
verpachtung
Dieſemnach auch die auslegung fuͤr die zeitliche
vermitung zu machen ſey, bis der pachter das erb-
recht darthue, anerwogen ausfuͤndig rechtens waͤ-
re, daß erſtlich der beſtaͤnder, oder beſizer eine ſol-
che that unternaͤme, woraus zu ſchluͤſſen ſey, daß
er den grund ſeines beſizes abzuaͤndern gewillet waͤ-
re, ſo dann der gutsherr es dabei bewenden laſſe und
endlich eine rechtsbewaͤrte zeit verſtrichen ſey; wi-
drigenfalls und in ermangelung dieſer erforderniſ-
ſen, bekannt waͤre, daß hundert jare unrecht, kein
jar recht ſey. Schaumburg in den annotat. ad
Struuii iurisprud. ſ. 567, Hert in paroem. iur.
Germ. lib. I. par. 3.
§ 1915
verſchidene
bedingun-
gen dabey
vorbehalten
wordẽ ſind,
Unterdeſſen die verpachter ſowohl gutsherren vi-
lerlei bedingungen ſich vorbehalten haͤtten, welche
gleichwol das haubtwerk nicht abaͤnderten, von
Senkenberg am a. o. §. 8, ſ. 110.
§ 1916
der wein-
kauf, leih-
geld ꝛc.
Inzwiſchen, wenn der ſon, oder die tochter das
gut haͤtten beibehalten wollen, es auf eine abgabe
an-
[779]von den bauerguͤtern.
angekommen waͤre, um dadurch den gutsherrn zu
gewinnen, damit er ihnen die leihe gelaſſen habe,
woraus das leihgeld, und der verhauer oder vor-
hauer, auch ſo genannte korb entſprungen ſey, dar-
inn der bauer durch uͤberbringung der butter, der
koͤppelkaͤſe, eier, kuchen ꝛc. ſich dem gutsherrn
zu empfelen geſuchet habe; und wie das zutrinken
ein zeichen der uͤbergabe, und des geſtifteten con-
tractes uͤber eine Sache geweſen waͤre, von Weſt-
phal am a. o. in der vorrede zum 4ten bande ſ. 5,
6 *, Johann Wilhelm Hofmann im ſpecim.
iuris prudentiae ſymbol. § 17 ſ. 24, Struben
am a. o. ſ. 343 fg,; alſo dadurch der weinkauf,
(wenngkof) Kopp am a. o. ſ. 330 fgg., entſtan-
den ſey; welcher fuͤr ſich betrachtet, kein nuzba-
res eigentum mit ſich bringet. Immittels in den
naſſen und trockenen weinkauf eingeteilet werde,
deren jener im weine, oder gelde dafuͤr, der trocke-
ne aber in eß-waaren beſtehe (§ 470).
§ 1917
Außerdem das Wort zinß in der Teutſchendie bedeu-
tungen des
wortes:
zinß.
ſprache das pachtgeld uͤberhaubt bedeute; imma-
ſen man den hauß-zinß nenne, welcher von einem
gemieteten hauſe zu entrichten waͤre, auch der mer-
ces bei der location der pacht-zinß, bald der
miet-zinß, bald der heuer-zinß heiſſe, von Ber-
ger in der oecon. iur. lib. III. tit. 5 § 19 ſ. 682,
folglich ſotane woͤrter nach beſchaffenheit der um-
ſtaͤnde genommen werden muͤßten.
§ 1918
Derohalben dieſe guͤter, oder leihen, unter diedieſe guͤter
gehoͤren
nicht unter
die lehne.
lehne nicht gehoͤreten, von Senkenberg § 31 ſ. 112
und wie im zweifel vermutet werde, daß ein
ſchlechter zinß, oder pacht-geld, und kein erbzinß
bezalet; alſo die erbleihe auch nicht vermutet wer-
de, von Senkenberg § 32 ſ. 112; diſemnach die
ausle-
[780]XLVIIII haubtſtuͤck
auslegung ſo lange fuͤr die temporal-leihe zuma-
chen ſey, bis der bauer das erbrecht dartue.
§ 1919
werden fuͤr
Teutſche
vermutet,
Wo aus den gemeinen rechten diſes und jenes
den Teutſchen pachtungen angefuͤget worden waͤre,
daſſelbe, als etwas zufaͤlliges, den richter nicht be-
wegen duͤrfe, von diſem zufaͤlligen einen ſchluß auf
das weſentliche des pacht-handels zu machen.
§ 1920
zinß den
fruͤchten
nicht gleich
iſt.
Geſtalt man auch nicht ſagen koͤnne, was maſ-
ſen der pacht, oder zinß, den fruͤchten des gutes
anitzt nicht gemaͤß, folglich daraus eine erb-leihe
zu ſchluͤſſen ſey, ſintemal leichtlich beſcheiniget wer-
den koͤnte, daß vor alters der pacht den fruͤchten
gemaͤs geweſen waͤre, von Buri am a. o. ſ. 770,
num. 2.
§ 1921
bauer das
eigentum
zugehoͤret?
Nicht minder die bauern einwenden, wie das
eigentum eines bauern-gutes und das erbrecht an
ſelbigen nicht mit einander zu vermiſchen (§ 1897),
ſondern als unterſchidene dinge zu berrachten waͤ-
ren von Buri ſ. 794, Kopp am a. o. ſ. 270
fgg. Derohalben dafern die frage entſtuͤnde; ob
dem bauer das eigentum zuſtehe? oder ob er nur
den erblichen gebrauch des gutes habe? das erſte-
re im zweifel zu vermuten waͤre, von Buri ſ.
794, die guts-herren aber diß fuͤr unbegruͤndet
halten.
§ 1922
Zur beſſern beurteilung der mannigfaltigen be-
nennungen der bauerguͤter ſezet man die aͤlteſten
veranſtaltungen aus den traditionibus Fuldenſi-
bus und Corbejenſibus zum voraus, nach anleitung
Schannats in der Buchonia vetere ſ. 322, fgg.
Es haben aber die bauer-guͤter gar unterſchidene
namen:
§ 1923
[781]von den bauerguͤtern.
§ 1923
I)Area, die hofſtatt eines bauer-gutes unddie bedeu-
tung des
wortes are-
a, ager, ju-
ger.
die darzu gehoͤrige laͤnderei. Es heiſſet auch ie-
weilen arialis. Agri fiſcales und ſalici, deren di-
ſe haus-guͤter, vom worte ſala, ein haus, und
jene herrſchaftliche guͤter bedeuten. Ager und ju-
ger, davon jauchert und motalis, von moͤtten,
oder meſſen, oder ſcheffel-ſaͤte, waren ein ſtuͤck
des bauer-gutes, ſo vil man des tages mit zwe-
nen ochſen pfluͤgen konnte, Schannat am a. o.
ſ. 323.
§ 1924
II)Behandigungs-guͤter in Weſtphalen,behandi-
gungsguͤter
Potgieſſerde ſtatu ſeruor. ſ. 897, von Buri
am a. o. ſ. 779 fgg., welche ire benennung von
behaͤndigen, oder einhaͤndigen, das iſt, uͤberge-
ben, uͤberreichen, uͤberlifern, haben, daher das
wort: behandung ieweilen ſo vil, als belenung be-
deutet, Wehner in den obſeru. pract. unter di-
ſem worte; von Ludewig im iure client. ſ. 293.
Weshalber diejenige guͤter alſo benennet werden,
welche vom eigentums-herrn gegen einen gewiſſen
zinß auf lebenszeit einem andern auf ein, oder zwo
haͤnde dergeſtalt uͤberlaſſen werden, daß wenn
der eine verſtorben iſt, der andre ſich bei zeiten
melden und gegen erlegung des handlones das gut
auf ſeine hand ſezen laſſen muß. An manchen or-
ten werden ſotane guͤter auch Kurmede-guͤter,
oder Kurmede-lehne benennet.
§ 1925
Ob gleich einige rechtsgelehrte bemeldte guͤterſind keine
eigentliche
lehnguͤter.
fuͤr wirkliche lehne, andre fuͤr emphyteuſes halten
wollen; ſo koͤnnen ſie iedoch darunter eigentlich
nicht gezaͤlet werden, Potgieſſer am a. o., von
Ludewig am a. o. ſ. 77, h., repertorium iu-
ris priuati Iter teil ſ. 583.
§ 1926
[782]XLVIIII haubtſtuͤck
§ 1926
bedeutet?
III)Bifang, ein umzaͤuntes und beſonders
von anderen abgelegenes und mit anderen grund-
ſtuͤcken nicht untermengetes gut, Falken uͤber die
traditiones Corbeienſes ſ. 103, wie dann bauer-
guͤter ſo vil, als ſolche ſind, die zum hauſe eines
leibeigenen gehoͤren, immaßen buer, oder bauer,
eine caſa, oder wonung bedeutet, am a. o. ſ. 316.
§ 1927
fen ꝛc.
IIII)Bonden-bondehufen und veſte-guͤter,
davon der luͤbeckiſche ſtadtſyndicus, herr Dr.
Dreyer in ſeiner oft bemeldten abhandlung de vſu
genuino iuris Anglo-Sax. ſ. 94, 95, herr von
Weſtphal in der vorrede zum IIten bande der mo-
num. inedit. ſ. 80, ſ. 81 und im IIIIten bande, auch
der Potgieſſer am a. o. lib. I, cap. 4 § 26 ſ. 196
nachricht gibet. Diejenigen alſo, welchen guͤter
von den eigentuͤmern gegen einen jaͤrlichen zinß ge-
lihen worden ſind, werden bonden genennet, von
bondon, colonus, wiewohl das wort noch merere
bedeutungen hat, von Weſtphal am a. o. von
diſen guͤtern ſind die bordagia, burſatica unter-
ſchiden, von Buri ſ. 385 ſ. 781. Im uͤbrigen
ſind auch die frei-bonden im Teutſchlande be-
kannt.
§ 1928
guͤter,
V)Cornelien-guͤter, welche in dem freiſtif-
te Buchau vorkommen, deren beſizer leibeigen ſind
und cornelier heiſſen. Sie tragen ſotane guͤter zu
lehn um einen jaͤhrlichen pacht, das haubt-recht
genannt; Johann Meichsner in deciſ. cam.
tom. IIII deciſ. 23 ſ. 369 fgg., von Buri ſ. 825
fg., und muͤſſen bei der belehnung eine gewiſſe
treue an eides ſtatt angeloben, Meichsner ſ. 371,
fg. Von den heiligen, den die guͤter geſchenkt
waren und ſie ſolche hernach verlihen, bekamen oft
dieſel-
[783]von den bauerguͤtern.
dieſelben ire namen, als Kilians-Martins ꝛc. u.
d. g. guͤter; alſo ſind in hiſigen gegenden die Faz-fazguͤter,
guͤter, oder aͤcker bekannt.
§ 1929
VI)Dinghoͤfe, da der bauer zu gewiſſen zei-dinghoͤfe,
ten vor des guts herrn-gerichte erſcheinen muß,
von Buri ſ. 826 fgg., Schilters diſp. de cu-
riis dominicis, im comment. ad ius feud. Alam.
Jeweilen bedeutet der Dinghof ſo vil, als den ort,
wo ein huben-gericht gehalten wurde, wie ehe-
dem im pfarrhofe zu Melbach in der Wetterau.
§ 1930
VII)Ehrſchaͤzige guͤter, wenn auſſer denehrſchaͤzige
guͤter,
jaͤrlichen abgiften bei veraͤnderung des beſizers ein
handlon erleget werden muß, Schilters diſp. de
bonis laudemialibus,von Buri ſ. 829.
§ 1931
VIII)Erbbeſtand, erbleihe, erbpacht, odererbbeſtand,
erbleihe,
erbpacht,
erbzinßgut,
erbzinß-gut (§ 1900 fgg.) die benennungen diſer
verleihungen von guͤtern geben zu vernemen, daß ſie
aus dem worte: erb- und beſtand, leihe, pacht ꝛc.
zuſammen geſezet ſind, und zwar das wort erb ſo
vil bedeutet, daß die guͤter von dem eigentuͤmer ei-
nen andern und deſſen leibes-erben gegen einen
jaͤrlichen gewiſſen pacht, zinß, dinſt, oder andere
nuzungen, auch abtragung der gemeinen abgiften
und beſchwerden bei verluſt des gutes und der auf-
hebung, benebſt andern bedingten ſtrafen, einge-
geben worden ſeynd, Kopp am a. o, ſ. 281, von
Buri ſ. 932 fgg. ſ. 945 fg., und oͤfters emphyteu-
ſes benennet werden, iedoch fuͤr Roͤmiſche emphy-
teuſes nicht gehalten werden duͤrfen, wenn gleich
das wort: emphyteuſis ſich in dem lehnbrife befin-
det, Kopp am a. o. § 5 ſ. 290 fgg., von Buri
ſ. 936 fg. 941, Chriſtian Gottfrid Hofmanns
diſp. de emphyteuſ. cap. IIII. § V, ſ. 44 fgg. wor-
inn
[784]XLVIIII haubtſtuͤck
inn naͤmlich dem inhaber das nidere eigentum zu-
ſtehet; und ob ihm gleich ein dinglieh recht dar-
auf eingeraͤnmet wird, folglich er alle nuzungen
erheben, und ſich des gutes nach ſeinem vorteile
bedinen kan; ſo iſt er dennoch nicht befuget, daſ-
ſelbe one bewilligung des herrn zu verpfaͤnden, zu
veraͤuſſern, zu beſchweren, er darf auch nichts da-
von abringen oder etwas davon verkommen laſſen,
von Buri ſ. 943. Daher vermag kein beam-
ter, darinn wegen der huͤlfe weiter, als auf die
oberbeſſerung des bauern zu gehen. Derowegen
duͤrfen ſie nicht ſubhaſtiret, noch weniger einem
ſchuz-juͤden zugeſchlagen werden, ſondern er hat
es in reinen und ſteinen zu erhalten, er darf auch
nicht daſſelbe zur brautgift dem eidam mitgeben,
welches der gemeine mann verbraͤutelgaben nen-
net.
§ 1932
giſche poli-
cei-ord-
nung thut
dagegen
nichts.
Die policei-ordnung der Kaiſerlichen und
Reichs-burg Fridberg in der Wetterau, er-
klaͤret diß im XIten titel § 2 ſ. 17 alſo: „wer ein
„gut erblich verleihet, der begibet ſich ſeines eigen-
„tumes, und er hat nicht mehr an demſelben gut,
„dann ſo vil zinß oder pacht, als vil er ihm dar-
„auf zuvor ausbehaͤlt. Der guts-herr kan auch
„dem erbbeſtaͤnder wegen des gutes keine maasre-
„geln fuͤrſchreiben, ſondern es muß ihm genug
„ſeyn, wofern er nur ſeinen pacht uͤberkoͤmmt„.
Allein dieſe ordnung kan auf andre landen nicht
erſtrecket werden, ſintemal dergleichen erbbeſtand-
guͤter nach den Teutſchen lehnrechten und dem,
was dem lehnsherrn und vaſallen zuſtehet, beurtei-
let werden (§ 1900).
§ 1933
VIIII)Freiguͤter oder freimann lehnhufen,
freidings-hoͤfe, mit welchen der beſizer belihen
wird,
[785]von den bauerguͤtern.
wird, auch einen jaͤrlichen zinß davon entrichten
muß, iedoch von den uͤbrigen laſten befreiet iſt,
von Buri ſ. 959 fg., von dieſen ſind die befreiete
oder freie guͤter unterſchiden, wovon hernach ge-
handelt werden ſoll. Jene hiſen curtes dominica-
les, oder regales.
§ 1934
X)Veranlaitete freiſtift, oder herrn-gunſt,
imgleichen bloſe freiſtift-guͤter und neue ſtift-
guͤter, in Baiern, von Buri ſ. 1240. Dieſe
guͤter leiten ire benennung vom worte: ſtiften,
das iſt, einſezen, einweiſen, eingeben, her. Was
aber die herren-gunſt-guͤter betrifft; ſo heiſſen
diſe in Ober-Heſſen die guͤter zu willkuͤr, welche
in Eſtors kleinen ſchriften erlaͤutert worden ſind;
und vom guts-herrn nach gefallen dem pachter
abgenommen werden moͤgen.
§ 1935
XI)Grundzinß-guͤter, welche verſchidenegrund-zinß-
guͤter,
bedeutungen haben, Dr. Orth am a. a. im IIten
teile ſ. 424, ſ. 432 fgg., von Buri ſ. 1264 fgg.
Dergleichen grund-zinß-ſtuͤcke haben die lands-
herrſchaft, der Teutſche orden und andre allhir,
eine menge. Einige werden one des grund-herrns
einwilligung verkaufet, es bedarf auch keines lehn-
geldes. Andre muͤſſen der landes-herrſchaft bei
vorgehender veraͤußerung den zehnten pfennig ent-
richten. Auf dem lande, z. e. in Schweinsberg,
gibet der anbauende fuͤr den plaz, worauf er bauet,
jaͤrlich einen geringen Zinß, welcher grund-zinß heiſ-
ſet. Von der laͤnderei entrichten einige malz-gut an
einigem getraide, andre Johannis-gelt, andre
roͤder-gelt, andre wachs- gelt ꝛc., andre lifern
im amte Gruͤnberg ein oder ein halbes malter
Kaͤſe.
D d d§ 1936
[786]XLVIIII haubtſtuͤck
§ 1936
leibeigenen,
XII)Guͤter der leibeigenen, a) der Ravens-
bergiſchen, davon die verordnung bei dem Ludolff
vol. II obſ. ſtehet; b) erbmeierſtaͤttiſche der graf-
ſchaft Ravensberg. Diſe werden nicht beerbtei-
let. c) Osnabruͤckiſche eigen-behoͤr-guͤter, da-
von die ordnung bei dem Ludolff ſtehet. d) der
hausgenoſſen des meierhofes Weſtrum, dem dom-
kapitel zu osnabruͤk gehoͤrig. e) der Weſtenbur-
giſchen leibeigenen, f) der hofs-leute zu Eitel in
der grafſchaft Mark, g) hobs- (hofs-) guͤter zu
Heſſen, welche von einem adelichen gute an die
bauern abgegeben worden ſind.
§ 1937
ter,
XIII)Haͤgerguͤter weilen deren beſizer fuͤr
dem hage (gericht) des herrn erſcheinen muͤſſen,
von Buri ſ. 961, von Goͤbelde iure et iudic.
ruſt ſ. 218 und de ſingular. quibusd. praediis
ruſt. § 15, 16. Sie erlegen darnebſt den haͤge-
riſchen junkern, oder den herren den haͤgerzinß,
und muͤſſen auch wohl das beſte haubt taidigen.
Das mauzen-gericht zu Ober-Eiſenhauſen in Heſ-
ſen und die landgraͤflichen, auch adeliche breiten-
bachiſchen ꝛc. leibeigenen, welche alle 7 jare da-
vor erſcheinen muͤſſen, gehoͤren in gewiſſer maßen
hiher. Eſtor in den analectis Haſſ. des Ku-
chenbeckers.
§ 1938
huben-guͤter
ꝛc.
XIIII)Haves-guͤter, des ſtiftes Eslingen,
von Buri ſ. 1085, XV)Hobs, huben,
hufen-guͤter ſ. 971 ſ. 1085.
§ 1939
ter,
XVI)Huben-guͤter, huba, hobonna, und
haftnua, hoba, hof, hob, zeiget ein bauer-gut
von 30 morgen landes an, Schannat am a. o.
ſ. 323. Huba regalis war ein freies gut, daruͤ-
ber
[787]von den bauerguͤtern.
ber die weltliche obrigkeit nichts zu ſagen hatte, do-
minicalis huba hiße ein dinſt-freies gut, und ſervi-
lis huba ein gut, davon fron-dinſte zu leiſten wa-
ren. Eine hube ward auch colonia, ein coͤln-hof
genennet, Schannat am a. o. Die inhaber ſol-
cher guͤter trugen den namen huͤbener. Sihe un-
ten die maier-guͤter. Die huben- oder hufen-guͤ-
ter duͤrfen in Heſſen durch eine teilung, oder ver-
aͤuſerung nicht zerriſſen werden. Hoͤchſtens mag
die hufe mit des guts-herrns bewilligung nur in
zwei teile verſpiltert werden. Hat der bauer eine
frei-hube vom landes-herrn, ſo ſtehet in des beam-
tens willkuͤr nicht, auf die einzele verpfaͤndete ſtuͤ-
cke one landesherrliche bewilligung die huͤlfs-voll-
ſtreckung zu unternemen, ſondern es muß deshal-
ber wegen der vereinzelung landesherrliche bewil-
ligung von bauern ausgebracht werden. Gleich
wie aber oͤfters uͤber die groͤße und anzal der mor-
gen einer hufe jeweilen geſtritten wird; alſo iſt
deßfalls auf die landes-art zu ſehen. Ein Heſſi-
ſcher morgen iſt groͤſer, als ein Wetterauiſcher,
faͤllet auch die groͤſe der hube anderſt in Heſſen, als
in der Wetterau. Gemeiniglich rechnet man zur
hube XXX Morgen landes. Ein Hanauiſcher
morgen betraͤget 160 ruten, iede 12 ſchuhe. In
Ober-Heſſen an einigen orten, auch in der ober-
grafſchaft Hanau in den aͤmtern Bibergrunde
und Lohrhaupten hat man wald-morgen. Diſe
ſind weit ſtaͤrker als die andern. 1 Wald-morgen
tut 1½ morgen. Die ſogenannte beutel-lehne in
Oeſterreich und Baiern haben mit diſen guͤtern
viles gemein. XVII)Herren gunſt Buri ſ.
1240. XVIII)Holtenſche guͤter ſ. 961.
§ 1940
XVIIII)Kalands-guͤter, welche auch Kalen-woher die
kalands-guͤ-
ter iren na-
men haben?
darii hiſen. Das archidiaconat-haus zu Mar-
D d d 2burg
[788]XLVIIII haubtſtuͤck
burg war ein Kaland. Die aͤchte beſchreibung
der Kalands-bruͤder teilet Rivius Puritanus,
oder Lauterbach, in der monaſtica hiſtoria ſ.
483 fg. mit. Es war eine bruͤderſchaft des rural-
dechants mit der unter ihm ſtehenden geiſtlichkeit,
ſamt den kirchen-bedienten, ſodann gelehrten und
ungelehrten laien, auch aus den gilden der hand-
werke. Den erſten tag des monats kamen ſie zu-
ſammen und ire rechner taten rechnung. Sie ſor-
geten fuͤr die lichter, zierraten und reinigkeit der
kirchen und gefaͤße; ſie ſahen bei den proceſſionen
auf die ordnung. Die alten mit-bruͤder und
mit-ſchweſtern unterhilten ſie in der wonung, der
ſpeiſe, dem tranke und der kleidung. Daher ei-
nen kaland ſtiften, bedeutet: wonungen fuͤr die
bruͤder und ſchweſtern anrichten. Die bauern ꝛc.
welche die guͤter diſer bruͤderſchaft baueten, hat-
ten kalands-guͤter.
§ 1941
guͤter, kot-
ſaſſen-guͤter,
XX)Kaphans guͤter, von Buri ſ. 981,
982, XXI)Koͤlln-hoͤfe in Schwaben und
Elſaß von den colonis alſo benennet. XXII)
Kotſaſſen-guͤter, kothoͤfe Leiſer im iure georg.
lib. I. cap. XXVIII, Kurbraunſchweig-Luͤnebur-
giſcher landes-ordnung IIIIte teil cap. V. ſ. 84,
ſ. 91.
§ 1942
ter,
XXIII)Kurmet-guͤter in Weſtphalen, von
Kur, kuͤr, wahl, und mer, miten, von Buri ſ. 815,
von Ludewigde iuribus feudo vicinis,Ludo-
vici diſp. de bonis curmed. immaſen der herr
nach dem todte ſeines bauern aus deſſen verlaſſen-
ſchaft ſich etwas erwaͤlet. Andre ſagen cur be-
deute der hof und mede die mite, mithin ſelbige
hof-mite-guͤter waͤren. Die woͤrter: curtis, cur-
tile, curtilum fuͤr hoͤfe der bauern, kommen
haͤufig
[789]von den bauerguͤtern.
haͤufig vor in den trad. Corbei. ſ. 60. u. a. frei-
herr von Cramer in den neben-ſtunden im IIIIten
teile.
§ 1943
XXIIII)Landſidel-leihe oder vilmer zu lan-landſidel-
leihen,
ſidelem rechte. Dieſes wort iſt zuſammen geſe-
zet aus land, gut, ſidel, das iſt, ſizer, und lei-
he, ſolchem nach ein land-ſidel derjenige iſt, wel-
cher auf des andern lande als paͤchter, oder be-
ſtaͤnder ſizet, Friſch am a. o. ſ. 570 T. I, oder
der auf eines lande und gute ſizet, weil er kein ei-
genes hat, Wachter im gloſſario, col. 920.
Derohalben die land-ſidel-leihe eigentlich fuͤr eine
uͤberlaſſung einer unbeweglichen ſache gegen einen
jaͤrlichen pacht genommen werden ſollte, geſtalt
landſidilon in den aͤlteſten uͤberſezungen einen
paͤchter anzeiget, Wachter am a. o. unter dem
worte ſodal. Die aͤlteſte nachricht von den hiſi-
gen gegenden in abſicht auf die landſidel-leihe fin-
det ſich bei dem freiherrn von GudenusT. II.
codic. dipl. ſ. 169.
§ 1944
Von der eigenſchaft der lanſidel-leihe laͤſſetdie landſi-
del-leihen
ſich eine allgemeine regel nicht faſſen. Entweder
iſt ſie auf gewiſſe jare geſezet; alsdenn bedeutet ſie
anfaͤnglich einen zeit-pacht (locationem condu-
ctionem) wie die juriſten-facultaͤt zu Tuͤbingen
aus den landſidel-leihe-brifen, beſage des VIIten
teiles der conſ. Tubingenſium conſ. LI num.
170 geſchloſſen hat.
§ 1945
Oder es iſt keine zeit im leihe-brife benimet, wieſind unter-
ſchidlich,
im landſideleihe-brife des hiſigen ehemaligen Kanz-
lers Johann Heizenbergers vom jare 1571 bei dem
von Ludolff ſ. 631, des IIten bandes der obſer-
vationum. Alsdann iſt dem bauer ein erb-folge-
D d d 3recht,
[790]XLVIIII haubtſtuͤck
recht, iedoch in der maße zugeſtanden, daß eines
und zwar ehedem das juͤngſte darin folge, iedoch
gleichwol keine gattung einer veraͤuſſerung plaz
findet, ſondern, wo der landſidel wider die leihe
handelt, er des gutes verluſtig iſt; auch wo das
geſchwiſter eine landſidel-leihe unter ſich verteilet,
ein mompar, oder jichtiger, das iſt, ein lehn-traͤ-
ger beſtellet werden muß. Dabei iedoch der ſelbſt-
gebrauch des guts-herrns die landſideleihe one
anſtand endigte und den bauern zur abtretung noͤ-
tigte.
§ 1946
Daher das kaiſerliche kammer-gericht zu Wez-
lar dem praͤmonſtratenſer-kloſter Ilbenſtadt in
der Wetterau wider deſſen landſidel die raͤumung
der landſidel-leihe-guͤter 175-zugeſprochen hat, laut
urtels bei dem freiherrn von Cramer im IIIten
ſtuͤcke der nebenſtunden ſ. Inhalts der policei-
ordnung der burg Fridberg ſ. 18. tit. XI bleibet
dem landſidel-herrn das voͤllige eigentum des gu-
tes, und hat der land-ſidel, oder beſtaͤnder nichts
mehr als die beſſerung und was er darauf bauet.
Greifet der guts-herr nach dem gute, wie er tun
kan, ſo bezalt er dem landſidel nur ſeine beſſe-
rung.
§ 1947
dene mei-
nungen der
rechtsge-
lehrten da-
von werden
erzaͤlet.
Immittels aͤuſert ſich in anſehung diſer landſi-
del-leihen eine groſe uneinigkeit unter den rechtsge-
lehrten, anerwogen einige dieſelbe fuͤr eine Roͤmi-
ſche emphyteuſin halten, von Ludolff am a. o.
obſ. 157 ſ. 310, andre ſelbige der Roͤmiſchen lo-
cation und emphyteuſi aͤhnlich achten, von Lyn-
kerde iure \& contractu colon. prouinc. ſect. I.
cap. 4 § 13, ſ. 21, noch andre von des Lynkers
meinung abgehen, als z. e. der George Frid.
Harpprecht im VIIten vol. der conſil. Tubing.
conſil.
[791]von den bauerguͤtern.
conſil. 51 num 138 fgg. Nicht minder legen eini-
ge dem landſidel das voͤllige eigentum bei, und
endlich wird von dem ſeligen herrn vicekanzler
Koppen am a. o. ſ. 304, ein unterſchid zwiſchen
der Heſſiſchen und Solmſiſchen landſidel-leihe ge-
machet. Man uͤbergehet aber die verſchidenheit
dieſer meinungen mit ſtillſchweigen, und bemer-
ket hirbei nur ſo vil, daß verſchidene rechts-gelehr-
ten behaubten, was maſen der guts-herr I) den
landſidel auf gewiſſe jare beleihen koͤnne, z. e. auf
8, 9 jare, freiherr von Senkenberg am a. o.
§. 39 ſ. 113. und in den primis lineis iuris feud.
§ 42 ſ. 27, oder gar II) zeit lebens, beſage nur
beruͤrter urkunde bei dem freiherrn von Gudenus,
am a. o. und III) nach deren verlaufe das gut
wider an ſich zu zihen vermoͤge, wie ſie dann IIII)
auch den ſelbſtgebrauch des gutes fuͤr eine urſache
halten, daſſelbe dem land-ſidel zu nemen, wie al-
ſo in ſachen Ludwig Bernhart Schenks zu
Schweinsberg, auf Ruͤlbenroda wider deſſen
landſidelen zu Eringshauſen vom fuͤrſtlichen ap-
pellations-gerichte in Darmſtadt erkannt worden
iſt. V) Nicht minder dafern der landſidel in ent-
richtung des pachtes ſaͤumig ſey, oder der leihe
nicht nachlebe, ſondern das gut verderbe, vertei-
le, etwas davon wider den will[e]n des guts-herrn
veraͤuſſere ꝛc. von Buri am a o. ſ. 1037 fg.,
von Ludolff am a. o. ſ. 631. obſ. 217, wobei ſie
iedoch nicht abredig ſind, daß durch ausdruͤckli-
ches geding, auch landes-geſaͤze die erbfolge der
kinder, oder des ehe-weibes, und daß das gut
unzerteilet bleiben ſolle, jeweilen feſtgeſtellet wor-
den ſey, wie dann ſolches mit den urkunden bei
dem Reinharden am a. o. ſ. 259-262, beſtaͤrket
wird. Eine ſo erſtaunliche verwirrung kan die ver-
D d d 4miſchung
[792]XLVIIII haubtſtuͤck
miſchung der Teutſchen und Roͤmiſchen geſaͤze nach
ſich ziehen!
§ 1948
terſidler
ſind?
XXV)Die hinter-ſideler waren diejenige,
welche ein geringes adeliches gut zum after-leyne
trugen, von Buri ſ. 1018, gleichwohl mag der
hinter-ſideler fuͤr einen afterland-ſidel nicht gehal-
ten werden, von Buri am o. o. Es verſtehen
auch einige unter diſem worte diejenige bauern,
welche zwar leih-gut haben, iedoch kein geſchirr
darauf halten, wie die Schenkiſchen hinter-ſaſſen
des dorfes Ruͤlbenroda, welche die im vorigen
jarhundert ausgeſtorbenen von Ehringshauſen in
alten zeiten mit einem hauſe und guͤtgen verſehen
und fuͤr die beſſerung, auch das Haus die abfin-
dung und raͤumung mit 20 fl. ſich vorbehalten
hatten. Uebrigens bedeutet das wort hinterſaß
einen bauern, der unter adelichen gerichten ſtehet;
in betracht den landſaſſen nicht verſtattet wird, ire
gerichts-ſaſſen untertanen zu nennen; immaß diß
der landes hoheit eigen iſt.
§ 1949
XXVI)Lasguͤter oder laatguͤter, auch lant-
guͤter, welche in Ober-Sachſen anders beſchaf-
fen ſind, als in Nider-Sachſen, ſintemal ſelbi-
ge in Ober-Sachſen als bloſe pacht-guͤter angeſe-
hen werden, welche der gutsherr iederzeit zuruͤck
nemen kan, Rivinus in der diſp. de praediis,
quae vulgo lasguͤter appellantur. Thue hinzu
des herrn profeſſor Ricciusſpicilegium iuris
Germ. ſ. 724 fgg., den von Buri ſ. 105 fgg., von
Goͤbel am a. o. ſect. VI, § 8 § 17, Noltende
ſingular. quibusd. praed. ruſt. ſect. VI § 4 fgg.
Sotane guͤter haben beſonders in Nider-Sachſen
an verſchidenen orten ihr beſonderes gericht, wel-
chem
[793]von den bauerguͤtern.
chem ein laͤtgraf vorgeſezet iſt. Der neue beſizer
muß bei diſem gerichte belihen, oder angeſezet
werden, und ſodann ein handlon erlegen, von
Goͤbel am a. o. § 8.
§ 1950.
XXVII)Maierguͤter, von welchen die rechts-maier-guͤ-
ter.
gelehrte ebenfalls nicht einerlei meinung haͤgen; im-
maſen einige ſolche mit der landſidel-leihe von ei-
nerlei eigenſchaften zu ſeyn behaubten, von Sen-
kenberg in der T. rechtsgelehrſamkeit § 37 ſ. 113;
anerwogen das wort maier, (major), einen paͤch-
ter bedeutet, Friſch am a. o. ſ. 652, Wachter
am a. o. col. 1061, jeweilen aber auch einen rich-
ter uͤber die pacht-bauern anzeiget, Struben am
a. o. ſ. 38, geſtalt das ſtift zu Wezlar anſtatt des
officii villicationis in byrgelin, gewiſſen einkuͤnfte
im jare 1334, von Ludewigen gebornen Land-gra-
fen zu Heſſen, biſchofen zu Muͤnſter, erhalten
hat, laut urkunde beim herrn von Gudenus im
IIIten bande des cod. diplom. ſ. 285; hingegen zu
Eberſtatt, in der Wetterau das kloſter Arnsburg
ein ſo genanntes hoͤfiſches gericht, oder hoͤbi-
ſches gericht hat, welches auf des gutes, oder
hofes-herrns hofleute, oder paͤchter gehet, und nur
uͤber ſolche haͤndel, welche den feld-bau und deſſen
beſſerung erkennet, auch allenfalls das ab- und zu-
ſchreiben des hofes- oder gutsherrns-zinſen betref-
fen, folglich der richter eines ſolchen gerichtes der
hofrichter, vogt, advocatus, oder maier genen-
net wird, beſage der ſupplik in ſachen des graͤfli-
chen hauſes Solms wider das cloſter Arnsburg
ſ. 44, von Buri ſ. 295. Im Bremiſchen hat
man comter-maier ſ. 1156, Joachim Meier
in antiq. meier.,Juſt Hahn im erbmaier-rechte.
D d d 5§ 1951
[794]XLVIIII haubtſtuͤck
§ 1951
gelehrten
haben hir-
von unter-
ſchidene
meinungen.
Ueber die eigenſchaften der maier-guͤter ſind die
gelehrten, wie gedacht, ganz unterſchidener mei-
nungen, angeſehen der herr geheimte juſtizrat
Struben im berichte vom abmaierungs-rechte und
in den vindiciis iuris hereditarii villicorum,
welche derſelbe ſeinen acceſſionibus de iure villi-
corum ſ. 144 einverleibet hat, imgleichen deſſen
herr ſon, der hofrat Julius Melchior Strube
im befeſtigten erbrechte des ſtift-Hildesheimiſchen
maier, Hannover 1752, 4, zu behaubten geſu-
chet haben, daß in ganz Nider-Sachſen allen
und ieden maiern ein erbrecht zuſtehe und diſes faſt
auf ganz Teutſchland erſtrecket wiſſen wollen,
welches auch das appellations-gericht zu Zel-
le beſtaͤrket hat, Pufendorfobferuat. T. II. ſ.
401; dahingegen der ſtifts-Hildesheimiſche amt-
mann zur Winzenburg, Chriſtian Juſtin Muͤhl-
pfort in der nachricht von den ſtreitigkeiten uͤber
das maier-recht im ſtifte Hildesheim 1748 in 4
und in ſeinen antiuindiciis iuris ſimplicis colo-
niae in epiſcopatu Hildeſ. zu erhaͤrten ſich beſtre-
bet hat, daß die maier bloſe paͤchter waͤren, wel-
chen die guts-herren den contract aufkuͤndigen koͤnn-
ten, ſo oft es ihnen geſalle. Dieſer lehre pflich-
tete auch ehedem Gundling bei.
§ 1952
bedeutet oͤf-
ters eine
verpach-
tung.
Ob nun wohl dahir einen richter abzugeben,
unſchicklich ſeyn duͤrfte; ſo gebricht es doch inzwi-
ſchen an triftigen gruͤnden und urteln nicht, wel-
che dem angeblichen erbrechte widerſprechen, und
man die maierei zum oͤftern als eine bloſe verpach-
tung, die ſich an anderen orten als eine vermi-
thung darſtellet, wahrnimmet, fuͤrnaͤmlich da die
locatio conductio der guͤter durch die woͤrter
maiern, maier, abmaiern, vermaiern ausge-
druͤcket wird.
§ 1953
[795]von den bauerguͤtern.
§ 1953
XXVIII)Maierdings-guͤter. Dieſe ſindmaierdings
guͤter,
von den maier-guͤtern wohl zu unterſcheiden.
Man findet ſolche im Braunſchweigiſchen und
Hildesheimiſchen. Es ſind ſolches bauer-guͤter,
deren neue erwerber ſich fuͤr dem maierdinge oder
gerichte beleihen, ſowohl anſezen laſſen, auch ſo-
tanes gericht begehen, und bei ſolchem recht nemen
muͤſſen, darnebſt gegen entrichtung eines jaͤrlichen
zinſes und leiſtung anderer obligenheiten, die guͤter
zu benuzen haben, iedoch one bewilligung des guts-
herrns ſotane guͤter weder veraͤuſſern noch verpfaͤn-
den duͤrfen.
§ 1954
Die eheliche leibes-erben des maierdings-man-wie die lei-
bes-erben
des maier-
dings-man-
nes darzu
gelangen.
nes muͤſſen ſich durch urteil und recht binnen uͤbli-
cher maierdings zeit an das gut anſezen laſſen,
widrigen falls ſie ires rechtes verluſtig werden,
Hildesheimiſche maierdings-ſtatuten num. 37 ſ.
125, von Goͤbel am a. o. ſ. 114 fg., Struben
de bonis meierding. § 43, III ſ. 301, von Bu-
ri ſ. 1177 fg., Franz Carl Conradi diſp. de iure
retractus in bonis meierdingicis § 4, not. b,
ſ. 13 fg.
§ 1955
Die beſizer dieſer guͤter tragen ordentlicher wei-die beſizer
derſelben
haben die
geſtalt der
leibeigenen.
ſe die geſtalt der leibeigenen an ſich, haben daher
den haubtfall zu entrichten, wovon die inhaber der
freiguͤter, freimanns-lehnhufen befreiet ſind, Stru-
ben am a. o. ſ. 199. Ein freier menſch kan durch ei-
nen angeſezten unfreien ebenfalls die maierdings-
guͤter verwalten laſſen, von Goͤbel am a. o.
ſect. 4, § 7 ſ. 85, Gerickenad Schottel. num. 3.
ſ. 184.
§ 1956
[796]XLVIIII haubtſtuͤck
§ 1956
ebenfalls je-
weilen mai-
erbrife.
Obgleich verſchidene dafuͤr halten, daß die
maierdings-leute uͤber dieſe guͤter keine maier-brife
erhilten; ſo haben wir doch das gegenteil aus den
acten, welche von dem Herrn abten zu Ringel-
heim, an die hiſige juriſten-facultaͤt im jare 1756
gelanget ſind, in erfarung gebracht.
§ 1957
ter,
XXVIIII)Medem-guͤter gibet es in Teutſch-
lande, beſonders aber in hiſigen gegenden (§ 425)
laut urkunde beim freiherrn von Cramer ſ. 65
der nebenſtunden Iten ſtuͤckes und Kopp lehns-
proben I ſ. 285. Medem, meddum, bedeutet ei-
ne jaͤrliche ſtaͤndige frucht-abgabe, welche in Korn
beſtehet, wann der acker rockken traͤget, und in
hafer, wenn er mit hafer beſaͤet iſt. Medem
koͤmmt entweder von mithen oder von moͤtt, dem na-
men eines hiſigen frucht gemaͤßes, von modius oder
moͤtten, meſſen. Im amte Wetter und in Raiz-
berge in Oberheſſen.
§ 1958
XXX) Die manſi, davon die guͤter-beſizer
manſarii, oder masnade [h]iſ[e]n, waren bauer-hoͤ-
fe, nebſt guͤtern. Wurden Zinſen davon entrich-
tet, nennete man ſie manſos cenſuales, Schannat
ſ. 323, Fontanini delle maſmade in Eſtors klei-
nen ſchriften. Manſus bedeutet eine hube lan-
des; Falken ſ. 6. der tradit. Corbeienſium.
Der Kaiſer Friedrich ſchreibet im jare 1160: manſi
Franconica lingua lehen appellantur.
§ 1959
guͤter,
XXXI)Probſtdings-guͤter im Braunſchwei-
giſchen welche ebenfalls bauer-guͤter ſind, deren
beſizer dem probſtdinge, oder gerichte unterworfen
und einige ſpann- auch hand- dinſte zur burg-veſte,
benebſt gewiſſen zinſen, auch den hals hun zu lei-
ſten
[797]von den bauerguͤtern.
ſten ſchuldig ſind, welches auf dem kirch-hofe, oder
in der kirche gehalten wird, von Buri ſ. 1199
fgg. Wenn der probſtdingsmann verſtirbet, iſt
die baulebung zu entrichten.
§ 1960
XXXII)Sattelhoͤfe, ſadelhoͤfe, reithoͤfe,ſattelhoͤfe,
reithoͤfe ꝛc.
ſattelfreie guͤter, klepperlehne, klepperſize ꝛc.
Dieſe guͤter ſind zwar von den fronen befreiet, es
haften aber meiſtenteils andre beſchwerden darauf,
daß z. e. entweder die beſizer derſelben dem guts-
herrn pferde ſtellen, oder ein gewiſſes an zinſen
erlegen muͤſſen, wie ſolches von den reithoͤfen in
dem F. S. Meinungiſchen ſich aus des Johann
Andreen Hofmanns diſp. vtrum feuda cenſua-
lia praeſumenda ſint feminea? § V. ſ. 18, er-
bricht, von Buri ſ. 1218 ſ. 1300, Herrn H. R.
Ayrers diſp. de praediis nobil. Brem. ſ. 35, von
Ludewig in den gelehrten anzeigen, vom jare
1734, num. 197, und de iuribus feudorum auch
im theſauro iuris feud. Ienich.Riccius am a. o.
ſ. 728 fgg.
§ 1961
XXXIII)Schillings-hauer, ſchillings-guͤ-ſchillings-
hauer.
ter, in den Luͤneburgiſchen und angrenzenden lan-
den. Sie haben diſe benennung davon erhalten;
weiln der erſte erwerber ſein erbrecht gegen einen
ſchilling erhaͤlt, auch derjenige, welcher es verli-
ret, ſich durch einen ſchilling vertreiben laſſen
muß, von Buri ſ. 1221, Riccius am a. o. ſ. 723,
Schottelde ſingular. et antiq. in Germ. iur.
cap. 17. Diſe guͤter fuͤren zwar ein erbrecht mit
ſich; allein ſie fallen, wenn merere miterben vor-
handen ſind, nur auf einen und zwar denjenigen,
dem ſie der guts-herr verleihen will.
§ 1962
[798]XLVIIII haubtſtuͤck
§ 1962
oder fallguͤ-
ter,
XXXIIII)Schupflehn- oder fallguͤter in
Schwaben, welche auf zeitlebens gegen ein ge-
wiſſes beſtand-geld und zu erlegendes handlon ver-
lihen werden. Nach abſterben des inhabers fal-
len ſie dem herrn mit allen beſſerungen wider zu-
ruͤck, wannenher ſie auch leibfaͤllige, leibgedinge,
viverlehn ꝛc. jeweilen genennet werden. Wolfg.
Adam Schoͤpfs diſp. de bonis vitalitiis Sueuiae,
von Buri ſ. 1226, 1228, ſ. 931, ſ. 1192, Schor-
tel am a. o. cap. XVIII. Mit diſen koͤnnen die ſo
genannte leibhoͤfe verknuͤpfet werden. Derglei-
chen finden ſich in dem fuͤrſtentume Hersfeld, im-
maſen der herr landgraf Carl im jare 1679 Ca-
ſpar Koͤnigen, ſeinem eheweibe und allen iren kin-
dern zu aller irer leibe und lebetag und iren iegli-
chen nach todt des andern ein virtel leibhof zu Frid-
los gelihen hat, daß ſie ſelbige auf ire koſten in
gehoͤrige bau und beſſerung bringen, denſelben
mit noͤtigen gebaͤuden, ſcheunen und ſtallungen ver-
ſehen, darnebſt einen jaͤrlichen zinß an brodt, gel-
de, fruͤchten, einem halben hahn, einem virten teile
eines hunes, einem virten teile einer Gans, funf-
zehen eier zur Hersfeldiſchen renterei lifern ſoll-
ten. Nach abſterben der benanten perſonen ſollte
bemeldes virtel leibhof mit aller beſſerung wieder
heimfallen, ob ſie gleich ihr leibrecht an andre ver-
kaufet haͤtten.
§ 1963
XXXV)Sedelhof, felehof, ſalhof,curtis
ſalica, terra ſalica, ein gut, darinn nur die
manns-perſonen die erbfolge haben, Schannat
am a. o. ſ. 324, traditiones Corbeienſes ſ. 823.
§ 1964
den-guͤter.
XXXVI)Soͤldenguͤter, oder ſeldenguͤter,
welche beſonders in Franken ſehr oft vorkommen,
iedoch
[799]von den bauerguͤtern.
iedoch in den uͤbrigen Teutſchen ſtaaten nicht un-
bekannt ſind. Sie beſtehen ſowohl aus gebaͤu-
den, als auch aus feldguͤtern und werden den
bauern zu lehn gereichet. Sie ſind mit zinſen,
auch dinſten beſchweret, und wenn ſie veraͤuſert
werden, iſt das handlon davon zu entrichten.
Das einſtands-recht hat dabei ſtatt, wie alſo in
die adeliche Koͤniziſche Gerichte zu unter-Sinau
im Herzogtume S. Coburg 1755 von der hiſigen
juriſten-facultaͤt erkannt worden iſt, von Buri ſ.
1239, ſ. 1316.
§ 1965
XXXVII)Speicherguͤter im Heſſen-Darm-ſpeicherguͤ-
ter,
ſtaͤdtiſchen amte Battenberg. Speicher iſt ſo vil,
als ein frucht-boden. Der name gibet alſo guͤter
an, davon getraide zu lifern iſt.
§ 1966
XXXVIII)Stockguͤter, im Juͤlichiſchen.ſtockguͤter,
Dieſe haͤlt der Friſch am a. o. ſ. 337. im IIten
teile fuͤr ſolche guͤter, welche aus wald zu aͤckern
gemachet worden ſind. Sonſt hat man auch diſe
benennung von den erbe und ſtamm-guͤtern, wel-
che auch ſtamm- und ſtockguͤter genennet werden,
Friſch am a. o. Stock- und ſtamm-guͤter heiſ-
ſen ſonſt diejenigen, welche bei der erbfolge dahin
fallen, woher ſie ruͤren. Sie ſind im Juͤlichi-
ſchen, Bergiſchen und der grafſchaft Mark be-
kannt, Herr prof. Sorberde iure reuolutio-
nis.
§ 1967
XXXVIIII)Stolhoͤfe am Schwarzwalde,ſtolhoͤfe,
deren beſizer ihrer herrſchaft ankommende gaͤſte
one einige vergeltung tractiren muͤſſen, von Lu-
dewig im iure client. ſ. 161, von Buri ſ. 1317.
§ 1968
[800]XLVIIII haubtſtuͤck
§ 1968
rium,
XL)Territorium nennete man ein gut von
CCCXV morgen landes, Schannat ſ. 324.
§ 1969
Was man izt ein gericht, oder kleines amt von
hoͤfen oder doͤrfern nennet, das hiſe ehedem villi-
catio, Schannat ſ. 324, Villicus bedeutet bald
einen gerichts-verweſer, tradit. Corbei. ſ. 661,
bald einen hauswirtsſchaft-verwalter ſ. 478, bald
einen guts-beſtaͤnder ſ. 903.
§ 1970
XLI)Vogt-guͤter, im oberfuͤrſtentume Heſſen
und angrenzenden orten. Diſe werden in Hutten-
berg nicht auf den lezlebenden ehegatten vererbet, ſon-
dern derſelbe hat nur die leibzucht darauf, freiherr
von Senkenberg in ſelectis hiſt. et iur IIIten
teile ſ. 272, von Buri ſ. 1269 der obgedachte
kanzler Heizenberger verwandelte ſeine zu Nau-
bora, bei Wezlar, belegene hufen, die vogt-guͤ-
ter waren, in eine landſidel-leihe, von Ludolf
am a. o. Der urſprung ruͤret von den geiſtlichen
her, die entweder vom kaiſer, oder vom lands-
herrn ſich einen vogt oder beſchuͤzer ihrer hoͤfe er-
langeten. Dieſem gaben ſie an ſtatt des ſoldes
guͤter, welche der vogt an die bauern verpachtete.
Sonſt hiſe der vogt advocatus und die vogte ad-
vocatia.
§ 1971
waltrecht,
XLII)Guͤter zu waltrecht, in Heſſen, die
ebenfalls leihguͤter ſind und aus haͤuſern, muͤlen
und aus andern unbeweglichen grundſtuͤcken beſte-
hen koͤnnen, welche auch wol adeliche beſeſſen ha-
ben, wie aus Eſtors abhandelung in des Ru-
chenbeckersanalectis Haſſ. coll. 3 ſ. 188 fg. er-
hellet. Der inhaber hat dem waltrechts-herrn ei-
nen jaͤrlichen zinß zu erlegen, er vererbet das gut
auf
[801]von den bauerguͤtern.
auf ſeine eheliche leibeserben, folglich werden die ſei-
ten verwandten, inhalts der Teutſchen gewonheiten,
ausgeſchloſſen, ſ. 198. Der vater vermag das gut
einem unter ſeinen kindern anweiſen. Wenn das
gut verwirket wird, werden keine beſſerungen ver-
guͤtet, ſ. 202. Waldſchmidts diſp. de bonis zu
waltrecht, von Buri ſ. 1279.
§ 1972
XLIII)Walzende feldlehne in Franken. Eswalzende
feldlehne,
ſind ſolches gewiſſe den bauern verlihene guͤter, de-
ren beſizer dem herrn einen jaͤrlichen zinß entrich-
ten, fronen leiſten, bei kauf- und veraͤnderungs-
faͤllen den ehrſchaz bezalen und die oͤffentlichen ab-
gaben entrichten, von Falkenſtein im cod. dipl.
antiq. Nordgau. num. 402, num. 404 ſ. 369,
von Buri ſ. 1280.
§ 1973
XLIIII)Wetterfreie guͤter im Osnabruͤcki-wetterfrei[e]
guͤter,
ſchen. Die beſizer werden fuͤr freie leute gehal-
ten, ob ſie gleich in abſicht auf die guͤter den uͤbri-
gen eigenbehoͤrigen gleich geachtet werden. Sie
muͤſſen bei dem jaͤrlichen gerichts- oder amtstage
erſcheinen, einen jaͤrlichen pacht bezalen, gewiſſe
fronen, auch dem landesherrn einen tag die folge
leiſten. Ein neuer beſizer hat die lehnware, oder
den weinkauf zu entrichten, welches auch die ein-
und auffarts gelder genennet wird. Bei dem
abſterben ſtehet dem herrn der gewandtfall zu.
Im uͤbrigen duͤrfen ſie von den guͤtern one bewil-
ligung des herrn nichts veraͤuſſern, noch verpfaͤn-
den, von Buri ſ. 1282 fgg.
§ 1974
XLV)Wildhuben, im Iſenburgiſchen, wel-wildhuben,
chen auch die forſt-huben beigefuͤget werden koͤn-
nen, von Buri ſ. 1287 fgg. Die wildhuͤbener
werden von den herren grafen von Iſenburg mit
E e eden
[802]XLVIIII haubtſtuͤck
den bemeldten guͤtern erblich belihen, ſie muͤſſen
dabei einen eid der treue ablegen, ſind einen jaͤr-
lichen zinß und andre abgiften zu entrichten pflich-
tig, darnebſt ſind ire wonungen mit dem beher-
bergungs-rechte in abſicht auf den Kaiſer be-
ſchweret.
§ 1975
XLVI)Zeidel-guͤter, Zeidelhuben, im Nuͤrn-
bergiſchen. Das wort Zeidel bedeutet eigentlich
eine biene; daher ein zeidler iſt, der das honig
ſammlet; es bedeutet auch einen binen-waͤrter;
diſemnach diejenige, welche in den Nuͤrnbergi-
ſchen waͤldern, vermoͤge der lehns-gerechtigkeit,
bienen freihalten, und den nuzen davon zihen koͤn-
nen, dargegen aber einen jaͤrlichen zinß und pflich-
ten zu leiſten haben, die Zeidler heiſſen. Sie ſte-
hen unter einem beſondern gerichte, welches izt der
Waldamtmann des waldes, St. Laurenz verſihet.
Sihe Woͤlkers erlaͤuterung der Nuͤrnbergiſchen
reformation T. I. ſ. 555. Man hat das mutter-
zeidel-gut, die zeidel-tochter, einſchichtiges zeidel-
gut, Friſch am a. o. ſ. 469. im IIten teile,
Scheurls diſp. de iure mellicidii,von Buri ſ.
1302, Schwarzde butigulariis,Stiſſers forſt-
und jagt-hiſtori ſ. 391, ſ. 467.
§ 1976
XLVII)Zinß-guͤter. Unter dieſen werden im
weitlaͤuftigen verſtande alle diejenigen guͤter begri-
fen, auf welchen ein jaͤrlicher zinß und abgabe haf-
tet. Dieweilen aber die zinſen aus ſehr unter-
ſchidenen urſachen und zu vilerlei endzwecken auf
die guͤter geleget werden koͤnnen, auch geleget wor-
den ſind; ſo moͤgen die guͤter, welche mit zinſen
beſchweret ſich befinden, nicht auf einerlei weiſe
betrachtet werden. Denn es koͤnnen ſolche ent-
weder bei der verkaufung, oder uͤberlaſſung zum
zeichen
[803]von den bauerguͤtern.
zeichen des vormaligen eigentumes, oder der herr-
ſchaft vorbehalten werden, oder ſie moͤgen auf ein
grundſtuͤck, das der zinß-herr nimals beſeſſen hat,
wegen eines anlehnes, auch andern urſachen gele-
get, ſo wohl uͤbernommen worden ſeyn, Boͤh-
merde vario cenſuum iure et ſignificatu,von
Buri ſ. 86, fgg., herr prof. Sorberde cenſu
conſtitutiuo, Jena 1746, 4. Johann Andreas
Hofmann am a. o. § 1 ſ. [...] fgg. (§ 423, § 461),
geſtalt die andachten der buͤrger und bauern unter
andern vile zinſen veranlaſſet haben, Dr. Orth
am a. o. II. ſ. 390. daher das ſeelen geraͤte
(gerette) entſproſſen iſt. So lehret auch die er-
farung, daß oͤfters zinſen nach und nach aufge-
bracht worden ſeynd, die anfaͤnglich nur eine gut-
tat geweſen ſind.
§ 1977
Immittels da bei den bauerguͤtern in Teutſch-woher die
bauerguͤter
zinßguͤter
heiſſen?
lande die jaͤrliche abgaben zinſen, oder paͤchte ge-
nennet wurden; ſo nennete man auch ſolche ver-
pachteten guͤter, pachtlehne, zinßguͤter und der
pachter erhilte den namen eines zinß-mannes
(§ 1917), von Ludo [...]deciſ. I poſit. 2 ſ. 57, ſ.
86, ſ. 127 ſymphor. T. II.
§ 1978
Die beurteilung ſotaner zinßguͤter der bauernworaus die
beurteilung
der bauer-
guͤter zu
nemen iſt?
iſt ſolchemnach zufoͤrderſt aus den urkunden und
leihbrifen am beſten zu nemen, Dr. Orth am a.
o. im IIten teile ſ. 390, 392 fg. Hirnaͤchſt iſt
auf die gewonheiten des ortes, auch des landes,
wo die guͤtor gelegen ſind, ferner auf die beſondern
umſtaͤnde des gutes, ſodann, was nach den ge-
meinen gewonheiten Teutſchlandes desfalls gewoͤn-
lich ſey, zu ſehen, von Buri ſ. 791.
E e e 2§ 1979
[804]XLVIIII haubtſtuͤck
§ 1979
bauer-guͤter
beſchaffen-
heit abzune-
men iſt?
Wenn die inhaber der zinß-guͤter die leihe bei
gewiſſen faͤllen, oder zu gewiſſen zeiten erneuern,
auch ein handlon, oder den weinkauf erlegen muͤſ-
ſen, wird es fuͤr eine anzeige gehalten, daß dem
bauer das voͤllige eigentum am gute nicht zuſtehe,
vilmehr wird ſolches im zweifel dem zinßherrn bei
ſolchen guͤtern beigeleget, in betracht die bauern
vormals leibeigene waren; weshalber ihnen im
zweifel das eigentum nicht zugeſtanden wird, im-
maſen ſie ſolches ehedem nicht gehabt haben,
folglich erweiſen muͤſſen, wie ſie ſolches erlan-
get haben, Boͤhmerde imperfecta libertate
ruſticorum in Germania § 26, von Engel-
brechtſpec. II. obſ. 72 ſ. 373.
§ 1980
verſchidener
abaͤnderun-
gen bei den
bauerguͤtern
Inzwiſchen kan man nicht gaͤnzlich abredig ſeyn,
daß die ehemals uͤbliche kreuzzuͤge, die in Teutſch-
lande gefuͤrte ſchwere krige, auch jeweilen ſich ge-
aͤuſſerte peſt, das zureden der geiſtlichen (§ 394),
und andre gelegenheiten, bei den bauern-guͤtern
verſchidene abaͤnderungen verurſachet haben. Da-
her es gekommen iſt, daß ein und andere bauer-
guͤter einigen vorzug haben; immaſen zu den kreuz-
zuͤgen die guts-herren geld noͤtig hatten, in ſelbi-
gen gar verſturben, die bauern entlifen, oder ſich
der iren herren ſchuldigen pflichten und gerechtig-
keiten entzogen, folglich ſich frei machten; auſſer
dem die guͤter mit freien leuten bei ermangelung
der leibeigenen, auch wohl beſezet wurden, mithin
dergleichen inhaber die guͤter unter erleidlichern ſo
wohl ertraͤglichern umſtaͤnden erhilten, Boͤhmer
de iurium innouatione per expeditiones cru-
ciatas, cap. II. § 9, von Voltaire in den kleinern
hiſtoriſchen ſchriften ſ. 243. Die kreuzzuͤge wa-
ren
[805]von den bauerguͤtern.
ren das grab zwoer millionen Europaͤer. Man
findet daher freiſaſſen, und freiguͤter. Unterdeſ-
ſen haben die zinſen iren urſprung oͤfters aus der
leibeigenſchaft, immaſen ſelbige anſtatt der ge-
woͤnlichen leib-baͤte, oder des leibeigenen-pfen-
niges abzutragen und auf die guͤter geleget worden
ſind.
§ 1981
Es ſind alſo die Teutſche guͤter uͤberhaubt ent-die Teut-
ſchen guͤter
ſind entwe-
der frei oder
beſchweret,
weder frei, oder beſchweret, naͤchſt dem teilbar
oder unteilbar. Nicht minder iſt entweder das
ganze gut zinsbar angeſchriben, oder nur einzelne
grundſtuͤcke. Im erſten falle wird es fuͤr ein erb-
lehn, oder zinß-gut gehalten. Im oberfuͤrſten-
tume Heſſen ſind die bauern-guͤter entweder lehn
(lihn), oder eigen, oder frei.
§ 1982
Teilbare guͤter heiſſen, worein ſich die kinderwas teilba-
re guͤter
heiſſen.
und leibes-erben teilen; unteilbare aber werden
genennet, welche nur ein kind bekoͤmmt, die an-
dern aber abgefunden werden. In Weſtphalen
iſt noch an vilen orten der mirat; kraft deſſen das
juͤngſte kind das vorrecht zu den unbeweglichen
guͤtern hat, Esbach uͤbern Carpzov ſ. 445. wie
dann auch diß recht zu Iſerlon gilt, anbei in Heſ-
ſen ehedem beobachtet worden iſt. Diſes ge-
ſchaͤft nennet man von ſeiten der aͤltern: einem kin-
de das gut anſchlagen; and an ſeiten des kindes:
das gut annemen und dem andern geſchwiſter her-
ausgeben.
§ 1983
Immittels ſind die gewonheiten desfalls unter-wie es bei
den kindern
mit den un-
teilbaren
guͤtern ge-
halten wird,
ſchiden; ſintemal an manchen orten das aͤlteſte
kind maͤnnlichen geſchlechts das gut erhaͤlt, z. e.
im Luͤneburgiſchen ꝛc., an andern orten aber z. e.
im Wolfenbuͤtteliſchen, Bremiſchen, Verdi-
E e e 3ſchen
[806]XLVIIII haubtſtuͤck
ſchen ꝛc., das juͤngſte kind das gut uͤberkoͤmmet,
welches das koͤrrecht, anerb-recht genennet wird,
PufendorfT. II obſ 96 ſ. 399, Strubende
iure villicor. cap. VIII § 6. Im zweifel gehoͤ-
ret dem aͤlteſten das gut.
§ 1984
duͤrfen ire
guͤter nicht
teilen.
Die bauern duͤrfen ire Hufen-zinß- und dinſt-
bare, auch erbguͤter nach fuͤrſchrift viler landes-
geſaͤze nicht verteilen, repertorium iuris priuati
I ſ. 470 fgg., F. H. Caſſeliſche verordnung vom
28ten Aug. 1750.
§ 1985
ſchwerteguͤ-
ter ſind?
Beſchwerte guͤter heiſſen, wovon ſteuern und
abgaben zu entrichten, auch wohl dinſte ꝛc. zu lei-
ſten ſind, die bauern-guͤter haben desfalls die ver-
mutung wider ſich und werden keinesweges fuͤr
frei gehalten. Und wenn ſie auch frei ſind; ſo
wird dennoch dem bauern ein ſteuer-capital auf die
oberbeſſerung und ſeine handtirung, oder zugvih
geſezet, mithin muß er ſteuern und gaben vom freien
gute, in ruͤckſicht auf die oberbeſſerung, entrichten.
§ 1986
guͤter heiſ-
ſen?
Freie guͤter heiſſen, welche der adel beſizet, oder
beſeſſen hat, oder auf andre weiſe zur frei-
heit auf eine rechts beſtaͤndige weiſe gelanget ſind.
Sie werden in lehn und erbe eingeteilet. Imma-
ſen der adel von ſeinen guͤtern nichts gegeben hat,
Struben in den obſeruationibus iur. et hiſt.
obſ. III. ſ. 108 fgg., bevorab das lehn eine beſol-
dung iſt, wovon keine ſteuer faͤllt.
§ 1987
im zweifel
fuͤr lehne ge-
halten.
Im zweifel werden die freie guͤter fuͤr lehne ge-
halten. Im Kur-Saͤchſiſchen aber fuͤr erben.
§ 1988
ſamen der
adelichen
freien guͤter
Die gerechtſamen der adelichen freien guͤter
ſind: 1) daß ſie mit mauern und graben umge-
ben
[807]von den bauerguͤtern.
ben werden koͤnnen, (§ 167), 2) daß ihnen die
zubehoͤrigen bauern-fronen, beſonders bau-furen
zum adelichen ſize leiſten und wachen muͤſſen; 3)
daß ſie keine ſteuern geben, auſſer, was auf den
landtaͤgen verwilliget wird, wobei iedoch das ta-
felgut frei bleibet, wiewohl man denen, welche
das gut nicht bewonen und in auswaͤrtigen din-
ſten ſtehen, kein tafel-gut verſtatten will. Zur
ausname gehoͤren die beſchockten lehne in Kur-
Sachſen, ſamt den ſteuerbaren und ſchazpflichtigen
ritter-hufen auſſer Sachſen. 4) Sind ſie frei
von der einquartirung (§ 448), 5) von ma-
chung der gemeinen zaͤune, leiſtung der furen, ab-
holung des predigers, von dem wegebau halten
ſie ſich nicht minder frei zu ſeyn. In Sachſen,
wenn ſie das nachbar-recht erlanget haben, wer-
den ſie die gemeine dorfs-leiſtungen zu verrichten
fuͤr ſchuldig geachtet. Inhalts viler Teutſcher
landes geſaͤze duͤrfen die adeliche keine bauer-guͤ-
ter ankaufen, repertorium iuris priuati I ſ.
474 fgg.
§ 1989
Ingleichen ſind ſie 6) vom zolle frei, wasund frei-
heiten.
zum adelichen ſize noͤtig iſt und was ſie im lande
vom erzeugeten verkaufen. 7) Im Kur-Saͤch-
ſiſchen duͤrfen ſie die wolle verkaufen, wohin ſie
wollen. 8) Das jagd-recht iſt eben keine zube-
hoͤr des freien gutes, wohl aber 9) vilfaͤltig das
patronat recht, auch 10) die erbgerichte 11)
das recht ſtatuten zu machen haben ſie nicht, auſſer
in Kur-Sachſen, allwo ſie kleider ordnungen
machen koͤnnen. 12) Duͤrfen ſie das hausbir
brauen, auch ihr getreide zu brandewein brennen,
aber nicht verſchenken, ſondern ſelbigen faßweis
verkaufen (§ 167), von Leyſerde equitum
Saxonicorum iuribus und de praediis nobilium
E e e 4Saxo-
[808]XLVIIII haubtſtuͤck
Saxonicorum T. X medit. ad π. ſpecim. 664
und 665.
§ 1990
kein archiv-
recht.
Das archiv-recht haben ſie nicht. Immit-
tels geben die urkunden aus iren repoſituren eine
beſcheinigung.
§ 1991
landgut iſt?
Dergleichen guͤter werden land guͤter genennet.
Es iſt aber ein land-gut ein zur landwirtſchaft
haubt- und grund-ſtuͤck, welches aus feldern,
wiſen, gaͤrten, huten und triften, auch gebaͤu-
den beſtehet. Zufaͤllige ſtuͤcke ſind dabei: waͤlder,
zigel- und kalkhuͤtten, muͤlen, gerichtbarkeit, din-
ſte, zinſen, zehnten, brau-jagt- und andre ge-
rechtigkeiten.
§ 1992
den zinſen
verſtanden
wird?
So vil die zinſen belanget, werden unter ſelbi-
gen im allgemeinen verſtande die entrichtungen
jaͤrlicher abgaben, oder gefaͤlle begriffen, ſie moͤ-
gen in fruͤchten, geld, vihe oder andern dingen
beſtehen. Sie werden in ſtaͤndige, unſtaͤndige,
abloͤsliche, und unabloͤsliche ꝛc. eingeteilet. Diſe
ſind von denen zu unterſcheiden, welche hoheits-
landes-ſtadt-dorf-gemeine- und nachbar-gefaͤlle
und abgaben genennet werden. Stiſſer in der
einleitung zur landwirtſchaft cap. X § 3 fgg. § 14,
Sorber am a. o. ſ. 123 fgg.
§ 1993
herr und
zinßmann
iſt?
Derjenige, welchem der zinß zu bezalen iſt, wird
zinß-herr, auch gilt-herr, und derjenige, wel-
cher denſelben entrichtet, zinßmann, gilt-bauer,
giltmann ꝛc. genennet (§ 424).
§ 1994
benennun-
gen der zin-
ſen zu leiten
ſind?
Die zinſen haben vilerlei benennungen (§ 461).
Diſe werden hergenommen: 1) von der zeit, da
ſie erleget werden ſollen, z. e. faſtnachts-huͤner,
herbſt-
[809]von den bauerguͤtern.
herbſthuͤner, erndte-huͤner, Michaels-hane, Mar-
tins-gaͤnſe, oſter- und pfingſt-eier, pfingſt-kaͤſe ꝛc.
Michels-weizen ꝛc. 2) von der ſache, in welcher
der zinß beſtehet, z e. geld-pacht, ſilber-zinß, zinß-
geld, lamms-baͤuche, honig-zinß, wachs-zinß,
zinß-hafer, gilt-weizen, korn-paͤchte ꝛc. 3) von
den grundſtuͤcken und ſachen von welchen der zinß
abgegeben werden muß, z. e. gatter-zinß, (gadem-
zinß), frei-zinß, rauch-aufſaz, ehren-hirten, leib-
haubt-hun, garten-zehnte, ſonnen-gelt, muͤlen-
grund-boden-ſtaͤnder-zinß, kuh-zehnte ꝛc., (§ 479
fg.). 4) Von der gefahr, welche auf den ver-
zug der bezalung des zinſes geſezet iſt, z. e. fahr-
meigaſſen-meiborgen-rutſcher-werdt-woort-
Martins-lehn-zinſen, zinß-buſe ꝛc. daher auch die
fahrlehne, fahrzinß-lehne, rutſcherzinß-lehne ihre
benennung haben, Schottel am a. o. cap. 19,
Ayrers diſp. de cenſibus mora creſcentibus,
Beyerde cenſibus promobilibus,von Buti ſ.
805 fg. die zinß-buſe wird doppelt erleget, J. A.
Hofmann in der angezogenen diſp. § 23. ſ. 78
fgg., Kopp am a. o. im Iten teile ſ. 310, fgg.
§ 1995
Im Reiche findet man ſehr vile zinſen und gil-der zinß-
herr hat oͤf-
ters im Rei-
che die zin-
ſen abzuho-
len.
ten, welche vom zinß-herrn geholet und an einem
gewiſſen orte empfangen werden muͤſſen, wie dann
die probſtei Petersberg bei Fulda, izt die Schen-
ken zu Schweinsberg, die in Eſtors kleinen ſchrif-
ten ſ. 135 des Iten bandes, beilage 14, benimten
gefaͤlle auf Remigii tage allda ſo gewiß erheben
muͤſſen, als ſie fuͤr das jar ſonſt verfallen ſind.
Von gleichmaͤſiger beſchaffenheit werden auch die
gatterzinſen gehalten, daß naͤmlich der herr zu
dem, welcher ihn gibet, gehen, oder einen hin-
gehen zu laſſen verbunden ſey. Derohalben ein
gatterherr derjenige iſt, welcher nach ſolchem zinß
E e e 5gehen
[810]L haubtſtuͤck von den
gehen und ihn abzuholen hat, Friſch am a. o. ſ.
324. Dergleichen gatterzinſen findet man in
Nuͤrnberg, in dem Rotenburgiſchen an der Tau-
ber, und anderwaͤrts mehr. Sihe die Nuͤrnber-
giſche reformation im XXIIIten titel und deſſen
IIten geſaͤze, Woͤlker uͤber die Nuͤrnbergiſche re-
formation ſ. 333 fag. des IIten bandes, von
Falkenſtein im codice antiquitat. Nordgau. ſ.
238. fg.
§ 1996
gatterzinß
haftet?
Der gatterzinß haftet nicht allein auf haͤuſern,
ſondern auch andern grundſtuͤcken. Sie ha-
ben mutmaslich iren namen von gatter, das iſt,
loch, Wachter im gloſſar. ſp. 532. Da nun die
thuͤre des hauſes nichts anders, als ein loch iſt,
wird daher durch gatt eine hausthuͤr angezeiget,
Wachter am a. o. Thue hinzu den Schilter
im gloſſar. Teuton. T. III theſ. antiq. Teut.
ſ. 340.
§ 1997
muͤſſen den
landesbe-
ſchwerden
nachſtehen.
Bei entſtandenem concurſe gehen dielandesherr-
lichen abgaben den lehnherrlichen oder giltherrli-
chen vor, Lauterbach im colleg. theor. pract.
π. lib. 42 tit. 5 § 36 ſ. 384.
Funfzigſtes haubtſtuͤck
von den gerechtigkeiten und befugniſ-
ſen uͤberhaubt.
§ 1998
fugniß und
gerechtig-
keit iſt?
Die ſachen ſind entweder koͤrperlich, oder nicht
koͤrperlich. Zu diſen werden die rechte und
gerechtigkeiten gerechnet (§ 1069). Durch ein
befug-
[811]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
befugnis, verſtehet man dasjenige, was die Roͤ-
mer eine dinſtbarkeit (ſervitutem) genennet ha-
ben. Hergegen deuten die gerechtigkeiten alle
uͤbrige unkoͤrperliche dinge an, wolche teils auf
eben die art, wie andre ſachen, teils auf andre
weiſe erworben werden.
§ 1999
Das befugniß gehet auf ein recht an einer frem-worauf bei-
de gehen?
den ſache; hingegen die gerechtigkeit auf ein recht
an meiner ſache. Man hat daher bau-ſchenk-
wirtſchafts-muͤlen-ſidens- und andere gerechtig-
keiten. Es gehoͤren nicht minder die Freiheiten
der guͤter und haͤuſer dahin. Von der ſidens ge-
rechtigkeit ſihe des Chriſtian Gottfried Hof-
manns diſp. de emphyteuſi, cap. IIII.
Von den befugniſſen, oder dinſtbarkei-
keiten insbeſondere.
§ 2000
Die dinſtbarkeit begreifet im weitlaͤuftigen ver-was die
dinſtbarkeit
andeutet?
ſtande alles dasjenige unter ſich, wenn einer in
dem ſeinigen von dem andern etwas leiden, un-
terlaſſen, thun und leiſten muß, folglich erſtrecket
ſich ſelbige weiter, als die roͤmiſche ſervitus, von
Senkenberg in den cautelis circa actionem ne-
gatoriam § 16, ſ. 25, Gieſſen 1740, 4
§ 2001
Die dinſtbarkeiten werden in perſoͤnliche undderen ein-
teilungen.
dingliche eingeteilet. Unter die perſoͤnlichen gehoͤ-
ren in gewiſſer maſen naͤchſt andern: der nies-
brauch, der beiſiz, die leibzucht, das leibaeding,
das wittum der aͤltern an irer kinder, oder des
uͤberblibenen ehegattens an des verſtorbenen ehe-
genoſſens vermoͤgen § 742 fgg. § 813 fgg., man
hat dergleichen dinſtbarkeiten ſowohl nach dem
buͤr-
[812]L haubtſtuͤck von den
buͤrgerlichen, als auch dem ſtaatsrechte, in pri-
vat-gemeinen und oͤffentlichen ſachen, Schilter in
den inſtitutionibus iuris publ. ſ. 281, Engel-
brechtde ſeruitutibus iuris publici. Anbene-
ben iſt ein unterſchid zwiſchen der dinſtbarkeit der
menſchen, und dem beweiſe, welcher die dinſt-
pflichtigkeit der guͤter angehet, von Senkenberg
am a. o. §. XIII ſ. 22.
§ 2002
langet wer-
den?
Die dinſtbarkeiten koͤnnen auf verſchidene weiſe
erlanget und zugeſtanden werden, 1) durch ge-
ſaͤze, 2) richterliche beſcheide, 3) gedinge,
und vergleiche, 4) verjaͤrung, 5) lezte willens-
verordnungen, 6) gewonheiten und herkommen,
Dr. Orth am a. o. ſ. 530 fg.
§ 2003
einraͤumen
kan?
Derjenige, welcher dem andern eine dinſtbar-
keit einraͤumet, muß herr von der ſache ſeyn, auch
daruͤber gebaren koͤnnen. Bei gemeinſchaften
kan einer one des andern gehelung keine giltige
dinſtbarkeit verſtatten, Sueſer im theatro ſer-
vitutum,Swendendoͤrferde actionibus for.
P. 1.
§ 2004
urbana und
ruſtica wa-
ren den
Teutſchen
unbekannt.
Die alte Teutſche gewonheiten wiſſen von kei-
nem unterſchide unter den praͤdiis urbanis und ru-
ſticis. Auſſer dem haben ſie die roͤmiſchen ſubti-
litaͤten nicht beobachtet, auch dafuͤr gehalten, daß
eine dinſtbarkeit in faciendo beſtehen koͤnne, im-
maſen dann auch vile lehnguͤter zu dem ende ertei-
let worden ſind, von Leyſerſpecim. 107 med. 1
BoͤhmerT. III P. 1 deciſ. 38 num. 4. fgg.,
Gerhards diſp. de ſeruitut. in faciend. conſiſt.,
Titius in der diſp. de ſeruitut. fac.Crells diſp.
de vſu nocturno ſeruitutum in praediis vrba-
nis,
[813]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
nis, Wittenb. 1756, Dr. Orth am a. o. II
ſ. 527.
§ 2005
Die dinſtbarkeiten ſind mancherlei, z. e. dasdie dinſt-
barkeiten
ſind man-
cherlei,
pferch-recht, die hute, weide, trift, das kaͤlter-
recht, das recht leimen, kalkſteine, ſteine, ſand,
holz und zwar gruͤnes, lesholz, ſtoͤcke, von Sen-
kenberg am a. o. § 14. ſ. 23 fg., Krebs am a.
o. P. II. ſect. II claſſe III § XI ſ 27, fg., oder
wurzeln zu holen, torf und raſen zu hauen, das
teichſel-recht, waſſer und brunnen zu ſchoͤpfen, die
jagt, fiſcherei, das trauf-tramrecht, winkel-heim-
lichkeit-fenſter-recht, einen waſſer- oder goß-ſtein
zu halten, der fuspfad und fahrweg, die anwen-
dens-gerechtigkeit ꝛc. Krebs am a. o. P. II claſſ.
XII ſect. 5. §. 27 num. 8. ſ. 461.
§ 2006
So vil das fenſter-recht belanget, darf meindas fenſter-
recht,
nachbar in ſeinem hauſe keine offene fenſter haben,
wenn dadurch meinem plaz ſchaden geſchehen kan,
Leucht vom fenſter-rechte. Nach dem Luͤbecki-
ſchen ſtadt-rechte im IIIten buche tit. 12 art. 13
duͤrfen an dem orte, wo vorhin keine geweſen
ſind, dergleichen nicht gemachet werden. Wel-
ches auch beſage der Frankfurtiſchen reformation
im IIten teile, tit. VI § 1, Dr. Orth ſ. 524 fgg.
rechtens iſt.
§ 2007
Einen waſſer- oder goß-ſtein zu halten, iſt nichteinen goß-
ſtein zu hal-
ten,
einem ieden erlaubet, auſſer, wenn die goſſe auf
das meinige faͤllet, Krebs am a. o. II, 6, 2, 1,
9, ſ. 170. Abzuchten ſollen, wie ſie von alters
geweſen ſind, gelaſſen und one vorbewuſt, auch
einwilligung des nachbars, welcher daran teil hat,
nicht geaͤndert, noch verbauet werden, Jenaiſche
ſtatuten, tit. XIII. § 5.
§ 2008
[814]L haubtſtuͤck von den
§ 2008
recht.
Das winkelrecht bedeutet den ganzen raum zwi-
ſchen meinem und des nachbars hauſe zu nuzen.
Es heiſſet auch die linke oder gelaͤnge, Eiſena-
chiſche ſtatuten, im IIIten teile, art. 4. Sihe
Peter Mullernde interſtitio praediorum, 4.
Eben diſes wird in Sachſen von einer ſchlippen be-
haubtet.
§ 2009
ne heimlich-
keit erlau-
bet,
Im winkel darf ich keine heimlichkeit bauen,
wenn ſie nicht 3 fuſe von des nachbars wand ab-
ſtehet. Dafern ich aber des nachbars grund da-
mit beruͤren will; muß ich eine dinſtbarkeit darzu
haben; doch darf dem nachbar durch die naͤſſe,
den unrat und geſtank kein ſchaden an dem ſeini-
gen zugefuͤget werden, und ſolcher ihm nicht zur
laſt fallen, ſondern er muß ſtank-roͤren in die luft
fuͤren. Sihe meine diſp. de abuſu rerum merae
facultatis,von Leyſerſpec. 107, med. 4,
St [...]ykde iure ſenſuum diſp. 5. cap. 3, reper-
torium iur. priuati I. ſ. 541. fgg, von Berger
am a. o. ſ. 313. Eben ſolche beſchaffenheit hat es
auch mit den backofen, und ſchweinkoben. Sonſt
iſt der winkel im zweifel gemeinſchaftlich zwiſchen
den haͤuſern, welche er unterſcheidet. Die poli-
cei ſihet zu, daß bei erbauung neuer haͤuſer die
maurer und zimmerleute ſorgen, damit zur dach-
traufe, oder winkel-rechte zwiſchen einem ieden ge-
baͤude der zwiſchen-raum dreie werkſchuhe ausma-
che, damit die traufe auf eines ieden grund falle.
Werden brand-mauern zwiſchen den haͤuſern auf-
gefuͤret; ſo haͤlt man ſolche fuͤr gemeinſchaftliche.
Ein ieder laͤſſet auf ſeiner ſeite hoͤlungen zum
ſchraͤnken fertigen, welche zu Frankfurt am Mai-
ne matzloͤcher heiſſen. Es moͤgen ſich auch die
nachbaren vereinigen, daß mein matzloch bis
ans
[815]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
ans ende des nachbars ende der brandmauer rei-
che, und deſſen ende an einer brand-mauer durch-
zihe, Dr. Orth.
§ 2010
Inhalts des Luͤbeckiſchen rechtes im IIIten bucheund andere
gebaͤude
einzurich-
ten ſind?
tit. XII, art. XII, ſoll nimand vom neuen brau-
ſchmidt-toͤpfer-ſehen-haͤuſer mit ſeiner zugehoͤrung
anrichten, da vorhin keine geweſen ſind, one ſeiner
nachbaren willen, auch keine ſchorrſteine, oder
feuerſtaͤtte, da vorhin keine geweſen ſind.
§ 2011
Wer keine dinſtbarkeit hat, muß die roͤre vonwie die
rauchfaͤuge
eingerichtet
werden ſol-
len?
ſeinem windofen ſo einrichten, daß der rauch da-
von nicht wider des nachbars haus ſchlage.
Denn mein rauch aus der ofen-roͤre, oder dem
ſchorrſteine, oder dem backofen muß dergeſtalt ge-
fuͤret werden, damit er den nachbar und deſſen
gebaͤude nicht belaͤſtige, noch weniger in deſſen be-
hauſung eindringe.
§ 2012
Der fusſteig, woruͤber ein anderer gehen darf,des fusſtei-
ges durch-
tribes be-
ſchaffenheit,
muß 3 werk-ſchuhe weit ſeyn, ieder zu 16 zollen,
das miſt-faren mit einem ſchubekarn wird daruͤber
nicht verſtattet. Der durchtrib (trift) muß ſo
geartet ſeyn, daß er one ſchaden geſchihet. Wer
den uͤbertrib hat, hat deswegen keine hutung.
Wem die trift zuſtehet, darf auch uͤber den ſumpf
oder moraſt eines nachbars, wodurch ſie gehet,
gebunde von reiſig, oder andre wege-verbeſſerun-
gen vorkeren, damit die trift ihm nicht unnuͤzlich
werde. Bei anlegung eines haͤge-waldes, wo ei-
ner die huͤtung daran hat, muß eine trift nach
der traͤnke verſtattet werden ꝛc.
§ 2013
Wegen des farens uͤber brachfelder, ſezet esuͤber die
brachfelder
iſt kein fahr-
weg erlau-
bet.
oͤfter ſtreit, wie dann noch in diſem 1756ten jare
zu
[816]L haubtſtuͤck von den
zu K. am Donnersberge, ein bauer erſchoſſen
worden iſt. Daß es der L. II. C. de ſeruitut.
verbite; ſolches gehoͤret hiher nicht. Der Teut-
ſche weiß aber, daß wo im vorigen jare ein far-
weg uͤber ſeinen acker gegangen iſt, weniger frucht
alda wachſe, dahero iſt es verboten.
§ 2014
und ſtraſſen
ſind man-
cherlei.
Die wege und ſtraſſen ſind unterſchidlich. Man
hat dergleichen ſowohl in und auſſer den ſtaͤdten,
und doͤrfern, als auch in den landen. In den
ſtaͤdten hat man ſtraſſen und gaſſen, es finden ſich
auch in den doͤrfern die dorf-ſtraſſen, Schackde
iure in platea paganica,Meiſters diſp. de iure
platearum Brunſuico-Lüneburg. diſe ſind entwe-
der oͤfentliche, oder privat-wege, und werden in
far-wege und fusſtege eingeteilet. Die oͤffentli-
che ſind teils land-heer-ſtraſſen, oder gemeine we-
ge, welche nach einer ſtadt und einem dorfe ꝛc.
oder aus ſelbigen gehen. Daher die dorf-ſtraſ-
ſen bekannt ſind, welche ſich von den holz- und
feld-wegen unterſcheiden, Schroͤters diſp. de iu-
re vicinitatis § XX ſ. 23. Caſp. Achat Becks
diſp. de obligatione ad cedendum in via publi-
ca. Sotane dorf-wege ſind von den einwonern
und den benachbarten zu unterhalten, welche ſel-
bige gebrauchen. Beſage der F. H. Caſſeliſchen
greben-ordnung tit. XI. § 4 ſ. 29 ſoll eine iede ge-
meine in irem diſtrict die ausgefarnen gleiſſen
und loͤcher wieder gleich machen, KrebsP. I.
claſſ. XI ſect. 1, § 8.
§ 2015
pflaſter in
den ſtaͤdten
und deſſen
unterhal-
tung.
In betreff des pflaſters in den ſtaͤdten, wo die
ſtadt-kaͤmmerei nicht anreichet, muß ein ieder ei-
gentuͤmer wegen des pflaſters vor ſeinem hauſe ei-
nen beitrag leiſten und durch die pflaſterer ſeiner
obrigkeit das pflaſter ergaͤnzen, fuͤr das gerinne
zugleich
[817]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
zugleich ſorgen. Zerbrochenes gefaͤße, kehricht,
und andere unreinigkeiten duͤrfen bei namhafter
ſtrafe auf die gaſſen weder geſchuͤttet, noch ge-
goſſen werden. Die furleute, welche den unrat
wegzuſchaffen beſtellet oder gedungen werden, ha-
ben bei geld- oder gefaͤngnis-ſtrafe alle unreinig-
keiten wegzufaren, und ſich ſolcher karren zu bedi-
nen, durch welche beim faren nichts abfaͤllet,
oder ausrinnet, Menken im ſyſtemate iuris ci-
vilis ſ. 1056 fg.
§ 2016
Die privat-wege heiſſen entweder diejenige, wel-was privat-
wege bedeu-
ten?
che aus den oͤffentlichen abgehen, und feld- auch
holzwege genennet werden; oder welche privatper-
ſonen zugehoͤren und ſich in deren eigentume befin-
den, folglich von deren gebrauch andere ausgeſchloſ-
ſen werden koͤnnen, wenn ſie dazu nicht berechtiget
ſind. Die neben- und richte-wege ſollen nach fuͤr-
ſchrift der F. H. Caſſeliſchen greben-ordnung tit.
XI § 7, abgeſchaffet werden, KrebsP. 1 claſſ.
II ſect. II § 15 num. 3.
§ 2017
Inhalts der S. Weimariſchen verordnung ſol-die breite
der heer-
ſtraſſen und
farwege.
len den oͤffentlichen heerſtraßen 2 ruten, den ge-
meinen farwegen, die von einem dorfe zum an-
dern gehen, eine halbe rute, von den naͤchſten doͤr-
fern aber nach der reſidenz eine ganze rute zugetei-
let werden, Beck am a. o. ſ. 10, beſage des
Saͤchſiſchen landrechtes im IIten Buche, art. 59,
ſoll die heerſtraſe ſo breit ſeyn, daß ein wagen
dem andern ausweichen kan. Nach der F. H.
Caſſeliſchen verordnung vom jare \{1745}{1746} vom \frac{24 dec.}{4 jan.}
§ 2 der wege halber, ſollen die land- und heer-
ſtraſen wenigſtens 28 fuß, die uͤbrige wege aber ſo
F f fbreit
[818]L haubtſtuͤck von den
breit ſeyn, daß 2 wagen neben einander herfaren
koͤnnen, wo aber ſo vil raum nicht zu haben iſt,
ſollen alsdann zur ſeite derſelben raͤumliche plaͤze
zum ausbigen angeleget werden.
§ 2018
fentlichen
ſtraſen hat
man auf
verſchidenes
zu ſehen.
Die oͤffentlichen heer-ſtraſen gehoͤren zu den re-
galien, man hat dabei auf deren gebrauch, die
unterhaltung und beſſerung auch gerichtbarkeit zu
ſehen, KrebsP. I. claſſ. XI. ſect. 1. § VIII ſ. 383.
Sie gehoͤren unter die unverlezlichen ſachen, wie
die bruͤcken, welche ſelbige fortſezen (§ 1047).
§ 2019
von wegen
werden er-
zaͤlet.
Die arten von den wegen ſind z. e. I) chaus-
ſées, II) chemins, diſe ſind a) chemins von
Kies-ſande, b) marginés, c) ferrés III) die
cailloutage. Die breite des weges iſt 2 ruten; in
grund kommen ſteine von 3-4 pfund, darauf
wird das erdreich bombiret, und hiruͤber kommet
die cailloutage 9 zolle hoch. Es heißet aber dahir
eine chauſſée, der erhabene weg durch einen ni-
drigen, oder naſſen ort. Sihe des herrn pro-
feſſor Juſtin Gerhard Duiſingscomment. de
ſalubritate aëris Marburgenſis cap. VIIII § 248
fgg., ſ. 110 fgg., Marburg 1753, 4.
§ 2020
wege-bau
erfodert
wird?
Zum wege-bau, als einer unumgaͤnglichen not-
wendigkeit, und Reichs-ſtaͤndiſchen loͤblichen fuͤr-
ſorge werden koſten und geraͤtſchaft, auch der ſa-
chen kundige veranſtalter erfodert. Bei den
heerſtraſen hat das land zu ſorgen, die unterhal-
tung aber wird unter die dorfſchaften nach der
groͤſe des dorfes, deren iedem ſein ſtrich zugemeſ-
ſen wird. Es bleibet nimand verſchonet, als der,
welcher nur die pferde fuͤr ſeinen leib haͤlt, der
pfarrer und der beamte. Die geraͤtſchaft, wel-
che die gemeine anſchaffen muß, ſind eiſerne ſchlaͤ-
gel
[819]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
gel und haͤmmer von verſchidener groͤße, hacken
und pickel, ſchuͤppen und ſpaten mit eiſen beſchla-
gene kloͤzer zum ſtampfen. Bei weichem erdreiche
wird der grund vermittels eines erdborers erfor-
ſchet. Das moraſtige oder tonichte erdreich er-
heiſchet die anlegung eines eiſernen weges. Diſer
erfodert eine breite von 28 bis 30 ſchuhen im lichte
one den raum zu den tifen graben zu beiden ſeiten
und der einfaſſung des weges an ſtatt der ſtrebe-
mauer. Der gemeldte raum wird nach erfoder-
licher tife ausgegraben, mit den groͤſeſten und brei-
teſten grundſteinen ordentlich und gleich beleget;
und diß iſt der grund, auch wo es das ſumpfigte
erdreich erheiſchet, von bruchſteinen. Auf dieſe weiſe
wird der weg zum erſtenmale uͤberzogen. Hierauf
folget die zwote lage von etwas kleinern ſteinen,
welche pflaſtermaͤſig geleget, und die fugen der
grundſteinen darmit bedecket werden muͤſſen. So
dann wird dieſe zwote lage wieder mit kleinern
ſteinen beſtuͤrzet. Endlich ſchreitet man zur aus-
gleichung vermittels des ſchlacken und groben ki-
ſels, welcher mit blauen oder eiſenfarbigen zer-
ſchlagenen ſteinen vermiſchet wird, wozu feſter
ſtein-kummer von kalk- und andern harten ſtei-
nen klein zerſchlagen kommet. Bei pfuͤzen und
ſchlimmern flecken ſind 5, auch 6 ſteinlagen, nach
ermeſſen, noͤtig.
§ 2021
Allein des regens halber kan ein weg one eineder regen
muß dei den
wegen ab-
laufen koͤn-
nen.
merkliche abdachung, oder boͤſchung nicht beſte-
hen. Diſe talut, oder ſcarpa dinet zum abfluſſe
des regenwaſſers. Wenn man nun die verhaͤlt-
nis von 30 ſchuhen in der breite nimmet; ſo
muß die mitte 6 zoll hoͤher ſeyn als die raͤnder.
Der weg von 25 ſchuhen in der breite iſt in der
mitte 5 zolle hoͤher. Diſes gehet bei deichſelwagen.
F f f 2§ 2022
[820]L haubtſtuͤck von den
§ 2022
verderben
die wege.
Allein wo karren und keine deichſel-wagen zu den
laſt-furen, als das verderben der beſſern wege,
im ſchwange gehet, muß die boͤſchung hoͤher fal-
len. Indeſſen laͤſſet ſich der furmann vom faren
mit einem karrn nicht abbringen; Er kan mer und
ſchwerer auf einen karrn als einen wagen, in ſei-
ner maße laden.
§ 2023
wege-bau.
Die Roͤmer uͤberzogen einige wege mit einer
kruſte. Diſe wird aus glatten, ebenen kieſeln
und darunter gemiſchten leimen zubereitet. Man
kan auch ſandigen und ſcharfen kies mit leimen
wol vermengen und auf einen haufen ſchlagen.
Diſes gibt eine felſen-feſte kruſte. Muͤllers
Engliſches garten buch t. I ſ. 475 und t. II ſ. 482,
Nicol Bergierhiſtoire des grands chemins de
l’ empire Romain, à Bruxelles 1728, und 1732,
4, 2 baͤnde, und im XIten teile des theſauri an-
tiquitatum Romanarum Graeuii, des Chyſius
Roma illuſtrata ſ. 300 fg. beim erſten ſtarken re-
gen wurden die wege mit einer walze gearbeitet.
Duiſing am a. o. § 250 ſ. 111.
§ 2024
faſſung der
wege,
Anſtatt einer ſtrebe-mauer, werden die groͤſe-
ſten ſteine ſo tife eingegraben, damit der einge-
grabene teil das uͤbergewichte behaͤlt. Das iſt
die einfaſſung des weges, welches die Roͤmer
marginare nenneten.
§ 2025
anlegung.
Die groſen ſteine duͤrfen in der obern flaͤche des
weges nicht geduldet werden; ſondern ſie muͤſſen
vermittelſt der haͤmmer, eiſerner ſchlaͤgel und
ſtampf-zeugen kleine zerſchlagen werden. Der-
gleichen moutons, demoiſelles oder battipali,
hand-
[821]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
handrammen mit 2 handhaben ſind hir unent-
berlich.
§ 2026
Wo es der plaz leidet, bleibet ein neben- oderdie wege
ſind mit
graben zu
verſehen.
ſommer-weg neben dem haubt-wege ligen. Im
mangel diſer muß von jenem der graben zu beiden
ſeiten dreie ſchuhe entfernet bleiben. Der graben
wird abhaͤngig, damit das waſſer abzih[e]
§ 2027
An naſſen wegen duͤrfen am rande des wegesan naſſen
wegen ſind
keine hohe
baͤume und
haͤgen anzu-
legen,
keine weiden oder hohe haͤgen, ſondern etwa von
4 bis 5 ſchuhen, noch weniger eichen und maro-
nen, oder linden geduldet werden; immaßen ſonſt
der weg durch die ſonne nicht austrocknen kan.
An trockenen wegen moͤgen weiden und ſchatten
bringende baͤume gepflanzet werden.
§ 2028
Die baͤche und das quell-waſſer werden vermit-wie die
quellen und
baͤche abzu-
leiten ſind?
tels bruͤcklein, oder ſchraͤger kandeln durch den
weg, abgeleitet. Holzwerk und reiſig gehoͤret zum
wege-bau nicht, auſſer im mangel der ſteine, wo
es beſtaͤndig im waſſer ligen kan, dinen eichen,
buchen, erlen und birken, die allerſeits friſch ab-
gehauen ſind, und nicht lange an der luft gelegen
haben, zu pfaͤlen und grund-ſtuͤcken.
§ 2029
In belange der holwege, oder wo die ſtraſedie holwege
zu beſſern,
an einem berge, oder felſen herzihet, iſt erſter zu
verſchuͤtten, und vom berge oder felſen, um die
breite zu erhalten, abzugraben, oder zu brechen.
Ueber einen berg ſchneidet man die ſtraße ſic-ſac-
oder zig-zag. Damit das reiſen des regenwaſſers
den weg nicht verwuͤſte, werden ſchraͤge kleine erhoͤ-
hungen und gute ſeiten-graben angeleget.
F f f 3§ 2030
[822]L haubtſtuͤck von den
§ 2030
ge unter-
halten und
darzu
Die oͤffentliche land-heer-poſt- und andere ſtra-
ſen, auch bruͤcken und ſtege ſind auf gemeine ko-
ſten anzulegen, auch zu unterhalten, Reichsſchluß
vom jare 1670 ſ. 75 im IIIIten teile der Reichs-
abſchide, F. H. Caſſeliſche wege-bau-reglement
1746 § 3, und inſtruction fuͤr die wege-bau-be-
dinten, fintemal der regent und die oberſte gewalt
dahin zu ſorgen hat, daß nicht allein die reiſenden,
ire waaren und guͤter bequem fortkommen koͤnnen,
ſondern auch eine genugſame ſicherheit ſey, und
weiln es dem ſtate nicht gleichguͤltig ſeyn kan,
was fuͤr perſonen, guͤter und waren in das land
ein und ausgehen, ſo muß ſich auch die aufmerk-
ſamkeit des regentens uͤber die landſtraſen erſtre-
cken, daß darauf nichts ein- oder ausgehen moͤge,
was etwa der gemeinen wohlfart des ſtates nach-
teilich ſein moͤgte. Derohalben koͤnnen der rei-
ſenden paͤſſe examiniret und ſelbige von ihnen ver-
langet werden, von Juſti am a. o. im IIten teile
§ 110 ſ. 131. Jedoch kommet bei der unterhal-
tung der ſtraſen auf die gewonheiten und gedinge
viles an, imgleichen, wenn iemanden die wege-
gelter zu dem ende uͤberlaſſen worden ſind, Krebs
P. I. claſſ. XI. ſect. 1. § 8 ſ. 383 immaſen das we-
gengelt der ausbeſſerung der wege halber und ge-
meiniglich von dem fuhrwerke bezalet wird; ge-
ſtalt denn auch aus eben diſer urſache in den ſtaͤd-
ten das pflaſter-geld, der bruͤcken-zoll hir und da
entrichtet werden muß, F. H. Caſſeliſche wege-
bau reglements § 14 ſ. 12. Reichs-abſchid 1576,
§ 118, wahlcapitulation art. VIII § XI, Weſt-
phaͤliſcher friden, art. VIII § I.
§ 2031
ſoll?
Jeweilen muͤſſen die leute, welche teſtamente
machen, contracte errichten, zur beſſerung der
wege
[823]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
wege und ſtege etwas ausſezen. Es werden auch
wohl die hurenbruͤche, imgleichen die erbloſe guͤ-
ter ꝛc. darzu gewidmet, Luͤnig R. Archiv P.
gen. cont. II ſ. 239, G. L. Boͤhmers diſp. de
mulctis ſtuprorum, Oſtfriſiſches landrecht im
Iten buche, cap. 127, IIten buche, cap. 153.
§ 2032
Von den wege- und bruͤcken-geltern iſt das ge-von den we-
ge-geltern
iſt das gelei-
te unterſchi-
den.
leit und der zoll in abſicht auf die waaren unter-
ſchiden, R. abſchid vom jare 1576 § 118, wo-
von bei den regalien ein mehreres zu handeln ſeyn
wird.
§ 2033
In den Reichs-geſaͤzen iſt verordnet, daß aufdie verord-
nungen der
Reichsgeſaͤ-
ze von den
ſtraſen.
koſten iedes Reichsſtandes die ſtraſen zu waſſer
und land frei, ſicher und rein ſeyn ſollen, und ni-
mand darauf beſchaͤdiget werden, widrigenfalls
ſollen bei ſich eraͤugendem unheil, oder ungluͤck die
reiſende und handelnde perſonen, wie auch fuhr-
und ſchif-leute ſich ires ſchadens an der oberkeit zu
erholen befugt ſeyn, Reichsabſchid 1548, § 20,
1555, § 87, Reichsſchluß vom jare 1670, ſ. 75 im
IIIIten teile der ausgabe der Reichsabſchide vom
jare 1747 fol., Gailllib. II obſ. 64, wenn ie-
mand auf der ſtraſen angegriffen wird, ſoll an
die glocken geſchlagen werden, und iedes ortes
obrigkeit ſchuldig ſeyn, dem thaͤter nachzueilen,
Reichsabſchid 1548, § 40. Auſſer dem ſoll man
die rechte ſtraſe fahren und nimand den andern
von der rechten ſtraſe zwingen, Iter teil der Reichs-
abſchide ſ. 23, ſ. 32, ſ. 40.
§ 2034
Obgleich iedermann ſich der freien und oͤffentli-ob ein ieder
ſich der oͤf-
fentlichen
ſtraſen bedi-
nen kan?
chen landſtraſen bedinen kan; ſo iſt iedoch zu-
foͤrderſt darauf zu ſehen, ob ihm nicht die Reichs-
auch land-geſaͤze, oder andre umſtaͤnde, z. e. ein
F f f 4zu
[824]L haubtſtuͤck von den
zu verurſachender ſchaden, die zu b[e]fuͤrchten ha-
bende gefahr ꝛc. deren gebrauch verſagen. Di-
ſemnach werden hirvon ausgeſchloſſen die von
Reichswegen geaͤchtete, zigeuner, ſtarke bettler,
garde-bruͤder, rottirer, herren-loſe knechte, Reichs-
abſchid vom jare 1495. tit. fridbrecher, 1500 tit.
von zigeunern, 1530, 1544, 1548, 1551, 1577
tit. von bettlern, 1654 § wo ſich auch ꝛc. Nach
verſchidenen landes-geſaͤzen werden auch die juͤden
einigermaſen hirher gezogen, S. Gothaiſche lan-
des-ordnung im IIten teile, cap. II. tit. 4.
§ 2035
herr kan ſol-
che anord-
nen.
Nicht weniger mag der landes-herr gebiten,
durch welche ſtraſen auf dem lande die zollbare
waaren gefaren, mithin die bei- und ſchleif-wege
vermiden werden ſollen.
§ 2036
dem andern
auszuwei-
chen hat?
Auf den ſtraſen hat oͤfters einer dem andern
auszuweichen. Hirbei iſt zufoͤrderſt auf die geſaͤ-
ze und gewonheiten, gedinge, erſtigkeit der zeit,
wuͤrden, freiheiten, und das anſehen der perſo-
nen, die menge der entgegen kommenden, die not-
wendigkeit, und das verſchulden oder verſehen zu
ſehen. Derohalben ein fusgaͤnger einem reiten-
den, der reitende einem fahrenden, und zwar der
leichtbeladene, oder leere wagen einem laſtwagen,
die auſſerordentliche poſt der ordentlichen auswei-
chet. Den poſten muͤſſen alle andere wagen plaz
machen, wenn der poſtillon, wie er zu thun ſchul-
dig iſt, zeitig geblaſen hat, Beck am a. o. § 9,
von Lynkerde iure occurſus,Engaude pont.
reg. iur. § 53, 55, F. H. Caſſeliſche poſt-ord-
nung § 59 und wenn der poſten 2 ſich einander be-
gegnen, behaͤlt diejenige den weg, deren poſtillon
zuerſt ins horn geſtoſen hat.
Von
[825]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
Von den bruͤcken.
§ 2037
Die bruͤcke iſt ein werk, woruͤder man uͤber ei-was eine
bruͤcke iſt?
ne unbequeme vertifung fuͤglich kommen kan. Die
vertifung iſt entweder ein waſſer, oder moraſt,
oder eine trockene holung. Sie dinet entweder
zum faren oder reiten. Gereichet ſie blos zum ge-
hen, ſo heiſſet es ein ſteig, ſteg.
§ 2038
Die bruͤcken ſind entweder ſteinerne, oder halbderen gat-
tungen,
von ſteinen, oder hoͤlzerne. Die lezte gattung
ruhet entweder auf pfaͤlen, oder auf kanen von
holze, bleche, oder kupfer, Penthers einleitung
zur buͤrgerlichen bau-kunſt ſ. 26 fg. F. H. Caſſe-
liſche greben-ordnung tit. XI § 9 ſ. 30.
§ 2039
Die einteilung der bruͤcken iſt, daß einige vonund eintei-
[l]un[g]en,
einem ufer zum andern frei uͤber dem waſſer ſchwe-
ben, 2) andre bewegliche, als 3) die ſchlag-
und 4) fallbruͤcken, 5) die dreh-bruͤcken, 6)
die ſchif-bruͤcken, 7) die ſturm-bruͤcken, 8) die
faͤren mit, oder 9) one ſeil, 10) die fluͤgende
bruͤcken, 11) die feld-bruͤcken, (pontons) 12)
die lederne bruͤcken, 13) die faß- und tonnen-
bruͤcken, 14) die bruͤcken im haͤnge-werke, Carl
Chriſtian Schramms ſchauplaz der merkwuͤr-
digſten bruͤcken, ſ. 42, Gautiertraité des ponts,
à Paris 1716, 8, Jacob Leupoldstheatrum
pontificale, 1726, fol.
§ 2040
Die aͤlteſte bruͤcke Teutſchlandes ſoll die uͤberdie aͤlteſten
bruͤcken
Teutſchlan-
des,
die Haſa bei Aſſenburg, izt Osnabruͤck ſeyn.
Die 1249 erbauete bruͤcke uͤber die Weſer bei Hoͤx-
ter, imgleichen die zu Bowede uͤber die Weſer
F f f 5bei
[826]L haubtſtuͤck von den
bei Corvei, werden fuͤr die aͤlteſten bruͤcken Teutſch-
landes geachtet, Schramm am a. o. ſ. 159, die
gerechtſamen der bruͤcken haben Ahasverus
Fritſch und Samuel Fritſch erforſchet. Thue
hinzu den Krebs am a. o. p. I claſſ. XI ſect. I
ſ. 375 fgg.
§ 2041
ſind nach
den wegen
und ſtraſen
unterſchi-
den.
Die bruͤcken ſezen entweder die heer- und land-
poſt-oͤffentliche ſtraſen, oder die privat-wege fort.
Woraus die unterſchidene arten benebſt iren ge-
rechtſamen abzunemen ſind. Diejenige, durch
welche die heerſtraſe fortgeſezet wird, iſt als eine
zubehoͤrung von diſer mit iren vorzuͤgen und hohen
gerechtſamen zu achten, welches bei den uͤbrigen
nicht befunden wird, repertorium iuris priuati,
I, ſ. 750 fg.
§ 2042
zu erbauen
und zu un-
terhalten
hat?
Die bruͤcken auf den land-ſtraſen muß heuti-
ges tages das land erbauen, und die auf den ne-
ben-wegen diejenige gemeine, in deren gemarkung
ſolche gelegen iſt. Immaſen die regel iſt: daß bei
einer bruͤcke, welche nicht zu des ganzen landes,
ſondern etwa einer gemeinde nuzen fuͤrnaͤmlich di-
net, diejenige, in deren flure oder gemarkung, oder
banne, die zu erbauende bruͤcke liget, zu den ko-
ſten verbunden ſey, Fritſch am a. o. cap. V num.
6. ſ. 83. Baltaſar Conrad Zahn in der politia
municip. lib. II cap. 63 num. 67 ſ. 883, Sa-
muel Strykde iure pontium cap. III num. 28 ſ.
127, der beitrag zur erbauung derſelben wird fuͤr
eine dingliche laſt gehalten, welche auf die guͤter
faͤllet, die in der gemeinde flure ligen, ſie moͤgen
gehoͤren, wem ſie wollen, Stryk am a. o. num.
38 fgg. 1 ſ. 128, wie dann auch die forenſes und
geiſtlichen weder des beiſchuſſes zu den koſten, noch
der fronen mit denen pferden, welche ſie zum
acker-
[827]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
ackerbaue gebrauchen, ſich entſchuͤtten koͤnnen,
Stryk num. 36 cap. III ſ. 128, Fritſch am a. o.
Es ſind aber die anlagen dabei nach proportion
des ſteuerfuſes auszuwerfen, Stryk am a. o.
num. 59, George [A]dam Struve im ſynt. iur.
ciu. exerc. 50 § 80, allein die gelter in der ge-
meine one bewilligung des landes-herrns auch zum
behufe eines oͤffentlichen gebaͤudes, oder einer bruͤ-
cke von den untertanen zu erheben, iſt nicht erlau-
bet, von Leyſerſpecim. 669 med. 11, 12, ob-
gleich ein nidergefallenes oͤffentliches werk, oder
das nur auszubeſſern iſt, one ruͤckfrage bei dem
regenten hergeſtellet werden darf, Arnold Cor-
vinus von Belderen in codicis Iuſtin. method.
enarrat. lib. VIII tit. XII ſ. 619; anerwogen die
beamte und landſtaͤnde, auch dorfs-vorſteher oder
bauern-meiſter fuͤr privat-perſonen angeſehen wer-
den und eine erhebung fuͤr ſich zu verfuͤgen nicht
vermoͤgen. Derohalben ein oͤffentliches werk,
welches aus der gemeinde einkuͤnften erbauet wer-
den ſoll, one beſonderes vorwiſſen und bewilligung
des landes-herrns, oder deſſen nachgeſezter regi-
rung nicht errichtet werden mag, Struve am a.
o. Im uͤbrigen gibet es keine ſchluͤſſige folge,
welchergeſtalt derjenige, welcher eine bruͤcke vor-
her gebauet hat, nach deren umſturz diſelbe wi-
der zu bauen pflichtig ſey, immaſen aus einer frei-
willigkeit oder willkuͤrlichen handelung eine ver-
bindlichkeit nicht flieſſet, Stryk am a. o. cap. III
num. 90 ſ. 134 T. II operum. Die von der
oberkeit zur aufſicht der bruͤcke beſtellete perſon
wird in Baiern Bruͤckhai genennet, Kur-baieri-
ſches landrecht, tit. 24 art. 1. Er heiſſet auch
bruͤckenhuͤter, Schramm am a. o. ſ. 21. In
andern landen haben die beamte, wege-aufſichter,
F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit. XI § 1
ſ. 29,
[828]L haubtſtuͤck von den
ſ. 29, oder weg-commiſſarien die Aufſicht da-
ruͤber.
§ 2043
ſtraſen wa-
ren ſonſt in
der gewalt
der T. koͤni-
ge.
Die koͤnigs-wege, oder heer-ſtraſen gehoͤreten
dem Teutſchen koͤnige. Daher vom kaiſer und
Reiche das fuͤrſtliche haus Schwarzburg zu lehne
unter andern traͤget: die ſtraſen in allen
Schwarzburgiſchen gerichten und herrſchaften,
wie auch die ſtraſen in der grafſchaft Honſtein,
Lochners ſammlung merkwuͤrdiger medaillen,
vom jare 1740 ſ. 36. Dieweilen auch die groſen
fluͤſſe der gewalt der Teutſchen koͤnige zugeſchriben
wurden; ſo iſt daraus abzunemen, warum die
Reichsſtaͤnde in den aͤltern zeiten die freiheiten von
den kaiſern erhalten haben, bruͤcken uͤber die fluͤſſe
ſchlagen zu duͤrfen, und ein bruͤcken-geld zu fo-
dern, repertorium iuris priuati I, ſ. 750 unter
dem worte: Bruͤcken § II**. Heutiges tages
haͤngen die erbauungen der oͤffentlichen bruͤcken von
der landesherrlichen verordnung ab.
§ 2044
dinſtbarkei-
ten des waſ-
ſers halber.
Wegen der ſaͤrber und weiß-gaͤrber auch der
waͤſcherinnen eraͤugnen ſich dinſtbarkeiten in betreff
des aufhaͤngens zum trocknen.
§ 2045
kirchſtuͤlen
und haͤuſer
anſtreichen.
Die ausſicht in den kirchen darf durch gitter-
fenſter oder ſonſt nicht verſperret werden, damit
die dahinterſtehende die ausſicht gegen die kanzel
und das altar frei behalten. In betreff des an-
ſtreichens der haͤuſer iſt dahin zu ſehen, damit dem
nachbar durch die ſtralen, welche vom angeſtri-
chenen zuruͤck prallen, die zimmer nicht unbrauch-
bar werden. Ein gegenuͤber ganz rot angeſtriche-
nes haus verurſachet in des nachbars hauſe, daß
aufs papyr und die buͤcher in des nachbars hauſe
ein
[829]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
ein roter ſchatten faͤllet, Chriſtian Thomaſiusde
iure circa colores, 1683, 4.
§ 2046
Wo mehrere aus einer waſſer-roͤren waſſervom waſſer-
ſchoͤpfen und
waſſer-ho-
len.
ſchoͤpfen, und die obenwonende mehr waſſers weg-
nemen, daß die unten wonende wenig oder nichts
vom waſſer aus den bei iren haͤuſern vorbeizihen-
den roͤren erhalten, moͤgen, wird entweder ein
waſſer-behaͤlter oder kumpf angeleget, daraus al-
le ſchoͤpfen koͤnnen: oder es werden pfale mit einer
roͤre geſezet, darin vermittels des hanes an der roͤ-
ren nichts mehr laufen kan, als ſo vile leute waſ-
ſers ihnen gebuͤret, mithin den anderen nachbaren,
auch ihr roͤr-waſſer verbleibe.
§ 2047
Wer aus ſeinem waſſer-troge oder behaͤlterauch andern
damit ver-
knuͤpften
(regard caſtellum) dem andern waſſer zukommen
laſſen muß; der muß zwar vermoͤge des Roͤmi-
ſchen rechtes den trog auf ſeine koſten unterhalten;
die alten Teutſchen hilten den, welcher waſſer
daraus uͤberkam, zum beitrage oder zu der mit-
leidenheit der raͤumung und unterhaltung im bau-
lichen weſen verbunden.
§ 2048
Bei der waſſer-ſchoͤpfungs gerechtigkeit, darfrechten.
der gang nach dem waſſer nicht ernidriget werden,
z. e. man traͤgt das waſſer im zuber auf dem kopfe,
ſo mag der herr des bronnens nicht ſagen: traget
den zuber vorm o [...]be, ſondern der gang muß blei-
ben, damit eine magd mit einem zuber auf dem
kopfe durchgehen kan; wie alſo ans officialat zu
P. geſprochen worden iſt.
Von
[830]L haubtſtuͤck von den
Von der hutungs-gerechtigkeit.
§ 2049
te und wei-
de bedeutet?
Hut und weide bedeutet, wo man ſein vieh,
wenn des grund und boden nicht gehaͤget oder
geſchloſſen (§ 1715) ſondern offen iſt, weiden laſ-
ſen kan.
§ 2050
anzeiget?
Wunnen und weiden kommt in lehnbrifen oft
vor. Jenes ſind die raſen, worauf geweidet
werden darf, und zu dem gute gehoͤren. Das
wort ſelbſt ſoll nach des Friſchens meinung am
a. o. ſ. 457 im IIten teile, ſo viel als ein land-
gut bedeuten, welchem man aber nicht beipflich-
ten mag.
§ 2051
mancherlei,
Die hutungs-gerechtigkeit in einem walde heiſ-
ſet die blumenhute. Die hute iſt entweder fuͤr
pferde, oder rind- oder ſchwein-vih, oder gaͤnſe
auch waͤlſche huͤner.
§ 2052
die trift und
traͤnke mit
ſich.
Die hute bringet die trift und traͤnke mit ſich,
das iſt, das vih muß den weg nach der hute und
nach dem waſſer haben. Allein vom pferchſchla-
ge iſt die hutungs gerechtigkeit unterſchiden
(§ 1192).
§ 2053
pferchſchlag
beſtehet?
Der pferch-ſchlag beſtehet im rechte, ſchafe
nicht allein zu halten, ſondern auch das land
durchs pferchen zu duͤngen.
§ 2054
de hat u. wie
ſie ausgeuͤ-
bet wird.
Die weide wird auf mancherlei weiſe ſowohl
von ganzen gemeinen, als auch einzelen perſonen,
und aus unterſchidenen rechten ausgeuͤbet. Denn
entweder wird durch den gemeinen hirten und ſchaͤ-
fer
[831]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
fer das vih der buͤrger oder mitbaren in der ſtadt-
auch dorf-flur, oder von einem auf ſeinen eigenen
feldern und gruͤnden geweidet, oder es geſchihet
diſes auf fremden boden und zwar dergeſtalt, daß
deren eigentuͤmer nicht wieder auf der andern ge-
meinen, auch einzeler perſonen felder ihr vih trei-
ben duͤrfen. Hirnaͤchſt koͤnnen ſowohl verſchide-
ne gemeinen, als auch unterſchidliche privat-per-
ſonen zugleich auf des andern boden die hut und
weide haben; dahingegen diſer dergleichen auf je-
ner feldern nicht hat. Ferner kan ſolches zu allen
oder nur gewiſſen zeiten, auch wol mit allen ar-
ten des vihes, oder nur mit einer gewiſſen gat-
tung; weiter, in einer gewiſſen anzal, vermoͤge ei-
ner gerechtigkeit, freundſchaft, bittweiſe, beſtands-
weiſe ꝛc. beſchehen. Woraus die mancherlei ar-
ten der huten und triften in gemeine und eigene,
koppel- und gemeinſchaftliche, beſchraͤnkte und un-
beſchraͤnkte, erlaubte und unerlaubte, erbtriften ꝛc.
entſtehen.
§ 2055
Es erbricht ſich alſo hiraus, daß die hute unddie trift und
weide wird
nicht ieder-
zeit, als ei-
ne dinſtbar-
keit ausge-
uͤbet.
trift nicht iederzeit als eine dinſtbarkeit angeſehen
werden koͤnne, auch nicht auf einerlei weiſe aus-
geuͤbet werde.
§ 2056
Die hut-gerechtigkeit leget entweder einer par-worin das
hut-recht
tei allein die weide bei, oder es haben andre den
mit-trib auf des dritten grund- und boden, wel-
cher auf jener feldern deren nicht zu genuͤßen hat.
§ 2057
Diſemnach beſtehet dieſes hutungs-recht in ei-beſtehet?
ner befugnis, kraft deren einer auf des andern grund-
ſtuͤcken ſein vih hin und zuruͤcktreiben, darauf ſte-
hen, herum gehen und graſen laſſen darf. Wor-
aus abzunemen iſt, daß die trift von dem hu-
tungs-
[832]L haubtſtuͤck von den
tungsrechte unterſchiden ſey, in betracht die trift
nur im uͤbertreiben, oder durchtreiben beſtehet.
§ 2058
iſt vom hu-
tungs-rech-
te unterſchi-
den.
Nicht minder iſt die vorhut, auch vortrift da-
von zu unterſcheiden, ſintemal diſe eine nachhut,
oder nachtrift, zum voraus ſezen, Klingner am
a. o. im IIten teile ſ. 74, 75, ſ. 559, ſ. 610, ſ.
771. Die koppel- oder mit-hute, nicht minder
die vorhute ſind gerechtigkeiten. Imgleichen iſt
das trift-weſen, die policei, ſamt der rechtlichen
einrichtung der trift- und hut-gerechtigkeit unter-
ſchiden, Stiſſer am a. o. cap. VII. § IIII ſ.
255, fgg.
§ 2059
tungsrecht
verpachtet
werden kan?
Mein hutungs-recht kan ich einem dritten, ver-
moͤge des Roͤmiſchen rechtes, nicht verpachten,
ich verpachte ihm dann das ganze gut, von Ley-
ſerſpecim. 108 med. II. Allermaſen aber die
Teutſchen an die Roͤmiſchen ſpizfindigkeiten ſich
dißfalls nicht kereten; ſo hilten ſie es auch an-
derſt.
§ 2060
mer des
grundes
darf ſein
vih auf eben
dem orte
weiden.
Wenn gleich ein anderer die hut auf dem mei-
nigen hat, darf ich doch mein vih auch dahin
treiben, Andr. Flor. Rivini diſp. de aequali iu-
re dominantis et ſeruientis praedii ſi paſcua
non ſufficiant. Daher, wenn nur 100 ſtuͤcke
ire weide finden; alsdann treibet ein ieder teil 50
ſtuͤcke vihes.
§ 2061
pelweide.
Die einſeitige hutungs-gerechtigkeit iſt von der
koppelweide unterſchiden, CarpzovP. II. conſtit.
41, def. 9 num. 1, Fritſchde iure compaſou-
landi § 5, in erwaͤgung, daß die koppelweide
zweierlei huten vorausſezet, naͤmlich, meine und
deine. Ob aber die koppelhute aus freundſchaft
ent-
[833]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
entſtanden ſey, folglich nach gefallen aufgehoben
werden koͤnne? iſt zwiſchen Frankfurt am Maine
und Iſenburg geſtritten worden. Sihe auch den
Klingner am a. o. ſ. 68, Fritſch am a. o. §
XVII,Stiſſer am a. o. cap. VII § VII ſ. 257.
§ 2062
Wenn ein teil die kuppeltrift und hute mit vihewenn die
huten getei-
let werden
koͤnnen?
allzuſehr uͤberleget, oder allzuſtark betreibet und
mehr vih haͤlt, als die trift ertragen kan, auch
ſonſt viler ſtreit daruͤber entſtehet, kan eine teilung
und beſtimmung von der obrigkeit vorgenommen
werden, Fritſch § XXIII fg.
§ 2063
Die land-policei ſorget fuͤr die huten der unter-worauf die
land-policet
zu ſehen
hat, bei der
weide,
tanen, damit diſe nicht geſchmaͤlert werden. Da-
her, wo eine gemeine die blumen-hute in einem
walde hat, und diſer in die haͤge zu legen iſt, der-
ſelben entweder ein anders fleck zur hute anzuwei-
ſen iſt; oder der ganze wald darf auf einmal in
die haͤge nicht geleget werden; in betracht fuͤr die
holzung zwar geſorget, zugleich aber der narungs-
ſtand nicht bedruͤcket werden darf.
§ 2064
So bald das grummet gemachet iſt, werdenwenn die
wiſen be-
weidet wer-
den duͤrfen?
die wiſen fuͤr preis geachtet, das iſt, die einwo-
ner des ortes duͤrfen dahin huͤten.
§ 2065
Die behuͤtung der gemeinen weiden leidet auchdie gemein[e]
weide kan
beſtimmst
werden.
gewiſſe maasregeln, z. e. daß dem zug-vihe diſe,
und dem melk-vihe jene weide angewiſen werde,
welches auch in ruͤckſicht auf das ſchlachtvih be-
ſchehen mag. Denn auf nidrigen weiden, die
uͤberſchwemmet werden, wird das vih ehender fett,
als auf weiden, die hoͤher ligen und keinen waſ-
ſerfluten unterworfen ſind. Hingegen gibt es auf
diſen weiden ſchmackhafters fleiſch, als auf je-
G g gnen.
[834]L haubtſtuͤck von den
nen. Wo luͤlchgras waͤchſet, oder klee, ſchar-
lachfarbe lychnis, ſpergel, ſchnecken klee, allda
hat man ſich eines wolſchmeckenden fleiſches zuge-
waͤrtigen.
§ 2066
und weide
erfordert
ſchatten.
Die policei laͤſſet ſtraͤucher und haͤcken, auch
weiden pflanzen, damit das gras auf der weide
nebſt dem vihe den gar nuͤzlichen ſchatten er-
lange.
§ 2067
chen, auch
andre einen
eigenen hir-
ten halten
koͤnnen?
Den adelichen wird einen eigenen vih-hirten zu
halten nachgelaſſen. Wer dreie hufen laͤnderei
beſizet, mag dergleichen tun. Erhebet bei einer
gemeine iemand den vihzehnten; ſo haͤlt diſer das
faſſel-vih zur belegung des mutter-vihes. Sonſt
faͤllet die laſt von jenem auf die gemeine, und
wird entweder aus den gemeinde-einkuͤnften, oder
reihe- um, oder durch einen gemeinſchaftlichen bei-
trag angeſchaffet und unterhalten.
§ 2068
und hute
eintrag be-
ſchehen kan?
Es kan der trift und hute allerhand eintrag be-
ſchehen und zwar durch zaͤune, graͤben, ſand-lei-
men-kalk-gruben, ſteinbruͤche, teiche, ungezi-
mendes ſoͤmmern, und allzulanges ſtehen laſſen
der fruͤchte, oder der frucht haufen, bauen, uner-
laubtes vortreiben ꝛc. Derohalben diſem uͤbel
durch die landes-geſaͤze, ſtatuten, dorf-ordnun-
gen, receſſe, erb- und trift-regiſter, hutbrife ꝛc.
vorgebeuget werden kan.
§ 2069
dinſtbarkei-
ten aufhoͤ-
ren und ver-
loren gehen
koͤnnen?
Gleichwie die dinſtbarkeiten uͤberhaubt auf un-
terſchidliche arten aufgehoben werden, auch erloͤ-
ſchen koͤnnen, z. e. durch verjaͤrung, erlaſſung,
beſtaͤndige vereinbarung der guͤter und verſtrei-
chung der zeit, auf welche ſelbige beſtimmet, ſo
wohl zugeſtanden worden ꝛc. alſo kan es ſich auch
ins-
[835]gerechtigkeiten und befugniſſen ꝛc.
insbeſondere mit den trift- und hute-gerechtigkei-
ten eraͤugnen. Wenn alſo das gut nach beſche-
hener vereinbarung veraͤuſſert wird, wird ſodann
die erloſchene dinſtbarkeit nicht wider lebendig,
BoͤhmerT. III P. III. conſult. 919. num. 14.
Von der maſt-gerechtigkeit.
§ 2070
Diſe bedeutet das recht, die ſchweine zur herbſt-was die
maſt-ge-
rechtigkeit
iſt?
zeit auf den wald zu treiben, um die vorhandenen
eicheln, oder eckern, zu freſſen und davon fett zu
machen.
§ 2071
Sie teilet ſich in die vor- und haubt-maſt, undderen eintei-
lung?
in die nachmaſt (§ 1787 fgg.). Erſtere dauret bis
andreas-tag; leztere waͤhret darauf ſo lange, als
der wald nachher blos iſt.
§ 2072
Die maſtung hat man entweder umſonſt, oderob der ge-
richts-herr
auch andre
ſchweine auf
den wald
ſchlagen
kan?
gegen eine geringe abgabe (§ 1788). wo der ge-
richts-herr ſeine hinterſaſſen mit in die maſt ein-
treiben laſſen muß, iſt jenem, wenn maſt genung
vorhanden iſt, andre ſchweine auf den wald zu
ſchlagen unbenommen, wie alſo in ſachen Hein-
rich Chriſtoph Schenks zu Schweinsberg entge-
gen die gemeinde Hermannſtein, des grafen von
Ingelheim zu wezlar, ſchweine betreffend, erkannt
worden iſt.
Von den dinſtbarkeiten welche dem hohen
adel zuſtehen.
§ 2073
Selbige ſind: 1) der durchzug durch eines
andern land, auch mit ſoldaten, 2) uͤber des
G g g 2an-
[836]LI haubtſtuͤck
andern fluͤſſe und waſſer zu ſchiffen, 3) in des an-
dern hafen einzulaufen, 4) das oͤfnungs- und
beſazungs-recht, 5) die azungs-gerechtigkeit, ſo
wohl fuͤr menſchen, als vih, hunde ꝛc., 6) daß
die geſandten nicht unter die gerichtbarkeit des an-
dern fallen, 7) das zoll-recht, 8) das kirchen-
recht in eines andern lande, benebſt dem kirchen-
ſchuze, 9) das recht die huldigung in eines an-
dern lande zu fodern, 10) geſaͤze in eines an-
dern lande zu geben, 11) die gerichtbarkeit, 12)
die abfolgung und durchfuͤrung der miſſetaͤter,
13) das zugrecht, oder daß man an einen andern
herrn appelliren muß, 14) das jus collectandi,
15) jagt- und forſt-recht, auch die jagt-folge,
16) reiß und folge, 17) patronat-recht, 18)
zehnt-recht, 19) der wildfang und halseigen-
ſchaft, 20) das ſchuzrecht, Engelbrechtde
ſeruitutibus iuris publici, 4, 21) die geleits-
gerechtigkeit, beſage der ausfuͤrung bei dem von
Ludolf im ſymphoremate camer. t. I des an-
fanges, 22) das geleit auf der landſtraſſe, 23)
daſſelbe auf ſtraſſen, die nach einzelen doͤrfern und
ſtaͤtgen fuͤren, 24) das toden-geleite one anzu-
fragen, oder die pfarr-gebuͤren deshalber zu ent-
richten u. d. gl. Eſtorselementa iuris publici
Haſſiaci,Krebs am a. o. Leyſer im iure georg.
ſ. 769. num. 3. 8.
Ein und funfzigſtes haubtftuͤck
von den zwang-gerechtigkeiten.
§ 2074
zwang-recht
beſtehet?
Das zwang-recht iſt eine befugnis, vermoͤge
deren einer beſondere gerechtſamen mit aus-
ſchluͤſſung anderer ausuͤben, auch gewiſſe men-
ſchen
[837]von den zwang-gerechtigkeiten.
ſchen dahin anhalten kan, daß ſie beſondere hand-
lungen zu ſeinem nuzen verrichten muͤſſen.
§ 2075
Der urſprung und die urſache der zwang-rechteiſt unter-
ſchidlich,
iſt mancherlei, gleichwie die erlangung derſelben auf
unterſchidene weiſen beſchehen kan, z. e. durch ver-
jaͤrung, geſaͤze, privilegien, gedinge, contracte,
ſtatuten, richterliche beſcheide u. d. g. Wald-
ſchmidts diſp. de molendinis bannariis, § V
fgg. ſ. 9. fgg. Der urſprung diſer gerechtigkeit
iſt teils aus dem zuſtande der bauern, teils aus
andern gruͤnden abzuleiten, Eſtors diſp. de ab-
uſu rerum merae facultat. ſ. 67 fgg.
§ 2076
Das zwang-recht erſtrecket ſich entweder aufworauf ſich
ſelbiges er-
ſtrecket?
einen ganzen bezirk und alle darinn befindliche ein-
woner, oder nur auf einen ort, oder einen teil deſ-
ſelben. Alſo hat der herr landgraf Wilhelm zu
Heſſen im jare 1496 einen teil der Marburgiſchen
buͤrgerſchaft zu der Teutſchen ordens-muͤle geban-
net, Eſtor in den elementis iuris publici Haſſ.
P. I. ſ. 372 (m).
§ 2077
Die gegenſtaͤnde der zwang-gerechtigkeiten ſinddie gegen-
ſtaͤnde deſſel-
ben ſind
mancherlei.
unterſchidlich. Man hat zwang-backhaͤuſer, muͤ-
len, brauhaͤuſer, fleiſchbaͤnke, keltern, ſchenken ꝛc.
auch den dinſt-zwang. Stiſſer am a. o. cap. XI
§ XII abt. II und abt. III § V. ſ. 387. ſ. 392.
Nicht minder gehoͤret hirher der bannwein, wor-
unter die einer herrſchaft zuſtehende gerechtſame
begriffen iſt, mit ausſchluͤſſung anderer wein zu
verkaufen, Wehner in den obſeruat. pract. un-
ter diſem worte, repertorium iuris priuati I, ſ.
434, Waldſchmids am a. o. § 15, Bernhard
Frid. Rudolf Lauches eroͤrterung der rechts-
frage, in wie weit das recht eines zwang-back-
G g g 3ofens
[838]LI haubtſtuͤck
ofens auf die weisbaͤck-gerechtigkeit zum feilen kau-
fe zu zihen ſey? § 5 fg. 1752, 4. welcher iedoch
mit Roͤmiſchen waffen zu Teutſchem felde gezo-
gen iſt.
§ 2078
eigene der
zwang-ge-
rechtigkeit
ſeines guts-
herrn un-
terworfen
iſt?
Dieweil ein ieder vermoͤge der aus den Roͤmi-
ſchen rechten hergeholeten natuͤrlichen freiheit ba-
cken, brauen und malen kan, wo er will, ſo wer-
den die zwang-rechte nach den Roͤmiſchen rechten
freilich nicht vermutet, MeviusP. I. deciſ. 60.
num. 9 und ſind von demjenigen zu erweiſen,
welcher ſich darauf begruͤndet, Hertde ſuperio-
ritate territor. § 54, immaſen dann auch ſelbige
buchſtaͤblich auszulegen ſind. Allein wo die
bauern leibeigen waren, oder noch ſind, da fal-
len die aus den Roͤmiſchen rechten erborgete
rechts-ſchluͤſſe weg. Und wenn auch ſchon der
bauer eine ſtufe der freiheit erlanget hat; ſo ſind
dennoch die vorherigen gerechtſamen nicht durch-
gehends aufgehoben worden. Haben nicht ver-
ſchiedene ſtaͤdte die fronen, welche ſie als bauern
und doͤrfer leiſteten, dennoch uͤber ſich behalten,
beſage herrn H. R. Buders diſp. de operis bur-
genſium? Ob zwar in Thuͤringen die leibeigen-
ſchaft eingegangen iſt, ſo findet ſich annoch die be-
lenung mit freien maͤnnern? zum zeichen, daß,
wenn eine ſache aufgehoben wurde; dennoch die
folgerungen uͤberblieben.
§ 2079
kan die ihm
verlihene
gerechtig-
keit mit
ausſchluͤſ-
ſung ande-
rer ausuͤ-
ben.
Daher ein vaſall, welcher mit einer gerechtig-
keit belihen iſt, ſolche mit ausſchließung anderer
ausuͤben kan, anerwogen ſelbige, indem ſie in den
haͤnden des fuͤrſtens ein hoheits-recht iſt, und ein
verbot nach ſich zieht, von eben dieſer art und be-
ſchaffenheit bei den vaſallen verbleiben muß,
Eſtor am a. o. ſ. 69.
§ 2080
[839]von den gerechtigkeiten, ꝛc.
§ 2080
Das zwangrecht kan auf verſchidene weiſe ver-
loren werden, und erloͤſchen, Waldſchmidt am
a. o. § 1 juriſtiſches oraculum im Xten bande
ſ. 409 fgg.
Zwei und funfzigſtes haubtſtuͤck
von denen gerechtigkeiten, welche keine
dinſtbarkeiten ſind, beſonders den regalien
und hoheitsrechten.
§ 2081
Man findet vile gerechtigkeiten, welche keinedie gerech-
tigkeiten
ſind nicht
allezeit
dinſtbar-
keiten.
dinſtbarkeiten ſind. Wenn alſo ein gut,
oder haus, die brau- back-gerechtigkeiten hat,
oder iemanden die bleichgerechtigkeit zugeſtanden
iſt, Heinrich Brockes diſp. de Kaufburae libe-
rae S. Caeſ. maj. ſacriq. R. I. ciuitatis rega-
li bannos xylinos, aliasque texturas exalban-
di iure, Jena 1750, oder diß kloſter einen heer-
wagen, oder diſes adeliche gut dergleichen ſtellen
muß, oder ein ſo genannten moͤnch-wagen zu hal-
ten; oder eine nebel-kappe zu lifern, oder ein
pferd ſamt einem knechte zu halten iſt, wofern der
landesherr ſelbſt zu felde gehet; daß, wo eine juͤ-
denſchule im Reiche ſich befindet, ſelbige einen
durchreiſenden kaiſerlichen und Reichskammerge-
richtsboten die ſo genannte juͤden-zerung reichen,
oder etwa dafuͤr ihm 10 kreuzer erlegen muß;
koͤnnen ſolche fuͤr dinſtbarkeiten nicht gehalten wer-
den. Schottelde ſingularibus quibusdam in
Germania iuribus, und Svendendoͤrferde
actionibus forenſibus ſect. II. erzaͤlen vile der-
gleichen rechte.
G g g 4§ 2082
[840]LII haubtſtuͤck
§ 2082
der landes-
herr ſeine
lande zu re-
giren hat?
Einem Teutſchen landesherrn kommet zu, den
ihm anvertrauten ſtat und ſeine lande nach den
regeln der klugheit zu regiren, deren aufname und
flor zu befoͤrdern, alles dasjenige, was zu irer er-
haltung, verbeſſerung abzilet, vorzukeren, auch
diejenige mittel zu ergreifen, welche ihn in den
ſtand ſezen, ſeine und der untertanen abſichten in
die wirklichkeit zu ſezen.
§ 2083
er eine ge-
walt und
mittel ha-
ben.
Wenn der landesherr das beſte ſeiner ſtaten
beforgen, und ſeiner untertanen wolfart befoͤrdern,
auch ſeine lande beſchuͤzen ſoll, muß er nicht allein
hirzu eine gewalt, ſondern auch die mittel haben,
die hoheit, und ſich, benebſt ſeiner famili, auf eine
irer hohen wuͤrde gemaͤſe art, ſamt denen, welche
ihm und dem ſtate dinſte leiſten, zu erhalten.
Hirzu iſt ein bereiteſtes vermoͤgen in einem ſtate
noͤtig, welches entweder in gewiſſen, auch zufaͤl-
ligen gerechtſamen und einkuͤnften beſtehet, oder
auf den untertanen, deren guͤtern und gewerben
haftet.
§ 2084
majeſtaͤts-
rechte beſte-
heu?
Der umfang, oder inbegrif derer rechte, welche
dem unabhaͤngigen regenten, vermoͤge der hoͤch-
ſten gewalt zukommen, werden die majeſtaͤt, die
majeſtaͤts-rechte, hoͤchſte gewalt genennet. Diſe
gewalt kan durch vertraͤge, auch gedinge, nicht
minder durch geſaͤze beſchraͤnket werden, Joh.
Wilh. Goͤbelde iuribus procerum imperii
maieſtaticis.
§ 2085
heitsrechte
heißen? und
regalien
ſind?
Diejenige rechte, welche aus der landesherr-
lichkeit weſentlich fluͤſſen, ſowohl abzuleiten ſind,
heiſſen hoheitsrechte, und ſind von den ſo ge-
nannten regalien zu unterſcheiden; immaßen dar-
unter
[841]von den gerechtigkeiten, ꝛc.
unter diejenigen rechte verſtanden werden, welche
den landesherrn uͤber die zum privat-eigentume
nicht ſchicklichen, wohl aber zum allgemeinen ſtats-
vermoͤgen gehoͤrigen guͤter und ſachen zu dem ende
eingeraͤumet ſind, damit dieſelben kraft der daruͤ-
ber zu treffenden anſtalten nach dem endzwecke des
gemeinſamen beſtens genuzet werden, auch durch
einen nebenzweck einkuͤnfte abwerfen moͤgen
(§ 1054 fg.), von Juſti am a. o. im IIten teile
§ 97 ſ. 117, von Ickſtadtde poſſeſſione vel
quaſi regalium § 106-108 ſ. 91 fg. Es werden
dieſemnach die regalien als gemein nuͤzige werke
betrachtet, deren ausfuͤrung aber nicht anders
und fuͤglicher geſchehen kan, als durch den re-
genten.
§ 2086
Die hoheitsrechte erſtrecken ſich ſowohl aufworuͤber die
hoheitsrech-
te ſich erſtre-
cken,
krigs- und fridenszeiten, als auch auf weltliche,
geiſtliche, policei, peinliche, juſtiz- gnaden- gemein-
nuͤzliche, und ehrenſachen.
§ 2087
Die hoheits-rechte aͤußern ſich entweder in an-und aͤuſ-
ſern?
ſehung der innerlichen einrichtung ſowohl verfaſ-
ſung des landes, auch deſſen regirung, oder des
aͤuſſerlichen ſtates des reiches, landes, deſſen
ruheſtandes und deſſen aufrechterhaltung mithin
gegen auswaͤrtige voͤlker ausgeuͤbet werden, z. e.
das recht des kriges und fridens, der geſandſchaf-
ten ꝛc. Zu den erſten und zwar nach den unter-
ſchiedlichen gegenſtaͤnden der geiſtlichen und welt-
lichen angelegenheiten, auch ſachen, abſonderlich
ſo vil die innere verfaſſung des ſtates, die einmuͤ-
tige beobachtung der pflichten der geſelligkeit zur
gemeinen wolfart des landes belanget, koͤnnen da-
zu gerechnet werden 1) die macht, geſaze und ord-
nungen nach den unterſchidenen gegenſtaͤnden und
G g g 5der
[842]LII haubtſtuͤck
der verfaſſung des ſtates zu geben und wieder auf-
zuheben, 2) die ober-richterliche gewalt und die
macht, hohe und nidere gerichte anzuordnen, 3)
hohe und nidere gerichtsperſonen zu beſtellen, 4)
die hoheit uͤber alle im lande befindliche gemein-
den, collegien und zuͤnfte, einzele untertanen anzu-
nemen, 5) die huldigung von ihnen als geiſtlichen
und weltlichen zu fodern, 6) den juͤden ſchuz zu
erteilen und aufzuheben, 7) freiſtaͤdte anzulegen,
8) ſtadtrecht zu verleihen, 9) maͤrkte anzulegen,
10) freiheiten und privilegien, ſo wohl den perſo-
nen, als auch den ſachen zu verleihen, 11) wuͤr-
den zu vergeben und auszuteilen, 12) die guͤter
des landes zum gemeinen beſten deſſelben nach
notdurſt anzuwenden, mithin ſteuren auszuſchrei-
ben, acciſe und umgelt, auch andre anlagen zu
fodern und zu erheben, ſo fern ſolches der landes-
verfaſſung nicht zuwider iſt, die nachſteuer, das
abzugsgeld zu fodern, 13) die anſchlagung der
wappen an den ſtadtthoren und andern orten,
14) das archiv- und kanzellei-recht, 15) das ein-
tritt- oder einzugsrecht, 16) das recht der Teut-
ſchen und Lateiniſchen ſprache, 17) die haltung
der reſidenz, 18) die beſtimmung des gewichtes,
maſes, der ellen, und der preiſe, 19) erbloſe guͤ-
ter zu ſich zu nehmen, 20) die landſtraßen anzu-
ordnen, und den wegbau zu befehlen, wo die
landſtaͤnde ſind, die darinne gewilliget haben.
Sihe des herrn prof. Johann Heumanns diſp.
de characteribus ſuperioritatis territor. caute
deſignandis, Altorf 1749, 4.
§ 2088
und geiſtli-
chen zuſtan-
de,
In abſicht auf den kirchen- und geiſtlichen zu-
ſtand aͤuſſern ſich die hoheitsrechte in evangeliſchen
ſtaten, bei der anordnung der geiſtlichen gerichte,
beſezung, beſtellung, auch beſtaͤtigung der geiſtli-
chen
[843]von den gerechtigkeiten, ꝛc.
chen perſonen und aͤmter, errichtung der kirchen
und ſchulen. Imgleichen gehoͤret hieher die ertei-
lung der religionsfreiheit, ſo fern ſolche den Teut-
ſchen Reichsgeſaͤzen, auch der landesverfaſſung
nicht entgegen iſt; nicht minder die ſtatuten der
geiſtlichen ſtiftungen zu beſtaͤtigen, die oͤffentliche
fuͤrbitte fuͤr den regirenden landesherrn ſamt der
landtrauer: beim aufgebote von der kanzel die
ehrlich gemachete hurkinder, nicht unter dem na-
men natuͤrlicher kinder vor der verheiratung auf-
zurufen.
§ 2089
Den aͤuſſerlichen ruheſtand zu erhalten, undim aͤuſſerli-
chen ruhe-
ſtande,
ſelbigen behoͤrig einzurichten, auch die behufige
mittel dazu vorzukehren, kommt der oberſten ge-
walt zu: der landes ſchuz und ſchirm, das kriges-
und fridensrecht, die einquartirung, die werbung,
die ausnemung der jungen mannſchaft zur Reichs-
creis- und landesbeſchuͤzung, das aufgebot der
untertanen, die landes- und heeres-folge, feſtun-
gen anzulegen und zu beſezen, das recht buͤndniſſe
zu ſchluͤſſen, geſanden anzunemen und zu ſchicken,
das oͤfnungsrecht, die errichtung der landmiliz,
das beſazungsrecht.
§ 2090
Weiter, was in die policei einſchlaͤget, durchin policei-
ſachen.
ordnungen und geſaͤze zu beſorgen, als die geſund-
heits-erhaltung der untertanen, z. e. bei glatteiſen
das ſtreuen vor den haͤuſern anzubefelen; den ver-
kauf wohlfeiler haͤrnen oder baſtſchue wegen der
eiſigen ſtraßen fuͤrs geſinde zu veranſtalten, auch
alles vorzukeren, was in die policei-wiſſenſchaft
einſchlaͤget, bei hochzeiten, kindtaufen, leichen, in
anſehung der kleider-tracht, des wolſtandes, zu
verhuͤtung der ungluͤcksfaͤlle ꝛc.
Immit-
[844]LII haubtſtuͤck
die policei
in diſem bu-
che verſtan-
den werde.
Immittelſt iſt hirbei uͤberhaubt vorauszuſezen
noͤtig, daß, wo in diſem werke diſes oder jenes der
policei zugeeignet wird, darunter die hohe policei,
welche der landesherr ausuͤbet, zu verſtehen ſey.
Eine andre iſt die landespolicei, dafuͤr die nachge-
ſezte landesregirungen ſorgen; eine andre iſt in
den ſtaͤdten und doͤrfern. Die ſtadtpolicei teilet
ſich wieder in die groſe und kleine. Jene iſt eine
geſellſchaft, die aus allen collegiis der Stadt auf
landesherrliche verordnung angeſezet iſt, wozu ſo-
gar der geiſtliche und ſoldaten-ſtand iren beiſizer
geben. Die kleine policei gehoͤret fuͤr die ordent-
lichen unterbeamten, adeliche gerichtshalter und
ſtadtraͤte, wenn diſe gerichtbarkeit haben, Pufen-
dorfde iurisdictione German. und Struben
von regirungs- und policei-ſachen. Im weit-
laͤuftigen verſtande begreifet die policei die zur
landes-auch aller untertanen wolfart gereichenden
anordnungen und einrichtungen. Im engern ſin-
ne zwecket ſelbige auf die erfoderliche einrichtungen
alles deſſen, was zur notwendigkeit und bequem-
lichkeit des lebens, zum wohlſtande, zur zierde,
reinlichkeit, guten ordnung, und erhaltung des
ſtates, ortes ꝛc. ab.
§ 2091
rechte ſind
von den re-
galien un-
terſchiden.
Hiraus ergibet ſich, daß ein unterſcheid zwi-
ſchen den hoheits-rechten und den regalien ſey.
In Teutſchland uͤben die erſten allein die Reichs-
ſtaͤnde aus; da hingegen die regalien auch andre
perſonen auf eine rechtsbeſtaͤndige weiſe erlanget
haben koͤnnen. Die landeshoheit kan in Teutſch-
land allein mit bewilligung des kaiſers und Rei-
ches erteilet werden; hingegen die regalien moͤgen
auch von dem kaiſer allein, auch den Reichsſtaͤn-
den in iren landen zugeſtanden werden. Auſſer-
dem
[845]von den gerechtigkeiten, ꝛc.
dem werden die hoheits-rechte der Reichsſtaͤnde in
iren landen, die regalien koͤnnen aber auch in
einem andern gebite ausgeuͤbet werden. En-
gelbrechtde ſeruitutibus iuris publici, ſect.
II membr. 11, Eybens diſp. de regalibus pri-
vatorum.
§ 2092
In belange der regalien, koͤnnen ſelbige be-wie die re-
galien be-
trachtet
werden koͤn-
nen?
trachtet werden 1) nach dem rent-kammer brau-
che, 2) nach des kaiſers geſinnung II Feud. 56,
und den erteilten lehnbrifen, auch privilegien;
3) wie ſich ſelbige in den Teutſchen landen vor
langen jaren befunden haben und noch befinden.
Und obgleich ehedem die regalien merenteils von
den kaiſern lehnsweiſe erhalten wurden, auch noch
zum teile zu lehn gereichet werden; ſo iſt doch de-
ren grund heutiges tages die nach und nach er-
wachſene, und im Osnabruͤckiſchen friden voͤllig
beſtaͤtigte landeshoheit der Reichsſtaͤnde; iedoch
ſind von dem ehemaligen urſprunge der regalien
der Teutſchen Reichsſtaͤnde noch hin und wider
einige ſpuren uͤbrig, dieſemnach werden die Teut-
ſche Reichsſtaͤnde vielfaͤltig von dem kaiſer belihen,
z. e. mit den erzten, bergwerken, ſalzwerken, wild-
banen, jagden, ehren, rechten, wuͤrden, zirden,
hohen und nidern gerichten, gerichtszwaͤngen, ſtra-
ſen, geleiten, zoͤllen, wegegeltern, geboten, verbo-
ten, waſſerfluͤſſen, weidtneien, leinpfaden, inſeln,
woͤrden, oder ſaͤnden, folgen, ſteuern, haͤfen, ſchiff-
farten, ufern und geſtaden, bergen und thaͤlern,
ebenen ꝛc. Geſtalt dann auch der Gebrauch der
regalien in Teutſchland durch die Reichsgeſaͤze,
nicht minder durch vertraͤge und gedinge der lan-
desherren mit iren landſtaͤnden beſchraͤnket befun-
den wird. In anſehung des Reiches gehoͤret das
zoll-
[846]LII haubtſtuͤck
zollweſen, das muͤnz-regal ꝛc. hirher, worin die
Reichsgeſaͤze zil und mas ſezen.
§ 2093
lung der re-
galien nach
gewiſſen
claſſen.
Die regalien koͤnnen nach gewiſſen claſſen be-
trachtet werden. Die erſte hat die oͤffentlichen
landſtraßen mit den darmit verknuͤpften und dar-
auf zukommenden grechtſamen, z. e. den zoll- oder
maut- und geleits-rechten ꝛc. zum gegenſtande.
Die andre enthaͤlt das poſtregal, die dritte be-
greift die gerechtſamen des regentens in abſicht auf
die ſtroͤme, die fluͤſſe, meere, ſeen, geſundbrun-
nen, baͤder, ufer ꝛc. welche die waſſer-regalien
von einigen genennet werden. Die virte be-
ſchaͤftiget ſich mit dem poſtregale; die fuͤnfte mit
dem jagd-regale, die ſechſte mit dem bergwerks-
und dem ſalz-regale, die ſibente aber iſt dem
muͤnz-regale gewidmet, von Juſti am a. o. im
IIten teile § 108 ſ. 129 fgg. Zink im grundriſſe
einer einleitung zu den kameral-wiſſenſchaften im
IIten teile § 315 ſ. 106.
§ 2094
Die andern regalien, z. e. wind- und luft-re-
galien, lehn-regalien, des fiſci, aͤrarii, und der-
gleichen, uͤbergehen wir mit ſtillſchweigen. Im-
mittels ſollen die regalien zur wolfart des ſtates
und zum nuzen der untertanen abzwecken. Hir-
zu gehoͤret eine wirtſchaftliche einrichtung und ver-
waltung, auch aufſicht. Daher ſind bedinten
noͤtig.
Drei
[847]von den zoͤllen oder mauten.
Drei und funfzigſtes haubtſtuͤck
von den zoͤllen oder mauten.
§ 2095
Dem landesherrn ſtehen die gerechtſamen be-aus was fuͤr
urſachen ein
landesherr
zoͤlle fodern
mag?
nebſt der gerichtsbarkeit uͤber die landſtraßen,
die beſorgung der ſicherheit auf denſelben, auch
deren bequeme einrichtung und erhaltung zu.
Allermaſen aber hirzu mancherlei aufwand erfo-
dert wird; iſt ſelbiger berechtiget, auf die ein-
aus- und durchfur der waaren, und diejenige,
welche ſicherheit fuͤr ſich oder die waaren haben,
nicht minder, welche ſich der wege, fluͤſſe, wehre,
oder bruͤcken bedienen wollen, einen zoll, maut,
land-acciſe, aufſchlag, geleits- wege- und bruͤ-
cken-wehr-faͤhr-gelt zu legen, wiewohl in Teutſch-
land deßfalls auf die Reichs-geſaͤze und gewon-
heiten, auch die freiheiten zufoͤrderſt zu ſehen und
ruͤckſicht zu nemen iſt. Die maut iſt im Oeſter-
reichiſchen Baieriſchen und in den gegenden der
Donau ſo viel, als zoll, Friſch am a. o. ſ. 651 im
Iten teile, von Juſti am a. o. § 112 ſ. 133.
§ 2096
Der zoll und die maut iſt eigentlich von demwovon der
zoll eigent-
lich abzuge-
ben iſt?
geleits-wege, pflaſter- bruͤcken-ſaͤhre-wehre-ha-
fen-gelte unterſchiden, in betracht ſelbiger der
Waaren, des vihes ꝛc. halben abzugeben iſt;
hingegen das geleite fuͤr die ſicherheit geloͤſet wer-
den muß, und das uͤbrige fuͤr den gebrauch der
wege, bruͤcken ꝛc. zu erlegen iſt. Nichts deſto
weniger findet man oͤfters, daß der zoll auch von
den durchreiſenden perſonen mit wagen und
geſchirre, oder ſchiffen, von reitenden, oder
farenden juͤden, auch den fußgaͤngern, den
packen-
[848]LIII haubtſtuͤck
packentraͤgern, ſchibkaͤrnern, gefodert werde. F.
H. Caſſeliſche grebenordnung tit. 35 § 1 ſ. 85.
§ 2097
teilung.
Die zoͤlle teilen ſich in die zoͤlle, welche auf den
haubtſtraßen erhoben werden. Alldieweil es aber
neben- oder ſchleifwege gibt, wo man auch an den
ort, oder in das amt kommen kan, one die haubt-
ſtraße zu beruͤren; ſo ſind auf den neben-wegen
die wehr-zoͤlle eingefuͤret.
§ 2098
Reichsgeſaͤ-
ze von den
zoͤllen ver-
ordnen?
Neue zoͤlle ſollen inhalts der Reichsgeſaͤze, ſo
wenig widerrechtlich erhoͤhet, noch eingefuͤret wer-
den, widrigenfalls ſie auf die erſte ſumme geſezet
werden, als weniger neue zoͤlle eigenmaͤchtiger
weiſe eingefuͤret werden ſollen; Reichsabſchid 1576
§ 118 fgg., Wahlcapitulation Kaiſer Franzens I,
art. VIII, geſtalt die kreis-oberſten und ſtaͤnde
darum ſich erkundigen, auch der kammer-gerichts-
fiſcal auf die zoͤll-misbraͤuche achtung geben ſollen,
Reichsſchluß vom jare 1671. Ferner kan ſich je-
der ſtand, ſo vil moͤglich ſeyn will, wider den
misbrauch der zoͤlle ſelbſt helfen, wahlcapitulation
art. VIII § 16, Osnabruͤckiſches fridensinſtru-
ment art. VIII § 1. Unterdeſſen ſind die zoͤlle im
vorigen jarhundert in manchen landen wegen ver-
aͤnderten wehrte der muͤnze erhoͤhet worden, wel-
ches der von Leyſer t. VI der meditat. ad π. ſ.
1151 billiget. Jedoch wird denen landſaſſen, wel-
che mit dem zolle belenet ſind, die erhoͤhung des
zolles, und gebung der gedruckten zoll-zeichen nicht,
wohl aber ein zollſtock, mit dem landesherrlichen
und der unterſchrift: hier giebt man den von
N. den zoll, verſtattet. Wer mit den zoͤllen
belenet iſt, hat auſſer dem land zolle, auch den
waſſerzoll, z. e. von den ſchif-holz-floͤſſen, Boͤh-
mer
[849]von den zoͤllen oder mauten.
merconſil. 29 t. II ſ. 134, davon der zoll nach
den wagen ſchuſſen gerichtet wird.
§ 2099
Zum abbruche der zoͤlle ſollen die fuhrleute unddie fuhrleu-
te und han-
delsmaͤnner
ſollen keine
abwege zum
abbruche der
zoͤlle nemen.
handelsmaͤnner ſich aller verbotenen um- und ab-
wege enthalten, F. Heſſen Caſſeliſche grebenord-
nung tit. 35 § 4 ſ. 86, bei ſtrafe der confiſcation,
kaiſer Joſephs commercien-ordnung vom jare 1705
§ X ſ. 115 im IIIIten teile der neueſten ausgabe von
den Reichs-abſchiden, Kur-Braunſchweig-Luͤne-
burgiſcher landesordnungen IIIIter teil, cap. VI
ſ. 433, Bremiſche verordnungen ſ. 110, ſ. 111.
§ 2100
Alles, was des gewerbes und gewinſtes halbenwas fuͤr zoll-
bar zu ach-
ten iſt?
verfuͤret wird, iſt fuͤr zollbar zu halten. Dafern
etwa zugvih, welches ſchlachtbar iſt, fuͤr diſes
nicht verkaufet wird; ſo haͤlt man in zweifel ſol-
ches vih nicht fuͤr ſchlacht-ſondern zug-vih; wo
naͤmlich jenes hoͤher in zolle ſtehet, als diſes, wie
z. e. im Brandenburg-Culmbachiſchen.
§ 2101
Denenjenigen, welche den zoll entrichten, iſtwas die zoͤll-
ner zu beob-
achten ha-
ben?
ein zollzeddel vom zoͤllner zu behaͤndigen, darnebſt
haben die zoll-erheber die zolltafeln in iren ſtuben
anzuheften, damit ein ieder wiſſe, was er geben
muͤſſe. Nicht minder ſind zollbreter an den oͤf-
fentlichen ſtraſen anzuſchlagen, fuͤrnaͤmlich wenn
keine herrſchaftliche beſtaͤndige wonung fuͤr den
zoͤllner vorhanden iſt. Diejenige, welche zollſtra-
fen anzeigen, haben einen drittel davon zu erwar-
ten, beſage der F. H. Caſſeliſchen grebenordnung
tit. 35 § 7 ſ. 86.
§ 2102
Derjenige, welchem das zoll-regal zuſtehet, iſtdie gerecht-
ſamen des
zollregals.
berechtiget, zollſtaͤtten zu deſſen behufe anzulegen,
ſelbige mit guten, getreuen, des leſens, ſchreibens
H h hund
[850]LIII haubtſtuͤck
und rechnens wohl erfarnen leuten zu beſezen, ſie
irer verrichtungen halben zu inſtruiren, und zu
verpflichten, Johann George Scopps einlei-
tung zum amts-verwaltung- und berechnungen ei-
nes dorf- und landbeamtens, Nuͤrnberg 1756, 4
ſ. 135 fgg. zu vermeidung des betruges, ſo wohl
unterſchleifes verfuͤgungen, auch verordnungen zu
treffen, und die uͤbertreter behoͤrig zu ſtrafen,
Reichsabſchid vom jare 1530 § 92, Saͤchſiſches
landrecht II, art. 27, Colerdeciſ. 190, Carpzov
P. III conſt. 41 def. 15. Nicht minder vermag
ſelbiger die zoll-anſtalten und einrichtung der zoͤlle
durch geſaͤze zu beſtimmen.
§ 2103
iſt?
Was im lande gezogen iſt, und jemand entwe-
der in die ſtadt zum markte bringet, auch zur haus-
haltung, oder bauweſen gehoͤret, das iſt zollfrei;
imgleichen der hausrat, auch die buͤcher und der
wein deſſen, welcher aus dem lande in ein anders
zieht. Der fuͤrwand: ja, wenn die ſachen mit
eigenem geſchirre gefaren werden; alsdenn ſind ſie
zollfrei, haͤlt den ſtich nicht; immaßen der, welcher
ums lon faͤret, und den zoll entrichten ſoll, diſen
dennoch wieder fodert, und alſo die zollfreiheit ver-
eitelt wird.
§ 2104
Reichsſtaͤn-
de vom fuͤr-
ſten-gute
zoll geben
muͤſſen?
Ob die Reichsſtaͤnde gegen einander vom fuͤr-
ſten-gute, das iſt, was ein landesherr zu ſeinem
hof- und krigesſtate bedarf, zoll zu entrichten ſchul-
dig ſeynd? iſt eine beſtrittene frage. Ein Kurfuͤrſt-
licher hof liße neues gewehr fuͤr die regimenter ho-
len. Zwene hoͤfe hatten einen zoll gemeinſchaft-
lich. Der geſamte zoll-beamte erhilte von einem
hofe den befel: das gewehr frei paſſiren zu laſſen,
der andre hof gab ihm auf: den zoll zu fodern.
Es iſt eine hoͤflichkeit, ſagte man. In erwaͤntem
falle
[851]von den zoͤllen oder mauten.
falle aber fand ſich, daß ein juͤde die liferung tate.
Da fil die zollbefreiung weg. Wo indeſſen die
Rentkammer das kammer-gut kommen laͤſſet, ſo
ſchmaͤcket es nach einer unfreundlichkeit, wo ein
Reichsſtand von dem andern den zoll fodert, Jo-
hann George Neureuterde eo quod iuſtum
eſt circa exemtionem rerum principum a ve-
ctigalibus, Mainz 1748.
§ 2105
Der Reichsſtaͤnde geſandten ſind in Reichs-der Reichs-
ſtaͤnde ge-
ſandten,
collegial-deputations- und krais-tagen, mit irem
farniſſe, kuͤchenſachen, weine, bire, getraide, vihe
und anderer notdurft zollfrei, beſage der kaiſerli-
chen wal-kapitulation art. VIII § 31.
§ 2106
Die kammer-gerichts-perſonen ſind nach aus-die kammer-
gerichts- u.
Reichshof-
rats-perſo-
nen ſind zoll-
frei.
weiſe des Reichs abſchides 1654 § 141, und die
Reichshofratsperſonen, vermoͤge der wal-kapitu-
lation art. XXV § 6 aller orten vom umgelte, von
der daz, maute, dem zolle, der ſteuer, oder ſo ge-
nannten trank-ſteuer frei.
§ 2107
Wie aber: wenn der zoll verpachtet iſt, ob diedie verfalle-
nen ſachen
gehoͤren in
die rent-
kammer.
verfallenen ſachen dem zoll-pachter? oder dem lan-
desherrn zugehoͤren? z. e. es ſind ſo vile omen un-
verzolleten branteweins weggenommen worden?
diſer faͤllet in die rentkammer.
§ 2108
Wenn die beamten wegen des kundbaren zoll-was wege[n]
des wegge-
nommenen
vihes vor-
zunemen
iſt?
unterſchleifes vih in arreſt nemen; iſt diſes nicht
lange ſtehen zu laſſen, ſondern in acht tagen zur
erſparung der fuͤtterungs-koſten zu verſilbern.
Dafern aber die angebliche zoll-ſchalkheit zweifel-
haftig waͤre, und der angeſchuldigte zoll-uͤbertreter
im lande angeſeſſen iſt, oder vorſtand geleiſtet
werden will, ſind die waaren, oder das vih loszu-
H h h 2geben,
[852]LIII haubtſtuͤck
geben, widrigenfalls muß der beamte fuͤr die ko-
ſten und den ſchaden haften. Imgleichen wo ſich
iemand des zolles halber meldet, der zollſchreiber
hingegen die ſache fuͤr zollfrei erklaͤret, der zollbe-
reiter aber den arreſt verhaͤnget (§ 2033) und die
rentkammer ſein verfaren billiget; ſo ſtehet der
zollſchreiber fuͤr den ſchaden.
§ 2109
ſchleife ſind
ſcharf zu
ſtrafen.
Wider die zollverſchleife, oder uͤbertreter, muß
alle ſchaͤrfe vorgekeret werden. Man haͤlt daher
zoll-bereiter, leget ſchlagbaͤume an, welche beſon-
ders bei nachtzeiten verſperret werden koͤnnen.
Scopp am a. o. ſ. 146 fg.
§ 2110
abzugeben
iſt?
Bei ieden amtes erſten zollſtaͤtte, welche beruͤ-
ret wird, oder auch beim orte des antribes des
vihes, oder der abfure, muß der in der zollrolle
enthaltene zoll entrichtet werden, F. H. Caſſeli-
ſche greben-ordnung tit. 35 § 1.
Von der alten ziſe, der heutigen
acciſe und licent.
§ 2111
acciſe zu lei-
ten iſt? und
deren ein-
teilung.
Von den zoͤllen ſind die acciſen unterſchiden,
welche auch licent, impoſt, aufſchlaͤge, ſchniz ꝛc.
genennet werden, Reichsabſchid vom jare 1576
§ 118 wal-kapitulation art. VIII § 11 § 12 § 17
§ 31. Sie werden von accido, acciſus, vom
beſchneiden des gewinſtes bei den eingefuͤrten waa-
ren und victualien zum beſten des gemeinen weſens
alſo genennet. Daher auch die acciſe in der
Schweiz, in den Graubuͤnden der ſchniz heiſſet,
Friſch im Teutſch-Lateiniſchen woͤrterbuche im
Iten teile ſ. 5. Man verſtehet unter dem worte:
acciſe
[853]von den zoͤllen oder mauten.
acciſe diejenige oͤffentliche abgabe, welche der in
das land, oder in einen ort gefuͤrten waaren,
auch anderer ſachen halber, die zum unterhalte
dinen, und verzeret werden, erleget werden muͤſ-
ſen (1510). Im erſten falle wird ſie land-acciſe,
im andern falle aber conſumtions-acciſe genennet.
Man hat auch kammer-acciſen, Kur-Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſcher landesordnung im IIIIten
teile cap. V ſ. 69 ſ. 73 ſ. 206 und cap. VII
ſ. 1 fgg.
§ 2112
Im jare 1458 wurde von den Saͤchſiſchen land-wenn die
Saͤchſiſche
ziſe aufge-
kommen iſt?
ſtaͤnden die ziſe bewilliget, naͤmlich daß alles frem-
de und einheimiſche kaufmannsgut, auch gebraue-
ten bire mit einem gewiſſen gelte verſteuert wuͤr-
den, imgleichen die ſchuſter, ſattler, rimer, woll-
weber und alle andre handwerke, die etwas ver-
kaufen, den dreißigſten pfennig vom geloͤſeten ſtuͤ-
cke zur ziſe erlegen ſollten, Weckens beſchreibung
der ſtadt Dresden ſ. 439 fg. Im jare 1469
wurde auf dem landtage in Sachſen das ungelt,
umgelt, ohm-gelt, oder die ziſe vom bire einge-
fuͤret, und der bir-zehnte, auch trankſteuer ge-
nennet, Weckens beſchreibung der ſtadt Dresden
ſ. 440. Das haus, worin die ziſe gelifert ward,
nannte man die zeiſe, dergleichen haͤuſer noch in
manchen ſtaͤdten uͤbrig ſind.
§ 2113
Die acciſe muͤſſen ſowohl fremde, als auchwovon die
acciſe erle-
get wird?
einheimiſche von auswaͤrtigen, auch inlaͤndiſchen
beweglichen ſachen und waaren erlegen, Zinkens
grundriß der kameral-wiſſenſchaften, im II
§ 707 fgg. F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit.
36 § 2 tit. 37 ſ. 88 fg.
H h h 3§ 2114
[854]LIV haubtſtuͤck
§ 2114
der uͤbertre-
ter ſind des-
falls unter-
ſchiden.
Diejenige, welche die acciſe fuͤrſaͤzlich hinter-
gehen, und nicht erlegen, ſind behoͤrig zu beſtra-
fen, welche ſtrafe aber nach den unterſchidenen
landes-geſaͤzen unterſchidlich iſt, Kur-Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſcher landes-ordnungen IIIIter
teil cap. VII ſ. 11 ſ. 39 ſ. 54, 60 ſ. 121 fg., My-
lius im corpore conſtitutionum Marchicarum
IIIIten bande, IIIte abt. ſ. 296 ſ. 316, 494.
§ 2115
ceut iſt?
Der licent iſt ſo vil, als eine licenz, oder ver-
ſtattung, und bedeutet eine abgabe von einem han-
del, der one erlaubniß des landesherrns nicht be-
triben werden darf, z. e. brantewein-brennen, und
fuͤrs ſchroten des getraides darzu, Frieslaͤndiſche
tuͤcher, ſtruͤmpfe, ꝛc. verkaufen zu duͤrfen.
Vir und funfzigſtes haubtſtuͤck
vom geleits-gelte.
§ 2116
leite bedeu-
tet?
Das geleite wird entweder fuͤr die gerechtſame
einem ſicherheit auf den oͤffentlichen ſtraßen
wider allen widerrechtlichen angrif zu verſchaffen,
oder fuͤr die abgabe der reiſenden der ſicherheit
halber genommen.
§ 2117
lei.
Das geleite iſt mancherlei. Man hat 1) das
fuͤrſtliche geleit, in abſicht auf die fuͤrſten, und
andre ſtandes-perſonen; 2) das weg- und ſtras-
ſen-geleite; 3) markt- und meß-geleit, das hohe
und nidere, groſe und kleine, ſchriftliche und le-
bendige.
§ 2118
[855]vom geleits-gelte.
§ 2118
Das geleit hat aus den ehemaligen ungeſitte-woher das
geleit ſei-
neu ur-
ſprung hat?
ten, und rauhen, auch unſichern zeiten Teutſch-
landes ſeine abkunft, welches gleichwol nach dem
geſtifteten oͤffentlichen landfriden beibehalten wor-
den iſt. Immittels ſollen ungebuͤrliche wider das
herkommen, auch alte und neue vertraͤge laufende
geleits-gelter aller orten one verzug abgeſtellet und
aufgehoben werden, Wahlcapitulation art. VIII.
§ XI. XII.
§ 2119
Die geleitsherren muͤſſen denen, welchen ſieder geleits-
herren obli-
genheit.
geleit gegeben, wenn ſie auf irer geleitsſtraße taͤt-
lich angegriffen werden, nach geſtalt ires ſchadens,
erſtattung tun, Reichsabſchid 1559 § 34. Ge-
ſtalt dann das geleit nicht verſaget werden darf,
widrigenfalls ſtrafgebote one clauſel deßfalls aus-
gebracht werden koͤnnen. Sixtinusde regali-
bus, cap. 2.
Fuͤnf und funfzigſtes haubtſtuͤck
vom poſt-regal.
§ 2120
Das wort poſt bedeutet einen ort, wo unter-was die poſt
iſt?
legete pferde ſtehen; daher ſchribe man vom
Roͤmiſchen koͤnige Ferdinand: er habe ſelber viel-
mal poſtiret um den Paſſauiſchen vertrag zum
ſtande zu bringen, Cyprians hiſtori der Augsbur-
giſchen confeſſion ſ. 227. Die poſt iſt eine oͤffent-
liche veranſtaltung, wodurch die regirungs-ange-
legenheiten, perſonen, auch was den handel be-
trift, und zwar leztere gegen einen leidlichen preiß,
an andre oͤrter ſchleunig fortgeſchaffet werden.
H h h 4§ 2121
[856]LV haubtſtuͤck
§ 2121
tungen,
Die poſten ſind mancherlei. Es ſind ſelbige
Reichs- und land-poſten. Sie teilen ſich ferner
in brif und farende. Jene in ordentliche und auſ-
ſerordentliche. Diſe nennet man eſtafetten. Die
farende ſind ebenfalls ordentliche und extrapoſten.
Die leztere gattung kam durch den Franzoͤſiſchen
miniſter de Louvois, der wegen ſeiner dicke nicht
reiten konnte, auf; immaßen die extrapoſten vor-
her blos im reiten beſtunden, und heute zu tage
ſind ſie reitende und farende. Ferner teilen ſie ſich
in ganze und halbe poſten. Jene ſchaffen brife
und perſonen fort, und nemen dergleichen wieder
mit zuruͤck. Die halbe ordentliche poſt bringet
ſolche, gehet aber leer zuruͤck. Diſes nennet man
auch die halbe poſtgaſſe; jenes aber eine ganze.
In Boͤhmen ſind alle ordentliche poſten nach dem
alten fuße reitende, ſtats- und reiſe-geographi Iter
teil ſ. 24. Doch kann man mit extra-poſten
faren.
§ 2122
ſten in
Teutſchlan-
de aufge-
kommen
ſind?
Gleichwie man in Teutſchlande nur die reiten-
den und farenden botten hatte, welche man die
hauder- und mezger-poſten nennete; alſo richtete die
univerſitaͤt zu Paris zum behufe der menge irer
ſtudenten reitende poſten ein. Dieweil aber die
ſchlafende geſchicht-kunde unterm Kaiſer Maximi-
lian dem erſten wieder erwachete, ſo traf der Kai-
ſer Maximilian der I. eine gleiche veranſtaltung.
Gabriel von Tour und Taſſis unternam diß groſe
werk, die folgende ſtamm-reihe leget diſes vor
augen:
Roger
[857]vom poſt-regal.
Roger de la Tour et Taſſis et Valſaſſina,
| Kaiſers Friderichs des IIIten rat, kaͤmmerer u. oberjaͤgermeiſter. | ||
| Simon I | Anton, ſeine Nachkommen werden generalpoſt- meiſter, in Ungarn, Boͤhmen, u. Oeſterreich. | Gabriel, wird vom Kaiſer Max. dem I. zum gene- ralpoſtmeiſter in Tirol ernennet, und † 1529. |
| Franz der IIIIte wird vom Kaiſer Max. dem erſten zum general- poſtmeiſter in den Ni- derlanden beſtellet. | Roger der IIte | |
| Johann Baptiſta, generalpoſtmeiſter in Spanien und den Niederlanden, † 1554. | David, Kaiſer Cars des Vten general- poſtmeiſter zu Venedig. | Simon, generalpoſtmeiſter in Mailand, Phi- lipps des I Koͤni- ges in Spanien. |
| Franz Leonhart kaiſerlicher poſtmeiſter, wird vom Kaiſer Rudolph dem II in den freiherrn ſtand erhoben, und iſt generalpoſtmeiſter in den Niederlanden, † 1612. | ||
| Lamoral II wird vom Kaiſer Matthias in den Reichsgrafenſtand erhoben, und 1615 mit dem Reichs-erb-general-poſtamte belenet, † 1624. |
Die erſte poſtgaſſe ging demnach aus Rom
uͤber Augsburg gen Rheinhauſen auf Creuzenach
und Bruͤſſel, laut berichtes vom jare 1596 bei
dem freiherrn von Zech uͤber die Caroliniſche wal-
kapitulation ſ. 639. Die zwote poſtſtraſſe wurde
1580 von Coͤln auf Kreuzenach; die dritte aber
im jare 1610 von Rheinhauſen nach Frankfurt am
Maine; die vierte 1615 vom gedachten Frankfurt
auf Leipzig, Hamburg, ſodann auf Nuͤrnberg,
Prag und Wien angeleget. Ermeldter Leonhart
von Taxis, der uͤber 90 jare alt wurde, wird in
einem kaiſerlichen ſchreiben von 1611 ſ. 624 am
a. o. general oberſter poſtmeiſter im Reiche, und
Lamoral von Taxis kaiſerlicher truchſes und hof-
poſtmeiſter genennet. Kaiſerliche poſtmeiſter wa-
H h h 5ren
[858]LV haubtſtuͤck
ren damalen in Augsburg, Coͤln, Frankfurt und
Venedig.
§ 2123
poſtmeiſter
werden
namhaft ge-
machet,
Der Kaiſer Carl der V beſtellete demnach
Franzen von Taxis 1543 zum Reichspoſtmeiſter.
Der Kaiſer Ferdinand der I beſtellete 1563 Leon-
harten von Taxis dazu. Der Kaiſer Rudolph
der II ernennete Leonharten von Taxis 1595 zum
general-oberſten-poſtmeiſter, beſage des Joh.
Baptiſta de Taſſiscommentariorum de bello
Belgico lib. III. und der verfaſſer der marques
d’honneur de la maiſon de Taſſis ſ. 95, II ſtuͤ-
ckes, der freiherr Lamoral von Taſſis ſtellete 1605
einen revers aus uͤber das general-Reichspoſtmei-
ſteramt. Der kaiſer Matthias belenete diſen im
jare 1615 damit. Der kaiſer Ferdinand der II
verwandelte 1621 diß poſt-mannlehn in ein kunkel-
lehn, wie die urkunden beim Luͤnig im Reichs-
archive, und beim Schramm in der Saxonia
monimentis viarum illuſtrata ſ. 237 fgg. erge-
ben. Man ſehe auch den Franceſco Zazzarella
della nobilita del Italia,Frirſchenselecta iu-
ris publici cap. XI t. I der opuſculorum
ſ. 934 fg.
§ 2124
beſonderen
kaiſerlichen
oberſt hof-
poſtmei-
ſtern.
Indeſſen war auch ein beſonderer kaiſerlicher
oberſt-hofpoſtmeiſter. Im jare 1596 bekleidete
der George Puͤhl diſe ſtelle. Hanns Jacob frei-
herr von Magno verhandelte 1623 ſein kaiſerlich-
hof-poſtmeiſter-amt an Hanns Chriſtophen frei-
herrn von Paar, laut urkunde bei dem von Zech
ſ. 651, und im jare 1624 belehnete der kaiſer Fer-
dinand der II ihn mit dem oberſten hofpoſtmeiſter-
amte, nach ausweiſe des lehnbrifes beim grafen
von Wurmbrandde hereditariis prouincia-
rum Auſtriacarum officialibus cap. XVI ſ. 103
und
[859]vom poſt-regal.
und in deſſen collectaneis genealogico-hiſtori-
cis ſ. 333.
§ 2125
Der Reichsſtaͤnde poſten halber findet ſich imwenn der
Reichsſtaͤn-
de poſten,
als die Oe-
ſterreichi-
ſche, Kur-
Branden-
burgiſche,
Kur-Saͤch-
ſiſche auf-
gekommen
ſind?
jare 1569 Johann Baptiſta baron von Paar des
erzherzogen Carls zu Oeſterreich oberſter hof- und
Inner-Oeſterreichiſcher land-poſtmeiſter, von
Wurmbrand am a. o. ſ. 98. Von Kur-Bran-
denburg meldet der Becmann ſ. 52 der memo-
randorum Francofurtanorum, wasmaßen der
kur-fuͤrſt Friderich Wilhelm in einem reſcripte
von 1658 befehle, daß, weiln nun die poſten ange-
leget waͤren, die acten mit leichten koſten gen
Frankfurt an der Oder abgeſendet werden koͤnn-
ten, von Ludewig in den miſcell. T. I lib. II
opuſc. 5. Im jare 1661 trat das Kur-Saͤchſiſche
poſt-mandat hervor, laut Luͤnigscodicis Au-
guſtei t. II ſ. 1002.
§ 2126
In den Kur-Saͤchſiſchen auch Kur-Branden-die Kur-
Saͤchſiſche-
Branden-
burgiſche,
Schleſiſche
poſten ſind
wohl einge-
richtet.
burgiſchen imgleichen den Schleſiſchen landen hat
man fuͤrtreff liche poſt-anſtalten getroffen, Luͤder
Menken in ſyſtemate iuris ciuilis ſ. 970 fg.,
der ſtats- und reiſe-geographi VIter band ſ. 196-
224, und wegen der Schleſiſchen poſten ſ. 562 fg.
des Iten bandes. Gaſſer in ſeiner einleitung zu
den oͤkonomiſchen policei- und kameral-wiſſenſchaf-
ten cap. 18 § 1 ſ. 293 fg. lachet uͤber die Teutſchen
rechtslehrer, daß ſie keinen begrif vom poſtweſen
gehabt haͤtten, wenn ſie ſich mit dem Reichs-poſt-
amte in einen rechtsſtreit eingelaſſen haͤtten.
§ 2127
Die erſte veranſtaltung der poſten zweckete zumworauf die
erſte poſtan-
ſtalten abge-
zwecket ha-
ben?
behufe der Italieniſchen und Niderlaͤndiſchen ſta-
ten des erzhauſes Oeſterreich ab. Die rent-kam-
mer-wiſſenſchaft war im XVIten jarhundert ſo
unbe-
[860]LV haubtſtuͤck
unbekant, als die lehre des ſtatsrechtes der Reichs-
ſtaͤnde unvollkommen. Nach den zeiten des weſt-
phaͤliſchen fridens, gewann die landes-hoheit eine
ganz andre geſtalt, die ſtaͤnde erlerneten iren um-
fang kennen. Man ſahe die mißbraͤuche und die
unvollkommenheit des poſtweſens ein, und nam
wahr, daß das poſtweſen der landeshoheit anklebe.
Die Oeſterreichiſche, Tiroliſche, veranſtaltungen
namen die uͤbrigen ſtaͤnde als einen finger-zeig und
eine erklaͤrung an, wie die Reichs-belehnung zu
verſtehen ſei.
§ 2128
poſtveran-
ſtaltung ſich
gruͤndet?
Die poſtveranſtaltungen gruͤnden ſich auf das
hohe recht, und die gewalt der landesherren uͤber
die landſtraßen, imgleichen auf die befoͤrderung
der wolfart des landes, ſintemal ein landesherr
alles thun kan, was zu ſeines ſtates nuzen und
bequemlichkeit gereichet; iedoch kommet deßfalls
viles auf das herkommen und die Reichsgeſaͤze an,
geſtalt ſolches die beſchraͤnkung des boten-weſens,
der land- und Reichsſtaͤdte, inhalts der wahlca-
pitulation art. 29 § 3, 4 belehret; von Cocceji
diſp. de regali poſtarum iure im IIten teile ſ. 188
fgg., Ockelde regali poſtarum iure electorum
principumque imperii. Der regent beſtimmet
die poſtwege, die zeit, den lauf der poſten, das
poſtgelt, und erteilet die freiheit in ſeinen landen,
und den ihm zuſtehenden poſten, welche er dem
herkommen nach auch wol in andern landen und
orten haben kan, von Juſti am a. o. § 126 § 131
ſ. 151 fgg., MeviusP. I deciſ. 102.
§ 2129
poſtbedinten
bedeuten?
Bei den poſten hat man poſtbedienten und
andre perſonen noͤtig. Unter den poſtbedinten
verſtehet man die poſtmeiſter, poſtverwalter, und
poſthalter, von Beuſt im poſtregal T. II ſect.
VII.
[861]vom poſt-regal.
VII. Vor antretung irer dinſte muͤſſen ſie vor-
ſtand leiſten.
§ 2130
Ein poſtmeiſter iſt: welchem die farende undwas ein
poſtmeiſter
iſt?
reitende poſt einer gewiſſen ſtation vom oberpoſt-
amte, oder landesherrn anvertrauet iſt, von
Beuſt am a. o. im IIten teile ſ. 1066.
§ 2131
Das ober-poſtamt zu Leipzig beſtehet 1) ausworaus das
oberpoſtamt
zu Leipzig
einem ober-poſt-director, 2) einem ober-poſt-
commiſſarien, 3) einem ober-poſt verwalter,
4) zwenen ober-poſt-commiſſarien. Darzu gehoͤ-
ren ferner: ein ober-poſt-kaſſirer, ein gegenſchrei-
ber und calculator, zween einnehmer, acht poſt-
ſchreiber, ein packmeiſter, vier briftraͤger, vier
koffer-traͤger und poſtboten. Zu Dresden ſind
bei der poſt zweene poſt-beſchauer. Zum Leipzi-
ger poſt-ſtalle gehoͤren: der pachter oder poſtmei-
ſter, nebſt 10 poſtilions zum faren und zum reiten.
§ 2132
Zum boten und landkutſchen weſen ſind beſtel-beſtehet?
let: ein ſecretar, ein botenmeiſter, ein boten-amts-
ſchreiber, zween brif-traͤger und eilf ſchafner, auch
ein general-accis-guͤter-beſchauer.
§ 2133
Die knechte, welche zum faren, oder reitenwas poſti-
lion heiſſet?
bei den poſten, gebrauchet werden, heiſſen poſti-
lions, oder ſchwaͤger, welche von den briftraͤgern
und wagenmeiſtern, auch koffer-traͤgern unterſchi-
den ſind. Hirzu muͤſſen tuͤchtige, ehrliche und
tugendhafte leute genommen werden.
§ 2134
Auf den ordentlichen poſtwagen gehoͤren nurwie die poſt-
wagen zu
beladen
ſind?
ſechs perſonen. An packereien duͤrfen bei gutem
wetter uͤber 14 centner nicht mitgenommen wer-
den,
[862]LV haubtſtuͤck
den, F. H. Caſſeliſche poſt-ordnung vom jare
1732 fol. § 17 ſ. 9 fg.
§ 2135
reiſender
frei dabei
habe?
Jedem reiſenden paſſiren in Heſſen nur 50 pf.
frei mit zu nemen. In Kur-Sachſen paſſiren nur
30 bis 40 pfund. Brife und accis-bare waaren
darf ein reiſender nicht mit nemen, F. H. Caſſeli-
ſche poſtordnung § 22, ſondern hat ſelbige bei
ſtrafe der confiſcation anzuzeigen. Die poſtilions
duͤrfen heimlich nichts annemen § 23.
§ 2136
poſt gegeben
wird, iſt an-
zugeben.
Wer etwas auf die poſt gibet, muß ſagen, was
es iſt. In ſchachteln wird nicht gern etwas an-
genommen; das gelt muß in leinen tuch doppelt
gepackt ſeyn, und wenn es groſe ſummen von
1000 und mereren thalern ſind, ſollen ſie in faͤſ-
ſern gepacket werden, F. H. Caſſeliſche poſtord-
nung § 28, 29, 30, Kur-Braunſchweig-Luͤneb.
L. O. Vter teil ſ. 34; von Beuſt im poſtregale
IIten teile ſ. 1092 ſ. 1248.
§ 2137
dafuͤr ſte-
hen.
Was der poſt angegeben wird, dafuͤr muß ſie
ſtehen, wenn es im lande durch ire ſchuld verloren
gehet, F. H. Caſſeliſche poſtordnung § 24 ſ. 12
§ 68 ſ. 27, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher
L. O. IIIIter teil cap. 6 ſ. 370, Chriſtian Fer-
dinand Harpprechts diſp. de officio magiſtri
poſtarum quoad reſtitutionem pecuniae alius-
ve rei ipſi concreditae ſed amiſſae,von Hoͤr-
nigkcap. XV § 18 fgg., Barth im hodeg. for.
ſ. 771 fgg.
§ 2138
ten ſind
auszuhen-
ben.
Die hohe policei ſihet dahin, daß die poſtkar-
ten der ankommenden poſten oͤffentlich ausgehen-
ket werden, um dadurch vile unterſchleife der
ſchuldner abzuwenden, welche dadurch verhindert
werden,
[863]vom poſt-regal.
werden, arreſte zu ſuchen. In Jena duͤrfen kei-
ne gelter verabfolget werden, bis der univerſitaͤts-
pedell das arreſt buch der poſt vorgeleget hat.
§ 2139
Fuͤr die anvertraueten ſachen muß an einigenwie lang
die poſt fuͤr
die ſachen
zu ſtehen
hat?
orten die poſt nur ein virtel jar ſtehen; dahinge-
gen der aufgeber die ſache richtig anzugeben hat.
Als einer der poſt ein pfund goldes uͤbergab, aus-
waͤndig aber es fuͤr ein pfund wachſes uͤberſchribe;
gleichwol das pfund goldes verloren ging; ſo be-
kam der aufgeber ein pfund wachſes verguͤtet.
Von Nuͤrnberg gingen 500 Louis ď or vermittelſt
der poſt gen Hamburg ab. Der aufgeber ein
juͤde meldete nur 300 Louis ď or, das paͤckgen
ging verloren, gleichwol wurden nur 300 Louis
ď or erſtattet. Man ſehe Gottfrid Barthens
hodegetam forenſem ſ. 790 fg., wo die poſt
die zeitungen zu halten berechtiget iſt; veruͤbet ſie
wegen der ruͤckſtaͤndigen zeitungs gelter das einbe-
haltunas-recht an eingehenden packereien, welches
auch bei den uͤbrigen poſt-geltern angehet, von
Rohr in dem haushaltungsrechte ſ. 1442.
§ 2140.
Die brife muͤſſen in wohl verwareten ledernenwie die briſe
zu verwah-
ren ſind?
beuteln fuͤr der naͤſſe im felleiſen bewaret werden.
Alle brife muͤſſen in die poſt karte eingetragen
werden. Gelter und koſtbarkeiten gehoͤren nur
auf die farende poſten. Zu den packeten muͤſſen
beſondere brife geſchriben werden, weilen die auf-
ſchrift zu einem paͤckgen leicht durchs reiben unle-
ſerlich wird.
§ 2141
Die poſt-taxe darf nicht uͤberſchritten, auchdie poſttaxe
darf nicht
uͤberſchrit-
ten werden?
alle uͤbermaͤſige beſchwerungen der poſten ſollen
abgeſtellet werden, Osnabruͤckiſcher fridensſchluß
art. VIIII § 1, F. H. Caſſeliſche poſtordnung § 74,
Kleine
[864]LV haubtſtuͤck
Kleine packetgen und kaufmannswaaren zalen vom
pfunde fuͤr 2 bis 3 meilen 1 ggr., von 4 bis 9 mei-
len 2 ggr., von 10 bis 15 meilen 3 ggr., von 16
bis 18 meilen 4 ggr. Was uͤber 25 pfund wieget
wird nach centner-fracht bezalet; von den gedruck-
ten ſachen und den kuͤchen-waaren wird nur hal-
bes poſtgelt bezalet, welches auf den brifen zu be-
merken iſt. Fuͤr ein centner gut zalet man auf 3
meilen 12 ggr., auf 6 meilen 20 ggr. in den F.
Heſſiſchen landen. Vom gelt an ſilber und gold
wird gezalet z. e. von 100 thl. fuͤr 3 meilen 2 ggr.
von ſechs meilen an ſilber 100 thl. 3 ggr. u. ſ. w.
ſihe die Fuͤrſtliche Heſſiſche poſt-taxe; die Kur-
Saͤchſiſche poſt-taxe findet ſich im VIten bande
ſ. 205 der reiſe- und ſtats-geographi.
§ 2142
fe nach der
F. H. Caſſe-
liſchen poſt-
taxe bezalet
werden ſol-
len?
Von einzeln brifen in und außer landes, wel-
che nur 2 meilen gehen, wird 1 albus gezalet, auf
3, 4, bis 9 meilen 1 ggr. Die doppelten brife
zalen uͤber diſe taxen noch die haͤlfte. Da aber
mehr verſigelte brife in einem packet ſind, und
hoͤchſtens auf 6 lot anlaufen, werden ſelbige nach
dem gewichte, und zwar von iedem lot ſo vil, als
der einfache brif gibet, bezalet. Die uͤber 6 lot
wigen, wie auch große acten packete, welche uͤber
8 bis 10 lote wigen, zalen hingegen nur die haͤlfte.
Was aber uͤber 10 lot wiget, zalet den dritten teil.
§ 2143
was die per-
ſonen beza-
len muͤſſen?
Eine perſon zalet auf der ordentlichen poſt fuͤr
3 meilen 18 ggr. inhalts der Fuͤrſtlich Heſſen-Caſ-
ſeliſchen poſttaxe. Extra-poſten und eſtaffetten
zalen auf iede meile von einem pferde 8 ggr. Cou-
rirs aber von ieder meile fuͤr ein pferd 12 ggr.
An trink-gelte zalet man bei den extra-poſten von
der melle 2 ggr. F. H. Caſſeliſche poſt-ordnung
§ 52. Fuͤr einen offenen poſtwagen wird nichts
gezalet,
[865]vom poſt-regal.
gezalet, hingegen fuͤr eine zugemachte chaiſe ſind
uͤber die pferde iede meile 3 ggl. zu erlegen. Das
wagen-zehr koſtet 6 Kreuzer.
§ 2144
Auf der ordentlichen farenden, oder ſo genann-bei der or-
dentlichen
und extra-
poſt?
ten geſchwinden poſt zalet man fuͤr iede meile in
Kur-Sachſen 5 ggl. Auf der extra-poſt werden
fuͤr die meile auf iegliches pferd mit 8 ggl. vergnuͤ-
get, und ſtehen zwey und drey pferde in der za-
lung gleich. Fuͤr die ſtaffete entrichtet der aufge-
ber wegen ieder meile 12 ggl. die 16 ggl. rittgeltes
bei der ſtaffete ſind abgeſchaffet, bei der faren-
den extrapoſt wird fuͤr die Kaleſche nichts bezalet.
§ 2145
Die poſtilionen muͤſſen iren lauf in der geſeztender poſtilio-
nen obligen-
heit?
zeit bei ſtrafe endigen, wannenher ihnen die ſtun-
den-zeddel gegeben werden, F. H. Caſſeliſche
poſtordnung § 26 § 49, von Hoͤrnigk am a. o.
cap. XVII, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher
L. O. IIIIter teil cap. VI ſ. 400, an den reffen
der poſtwagen ſind eiſerne pak-ketten noͤtig. Wie
leicht koͤnnen ſtricke zerſchnitten werden? Die po-
ſtilionen duͤrfen keine tegen, noch piſtolen fuͤren.
§ 2146
Der ſtunden-zeddel gehet dahin, daß die or-was der
ſtunden-zeh-
del enthaͤl[t]?
dentliche poſt die drei meilen in drei ſtunden fare.
Die extra-poſt endiget drei meilen in drei ſtunden.
Nach dem courir-ritte gehen drei virtel ſtunden
auf eine meile F. H. Caſſeliſche poſt-ordnung § 48
ſ. 19 fgg. Faͤllet das courier-pferd, und der rei-
ſende bleibet hintern poſtilion, hauet auch deſſen
pferd nicht, ſo bezalet er nichts fuͤr den verungluͤck-
ten gaul. Ritte der reiſende vor, oder noͤthigte
den poſtknecht zum umwechſeln ſeines pferdes, ſo
iſt lezteres ſtrafbar, und das verreckte oder zur rohe
gerittene pferd muß er verguͤten.
J i i§ 2147
[866]LV haubtſtuͤck
§ 2147
Der acten halben iſt in den koͤniglich-Preuſi-
ſchen landen eine gute einrichtung gemachet.
§ 2148
len beſtim-
met wer-
den?
Bei den poſten und deſſen laufe, nicht minder
bey verſchidenen andern angelegenheiten richtet
man ſich nach den meilen. Die meilen beſtim-
met entweder der landesherr, vermoͤge ſeiner ober-
ſten gewalt, oder der gemeine mann ſezet ſolche
nach ſeinem gutduͤnken. Daher werden die mei-
len in geſaͤzliche und gemeine eingeteilet, die ma-
thematiſche gehoͤren hirher nicht. Schrammde
ſtatuis mercurial. cap. 3 § 5 fg. ſ. 116.
§ 2149
meilen ſind
unterſchi-
den.
In ruͤckſicht auf die Teutſchen meilen ſind di-
ſelben gar unterſchiden. Eine Kur-Saͤchſiſche
meile iſt weit kleiner, als eine Heſſiſche. Man
hat indeſſen groſe, mittelmaͤſige und kleine meilen.
Es iſt aber alles ungewiß, z. e. ſo ſaget man, eine
ſtarke Teutſche meile haͤlt 40 ſtadien, 5000 ſchritte,
22500 ſchuhen 1⅘ ſtunden. Die kleinen Teutſchen
meilen beſtehen aus 32 ſtadien, 4000 ſchritten,
20000 ſchuhe, oder 1⅔ ſtunden. Die ſchwaͤbi-
ſchen und Schweizeriſchen meilen machen 40 ſta-
dien und 5000 ſchritte. Auf die Heſſiſche meile
rechnen einige 45 ſtadien, oder 5625 ſchritte.
Nach dem Leipziger meilen-rechte tut die meile 30
morgen, 1 morgen 60 ruten, eine rute 16 fuße,
ein fuß 16 zolle. Sonſt hat Sachſen virerlei
meilen, die erſte betraͤget 60 Morgen, oder 36000
ruten, oder 27000 ellen. Die andre gattung
heiſet die jagt-meile und tut 11025 ellen. Die
dritte meile enthaͤlt 1500 ruten, oder 12000 Dres-
deniſche ellen. Die virte iſt die bir-meile und
enthaͤlt 2000 ruten, oder 16000 Dresdeniſche
ellen,
[867]vom poſt-regal.
ellen, je 8 ellen zur rute gerechnet, Schramm am
a. o. cap. III ſ. 117 fg. zwo kleine meilen machen
bald eine poſtſtation aus. Meiſtens aber tun ſie
drei meilen, einige zwei und eine halbe meile.
Das ſpruͤchwort von den langen meilen auſſer
Sachſen iſt: die meile hat ein fuchs gemeſſen und
den ſchwanz zugegeben.
§ 2150
Das meilenweſen wird bei vilen gelegenheitenwo man das
meilen-we-
ſen brau-
chet?
gebrauchet, z. e. bei gerichtlichen vorladungen der
zeugen, bei den austraͤgen, Reichs-kammer-ge-
richtsordnung im II teile tit. 3 tit. 5 § 1, zu den tage-
reiſen, bei fronen und dinſten, bei dem bann- und
zwang-rechte der ſtaͤdte, in abſicht auf das brauen,
die handwerker auf den doͤrfern, die meſſen, maͤrk-
te, bei den ſachwaltern und notarien irer reiſe-ko-
ſten halben, Schramm am a. o. § 8, bei beſtim-
mung des boten-lons, und vilen andern angele-
genheiten, Kurfuͤrſtlich-Braunſchweig-Luͤnebur-
giſcher landesordnungen im IIten teile cap. II
ſ. 179, 487, 566, 567, 589. So vil von dem
meilen-weſen. Nunmehr gehen wir wieder auf
das poſtweſen zuruͤck.
§ 2151
Die poſtbedinten haben die zu rechter zeit geli-die brife
und ſachen
ſind auf den
poſten behoͤ-
rig fortzu-
bringen.
ferten brife und ſachen mit der erſten poſt fortzu-
ſchaffen, widrigenfalls ſie einer ſtrafe, auch der
ſchadens-erſezung gewaͤrtig ſeyn muͤſſen, F. H.
Caſſeliſche poſtordnung § 62.
§ 2152
Das poſt-gelt iſt baar zu erlegen, und wirddas poſtgelt
muß baar
erleget wer-
den. Wie
die ange-
kommenen
ſachen zu be-
haͤndigen,
nicht geborget, F. H. Caſſeliſche poſtordnung
§ 70. Es darf aber nicht uͤber die gebuͤre gefo-
dert werden § 73. Die mit der poſt angekomme-
ne brife und ſachen werden den fuͤrnaͤmen perſo-
nen durch die poſtdiner, oder briftraͤger in das
J i i 2haus
[868]LV haubtſtuͤck
auch bekañt
zu machen
ſind?haus gebracht, oder durch die poſt-charte bekannt
gemacht, § 65, 67, von Hoͤrnigkc. XV th. 32.
§ 2153
den brifen
zu halten
iſt?
Die brife, welche ire behoͤrige aufſchrift nicht
haben, oder ſchmaͤhehaft ſind, ſollen nicht ange-
nommen werden, von BeuſtT. II ſ. 486 fgg.
und brauchen auch nicht abgeloͤſet zu werden, von
Cocceji am a. o. cap. 4 § 9. Aufgegangene und
zerribene brife, oder packete ſind von den poſtbe-
dinten in gegenwart einiger zeugen wieder zu ver-
wahren, F. H. Caſſeliſche poſtordn. § 30 § 66.
Der landesherr mag wohl zu gewiſſen zeiten ver-
ordnen, daß die brife nicht verſigelt werden, oder
wenigſtens ſolche zuvor den poſtbedinten vorgezei-
get werden. Nicht minder koͤnnen verdaͤchtige
brife aus rechtmaͤſigen urſachen von der oberkeit
aufgebrochen und geleſen werden, Joh. Wilh.
Gadendams diſp. de reſignatione litterarum
alienarum licita, Erlangen 1744 § 5 ſ. 8 fgg.
§ 7 ſ. 15 § 8 fgg. Jeweilen moͤgen ſolches auch
andre perſonen rechtlich unternemen § 9 fgg.
§ 2154
poſtbedinte
nicht ſtehet?
Fuͤr den raub und dibſtal, auch den unverſehe-
nen zufall, ſtehet der poſtbedinte nicht, F. H.
Caſſeliſche poſtordnung § 24, Hoͤrnigkcap. XV
th. 18.
§ 2155
nachtzeiten
bei den po-
ſten beob-
achtet wer-
den kan?
Gleichwie uͤbrigens bei nachtzeiten von den ref-
fen der poſtwagen ſachen leichtlich abgeſchnitten
werden koͤnnen; alſo iſt, wie oͤfters bei extra-
poſten geſchehen, daß ein hund hinten auf dem
packſacke an eine kette liget, auch diſes bei den
ordentlichen poſtwagen entweder zu beobachten,
oder die packerei in eine verdeckung zu bringen.
§ 2156
[869]vom poſt-regal.
§ 2156
Bei der peſt-zeit hat ein poſtbedinter dahin zuauch bei
peſtzeiten
den poſtbe-
dinten obli-
get?
trachten, daß durch ſeine vorſichtigkeit allem be-
ſorglichen unheil bei den poſten abgeholfen werde;
wannenher entweder der brif-wechſel an ſolche oͤr-
ter gaͤnzlich unterbleiben muß, oder bei deren fort-
ſezung durch gehoͤrige gegenmittel, allem uͤbel vor-
zubauen iſt, von Rohr im haushaltungs-rechte,
XIten buche, Vten cap. § 5 ſ. 1441.
§ 2157
Der ſize halber iſt der poſtbrauch: wer mitvon den ſi-
zen auf den
poſten und
den reiſen-
den.
einer poſt angekommen iſt, hat den vorzug, her-
nach waͤlen diejenige ire plaͤze, welche am erſten
bezalet haben, F. H. Caſſeliſche poſtordnung § 16,
Kur-Braunſchweig-Luͤneb. L. O. IIIIter teil
cap. VI ſ. 377; die reiſende duͤrfen auf den poſt-
wagen keinen toback rauchen, auch keine groſe
hunde mit ſich darauf nemen, F. H. Caſſeliſche
poſtordnung § 15, von Beuſt am a. o. T. II ſ. 66,
Mylius im Corp. conſtit. March. IIIIten ban-
de I abt. ſ. 1066.
§ 2158
Derjenige, welcher auf der poſt ſich befindet,die perſonen
und ſachen
auf den po-
ſten haben
freiheiten.
auch die ſachen, haben anſehnliche freiheiten, in
betracht ſelbiger one erhebliche urſachen in verhaft
nicht genommen, oder arretirt werden ſoll, F.
H. Caſſeliſche poſtordnung § 58, von Beuſt
T. II ſ. 199.
§ 2159
Die auſſerordentliche poſten bezalen das faͤhr-wiefern die
poſten vom
faͤhr-ſperr-
gelt frei
ſind?
ſperrgelt, wovon die ordentlichen frei ſind, F. H.
Caſſeliſche poſtordnung.
§ 2160
Die poſten, poſt-haͤuſer, poſtbedinte, poſtili-der poſten,
poſthaͤuſer,
poſtbedin-
ten, poſtili-
ons vor-
ons haben ire vorrechte und freiheiten. Diſe ſind
entweder allgemeine, oder beſondere. Unter die
J i i 3erſten
[870]LV haubtſtuͤck
rechte und
freiheiten.erſten werden gerechnet 1) die oͤffentliche ſicher-
heit, 2) daß ſelbigen alle andere wagen auswei-
chen muͤſſen (§ 2043), 3) die oͤffnung der thore,
ſchlagbaͤume, imgleichen deren uͤberfahrt uͤber die
fluͤſſe, 4) daß die poſtilions mit iren pferden,
wenn ſie leer zuruͤck gehen, vom ſperrgelte, oder
bruͤcken- auch faͤhrgelte frei ſind, im hinwege aber
die reiſende ſolches zu erlegen haben, 5) daß die
poſtilions ſchulden und geringer verbrechen halber
nicht arretiret werden duͤrfen, auch die execution
auf diſe und das geſchirr nicht verhaͤnget werden
ſoll. Bei groben verbrechen moͤgen die poſtilio-
nen wohl in verhaft genommen werden, iedoch
one abbruch und verſchub der poſten, Mylius im
corpore conſtit. March. T. IIII Abt. I ſ. 982.
§ 2161
Die beſondern freiheiten hangen teils von den
verlihenen privilegien, teils von den eingefuͤrten
gebraͤuchen und gewonheiten, teils von dem bloſen
willen und der verguͤnſtigung des regentens ab.
Sie gehen entweder auf das poſthaus, die perſo-
nen, oder die pferde, wege, faͤhren und bruͤcken,
haber, heu und ſtreu, von Hoͤrnigk cap. XVIII
th. 2, 6, Ockel am a. o. cap. 6 th. 4, von Beuſt
T. II ſ. 1191, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgi-
ſcher L. O. IIIter teil, c. III ſ. 141, IIIIter teil
c. 6 ſ. 352 ſ. 409.
§ 2162
Die poſthaͤuſer haben burgfriden, ſind von der
contribution, ſteuer, der einquartirung frei, F.
H. Caſſeliſche poſtordnung § VII, VIII; die poſt-
meiſter, poſtbedinte, poſtilions duͤrfen nicht be-
eintraͤchtiget, noch gemishandelt werden § 9, de-
rohalben die poſtilionen ire hoͤrner, in dem gewoͤn-
lichen cordon, auch ire livree mit ſchild und wap-
pen haben ſollen. Bei unbrauchbaren ſtraſen
moͤgen
[871]vom poſt-regal.
moͤgen die poſten ſich der neben und feldwege be-
dinen, und wenn ihnen ein pferd faͤllet, koͤnnen
ſie die naͤchſten pferde der bauern, oder buͤrger
darzu gebrauchen, immaſſen dann auch die be-
nachbarte bauern und buͤrger auf verlangen gegen
empfang des voͤlligen poſtgeltes ire pferde herge-
ben muͤſſen, von Hoͤrnigkcap. VIII. th. 16,
Kur-Braunſchw. Luͤneb. L. O. Vter teil ſ. 35 und
im IIIIten teile ſ. 353 fg.
§ 2163
Die poſtbedinte ſtehen in amtsverrichtungender poſtbe-
dinten ge-
richtsſtand.
unter dem ober-poſtamte, oder unter demjenigen,
welchem ſonſt die aufſicht aufgetragen iſt. Hin-
gegen der uͤbrigen ſtreitſachen halber, z. e. uͤber
ligende guͤter, erbſchaften und dergleichen, haben
ſie iren gerichtsſtand bei irer ordentlichen oberkeit,
F. H. Caſſeliſche poſtordnung § III, IIII, Kur-
Braunſchweig-Luͤneb. L. O. im IIIIten teile
cap. 6 ſ. 370 fg.
§ 2164
Von den poſten werden die landkutſchen undder landes-
herr kan
uͤber die
landkutſchen
allein geba-
ren.
boten unterſchiden. Ein landesherr vermag allein
uͤber die landkutſchen zu gebaren, von Beuſt im
IIIIten teile ſ. 5 fgg. ſ. 293 fgg., F. H. Caſſeliſche
poſtordnung § 42 fgg. Fernere beifuͤgung zur F.
S. Gothaiſchen landesordn. ſ. 589 fgg., Fride-
rich Philippidiſp. de rhedis meritoriis vulgo
von Land-kutſchen, Leipzig 1685.
§ 2165
Das wort bote hat mancherlei bedeutungen.die boten
ſind man-
cherlei.
Man hat oͤffentliche und privat-boten, gerichts-
amts- kammer- rats- und andre boten, welche ge-
wiſſe geſchaͤfte eines andern zu verrichten uͤber ſich
nemen, und deshalben von einem orte zum andern
geſchicket werden. Und diſes beſchihet entweder
gegen bezalung, oder one ſolche, geſtalt das bot-
J i i 4ſchaft-
[872]LV haubtſtuͤck
ſchaft-gehen auch unter den dinſten ſo wohl fronen
befunden wird (§ 398, 470), welches iedoch hie-
her nicht gehoͤret, anerwogen die rede vom poſt-
weſen und demjenigen, was mit ſelbigem einige
aͤhnlichkeit hat, iſt.
§ 2166
te iſt?
Die Reichsſazungen ſprechen ebenfalls vom
boten-weſen. Ein ſolcher bote heiſet, der auf
ſeine koſten brife und packereien, auch perſonen
mit oberkeitlicher verguͤnſtigung gegen eine gewiſſe
fracht fortſchaffet.
§ 2167
tungen,
Die boten ſind entweder reitende, oder farende,
oder gehende, z. e. von Nuͤrnberg gehet die woche
einmal uͤber Jena ein reitender bote gen Leipzig.
Auf der botenſtraße von Jena bis Nuͤrnberg ſind
nur zwo abwechſelungen.
§ 2168
lungen.
Die boten bleiben entweder im lande, oder ge-
hen auſſer landes, z. e. ein bote zihet aus Nuͤrn-
berg gen Wien, einer nach Hamburg, einer nach
Breslau, einer gen Salzburg, einer gen Stutt-
gart ꝛc. Die Leuthaͤuſeriſche kutſche aus Jena
faͤret nebſt einem frachtwagen zur beſtimmten zeit
gen Nuͤrnberg, trift zur geſetzten zeit wieder ein,
und faͤret von Jena auf Leipzig. Die ſtadt Coͤln
hat der boten halber irrungen mit dem Reichs-
poſt-amte gehabt. Die geſchichte ires boten-we-
ſens von 1578 an, und wie ſie auf Andorf, Ham-
burg Frankfurt auch gen Brabant, Holl- und
Seeland ꝛc. allerlei brife mit pferde und manne
umzuwechſeln, auch die boten-hoͤrner zu tragen
befuget waͤren, erzaͤlen KoͤnigsSelecta iuris pu-
blici t. XVIIII ſ. 230 fgg. Im Kur-Saͤchſiſchen
Kur-Brandenburgiſchen, auch in Schleſien
finden
[873]vom poſt-regal.
finden ſich ebenfalls kutſchen- boten- und amts-
expeditionen, ſtats- und reiſe-geographiVI ſ. 220.
§ 2169
Ein landesherr vermag in ſeinem lande dasje-ein landes-
herr mag
das zum ab-
bruche der
poſten gerei-
chende bo-
tenweſen be-
ſchraͤnken u.
verbiten.
nige botenweſen, wodurch den poſten abbruch und
eintrag beſchihet, zu beſchraͤnken, auch gaͤnzlich zu
verbiten, F. H. Caſſeliſche verordnung vom 25
maͤrz 1725 und 5ten maͤrz 1753, Menken in ſy-
ſtemate iuris ciuilis ſ. 970 fg., nicht minder die
auslaͤndiſchen kutſcher und boten anzuhalten, ire
mitgebrachten brife und packeter in die poſt-aͤmter
zu lifern.
§ 2170
Die zeitungen und deren fertigung ſind keinedie zeitun-
gen gehoͤren
nicht zu den
poſten.
zubehoͤrde der poſten, ſondern diſe haͤngen von
dem landesherrn ab, welcher auch deren cenſue
anvertrauen kan, wem er will, Fritſchad Lim-
naeum IIII, 8, num. 267, und im diſc. de hod.
vſu et abuſu nouellarum, cap. III § 2, cap. 5,
von Ludewigde iure poſtarum § 24, El.
Aug. Strykde iure nouellarum cap. II.
§ 2171
Uebrigens kan man ſich wegen der poſtſtrei-die ſchriften
vom poſtwe-
ſen.
tigkeiten aus des Adam Cortrejusobſeruatis
de regali poſtarum iure 1710 fol. T. IIII cor-
poris iuris publici, und des Chriſtian Leon-
hardiſcriptoribus et excerptis iuris poſtarum
Leipzig 1710 fol. erſehen; aber nicht laben, noch
weniger erſaͤttigen. Thue hinzu: Joh. Heinr.
Bocrisde reſeruato poſtarum, Caeſaris pro-
prio, Bamberg 1745, 4.
J i i 5Sechs
[874]LVI haubtſtuͤck
Sechs und funfzigſtes haubtſtuͤck
vom waſſer-regale
§ 2172
waſſer be-
trachtet
wird
Das waſſer wird entweder nach der natur-
kunde, oder der policei, oder nach der rent-
kammer-wiſſenſchaft, oder nach anleitung des
Teutſchen rechtes betrachtet.
§ 2173
turkunde?
In betref der natur-kunde haben wir uns dahir
nicht zu beſchaͤfftigen. Diſe leret, daß das waſ-
ſer ein durchſichtiger, fluͤſſiger und ſchwerer koͤrper,
deſſen teile, klein, glatt, laͤnglich, ſchluͤpferig,
und wie ſchlaͤngelgen ſind, welche beſtaͤndig uͤber
einander herrollen, Hambergerselementa phy-
ſices.
§ 2174
einteilung.
Wir bemerken nur nach maasgebung der hy-
drologie, oder des waſſer-reiches die einteilung in
ſuͤßes und mineraliſches waſſer. Darunter iſt
das rinnende und quellwaſſer das leichteſte. Hin-
gegen iſt das meerwaſſer am ſchwereſten, mithin
traͤget es auch am ſchwereſten, iedoch traͤget wohl
ein ſtrom ſchwerer als der andre. Alſo traͤget
das Mainwaſſer in ſeiner art ſchwerer, als das
Rheinwaſſer.
§ 2175
fluͤſſe, ſtroͤ-
me, uͤber-
ſchwem-
mungen
entſtehen?
Aus dem quell-waſſer entſtehen baͤche. Vile
baͤche machen einen fluß. Aus mereren fluͤſſen
wird ein ſtrom. Man ſehe das hydrographiſche
lexicon aller ſtroͤme und fluͤſſe in Ober- und Nider-
Teutſchlande 1743, 8, Heinrich Kuͤhn von dem
urſprunge der quellen und des grundwaſſers, Ber-
lin 1746, 8, und Scheuchzers natur-hiſtori des
Schwei-
[875]vom waſſer-regal.
Schweizerlandes im IIten bande 1752, 4, ſ. 1-98.
Tretten der bach, der fluß oder ſtrom aus iren
ufern, ſo eraͤuget ſich eine uͤberſchwemmung. Hir
hebet ſich die fuͤrſorge der policei an; in betracht
eine uͤberſchwemmung dem platten lande am graſe,
oder dem wiſen- und dem ackerbaue gar zu merk-
lichen ſchaden zufuͤget, die bruͤcken und daͤmme
zerreiſet. Derohalben als der Ohmfluß bei ſei-
nen ſtarken ergiſungen nicht genugſamen abfluß
hatte, indem man im Kur-Mainziſchen amte Ame-
neburg wider die vertraͤge die alte Ohm mit ſchilfe
und ſtraͤuchern hatte verwachſen laſſen, die hiſige
landesregirung ſich 1756 gemuͤßiget ſahe, auf die
raͤumung und ſaͤuberung der alten Ohm ernſtlich
zu dringen.
Von dem waſſer nach maasgebung
der policei.
§ 2176
Auſſer der obſorge wegen der uͤberſchwemmun-was des
waſſers hal-
ben bei feu-
ersbruͤnſten
gen der baͤche, fluͤſſe und ſtroͤme, richtet die poli-
cei ire aufmerkſamkeit auf den vorrat des waſſers,
deſſen erhaltung, reinlichkeit, geſundheit. Es
werden zu dem Ende brunnenordnungen erlaſſen,
roͤhr-brunnen-meiſter beſtellet. Beſonders nimmt
ſie ruͤckſicht auf die feuersbruͤnſte. Gehet ein
bach beim ort vorbei, ſo bauet ſie, daß er im
notfalle an einem orte durch die gaſſen fluͤſſe. Im
mangel deſſen, oder an bergigten orten ſind hir
und da wohl verwarete waſſergruben anzulegen,
wo aber mineraliſches waſſer zu haben iſt, da ge-
het diſes allen waſſern vor, immaßen deſſen ſchwe-
re das feuer flugs loͤſchet. So bald die Haloren
zu Halle mit der ſole ankommen; hat das feuer
verſpilet.
§ 2177
[876]LVI haubtſtuͤck
§ 2177
des trinkens
u. kochens,
Die policei ſinnet auch auf gutes waſſer zum
behufe des trankes und der kocherei der untertanen,
immaßen das waſſer nicht allein unumgaͤnglich
noͤtig, ſondern auch zur geſundheit dinlich iſt.
Gleichwol eine der haubtobligenheiten der policei
darin beſtehet, daß ſie fuͤr die geſundheit der un-
tertanen ſorge trage. Das geſunde waſſer ver-
dinnet das hizige gebluͤt, kuͤlet es ab, machet es
fluͤſſig; erquicket, befoͤrdert die verdauung; ſinte-
mal es in die ſpeiſen im magen eindringet, ſie auf-
loͤſet und verdinnet, die hizige, ſaure und ſalzige
teile verbeſſert, den durſt loͤſchet, und den urin,
auch ſtulgang befoͤrdert, Baͤumter praͤſerviren-
der arzt ſ. 429 fgg. Man lobet an Rom, daß
diſe ſtadt beſſeres waſſer als Paris habe. Die
Reichsſtadt heilbronn pranget mit dem reineſten
waſſer, welches aus einem brunnen vermittels
ſiben roͤren in der ſtadt ſpringet. Jedoch behaͤlt
unter allen gemeinen boͤrnern der zum Schlangen-
bade den preis des trinkwaſſers, Belidorsarchi-
tectura hydr.
§ 2178
urſachen
das friſche,
klare, helle,
auch leichte
waſſer an-
zuſchaffen
iſt?
Die policei denket auf die anſchaffung friſchen,
klaren und hellen, auch leichten waſſers; denn
ie leichter ein waſſer iſt, deſto eher gehet es durch
die kleineſte gefaͤße hindurch, und duͤnſtet auch
durch die ſchweisloͤcher wieder hindurch, Kruͤ-
gers natur-lere I, § 164. Bei einguͤſſung deſſel-
ben ins glas muͤſſen die perlen in die hoͤhe ſteigen.
Die policei verbitet den gebrauch truͤben, dicklich-
ten, auch ſolchen waſſers, das einen ſaz nach ſich
laͤſſet. Wegen der waſſerleitung in einen ort,
lenket man das augenmerk an einen berg, woraus
waſſer quillet. Je ſteinigter und ſandigter das
erdreich der quelle beſchaffen iſt; deſto geſuͤnder iſt
diß
[877]vom waſſer-regal.
diß waſſer. Stehet die quelle gegen morgen; ſo
iſt ſie noch beſſer. Die haͤrtigkeit des waſſers
verliret ſich durch den lauf in den roͤren. Die
quelle heiſſet eigentlich ein born. Diſemnach iſt
der born ein quellwaſſer, daraus man entweder
waſſer ſchoͤpfet, oder es daraus leitet.
§ 2179
Die boͤrner ſind in anſehung der eigenſchaft desdie eintei-
lungen der
brunnen.
waſſers unterſchiden. Man hat bitter- ſauer- ge-
ſund-brunnen, warme quellen, welche man zu
baͤdern gebrauchet. Hirnaͤchſt werden ſie nach
irer natuͤrlichen lage, oder dem daruͤber aufge-
fuͤhrten gebaͤude, auch nach dem eigentume und
gebrauche in natuͤrliche und kuͤnſtliche, gegrabene,
plump- zih- roͤhr-brunnen und fontainen, waſſer-
kuͤnſte, oͤffentliche, gemeine und eigene brunnen
eingeteilet. Johann Bernhard Friſens diſp.
de iure fontium.
Von der roͤren-leitung.
§ 2180
Die roͤren-leitung iſt eine zuſammenfuͤgung ver-was die roͤ-
ren-leitung
und die roͤ-
ren ſind?
ſchidener roͤren. Diſe ſind aushoͤlungen verſchi-
dener zur waſſer-leitung dinlicher ſachen. Denn
die roͤren werden von holze, eiſen, bleie, done ꝛc.
gefertiget. Man leget ſie in die erde, um das
waſſer von einem hoͤhern orte in einen etwas nidri-
gern zu bringen. Nach der groͤſe des waſſers
richtet ſich die innere weitung der roͤren, z. e. 1, 2
bis 12 auch merere zolle; wie es die menge des
waſſers erfodert.
§ 2181
Eine hoͤlzerne roͤre hat die laͤnge von 10 bis 15wie deren
zuſammen-
fuͤgung be-
ſchihet?
fußen. Sie werden vermittelſt eiſerner buͤchſen
zuſammengefuͤget. Diſe ſind weiter, als die
muͤn-
[878]LVI haubtſtuͤck
muͤndung der roͤren, und haben ſcharfe raͤnder,
daß, wenn ſie um die muͤndungen zwiſchen zwoen
roͤren angeſetzet, die roͤren aber mit ſchlaͤgeln von
holze an einander getriben werden, die buͤchſe zu
beiden ſeiten das holz ergreife, und diſe mit ein-
ander verbinde.
§ 2182
beſten roͤren
ſind?
Die beſten ſind die eiſernen roͤren, oder die von
done bei den trink- und koch-waſſern. Jene ſind
drei ſchuhe und etliche zolle lang. Man ſtecket ſie
in einander. Das dinne ende wird mit gekitte-
tem werke umwunden. Die befeſtigung kan auch
mit ſchrauben beſchehen, wenn ſie kraͤnze an den
enden haben, worin die ſchrauben eingreifen
koͤnnen.
§ 2183
ſpuntloͤcher
dinen?
Die ſpunt- auch luft-loͤcher ſind bei den roͤren
nicht zu verabſaͤumen. Das ſpunt- loch dinet
zur reinigung der roͤren vermittelſt der ſchleim-rute.
Diſe beſtehet aus langen geſpaltenen und mit den
enden zuſammengebundenen ſtaͤben, in der ſtaͤrke
der ſchwachen boͤttiger-reife. Die luft-loͤcher
ſind, daß, wann bei eintrettung des waſſers in
die roͤren, luft mit einſchleichet, ſolche nicht noͤtig
habe, durch das ganze roͤrwerk mitzugehen, mit-
hin diſes ſotane luft nicht beſchaͤdigen koͤnne, ſon-
dern bald ausgehen koͤnne. Jedoch muͤſſen die
luftloͤcher ſo angeleget werden, damit das waſſer
dadurch nicht hervordringe. Daher man be-
ſondre perpendicular-roͤren daruͤber aufſtellet,
Penthers baukunſt I ſ. 133.
§ 2184
ſonen zur
waſſerlei-
tung gehoͤ-
ren?
Zur waſſerleitung gehoͤren ein bornmeiſter, ein
roͤrenmeiſter und zur winterszeit ein waͤchter, da-
mit das waſſer vor eintritt in die roͤren nicht ge-
frire. Diſemnach iſt der waͤchter nicht ſowol bei
der
[879]vom waſſer-regal.
der quelle, daraus das waſſer in die roͤren tritt,
als vilmehr bei dem brunnen, woraus das waſſer
durch die roͤren in den kumpf, oder waſſer-behaͤl-
ter tritt, (fontaine à coupe) iſt ein waͤchter noͤ-
tig, damit an den in die hoͤhe ſteigenden roͤren,
das waſſer nicht einfrire. Jedoch muß der ein-
tritt des waſſers in die roͤre an der quelle bei har-
tem froſte auch taͤglich beſichtiget werden. Der
erſte muß die waſſerkunſt verſtehen, und von ei-
nem mathematiker vorher in ſeiner wiſſenſchaft vor
der beſtellung zu diſem dinſte gepruͤfet worden ſeyn.
Wo man keine eiſerne, oder bleierne, auch toͤpfer-
ne roͤren hat, wird ein kleines holz-magazin nebſt
einem bohr-gewoͤlbe erfodert.
§ 2185
Iſt die waſſerleitung zu koſtbar, faͤllet manwas bei gra-
bung eines
brunnens zu
beobachten
iſt?
aufs graben eines brunnens. Hir wird ein ſtei-
nigter, oder ſandigter ort erwaͤlet. Die ausraͤu-
mung und die einwerfung etwas ſalzes iſt nicht zu
verabſaͤumen; geſtalt hirdurch das waſſer gereini-
get und fuͤr der faͤulniß bewaret wird.
§ 2186
Ob zwar die brunnen zu graben einem iedenwas bei gra-
bung der
brunnen zu
beſorgen iſt?
auf dem ſeinigen nachgelaſſen iſt, auch diſes im
auguſt und ſeptember zu beſchehen pfleget; imma-
ſen, wenn alsdann ſich waſſer zeiget, man einer
beſtaͤndigen quelle zu gewarten hat; dennoch ni-
manden verſtattet iſt, des nachbars gebaͤude und
deſſen eckpoſten, oder eckbande zu nahe zu kommen,
allermaſen die grabung an demſelben ein weichen
des brunnens von wegen des druͤckens oder der laſt
des gebaͤudes verurſachet. Daher der gegrabene
brunn weichet und die laſt des gebaͤudes folget,
mithin der einfall des gebaͤudes verurſachet wird.
Schilterexerc. 19 § 17, Friſe am a. o. § 23 fgg.
§ 57.
§ 2187
[880]LVI haubtſtuͤck
§ 2187
ſind fuͤr der
unreinig-
keit zu ver-
waren.
Fuͤr der unreinigkeit muͤſſen die brunnen und
boͤrner durch enge gitter verwaret werden. An-
benebſt ſind die roͤren alſo zu fuͤren, damit weder
das waſſer in den roͤren gefrire, noch bei naſſen
wetter die feuchtigkeiten aus den heimlichkeiten
weder an den waſſer-roͤren noch uͤber denſelben
herfluͤſſen. Belidorsarchitectura hydraulica,
oder die kunſt das gewaͤſſer zu den verſchidentlichen
notwendigkeiten zu leiten, Augsburg 1740 und
1748 in 2 baͤnden, fol. Die ausraͤumung und
ſalzung derſelben muß jaͤrlich zu etlichen malen be-
ſchehen. Waſch- oder anderes unreines waſſer
darf in keine trink- oder kochquelle bei nachdruͤckli-
cher ſtrafe gebrauchet werden. Dergleichen iſt
auch vom zihbrunnen zu ſagen. Es iſt aber ein
zihbrunn eine quelle, woraus das waſſer auf vor-
gehendes graben und einfaſſung deſſelben, durch
arbeit gebracht werden muß.
§ 2188
dem roͤren-
waſſer zu ſe-
hen iſt?
Bei dem roͤr-waſſer iſt eine richtige einteilung
nach loten zu ſezen. Immittels iſt in die privat-
brauhaͤuſer nichts abzugeben, bis die oͤffentlichen
ſpringbrunnen verſehen ſind.
§ 2189
brunnen-
zirraten di-
nen?
Zur verſchoͤnerung einer ſtadt gehoͤren die koſt-
baren brunnen-zirraten, die man zu Nuͤrnberg
und Augsburg ſehen kan. Jene hat Doppel-
maier im werke von den Nuͤrnbergiſchen mathe-
matikern und kuͤnſtlern beſchriben. Belidor
am. a. o.
§ 2190
brunnen an-
geleget und
verbauet
werden moͤ-
gen?
Dafern der brunn ein hartes waſſer fuͤret; ſo
gehet es wol an, eine pumpe anzulegen und ihn zu
verbauen. Iſt hergegen das waſſer weich und
matt, ſo wird das waſſer durchs zubauen verdor-
ben;
[881]vom waſſer-regale.
ben; weiln man ihm den einzug der friſchen luft
benimmt; folglich wuͤrde die anlegung einer pum-
pe hir unſchicklich fallen.
§ 2191
Allermaßen zum trink-waſſer keines beſſer, alsdas regen-
waſſer iſt
zum trinken
gut.
das aufgefangene regenwaſſer iſt; ſo hat die policei
zur auffaſſung des regenwaſſers veranſtaltungen
vorzukeren. Der prinz Eugenius von Savoyen
hat alle gattungen der waſſer zum tiſchtrunke pruͤ-
fen laſſen, keines aber beſſer, als das regenwaſſer
befunden.
§ 2192
Jedoch iſt das regenwaſſer im mai und ſom-welches am
beſten iſt?
mer von den unreinigkeiten am meiſten geſaͤubert.
Der fuͤrwand, als ob das maͤrz-regenwaſſer das
haͤrteſte ſey, iſt unerfindlich. Denn ſein geſchmack
iſt ſcharf und ſchwer, welches von den ſchnee-teil-
gen herruͤret; da hingegen das mai- und ſommer-
regenwaſſer hell, rein, klar und leicht iſt.
§ 2193
Im fall der not findet nur das fluß- und moraſt-wie ſchlech-
tes waſſer
zum trinken
zubereitet
werden
kan?
waſſer zum trinken, oder kochen ſtatt. Truͤbes
fluß- und moraſtiges born-waſſer muß vorher ent-
weder abgekochet oder durch ein tuch geſeiet wer-
den, ehe daſſelbe verbrauchet wird; die abkochung
mit dem nuͤſſe- oder fenchel ſamen iſt auch fuͤrtraͤg-
lich. Oder man leget eine kruſte brodes, oder
ein ſtuͤck meer rettiges hinein.
§ 2194
Sind die boͤrner und brunnen zu kalt; ſo ent-das waſſer
iſt nicht all-
zu kalt zu
trinken.
ſtehen aus dem jaͤhen trinken gar beſchwerliche
krankheiten, als die doͤrr- und waſſerſucht, ent-
zuͤndung der lunge, ſeiten-ſtechen, magen-druͤcken,
erbrechen ꝛc. Derowegen den untertanen durch
dinliche fuͤrſtellung vermittels der land-aͤrzte zu
K k ktun
[882]LVI haubtſtuͤck
tun ſeyn will, damit ein erhizter menſch nicht ſo
gleich kalt trinke, Baͤumler ſ. 438.
§ 2195
rbren- und
brunnen-
bau beizu-
tragen hat?
Zum oͤffentlichen und gemeinen brunnen- und
roͤren-bau muß, im mangel der gemeinen einkuͤnf-
ten ein ieder beitragen, Friſede iure fontium
§ 36, 37, MeviusP. IIII deciſ. 128. Selbiger
darf nicht behindert, vielweniger die brunnen ver-
giftet werden, Friſe § 13, § 58. Die zihe-brun-
nen mit leiern oder walzen ſind zu verbiten; weiln
kindern, wo ſie dazu kommen, und den eimer an
den brunnen bringen, ſotane leier den arm leicht-
lich entzwei ſchlaͤget.
§ 2196
gen der
pump-brun-
nen.
Das waſſer wird vermittels der pumpen eben-
falls in die hoͤhe gebracht. Man hat derſelben
dreierlei gattungen: pump-werke, ſaug-werke und
druk-werke. Von der lezten gattung iſt zu Mar-
burg eines, welches aus dem Laͤn-fluſſe das waſſer
auf das erhabene ſchloß treibet. Die gemeineſte
plumpen beſtehen aus einer hoͤlzernen roͤre, welche
unten im waſſer ſtehet, und nahe uͤber dem waſſer
ein feſte ſizendes ventil; oberwaͤrts in der roͤre
aber ein anderes ventil ſich findet, das mit huͤlfe
eines ſchwaͤngels, oder hebebaumes auf und nider
gezogen wird, die beſten gattungen davon hat
Wedel in verſchidenen anſchlaͤgen und kupfern
mitgeteilet.
Von den baͤdern und geſund-brunnen.
§ 2197
policei bei
den baͤdern
und geſund-
brunnen zu
denken?
Allermaſen die baͤder und geſund-boͤrner zur
geſundheit der menſchen viles beitragen ſollen; ſo
muß die hohe policei fuͤr deren erhaltung und der
gemaͤchlichkeit der bade- und brunnen-gaͤſte be-
dacht
[883]vom waſſer-regale.
dacht ſeyn. Der Scheuchzer hat in der natur-
hiſtori des Schweizerlandes ſ. 332 fgg. des IIten
bandes, die zeichen und wunder erzaͤlet, welche
die Schweizeriſche baͤder gewirket haben ſollen.
Denn es gibt eine gattung aͤrzte, die alles durch
den gebrauch des ſauer-waſſers und des bades he-
ben wollen. Da entſproſſet aber eine neue not:
ob die baͤder mineraliſche waſſer enthalten? oder
nicht? Und hir ſchlaͤget der Scheuchzer am a. o.
ſ. 324 fg. ins geſchirr, wenn er diſe frage vernei-
net und zeiget, was maßen das beruͤhmte bad zu
Pfeffers nichts mineraliſches enthalte. Zihet man
aber einen natur-kuͤndiger zu rate; ſo erſchallet
diſe antwort: die vermiſchung des eiſens mit dem
ſchwefel gebaͤret eine waͤrme; folglich wird das
waſſer davon warm. Alldieweil ſich nun oͤfters
eiſen im waſſer und ſchwefel unter der erde antref-
fen laͤſſet; ſo muß ein waſſer, das eiſen bei ſich
fuͤret, und durch ein ſchwefeligtes erdreich rinnet,
erhizet werden, Kruͤger § 409 am a. o. Alſo
muͤſſen im Laͤn-fluſſe bei Ems nur eiſen-adern und
ſchwefel-ſtreifen ſich finden; da die ganze Laͤne
nicht heiß wird, ſondern nur heiſſe quellen im fluſſe
hervorſtoͤßet. Indeß findet man auch kalte-baͤder,
Scheuchzer am a. o. ſ. 293 fgg. Das Toͤpli-
zer warme bad fuͤret kies, bergſalz, alaun, erd-
pech und ein wenig kalkſteines bei ſich.
§ 2198
Man darf auch bei den baͤdern und geſund-auch zu ſor-
gen hat?
boͤrnern auf die neben-dinge der libes- und entbin-
dungs-haͤndel nicht verfallen, womit die verfaſſer
zweier buͤcher: die annehmlichkeiten von Langen-
Schwalbach, 8, und die annehmlichkeiten des
Pfeffers-bades, 8, ſich beſchaͤftiget haben. Vil-
mehr ſorget die policei fuͤr das bade-gebaͤude ſelbſt,
fuͤr die gemaͤchliche wonung der bade-gaͤſte, deren
K k k 2eſſen
[884]LVI haubtſtuͤck
eſſen und trinken um einen billigen preis, ſodann
den zeit-vertreib und die ſpazir-gaͤnge und farten,
Melch. Sebizens beſchreibung und widerlegung
etlicher misbraͤuche bei dem gebrauche der ſauer-
brunnen und baͤder, Strasburg 1655, 8.
§ 2199
nem bade-
hauſe gehoͤ-
ret?
Das praͤchtige bade-haus zu Caſſel in der Aue,
welches von incruſtirter marmor-arbeit inwaͤndig
verſehen, iſt merkwuͤrdig. Zu einem bade-hauſe
gehoͤren zwene bade-ſaͤle, deren ieder einen zimlich
großen waſſer-behaͤlter zum baden enthaͤlt. Er iſt
mit ſteinernen treppen verſehen, um fuͤglich ins
waſſer zu gehen. Zwiſchen den zwenen ſaͤlen, de-
ren einer zum behufe der mans- und der andre
fuͤr die weibes-perſonen dinet, iſt ein plaz, worin
fuͤr die beiden waſſer-behaͤlter drei keſſel mit waſ-
ſer, und zwar in dem einen kaltes, im andern
laulichtes und im dritten heiſes ſich befindet, von
welchen man, vermittels dreier verſchidener haͤne,
dasjenige, welches noͤtig war, in die waſſer-be-
haͤlter laſſen kan. Die erhellung des bades ge-
ſchihet durch das von oben herein fallende licht.
Die zeichnung eines Roͤmiſchen und Grichiſchen
bade-hauſes nach anleitung des VitruvsV, 10,
hat Perault in der Franzoͤſiſchen uͤberſezung mit-
geteilet, Penther am a. o. ſ. 12. Tue hinzu die
kupfer-ſtiche vom bade zu Pfeffers beim Scheuch-
zer am a. o. und zwar die VIte und VIIte tafel,
und das kupfer vom Carlsbade in des Lehmanns
merkwuͤrdigkeiten des erzgebuͤrgiſchen kreiſes ſ. 213,
auch in Kundmanns ſeltenheiten der natur ſ. 15.
Die Heſſiſchen baͤder in der grafſchaft Kazenellen-
bogen und zwar das Schlangenbad und das Em-
ſer-bad, auch das zu Hofgeismar ſind ſehr beruͤ-
met, die ſtats- und reiſe-geographi ſ. 122, 115
des IIIIten bandes. Vom Wißbade ſihe den
Wette-
[885]vom waſſer-regale.
Wetterauiſchen geographum ſ. 413 fg., vom Em-
ſerbade ſ. 117 fg., vom Schlangenbade das ge-
waͤrmet wird ſ. 351.
§ 2200
Von den anzulegenden alleen und ſpazir-gaͤn-von den al-
leen und
ſpazir-gaͤn-
gen dabei.
gen ſihet man die kupferſtiche beim Blond ſ. 65 fg.
der gaͤrtnerei, imgleichen von den gehoͤlzen und
luſt-gebuͤſchen ſ. 80 fgg. Es werden von alleen
teils bedeckte, teils offene, teils einfache, teils ge-
doppelte angeleget, nicht minder luſt-waͤlder ge-
pflanzet, Millers Engeliſchen garten-buches IIten
teil ſ. 467 fg.
§ 2201
Der geſund-boͤrner will erſagter Miller 1000wie die ge-
ſundbrun-
nen ent-
ſpringen?
in Teutſchlande zaͤlen. Sie entſpringen von einer
miſchung von vitriol, ſalpeter, alaun und ſalze.
Die fuͤrnaͤmſte ſind: der zu Langen-Schwalbach,
zu Pyrmont, zu Wildungen und der zu Nider-
Selters. Da nun deren gebrauch an der quelle
der beſte iſt; ſo hat die policei zu ſorgen, daß die
gaͤſte an eſſen und trinken, wonung und veraͤnde-
rung keinen mangel leiden. Es werden koſtgeber,
weinſchenken, und fuͤr die, welche ire wirtſchaft
ſelbſt fuͤren wollen, eine menge von eß-waren um ein
billiges gelt erfodert. Von Langen-Schwalbach
ſihe den Wetterauiſchen geographus, und von
den uͤbrigen geſundbrunnen nachfolgende ſchriften.
§ 2202
Unter den hirher gehoͤrigen ſchriften hat mandie ſchriften
von den ge-
ſundbrun-
nen und baͤ-
dern.
folgende zu merken: Fab. von Sommerde
inuentione, deſcriptione, temperie, viribus
et uſu thermarum, D. Caroli IIII imp. Leipzig
1751, 8; Joh. Gottfr. Bergers bericht vom
Carlsbade, Wittenberg 1709, 8; Johann
Chriſt. Tillings nachricht vom Carlsbade, Leip-
zig 1756, 8: Springsfeldde praerogatiua ther-
K k k 3marum
[886]LVI haubtſtuͤck
marum Carolinarum in diſſoluendo calculo
veſicae prae aqua calcis viuae, Leipzig, 1756;
Jac. Th. Tabernaͤmontani neuer waſſer-ſchaz
von allen heilſamen metalliſchen mineraliſchen baͤ-
dern und waſſern, Frankfurt 1605; Ph. We-
bers beſchreibung des Wisbades, Lud. von
Hornigks beſchreibung des Wisbades, Pet.
Leonhart de Monquentin beſchreibung des ba-
des zu baden; Joh. Kuffers beſchreibung des
warmen bades zu Baden; Pet. Wolfartdeli-
neatio thermarum Embſenſium;ebend. be-
ſchreibung der warmen brunnen und baͤder zu
Embs, Mar. Weigels beſchreibung des war-
men bades zu Embs, Joh. Dan. Horſts bericht
vom Embſer bad, wie auch vom Wiß- und Offe-
nauer-bad; Ge. Graſeccs beſchreibung des St.
Peterthals und Griesbacher ſauer-waſſers;
Math. Ramlovs und Ge. Bolmanns beſchrei-
bung der geſund-brunnen zu Wildungen und Pyr-
mont; Joh. Ph. Seips beſchreibung der Pyr-
montiſchen geſundbrunnen, Andr. von Keil be-
ſchreibung der Weſtfaͤliſchen ſauerbrunnen und
baͤder, ſonderlich der Pyrmontiſchen; L.Fr.
Ovelguns entwurf der uralten Wildungiſchen
mineral-waſſer; Pet. Wolfahrts beſchreibung
des Hof-geismariſchen heil- und geſundheitsbrun-
nens; Joh. Conrad Wagners beſchreibung des
trink- und bade-brunnens zu Hofgeismar; El.
Pe. de Beaumont beſchreibung des Geismari-
ſchen geſundbrunnens; Joh. Pet. Welkers be-
ſchreibung des Schlangenbades; Joh. Wilh.
Sparmanns beſchreibung der warmen baͤder zu
Toͤpliz; J. Ad. Goͤriz nachricht von dem Boͤh-
miſchen bitter-waſſer; de Beaumont tr. von der
notwendigkeit die natur der ſauer-brunnen und
warmen waſſer, ſodann der temperamenten und
krank-
[887]vom waſſer-regale.
krankheiten zu erkennen, ehe dieſelbe verordnet
werden.
§ 2203
Im betreff des Teutſchen rechtes, gehoͤren die
baͤder und geſund-boͤrner dem landesherrn; wie-
wohl daruͤber im hochſtifte Luͤttich 1714 geſtritten
worden iſt, von Ludolphſymphor. I ſp. 459
fgg., die einkuͤnfte aber davon fallen in die rent-
kammer, weiln ihr die unterhaltungs-koſten
obligen.
Vom Reichs waſſer-wiger-amte in der
Wetterau, und dem waſſer-haubtmanne.
§ 2204
Eine gattung der waſſer-policei iſt das waſſer-
wiger-amt. Unter dem kaiſer Wenzel wurde ein
alt-adelicher, Ludewig Weis von Feuerbach, zum
kaiſerlichen waſſer-wiger auf den Wetterauiſchen
fluͤſſen, namentlich der Wetter, der Uſe und der
Nidda, vermittels eines lehn-brifes, beſtellet.
Diſes amt verblibe auch bei den gedachten Wei-
ſen von Feuerbach, bis der lezte des manns ſtam-
mes der juͤngern lini Wilhelm Weis von Feuer-
bach die zeitlichkeit 1545 geſegnete. Und weilen
er zwo ſchweſtern verliſe, deren die Eliſabet an
Reinharten von Heuſenſtamm, und die andre
Katharina an Joſt Rau zu Holzhauſen verheira-
tet waren; ſo entſtand des waſſer-wiger-amtes
halber zwiſchen diſen zwoen ſchweſtern ein rechts-
ſtreit, der vom kaiſer im jare 1559 zum behufe des
Rauen entſchiden, und derſelbe 1582 mit ermeld-
ten amte belenet wurde, ungeachtet die aͤltere lini
der Weiſen von Feuerbach noch bluͤhete, und 1603
mit Caſpar Weiſen erſt verdorrete. Dieweil
K k k 4unter-
[888]LVI haubtſtuͤck
unterdeſſen beruͤrter Joſt Rau one leibes-erben
verſtarb, gedihe diß amt an den Reichs-vicekanz-
ler von Stralendorf; wogegen ſich die Rauen,
von Schwalbach und von Heuſenſtamm, eiferig
ſezeten; daher angeregter von Stralendorf diß
amt 1630 dem Rauen als ein unterlehn reichete,
1660 uͤberliſe Albrecht von Stralendorf es den
Rauen gaͤnzlich. Die worte des kaiſerlichen lehn-
brifes von 1664 lauten beim Luͤnig im XIIten
bande des Reichsarchives ſ. 95 alſo „vnd darzue
„die obrigkeith mit dem waſſer und weygen auf
„der Wetter, auf der Uſe und der Nidda„.
§ 2205
fluſſe: Wet-
ter u. Uſe.
Die Wetter, ein kleiner fluß, entſpringet in
der grafſchaft Solms-Laubach, und faͤllet unter
Aſſenheim in die Nidda. Die Uſe koͤmmt aus
dem Naſſau-Dillenburgiſchen und ſtroͤmet diſes
fluͤßgen bei Uſingen und Fridberg vorbei, wo bei
alten Fauerbach es die Wetter aufnimmet. Von
der Nied habe ich in den Originibus iuris publi-
ci Haſſiaci gehandelt. Sie faͤllet ober hoͤchſt bei
Nidda in den Main. Man ſihet einen finger-
zeig, wie die kaiſer uͤber II feud. 56 bei den min-
dermaͤchtigen Reichs-ſtaͤnden gehalten, und ſich
die ſtraßen- und waſſer-gerichte zugeeignet haben.
Die Rauen beſtellen einen waſſer-haubtmann,
welcher der waſſer richter iſt und ein groſes ſigel
fuͤret. Als zwiſchen den Heſſiſchen und Dorhei-
miſchen Rauen, welche insgeſamt diß lehn vom
kaiſer tragen, ſtreit entſtand: ob diſes amt zum
gute Dorheim gehoͤre? oder nicht? iſt im jare
1751 das rechtliche bedenken der hiſigen juriſten-
facultaͤt dahin gegangen, daß diſes Reichslehn
dem ſtammes-aͤlteſten gebuͤre; in betracht derglei-
chen amtslehne dem geſchlechtes-aͤlteſten dem her-
kommen nach zufallen. Die arten des waſſer-
wigens
[889]vom waſſer-regale.
wigens zeiget Miller im Engelliſchen gaͤrtner IIten
teil ſ. 481 fgg. Peter Wargentin hat einen ſchoͤnen
bericht vom waſſer-waͤgen dem XIIIIten bande der
Schwediſchen abhandelungen aus der naturlehre
ſ. 87-99 einverleibet, und die feler der waſſer-
wiger bemerket. Sonſt gehoͤren hirher Johann
Chriſtoph Meinig vom nivelliren, oder waſſer-
waͤgen, Leipzig 1724, 8, Leupoldstheatrum
machinarum hydro-techn. § 53 fgg. und im
theatro ſtatic. cap. IIII. Le Febure nouveau
traité du nivellement, Potsdam 1752, 4, Pi-
cards abhandlung vom waſſer-waͤgen, 1749 zu
Berlin, 8, und vorher zu Paris 1727, 8, in
Fraͤnzoͤſiſcher ſprache.
Von der fuͤrſorge der hohen und nidern
policei, in ruͤckſicht auf den waſſerbau.
§ 2206
So vile vorteile man von den fluͤſſen zihet; ebendie fluͤſſe
verurſachen
vilen ſcha-
den.
ſo vilen ſchaden fuͤgen die ſtroͤme, fluͤſſe und baͤche
den anligenden zu, bevorab wenn ſie ſteine bei ſich
fuͤren, mithin reiſſen, wie die Dille bei Wezlar,
und die Laͤne, ehe ſie zwo ſtunden von hir erſt in
ein ufer tritt.
§ 2207
Der ſtrom iſt ein offener canal, in welchen ſichwas der
ſtrom iſt?
wie ſolcher
ſchaden ver-
urſachet?
das waſſer vermittelſt eines beſtaͤndigen gefaͤlles
fort beweget. Der uͤbergroße zufluß, und fuͤr-
naͤmlich die ſtrom-engen verurſachen die fluten
oder uͤberſchwemmungen. Doch hat diſes ſo vil
nicht zu ſagen, wenn nur der ſtrom unter der erde
hervorbricht und die ſchaͤdlichſten corroſiviſchen
ſalze auf die wiſen ſchlemmet, und dadurch vihi-
ſche krankheiten erreget, Silberſchlag § 12.
K k k 5§ 2208
[890]LVI haubtſtuͤck
§ 2208
den ſtrome
iſt zu begeg-
nen.
Dem fortreiſenden ſtrome iſt zu begegnen.
Seine kraft iſt groß. Ein ſtein von einem Rhei-
niſchen decimal-cubic-fuße verliret im waſſer 72
pfunde von ſeiner ſchwere; folglich werden ſteine
und der ſand einen dritten teil leichter im waſſer.
Das holz iſt an ſich leichter, als das waſſer,
Silberſchlag § 16.
§ 2209
grenzen des
waſſers be-
ſtehen?
Die grenzen des waſſers beſtehen eigentlich nicht
im ſtrom-bette, auch nicht in dem ufer, ſondern
haubtſaͤchlich in der ſtrom-enge. Diſe vermeret
die geſchwindigkeit des waſſers. Man ſehe den
Rhein und die Donau an, wo ſie ſich durch die
felſigten berge zwingen.
§ 2210
ſtrom-bane
und die di-
rections-
lini iſt?
Auſſerdem iſt das augenmerk auf die ſtrom-bane
zu lenken. Diſe iſt diejenige richtung, nach wel-
cher ſich ein ſtrom fortbeweget. Und die lini, wel-
che diſe richtung beſtimmet, heiſſet die directions-
lini. Die ufer ſind der grund der abaͤnderung
der ſtrombane, Silberſchlag § 31, 32. Auch
tragen die ſtrom-engen zu ſotaner veraͤnderung bei
§ 35. Doch laͤſſet ſich die ſtrom-bane auch ge-
brauchen zur wegſchaffung der ſchaͤdlichen inſeln
und ſand-haͤger, die ſie untergraben muß, nicht
minder kan ſie die ſtrom-engen aus dem wege raͤu-
men helfen, Silberſchlag § 40 am a. o.
§ 2211
bei zu ſehen
iſt?
Sorge demnach, damit die directions-lini, ver-
mittels des einbaues, oder einer gegen-batteri zum
zuruͤck-prallen (reflexion) gebracht werde. Gebe
ſodann auf die ſtriche der ſtrom-bane achtung;
denn diſe laufen ſchneller, als die uͤbrige ſtrom-
bane. Des ſtriches muß man ſich durch ein an-
gelegtes werk bemaͤchtigen. Nimalen aber darf
auf
[891]vom waſſer-regale.
auf ſolches werk die directions-lini des ſtrom-ſtri-
ches mit einem rechten winkel fallen, § 44, I,
und ie kleiner der winkel iſt, deſto leichter prallet
der ſtrom-ſtrich zuruͤk. Diß leret das ſchuͤßen
mit einer buͤchſe aufs waſſer, davon die kugel auf
die am ufer ſtehende ſcheibe prallet.
§ 2212
Die ſtrom-arbeit begreift unter andern die an-worin die
anhaͤgerung
beſtehet?
haͤgerung, kraft deren man zuſaͤze vom lande zu
den ufern zu gewinnen ſuchet. Dabei iſt die
haubt-regel: laſſe die ſtrom-ban unangefochten!
was aber auſſer diſer liget, mag alles angehaͤnget
werden. Bei einer flut iſt die ſtrom-ban am be-
ſten zu finden. Die groͤſſeren wellen, die lang-
ſam gehen, machen dieſelbe aus. Die krauſen
brandungen neben ſolchen gehoͤren nicht zur ſtrom-
bane. Diſe tritt uns jene gerne ab. Man darf
aber zu diſem behufe keine zaͤune anlegen, die mit
dem ſtrome parallel laufen, weilen diſer jene ſo-
dann wegſpilet. Der anfang des haͤgers iſt ſtark
zu bepflanzen, damit keine inſel entſtehe. Die
reihen muͤſſen daher etwas ſchief gegen den ſtrom
anlaufen. Auch beim dauen muß das eiß vor
dem haͤger weg. Die bepflanzung des ufers mit
korb-waiden iſt hoͤchſt nuͤzlich, rings um das ufer.
Auch leiſtet eine kleine gegen-batterie gute dinſte.
Die grenzen des waſſers werden ſtark mit waiden
beſezet. Nach verrauſcheten winter-fluten faͤnget
man an zu haͤgern. Ein haͤger haͤlt den fluß rein
und tief, Silberſchlag § 22 fgg. Von der naͤch-
ſten ſtrom-enge faͤnget der haͤger an, und zihet bis
an die naͤchſte ſtrom-enge in geſtalt eines ligenden
lateiniſchen ⌓. Man darf ſich aber nicht einbil-
den, als ob man die uͤberſchwemmung eines gar-
tens oder einer wiſe, die am waſſer-fluſſe ligen,
vermittels einer am ufer aufzufuͤrenden mauer
abzu-
[892]LVI haubtſtuͤck
abzuhalten vermoͤge. Nein! der fluß laͤſſet die
mauer wol ſtehen. Jedoch ſo bald die flut ſich
zeiget; alsdann quillet das waſſer hinter der mauer
vor. Solchenfalls wird die uͤberſchwemmung
eben ſo groß, als wie keine mauer da war. Zu-
geſchweigen, daß man dem waſſer die abzucht
verſchaffen muß, deren es vorher nicht bedurfte,
ſondern wie der ſtrom file, auch die uͤberſchwem-
mung von ſelbſt abnam. Diſe erfarung leret
demnach: daß zwar eine flut durch das hervor-
quellen ſich eraͤuge; iedoch das waſſer durch ſeine
vorige quellen ſich nicht wieder verliere. Denn
die druͤckung des ſtromes iſt weit ſtaͤrker, das waſ-
ſer uͤber ſich zu ſtoßen, als die kraft des uͤber-
ſchwemmeten waſſers iſt.
§ 2213
zu befeſti-
gen.
Die befeſtigung des ufers iſt nicht zu vergeſſen.
Ein felſigtes und kiſigtes. Den von fligendem
ſande iſt nicht zu trauen, imgleichen die von lei-
men und ſtaub-erde, auch aller lockeren erd-arten
laſſen ſich beim erſten anfalle fortreiſſen; das let-
tige und tonige liget etwas feſter. Ein krummes
ufer verdinet ein wachſames auge, wie auch ein
hohes, ſteiles und lockeres. Hier muß man zuvor
kommen, und darf den unfall nicht erwarten.
§ 2214
le ufer zu
machen iſt?
Das ſteile (jaͤhe) ufer muß ſchraͤge gemachet
werden. Darauf bepflanzet man es mit dornen
und waſſer-waiden, auch raſen und ſchilfe. Hat
das waſſer aber ein ufer, das mit dem ſtrome
parallel liget, oder wo es vorwaͤrts ausgebogen,
alsdann iſt weiter nichts zu tun, als nur das weg-
geriſſene wieder herzuſtellen, und es wider den
weitern anfall zu befeſtigen; aber ja nicht mit
zungen (bunen). Die luͤcke des eingeriſſenen
ſchraͤgen parallel-ufers wird mit ſchutte, ſteinen,
truͤm-
[893]vom waſſer-regale.
truͤmmern von ſteinbruͤchen und zigel-huͤtten aus-
gefuͤllet. Oder man fuͤllet nur die tifen loͤcher
einigermaßen an. Das uͤbrige haͤgert man an.
Tritt aber der ſtrom ieweilen in die luͤcke des
ſchraͤgen parallel-ufers, alsdann vernaͤtert man
daſſelbe, doch ſo, daß es keine ausholung vom waſ-
ſer leide, wie ſonſt gemeiniglich zu beſchehen pfle-
get. Der anfang wird mit einſchlagung ſtarker
zaun-pfaͤle beim nidrigſten waſſer gemachet, daß
ſie nur einer handhoch aus dem waſſer hervorra-
gen. Je tiefer das werk in den ſtrom zu bringen
iſt, deſto beſſer wird ſelbiges. Nun folget gegen
das ufer noch eine reihe pfaͤle. Hirauf flechtet
man lange wuͤrſte von waiden in der geſtalt einer
ganz laͤnglicht ligenden zifer ∞. Diſe ſchlinget
man in die erſte oder aͤuſſerſte reihe pfaͤle, und
ſtoͤſſet ſie mit ſtoͤßeln in den grund. Man faͤret
ſo fort bis zur oberflaͤche des waſſers. Die uͤbri-
gen waͤnde werden eben ſo verzaͤunet. Die ab-
teilungen ſind mit groben ſchutte und ſteinen anzu-
fuͤllen. Drei zwiſchen-zaͤune von waiden wuͤrſten
dinen zur haltung des zaunwerks im ſtrome. Der
raum diſer zwiſchen-zaͤune wird mit ganzen wai-
den-zweigen in die quere beleget. Die faſchinen
taugen nichts, weiln ſie nur hole arbeit geben;
gedachte waiden-zweigen uͤberdecket man mit
ſchutte, einer ellen hoch. Die flechtung der waͤn-
de wird auch fortgeſezet. Endlich koͤmmt eine
lage waiden-holz darauf.
§ 2215
Ein auswaͤrts gegen den ſtrom gebogenes uferwie das
auswaͤrts
u. inwaͤrts
gegen den
ſtrom gebo
genes ufer
zu verwaren
iſt?
darf man nur fuͤrm wegreiſſen bewaren. Dahin-
gegen das inwaͤrts gebogene ufer den-ſtrom wider
ſich im anzuge hat. Daher bei diſem ſtarke ab-
weiſende werker erfodert werden.
§ 2216
[894]LVI haubtſtuͤck
§ 2216
werke gute
dinſte tun?
Bei ſteilen parallel-ufern tun die pack-werke
gute dinſte. Die ſturzen der faſchinen werden
dem ſtrome zugekeret, um deſſen macht zu zerſtreuen.
Ausgebogene, das iſt, in den ſtrom eintrettende
ufer werden auch durch pack-werke gebaͤndiget.
Wider das eiß ſezet man pfaͤle ein. Beim ſteilen
einwaͤrts gebogenen ufer, wenn der ſtrom ſchon
eingeriſſen hat, ſo muß diſer riß gebauet und eine
zunge vorgeleget werden.
§ 2217
packwerke
ſind?
Die pack-werke bei ſteilen ufern ſind pfal-werke
und mauern. Jene beſtehen aus einer reihe von
pfaͤlen und faſchinen, die verankert und hinder-
waͤrts mit brettern beſchlagen werden, um das
herabſchuͤßende erdreich abzuhalten. Die abbil-
dung davon erblicket man in der 6ten tafel des
37ten kupferſtiches beim Silberſchlage. Wie
die mauern einzurichten ſeynd, ſolches ergibet der-
ſelbe § 53. Nach dem beiſpile der Schweizer und
Tiroler muß man keine ſandſteine darzu nemen.
Der kuͤtt iſt entweder warmer oder kalter. Di-
ſer haͤlt in jenem waſſer, und jener in einem andern
fluſſe. Die durch blei eingegoſſene klammern hal-
ten uͤberall.
§ 2218
oder zungen
werden be-
ſchriben.
Die bunen, oder zungen ſind werke, die vom
ufer aus in dem ſtrom gefuͤret werden. Sie be-
ſtehen aus einem recht winkelligten triangel. One
entdeckung der direction des ſtrom-ſchuſſes, und
der angefochtenen ſtelle, kan man nicht zu werke
gehen. Bemerke alſo nur den eigentlichen ſtrich
im waſſer, ſchlage einen pfal daſelbſt ein, an wel-
chem eine mit einem ſtricke angebundene latte
haͤnget. Diſe bemerket den ort, wo zu bauen iſt.
Allda
[895]vom waſſer-regale.
Allda ſchlaget einen pfal ein, um zu behalten, wo
das waſſerwerk anzulegen ſey.
§ 2219
Das haubtwerk betrifft die richtung der baueworauf das
haubtwerk
hirbei an-
kommet?
gegen den ſtoß-winkel. Diſer iſt ſchwer zu erfin-
den, zumal da ich entweder den ſtoß des ſtromes
wider das ufer verhindern, oder gar die ſtrom-
ban abaͤndern will. Viſiret indeſſen von dem
orte, wo die baue angeleget werden, nach dem
gegen uͤber ſtehenden ufer hin, gleich, als wenn
der ſtrom-ſtrich, welcher durch die viſual-lini vor-
geſtellet wird, laͤngſt dem gegen uͤber ſtehenden
ufer hinlaufen ſollte. Diſe lini, und die directio-
nal-lini des ſtrom-ſtriches ergeben den winkel, wor-
auf die bune zu richten iſt.
§ 2220
Eine bune wird aus weiden-flechten, nach aus-woraus die
bunen be-
ſtehen?
weiſe der 41ten abbildung beim Silberſchlage
errichtet. Ringsherum werden groſe pfaͤle ange-
ſtellet, und oberwaͤrts uͤber der bune mit brand-
rigeln, welche mit ſchwalben-ſchwaͤnzen in die hol-
ben einzulaſſen ſind, unter einander befeſtiget.
§ 2221
Die ſchaͤdliche inſeln, als mißgeburten derwie die
ſchaͤdliche
inſeln fort-
geſchaffet
werden?
fluͤſſe, wegzuſchaffen, muß man bedacht ſeyn.
Leite demnach den ſtrom-ſtrich, damit er ſie gleich
hinter dem haubte anfalle, und nach und nach
bogenweiſe ausſchleife. Liget der ſand zu feſte,
wird er vermittelſt des lot-hackens locker gemachet.
§ 2222
Gleichwie die bunen nur bei den groſen ſtroͤmenwo die
ſtrom-koͤrb[e]
zu brauche[n]
ſind?
plaz finden; alſo brauchet man an deren ſtelle in
den kleinen fluͤſſen die ſtrom-koͤrbe. Sie haben
die geſtalt eines oben zugeſpizten binen-korbes.
Die groſen ſind 4 ellen weit, und 6 ellen lang.
Der korb wird mit dornen und ſtrauchwerke voll-
geſtopfet.
[896]LVI haubtſtuͤck
geſtopfet. Man ſtecket hin und wieder ſtecken
durch, um ſolches zu befeſtigen. Wider den
waſſer-fall und ſtrom-ſchuß ans ufer brauchet man
ſie. Ihr nuzen aber iſt nicht groß.
§ 2223
ſchwellung
des waſſers
abzuſchaf-
fen iſt?
Dafern der zufluß ſtaͤrker iſt, als der abfluß;
ſo eraͤuget ſich eine aufſchwellung. Diſe iſt eine
erhoͤhung des fluß waſſers. Diſe zu erhalten ge-
denket man entweder an die erweiterung der obern
ſtrom-enge, oder die abſtechung der neben arme,
oder die einſchraͤnkung der untern ſtrom-enge, oder
die einleitung der benachbarten gewaͤſſer. Das
ſicherſte mittel iſt um eine uͤberſchwemmung bei
dem aufzuſchwellenden fluſſe zu vermeiden, ein
wehr. Wann ein arm abzuſchneiden iſt, leget
man vor demſelben das wehr an, und verbindet
darmit das ufer. Es darf die ſtrom-ban nicht
aͤndern, ſondern es muß mit diſer parallel laufen.
Man findet gepflaſterte und ſo genannte eſels-ruͤ-
cken, Sturms, Leupolds, Belidors, Lim-
perghs, Cornel Meyers, Baptiſt Barrate-
rons, Guilielmens, ſchriften beſagen von dem
wehr-bau ein mehreres.
§ 2224
krippen-
werk beſte-
het?
Zur aufſchwellung gereichen auch die krippen-
werke. Ein ſolches iſt eine reihe pfaͤle, welche
mit brettern ausgeſchlagen mit rigeln verbunden,
und mit ſande, auch ſteinen angefuͤllet werden,
um das waſſer abzuhalten. Man bauet krippen-
joche, auch krippen-wehre.
§ 2225
cken nicht
anzulegen
ſind?
An den ſtrom-engen, ſtrom-tiefen, waſſerfaͤllen,
ſtrom-ſchuͤſſen, darf man keine bruͤcke anlegen.
Das ufer muß zu beiden ſeiten hoch ſeyn. Ob
die pfaͤle nach der einrammung feſte ſtehen, oder
locker werden? Ob man nicht vor der anhoͤhe
einer
[897]vom waſſer-regale.
einer untife? oder in der untife ſelbſt die pfeiler
einſezen koͤnne? iſt zu erwaͤgen. Zwene pfeiler
erfordern einen zwiſchen-raum von 30 fußen.
§ 2226
Die flanken der pfeiler muͤſſen der direction derwie die flan-
ken der pfei-
ler ligen
muͤſſen?
ſtrom-ban parallel ligen. Man ſtecket eine ſtange
in den fluß, woran ein ſeil gebunden iſt; diſes zei-
get den ſtrich.
§ 2227
Die breite der bruͤcke erfodert einen raum, daßwie groß der
raum einer
bruͤcke ſeyn
ſoll?
zwene wagen und ein ſchibe-karn neben einander
vorbei faren koͤnnen. Recueil de differents
projets d’ architecture, de charpente, et au-
tres, concernant la conſtruction des ponts,
par feu M. Pitrou, redigés et mis en ordre par
le Sieur Tardif, Paris 1756, fol. P. III. Die
pfeiler duͤrfen nicht zu breit fallen, ſondern wie 1
zu 5 ſich verhalten. Ein keil-foͤrmiger pfeiler iſt
der beſte. Der roſt fuͤr die pfeiler muß in der
mitte und an den enden ſtark aufliegen. Das
mißlichſte und ſchwereſte iſt deſſen einlage.
§ 2228
Mit den ſchmalen und ſteilen eisbrechern wirdob die
ſchmalen
und ſteilen
eisbrecher
gut ſind?
der endzweck nicht erreichet. Wie kan er eben
den eisſchollen da auffangen, wo ihr mittelpunct
der ſchwere von der directions-lini durchſchnitten
wird? Unter hundert faͤllen kaum einmal! darum
taugen die dach-eisbrecher nicht vil. Eine neue
art hat der Silberſchlag im 61 kupferſtiche zur
pruͤfung dargeleget.
§ 2229
Die abtrocknung der ſumpfigten und moraſti-wie ſum-
pfigte und
moraſtige
oͤrter abzu-
trocknen
ſind?
gen oͤrter iſt von groſem nuzen bei der landwirt-
ſchaft. Liget der nahe fluß tifer, als der ſumpf,
ſo gehet die abtrocknung leichter von ſtatten. Wie
aber wenn der naͤchſte fluß den ſumpf durch ſeine
L l luͤber-
[898]LVI haubtſtuͤck
uͤberſchwemmungen verurſachet? Alsdann iſt zu
pruͤfen: ob an dem nahen fluſſe ein waſſer-rad
anzubringen ſey? wo nicht; ſo denke man auf ein
geſtaͤnge, oder eine hollaͤndiſche waſſer-muͤle, oder
die kaſten-kuͤnſte. Man ſchneidet kleine graben,
die das waſſer ins baſſin oder maſchine leiten.
Wider die flut wird ein damm angeleget. Iſt
die maſchine zu koſtbar; ſo leitet man das waſſer
durch tife und enge graben ab.
§ 2230
damm oder
deich iſt?
Der damm, oder deich iſt ein von erde aufge-
fuͤrter wall, oder erd-damm, um die uͤberſchwem-
mungen zu verhuͤten, von Wicht in den anmer-
kungen uͤber das Oſtfriſiſche deich- und ſyl-recht
ſ. 871, Wachter am a. o. unter dem worte:
teich. Mauern und holzwerke dinen nicht darzu.
Er beſtehet aus dreien weſentlichen teilen: der
kappe, der abdachung das waſſer zu, und der ab-
dachung auf der land-ſeite.
§ 2231
pe iſt?
Die kappe iſt die zwiſchen den beiden abdachun-
gen befindliche oberflaͤche. Sie muß hoͤher ſeyn
als die jemalen bemerkete flut, anbenebſt an und
fuͤr ſich ſelbſt dem ſtoße der wellen gleich ſeyn.
Ihre ſtaͤrke hat ſie von der breite, daher kan keine
unter 6 fuße breit ſeyn. Bei lockerem, oder ſehr
ſandigen erdreiche muß die kappe noch einmal ſo
breit ſeyn, als ſonſt. Diſe doſſirung dinet an ſtatt
der ruͤckpfeiler. Das dritte weſentliche ſtuͤck an
der waſſer-ſeite iſt auch eine doſſirung.
§ 2232
anzulegen
iſt?
Der damm muß vom ufer ſo weit entfernet
ſeyn, als eines teils das vorland, und andern
teiles der cubic-inhalt desjenigen erdreiches, wor-
aus er verfertiget werden ſoll, erheiſchen. Vor
dem haubt-damm, oder deich, wird jeweilen ein
vor-
[899]vom waſſer-regale.
vordamm angeleget, den man den Kai-deich, oder
Ka-deich nennet, Silberſchlag § 142 fgg. Jo-
dock Hackmannde iure aggerum, Staden
1690, 4, ſ. 19 fgg.
§ 2233
Alldieweil oft ein dorf die koſten des waſſer-wer die ko-
ſten dabei
zu tragen
hat?
baues nicht tragen kan; ſo werden die ſtaͤdte und
doͤrfer der gegend zur mitleidenheit gezogen. Das
loch welches das waſſer entweder an damm, oder
hinter ſelbigen reiſſet, nennet man den kolk.
Von den ufern oder hammen und
deren erhaltung.
§ 2234
Das ufer, der ſtrand von den oͤffentlichen fluͤſ-wem das
ufer, der
ſtrand ge-
hoͤret?
ſen und meeren ſamt iren gerechtſamen gehoͤren
dem landesherrn (§ 1795), welcher ſelbige ſowol
andern verſtatten, als auch die gerichtbarkeit dar-
uͤber beſondern perſonen erteilen kan, Schulzens
diſp. de iurisdictione littorali. Im uͤbrigen iſt
kein untertan befugt, one bewilligung des landes-
herrns, auf dem ufer, oder ſtrande, etwas auf-
zubauen, z. e. muͤlen ꝛc. (§ 519).
§ 2235
Ufer heiſſet der rand der erden, wodurch einwas das
ufer bedeu-
tet?
waſſer beſchloſſen, oder auf behalten wird.
§ 2236
Wenn das ufer dem landesherrn gehoͤret, undwer ſolches
bauet?
diſer ieweilen ſolches einem untertanen uͤberlaͤſſet;
ſo mag diſer auf ſeiner Seite bauen, wie er will,
wenn gleich auf der andern ſeite dem ufer geſcha-
det wird; immaßen das andre ufer auch dem fuͤr-
ſten gehoͤret, und iſt genug, wenn der waſſer-bau
nur nicht zum verdruſſe beſchihet. Sonſt gehet
L l l 2eigent-
[900]LVI haubtſtuͤck
eigentlich der oͤffentliche waſſer-bau auf koſten der
untertanen.
§ 2237
ſind unver-
lezliche ſa-
chen.
Die daͤmme ſind unverlezliche und heilige ſa-
chen. Daher, wer ſich daran vergreifet, wird
wegen des unerſezlichen ſchadens, den das land
leidet, hart, auch wohl mit dem feuer beſtrafet,
Kur-Pfaͤlziſche malefiz-ordnung tit. 66, Luͤder
Menken im ſyſtemate iuris ciuilis, lib. 47
tit. XI § 7 ſ. 818.
Von der aufhauung des eiſes in den
wallgraben und auf den ſtraßen.
§ 2238
Es gehoͤret unter die obligenheit der buͤrger in
den feſtungen, daß ſie das eis auf dem wall-gra-
ben dergeſtalt auf hauen, damit iederzeit ein offe-
ner graben erhalten werde, woruͤber nimand ſprin-
gen kan. Nachdem aber das unterſchiben des
eiſes den wall-mauern leichtlich ſchaden zuzihet; ſo
iſt behutſamkeit dabei noͤtig. Daher unterbleibet
daſſelbe an einigen orten. Es iſt eine gemiſchte
laſt zu eiſen. Sie liget teils auf der perſon,
teils haftet ſie auf den haͤuſern. Wer ausblei-
bet, dem wird die haustuͤre an einigen orten ge-
pfaͤndet und aufs rathaus gebracht. Allda wird
ſie vertrunken. Gegen erlegung 80 kreuzer wird
ſie eingeloͤſet.
§ 2239
gaſſen das
eis aufbre-
chen ſoll?
In den gaſſen muß ein ieder hauswirt vor ſei-
nem hauſe das eis auf hauen und wegſchaffen.
An den oͤffentlichen oͤrtern liget diſe fuͤrſorge dem
commendanten auf, der ſolches eiſen vermittels
der gefangenen verrichten laͤſſet.
§ 2240
[901]vom waſſer-regale.
§ 2240
Beim glatt-eiſen hat ein ieder vor ſeinem hauſeund wie es
bei dem
glatteiſen
zu halten
iſt?
kiß, oder andern ſand zum fußſteige zu ſtreuen.
Von der waͤſſerungs-gerechtigkeit.
§ 2241
Die waͤſſerung iſt eine duͤngung (beſſerung,was die
waͤſſerung
iſt? ob die
waͤſſerung
mit dem
ſchnee-waſ-
ſer tauget?
geile), die man in den wiſen und gras-garten bei-
zubringen ſuchet. Sie teilet ſich in die fruͤlings-
herbſt- ſommer-waͤſſerung. Denn die im winter
ins beſondere von ſchnee-waſſer beſchihet, tauget
nichts, ſondern verzeret die wurzeln des graſes
und ſchadet den apfel-baͤumen, die eine uͤbrige
und kalte naͤſſe gar nicht vertragen koͤnnen. Der
birnbaum mag ehender etwas von der uͤberſchwem-
mung leiden. Am ſchaͤdlichſten iſt die maͤrz-waͤſ-
ſerung, welche faſt alles wegfriſſet. Wenn der
bach nicht mein iſt, muß ich dafuͤr jaͤrlich was
abgeben, daraus waͤſſern zu doͤrfern, ich haͤtte
es denn umſonſt hergebracht; auch laͤſſet ſich einer
muͤle zum nachteile nicht waͤſſern, wo zumal es
duͤrre zeit, und alſo weniges waſſer vorhanden iſt.
Sonnabends gegen 4 uhr und ſonntags muß der
muͤller die bach-waͤſſerung nachgeben.
§ 2242
Im april dinen die uͤberſchwemmungen derwenn die
waͤſſerung
dinlich iſt?
fluͤſſe und deren leitung auf die wiſen viles zur beſ-
ſerung. Born- oder quell-waſſer taugt nichts
zur waͤſſerung. So bald das gras zu wachſen
angefangen hat, hoͤret das waͤſſern auf.
§ 2243
Die ſtadt- und dorf-waͤſſerung iſt die nuͤzba-welche waͤſ-
ſerung die
beſte iſt?
reſte. Sie machet oft vierſchuͤrige gaͤrten. Diſe
werden auch im fruͤjare vor andern bald gruͤne.
L l l 3Die-
[902]LVI haubtſtuͤck
Dieweil es nun harpaxen gibet, die im ſtaͤrkeſten
guß-regen nach der waͤſſerung eilen, um das fette
ſtadt- oder dorf-regen-waſſer auf das ihrige zu lei-
ten, ſo entſtehet deshalber ſtreit, der eine verſto-
pfet dem andern ſeinen waͤſſerungs-fluß, und lei-
tet es aufs ſeinige, ſezet auch oͤfters des andern
darzwiſchen ligenden garten, oder beſaͤeten acker
unter waſſer, welches doch unrecht iſt. Daher
nimand
darf durchs
waͤſſern dem
andern ſcha-
den zufuͤ-
gen.nimand durchs waͤſſern den andern ſchaden zufuͤ-
gen darf. So dann wird unter den nachbaren
eine gleichheit vom richter belibet. Der anliger
hat montages vormittages die dorf waͤſſerung;
der zweite anliger des nachmittages, und ſo fort
an; ſo wird ihnen die waͤſſerung tageweiſe zu-
geteilet.
§ 2244
diger der
waͤſſerung
mit dem
ſchnee-waſ-
ſer werden
namhaft
gemachet.
Die Nordlaͤnder halten ſehr viles auf die waͤſ-
ſerung, vermittels des ſchnee-waſſers, auf den
wiſen. Der bekannte arzt Thomas Bartholin
actorum medicor. Hafnienſ. I ſ. 66, und der
biſchof Pantoppidan im verſuche einer natuͤrli-
chen hiſtori von Norwegen I ſ. 181, preiſen diſe
ſchnee-waͤſſerung ſehr an, in betracht die fettigkeit
des ſchnees ſo vil, als eine halbe duͤnge wirke.
Der Erbachiſche arzt Kleinde aëre, aquis, lo-
cis agri Erbacenſis ſ. 41 beſtaͤrket diſe ſchnee-
waſſers-waͤſſerung mit dem beiſpile der bauern in
der graſſchaft Erbach.
§ 2245
ſchoͤpf-rad
zu brauchen
iſt?
Dafern ich keine gelegenheit finde, das ver-
mittels des geſchuͤzes eingelaſſene waſſer wieder
abzulaſſen; ſo leiſtet ein ſchoͤpf-rad gute dinſte.
Diſes wird im fluſſe auf zwene kane (nachen)
geleget. Diſes erguͤſſet das waſſer in den behaͤl-
ter. Daraus leitet man das gewaͤſſer durch
ſchlaͤuche, wohin man es haben will. Die ge-
ſtalt
[903]vom waſſer-regale.
ſtalt ſotaner raͤder ſihet man beim Belidor und
Leupold. Am bache oder kleinen fluſſe kan auch
ein wehr angebracht werden, wie ſchon oben er-
innert worden iſt (§ 1719).
Von der fuͤrſorge der hohen policei in
ruͤckſicht auf das waſſer zur befoͤrderung
des handels und wandels.
§ 2246
Zur befoͤrderung der waaren-fracht und deſſenwas fuͤr
werke auf
dem waſſer
zur befoͤrde-
rung der
handel-
ſchaft anzu-
legen ſind?
verſchleuſſung, was das land hervorbringet, den-
ket die hohe policei auf ſchneidung neuer graben
(canaͤle) zum behufe der waſſerfart, Marper-
gers neu-eroͤfnete waſſerfart ſ. 1 fgg., imgleichen
auf ſchleuſſen, die vereinigung und ſchifbarma-
chung unterſchidlicher fluͤſſe, die hebung der hin-
derniſſe in abſicht auf die muͤlen, bogen, bruͤcken,
und pfeilern, der felſen und klippen, der verſchlaͤm-
mung, der durchbruͤche, die auffuͤrung der daͤm-
me, errichtung der ſylen, der holz floͤßen, bruͤcken
und faͤren, Stryks diſp. de iure cataractarum
cap. II § 1 fgg. § 24 fg., von Juſti am a. o. II
ſ. 175 fg.
§ 2247
Die ſchleuſſe bedeutet uͤberhaubt ein waſſer-was die
ſchleuſſe iſt,
und deren
gattungen.
gebaͤude, welches zum behufe der aufbehaltung,
abfuͤrung, auch leitung des waſſers angeleget
wird. Man hat unterſchidene gattungen von
ſchleuſſen, naͤmlich ſtadt-ſchleuſſen, brant-ſchleuſ-
ſen und waſſer-ſchleuſſen. Jeweilen werden auch
die waſſer-ſchuͤze, der muͤlbock, die teucheln, ſchleuſ-
ſen genennet. Strykde iure cataractarum
cap. I. Es gehoͤren nicht minder die ſylen dahin,
von Wicht in den anmerkungen uͤber das Oſtfri-
L l l 4ſiſche
[904]LVI haubtſtuͤck
ſiſche deich- und ſyl-recht ſ. 957, II. Auſſerdem
ſind die ſchleuſſen entweder in anſehung der form
und ſtructur, oder der materi zu betrachten, Stryk
am a. o., von Rohr im haushaltungs-rechte VIII
cap. VI § 3 ſ. 1138. In abſicht auf die form ſind
ſie teils laͤnglicht, teils rund, auch oval.
§ 2248
ſtadt-
ſchleuſſen,
Die ſchleuſſen werden in dreifache bedeutung
genommen (§ 2207). Naͤmlich fuͤr die ſtadt-
ſchleuſſen unter den gaſſen, welche mannshoch
ſind, und alles waſſer, nebſt dem unrate abfuͤren,
folglich verhindern, daß weder pfuͤzen noch im
winter einiges eis auf den ſtraßen ſich zeigen. Ein
punct den die policei, zumal in bergigten orten
wohl beherzigen muß, damit menſchen und vih
nicht verungluͤcken, von Rohr im haushaltungs-
rechte ſ. 1137 fgg., Stryks diſp. de iure catara-
ctarum, vom ſchleuſſen-rechte, cap. I § 6 fgg.
vol. XI operum, ſ. 184 fgg.
§ 2249
tauchen,
antauchen
ſind?
Die kleinen verborgenen waſſer- und unrats-
ableitungen, welche gemauert, oder von bretern
ſind, um das uͤbrige waſſer, auch den unrat ab-
zuleiten, und die in den ſtaͤdten, imgleichen den
doͤrfern angebracht werden, nennet man erdtau-
chen, insgemein erd-tocken. Zu Frankfurt am
Maine heißen ſie antauchen, gaſſen-floͤßer, Dr.
Orth am a. o. im VIIIten teile, tit. VI § VI-X
ſ. 471 fg., Burggrafde aëre, aquis et locis
vrbis Francofurtanae § 4 ſ. 5. Hirvon ſind
die abzuchten, ablaͤufe, ſenk-loͤcher, waſſer-abfluͤſſe,
waſſer-ſteine, guß-ſteine unterſchiden, Schilter
exercit. 47 § 68, Muͤller uͤber den Struven
exerc. 45 § 147.
§ 2250
[905]vom waſſer-regale.
§ 2250
Die brandt-ſchleuſſen ſind verdeckte kleine gra-brandt-
ſchleuſſen,
ben, dadurch das waſſer bei feuersbruͤnſten aus
deichen und waſſer-behaͤltern in den ort geleitet
wird.
§ 2251
Die waſſer-ſchleuſſe iſt ein waſſer-gebaͤude zumund waſſer-
ſchleuſſen
ſind?
behufe der ſchiffe, das im fluſſe angebracht wird,
um wegen behinderung der ſchiffart einen leichten
durchgang der ſchiffe zu erlangen, Stryk am a. o.
cap. I § 14 § 24 fgg. Die weſentlichen ſtuͤcke
ſind: der canal, die thuͤren und das geſchuͤz. Der
canal bedeutet den raum zwiſchen den beiden thuͤ-
ren. Die kleinen ſchleuſſen ſind fuͤrtraͤglicher, als
die großen, Silberſchlag vom waſſerbaue an
den ſtroͤmen, ſ. 1719, wo man auch die abbildun-
gen ſehen kan.
§ 2252
Sie werden von holze, oder ſteinen angeleget,was man
fuͤr materi
dazu nim̃t?
das erſte faͤllet zu koſtbar, weiln das holz nicht
dauerhaft iſt um ſolche zu unterhalten, von Rohr
am a. o. § 4 ſ. 1140.
§ 2253
Um die notwendigkeit der ſchleuſſe zu begreifen,die ſchleuſ-
ſen an der
Oder und
Spree.
ſo ſehe auf die Oder und die Spree. Jene liget
60 ſchue tiefer, als diſe. Und dennoch ſollen die
ſchiffe von Breslau gen Berlin faren. Hirzu
waren 12 ſchleuſſen erforderlich, vermittels der er-
ſten ſteiget das ſchiff 6 fuße hoch; in der zwoten
9 ſchue; in der dritten 8½ fuße; in der vierten 9
fuße; in der fuͤnften 8 fuße; in der ſechſten 8
ſchuhe; in der ſibenden 10 fuße; in der achten iſt
der hoͤchſte grad; in der neunten und zehnten ſin-
ket die waſſerfart wieder. Stryk am a. o. § 25,
26, § 29 fgg. cap. I.
L l l 5§ 2254
[906]LVI haubtſtuͤck
§ 2254
muͤlen-weh-
re halben
desfalls ge-
halten
wird?
Wo ein muͤlen-wehr im fluſſe iſt, ſchneidet man
ieweilen darneben einen graben, wie in der Sale
unter Halle geſchahe. In ſotanen graben wird
die ſchleuſſe angebracht.
§ 2255
ſen ſind noͤ-
tig und
nuͤzlich.
Um die fernere notwendigkeit, und den nuzen
der ſchleuſſen zu zeigen, wollen wir uns an die
Weſer, bei Hameln, wenden. Ein ſchif, wel-
ches den ſtrom hinunter durch die fiere zwiſchen
dem wehre paſſirete, wurde vom fallenden ſtrome
in ⅓ minuten uͤber 400 fuße weit fortgeriſſen.
Noch beſchwerlicher war die fahrt den ſtrom hin-
auf. Bei legung des grundes des 1733 angefan-
genen ſchleuſſen-baues bereitete man 6 waſſer-raͤ-
der in der hoͤhe von 17, 18 und 19 fußen, in einem
dazu gegrabenen kanale. Sotane raͤder tribe die
Weſer. Sie waren 6 ſchuhe ein iedes breit.
Dreie diſer raͤder zogen vermittels eines geſtaͤnges
24 pumpen, iede 12 auch 14 zolle ins gevirte, mit
2½ ſchuhen hub. Das virte rad tribe eine Hollaͤn-
diſche ketten-muͤle, mit dreien gaͤngen. Diſes
werkzeug ſchoͤpffete ſo vil, als 10 pumpen. Noch
zwei ſchoͤpf-raͤder goſſen uͤber der welle aus, und
ſchoͤpffeten ſo vil, als 26 pumpen, ungeachtet ire
unterhaltung geringer iſt, als anderer waſſer-werk-
zeuge; welche iedoch alle zuſammen in ieder ſtunde
50,000 ſchue cubic waſſers, mithin in 24 ſtunden
1200000 ſchue-waſſer cubic ausgemalen, und den
ort des grundes zur ſchleuſſe trocken gehalten ha-
ben. Der ganze raum war mit einer doppelten
kern-wand 10 ſchue in der weite von einander ein-
gefaſſet, um das zuquellen des waſſers zu behin-
dern. Zur arbeit gingen taͤglich 15 rammen zu-
gleich, deren einige 1100 pfunde ſchwer waren.
An arbeitsleuten bedurfte man taͤglich uͤber 700
perſo-
[907]vom waſſer-regale.
perſonen. Den 15ten auguſt 1733 konte man den
grundſtein der ſchleuſſe legen, und 1734 wurde die
ſchleuſſe fertig. Ihr leib haͤlt 202 ſchuhe, zwi-
ſchen der mittel- und unter-pforte iſt die laͤnge von
158 ſchuhen, zwiſchen der oberſten und unterſten
pforte aber 178 ſchuhe. Der oberſte lange fluͤgel
machet 200, und der oberſte kurze fluͤgel 98 ſchuhe
aus. Der untere lange fluͤgel iſt 244 ſchuhe lang,
und der unterſte kurze fluͤgel tut 86 ſchuhe in die
laͤnge. Die breite der ſchleuſſe iſt im lichten 21
ſchuhe. Jede mauer, an den orten, wo die tore
ſind, hat eine dicke von 24 ſchuhen; dargegen der
leib mitten und die fluͤgel 16 ſchuhe dicke ſind. An
den orten, wo die tuͤren ſind, ſteiget die mauer
24 ſchuhe hoch, ausſchluͤßlich des ſchling-werkes,
die uͤbrige hoͤhe aber tut nur 22, 21 und 18 ſchuhe
hoch. Die ganze laͤnge diſes werkes betraͤget
vom oberſten langen fluͤgel, bis zum ende des un-
terſten kurzen fluͤgels 508 ſchuhe lang, und iſt vom
anfange des oberſten kurzen fluͤgels bis zum ende
des unterſten langen fluͤgels 564 ſchuhe lang, ganz
von quater-ſtuͤcken aufgefuͤret worden. Ein ſchif
paſſiret diſe ſchleuſſe binnen weniger denn 5 minu-
ten, Koͤhlers muͤnz-beluſtigungen im VIIIIten
teile ſ. 15 fg.
§ 2256
Zu dem ſchleuſſen-baue ſchreitet man ebenfalls,wie die
ſchiffe durch
die ſchleuſ-
ſen kom-
men?
wenn das waſſer an einem orte zu ſeichte iſt.
Koͤmmt nun ein ſchif den ſtrom herunter, vor das
obere thor, alsdann wird das untere thor zuge-
machet, und vermittelſt des einlaſſes beim obern
thore durch das ſchuzbrett waſſer in den raum
zwiſchen den zweien thoren, welcher die kammer
der ſchleuße heißet, gelaſſen, damit das waſſer
von unten ſo hoch ſtehe, als es vorm obern thore
ſich findet. Nach erfolgeter gleichheit des waſſers
oͤffnet
[908]LVI haubtſtuͤck
oͤffnet man das obere thor, und laͤſſet das ſchiff
in die kammer fahren. Gleichbald ſchluͤßet man
das obere thor nebſt dem einlaſſe zu. Der aus-
laß beim untern thore wird geoͤffnet, damit das
waſſer aus der kammer abzihe, und mit dem vorm
untern thore in eine gleichheit gerate. Worauf
das unter-thor eroͤffnet und das ſchiff fortgelaſſen
wird. Koͤmmt aber das ſchiff dem fluſſe entge-
gen, wird es durchs unter-thor in die kammer ge-
laſſen, und diſe durch den einlaß ſo angefuͤllet, daß
das waſſer dem am obern thore gleich ſtehet. So
dann werden die oberen pforten geoͤffnet, damit
das ſchiff in den fluß gehe. Waͤre hingegen die
unter-pforte verſchloſſen, wenn das ſchiff anlan-
get, und die kammer angefuͤllet, wird diſe durch
den auslaß abgezapft, bis die gleichheit erſcheinet.
Die beiden thore oben und unten duͤrfen nie zu-
gleich offen ſtehen, welches auch vom einlaſſe und
auslaſſe zu ſagen iſt; ſondern, ſo bald einer davon
eroͤffnet wird, der andre vorher zu verſchluͤßen iſt,
Penther am a. o. ſ. 58, Marperger am a. o.
§ 2257
herrn ſtehet
das recht
ſchleuſſen
anzulegen
zu.
Jeder landesherr kan in ſeinen landen, vermoͤ-
ge der hoheits-rechte uͤber die ſtroͤme, ſchleuſſen
anlegen, wie ſolches die notdurft, auch der nuzen
und bequemlichkeit erfodert, Stryk am a. o. cap.
II § 23, 24, ſ. 202, von Rohr im haushaltungs-
rechte VIIIten buches VIten cap. § 6 ſ. 1140 fg.,
folglich iſt ſolches den landſaſſen und untertanen
nicht nachgelaſſen, ob ſie gleich mit dem ſtrome
belihen ſind; iedoch kan ihnen ſolches von dem
landesherrn verſtattet werden, Stryk am a. o.
cap. V § 6, von Rohr am a. o. § 7 fgg. § 41
ſ. 1166.
§ 2258
[909]vom waſſer-regale.
§ 2258
Sotane ſchleuſſen moͤgen auch durch der unter-auch auf
der unterta-
nen grund-
ſtuͤcken;
tanen grundſtuͤcke gefuͤret werden, iedoch ſind diſe
dabei ſchadlos zu halten; die koſten diſes baues
ſind von dem lande zu erheben, Stryk am a. o.
cap. IIII § 2 § 6 ſ. 212 fg., von Rohr am a. o.
§ 7, 8, ſ. 1141 fg. § 26, 27.
§ 2259
Diejenige, welche muͤlen an den fluͤſſen, oderund mag
von niman-
den behin-
dert wer-
den.
die fiſch-gerechtigkeit darin haben, moͤgen den not-
wendigen, oder gemein nuͤzigen ſchleuſſen-bau nicht
behindern, Stryk am a. o. cap. II § 6-8, von
Rohr am a. o. § 9, ſ. 1143.
§ 2260
Die ſchleußen koͤnnen ebenfalls auf gemein-die ſchleuſ-
ſen koͤnnen
auf gemein-
ſchaftlichen
ſtroͤmen an-
geleget wer-
den.
ſchaftlichen ſtroͤmen angeleget werden, StrykII
§ 12, von Rohr am a. o. § 12 ſ. 1146.
§ 2261
Diejenige, welche ſich der ſchleuſſen bedinen
wollen, koͤnnen zu einer gewiſſen abgabe, ſchleuſ-vom ſchleuſ-
ſen-archen-
zoll.
ſen, oder archen-zoll angehalten werden, Stryk
am a. o. cap. IIII § 8 fgg. Hirvon iſt nimand
frei, ob er gleich von andern zoͤllen frei iſt, er
koͤnnte dann die beſondere freiheit desfalls dar-
thun, Mylius im corp. conſtit. March. IIIIten
bande Ite abt. ſ. 33 ſ. 246, von Rohr § 27 fg.
ſ. 1157 fgg.
§ 2262
Dem landesherrn kommet ferner zu, die ſchleuſ-was dem
landesherrn
der ſchleuſ-
ſen halber
zuſtehet?
ſen-ordnungen ausgehen zu laſſen, die gerichtbar-
keit daruͤber auszuuͤben, die aufſeher: als ſchleuſ-
ſen-meiſter, ſchleuſſen zoͤllner, ſchleuſſen-geſchwor-
nen, und andre bedinten zu beſtellen, die freveler
und verbrecher mit behoͤrigen ſtrafen zu belegen,
Stryk am a. o. cap. 5 § 7-11, von Rohr am
a. o. § 42 fgg. ſ. 1168 fgg.
§ 2263
[910]LVI haubtſtuͤck
§ 2263
deuter?
Das wort ſyl, ſille, bedeutet im Friſiſchen
eine iede waſſer-leitung, abwaͤſſerung, einen gra-
ben, um des waſſers los zu werden. Heutiges
tages wird es gemeiniglich von den ſchleuſſen ge-
brauchet, dadurch das waſſer vermittels gegra-
bener waſſer-leitungen aus dem lande abgefuͤret
und durch die ſylthuͤren ausgeſchloſſen wird,
Hackmannde iure aggerum cap. 14, von
Wicht in den anmerkungen uͤber das Oſtfriſiſche
deich- und ſyl-recht cap. 9 ſ. 957 ll.
Von den rechten der landes-herren, in
abſicht auf das waſſer.
§ 2264
lung des
waſſers.
Das waſſer befindet ſich entweder im meere,
in ſeen, fluͤſſen, baͤchen, pfulen, oder brunnen,
und iſt teils fluͤßendes, teils ſtehendes, ſowohl be-
ſtaͤndig, als auch nur zu gewiſſen zeiten.
§ 2265
Das meer iſt nirgends unergruͤndlich, ſeine
tife aber iſt ſehr ungleich. Sie betraͤget wohl an
den wenigſten orten eine ganze Teutſche meile, und
an den meiſten vil weniger. Anton Frid. Buͤ-
ſchings neue erdbeſchreibung im Iten teile ſ. 113.
§ 2266
lung der
fluͤſſe.
Die fluͤſſe ſind entweder ſchifbar und ſchifreich,
oder nicht. Diſe werden in oͤffentliche, gemeine
und privat-fluͤſſe oder baͤche eingeteilet. Die pri-
vat fluͤſſe werden teils nach irem urſprunge betrach-
tet, indem ſie auf einem privat-grunde und boden
entſpringen, und zum oͤffentlichen gebrauche dem
ſtate nicht dinlich ſind, teils durch eine alte herge-
brachte gewonheit dafuͤr gehalten werden, Beſold
im
[911]vom waſſer-regale.
im theſauro practico ſ. 259 ſ. 1131. Man hat
bann-waſſer, allmands-waſſer, eigene und privat-
waſſer, erblehn-waſſer, Woͤlker in den anmer-
kungen uͤber die Nuͤrnbergiſche reformation T. II
ſ. 409.
§ 2267
Einem landesherrn kommet die oberſte gewaltdem lan-
desherrn
ſtehet die
oberſte ge-
walt uͤber
die in ſeinen
ſtaten be-
findliche
meere, ſtroͤ-
me ꝛc. zu,
uͤber die im ſtate befindlichen und deſſen herrſchaft
unterworfenen ſachen zu (§ 1822). Hirunter
werden auch die fluͤſſe, ſeen, ſalzquellen, ſauer-
brunnen, baͤder ꝛc. begriffen. Nicht minder ge-
hoͤren die meere hirher, ſo fern die herrſchaft und das
eigentum daruͤber behauptet werden kan (§ 1054
§ 1060 § 1793 fgg.). Es aͤußert ſich aber ſotane
hoheit uͤber das waſſer ſowohl in der beſtimmung
und verordnung uͤber den gebrauch der zum ſtate
behoͤrigen meere, ſeen, fluͤſſe ꝛc. ſamt allen darauf
und darin, nicht minder an den ufern ꝛc. ſich er-
aͤugenden und auszuuͤbenden gerechtſamen, als
auch in der erhebung und anſezung der dabei vor-
kommenden einkuͤnfte und nuzungen, nach masge-
bung des gemeinſamen beſtens und der rechte.
§ 2268
Die beſtimmung des gebrauches der meere,vermoͤge de-
ren er daruͤ-
ber gebaren,
und nuzun-
gen davon
erheben
kan.
fluͤſſe, beſchaͤftiget ſich mit der ſchiffart (§ 566 fgg.),
derſelben ſicherheit, befoͤrderung, bequemlichkeit,
anlegung der haͤfen, canaͤle und ſchleuſſen, floß
graͤben, deren beſchuͤzung, dem zoll-anker-hafen-
gelte und geleite, die kran-gerechtigkeit, dem ſta-
pel-rechte (§ 311), dem ſtrand-rechte (§ 118,
§ 1850), der wilden fiſcherei, der berlen- agt-
boͤrnſtein, und corallen-fiſcherei (§ 1833 fgg.),
gold-waͤſcherei (§ 1849), dem meer-ſalze; den
inſeln (§ 1846), mit den faͤhren und bruͤcken und
deren gerechtſamen, auch einkuͤnften, dem floͤß-
rechte, mit der ſchif barmachung der unſchif baren
fluͤſſe,
[912]LVI haubtſtuͤck
fluͤſſe, mit anlegung und verbitung der muͤlen, und
anderer gebaͤude an den fluͤſſen (§ 519 fgg.),
wahl-capitulation art. VIII § 7.
Von den rechten des Rheines.
§ 2269
eigneten
ſich die herꝛ-
ſchaft uͤber
den Rhein
ehedem zu.
Die herrſchaft uͤber den Rhein eigneten ſich
ehedem die kaiſer zu. Der fuͤrgeſezte beamte
daruͤber hiße der Rheingraf, und der die frevel,
welche deshalber und in den koͤnigs-forſten began-
gen wurden, trug den namen eines kaiſerlichen
ruge- oder ru-grafens, woraus man rau-grafen
gemachet hat.
§ 2270
her gerecht-
ſamen dar-
auf aus.
Wegen diſer kaiſerlichen herrſchaft uͤber den
Rhein wurde der graf zu Kazenellenbogen mit
dem ſalmen fange auf dem Rheine belenet; wie
dann die herren land-grafen zu Heſſen annoch dar-
mit belenet werden, beſage Eſtorselemento-
rum iuris publici Haſſiaci. Wegen diſer herr-
ſchaft ſchribe ſich der kaiſer die zoͤlle am Rheine zu.
Was deshalb unterm kaiſer Albrecht dem I vor-
file, ſolches ergibet die Teutſche Reichshiſtori; es
beſtaͤrken auch ſolches die ſazung des Teutſchen
koͤniges Adolphs wegen der Rhein-inſeln; imglei-
chen die kaiſerliche belenung im Heſſen im betref
des wart-pfenniges zu Boppart, Eſtor am a. o.
Uebrigens hat der bekannte Scheuchzer in der
natur-hiſtori des Schweizer-landes IIten teile ſ.
69 fgg. die drei urſpruͤnge diſes fluſſes, und zwar
des hindern, vordern, und mittlern fluſſes, als
augenzeuge, am beſten beſchriben. Im alten
Teutſchen und noch in der Schweiz heißet er Rih.
Von
[913]vom waſſer-regale.
Von der ſchiffart und dem ſee-rechte.
§ 2271
Die ſchiffart hat ire benennung von dem fah-woher die
ſchiffahrt
ire benen-
nung hat?
ren mit ſchiffen auf dem waſſer. Um ſich nun ei-
nen begriff von den ſchiffen zu machen, ſind des
paters Gabriel Danielshiſtoire de la milice
Francoiſe T. II ſ. 452 fgg., und die dabei befind-
lichen kupfer-ſtiche von den krigs-ſchiffen und ga-
leren, imgleichen l’art de batir les vaiſſeaux, zu
Amſterdam 1715 nachzuſehen. Thue hinzu des
Friſchens woͤrter-buch im IIten teile ſ. 180 fgg.,
the elements of navigation containing the
theory and practice, London 1756, 8, 2 baͤnde,
und den geoͤffneten ritter-plaz, Hamburg 1706,
12, 4 baͤnde, Quincy kriges-kunſt ſ. 536 fgg.
§ 2272
Das ſchif iſt ein bewegliches gebaͤude, welcheswas ein
ſchif iſt?
dazu dinet: menſchen, thire, und ſachen, durch
das waſſer an den beſtimmten ort zu bringen.
Sie ſind entweder kriges- oder kauffartei-ſchiffe.
Man findet groſe oder kleine ſchiffe. Diſe heißen
fahr-zeuge. Ein kriges-ſchif hat ſeinen rang nach
der groͤſe und der farben der flaggen. Die far-
zeuge, welche zu klein und zu rankigt ſind, haben
keinen rang. Man nennet ſie fregatten, galeren,
die far-zeuge, one canonen, fuͤren den namen
chaloupen, markedenter-ſchiffe, brander. Eſtors
anfangs-gruͤnde des proceſſes IIten teiles ſ. 32 fgg.
§ 2273
Die ſchifffart iſt ſchon bei den aͤlteſten Teut-den alten
Teutſchen
iſt die ſchif-
fart bekant
geweſen.
ſchen bekant geweſen, Schottelde ſingularibus
quibusdam et antiquis iuribus Germaniae,
cap. 25 ſ. 443 fgg., Gericken im Schottelio il-
luſtrato, cap. 25 ſ. 102 fgg. Auch gedachte ſchon
M m mder
[914]LVI haubtſtuͤck
der kaiſer Carl der groſe auf die zuſammenleitung
der Donau mit dem Rheine durch huͤlfe der Alt-
muͤl und Redniz, herr graf von Buͤnau im IIten
bande der Kaiſer und Reichs-hiſtori ſ. 480 fgg.
Der kaiſer Carl der IIIIte wollte die Donau und
Moldau vereinigen.
§ 2274
herr kan
ſolche in ſei-
nen landen
beſtimmen.
Ein landesherr vermag die ſchiffart in ſeinen
landen zur wolfart des ſtates zu beſtimmen, mit-
hin den gebrauch der zu ſeinen landen gehoͤrigen
meere, ſeen, fluͤſſe, einzurichten, auch ſolchen zu
verbiten und zwar entweder in abſicht auf die per-
ſonen, oder die waaren, ſowohl auf beſtaͤndig, als
auch auf gewiſſe zeiten, die rechten und freiheiten
der ſchiffe, der ſchifleute, deren lon, die fracht
feſtzuſezen, die geſellſchaften der ſchiffart-treiben-
den zu beſtaͤtigen, und ihnen anſehnliche vorrechte
zu ertheilen, Carl Friderich Pauli diſp. de iure
belli, ſocietatis mercatoriae maioris priuile-
giatae, vulgo einer octroirten handels-compagni,
Halle 1751.
§ 2275
iſt zu befoͤr-
dern.
Dieweil durch die ſchiffart einem lande groſer
nuzen verſchaffet wird (§ 566), ſo iſt ſelbige auf
alle art und weiſe zu ſchuͤzen und zu befoͤrdern.
Wahlcapitulation art. VII § 1, 2, art. VIII;
hingegen die hinderniſſe, welche den ſchiffen, auch
deren fahrt im wege ſtehen, ſchleunig zu heben,
Osnabruͤckiſcher friden art. 9 § 2, Wahlcapitu-
lation art. VIII § 6. Geſtalt dahin gehoͤret: 1)
daß derjenige, welcher zu ſchif gehen will, oder
waaren im ſchiffe hat, und ſchulden halber aufge-
halten werden ſoll, nicht aufgehalten werden darf,
wenn der ſchifmann fuͤr ihn buͤrgſchaft leiſtet, Luͤ-
beckiſches ſee-recht III, I, 6, Wysbiſches recht
tit. III art. 6, Langenbeck im Hamburgiſchen
ſchif-
[915]vom waſſer-regale.
ſchif- und ſee-rechte ſ. 39 fgg.; 2) daß derjenige,
welcher zur herſtellung eines ſchiffes vorſchuß ge-
tan hat, ein ſtillſchweigendes unterpfand auf ſel-
biges, inhalts des koͤniglich Preuſiſchen und Ham-
burgiſchen rechtes, bekommet; 3) daß uͤber ſee
gekommene gut, welches man auf guten glauben
erhalten hat, nicht zuruͤck gefodert werden kan,
J. S. Stryks diſp. de praeſcriptione rerum
per mare adlatarum; 4) wenn die ſchifleute
der abfahrt und des auslaufens halber nicht einig
ſind, werden deren ſtimmen vorgezogen, welche
fuͤr das auslaufen ſind, Hamburgiſches ſtadtrecht
II, tit. 13 § 2, Surlands anfangs-gruͤnde des
ſee-rechtes, 1750, 8.
§ 2276
Wenn den ſchiffen auf den fluͤſſen ſchaden zu-wie der
ſchaden den
auf den fluͤſ-
ſen ſich be-
findenden
ſchiffen er-
ſtattet wer-
den ſoll?
gefuͤget wird, iſt ſolcher von der landes-oberkeit
zu fordern, Reichsſchluß von 1670, ſ. 75 im 4ten
teile der Reichs-abſchide; das uͤbrige von den ſchif-
fen und deren rechten findet man in EſtorsIIIten
teile der anfangs-gruͤnde des proceſſes ſ. 32 fgg.
§ 2277
Markt-ſchiffe anzulegen ſind zur befoͤrderungvon den
markt-ſchif-
fen,
des gewerbes noͤtig, Marperger in der neu eroͤf-
neten waſſer-fahrt ſ. 241; diſes vermag ein ieder
landesherr auf den in ſeinen ſtaten befindlichen
ſtroͤmen, und darf ihn daran rechtlicher weiſe ni-
mand behindern. Es koͤnnen desfalls mit den be-
nachbarten ſtaten gedinge und vertraͤge errichtet
werden, wie z. e. Kur-Mainz mit der Reichs-
ſtadt Frankfurt am Maine dergleichen im jare
1584 geſtiftet hat, Marperger am a. o. priuile-
gia Francofurtenſia im IIten teile ſ. 455 fgg.
§ 2278
Mit kleinen nachen uͤber den Rhein, oder andrekleinen na-
chen und
grenzfluͤſſen.
ſtroͤme zu faren, moͤgen alle an ſelbigen ligende
M m m 2orte
[916]LVI haubtſtuͤck
orte und dorfſchaften thun. Hingegen ſtehen die
hoheits-rechte uͤber die durch einen ſtat fluͤßenden
ſtroͤme dem landesherrn zu, ſo weit ſich ſeine lande
an dem fluſſe hin erſtrecken; wo er aber an der
einen ſeite nur angrenzet, kommet ihm ſelbiger
zur haͤlfte zu.
§ 2279
marktſchif-
fen im Ha-
nauiſchen
Was fuͤr ein rechtsſtreit zwiſchen Kur-Mainz
und Hanau im anfange des vorigen jar-hunderts
wegen des markt-ſchiffes entſtanden; ſolches iſt
teils beim Thomas Merkelbach t. I der conſi-
liorum,Caſpar Klock ſ. 22-25, teils beim
Marperger am a. o. ſ. 268 fgg. zu leſen. Mainz
wollte die haltung eines marktſchiffes deshalber
nicht zugeſtehen, weiln ihm die ſchiffart auf dem
Maine und das geleit auf beiden ufern ſowohl auf
dem Mainziſchen, als auf dem Hanauiſchen lein-
pfade zuſtuͤnden. Allein Hanau hat diſem fuͤrge-
ben gruͤndlich widerſprochen, Schwedersthea-
trum praetenſionum I ſ. 810 fg.
§ 2280
ziſchen.
In meß-zeiten gehet das Mainziſche marktſchif
morgens um 6 uhr, das andre aber in und auſ-
ſerhalb meß-zeiten um 10 uhr nach Frankfurt ab,
laut vergleiches zwiſchen Kur-Mainz und der
Reichsſtadt Frankfurt unterm 20ſten jaͤnner 1584,
PfeffingerIII des Vitriarii ſ. 742.
Vom lein-pfade.
§ 2281
pfade,
Zu den oͤffentlichen ſchif baren fluͤſſen gehoͤret
als eine zubehoͤrung die hohe gerechtigkeit: der
leinpfad, linpfad, (nicht leimpfad, wie einige
ſchreiben) genannt. Der leinpfad iſt der weg,
oder
[917]vom waſſer-regale.
oder der pfad am ufer des ſtromes, auf welchen
die ſchiffe durch pferden an den leinen, ſeilen ge-
zogen zu werden pflegen, Johannisrerum Mo-
gunt. in vita Ioannis II, § 16 n. 8 ſ. 732, ſ. 733
T. I.
§ 2282
Diſer leinpfad will an und fuͤr ſich weiterund deſſen
gerechtſa-
men.
nichts ſagen, als daß ein Reichsſtand, welcher
damit belihen und verſehen iſt, das recht habe,
ein marktſchiff, oder andre ſchiffe von einem orte
zum andern bringen, und zu deſſen fortbringung
ein oder merere pferde dafuͤr ſpannen zu laſſen,
oder auch, wenn in dem privilegio das geleits-
recht dem leinpfade mit beigefuͤget iſt, zugleich ſein
marktſchiff oder andre ſchiffe von dem einen orte
zu dem andern zu vergleiten.
§ 2283
Diſemnach iſt Kur-Mainz mit den leinpfadendie bele-
nungen mit
den leinpfa-
den.
am Rheine und Maine belihen, Luͤnigs Reichs-
archiv P. ſpec. cont. I. dritte fortſezung num. 9
vol. 7 ſ. 18, und im corp. iur. feud. T. I ſ. 381;
nicht minder Kur-Trier mit dem leinpfade an dem
Rheine, der Moſel zu beiden ſeiten, Luͤnig am
a. o. T. III ſ. 147, Koͤnigsſelecta iuris publi-
ci nouiſſ. XIIter teil ſ. 359. Iſenburg hat ſein
marktſchiff und leinpfad von Offenbach nach
Frankfurt, desgleichen hat auch Hanau ſein
marktſchiff und leinpfad nach Frankfurt. Sihe
Koͤnigsſelecta iuris publici nouiſſima im Xten
teile ſ. 15 fg. und XIIten teile.
§ 2284
Die landesherrſchaft iſt verbunden den leinpfadder leinpfad
muß erhal-
ten werden.
zu erhalten, und dahin zu ſehen, daß ſo wenig der
ſtrom, als weniger der leinpfad verbauet werde,
Joannes am a. o. ſ. 734, Koͤnig am a. o. im
M m m 3Xten
[918]LVI haubtſtuͤck
Xten teile ſ. 19, 20, Noe Meurer im waſſer-
rechte ſ. 11 § 6.
§ 2285
belenung iſt
das eigen-
tum des
fluſſes nicht
zu behaub-
ten.
Aus der belenung mit dem leinpfade in eines
andern herrns lande, folget das eigentum des fluſ-
ſes keinesweges.
§ 2286
iſt der rent-
kammer
eintraͤglich.
Die ſchifffart gibt zu vilerlei contracten anlaß,
wovon unten zu handeln ſeyn wird; nicht minder
iſt ſelbige der rentkammer eintraͤglich wegen der
abgaben. Diſe ſind mancherlei; abſonderlich
gehoͤren dahin: die zoͤlle; damit nun bei ſolchen
kein unterſchleif und betrug vorgehen moͤge, wer-
den die waaren gewogen. Diſes geſchihet ver-
mittels eines beſondern zugwerkes, welches der
kran genennet wird, daher die kran-gerechtigkeit
kommet, Schottel am a. o. cap. 24, Stryk im
vſu mod. π lib. 8 § 12, Koͤnigshoven im chron.
cap. 5 § 54. Diejenige, welche daruͤber die auf-
ſicht haben, werden kran- oder wippen-meiſter
genennet.
§ 2287
kran iſt?
Der kran, oder kranich, attalona, iſt ein ho-
hes geruͤſte, das oben auf einen heraustretenden
ſchnabel, oder vorragendes ſtuͤcke holzes hat, wo-
mit es dem langen halſe und ſchnabel eines kra-
nichs etwas aͤnlich wird. Am ende des ſchnabels
iſt eine rolle, damit durch deren huͤlfe laſten, als
beim bauen: zimmer-ſtuͤcke, quatern, und aus
den ſchiffen groſe tonnen und ballen in die hoͤhe
gehoben werden koͤnnen. Beim kraniche zum
ſchiffen muß der ſchnabel ſich auf ſeinem geſtelle
umdrehen koͤnnen, um die laſten aus ſelbigen ans
land, oder von diſem ins ſchiff zu bringen. Das
trett-rad muß zur aufwindung der laſten die beſte
dinſte leiſten, Leupoldstheatrum machinarum,
Boͤck-
[919]vom waſſer-regale.
Boͤckler und Schuͤbler an den a. o. Marper-
ger am a. o. ſ. 216 fgg., Strykde iure cataract.
cap. 2 § 21.
Von den haͤfen.
§ 2288
Ein hafen iſt im engen verſtande ein großeswas der
hafen iſt?
waſſerbehaͤltnis am rande des meeres, worin ſchif-
fe einlaufen, und fuͤr dem ſturme geſichert ſeyn koͤn-
nen. Im weitlaͤuftigen verſtande iſt der hafen
ein beſchloſſener bezirk, in welchem die ſchiffe ge-
bauet, ausgebeſſert, ein und ausgeladen, auch
vor anker geleget werden koͤnnen, Surland ſ. 87.
Der hafen iſt entweder von der natur, oder durch
die kunſt verwaret. Die kunſt erfodert nach be-
ſchaffenheit der lage uͤber große koſten. Der molo
zur linken hand an der ſee bei Genua iſt 700 ſchrit-
te lang, und zur rechten hand beim Fanale tut
die laͤnge 774, davon der grund durch taͤucher
geleget werden muͤſſen.
§ 2289
Der landesherr, in deſſen ſtaten die hafen ſichder landes-
herren ge-
rechtſamen
dabei.
befinden, hat das recht von denen, welche in ſel-
bigen einlaufen wollen, die paſſeports zu fodern,
die unerlaubten waaren wegzunemen, Heineccius
de nauibus ob mercium illicitarum vecturam
commiſſis, ſchiffe zu preſſen, Locceniusde iure
maritimo I, 5, 5, und die erweiſung der ehrer-
bitung durch das ſegelſtreichen zu verlangen,
Sibrandde ſubmiſſione velorum,Moſers
grundſaͤze des izt uͤblichen Europaͤiſchen voͤlkerrech-
tes im 9ten buche, cap. 7, Rhetiusde iure por-
tuum, auch die ſchiffe zu einem gebrauche in be-
ſchlag (embargo) zu nemen, ſolche mit ketten zu
ſperren.
M m m 4Siben
[920]LVII haubtſtuͤck
Siben und funfzigſtes haubtſtuͤck
von dem floß-rechte, und den holz-
magazinen, wie auch der holz-rutſche.
§ 2290
floͤße bedeu-
tet?
Die floͤße heiſſet: wenn vermittels des waſſers
auf einem fluſſe, oder floß-graben, das holz
von einem orte zum andern gebracht wird. Es
wird aber bei der floͤße eine menge holz entweder
in einander gefuͤget, welches eine trage-floͤße heiſ-
ſet, oder es werden die zimmern, baͤume, balken,
bau- nuz- brenn-holz, bloͤcher, bretter, weinpfaͤle,
oder ſcheidhoͤlzer einzeln an einen beſtimmten ort
fortgebracht, Cothmann vol. 4 conſ. I,Beſold
P. V conſ. 239. Von der beſchaffenheit, auch
den benennungen des floßholzes und der ſtaͤmme
handeln George Andreas Boͤckler in der haus-
und feld-ſchule, IIten bande ſ. 26 fgg., und die
fuͤrſtliche Wirtenbergiſche bau-ordnung 1654.
§ 2291
recht haͤnget
vom landes-
herrn ab.
Das floß-recht auf den oͤffentlichen ſtroͤmen
haͤnget von dem landesherrn ab. Derohalben
nimand one deſſen bewilligung ſich deſſelben bedi-
nen kan. Jeweilen hat diſes recht auch wohl ei-
ner in des andern landen hergebracht, welches
iedoch nicht vermutet wird, Krebs am a. o. P. I
claſſe 6 ſect. 2 § 4, 5 ſ. 318 fg.
§ 2292
ausgeuͤbet
wird?
Das floß-recht uͤbet alſo entweder der landes-
herr durch gewiſſe perſonen ſelbſt aus, ordnet hin
und wieder holz-plaͤze in dem lande an, um das
darauf ausgeſezte holz zu verkaufen, oder er laͤſſet
das holz auſſer landes bringen; wannenher das
holz-
[921]von dem floß-rechte, ꝛc.
holz-floͤßen ſeinen groſen nuzen hat, von Rohr
im haushaltungs rechte IIII, IIII, § 2 ſ. 1107 fg.
Es kan aber ein landesherr ſotanes floß-recht auch
andern ſowohl erteilen, z. e. zu lehn geben, als
auch durch privilegien, oder gedinge uͤberlaſſen
und verguͤnſtigen, von Rohr im haushaltungs-
rechte ſ. 1108 fg. Dergleichen erteilungen ſind aber
buchſtaͤblich und im engen ſinne zu nemen; daher,
wenn iemanden eine ſcheit-floͤße erteilet iſt, darf
ſelbiger keine zimmer-floͤße unternemen. Imglei-
chen, wenn einer zu ſeiner notdurft, und ſo vil er
bei ſeinem haushalte, oder berg-ſalz-ſied-werke,
der ſchneide-muͤle ꝛc. brauchet, kan ſelbiger keinen
holz-handel damit treiben, Krebs am a. o. § 12
ſ. 325 ſ. 331 fg. Fritſchde iure grutiae cap. 3
num. 8 fgg. von Rohr im haushaltungs-rechte
am a. o. ſ. 1111.
§ 2293
Diejenige, welche auf den oͤffentlichen fluͤſſenwas davon
andre zu lei-
ſten haben?
das holz floͤßen wollen, muͤſſen die zoͤlle und andre
beſchwerden abgeben, welche die landesherren auf
eine rechtmaͤſige weiſe fodern. Auſſerdem muͤſſen
ſie auch wohl bei einer ſtadt, ihr holz zum feilen
verkaufe auslegen, wenn die ſtadt ein ſolches recht
erlanget hat, wie z. e. die ſtadt Grimme in Kur-
Sachſen, Krebs ſ. 324 fg.
§ 2294
Hat ein landesherr einem andern die floß-ge-wie der ſcha-
den dabei zu
erſezen iſt?
rechtigkeit verſtattet, es erwaͤchſet aber hirdurch
den benachbarten ſtroͤmen und anſtoͤſſern, ſowohl
in anſehung der fiſcherei, als auch der ufer einiger
ſchade, muß derjenige, welchem diſes recht ver-
goͤnnet iſt, den ſchaden erſezen, Fritſch am a. o.
cap. 5 ſect. I num. 15, Gericken im Schottelio
illuſtrato ſ. 176, von Rohr am a. o. § 5 ſ. 1110
§ 7 ſ. 1111, wovon nicht einmal ein landesherr be-
M m m 5freiet
[922]LVII haubtſtuͤck
freiet zu ſeyn erachtet wird, von Rohr § 2 ſ. 1108
§ 8 ſ. 1112, Fritſch am a. o. cap. III num. 5,
Hornclaſſe VIIII reſp. 9 num. 5, Krebs
ſ. 323 fg.
§ 2295
auf der Sa-
le beſchaffen
iſt?
Das floß-regal auf der Sale beſtehet in den
Saͤchſiſchen landen aus 2 gleichen teilen, deren
einer als ⅓ dem Kur-hauſe, ⅓ Sachſen-Altenburg,
und ⅓ Sachſen-Weimar und Eiſenach gehoͤren.
Beide lezte haͤuſer haben ſich in die floͤße verteilet,
und iedes ⅙ davon erhalten.
§ 2296
in betrach-
tung kom-
met?
Dabei kommet die beſichtigung, abpoſtung,
uͤbernemung und abteilung der floß-hoͤlzer zur Sa-
len-floͤße, ferner die auszihung der hoͤlzer aus dem
waſſer, beſezung des holz-plazes mit ſolchen, abfuͤ-
rung und verkauf derſelben, auch berechnung der
gelter in betrachtung.
§ 2297
floͤße zu be-
obachten
iſt? des
landes-
herrns hohe
gerechtſa-
men dabei.
Wenn die holz-floͤße angehen ſoll, werden die
untertanen, beſonders die muͤller, und welche ſich
des waſſers zu iren narungs-geſchaͤften bedinen,
auch die beſizer der teiche, durch patente erinnert,
die floßrechen fuͤr ire graben und muͤhl-lachen zu
machen. Es moͤgen auch wohl ſotane floßrechen
von den baumeiſtern beſichtiget werden. Gleich-
wie dann auch dem landesherrn zukommet, gewiſſe
floß-ordnungen ausgehen zu laſſen, das floͤßen zu
beſchraͤnken, die zeit zu beſtimmen, floß-bedinten
zu beſtellen, von Rohr am a. o. § 10 ſ. 1113 fg.
Krebs ſ. 334. Sachſen-Gothaiſche landes-ord-
nung ſ. 129, Kur-Baieriſche jagt- und forſt-ord-
nung art. 45 fgg.
§ 2298
untertanen,
Wenn die floͤße durch das gebuͤſch und andre
hinderniſſe aufgehalten werden will, koͤnnen ſolche
hinder-
[923]von dem floß-rechte, ꝛc.
hinderniſſe zwar aus dem wege geraͤumet werden,hirbei nicht
gehalten
ſind?
iedoch werden die untertanen ſolche dinſte auf ire
koſten zu tun fuͤr ſchuldig nicht geachtet, von
Rohr am a. o. ſ. 1112, Krebs am a. o. § 5
num. 3 ſ. 319 ſ. 334 fg. ſ. 337.
§ 2299
Jeweilen ſind die untertanen floß-dinſte zu lei-wenn der
untertanen
ſchuldige
floß-dinſte
nicht wohl
gefodert
werden moͤ-
gen?
ſten ſchuldig, welche aber zur beſtell- und erndte-
zeit nicht gern gefodert werden, Klock vol. I
conſil. 21 num. 126, von Rohr am a. o. § 9,
Fritſch am a. o. § 5 ſect. 2 num. 4, Krebs am
a. o. ſ. 320.
§ 2300
Die floͤßer duͤrfen keine wide nach eigenem ge-die floͤßer
duͤrfen nach
gefallen kei-
ne wide
aushauen.
fallen zu den zimmer-hoͤlzern aushauen, S. Go-
thaiſche landesordn. im IIIten teile ſ. 334.
§ 2301
Der dibſtahl des floß-holzes wird ſchaͤrfer be-wie der dib-
ſtahl des
floß-holzes
beſtrafet
wird?
ſtrafet, als andre holz-dibſtaͤle, und kan nach ge-
legenheit der umſtaͤnde auch wohl auf eine todtes-
ſtrafe erſtrecket werden, von Rohr am a. o. § 13
ſ. 1117, Kur-Braunſchweig-Luͤneb. L. O. IIter teil
ſ. 673 fg. ſ. 783, Marperger am a. o. ſ. 215 fgg.
§ 2302
Wenn das floß-holz durch uͤberſchwemmungdas durch
uͤberſchwem
mung aus-
getrettene
holz kan zu-
ruͤck gefo-
dert wer-
den.
des ausgetrettenen fluſſes an andre oͤrter getriben
worden iſt, kan ſolches zuruͤck gefodert werden,
wenn nur ſolches in der rechtsbewaͤhrten zeit be-
ſchihet, von Rohr ſ. 1117, und die dabei gehabte
arbeit gebuͤrend verguͤtet wird, Krebs ſ. 336,
Johann Chriſtian Liepold vom floß-rechte.
§ 2303
Wofern die waldungen vom ſtrome zu weitwas ein
floͤß-graben
iſt?
entfernet ligen; alsdann wird auf floͤß-graben ge-
dacht. Diſer iſt ein graben, der ſein waſſer aus
einem groſen waſſer-behaͤlter uͤberkoͤmmt, um das
floß-
[924]LVII haubtſtuͤck
floß-holz vermittels deſſelben in den ſtrom zu ſchaf-
fen. Die taͤler ſind die bequemſten zur anlegung
des floßteiches und grabens. Man rechnet ein
floßſcheid 4 ſchuhe lang, und 6 zolle breit; mithin
tut die flaͤche 2 gevirte fuße. Diſe beduͤrfen zum
ſchwimmen 2 cubic-ſchuhe waſſer. Die klafter
ungefaͤhr enthaͤlt 150 ſcheite. Diſe beduͤrfen 300
cubic-fuße waſſers. Silberſchlages abhandelung
vom waſſerbaue an ſtroͤmen ſ. 186 fg.
§ 2304
zes beſchaf-
ſenheit.
Indeſſen iſt das floßholz nur halbes holz, in-
dem das beſte davon das waſſer ausgeſogen hat.
Daher wird zu Hanau nicht mehr gefloͤſet, ſon-
dern das holz zu ſchiffe gebracht und herbei
gefaren.
§ 2305
holz-maga-
zin dinet?
Ein holz-magazin dinet darzu, um dem unter-
tane das holz iederzeit in einem preiſe zu verſchaf-
fen. Der vorige kluge koͤnig in Sardinien fand,
daß die bauern das in die ſtadt gefarne holz nach
gefallen ſteigerten. Diſem unweſen abzuhelfen,
liſe er ein holz-magazin anlegen.
§ 2306
verſitaͤts-
ſtaͤdten iſt
ſolches nuͤz-
lich.
Bei den univerſitaͤts-ſtaͤdten iſt ein holz-maga-
zin nuͤzlich; anerwogen der ſtudent weder allezeit
mit gelte zum holzkaufe nicht verſehen iſt, noch oͤf-
ters an den vorrat gedenket, noch iederzeit den
plaz findet, ſein winterholz ſicher aufzubewaren.
§ 2307
Wirtenber-
giſchen
holzrutſche.
Oberhalb Urach im Wirtenbergiſchen wird in
der hintern Alb eine groſe menge holzes gefaͤllet,
und in ſcheite geſpalten, ſodann in die rutſche ge-
bracht. Diſe iſt ein eiſerner canal, oder eine
roͤre, welche uͤber 900 ſchuhe in die laͤnge hat.
Das holz ſchuͤſſet alſo in einer glatten und ganz
bedeckten ausholung von einem ſteilen und hohen
berge
[925]von dem floß-rechte, ꝛc.
berge mit ſolcher gewalt herunter, daß ſolches
unten beim ausgange, der noch auf einer hoͤhe li-
get, uͤber 200 ſchritte weiter in freier luft hinaus
faͤret. Ungefaͤr 100 kan man zaͤlen, ehe ein ſtuͤck
holzes mit groſen geraſſel durchfaͤret, KeyßlerI
ſ. 138.
§ 2308
Bei den floͤßen kommen floß-bedinte, deren be-
ſtallungen, floͤßer und die floß-contracte vor.
§ 2309
Bei den floͤßen ſind gewiſſe beamten ſowohl be-die floßbe-
dinten.
dinten noͤtig und nuͤzlich. Dahin gehoͤren die
floß-meiſter und floß-ſchreiber, floß-knechte, floß-
huͤter. Es iſt aber der floß-meiſter eine uͤber die
floͤße, auch deren verweſung, benebſt den verkauf
des floß-holzes beſtellte perſon. Der floß-ſchreiber
hat dabei ſowohl auf die holzhauer als auch die
floͤßer die obſicht, und verzeichnet alles dasjenige,
was die floͤße betrifft. Die floß-knechte verrich-
ten die arbeit bei dem floͤßen ſelbſt, und die floß-
huͤter geben auf das floß-holz achtung und huͤten
ſolches.
§ 2310
Die obligenheiten des floß-meiſters ſind man-wie die floͤße
nuͤzlich ein-
zurichten
iſt?
cherlei. Wenn die floͤße wohl eingerichtet und
nuͤzlich ſeyn ſoll, muß anfaͤnglich mit den floß-
meiſtern wegen einer ieglichen floͤße uͤber das ſchla-
gen anfuhr- und floͤßer-lon ein geding errichtet
werden. F. S. Gothaiſche wald-ordnung vom
jare 1641 cap. 2 § 11, S. Altenburgiſche wald-
ordnung cap. II § 11 ſ. 352, F. Braunſchweigi-
ſche forſt-ordnung. Marpergers neu-eroͤffnete
waſſer-fahrt cap. V ſ. 212 fgg., Fritſch in den
ſupplementis Speidelio-Beſoldiani theſauri
ſ. 743, Friſch im Teutſch-Lateiniſchen woͤrter-
buche I ſ. 280.
§ 2311
[926]LVII haubtſtuͤck
§ 2311
ſters obli-
genheit des
holzes hal-
ben vor der
einwer-
fung,
Der floß-meiſter ſoll nach verordnung des forſt-
amtes an den orten, wo das floß-holz angewieſen
worden iſt, ſolches zu rechter zeit ſchlagen laſſen,
damit es behoͤrig austrocknen kan, daſſelbe ſich
ſodann richtig lifern laſſen, und wenn es abgefa-
ren wird, iſt darauf zu ſehen, daß alles rein aus-
gefahren, und bei das waſſer gebracht werde.
§ 2312
der einwer-
fung,
Wenn das holz ins. waſſer gebracht und ge-
worfen worden iſt, haben die floß-bedinte fleiſig
acht zu haben, daß die zu dem floͤßen beſtellte leute
dem holz aller orten, und welches das waſſer aus-
geſchlagen hat, wieder nachhelfen, damit in den
hecken, und was das waſſer auf die uſer getriben
hat, nichts haͤngend bleibe; das zu grund ſich ge-
legte holz fortgebracht und ausgezogen, auch das
fuͤr die rechen gelegte holz ausgehauen werde.
§ 2313
zu floͤßen
iſt?
Bei groſen waſſerfluten iſt nicht zu floͤßen, im-
maßen dadurch groſer ſchaden zugefuͤget werden
kan. Diſemnach haben die floßbedinte darauf
zu ſehen, daß nichts verwahrloſet werde. Bei
ſeichtem waſſer iſt ebenfalls nicht zu floͤßen, welches
ieweilen von betruͤgeriſchen floß-bedinten zu beſche-
hen pfleget, damit vil holz an den ufern ligen blei-
be, welches ſie als ein accidenz nach der floͤße auf-
ſuchen laſſen, und fuͤr ſich heraus nemen.
§ 2314
ſind ordent-
lich aufzu-
zeichnen,
Die floß-bedinte haben die floͤßer nach irer be-
ſchaffenheit und verrichteten arbeit taͤglich anzuge-
ben, duͤrfen aber keine falſche, noch unverdinte
lone ſchreiben.
§ 2315
der floͤße
Das gefloͤſte ſcheitholz iſt an den behoͤrigen or-
ten wieder in klaftern zu bringen, und in empfang
zu
[927]von dem floß-rechte, ꝛc.
zu nemen, dabei zu verordnen, daß das nuz-holz,
als das boͤttiger- ſchindel- auch harz-holz, zuvor
abgeſondert und beſonders verkaufet werde.
§ 2316
Von demjenigen, welchem das holz uͤbergebenzu beobach-
ten iſt?
wird, und die rechnung daruͤber fuͤren ſoll, iſt ein
bekenntnis des empfanges abzufodern, Paul Ja-
cob Marpergers neu eroͤffnete waſſerfahrt auf
fluͤſſen und canaͤlen, Dresden und Leipzig 1723, 4,
ſ. 203 fgg., Klockde aerario lib. II cap. 15
num. 31 fgg.
§ 2317
Die floß-bedinte muͤſſen auch wohl die bruͤckenbei den floß-
bruͤcken,
uͤber die floß-graͤben in baulichem weſen erhalten.
§ 2318
Wo kein oͤffentlicher ort zum auswerfen oderund aus-
werfen des
floß-holzes?
ausſezen des floß-holzes vorhanden, iſt ſolcher ge-
gen einen gewiſſen preis ausfindig zu machen,
Marperger am a. o. ſ. 213, CarpzovP. III
deciſ. 288.
§ 2319
Ein landesherr kan die floͤße andern verweren,der landes-
herr kan an-
dern die
floͤße in ſei-
nen landen
verweren.
wenn ſie one ſeine verguͤnſtigung durch ſein gebite
holz floͤſen wollen, BeſoldP. V conſil. 239,
Cothmann vol. 4 conſil. 1, von Seckendorf
im fuͤrſten-ſtate P. 3 tit. von der forſt- bann- und
wald-nuzung, num. 4, Marperger am a. o.
ſ. 205 fg., obgleich ſonſt rechtmaͤſige floͤßen nicht
behindert werden duͤrfen, Marperger am a. o.
§ 2320
Derjenige, welcher die fiſch-gerechtigkeit in ei-die fiſch-ge-
rechtigkeit
daꝛf die floß-
gerechtig-
keit nicht
behindern.
nem fluſſe hergebracht, oder erlanget hat, vermag
das floͤß-recht dem landesherrn nicht zu verweren,
Fritſchde iure grutiae III num. 5, Marperger
am a. o. ſ. 207.
§ 2321
[928]LVII haubtſtuͤck
§ 2321
verurſachen
mancherlei
ſchaden.
Die floͤßen haben iren nuzen, ſie verurſachen
aber auch leicht ſchaden 1) den muͤlen und muͤl-
weren, 2) den ufern, 3) der fiſcherei, 4) den
nahgelegenen wiſen und feldern durch aufſtem-
mung des holzes, 5) werden die brunnen-roͤren,
welche durch die fluͤſſe gehen, verdorben, 6) an
den nahe ſtehenden baͤumen, ſtoͤcken und wurzeln.
Wenn aber ein ſolches recht verloren werden koͤn-
ne, beſaget ein rechtliches bedenken bei dem Boͤh-
merT. I P. II reſp. 14 ſ. 81 fgg.
§ 2322
vor-floͤßen.
Jeweilen gibet es auch vorfloͤßen, wenn naͤm-
lich einer vor dem andern floͤßen darf, wie z. e.
Zwickau die vorfloͤße auf der Muldau vor Schnee-
berg hat. Uebrigens iſt der Silberſchlag vom
waſſerbaue hirbei mit mereren ſ. 186-189 nach-
zuſehen.
Acht und funfzigſtes haubtſtuͤck
von dem faͤr-rechte.
§ 2323
gerechtig-
keit iſt?
Die faͤr-gerechtigkeit beſtehet in einer befugnis,
vermittels einer waſſer-maſchine menſchen
und andre ſachen, um ein gewiſſes lon, uͤber einen
fluß zu bringen. Die uͤberfahrt beſchihet entwe-
der durch faͤren oder pramen, oder fluͤgender bruͤ-
cken. Die faͤren oder pramen ſind breite flache
ſchiffe, welche pferde, perſonen und wagen, auch
thire einnemen. Sie gehen entweder von einem
ufer zum andern an einem dicken ſeile, oder one
daſſelbe. Die fluͤgende bruͤcke z. e. die bei Op-
penheim uͤbern Rhein, iſt auf 2 ſchiffen mit balken
befeſti-
[929]von dem faͤr-rechte.
befeſtiget, iedoch bleibet zwiſchen den ſchiffen ein
raum von etlichen ellen; das darauf gefertigte
bruͤcken-werk iſt von ſtarken bolen, daß etliche
wagen und pferde uͤbergefaren werden koͤnnen;
damit diſe bruͤcke nicht fortſchwimme, iſt ſie mit
einem langen ſtarken ſeile weit oben in ſtrome an
einen anker gehenket; der ſtrom bewirket die trei-
bung von einem ufer zum andern, Belidors
Science d’ ingenieur. Die unterhaltung einer
faͤre iſt koſtbar, und doch eine gefaͤrliche ſache.
Daher hat man das naͤhe (alſo nennet man in
hiſigen landen eine faͤre) zwo ſtunden von hir uͤber
die Laͤn abgeſchaffet, und die fuͤrſtliche rentkam-
mer hat an deſſen ſtelle eine bruͤcke erbauen laſſen.
§ 2324
Die faͤren ſind dreierlei: entweder vermittelsder faͤren
gattungen.
einer winde durch huͤlfe eines ſeiles, wie die zu
Gibichenſtein bei Halle, bei Naumburg uͤber die
ſaale, und die bei Marburg war; oder die durch
ruder uͤberbracht wird, als die bei Alsleben, oder
durch pferde. Eine beſſere gattung gibet Silber-
ſchlag am a. o. § 141 u. im 63ſten kupferſtiche an.
§ 2325
Gleichwie die groſe und oͤffentliche fluͤſſe demdie faͤr-ge-
rechtigkeit
ſtehet dem
landesherrn
zu,
landesherrn zuſtehen; alſo kan nimand die faͤr-
gerechtigkeit des gewinſtes halber, one deſſelben
bewilligung, auf ſelbigen ungeſtraft ausuͤben,
Zieglerde iure Majeſtatis II, 6, 4, repertorium
iuris priuati II, ſ. 1590 fg., von Rohr am a. o.
im VIIIten buche cap. 7 § 1, 2, ſ. 1172 fgg. Die
ſtrafe kan ſich bis auf die confiſcation erſtrecken,
von Rohr ſ. 1177.
§ 2326
Es kan aber ſotane gerechtigkeit ſowohl zu lehnwelcher ſel-
bige andern
uͤberlaſſen
kan.
gereichet, als auch auf andre weiſe von dem lan-
desherrn andern erteilet werden, J. H. Meiers
N n ndiſp.
[930]LIX haubtſtuͤck
diſp. de iure ripaticor. ſeu de iure habendi
pontonem in flumine publico, welcher auch die
faͤr-ordnungen ausgehen laͤſſet, das faͤr-gelt, oder
den faͤr-zoll beſtimmet. Schramm im hiſtori-
ſchen ſchauplaze der merkwuͤrdigen bruͤcken ſ. 36 fg.
Mylius im corp. conſtit. Marchic. IIIIten teile
Ite abt. ſ. 474 fgg., Marpergers waſſerfahrt
ſ. 219.
§ 2327
obligenheit
der paͤſſe
halber.
Wo es die landesrechte verordnen, haben die
faͤrleute bei ſoldaten und andern perſonen, nach
den paͤſſen zu fragen, Kur-Braunſchweig-Luͤne-
burgiſcher Landes-ordnungen IIIter teil cap. III
ſ. 94.
§ 2328
werden fuͤr
unbew[e]glich
gehal[te]n.
Die faͤren werden fuͤr unbewegliches gut gehal-
ten, von Rohr am a. o. § 8 ſ. 1179 fg.
§ 2329
vorbei ge-
gangen wer-
den.
Ordentlicher weiſe iſt es keinen verweret, die
faͤre vorbei zu gehen, und einen andern weg zu
waͤlen.
§ 2330
rechtigkeit
kan verloren
gehen.
Die faͤr-gerechtigkeit kan bei privat-perſonen
auf vilerlei weiſe verloren gehen und eingezogen
werden, von Rohr am a. o. § 10 ſ. 1182 fg.
Neun und funfzigſtes haubtſtuͤck
von der wilden fiſcherei.
§ 2331
die fiſche
dem landes-
herrn gehoͤ-
ren.
Die fiſcherei wird in die zame und wilde einge-
teilet (§ 1314). Die wilde geſchihet in den ſtroͤ-
men, meeren und ſeen. Immaſſen aber die mee-
re, ſeen, ſtroͤme, dem landesherrn beigeleget wer-
den;
[931]von der wilden fiſcherei.
den; ſo gehoͤren auch die fiſche darin dem landes-
herrn; weshalber er verordnungen desfalls ma-
chen kan. Denn die fiſcherei bedarf einer vorſor-
ge, und anordnung der oberſten gewalt, ſowohl
in abſicht auf den rechtmaͤſigen gebrauch, die weiſe,
die zeit, die groͤße der fiſche, den verkauf, die neze
und garn, auch den nicht-gebrauch. Ehedem
haben die kaiſer der fiſcherei halben vile privile-
gien erteilet, Klipſtein am a. o. § 4 ſ. 6 fg.
§ 2332
Die fiſcherei bedeutet entweder den fiſchfang,was die fi-
ſcherei be-
deutet?
oder die fiſchgerechtigkeit. Sie iſt nach den un-
terſchidenen ſtroͤmen und baͤchen mancherlei.
§ 2333
Die fiſcherei iſt ſchon in den alten zeiten zu derdie fiſcherei
wird zu der
jagt gerech-
net.
jagt gerechnet worden, geſtalt man daher das fo-
reſtum piſcationis und venationis hat, Reinhart
de iure foreſtali, cap. I § 3 ſ. 5. Es wird diſes
auch noch heut zu tage alſo befunden, Naſſau-
Dillenburgiſche jagt- und forſt-ordnung vom jare
1726 § 1, Wirtenbergiſche jagt- und forſt-ord-
nung tit. von verhemmen und andern fiſch- und
krebs waſſern.
§ 2334
Der landesherr kan diſemnach die fiſcherei inwie ſie vom
landesherꝛn
andern er-
teilet wer-
den kan?
den oͤffentlichen fluͤſſen andern ſowohl zu lehn er-
teilen, in beſtand geben, als auch auf andre wei-
ſen zum aufnemen des narungsſtandes und des
gewerbes ſeinen untertanen uͤberlaſſen, ſich dabei
gewiſſe koſtbare, angeſehene und rare fiſche vor-
behalten, z. e. die ſtoͤre, lachſe, Becmanns hi-
ſtori des fuͤrſtentumes Anhalt teile II cap. I ſ. 31,
Stiſſer in der jagt- und forſt-hiſtori der Teutſchen
cap. VII § 34 ſ. 300, 301, von Rohr im haus-
haltungs-rechte ſ. 1121, von Juſti am a. o. ſ.
179 fg. im IIten teile. Nicht minder mag ein
N n n 2lan-
[932]LIX haubtſtuͤck
landesherr ſeinen untertanen gewiſſe fiſchtage in
der woche, auch bei den gemeinen waſſern beſtim-
men; hingegen die fremden und welche keine mit-
buͤrger ſind, davon ausſchluͤßen. Immaßen
dann die fremde nicht fiſchen duͤrfen, Kur Saͤch-
ſiſche fiſch-ordnung § vors andere, Kur-Bran-
denburgiſche erneuerte fiſchordn. art. 7. in des
Myliuscorp. conſtit. March. IIIIten teile abt.
II, F. H. Caſſeliſche waſſer- und fiſch-ordnung
vom jare 1657 § 3, 1711 § zum dritten ſ. 3, 1730,
F. H. Darmſtaͤdtiſche forſt- und wald- auch weid-
werks- und fiſcherei-ordnung 1724 fol. § 111 ſ. 40,
Kur-Braunſchw. Luͤneburgiſcher L. O. IIIten tei-
les cap. 3 ſ. 64, IIIIten teiles cap. 6 ſ. 317, cap. 8
ſ. 82 fg., F. S. Gothaiſche landesordn. im IIIten
teile ſ. 533 fg., auſſer wo es hergebracht iſt, daß
z. e. zu Ober-Ohmen ein reiſender um 11 uhr ſich
einen fiſch fangen mag.
§ 2335
iſt nicht zu
allen zeiten
zu verſtat-
ten.
Das fiſchen iſt nicht zu allen zeiten zu verſtat-
ten. Diſemnach darf nimand von Peterstag an
bis pfingſten mit fiſchgarnen und fiſchzeugen fiſchen,
F. H. Caſſeliſche fiſch-ordnung vom jare 1711,
1730, ſ. 2, Kur-Saͤchſiſche fiſch-ordnung, Doͤ-
bels jaͤger-practica im IIIten teile ſ. 193 fgg.
§ 2336
recht kan ei-
nem in des
andern lan-
de zuſtehen.
Jeweilen ſtehet einem in des andern lande die
fiſcherei zu. Sotanes fiſchrecht und deſſen gren-
zen werden mit waſſer-ſteinen beſchraͤnket, Krebs
de ligno et lapide P. II claſſ. 6 ſect. 4 § 21
ſ. 191 fg.
§ 2337
verboten
iſt?
Das nachtleuchten und fiſchſtechen, tollmachen
und pfaͤſchen iſt verboten. In fluten, wenn die
[fiſche] ins gras und beiſchlaͤgen auſſerhalb den
ufern ſtehen, darf nimand fiſchen. Die angeln,
auch
[933]von der wilden fiſcherei.
auch das reuſſen-legen ſind unterſaget. Das le-
cken und abſchlagen des waſſers zur fiſcherei iſt
nicht erlaubt. Die knochen-ſeile, oder andre
garne ſollen vor Jacobitag nicht gebrauchet wer-
den. Die troͤge, kocher und enge reislein ſind
nicht zu dulten. Die ſchaͤdliche aalfaͤche ſind ab-
zuſchaffen. Den muͤllern iſt nicht verſtattet aal-
koͤrbe anzuhaͤngen, F. H. Caſſeliſche fiſchordnung
vom jare 1711, 1730, Greben-ordn. tit. 26 ſ. 60 fgg.
§ 2338
Die fiſchzeuge ſollen ihr gewiſſes maas haben.wie die
fiſchzeuge
beſchaffen
ſeyn ſollen?
Diſemnach muͤſſen die zihgarne einen zoll ins ge-
virte einen ſpigel haben. Der ſpigel eines fiſch-
hamens muß ½ zoll ins gevirte haben, wovon ie-
doch die hamen zu grundeln, krimpen und elrizen
ausgenommen ſind, F. H. Caſſeliſche grebenordn.
tit. 26 § 15 ſ. 63. Wer keine eigene, oder ge-
pachtete waſſer hat, darf bei 5 thlr. ſtrafe gar
kein fiſchzeug halten, Greben-ordn. tit. 26 § 15,
Magdeburgiſche policei-ordnung cap. II § 3, 4.
§ 2339
Die gefangenen fiſche unter dem vorgeſchribe-das fiſch-
mas iſt zu
beobachten.
nen maſe und der groͤſe duͤrfen nicht behalten, ſon-
dern wieder ins waſſer geworfen werden. Das
forellen-maas (groͤſe iſt 10 zoll 1½ virteil-zoll) hin-
gegen das krebs-mas 4½ zoll, der barben 8½ zoll,
der hecht 4½ zoll, F. H. Caſſeliſche fiſchordnung
F. H. Darmſtaͤdtiſche forſt-fiſch-ordn. § 108, 109,
von Rohr am a. o. ſ. 1123 fg. § 7, beifugen zu
der F. S. Altenburgiſchen landesordnung ſ. 491.
§ 2340
Nach dem brauche auf dem Rheine, wenn ſel-der fiſch-
brauch auf
dem Rhei-
ne.
biger ausgetreten und wieder gefallen iſt, pfleget
man zu ſagen, er ſtehet wieder im hammen, und
ſind alsdenn alle alte waſſer wieder beſchloſſen.
Wenn er aber ausgehet, das iſt, aus den geſta-
N n n 3den,
[934]LIX haubtſtuͤck
den, oder hammen iſt, alsdann haben nicht allein
die weidleute, ſondern auch ſonſt iedermann dar-
aus fiſche zu fangen die freiheit, und auf dem gan-
zen Rheine zu faren.
§ 2341
dem Rheine
das alt-waſ-
ſer bedeu-
tet?
Das heiſſet aber ein alt waſſer, welches auf
den Rhein ſtoͤſſet, ſeinen ein- oder ausgang vom
Rheine hat, von Meurers waſſerfahrt ſ. 9.
§ 2342
ne auf dem
Rheine ver-
tzoten ſind?
Auf dem Rheine ſind die groſe wurfgarne ab-
geſchaffet, nicht minder alle enge gezawen (zeuge)
von garne und reuſen, welche nach dem gewiſſen
model nicht eingerichtet ſind. Es werden auſſer-
dem die kleine wurfgarn anders nicht zu gebrau-
chen zugelaſſen, als von Martinstag an, bis auf
S. Gertruten. Die fiſcher duͤrfen an iren be-
ſtimmten orten vor dem ave Maria nicht anrugen,
oder anfaren. Sie ſollen mit der ſonnen auf-
gang an, und mit dem nidergang ausfaren,
Meurer am a. o. ſ. 13.
§ 2343
auf dem
Neckar?
Auf dem Neckar ſind die engen lewen verboten,
ausgenommen von S. Bartholomaͤstag an, biß
Weinachten. Der aff oder ſponſeil iſt ganz ver-
boten. Wo der Neckar in Rhein gehet, da ſol-
len die unterlaͤndiſche fiſcher es unverſperret laſſen,
kein weidwerk da treiben. Die fiſcher umwaͤndig
Heidelberg biß an den Rhein ſollen die klein ſegen
abtun und gar nicht gebrauchen.
§ 2344
fiſchen nach-
teilig iſt?
Was den fiſchen nachteilig iſt, oder zur veroͤ-
dung abzilet, muß unterlaſſen und abgeſchaffet
werden. Dahin gehoͤret das abſchlagen und ab-
daͤmmen des waſſers, die aͤnten, flachsroͤſen, die
einwerfung der ſaͤgeſpaͤne, kohlſtaub, ſchaͤdliches
fiſchzeug, ungeloͤſchter kalk, faule kaͤſe, das pfaͤ-
ſchen
[935]von der wilden fiſcherei.
ſchen mit olei- lein- ruͤben, oder mon-kuchen ꝛc.
F. H. Caſſeliſche fiſchordnung § 11, Stiſſer in
der einleitung zur landwirtſchaft cap. VIII abt. II
§ VIII fgg.
§ 2345
An den ſonn- und feſt-tagen iſt das fiſchen beian ſonnta-
geu iſt das
fiſchen ver-
boten.
den Evangeliſchen verboten, von Rohr ſ. 1131.
§ 2346
Die fiſcher duͤrfen wider das verbot die fiſchewas die
fiſcher zu
beobachten
haben bei
dem fiſch-
verkaufe?
auſſer landes nicht verkaufen. Sie muͤſſen ſich
auch nach der vorgeſchribenen tax-ordnung bei
dem verkaufe richten, Leiſer im iure georgico,
III, 14, 53. Faule fiſche zu verkaufen iſt nicht
erlaubet. Jeweilen duͤrfen ſich die fiſcher auf
dem fiſchmarkte nicht niderſezen, wie es z. e. in
Jena gehalten wird.
§ 2347
Zuvoͤrderſt ſind die fiſche uͤberhaubt zu benen-
nen; hirnaͤchſt einige anmerkungen aus der natur-
kunde voraus zu ſezen, welche zur entſcheidung ei-
niger rechtsſachen gehoͤren.
§ 2348
In betreff des erſten teilet man die fiſche inder fiſche
namen und
einteilun-
gen,
bloſe ſee-fiſche, und die zugleich ſee- und fluß-fiſche
abgeben. Zur erſten gattung zaͤlet man den 1)
ſtock-fiſch, 2) den ſcheel-fiſch, 3) den dorſch,
4) den rochen, 5) den ſchollen, 6) den butten,
7) die zunge, 8) den hering, 9) den goldfiſch,
10) den ſprott, 11) die ſardelle. Die uͤbrigen
ſeefiſche haben Peter Pomet im materialiſten-
und ſpecerei-haͤndler ſp. 579 bis 615, und Els-
holz am a. o. ſ. 363 fgg. beſchriben.
§ 2349
In belange der ſee- und fluß-fiſche zugleich:
- die ſchuppigte: ſalmo, lupus, aloſa, ziga,
N n n 4mugil,
[936]LIX haubtſtuͤck
mugil, capito, anadromus, caper, ſturio,
galeus, rhodius. - die glatten: huſo, eperlaruus, lampetra,
anguilla.
Die bloſen fluß-fiſche ſind entweder
- ſchuppigte; als: trutta, thymallus, vmbra,
barbus, capito, quintuplex, leuciſcus,
naſus, gobius, aſper, gobitis triplex,
bubulca, gellonii, rutilus fluuiatilis Ges-
neri. - glatte: attilus padi, glanis, muſtella, lam-
preta fluuiatilis, ſalmerinus.
§ 2350
In ſuͤſſen waſſern halten ſich auf: perca,
ſcrollus, albornus, auſonii, lucius, cyprinus,
tinca. Die fiſche in den land-ſeen ſind: vmbla,
trutta lacuſtris, carpio, laruaretus, bezola,
albula Saluiani, farra, pigus, ſchilus, ſarachus.
§ 2351
fluß-fiſche.
Unter den fiſchen des meeres und die zugleich
im fluſſe leben ſind: der lachs, der ſalm, der
edelſte und koͤſtlichſte unter allen fiſchen. Er tritt
aus der ſee in die Elbe, den Rhein, die Oder,
junget zur herbſt zeit in den ſtroͤmen. Die jun-
gen laͤchſe gehen ins meer, und nachdem ſie da-
ſelbſt erwachſen ſind, keren ſie von neuem ſtrom
an. Von der erzeugung der lachſe haben An-
dreas Hellant im VIIten bande der Schwedi-
ſchen abhandelung aus der naturlehre ſ. 271 bis
283, und deſſen fiſcherei, Nicol Gisler im XIIIten
bande am a. o. ſ. 12-34, wie auch ſ. 99 bis 133,
ſodann ſeite 177 fgg., imgleichen ſ. 275 fg.; fer-
ner im XIIIIten bande ſ. 16-28; weiter Grant
von der parung und fortpflanzung des lachſes ſ.
142-146. Das maͤnnchen heiſet wie bei andern
fiſchen: der milchner, und das weibgen der rog-
ner.
[937]von der wilden fiſcherei.
ner. Gedachter Grant leget diſem ein weibliches
und jenem ein maͤnnliches glid bei, und glaubet
die fortpflanzung beſchehe wie bei andern thiren.
§ 2352
Des hechtes milcher iſt beſſer als der roͤgner.der hechte,
karpen, und
anderer
fiſche gat-
tungen.
Man hat land-ſee hechte, teich-hechte und ſtrom-
hechte, davon die mittelſten und kleinen die geſun-
deſten ſind. Abrabam Agrillander hat ſolche
ſ. 77-79 am a. o. des XVten bandes beſchriben.
Die karpen teilet man auch in land-ſee, ſodann
teich- und fluß-karpen, darunter die Rhein- und
Laͤn-karpen geruͤmet werden. Der braſſen, der
blei, der rape, der barme, die jaͤſe, die zaͤrte, die
doͤbel, der haͤſeling, die kleine moraͤne, die karauze,
gibbel, die forelle, der aſche, der ſchnepel, der
ſtock barſch, der kaulbarſch, der ſticherling, der
gruͤh ꝛc. In der grafſchaft Erpach findet man
forellen von 10 bis 14 pfund, die gemeineſten wi-
gen 3 pfund. Die hechte 16 bis 18 pfund, die
karpen 4 pfund, die aale 6 pfund Nuͤrnberger
gewichtes, Klein am a. o. ſ. 23.
§ 2353
Unter die weiß-fiſche gehoͤren die uckelei oderdie weiß-
fiſche,
witte, die ploͤzen und rotaugen, die guͤſtern und
flinken.
§ 2354
Zu den fluß fiſchen one ſchuppen gehoͤren 1)die fluß-
fiſche one
ſchuppen,
der wels, 2) der aal, 3) die aal-raupe, oder
quappe, 4) die lamprete, 5) die neun-augen,
6) die peisker, 7) der ſchlei, 8) die ſchmerle
oder grundel.
§ 2355
Dieweil der policei die fuͤrſorge wegen der ge-die unge-
ſunde fiſche
ſind zu ver-
biten, oder
wenigſiens
zu beſchraͤn-
ken.
ſundheit der untertanen am herzen ligen muß; ſo
waͤre nicht undinlich, wo man entweder den ver-
kauf der ungeſunden fiſche verbite, oder wenigſtens
N n n 5einen
[938]LIX haubtſtuͤck
einen hoͤhern preis darauf ſezete, damit das armut
abgeſchrecket wuͤrde, ſein eigen verderben ſich zu
kaufen.
§ 2356
fiſche,
Ich will die fiſche nach dem grad irer geſund-
heit aus beirate der aͤrzte hirher ſezen, und zwar
1) derer, wovon auch kranke etwas genuͤßen moͤ-
gen: als die grundeln, oder ſchmerlen, wenn ſie
zumal gebacken werden; 2) die ſalmen von mit-
telmaͤſiger groͤſe, 3) die kreſſen, oder graſſen,
4) die jungen forellen, und 5) die jungen hechte,
auch 6) die baͤrſch, 7) die barbe, 8) die aſchen.
§ 2357
Den geſunden magen dinen beim anfang der
malzeit die geſottene fluß-karpen, der braͤſam, die
gebratene karauſche. Die ſtoͤre und feinde der
lachſen, die hauſen ꝛc. fuͤren ein hartes und un-
verdauliches fleiſch, Baͤumler am a. o. ſ. 264 fgg.
§ 2358
forget fuͤr
die zuna-
me der
fiſch-brut.
Nicht weniger hat die policei auf den wuchs
und die zuname der fiſchbrut zu ſehen, weiln ſie
ein narungs-mittel ſind, deſſen uͤberfluß in einem
ſtate erfodert wird. Da nun die fiſch-otter, im-
gleichen der fiſch-geier und reiher gar merklichen
ſchaden der fiſcherei zufuͤgen; ſo ſind otterfaͤnger
zu beſtellen, welche mit iren hunden, (die den huͤ-
ner-hunden gleichen, nur daß ſie laͤngere haare
haben und ins waſſer gehen,) ſodann nebſt der
ſtech gabel den otter fangen.
§ 2359
denen
fiſchen,
Die Eder-hechte, imgleichen die Itteriſchen
forellen ſind bekannt. Jedoch hat das kupfer-
werk ſie ſeltener gemacht. Die Moſel-fiſche hat
der Auſonius wohl abgebildet. Die vilen Saar-
fiſche uͤbergehet man mit ſtillſchweigen.
§ 2360
[939]von der wilden fiſcherei.
§ 2360
Zur entſcheidung der irrungen wegen der fiſchewozu die
fiſchkunde
dinet?
dinet die natur-wiſſenſchaft, und die ichtyologi,
oder fiſchkunde; z. e. ein teich iſt vor 3 jaren gehoͤ-
rig beſezet worden. Man fiſchet ihn; anſtatt 30
centner fiſche zu erhalten, empfaͤngt der pachter
kaum 30 pfund. Was iſt hier wegen des erlaſſes
zu tun? Diſer teich, der eben vor 3 jaren aus-
gegraben war, wird wieder beſezet und nach drei
jaren abermal leer befunden, one die ſpuren von
todten fiſchen, oder fiſchottern zu vermerken. Den
Joh. Low von fangung lebendiger fiſchotter ſ.
147 fgg. im XIIIIten bande der Schwediſchen ab-
handlung aus der natur-lehre.
§ 2361
Nachdem man voraus ſezet, daß der teich ei-
nen beſtaͤndigen abfluß habe, wie doch nicht iſt,
auch im winter beim froſte, die hauung der loͤcher
ins eis nicht verabſaͤumet worden iſt. Denn daß
ein fiſch one luft unterm eiſe nicht beſtehen koͤnne,
behaubtet Scheuchzer ſ. 467 der natur-wiſſen-
ſchaften IIten teil, auch hir nicht zu vermuten ſte-
het, daß die fiſche bei nachtzeit entwendet worden
waͤren; indem man die raͤnder mit pfaͤlen ſo weit
eine lauſche reichet beſchlagen hat. Bleiben di-
ſemnach die raubfiſche und die fiſchgeier uͤbrig,
weilen der teich keine belaubete ufer hat. Hier-
naͤchſt raubfiſche beim ablaſſe des teiches ſich auch
nicht vorgefunden haben, der boden diſes teiches
ein ſtarker moraſt mit ſehr kalten faulen born-
quellen iſt; demnach die raubfiſche darin nicht be-
kleiben koͤnnen; in betracht die forelle den fiſch-
raub nicht begehen mag, geſtalt ſie die matten
und ſumpffigten waſſer nicht vertragen kan, ſon-
dern ein helles und hartes waſſer mit kiſigten und
ſteinigten boden haben will; ſodann die aſche,
welche
[940]LIX haubtſtuͤck
welche die forelle an einem liblichern geſchmacke
uͤbertrifft, iedoch gar bald auſſerm waſſer abſte-
het iren raub dahir noch weniger hat veruͤben moͤ-
gen; abſonderlich da ſie ſich blos mit den kleinen
fiſchgen, als ellrizen und kaulkoͤpfen begnuͤget;
ferner der groͤſte verdacht die hechte druͤckt, welche
wo ſie 5 bis 6 pfund haben, einen zweipfuͤndigen
hecht verſchlucken; zugeſchweigen, daß ein vier-
pfuͤndiger hecht einen dreipfuͤndigen karpen ertoͤd-
tet und verſchlucket; nicht minder ein par hechte
im ſtande ſind, 50 ſchocke (iedes zu 60 gerechnet)
karpen und karauſchen-brut in einem jare zu ver-
tilgen; auch die wilden aͤnten, die doch auf diſen
teich nicht fallen, den gefreſſenen hecht-rogen nicht
dahin gebracht haben koͤnnen, daß hechte daraus
erzilet worden waͤren, wofern man bei beſezung
des teiches keine hinein gebracht hat; uͤberdem die
barſche ſich auch nicht fanden, da diſe onehin nur
kleine fiſchgen, als kaulbarſche und ellrizen, auch
junge krebſe rauben; nicht weniger der goſe keine
ſchuld hir traͤget; immaſſen er nur von der fettig-
keit des waſſers lebet, dem karpen gleichet, iedoch
ſchmackhafter iſt; und wie der karpe von der fet-
tigkeit lebet, anbenebſt einen faulen leimigten boden
libet; alſo man glauben ſollte, daß er hir begleiben
muͤſſe, wenn er gleich einen faulen geſchmack vom
ſumpfigten waſſer davon getragen haͤtte, und de-
nen karpen nicht gleiche, welche in einem teiche ge-
ſezet werden, auch beſſer, als der karpe ſchmaͤcket,
dennoch wegen der menge von graͤten gefaͤrlich zu
eſſen faͤllet; auſſerdem ſchlamm und einen mora-
ſtigen boden erfodert, auch den karpen im moraſte
verwuͤlet, gleichwol ein weiches waſſer haben will;
derohalben erſcheinet daraus ſo vil: daß der in
frage gekommene teich, als unfruchtbares, auch
unſchickliches mageres werk verpachtet worden ſey,
deſſen
[941]von der wilden fiſcherei.
deſſen waſſer weder den karauſchen, noch karpen
behaget, an, benebſt aus mangel der narung ab-
ſtehen und im ſchlamme verfaulen; folglich dem
pachter ein erlaß gebuͤret.
§ 2362
Die fiſche werden in raubfiſche und nicht rau-die eintei-
lung der
fiſche in
raubfiſche,
bende eingeteilet. Zu den erſten gehoͤren 1) die
hechte, 2) die lachsforellen, 3) die forellen (ſo-
ren), die ſich iedoch mit kleinen fiſchen, auſſer den
waſſer-wuͤrmen, ſchnacken und fluͤgen begnuͤgen,
4) die aſche, 5) baͤrſch oder ſtockbaͤrſch, 6) der
bunt-baͤrſch, 7) der ſander, 8) der rote orf,
9) der weiſe orf, 10) die lamprete, 11) die
aalraupe, 12) der dickkopf oder kaulbarſch.
§ 2363
Keine raub-fiſche ſind 1) der hauſen oft 20und nicht
raubende.
ſchue lang und 4 centner ſchwer, 2) der ſtoͤr,
3) der wels, 4 bis 5 ellen lang und 2 centner
ſchwer, 4) der lachs von unterſchidenen gattun-
gen, die Linnaͤus in der Fauna Suecica benennet,
5) raapen von 10 bis 12 pfund, 6) die goͤſe, oder
jaͤſe, 7) die karpe, 8) die ſpigel-karpe, 9) die
karauſche, 10) die gibel, oder zwerg-karpe, 11)
die barbe, 12) die braſſe, oder der groſe weiß-
fiſch, ieweilen von 20 pfund, 13) der alet, 14)
der mai-fiſch, 15) der bleier, oder mittlere weiß-
fiſch, auch ploͤz, 16) der doͤbel, 17) der fuͤrtreff-
liche rote noͤrfling, 18) der ſchnepel, 19) die
neunaugen, 20) der aal, 21) der peisker, oder
kleine aal anderthalb daumen dick, 22) der
ſchmerl, oder grundel, iſt wie der peisker in klei-
nen, 23) die ſchleie, die der karpe im moder ver-
wuͤlet, 24) die rotaugen, 25) der ſchibeling,
oder die rotfeder, 26) der haͤſtling, 27) der
ickli, 28) die bachkreſſe, 29) die ellrize, 30)
der
[942]LIX haubtſtuͤck
der ſtinz, 31) der ſtichling, 32) der ſteinbeiſſer,
33) der ſchneider.
§ 2364
Diejenige, welche aus teichen, weihern, be-
haͤltern und andern geſchloſſenen auch gehaͤgten
waſſern fuͤrſezlich und widerrechtlich entwenden,
ſind fuͤr dibe zu halten, und werden dem befinden
nach an gelte, leibe und wie andre dibe beſtrafet,
peinliche halsgerichts- ordnung kaiſer Carls des
Vten art. 169, Stiſſer in der jagt- und forſt-
hiſtori cap. VI § 18 ſ. 284, F. H. Darmſtaͤdtiſche
fiſch-ordnung § 107 ſ. 40, Caſſeliſche fiſch-ord-
nung § 16, Naſſau-Kazenellenbogiſche policei-
ordnung § 87 ſ. 30, von Rohr am a. o. § 21,
ſ. 1135 fg., Kur-Braunſchweig-Luͤneburg. L. O.
im IIten teile cap. II ſ. 670, IIIIten teile cap. VI
ſ. 298, repertorium iuris priuati II ſ. 1626 fg.
Kur-Pfaͤlziſche malefiz-ordnung tit. 52. In den
fuͤrſtlich H. Caſſeliſchen landen ſollen ſie wie die
wild-dibe beſtrafet werden, F. H. Caſſeliſche fiſch-
ordnung § 16, Greben-ordnung tit. 26 § 16 ſ. 63.
§ 2365
fiſchereien
angeſchla-
gen wer-
den?
Wie aber die fiſchereien in anſchlag zu bringen
ſind, beſaget der Stiſſer in der einleitung zur
land-wirtſchaft cap. 15 § 31 ſ. 505; Gaſſer am
a. o. cap. 20 § 9 ſ. 325 fg. Die teiche rechnet
man nach iren einkuͤnften, und machet einen durch-
ſchnitt, oder man ſchlaͤget ſolche nach morgen,
auch wohl ſchocken an. Wenn ſie in pacht aus-
getan werden ſollen, bringet man nach ſechsjaͤri-
gen pacht und durchſchnitt ſelbige in anſaz.
Sech-
[943]von den muͤlen.
Sechzigſtes haubtſtuͤck
von den muͤlen.
§ 2366
Die muͤlen ſind mancherlei (§ 521). Dieje-was die
muͤle iſt?
nige aber, welche vermittels des waſſers ge-
triben werden, heiſſen waſſer-muͤlen. Ueberhaubt
iſt eine muͤle: eine von verſchidenen raͤdern und
getriben zuſammengeſezte maſchine, welche durch
eine aͤuſſerliche gewalt im gang gebracht, und ver-
moͤge derſelben getreide, nebſt andern ſachen zu
einem gewiſſen gebrauche zubereitet, ſowohl zer-
malmet werden, Leonh. Chriſt. Sturms voll-
ſtaͤndige muͤlen-baukunſt, Augsburg 1718 fol.,
Georgen Andreen Boͤcklerstheatrum machi-
narum, das in Holland herausgekommene groſe
muͤlen-werk, von muͤl- und waſſer-werken, Nuͤrn-
berg 1673 fol. Jacob Leupoldstheatrum ma-
chinarum molarium, oder ſchauplaz der muͤlen-
baukunſt 1735.
§ 2367
Die muͤlen gehoͤren entweder der herrſchaft,deren ein-
teilungen,
oder den landſaſſen und untertanen. Sie ſind
entweder mit dem zwange und banne verſehen,
oder nicht. Die erſten werden zwang-muͤlen ge-
nennet (§ 521). Diſe haben iren urſprung aus
der erb-gerichtbarkeit, Pufendorfde iurisdictio-
ne Germanica, ſ. 373. Von den herrſchaftli-
chen hat der hiſige verſtorbene vice-kanzler herr
Waldſchmidde molendinis bannariis. 1718, 4,
§ 7 fgg. gehandelt, und daß diſe gerechtſame dem
landesherrn zuſtehe, mit den beiſpilen aus der ver-
ordnung landgrafen Morizens von 1615, der ge-
richts-ordnung an der Laͤne § 26, den herrſchaft-
lichen
[944]LX haubtſtuͤck
lichen muͤlen im Hanauiſchen und Iſenburgiſchen
ſ. 14 erwiſen. Was Kur-Braunſchweigiſchen
rechts ſey, leret Tobias Jacob Reinhartde eo
quod circa molendinorum exſtructionem at-
que bannum, imprimis in terris electoralibus
Brunſuigo-Luneburgicis iuſtum eſt, Goͤttingen
1740, 4, Jacob Chriſtian Klippſteins diſp.
de dominio Rheni, Giſen 1740, § 6 ſ. 10 fgg.
von Wernher in relat. VIII im IIIten bande der
obſeru. ſelect. § 89 fgg. In abſicht auf den ge-
brauch, nuzen und gewerbe, koͤnnen die muͤlen
privat und oͤffentliche muͤlen ſeyn; ſo fern man
naͤmlich entweder die muͤlen fuͤr ſich und ſeinen
gebrauch, oder zum gemeinen nuzen einer ſtadt,
oder eines bezirkes hat.
§ 2368
waſſer-muͤ-
len.
Die waſſer-muͤlen, welche entweder mit pan-
ſter- oder ſtaber- oder ſtraube-zeugen gebauet ſind,
werden von fluͤſſen, oder baͤchen getriben, und ſind
teils pfal-muͤlen, teils ſchiff-muͤlen. Das waſ-
ſer faͤllet aber entweder von oben herab auf das
muͤlrad und treibet ſolches vorwaͤrts um, oder es
faͤllet das waſſer unten an das im muͤl-gerinne
haͤngende muͤlrad, und treibet diſes durch ſeinen
ſtoß ruͤckwaͤrts um; im erſten falle wird die muͤle
eine uͤberſchlaͤchtige, im andern aber eine unter-
ſchlaͤchtige genennet.
§ 2369
mahl-muͤle
heiſſet?
Eine mahl-muͤle, korn- getreide-muͤle heiſſet die-
jenige, worin allerhand koͤrner und getreide zu
ſchrot und mehl zubereitet werden.
§ 2370
muͤlen ſind
den wind-
muͤlen vor-
zuziehen.
Die waſſer-muͤlen ſind den wind-muͤlen viler
urſachen wegen vorzuziehen, oͤconomiſches lexicon
ſp. 1949 fg., in betracht die lezten wegen ires un-
gleichen tribes nicht ſo reines und ſchoͤnes mehl
geben,
[945]von den muͤlen.
geben, als die waſſer-muͤlen, auch darbei viles
verſtaͤubet und verwehet wird.
§ 2371
Das fuͤrnaͤmſte einer mahl- und waſſer-muͤledas fuͤr-
naͤmſte eineꝛ
mahlmuͤle
wird nam-
haft gema-
chet.
iſt: 1) der mahl- muͤl- eich- oder ſicher-pfal, der
fach- grund- oder ſpund-baum (§ 525-527),
2) das gris-werk mit gris-ſaͤulen, docken, und
ſpannraͤmen, 3) die ſchuͤzen, oder ſchuzbreter,
4) die leer-waͤnde, 5) das wuͤſte gerinne, wo-
durch das uͤberfluͤſſige waſſer weggehet, 6) das
waſſer- oder mahl-gerinne, darinn die muͤl- oder
waſſer-raͤder haͤngen; 7) das waſſer-rad mit
ſeinen armen und ſchaufeln, daran die welle, die
ſcheiben, das ſtirn-rad, 8) die drilinge, oder
drelinge, 9) das kamm-rad, 10) das getribe,
darin die ſcheiben und ſtaͤbe, oder tribe-ſtecken ſind,
11) das muͤl eiſen in der pfanne, 12) der bocks,
13) der bodenſtein, in welchem die eiſerne haube
ſich zeiget, 14) der laͤufer, oder oberſte muͤlſtein,
15) der ruͤr-nagel, 16) der ſchuch, 17) der
rump, oder rumpf, darin das getreide aufgeſchuͤt-
tet wird, und aus demſelben auf den boden-ſtein
laͤuft, auf welchem es von dem ſich umdrehenden
laͤufer zerknirſchet, oder zerriben und klein gemalen
wird, (heiſſet auch das kahr), 18) die rump-
leiter, 19) der lauf (die zarg), darin die muͤl-
ſteine umlaufen, 20) der beutel-kaſten, darin
vermittels des beutels das ſchoͤne mehl von den
kleien geſondert wird, 21) das ſchibe-bret, 22)
das beutel-tuch, 23) die kruͤcke, 24) der mehl-
kaſten, 25) die ſchrot-kaſten, 26) die daumen,
die anſchlags-welle, 27) die kloben ſaͤule, 28)
die radſchere, 29) die beutel-welle mit zwey ar-
men, 30) der ſteg, 31) die tragbank, 32) die
hohldocke, 33) die hebe ſchine, daran oben der
arm iſt, 34) die laune, 35) die keule, 36) das
O o ozihwerk,
[946]LX haubtſtuͤck
zihwerk, 37) die zih-ſcheiben, 38) das getribe,
39) das zihſtirnrad, 40) die panſter-ketten, 41)
die weife, oder gatter, 42) die ſcheiden, 43)
die ſtammſchere, 44) die zapfen-lager, 45) die
ruͤckſchere, 46) der ruͤck-baum, 47) die ſtelze,
48) der zihboden, der mehl-boden, und der ſtaub-
boden.
§ 2372
und gerech-
tigkeiten
bei den muͤ-
len.
Bei dem muͤlen-weſen kommen mancherlei rech-
te und gerechtigkeiten vor. Es ſind die rechte teils
hoheits-rechte, teils regalien. Denn das muͤlen-
weſen in einem lande gehoͤret zur aufſicht und an-
ordnung ſowohl einrichtung des landesherrns, oder
fuͤrſicht der policei, und nicht allezeit zu den rega-
lien, wofern die muͤlen nicht auf ſtroͤmen und oͤf-
fentlichen fluͤſſen angeleget werden wollen, von
Rohr im haushaltungs-rechte ſ. 586, von Juſti
am a. o. II ſ. 178, oder die landesgeſaͤze des muͤ-
len-baues halber uͤberhaubt ein andres verordnen
wie in Heſſen, in der Kur-Mark-Brandenburg,
S. Altenburgiſchen landen. Sihe die neue ſamm-
lung verſchidener von zeit der publicirten landes-
ordnung des fuͤrſtentumes Altenburg ergangener
verordnungen, 1750, 4, ſ. 179.
§ 2373
muͤlen-ord-
nungen.
Zu den hoheits-rechten gehoͤret: die gewalt
muͤlen-ordnungen abzufaſſen und ausgehen zu laſ-
ſen, welche ſowohl die muͤl-herren und muͤller bei
den muͤlen und waſſerbaue, als auch die mahl-
gaͤſte, nicht minder die muͤller und deren knappen,
auch treibere, bei iren muͤl-weſen und malen zu
beobachten haben. Nach ſelbiger werden die
ſtreitigkeiten, welche bei muͤlgebaͤuden vorfallen
moͤgen, entſchiden. Sie beſtimmen die fiſcherei
in den muͤlgraben, F. H. Caſſeliſche greben-ord-
nung tit. 26 § 16 ſ. 62, den mahl- wehr- ſicher-
pfal,
[947]von den muͤlen.
pfal, den fachbaum, das gerinne, die wehre, die
ſchuz-breter, ſtrom-koͤrbe, die daͤmme, ſchuz-teiche,
das waſſer, die muͤlgaͤnge, laͤufe in den muͤlen,
deren weite, die beſchaffenheit der muͤlſteine, das
heben, behauen, und legen der muͤlſteine, das
auf- und zuſchuͤzen, keilen, ſchmiren der pfannen,
das aufeiſen bei winterszeiten, die beſichtigung und
viſitirung der muͤlen, das teichen, oder ſtauchen
des muͤlen-waſſers, das malen ſelbſt, die molter,
das beutel-mal-gelt, die ſtrafen der muͤller, welche
den mal-gaͤſten an irem getreide ſchaden zufuͤgen
(§ 528), oder andern muͤllern die gaͤſte abſpaͤn-
ſtig machen, imgleichen, welche uͤber die gebuͤr
das getreide entfremden, und als betruͤger betre-
ten werden. Sie unterſagen neue muͤlen-were
one erlaubniß anzulegen, oder die alte zu vergroͤſ-
ſern, die flut-betten und eichpfaͤle zu veraͤndern,
F. H. Caſſeliſche greben-ordnung tit. 38 § 12 ſ. 92,
F. H. Caſſeliſche muͤlen-ordnung vom jare 1753
§ 1, Kur-Saͤchſiſche muͤlen-ordnung fuͤr die an
den Saalen, Luppen, Elſter und Pleiſſen-ſtroͤmen
ligende muͤlen vom 23. Nov. 1668, imgleichen
fuͤr die muͤlen auf der Unſtrut den 29. April 1659,
oͤconomiſches lexicon ſp. 1957, Marperger in der
neu-eroͤffneten waſſerfahrt auf fluͤſſen und canaͤlen,
cap. VII ſ. 256, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgi-
ſcher landes-ordnungen IIIter teil cap. 4 ſ. 240,
IIIIter teil cap. VI ſ. 34, cap. VII ſ. 31, cap. VIII
ſ. 24 ſ. 81, Mylius im corp. conſtit. Marchic.
IIIIten teile, 4te abt. ſ. 100 fgg., Vten teile IIIte
abt. ſ. 109 fgg.
§ 2374
Sie gebiten den muͤllern das zur muͤle kom-was ſolche
enthalten.
mende getreide ſelbſt abzumoltern, und dergleichen
auf die knechte oder geſinde nicht ankommen zu
laſſen.
O o o 2§ 2375
[948]LX haubtſtuͤck
§ 2375
dern,
Sie erfodern desfalls in einer ieden muͤle be-
ſondere und mit oberkeitlichem vorbewuſt geeichte
molter-gemaͤſe, welche angeſchloſſen ſeyn ſollen.
§ 2376
ren,
Sie begeren, daß die molter-frucht mit dem
ſtreich-holze ordentlich abgeſtrichen werde, und ver-
biten das haͤufen, nicht minder die vergleichung
des gemaͤſes mit der hand, wovon ſie iedoch das
malz-moltern ausnemen, F. H. Caſſeliſche muͤlen-
ordnung § II num. 11 ſ. 5.
§ 2377
darf nicht
angefeuch-
tet werden.
Das getreide, oder mehl, darf der muͤller bei
namhafter ſtrafe nicht anfeuchten, um die ſchwere
des mehls zu erhalten, wenn auf das gewicht ge-
malen wird, wie zu Frankfurt und Giſen das
mehl-wigen eingefuͤret iſt. Sihe Leupoldts Leip-
ziger heuwage, oder beſchreibung einer groſen
ſchnell-wage.
§ 2378
molter und
deren ein-
teilung.
Das molter, oder die mal-meze iſt an einigen
orten doppelt, oder vom getreide und der kleie, da
denn die eine fuͤr das malen, und die andre fuͤr
das abholen der fruͤchte und uͤberbringen des maͤ-
les oder ſchrotes gegeben werden muß. Man nen-
net diſe auch hir und da die treibe meze. An eini-
gen orten iſt das molter- und beutel-gelt eingefuͤ-
ret, z. e. vom moͤtte zwei maͤsgen, und drei kreu-
zer beutel-geltes, und beim muͤlen-ſchreiber den
zedel zu loͤſen, vom moͤtte korns 3, und vom hal-
ben oder ganzen moͤtte waizen 4 pfennige.
§ 2379
herrns ober-
ſte macht
uͤber die an-
legung der
muͤlen.
Dem landesherrn ſtehet ebenfalls uͤber die klei-
nen bach- und wind-muͤlen, auch deren anlegung
die oberſte gewalt und die aufſicht zu, ſintemal
dem landesherrn die beſorgung, auch befoͤrderung
ſeiner
[949]von den muͤlen.
ſeiner untertanen wohlfart obliget, diſemnach er-
ſtrecket ſich deſſelben fuͤrſicht gleichfalls dahin, daß
ſein land an muͤlen keinen mangel leide, nicht min-
der alles darinn ordentlich zugehe, darnebſt diſes
narungs-geſchaͤfte nicht allzuſehr uͤberhaͤufet, im-
gleichen die neue muͤlen den bereits vorhandenen
muͤlen nicht zum ſchaden angeleget werden, Stryk
de iure prohibendi exſtruct. molend. cap. I
§ 2 fg. von Ludewig in conſil. 19 T. I lib. I,
Stiſſer in der einleitung zur landwirtſchaft, cap.
XI abt. 3 § 4 ſ. 391. Derowegen ſchreibet er zu
diſem behufe die geſaͤze fuͤr, verordnet zu den muͤ-
len-ſachen kunſt-erfahrne und ſach-verſtaͤndige leu-
te, z. e. muͤlen-voͤgte, waſſer-muͤlen-meiſter, muͤl-
geſchworne, verbitet den mehl verkauf, laͤſſet die
muͤller, um deſto genauer irer pflicht und ſchuldig-
keit nachzuleben, mit einem eide belegen, Hering
de molendinis quaeſt. 45, Altenburgiſche Lau-
des-ordnung tit. 42, Magdeburgiſche muͤl-ord-
nung vom jare 1678 § 55, Magdeburgiſche policei-
ordn. vom jare 1688 cap. 12 § 51, Weimariſche
muͤlen-ordnung vom jare 1589, tit. muͤllers geluͤb-
de, Onolzbachiſche muͤl ordnung vom jare 1616
tit. 12, Pfaͤlziſche L. O. vom jare 1657 tit. 22,
Kur-Saͤchſiſche muͤl-ordnung und general-con-
ſumt-accis-ordnung vom jare 1707 cap. 2 § 15,
Nuͤrnbergiſche muͤl-ordnung vom jare 1701 § 7,
corpus conſtitut. Oldenburg. num. 43, Ulmi-
ſche muͤlen-ordnung art. 33 fgg., Wirtenbergiſche
muͤlen-ordnung, Baieriſche muͤlen-ordnung.
§ 2380
Die obligenheit und das amt der muͤlen-voͤgte,die obligen-
heit der
muͤl-mei-
ſter ꝛc.
muͤl-meiſter, muͤlen-geſchwornen, beſtehet darin,
daß ſie die ſtreitigkeiten, welche den waſſer-lauf
betreffen, oder uͤber andre muͤlen-ſachen entſtehen,
eroͤrtern, darnebſt unterſuchen, ob die muͤller irer
O o o 3pflicht
[950]LX haubtſtuͤck
pflicht nachkommen? ferner nachforſchen, wie
der muͤlen-bau beſchaffen ſey? ob an demſelben
einiger mangel ſich aͤuſſere? ob die muͤle mit allem
erfoderlichen tuͤchtigen geſchirre verſehen ſey? ſie
haben insbeſondere nach dem ſarch beutel-kappen,
waſſer-laufe, den feſtern, ſteinen, dem gemaͤſe ꝛc.
zu ſehen, damit den betruͤgereien einhalt beſchehe,
Myler von Ehrenbach in metrolog. cap. 17,
Hering am a. o. Wo aber keine landesherrli-
che muͤlen-voͤgte verordnet ſind, allda gehoͤren die
ſtreitigkeiten der muͤlen und waſſer-ſachen in erſter
inſtanz fuͤr die aͤmter und die adelichen gerichte.
§ 2381
oberkeit die
muͤlen-be-
ſichtigung
zuſtehet?
Ob aber im uͤbrigen die muͤlen beſichtigung, wo
keine beſondere angeordnet iſt, zu der obern oder
nidern gerichtbarkeit gehoͤre, iſt unter den rechts-
gelehrten ſtrittig. Immittels da eine iede ober-
keit, und ieder richter verbunden iſt, uͤber die muͤ-
len-ordnungen zu halten, koͤnnen auch die erbge-
richte die beſichtigung wohl fuͤrnemen, Pufendorf
de iurisdictione Germanica, ſ. 369, iedoch,
wenn grobe verbrechen und groſer betrug an den
muͤllern zu beſtrafen ſind, gehoͤret ſolches fuͤr die
obere gerichtbarkeit, Joh. Jodoc Beck von der
vogteilichen obrigkeit ſ. 274. In Franken nennet
man es das recht der muͤlen-ſchau. Diſe hat
Brandenburg-Onolzbach im vergleiche mit der
Reichs-ritterſchaft, ortes Altmuͤl, diſer 1724 nach-
gelaſſen, die frais-faͤlle deshalber ſich vorbehalten.
Im vertrage angeregten fuͤrſtlichen hauſes mit
dem hochſtifte Eichſtaͤdt iſt 1736 die waſſer- und
muͤlen-beſichtigung § 5 dem vogtei-herrn, die pein-
lichkeit aber dem fraisherrn zugedacht.
§ 2382
neue muͤlen
angeleget,
Es kann keine neue muͤle zum nachteile desjeni-
gen, welcher das privilegium hat, daß keine neue
muͤle
[951]von den muͤlen.
muͤle angeleget werden ſoll, auch nicht einmal mit
bewilligung des landesherrns, erbauet werden.
§ 2383
In denen landen, worinn one landesherrlicheauch mit
mereren
gaͤngen
nicht verſe-
hen werden
duͤrfen,
gehelung keine neue muͤle angeleget werden darf,
koͤnnen die vorhandenen muͤlen mit mereren gaͤn-
gen nicht verſehen, noch eine mal-muͤle in eine oͤl-
muͤle eigenmaͤchtig verwandelt, vilweniger von
einem orte zum andern verleget werden. In ſa-
chen der muͤller zu N. wider die verwittibte praͤ-
ſidentin von Dalwigk zu Virmuͤnden, wurde vor
geraumen jaren uͤber die vermerung der malgaͤnge
geſtritten, und diſe der von Dalwigk unterſaget.
Dieweil die gemeine Herrmannſtein bei Wezlar,
zur daſigen Schenkiſchen muͤle gebannet iſt, auch
die fron-dinſte darzu leiſten muß, wollte jene den
anhang einer oͤl-muͤle nicht nachgeben. Daher
ſolcher nach urthel und recht abgeriſſen, iedoch
eine beſondre oͤl-muͤle uͤber die mal muͤle gebauet
wurde.
§ 2384
Auf einem gemeinſchaftlichen fluſſe kan one derauf gemein-
ſchaftlichen
fluͤſſen?
andern bewilligung keine muͤle erbauet werden?
§ 2385
Wenn neue muͤlen angeleget werden wollen, iſtwas bei an-
legung ei-
ner neuen
muͤle zu be-
obachten
iſt?
dahin zu ſehen, daß ſie in gehoͤriger weite von ein-
ander ſtehen.
§ 2386
Die rechte der muͤlen ſind unterſchidlich. Siedie rechte
und freihei-
ten der muͤ-
len des waſ-
ſers, des
wehres ꝛc.
halber.
erſtrecken ſich teils auf den waſſer-lauf, daß ſol-
cher weder gehemmet, verſchlimmert, noch entzo-
gen werde. Derowegen darf das waſſer zur
waͤſſerung der wiſen, oder zum bleichen, nicht ab-
geteilet werden, wenn ſolches bei den muͤlen noͤtig
iſt; daher darf auch ein muͤller des nachbars
muͤle uͤber und unter ihm beſichtigen, auch das
O o o 4waſſer
[952]LX haubtſtuͤck
waſſer holen, die befundenen maͤngel behoͤrigen
ortes anzeigen, Kur Saͤchſiſche muͤlen-ordnung
vom jare 1653, von Rohr im haushaltungs-
rechte ſ. 619, 620; Jacob Bornde eo quod
iuſtum eſt circa molendina maxime in prouin-
ciis Saxonicis, Leipzig 1689, Joh. Heringde
molendinis eorumque iure, 1625, 4. Teils
aͤuſſern ſich ſolche rechte in ruͤckſicht auf die obern
und der untern muͤlen, des wehres, fachbaumes,
ſicherpfales, teils des zwanges, auch der dinſt-
barkeiten, nicht minder der freiheiten halben, z. e.
daß die muͤlen von einquartirungen frei ſeynd,
Taborde metatis P. III cap. 3 art. 2 num. 7,
die muͤlſteine hir und da von den zoͤllen befreiet
ſeynd, die muͤller keine vormundſchaften uͤbernemen
muͤſſen, Hering am a. o. quaeſt. 41 num. 24.
§ 2387
ler in einem
andern dor-
fe getreide
zum malen
abholen
kan?
Ob ein inlaͤndiſcher muͤller in ein andres dorf,
deſſen muͤller kein zwang-recht hat, faren und zum
malen holen duͤrfe, iſt in ſachen der adelichen S.
vormundſchaft zu R. wider den muͤller zu E. ge-
ſtritten worden? Ordentlicher weiſe ſtehet der-
gleichen muͤllern kein verbitungs-recht zu. Eine
andere frage iſt es von auslaͤndiſchen muͤllern.
Der muͤller zu S. hatte von je her fruͤchte zum
malen in Sb. geholet. Allein deſſen landesherr
verordnete, daß kein untertan auswaͤrts malen
ſollte. Hir tratt demnach der muͤller zu Sb. auf,
wollte den auslaͤndiſchen muͤller nicht mehr leiden.
Das widervergeltungs-recht ſchlug hir an. Je-
doch ſind die notfaͤlle ausgenommen, wenn naͤm-
lich der naͤchſte innlaͤndiſche muͤller der waſſerflut
halber nicht malen kan.
§ 2388
pacht-muͤl-
ler des bau-
Ein mal-muͤller pachtet die muͤle ieden tages
10 fl. zu erlegen. Es eraͤuget ſich aber der fall,
daß
[953]von den muͤlen.
daß bei 35 tage an der muͤle gebauet werden muß,ens halber
erlaß am
pachte bege-
ren kan?
mithin neun malgaͤnge muͤſſig ſtehen, daher gefra-
get wird: ob der verpachter dem muͤlen-beſtaͤnder
einen erlaß goͤnnen muͤſſe? Der verpachter ſchlaͤ-
get ihm ſolchen ab. Was iſt nach den Teutſchen
rechten zu tun? Der beſtaͤnder uͤberkommet den
erlaß.
§ 2389
Die zwang-gerechtigkeit bei den muͤlen iſt fuͤrwie der muͤ-
len zwang-
gerechtig-
keit erlan-
get wird?
ein regal nicht allezeit gehalten worden, ſondern
wird entweder durch ein privilegium, geding, ver-
traͤge, verjaͤrung ꝛc. erlanget und hergebracht, teils
hat ſie aus der leibeigenſchaft ire abkunft (§ 2079),
Eſtors diſp. de abuſu rerum merae facultatis
ſ. 67 fg. Huſanusde hominibus propriis c. 7.
§ 2390
Die rechts-mittel und klagen, welche bei dem
muͤlen-weſen vorkommen moͤgen, erzaͤlet Hering
am a. o. quaeſt. 56, Muͤllerde molendinis
ſect. 5, das juriſtiſche oraculum im 10ten bande
ſ. 412 fgg.
§ 2391
Wenn eine muͤle in anſchlag gebracht werdender muͤlen-
anſchlag,
ſoll, iſt hirbei dergeſtalt zu werke zu gehen, daß
man einen unterſchid unter den zwang- und andern
muͤlen machet, wornach der gebrauch und die nu-
zung, auch die beſchwerden und alle unkoſten, wel-
che zu deren unterhalte, und auf die leute auch auf
das vih ſtets verwendet werden muͤſſen, geſchaͤzet
und etwa von dreien jaren, das mittel genommen
werde, Gaſſer am a. o. cap. 9 § 7 fgg. ſ. 208 fgg.
In den Kur-Saͤchſiſchen ſteuer-anſchlage ſind die
muͤlen auf 5 vom hundert angeſezet; wenn aber
die muͤlen auf rechnung weggegeben werden ſollen,
muß der ertrag, nach dem mez (molter) korn und
O o o 5maſtung
[954]LX haubtſtuͤck
maſtung mit einem durchſchnitt heraus gebracht
werden.
§ 2392
len-wehre
verleget
werden
duͤrfen?
Die muͤlen-wehre koͤnnen von einen bisherigen
an einen andern ort, den benachbarten zum ſcha-
den, nicht verleget werden, juriſtiſches oraculum
T. X ſ. 425 fgg. Sihe auch Joh. Georgen
Libknechtende iis, quae circa notas termina-
les aquarum et molendinorum cognitu neces-
ſaria et aequa ſunt, Giſen, 4.
Vom muͤlen-wehr-baue, und dem ſicher-
oder haͤge-pfale.
§ 2393
wehr iſt?
Das wehr iſt eine im waſſer angelegte erhoͤ-
hung, dadurch man das uͤberfluͤſſige ablaufen des
fluͤſſenden waſſers zu hemmen ſuchet. Das wehr
dinet, damit die muͤle weder zu weniges, noch zu
viles waſſer uͤberkomme. Es iſt ein zwangsmit-
tel, den fluß alſo zu leiten, wie man deſſen ſtaͤrke
und ſchwaͤche zum gebrauche noͤtig findet.
§ 2394
waſſer-ſtau-
chung ver-
urſachet?
wie ſolchem
Die waſſer-kunde leret, daß die behinderung
der ſtrom-bane des fluſſes eine ſtemmung, oder
ſtauchung (teichung) des waſſers verurſache.
Seze demnach in einer ferne von einer halben, oder
drei virtel-ſtunden ſtehen dreie muͤlen an eben dem
fluſſe. Bauet der mittlere muͤller ſein wehre zu
hoch, ſo laufen die muͤlraͤder der erſten, oder obern-
muͤle flugs-langſamer, weil das waſſer nicht ſchnel-
le hinter den muͤl raͤdern wegſtroͤmet; mithin ent-
ſtehet eine ſtauchung des waſſers. Um nun nach
der waſſer-wage, oder dem nivelliren den fall des
waſſers von einer muͤle bis zur andern in der
ſtrom-
[955]von den muͤlen.
ſtrom-bane zu erhalten, und die ſtauchung deſſel-
ben zu vermeiden, ſezet man etliche ſchritte vom
ufer ans wehr einen ſtarken pflock von dreien, oder
vir ſchuhen in der laͤnge in die erde. Unten iſt der-
ſelbe zugeſpizt, auch wohl mit einem eiſernen ſchuhe
beſchlagen. Ueber der zuſpizung ſotanen pflockes
werden zwei vireckigte loͤcher ins kreuz angebracht.
Hirdurch werden zwene kurze ſchalrimen (kleine
balken) geſtecket, dieſe machen ein kreuz aus.
Jeder ſchalrime iſt mit einem loche gegen das ende
verſehen. Dadurch wird das kreuz an den vir
enden angepfloͤcket. Auſſerdem leget man vir
ſchwere ſteine auf die vire kreuzbalkgen, damit der
ſicher pfal weder verruͤcket, noch in die hoͤhe ge-
zogen werden koͤnne. Sodann wird er mit erde
verſcharret. Oben iſt der kopf des haͤge-pfales
mit kupfer beſchlagen, welches in der erde beſſer,
als das eiſen dauert.
§ 2395
Diſer knopf, mit ſeiner kupfernen, oder eiſer-abzuhelfen
iſt?
nen haube, muß der hoͤhe des wehres ganz gleich
ſtehen; damit, wenn bei ſeichtem waſſer, welches
die hiſigen muͤller haͤges-waſſer nennen, diſes ent-
weder auf dem wehre ſtehet, oder ſeichte uͤberlaͤuft,
es auch auf den knopf ſteche. Daher der muͤller
ſpruͤchwort iſt: wofern auf dem haͤge-pfale ſo viler
raum trucken iſt, daß eine bine darauf ſizen und
trinken kan, darneben das waſſer zugleich auf der
wehrlatte ſtehet, ſo hat das wehr ſeine rechte hoͤhe.
§ 2396
Wird nun das wehr von holze gefertiget, als-was bei er-
bauung des
wehres,
dann findet der erb- oder zehr-zoll ſtatt. Diſer
bedeutet die zugabe eines zolles an der hoͤhe des
wehres, in betracht das holz ſchruͤmpfet. Iſt das
wehr von ſteinen aufgefuͤret; hingegen die wehr-
latte von holz gefertiget, ſo wird ein zehr-zoll zuge-
laſſen.
[956]LX haubtſtuͤck
laſſen. Waͤre aber die wehrlatte aus ſteinen ge-
macht, alsdann hat der zehr-zoll keine ſtatt, ſon-
dern der ſicher-pfal und die wehrlatte muͤſſen in
gleicher wage ſtehen, Bayerstheatrum machi-
narum molarium,Krebsde ligno et lapide
P. II claſſ. 6 ſect. II § 13 ſ. 177.
§ 2397
des ſicher-
pfales,
So bald das nivelliren die gleichheit des ſicher-
pfales und des wehres zeiget, ſo wird jener mit
erde bedecket und vergraben; damit aber man
wiſſe, wo er ſtehe: ſo wird diß im protocole des
beamtens angemerket; immaſſen one beiſeyn der
oberkeit des ortes kein ſicher-pfal geſezet werden
darf. Man miſſet die ſchuhe und zolle, wie weit
und wo er ſtehet.
§ 2398
aufgrabung
zu beobach-
ten iſt?
Die aufgrabung dieſes pfales kan nie one die
gegenwart des beamten und der beiden muͤller be-
ſchehen. Die einſeitige aufgrabung deſſelben iſt
ein ſtraf bares verbrechen, das mit 500 fl. auch
50 rthln. angeſehen wird. Sind der beamte auch
obere und untere muͤller zugegen; ſo ſchneidet man
einen kleinen graben, und laͤſſet das waſſer aus
dem fluſſe auf den ſicher-pfal laufen.
§ 2399
pfale vor
dem fach-
baume ei-
ner muͤle.
Diſes ſchreibe ich nach ausweiſe der verhandel-
ten acten. Ein anders iſt der ſicher-pfal vor dem
fachbaume einer muͤle, oder einem muͤl-gerinne,
welcher mit groſer gewalt eingetriben wird, um
die richtſchnur des fachbaumes abzugeben, damit
diſer nicht hoͤher, als des ſicher-pfales waſſer-ſtand
mit ſich bringet. Hiruͤber iſt nimalen eine ſo
wichtige ſtreitſache, als wegen der hoͤhe des weh-
res. Dann hirnach richten ſich das waſſer-bett
und der fachbaum.
§ 2400
[957]von den muͤlen.
§ 2400
Bei des wehr-pfales faſt unauf hoͤrlichen haderwas bei
dem wehr-
pfale von
den muͤl-
verſtaͤndi-
gen
iſt folgendes zu beobachten. Zuvoͤrderſt werden
die erkornen muͤl-verſtaͤndigen folgendergeſtalt ver-
eidet, z. e. „daß ſie den haͤge-pfal beim oberſten
„wehre in der hoͤhe, wie er dermalen ſich befindet,
„auf einen truckenen ort, jenſeit des waſſers ver-
„ſezen, und den ſicher-pfal beim unterſten wehre
„einrichten; ſodann nach maasgebung obiger haͤ-
„ge-pfaͤle bei der Au-haͤuſer muͤllers wehre einen
„ſezen, und alle dreie ſicher-pfaͤle im grunde wohl
„befeſtigen, auch die dreie muͤl-wehre, und der
„dreien muͤlen-waſſer-bette, in irer hoͤhe und weite
„den beiden teilen unſchaͤdlich legen, auch nach
„beſchaffenheit der ſache notduͤrftig veraͤndern,
„nicht weniger die raͤumung des muͤlgrabens
„(waſſer-fluſſes), ſofern es noch nicht beſchehen
„iſt, in gleicher maſe angeben, hiruͤber noch alles
„ſo einrichten wollen, daß zwiſchen den zwenen
„hadernden muͤllern eine gleichheit gehalten wer-
„de, damit das waſſer one ſchwellung ſeine ſtrom-
„bane behalten moͤge.
§ 2401
Beim werke ſelbſt beobachtet der commiſſariusauch beam-
ten zu beob-
achten iſt?
der regierung, oder der beamte unvermerkt: ob
die aufgefuͤhrten muͤlen-verſtaͤndige vom nivelliren
aus Leonh. Chriſt. Sturms entdeckung des ni-
vellirens, oder waſſer-waͤgens fol., oder des
Bions mathematiſcher werkſchule, oder des
Pentherspraxi geometrica, einen aͤchten begrif
vom waſſer wigen haben. Er gibt ihnen auf, daß
zuerſt der, welchen er fuͤr den geſchikteſten haͤlt, zu
werke gehe. Deſſen angeben nimmet er in der
entfernung von den andern in der ſtille zum proto-
cole, fraget ſo dann: ob eine der parteien noch et-
was zu erinnern habe? findet er, daß der arbei-
tende
[958]LX haubtſtuͤck
tende kunſt-widrig zu werke gehe, ſo darf er diſes
nicht oͤffentlich ſagen, ſondern er laͤſſet nur den
andern, oder den dritten muͤl verſtaͤndigen die pro-
be machen, und verzeichnet diſe zum protocole.
Das noͤtigſte iſt ein abriß vom fluſſe, der lage der
ſtreitenden muͤlen, und der wehre.
§ 2402
wehr-ſtreit
zu beendi-
gen iſt?
Allermaſſen nun die fortdaurung des muͤllers-
haders fuͤrnaͤmlich auf die unwiſſenheit der ſo ge-
nannten muͤlen-verſtaͤndigen ſich gruͤndet, ſo ſendet
der commiſſar- oder beamte an einen der ſache ge-
wachſenen erfarnen mathematiker, z. e. man er-
bittet ſich des herrn kammer-directors und ober-
ſalz-grebens, herrn Waizens, zu Caſſel, beden-
ken aus. Darauf bekoͤmmt der hader ein loch,
und die ſtreitſache wird darnach eingerichtet.
§ 2403
richter bei
berichti-
gung deſſel-
ben zu beob-
achten hat?
Bei der berichtigung der wehre-hader hat der
richter zu beobachten: daß die beſichtigung der
muͤlen-verſtaͤndigen zu zweien malen geſchehe, und
zwar zur halben flut-zeit und wenn das waſſer
ſeichte iſt (zur haͤgen-zeit), die haͤge-pfaͤlen, waſ-
ſer-betten und die wehre ſind zu beſichtigen. Wie
vile ſchuhe wehres diſer, oder jener muͤller zu halten
habe, z. e. dem unter-muͤller ſind fuͤnf ſchuhe am
wehre abzunemen, folglich ſey das wehr auf 50
ſchuhe zu ſezen. Wie bei der flut-zeit die muͤle
gehe? Ob ſie nur blos mit dem flut-gange ma-
len koͤnne? Ob die obere muͤle bei eben diſer zeit
mit ſeinen zwenen mal- und einem oͤl-gange, wie
vorher malen koͤnne? Iſt diſes, muͤſſen bei der
untern muͤle zur probe alle gaͤnge aufgezogen wer-
den, um die ſenkung des waſſers bei der obern
muͤle zu erforſchen. Findet ſich, daß nach gerau-
mer zeit, bei der obern muͤle das waſſer im ge-
ringſten ſich nicht geſenket habe. Wie iſt alſo zu
verab-
[959]von den muͤlen.
verabſchiden? Dem untern muͤller ſind zehen
ſchuhe von ſeinen beiden wehren abzunemen, folg-
lich er mehr nicht, dann funfzig ſchuhe wehres zu
halten ſchuldig ſey. Derowegen vom obern weh-
re des untern muͤllers fuͤnf ſchuhe, wie auch vom
untern wehre deſſelben fuͤnf ſchuhe wegfallen muͤſ-
ſen, in betracht diſe wehre in die 500 ſchritte von
der obern muͤle entlegen ſind; dahingegen der
obere muͤller ſein wehr gleich bei der muͤle hat.
Ueberdiß dem untern muͤller annoch fuͤnf virtel
zolle waſſerſtandes gebuͤren.
§ 2404
In eben diſer ſache ging das gutachten andrer
muͤlen-verſtaͤndigen dahin: der ſicher- oder wehr-
pfal des obern wehres der untern muͤle habe von
der ſchwelle bis auf die kupferne blatte in der laͤn-
ge vir ſchuhe, ſechs zolle: die dicke iſt zehn und
ein virtel zolle ins gevirte, darunter ſolle ſeyn eine
ſchwelle vir ſchuhe lang, und ſiben nebſt einem
halben zolle dick: die breite erfodere zehne und ein
virtel zolle. Die hoͤhe des knopfes muͤſſen eine
und drei virtel zolle ausmachen. Von den armen
oder kreuzen wuͤrde ein ieder die laͤnge von ſechs
und einem halben ſchuhen haben, und auf ſechs
haubt-pfaͤlen ruhen muͤſſen. Der haͤge-pfal waͤre
von dem wehre-pfeiler 102 ſchuhe entfernet, und
vom ufer ſtehe er 14 ſchuhe abgeſondert.
§ 2405
Beim zweiten wehre der untern muͤle ſei der
haͤge-pfal von der ſchwelle bis auf die kupferne
blatte vir ſchuhe fuͤnf zolle lang, und acht zolle ins
gevirte an der dicke. Die ſchwelle darunter be-
trage drei ſchuhe, zehn zolle in die laͤnge: acht
zolle ins gevirte nach der dicke. Jeder arm, oder
das kreuz haͤtte zehn zoll an der breite, und an der
laͤnge ſechſe und einen halben ſchuh, und ruhe auf
ſechs
[960]LX haubtſtuͤck
ſechs haubt-pfaͤlen. Der knopf habe die hoͤhe von
einem und drei virtel zollen. Der ſicher-pfal ſte-
he von wehr ab 65 fuße, und vom ufer 14 ſchuhe.
§ 2406
aiche-ge-
bung heiſ-
ſet?
Die pruͤfung der gleichheit des pfales und des
wehres nennet man die aiche-gebung. Hirauf
unterſuchet die aiche des wehres des obern muͤllers,
und des fachbaumes des untern muͤllers, z. e. di-
ſes tut 17 zolle. Man findet ferner das waſſer-
bott 20 fuße 3½ zolle in der laͤnge. Zur gleichung
mit dem fachbaume muͤſſe die vorſchwelle 3¼ zolle
geſenket werden.
§ 2407
Die muͤle hat z. e. vir fache, darunter ein flut-
gang ſich findet. Diſer ſchlinget fuͤnf fuße zwei
und einen halben zolle waſſers nach der breite, die
dreie andern fache ſchlingen zehn fuße zehn und ein
virtel zolle waſſers in der breite. Bei flute zeiten
ſtehen die drei gaͤnge ſtille. Der trockene fall tut
nach der hoͤhe zwene fuße zehn zolle. Der naſſe fall
aber betraͤget drei fuße neun und einen halben zolle
nach der hoͤhe.
§ 2408
pfale auf
der obern
muͤle,
Auf der obern muͤle ſtehet der ſicher-pfal auf
einer wiſe, und iſt der laͤnge nach 6 fuße 5 zolle.
Der knopf tut 1¼ zolle; der pfal haͤlt in den acht
kanten 11½ zolle. Die untere dicke deſſelben ma-
chet 15 zolle. Die laͤnge der ſchwelle darunter tut
5 fuße und 11 zolle. Die ſchwelle iſt mit dreien
eiſernen federn befeſtiget. Die kreuze ſind lang
7 fuße 1 zolle. Der ſicher-pfal ruhet auf 6 haubt-
pfaͤlen. Er iſt vom wehre 68 fuße, und vom ufer
14 ſchuhe entlegen.
§ 2409
dem waſſer-
bette.
Bei der obern muͤle findet ſich, das waſſer-bett
vor dem fach-baume nach der laͤnge 20 fuße und
6 zolle:
[961]von den muͤlen.
6 zolle: von dar, bis an die vorſchwelle 12 fuße
und 9 zolle in der laͤnge, das flut-loch, oder der
aalen-gefach, ſchlinget 4 ſchuhe und 4 zolle waſ-
ſers. Die uͤbrigen drey gaͤnge ſchlingen 12 ſchuhe
und 15 zolle waſſers. Der trockene fall hat ſich
befunden 2 ſchuhe und 11 zolle; der ganze hingegen
mit dem naſſen-falle 3 fuße und 11 zolle hoch.
Die obere muͤle erfodere ein wehr von 50 fußen in
die laͤnge. Die untere muͤle habe zwei wehre zu
halten, zu 60 fußen in die laͤnge, iedoch koͤnne das
obere wehr 35 und das untere 25 fuße in die laͤnge
haben; in betracht der untere muͤller 10 fuße mehr
an dem wehre bauen muͤſſe, als der obere muͤller,
darneben zur oͤftern flutzeit ſtille zu halten genoͤ-
tiget ſey.
§ 2410
Die beiden gutachten haben den waſſer-ſtandvon der wi-
derwoge bei
der untern
muͤle.
hinter den muͤl-raͤdern zur flutzeit. Die wider-
woge bei der untern muͤle betraͤgt 2 fuße und 10
zolle. Schlinget der flut-mal-gang 10 ſchuhe und
10¾ zolle waſſers, wobei zu flut-zeiten von den an-
dern dreien mal-gaͤngen eines offen gehalten wer-
den muß. Zu eben der flut-zeit befande ſich die
wider-woge bei der obern muͤle 2 fuße und 7 zolle;
die fache ſchlugen 10 ſchuhe und 6 zolle.
§ 2411
In ruͤckſicht auf die ſenkung des waſſers waͤh-von der ſen-
kung des
waſſers waͤ-
render
flut ꝛc.
render flut und augenſcheines, oder das abnemen,
tut bei der obern-muͤle 2 zolle, bei der untern muͤle
aber nur 1 zoll. Die aufſezung eine bole in der laͤnge
von 10 fußen am unterſten wehre verurſachet kein
ſtauchen des waſſers an der oberſten muͤle. Daraus
ſchloſſe der muͤlenverſtaͤndige: am unterſten wehre
koͤnnten 10 fuße abgenommen werden.
P p p§ 2412
[962]LX haubtſtuͤck
§ 2412
desw[e]gen zu
Schweins-
berg,
Diſes iſt die kurze geſchichte zweener muͤller zu
Schweinsberg an der Ohme, die kaum eine virtel-
ſtunde von einander wonen. Von einem jarhun-
derte her hadern diſe leute. Kaum iſt er entſchi-
den; ſo zerbricht ein wehr, und dann lodert der
ſtreit aus der aſche, dabei auch uͤber die oͤfnung
und verſchluͤßung der fache zum flut-zeiten geſtrit-
ten wird. Der untere muͤller, wenn er mit der
flut-muͤle nicht malen kann, muß alle gefache oͤfnen.
Malet er aber auf der flut-muͤle, moͤgen die an-
dern dreie gefache verſchloſſen ſeyn. Bei mittel-
maͤſigen und kleinen waſſern duͤrfen nur 2 ſchuz-
breter vorgeſezet werden.
§ 2413
dung eines
ſtreites uͤber
das muͤlen-
wehr.
In ſachen des tal-muͤllers zu Schweinsberg,
wider den Kur-Mainziſchen bruͤcken-muͤller bei der
Amoͤneburg, in betreff des im Heſſen-Caſſeliſchen
belegenen bruͤcken-muͤlen-wehres, erkannte die hi-
ſige regirung 1740, daß ſolches 9 zolle ernidriget
werden ſolle, und anſtatt, daß diſes wehr 74 ſchuhe in
der laͤnge ausmachete, daſſelbe auf 50 fuße zu brin-
gen ſey, bevorab es bei ſeichtem, oder nidrigem
waſſer dennoch ſechs zolle trucken lige.
§ 2414
rein zu hal-
ten. Vom
ſchuzbrete.
Die reinhaltung des ſtromes iſt durchaus nicht
zu verabſaͤumen. Das bach-gras, und die ins
waſſer vom ufer herunter hangende waiden tragen
zur ſtauchung der ſtrombane viles bei. Das ſchuz-
brett muß ſeine beſtimmte hoͤhe haben, z. e. der fluß
iſt 55 ellen weit, ſo iſt das flut-bette 18 ellen weit,
und das ſchuzbrett 1½ ellen lang und hoch.
§ 2415
gung des
fachbaumes
beſchehen
ſoll?
Die legung des fachbaumes geſchihet in gegen-
wart der oberkeit, der geſchwornen gewerke, der
ober- und unter-muͤller bei vermeidung 500 fl. ſtrafe.
Auf
[963]von den muͤlen.
Auf die verfaͤlſchung des fachbaumes ſezet man 300
fl. ſtrafe an, nebſt dem verluſte des muͤller-handwer-
kes (§ 2398). Eben diſes iſt auch von der ein-
ſeitigen erhoͤhung des geſunkenen fachbaumes zu
ſagen, welcher muͤller die bretter aus dem gerinne
uͤbern ſachbaume vorgehen laͤſſet, der muß 100 fl.
ſtrafe erlegen, und zum andernmale 200 fl. Fuͤr
jeden zoll an der wehres-erhoͤhung tut die ſtrafe 5 fl.,
diſes wird auch bei den erhoͤheten ſchuzbrettern be-
obachtet. Marperger ſ. 258.
§ 2416
Ein ieder muͤller hat zu dem ende die freiheitwie es bet
groſen flu-
ten und weñ
nichts zu
malen iſt, ge-
halten wer-
den ſoll?
ſeines nachbars muͤle und wehre ungehindert zu be-
ſichtigen, um es der oberkeit anzeigen zu koͤnnen.
(§ 2386). Bei großen fluten darf das wuͤſte ge-
rinne und der aal-fang bey 30 fl. ſtrafe nicht ver-
ſchloſſen ſeyn, ſondern er muß offen bleiben.
Wann nichts zu malen vorhanden iſt, muͤſſen alle
ſchutzbretter aufgezogen werden, bei 5 fl. ſtrafe,
damit der obere muͤller keine ſtauchung, der un-
tere aber keinen waſſer-mangel erleide, Kur-Saͤch-
ſiſche muͤlen-ordnung wegen der Unſtrut.
§ 2417
Daß es beim waſſerfalle und dem widerwogeworauf es
bei dem
waſſer-falle
ankoͤmmt?
nicht allemal auf die naͤhe der am fluſſe ligenden
andern muͤle ankomme; ſolches leret die erfarung
bei der hiſigen groſen herrſchaftlichen muͤle. Denn
nicht ferne davon iſt ein wehr zum behufe der
ſchlag- und papyr-muͤle an der Laͤne. An der
ſtadt Homberg hat man am Ohme fluſſe folgendedie muͤlen an
der Ohme.
muͤlen im geſichte 1) die zu Wettershauſen, 2)
nicht gar weit davon die ſtadt- oder oberſte muͤle,
3) bald dabei die ſand-muͤle, 4) ſo dann die her-
ren-muͤle, 5) darunter die hain-muͤle, 6) nicht
gar weit davon die herren-muͤle zu Ober-Ufleiden,
7) eine viertelſtunde davon die Au-muͤle, 8) eine
P p p 2halbe
[964]LX haubtſtuͤck
halbe ſtunde weiter die Au-haͤuſer-muͤle, 9) eine
halbe virtelſtunde die muͤle zu Schweinsberg, 10)
eine halbe ſtunde die Kur-mainziſche bruͤcken-muͤle
unter Amoͤneburg. Man ſehe die kupfer im Vten
teile des theatri Europaei ſ. 1110, Merians
topographi von Heſſen ſ. 92.
§ 2418
lenſteinen.
Die muͤl-ſteine machen das fuͤrnaͤmſte ſtuͤck des
muͤlen-baues aus. In hiſigen gegenden werden
ſelbige aus den Graͤflich-Buͤdingiſchen landen ge-
holet. Die von Grauwinkel aus dem Thuͤringer
walde ſind ſehr gut. Denn er nuzet ſich bei ſte-
ten gebrauche des jares kaum einen zoll ab. Er
koͤmmt aber auf 14 meilen zu faren auf 32 rthlr.
Ein muͤl-ſtein von Minden hinter Caſſel koſtet aus-
gearbeitet im bruche, wenn er 1 fuß und 9 zoll
hoch iſt, und 3½ fuße in der breite hat, 7 rthlr.
von 3 meilen in bergichten wegen werden fuͤr die
fure 4 rthlr. entrichtet; fuͤr das zurechte hauen
aber zalet man 3 rthlr., Penthers bau-anſchlag
ſ. 18. Ein Muͤndeniſcher laufet nur 3 jare, und
dinet ſodann kaum zum boden-ſteine. Zur wind-
muͤle iſt die groͤſe des ſteines in die breite fuͤnf
fuße, und 3½ ſchue in die breite; koſtet alſo noch
einmal ſo vil als ein anderer.
§ 2419
len,
Die muͤlen-wellen erfodern in hiſigen landen
die beſten eichenbaͤume. Wo man kein eichenholz
hat, wird kifernes, oder tannenes dazu genom-
men. Dabei waltet izt ein rechtsſtreit: ob der
nachbar einem muͤller die fahrt verbauen moͤge,
daß er von der gemeinen ſtraße durch die erfoder-
liche umkehr und kruͤmmung mit einem wellbaume
zur muͤlen nicht mehr faren koͤnne? diſe fahrt ge-
hoͤret zum narungsſtande des muͤllers, davon ent-
richtet
[965]von den muͤlen.
richtet er ſteuren und gaben. Daher vermag der
nachbar diſen nicht zu ſchwaͤchen.
§ 2420
Die ſtein-ſchneide-muͤlen zerſchneiden die qua-den ſtein-
ſchneide-
muͤlen.
der- und marmor-ſteine. Die ſaͤge muß im hin
und wieder gehen beſtaͤndig einſchneiden. Hir-
naͤchſt muß der ſchnidt einmal ſo ſtark, wie das
andre beſchehen. Weiter muß das ſchneiden one
knarren in der ſtille zugehen. Ferner hat der ſand
fuͤr ſich in dem ganzen ſchnidte one menſchen huͤlfe
zu laufen. Ueberdem iſt noͤtig, damit das waſſer
allſtets durch den ganzen ſchnidt zutropfe. Diſe
ſchwirigkeiten hat Sturm zu heben geſucht. Sihe
das XXſte haubtſtuͤck des neuen muͤlen-bau-bu-
ches, Leipzig bei Deeren.
§ 2421
An der Bude, im Oberharze findet ſich einemarmor-
muͤle,
marmor-muͤle, von Rohr am a. o. ſ. 511.
§ 2422
Dieweil fuͤrnaͤmlich den gelehrten und den buch-papyr-muͤ-
len.
druckern an gutem papyre gelegen iſt; ſo traͤget
die hohe policei hiruͤber eine gnaͤdigſte fuͤrſorge.
Der kaiſerin koͤnigin Majeſtaͤt haben deshalber
1756 eine verordnung in Boͤhmen ergehen laſſen.
Die papyr-muͤlen werden vom waſſer, oder winde
getrieben. Bei deren anlegung am waſſer betrach-
tet man 1) deſſen kraft, 2) die menge deſſelben,
3) den beſtaͤndigen zufluß, 4) deſſen reinigkeit
und helle zur auswaſchung der lumpen.
§ 2423
Es gibet dreierlei geſchirre: 1) Teutſche, 2)von deren
geſchirren,
Franzoͤſiſche, und 3) Hollaͤndiſche. Ein geſchirr
bedeutet das ganze werk, das aus dem loͤcher-bau-
me, der welle, den ſtampfen, ſchwingen, hinter-
und vorder-ſtauden beſtehet.
P p p 3§ 2424
[966]LX haubtſtuͤck
§ 2424
ſchen,
Das Teutſche geſchirr hat einen groſen baum,
in welchem nach deſſen groͤſe 2, 3, 4, 5, 6, auch 7
loͤcher ſich befinden. In deren boden ligen ſtarke
eiſerne platten, groſe hoͤlzerne mit eiſen beſchuhete
ſtampfen treffen in ſotane loͤcher, nachdem ſie von
der welle aufgehoben worden ſind. Sie zermal-
men die lappen. Vire ſtampfen fallen in ein loch.
§ 2425
ſchen,
Ein Franzoͤſiſches werk gehet darin ab, daß
unten in den ſtampf-loͤchern lauter kleine verſtaͤ-
lete naͤgel ſich befinden, um die lumpen geſchwin-
der zu zerreiſen.
§ 2426
ſchen wer-
ken,
Das Hollaͤndiſche werk beſtehet aus einem
groſen kaſten, in welchem eine walze mit metalle-
nen eingeſezten ſchinen im waſſer herum getriben
wird, welche die hadern zwiſchen eben dergleichen
metalle, das am boch des kaſtens angemachet iſt,
zerreiſen und zermalmen; die hadern werden erſt
ausgeleſen und gewogen.
§ 2427
zuberei-
tung,
Der zeug wird in eine buͤtten oder zwo gebracht,
und daraus geſchoͤpft, auch vermittels einer forme
zu bogen gemachet. In einer andern buͤtte iſt der
zeug vorher mit einem rechen, oder einer querle
geruͤret worden. Darzu koͤmmt waſſer zur ver-
dinnung des zeuges.
§ 2428
phanten-
papyre.
Merenteils hat diſe muͤle nur eine buͤtte. Dar-
aus werden jaͤrlich uͤber 300 ballen, oder 3000
riſe papyres gefertiget. Zu Graͤz in Steiermark,
Augsburg, Caſſel ꝛc. wird elephanten-papyr ge-
machet. Die laͤnge und die breite deſſelben kan
ein mann kaum ausklaftern, das feine davon
wird
[967]von den muͤlen.
wird zu kupferſtichen, tabellen ꝛc. verbrauchet.
Das geringere gibt pack-papyr ab.
§ 2429
Das druck-papyr iſt ungeleimet, und muß imdruck- und
gold-papyr.
winter verarbeitet werden. Das gefriren des
zeuges machet, daß es groͤſer bleibet und weiſer
wird. Das gold-papyr iſt zweierlei art. Die
eine wird mit goldfirniße auf einen gefaͤrbten boden
vermittels der in holz geſchnittener formen ge-
druckt, allwo erſtlich das papyr gefaͤrbet, hernach
die oͤrter, wo die bunten blumen hinkommen ſollen,
durch patronen illuminiret, und endlich mit golde
abgedrucket werden. So dann auf erfolgte ein-
trocknung des firnißes wird zur glaͤttung geſchrit-
ten. Die andre gattung goldpapyres wird durch
eine meſſingne forme bereitet, in diſe werden die
blumen gegraben, und das uͤbrige iſt wol ausge-
hauen. Die figuren werden mit goldblaͤttgen
ausgedrucket.
§ 2430
Ein zu fertigender bogen ſchreibpapyres mußdas ſchreib-
papyr erfo-
dert viele
muͤhe.
wol dreiſigmal durch die haͤnde gehen, bevor er
brauchbar wird, die bearbeitung erzaͤlet der von
Rohr ſ. 55 fgg. am a. o.
Von den wind- und andern muͤlen.
§ 2431
Was von anlegung der waſſer-muͤlen geſagetvon den
windmuͤlen.
worden iſt, iſt auf die uͤbrigen ebenfalls anzuwen-
den (§ 519) dahin gehoͤren die wind- pulver- pa-
pyr- (§ 535 fg. § 1582 fg.) oͤl- und andre muͤlen
(§ 521) welche an den oͤffentlichen fluͤſſen angele-
get werden wollen. Von den wind-muͤlen hat
Hertelde molendinis pneumaticis gehandelt.
Man ſihet deren gebaͤude fuͤr wolfeil an; gleich-
P p p 4wol
[968]LX haubtſtuͤck
wol kommet eine leichtlich 1000 Mfl. zu ſtehen.
In den hiſigen gegenden ſihet man keine, auſſer
zu Gruͤningen, eine meile von Giſen. Dieweil
aber bei einer windſtille man nicht malen kann,
ſo hat Carl Rnutberg eine neue erfindung ange-
geben und in kupferſtiche vorgeleget, die wind-
muͤle ſo einzurichten, daß ſie auch von pferden ge-
zogen werden koͤnne, beſage der Schwediſchen ab-
handlung aus der natur ſ. 136 des XIIIten bandes.
§ 2432
zu den un-
beweglichen
dingen.
Die wind-muͤlen gehoͤren zu den unbeweglichen
dingen, und bleiben dem landerben, wenn ſie dem
lehn nicht einverleibet ſind.
§ 2433
pulver-muͤ-
len.
Bei den pulver-muͤlen und deren erbauung ſor-
get, daß ſolche an einen von andern gebaͤuden
abgeſonderten ort gebracht werde, damit ſie bei
einem entſtehenden ungluͤcke ſelbigen nicht ſchaden
koͤnne. Eine kleine ſtunde von hir, uͤber Werda,
an der Laͤne, iſt eine zu ſehen. Die darzu erfo-
derliche gebaͤude muͤſſen je 60 bis 80 ſchritte von
einander ſtehen. Zwiſchen ſelbige werden ſtarke
baͤume gepflanzet, damit diſe die verungluͤckte
gewalt des pulvers von andern abhalten. Die
daͤcher ſind mit brettern zu decken, diſe aber nur
mit hoͤlzernen naͤgeln anzuſtecken; denn was wuͤr-
de ein verroſteter und herunter fallender eiſerner
nagel fuͤr ein feuer anrichten koͤnnen, wo er in ein
ſtampfloch gerite.
§ 2434
richtung,
Diſe muͤlen fuͤren 6 bis 10 ſtempel, und berei-
ten 10 bis 30 centner pulvers. Ein waſſer-rad
hat die hoͤhe von 16 Fußen und 32 ſchaufeln.
der ſtempel iſt etwa 13 oder 14 ſchuhe hoch, und
5 zolle ins gevirte ſtark. Der gruben-ſtock hat 9
bis 10 loͤcher. Der ſalpeter und der ſchwefel wer-
den
[969]von den muͤlen.
den zu mele geſtoßen. Die kolen aus linden- oder
haſeln, erlen- ſchwarz- oder ſchuͤß-beeren-holze
bleiben etwas groͤblich. So dann folget die an-
feuchtung, ſtampfen, das legen auf die koͤrntafel,
das ſiben, das koͤrnen ꝛc. erfodern alle kunſt, muͤhe
und fuͤrſicht. Von der fertigung des ſchuͤßpul-
vers nach Franzoͤſiſcher art ſihe des Quincy
kriges-kunſt ſ. 511 fg., inſonderheit des Vogels
unterricht in der artilleri-wiſſenſchaft ſ. 1-14.
§ 2435
Vom gemeinen pulper koſtet der centner etwades pulvers
preiß,
20 rthlr., 2) das grobe 21 rthlr., das ſtuͤckpulper
koͤmmt 18 rthlr, das ſcheiben-korn 24 rthlr., das
ſand-korn 25 rthlr., das mittel-korn aber, weiln
es das beſte iſt, tut im centner 27 rthlr.
§ 2436
Das pulver muß uͤber der erde an trockenenwo ſolches
aufzubehal-
ten iſt?
orten aufbehalten werden, von Rohr merkwuͤr-
digkeiten des Ober-Harzes ſ. 520 fg., Simieno-
wiz, wie auch F. R. V. J. richtige invention
einer ganz neuen pulver-muͤle 1710.
§ 2437
Der ſtand der ſchif-muͤlen iſt von den ufern zuvon der
ſchif-muͤle,
entfernen. Auch darf er nicht auf einen ſandigen
boden kommen, damit die ſtrom-werke dadurch
nicht leiden. Man lege ſie in den ſtrom-engen,
oder nahe hinter diſen, auch bei den bunen an.
Silberſchlag am a. o. § 131 fgg.
§ 2438
Die ſaͤge-muͤlen ſind ebenfalls nuͤzlich, Krebsvon den ſaͤ-
ge-muͤlen.
am a. o. P. I claſſe 8 § 2 ſ. 346 fgg. Bei er-
mangelnder holzung moͤgen ſie wohl beſchraͤnket
werden.
§ 2439
Die abſchaffung der band-muͤlen haben die po-von den
band-muͤ-
len.
ſomantirer eifrigſt geſuchet. Der graf Friderich
P p p 5Caſimir
[970]LX haubtſtuͤck
Caſimir zu Hanau bevollmaͤchtigete 1677 ſeinen
geſanden zu Regensburg diſes ſuchen bei der
Reichs-verſammlung zu unterſtuͤzen, Luͤnigs
Reichsarchiv P. gener. contin. II ſ. 649. Im
jare 1681 und 1685 iſt die ſache zu ſtande gekom-
men. Sihe die neueſte ausgabe von den Reichs-
abſchiden im IIIIten teile ſ. 152 fgg.
§ 2440
len.
Die drat-muͤle iſt eine maſchine, durch deren
verrichtung geſchmidete ſtangen, von eiſen, meſ-
ſing, kupfer, und ſilber zu dinnen drate gezo-
gen werden koͤnnen. Man richtet das eine ende
der ſtange ſpizig zu, und ſtecket es durch ein run-
des loch, eines ſtarken ſtals. Eine zange ergrei-
fet die ſtange, und zihet ſie mit gewalt durch.
Sie wird dadurch dinner und laͤnger. Iſt ſel-
bige noch nicht dinne genug, wird ſie nach und
nach immer durch kleinere loͤcher gezogen, bis
ſie dinne genug, und zu ſolchem Drate gebracht
iſt, den man haben will. Zu Aslar, eine ſtunde
von Wezlar, iſt eine drat-muͤle. Zu Altena
bei Iſerloe iſt ein ſtarker handel mit drate. Zu
Nuͤrnberg wird der ſilberdrat gezogen. Eine
ſtange ſilbers von 45 marken hat etwa 22 zolle
in der laͤnge, diſer wird in anſehung des diame-
tri 9000 mal dinner, und verlaͤnget ſich auf
1163520 fuße, welche 48⅓ Teutſche meilen weges,
jede zu 2400 ſchuhen gerechnet, ausmachen,
KeyſlerII ſ. 1224.
Ein
[971]von der forſtlichen hoheit ꝛc.
Ein und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von der forſtlichen hoheit und vom
forſt-regale.
§ 2441
Das wort forſt hat mancherlei bedeutungenworin die
forſtliche
hoheit beſte-
het?
(§ 1753). Die forſtliche hoheit iſt eine be-
ſondere gattung der hoheits-rechte, und beſtehet in
der hoͤchſten gewalt, diejenigen verordnungen,
welche die wald- forſt- und weid-werks-ſachen er-
fodern, nach masgebung des gemeinen beſtens
und wirtſchaftlichen gebrauches zu machen,
Reinhardde iure foreſtali, ſect. II § II ſ. 68 fg.
Diſes pflegen einige das forſt-regal, die forſtliche
oberkeit, den forſtbann zu nennen, Krebs am
a. o. P. I claſſe 4, ſect. 16, § 15, ſect. 17 § 2.
Eigentlich aber iſt das forſt-regal und die forſtliche
oberkeit von der forſtlichen hoheit zu unterſcheiden.
Denn ein adelicher hat wohl die forſtliche oberkeit;
iedoch die forſtliche herrlichkeit nicht. Daher ei-
nige den unterſchid unter dem forſtrechte und dem
forſtlichen rechte (jus foreſti und jus foreſtale) auf
die bahn bringen. Das N. forſt-amt wurde
vom L. S. Z. S. Z. K. verklaget, was maſen die
herrſchaftlichen bauern in ſeinen adelichen waldun-
gen ungemein frevelten, iedoch das forſt-amt ver-
biete, daß dem adelichen ſolche zur verhoͤre und
abſtrafung geſtellet wuͤrden; immaßen das forſt-
amt ſolche abſtrafen und die ſtrafe-gelter der lan-
des-herrſchaft verrechnen wolle. Die antwort
des forſt-amtes war: der adeliche habe zwar das
forſt-recht und uͤber ſeine frevelnde hinterſaſſen,
auch diejenigen herrſchaftlichen bauern, die er im
walde antreffe und in arreſt naͤme, das forſt-amt
hingegen
[972]LXI haubtſtuͤck
hingegen uͤbe das jus foreſtale aus, welches kei-
nem landſaßen zuſtehe. In ſachen des fiſcals wi-
der die S. H. V., in betreff der haltung des
forſt-buß- ſatzes, kam diſer unterſchid ebenfalls
vor. Man wollte der landes-herrſchaft nur allein
die haltung des buß-ſatzes zugeeignet wiſſen. Der
adeliche erwiſe aber ſein herkommen. In beiden
faͤllen wurde die forſtliche landes-herrlichkeit mit
dem forſt-regale vermiſchet; anerwogen das letz-
tere auch ein landſaß beſitzen kan.
§ 2442
das forſt-re-
gal erſtre-
cket?
Das forſt-regal erſtrecket ſich uͤber die wald-
und holz-gerechtigkeiten mit den davon zu erhe-
benden nuzungen, es iſt ſelbigem zugleich die auf-
ſicht uͤber die waldungen, und die fuͤrſicht, da-
mit demſelben kein ſchade zugefuͤget werde, ver-
knuͤpfet.
§ 2443
forſt- recht
bedeutet?
Das forſt-recht hat unterſchiedene bedeutun-
gen; immaſſen daſſelbe entweder im weitlaͤufti-
gen, oder engen und bloſen wort-verſtande ge-
nommen wird. Das bloſe forſt-recht eignet dem
beſitzer nur eine aufſicht uͤber die waldung und
forſtmaͤßige nuzung, nach fuͤrſchrift der forſt-ord-
nungen, iedoch kein jagdrecht zu, von Ludolf
in faſc. 1 ſentent. cam. num. 14, KrebsP. I
claſſe II ſect. II, claſſe 4 ſect. 3,Beck am a. o.
cap. 1 § 3 ſ. 7 ſ. 9. Jeweilen wird unter dem
forſt-rechte die forſtliche oberkeit, gerichtbarkeit
angedeutet, Beck am a. o. ſ. 8.
§ 2444
holz-markẽ
und deren
gerechtig-
keiten.
An einigen orten z. e. der Wetterau und des
Rheinſtromes, Weſtphalen, werden die gemein-
ſchaftlichen waldungen marken, holzmarken ge-
nennet, und die teilhaber davon heißen maͤrker,
oder erbaͤchſe, markgenoſſen, welche ire auf-
ſeher,
[973]von der forſtlichen hoheit ꝛc.
ſeher, und fuͤrgeſetzten, beamten, auch befels-
haber in wald- und forſt-ſachen haben, die ober-
ſten und unter-maͤrker-meiſter, oberſte-obermaͤr-
ker, markſchulzen, oder waldboten, waldfoͤrſter,
holzmeiſter, holzweiſer, holz-grafen, markſchreiber,
markſchreier, markbeſteller, markholzgeber, mark-
ſchuͤzen, ꝛc. genannt werden. Die oberſten maͤr-
ker-meiſter, dafern ſie nicht landes herren ſind,
koͤnnen fuͤr herren des waldes nicht gehalten werden,
Reinhardde iure foreſtali ſ. 124 fg. ſ. 152,
Schazmannde iure et iudiciis marcarum ſ. 20,
ſ. 41, Stiſſers forſt- und jagt-hiſtori, cap. X
§ 18, § 25 ſ. 464-477 und in beilagen ſ. 36,
Pufendorfde iurisdictione Germanorum P III
Sect. I cap. II ſ. 638 fgg., Eſtor in den Mar-
burgiſchen beitraͤgen im Vten ſtuͤcke ſ. 84 fg., von
Ludolf vol. III obſ. 276 und 297, von Weſt-
phal am a. o. T. II ſ. 23 und in der vorrede zum
4ten bande ſ. 109 fgg. nota (d), ſ. 1764 ſ. 1316
ſ. 928. Es ſind aber von ſolchen marken unter
andern bekannt: 1) die Erbacher, Camberger und
Wuͤrgeſſer marken, Kur-Trieriſcher und Naſ-
ſauiſcher hoheit, Reinhard am a. o. ſ. 157 fg.,
2) kaltenholzhaͤuſer, im Naſſauiſchen, Reinhard
ſ. 164, 3) Kirburger, im Naſſauiſchen, 4) die
freie mark Bannſcheuer, ſ. 180 fgg. 5) die mark
des Großeifferſcheids, ſ. 187, 6) zu Ober-Cleen,
im Weilburgiſchen ſ. 188 fg. 7) die Foſſen-
helde, oder Fuchſen-hoͤle, im Cazenellenbogiſchen,
ſ. 215, 8) die Homberger mark in der hoͤhe, die
hohe mark um den feldberg, Krebsde ligno et
lapide, P. I claſſe 4 ſect. 18 § 17 ſ. 263 fg.,
Schazmann am a. o. ſ. 7 ſ. 32, 9) die maͤr-
ker des Eichelberges, 10) die Seulberger auch
Rodheimer, und Erlebacher mark, Schazmann
§ 4 ſ. 8, thue hinzu: die deduction in ſachen herrn
Adolf
[974]LXI haubtſtuͤck
Adolf Friderichs freiherrn von Ingelheim wider
den weiland herrn landgrafen Friderich zu Heſſen-
Homburg, 1715, fol. 11) die Bingenheimer
mark, freiherr von SenkenbergT. II ſelect.
iur. et hiſt. ſ. 437, 12) Aſchabacher, Birken-
larer, Butsbacher, Greduller, Moͤrlauer, Car-
biſche, Homburgiſche ꝛc. marken, Schazmann
ſ. 17 ſ. 34 fgg. 13) die maͤrkerſchaft Runkel,
Hoffen und Eſchenau freiherrn von Cramer
Wezlariſcher neben-ſtunden IIIter teil ſ. 139 fg.
Das gericht, welches desfalls gehalten und von
den maͤrkern gehaͤget wird, heiſſet das maͤrker-
geding, von Weſtphal in der vorrede zum 4ten
bande ſ. 109 fgg., Schazmann am a. o. ſ. 24 fg.
Den maͤrkern ſtehen unterſchiedliche gerechtſamen
in den gemeinſchaftlichen waldungen zu, z. e. 1)
das holzungs-recht, 2) die fiſcherei, auch wohl
die jagt, Schazmann ſ. 42 fgg., 3) die beſe-
zung des maͤrker-gedinges, 4) die wahl der beam-
ten und bedinten, 5) die weide ꝛc. vom condo-
minio ſiluae handelt Schoͤpf vol. VIII conſil.
33, imgleichen vom abgaͤngigen holze conſil. 87.
§ 2445
dorfwal-
dungen duͤr-
fen nicht ge-
teilet werdẽ.
Einer ſtadt, oder dorfſchaft wird nicht erlau-
bet, ire waͤlder unter ſich zu verteilen, Krebs am
a. o. P. I claſſe IIII ſect. 17 § 4 ſ. 223. Schoͤpf
conſil. 33 num. 83, vol. 8, conſil. Tubingenſ.
ſ. 249. Im uͤbrigen aber moͤgen gemeinſchaftli-
che waldungen eines adelichen ꝛc. geſchlechtes wol
geteilet werden, welches iedoch one vorgaͤngige
richtige meſſung und fertigung eines abriſſes nicht
beſchehen kan, Marburgiſcher beitraͤge Vtes ſtuͤck.
Die huten und triften ſind dabei nicht auſſer acht
zu laſſen.
§ 2446
[975]von der forſtlichen hoheit ꝛc.
§ 2446
Die beholzungs-gerechtigkeit in einem waldedas behol-
zungsrecht
iſt unter-
ſchidlich.
kan entweder als ein aus der dinſtbarkeit fluͤſſen-
des befugnis, oder als eine gerechtſame in einem
gemeinſchaftlichen walde, oder in der waldung
einer gemeine vorkommen, Ahasv. Fritſchde
iure boſcandi T. II opuſc. tract. 10 § 2 ſ. 161,
von Rohr im haushaltungs-rechte VIIten buche,
2ten cap. § 1 fg. ſ. 890. Im zweifel wird keine
verguͤnſtigung, ſondern eine gerechtſame der be-
holzung vermutet, Schoͤpf am a. o. conſil. 33
num. 67, vol. 8, ſ. 248, Strykde iure fami-
liarit. cap. III, num. 25 fg.
§ 2447
Das beholzungs-recht iſt gleichwol im engenwie das be-
holzungs-
recht zu ver-
ſtehen iſt?
verſtande zu nemen, Krebs am a. o. ſ. 154 § 2
num. 2, Schoͤpf am a. o. conſil. 87 num. 40
ſ. 684 vol. 8. Derowegen daſſelbe nicht nach der
groͤſe der guͤter, ſondern nach der anzahl der haͤu-
ſer zu rechnen iſt, Fritſch am a. o. membr. III
§ 9 und 38 ſ. 165, Krebs ſ. 138, num. 3, Harp-
prechtconſil. 4, num. 75, ſ. 37 vol. 7, conſil.
Tubing.; vielweniger ſelbiges auf das bauholz,
und kolbrenner zu erſtrecken iſt, Krebs am a. o.
ſ. 158 § 2 num. 6. Geſtalt dann auch die behol-
zung auf eine gewiſſe klafter-zal nach dem ertrage
des waldes geſetzet werden kan, Fritſch am a. o.
num. 3 ſ. 265, Peter Friderde proceſſibus,
mandatis et monitor. cap. 39 § 6 num. 9 ſ. 225;
nicht minder ſelbige, nach erheiſchung der not-
durft, auf gewiſſe ſtuͤcke einer waldung verwiſen
werden kan, Krebs am a. o. ſ. 156 § 3 num. 3;
in rechtlicher erwaͤgung, daß in diſem ſtuͤcke die
errichtung des gemeinen beſtens, welches in der
erhaltung der waͤlder mit beſtehet, dem privat-
nuzen diſes oder jenes vordringet.
§ 2448
[976]LXI haubtſtuͤck
§ 2448
Die adeliche und gemeinden duͤrfen ire wal-
dung nicht veroͤden, ſondern muͤſſen ſelbige wirt-
ſchaftlich brauchen, ſo wol benuzen, von Ludolff
obſ. 104 ſ. 271 fgg.
§ 2449
die forſtliche
hoheit aͤuſ-
ſert?
Die forſtliche hoheit aͤuſert ſich nicht allein in
der anordnung und fuͤrſorge der forſtangelegenhei-
ten, in ruͤckſicht auf die zu dem ſtate gehoͤrigen
waldungen, und die denſelben, dem weidwerke,
dem jagen anhangenden gerechtſamen, der aus-
uͤbung der forſtgerichtsbarkeit; ſondern es erſtre-
cket ſich auch ſelbige uͤber die den privatperſonen
und gemeinen, zuſtehenden hoͤlzer und waldungen,
deren wirtſchaftlichen gebrauch, aufname und er-
haltung, auch deren vermerung, uͤber den ver-
kauf, imgleichen die holzſparkunſt (§. 1771 § 1778),
anwendung des holzes, und deren aufſicht zur
wolfart des ſtates. Diſem nach verordnet ein
landesher, daß die waldungen beſtaͤndig in ſol-
cher beſchaffenheit ſich befinden, als es die ge-
meinſame notdurft des landes, nicht minder die
aufname der narungs-geſchaͤfte erfodern. Dero-
halben gebitet er ſeinen untertanen den holzanbau
und pflanzung der baͤume (§ 1767 fgg.) er verbi-
tet, was den waldungen nachteilig iſt, und laͤſſet
deswegen die erforderlichen forſt- wald- holz- buß-
ordnungen ausgehen, von Juſti am a. o. im IIten
teile ſ. 189 fgg., Kur-Mainziſche buß-ordnung,
bei dem Scopp in der einleitung zum amts- ver-
waltung und berechnungen ꝛc. ſ. 362 fgg.
§ 2450
der forſt-
ordnungen,
Die forſt-ordnungen enthalten alſo viele ange-
legenheiten, naͤmlich die anſtalten, welche zum
beſten der waldungen abzilen; hingegen verbiten
ſie, was zu deren ſchaden gereichen kann; ſie
ſchreiben
[977]von der forſtlichen hoheit, ꝛc.
ſchreiben vor, wie die foͤrſter bei anweiſung und
faͤllung des holzes ſich verhalten ſollen, die zeit des
holzſchlagens, die beſchaffenheit der zu faͤllenden
ſtaͤmme (§ 1771, 1772 fg.), die abfuhr des hol-
zes aus dem walde (§ 1774); ſie haben ferner
die windfaͤlle, vermarkung des waldes und der
hoͤlzer zum gegenſtande. Sie handeln weiter vom
brenn- werk- zimmer- und andern holze, von aus-
grabung, abhauung der baͤume, von der zuruͤck-
haltung auch abſchaffung der zigen aus den waͤl-
dern und jungen anwuchſe, von haͤgung der jun-
gen (haͤge) haue, von der hut und trift in den
waͤldern (§ 1770), vom waldzinſe, vom neu-
bruchzehnten, ſchaͤdlichen maien-hauen, ſpizruten-
widſchneiden- bind- reitel-hauen, von auf les- und
ſammlung des duͤrren auch andern holzes (§ 1774
§ 1775). Sie verbiten das baumſchelen, die ver-
wuͤſtung der holzungen. Sie beſtimmen den preis
des holzes, die anweisgebuͤr, das ſtammgelt, un-
terſagen das laubſtreifen, laub-rechen (§ 1769),
das ſammlen der eicheln und wilden obſtes, das
heide- und gras-brennen (§ 1777), das raſen-
ſtechen, das graſen, das hauen der hopfen- und
reif-ſtangen, und den holz-frevel uͤberhaubt, ſezen
die waldbuſen und ſtrafen fuͤr die wald-freveler,
auch verbrecher; ſie ſezen den koͤlern, glashuͤtten,
glasmachern und aſchenbrennern, den harzſchar-
ren, den vogelherden, ſchmir-brennern die laͤnge
und das mas des brenn- auch bau-werkholzes, der
maſt, zil und mas (§ 1776-1779, § 1788),
Kur-Mainziſche wald- und forſt-ordnung beim
Scopp am a. o. ſ. 296 fgg. cap. III-VIIII, cap.
X, cap. XI-XIII.
§ 2451
Auſſerdem gehen ſotane forſt-ordnungen auf diein abſicht
auf die an-
ordnung
veranſtaltung der holz- und wald-hoͤfe, holzmaͤrkte,
Q q qver-
[978]LXI haubtſtuͤck
der holz-
und wald-
hoͤfe ꝛc.verſtatten oͤfters den untertanen den vorkauf fuͤr
den fremden, richten die holz-floͤſſen ein, die foͤrſt-
lichen dinſte und fronen, legen den bauern, und
buͤrgern, hirten und ſchaͤfern die behaͤngung irer
hunde mit knuͤtteln oder ſchleif-ketten auf, verbi-
ten die zaͤune mit ſpizigen pfaͤlen, die ausrodung
der waͤlder und hoͤlzer (§ 1784), Kur-Mainziſche
wald- und forſt-ordnung, bey dem Scopp am
a. o. ſ. 351 fg., Beckde iurisdictione foreſtali,
Krebsde ligno et lapide P. I claſſe IIII ſect.
7, ſect. XVII, claſſ. VI ſect. 17 § 16,Joh.
Jacob Reinhardde iure foreſtali Germano-
rum,Weſtenholz in der diſp. de iurisdictione
foreſtali.
§ 2452
holzungs-
recht, der
wildbann ꝛc.
ſind unter-
ſchiden.
Das forſt-recht, das holzungs-recht, der wild-
bann, das jagt-recht und die wildbahne, ſind von
der forſtlichen hoheit (herrlichkeit) unterſchiden,
und werden nur als ausfluͤſſe von diſer, als dem
ganzen betrachtet. Diſemnach, wenn einer in
des andern landen die jagt hat, ſtehet ihm darinn
die forſtliche hoheit keinesweges zu, ſintemal beide
von einander getrennet ſeyn koͤnnen, Klockconſil.
III qu. 4,Wehner in den obſeruat. pract. un-
ter dem worte: forſt-recht, Wolfarts diſp. de
banno ferino in territorio alieno,Hildebrands
diſp. de iure regal. in alieno territorio ſuperio-
ritatem non inferente, cap. II § 8, und in der
diſp. de conſeruatione ferarum nociua § 4.
§ 2453
bei dem
forſtweſen
haubtſaͤch-
lich ankom-
met?
Bei dem forſtweſen kommet es haubtſaͤchlich
auf die erhaltung und hoͤchſt noͤtige ſowohl atſa-
me holzſaat, auch fortpflanzung des holzes an
(§ 1752, § 1767, 1773), bevorab da der abgang
am holze weit ſtaͤrker, als der anwuchs deſſelben
iſt. Derohalben die holz-ſaat vorzunemen ſeyn
will,
[979]von der forſtlichen hoheit, ꝛc.
will, zumal es mit dem Anfluge von dem ausfal-
lenden ſaamen langſam, auch mißlich zugehet.
§ 2454
Die holzſaat iſt ſo noͤtig, als die fruchtſaat.der holzſaat
notwendig-
keit und nu-
zen.
Wer diſe verabſaͤumet, erndtet nicht. Ein forſt-
bedinter, welcher die holzſaat nicht beobachtet, glei-
chet einem, der gebratene tauben zu fangen vermei-
net. Man ſehe den Johann Gottlieb Beck-
mann von der holz-ſaat, Chemniz 1756, 4. Nach
des landes- und himmel-ſtriches beſchaffenheit muß
auf die gattungen des zu ſaͤenden holzes gedacht
werden. Wo man einen birken-anflug warnim-
met, ſaͤet man birken-ſaamen, findet man die ge-
gend zum tannen-holze geſchickt; ſo ſaͤet man tan-
nen-ſaamen dahin. Denn diſe iſt freilich in ruͤck-
ſicht auf das holz vorteilhaſter, als die kifer und
fichte. Jedoch ſchuͤßet die kifer am erſten auf
und traͤget ſchon im zehnten jare wieder ſaamen.
In den hohen gebirgen und warmen laͤndern iſt
der larix- oder laͤrchen-baum der beſte. Er leget
im winter ſeine nadeln ab. Es ſind deſſen zwo
gattungen: der weiche und harte larix- oder laͤr-
chen-baum. Jener bluͤhet rot, diſer aber gruͤn.
Die zapfen des harten fallen anfaͤnglich gruͤne,
nachher giblich. Der zapfen des harten larix-
baumes iſt anfaͤnglich rot, und ſo dann faͤllt er
nach vollbrachten wuchſe ins braune. Von dem
larix- oder laͤrchen-baume, oder der laͤrchen-tanne
geben, nebſt deren abbildung der Zwinger im
theatro-botanico ſ. 185, und Nicol Lemery
ſ. 615 des materialien-lexici nachricht. Sihe auch
Buͤchtings entwurf der jaͤgerei ſ. 387 fgg.
§ 2455
Hirnaͤchſt ſind die kifern auch zweierlei, naͤm-die gattun-
gen der ki-
fern.
lich harte und weiche. Der zapfen der weichen
iſt grau, und der harten ſchwarz-gruͤnlich.
Q q q 2§ 2456
[980]LXI haubtſtuͤck
§ 2456
Die fichten ſind ebenfalls von zweierlei gattung,
harte und weiche. Der zapfen der harten ſihet
anfaͤnglich gruͤn, und nachher bei der reifung wird
er gilbig. Der zapfen der weichen fichte ſihet an-
faͤnglich rot aus, nach der zeit aber faͤllt er in die
braune farbe.
§ 2457
muß reif
ſeyn.
Dabei iſt auſſer acht nicht zu laſſen, daß man
keinen unreifen ſaamen ſaͤe. Der gedachten bei-
den fichten-arten ihr ſamen wird im october reif;
der tannen-ſamen im ſeptember; der larix-ſamen
im october, imgleichen der kifern ſamen. Die
bucheckern ſind im ſeptember reif. Der ſamen
der hainbuche reifet im october; imgleichen des
aſchenbaumes: des leinbaumes um Jacobi; der
ahorne im ſeptember; der aſpene im april. Gleich-
wie die birke zweierlei iſt: die harte und die wei-
che; alſo wird der weichen ſamen im ſeptember
und der harten im october reif. Die eichel iſt im
ſeptember und der erlen ſamen im october reif.
Der pappelweide ihr ſamen iſt im april, und der
ſaal- auch andern weiden-ſamen im mai reif.
§ 2458
fichten-
tann- larix-
buch-birken-
u. ſ. w. ſa-
men zu ſaͤen
iſt?
Die fichten ſaͤet man im april, und zwar auf
einen boden, der nicht ſandig, oder allzu naß iſt.
Man darf diſen ſamen weder unterackern, noch
einegen. Die tanne wird zur herbſtzeit geſaͤet,
nicht auf ſandigten, auch nicht allzu naſſen boden.
Der larix-ſamen iſt im april zu ſaͤen, und zwar in
einen ſandigten und trockenen boden. Die buch-
eckern, auch der hainbuchen-ſamen werden im
herbſte geſaͤet, und leicht, ja nicht zu tife, unter-
geackert. Der boden muß gut, auch weder zu
naß, noch zu trocken ſeyn. Den ahorn-leinbaum-
linden- und aſchen-ſamen ſaͤet man im october,
auf
[981]von der forſtlichen hoheit, ꝛc.
auf gutes land, das nicht ſandig, iedoch vom un-
kraute frei iſt. Der birken-ſamen wird zum ende
octobers und im anfange des novembers unter die
erde gebracht. Er libet ſand, iedoch keine naͤſſe.
Den erlenen ſamen ſaͤet man im october oder no-
vember. An den ufern der baͤche waͤchſet er gern.
Tauget aber allda nichts; weiln er hole ufer ver-
urſachet. Auf bruͤchen waͤchſet er auch gern, wie
die ſo genannten erlen zum kirchhaͤme und zu
Schweinsberger-haͤrten; mithin Buͤchting im
entwurfe der jaͤgerei ſ. 376, dißfalls nicht unrecht
hat. Daher man dem Beckmanne von der holz-
ſaat ſ. 26 nicht beipflichten kan, daß die erle auf
ieden boden, nur nicht im ſande wachſe; denn wo
kein naſſes oder bruͤchiges erdreich iſt, koͤmmt ſie
hir zu lande nicht fort. Auch haͤlt die pflanzung
an den ufern der krebs-baͤche ſchwer.
§ 2459
Die eicheln ſaͤet man hir zu lande entweder wiedie eichel-
ſaat,
das korn, aus freier hand, oder man ſezet ſie wie
die bonen, nur im herbſte, wenn die eicheln voͤllig
reif ſind. Der hiſige landjaͤgermeiſter, herr von
Dallwigk, laͤſſet vermittels des pfluges zwo fur-
chen zihen. Zwiſchen diſen bleibet ein raum von
zwenen ſchuhen, und zwar folgender geſtalt:
Q q q 3furche,
[982]LXI haubtſtuͤck
furche, worinn die eicheln kommen.
furche, worin die eicheln gepflanzet werden.
ein zwiſchen-raum, zwene fuße breit.
die furche, worin die eicheln kommen.
die furche, worin man die eicheln pflanzet.
der zwiſchen-raum zwener fuͤße breit, u. ſ. f.
Man darf die eicheln nicht zu dicke ſezen. Je
dichter hingegen die geſaͤcten jungen buchen ſtehen,
deſto beſſer geraten ſie. Wegen der eicheln iſt
wohl achtung zu geben, daß ſie nicht etwa vom
froſte vorher geruͤret worden ſind. Dafern die
duͤrre des ſommers die jungen eichen zu ſehr etwa
druͤcket; alsdann werden die gedachten zwiſchen-
raͤume umgegraben. Alle reife eicheln, die nur,
wie geſaget, vom froſte keine not gelitten haben,
dinen zur eichel-ſaat. Jedoch iſt, wie allen fruͤch-
ten, beſſer, wenn ſie eher beim trockenen, als naſ-
ſen wetter geſammlet werden. In ſo weit hat
Buͤchting ſ. 330 recht. Die eiche waͤchſet in
allerhand lande. Jedoch am libſten im leimich-
ten und ſchwarzen.
§ 2460
ſaat,
Die pappeln und andre weiden beſamen ſich
ſelbſt. Bei aller holz-ſaat gehet es wie beim
frucht-lande: ie beſſer es zubereitet iſt, deſto beſſer
geraͤtet die ſaat. Wo man nicht ackern kan,
muß
[983]von der forſtlichen hoheit, ꝛc.
muß das land mit karſten oder hacken bearbeitet
werden.
§ 2461
Sonſt gehen Beckmann und Buͤchting, invom anflu-
ge,
ruͤckſicht auf den anflug, von einander ab. Diſer
haͤlt ſ. 259 ſelbigen fuͤr anreichend, jener aber ſ.
34 nicht. Diſer hat in anſehung der ebenen oͤr-
ter recht, und jener bei den anhoͤhen. Das Je-
naiſche univerſitaͤts-holz bei Rota kam wegen gro-
ſer lichter plaͤze, der holz-ſaat halber, in erwaͤ-
gung. Ich habe es des endes mit beſichtiget.
Allermaßen aber die anhoͤhe der kifern und fichten,
die von baͤumen entbloͤſete thaͤler auf das reichlich-
ſte und dichteſte beſamet hatte; ſo war eine fuͤrge-
ſchlagene holz-ſat vergeblich und uͤberfluͤſſig.
§ 2462
Bei der holz-ſaat muß der kifern-ſamen alleinwarum der
kifer-ſamen
allein zu
ſaͤen iſt?
geſaͤet werden, damit er nicht den andern erſticke.
Sein mei ſproſſet auch im fruͤhjare am erſten her-
vor. Er kan darnebſt einen zimlichen froſt erdul-
den. Der fichten-mei tritt erſt im mai-monde
hervor, und kan die fichten-pflanze eine zimliche
naͤſſe vertragen. Diſer ihr mei waͤchſet vom mai
an bis zum julius. Ihr holz waͤchſet vom julius
bis in den ſeptember.
§ 2463
Bei dem jungen wuchſe des tannen-holzes iſtwas dem
nadel- oder
tangel-holze
ſchaͤdlich
iſt?
alles ernſtes zu verbiten, daß ſich keiner unterſtehe,
die jungen baͤumgen auszuſchneiteln, oder auszu-
aͤſten. Der ſonnen-regen oder meltau zihet den
fichten und kifern den brand zu.
§ 2464
Wo die holzſaat angebracht werden ſoll, muͤſ-wenn das
holz des-
falls zu faͤl-
len iſt?
ſen die baͤume im october, november und decem-
ber gefaͤllet werden. Der plaz iſt gegen die mor-
gen- oder mitternachts-ſeite auszuſuchen. Der
Q q q 4holz-
[984]LXI haubtſtuͤck
holz-ſaat ſind zuwider auch ſchaͤdlich: 1) das
rindvih, 2) die ſchafe, 3) zigen, 4) eichhoͤr-
ner, 5) das rot wildpret, 6) die rehe, 7) ha-
ſen, 8) holz-kraͤhen, 9) gruͤn- und 10) rot-
ſpechte, 11) maͤuſe, 12) baumſchneider, Beck-
mann ſ. 69 fgg.
§ 2465
hoͤhe und
dicke.
Wie hoch und dick ungefaͤhr die baͤume zu wer-
den pflegen, hat Ludewig Gottfrid Kleinde
aëre, aquis et locis agri Erbac. ſ. 58 folgender
geſtalt angegeben: z. e.
nach dem Fraͤnkiſchen ſchuhe
| die eiche | 40 bis 93 hoch, | 2 bis 5 dick. |
| die buche | 35 ‒ 60 ‒ | 2 ‒ 4 ‒ |
| die birke | 20 ‒ 30 ‒ | 1 ‒ 1½ ‒ |
| die aſpe | 15 ‒ 20 ‒ | ½ ‒ 1 ‒ |
| tanne u. fichte | 30 ‒ 50 ‒ | 1 ‒ 2 ‒ |
| erle | 12 ‒ 15 ‒ | ¼ ‒ ½ ‒ |
| eſchenbaum | 50 ‒ 60 ‒ | 2 ‒ 3 ‒ |
| wachholder | 13 ‒ 15 ‒ | ‒ ‒ ½ ‒ |
Es leret aber die erfarung, daß die eichen, buchen,
tannen, auch fichten, weit ſtaͤrker werden, als
der Klein bemeldet hat.
§ 2466
ſtoͤcke ſchaͤd-
lich ſind?
Wegen der ſtaͤrke der abgehauenen baͤume iſt
die frage: ob, wenn diſe ſo hoch bleiben, ein ſcha-
de heraus komme? Beckmann ſ. 49 ſaget nein.
Denn ſchlage 72 kifer, oder tannen, iede drei
ellen ſtark. Diſe geben 144 klaftern holzes. Laſſe
nun den ſtock eine virtel elle hoͤher ſtehen; ſo iſt
der verluſt am klafter-holze nur eine klafter, wel-
cher an den ſtoͤcken ſich wieder findet.
§ 2467
[985]von der forſtlichen hoheit, ꝛc.
§ 2467
Hiſiger orten ſind vereidete holz-hauer und ma-von den
vereideten
bolzma-
chern.
cher beſtellet; angeſehen ſonſt, wo nur ein ſcheit,
oder wie es hir heiſſet, eine ſpalte, um einen zoll
laͤnger faͤllet, diſes in 100 klaftern dreie klaftern
tut, welche der herr des waldes einbuͤſen muͤſte.
Darneben haben die forſt-bedinten bei der holz-
beſichtigung auf das klafter-maas zu merken.
Waͤre in der hoͤhe oder breite nur vier, oder fuͤnf
zolle zugegeben; ſo wuͤrde diß an hundert klaftern
zwoͤlf bis funfzehn klaftern dem herrn des waldes
ſchaden, Beckmann ſ. 55.
§ 2468
Die graͤflichen Witgenſteiniſchen untertanenwas die
graͤflich
Witgenſtei-
niſche un-
tertanen
desfalls ſich
beigehen
laſſen zu be-
haubten?
des Banfer, Feidinger und Arfelder virtels (am-
tes) haben ſich beigehen laſſen zu behaubten, was
maßen der landesherr ihnen nicht verbiten koͤnne:
1) die hut und weide des vihes in den waldungen,
2) das laubſtreifen, 3) das duͤrre holz und duͤrre
laub zu ſammeln, 4) das holz anzuweiſen nicht
berechtiget ſey, ſondern ſie nach gefallen hauen
koͤnnten, 5) ſo lange duͤrres vorhanden waͤre,
kein gruͤnes zu faͤllen, 6) kolen nach gefallen zu
brennen, 7) dem forſt-herrn das kuͤn- und brenn-
holz anzufaren, 8) kein holz zu holen, als nur
auf beſtimmte taͤge, 9) dem untertan kein holz,
als nur zu ſeiner haͤußlichen notdurft zu verabfol-
gen, 10) das geſchirr-holz one anweiſung nicht
zu holen, 11) das holz zu ende nur zu gebrau-
chen, wozu es abgeladen worden iſt, 12) die
ſtoͤcke der abgehauenen baͤume nicht uͤber einen ſchuh
hoch zu laſſen, 13) das reiß-holz in wellen zu bin-
den, 14) das holz nach einem gewiſſen ſchuh-
maaſe zu bezalen, 15) daß wer vor georgen-tag
das holz aus dem walde nicht ſchaffet, ſolches
verluſtig ſeyn ſolle, 16) die reißer-wellen nicht
Q q q 5mit
[986]LXI haubtſtůck
mit brauchbaren holze, ſondern mit ſtrohe, oder
waiden zu binden, 17) kein holz zum verfaulen
im walde ligen zu laſſen, 18) das bauholz im
walde nicht zu zimmern, 19) gewiſſe plaͤze zur
beholzigung anzuweiſen, 20) die uͤberfluͤßige feue-
rung in den haͤuſern abzuſtellen, 21) uͤberfluͤßige
ofen und baͤcker-ofen nicht zu dulden, 22) das
faͤllholz zur rechten zeit aus dem walde zu ſchaffen,
23) kein holz an auswaͤrtige zu verkaufen, wofern
es nicht im uͤberfluſſe vorhanden iſt, welche ſtuͤcke
iedoch das kammer-gericht zu Wezlar des herrn
grafens hohen forſt-rechte uͤberlaſſen hat, beſage
des von Ludolffſymphorem. cameralis t. I
ſp. 332 fgg., wobei die untertanen, daß es wie
waldungen waͤren, ſich zu ſteifen vermeinten. Al-
lein der landesherr kan regeln fuͤrſchreiben, damit
der untertan das ſeine hauswirtſchaftlich nuze,
von Juſti im Iſten teile der ſtatswirtſchaft.
§ 2469
ſpruͤchwor-
te: wenn der
buſch gehet
dem reiter
an die
ſporn; ſo hat
der unter-
tan ſein
recht ver-
lorn.
Anbenebſt iſt uͤber das ſpruͤchwort geſtritten
worden: „wenn der buſch gehet dem reiter an
„die ſporn; ſo hat der untertan ſein recht ver-
„lorn;„ immaßen dann diſes alſo im graͤflichen
Solms-Laubachiſchen gebite zur maas-regel dine;
folglich, wenn der untertan ſeinen acker, oder ſeine
wiſe, oder ſein drieſch (lede) ſo verwildern laͤſſet,
daß groſe ſtraͤucher darauf erſcheinen: ſo faͤllet ſo-
tanes ſtuͤck dem landesherrn zu.
§ 2470
cke auszu-
roden ſind?
Die ſtoͤcke ſind an den orten, wo holz geſaͤet
werden ſoll, nicht zu dulten, vilmehr auszuheben,
auch ſonſt in den waldungen, ſo bald ſie brauch-
bar fallen, pfleglich zu nuzen. Hirzu kan man
ſich des waldhebels bedinen, wovon zu Erfurt
1751, 4. eine abhandelung benebſt einer kupfer-
tafel unter der aufſchrift: „die zum dinſte des
„forſt-
[987]von der forſtlichen hoheit, ꝛc.
„forſtweſens verſtaͤrkte kraft des hebels„ zum
vorſchein gekommen iſt. Man kan auch die Caſ-
ſeliſche maſchine, die baͤume mit der wurzel aus-
zuheben, bei dem von Uffenbach 1 ſ. 24 figur
IIII der merkwuͤrdigen reiſen hinzutun.
§ 2471
Um aber diſe abſicht bei dem forſtweſen undwas zum
forſtweſen
fuͤr perſonen
noͤtig und
nuͤzlich
ſind?
der holzung zu erhalten, auch die behoͤrige aufſicht
daruͤber zu veranſtalten, ſind verſchidene anſehnli-
che und geringe, tuͤchtige, ehrliche, wirtſchafts-
verſtaͤndige, forſt- holz- bedinte zu beſtellen noͤtig
und nuͤzlich: dahin gehoͤren ober-forſtmeiſter, forſt-
meiſter, forſt-inſpectoren, forſt-ſecretarien, forſt-
ſchreiber, ober-foͤrſter, foͤrſter, unter-foͤrſter, wald-
laͤufer, holzknechte, forſtlaͤufer, hoͤcker, voͤgte ꝛc.
§ 2472
Ein foͤrſter iſt eine des weidwerks-kundige per-des foͤrſters
beſchrei-
bung.
ſon, welcher die aufſicht des waldes haubtſaͤchlich
anvertrauet iſt, und darneben die jaͤgerei treibet.
Die pflichten ſamt den eigenſchaften des ober-forſt-
meiſters und foͤrſters findet man teils in der F.
Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen forſt-ordnung tit. 1-3,
teils bei dem von Goͤchhauſen am a. o., Hein-
rich Wilhelm Doͤbeln in der jaͤger-practica,
beim Meurer in dem jagt- und forſt-rechte Iten
teile ſ. 1 fgg. im repertorio iuris priuati II ſ. 1636
ſ. 1639, Beck am a. o. ſ. 576, von Rohr im
haushaltungsrechte ſ. 1028 fg.
§ 2473
Die unwiſſenheit der forſt-bedinten kan groſendie unwiſ-
ſenheit der
forſt-bedin-
ten verurſa-
chet groſen
ſchaden.
ſchaden verurſachen, bevorab wenn etwa die un-
erfarenheit in forſt-ſachen mit einer uͤbeln wirt-
ſchaft verknuͤpfet iſt, ſihe Johann Gottlieb
Beckmanns gegruͤndete verſuche und erfarungen
von der zu unſern zeiten hoͤchſtnoͤtigen holzſaat,
Chemniz 1756, 4, beſonders kan ſelbige zur veroͤ-
dung
[988]LXI haubtſtuͤck
dung der hoͤlzer viles beitragen, DoͤbelIII ſ. 73,
ſ. 74, Ahasv. Fritſchde peccatis venatorum.
Daher ein ieder holzfoͤrſter nicht nur die verſchide-
nen arten des holzes im walde wohl verſtehen, ſon-
dern auch fuͤrnaͤmlich folgendes wiſſen muß: 1)
wann iede ſorte des holzes bluͤhet? 2) um welche
zeit der holzſamen reif iſt? 3) wann ſelbiger zu
ſaͤen iſt? 4) auf was fuͤr einen boden oder land
das ſaen beſchehen muß? 5) wie dem, was der
holzſaat ſchaͤdlich iſt, vorzubeugen, und dem ſcha-
den bei zeiten abzuhelfen ſey? 6) wie und auf
was weiſe das holz muͤſſe geſchlagen werden? 7)
wie ein ſtamm zu wuͤrdern? 8) wie ein ganzer
wald gehoͤrig in taxe zu ſezen ſey, damit derſelbe
weder zu hoch, noch zu gering geſchaͤzet werde?
9) wozu ein ieder ſtamm am nuzbareſten gebrau-
chet werden koͤnne? und 10) was fuͤr ein alter
ieder ſtamm-holzes auf ſich habe? Beckmann
am a. o. ſ. 2, Buͤchting am a. o.
§ 2474
der forſtbe-
dinten,
Zu den pflichten der forſtbedinten gehoͤret: die
fertigung eines forſt- fund- und lager-buches, wor-
in die grenzen und markungen, berge, thaͤler,
art und gewaͤchſe iedes holzes, die triften, roͤder,
das wilde obſt, eichel- und buch-maſt. Die waſ-
ſer, fiſch- und krebs-baͤche, bergwerke, bruͤcken,
ſtege, ſeen, und teiche, auch die gerechtigkeiten,
welche etwa andre mit holzung, triften, fiſchereien
u. ſ. w. hergebracht haben, die forſthaͤuſer, die la-
ſten ꝛc. verzeichnet ſind. Zu mererer Deutlichkeit
ſind auch die riſſe von den forſten beizulegen. Kur-
Mainziſche wald- forſt- und jagt- auch fiſcherei-
ordnung vom 5ten nov. 1744, cap. I, bei dem
Scopp am a. o. ſ. 280 fgg., Eſtors vorrede zum
IIIIten teile der ſtats- und reiſe-geographie.
§ 2475
[989]von der forſtlichen hoheit, ꝛc.
§ 2475
Inſonders muͤſſen alljaͤrlich die foͤrſter forſt- undin abſicht
auf die rech-
nungen ꝛc.
holz- auch maſt-rechnungen fuͤhren, Gaſſer am
a. o. cap. 21 ſ. 332, Stiſſer in der einleitung zur
landwirtſchaft cap. 4 abt. 3 § 22 ſ. 138, nicht
minder die grenzen genau in acht nemen, auf die
ihnen anvertraute waͤlder, wild-ſtaͤnde, wechſel
und auen; imgleichen auf die hirten, ſchaͤfer, koͤler,
holzmacher, furleute, reiſende, die hunde ꝛc. ein
getreues und fleißiges aufſehen haben, damit die
waldung, auch wildbahne nicht ungebuͤrlich und
mutwillig verdorben, nicht veroͤdet noch verwuͤſtet
werden. Er muß die freveler und verbrecher, holz-
und wild- fiſch-deuben, pfaͤnden, auch behoͤri-
gen ortes anzeigen. Die holzdeube werden aber
nicht als ein anderer dibſtal beſtrafet, ſondern mit
thurm-ſtrafe, einer leidlichen geltbuſe angeſehen,
Kur-Pfaͤlziſche malefiz-ordnung tit. 53 ſ. 562;
Schaumburgiſche policei-ordnung cap. 23. Die
foͤrſter ſollen das wildpret und weidwerk zu nuz
beſten vermoͤgens handhaben, nimanden in ſolchen
waͤldern und auen geſtatten zu jagen, zu hezen, zu
ſchuͤßen, oder zu ſtellen, die raubthire wegſchaffen.
Vilweniger ſollen ſie das wildpret verpartiren.
§ 2476
Sie haben den handwerksleuten, welche dasdas nuz-
holz, die an-
weiſung ꝛc.
holz zu ihrer arbeit brauchen, mit dem geſchirr-
und bau-holze nach fuͤrſchrift der geſaͤze und wirt-
ſchaftlich anhand zu gehen. Die rechte zeit der
holzanweiſung beobachten, und zu veranſtalten,
daß alles holzwerk zu behoͤriger und geſezter zeit
aus dem walde geſchaffet werde. Auf die ſchnei-
de- und breter-muͤlen, imgleichen auf die eiſen-
haͤmmer ꝛc. ſoll nicht mehr angewiſen werden, als
die waͤlder ertragen koͤnnen, Kur-Mainziſche
wald-
[990]LXI haubtſtuͤck
wald- forſt- jagt- und fiſcherei-ordnung, cap. III,
cap. IIII-VII.
§ 2477
holzſtelen
im walde zu
ſteuren iſt?
Damit den holzdeuben geſteuret werde, auch
der wald in ruhe bleibe, muͤſſen die foͤrſter auf
die holztage genau halten, den fuhr-leuten die
ſchlepp-reiſer und klipperſtecken nicht verſtatten,
Kur-Mainziſche wald- und forſt-ordnung, c. XIII.
§ 2478
und triften
ſind behoͤrig
einzurich-
ten.
Die huten und triften haben die foͤrſter ordent-
lich einzurichten, darnebſt duͤrfen ſie dem vihe den
gang nach der traͤnke nicht verſperren laſſen, Kur-
Mainziſche wald- und forſt-ordnung, cap. XII.
§ 2479
len die foͤr-
ſter die graͤ-
ſerei in den
jungen waͤl-
dern nicht
fuͤr ſich ver-
ſtatten,
wegen der
maſt, eichel-
leſens ꝛc.
maſe hal-
ten.
Die graͤſerei in den jungen waͤldern ſollen ſie
wider das verbot nicht verſtatten, vilweniger den
hirten und ſchaͤfern die weide darin nachgeben,
ſondern dergleichen Leute behoͤrig pfaͤnden.
§ 2480
Wegen der anzahl der ſchweine zur maſt-zeit,
auch des eichel-leſens und ecker-kerens iſt maſe zu
halten.
§ 2481
der baͤume,
laubrechen,
verhuͤten.
Das ſchelen der baͤume und des laubholzes iſt
aͤußerſt zu verhuͤten. Das laubrechen in dem
walde iſt verboten (§ 1769); weiln ſonſt den baͤu-
men die duͤngung, auch bedeckung entzogen wird.
Dergleichen bewandnis hat es ebenfalls mit dem
wachholderbeeren-leſen und abhauung der ſtraͤu-
cher, indem ſonſt der vogelfang ſchaden leidet.
§ 2482
holzfaͤllen
zu beobach-
ten iſt?
Zum klafter-holze muͤſſen geſchworne holzhauer
genommen werden. Keine ungeſpaltene ſtaͤmme,
die zwei- oder virſpaͤltig ſind, ſollen bei den klaf-
tern eingeleget werden. Pruͤgel, welche nicht ar-
mes dick ſind, duͤrfen in die Klaftern nicht kom-
men.
[991]von der forſtlichen hoheit, ꝛc.
men. Wenn das laub noch an den baͤumen iſt,
ſollen ſelbige nicht gefaͤllet werden. Alles reißig
iſt in wellen zu binden, die widen darzu muͤſſen
unſchaͤdlich geſchnidten werden.
§ 2483
Durch die waldungen, worinn wildpret ſichwas in dem
walde zu
unterlaſſen
iſt?
auf haͤlt, darf kein fleiſchers hund bellen. Mit
geladenen gewehre darf nimand durch wildbahnen
reiſen. Die fuhrleute ſollen keine neue wege durch
die waͤlder machen, widrigenfalls ſie zu pfaͤn-
den ſind.
§ 2484
Das leſe-holz, die windfaͤlle, die ſchneebruͤche ꝛc.das leſe-
holz, die
windfaͤlle ꝛc.
gehoͤren
nicht dem
foͤrſter.
gehoͤren nicht dem foͤrſter, ſondern ſind zu verrech-
nen; geſtalt dann die forſtbedinten ſich keine in ih-
ren beſtallungen nicht beſonders begriffene beinu-
zungen zueignen ſollen, F. H. Darmſtaͤdtiſche
forſt-ordnung § 9, Stiſſer am a. o. cap. IIII,
anm. 2 § 13 ſ. 121, von JuſtiII ſ. 205, 206.
Im herzogthume Staden wollen einige die wind-
faͤlle aus der bauern waldungen dem landesherrn
zueignen. Allein es ſcheinet der grund nicht an-
reichend zu ſeyn, da ſie vermeinen, daß weiln die
gemeinden das holz zum herrſchaftlichen gebaͤuden,
muͤlen, bruͤcken und ſtegen unentgeltlich hergeben
muͤſſen, deshalber die windbruͤche dem landes-
herren in den herrſchaftlichen waͤldern zuſtuͤnden.
§ 2485
Den lohgaͤrbern und faͤrbern ſind gewiſſe ei-den lohger-
bern und
faͤrbern ſind
gewiſſe baͤu-
me anzu-
weiſen.
chen und andre baͤume anzuweiſen, um lohſchalen
zu bekommen, von Juſti am a. o. II ſ. 204,
Doͤbel in der jaͤger-practica III ſ. 68 cap. 87,
Kur-Mainziſche wald- und forſt-ordnung, bei
dem Scopp am a. o. ſ. 352 § 4.
§ 2486
[992]LXI haubtſtuͤck
§ 2486
wilden obſt-
baͤumen,
widen, ſpiz-
ruten-
ſchneiden,
Wilde obſt-baͤume duͤrfen aus den waͤldern
nicht gehauen werden; in betracht ſie zur narung
des wildprets dinen. So moͤgen auch die widen,
ſpizruten und beſen-reiſer nicht nach gefallen ge-
ſchnidten werden.
§ 2487
Die beſorgung der floͤſen, oder des darzu ge-
hoͤrigen holzes laufet ebenfalls in des foͤrſters ob-
ligenheit.
§ 2488
und kien-
rus-faͤngen,
Bei groſen tannen-waͤldern iſt auf die anzule-
genden kienrusfaͤnge, pech- und kuͤn-huͤtten, im-
gleichen das harzen, teer-ſieden genau zu ſehen.
§ 2489
forſt-gerich-
ten,
Zu den forſt-ſachen hat man wol beſondere
wald- holz- forſtgerichte. Bei diſen und in forſt-
angelegenheiten wird ſummariſch verfahren, Kur-
Mainziſche wald- und forſt-ordnung cap. XV.
§ 2490
forſt- bedin-
ten gerichts-
ſtand, den
anweiſe-ge-
buͤren.
Die forſt-bedinten ſtehen unter dem forſt-amte,
ſo vil iren dinſt betrifft. Sie ſollen uͤber die ge-
ſezte ſtamm-gelter, anweiſe-gebuͤren nichts nemen,
F. H. Darmſtaͤdtiſche forſt-ordnung § 8, Stiſſer
cap. 4 abt. 2 § 13 ſ. 121.
Zwei und ſechzigſtes haubtſtuͤck
vom jagtregale.
§ 2491
bedeutet?
deren ein-
teilungen.
Die jagt bedeutet die gerechtigkeit, wilde thire
zu fahen. Sie iſt entweder eine herrſchaft-
liche jagt, oder ſie ſtehet andern zu. In Sach-
ſen teilet man ſelbige in die hohe, mittlere und
niedere.
[993]vom jagt-regale.
niedere. Darneben ſind auch auſſer Sachſen die
vor-jagt, koppel-jagt, die geſammte, die mit-jagt,
gnaden- beſtand-jagt bekannt. Sonſt hat man
auch das anjagen, das ausjagen, die ausjagten,
die beſtaͤtigungs-jagen, die contra-jagen, haubt-
jagen, hof-kampf-jagen, keſſel-jagen, klapper-
kaminer-klopf-jagen, luſt- parforce- ſtreif-jagen,
truͤffel- gemſen- waſſer-jagen, zeug-jagen, fuchs-
haſen-prellen, reiher-baize, den aͤnten-fang, das
lerchen-ſtreichen, die falknerei, die jagt mit lauſch-
garnen, den otter fang, ꝛc. Doͤbel am a. o. II
ſ. 40 II ſ. 46 ſ. 61, 73 ſ. 74, 77 ſ. 79, ſ. 87 fgg.
Stiſſers forſt- und jagt-hiſtori der Teutſchen,
cap. VII § 3 fgg. ſ. 264-328, von Rohr in der
einleitung zur caͤrimoniel-wiſſenſchaft IIII cap. 13
ſ. 859 fgg. cap. 14 ſ. 878, und im haushaltungs-
rechte cap. 3, 5, cap. 9. Die thire, welche zur
jagt gehoͤren, ſind edle und unedle, raubthire ꝛc.
Und diſe befinden ſich entweder auf der erde, oder
im waſſer, oder in der luft, Buͤchting am a. o.
ſ. 79 fgg. ſ. 121 fgg., Stiſſer am a. o. § 26 fg.
ſ. 290. Das wort ausjagt hat unterſchidliche
bedeutungen, Marburgiſcher beitraͤge zur gelehr-
ſamkeit Vtes ſtuͤck ſ. 75 fg. Bald zeiget es die
folge an, bald die jagt des vaſallen in des lehn-
herrens jagten.
§ 2492
Die herrſchaftliche jagt begreifet eine gegend,was die
herrſchaft-
liche jagt
wo die landes-herrſchaft allein jaget.
§ 2493
Die mit-jagt heiſſet, wenn die landes-herrſchaftdie mit-
jagt,
mit den untertanen und vaſallen die jagt ausuͤbet,
des freiherrn von Cramervſus philoſophiae
Wolfianae in iure ſpecim. de iure conuenandi,
Andreas Homborgde iure conuenandi,Stiſ-
ſer am a. o. cap. VII § 52 § 53 ſ. 316 fg. Wo
R r riemand
[994]LXII haubtſtuͤck
iemand die jagten erweislich hergebracht hat; hin-
gegen die landesherrſchaft die mit-jagt fuͤr ſich
nicht ausuͤben, ſondern einen andern damit be-
gnadigen wollte, daß er in ſeinem namen die mit-
jagt betreiben moͤgte, wird ſolches mit beſtande
widerſprochen. Die gemeine jagt wird auf ge-
meinſchaftlichen guͤtern, welche verſchiedenen zuſte-
hen, ausgeuͤbet, von Rohr im haushaltungs-
rechte ſ. 919. Jedoch gebuͤret einem mitjagt-herrn
nur einen jaͤger zu halten. Und wenn die jagt
aufgehet, darf er nur einen gaſt mitnemen
(§ 2519).
§ 2494
Die vorjagt heiſſet: wann die landesherrſchaft
etliche zeit vorher, ehe die jagt aufgehet, ſolche in
der vaſallen (untertanen) jagten ausuͤbet.
§ 2495
Die koppel-jagt ſezet unterſchiedene fluren und
vermengte guͤter zum voraus, worauf unterſchide-
ne perſonen durchgehends jagen duͤrfen. Es kan
auch die koppel-jagt als eine dinſtbarkeit und ge-
rechtigkeit auf eines dritten grunde und boden ie-
manden zuſtehen, Fritſchde conuenat. membr. II
§ 4, Stiſſer am a. o. § 56, von Rohr im haus-
haltungs-rechte VII b. IIII cap. ſ. 917 fg.
§ 2496
Die hohe jagt beſtehet in fahung des roten und
ſchwarzen wildprets, wozu noch der grobe vogel-
fang kommet. Diſe hohe jagt iſt nach den ver-
ſchidenen landesgewonheiten und rechten unterſchi-
den, Stiſſer in der forſt- und jagt-hiſtori der
Teutſchen cap. VII § 21-31; diſemnach, wo man
die einteilung in die mitlere jagt nicht hat, da ge-
hoͤret das auer- und birk- auch haſel-wildpret zur
hohen jagt, von Goͤchhauſen am a. o. ſ. 78,
Beck am a. o. ſ. 35 ſ. 572 fg. von Lynkerdeciſ.
853,
[995]vom jagt-regale.
853, ſ. 332. Imgleichen gehoͤren die rehe im ober-
fuͤrſtentume Heſſen zur hohen jagt. Dahingegen
ſie an andern orten zur nidern jagt gezaͤlet werden.
Sihe Pufendorfsobſ. CCXXVIII ſ. 559 des
Iſten bandes.
§ 2497
Die nidere jagt wird in fahung des kleinennidere jagt
bedeutet.
wildprets, des kleinen weidwerks und kleinen vo-
gelfanges ausgeuͤbet. Zur erhaltung des kleinen
weidwerkes duͤrfen die hecken und gebuͤſche in den
feldern und in den graͤben nicht abgehauen wer-
den, F. H. Caſſeliſche verordnung vom jare 1735.
§ 2498
In den Saͤchſiſchen und einigen landen iſt diewas zu der
mitlern jagt
gehoͤret?
mitteljagt eingefuͤret, welche nach der beſchehenen
beſtimmung, inhalts der lehnbrife, auch iedes or-
tes gebrauches ermeſſen werden muß. Man pfle-
get darzu in Kur-Sachſen rehboͤcke, rehe, rehkaͤlber,
hauende ſchweine, angehende ſchweine, keuler, bachen,
friſchlinge, woͤlfe, birkhane, haſelhuͤner, groſe brach-
voͤgel zu rechnen, Fritſch im corp. iur. venat.
for. im IIIten anhange, Baſtineller in der diſp.
von der klapper-jagt § 4 a, Stiſſer am a. o. §
28-31 ſ. 291 fgg., Beck am a. o. ſ. 35 ſ. 572 fgg.
Die von Roͤbel wurden im jare 1715 vom koͤnige
von Preuſen bei dem adelichen gute Ringewald
mit der hohen- mittel- und nider-jagt belihen,
Struben in vindiciis iuris venandi ſ. 45.
§ 2499
Auf den ſchnee-gebuͤrgen und hohen felſen findetvon den
berg-haſen
und grund-
haſen.
man in einigen laͤndern berg-haſen und grund-ha-
ſen. Im ſommer gleichen beide gattungen einan-
der. Zur winters-zeit aber werden die berg-haſen
ganz weis, Altmann ſ. 210.
R r r 2§ 2500
[996]LXII haubtſtuͤck
§ 2500
gattungen.
Von den groſen raubvoͤgeln gibt es unter an-
dern von adlern dreierlei gattungen. Die erſte
iſt gelblicht mit weiſen ringen um den hals. Die
andre iſt faſt ganz ſchwarz, deren ich einen aus
hiſiger gegend in den Dresdniſchen gelerten an-
zeigen 1756 beſchriben habe. Die dritte art iſt
grau und nicht ſo gros, als die zwo erſten. In
der Schweiz nennet man diſe raubvoͤgel laͤmmer-
geier. Die erſte gattung ſpannet ihre fluͤgel 14
ſchuhe breit aus, Altmann ſ. 212. Ihr raub
beſtehet in ſchafen, zigen, gemſen, haſen. Ein
junges ſchwein und ein lamm fuͤret die erſte gat-
tung fort. Man weis glaubwuͤrdig, daß ein
laͤmmer-geier ein dreijaͤriges kind angepacket hat.
Von jungen laͤmmern und zigen verzeret er das
fleiſch und die knochen.
Der auerhanen gibt es zwo gattungen: die
groͤſere und kleinere. Jene heiſſet urogallus, und
hat die groͤſe einer truthenne.
§ 2501
ſchneehun.
Das allerbeſte feder-wildpret iſt das ſchneehun,
im hoͤchſten und ſchoͤnſten grade, wie in der groͤſe ei-
ner taube. Sein futter ſind die beſten kraͤuter.
Der fuß hat weiſe feder-latſchen. Daher es la-
gopus heiſſen ſoll; iedoch mit unrechte, da Pli-
niushiſt. natur. lib. X cap. 48 ſchreibet: deſſen
fuͤße waͤren wie mit haſen-haaren bedecket; gleich-
wol es federn ſind, wie die feder-fuͤße der tauben.
Auch irret Plinius, daß es flugs nach ſeinem to-
de das fett verlire und bald mager werde. In-
deß kan diſer beſte unter allem fluͤgelwerke nicht
zam gemachet werden: es iſt auch keine moͤglich-
keit ihn lebendig zu behalten, wenn er gefangen iſt.
Andre nennen es das weishun, den ſchneevogel,
das weiſe wildhun. Es haͤlt ſich nur auf den
hoͤchſten
[997]vom jagt-regale.
hoͤchſten gebuͤrgen und gipfeln auf. Seiner wird
darum allhir gedacht, weiln es das beſte, ſeltenſte
und ſchmackhafteſte unter allem feder-wild iſt,
Altmann ſ. 222 fg. Auch iſt das rothe rebhun,
oder das groͤſere rebhun, die perniſe darmit nicht
zu vermiſchen, Altmann ſ. 224.
§ 2502
Von dem phoͤnicopter, einem ſonſt Aegypti-vom phoͤni-
copter.
ſchen vogel, der von fiſchen lebet, und ſonſt der
rot-fittig heiſſet, auch deſſen zunge den Roͤmern
zum groͤſten leckerbißgen dinte, habe ich in den ge-
lehrten Dresdniſchen anzeigen 1756 eine genaue
beſchreibung erteilet, immaßen ſich einer 1746 bei
Reddenau amts Frankenberg gefunden hat.
§ 2503
Zur hohen jagt wird folgendes wildpret gezaͤhlet:was zur
hohen,
Haar-wild:
- Roth-wild
- hirſche
- ſtuͤcken-wild
- hirſchkalb
- wild-kalb
- reh-bock
- rehe
- rehe-kaͤlber
- Tann-wild
- tann-hirſch
- tann-thier
- tann-hirſch-kalb
- tann-wild-kalb
- Schwarz
wildpret- keuler, bachen
- friſchlinge *)
- Raub-thire
- luchſe
- woͤlfe
- Grimmige
reiſende.- puͤffel
- auer-ochſen
- loͤwen
- baͤren
unſers landes. - Feder-wild:
- ſchwane
- trappen
- kraniche
- auerhahnen
- phaſanen
- haſel huͤner
- birk-huͤner
- groſe brach-voͤgel
- Raub-
voͤgel.- reiher
- ſtein-adler
- gemeine-adler
- ſchuhu
- baum-falk
- ger-falk
- alp-faut
- ſairin-faut
- hauti-faut
nicht
unſers
lan-
des.- fremdling
- lerchen-falk
- habicht
- ſperber
jagt und beize
halber edel
genennet.
jagt gerech-
ner wird.
Die nidere jagt beſtehet aus nachſtehendem
wildpret; als da ſind:
- Haar-wild:
- haſen
- biber
- eichhoͤrner
- Haar-wild:
Raub-thire- fuͤchſe
- daͤchſe
- fiſchottern
- wilde kazen
- marder
- ilken
- wieſeln
- Feder-wild:
- ſchneppen
- rebhuͤnee
- wilde gaͤnſe
- wilde enden
- waſſer-huͤner
- wilde tauben
- wachteln
- ziemer
- amſeln
- droſſeln
- ſchnorren
- gubize
- kleine brach-
voͤgel, lerchen
und alle kleine
voͤgel.
- Raub-voͤgel
- mauſe-geyer,
- eulen, und alle
uͤbrige raub-
voͤgel, - raben
- kraͤhen
- elſtern (azeln).
R r r 4§ 2504
[1000]LXII haubtſtuͤck
§ 2504
gnaden-
jagt,
Die gnaden-jagt wird aus bloſer gnade ver-
ſtattet, von Rohr im haushaltungs-rechte VII b.
Vtes cap. ſ. 928 fg. Friderich Anton Hallen-
horſts diſp. de eo, quod iuſtum eſt circa ve-
nationes in genere, et in ſpecie circa venatio-
nes precarias, Erfurt 1713, ſect. II ſ. 22 fgg.;
hingegen die beſtand- und gnaden-jagt wird iewei-
len zur verbeſſerung eines gehalts, oder einer be-
lonung getreuer dinſte, auch wohl zu zeiten gegen
einen geringen abtrag, oder einen zinß aus gnaden
uͤberlaſſen, Stiſſer am a. o. § 58-60 ſ. 326,
Fritſch von den beſtand und gnaden-jagten.
§ 2505
klapper-
jagt,
Die klapper-jagt hat ire benennung von dem
klappern, geraͤuſche und geſchreie viler menſchen,
anſchlagen der baͤume, hezen der hunde, und bla-
ſen der hoͤrner, auch ſchuͤßen, welches bei auftrei-
bung des wildprets und deſſen jagt vorgenommen
wird, Baſtineller am a. o. von diſer iſt die ſtille
jagt unterſchiden, welche die geiſtliche veranlaſſet
haben, und nach dem Teutſchen brauche mit flin-
ten, garnen, jagt- und huͤner-hunde treiben moͤgen.
§ 2506
wild-bahn,
der wild-
bann bedeu-
tet?
Von der jagt iſt die wildbahn unterſchiden.
Dieſe heiſſet: wo ſich das hohe wild in menge
befindet und zu ſeiner zeit prunfet. Von der wild-
bahne iſt der wildbann unterſchiden; anerwogen
durch diſen andere von der jagt ausgeſchloſſen
werden, von Ludewigde venatu, diff. V
num. 10 ſ. 40, G. H. Mylius im progr. de dif-
ferentiis iuris venandi et banni ferini, Leipzig
1745. Es kan iedoch das jagt-recht und der wild-
bann mit einander verknuͤpfet ſeyn, Stiſſer in der
einleitung zur landwirtſchaft, cap. 8 abt. I § 15
§ 17 ſ. 276 fgg. Von den bann-forſten ſihe den
von
[1001]vom jagt-regale.
von Buri und den Kopp, auch den Joh. Ernſt
von Beuſtde iure venandi et banno ferino.
Der bann-forſt bedeutet ſo vil, als den koͤnigs-
forſt, wo naͤmlich der Teutſche koͤnig jagete. Der
Hain in der Dreieiche und die darzu gehoͤrigen
gegenden ſind bekannt. Diſe jagten ſind hernach
gewiſſen Reichsſtaͤnden verlihen worden, und
ſchluͤßen alle mit- und koppel-jagt aus.
§ 2507
Die jagt wird im Teutſchen Reiche und nachdie jagt iſt
in Teutſch-
lande ein
regal.
der Reichs-praxi fuͤr ein regal gehalten. Dero-
wegen nimand ordentlicher weiſe in einem lande
die jagt ausuͤben darf, auſſer wer ſie vermittels
einer belehnung, begnadigung, der unfuͤrdenkli-
chen verjaͤrung, oder ſonſt auf eine rechtsbeſtaͤn-
dige weiſe hergebracht, oder dem ſie ausdruͤcklich
gegeben worden iſt. Diſe ſache hat nach irer
wahren beſchaffenheit aus der geſchichte Chriſtian
Schoͤttgen in der geſchichte Conrads, markgra-
fens zu Meißen ſ. 307 fgg.; hingegen die wahren
gruͤnde des jagt-regals der Reichs-kammer ge-
richts-beiſizer, Johann Ulrich freiherr von Cra-
merT. III opuſcul. ſ. 1-67, mit rechts-beſtande
dargethan. Thue hinzu den Heinrich von Coc-
ceji in conſil. T. I conſ. 74 num. 11 ſ. 1187, T. II
conſil. 40 num. 17 ſ. 49. Die von dem herrn
von Buri angezogenen gruͤnde von der regalitaͤt
der jagten 1744 fol. ſ. 39, den Gylmann (Gil-
hauſen)ſymph. T. II P. I ſ. 38 num. 55 vol. I,
den Stiſſer am a. o. cap. VI § 16 ſ. 160, den
Herold in den obſeruat. foreſt. conſult. deciſ. I,
den Reinhard am a. o. cap. II § 5, 6 fgg., den
Zink in dem grundriſſe zur einleitung zu den ka-
meralwiſſenſchaften II § 527 ſ. 193 fgg., den
Luͤbbe gruͤndliche bewaͤhrung des jagt-regals
1731 fol., Gaſſer am a. o. cap. 20 § 1 fg., und
R r r 5den
[1002]LXII haubtſtuͤck
den von Rohr im haushaltungs-rechte VII,
b. III cap. 21.
§ 2508
ches aufge-
kommen
iſt?
Das jagt-regal hat mit dem forſt-regale und
den uͤbrigen regalien einerlei grund (§ 1054, 55,
§ 2435), von Juſti am a. o. II cap. 5 § 174
ſ. 214 fg. Diejenigen, welche die regalitaͤt der
jagt in zweifel zihen, berufen ſich auf den Tacitus.
Wir ſehen aber auf das Fraͤnkiſche reich, zu wel-
cher zeit die jagt ein regal worden iſt, Stiſſer in
der forſt- und jagt-hiſtori der Teu[tſch]en cap. 4
ſ. 68 fgg., kaiſer Friderichs I erſter landfride § 17
in der neueſten ausgabe der Reichsabſchide Iſten
teile ſ. 9.
§ 2509
ſolches in
einem lande
one bewilli-
gung des
landes-
herrns aus-
uͤben.
Nimand vermag daher in einem lande one be-
willigung des landesherrns und ſonder einen recht-
maͤſigen titel die jagt-gerechtigkeit auszuuͤben, F.
H. Caſſeliſche jagt-ordnung § 4 ſ. 6, F. H. Darm-
ſtaͤdtiſche forſt-ordnung § 13. Gleichwie aber ſo-
tane bewilligung man ſowol ausdruͤcklich, als auch
ſtillſchweigend unbeſchraͤnket, oder beſchraͤnket,
und zwar auf eine gewiſſe zeit, einen ort, eine an-
zal, auf eine perſon, auf die ſache, die art und
weiſe erlangen kan; alſo wird auch die jagt auf
mancherlei weiſe erhalten. Diſemnach kan die
jagt auf eine beſondere art, gewiſſe anzal, zeit,
perſon, an einem beſtimmten orte, von ſtrike aus,
durch hunde und garne, auf den vogelheerde ꝛc.
verlihen und erteilet werden. Geſtalt dann auch,
wenn einer mit der jagt belenet iſt, die kleine, oder
nidere jagt im zweifel verſtanden wird. Jeweilen
ſind dabei gewiſſe thire, die vorjagt und andere
ausuͤbungen der jagt vorbehalten, z. e. die baͤren,
die reiger-baize, die ſchwanen, wie in Baiern,
Rob. Johann Huf von Steinachde ardea-
rum
[1003]vom jagt-regale.
rum venatione, Altdorf 1738, 4, von Goͤbel
de iure venandi, § 5, Kur-Baierlſches jagt-edict
vom 16ten mai 1733 beim Scopp ſ. 223 § 40.
Im jare 1755 den 9ten ſept. reichete der herr land-
graf Ludewig zu Heſſen-Darmſtadt den von Lehr-
bach zu mannlehne: das jagen und puͤrſchen nach
rot und ſchwarz wildpret in irem lehnbaren wald,
der lehrbacher, oder eichwald genannt. Die ein-
geſchraͤnkte jagt-belenung von ſeiten Heſſen-Darm-
ſtadt fuͤr die Schenken zu Ruͤlbenrode erhellet aus
Eſtors kleiner ſchriften Iten bande ſ. 145.
§ 2510
Vermoͤge eben diſen grundes iſt ein landesherrder landes-
herr kan da-
her nach
dem titel
fragen.
wohl befugt, bei denen, welche in ſeinen landen
die jagt-gerechtigkeit ausuͤben, nach dem titel zu
fragen, Strykde neceſſitate edendi titulum
cap. III § 2. Wer alſo keinen lehnbrif zeigen,
oder ſich auf eine unfuͤrdenkliche verjaͤrung fuſen
kan, dem wird in Heſſen und ſonſt die jagt, oder
die fiſcherei nicht zugeſtanden, von Rohr im haus-
haltungs-rechte, VIIten buche IIItes cap. § XI fgg.
XIIII ſ. 908 fg., Homborg am a. o. cap. I § X
ſ. 16 fg. Wider einen andern kan die jagt in 30
jaren verjaͤret werden, von Leyſerſpecim. 441
med. 6, 7 ſ. 30, Riccius von der jagt-gerechtig-
keit cap. I § 42 ſ. 86 fg., Johann Florens Ri-
vinusde iure venandi in alieno territorio
§ 23.
§ 2511
Es beſtehet aber ſotanes hohe recht des landes-worin des
landes-
herrns jagt-
recht beſte-
het?
herrns in der macht, die in den waͤldern und ſei-
nen landen in eines andern eigentume ſich nicht
befindlichen wilden thire ſo wohl zu fangen, und
die einkuͤnfte davon zu zihen, als auch gebot und
verbot der jagt und des wildes, nicht minder der
raubthire und deren ausrottung halben ergehen zu
laſſen.
[1004]LXII haubtſtuͤck
laſſen. Die raubthire und raubvoͤgel (§ 1289)
koͤnnen von ſelbigen auſſerhalb der wildbahne zu
toͤdten iedermann erlaubet werden, Stiſſer am
a. o. § 32 ſ. 298 fg., obgleich die tilgung der raub-
voͤgel merenteils den forſt- und jagt-bedinten uͤber-
laſſen wird.
§ 2512
in ſich de-
greifet?
Das jagt-regal eines landesherrns begreifet
alſo nicht allein die jagt-gerechtigkeit und den wild-
bann, ſondern es erſtrecket ſich auch deſſen oberſte
gewalt uͤber die in ſeinen landen erteilten und her-
gebrachten jagten, er machet ebenfalls die jagt-
ordnungen, errichtet die jagt-gerichte, und uͤbet
die hohe gerichtbarkeit uͤber das jagt-weſen in ſei-
nen landen aus, ſezet die hohen und nideren jagt-
bedinten, bauet jagt- und andere haͤuſer zur ver-
warung der jagt-zeuge und hunde ꝛc. leget wild-
zaͤune an, verbitet die ſchaͤdlichen jagten ꝛc.
§ 2513
jagten,
Das jagt-regal des landesherrns bringet das
recht mit ſich: jagtlaͤufte, ſchneiſen, alleen, jagt-
wege, ſtallungen in der untertanen und landſaſſen
waldungen hauen zu laſſen, Beck am a. o. ſ. 296,
welches das zweigrecht genennet wird, ſchniden,
vogelherde, gruben, fuchshuͤtten zum behufe der
jagt in iren hoͤlzern machen zu laſſen, und ſich irer
grundſtuͤcke zu den haubt-jagten zu gebrauchen, die
hohe, mittlere und nidre jagt zu beſtimmen, die
jagt-gebraͤuche zu beſtaͤtigen und abzuſchaffen, al-
lerhand privilegien desfalls zu verleihen.
§ 2514
auf die ge-
haͤge,
Nicht minder vermoͤgen die landesherren gehaͤ-
ge fuͤr das wild anzulegen, iedoch ſollen ſelbige ſo
eingerichtet werden, damit die untertanen ire hute
fuͤr das vih nach notdurft behalten, auch in den
vorhoͤlzern, und feldſtraͤuchern nicht angeleget wer-
den,
[1005]vom jagt-regale.
den, damit das wildpret aus den hohen gehoͤlzen
und haubtwaͤldern in die fruchtbare gebauete fel-
der der untertanen nicht gezogen, und dadurch
groſer ſchaden zugefuͤget werde, F. H. Caſſeliſche
jagt-ordnung § 8 ſ. 10, von JuſtiII ſ. 222.
Es iſt daher aus landeswirtſchaftlicher fuͤrſorge
das wild in denen gegenden am meiſten weg zu
ſchuͤßen, wo es den feldern und wieſen, auch gaͤr-
ten den groͤſſeſten ſchaden zufuͤgen kan.
§ 2515
Ferner moͤgen die landesherren dasjenige un-was ſie un-
terſagen
koͤnnen?
terſagen, was dem großen und kleinen vogel-waid-
werke ſchaͤdlich iſt. Derohalben verbiten ſie das
vogelſtellen, die fahung der jungen brut, ausne-
mung der eier, das ſchuͤßen zur brutzeit, das ler-
chenſtreichen, das fangen der nachtigallen, reiher,
ſchwanen, auch anderer voͤgel, von Rohr im
haushaltungsrechte VIIte b. XII cap. ſ. 1014 fgg.
§ 2516
Weiter bleiben dem landesherrn die phaſanenvon den
phaſanen,
in anſehung der jagt, des gehaͤges und bannes
vorbehalten, Ernſt Martin Chladenius in der
diſp. de iure phaſianorum eorumque banno,
Wittenb. 1752, Doͤbel am a. o. I ſ. 46 fgg.
ſ. 128 fgg. III ſ. 95, Oeſterreichiſche jaͤger- ꝛc.
ordnung § 7. Die anlegung einer phaſaneri hat
DoͤbelI ſ. 129-139 angegeben. Diſer vogel
ſtammet aus Mingrelien in Georgien. Daß er an
kalten gegenden auch gut tue, bezeuget die Wit-
genſteiniſche phaſaneri.
§ 2517
Im ſpruͤchworte heiſſet es: wer darf jagen,erklaͤrung
des ſpruͤch-
wortes:
wer darf
jagen? ꝛc.
darf hagen. Diſes ſpruͤchwort lehret ebenfalls,
daß die jagt ein regal ſey; immaſen privat perſo-
nen diſes nicht zukommet. Denn ein adelicher,
welcher die jagt hat, darf nicht hagen, das iſt,
einen
[1006]LXII haubtſtuͤck
einen zaun machen, Hert in paroemiis iuris
German. lib. II par. 17 ſ. 404. Heinrich Hil-
debrands diſp. de conſeruatione ferarum no-
ciua, § 5, ſ. 9.
§ 2518
wohin der
dib mit dem
ſtrang ꝛc.
Ferner erhellet die regalitaͤt der jagt daraus:
wohin der dib mit dem ſtrange, dahin gehoͤret
auch der hirſch mit dem fange, das iſt, weiln die
peinlichkeit mit der landeshoheit verknuͤpfet war;
ſo hilte man die jagt fuͤr ein ſtuͤck der landeshoheit,
mithin hat diß der Hert am a. o. paroem. 16
ſ. 403 nicht recht gefaſſet. Man ſaget auch: ſo
weit ein ſtrafgericht gehet, ſo weit gehet auch der
forſt, Piſtorius cent. 2 par. 51 ſ. 192 fg.
§ 2519
und bauern
ſtehet die
jagt nicht
zu.
Den buͤrgern und bauern war das jagen nicht
erlaubet, vilweniger den geiſtlichen, iedoch hat es
ſich nach und nach damit vil geaͤndert. Die freie
buͤrſch in Schwaben und nach den Angel-Saͤch-
ſiſchen rechten gehoͤret zur ausname, und iſt ſelbi-
ge aus den erteilten freiheitsbrifen, teils den ver-
traͤgen, teils der ſtillſchweigenden zulaſſung der
kaiſer, auch der landesoberkeit zweifels one abzu-
leiten, Stiſſer am a. o. cap. 6 § 16, Dreyerde
vſu genuino iuris Anglo-Saxon. ſ. 204 num.
151, Gottfrid Daniel Hofmanns diſp. de libe-
ra venatione ſpeciatim Sueuo-Memmingenſi,
Tuͤb. 1753, Stiſſer in der jagt- und forſt-hiſtori,
cap. I § 24 fg., und Heinrich Gottlib Franke
in der vorrede zu diſes Stiſſers abhandelung ſ.
36 fgg., Mecklenburgiſche policeiordnung tit. von
jagen, ſ. 54.
§ 2520
freien buͤꝛſch
in Schwa-
ben.
Diſemnach genuͤſſen in dem herzogtume Wir-
tenberg die ſtaͤdte und aͤmter Bachlingen, Roſen-
feld, Ebingen, St. Georgen, wegen Rotenzim-
mern,
[1007]vom jagt-regale.
mern, Dornhan und Alpirſpach einer freien, ie-
doch nur gnaden-jagt. Hirnaͤchſt iſt die freie
buͤrſch zu Bothwar im Wirtenbergiſchen; nicht
minder der obere und untere zwiſchen der Riß,
Donau und Blau gelegene freie buͤrſch-diſtrict;
eben dergleichen iſt auch an Hohenzollern-Hechin-
giſchen gebite; ferner haben die Reichsſtaͤdte
Rotweil, Weyl, Gemuͤnden, Aalen, Leutkirch,
die ſtadt Donauwert und die freie Reichsritter-
ſchaft ebenfalls dergleichen. Auſſerdem iſt die
freie buͤrſch um Memmingen beſonders auf den ſo
genannten Boſſerhart bekannt, nur belobeter
Gottfr. Daniel Hofmann am a. o., und eben
angeregter Heinrich Gottlib Franke am a. o.
ſ. 37 fgg. Weiter iſt die freie buͤrſch auf der
Leutkircher heide anzutreffen. Alſo haben die von
Schellenberg und Freiberg wegen der herrſchaft
Kißleg, laut vertrages vom jare 1551 von alten
zeiten ſolche hergebracht, daß in der gemeinen freien
buͤrſch auf der Leutkircher-heide jagen moͤgen.
Sihe den gruͤndlich-hiſtoriſchen bericht von der
kaiſerlichen und Reichs-landvogtei in Schwaben,
1755, fol. ſ. 49 ffg., den von Ludewigde ve-
natu eiusque regali, differ. VI num. 5 ſ. 57 fg.
§ 2521
Imgleichen haben die oberheimgeraids-genoſ-der ober
heimge-
raidsgenoſ-
ſen,
ſen die freie jagt. Selbige beſtehen aus den ein-
wonern der dorfſchaften Graͤfenhauſen, Metten-
bach, Rotenbach, oder Roten-hof, Geilweiler,
Pfaͤlziſcher hoheit, Queichhambach, dem halben
dorfe Albersweiler, Zweibruͤckiſcher hoheit, nebſt
der andern haͤlfte zu Albersweiler und Johannes-
kirchen, Loͤwenſteiniſcher hoheit, Godramſtein,
Sibeldingen, Birkweiler, und Kolchenbach, Pfaͤl-
ziſcher herrſchaft, Frankweiler-Zweibruͤckiſcher
hoheit, und Nusdorf, imgleichen der ſtadt Lan-
dau,
[1008]LXII haubtſtuͤck
dau, u. a. m. Franz Chriſtophs Schatten-
manns diſp. de oberheimgeraida § VIII § XXII
ſ. 8 ſ. 30. Strasburg 1753.
§ 2522
oberheim-
geraida be-
ſtehet?
Sotane oberheimgeraide beſtehet in dem ver-
ſchidenen gemeinden zuſtehenden befugniſſe, aller-
hand wald-nuzungen, mit ausſchluͤßung anderer,
zu erheben, auch andre anſehnliche rechte auszu-
uͤben. Zu diſen gerechtſamen gehoͤren fuͤrnaͤmlich:
das holzungs-weide-maſt-ſteinbruch-eichel-ſamm-
lungs- floß-recht, auf dem Queich-fluſſe, ſamt der
gerichtbarkeit und der gerechtigkeit den geraide-
ſtul zu beſezen, beſondere bedinten, als waldmei-
ſter, waldknechte ꝛc. zu beſtellen.
§ 2523
jagt-gerech-
tigkeit,
Jeweilen iſt den buͤrgern in der ſtadtflur auf
iren feldern, nicht minder den ſalzjunkern in dem
pfaͤnnergehaͤge zu Halle, die nidere jagt, das ler-
chen-ſtreichen, der wachtelfang ꝛc. verſtattet, von
Ludewig am a. o. ſ. 57 fg. Immittels bleibet
es dennoch bei der regel, daß den bauern und buͤr-
gern ordentlicher weiſe die jagt nicht gebuͤre.
§ 2524
chen duͤrfen
keine ſalz-
lecken ma-
chen.
Keinem von adel, welcher die jagt-gerechtig-
keit hat, gebuͤret ſalzlecken anzulegen; in betracht
die landesherrſchaft ſich ſolches recht allein zueig-
net, F. H. Caſſeliſche jagt-ordnung vom jare
1722 fol. § 2, Oeſterreichiſche jaͤger- und reiß-
gejaids-ordnung 1743 § 43, beim Scopp ſ. 268,
Kur-Mainziſche wald-forſt-ordnung. Wie aber
eine ſulz- oder ſalz-lecke zubereitet werde, zeiget
der Doͤbel am a. o. III ſ. 98, 99.
§ 2525
pret iſt zur
oꝛdentlichen
zeit zu faͤl-
len.
Auſſer der ordentlichen zeit ſoll keiner (auſſer zu
ehren-tagen) kein wildpret faͤllen, und zwar das
rote wildpret, inhalts der F. H. Caſſeliſchen jagt-
ordnung
[1009]vom jagt-regale.
ordnung § 3, vom Johannis-tage bis Martini,
und das ſchwarze vom Lamperti bis Nicolai-tag.
Des haſen-hezens, ſchuͤſſens, kurens und lauſens
aber ſoll er ſich vom anfange des maͤrzen bis bar-
tholomaͤi gaͤnzlich enthalten. Die dachſe jaget
man von Laurentius-tag bis Thomaͤ; die fuͤchſe
von Michaelis bis Lichtmeß; die marder von Mi-
chaelis bis Oſtern. Bei raubthiren wird darauf
nicht geſehen, Kur-Mainziſche wald- und forſt-
ordnung, cap. II § 6 fg., Oeſterreichiſche jaͤger-
reiß-gejaids-ordnung 1743, § VII, VIII, VIIII.
§ 2526
Sonſt heiſſet es im ſpruͤchworte: ein iedes hauswie vil per-
ſonen bei
der koppel-
jagt zulaͤſſig
ſind?
nur einen jaͤger; verſtehe bei der koppel-jagt, F.
H. Caſſeliſche jagt-ordnung § 6, zur not wird
zwenen, die aus einem hauſe jagen, nachgeſehen
(§ 2486).
§ 2527
Wer die folge des angeſchoſſenen wildpretes vonvon der
jagtfolge.
den adelichen unter ſich und der landes-herr in
der benachbarten herren landen hergebracht, oder
durch einen vertrag erlanget hat, bleibet darbei,
F. H. Caſſeliſche jagt-ordnung § 7, Kur-Main-
ziſche wald- und forſt-ordnung cap. I § 10. Es
iſt aber vorher desfalls behoͤrige anzeige zu thun,
und dasjenige zu beobachten, was die landesge-
ſaͤze verordnen, Oeſterreichiſche jaͤger- und reiß-
gejaids-ordnung vom jare 1743, § 2, beim Scopp
ſ. 228 fg. Wer daher die folge nicht hat, oder
gedachtermaſen nicht zu werke gehet, laͤſſet ſich ein
ſpolium und eine injurie zu ſchulden kommen,
Reinhard am a. o. ſ. 102. In Kur-Sachſen
iſt ſotane folge verboten, von Wernher in den
ſelectis obſeruat. for. P. VII obſ. 67. Hinge-
gen iſt der landes-herr in der abgeteilten (apana-
girten) und landſaſſen jagt-grenzen, one ruͤckfrage,
S s saus-
[1010]LXII haubtſtuͤck
auszuuͤben befugt, Marburgiſcher beitraͤge Vtes
ſtuͤck ſ. 64 fg., herr landjaͤgermeiſter von Dall-
wigk in der beſchreibung von waldungen des fuͤr-
ſtentumes Hersfeld ſ. 111 fg. ſ. 156 ſ. 215, Krebs
am a. o. I ſ. 421 fg. Die herren landgrafen zu
Heſſen haben die jagtfolge in alle benachbarte
graf- und herrſchaften, ſie geſtatten aber keinen
die folge, Krebs am a. o., Raysde ferarum
perſequutione in territorio alieno, Giſen 1738,
4. Es werden drei bruͤche geleget: der erſte auf
den anſchuß, der zweite auf den uͤbergang an der
grenze, und der dritte, wo das wildpret liget.
Sofort wird der naͤchſte jagt-bedinte deshalber
benachrichtiget.
§ 2528
duͤrfen kei-
ne hirſch-
kaͤlber ꝛc.
haſen grei-
fen.
Im Heſſen-Caſſeliſchen duͤrfen die hirten keine
hirſch-kaͤlber todtſchlagen, auswerfen, noch Ha-
ſen greifen bei 30 goldguͤlden ſtrafe, F. H. Caſ-
ſeliſche jagt-ordnung § VIIII, welches auch in
andern landen bei harter ſtrafe verboten iſt. Si-
he die Oeſterreichiſche jaͤger-ordnung § 15, 16 und
andre.
§ 2529
zu halten iſt
den unter-
tanen er-
laubet.
Den untertanen iſt erlaubet: feld- und nacht-
waͤchter wegen des wildes zu haben, wie diſes im
Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen ſehr gewoͤhnlich iſt. Alle
wild-hirten duͤrfen rufen, ſchreien, klappern und
das horn blaſen. Die untertanen koͤnnen die
trommel ruͤren, lappen auf haͤngen, feuer und
rauch machen, um das wild von iren aͤckern und
wiſen zu vertreiben. Vor pfingſten aber darf
man keine hunde brauchen, es muß auch nach ei-
nem harten winter das jagen, oder ſcheuchen des
wildes eingeſtellet werden.
§ 2530
[1011]vom jagt-regale.
§ 2530
Damit die untertanen von dem wilde nicht ſowarum
wild-zaͤune
zu machen
ſind?
vil ſchaden leiden, muͤſſen wild-graben, oder wild-
zaͤune gemachet werden. Die wild-zaͤune ſollen
aus lebendigen haͤcken beſtehen und 6 ſchuhe hoch
ſeyn. Wo aber keine haͤcken ſind, muͤſſen ſie aus
planken, die weder oben ſpizig ſind, noch ungera-
de ſtehen duͤrfen, damit das wild im hinuͤber ſe-
zen keinen ſchaden leide, beſtehen. Immittels
ſind haͤcken anzulegen, die man ſtatt der wild-
zaͤune brauchet, damit das holz zu den planken
erſparet werde.
§ 2531
In waͤldern, hoͤlzern, gebuͤſchen und feldernin den waͤl-
dern darf
ſich nimand
mit ſchuͤß-
gewehr be-
treten laſ-
ſen.
darf wegen allzu groſen unterſchleifs, keiner mit
ſchuͤßgewehr auſſer den gemeinen wegen und oͤf-
fentlichen landſtraſen gehen, F. H. Caſſeliſche
jagt-ordnung § 13.
§ 2532
Auf die wild-dibe kan die todesſtrafe geſezetwie die
wild-dibe
beſtrafet
werden koͤn-
nen?
werden; immaſen das wild in eigentume des lan-
desherrn ſich befindet, auch der wert davon geſezet
werden kan, Kur-Baieriſche verordnung vom
jare 1735 bei dem Scopp am a. o. ſ. 202 fg.
von Rohr im haushaltungsrechte VIIten buches,
XItes cap. ſ. 1000 fgg. ſ. 1012 fg. Der Hopp
im comment. ad inſtitut. tit. de rerum diuiſio-
ne § 12, will zwar das gegenteil hirvon behaub-
ten; allein ſeine gruͤnde ſind nicht hinreichend.
Die wild-dibe werden daher nach befinden erſchoſ-
ſen, oder aufgehenket, auch mit gelde beſtrafet,
Gaſſer in der einleitung zu den kameral-wiſſen-
ſchaften ſ. 321 fg., G. Franke in der vorrede zu
Goͤbelsdiatr. de iure venandi, § 5 fgg., Stiſ-
ſers forſt- und jagt-hiſtori cap. X § 10 fgg. § 33 fgg.
S s s 2§ 2533
[1012]LXII haubtſtuͤck
§ 2533
demeſſer ge-
brauchet
wird?
Eine luſt-ſtrafe iſt das weidemeſſer-geben, oder
blattſchlagen, womit diejenige feler, welche die
unerfarne in unrechter benennung ein und anderer
woͤrter haben zu ſchulden kommen laſſen, abge-
ſtrafet werden, von Goͤchhauſen ſ. 258 fg.,
Stiſſer ſ. 489 fg., DoͤbelII ſ. 45, Luͤnigs
theatrum caerimoniale ſ. 1229 fg. des IIten
teiles.
§ 2534
bedinten,
Zur jagt und aufſicht, pflegung, fahung der
wilden thire hat man gewiſſe perſonen noͤtig, wel-
che jaͤger heiſſen. Diſe beſtehen aus anſehnlichen
und nidrigen. Zu jenen gehoͤren die ober- auch
land-jaͤgermeiſter, jagt-junker, jagt-pagen, hof-
jaͤger, wildmeiſter, ober-jaͤger, buͤchſenſpanner,
jaͤger, jagtſchreiber, jagt-ſecretarius, jagt-ſchult-
heiſen, haͤge-reiter, huͤner-ſpuͤrer, huͤner-faͤnger,
aͤnten- und wachtel- faͤnger, federſchuͤzen, weid-
knechte, windhezer, jaͤgerburſche, puͤrſch-knechte,
jagt-barbir, jagt-muſicanten, zeugknechte, beſuch-
knechte, jagt-laquais, jaͤger- und hunde-jungen,
jagt-ſchneider, jagt-ſeiler, wagner und rimer, ſatt-
ler, ſchmide, oͤconomiſches lexicon, von Goͤch-
hauſen am a. o. ſ. 287 fgg., Doͤbel am a. o.,
Kur-Mainziſche wald- und forſt-ordnung, cap.
XVI § 3, 4. Eines jaͤgers eigenſchaften erzaͤlet
Valentin Trichter im reit- und jagt-lexico ſ. 1130
fg., und der von Goͤchhauſen am a. o.
§ 2535
zuͤge,
Unter den vorzuͤgen der jaͤger ſtehet das oberſte
jaͤger-meiſteramt oben an. Es iſt ſolches iederzeit
eines der fuͤrnaͤmſten erz- erb- und hof-aͤmter ge-
weſen, wie ſolches mit beiſpilen der Stiſſer am
a. o. cap. VIIII weitlaͤuftig gezeiget hat. Thue
hinzu des herrn profeſſor Frankens vorrede dabei
ſ. 6
[1013]vom jagt-regale.
ſ. 6 fgg. Nicht minder gehoͤren dahin der zu eh-
ren der jaͤgerei errichtete jagt- oder Huberts-orden,
Franke ſ. 17 fg., Stiſſer am a. o. cap. XIII des
herrn grafen von Wurmbrandcomm. de here-
ditariis prouinc. Auſtriac. official. cap. 6 ſ. 14.
Ob der kaiſerliche hof-jaͤgermeiſter, oder der erb-
landjaͤgermeiſter den rang habe? wurde unterm
kaiſer Joſeph geſtritten.
§ 2536
Zu der parforce-jagt gehoͤren parforce-jaͤger-die bedinten
bei der par-
force-jagt.
meiſter, piqueurs und vile andre perſonen, ꝛc.
Doͤbel am a. o. II ſ. 90 fgg., Franke am a. o.
ſ. 11 fgg.
§ 2537
Das ende der parforce- und haubt-jagen, auſ-von dem
heiligen
ſer des ſchwarz-wildprets, iſt der Huberts-tag,
oder der dritte november. Diſer Hubert hat
zwar das gluͤck nicht im heiligen-kalender des bre-
viarii Romani zu ſtehen; und in einigen gregoria-
niſchen kalendern verdinet er die ehre eines roten
nicht.
§ 2538
Daß diſer jaͤger-patron ein herzog von GuienneHubert,
geweſt ſey; ſolches ſtehet nicht zu erweiſen. Diß
iſt gewiß, daß er im jare Chriſti 699 biſchof zu
Maſtricht geworden ſei. An dem iſt es, daß er
den biſchoͤflichen ſiz von dar gen Luͤttich verleget
habe, der pater Pagi in der critica uͤber die an-
nales des Baronius t. III ſ. 149 § 1. Im jare
727 entſchlif er, Le Cointe in den annalibus
Francorum eccleſiaſticis uͤber das jar 727 § 37
fg. Der prinz Carlmann, ein ſon des Carl
Martells, liſe die gebeine diſes heiligen an einen
andern ort 771 bringen, Pagi ſ. 333 § 4. Daß
Gerhart, herzog zu Bergen und Juͤlich, im jare
1444 diſem heiligen zu ehren einen orden geſtiftet
S s s 3habe,
[1014]LXII haubtſtuͤck
habe, melden keine der zeit am leben geweſte ge-
ſchichtſchreiber. Des ordens zeichen ſoll in einem
hirſche, der ein kreuz zwiſchen dem geweihe gehabt,
beſtanden haben. Davor kniet St. Hubert: in
der naͤhe ſtehet deſſen pferd. Die umſchrift ſota-
nen ordens-bildes ſoll geweſen ſeyn: in traw vaſt.
Der kurfuͤrſt Johann Wilhelm zu Pfalz hat 1708
den St. Hubert-orden erneuert, Dithmarshi-
ſtoria ordinis equeſtris S. Huberti, ſ. 468-491,
Franke am a. o. ſ. 12 fgg., von Ludewigde
venatu, differ. VII ſ. 58 fgg.
§ 2539
welche groſe
libhaber der
jagt gewe-
ſen ſind,
werden er-
zaͤlet.
Unter den kaiſern finden ſich groſe jagt-libha-
ber, als Carl der große, Heinrich der I und der
II, Otto der I, Heinrich der VI, Fridrich der II,
Maximilian der I, Ferdinand der II, Leopold,
Joſeph und Carl der VI. Den leztern koſtete
eine jagt, die uͤber den mittag dauerte, 3000 fl.
und die poͤſtpferde 1500 fl. Er hatte auch einen
ober-falkenmeiſter. Unter diſem ſtanden ein rai-
ger-falkenmeiſter, ein kraͤhen-falkenmeiſter, und
ein millan-falkenmeiſter, nebſt 40 bis 50 falken-
bedinten. Wurde ein geſchlagener hirſch gefaͤl-
let, ſo bekam die jaͤgerei 1000 fl. und ein faß wei-
nes, oder ſie uͤberkam neue kleidung, Kuͤchelbe-
ckers nachricht von Roͤmiſch-kaiſerlichen hofe, ſ.
256. Man nimt hiraus die großen koſten, die
aufs jagen gehen, wahr. Der kaiſer Ferdinand
der II bezalete den untertanen iren ſchaden, den
das wild, oder die jagten verurſacheten, des La-
mormainFerdinandi II virtutes ſ. 72, herr
graf von Rhevenhuͤller in annal. Ferd. T. XII
ſ. 34 fg. Die beſchreibung der reiger-baize liſet
man beim Faßmanne im leben Friderich Wil-
helms koͤniges in Preuſen ſ. 882 des Iſten teiles;
dabei eine nachricht von der falknerei folget. Den
kaiſer
[1015]vom jagt-regale.
kaiſer Leopold koſteten die falknerei-bedinten jaͤr-
lich 13665 fl. und die jagt-bedinten 17504 fl. or-
dentlich, und noch 3235 fl. Rink im leben kaiſer
Leopolds ſ. 220.
§ 2540
Der kaiſer Fridrich der II hat ſo gar von derdes kaiſers
Friderichs
des II ſchrift
von der jaͤ-
gerei.
jaͤgerei geſchriben. Diſe gar ſeltene ſchrift, wel-
che mit 5 rthlr. auch 10 fl. bezalet wird, heiſet:
reliqua librorum Friderici II imperatoris de
arte venandi cum auibus, Augsburg 1596, 8,
414 ſeiten, Vogtscatalogus librorum rario-
rum, ſ. 288. Es findet ſich dis buch im Eſtori-
ſchen buͤcher-vorrate.
§ 2541
In der Schweiz, in Tirole und den Salzbur-von der
gemſen-
jagt.
giſchen gebuͤrgen iſt die gemſen-jagt. Die gem-
ſen ſind zweierlei, Altmann von den eis-bergen
in der Schweiz ſ. 184-198. Die eine art diſer
wilden geiſen heiſſet der gems. Die andre gat-
tung iſt groͤſſer und braͤunlichter. Man nennet
diſe waldthire. Die erſte art wird auch mit dem
namen der grat-thire beleget. Die gemſen-jagt
beſchihet entweder durch das ſchuͤßen; oder wenn
der gemſen-ſteiger das thillmeſſer aufſchiftet. Die
mit maͤrlein vermiſchte geſchichte wegen der gefaͤr-
lichen gemſen-jagt des kaiſers Max. des I, hat
Koͤhler im Iſten bande der muͤnz-beluſtigung ſ.
189 unterſuchet.
§ 2542
Zu der ausuͤbung der jagt gehoͤren verſchidenedie werk-
zeuge zur
jagt werden
erzaͤlet.
huͤlfsmittel, als 1) hunde (§ 1238, 1244), 2)
das gewehr, 3) vilerlei arten von jagt tuͤchern,
zeugen, auch nezen, z. e. hirſch- ſchweins- prell-
wolfs- rehe- lauſch- luͤcken-neze, ſpigel- haſen-
marter- und illens-garn, dachshauben, federlap-
pen. An gewehre: ſelbſt-geſchoſſe, kugel-buͤchſen,
S s s 4ſchrot-
[1016]LXII haubtſtuͤck
ſchrot-buͤchſen, flinten. An eiſen: wolfs- fuchs-
eiſen, fang- und ſau-eiſen; marter-fallen, furkeln,
ſtellſtangen, ſchlaͤgel, hebe-gabel, pfaleiſen, forſt-
borer. Es gehoͤret nicht minder hirher: der herr-
ſchaftliche jagt-ſchirm, der wurf-wagen, wild-
wagen, wildtragen, allerhand kaſten und geraͤte,
von Goͤchhauſen ſ. 244 fgg., DoͤbelII ſ. 18 fgg.
Johann Jacob Buͤchtings kurz gefaſter ent-
wurf der jaͤgerei, Halle 1756, 8, im erſten teile,
abſchnitt I ſ. 11 fgg., Trichter am a. o. 1138 fg.
§ 2543
fenheit der
jagten bei
den Teut-
ſchen vor
erfindung
des pulvers.
Die jagten der Teutſchen waren vor erfindung
des ſchuͤß-pulvers anders beſchaffen, als nachher,
und mit diſem jahrhundert iſt durchs flug- und
lauf-ſchuͤßen ein neuer zeit-punct der jagten einge-
treten. Im Weistum uͤber den Dreieicher wild-
bann von 1338 ſ. 68 der beſchreibung der Hanau-
Minzenbergiſchen landen iſt vom Birſen verord-
net: „daß er ſoll han einen yvan bogen mit einer
„ſeiden ſenewen, mit einer ſilberin ſtralen, mit
„eime lorebaumen zeynen mit pfawen federn gefet-
„tert: gelinget ihm daß er ſchißet, ſoll er reiten
„zu dem Hain in eines forſtmeiſters haus, da ſoll
„er finden einen weiſen praken, mit getraͤuften
„ohren, uff einer ſeiden koltern an einem ſeiden
„ſeile, und ſoll dem wald nachhengen ꝛc.
„Daß ein apt von Fulda in der hirtz-feiſte ſtoß-
„hirze jagen mag mit zochten, und in der eber-
„dreys ſeß hawender ſchweine.„
Zum behufe des kaiſers wurden in der Drei-
eiche ſadelhoͤfe gebauet, deren ieder einen bawhof,
ein backhaus und eine ſcheuer und ein hundhaus
enthalten muſte. Dem kaiſer gab der hubner,
wenn er kam, ein wiß ſtrohe, dafuͤr laͤſſet der kai-
ſer dem hubner acht tage lang die koſt und zehrung
nach ſeiner abreiſe.
In
[1017]vom jagt-regale.
In einer urkunde von 1280 bei dem von Lu-
dolffobſ. CCCVIIII ſ. 92 iſt verſehen: quod ſi
comitiſſa inceperit agitare, quod vulgariter
dicitur ſprengen, aliquam feram in terra ſua
vel ſyluis ſuis, quae vulgo wildbahn dicun-
tur — —, alsdann bedinget ſich die graͤfin die
folge, welche ſie dem kloſter Arnſtein wieder
verſtattet.
Von der haͤgung des wildes.
§ 2544
Alle landes-herren genuͤßen die jagt-luſtbarkeit,das wild-
pret zu haͤ-
gen iſt
ſchaͤdlich.
als eine gemuͤts-veraͤnderung, und nach rate herrn
landarafens Philips zu Heſſen, zu erforſchung der
umſtaͤnde des landes und des zuſtandes der unter-
tanen. Allein die regel bleibet doch: der landes-
herr iſt kein verderber, ſondern ein beſchuͤtzer ſei-
ner untertanen und deren habſeligkeit. Daher
laufet der ſchade der untertanen durch den wild-
fras und das jagen in den fruͤchten wider das na-
tur-recht. Der witzige Schuppius im regen-
ten-ſpigel Salomons cap. 4 ſ. 42 meldet nicht
one urſache: daß von der jaͤgerei an Salomons
hofe nichts vorkomme. Der herzog Ernſt zu
Gota tat es zu der untertanen beſten, daß er nicht
ſelbſt jagete, und ließ dennoch das wild durch ſei-
ne jaͤger nach und nach verſchuͤßen, damit es we-
der ſchaden taͤte, noch am hofe und in den ſtaͤdten
mangel davon waͤre, Redigers Saͤchſiſche merk-
wuͤrdigkeiten ſ. 626. Das wildpret muß eine
haubtkammer-einkunft abgeben. Der groſe ſtats-
und kammer-verſtaͤndige nur gedachte herzog Ernſt
brauchete das wild und deſſen puͤrſchen zur unter-
haltung des hofſtates. Von den mancherlei jagt-
luſt-veraͤnderungen ſihe den von Rohr in der ein-
leitung zur caͤrimoniel-wiſſenſchaft IIII cap. 13 ſ.
859 fgg., Luͤnigstheatrum caerimon. am a. o.
S s s 5ſ. 1220
[1018]LXII haubtſtuͤck
ſ. 1220 fgg. Jedoch muͤſſen ſotane luſt-jagten
zum ſchaden des untertanen nicht abzwecken.
§ 2545
zuſchuͤſſen,
Daher in betreff der jaͤgerei iſt iederzeit ruͤck-
ſicht auf die alten Teutſchen zu nemen, welche da-
fuͤr hilten, ein landesherr muͤſſe darauf lediglich
bedacht ſeyn, damit das wild dergeſtalt ausge-
reutet werde, um dem lande allen ſchaden an den
fruͤchten und den wiſen-wachs abzuwenden, Hein-
rich Hildebrands diſp. de conſeruatione fera-
rum nociua, Altd. 1709, § VII fg. Denn wo
das wildpret, das doch keine ſteuren und ga-
ben traͤget, die erndte vernichtet, oder doch ver-
mindert, da wird der untertan auſſer dem ſtande
geſezet, die herrſchaftlichen laſten abzutragen.
Wodurch es dann geſchihet, daß aͤcker und wiſen,
auch zehnten, die im wild-fraße ligen, wenig, oder
faſt gar keinen wert haben, und oft keiner ge-
ſchenkt verlanget (§ 1284), von Rohr im haus-
haltungs-rechte VII b. VIItes haubtſtuͤck ſ. 947 fg.
XIIItes haubſt. ſ. 1025 fgg., Spangenbergde
vſu et abuſu venationum § 3 fg. Nicht zu ge-
denken, daß am holze kein junger wuchs aufzu-
kommen vermag.
§ 2546
ſchaden da-
her der hol-
zung zu-
waͤchſet.
Daß aber der haubtholz-mangel von der uͤber-
maͤſigen haͤgung des wildprets mit abhaͤnget: ſol-
ches liget zu tage; immaſen diſes durch das ab-
aͤzen des gipfels eines jungen ſtaͤmmgens diſem
ſeinen ganzen wuchs benimt (§ 1769).
§ 2547
erfodern
groſe koſten.
Auſſer dem, wenn man die mannigfaltigen ja-
gen rechnet, werden groſe geldſummen dadurch
verſplittert. Die koſtbareſten darunter ſind: die
parforce- oder die lauf- und renn-jagten, die fal-
ken-jagt, auſſer, wenn jene nach der weiſe des
vorigen
[1019]vom jagt-regale.
vorigen koͤniges in Preuſſen Fridrich Willhelms
eingerichtet werden, beſage deſſen lebens ſ. 887 fg.
von 1735, 8. Sie geben einen umſturz fuͤr die
rentkammern ab, der leib und lebens gefar, eines
theureſten regenten nicht zu gedenken. Man rech-
ne nur bei der parforce-jagt die bedinten, und zaͤle
den aufwand fuͤr die pferde, die hunde, die ge-
baͤude dafuͤr, die beſonders eingerichteten hunde-
lager fuͤr die hunde und huͤndinnen, die zwinger-
anrichtung zum ſpazir-gange der hunde, deren
aderlaß und purgirung, die baͤhung der ermuͤde-
ten pferde und hunden ꝛc. Die unterhaltung der
ſaͤugenden bauer-huͤndinnen fuͤr die jungen par-
force-hunde ꝛc. ſo laͤſſet ſich ſumma ſummarum
leichtlich zihen: rentkammer einname 100,000 fl.
jagt-ausgaben 150,000 fl. woraus ſich dann der
ſchluͤſſel darleget: warum bei Reichs-hofrate man
ſo vile aufſchriften: in betreff ſchulden-weſens ꝛc.
findet. Den erſtaunlichen aufwand der parforce-
jagt kan man aus dem Doͤbel am a. o. abnemen.
§ 2548
Wogegen der einwand nichts verfaͤnget, daßdas land
hat von den
jagten kei-
nen nuzen.
durch die jagt-ausgaben das gelt im lande bleibe,
folglich das land nicht aͤrmer werde. Allein die
erfarung widerleget dieſes offenbar. Denn mehr
ausgaben, als die landeskraͤfte ertragen koͤnnen,
iſt iederzeit ein uͤberſpannetes weſen, deſſen ende
nur entkraͤftete untertanen darſtellet.
§ 2549
Um die parforce-jagt laͤcherlich zu machen, hat
der koͤnig Ludewig XIIII in Frankreich dem Mo-
liere zu den facheux und deren ſibenten auftritte
den ſtoff gegeben.
Von
[1020]LXII haubtſtuͤck
Von den jagt-fronen.
§ 2550
nen ſind
jagt-fronen
zu leiſten
ſchuldig.
Bei anſtellung einer herrſchaftlichen jagt ſind
die untertanen dinſte zu leiſten ſchuldig, auch wol,
wo es hergebracht iſt, die jaͤger- und hunde-azung
zu reichen, Reinhardt ſ. 91 ſ. 105, Beck ſ. 305,
310, Kur-Baieriſche verordnung vom 16. Jun.
1688, bei dem Scopp am a. o. ſ. 224 § 45,
Fridrich Binders diſp. de iure albergariae,
Strasb. 1668, concluſ. 27 ſ. 47 fg., von Ju-
ſtiII ſ. 219. Die landſchneider und dorfſeiler
haben die zeuge und neze dabei oͤfters auszubeſſern.
Kinder, knaben und maͤgdlein, ſind zu den jagt-
fronen nicht zulaͤſſig, Kur-mainziſche wald- und
forſt-ordnung cap. XVI. Die ungehorſamlich
ausbleibende dinſtpflichtige koͤnnen behoͤrig beſtra-
fet werden.
§ 2551
jagt-fronen
beſtehen?
Die jagt-fronen beſtehen ſowol in ſpann- als
auch hand-dinſten, z. e. das jagt-zeug und die
neze zu fuͤhren, die wild-farten, die umſtellung der
hoͤlzer zu verrichten, das wild zu treiben, die hun-
de zu leiten, die wild-zaͤune zu machen, und was
zur azung des wildes dinet, an ort und ſtelle zu
bringen, Stiſſer am a. o. cap. VI § 40 ſ. 194,
Grollmannde operarum debitarum mutatio-
ne, im 13ten cap. II § 3, 4, bei gelegenheit der
Solms-Hoingiſchen untertanen, ſodann der Sue-
ſer im theatro ſeruitut. tit. 20 § 8, Beck ſ.
306 fgg., Doͤbel am a. o. II ſ. 49. Zu den
wolfs-jagten muͤſſen ſich auch die buͤrger und an-
dre, welche ſonſt keine jagt-dinſte leiſten, wol im
falle der not gebrauchen laſſen, Beck am a. o.
ſ. 306, ſ. 312 ſ. 574 fg., Kur-Mainziſche wald-
und
[1021]vom jagt-regale.
und forſt-ordnung, cap. XVI, beim Scopp ſ.
345 fgg., von Rohr im haushaltungs-rechte im
VIIten buche, VI cap. ſ. 938 fg., Peter Muͤller
de perſequutione luporum. Daß aber die un-
tertanen, wenn keine woͤlfe ſich zeigen, mithin kei-
ne wolfs-jagts-dinſte ausgeſchrieben werden koͤn-
nen; dennoch diſe mit gelte abtragen ſollen, laͤſſet
ſich nicht behaubten.
§ 2552
Wenn iemand in einem fremden lande die wild-wie fern
ſolche einem
andern zu
leiſten ſind?
banns-gerechtigkeit hergebracht hat, kan er des
landes-herrn jagt-froͤner zum jagen nicht aufbiten,
wo nicht durch die gewonheit, oder ein geding ein
anders eingefuͤret iſt, Beck am a. o. ſ. 305 fgg.
§ 2553
Die jaͤger bekommen gemeiniglich ein gewiſſesder jaͤger
ſchuͤß- und
fang-geld.
ſchuͤß- und fang-gelt, wozu noch der aufbruch,
oder das jaͤger-recht kommet, Doͤbel am a. o. I
ſ. 18, III ſ. 119 fgg. ſ. 172 ſ. 106, von Goͤch-
hauſen ſ. 262; allein die haͤute gehoͤren ihnen
nicht, von Goͤchhauſen ſ. 265, 266; es muͤßte
denn ſolches hergebracht ſeyn, als wie in Heſſen,
da der ober-jaͤgermeiſter und die adelichen jaͤger,
deren herren die hohe jagt haben, ſelbige uͤber-
kommen.
§ 2554
Die ſelbſt-geſchoſſe nach fuͤchſen, oder woͤlfen,die ſelbſt-
geſchoſſe u.
vergifteten
kugeln ſind
verboten.
vom jaͤger-
rechte.
ſind verboten, imgleichen die vergifteten kugeln
nicht erlaubet, F. H. Darmſtaͤdtiſche forſt-ord-
nung § 13, 14 ſ. 15. Zu dem jaͤger-rechte dem
hirſche werden die nach dem halſe zu befindliche
drei rippen, der hals und kopf nebſt dem geraͤu-
ſche gerechnet, von Goͤchhauſen ſ. 262, von ei-
nem wilden ſchweine gehoͤret die wamme dahin,
Trichter ſ. 1142. Bei der parforce-jagt iſt ein
andres jaͤger-recht, Luͤnig am a. o.
§ 2555
[1022]LXII haubtſtuͤck
§ 2555
jaͤgermeiſter
amt der
abdecker
halber.
Der ober-jaͤgermeiſter-amt und gerichtbarkeit
erſtrecket ſich hir und da uͤber die abdecker und
ſchinder huͤtten, z. e. in dem Kur-Brandenburgi-
ſchen, Kur-baieriſchen, Scopp am a. o. ſ. 224, 225.
§ 2556
gen von der
jagt.
Von der jagt-gerechtigkeit gibet es unterſchidli-
che nuzungen. Man hat daher das fleiſch, die
ſtangen, gehoͤrne, ſchalen, haͤute, baͤlge, felle,
federn, das unſchlitt, feiſt, der vogelfang, ꝛc.
was die jagt- und forſt-bedinten von dem wild-
prete und andern ſachen, welche zur jagt gehoͤren,
verkaufen, haben ſie jaͤrlich gebuͤrend zu berechnen.
§ 2557
Das wild iſt nicht von einerlei ſchwere und groͤſe.
Ein hirſch iſt wol 200 bis 400 pfund ſchwer.
Das thier ‒ 120 ‒ 150 ‒
Das reh ‒ 20 ‒ 40 ‒
Die gemſe ‒ 15 ‒ 25 ‒
Der keiler ‒ 250 ‒ 400 ‒
Die bache ‒ 150 ‒ 230 ‒
Der wolf ‒ 70 ‒ 90 ‒
Der fuchs ‒ 11 ‒ 18 ‒
Der haſe ‒ 7 ‒ 11 ‒
Der dachs ‒ 24 ‒ 36 ‒
Die wilde kaze ‒ 8 ‒ 12 ‒
Der auerhan ‒ 8 ‒ 11 ‒
Das haſelhun ‒ 3 ‒ 5 ‒
Klein am a. o. ſ. 65.
Von den aͤnten-faͤngen.
§ 2558
zum Zigen-
haine und
andrer or-
ten.
Unfern der ſtadt Zigenhain liget der fuͤrſtliche
Heſſiſche aͤnten-fang. Eine ſtunde von Zelle im
Luͤneburgiſchen und andern orten ligen dergleichen.
An gedachtem Zelliſchen aͤnten-fange iſt der weiher
eine
[1023]vom jagt-regale.
eine halbe ſtunde lang. Zum Zigenhaine waren
ſonſt die waͤnde, wie zu Torgau von ſtrohe. Nun
aber ſind ſie, gleich den Zelliſchen von holze, wel-
che man peipen (pfeifen) nennet. Zu Zelle ſind
auf beiden ſeiten gaͤnge mit tannen-baͤumen be-
pflanzet. Vom Johannistage an bis in den jen-
ner wird das meiſte an aͤnten gefangen; immaßen
bei der einfallenden kaͤlte, und wenn die waſſer zu-
gefroren ſind, die aͤnten nach der offenen ſee ſtrei-
chen. Die aͤnten z. e. 150 werden zame gemachet,
und diſe hecken mit den wilden aͤntrechten. Etli-
che rothgelblichte dachshunde werden zum treiben
gebrauchet. Eine kleine waldung wird angeleget,
damit die aͤnten darauf neſten, von Uffenbach
I ſ. 452.
§ 2559
Der kaiſer Leopold hatte zweene zum jagen ab-leoparden-
jagt.
gerichtete leoparden. Sie ſaſſen bei der jagt iren
waͤrtern zu pferde hinten auf der kruͤppe, und ſa-
hen ſich auf der jagt weit um, ob ſie etwas gewar
wuͤrden? Erblicketen ſie nun haſen, rehe und der-
gleichen thire; ſo ſprangen ſie ab, und in einem
vogel-ſchnellen ſchuſſe hatten ſie das wild eingeho-
let. Worauf ſie ſich wieder hinter iren ange-
wonten jaͤger hinten auf das pferd ſetzeten, und
einen neuen fang ablauſcheten. Ire groͤſe war,
als der groͤßte windhund: das wachstum einer
vollkommenen katze, lang vom ruͤcken, und von
bruſt und kreuze ſchmal, worin ſie von den tygern,
den ſie ſonſt an farbe gleichen, unterſchiden wa-
ren, Rink im leben des kaiſers Leopolds ſ. 134 fg.
§ 2560
Unter dem kaiſer Joſeph taten ſich ſpaͤne wegendas vor- u.
nachſchuͤßen
auf der jagt.
des nachſchuͤßens hervor. Denn, wo der kaiſer
oder Roͤmiſche koͤnig auf der jagt ſich befindet,
und er beim vorlaufe zweier thire einen ſchuß ge-
tan
[1024]LXII haubtſtuͤck
tan hat, hernach die pagen den nach-ſchuß haben;
welches ſich iedoch die jaͤger anmaßeten, Joſephs
Roͤmiſchen kaiſers leben und taten I ſ. 44.
§ 2561
einer wild-
pret-ſchire.
In den reſidenz- univerſitaͤts- und garniſons-
ſtaͤdten ſorget die hohe policei fuͤr den verkauf des
wildprets. Zu dem ende wird ein vereideter ver-
kaͤufer deſſelben beſtellet, an den die herrſchaftli-
chen foͤrſter alles wild lifern muͤſſen. Diß haus
nennet man die wildprets-ſchire, fuͤr diejenigen,
welche tiſche halten, dinet die vorzuͤglichkeit zum
augenmerke; wobei die verſchleppung des wild-
prets an andre orte nicht zu dulten iſt.
§ 2562
anſchlag.
Wie die jagten in anſchlag gebracht werden
moͤgen, zeiget Stiſſer in der einleitung zur land-
wirtſchaft cap. 15 § 30 ſ. 505. Es geſchihet ſol-
ches am beſten vermittelſt der gefuͤhrten rechnun-
gen von einigen jaren, nachdem die koſten und der
aufwand abgezogen worden ſind. Man nimmt
die jagt-regiſter von neun jaren, zihet die unkoſten
ab, und dividiret den ertrag mit neunen; ſo ergi-
bet ſich der jagt-ertrag.
§ 2563
woͤrter von
der jagt.
Von der jagt und den wilden thiren, hat man
verſchidene ſpruͤchwoͤrter, z. e. I ein guter jaͤger
machet einen guten hund, und ein guter hund ma-
chet einen guten jaͤger, II wer ſich dem jagen gar
ergeit, wird gleich den thiren mit der zeit; Piſto-
rius cent. 4 par. 80; III ein jaͤher gibt keinen
guten jaͤger; IIII ein ieder fuchs bewahret ſeinen
balg; V ein alter fuchs iſt uͤbel zu fangen; VI
wenn der fuchs zeitig iſt, traͤget er den balg ſelbſt
zum kuͤrſchner; VII wenn der haſe laͤuft uͤber
den weg, iſt ungluͤck ſchon auf dem ſteg.
§ 2564
[1025]vom jagt-regale.
§ 2564
Von der Teutſchen ſchreibart in jagt-ſachendie jagd-
woͤrter.
und den kunſt-woͤrtern, ſihe Eſtors abhandelung
von der Teutſchen ſchreib-art in der nuͤtzlichen
ſammlung zu erlernung der aͤchten und reinen
kanzelei ſchreibart, Marburg 1750, 8, ſ. 258 fgg.,
und Buͤchting am a. o. ſ. 218 fgg. Die betruͤ-
gereien der forſt-meiſter, foͤrſter und jaͤger entde-
cket Hoͤnn in betrugs-lexico ſ. 149-152, ſ. 199 fg.
§ 2565
In den alten zeiten nennete der Kaiſer ſeineNamen der
forſt- bedin-
ten in den
alten zeiten.
ober-jaͤger- und ober-forſtmeiſter in der wild-
grafſchaft den wildgrafen am Maine im koͤniges-
forſte ſeinen Reichs-Vaut, oder vogt. Der
Reichsherr von Ebſtein hiſe der oberſte walt-bot,
welches noch der herr landgraf zu Heſſen-Hom-
berg iſt, beſage des weistums beim Winkel-
manne in der beſchreibung von Heſſen ſ. 136 fg.
Bot bedeutet einen, der ſeinen herrn fuͤrſtellet,
daher macht-bot, ſend-bot, dinſt-bot. Walt-
aber iſt ſo viel als ein fuͤrgeſezter. Und ſo iſt die
benennung des waltbotens in Mainz zu verſtehen;
wiewol das baͤren-brod fuͤr ihn und die haltung
eines baͤren mutmaßen laͤſſet, daß er ehedem ein
forſt-bedinter geweſt ſey. In den forſt-rechten zu
Coburg von 1384 beim Horn im leben markgra-
fens Friderichs zu Meiſen ſ. 668 koͤmmt der uber-
ſte vorſter vor. Zu Nuͤrnberg war des Reichs-
oberforſtmeiſter-amt, Koͤhlerde caſtro Brun
ſ. 14.
§ 2566
Aus dem koͤnigsforſte am Maine gingen fol-forſt-ein-
kuͤnſte.
gende gefaͤlle ein: 1 mai-gelt, 2 kolen-gelt, 3
gaiſen-gelt, 4 hunde-gelt, 5 ſchaͤferei- 6 dorf-
7 fiſcher- 8 vogelfangs- 9 weide- 10 wildhuben-
11 ſtraf- 12 pferch- 13 waldmut- 14 ſaͤu- 15 wein-
T t tkaufs-
[1026]LXII haubtſtuͤck
kaufs- wineops-gelt, 16 den wild-bereitern aus
dem Teutſchen hauſe zu Frankfurt 1 fl. 15 alb.
hoſen-gelt, 17 der jagt-ſchilling, 18, 6 pfen. magt-
gelt, 19 wild - gelt von den Frankfurtiſchen ju-
den-mezgern, 20 von unzuͤnftigen mezgern, daß
ſie durch den wald das vih hetzen duͤrfen.
§ 2567
An getraide gehet ein: wildhafer, waizen,
korn, gerſten, zwibel, magſamen, gaͤnſe, kapau-
nen, huͤner. Diſe gefaͤlle haben ihre gebannete
tage, daran die erheber ſolche in Empfang nemen
muͤſſen. Zu Seligenſtadt geben ſie eine malzeit,
nach deren endigung des wirtes magd erſcheinet,
und dem Iſenburgiſchen, ſodann dem Hanauiſchen
wildbannes-bereiter einen ſtraus von blumen oder
roſmarin einhaͤndiget, dafuͤr derſelben ein trank-
geld nebſt den 6 pfennigen magt-gelte gereichet
wird. Darauf es heiſſet: die magt muß aufs
bette ꝛc., des von Buri vorrechte der bann-forſte,
ſ. 40 fg. der beilagen. Der Muͤnchhof lifert we-
gen des vogel- und lerchenfanges 4½ malter kaͤſe,
iedes zu 2 fl. 12 alb., von Buri ſ. 149.
§ 2568
keit.
Zum koͤniglichen wildbanne gehoͤreten auch die
binen im walde und die fiſch-waſſer, die hohe und
nidere gerichte. Auch muſten die wild-freveler
von andern herrſchaften geſtellet werden, von
Buri ſ. 360.
§ 2569
Die jagt-forſt-bedinte ſtehen in perſoͤnlichen
und dinglichen ſachen unter der landes-regirung.
Vor das jagt- und forſt-amt gehoͤren die ſachen,
welche auf die erhaltung der gehoͤlze, ſicherung
der forſt-gehaͤge, ſchonung der gehaue, das ſchla-
gen der bauhoͤlzer, begnadigungs holz fuͤr arme
zum bauen, beſtallungs-holz fuͤr die bedinte und
die
[1027]vom jagt-regale.
die garniſon, hammer- und blau-farben-werke,
brenn-oͤfen, floͤßen, ſchirrholz, holz-leſen, huͤtun-
gen und triften, maſten, ſchaͤdlicher holz- abtrib,
torf-ſtechen und gras-hauen, das harzen, die
aͤſcherung und die ſtein-bruͤche, die wald- und
holz-gemaͤrke, haͤge-ſaͤulen, die abſchaffung ſpi-
ziger zaͤune, die ſtock-raͤume, ſtamm- und an-
weiſe-gelt, holz-preis, die ſtoͤrungen der grenzen in
den waldungen und gehoͤlzen, buͤſchen, die forſt-
frevel, die erhaltung der jagten und deren wieder-
beiſchaffung, hund-zwinger, hunds- bregelung,
hunde-halten bei den waſenmeiſtern, ſtreitigkeiten
uͤber das luder, wald-feuer, hetz- und ſtreiche-
bruͤcken, wildbahn, die junge haͤu bis aufs vierte
und fuͤnfte laub zu verbieten, gehaͤge, fluͤgel-raͤu-
mung, fluß-haͤger, thier- und phaſanen-gar-
ten, aͤnten-lerchen- ſtaren-faͤnge, krametsvogel-
heerde, wald-binen und vogel-ſtellen, wildpret-
ſchaden, jagt-dinſte, wild-deuben, jagd-verbre-
chen auch unterſuchungen und inquiſitionen dar-
uͤber. Der mord in den hoͤlzern gehoͤret fuͤr die
ordentliche peinliche gerichte, Wabſt von der
hohen und nidern juſtiz in Sachſen ſ. 197.
Von der verbreitung der gerichtsbarkeit
der forſt-aͤmter.
§ 2570
An einigen orten halten die forſt-beamten da-ausdenung
der forſtli-
chen ge-
richtsbar-
keit.
fuͤr, daß, wie die geiſtlichen ihren beſondern ge-
richts-ſtand haͤtten; alſo die ſachen des forſtwe-
ſens in perſoͤnlichen, dinglichen und peinlichen ſa-
chen die forſt-gerichtsbarkeit begruͤndet waͤre.
Daher eine beſondre forſt-kanzellei zu beobachten
ſey. Es faͤnde ſich ein toder im walde; ſo haͤtte
nimand, als das forſt-amt darmit zu ſchaffen.
T t t 2Eine
[1028]LXII haubtſtuͤck
Eine ſchlaͤgerei im walde gehoͤre zur erkenntniß des
forſt-amtes. Ein gewiſſer Ober-Rheiniſcher
Reichs- und kreis-ſtand verfolgete einen miſſetaͤter,
der bisher ein ſtreichender jaͤger-burſch geweſen
war. Er verſicherte ſich deſſelben in des andern
herrns landen nach inhalt der Ober-Rheiniſchen
kreis-verordnung, und tat dem beamten des or-
tes die anzeige davon. Diſer war willig und be-
richtete den vorfall wegen der ausliferung an ſeine
vorgeſezte landes-regirung. Indeß erfur das
unerlaubter
eingriff und
noͤtig gewe-
ſte erſuchung
zur huͤlfe
rechtens.benachbarte forſt-amt diſen handel. Es gab be-
fel diſen gefangenen ſofort zum forſtamte zu brin-
gen. Hirdurch war das fuͤrhaben vereitelt. Die
regirung feierte nicht. Das forſt-amt ſpigelte
vor: der verhaftete waͤre der wild-diberei halben
verdaͤchtig; jedoch da nichts auf ihn zu bringen
ſtuͤnde, wollte es den miſſethaͤter abfolgen laſſen,
gegen bezalung der unkoſten von 31 fl. 12 alb.
Die rechnung vom 8ten julius 1756 war diſe:
1) fuͤr 6 manne land-ſoldaten 2 fl. 2) den 9 land-
ſoldaten, taͤglich iedem 10 alb, 12 fl., 3) dem
ſerganten 2 fl., 4) dem boten, der auf des forſt-
amtes befehl das commando aufbieten muͤſſen
10 alb., 5) dem boten an die landes-regirung
18 alb., 6) diſen an wartgelte 15 alb., 7) dem
forſt-amtsdiner 15 alb., 8) fuͤr zerung des miſſe-
taͤters 4 fl. 26 alb., 9) dem gaſtwirte, wo der
verbrecher abgeholet wurde 1 fl. 28 alb., 10) den
n. 8 mannen 1 fl. 10 alb., 11) dem beamten fuͤr
ritte und bemuͤhung 5 fl. 10 alb., zuſammen
31 fl. 12 alb.
Die rechts-collegia koͤnnen hieraus lernen, was
diſe neue forſt-gerichtsbarkeit ſey? Nimand wuͤr-
de ſich verwundert haben, wenn diſe anmaßung
beſtrafet und das forſt-amt wegen der unnoͤtigen
koſten zu deren erſtattung verurteilet worden waͤre.
Drei
[1029]von dem bergwerks-regale.
Drei und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von dem bergwerks-regale.
§ 2571
Das lehrgebaͤude von den bergwerks-ſachendie eintei-
lung der
mineralien,
haͤnget alſo zuſammen. Man betrachtet
zu voͤrderſt die mineralien uͤberhaubt nach dem na-
turreiche, ſodann werden die Anſtalten der policei
und endlich die rechte bei den bergwerken erwogen.
Durch die mineralien verſtehet man diejenigen
natuͤrlichen koͤrper, welche one leben wachſen,
oder die in der erden one ſamen erzeuget werden.
In engem verſtande werden ſie den metallen ent-
gegen geſezet, und teilen ſich in die mittleren und
unterſten mineralien, Staudacherde minera-
lium mediorum et infimorum iure.
§ 2572
Die bergwerkskunde iſt eine lehre, welche be-was die
bergwerks-
kunde iſt?
gruͤndete regeln enthaͤlt, wornach die mineralien
mit vorteile aus der erde hervorgebracht, und zum
gemeinen gebrauche zubereitet werden muͤſſen.
Dabei die mark-ſcheide-kunſt allein eine wahre
wiſſenſchaft zu nennen iſt. Ueberhaubt kan man
hirbei gebrauchen des geheimen-rates Georgen
Engelharts von Loͤhneis bericht von den berg-
werken 1690 fol., iedoch hat er nur das eis ge-
brochen, des Abraham von Schoenberg aus-
fuͤrliche berg-information 1693 fol., iſt practiſch,
Baltaſar Roͤslers bergbau ſpigel, Dresden
1700 fol., Joh. Gottlob Lehmanns einleitung
in einige teile der berg-wiſſenſchaft, Berlin 1751,
inſonderheit Chriſtoph Herttwig in vollkomme-
nen berg-buche 1710 fol., und deſſen auszug, nebſt
T t t 3zuſaͤ-
[1030]LXIII haubtſtuͤck
zuſaͤzen in des Minerophili mineral- und berg-
werks-lexico 1743, 8.
§ 2573
logi machet
einen teil
der berg-
werkskun-
de aus.
Einen teil der bergwerks-kunde machet die mi-
neralogie aus; diſe haben Htaͤrnes in der berg-
laterne und in der anleitung zu den malm-arten,
Suedenborgsſpec. metallicorum t. III fol. 1734,
Bromelius in der mineralogia, Linnaͤus im ſy-
ſtemate, Stobaͤus in den opuſculis 1752, 1753,
der Dr. und profeſſor Wallers zu Upſala 1747
verabhandelt, und Denſo hat ſie ins Teutſche
uͤberſezet, Berlin 1750, 8. Ihm ſind gefolget
Johann Lucas Woltersdorf im mineral-ſyſte-
me, Lateiniſch und Teutſch, Berlin 1750 in laͤng-
licht 4, Joachim Frid. Sprengel in der be-
ſchreibung der harziſchen bergwerke, Berlin 1753;
hingegen hat Joach. Henr. von Jufti im grund-
riſſe des geſammten mineral-reiches, Goͤttingen
1757 den Wallerius zu verbeſſern geſucht. Einen
teil diſer mineralogie haben erlaͤutert: der ſehr
geſchickte Joh. Frid. Henkel geweſter land- berg-
und ſtadt-phyſicus zu Friedberg, welcher 1744
als bergrat verſtarb, in der pyritologie, oder
kies-hiſtorie, Leipzig 1725, 8, deſſen unterricht
von der mineralogie, durch den Stephani, und
kleine chimiſche ſchriften durch Carl Friderich
Zimmermann; ferner dinen Johann Heinrich
Potts lithogeognoſie, und Ludewigs terraͤ mu-
ſei regii hirbei.
§ 2574
probirkunſt
lehret?
Beim bergwerke koͤmmt die probir-kunſt vor.
Diſe lehret, wie man die foſſilien, fuͤrnaͤmlich die
metalle, halbmetalle, den ſchwefel und die ſalze
von einander und von andern beigemiſchten din-
gen in kleinen ſcheiden ſolle, um zu wiſſen, was?
und wie viel von einem ieden in der zu unterſuchen-
den
[1031]von dem bergwerks-regale.
den materien befindlich ſey, und mit nuzen dar-
aus erhalten werden koͤnne? der Cammerrat
Cramer § 1 der probir-kunſt.
§ 2575
Man nennet ſie auch die ſcheide-kunſt, da manwomit die
ſcheide-
kunſt ſich be-
ſchaͤftiget?
erze und allerlei vermiſchte metalle, nach irem ge-
halte in kleinen unterſuchet, insbeſondere aber das
gold und ſilber von einander ſcheidet, Junker im
Iten teile der chemie ſ. 13 und im IIten teile ſ. 122-
171. des Chriſt. Andreen Schluͤters und Lazari
Erkers probir-buͤcher ſind auch bekannt; lezteres
kam 1672 zum vorſcheine, Frankf. fol. Tue
hinzu den wolerfarnen ſcheide-kuͤnſtler, Frankf.
1755, 8.
§ 2576
In der mineraliſchen erdbeſchreibung geben an-nachrichten
von der mi-
neraliſchen
erdbeſchrei-
bung,
leitung der von Oppeln im IIten teile der mark-
ſcheide-kunſt, Urbans Hiaͤrne anleitung verſchi-
dene erz- und berg-arten auszuſpuͤren, des frey-
herrns von Leibniz protogaͤa; inſonderheit
Franz Ernſt Bruͤckmanns ausfuͤrliche beſchrei-
bung aller bergwerke in Europa, 1727, und 1730
fol. 2 baͤnde mit kupfern und deſſen theſaurus ſub-
terraneus des herzogtumes Braunſchweig, 1727,
4, Athanas Kirchersmundus ſubterraneus,
2 teile 1668 fol., Adolph Bayers bergmaͤnni-
ſcher aufſtand von zinn, walderberg-werke.
§ 2577
Die markſcheide-kunſt lehret, wie man diewas die
markſchei-
de-kunſt
leret?
ſtollen und gruben-gebaͤude unter der erde, am
tage uͤber derſelben, mit ihren winkeln abſtecke,
die gerad in teufe vom tage auf ein ort in die grube
weiſe und berichte: wie tief es dahin ſey? auch
wiſſe, wie weit zwei oͤrter, der geraden lini nach
von einander abgelegen ſind? und wie viel eines
hoͤher als das andre iſt. Ein mereres beſagen
T t t 4der
[1032]LXIII haubtſtuͤck
der Minerophilus ſ. 376 fg., des von Oppeln
markſcheide-kunſt nach iren anfangs-gruͤnden und
ausuͤbungen, Aug. Beyers unterricht, Sturms
kurze anweiſung zur markſcheide-kunſt, 1743, des
dunkeln Nicol Voigtels markſcheide-kunſt, Eis
leben 1686 fol. und vermerter 1713. Joh. Frider
inſtitutiones geometriaͤ ſubterraneaͤ. Den berg-
bau insbeſondere anlangend, haben erſagter
Aug. Beyer, Leupold im theatro machinarum,
gedachten Sprengels nachricht vom Strasbergi-
ſchen gruben-baue im VIII bande des Hamburgi-
ſchen magazins unterricht gegeben.
§ 2578
ſchmelz-
kunſt ver-
urſachet?
Die ſchmelzkunſt verurſachet diejenige chemi-
ſche veraͤnderungen der harten und trockenen ver-
miſchten (aggregirten) koͤrper, da ſie durch feu-
rige bewegung zu mancherlei gebrauche in einen
fluͤßigen ſtand verſezet werden, Junker am a. o.
I, ſ. 390. Das feuer wird den koͤrpern entweder
mittelbar, wenn ſie in den behoͤrigen gefaͤßen auf-
behalten werden, oder unmittelbar angeleget.
Das ſchmelzen iſt dreierlei: entweder uͤbern ſtich-
ofen, oder uͤber den krummen-ofen, oder dem ho-
hen-ofen, Minerophilus ſ. 493. Der vorbe-
niemte Schluͤter im unterrichte von den huͤtten-
werken, Braunſchweig 1738 fol. hat alle uͤber-
troffen. Immanuel Swedeborgs opera gehoͤ-
ren auch hiher. Sihe auch die abbildung und
beſchreibung einiger oͤfen beim Henkel ſ. 55 fgg.,
und des Juglers unterredung zwiſchen dem mer-
curius und dem ſchmelzer, Berlin 1743, 8.
§ 2579
metall iſt?
Diſes vorausgeſezet, gehe ich zu den metallen.
Die naturkuͤndige vermeinen der ſache ein genuͤge
geleiſtet zu haben, wenn ſie das metall nach ſeiner
zuſammenſezung und als ein aggregatum beſchrei-
ben,
[1033]von dem bergwerks-regale.
ben, Hambergerselementa phyſices § 376
ſ. 299. Kruͤgers natur-lehre § 399 ſ. 487 des
Iſten teiles. Es iſt aber das metall ein feſter un-
durchſichtiger mineraliſcher koͤrper, welcher teils
aus puren, einfachen, ſubtilen, irrdiſchen be-
ſtand-teilen auf eine ſonderbare art gemiſchet,
teils aus diſen, und einer bereits gemiſchten groͤ-
bern ſubſtanz zuſammengeſezet, in irer an einan-
der haͤufung aber (aggregation) verſchidene ei-
genſchaften aͤuſſern.
§ 2580
Diſe beſtehen entweder darin, daß ſie entwederworin die
beſtand-teile
beſtehen?
geſchmeidig ſind, ein beſonderes gewicht haben,
mit einem klange, glanze, mineraliſchen fluſſe be-
gabet ſeynd, auch im gemeinen weſen iren ausne-
menden nuzen zeigen, z. e. daß man im menſchli-
chen leben des eiſens, oder der daraus gemachten
werkzeuge nicht entraten kan, Neumanns chimie
des Iſten bandes IIIten teiles ſ. 413.
§ 2581
Die einteilung der metalle beſchihet, daß mandie eintei-
lung der
metalle in
vollkomme-
ne, unvoll-
kommene,
ſie als ganz vollſtaͤndige, oder geſchmeidige betrach-
tet, und diſe wieder als vollkommene und unvoll-
kommene anſihet. Jenen leget man wegen ires
hohen wertes eine vollkommenheit bei, z. e. dem
golde und ſilber. Unvollkommene ſind das kupfer,
eiſen, zinn und blei.
§ 2582
Halbe metalle ſind deren eigenſchaft ſich vonhalbe,
den vorigen unterſcheidet, z. e. daß ſie ſproͤde ſind
(das queckſilber ausgenommen), oder ſich nicht
haͤmmern und ausdenen laſſen, z. e. der wißmut,
der ſpiß-glas-koͤnig, der arſenik-koͤnig, der weiſe
zink und der gelbe (ſpiauter).
T t t 5§ 2583
[1034]LXIII haubtſtuͤck
§ 2583
Teutſchland
lifert?
deren ver-
haͤltniß.
Sonſt lifert Teutſchland an metallen, ſilber,
kupfer, blei, zinn, wißmut, zink, kobald, queck-
ſilber. Die verhaͤltniß der metalle gegen ſich und
andre koͤrper iſt nach dem gewichte diſe, in ruͤck-
ſicht auf die ſchwere, da alle metalle im queckſilber
zu boden ſinken, auſſer das gold, welches oben
ligen bleibet.
- I ſeze einen klumpen goldes von 100 granen
- II nimm einen eben ſo groſen klum-
pen queckſilbers, der wiget 71½ ‒ - III bleies ‒ ‒ 60½ ‒
- IIII ſilbers ‒ ‒ 54½ ‒
- V reines kupfers ‒ 47½ ‒
- VI des beſten meſſings faſt ‒ 46 ‒
- VII eiſens ‒ ‒ 42⅒ ‒
- VIII zinnes ‒ ‒ 39 ‒
- VIIII magnetes ‒ ‒ 26 ‒
- X marmors faſt ‒ 21 ‒
- XI gemeiner ſteine faſt ‒ 14 ‒
- XII cryſtalles ‒ ‒ 12½ ‒
- XIII waſſers ‒ ‒ 5½ ‒
- XIIII weines ‒ ‒ 5½ ‒
§ 2584
gold allen
vorgehet?
In der geſchmeidigkeit gehet das gold allen vor.
Ein gran goldes laͤſſet ſich in die 50 fuße ausde-
nen, und zu 620 goldblaͤttern ſchlagen. Aus ei-
ner unze ſilbers kan ein faden von 1400 ellen ge-
zogen werden. Der ſilberblaͤttgen nicht zu ge-
denken. Aus dem kupfer und meſſinge werden
gar dinne blaͤtter, oder das geſchlagene metall be-
reitet. Die blaͤtter aus zinne die fannicol, oder
zinn-folien heiſſen, ſind bekannt. Aus dem guten
eiſen
[1035]von dem bergwerks-regale.
eiſen zihet man einen drat ſo dinn, als ein haar.
Der glanz des goldes, ſilbers, reines queckſilbers,
wißmutes, kupfers, meſſings, eiſens, zinnes ꝛc.
beduͤrfen keines beweiſes. Der klang des goldes
iſt dumpfig, des ſilbers helle. Von der ſtaͤrke
des gemiſchten metalls am klange zeigen das ku-
pfer und zinn an den glocken. Der ſchmelz-fluß
der metalle iſt bekannt, Junkers chemie IIter
teil ſ. 171 fgg.
Von den edelen metallen und zwar
erſtlich vom golde.
§ 2585
Das gold iſt das alleredelſte, fuͤrnaͤmſte unddes goldes
vorzuͤge,
vollkommenſte metall, welches aus den dreien rei-
neſten erden gemiſchet, welche vermutlich in glei-
cher verhaͤltniſſe mit einander ſehr feſte verbunden
ſind, Junker am a. o. ſ. 272. Der von Rohr
aber in der beſchreibung des Oberharzes ſ. 243
vermeinet: es ſey das beſte, vollkommenſte, rei-
neſte und ſchwereſte metall, das aus einem ſtarken
maͤchtigen ſchwefel, einem ſehr gereinigten queck-
ſilber, und etlichen ganz wenigen hoͤchſt reinen ſal-
zigten und erdichten teilen beſtehet. Das doppel-
te groſe Tſchirnhauſiſche brennglas verwandelt es
in ein violet-farbenes glas. Die ſchwefel-leber
zernichtet es in ſtaub, wie man das guͤldene kalb
flugs verbrannte.
§ 2586
Die eigenſchaften des goldes ſind I) laͤſſet esdie eigen-
ſchaften des
goldes,
ſich im hoͤchſten grade ausdehnen. Zwei lote gol-
des reichen zur vergoldung zehn Schwediſcher hu-
fen landes. Mit einem ducaten koͤnnte ein reiter
mit dem pferde und der mondirung uͤberzogen wer-
den;
[1036]LXIII haubtſtuͤck
den; II) iſt das gold ſo zaͤhe, daß ein goldener
drat die groͤſte laſt von allen, was metall heiſſet,
tragen kan, ehe er zerſpringet; III) iſt das gold
der ſchwereſte von allen koͤrpern; IIII) iſt es in
feuer ſo beſtaͤndig, daß eine halbe unze goldes,
nachdem es 2 monate hindurch in einer ſtarken
glut gelegen, nicht das mindeſte am gewichte ver-
loren hat; V) iſt das gold weder im feuer, noch
im waſſer einer veraͤnderung unterworfen; VI)
iſt es der hoͤchſte werth aller dinge im han[d]el und
wandel, der herr graf von Teſſin ſ. 325, nur die
chemie und deren calcinationen, ſind die uͤberwaͤl-
tiger der beſtaͤndigkeit des goldes. Um von den
goldbergen einen begrif ſich zu machen, muß man
nach Ungarn gehen, oder die beſchreibung des
KeyßlersII ſ. 1013 davon ſich bekannt machen.
§ 2587
tungen,
Man teilet es in natuͤrliches und durch kunſt
gemachtes. Jenes iſt entweder reines jungfraͤu-
liches, waſch- und ſeifen-gold. Hirnaͤchſt iſt es
in mancherlei erzen befindliches, welches, wenn es
herausgeſchmolzen worden, das reine heiſſet. Es
iſt bleicher, oder hoͤher, weicheres und haͤrteres,
wie auch geſchlagenes. Diſes braucht man beim
bauen, Penthers bau-anſchlag § 128.
§ 2588
Es findet ſich waſch-gold, z. e. aus der Eder
geben 10 waſſer-eimer, oder hoſen-waſſers iewei-
len einer linſen dick des beſten goldes. Der herr
landgraf Carl liſe 1677 einen ducaten aus dem
Eder-golde ſchlagen, Winkelmanns beſchreibung
des fuͤrſtentumes Heſſen ſ. 57 fg.
§ 2589
cher werden
verworfen,
Obgleich die kunſt die metalle zu verwandeln
nicht zu laͤugnen ſtehet; ſo ſind dennoch die gold-
macher als land- und leute-verderber anzuſehen.
Ire
[1037]von dem bergwerks-regale.
Ire kunſt hat zum grundſaze: luͤgen und truͤgen.
Das mittel beſtehet in der arbeit, und das ende
neiget ſich auf den bettelſtab. Der Italiener
eignet dem goldmacher ſechs F. zu: fatiche, fumo,
fame, fetore, freddo, und fune. Merenteils ver-
fallen verdorbene aͤrzte, verungluͤckte apotheker,
bankerutte materialiſten, ſchmirige bader, ſtuͤm-
perige barbire, rabuliſten und cabaliſten, unnuͤze
faule gold- und kupfer-ſchmide, gruͤnhaͤrige rot-
guͤßer, zan-brecher und mark-ſchreier auf die al-
chemie. Sibenerlei raͤnke und verblendungen der-
ſelben erzaͤlet KeyßlerII ſ. 954. Ein mereres
von diſer betruͤgerei ergibet Neumanns chemie
des Iſten bandes IIIter teil ſ. 404 fg. Der herr
graf Teſſin im IIten bande der brife an einen prin-
zen raͤtet ſ. 329: die gold-verzerende alchimi zu
daͤmpfen und zu verachten, die einer weiſſagungs-
begirigen aſtrologie gleiche und ſuͤndlich ſey. Si-
he unterdeſſen des vom Reſpur mineral-geiſt im
IIIten buche.
§ 2590
Auf vorhergegangenes amalgama der gold-vom amal-
gama,
bleche (verquickung mit heiſen queckſilber), wel-
ches Ludolfs chimi ſ. 718 belehret, wenn ſolches
wohl abgeriben und gewaſchen iſt, alsdann wird
die arbeit, welche im feuer verguldet werden ſoll,
wohl abgefriſchet, auch mit etwas wenigen ſcheide-
waſſer beſtrichen; darauf mit einem metallenen
griffel, welcher immer in ſcheide-waſſer gedunket
wird, das gold-amalgama aufgetragen, mit ei-
nem buͤrſtgen recht aufgedruckt und gleich gema-
chet, Ludolf ſ. 728 fg. Allein mit der verſilbe-
rung im feuer muß man ganz anders zu werke ge-
hen, den weg, den man einzuſchlagen hat, zeiget
Ludolf ſ. 729.
Vom
[1038]LXIII haubtſtuͤck
Vom ſilber.
§ 2591
wird be-
ſchriben,
Diſes iſt ein vollkommenes metall, welches aus
einer reinen glasartigen und etwas wenigern
ſchwefeligen, auch queckſilberigen erde ſehr feſte
und innig gemiſchet iſt. Naͤchſt dem golde iſt es
das feuerbeſtaͤndigſte und geſchmeidigſte, dabei
aber doch haͤrter, als daſſelbe und von weiſer farbe.
§ 2592
Das ſilber hat eine ausdenende kraft, daß von
einem grane eine ſchale, die 2 lote waſſer haͤlt,
gemachet werden kan. Es iſt klingend, weiß, rein,
und kraͤftig eine anſehnliche laſt zu tragen, ehe es
birſt. So bald aber ſalz und ſcheide-waſſer dar-
unter gemiſchet werden, ergreifet das ſilber die
flucht, der herr graf Teſſin ſ. 324.
§ 2593
tungen,
Das ſilber iſt entweder ſelbſt gewachſenes, oder
gekuͤnſteltes. Jenes heiſſet entweder gedigenes, oder
haarſilber, oder in erzen eingeſprengtes. Das
mit golde vermiſchte nennen die alten: electrum,
oder es wird mit kupfer zuſammen geſchmolzen,
um zu muͤnzen zu praͤgen, oder zu gefaͤßen zu ver-
arbeiten. Das mit kupfer verſezte ſilber wird le-
giret, auch ligiret genennet.
§ 2594
aus den er-
zen gebracht
wird?
Aus den erzen bringet man das ſilber vermit-
tels der amalgamation bei ſehr reichen erzen, oder
durch die ausſchmelzung. Die bergleute haben
die regel: alles ſilber-erz fuͤret etwas blei bei ſich;
und hinwiderum: alle blei-erze fuͤren etwas ſilber
bei ſich. Daher heiſſet from-erz, welches zum
wenigſten die haͤlfte ſilbers bei ſich fuͤret, im uͤbri-
gen aber blei iſt. Glanz-erz, welches mit ſilber
und
[1039]von dem bergwerks-regale.
und blei, auch oͤfters mit kupfer vermiſchet iſt.
Das weis-guͤlden-erz iſt wie ein glas ſo helle, die
rot-gulden erze ſehen dunkel-braun, und blut-rot
aus.
§ 2595
Die geſchmeidigkeit des ſilbers erhellet daraus:deſſen ge-
ſchmeidig-
keit,
nimm einen gran ſilbers, zihe davon einen faden
zwoer ellen lang. Schlage jenen zu einem blech-
lein, welches eines daumens breit wird und ge-
kruͤmmet eine unze waſſers halten kan, Neumann
ſ. 409 § 26. Das ſilber iſt leichter, als das
blei, ſchwerer, als das kupfer und zinn, etwa
halb ſo ſchwer, als das gold. Das gepochete
und gewaſchene erz heiſſet in Sachſen: der ſchlich,
und auf dem harze der ſchlieg. Von der reichen
Dorotheen-grube hilte 1749 der graben-ſchlieg
6½ lote ſilbers, das grob gewaſchene 5½ lote; das
untergerenn 5¼ lote; der ſchwanzelſchlieg: der fan-
gelſchlieg oder auffang, und der ſchlamm-ſchlieg
5 lote. Der centner ſchlemm-ſchliges von Lauten-
tale gab 2½, auch 3 lote ſilbers 1749; der von
Stuventhaler-zuge 3½ bis 4 lote. Zwene roͤſte,
oder 66 centner ſchlieges des Stufen-taler-erzes
gaben im maͤrze 1749 an ſilber 13½ lote, auch wol
16 marken, 11½ lote ſilbers. Im einſeitigen harze
hingegen rechnet man den gehalt der erzte von \frac{5}{4}
und 1½ loten biß zu 10 und 12 loten. Ein mulm
in der Dorotheen enthilte im centner 10 bis 11 lote
ſilbers. Hiraus veroffenbaret ſich, daß nicht ſo-
wohl der reiche gehalt, als vilmehr die menge der
erzte die gruben des harzes eintraͤglich mache,
Sprengel ſ. 68 fg. Derowegen in den Klaus-
taler huͤtten beinahe 700, und wenn die Andreas-
berger und Altenauer huͤtten dazu kommen biß
900 marken ſilbers woͤchentlich ausgeſchmolzen
werden. Um den begrif von den ſilber-bergwer-
ken
[1040]LXIII haubtſtuͤck
ken genauer zu beſtimmen, ſo leſe man Keyslers
reiſen IIten teil ſ. 1014 fg.
§ 2596
1) Die gruben-arbeit, 2) die foͤrderung der
erzte, 3) das puchen und waſchen, 4) die huͤt-
ten-arbeit, und darin 5) das probiren der ſchlige,
6) das roͤſten, 7) die beſchickung zum ſchmel-
zen, 8) das ſchmelzen, welches anders im Ober-
harze und anders im Unter-harze beſchihet, 9)
das abtreiben, 10) das ſilber-brennen, und 11)
das muͤnzen, beſchreibet Sprengel ſ. 55 fgg.
Von den unedelen metallen, und zwar
erſtlich dem kupfer.
§ 2597
beſchrei-
bung,
Das kupfer iſt ein unvollkommenes metall, wel-
ches aus einer roten und ganz beſonders gemiſchten
erde, auch ſehr vilen brennlichen (phlogiſto) zu-
ſammen geſezet, in ſeiner zuſammenhaͤufung ziem-
lich ſchmeidig ſtark-klingend iſt, und deſſen farbe
der roten am naͤchſten koͤmmt, Junker ſ. 341.;
der von Rohr ſ. 251 beſchreibet es: als ein har-
tes unvollkommenes metall, welches aus ſehr vil
unreinen ſchwefel, und wenigen unreifen queckſil-
ber beſtehet und roͤthlicher farbe iſt.
§ 2598
ten,
Es gibet natuͤrliches und kuͤnſtliches kupfer.
Jenes iſt entweder gedigenes, reines, und feines,
oder aus den erzten geſchmolzenes. Das kuͤnſtli-
che wird vermittels der Goslariſchen Ocher zuwe-
ge gebracht. Hirnaͤchſt hat man gelbes, welches
der meſſing heiſſet. Ferner gibt es goldfarbiges
kupfer, welches entweder prinz-metall, oder tom-
bac genennet wird. Weiter findet ſich weiſes
kupfer;
[1041]von dem bergwerks-regale.
kupfer; diſes und das prinz-metall laſſen durch
den hammer ſich gar ungern ſtrecken.
§ 2599
Das kupfer muß ein lange gluͤen und ein ſtar-wie es in
fluß zu brin-
gen iſt?
kes feuer haben, bis es fluͤſſet. Mit dem bleiglaſe
auf dem teſt geraͤt es leichtlich in den fluß, wie ſich
aber das bleiglas allmaͤlig verliret: alſo geſtehet
das kupfer, und tut einen kupferblick. Nimmt
man es nicht gleich aus dem feuer; ſo verbrennt
es zum teile. Das ſchmelzen mit ſpißglaſe ma-
chet es ziemlich ſchnellfluͤſſig. Caͤmentiret man es
mit galmei, und ſchmelzet ſolches; ſo wird meſ-
ſing daraus; zu Goßlar bedinet man ſich aus
mangel des galmeies, des blei-rauches.
§ 2600
Das ſchmelzen des kupfers mit zink gebaͤretwie das
pꝛinzmetall,
auch weiſe
kupfer ent-
ſtehet?
das prinz-metall. Das kupfer wird alsdann ſo
hochrot, als das gold, dabei aber bruͤchig. Das
kupfer mit auripigment zuſammen geſchmolzen,
gibt eine weiſe maſſe, die zu den metalliſchen ſpi-
geln gebrauchet wird. Wenn das weiſe kupfer
mit arſenic figiret und behandelt wird, entſtehet
das weiſe kupfer daraus. Um das ſproͤde weſen
ihm zu benemen, wird etwas ſilber zugeſezet, und
noch einige male mit ſalmiac geſchmolzen.
§ 2601
Schmelzet das kupfer mit einigen teilen zinnes,das kupfer
iſt dem
menſchli-
chen leibe
feindlich.
ſo wird ein ſproͤdes, hartes und ſehr hell klingen-
des gemenge daraus, welches zum glockenguͤſſen
dinet, Junker ſ. 273 fgg. Dem menſchlichen
leibe iſt das kupfer recht feindlich, geſtalt es ſich
nicht anders, als ein ſepticum verhaͤlt, Neumann
ſ. 411.
§ 2602
Op der Ocker bei Goßlar, iſt eine meſſinghuͤtte,wie das
meſſing bei
Goslar zu
da das rohe geſchmolzene kupfer, mit kolen-ſtaube
U u uund
[1042]LXIII haubtſtuͤck
recht gema-
chet wird?und bleirauche geſchmolzen wird, und zwar in
dreien tigeln zwoͤlf ſtunden; darauf ſchuͤttet man
es in einen weiten tigel und ſchaͤumet daſſelbe. Es
wird ſodann zwiſchen zwene ſteine 5 fuße lang und
3 breit, auch 1 dick, welche zuvor mit leinen uͤber-
kleidet ſind, gegoſſen. Da es dann blatten bei
zwoen ellen lang und anderthalben breit und einen
zoll dick gibet. Obbemelde tigel, oder toͤpfe, ſte-
hen in der erde auf roͤſten. Gedachte blatten
werden auf die haͤmmer gebracht, um ſie dinne zu
ſchlagen. Sechs werden auf einander geleget,
und zu keſſeln geſchlagen, wenn man ſie darzu ha-
ben will. Mit einem hoͤlzernen ſtock werden diſe
keſſel aus einander geſchlagen, darauf kommen ſie
in die bereit-huͤtte, da das meſſing zu ſo genannten
kaufmannsgute zubereitet wird. Beim bauen
brauchet man das meſſing-blech zur auszirung der
ſchloͤſſer, oder das meſſing zu beſchlaͤgen, buckeln,
knoͤpfen, Penther § 177.
§ 2603
Braun-
ſchweigi-
ſchen
ſchmelzhuͤt-
ten.
Etwas der Ocker hinunter findet man die
Braunſchweigiſchen ſchmelzhuͤtten der Rammels-
bergiſchen erzte, die kupfer, blei, ſilber und zink
zum teile halten. Das kupfer wird von den an-
dern dreien geſondert, und jenes in einem, die an-
dern drei aber in zweiten ofen geſchmolzen. Vor-
her werden die erzte, weiln ſie nicht gar haltig ſind
auf roͤſte getan, und zwar zu dreien malen. Die
beiden erſten roͤſtungen beſchehen unter freier luft,
die lezte unter einem auf vier pfaͤlen ſtehenden da-
che. Die roͤſte ſind auf die erde neben einander
gelegeten baͤume. Auf diſe werden die erzſteine
geſchuͤttet, etwa ſechs ellen hoch und wiederum
mit holze ringsum bedecket. Alsdann unten ange-
zuͤndet. Diſes brennet und rauchet ein virtel jar.
Oben darauf ſezet ſich der ſchwefel an, welcher
abge-
[1043]von dem bergwerks-regale.
abgeſchaͤumet weggenommen und in die huͤtten
nach Aſtfeld auch unfern Langenſein gebracht
wird.
§ 2604
Weiter nach der ſtadt zu liget der kupfer-ham-kupfer-
hammer,
mer. Hir wird das rohe kupfer, wie es von den
huͤtten koͤmmt, in einem ofen nochmals geſchmol-
zen, das iſt, gar gemachet, und mit alten kupfer,
weil es zu ſproͤde iſt, geſchmolzen, und in runden
ſcheiben aus den ofen gehoben. Diß heiſſet gares
kupfer, das unter dem hammer gluͤend gemachet,
der es in runde ſcheiben ſchlaͤget. Ein mann mit
groſen zangen drehet das zu haͤmmernde kupfer
hin und her. Auſſerdem iſt ein hammer zur brei-
ten arbeit, und ein langer, welcher es hol auf-
ſchlaͤget, von Uffenbach ſ. 83 fgg.
§ 2605
Um kurz zu ſeyn, will ich die ſelbſt durchfarnevon den ku-
pfer-berg-
werken in
Heſſen,
Sayniſche bergwerke nicht anzihen, ungeachtet ſie
an kupfer und eiſen die ergibichſten ſind. Nur
von den Heſſiſchen zu gedenken, ſo beſehen wir
das Frankenbergiſche kupfer-werk im Oberfuͤrſten-
tum Marburg, Heſſen-Caſſeliſchen anteiles. Ich
habe allda angetroffen I) rotes erzt, das ſilber
und kupfer enthaͤlt; II) gewaſchene erzte, wie
ſolche auf der huͤtte in groſen geſchmolzen werden;
III) rohes erzt, wie ſolches aus den gruben genom-
men wird, und darin beim waſchen alle natura-
lien gefunden werden; IIII) holz-graupen mit
gewachſenen ſilber; V) kolen-graupen, die ſich
beim waſchen der erzte finden; VI) ſtern-grau-
pen mit ſilber- und kupfer-gehalte; VII) korn-
aͤren; VIII) korn-aͤren und ſtern-graupen;
VIIII) farren-kraut auf einer wacke.
U u u 2§ 2606
[1044]LXIII haubtſtuͤck
§ 2606
Darmſtaͤd-
tiſche im
tale Itter,
Ueberdem hat Heſſen-Darmſtadt das betraͤcht-
liche kupfer-werk im tale Itter, welches unter
burg Itter liget. Der ausbeute-taler des herrn
landgrafens Ernſt Ludewigs von jare 1714 zeiget
in der vordern ſeite das bruſtbild gedachten herrn
landgrafens. Die ruͤckſeite bildet eine von der
ſonne beſtralete bergigte landſchaft vor, auf deren
hoͤhe die burg Itter ſich darſtellet: in die quere
gehet ein weg, worauf zweyſpaͤnnige wagen ein-
her faren. Daruͤber liſet man: Gott hat ſeinen
reichen ſeegen, in dich, Itter, wollen legen. Im
jare 1711 gedachte man mit ernſte an diſes kupfer-
werk. Es fanden ſich floͤze und ſchiffer, die drei
bis vier lachter hoch lagen. Es ward eine grube,
die guͤte des herrn errichtet. Darauf bauete
man merere. Die erzte ſind kupfer-reich, und
enthaͤlt der centner vier unzen ſilbers. Die erzte
beduͤrfen keines waſchens, noch roͤſtens, ſondern
fluͤſſen leichtlich im feuer. Im jare 1715 erhilte
man woͤchentlich XXXVI centner reinen und ga-
ren kupfers, auſſer den XLII centnern ſcharzen
kupfers, Verdrießde cupri origine, tractatio-
ne, et vſibus, Giſen 1715, 4. Nach ausweiſe
eines ausbeute-talers 1715 ſind die Itteriſchen berg-
werke 1709 eingeſchlagen, und 1714 die zehnten
davon erhoben worden.
§ 2607
Breiten-
bach ꝛc.
Zum Rote im grunde Breitenbach und zum
Kleeberge unfern Buzbach waren ebenfalls berg-
werke, die aber wieder eingegangen ſind, Valen-
tini im prodromo hiſtoriae naturalis Haſſiae,
cap. III. Ein ausbeut-taler vom jare 1696 er-
haͤrtet das geweſte daſeyn diſes bergwerkes; die
hirher gehoͤrige umſchrift iſt: ſolche fruͤchte gibt
die Rother gottes gab. Noch beim leben des
hoͤchſt
[1045]von dem bergwerks-regale.
hoͤchſtſeeligen herrn landgrafens Ernſt Ludewigs
wurden neue gruben im hinter lande angeleget.
Man verſprach diſem herrn viles. So gar zilete
die aufſchrift der 10 gulden-ſtuͤcke dahin: occulta
patebunt; allein es war eine vorgeſpigelte hof-
nung. Ob Melzersgangraena metallica 1741,
12, hir anſchlage, moͤgen andre unterſuchen. Daß
ſonſt in Heſſen ein grauer kupfer mulm breche,
auch einen aͤuſerlichen teil kupfers und ſeine alea-
liſche eigenſchaft veroffenbare, bezeugen der von
Juſti ſ. 49 § 95 im grundriſſe des mineral-rei-
ches. Vom gebrauche des kupfer-bleches, ſihe
Penthers bau-anſchlag § 81-86.
§ 2608
Das kupfer hat den befel uͤber die metalle.des kupfers
gewalt und
feind.
Denn mit ſolchen kan das zinn, blei, ſilber, ver-
arbeitet, auch gefeilet werden. Das waſſer iſt
des kupfers feind. Laͤſſet man einige tropfen ins
geſchmolzene kupfer fallen, ſo fluͤget es weg, und
zerteilet ſich weit herum. Seine krankheit iſt der
gruͤnſpan, herr graf Teſſin ſ. 322.
§ 2609
Die verwandelung des eiſens in kupfer haben
der graf Marſigli und Boſtrup Far erhaͤrtet.
Ire kunſtgriffe beſchreibet Pantoppidan ſ. 345 fg.
Vom eiſen und ſtale.
§ 2610
Das eiſen iſt das unentberlichſte metall unterdes eiſens
beſchrei-
bung,
allen. Man verſtehet dadurch ein unvollkomme-
nes metall, welches eine brennlichte und noch
mehr leimigte roͤtliche erde enthaͤlt, und iſt diſe
leztere nicht leicht zu verglaſen. Das eiſen beſte-
het aus einem ſehr groben, unreinen und rohen
U u u 3queck-
[1046]LXIII haubtſtuͤck
queckſilber, einem ſehr erdigen ſalze, und aus ei-
nem ſehr feurigen ſchwefel, der mit groben erdich-
ten teilgen dichte verwickelt, und zu ſeiner natuͤrli-
chen reinigkeit ſehr ſchwer zu bringen faͤllet, von
Rohr ſ. 256. In zuſammengehaͤuften zuſtande
findet es ſich als das haͤrteſte metall, auch nicht
ſo geſchmeidig und guͤſſig, als die uͤbrigen metal-
len. Mit dem lebendigen queckſilber vereiniget es
ſich durchaus nicht. Vom magnete hingegen
wird das eiſen einzig und alleine angezogen.
§ 2611
iſt mancher-
lei,
Die guͤte des eiſens iſt gar ſehr unterſchiden.
Wer in Luͤttich einen wagen, oder eine kutſche be-
ſchlagen laͤſſet, der ſpuͤret ſo zu ſagen keinen ver-
gang daran. Einiges faͤrbet die darin gekochten
ſpeiſen. Das andre nicht. Einiges iſt zaͤher,
geſchmeidiger und feſter, ein andres ſproͤder und
bruͤchiger. z. e. Einige ſtuben-oͤfen ſpringen leicht-
lich, die andern nicht. Das bruͤchige, oder wie
es die Schweden nennen, das kalte und rotbruͤ-
chige eiſen iſt groͤber und enthaͤlt halb-cubiſch aus-
ſehende ſtuͤckgen. Das geſchmeidige iſt im bruche
vil zaͤrter, auch dichter, und hat nur eine ſubtilere
rauhigkeit, als wie klarer ſand.
§ 2612
terſchid bei
gegoſſenen
und ſtab-
eiſen,
Hirnaͤchſt iſt ein unterſchid zwiſchen gegoſſenen
eiſen und ſtab-eiſen. Jenes koͤmmt zuerſt recht
grob aus dem hohen ofen, und wird zu eiſernen
blatten und toͤpfen gegoſſen. Davon iſt einiges
zerbrechlich und laͤſſet ſich nicht ſchmiden, kan auch
die kaͤlte, hize und das ſtoßen oder fallen nicht ver-
tragen. Ein anderes eiſen iſt geſchmeidig. Diß
ruͤret entweder von der natur, oder den eiſen-haͤm-
mern her. Ein urmacher kan am beſten das
Schwediſche eiſen zu den urfedern gebrauchen.
§ 2613
[1047]von dem bergwerks-regale.
§ 2613
Einiges iſt weniger fluͤſſig im feuer, als dasdes ſluͤſſigen
weſens hal-
ber.
andre. Einiges zeiget ſich haͤrter, anders weicher.
Jedoch iſt hirbei der kunſt nicht zu vergeſſen, wie
Reaumur gezeiget hat. Lockeres und leichtbruͤ-
chiches, auch grobes eiſen dinet nicht zum ſtale.
Weiter iſt das eiſen ſelbſt gewachſenes (gedige-
nes) oder vermittels der chimiſchen kunſt ge-
machtes.
§ 2614
Sonſt teilet man das eiſen in gegoſſenes undeinteilung
in gegoſſe-
nes und ge-
ſchmidetes,
geſchmidetes ein. Jenes wird entweder in for-
men, als die zapfen zu muͤl-wellen, oder im ſande
(ſtuͤbe) gegoſſen. Das geſchmidete iſt entweder
krauſes, oder ſtab-eiſen, oder model-eiſen, Pen-
ther § 107 fgg. Das eiſen-blech iſt ſchwarz,
oder verzinnet, diſes teilet ſich in kreuz- und lilien-
blech Penther § 88 und von den oͤfen § 183.
§ 2615
Der ſtal iſt das allerbeſte klar koͤrnigte eiſen,vom ſtal u.
den eigen-
ſchaften,
welches den ſtal-ſtein zur mutter hat. Jedoch
dringet die kunſt vor; geſtalt durchs wuͤrben, das
iſt vilmaliges ſchmiden, und vermittels des cemen-
tirens der ſtal zubereitet wird. Die eigenſchaften
des guten ſtales ſind: 1) daß er one ſchifer ſey,
2) one ſchlauche und eiſen-ſchuͤſſen ſich befinde.
Zu dem ende werden die ſtal-ſtangen, in kleine
fingers lange ſtuͤcke zerbrochen, damit man ſehe:
wie der ſtal inwendig beſchaffen ſey? Der Stei-
ermaͤrkiſche und Schmalkaldiſche ſtal ſind beruͤ-
met. Am Fichtelberge im Voigtlande wird ſtal
gegraben.
§ 2616
Manches eiſen wird zum ſtale, one daß die kunſtwie das ei-
ſenzum ſtale
wird?
einigen teil daran nimmt; denn ſo bald es aus der
erden kommet, wird es in den ofen geworfen.
U u u 4Iſt
[1048]LXIII haubtſtuͤck
Iſt es recht im fluͤſſen und wol abgeſchaͤumet;
laͤſſet man es in platte mulden laufen. Diſen
fluß bringet man wieder an das ſchmide-feuer,
und indem es ganz fluͤſſend iſt, unter einen ham-
mer, wo man es haͤrtet, und in ſtangen bringet.
Die erſte haͤrtung gibet nur einen gemeinen ſtal.
Je mehr man ihn weiter ins feuer bringet und
haͤmmert, deſto feiner wird diſer ſtal, nach aus-
weiſe des berichtes, welchen der ſtaͤdtmeiſter zu
Strasburg, Hirchheim von diſer ſtal-grube 1736
erteilet hat. Sie liget 5 meilen von Strasburg,
im Wasgauiſchen gebuͤrge, beſage des Europaͤi-
ſchen ſtaats-ſecretairs im XXXten ſtuͤcke ſ. 541-551.
Zum eiſenwerk laͤſſet ſich diſe mine nicht gebrau-
chen; wie man andrer orten das eiſen zum ſtale
mache, erzaͤlen Marperger im kaufmannsmaga-
zin II ſ. 504, und der von Rohr ſ. 258 des
Oberharzes.
§ 2617
ſchid des ei-
ſens und
ſtales.
Der unterſchid des eiſens und ſtales iſt diſer:
1) jenes iſt bigſamer, locker und weich; der ſtal
iſt dichter, haͤrter, und ſpringet zuruͤck, wenn er
gebogen wird. 2) Das eiſen bricht, dafern es
hin und her gebogen wird, 3) das eiſen iſt bleich,
der ſtal iſt dunkeler und faͤllet aus ſeinem blaulich-
ten glanze in die ſchwaͤrze, 4) auf dem bruche
ſihet das eiſen grob-koͤrnig, und hat ein rauhes
blaͤtteriches gewebe, das glaͤnzet und ganz locker
zuſammen: der ſtal iſt noch ſo rauch, ſeine zuſam-
menſezung leitet auf zaͤrtere blaͤtter, 5) der ſtal iſt
dichter und ſchwerer, als das eiſen, 6) unter
den brenn-glaͤſern fleuſet der ſtal eher, als das
eiſen, 7) an der guͤte gehet der Steieriſche und
Tiroliſche dem Suliſchen vor, Junker ſ. 362 fg.
§ 2618
[1049]von dem bergwerks-regale.
§ 2618
Der ſtal wird entweder cementiret, oder ge-wie der ſtal
zubereitet
wird?
ſchmolzen. Zu Schmalkalden bereitet man ihn
durchs ſchmelzen. Man nimmt ſtal-ſteine, ſchmel-
zet ſie, wie das kupfer, aus. Diß gibt ein zaͤhes
und ſchmeidiges eiſen, welches ſchon ſtal heiſſet.
Diſer ſtal wird von neuen ſowohl mit weichen
fichtenkolen, als auch mit harten eichen und bu-
chen- oder birken-kolen in engen oͤfen mit friſchem
feuer durchgeſezet. Noch viles ſcheidet ſich vom
ſtale dadurch ab, welches eine weiſe glas-ſchlacke
wird. Der reine ſtal hingegen faͤllet beſonders.
Die erſte ſchmelzung der ſtal-ſteine gehet mit fich-
ten- und tannen-kolen von ſtatten. Zur andern
ſchmelzung aber, reinigung und gar-machung des
ſtales ſind ſie nicht anreichende. Es ſind alſo haͤr-
tere kolen noͤtig, die aus dem Zielbacherwalde
uͤber der Werra geholet werden.
§ 2619
Lazarus Ercker hat bemerket, daß man auswie ſolcher
aus gutem
eiſen gema-
chet werden
kann?
dem guten eiſen one gewichtsverluſt vermittelſt
eichener und buchen-kolen ſtal machen und diſen
durch viles gluͤen in eiſen wieder verwandeln
koͤnne. In Teutſchlande ſind die Steieriſche,
Tiroliſche, Caͤrntiſche, Salzburgiſche, Schmal-
kaldiſche, Suliſche, Naſſauiſche und Schwarz-
burgiſche ſtale beruͤmet.
§ 2620
Noch iſt vom bonen-erzte etwas zu gedenken.vom bonen-
erzte.
Zu Heidenheim in Wirtenbergiſchen finden ſich ei-
ſenerzte in kleinen kugeln. Dergleichen trift man
auch zu Nattheim bei Naͤringen, zu Blaubeuren,
und bei Halle in Schwaben an. Es haͤlt diſes
erzt das beſte und reicheſte eiſen in ſich; iſt aber
durchs feuer nicht zu zwingen; daher muß man
anders eiſen darzu tun, ReyſlerI ſ. 137. Bei
U u u 5Harzi-
[1050]LXIII haubtſtuͤck
Harzigerode, im Anhaltiſchen und in der Wer-
nigerodiſchen gegend Salen fanden ſich 1692 ei-
ſenſteine, die allein kein eiſen gaben, ſondern,
one 9 gattungen zu vermiſchen, das gute eiſen
nicht hervorbrachten. Zu Bennungen und Schmal-
kalden muß die zuſammenſezung der eiſen-erzte
beobachtet werden. Junker ſ. 364.
§ 2621
bachiſchen
eiſenhuͤtte.
In der grafſchaft Erbach, bei Fuͤrſtenau, ge-
het die eiſenhuͤtte XX wochen des jares, und lifert
binnen ſolcher zeit 3360 centner eiſens. Darzu
werden 560 fuder kolen, oder 1440 klafter holzes
erfodert. Das Erbachiſche eiſen iſt teils zaͤhes
eiſen, teils kalt-bruch, guͤſſig-hol. Man ſchlaͤ-
get zu wagen-eiſen an. Eine wage tut CXI
pfunde. Diſe wird auf den hammer gearbeitet.
Zur wage rechnet man ein fuder kolen beim eiſen-
hammer. Diſe ligen zu Schellenbach und Gam-
melsbach gegen den Neckar. Allda werden bei
2800 wagen zu ſtaͤben geſchmidet; darzu brauchet
man 933 fuder kolen, oder 2332 klaftern holzes.
Jaͤrlich gehen alſo darauf: 1493 fuder kolen, oder
3732 klaftern holzes. Man rechnet 2½ klaftern
holzes zu einem fuder kolen, Kleinde aere Erba-
cenſi ſ. 86 fg. Der centner erzes gibt 15 bis 16
Pfund eiſens.
Von den eiſen-haͤmmern.
§ 2622
ſtreitigkei-
ten bei den
eiſen-haͤm-
mern, den
hammer-
tagen im N.
Cazenellen-
bogiſchen.
In den benachbarten Naſſau-Kazenellenbogi-
ſchen landen faͤllet oft wegen der eiſenhaͤmmer ſtreit
vor. Daher iſt zu wiſſen, daß ein hammertag
aus 16 ſtunden beſtehe. Diſe hammer-tage wer-
den an lon-ſchmidte verlaſſen. Ein ieder muß in
diſer zeit von 4 ſtalen, oder 18 ℔ rohen eiſens 4
wagen,
[1051]von dem bergwerks-regale.
wagen, oder 122½ ℔ geſchmideten eiſens lifern.
Derjenige, welchem die lon-ſchmidte das eiſen zu
lifern haben, heiſſet der reitmeiſter, oder eigen-
tuͤmer des hammers. Da hingegen diſer vermoͤ-
ge des alten kuͤrbrifes ſeinen ums lon ſchmidenden
die baukoſten und das eiſerne gezau abfuͤren, und
erſtatten muß.
§ 2623
Giebt ein hammerſchmidt z. e. wegen vorſchuſſewenn ein
hammer-
ſchmidt
ſelbſt
ſchmidten
kan?
von den hammer-tagen das intereſſe; ſo muß er
die hammer-tage eigentuͤmlich ſchmidten, und den
nuz, welchen ſonſt der reitmeiſter eigentuͤmlich zi-
het, ſelbſt genuͤßen.
§ 2624
In betreff der baukoſten und des eiſernen ge-die gewon-
heit der
baukoſten
halber.
zaues iſt die gewonheit, daß 1) die hammer-aſen,
2) das hammer-rad, 3) die baͤlgaſen, 4) das
baͤlgrad, 5) die baͤlge, 6) der throm, 7) die
waſſer-ſaͤul, 8) der ſal-plock, 9) der hammer-
ſtock, 10) die thromſtiecke, und 11) die koben
gehoͤren.
§ 2625
Die aſe iſt etliche 20 ſchuhe lang, und 4 fußeder aſe be-
ſchreibung,
der auf-
wand bei
dem
dick. An einem ende iſt ein rad, welches die
aſe treibet, und am andern ende ſind zwene aͤrme,
die durch die aſe gehen, und den hammer, wie
ein muͤl-rad treiben, welches zuſammen 100 rthlr.
koſtet. Jeweilen dauert es kaum ein jar. Diſes
iſt auch von den baͤlge-aſen zu ſagen, welche mit
dem rade und 6 kammen 30 rthlr. koſten. Das
hammer-rad tut 15 rthlr., die baͤlge 40 rthlr., der
throm, 10 ſchuhe von der erde koſtet 17 rthlr. die
waſſer-ſaͤule 13 rthlr., die reitel-ſaͤule 8 rthlr., der
ſal-plock auf der erde, 15 rthlr., der hammerſtock
worin der anfels oder ambos ſtehet, 6 rthlr., die
throm-
[1052]LXIII haubtſtuͤck
throm-ſtiecke 8 rthlr., die koben, oder heerde zum
ſchmelzen, ieder 40 rthlr.
§ 2626
werke.
Auf das eiſerne gezau, den ambos und ham-
mer rechnet man woͤchentlich 2 rthlr. 6 kr. der
hammerherr muß alle zwey jare auf einen hammer
tag drei wochen und drei tage bauen.
§ 2627
dem ſchmid-
ten einzune-
men iſt?
Vire ſtalen rohen eiſens tun 4 rthlr., und vir
wagen geſchmideten eiſens, das dem reitmeiſter
die hammerſchmidte zu lifern haben, betraͤget 9
bis 10 rthlr., davon zihet der hammerſchmidt
2 rthlr. 17 alb. ſchmidte-lons ab. Dieſem nach
hat der reitmeiſter des tages 3 rthlr. 28 alb. ma-
chet alſo ein hammer-tag im jare 65 rthlr. 18 kr.
Wer nun alle 14 tage 7 tage zu ſchmidten hat, der
zihet des jares 456 rthlr. 18 alb.
§ 2628
zuͤnften der
hammer-
ſchmidte.
Der Kur-brif, welches der zunft-brif iſt, ent-
haͤlt 42 puncten. Die maſſen-blaͤſer und ham-
merſchmidte des fuͤrſtentums Siegen ſtehen in
einer bruͤderſchaft. Die pflichttage irer zuſam-
menkuͤnfte ſind zur Geisweide am 1ten maitage.
Ein handwerks-meiſter iſt alsdann aus den maſ-
ſenblaͤſern und einer aus den hammerſchmidten
zu erwaͤlen. Eine maſſen-huͤtte darf des jares
nur 48 tage blaſen. Darinn ſollen inen die ham-
merſchmidte das waſſer nicht entzihen. Gegen
einen ſtal eiſens hat der hammerſchmidt eine wage
geſchmideten eiſens zu lifern. Die reitmeiſter ſind
die eigentuͤmer, und die hammerſchmidte ire ar-
beiter ums lon. Jene tragen den eiſen-zoll und
das waſſer-gelt, und unterhalten die gebaͤude,
von Ludolf t. I des ſymphor. cameral. ſp. 633 fgg.
In uͤbrigen koͤnnen von den eiſenhaͤmmern nach-
geſehen
[1053]von dem bergwerks-regale.
geſehen werden Sperlde ſacris fabricis metall.
ſpeciatim ferrariis,Hornde regali metalli-
fod. ſ. 30.
Vom zinne.
§ 2629
Das zinn iſt ein unvollkommenes metall, wel-das zin[n]
wird be-
ſchriben,
ches aus der brennlichen, und einer andern groͤ-
bern, beſonders gemiſchten kalkerde zuſammen
geſezet, in ſeinen zuſammen gehaͤuften ſtande aber
ſchmeidig genug und weich, anbenebſt unter allen
metallen das leichteſte iſt, und aus der weiſen
farbe in die blaue ſpilet. Das beſte berg-zinn
fuͤret den arſenik bei ſich. Daſſelbe iſt mit arſe-
nikaliſchen zuſaͤzen uͤberhaͤufet, Junker ſ. 413,
die zinnguͤßer miſchen den Xten teil an bleie zum
zinne; weiln es ſonſt leichtlich, zumal an den tel-
lern zerbrechen wuͤrde. Jedoch bedarf das Eng-
liſche diſes zuſazes nicht. Daß beim umſchmelzen
des zinnernen geraͤtes an X ℔ eines verloren gehe;
iſt ein nichtiges fuͤrgeben; kaum etliche lote gehen
davon verloren.
Vom bleie.
§ 2630
Diſes iſt ein unvollkommenes metall, welcheswas das
blei iſt?
aus der brennlichen und einer andern ſehr leicht
zu verglaſenden und beſonders durchdringenden
erde beſtehet. Es iſt bleich von farbe, hat faſt
keinen klang, laͤſſet ſich leicht ſtrecken, und iſt
zaͤher, als zinn, auch nicht ſo bruͤchig. Der wiß-
mut heißet aſchgraues blei.
§ 2631
[1054]LXIII haubtſtuͤck
§ 2631
tungen,
Ferner gibt es reines blei, welches one ſilber iſt,
als das Villachiſche und Goßlariſche. Andres
blei hat etwa ein oder zwei quentgen ſilbers im
centner bei ſich.
§ 2632
zung,
Bei ſchmelzen wird ein gelindes und anhalten-
des feuer erfodert. Alsdann ſchmilzet ein pfund
blei eher, als die butter, das wachs oder bech.
Wenn es fluͤßig iſt, brennt es weit ſchaͤrfer, als
das fluͤſſende heiße zinn; die orgel-macher guͤſſen
das zinn auf einer mit barchent uͤberzogenen guͤß-
lade. Der barchent haͤlt XVIII guͤſſe von heiſen
zinne aus. Beim fluͤſſenden bleie aber wird ſol-
cher in X bis XII guͤſſen unbrauchbar, als ver-
brannt. Eiſen und blei vereinigen ſich nicht im
fluſſe, ſondern jenes ſchwimmet oben. Iſt ſilber
darzu getan, etwa ein lot, ſo gehet diſes beim
ſchmelz-fluſſe ins blei, und das eiſen bleibet oben
daruͤber ſtehen. Zum ſchrot-guͤßen nimmt man
auripigment zum bleie, damit diß haͤrter werde.
Der rauch des fluͤſſenden bleies machet das gold
bruͤchig. Das vile rohe queckſilber im bleie iſt
die urſache davon. Der blei-rauch iſt daher gar
ſchaͤdlich und gebaͤret die huͤtten-katze, eine ſchmerz-
hafte und ſpaſtiſche colic, davon Henkel geſchrieben
hat. Jedoch iſt der nuz des bleies gros. Die
Toͤpfer bedinen ſich der glaͤtte ſehr fleiſig zu irer
glaſur. Uebrigens teilet man das blei in molden
und rollen blei, Penther § 91 fg.
Von dem nuzen der metalle im handel,
wandel, bauen und zum kuͤchen-geraͤt.
§ 2633
brauch der
metalle.
Auſſer dem muͤnzen, dem vergolden, und ver-
ſilbern iſt der gebrauch der metallen in menſchli-
chen
[1055]von dem bergwerks-regale.
chen leben gros. Des gebrauches beim bauen izt
zu geſchweigen beſage Penthers bauanſchlage
§ 1010 bis § 1021 und fgg. Ich will nur der
waaren und arbeiter derſelben erwaͤnen. Augs-
burg lifert gold- und ſilber arbeit. Boͤhmen me-
talle. Das kur-Maͤrkiſche ſchoͤne ſtal-arbeit.
Die Bremer waaren beſtehen auch in metallen.
Hamburg lifert gold- und ſilber-drat, galonen,
brodir-arbeiten, gold und ſilberne ſpizen, ſchleifen,
treſſen und knoͤpfe. Die Luͤtticher waaren ſind
eiſen- und ſtal-arbeit, kugeln, bomben, granaten,
gewehr, blei, keſſel, und kuͤchen-zeuge. Der
Nuͤrnberger waaren aus golde, ſilber, meſſing,
ſtale, eiſen. Sachſen lifert ſilber und andere
erzte.
§ 2634
Der eiſenhandel beſchihet in ſtaͤben, plattender handel
mit den me-
tallen iſt
mancherlei,
und ſtangen; der galanteriehandel, wozu auch
feine ſilber- und ſtal-arbeit, gewehr gehoͤret; der
kupferhandel mit rohen kupfer, oder daraus ge-
fertigten waren an allerhand geſchuͤze, brau-
brautewein- und andern keſſeln, deck- und kupfer-
ſtuͤcke platten: der handel mit meſſing: der ſilber-
handel, und zwar mit rohen in groſe klumpen ge-
goſſenes ſilber, die man baren nennet, ferner mit
ſilber-waaren, und zwar in glatter arbeit als
tafelzeugen, ſchuͤſſeln, tellern ꝛc. in getribener
und gebildeter arbeit, in kleiner arbeit, als knoͤ-
pfen, ſchuh-ſchnallen, in groſer arbeit, z. e. groſen
geſchirren, kul-wannen, gueridons, ſpigel-ramen
in drat und filegrain-arbeit ꝛc.
§ 2635
Darneben vile kuͤnſtler und handwerker ſichdie hand-
werke und
kuͤnſtler,
welche da-
mit ire na-
rung ſuchen
von den arbeiten aus den metallen ſich ernaͤren:
als die alen- oder ſaulen-macher, fertigen alen
aus den ſtalen, zum behufe der ſchuſter, buchbin-
der,
[1056]LXIII haubtſtuͤck
der, und ſattler: die anker-ſchmide: die becken-
ſchlaͤger, oder flaſchner arbeiten aus meſſing die
barbir-becken, glut-pfannen; die bildhauer, ſo-
fern ſie aus metalle ieweilen arbeiten; die borten-
wirker machen goldene ſilberne borten und frangen,
treſſen ꝛc.; die buͤchſen-ſchaͤfter, wenn ſie die ſchaf-
ten mit golde, ſilber, meſſing, ſtale einlegen oder
kappen; die buͤchſen-ſchmide die aus eiſen oder
meſſing an ſchuͤß-gewehre glatten und gezogenen
vogel-flinten, pirſch- und ſcheiben-buͤchſen, muske-
ten, musketons, ſtuzer, piſtolen, terzerole, puffer
fertigen; die cardetſchen-macher arbeiten aus
meſſing; die tegen-klingen-macher aus eiſen und
ſtale; die feinen drat-ziher, die den goldenen,
ſilbernen, kupfernen, meſſingnen, ſtaͤlernen und
eiſernen drat zihen; andre ſind die groben drat-
ziher; drechsler drehen auch aus metalle; die fei-
lenhauer lifern aus eiſen und ſtale die ſechſerlei
gattungen feilen; die fingerhut-macher fertigen
aus ſilber, meſſing und eiſen die fingerhuͤte; die
flinder-ſchlaͤger machen von dinn geſchlagenem
meſſing, auch andern metalle die flittern zum
ſchmucke des frauenzimmers; die gold-arbeiter
fertigen ringe, oren-gehaͤnge, tegen-gefaͤße, ſpeiß-
und trink-geſchirre, kronen, ſcepter; die gold-
ſchlaͤger ſchlagen das gold ſo dinne, daß ein ducate
wol 300 blaͤtter giebt, deren iedes 3 zolle breit iſt.
es dinet zum behufe der ſchwertfeger, buchbinder,
waffen-ſchmidte, ramen-vergoͤlder; die glocken-
guͤſſer brauchen zum glocken-ſpeiſe fuͤrnaͤmlich ku-
pfer und zinn, auſſer was ſie an metalle zu den
geſtuͤcken und ſtatuen beduͤrfen; die grob-ſchmide,
die guͤrtler aus meſſing und weiſen kupfer; die
harniſch- und panzer-macher, oder plattner; die
haͤftlein-macher arbeiten aus golde, ſilber, meſ-
ſing und eiſen ꝛc. die knoͤpf-macher geben entwe-
der
[1057]von dem bergwerks-regale.
der metallene, oder uͤberzogene knoͤpfe; zu jenen
nemen ſie entweder gold, oder ſilber, oder meſ-
ſing, kupfer, ſtal, prinzmetall ꝛc. zum letztern
ſilberne, oder goldene faden; die kupferſchmidte;
die kupfer-ſtecher; die maſchinen-macher; die
meſſing-ſchlaͤger; die nadel-macher, oder nadler;
die nagel-ſchmidte; die neber- oder borer-ſchmidte;
die neſtler oder ſenkler; die ringmacher aus meſ-
ſing; die ſchellen-macher; die ſchleifer oder poli-
rer; die ſchloſſer; die ſchrift-guͤſſer; die ſchwert-
feger; die ſibmacher aus eiſen und meſſingen dra-
te; die ſigelgraber, und pitſchir-ſtecher; die ſpo-
rer; die ſtal-arbeiter in tegen-gefaͤßen, ſchu-ſpan-
gen, tobacks-doſen, feinen ſcheren, knoͤpfen auf
die kleider ꝛc.; die ſtaͤmpel-ſchneider; die ſtuͤck-
guͤſſer; die trompeten-macher; die urmacher; die
wagen-macher: die zapfen- und leuchter-macher;
die zinn- oder kannen-guͤßer, Lau am a. o.
ſ. 171 fgg. Hieraus veroffenbaret ſich, wie vilen
menſchen die metalle ihr brod reichen. Der vilen
bergleute zu geſchweigen.
§ 2636
Was man wegen des gebrauches der zinnern,von dem ge-
brauche des
zinnernen,
eiſernen ꝛc.
geſchirres.
eiſernen und kupfernen kuͤchen-geſchirren ſeit eini-
gen jaren geſtritten hat; ſolches ſchwebet in fri-
ſchen andenken. Wahr iſt es: das thir-reich,
und das mineraliſche ſind einander zuwider. An
dem iſt es: das zinn, blei und kupfer haben et-
was brennliches in ſich, das dem menſchlichen koͤr-
per ſchadet. Diß iſt auch von der ſaͤure, die ſie
bei ſich fuͤren, zu ſagen. Wer nun ſpeiſen, die
eine ſaͤure, oder ſalz bei ſich fuͤren, in eiſernen
geſchirren kochet, der bereitet eine ungeſunde ſpeiſe
zu. Die ſpeiſen, die nur ein alcali enthalten,
werden one ſchaden in metallen gefaͤßen bereitet,
wie diſes die zurichtungen der arzeneien in kupfer-
X x xnen
[1058]LXIII haubtſtuͤck
nen geſchirren in den apotheken, und das zucker-
werk in den Conditoreien belehret. Nur muß
das kupfer wol uͤberzinnet ſeyn, und man darf
etwas kalt nicht darin ſtehen laſſen. So lange
etwas ſidet, kann das metall nicht in das geſottene
wirken, Potts unterſuchung der metalliſchen ge-
ſchirre in den Kuͤchen. Dresden 1754, 8.
§ 2637
ge den
wachstum
des metalles
herleiten?
Den wachstum des metalles leiten einige aus
der duͤnſtung des vitriol-geiſtes her, der graf
Marſigli t. III Danubii Pannonici ſ. 117 und
129, Pantoppidan ſ. 353.
Von den halben metallen.
§ 2638
talle werden
erzaͤlet, und
zwar
Deren ſind fuͤnfe: I) das queckſilber, II) das
ſpießglas, III) der wißmut, IIII) der zink, und
V) der arſenik. Sie heiſen halbmetalle, weil ſie
ſich nicht haͤmmern laſſen, und im feuer fluͤchtig
ſind, von Juſti ſ. 74.
§ 2639
ber,
Das queckſilber iſt ein unterirdiſcher koͤrper,
der einen metalliſchen beſtandteil hat, und mit ei-
ner mercurialiſchen erde uͤberſezet iſt, und dabei
hoͤchſt zart, unverbrennlich, in zuſammen gehaͤuf-
ten ſtande fluͤſſig, trocken, fluͤchtig, und nach dem
golde am ſchwereſten iſt, dem ſilber aber am glan-
ze und farbe ſehr nahe kommt. Junker ſ. 435.
§ 2640
aufbehalten
wird?
Das Erzhaus Oeſterreich hat im Friaul zu
Hidria die reicheſte queckſilber-bergwerke, welche
ReyſlerII ſ. 856-866 beſchriben hat. Nach
Neumanns berichte ſ. 213 ſind in dreien jaren
695334 ℔ laufendes queckſilbers daraus gewon-
nen worden. Man ſchlaͤget es in lederne beutel,
und
[1059]von dem bergwerks-regale.
und diſer zween in ein faͤßgen. Jeder wiegt 150 ℔,
und das faͤßgen tut 450 fl. oder pfundweiſe 600 fl.
Eine kugel queckſilbers in der groͤſe eines coriander-
kerns faͤllet durchs druͤcken in 27 millionen teilgen,
deren iedes ſeine rundung und den ſilberglanz be-
haͤlt, nach ausweiſe der vergroͤſſerungs-glaͤſer.
Der zinnober iſt das queckſilber-erzt, der von
Juſti ſ. 80 § 146 erwaͤnet noch eines queckſilber-
erztes von einer grau blaulichten farbe.
§ 2641
Der ſpieß-glas-koͤnig iſt ein halbes metall,der ſpieß-
glas-koͤnig.
welches aus mineraliſchen ſchwefel, und einem
beſondern reguliniſchen metalliſchen beſtandteile
doppelt zuſammen geſetzet, und in ſeiner zuſam-
menhaͤufung zwar dunkel iſt, dabei aber doch
glaͤnzende ſtrichen hat. Junker ſ. 480. Das ge-
meine ſpieß-glas iſt das ausgeſchmolzene erzt.
§ 2642
Der wißmut, oder bißmut, der ſich haͤufig beider wiß-
mut,
Schneeberg in Sachſen findet, iſt ein halbmetall,
welches aus brennlichen arſenikaliſchen und glas-
artigen irdiſchen teilen zuſammen geſezet, und
von auſſen wie ſilber glaͤnzet, Junker ſ. 519,
Neumann ſ. 379.
§ 2643
Der zink iſt ein halbmetall, welches faſt wieder zink,
das zinn ausſihet, und aus einer beſondern weiſen
arſenikaliſchen erde, auch vielem phlogiſto beſte-
het, anbei ſich gern mit dem kupfer vermiſchet,
und diſes gelb machet, Junker ſ. 527, der natuͤr-
liche heiſſet ſpiauter, Neumann ſ. 295 § 96.
Der Goßlariſche, der viles blei bei ſich hat, laͤſ-
ſet ſich einigermaßen haͤmmern.
§ 2644
Der galmei iſt ein halbmetall, das aus einemder galmei,
ſchweren ſteinigten koͤrper, wie eine zuſammen-
X x x 2geba-
[1060]LXIII haubtſtuͤck
gebackene erde beſtehet. Man findet weiſen, rot
braunen und gelblichen. Bei Aachen und in
Boͤhmen, unfern Commodau findet ſich ſelbi-
ger. Das meſſing wird durch ſelbigen aus den
kupfer bereitet.
§ 2645
Die blende iſt wie der galmei, eine zink-art.
Sie blendet den bergmann, und iſt eine glizernde
bergart, ſchwarz und auch gelb. Man teilet ſie
in die lichte, brech-blende und gelbe.
§ 2646
Der arſenik iſt ein fluͤchtiges, durchdringendes,
ſchweres halbmetall, das ſowol in gewiſſen erzten,
unter einer metalliſchen dichten geſtalt haͤufig vor-
koͤmmt, als auch mit fetten dingen ſich ſehr leichte,
und in einen bruͤchigen ſchweren koͤnig zuſammen
ſchmelzen laͤſſet. Er iſt von ſalziger und metalli-
ſcher miſchung, Henkels kieß-hiſtorie ſ. 539-629.
In ſeiner ungeſtoͤreten geſtalt ſihet er der farbe
nach wie ein weiſes metall aus, und gleichet den
mißbickel und kobolde. Er iſt ein feind des
menſchlichen lebens. Er machet das zinn weiß,
auch braun, erhaͤlt das eiſen weiß. Machet das
kupfer weiß, und das ſilber rot. Er ſihet weiß,
rot, gelb aus, und friſſet ſich in fenſterſcheiben.
Er iſt giftig, doch der gelbe und rote nicht ſo ſtark
am gifte.
§ 2647
pigment,
Das auripigment (operment) iſt ein gelb-
gruͤnlichtes, fluͤchtiges und gleichſam aus zarten
blaͤttern zuſammen gewebetes mineral, das aus
arſenik und ſchwefel doppelt zuſammen geſezet iſt.
Einige nennen es arſenik, andere ſandaracha,
Junker ſ. 558.
§ 2648
[1061]von dem bergwerks-regale.
§ 2648
Ferner gehoͤret zu den minern des arſeniks,die gattun-
gen des ar-
ſeniks, der
fluͤgen-ſtein,
das rauſch-
gelb ꝛc.
der gegrabene ſchwarze giftige fluͤgenſtein. Die
eine art iſt feſte, und findet ſich bei Freiberg und
Schwarzenberg in Sachſen; die andre gattung
iſt zimlich muͤrbe und zerbrechlich, von Juſti
§ 177. Weiter iſt eine gattung des arſeniks das
rauſchgelb. Henkel ſ. 560. Es ſihet rot-gelblich
aus; der ſchirben-kobalt aus dem erzgebuͤrge;
der mißpickel beſtehet aus arſenik, eiſen und einer
rohen unmetalliſchen erde: die arſenik-blende;
der kupfer-nickel, welcher aus arſenik, kupfer,
eiſen, und einer unmetalliſchen erde beſtehet, von
Juſti § 184; einige arſenikaliſche mergel und
letten.
§ 2649
Der kobalt iſt eine raͤuberiſche giftige berg-art,der kobalt,
die oft wie meſſing ausſihet, 2) bedeutet er eine
graue berg-art, die zur blauen farbe gemachet
wird, und 3) ein berg-geſpenſt, Henkel ſ. 193 fg.
Indeſſen ſezet der von Juſti ſ. 103 fg. 6 gattun-
gen der kobalte.
Von den mineraliſchen koͤrpern, und
zwar deren von brennlichem weſen.
§ 2650
Der ſchwefel iſt zwar eine gattung des brenn-der brennli-
chen, mine-
raliſchen
koͤrper ar-
ten,
lichen weſens der minern. Jedoch beſtehet nicht
alles brennliche weſen aus einem ſchwefel. Die
mineralien des brennlichen weſens teilen ſich in
dreie gattungen, I) die ein fluͤßiges brennliches
weſen, II) die ein hartes und feſtes brennliches
weſen haben, und III) den ſchwefel.
X x x 3§ 2651
[1062]LXIII haubtſtuͤck
§ 2651
Zur erſten gattung zaͤlet man den bergbalſam
(naphta), II) das berg-oͤl (ſtein-oͤl, erd-oͤl),
III) den bergtheer oder teufelsdreck.
§ 2652
Die andere art, welche harte und feſte brenn-
bare beſtand-teile haben, ſind I) der boͤrnſtein
und deſſen verſchidene arten, welche Neumann
ſ. 88 fg. beſchriben hat, II) ambra, der von den
wallfiſchen verſchlucket, und dabei gefunden wird;
der gagath: das erd- der berg- pech, oder juden-
pech und harz.
Von den ſteinkolen.
§ 2653
ſteinkole iſt?
Die ſteinkole iſt ein ſchwarzer (auch braͤunli-
cher) ſchiferiger (blaͤtteriger) koͤrper, welcher
zwar nicht leichtlich feuer ſaͤnget, dennoch, wenn
er es einmal gefaſſet hat, laͤnger und mehr brennet,
als ein ſonſt brennendes, hizet. Er laͤſſet keine
aſchen, ſondern eine ſchwarze ſchwammige mater[i]
nach ſich, Wallerius ſ. 257 § 99.
§ 2654
tungen,
Die gattungen derſelben ſind folgende: I) eini-
ge ſind ſehr feſte und ſchwer, dabei glaͤnzend,
pech-artig. Die ſchlacke nach dem brande faͤllet
ſchwarz. II) Die pech-kolen, diſe ſind mittel-
maͤſig ſchwer, und auf allen anbruͤchen glaͤnzend,
oder pech artig. Sie hinterlaſſen eine ſchwam-
migte ſchlacke, gleich einem bimsſteine. Die
IIIte gattung machen die ſchifer-kolen aus, die
allenthalben riſſe haben, und leicht mit den fin-
gern zermalmet werden koͤnnen; die ſchlacken,
welche ſie hinterlaſſen, ſind glasartig und ſchwer.
Die IIIIte art beſtehet aus einem holze, das zu
ſteinkolen
[1063]von dem bergwerks-regale.
ſteinkolen geworden iſt; nach dem verbrennen laſ-
ſen ſie eine aſche.
§ 2655
Die beſtand-teile der ſtein-kolen ſind ein ſauresauch be-
ſtand-teile,
ſalz und eine brennliche materi. Daher der ſtarke
geruch ruͤret, und daß ihr brand durchs waſſer
nicht geloͤſchet werden kan. Wo demnach ein
bergwerk von ſteinkolen in einen brand geraͤt; ſo
weiß man zwar noch kein loͤſch-mittel: behilft ſich
aber noch mit daͤmpfung durch den miſt. Uebri-
gens ſihe Dondorfen von den ſtein-kolen 1744,
Bartholdi vom rechte der ſtein-kolen 1742, Buͤn-
tings beſchreibung der ſtein-kolen, Kruͤgers ge-
danken von ſtein-kolen und dem torfe, 8, 1741.
Von der berg-pech-erde, der ſchiferigen
erde, und dem pech-torfe.
§ 2656
Die berg-pech-erde in Thuͤringen und anderenworaus die
berg-pech-
erde beſte-
het?
orten, beſtehet aus einer mit berg-oͤle, oder theere
vermiſchten erde. Die eine bricht als eine muͤrbe
erde hervor; die andere erſcheinet fettig und klebe-
rig, von Juſti § 219. Die ſchiferige brennbare
erde findet ſich hir und da. Sie tauget oͤfters
zur feuerung nicht.
§ 2657
Der torf gehoͤret teils zum pflanzen, teils zumwozu der
torf gehoͤ-
ret?
mineren-reiche. Aus der faͤulung und ſaͤure zihet
in deſſen erden ein pechartiges (bituminoſes) we-
ſen. Der pech-torf gehoͤret aber lediglich hirher.
Er iſt ſchwarz und dem ſumpf-torfe aͤnlich. Das
berg-oͤl iſt der grund ſeiner brennlichkeit, von
Juſti § 221.
X x x 4Vom
[1064]LXIII haubtſtuͤck
Vom ſchwefel.
§ 2658
ſchwefel iſt?
Der ſchwefel iſt eine vermiſchung von vilen ſau-
ren ſalze und etwas brennlichen weſen (§ 2650).
Diſes verhaͤlt ſich zu jenen, wie 1 gegen 15. Ei-
ne art ſchwefels hat nichts vom metalle, die andre
gattung iſt metall-artig. Der leztere heiſſet eiſen-
kieß, oder markaſit (pyrites). Diſe gattung iſt
entweder weiß, oder gelb, der weiſe iſt der miß-
pickel, oder gift-kies. Der gelbe gehoͤret bei das
kupfer-erzt, und der gelblichte iſt von einer groſen
ſchwere, auch metalliſchen anſehen, und ſchlaͤget
mit dem ſtale feuer. Sein gefuͤge iſt ſtralicht und
zart-koͤrnig. Von der halsbruͤcke zu Freiberge
gibt der centner 36 bis 38 pfund ſchwefels. An
eiſen ſtecket im centner 10 bis 12 pfund. Auch
etwas arſenik enthaͤlt derſelbe, nebſt wenigem
kupfer, von Juſti ſ. 128. In diſen kiſe ſuchen
vile den grund der warmen-baͤder.
Von den ſalzen.
§ 2659
chen und
arten der
ſalze,
Das kennzeichen der ſalze iſt ein ſcharfer ge-
ſchmack, und daß ſie im feuer entweder fluͤſſig
oder fluͤchtig ſind, und im gemeinen waſſer ſich
aufloͤſen laſſen. Die beſtand-teile ſind ein zartes
erdiges weſen, das ſich mit waſſer innigſt verei-
niget hat. Der ſalze ſind dreie haubt-arten: I)
ſaure, II) alkaliſche, III) mittel-ſalze. Die er-
ſten beſtehen aus der erſten becheriſchen grund-erde
und aus vilem waſſer. Ihr geſchmack iſt zuſam-
menzihend, und ſie ſchuͤſſen in groſe cryſtallen auf.
Diſelben geraten in ein aufwallendes brauſen mit
allen
[1065]von dem bergwerks-regale.
allen alcaliſchen ſalzen und erden und faͤrben die
gewaͤchſe rot. Sotane brennliche ſaure ſalze ſind
der vitriol und alaun. Zu Wuͤrsberg bei Gold-
kronach in Brandenburg-Culmbach, wird ein gu-
ter gruͤner vitriol gefertiget, und beim Wiſenbade
in Kur-Sachſen. Den alaun bereitet man zu
Belgelr, Schwemſal, Schmideberg und Mus-
kau. Von jenem handelt Wallerius ſ. 205-210,
und von diſem ſ. 212 fgg. In betref der alkali-
ſchen ſalzen findet man deren arten ſ. 227 fgg. z. e.
das Selteriſche ſauerborns-ſalz. Die mittel-ſalze
ſind aus dem ſauren und alkaliſchen zuſammen
geſezet, von Juſti § 271, dahin gehoͤren das
kochſalz, das gegrabene ſalz, der ſalpeter, der
tincal, der ſalmiack.
§ 2660
Eine gattung der ſauren ſalzen iſt der zucker.der zucker,
Den zu befarenden widerſpruch will ich gleich he-
ben. Er iſt zwar ein ſehr ſuͤßer ſaft, welcher aus
dem zucker-rore ausgepreſſet, und durch das ko-
chen mit einer kalkartigen lauge, zu einer trocke-
nen und zerbrechlichen conſiſtenz gebracht worden
iſt, JunkerIII ſ. 683. Dennoch enthaͤlt er ein
wahres ſaures ſalz; denn bei der deſtillation gibt
er einen ſauren ſpiritus, darneben iſt der zucker
freſſend, wie man ihn an den zaͤnen ſpuͤret; im-
gleichen gibet der zucker einen guten eſſig ab.
§ 2661
Derſelbe traͤget ſeinen namen von den orten, dawoher ſelbi-
ger ſeinen
namen traͤ-
get,
das zucker-ror waͤchſet, als von den Canariſchen
inſeln, der canarien-zucker; von der inſel Madera
der madera-zucker; von der inſel Meli in Oſt-In-
dien, der melis-zucker; von der Thomas-inſel,
der thomas-zucker; von dem zu Valentia in Spa-
nien gereinigten, der raffinirte valentin-zucker,
oder feine zucker. Auch in Weſt-Indien finden
X x x 5ſich
[1066]LXIII haubtſtuͤck
ſich zucker-plantagien. Das lange Indiſche ror
heiſſet mambu.
§ 2662
bei dem zu-
cker an-
koͤmmt?
Beim zucker koͤmmt es auf das auspreſſen, das
kochen und raffiniren an. Diß lezte beſchihet
auch in Teutſchlande. Raffiniren bedeutet die
reinigung des zuckers, daß er nochmalen gekochet
und abgeſchaͤumet werde. Wie diſes beſchehe,
habe ich beim ſalze bemerket. Dem ich noch bei-
fuͤge, daß man eine ſcharfe lauge, die aus pott-
aſche, oder ungeloͤſchtem kalke, oder aus beiden
zugleich verfertiget worden, anſtelle. Sotane
lauge wird in menge zum zucker getan. Man
ſchaͤumet ihn unter den kochen ab. Diſe bearbei-
tung wiederholet man ſo lange, bis keine unreinig-
keiten ſich mehr zeigen, mithin der zucker in einer
weiſen glaͤnzenden und harten conſiſtenz ſich zeiget.
Ob das alaun-kochen, ſalpeter- und pott-
und waid-aſchen-ſiden, wie auch das glas-
und porcellan-machen ein regal ſind?
§ 2663
Daß der alaun ein mineraliſcher koͤrper ſey,
welcher aus dem allgemeinen ſauer-ſalze, einer
don erde und vilen waſſer beſtehe, iſt ſchon oben
§ 2652 erinnert worden. Welchergeſtalt deſſen
vier gattungen und zwei uneigentlichen es gebe,
ſolches lehret JunkerIII ſ. 338. Dahir iſt aber
blos die rede vom gekochten alaune, davon Kun-
kel und andre handeln.
§ 2664
alaun-we-
ſen und die
ſalpeter-
In Nider-Oeſterreich iſt das alaun-weſen ein
regale, wie ſelbige betriben werde, ſolches lehret
Hieron. Ludolf ſ. 845 der einleitung in die chi-
mie.
[1067]von dem bergwerks-regale.
mie. Hingegen hat es mit den ſalpeter-ſidereienſidereien
regalien
ſind?
eine andre beſchaffenheit, als welche einige landes-
herren fuͤr ſich behalten, auch wol den untertanen
befelen, anſtatt der mauern waͤnde von ſtroh und
leimen aufzufuͤren. Die weiſe den ſalpeter zu
ſiden, erzaͤlet JunkerIII ſ. 385 fg.
§ 2665
Unter die holz-ſalze gehoͤret die pottaſche. Siedie pott-
aſche,
wird aus der aſche von harten hoͤlzern, als buͤchen,
ahorn, eichen, auch aͤſchen und birken ꝛc. zuberei-
tet. Sihe den NaumannIIIten b. des Iſten tei-
les ſ. 50, Marpergers K. M. ſ. 272 fg. II,
Valentini naturalien-kammer ſ. 25. Die gute
pottaſche iſt ſtaͤrker als die weid-aſche. Jedoch
dinen beide den faͤrbern, ſeifen-ſidern, und glas-
machern.
§ 2666
Nach der gemeinen lehre geben die pott-aſche,was ſolche
bei dem
glaſe abgi-
bet?
und der weiſe glaͤnzende ſand, die materialien zum
glaſe ab, Ludolf ſ. 259. Das weichere holz rei-
chet eine aſche zum hellen glaſe; die aſche des har-
ten holzes aber wirket ein dunkeles glas, Teich-
meiersinſtitutiones chemiae ſ. 235.
§ 2667
Das glas iſt ein aus fixen erden und erdarti-was das
glas iſt?
gen dingen durch das feuer zu einem dichten, har-
ten, fixen, leicht zerbrechlichen und durchſichtigen
koͤrper, gemachtes weſen.
§ 2668
Die verglaͤſerung beſchihet nicht durch eine co-wie die ver-
glaͤſerung
beſchihet?
agulation, ſondern eine art der fixation; die glaͤ-
ſer ſind entweder metalliſche, oder gewoͤnliche.
§ 2669
Zu jenen gehoͤret die ſchmelz-arbeit, oder daswas dazu
gerechuet
wird?
emailliren, und die art gekuͤnſtelte edelgeſteine zu
ferti-
[1068]LXIII haubtſtuͤck
fertigen, welche JunkerI ſ. 522 fg. und Ludolf
ſ. 263 zu machen lehren.
§ 2670
ches gema-
chet wird?
Das gewoͤnliche glas wird aus erden und ſal-
zen bereitet. Das aus dem ſande gemachte glas
wird hell, und one farbe. Hergegen das, wel-
ches man aus der aſche bereitet, wird gruͤnlich.
Zu den eryſtall-glaͤſern kommen die allerhaͤrteſten
feuerſteine, oder die ſchwarzen flinten-ſteine, oder
die weiſen kleinen kiſelſteine aus den fluͤſſen, ſo
dann nimmt man reinen kiſelſand, und die ſode,
oder das ſalz aus den kraute kali, oder die ſo ge-
nannte rochetta und den borax. z. e. Drei teile
pulvers vom harten kiſelſteine, welche mehrmalen
gegluͤet, und darzwiſchen im waſſer geloͤſchet, und
recht klein geſtoßen worden ſind, reinen ſalpeter
2 teile, Borax 1 teil, arſenik einen halben teil.
Diſes gemenge wird eine fritta. Diſe wird mit
einem heftigen flammen-feuer 24 und mehrere
ſtunden ſo lange bearbeitet, bis keine blaſen und
ſandkoͤrner mehr erſcheinen. Sihet die maſſe etwa
blaß-gruͤn aus; ſo tut man etwas braunſteines
hinzu, welcher das gruͤne niderſchlaͤget.
§ 2671
der glaͤſer,
Die Teutſchen glaͤſer ſind haͤrter, als die Ita-
lieniſchen. Die Hollſteiniſchen, Mecklenburgi-
ſchen, und vom Harze, beſonders die gruͤnen, ſind
vil tichter, dauerhafter und feſter, als die andern.
Denn die probe iſt: das ſtaͤrkeſte ſaure, als vi-
triol-oͤl und ſcheide-waſſer, duͤrfen einem glaſe kei-
nen ſchaden zufuͤgen.
§ 2672
Die feler des glaſes, beſonders am wetter, ſind,
daß ſie ſo leichte angefreſſen werden, und riſſe be-
kommen. Die urſache beſtehet 1) entweder in
einem aufgeloͤſeten ſalmiack, oder 2) daß man
kiſel-
[1069]von dem bergwerks-regale.
kiſel- oder feuerſteine darzu genommen hat, welche
creite in ſich halten, oder 3) ein leichtfluͤſſiger fluß-
ſand darzu gebrauchet worden iſt, JunkerI ſ. 531.
§ 2673
Der gebrauch des glaſes erſtrecket ſich ſehrder ge-
brauch des
glaſes,
weit, als 1) zu trink-geſchirren, 2) fenſtern, 3)
bouteillen, 4) flaſchen, 5) zuckerhafen, 6) ſand-
uren, 7) binen-koͤrbern, 8) brillen, 9) conſer-
vir-brillen fuͤr die ſigel-graͤber und jubelirer, 10)
roͤren zu den barometern und thermometern, 11)
geſchliffenen glaͤſer zur camera obſcura, 12) fern-
glaͤſer, 13) ſehe- und ſtern-roͤren, 14) vergroͤſſe-
rungs-glaͤſern, 15) die falſchen edelgeſteinen, und
16) der glaſur der toͤpfer, auch 17) der fertigung
des porcellaͤns.
§ 2674
In belange des bauweſens, wird das glas inbei dem
bauweſen,
tafeln und ſcheiben unterſchiden. Diſe ſind im
durchmeſſer 12 zolle hoch, und heiſſen royal-ſchei-
ben, das ſtuͤck zu 2 ggr. Die halben royal-ſchei-
ben ſind 10 zolle hoch, das ſtuͤck zu 15 pfennigen.
Die kaiſer-groſchen-ſcheiben ſind 9 zolle hoch, das
ſtuͤck 1 ggr. Die doppel-ſcheiben 8 zolle hoch, tun
das ſtuͤck 6 pfennige. Die ſigel-ſcheiben ſechſte-
halb zolle hoch, 3 pfennige. Die gemeinen ſchei-
ben das ſtuͤck 4 zolle hoch, 2 pfennige.
§ 2675
Das tafel-glas iſt einheimiſches, oder auslaͤn-das tafel-
glas, und
beſſen gat-
tungen,
diſches. Von jenem beſtehet die kiſte aus 120 ta-
feln, iede 18 zolle lang, und 16 zolle breit, koſtet
der gevirte ſchuh etwa 8 pfennige. Das Lorer-
glas im Kur-Mainziſchen Speſſart, das Berli-
niſche und Boͤhmiſche, auch Wirzburgiſche, ſind
bekannt. Das Loriſche und Berliniſche ſind klar,
aber wind-ſchief. Das Boͤhmiſche iſt nicht ſo
klar, iedoch gerade und weiß. Der gattungen
der
[1070]LXIII haubtſtuͤck
der tafel an Boͤhmiſchen glaſe ſind neune. Die
erſte enthaͤlt in einen bunde 4 tafeln, deren eine
27 zolle hoch, und 23 zolle breit iſt, und ein ge-
virter zoll diſer tafel 621 tut, Penthers bau-an-
ſchlag ſ. 13. Das waſchen des glaſes mit einer
von kolen fetten braunen lauge, iſt ein verderb
fuͤr das zumal weiche glas.
§ 2676
laͤn,
Unter die glas-arten gehoͤret auch das porcel-
lan; denn diſes wird aus einer vermiſchung feiner
glasartiger erden und dem pulver eines ſteines ge-
fertiget. Ein goldmacher hat einmal etwas gu-
tes geſtiftet; ſintemal der Boͤtticher, welcher 1719
verſtarb, ſeine erfindung auf das Meiſeniſche por-
cellaͤn, iedoch nur auf das weiſe gut brachte.
Das braune und blaue Meiſeniſche wurde erſt
1722 erfunden. Es ſtehet alles feuer in der kuͤche
aus, und kan man darin kochen und backen, was
man will. Bei der verguldung hat es ein auſſer-
ordentliches feuer auszuſtehen, und da ſpringen
oͤfters vile koſtbare ſtuͤcke. Zu Meiſſen auf dem
ſchloſſe iſt die beruͤmte porcellan-fabrike, dadurch
einer groſen anzal perſonen von kuͤnſtlern an zei-
chen- und modell-meiſtern, auch malern, als an-
dern arbeitern unterhalt verſchaffet wird. Die
niderlage iſt zu Dresden unfern dem muͤnzhauſe.
Die weiſe erd-zeche iſt bei Aue einem bergflecken
zwiſchen Gruͤnenhain und Schneeberge, welche
zur bereitung diſes ſchoͤnen porcellaͤns dinet.
Wenn diß porcellaͤn gebrant iſt, bekoͤmmt es eine
glaſur aus blei-glaſe (vitro Saturni), deſſen zu-
ſammenſezung der Teichmeier am a. o. ſ. 236
meldet. Einige haben vermeinet, daß die vermi-
ſchung halb durchſichtiger erden und leimen, und
mit bein-glaſe zuſammenſchmelzung ein Tſchineſi-
ſches porcellan gebe. Das bein-glas wird aus
recht
[1071]von dem bergwerks-regale.
recht ausgebrannten knochen gefertiget. So bald
diß glas aus dem ofen gezogen wird, iſt es ganz
helle, wird es aber in die flamme gehalten, wel-
che aus dem ofen-loche faͤret, ſo wird es milchweis,
und halb undurchſichtig. Sihe l’art de faire la
porcellaine, Paris 1717.
Von den aus den mineralien
fallenden farben.
§ 2677
Die folge wird ſogleich veroffenbaren, wasdie eintei-
lungen der
farben,
fuͤr farben die mineralien darreichen. Die natur-
kunde teilet die farben nach der darinn vorkom-
menden luft, dem waſſer und glaſe in 7 ordnun-
gen, welche Scheuchzer ſ. 134. der natur lehre I
angemerket hat. Man ſezet der einfachen farben
fuͤnfe: 1) die weiſe, 2) die ſchwarze, 3) die
rote, 4) die blaue, 5) die gelbe, Thomaſius
de iure circa colores, cap. I § 27 ſ. 12. Hir-
aus entſpringen die neben-farben. Die vermi-
ſchung der ſchwarzen und weiſen wirket die aſch-
graue farbe. Dringet die weiſe vor, ſo eraͤuget
die helle aſch-graue farbe. Iſt aber die ſchwarze
ſtaͤrker, ſo hat man die dunkele aſch-farbe.
§ 2678
Himmelblau und gelb vermiſchet gibet einedie gruͤne,
violen-far-
be, purpur-
roſen-far-
be ꝛc.
gruͤne farbe. Rot und himmelblau machet eine
violen-farbe. Mennige farb und rot, gibt eine
purpur-farbe; weis und rot die roſen-farbe; weis
und himmel-blau die milch-farbe; mennige farbe
und gelb-rot mit weiſer farbe gemiſchet, gibet die
bleich-rote, oder fleiſch-farbe; gelb und gruͤn gibt
eine ſittich-gruͤne farbe; ſcharlach-rot und gelb
eine dotter-farbe.
Von
[1072]LXIII haubtſtuͤck
Von den verſteinerungen und figurireten
ſteinfoͤrmigen koͤrpern.
§ 2679
Von ganzen eichen, auch tannen-baͤumen, die
in der gegend Frankenberg nebſt dem laube und
nadeln verſteinert gefunden worden ſind, will ich
nichts erwaͤnen, ſondern auf den verſtorbenen
prof. Liebknecht zu Giſen, welcher ſolche verab-
handelt hat, mich berufen.
Von den ſteinen und erden.
§ 2680
ſtein iſt?
Der ſtein iſt ein aus waſſer und erde ſehr feſte
zuſammengeſezter koͤrper, der ſich weder durch den
hammer dehnen, noch durchs feuer, noch durch
das waſſer aufloͤſen laͤſſet, Hambergerselemen-
ta phyſices § 375, Scheuchzersphyſic. II ſ.
303 § 2.
§ 2681
erzeugung
beſchihet?
Die erzeugung beſchihet I) vermittels der ver-
haͤrtung, wenn die erden durchs waſſer feſte und
hart werden, II) durch die niderſchlagung, in-
dem die waſſer ire irdiſche teilgen fallen laſſen, wie
beim ſinter- und tropf-ſteine beſchihet, und III)
durch die cryſtalliſation. Die erſte art eraͤuget
ſich am meiſten.
§ 2682
lung der
ſteine,
Man teilet die ſteine in edele und unedele.
Jene ſind entweder edelgeſteine, und halb edelge-
ſteine. Die unedele ſind entweder feuer-haltende,
oder die im feuer muͤrbe werden, oder die ſich
durch das ſtaͤrkeſte ſchmelz-feuer one zuſaz ſchmel-
zen,
[1073]von dem bergwerks-regale.
zen und daher glasartige, und ſchmelzbare ſteine
heiſſen.
§ 2683
Nach anleitung der wirtſchaft finden ſich ge-bei der wirt-
ſchaft,
wachſene, oder gemachte ſteine. Jene ſind ent-
weder kiſerlinge, oder gebrochene ſteine. Die
leztere ſind entweder loͤcheriche, oder volle ſteine.
Die loͤcheriche nennen wir tung-ſteine, und wegen
irer feuerfeſtigkeit gebrauchen wir uns deren in
den ofen, unter der brau-pfanne. In Nider-
Sachſen nennet man die loͤcheriche dupfſteine.
§ 2684
Jene die kiſeln (oder wacken) ſind einzele rund-die kiſel-
ſteine.
liche ſteine, welchen die ecken, und was weich an inen
iſt, abgeſtoßen ſind. Ire haͤrte iſt zimlich. In
den fluͤſſen, feldern, und der damm-erde findet
man ſelbige. Sie dinen zu dem pflaſtern der
ſtraſen und wege. Die bruchſteine werden ent-
weder in die laͤnge, als zu den thuͤr-poſten, fen-
ſter-ſteinen, oder zu quaderſteinen, oder zu plat-
ten gebrochen. Die gebrochene dinen zu treppen,
den fenſter- und thuͤren-einfaſſungen, caminen,
ſo dann zu eck- und grund-quadraten, zu fußbo-
den, ſimſen, kragſteinen, altanen, zu aufſaͤzen,
als zirden in capitaͤlen, muſcheln, ſchnecken, ſchil-
deren, frucht-ſchnuͤren, knoͤpfen, aufſaͤzen, ſta-
tuen ꝛc. Die bezalung geſchihet nach cubic-ſchu-
hen, nachdem ſie grob ausgehauen werden (ge-
ſpizet) fuͤr den fuß 16 bis 20 pfen. zu brechen; zu
ſpitzen 1½ bis 2 ggl. Die ſimsarbeit tut fuͤr den
fuß 2½ bis 2 ggl. hauer-lones. Die bau-zirraten,
ins reine gebracht, tun ⅓ rthlr. fuͤr den cubic-fuß,
und nach befinden 1 rthlr. Penther ſ. 20 § 185,
die bruchſteine, inſonderheit die fuͤllſteine zu den
mauren kommen rutenweiſe zu brechen, iede 16
fuße breit, und 4 ſchuhe hoch, 2½ bis 3½ rthlr.
Y y y§ 2685
[1074]LXIII haubtſtuͤck
§ 2685
lung der
ſteine in der
natur-ge-
ſchichte.
In der natur-geſchichte teilet man die ſteine
I) in groſe ſteine und felſen, II) lavez-ſteine,
III) ſandſteine, IIII) tof- oder tug-ſteine,
V) muͤl-ſteine, VI) kalk-ſteine, VII) gyps.
Die ſteine von einer dichtern art ſind: VIII) die
wez- oder ſchleif-ſteine, VIIII) die harte und
ſehr dichte ſteine, die ſich glatt poliren laſſen, als
der marmor, X) der alabaſter, XI) die klei-
nere ſteine, ſo hart, und von ungewiſſer geſtalt
ſind, als der kiſelſtein, XII) die kleinen ſteine,
welche aus langen gleichlaufenden zaſern beſtehen,
als das feder-weis, XIII) die kleine ſteine, die
aus ebenen bigſamen, dinnen, gleichfortlaufenden
blaͤttlein beſtehen, als der talk, die blende,
XIIII) die aus blaͤttlein in einer gewuͤrfel-
ten, oder beckigten figur beſtehen, z. e. das
frauen-eis, der andromadas, der ſpat, XV)
die roͤrichten ſteine, XVI) die vile uͤber einander
ligende ſchalen haben, XVII) die eine gewiſſe
gewalt fuͤrſtellen, z. e. der tropfſtein, der luchs-
ſtein, bein- well- wall-ſtein, XVIII) die kleine
dunkele ſteine, die haͤrter als marmor ſind, z. e.
der niren-ſtein. Man richtet ſich in den gemaͤ-
chern, worinn man die ſtein-ſammlung findet,
nach diſer einteilung, Scheuchzers natur-hiſtori
des Schweizer landes III ſ. 108-163.
Von den edelgeſteinen.
§ 2686
geſteine
wachſen?
Alle edelgeſteine wachſen entweder als cryſtal-
len, oder kiſel. Denn z. e. der demant erſcheinet
bald als ein cryſtall, bald wie ein kiſel. In
Keyſlers reiſen findet man von den edelgeſteinen
und deren groͤſe verſchiedene nachrichten.
§ 2687
[1075]von dem bergwerks-regale.
§ 2687
Der demant iſt der haͤrteſte und koſtbareſte.des de-
mants be-
ſchaffenheit,
Seine farbe gleichet dem waſſer. Denn ein
gelber demant iſt ein hirngeſpinſt. An den kleinen
tut ein gran 6 bis 10 rthlr. Je groͤſer derſelbe
iſt, deſtomehr wird der preiß vervilfaͤltiget.
Denn die groͤſe wird am grane immer noch ſo
hoch bezalet.
§ 2688
Nach diſem koͤmmt der rubin, ein roter durch-der rubin,
ſichtiger ſtein. Er zeuget mehr feuer und glanz,
als der demant, der von einer ſcharlachfarbe heiſ-
ſet ein rubin; der bleichrote hat den namen des
incarnats, oder ballas. Iſt er dunkelrot nennet
man ihn ſpinell. Der gelbrote traͤget den namen
des rubicells oder hyacinths. Der granat wird
ſo teuer, als der rubin bezalet. Jedoch vergehet
diſer nicht im feuer, wie jener.
§ 2689
Der ſaphyr iſt ein durchſichtiger hellbraunerder ſaphyr,
ſtein, und ſo hart, wie ein rubin iſt. Einer iſt
himmel-blau, der andre blaß-blau. Er gilt halb
ſo vil, als ein diamant oder rubin.
§ 2690
Der ſmaragd iſt ein durchſichtiger dunkel-gruͤ-der ſma-
ragd,
ner ſtein von fuͤrtrefflicher farbe. Die hellgruͤ-
nen ſind nicht ſo am werte, wie die recht harte.
Nach der haͤrte beſtimmet man deſſen wert. Der
ſmaragdites hat farbigte puncten und ſtreife. Der
ſmarag-braſen iſt nur halb durchſichtig mit gelben
flecken und ſtreifen.
§ 2691
Der amethiſt iſt ein durchſichtiger ſtein vonder ame-
thiſt,
violen-blauer farbe, die zuweilen ſtark ins roͤtliche
faͤllt. Der orientaliſche ſtehet mit dem ſaphyre
Y y y 2in
[1076]LXIII haubtſtuͤck
in einerlei preiſe. Der Boͤhmiſche und Saͤchſi-
ſche ſind von ungleich geringern werte.
§ 2692
Der topas iſt ein gelber durchſichtiger ſtein,
der bald goldgelb, bald weisgelblich ausſihet.
Er gilt halb ſo vil als ein amethyſt von gleicher
groͤſe. Der Boͤhmiſche und Saͤchſiſche ſind nur
ein berg-criſtall.
§ 2693
Der tuͤrkis iſt ein gruͤnlicher und durchſichtiger
ſtein, der durch die laͤnge der zeit immer gruͤnli-
cher wird. Die orientaliſchen ſind gleichen wer-
tes, wie die topaſen. Die Franzoͤſiſchen ſind die
knochen eines thires. Jene von der mittelgattung
gelten nach dem karat 1 rthlr.
§ 2694
Der opal iſt ein edelgeſtein von einer milchfar-
be, die aber faſt mit allen andern farben ſpilet,
nachdem er ins licht geſtellet wird. Der am
ſtaͤrkeſten mit dem gelblichen ſpilet, hat den namen
eines kazen-auges, oder element-ſteines. Die
orientaliſchen werden dem diamante im morgen-
lande gleich geſchaͤtzet. Bei uns ſind die Unga-
riſchen die beſten; dagegen die Boͤhmiſchen und
Saͤchſiſchen von geringem werte.
§ 2695
lit,
Der chryſolit iſt durchſichtig, und von einer
fuͤrtreflichen goldfarbe, auch haͤrter, als der to-
pas. Faͤllet er ins gruͤnliche, ſo heiſſet er chry-
ſopras. Faͤllet ſeine farbe ins meer-gruͤne, ſo
heiſſet er beryll. Iſt er aber als meergruͤn nicht
voͤllig durchſichtig, fuͤret er den namen des
aquamarins.
§ 2696
then,
Die hyacinthen, welche braun-gelb, weis-gelb,
und honigfarbig ausſehen, werden irer haͤrte we-
gen
[1077]von dem bergwerks-regale.
gen fuͤr edelgeſteine gehalten, weil einige ganz
undurchſichtig ſind, von Juſti ſ. 200 fgg.
Von den halb-edelgeſteinen.
§ 2697
Die mittelmaͤſige haͤrte, und daß ſie halbwas der
halb-edelge-
ſteine kenn-
zeichen ma-
chet?
durchſichtig ſeynd, machet das kenn-zeichen der
halb-edelgeſteinen. Dahin gehoͤren I) der berg-
cryſtall, die weiſen ſind am haͤufigſten, von deren
gruben handeln Altmann in der beſchreibung der
Helvetiſchen eisberge ſ. 120, Capplerscryſtal-
lographia, Lucern, 1723, Wagnerhiſtor.
natur. Heluetica, und Koͤnigde regno mine-
rali. Man hat ſie aber auch von allen farben,
II) der carneol iſt rot und halb durchſichtig,
III) der achat iſt ein halb durchſichtiger vielfaͤrbi-
ger ſtein, IIII) der chalcedon iſt milchfaͤrbig,
und halb durchſichtig, V) der onyx iſt ein achat
mit ſchwarzen und weiſen flecken auch ſtreifen.
VI) Der ſardonyx, oder ſardagat iſt vermiſch-
ter carneol und chalcedon. Er fuͤret weiſe und
gelbe ſtreifen, oder dergleichen puncten, weiſe und
rote ſtreifen, oder rote und gelbe puncten, auch
ſtreifen, VII) der malachit iſt ein gruͤner durch-
ſichtiger ſtein, aber von keiner groſen haͤrte. Er
waͤchſet in ovalen halbkugeln, und brauſet mit
ſcheide-waſſer. VIII) Der lazur-ſtein iſt blau
mit weiſen flecken. Oefters findet ſich kies, auch
wol gold, in zarten blaͤttchen, darin eingeſpren-
get. Eigentlich iſt er kein halber edelgeſtein, paſ-
ſiret aber wegen ſeiner koſtbarkeit in diſer reihe,
von Juſti ſ. 206 fg.
Y y y 3Von
[1078]LXIII haubtſtuͤck
Von den feuerbeſtaͤndigen ſteinen
und erden.
§ 2698
Hirher gehoͤren diejenige ſteine, welche im groͤ-
ſten ſchmelzfeuer die mindeſte veraͤnderung von ſich
geben, als I) der talg, II) der glimmer, III) das
kazen-gold, IIII) das waſſerblei, V) das ruſſi-
ſche marien-glas, VI) der topſtein, die Spani-
ſche oder Eimoliſche kreite, der ſpeckſtein, VII)
der hornſtein, VIII) der jaſpis, VIIII) der asbeſt,
X) die Nider-Heſſiſche Almeroder ton-erde, wo-
von der Henkel am a. o. handelt, und die tigel
davon als feuerfeſte anpreiſet, in gewiſſer maſſen
die Ober-Klener ton-erde zwiſchen hir und Alsfeld
auch der Haͤuſer-ton etliche ſtunden von Marburg,
XI) einige mergel-erden, XII) einige porcellan-
erden, XIII) die Geraiſche weiſe erde, von
Juſti ſ. 211 fgg.
Von den kalkartigen ſteinen.
§ 2699
morſteines,
Diſe werden im feuer muͤrbe, und verfallen
nachher durch die luft in einen kalk. Darzu rech-
net man I den marmorſtein. Die 76 gattungen
deſſelben benimet Penther ſ. 102 fg. ſeiner anlei-
tung zur baukunſt. Man findet denſelben um
Wezlar, das kloſter Altenburg, iſt vor eini-
gen jaren in ſachen des hiſigen land-comturs Di-
mars wegen des Teutſchen ordens-hauſes zu
Wezlar wider den daſigen ſtadtrat, in betref der
regalitaͤt des marmor-bruches vorm daſigen wild-
bacher tore am kaiſerlichen und Reichs-kammer-
gerichte gefuͤret worden; ſintemal gedachte Reichs-
ſtadt
[1079]von dem bergwerks-regale.
ſtadt nicht zugeben wollte, daß der land-comtur
diſen marmor ins Heſſiſche verfaren liſe. In
Sachſen, Schwaben, bei Blankenburg, auf
dem Harze, findet man ſelbigen, von Rohr in
der reiſe nach dem Unterharze ſ. 40 fg.; auf dem
Oberharze an der bude findet ſich eine marmor-
muͤle, von Rohr in den merkwuͤrdigkeiten des
Oberharzes ſ. 511.
§ 2700
An den farben iſt der marmor in den Wezlari-farben,
ſchen gegenden ſchwarz und weis, und ſilber-grau,
nebſt rot. Sonſt gibt es blauen blaͤulichen, roten,
roͤtlichen, braunen, gruͤnen, gruͤnlichen, grauen,
gelben, gelblichen, ganz einfarbigen, mit einge-
miſchten adern, flecken, ſterngen, wolken, von
gleicher, oder andern farbe, nur etwas dunkler,
oder lichter. Er iſt entweder hart und ſpringet
aus, oder faſericht, kiſel-artig, faulfleckig, wie
gewaͤſſerter taffet ausſehend. Endlich rechnet
man auch die kreite hirher.
§ 2701
In belange der kalkſteine ſind diſe weichlich undder kalkſtei-
ne beſchaf-
fenheit,
eckigt. Man findet ſie uͤber und unter der erden.
Sie brechen in feſtem ſande, teils ſchifer-geſteine
in gebuͤrge, andre in ebenen lande floͤzen-weiſe und
flach-ſtreifend unter der erde, als einzele mittel
und feldſteine. Ire erde iſt grob, und mit un-
reinen ſchwefel vermiſchet. Einige ſteine ſind
blaulicht, und aſcherfarbigt, andre ſchwaͤrzlich,
manche ſchnee-weis, andre etwas gelblicht, andre
roͤtlicht, einige mit weiſen ſtrichen verſehen; man-
che fuͤren vilen ſand; einige dichte; andre loͤche-
richt; einige beſtehen aus einer fetten, weichlichen
und tonigen erde, die aber nicht ſo gut ſind, als
die harten und dichten. In den Wezlariſchen
gegenden trift man ſie als ſchlechten marmor an.
Y y y 4Zum
[1080]LXIII haubtſtuͤck
Zum Herrmanſteine liſet man ſie an den bergen
auf. In hiſigen gegenden wird der biber-kalk
von der Biber im Heſſen-Darmſtaͤdtiſchen amte
Koͤnigsberg am meiſten gebrauchet. Zum mau-
ern dinet der Dilſchhaͤuſer etliche ſtunden von hir,
und der zu Liſcheid am beſten. Von den kalkoͤfen
ſind die langen und platten runden bekannt. Die
leztere ſind am beſten. Man hat auch kalk-roß-
und kalk-waſſer-muͤlen, von Rohr ſ. 576 vom
Ober-Harze. Uebrigens ſihe den Penther ſ. 14 fg.
des bau-anſchlages, und der bau-kunſt I ſ. 91 fg.
Von gyps-ſteine.
§ 2702
gypsſtein
iſt?
Diſer iſt ein weiſer, weicher ſtein, der ſich mit
den fingern zerreiben laͤſſet. Aus dem alabaſter
und marien-glaſe wird der beſte gemachet. Diſem
koͤmmt der aus ſee-muſcheln gebrannte kalk bei.
In den eſterrichen und der ſtucatur-arbeit wird
der gyps gebrauchet, doch vermiſchen ihn die ſtuc-
caturer mit mele von geſtoſenem marmor, welcher
im trockenen und wo er keine hize leidet, gut tut.
Zum Frankenberge in Ober-Heſſen findet man
den gyps; die gyps-arten benimet Wallerius
§ 39.
§ 2703
ſter,
Der alabaſter gleichet dem marmor an der
ſchoͤnheit und den farben; allein er iſt nicht ſo hart;
ſintemal er weder wetter noch hize vertragen kan;
im trockenen aber pranget derſelbe an den altaͤren,
kanzeln, leichenſteinen in den kirchen, auszirungen
an den aͤuſſeren kaminſteinen. Zu ſtatuen, mu-
ſchel- und laub-werke in den zimmern dinet er eben-
falls. In den grafſchaften Stollberg und Ho-
henſtein findet man denſelben, und ſonſt. An ge-
dach-
[1081]von dem bergwerks-regale.
dachten orten iſt er I) weis, II) weis mit grau-
lichten adern, III) weis mit allerhand einge-
ſprengten flecken, zuͤgen und bildungen, IIII) ro-
ten mit artigen ſterngen und flecken, V) braͤun-
lich grauen mit ſchwarzen gerade fortgehenden
ſtrifen, nach arte der holz-adern in den tannen
oder kifern, VI) ganz ſchwarzen, auch geſtriften
mit uͤberzogenen marien-glaſe, Penthers bau-
anſchlag ſ. 1, von Rohr ſ. 87, 102, 331.
§ 2704
Das frauen-glas und den ſchifer-gyps, wie
auch die uneigentlichen kalkſteine und erden, uͤber-
gehen wir. Denn zu diſen gehoͤren die ſpat-arten.
§ 2705
Den ſchluß machen die glasachtigen, oderdie glasach-
tigen ſteine,
ſchmelzbare ſteine und erden, als I) der ſand,
II) der zuſammen gebackene ſand, oder die ſand-
ſteine, III) die kiſel, IIII) der quarz, V) der
feuerſtein, oder flintenſtein, VI) der ſchifer, VII)
der ſerpentin-ſtein, VIII) der trippel, VIIII) der
bimsſtein, X) der porphyr, XI) der granit, XII)
der kneis, der aus glimmer, quarz und ſandſteine
beſtehet, XIII) der ton, XIIII) die walker-erden,
XV) der mergel, XVI) die zigel-erden, XVII)
der leimen, XVIII) der umbra, von Juſti am
a. o. Von den roten und gruͤnen ſchiferſteinen in
der Schweiz, ſihe den Altmann ſ. 180 fg. Die
Calderner, Gladenbacher ꝛc. im hiſigen Ober-
fuͤrſtentume ſind nur ſchwarz-blau. Vom ſand-
graben ſihe den Schoͤpf vol. VIII conſil. VI.
Y y y 5Vom
[1082]LXIII haubtſtuͤck
Vom rechte der obgedachten metallen,
und der mineralien.
§ 2706
metalle dem
landesherrn
gehoͤren?
Was ein untertan hirvon durch eine unuͤber-
denkliche verjaͤrung oder vermittels einer belenung
oder eines gnaden-brifes nicht erlanget hat, das
iſt nach beſchaffenheit entweder ein hoheits-recht
des landesherrns, oder ein regal.
Von den pflichten der hohen policei und
der rentkammer, in ruͤckſicht auf die
bergwerke.
§ 2707
Beim Altmanne von den Helvetiſchen eisber-
gen findet man, daß in der Schweiz verſchidene
bergwerke vergeblich angeleget worden ſind. Man
hat aber die eiſen- und blei-werke nach vilem auf-
wande wieder eingehen laſſen muͤſſen, entweder,
weil die mineralien zu ſproͤde filen, und zur gaͤ-
rung im feuer nicht zu bringen waren, Altmann
ſ. 173 fg., oder daß man einen mangel an der ſa-
che verſtaͤndigen erlitte.
§ 2708
legung ei-
nes berg-
werkes zu
uͤberlegen
iſt?
Zuvoͤrderſt muß bei anlegung eines bergwerkes
uͤberleget werden: I) ob man tuͤchtige, reiche,
und austraͤgliche erzte vorfinde? hirnaͤchſt II) ob
man einen, oder mehrere der ſachen gewachſene
maͤnner habe? III) ob entberliches holz, oder
ſteinkolen in den gegenden vorhanden ſeynd? IIII)
ob man zu den kuͤnſten das erforderliche waſſer
habe?
§ 2709
[1083]von dem bergwerks-regale.
§ 2709
Findet ſich diſes, und die benachbarten ſtaͤdte
und doͤrfer leiden keinen holz-mangel; alsdann
wird unter geſchickten fremden der ſache kundi-
gen arbeitern zur grabung des haubtſtollens vor-
geſchritten. Diſer wird nach der gegend und la-
ge des haubt-gebuͤrges alſo angeleget, damit er
ſelbiges in ſeinem hangen und ligenden durch-
ſchneidte. Hirnaͤchſt erheiſchet die notdurft ge-
ſchickte ſchichtmeiſter, ſteiger, und haͤuer.
§ 2710
Der ſchichtmeiſter muß wol rechnen und ſchrei-des ſchicht-
meiſters ei-
genſchaften,
ben koͤnnen, damit er nebſt der verwaltung der
gruben-gebaͤude den einkauf der materialien und
des gezaͤhes wol verſtehe. Des probirens und
markſcheidens ſoll er recht kundig ſeyn. Hedlers
diſp. de curatore fodinarum,Titius in diſp.
de iure metallorum § 35.
§ 2711
Der ſteiger iſt uͤber die hauer und arbeiter ge-des ſteigers
erforder-
niſſe,
ſezet. Er muß wiſſen: wo der bau am beſten
anzuſtellen ſey? wie die faͤll-oͤrter zu treiben? die
ſchraͤme zu legen? ſchaͤchte, kaſten, und ſtrecken,
hangendes und ligendes zu verwahren, die geſenke,
ſtraſſen, und erdfoͤrderung, das abteifen, auffa-
ren, auslaͤngern, uͤberſichbrechen, aufgewaͤltigen,
getrib abtreiben zu handhaben? wie das geſtein
abzuſezen. Ein mehreres von ſeiner obligenheit
erzaͤlet Carl Guſtav Krieg im unterrichte: wie
man bergwerke mit nuzen in den ſtand ſezen ſoll
§ 9, Spanſpec. I. metall. P. I cap. 31.
§ 2712
Vor allen dingen ſind erb-haͤuer noͤtig, welchewas fuͤr erb-
haͤuer hirzu
genommen
werden ſol-
len?
ausgelernet haben, und von den geſchwornen darzu
fuͤr tuͤchtig erkannt worden ſind.
§ 2713
[1084]LXIII haubtſtuͤck
§ 2713
ſchmelz-huͤt-
ten anzule-
gen ſind?
Darneben werden ſchmelz-huͤtten erfodert.
Diſe muͤſſen ſo nahe an die berg-gebaͤude geleget
werden, als es tunlich ſeyn will. Ein guter waſ-
ſer-fall iſt dabei noͤtig. Fuͤrnaͤmlich kommet es
auf die lage der huͤtten wegen der winde an. Die
huͤtten-bedinten ſind: I) ein huͤtten-verwalter,
II) der ober-huͤtten-meiſter, III) der oberſchids-
wardein, IIII) der ſilber-brenner, V) der huͤt-
ten-ſchreiber, VI) der huͤtten-meiſter, VII) der
abtreiber, VIII) der ſchmelzer.
§ 2714
das berg-
gemach be-
ſchaͤftiget?
Das berg-gemach, oder die berg-ſtube erteilet
namens des landesherrns die noͤtigen maasregeln,
an die berg- und huͤtten-beamten. Die ſtreitig-
keiten, welche das berg-amt nicht ſchlichten kan,
auch die ſachen von wichtigkeit, gehoͤren an daſ-
ſelbe. Zur berg-ſtube gehoͤren demnach ein rechts-
gelehrter, ein des bergweſens erfarner rat, ein
berg-rat vom leder, und ein berg-ſecretar. Ein
forſt-meiſter iſt dabei unentberlich. Denn die
berg-ſtube darf vom forſt-amte in ſeinen reviren
nicht abhangen, ſonſt fallen die hinderniſſe unuͤber-
ſteiglich, Krieg am a. o. § 58.
§ 2715
Auſſerdem iſt eine bergſchule nicht zu verabſaͤu-
men. Die erſte gattung treibet das rechnen und
ſchreiben, und die anfangsgruͤnde der bergwiſſen-
ſchaft, z. e. das leichteſte aus des berg-rates
Joh. Gottlob Lehmanns einleitung der berg-
wiſſenſchaft, Berlin 1751, 8; die zwote gattung
erlernet die meß-kunſt, zimmermanns-kunſt, muͤ-
len-bau-kunſt, die kenntniß verſchidener gang- und
berg-arten, erden, berg-ſaͤfte, ſalze, ſteine, und
berg-harze. Die dritte gattung betreibet die
berg- erd- und meß-kunſt, nebſt der chemie und
was
[1085]von dem bergwerks-regale.
was wir oben erwaͤnet haben. Was ſonſt noch
an ſeiten der rentkammer zu beobachten faͤllet, hat
der angeregte Lehmann ſ. 156 fgg. bemerket.
§ 2716
Ueberdem ſorget die policei fuͤr die errichtung
nuͤzlicher manufacturen. Man leget farben-werke,
meſſing und glas-huͤtten, ſalz-ſidereien, ſchwefel-
arſenik- ſalpeter- vitriol- alaun-huͤtten an.
Von den berg-rechten.
§ 2717
Die bergwerke gehoͤren unter die hoheits-ge-was zu den
bergwerken
erfodert
wird?
rechtſame eines landesherrns. Man erfodert
dazu 1) vile leute, 2) viles gelt, 3) freiheit,
und 4) gnade.
§ 2718
Das bergwerk iſt ein ort, da man nach den inwas das
bergwerk
iſt?
das mineraliſche reich gehoͤrigen dingen zu graben
pfleget, ſchaͤchte ſinket, ſtollen treibet, ſchuͤrfe
wuͤrfet um erſagte dinge zu erfinden.
§ 2719
Das erzt bedeutet allerlei berg-arten, diſe ſind:was das
erzt bedeu-
tet?
gold-erzt, eiſen- und zwitter- oder zinn-erzt. Kurz,
das erzt faſſet allerhand berg-arten unter ſich, die
metall bei ſich fuͤren.
§ 2720
Der ſchacht iſt ein in die tife abgeſunkenes loch,was der
ſchacht,
dadurch man einfaren, auch erzt und berg heraus
foͤrdern kan. Er iſt etwas laͤnger, als breiter.
Man teilet ihn 1) in den haubtſchacht, 2) den
forder- 3) far- 4) kunſt- 5) fund- 6) richt-
7) ſcheide- 8) treibe- 9) bremmer- 10) wet-
ter-ſchacht ꝛc. Herttwigs berg-buch ſ. 331.
§ 2721
[1086]LXIII haubtſtuͤck
§ 2721
iſt?
Der ſtolle iſt ein gang, der unten am gebuͤrge
in einem tale gerade durch in jenes getriben wird,
um wetter einzubringen, das waſſer zu benemen,
auch die vorligenden gaͤnge uͤberfaren zu koͤnnen.
Er iſt anderthalb lachter hoch, und vier werkſchuhe
breit. Man teilet ſolchen in den erb-haubt-raub-
ſpecial- fug- tag-ſtollen.
§ 2722
fen heiſſet?
Schuͤrfen, oder ſchurfwerfen heiſſet: Wenn
man am tage einſchlaͤget, und nach gaͤngen und
kluͤften zu ſuchen anfaͤnget. Diſes iſt auf feldern,
wiſen, gaͤrten, gehoͤlzen und anderen orten zu tun
verſtattet. Hingegen mag der ſchuͤrfer ſich an
beſamete aͤcker, unter den tiſch und unter das bett,
auch die feuer-ſtatt des beſizers nicht wagen.
Beim einſchlagen unter den gebaͤuden und hoͤfen
muß der ſchuͤrfer vorſtand leiſten. Er iſt auch,
wo er nichts findet, die ſchuͤrfe wieder einzufuͤllen,
und eben zu machen gehalten.
§ 2723
bergwerk
vorzubilden
iſt?
Wer kein bergwerk geſehen hat; der muß ſich
vorſtellen, ob er auf leitern, die in gerader lini
ſtehen, und etliche und mehr hundert lachtern ſich
erſtrecken, one ſchwindel hinunter zu klettern ſich
getraue? Die lachter betraͤgt 80 zolle; getrauet
er ſich aber nicht, ſo uͤberlaſſe er ſich der kunſt des
ſteigers, und diſer laͤſſet ihn bergmaͤnniſch anklei-
den; anerwogen wegen der feucht- und fettigkeiten
man ſeine kleidung ſonſt verdirbet. Man faͤnget
daher im ſtellen an. Der ſteiger mit dem lichte
fuͤret einen an. Hir traufet es bald ſtark, bald
koͤmmt ein fleck, wo ein guß gleich einem wetter-
regen ſich zeiget. Da ſihet man einen behaͤlter
mit einem gelaͤnder, wo das tropfende waſſer ſich
ſammlet, und man erreget ſich der errinnerung
eines
[1087]von dem bergwerks-regale.
eines kleinen teiches. Bald ſihet man im ſtolle
das waſſer gleich einem reiſenden kleinen baͤchlein
rinnen. Bald erblicket man eine halb, bald eine
wenig geoͤfnete thuͤre, wodurch das wetter, oder
die luft ins bergwerk gebracht wird; in betracht
ſonſt die lichter der bergleute erloͤſchen wuͤrden.
Sodann ſteiget man auf nicht gar zu hohen lei-
tern hir und dahin, wo die bergleute, die bald
auf dem ruͤcken, bald auf dem bauche, bald auf
der ſeite, bald gekruͤmmet, bald kniende ligen,
bald ſizende arbeiten.
§ 2724
Der geneigte leſer wird in den gedanken inswie einzu-
faren iſt?
bergwerk vorm Claustale eine halbe virtelſtunde
davon, mit einfaren. Nach angezogenen berg-
kleidern faͤret man ein. Zwene ſteiger und ein
geſchworner haben ire lampen. Die ſtraße faͤret
man durch, das iſt, durch alle gaͤnge und gruben
diſes ſchachtes. Die bergleute ſind in boren be-
griffen. Sie ſchuͤßen und ſprengen. Diſe muͤhe
erinnert den zuſchauer an die groſen koſten und
gefar, die ſtollen, waſſer-kuͤnſte, das ſpriſſen ver-
mittels einer erſchroͤcklichen menge holzes und gro-
ſer baͤume. Den bergman ſihet man, nach ge-
troffener ader, ein ſtuͤck etwa dreier bis vire ellen
in der runde rings herum loshauen, oder vilmer
abkippen. Nach diſem wird hinten durch die bo-der borer
gattungen,
rer ein loch, nach befinden etwa zwo ellen tif ge-
macht. Die borer ſind dreierlei gattung. Einer
iſt immer laͤnger und duͤnner, als der andre. Der
borer iſt etwa eines zolles dick, und der kleineſte
iſt zwo ellen lange. Sie beſtehen aus runden ei-
ſernen ſtangen, welche unten in eine mit viren
ſcharfen ecken zulaufende ſpize gehen. Ein berg-
mann haͤlt ſolche. Ein anderer treibet ſie mit
unzaͤligen ſchlaͤgen hinein. Hirzu werden unge-
fehr
[1088]LXIII haubtſtuͤck
fehr XIII ſtunden erfodert. So bald das loch
fertig iſt, bereitet man eine roͤre von papyr, fuͤl-
let diſe mit einem halben pfunde ſchuͤßpulvers, und
mehr an, und ſtecket ſie ganz hinein. An die pa-
pyrne roͤre wird eine eiſerne geſtecket. Diſe hat
in der mitte einen eiſernen beweglichen ſtab. Kraft
diſes als einem ladſtocke, etwas pulver zu einem
lauffeuer, bis an die papyrne huͤlſe mit pulver
treiben. Darauf wird vorn an die roͤre ein ſtuͤck-
gen ſchwefels, etwa glides lang, geleget. Der
bergmann zuͤndet diſes mit einer lampe an. Nun
gehet es mit einem zimlichen gepraſſel los, und
ſchlaͤget eine groſe menge ſtein und erzt von einan-
der, das giltige wird in einem kuͤbel durch ein
pferd heraus gezogen. Das untaugliche brauchet
man zur befeſtigung der ſtollen.
§ 2725
eine grube
zu faren iſt?
Von diſem ſchachte faͤret man durch den un-
terſten ſtollen in eine grube. Nun befindet man
ſich am tifeſten, naͤmlich 160 lachtern vom tage,
oder 812 ſchuhe, jede lachter zu 7 ſchuhen gerech-
net. Es ſind alſo 32 farten zu tun, das iſt, 32
leitern mit ſehr weiten ſproſſen muß man hinunter
ſteigen. Alsdann faͤret man wieder (ſteiget) 100
lachtern hinauf mit krichen und kopfſtoͤßen.
§ 2726
ſchroͤcken
nicht beſchi-
het,
One ſchroͤcken laſſen ſich die eingeſtuͤrzten ſtollen
nicht anſehen, das gehoͤlze, die ſteine und das erzt,
machen einen fuͤrchterlichen anblick des ſchuttes.
Die dickeſten baͤume zerſchmettert, oder zerſchla-
gen da ligen ſehen, erwecket ein grauſen.
§ 2727
der Claus-
taliſchen
bergwerke,
Der umſang der Claustaliſchen bergwerke hat
dreie ſtollen; der unterſte iſt der groͤſte und erſtre-
cket ſich auf eine meile weges unter der erden.
Im hinauffaren ſenet man ſich nach der Jacobs-
leiter.
[1089]von dem bergwerks-regale.
leiter. Diſe iſt die lezte, auf welcher man den
tag wieder ſihet. Eine waſſer-kunſt zihet die erzte
vermittels einer aus etlichen ſchachten, von Uf-
fenbach am a. o. ſ. 91 fgg. Man tue hinzu des
Kieſelings nachricht vom berg-baue und ſchmelz-
weſen der grafſchaft Mannsfeld ſ. 4 fgg.
§ 2728
Die erzte werden aus der teufe gefoͤrdert, daswie die erz-
te zu tage
gebracht
werden?
iſt, zu tage gebracht. Diß beſchihet ſchacht-ſtre-
cken- und ſtolln-weiſe, in groſer und geringer teufe,
teils vermittels menſchen haͤnden, teils mit pfer-
den, waſſer- und kehr-raͤdern.
§ 2729
Alsdann erfolget das pochen und waſchen derwas damit
vorgenom-
men wird?
das poch-
werk wird
beſchriben.
erzte, Sprengel ſ. 64-70. Das pochwerk iſt
eine maſchine, die aus einem waſſer-rade, einer
welle, den poch-ſtaͤmpeln, dem poch-troge, dem
poch-graben und poch-gerinne beſtehet. Der po-
cher tut das erzt in den poch-trog, ſtuͤrzet es unter
die ſtaͤmpel, und ſchlaͤget das ſchoß-gerinne aus.
Der nacht-pocher verrichtet diſe arbeit bei der
nacht. Hiruͤber ſind der ober-poch-ſteiger, und
nach diſem der poch-ſteiger geſezet.
§ 2730
Das gepochte erzt wird geroͤſtet, dadurch bren-das roͤſten,
net man die unarten der erzen ab. Es beſchihet
das roͤſten entweder in brenn-oͤfen, auſſerhalb der
huͤtten, oder darin. Beim Claustale ſind ſechs
roſt-oͤfen in einem ziemlich hohen und groſen ge-
baͤnde. Der ausfluͤgende ſchwefel, und das ar-
ſenicum, welches dem ſilber ſchaͤdlich faͤllet, gibt
kein angenehmes behagen fuͤr die lunge ab. In
den ſchmelz-oͤfen gehen die ſchlacken vom erzte, und
auf dem ſchid- oder trib-heerde, wird ein iedes
metall von einander abgeſondert.
Z z z§ 2731
[1090]LXIII haubtſtuͤck
§ 2731
huͤtte deim
Claustale.
In der ſchmelz-huͤtte beim Claustale findet man
zehne oͤfen. Die glut iſt faſt erſchrecklich. Das
gebaͤude, worin die oͤfen ſtehen, iſt gros, breit,
was ſchutt-
machen be-
deutet?hoch und ſchoͤn. Schutt machen bedeutet den
feierabend. Das feuer wird mit voͤlligem winde
ausgeblaſen, die graͤze, oder das uͤberbleibſel, wel-
ches von ſelbſt nicht heraus gefloſſen iſt, wird her-
aus gezogen, und gehoͤret nebſt dem zehnten und
rauchfange dem landesherrn.
§ 2732
treibe-herd
iſt?
Naͤchſtdem erblicket man zwene treibe- oder
ſchif-herde. Ein ſolcher iſt eine gemauerte run-
dung bei drei ellen hoch mit einer kreuzweiſen ab-
zucht, wodurch die ſchlacken ausgeſtuͤrzet werden,
darauf wird ein herd zur treibung des ſilbers ge-
ſchlagen. Jede woche bringet man wol auf zween
herden 400 marken ſilbers heraus. Und wofern
man die werke zum Zellerfelde, Andreasberge,
Wildenmanne und Claustale zuſammen rechnet,
kommen wol 1000 marken heraus, die alle zum
Claustale vermuͤnzet werden. Jedoch muß das
ankommende ſilber zuvor in eine beſondere huͤtte
gebracht, gelaͤutert, das iſt, nochmals geſchmol-
zen, und ſodann etliche male probiret werden.
Hirauf wird es gemuͤnzet, von Uffenbach am
a. o. ſ. 95 fg. Diſes alles hat Joachim Frid.
Sprengel in der beſchreibung der Harziſchen
bergwerke ſ. 48 fgg. weiter ins licht geſezet, wie
ſolches bei dem muͤnz-regale gezeiget werden ſoll.
die berg-
beamtenDie vorſizenden berg-beamten ſind auf dem Harze
der berg-haubtmann und viceberg-haubtmann.
§ 2733
Harze,
Die unter-berg-beamten teilen ſich in die von
der feder und vom leder. Jene ſind 1) der zehnt-
ner, 2) der berg-ſyndicus, 3) der berg-ſecretar,
4) der
[1091]von dem bergwerks-regale.
4) der huͤtten-reiter, 5) der zehnt-gegenſchreiber,
6) der berg-ſchreiber, 7) der vice-bergſchreiber,
8) der puch-verwalter. Unter die beamten vom
leder befinden ſich 1) der ober-bergmeiſter, 2)
die drei unter-bergmeiſter, 3) die zween oberacht
ſtuf- oder revir-geſchwornen, 4) der eiſenſteins-
geſchworne. Diſe ſind die bergbeamten zum
Claustale. Die uͤbrigen an den andern orten
des Harzes erzaͤlen Sprengel ſ. 5, und der von
Rohr in der beſchreibung des Ober-Harzes
ſ. 379 fgg.
§ 2734
In Kur-Sachſen finden ſich die nidere-aͤmter,in Kur-
das ober-bergamt zum Freiberge, und kammer-
berg-kanzellei zu Dresden. Das bergamt iſt mit
einem bergmeiſter und etlichen geſchwornen beſe-
zet, wobei ein bergſchreiber ſich findet. Es ſind
ſolcher berg-aͤmter XIII, Wabſt von des Kur-
fuͤrſtentums Sachſen hohen- und nidern-juſtiz
ſ. 212.
§ 2735
Das ober-berg-amt zum Freiberge in Kur-Sachſen,
Sachſen beſtehet 1) aus dem ober-berg-haubt-
manne, 2) dem berg-amts-verwalter, 3) dem
ober-bergmeiſter, Wabſt ſ. 213 fg. Das berg-
gemach zu Dresden hat 1) einen berg director,
2) vice-berg-director, 3) etliche berg-raͤte, 4)
einen berg-ſecretaͤr, 5) regiſtrator, 6) den co-
piſten, und 7) einen aufwaͤrter. In Ungarnin Ungarn,
iſt ein burggraf, der 83 berg-beamten unter ſich
hat, von ihm kan weder in buͤrgerlichen, noch
peinlichen ſachen appelliret werden, KeyslerI
ſ. 1013.
§ 2736
Bei den berg-aͤmtern und den berg-ſtuben muͤſ-was bei deu
berg-aͤm-
tern und
ſen einige die bergwerks-kunde verſtehen. Diſe
Z z z 2ent-
[1092]LXIII haubtſtuͤck
berg-ſtuben
erfodert
wird?enthaͤlt eine kaͤnntnis von der berg-baukunſt.
Selbige erfodert eine richtige wiſſenſchaft von den
mineralien, die man erkennet entweder aus dem
aͤuſſern anſehen, oder die mineralogie, beſage des
vorangezogenen Wallerius, oder durch das feuer,
das iſt, die probir kunſt, nach anleitung des vor-
angeregten Cramers probir-kunſt 1746, gros 8,
nicht minder koͤmmt die lage der mineralien in be-
trachtung, mithin gehoͤret die unterirdiſche erdbe-
ſchreibung hirher. Imgleichen muß man die be-
fugniſſe der bergwerke, und die pflichten, welche
die berg-gelarheit an handen bitet, wiſſen. Diſe
faſſet ebenermaßen gewiſſe regeln in ſich, um das
maas der mineraliſchen gegenden zu beſtimmen;
ſie erheiſchet deshalber die markſcheide-kunſt.
Darmit iſt es noch nicht genug. Es iſt auch die
erkenntnis noͤtig, die mineralien zu bearbeiten.
Zu dem ende die berg-bau-kunſt unter der erden,
im engern verſtande, nicht weniger die bergbau-
kunſt uͤber der erden, die auf bereitungs-kunſt er-
fodert wird. Endlich erheiſchet man von einem,
daß er die gemeinnuͤzige zubereitungs-kunſt der mi-
neralien inne habe, und zwar die genaueſte abſon-
derung der vermiſchten mineralien entweder durchs
queckſilber, oder die amalgamir-kunſt, Junkers
chemie am a. o. ſ. 463 des Iſten teiles, und ſ.
647 fgg. und das feuer, oder die ſchmelz-kunde,
Junker ſ. 390 fgg. wobei die verarbeitung der
metalle, oder die muͤnz-kunſt nicht zu vergeſſen iſt.
§ 2737
nen, welche
unter den
Kur-Saͤchſ.
be[r]g-gerich-
ten ſtehen?
Diejenige perſonen, welche unter den Kur-
Saͤchſiſchen berg-gerichten ſtehen, ſind 1) die ab-
treiber im felde, 2) die anrichter, und drei ſchicht-
meiſter bei einer ſaiger-huͤtte, 4) der aſch-knecht,
5) der aſch-meſſer, 6) der ausſtuͤrzer, 7) der
austeiler, 8) der bauhaft-halter, 9) berg-amts-
verwal-
[1093]von dem bergwerks-regale.
verwalter, 10) die berg-beamten und diner, 11)
berg-haubtmann, 12) berg-herren, 13) berg-
leute, 14) berg-knapſchafts-ſchreiber, 15) berg-
meiſter, 16) berg-ſaͤnger, 17) berg-ſchmide, 18)
berg-ſchreiber, 19) beweiß-fuͤrer, 20) einfarer,
21) einſpaͤnniger, 22) eiſenſtein-meſſer, 23) erz-
hoͤll-fuͤrer, 24) erz-kauf-probirer, 25) erz-kauf-
proben-ſtoͤßer, 26) erz-kauf-ſchreiber, 27) erz-
kauf-vorlaͤufer, 28) erz-kauf-wagen-meiſter, 29)
factor beim blau-farben-werke, 30) factor bei
einer ſaiger-huͤtte, 31) factor, oder verleger der
gewerke, 32) floß-meiſter, 33) fluͤtner, 34)
frei-macher, 35) gegenſchreiber, 36) geſchworne,
37) gewerken, 38) graben-ſteiger, 39) grund-
herren, 40) guardein, 41) holz-einſchlager, oder
aufſaͤzer, 42) huͤtten-meiſter, 43) huͤtten-reiter,
44) huͤtten-ſchreiber, 45) huͤtten-verwalter, 46)
huͤtten-waͤchter, 47) huͤtten-waͤſcher, 48) huͤt-
ten-leute bei den huͤtten, oder zechen-haͤuſern, 49)
knapſchafts-aͤlteſte, 50) kobalt-inſpector, 51)
koͤler-meiſter, 52) kolen-meſſer, 53) koͤrbe-ma-
cher, 54) kunſt-ſteiger, 55) kuks-kraͤnzler, 56)
markſcheider, 57) muter- oder lehn-traͤger, 58)
ober-aufſeher der berg-floͤßen, 59) receß-ſchreiber,
60) ſchicht-meiſter, 61) ſchmelzer, 62) ſchuͤr-
fer, 63) ſeifer-ſilber-brenner, 64) ſteiger, 65)
ſtoͤllner, 66) vorlaͤufer, 67) vorlaͤufer-knechte,
68) wagen-meiſter bei den eiſen-haͤmmern, 69)
waͤſcher, 70) zehntner, 71) zehnten-gegenſchrei-
ber, 72) zinn-wag-meiſter, 73) zimmer-ſteiger,
Wabſt ſ. 214 fg.
§ 2738
Die gerechtſamen ſotaner perſonen fluͤſſen teilswoher die
gerechtſa-
men ſotauer
perſonen zu
leiten ſind?
aus den berg-ordnungen, teils den gewonheiten.
Sihe M. Joh. Deuceri nuͤzlich koͤniglich berg-
buch, und corpus iuris metallici, Leipz. fol. Se-
Z z z 3baſtian
[1094]LXIII haubtſtuͤck
baſtian Spans (kaiſerlichen berg-ſyndicens zu
Schlackenwalde) berg-rechts-ſpigel, Dresden
1698 fol., Joh. Georg Baus einleitung zu den
berg-rechten III teile 1740, 4; die Mannsfeldi-
ſche berg-ordnung 1674 beim Kiesling ſ. 24-76,
und die ſ. 22 fg. bemerkten X berg-ordnungen, Joh.
Chriſtian Hedler vom ſchichtmeiſter 1750, 4,
Schaumburgs einleitung zum Saͤchſiſchen rechte
Iſter teil ſ. 318-370 vom berg-proceſſe, Johann
Gottſr. Krauſenstractat. ſynopt. proceſſus
iudiciarii ſ. 348-366, Wabſt am a. o.
§ 2739
ten der
bergleute.
Die arbeiter in den bergwerken tragen ihr leben
um ein ſchlechtes wochen-lon ſtets in der hand.
Daher kommen inen verſchiedene freiheiten zu
ſtatten (§ 549), z. e. daß ſie von der werbung,
oder dem land-ausſchuſſe befreiet leben. Die
ganze geſellſchaft der bergleute, und derex, die auf
dem bergwerke zu ſchaffen haben, nennet man die
knapſchaft (§ 546). Zum Freiberge teilet ſie
ſich in die huͤtten- und ſchmelzer-knapſchaft. Der
aͤlteſte fuͤret den namen des knapſchaft-aͤlteſten,
dem noch juͤngere oft beigefuͤget ſind. Herttwig
ſ. 239. Sie haben ire rang-ordnungen unter
ſich: da ſind, 1) ſteiger, 2) haͤuer 3) lehr-
haͤuer, 4) knechte ꝛc. bis auf die poch- und ſchei-
de-jungen. Die gemeſſene zeit zur arbeit heiſſet
eine ſchicht (§ 542), z. e. bei den Sainiſchen
berg-werken iſt die ſchicht von morgens 4 uhr, bis
abends 4, und der abloͤſenden von dar bis mor-
gens 4. Jeweilen iſt die ſchicht von 6 auch 8
ſtunden. Wegen des ruͤckſtaͤndigen lones duͤrfen
ſie ſich an die vorraͤte halten. Sie moͤgen abke-
ren (davon gehen), iedoch mit vorwiſſen des
ſchicht-meiſters, oder ſteigers, und daß er eine
hinreichende urſache anzeige. Iſt er ungluͤcklich,
und
[1095]von dem bergwerks-regale.
und wird daher anzufaren behindert, ſo gebuͤret
ihm z. e. ein lon von 4 wochen, welches ihm die
gewerke reichen. Diſe muͤſſen ihn auch auf ire koſten
begraben laſſen, wenn er in der grube todt bleibet.
Sie arbeiten mit keinem groben verbrecher, z. e.
einem dibe, oder moͤrder. One die hoͤchſte not
faren ſie weder ſonnabends, noch ſonntages an.
Fuͤr allen andern glaͤubigern haben ſie das recht,
der erſtigkeit auf der zeche. Die einheimiſchen
haben zur arbeit einen vorzug fuͤr den fremden.
Man laͤſſet ihnen den beſondern gruß, ire tracht
(§ 549), nach beſchaffenheit ires ranges. Die
ſtock-barte oder der haͤckel koͤmmt nur den haͤuern
anſtatt des geweres zu, Krieg am a. o. § 48.
Weiter haben ſie ire knapſchaft, zuſammenkuͤnfte
(§ 550), Lehmann ſ. 182 fg.
§ 2740
Gleichwie die bergleute unter dem berg-amtedie berg-
bauende ſte-
hen unter
den verord-
nungen des
bergamtes.
ſtehen; alſo ſind diejenigen, welche die bergwerke
auf ire koſten anbauen, deſſen verordnungen eben-
falls unterworfen. Die bergbauende heiſſen ge-
werken. Diſe ſind ſolche perſonen, welche ſich
entſchluͤſſen, eine oder merere zechen durch iren
vorſchuß zu bauen. Sie muͤſſen beim bergmei-
ſter um die belenung anhalten, und wenn ſie ſolche
erlanget haben, den berg-ordnungen gemaͤß bauen.
§ 2741
Nimmet das gebaͤude eine perſon auf, alsdannwas der ei-
genlehner,
der geſellen-
bau, gewerk-
ſchaft iſt?
heiſet diſe ein eigen-lehner. Sind es nur wenige,
die nach der verhaͤltnis (pro rata) bauen, ſo ent-
ſtehet ein geſellen-bau. Finden ſich aber vile, die
kleinere teile annemen, ſodann eraͤuget ſich eine
gewerkſchaft. Ein bauender mag die lehne von
dem bergmeiſter in perſon ſuchen, er kan aber auch,
gleichwie die andern, durch einen gemeinſchaftlich
beſtellten tun muͤſſen, durch einen lehn-traͤger ſol-
Z z z 4ches
[1096]LXIII haubtſtuͤck
ches tun. Diſer fuͤret ſodann die obſicht unter
dem namen eines ſchichtmeiſters.
§ 2742
lehnung
halber zu
beobachten
iſt?
Der belehnung halber iſt zu beobachten: I)
die mutung, II) iſt der gang zu erweiſen, III)
wo ſie ire fund-gruben und maaſen anrechnen
wollen, iſt anzuzeichen, IIII) muß die belehnung
erfolget ſeyn. Bevor ſie diß berichtiget haben,
mag der bau nicht fortgeſezet werden. Was in
Sachſen deßfalls rechtens iſt, leret Schaumburg
am a. o. I ſ. 321 fg.
§ 2743
bedeutet?
Allermaßen aber das ſtille-ſtehen beim berg-bau
eben ſo viel bedeutet, als zuruͤcke gehen. So
muͤſſen ſie ſogleich diſe beſtaͤtigten zechen belegen.
Widrigenfalles ſie ires rechtes verluſtig werden.
Beſcheinigen ſie unumgaͤngliche hinderniſſe, wes-
halber ſie den kuͤbel und das ſeil nicht gleich
einwerfen koͤnnten, ſo haben ſie beim bergmeiſter
ſolches in friſten zu halten. Nach ermeſſen deſ-
ſelben werden die verkuͤrzet, oder verlaͤngert.
Hernach bleibet der ſchichtmeiſter fuͤr alles zu ſte-
hen verbunden.
§ 2744
gewerke zu
beſorgen
hat?
Ein iedes gewerke hat nach den fuͤrgeſchribenen
geſaͤzen ſich zu achten, darneben muß es einen gewehr-
ſchein haben, kraft deſſen es in den beſiz ſeines an-
teiles, oder der kukſe geſezet wird. Die erhal-
tung des beſizes iſt noͤtig. Die beglaubigung
davon iſt die richtige bezalung der zubuße. Die
angehende zeche kan one zubuße nicht gebauet wer-
den. Daher muß ſelbige alle quartale erleget
wie der ver-
luſt der
kukſe und
des bergan-
teiles erfol-
get?werden. Der verluſt der kukſe folget auf die
ſaumſeligkeit. Das vorbeiſtreichen eines quarta-
les und noch ſechs wochen vom folgenden quartale
wirket den verluſt des berg-anteiles, welches man
retar-
[1097]von dem bergwerks-regale.
retardat-halten nennet. Der verlorne anteil wird
andern gegen die zugebende zubuße uͤberlaſſen.
§ 2745
Die ſumme der zubuße eines ieden beſtimmetwas die zu-
buſe anle-
gen, das an-
ſchnitt- hal-
ten bedeu-
tet?
das berg-amt. Diſes heiſſet die zubuße anlegen.
Der lehntraͤger hat ſeine virtel-jares-rechnung
abzulegen, welches das anſchnitt-halten genennet
wird. Darauf erkennet der bergmeiſter und die
geſchwornen: wie viles gelt zum fernern baue di-
ſer zeche noͤtig ſey.
§ 2746
Den gewerken iſt erlaubet: gewerk-tage anzu-
ſtellen, um uͤber die verbeſſerung ires baues ſich
zu beratſchlagen. Hirnaͤchſt darf ſich nimand in
das gemutete feld, welches ſie beſtaͤtiget haben,
legen. Zu dem ende iſt bei der mutung eine ge-
naue anzeige noͤtig: wo ſie ire fund-gruben haben?
wie vil ſie ober- und unter maaſen? und wohin
ſie diſelben ſtrecken wollen? Bekaͤmen ſie etwa
neue feld-nachbaren; gebuͤret ihnen dennoch das
alter im felde. Sollte der neue nachbar auf iren
gang bauen; darf er doch nicht naͤher, als auf ire
markſcheidung kommen, bevoraus, wenn ſie bei
der mutung nicht haben ſehen koͤnnen, wie weit
der gang ſtreichen werde? Wo demnach des aͤl-
tern ſeine fund-gruben oder maaſen ausgehen, da
kan der nachbar auf den gange nicht fortbauen.
Iſt hirdurch die irrung nicht zu heben, ob es naͤm-
lich einerlei gang, oder zwene beſondere ſeynd?
ſo wird auf den beweis vom vater her geſprochen,
das iſt: ſie muͤſſen den gang verfolgen, und wenn
der aͤltere ſeinen gang in voͤlligen ſaalbaͤnden bis
vor des juͤngern ort bringet; ſo iſt der beweis da-
hin verfuͤret, daß der gang dem aͤltern zuſtehe.
Indeß werden die aus dem ſtreitigen gange ge-
wonnene erzte zwar geſchmelzet; die bezalung aber
Z z z 5in
[1098]LXIII haubtſtuͤck
in dem landesherrlichen zehnten, bis zum austrage
der ſache hinterleget. Jedoch iſt auf diſen ſchwe-
ren und langweiligen beweis nicht zu erkennen, es
noͤtige dann die hartnaͤckigkeit der parteien den
richter dazu. In Sachſen wird desfalls das
erb-bereiten unter verſchidenen caͤrimonien vorge-
keret, beſage der nachricht vom erb-bereiten,
Dresden 1750, 4, und des berg-ſchreibers Bayer
nachricht im IIten teile der otiorum metallicorum,
des von Schoͤnberg berg-information unterm
worte: bergmeiſter § 38, Mollers Freibergiſche
chronick t. I ſ. 438, Caſpar Heinrich Hornde
libro metallico antigrapho § X ſ. 8 fg. Die
Saͤchſiſchen rechte des aͤlteren und juͤngeren im
felde hat der Herttwig ſ. 8 fgg. erklaͤret.
§ 2747
der gewerke
des waſſers
halber,
In betref des waſſers haben die gewerke das
recht, daß inen die waſſer gefolget werden muͤſſen,
und zwar deren ſie entweder zu kunſt-gezeugen,
poch- und waͤſchwerken beduͤrfen. Jedoch muß
man ſolche beim bergmeiſter, vermittels eingeleg-
ter mutung erlangen, Lehmann am a. o.
§ 2748
haͤmmer an-
legen kan?
Wer mit den eiſen-ſteinen auf ſeinen gute bele-
net worden iſt; der mag wol eiſen-hammer-werk
anrichten, iedoch nur zur gut-machung ſeiner ei-
ſen-ſteine. Die hammer-werke teilen ſich in ſtab-
und blech-haͤmmer. Darzu werden erfodert: 1)
berg- 2) furleute, 3) holzhacker, 4) koͤler, 5)
vorſchmide, 6) friſcher, 7) aufguͤßer, 8) hohe
ofen-arbeiter, 9) blechmeiſter, 10) heerd-ſchmide,
11) gleicher, 12) urweller, 13) lehr-knechte,
14) ziehner.
§ 2749
hammer-ge-
zaͤh beſtehet?
Das hammer-gezaͤh beſtehet in baͤlgen, ambo-
ſen, haͤmmern, und ſolches iſt unbewegliches gut.
Die
[1099]von dem bergwerks-regale.
Die vorraͤte beſtehen aus rohen und geſchmideten
eiſen, ſchwarzen und gezinneten blechen, vorhan-
denen zinnen, eiſen-ſteinen, kolen ꝛc. Diſe ſind
bewegliches gut.
§ 2750
Der landesherr weiſet ſowol die hammer-her-wozu der
landesherr
die ham-
mer-herren
anweiſet?
ren an, an welche orte ſie zur niederlage das ſtab-
und blech-eiſen zu lifern haben; als auch die un-
tertanen und furleute, daß ſie z. e. bei 300 thlr.
ſtrafe das eiſen nirgends anders wo kaufen duͤrfen,
doch koͤnnen nach befinden die eiſen-haͤndler einen
eiſen-paß auf fremdes eiſen loͤſen, Schaumburg
ſ. 351.
§ 2751
Die ſeifen weichen den poch- und berg-werken.wenn die
ſeifner mit
irer arbeit
ſtille halten
muͤſſen?
Denn wo man das waſſer und die floͤſſe zur not-
durft des bergwerkes nuͤzlich brauchen kan; ſo
muͤſſen die ſeifner mit irer arbeit ſtille halten, und
weichen, und duͤrfen das waſſer in keinerlei wege
hindern. Daher die erbfluͤſſe einer ſeifner nicht
erblich verlihen werden moͤgen, SpanI, 53, 4.
Sodann haben die pochwerke fuͤr den ſeifen-werke
den vorzug. Derowegen ſie auf wiederrufen ver-
ſtattet werden, Herttwig ſ. 361 § 4. Sonſt hei-
ſet ſeifen die arbeit, da man, in und unter der
damm-erde, gold- oder zinn-ſtein ſuchet und wa-
ſchet. An einigen orten ſuchet man auch in den
ſeifen allerhand edelgeſteine, laſur-floͤze, wolfrum,
marcaſit ꝛc. Die ſeifner muͤſſen die lehne muten.
Seifens-vermeſſen findet ſtatt, wenn auf zwitter-
gaͤngen und dem ſeifen-werke geſchmelztes an zween,
oder drei centnern zur arbeit gegeben wird. Der
ſeifens-zehnte tut an einigen orten fuͤr den landes-
herrn vom centner zinnes 21 ggr.
§ 2752
[1100]LXIII haubtſtuͤck
§ 2752
kies-zimer,
oder eigen-
lehner ꝛc.
rechtens iſt?
Wegen der kies-zimer, oder eigenlehner oder
einſpaͤnniger iſt rechtens, daß, weil ſie eine zeche
allein bauen, der ſchichtmeiſter ſeinen anſchnidt
mache, halte, die buͤchſen-pfennige abſtatte, die
ſchmide-zeddel zu iren regiſtern beilege, und keine
kiſe one beſichtigung lifere, keine zubuße one vor-
gehenden anſchlag, erhebe, nicht auf zechen, wo
erzt bricht gefoͤrdert werde. An keine ſchmide iſt
der kies-zimer gebunden.
§ 2753
ſamen des
landesherꝛn
bei den
bergwerken.
Sonſt hat ein gewerk dem landes-herrn den
zehnten zu erlegen. Das verkaufs-recht an gold
und ſilber hat ſelbiger ebenfalls und iſt muͤnz-herr,
welcher ſolches auch auf andre metallen erſtrecket,
ſo vil er noͤtig hat, darneben mit dem uͤbrigen tun
kan, was er will. An einigen orten ſchmelzen
die gewerken ſelbſt auf den huͤtten, und ſchaffen
alsdann erſt ire ſilber in den zehnten. In Kur-
Sachſen kaufet der landesherr die erzte an ſich.
Der gehalt wird probiret, und darnach bezalet.
Diß verrichtet die general-ſchmelz-adminiſtration.
Dergleichen landesherrlicher kauf gehet aber gemei-
niglich nur auf das gold und ſilber. Das kupfer,
zinn ꝛc. ſchmelzen die gewerke fuͤr ſich auf iren huͤt-
ten. Jedoch muͤſſen diejenigen kupfer, welche ſo
ſilberhaltig ſind, daß es ſich der muͤhe verlonet,
auf die landesherrſchaftliche ſaiger-huͤtten gelifert
werden, damit das ſilber erſt davon komme.
Darauf wird das kupfer zuruͤck gelifert, das ſil-
ber hingegen bezalet. Jenes kupfer, darin noch
ſilber, blei, und unart iſt, nennet man ſchwarz-
kupfer.
§ 2754
ger-huͤtte
bedeutet?
Eine ſaiger-huͤtte bedeutet die werk-ſtaͤtte, dar-
in das ſilber von dem kupfer vermittels des bleies
abge-
[1101]von dem bergwerks-regale.
abgeſondert wird. Der wardein laͤſſet die
ſchwarz-kupfer vorher aushauen, probiret ſie auf
die gahr und das ſilber: wie vil es ſilber und ku-
pfer halte? der ſchichtmeiſter laͤſſet hernach ſolche
wieder aushauen und probiren, ob der gehalt
uͤbereintreffe. In Kur-Sachſen iſt nur eine ſai-
ger-huͤtte an der Floͤhe, nechſt der Boͤhmiſchen
grenze.
§ 2755
Indeß kan der landesherr wegen der deshalberwie das
gold und
ſilber beza-
let wird?
noch habender ausgaben fuͤr das gold und ſilber
nicht ſo vil bezalen, als ein goldſchmidt, z. e. in
Ungarn zu Neuſol gehen auf die mark goldes,
Wieneriſchen gewichtes, etwas mehr dann 79½
ducaten. Die gewerken aber, welche den ſchlag-
ſchaz bezalen muͤſſen, bekommen von der koͤnigli-
chen kammer nur 74 ducaten daſuͤr. Jene beza-
let den gewerken fuͤr die mark ſilbers 15 fl. 15 kr.,
die kammer hingegen bringet ſie auf 20 fl. 30 kr.
aus. Dabei muß das anzunemende verkaufs-
ſilber 15 ½ lote auf die mark halten. Das urbar,
oder der zehnte teil von allen erzten faͤllet one diß
in die kammer, welches etliche 20000 fl. des jares
tut, KeyslerII ſ. 1014.
§ 2756
Bei der rentkammer bleibet es eine regel, daßund der voꝛ-
kauf des-
falls vorbe-
halten wiꝛd.
ſie von den gewerken den vorkauf der erzte ſich
vorbehalte, und den erzt preis vorher beſtimme.
§ 2757
Dieweil aber der eigenlehner gar wenige ſichwas kukus
bedeuten?
finden, ſondern zur betreibung des bergbaues eine
geſellſchaft erfodert wird; ſo ſind gewiſſe teile im
kopfe gemachet worden, welche die anteile anzei-
gen, und in der Boͤhmiſchen ſprache Kukus heiſ-
ſen; immaßen diſes Wendiſche wort ſo vil, als
einen anteil bedeutet. Man hat demnach eine
zeche
[1102]LXIII haubtſtuͤck
zeche, oder ein bergwerk in CXXVIII teile geſezet.
Ein teil davon nennet man den kukus, oder kuks.
XXXII kukſen machen eine ſchicht aus. IIII kuk-
ſen nennet man einen ſtamm. XXXII ſtaͤmme
der erb-
kuks,tun eine zeche, oder CXXVIII kukſen. Der erb-
kuks iſt demjenigen frei zu bauen, welcher der lan-
desherr des bergwerkes iſt. Er zihet die ausbeute
davon. Der grund davon beruhet darin, weil
er leiden muß, daß halden auf ſein feld geſtuͤrzet,
auch wege und ſtege gemachet werden. Der erb-
kuks enthaͤlt vier kukſen, in betracht der landes-
herr den gewerken, das holz zu den ſchaͤchten, gru-
ben und ſtoͤllen auf die gebaͤude unter der erden
unentgeltlich reichen laͤßt. Herttwig ſ. 252 fg.
Jedoch hat bei den ſtoͤllen keine erbkukſe ſtatt.
§ 2758
Die zeche bedeutet ſo viles feld, als eine gewerk-
ſchaft in der belehnung hat, es ſey an ſtollen, oder
einer fundgrube, one, oder mit etlichen maaſen.
Die zeche teilet ſich in vier ſchichten. Eine ſchicht
haͤlt acht teile, ein teil vier kukſen. Daher be-
ſtehet die ganze zeche aus XXXII teilen oder
CXXVIII kukſen.
§ 2759
kon.
Die gewerke ſind diejenigen perſonen, welche
eine zeche bauen, und ire gewiſſe teile daran ha-
ben, auf diſe ire zubuße geben, auch dafuͤr die
ausbeute erheben. Die gewerke teilen ſich in
Boͤhmen I) in die haubt-gewerken, II) die
lehn-hauer, und III) die after-gewerken, Baus
I ſ. 69. Daß aber die unterhaltung der berg-
werke ein groſes koſte, erhellet daraus, weilen die
koſten der Ungariſchen bergwerken ſich jaͤrlich uͤber
eine million fl. belaufen, wozu in allen nur
60,000 fl. aus ſicheren einkuͤnften fallen; herge-
gen
[1103]von dem bergwerks-regale.
gen das uͤbrige vermittels der bergarbeit erwor-
ben werden muß.
§ 2760
Die rechten der berg-gebaͤude haben ire abſichtder ſchacht,
entweder auf die gruben- oder tage-gebaͤu[d]e.
Jene ſind entweder ſchacht- oder blos ſtollweiſe,
oder beides zuſammen. Der ſchacht iſt ein in die
tife abgeſunkenes loch, oder eine weite, dadurch
man einfaren, auch erzt und berg heraus foͤrdern
kan. Die gewerken moͤgen bei allen gattungen
einſchlagen, wo ſie wollen.
§ 2761
Die fund-grube iſt ein gewiſſes maas, oderdie fund-
grube,
eine laͤnge des gemuteten feldes, wo zum erſten
der gang entbloͤſet, und kuͤbel, auch ſeil geworfen
worden iſt. Die fund-grube haͤlt drei wehre in
die laͤnge; in Kur-Sachſen 60 lachter, ſonſt aber
42 lachter. Die lachter iſt in Kur-Sachſen ein
bergmaas von viertehalb ellen. Jede lachter tut
acht zolle. Im Mannsfeldiſchen enthaͤlt ſie 84
zolle. Die maaſen ſind zechen, oder gebaͤude,
oder das vermeſſene feld, welches nach einer fund-
grube auf eben demſelben gange aufgenommen
worden iſt. Den gang nennet man einen ſtrich,
welcher das geſtein entzwei ſchneidet, oder ein von
erzten, betten, druſen, oder andern materien an-
gefuͤllte klunſe. Derer ſind virerlei: I) der mor-
gen-gang, welcher, dem compaſſe nach, die ſtunde
fuͤret von 3-6; II) der ſpat-gang, von 6-9;
III) der ſtehende gang, von 11-12; IIII) der fla-
che-gang, von 9-12 uhr.
§ 2762
Wegen des ſtollen-rechtes iſt zu merken, daßdas ſtollen-
recht iſt un-
terſchiden.
ſelbiges unterſchiden ſey; anerwogen die tage- und
ſuch-ſtollen mit einem kleinen abtrage, und einer
ſtoll-ſteuer ſich zu begnuͤgen haben. Da hingegen
der
[1104]LXIII haubtſtuͤck
der tife haubt- und erb-ſtollen, merere gerechtſa-
men hat. Der erb-ſtolle iſt, welcher ſo tif, als
moͤglich iſt, mit ſeiner roͤſche und waſſer ſeige her-
an geholet iſt, ſo, daß er das tifeſte des gebuͤrges
aufſchluͤſſet, und, nach gelegenheit, keiner unter
ihm mit einem ſtolln anſezen kan. Zehne lachter
und eine ſpanne unterm raſen ſeiger kommen, heiſt
eine erb-ſtolln.
§ 2763
ten des erb-
ſtollus.
Die freiheiten des erb-ſtollns ſind: I) von
ieder zeche, der dadurch das waſſer benommen
wird, das neuntel; II) der ſtolln-hieb. Diſer
beſtehet darin, wenn er erzt antrift, derſelbe 5 ¼
lachter uͤber ſich, von der waſſer ſeige an, und
½ lachter von der weite das erzt weghauen darf.
Haͤtte es aber der ſtoͤllner verſehen, und ſeine waſ-
ſer-roͤſche nicht tif genug heran geholet, auch ſchon
unter gekrochen waͤre, d. i. ſchon unter der erden
arbeitete; ſo mag er ſolche nicht nachholen, ſon-
dern, wenn ein anderer koͤmmt, und neben ihm
einen ſtolln tifer heran holet, mithin den erſten
auserbet, iſt er der erbſtolln-freiheit verluſtig, und
wird zum tage-ſtoͤllner. Weiter gehoͤret zu den
erbſtolln-rechten, daß, wofern er auf ungemutete,
folglich bergfreie gaͤnge kommet, welche erzt fuͤren,
der ſtoͤllner, ſonder vorhergegangene mutung, vir-
tehalb lachter im hangenden, und eben ſo vil im
ligenden, das erzt aushauen darf, Lehmann
ſ. 186 fg.
§ 2764
den ſtolln
gehalten
wird?
Gemeiniglich iſt der landesherr bei treibung der
haubtſtolln ſelbſt der ſtoͤllner. Diſes erleichtert
den bergbau ungemein. Gleichwol kommet das
meiſte auf den haubtſtolln mit an. Die uͤbrigen
ſtolln leiſten ire dinſte nicht lang, und werden gar
geſchwinde durchſunken. Daher ſie auch groſe
vorteile
[1105]von dem bergwerks-regale.
vorteile nicht begeren koͤnnen. Vilmehr, wenn ſie
das waſſer fallen laſſen, mithin den tifeſten mehr
waſſer bringen, als benemen, inen gar nichts ge-
buͤret, auch, dafern der ſtoͤllner ſchuld daran iſt,
noch darzu beſtrafet wird. Treiben aber die ſtoͤl-
len einen ſtolln-ort auf des andern gange, mithin
der gewerkſchaft zum beſten verarbeiten; ſo erlan-
gen ſie den virten pfennig. Anderwerts treiben
die gewerken mit dem ſtoͤllner das ſtolln-ort zur
haͤlfte. Uebrigens hat man ſtolln-ſchichtmeiſter
und geſchworne, Lehmann ſ. 188 fg.
§ 2765
Anlangend die berg-gebaͤude uͤber der erden; ſodie bergge-
baͤude uͤber
der erde.
ſtellen ſich die poch-werke und ſcheide-baͤnke dar.
Diſe beduͤrfen keiner beſondern mutung. Die
ſcheide-bank iſt eine an den waͤnden angemachte
bank, oder gleichſam tiſch, bis zwo ellen breit,
an welcher die ſcheide-jungen von ſechs bis neun
und mereren jaren ſizen, und mit einer ſcheid-faͤu-
ſtel auf einen ſteinernen oder eiſernen pochſchlag,
das dahin geliferte ſtuf-werk zerſchlagen, zerfezen,
und das gute von dem tauben erzte abſondern.
Hergegen muß das pochwerk, oder wenigſtens
das aufgeſchlagene waſſer darzu gemutet, und ein
rad waſſers in den mutſchein geſezet werden.
Das waſſer darzu mag man durch eines andern
grund und boden leiten. Jedoch iſt der eigentuͤ-
mer deshalber ſchadlos zu ſtellen. Die kleineſten
quellen werden zu diſem behufe aufgefangen, da-
mit durch deren zuſammenleitung ein pochwerk
entſtehe.
§ 2766
Eine bergſchmidte kan nicht nach gefallen ange-wie eine
bergſchmid-
te angeleget
werden
kan?
leget werden, ſondern die beſtaͤtigung daruͤber iſt
von dem landesherrn oder berg-haubtmanne zu
erlangen. Der bergſchmidt arbeitet das zum
A a a aberg-
[1106]LXIII haubtſtuͤck
bergwerke gehoͤrige eiſen-zeug um einen fuͤrgeſchri-
denen preis. Er muß ſeine probe mit einem krai-
le, einer kraze, und beſchlagung eines berg-kuͤbels,
auch berg- und waſſer-tonnen machen. Das
bauhaft erhalten beſchihet durch ein haͤufgen ſtei-
ne, das er an der ort leget, und dem bergmeiſter
zeiget. Auf diſe weiſe gehet ſein recht nicht verlo-
ren. Hergegen faͤllet das pochwerk ins freie,
wenn in der beſtimmten zeit darauf nicht gepochet
worden iſt. Es koͤnnte denn deshalber eine hin-
laͤngliche urſache beim bergmeiſter angebracht wer-
der berg-
gebaͤude
freiheiten,den. Alle berg-gebaͤude haben das recht mit be-
willigung des bergmeiſters das waſſer zu irem be-
hufe anzuleiten. Sie ſind von den buͤrgerlichen
abgaben frei. Die einquartirungs-laſt faͤllet weg,
wenn ſie gleich zur wonung zubereitet, und bewo-
net wuͤrden, Lehmann ſ. 190.
§ 2767
bedeutet?
Die gewonnenen dinge an metallen, mineralien,
und foſſilien, muͤſſen vom landesherrn gemutet
werden. Muten heiſſet in Sachſen, mithin in
engen verſtande, dem bergmeiſter ſchriftlich zu er-
kennen geben, wie man in einer gewiſſen gegend
(orte) auf dem gebuͤrge in unverlihenen felde, eine
fund-grube (maaſen, ſtolln, waſſer, poch- und
ſchmide-ſtaͤtte, oder eine ins freie gefallene zeche)
aufzunemen, und zu bauen begere. Dahingegen
auſſer Sachſen das muten in weitlaͤuftigem ver-
ſtande der gebrauch alles deſſen, was ins minera-
liſche reich gehoͤret, einer mutung bedarf. Der
landesherr behaͤlt ſich dafuͤr etwas aus, z. e. den
zehnten, oder bei den edelen metallen zihet er ſel-
bige, z. e. bei der ſilber-bezalung, ab. Bei foſ-
ſilien geben die pachter jaͤrlich etwas gewiſſes.
Wo iedoch ein adelicher die ſteinkolen, ton-erden
zu zigel-huͤtten, die ſtein- und marmor-bruͤche, die
kalk-
[1107]von dem bergwerks-regale.
kalk-ſteine kraft einer unuͤberdenklichen zeit her ge-
bracht hat; ſo dinet ihm diſes herkommen anſtatt
einer ausdruͤcklichen begnadigung. Daher der
Schenk zu Herrmannſtein wider die einwoner des
dorfes behaubtet hat, daß derjenige ſteinhauer,
welcher zugleich ein dorfs-einwoner iſt, den 10ten
pfennig aus dem ſtein-bruche, wie ein auswaͤrti-
ger ſteinhauer zu entrichten habe.
§ 2768
Beim abſterben eines gewerkes gehoͤren zu denwas zu dem
beweglichen
eines gewer-
kes beim ab-
ſterben ge-
hoͤret?
beweglichen ſachen: I) die gefaͤlligen ausbeuten,
II) die bereits gewonnenen, und uͤber die haͤnge-
bank, das iſt, aus der grube gefoͤrderten metalle,
mineralien, foſſilien ꝛc. Die berg-anteile aber
rechnet man zu den unbeweglichen dingen.
§ 2769
Ein glaͤubiger kan ſich weder an die berg-teile,ob ſich ein
glaͤubiger
an die berg-
teile halten
kan?
noch den daher ruͤrenden genuß, oder die fruͤchte
ſeines ſchuldeners halten: es ſey dann, daß die
ſchuld vom bergbaue herruͤre; oder daß vorm berg-
amte er ſein anteil unterpfaͤndlich verſchriben haͤtte.
Nach ableiben des ſchuldeners, falls deſſen ver-
moͤgen nicht anreichend iſt; moͤgen die glaͤubiger
an den berg-anteil ſich halten. Der dibſtal anwie der dib-
ſtal an erz-
ten beſtrafet
wird?
erzten wird ſchaͤrfer, als ein anderer beſtrafet.
Die bloſſen mineralien und foſſilien machen keinen
ort des berg-rechtes faͤhig, ſondern es muͤſſen we-
nigſtens metalle ſich dabei finden. Die nideren
metallen, womit ein landſaß belehnet iſt, geben
ihm das recht ein bergamt zu haben. Gleichwol
haben ſie ſich nach den landesherrlichen berg-ord-
nungen zu achten; ſie haͤtten denn eine vom lan-
desherrn beſtaͤtigte ordnung fuͤr ſich, Lehmann
ſ. 192. Auf diſe art haben die Kur-Saͤchſiſche
ober-aufſeher der grafſchaft Mannsfeld von
Selmniz, und Franz Max, Johann George,
A a a a 2Hein-
[1108]LXIII haubtſtuͤck
Heinrich Franz, und George Albrecht grafen und
herren zu Mannsfeld die berg-ordnung 1673 ver-
faſſet, welche der Kur-fuͤrſt Johann George zu
Sachſen den 28. october 1673 beſtaͤtigen, und in
ſeinem hohen namen ausgehen laſſen, Kiesling
ſ. 25 und 76.
§ 2770
herr kan
das ſchmel-
zen der ho-
hen oͤfen
einſchren-
ken.
Der landesherr kan z. e. das ſchmelzen der ho-
hen oͤfen einſchraͤnken. In Kur-Sachſen duͤrfen
ſie nur XXIIII wochen des jares uͤber gehen,
BausII ſ. 17. Diejenigen ſachen, welche in
Kur-Sachſen fuͤr das berg-amt gehoͤren, hat
Wabſt am a. o. benimet.
§ 2771
Den vorwurf: als ob die berg-werks-koſten
dem einlegen in eine lotteri glichen, hat Kiesling
ſ. 107 widerleget.
§ 2772
bei den
bergwerken,
Bei den bergwerken werden folgende buͤcher
gehalten: I) das belehnungs (beſtaͤtigungs-)
buch, II) das ſchid- und vertrags-buch, III)
das kummer- und arreſt-buch, IIII) das friſt-
buch, V) das erb-bereit-buch (vermeſſungs-
buch), VI) das receß-buch, woraus ſich der
ufſtand veroffenbaret, ob die ausbeute die koſten
uͤberſteige, oder nicht? VII) das zehnten-buch,
VIII) das austeiler-buch, VIIII) der ſchichtmei-
ſter-zechen-regiſter, X) das hand-buch, darin
die ratſchlaͤge und bedenken des berg-haubtmanns,
bergmeiſters und der geſchwornen, ſich finden, XI)
das ſchmelz-buch, XII) das probir-buch, XIII)
das nachlaſſungs-buch, BausI ſ. 110, XIIII)
das gegen-buch.
§ 2773
buches in-
halt?
Diß gegen-buch enthaͤlt III teile. Der erſte
begreifet das lehn-buch; der zweite das gegen-
buch,
[1109]von dem bergwerks-regale.
buch, darin die berg-anteile beſchriben ſind, und
wem ſie zuſtehen? der dritte heiſet das retardat-
buch, darin die namen derer aufgezeichnet werden,
deren kukſen im retardate verſtanden ſind, das iſt,
welche ſolcher verluſtig worden, und ire zubuße
mit num. 6 woche des quartals nicht entrichtet
haben, Hornde libro metallico antigrapho,
Wittenberg 1706, 4.
§ 2774
Wegen zaͤlung des quartales, und deſſen an-wie das
quartal ge-
zaͤlet wird?
fang und endigung in der herrſchaft Itter, tat
ſich in vorigen 1756. jare, zwiſchen einem Juͤdi-
ſchen und andern gewerke irrung hervor, deren
entſcheidung von der hiſigen juriſten-facultaͤt gebe-
ten ward. Der Tal-Itteriſche berg-kalender gi-
bet hirunter die maas-regel. Das geding ging
dahin: es uͤberlaͤſſet N. N. dem N. N. die kupfer
von ſeinen zehn-kukſen, auf 10 jare. Der anfang
diſes handels ſoll vom quartale Luciaͤ 1745 anfa-
hen. Gleichwol nach ausweiſe des Tal-Itteri-
ſchen berg-kalenders, das quartal reminiſcere mit
dem 28. dec. anfaͤnget, und den 27. maͤrz zum
ende gehet. Das zweite quartal trinitatis herge-
gen den 28. maͤrz eintritt, und den 26. junius ſich
endiget. Darauf das dritte quartal crucis den
27. junius anhebet, und den 25. ſeptember ſeine
endſchaft erreichet; imgleichen das virte quartal
Luciaͤ den 26. ſeptember ſeinen anfang gewinnet,
und am 25. december zum ende koͤmmt; folglich
bei ieder quartals-endigung der quartals-ſchluß
gehalten wird.
A a a a 3Vir
[1110]LXIV haubtſtuͤck
Vir und ſechzigſtes haubtſtuͤck
Von dem ſalz-regal, und ſalz-werken.
§ 2775
gal wird
fuͤr ein aus
dem berg-
werks-regal
abſtammen-
des beſon-
deres regal
gehalten.
Das ſalz-regal wird fuͤr ein aus dem berg-
werks-regale abſtammendes beſonderes regal
gehalten, immaſen das ſalz, welches entweder als
ſtein-ſalz gegraben wird, oder aus der erden her-
vor quillet, unter diejenigen mineraliſchen ſachen
gehoͤret, welche unter das bergwerks-regal zu zaͤ-
len ſind. In unterſchidlichen Teutſchen landen
iſt auch wohl, inhalts der berg-ordnungen, ver-
goͤnnet, ſalz-gruben und brunnen gleich andern
mineralien bei den berg-gerichten zu muten und zu
bauen; allein diſes iſt nicht durchgaͤngig zu fin-
den, ſondern es behalten die landesherren in vilen
landen die ſalz-werke entweder gaͤnzlich fuͤr ſich,
oder uͤberlaſſen ſolche andern auf allerhand weiſe,
eigentuͤmlich, zu lehn, erb-beſtands- und pacht-
weiſe, und erheben daher mancherlei einkuͤnfte,
Hofmanns diſp. de emphyteuſi cap. IIII § 9,
10 fgg., von Rohr im haushaltungs-rechte ſ.
1361 fgg. George Engelbrechtde iure ſalina-
rum, ſect. III § 1 fg. ſ. 34 fg. Im Rheingraͤf-
lichen, auch zu Halle, in Schwaben, findet man
die ſalz-ſoden auf eine erbleihe ausgetan.
§ 2776
brunnen
ſind ſchon
in den aͤl-
tern zeiten
unter die
regalien ge-
zaͤlet wor-
den.
Daß aber die ſalz-brunnen und das ſalz ſchon
in den aͤltern zeiten unter die regalien in Teutſch-
lande gerechnet worden ſeynd, iſt um ſo weniger
in zweifel zu ziehen, ie deutlicher ſich aus den Teut-
ſchen geſaͤzen und urkunden erbricht, daß die kai-
ſer ſich ſelbiger angemaſet, ſolche verlihen und pri-
vilegien deßfalls erteilet haben. Geſtalt hirvon
II F.
[1111]von dem ſalz-regale.
II F. 56, die guldene bulle kaiſer Carls des IIIIten
cap. 9, des mereren beſagen. Die belenung kai-
ſers Ludewigs des frommen an das hochſtift Cor-
vei mit den ſalzquellen, ſtehet in den documenten
aus dem Hanauiſchen archive ſ. 23 num. 25.
Die uͤbrigen fuͤrſten und ſtaͤnde haben ſelbige teils
vor der guͤldenen bulle, teils nach derſelben, ſo-
wohl durch privilegien erlanget, als auch lehns-
weiſe erhalten, und ſich deren nach und nach aus
landesherrlicher hoheit angemaßet. Kaiſer Otto I
verlihe dem erzbiſchoffen zu Magdeburg die Hal-
liſchen ſalz-quellen, MeibomT. I ſ. 745 rerum
Germ.Leubers Magdeburgiſcher ſtapel-unfug
num. 1187, HeigiusI quaeſt. 14 num. 27. Wie
die Luͤneburgiſche ſalz-werke auf Hermann von
Billingen gekommen ſeynd, zeiget Sagittarius
in der diſp. de origin. et incrementis Sulziae
Luneburg. § XI. Heinrich der Loͤwe richtete die
Oldensloiſchen ſalz-gruben zum vorteile ſeiner Luͤ-
neburgiſchen ſalz-werke zu grunde. Helmold in
Sax. lib. VIII cap. 27. Kaiſer Carl IIII erteilte
dem grafen Johann zu Salm im jare 1357 die
freiheit: ein ſalz-werk aufzurichten, Luͤnig im
ſpecileg. ſaecul. IIten teile ſ. 1921. Nicht min-
der hat kaiſer Maximilian der II in dem mit den
Boͤhmiſchen ſtaͤnden im jare 1574 aufgerichteten
vertrage die ſalz-werke ſich ausdruͤcklich, als ein
hohes koͤnigliches privilegirtes regal, in alle wege
vorbehalten, Linnaͤusad auream bullam cap.
VIIII § 10, 17, num. 3, Herts diſp. de ſuperio-
ritate territoriali § 46, von Rohr am a. o.
ſ. 1352 fgg., von JuſtiII ſ. 249 fgg. § 199 fgg.
Fritſchde regali ſalinarum iure,von Lude-
wig in den conſiliis Halenſ. T. I lib. III conſ.
79, Buſchde regali ſalin. iure,Zink im be-
meldten grund-riſſe II § 742 fgg., S. Gothaiſche
A a a a 4L. O.
[1112]LXIV haubtſtuͤck
L. O. P. II cap. 4 tit. 5, Stiſſer am a. o. cap. 5
abt. 3 § 6 ſ. 172. Wenn alſo die ſalz-werke nicht
zu den regalien gerechnet worden waͤren, haͤtten
die kaiſer daruͤber nicht gebaren koͤnnen.
§ 2777
ſalz-regal
beſtehet?
Es beſtehet aber das ſalz-werks-regal in dem
hohen rechte, vermoͤge deſſen ein landesherr ſich
die in ſeinen landen befindliche, und in dem pri-
vat-eigentume nicht ſtehenden ſalz-quellen und ſalz-
ſteine aufſuchen, ſalz-werke anrichten und ſolche
ſowohl fuͤr den ſtat behalten, als auch andern
verleihen kan. Diſemnach iſt nimand befugt,
die ſalzwerks-rechte eigenmaͤchtig und one verguͤn-
ſtigung des landesherrns ſich anzumaßen, Geor-
ge Engelbrechtde iure ſalinarum ſect. II § 6
ſ. 19, ſect. III § 1 fgg.
§ 2778
andern ver-
lihen wer-
den, wobei
iedoch die
hoheits-
rechte vor-
behalten
ſind.
Die verleihung mag von dem landesherrn nicht
allein gegen eine gewiſſe abgift, ſondern auch um-
ſonſt beſchehen. Wenn nun gleich diſes ſich zu-
traͤget, bleibet dennoch das recht dem landesherrn
vorbehalten; desfalls behoͤrige geſaͤze und ordnun-
gen fuͤrzuſchreiben, ordentliche collegia und bedinte
zu beſtellen, alle oder die obere gerichtbarkeit
daruͤber auszuuͤben, gewiſſe perſonen von diſer
narung auszuſchluͤſſen, alle dahin gehoͤrige kuͤnſte
und wiſſenſchaften, nebſt den anſtalten darzu zu
befoͤrdern, das recht den handel und verkehr ein-
zurichten, ſteuren und andre auflagen, wie von
andern guͤtern der untertanen, davon zu fodern,
allerhand freiheiten dabei zu erteilen, mancherlei
ſtrafen und zwang-mittel zu beſtimmen, ſeinen
holz- und kolen-verkauf mit vorteil und vorrechten
zu verordnen, ſalz-contoir-magazine, niderlagen
anzuordnen, Bernhart Gottfrid Hezelsde ſa-
linis earumque inſpectione magiſtratui ciuita-
tum
[1113]von dem ſalz-regale.
tum imperialium competente, Altorf 1750,
Engelbrechtſect. II § 9 ſ. 27 fg. ſect. III
§ 1 fgg. Ob und wie fern die ſalzniderlage auch
monopolien einzufuͤren ſeynd? davon handelt der
von Ludolfobſ. LXXII ſ. 155. Man kan auch
die beim kammer-gerichte in ſachen der aͤmter
Stoppelberg ꝛc. wider Naſſau-Weilburg ver-
handelte gedruckten ſchriften und urtel zu rate
zihen.
§ 2779
Wie farlaͤſſig die rentkammer-verfaſſung unddie rent-
kammern
ſind ehedem
bei einrich-
tung der
ſalzwerke
farlaͤſſig ge-
weſen.
die beobachtung der regalien ehedem geweſt, ſol-
ches ergeben die alten einrichtungen der ſalz-werke;
die landesherrn uͤbergaben ſolche entweder an eine
ſoͤder-zunft, wie die grafen von Hanau mit der
eintraͤglichen ſalz-quelle zu Nauheim taten. Da-
hingegen ihnen ein ieder ſoͤder jaͤrlich zweine gulden
entrichtete, beſage der beſchreibung der Hanau-
Muͤnzenbergiſchen lande, 1720 fol. ſ. 45, und
der urkunde num. 103 bis 115. Das ſalzwerk zu
Frankenhauſen gehoͤret den buͤrgern. Der Lan-
desherrſchaft geben diſe von einem ſtuͤcke ſalzes,
oder 1 ſcheffel ¼, einſchluͤßlich der uppenſtuͤcke 2
groſchen zolles. Andre Landesherren haben die
ſalzwerke zu lehne gereichet, wie z. e. in Halle,
auſſer, was die landesherrſchaft beſizet im tale,
wo ſich gutsherrn, welche teilhaber an den ſalz-
boͤrner ſind, und auf irer auslaͤufte ſizen, oder
die eine ſalz-kote haben, welche die ſoole verſiden
und pfaͤnner heiſen, befinden. Zu Schoͤningen
haben ſich einige buͤrger die ſalz-quellen zugeeignet,
dergleichen iſt auch vom ſalz-werke zu Salz-Deth-
furt, im Hochſtifte Hildesheim zu ſagen, imglei-
chen zu groſen Salza, zu Staſſfurt, zu Solen
und Suldorf. Wie denn der ſtadtrat zu Sulze,
im Meklenburgiſchen, nebſt der buͤrgerſchaft die
A a a a 5ſalz-
[1114]LXIV haubtſtuͤck
ſalz-pfannen hat, nicht minder zu Salzungen die
pfaͤnner das ſalz-werk untern haͤnden haben; auch
zu Halle in Schwaben ſolches den privat-perſo-
nen, wie zu Luͤneburg eigen iſt. Der herr Jung
de iure ſalinarum cap. III § 10 fgg., will hieraus
den ſchluß herleiten, daß die ſalz-werke vor dem
zu den regalien nicht gehoͤret haͤtten; tue hinzu
den freiherrn von Lynkerreſp. VIIII, iedoch ſo-
wohl die bewaͤrteſten rechtslehrer, als auch die rent-
kammern rechnen die ſalz-quellen zu den regalien.
§ 2780
mancherlei.
Es gibet mancherlei ſalz, als meer-berg-quel-
len- holz-ſalz, Joh. Heinrich Jungsde iure
ſalinarum tum veteri tum hodierno liber ſin-
gularis, Goͤttingen 1743, 4, cap. III § 6 ſ. 102 fgg.,
von Juſti am a. o. § 20 ſ. 250 fg., Stiſſer
§ 7-9 ſ. 172 fg. In betref des berg- oder gru-
ben-ſalzes waltete ein ſtreit zwiſchen Salzburg
und Berchtesgaden vormals ob, von Ludolf
obſ. CCLXVII ſ. 156, III. Von dem meer-
ſalze iſt bei dem waſſer-regal gehandelt worden.
Sihe das oͤconomiſche lexicon unter dem worte
ſalz. Das aus ſalzbornen kommende ſalz wird
fuͤr beſſer und geſunder, auch ſchmackhafter und
reiner, iedoch ſchwaͤcher, als das ſee- und berg-
ſalz gehalten. Das born-ſalz teilet ſich in grob
wuͤrfeliches, und klein wuͤrfeliches. Jenes iſt
ſtaͤrker als diſes. Das Luͤneburgiſche und Coͤl-
niſche ſind grobwuͤrfelich, oder grob-koͤrnig; das
Halliſche aber klein-koͤrnig, Joh. Gottſchalks
Wallerins mineralogie § 86 ſ. 224. Der bauer
haͤlt auf grobes und graulichs ſalz. Allein von
der groͤſe auf die ſtaͤrke des ſalzes zu geben, iſt ein
fehl-ſchluß. Zu Schmalkalden war es kleinkoͤr-
nig, man machete es hernach groskoͤrnig, ſchaffe-
te es aber wieder ab.
§ 2781
[1115]von dem ſalz-regale.
§ 2781
Der ſalz-born iſt eine quelle, aus deren waſſerwas der
ſalzborn iſt?
man das ſalz ſiden kan. Diſes iſt eine mit waſſer
vermiſchte feine erde, Stahl im opuſculo chy-
mico-phyſico-medico ſ. 96 fgg. Der Mar-
perger im kaufmanns-magazine ſ. 363 fg. ſezet 22
kennzeichen eines guten ſalzes. Der groſe chy-
micus Neumann ſ. 99 fg. des Iten bandes IIten
teile ſezet folgende eigenſchaften des mittel- oder
koch-ſalzes: 1) daß es aus einem ſauren ſalze und
einer laugenhaften erde beſtehe, 2) die brennbare
materi vermere, 3) daß es ſich in ein urinhaftes
ſalz verwandele, und 4) die feuchtigkeiten leicht
anzihe, oder nach Woltersdorfs mineral-ſyſtem
ſ. 31, welches eine weißliche figur hat, ſalzigt
ſchmeckt, und in feuer praſſelt (§ 2652).
§ 2782
Wenn ein zuſammen gefloſſener mineraliſcherwie die ſalz-
quellen ent-
ſtehen?
ſaft in der erde ſeine kraft einer waſſer-quelle mit-
teilet, ſo entſtehet daraus eine ſalz-quelle. Diſe
iſt entweder reichhaltig, oder reich, oder arm.
Reiche ſind, wenn ſie im auslaufen eine roͤre von 4
zollen im durchmeſſer fuͤllet, oder daß iederzeit ſoole
aus dem borne, oder ſchachte kan geholet wer-
den, anbei etwa 3, 2 oder wenigſtens 1½ lot ſchwer
iſt, und ſolches heiſſet reich zum gradiren. Reich-
haltig nennet man diejenige ſoole, die man nicht
gradiren darf, ſondern aus dem borne ſofort ſiden
kan, wie zu Reichen in Baiern, Halle im Mag-
deburgiſchen, Luͤneburg, Halle in Schwaben.
§ 2783
Nach der Wendiſchen ſprache heiſſet das waſ-was die ſoo-
le bedeutet?
ſer aus einem ſulzborne die ſoole, auf Teutſch
die ſulze. Jemehr diſe ſuͤſſes waſſer bei ſich fuͤret,
deſto leichter iſt ſelbige. Die abſonderung des
ſuͤſſen waſſers iſt demnach der haubt-kunſtgriff.
Zu
[1116]LXIV haubtſtuͤck
Zu Halle im Magdeburgiſchen werden zu diſen
behufe 1) ochſen- oder rinder-blut, 2) eierſchalen,
und 3) breihan in die pfanne getan. von Juſti
II § 201 ſ. 252 fg., von Rohr im haushaltungs-
rechte Xten buche Vten cap. § 15 ſ. 1359 fg. Allein
an andern orten, nur wenige ſalzſidereien und die
zu Salſo bei Parma ausgenommen, bedarf man
des rinderblutes nicht. Etliche duzend eier nebſt
der ſchalen in kalkwaſſer, mit ruten geſchlagen
und denn in die pfanne geſchuͤttet, worin ſirop ge-
ſotten wird, hat eine beſſere ſonderungs-kraft.
Sonſt gibet Hondorf vom Halliſchen ſalzweſen
die beſte anleitung, wo man die zuſaͤze bei dem
von Dreyhaubt in der Beſchreibung des ſaal-
kraiſes Iten teile hinzufuͤget. Und da der fuͤrſtli-
che kammer-director und ober ſalz-graͤfe herr
Waiz zu Caſſel, die Heſſiſchen und das Hanaui-
ſche ſalzwerke in eine ungemeine aufname gebracht
hat; ſo wuͤrde man aus deſſen grundſaͤzen diß-
falls ſehr guten nuzen ſchoͤpfen koͤnnen, wenn ſie
an das licht kaͤmen. Wie denn derſelbe durch
hebung des groſen ſteines, der in der ſalz-quelle
zum Alendorfe lag, diſer einen groſen zuwachs
verſchaffet hat.
§ 2784
quellen ein-
geteilet
werden?
Die ſalz-quellen werden entweder nach berg-
werks-art eingeteilet, wie die zu Halle im Magde-
burgiſchen, der Teutſche born in 128 quarten
nach der weiſe einer kukſe, der gut-jar in 24,
der Mederiz in 80 quarten; der Hakeborn hinge-
gen in 32 noͤſel eingeteilet werden.
§ 2785
tung einer
quelle be-
trachtet
wird?
Die haltung einer quelle wird nach den loten
betrachtet, z. e. die ſalz-quelle zur Julius-Halle,
in Braunſchweig-Wolfenbuͤtteliſchen haͤlt ſieben
bis achtehalb lote, von Rohr beſchreibung des
Ober-
[1117]von dem ſalz-regale.
Ober-Harzes ſ. 301, die ſoole zu Frankenhauſen
in Thuͤringen iſt 10 bis 11 loͤtig, ſtats- und reiſe-
geographie VI ſ. 1011, der gehalt der ſalz-quelle
wird entweder vermittels einer ſool-wage, aus
glaſe, meſſing, oder ſilber, beſage Leupolds in
theatro machinarum, oder am ſicherſten uͤber
dem feuer durch das ſiden erforſchet, Gaſſer am
a. o. ſ. 261 § 3.
§ 2786
Je leichter die ſoole iſt, deſto mehrer gradirungdie leichte
ſoole muß
gradiret
werden.
bedarf diſelbige. Solche beſchihet im gradir-
hauſe oder leck-werke. Diſes iſt ein langes ge-
baͤude, dadurch die luft ſtreichen kann, welches
mit einem dache verſehen iſt. Unter diſem ligen
die rinnen, unter diſen aber das leck-werk, wor-
auf die ſoole von oben aus den rinnen tropfenweiſe
und vollends herunter in den kaſten faͤllt, waͤren-
der zeit aber ſtaͤrker wird, indem die luft die
ſuͤßen teilgen der ſoole auslecket. Das leckwerk
wird aus ſtroh, oder nach Boͤſens fuͤrſchlage
beſſer aus doͤrnern gemachet. Man ſehe die be-
ſchreibung des Hanauiſchen ſalz-werkes zu Nau-
heim in der Wetteran beim KevſlerI ſ. 50, von
Juſti am a. o. II ſ. 251 fgg. Die ſoole iſt durch
roͤren und gerinne vermittelſt der kunſt-werke in
die koten zu bringen, immaſen diſes die ſparungs-
kunſt erfodert.
§ 2787
Die policei, auch die rentkammer, kan hinter-wie die pro-
ben des ſalz-
waſſers zu
machen
ſind?
gangen werden, wenn ſie den angebern der ent-
wuͤrfe zu leichte glaubet, und ein ſalzwerk anlegen
will, iedoch es die koſten nicht austraͤgt; ſo iſt
nach den verſuchen Iſaac Newtons in den prin-
cipiis philoſophiae naturalis mathematicae ſ. 373
voraus zu ſezen, was maßen das ſalzwaſſer bei-
nahe zweimal zu ſchwer, als das ſuͤſſe waſſer ſei,
Kuͤhn
[1118]LXIV haubtſtuͤck
Kuͤhn von dem urſprunge der quellen ꝛc. § 2 ſ. 23.
Sodann iſt die probe vermittelſt einer ſtarken aus-
duͤnſtung zu machen. Denn diſe vertreibet das
ſuͤße waſſer allmaͤlich, und das zuruͤck geblibene
wird immer mehr und mehr ſalziger, bis endlich
nichts als das gedigene ſalz uͤbrig bleibet, Kuͤhn
§ 83 ſ. 86. Daher laͤſſet man vile pfunde davon
kochen, und ſo weit ausdunſten, bis ſich ein haͤut-
chen, oder kleine cryſtallgen auf die oberflaͤche des
ſalzes ſezen. Hernach iſt das Feuer zu vermin-
dern, damit die ſoole nur maͤßig warm bleibe und
dampfe, ſo werden die vorher kleinen cryſtallen
groͤßer wachſen, welche in der ſolution zu boden
gehen. Sollte ſich bei einem etwa zu ſtarken feuer
eine haut darſtellen, iſt diſe zu zerbrechen, weil ſie
das ausdampfen behindert. Iſt die ſoole derge-
ſtalt eingedicket worden, daß die ſalz-cryſtallen faſt
an ire ober-flaͤche reichen; alsdenn giſe die ſoole
von den unten ſich geſezten cryſtallen ab, und be-
handele ſie nach eben diſer fuͤrſchrift ferner; die
geſammleten und in gelinder waͤrme getrockneten
ſalz-cryſtallen zihe man auf der wage auf. Joh.
Andreen Cramers anfangsgruͤnde der probir-
kunſt ſ. 647, Friderich Hofmannopuſc. phy-
ſico-medicorum t. I ſ. 340.
§ 2788
einem pfun-
de ſalzwaſ-
ſer ſalz ge-
ſotten
wird?
Oder nimm aus dem Teutſchen borne zu halle
an XXV pfunde waſſers, daraus werden geſotten
5 pfund, 3 unzen und 7 quentgen ſalzes: aus dem
gut-jare XXV pfund ſoole genommen, tun 5 pfund
2 unzen ſalzes: aus dem Metriz XXV pfund
ſoole betragen 5 pfund ſalzes: aus dem Hacke-
born XXV pfund ſoole, geben 5 pfund und 2 un-
zen ſalzes; folglich gibet der Teutſchen bornes
1 pfund ſoole, 3 unzen und 3 quentgen ſalzes:
1 pfund ſole des gut-jares enthaͤlt 3 unzen 2 quent-
gen:
[1119]von dem ſalz-regale.
gen: aus dem Metriz 1 pfund ſoole, tut 3 unzen
1 quentgen 36 grane. Ein pfund ſoole des Ha-
ckeborns lifert an ſalze 3 unzen und 2 quentchen.
Zu Reichen-Halle in Baiern ſidet man aus
1 pfunde ſoole 4½ unzen 2 quentgen ſalzes. Das
pfund Luͤneburgiſcher ſoole gibet 4 unzen ſalzes.
Ein pfund Staßfurtiſcher ſoole enthaͤlt ¾ unzen
ſalzes. Zu Groſen-Salze tut ein pfund ſoole 2½
unzen und 1 quentgen ſalzes. In Alt-Salza haͤlt
ein pfund ſoole 1 unze ½ quentgen ſalzes. Von
gleichem gehalte iſt die ſoole zu Suldorf. Die
ſoole zu Frankenhauſen hat in 1 pfund ſoole 1 unze
und 3 quentgen ſalzes. Die ſoole zu Allendorf iſt
reich an 1 pfund mit 1½ unzen ſalzes. Die ſalz-quel-
len zu Aſchersleben, Colberg und Salzungen ent-
halten in 1 pfund ſoole 1 unze ſalzes, Hofmann
am a. o. ſ. 345. Zu Halle heiſet ein werk, das
aus zweien ſtuͤcken beſtehet, und 36 eimer ſoole
enthaͤlt. Diß wird in 4 ſtunden gar geſotten,
daß demnach in tag und nacht 12 ſtuͤcke gekochet
werden koͤnnen. Diß iſt alſo derjenige koͤrper,
welcher aus ſeinem eigenen ſauer-ſalze, und einer
beſondern alcaliniſchen erde beſtehet. Joh. Jun-
kers abhandelung der chemi ſ. 422 des IIIten tei-
les, wo er auch die zubereitung des koch-ſalzes
lehret. Sihe auch Stahlen von den ſalzen ſ. 146.
Was man zu Halle im tale nennet; das heiſſet
zu Luͤneburg in der ſuͤlze; ſo dann bedeutet ſuͤlze
das aus der ſoole gekochete. Die bleiernen pfan-
nen ſind etwa 2½ ellen lang und nicht gar 2 breit,
ſpannen tif, und eines kleinen fingers dick. Hat
die ſahle 2 ſtunden gekochet; ſo iſt das ſalz gar,
und wenn es herausgeſchoͤpfet worden, trocknet
es in zwei ſtunden, welches zu Halle mit dem
duͤrren und trockenen muͤhſamer zugehet. Gaſſer
am a. o. ſ. 265, 266. Das uͤbrige beſchreiben
Macrinus
[1120]LXIV haubtſtuͤck
Macrinus von der Luͤneburgiſchen ſuͤlze, und
Zacharias Conrad von Uffenbach im Iten teile
der merkwuͤrdigen reiſen ſ. 485 fgg.
§ 2789
ke ſind einer
beſondern
fuͤrſorge des
landes-
herrns wuͤr-
dig,
Alldieweil das ſalz ein unentberliches ſtuͤck zur
lebens unterhaltung fuͤr menſchen und thiere iſt,
folglich dem ſtate vil daran ligen muß, daß die
untertanen damit nicht allein verſehen werden,
ſondern auch ire narungs-geſchaͤfte vermeret, das
gelt im lande erhalten, und wo moͤglich, ſolches
in das land gebracht werde; ſo wuͤrdigen die ſalz-
werke allerdings einer beſondern fuͤrſorge des lan-
desherrns.
§ 2790
hoheits-
Bei dem ſalzweſen aͤuſſern ſich ſowohl die ho-
heitsrechte, als auch die policei die behoͤrigen an-
ſtalten dabei vorzukeren hat.
§ 2791
beſtehen?
In belange der hoheits-rechte ergibet ſich, daß
der landesherr die haals-thals-ſalz-pfaͤnner beut-
ordnung ꝛc. ausgehen laͤſſet, die gerichte desfalls
verordnet, die perſonen darzu, auch bei den ſalz-
werken ſelbſt zu aufſehern beſtellet, als ſalzgraͤfen,
haal-haubt-leute, haalpfleger, haal-ſod-meiſter,
thalvoͤgte, baar-meiſter, ſalz-verwalter, beuten-
meiſter, oberſeger, ober- und unter-born-meiſter,
pfannherrn, ſalzmeiſter, gradir-meiſter, born-
und gegen ſalz-ſchreiber ꝛc. (§ 554 § 555), deren
amt und obligenheiten beſtimmet, naͤchſt dem die ei-
genſchaften, das lon, und die arbeit der bei dem
ſalzwerke arbeitenden leute, die zeit, die art und
weiſe der bornfahrt, des ſidens, die anzahl des
ſalzes, die billigen preiſe, das mas, der verkauf,
die eigenſchaften der pfaͤnner und gutsherrn ꝛc.
fuͤrſchreibet. Die ſalz-ordnungen zu Halle im
Magdeburgiſchen, Frankenhauſen und Salzun-
gen,
[1121]von dem ſalz-regale.
gen, hat Baus dem IIIten teile ſeiner einleitung
zu den bergrechten ſ. 60-158 einverleibet. Fritſch
am a. o. Auſſerdem erſtrecket ſich die landesho-
heit uͤber das verbot fremdes ſalz einzufuͤren, und
die erteilung der monopolien, F. H. Caſſeliſche
greben-ordnung tit. 21 ſ. 48 fg., F. S. Gothai-
ſche landes-ordnung im IIten teile cap. III tit. 28.
Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher landes-ord-
nungen IIIter teil cap. 4 ſ. 296 fgg. ſ. 303, 318,
329, 332 fgg. Engelbrecht am a. o. ſect. I § 6
ſ. 10, ſect. II § 7 ſ. 24 fg., freiherr von Cramer
ſ. 171 der nebenſtunden II.
§ 2792
Die policei ſorget, daß die ſalz-ſoden von derder policei
fuͤrſorge bei
dem ſalz-
werke,
ſtadt oder dem orte entfernet, die pfannen an feu-
er-feſte orte gebracht, und wohl verwahret, die
gradir-haͤuſer, wo dergleichen noͤtig ſind, benebſt
den bornen reinlich erhalten werden.
§ 2793
Nicht minder hat ſie dahin zu wachen, daß gu-auch ſalz-
ſiden,
tes, tuͤchtiges, reines, und gar geſottenes, feſtes,
klein-koͤrnigtes, weiß, leicht am gewicht, rein am
geſchmack, dauerhaft, ſcharf auf der zunge, tro-
ckenes, nicht uͤbel richendes, auch lauter und
durchſcheinend, mit andern erd-ſaͤften nicht ver-
miſchtes ſalz verſchaffet werde, damit dasjenige,
was damit eingeſalzen wird, wohl erhalten und
fuͤr faͤulniß bewahret werden moͤge. Dahinge-
gen das unreine, ungare ſalz nicht zu dulten iſt,
Hoͤnns betrugs-lexicon ſ. 323 fg. und in der fort-
ſezung deſſelben ſ. 83.
§ 2794
Ferner richtet die policei hirbei ihr augenmerkder holz-
ſparkunſt u.
der ausfuhr
halber,
auf die holz-ſparkunſt, verordnet bei vorhandenen
mangel des holzes den gebrauch der ſtein-kolen,
oder des torfes, bei dem ſalz-ſiden auf die beque-
B b b bmere
[1122]LXIV haubtſtuͤck
mere feuerung, Kellner im ſalz- und bergwerks-
buche, Lehmanns ſiben erwiſene verbeſſerungen
des ſalzſidens, ordinirung der gradir-haͤuſer, heiz-
und ſid-maſchine, holz-ſparkunſt. Weiter iſt
die policei auf die ausfuhr des uͤberfluͤſſigen ſalzes
bedacht.
§ 2795
werke an-
ſchlag.
Wenn die ſalz-werke in anſchlag gebracht wer-
den ſollen, richtet man ſich dabei ungefehr nach
dem ertrage von 6 bis 9 jaren.
§ 2796
den privat-
perſonen be-
ſeſſen wer-
den?
Die ſalz-guͤter werden von den privat-perſonen
auf mancherlei weiſe beſeſſen und erlanget, Jung
am a. o. cap. III ſ. 152 fgg. In Schwaͤbiſch-
Halle ſind dreierlei gattungen derſelben: 1) die
erb- und eigen-ſiden, woruͤber dem beſizer ein voͤl-
liges eigentum zuſtehet, 2) die erb-eigener, oder
frei eigene erb-ſiden, 3) die erb-fluͤſende ſidens-
gerechtigkeit, Hofmanns diſp. de emphyteuſi,
cap. 4 § 9-11. Kein auswendiger buͤrger, der
nicht in der ſtadt Halle ringmauer ſeshaftig iſt,
wird inhalts der Haͤlliſchen haal-ordnung art. 13,
zu dem ſalz-ſiden zugelaſſen, noch ihm diſelbe heim
geſchiden; welches ebenfalls in der Frankenhaͤuſi-
ſchen ſalz-ordnung art. I, und verſchidenen andern
verordnet iſt. Zu Halle in Sachſen muß ein
ieder, der pfaͤnner werden will, bei der beſazung
an eides ſtatt angeloben, daß er kot und guͤter fuͤr
ſein eigenes gelt erkaufet habe, auch der pfaͤnner
gewinn ihm zukomme; demnaͤchſt werden die guͤ-
ter durch beeidete verſchlaͤger auf einen gewiſſen
preis geſchaͤzet; die ausrechnung nach zobern ge-
machet, herren gut, gereute und ſchwebſole geſe-
zet, und zum ſiden ausgeſprochen. Hofmann in
der beſchreibung des ſalzwerkes zu Halle cap. XII
ſ. 47-50, von Rohr am a. o. § 16, 17 ſ. 1361 fgg.
§ 2797
[1123]von dem muͤnz-regale.
§ 2797
Die ſalzwerke werden von den einquartirungenſind von
einquarti-
rungen be-
freiet.
befreiet zu ſeyn gehalten, Taborde metatis P. III
cap. 3 § 10, Fritſch am a. o. cap. 5.
Fuͤnf und ſechzigſtes haubtſtuͤck
von dem muͤnz-regale.
§ 2798
Das muͤnz-regal iſt uͤberhaubt das recht, aller-worin das
muͤnz-regal
beſtehet?
hand gelt-ſorten, nach behoͤrigen ſchrot und
korn, auf eine rechtmaͤſige weiſe praͤgen zu laſſen.
§ 2799
Bei den muͤnzen aͤuſſern ſich ebenfalls die ho-die hoheits-
rechte bei
den muͤn-
zen.
heits-rechte, und zwar in abſicht auf die dahin
einſchlagenden angelegenheiten und deren anord-
nung, einrichtung, geſaͤze und ordnungen daruͤber
zu machen, den wert der fremden im lande herum
gehenden muͤnzen zu beſtimmen, darnebſt ſolche
nach befundenen umſtaͤnden zu verrufen, auch ſie
wieder fuͤr guͤltig zu erklaͤren, immaßen die fuͤr-
ſorge des landesherrns ſich dahin erſtrecket, damit
die untertanen durch falſche und geringhaltige
muͤnzen nicht betrogen, vilmehr das aufnemen der
commercien benebſt dem gewerbe befoͤrdert wer-
den. Nicht minder ſtehet dem landesherrn zu:
die ausfuhr, aufwechſelung, beſchneidung, ver-
faͤlſchung, einſchmelzung, das falſche muͤnzen zu
verbiten, ſtrafen desfalls zu ſezen, Heinec[ciu]s in
der diſp. de reductione monetarum ad iuſtum
pretium.
§ 2800
Das muͤnz-regal muß die wolfahrt des ſtatesdas muͤnz-
regal ſoll
die wolfart
zum haubt-zwecke haben, in betracht die unterta-
B b b b 2nen
[1124]LXV haubtſtuͤck
des ſtates
zum haubt-
zwecke ha-
ben.nen durch ſchlechte muͤnzen groſen ſchaden leiden,
welcher endlich auf den landesherrn ſelbſt faͤllet,
Reichsabſchid 1570 § 121, von Juſti am a. o. II
ſ. 269 fg. ſ. 275, Zink im grundriſſe einer einlei-
tung zu den kameral-wiſſenſchaften IIten teile
§ 957 fgg.
§ 2801
regal ſezet
keine lan-
deshoheit
voraus.
Das muͤnz regal ſezet keine landes-hoheit vor-
aus, ſondern es kommet desfalls auf die von kai-
ſern, auch landesherren erhaltene muͤnz-freiheit,
oder auf die in ſeinem lande beſizende bergwerke,
auch das unuͤberdenkliche herkommen an, Reichs-
abſchid vom jare 1570 § 132. Diſemnach koͤnnen
privat-perſonen, landtſtaͤdte, ſotane muͤnz-freiheit
wohl haben, von Ludewig in der einleitung zum
Teutſchen muͤnz-weſen ſ. 266, herr H. R. Buder
in der diſp de monetariis principum ac ciuita-
tum Germaniae, dictis hausgenoſſen, Jena 1751,
Dr. Orth in den anmerkungen uͤber die Frank-
furtiſche reformation im IIten teile ſ. 627 fgg. und
deſſen fortſezung ſ. 572 fg., Maſcovde iure cir-
ca rem monetariam in terris circuli Saxoniae
ſuperioris § II, Leipzig 1723, wie denn auch
landſtaͤdte von irem landesherrn ehedem das muͤnz-
recht verlihen erhalten, Friderich Heuſinger von
dem nuzen der Teutſchen muͤnz-wiſſenſchaft cap.
VII § 18 ſ. 183; die kaiſer hergegen gewiſſen ge-
ſchlechtern in den Reichsſtaͤdten Worins, Augs-
burg, Frankfurt ꝛc. ſolches vergoͤnnet haben, die
ſich vom muͤnz-hauſe den namen der muͤnz-ge-
noſſen beilegeten, Joh. Philipp Carrachde
regali cudendi monetam ex ſuperioritate ter-
ritoriali, non ex priuilegio imperiali compe-
tente, Halle 1749, 4, und de interpretatione
legum imperii fundament. inprimis moneta-
lium cet. 1752, 4.
§ 2802
[1125]von dem muͤnz-regale.
§ 2802
Unter den Franken hatten die kaiſer und koͤnigewie das
muͤnz-recht
erlanget
worden iſt?
die obſicht uͤber das muͤnz-weſen allein; diſemnach
nimand das muͤnz-recht one kaiſerliche freiheit und
wofern er es nicht rechtmaͤſig hergebracht hatte,
ausuͤben durfte, welches auch in den folgenden
zeiten beobachtet wurde, bis auf die guͤldene bulle,
da inhalts tit. X § 1-3 den kur-fuͤrſten, und be-
ſage des Reichsabſchides vom jare 1551 § 48,
muͤnz-ordnung kaiſer Ferdinands des I vom jare
1551 § 174, R. A. 1570 § 133, R. A. 1594 § 103,
kaiſer Leopolds muͤnz-edict 1676, 1680 denen
Reichsſtaͤndten, welche berg-werke haben, das
muͤnz-recht uͤberlaſſen wurde, herr graf Heinrich
von Buͤnau in der diſp. de iure circa rem mo-
netariam in Germania, cap. II § 41 fg. ſ. 61 fg.
Heuſinger am a. o. cap. VII § 14, 15 ſ. 174 fg.
Die freiheiten der reichs-grafen, welche ſie des-
falls haben, ſind im theſauro iuris comitum des
Luͤnigs ſ. 764 bemerket. Diejenigen Reichs-
grafen, welche taler geſchlagen haben, erwaͤnen
Koͤhler in den vorreden zu den XIIIIten und fgg.
teilen der muͤnz-beluſtigungen, auch der freiherr von
Guden in der beſchreibung der cabinets-taler ſ.
105-115, und Lilienthal im taler-cabinet ſ. 216-
231. Von den talern der Neichsſtaͤdte handeln
Koͤhler am a. o. im XVIIIten teile und fgg.
worinn er mit Nuͤrnberg beſchloſſen hat; ſodann
der freiherr von Guden ſ. 116-122, Lilienthal
ſ. 231-243; die Burg-Fridbergiſche taler erwaͤ-
nen von Guden ſ. 105, KoͤhlerVI ſ. 25, und
XVIIII ſ. 1. Von den ſtaͤdten, die keine Reichs-
ſtaͤdte, und dennoch das muͤnz-recht haben, von
Guden am a. o. Es gehoͤren dahin Hannover,
Einbeck, Goͤttingen, Luͤneburg, Corbach, u. ſ. w.
Heuſinger am a. o. cap. VII ſ. 186. Sotanes
B b b b 3muͤnz-
[1126]LXV haubtſtuͤck
muͤnz-recht iſt aber nur von ausgebe- und in han-
del und wandel uͤblichen gelte, keinesweges aber
von denk- und ſchau-muͤnzen, rechen- oder zal-
pfennigen zu verſtehen; als die von privat-perſo-
nen gepraͤget werden koͤnnen.
§ 2803
ges tages
das muͤnz-
recht vom
kaiſer ertei-
let werden
ſoll?
Heut zu tage ſoll der kaiſer one vorwiſſen und
abſonderliche einwilligung der kur-fuͤrſten und ver-
nennung, auch billige vernemung desjenigen krei-
ſes bedenken, darin der neue muͤnz-ſtand geſeſſen
iſt, nimand, wes ſtandes oder weſens der ſey, mit
muͤnz-freiheiten, oder muͤnz-ſtaͤtten begaben und
begnadigen, Wahl-capitulation art. VIIII § 6
§ 11.
§ 2804
muͤnze und
ſchlaͤgeſchaz
bedeutet?
Die muͤnze bedeutet das gepraͤge, weiln ein
bildnis oder rabus auf der muͤnze ſtehet. Praͤgen
heiſſet ſchlagen; daher auch der ſchlaͤge-ſchaz, pe-
cunia quae ſoluitur pro ſigno monetali, ent-
ſtanden iſt. Denn wer ehedem ſilber hatte, ginge
in die muͤnze und liſe ſichs praͤgen. Diſes muͤnz-
lon hiſe ſchlaͤge-ſchaz. Nachher, als man das
gold, oder ſilber, mit einem zuſaze begabete, hiſe
der gewinſt daran ſchlaͤge-ſchaz. Heut zu tage
heiſet ſchlaͤge-ſchaz, was zu unterhaltung der muͤnz-
waradeine, zu bereitung der anſtalten und verzin-
ſung des von landesherrn in das muͤnz-weſen ver-
wandten capitals gewidmet iſt. Sihe des herrn
vice-kanzlers van Praun gruͤndliche nachricht
von dem muͤnz-weſen, Helmſtaͤdt 1741, 8, im
Iſten teile cap. I § 8 ſ. 13 fgg. Dahir zu Mar-
burg heiſſet der ſchlaͤge-ſchaz eine abgabe, die der
buͤrger vom erkauften vihe, am tore, zu erlegen
hat. Ehedem erhilten die hiſigen burgmaͤnner ihr
manngelt aus dem ſchlaͤge-ſchaze.
§ 2805
[1127]von dem muͤnz-regale.
§ 2805
Die muͤnze wird alſo das von einem muͤnz-wenn das
wort: mo-
neta ge-
brauchet
worden iſt?
ſtande, ſowohl muͤnz-genoſſen, nach dem beſtimm-
ten ſchrot und korne ausgepraͤgte metall (gold und
ſilber) genennet. Das wort moneta iſt nach des
Schlegels meinung de numis Iſenac. ſ. 135 ſchon
im neunten jarhundert von den Franken und Teut-
ſchen gebrauchet worden.
§ 2806
Die Fraͤnkiſchen koͤnige ſchlugen dicke muͤnzen,die muͤnzen
der Fraͤnki-
ſchen koͤni-
ge.
ſchillinge und pfennige, Wachter am a. o. unter
dem worte: pfennig, ſchilling, von Praun am
a. o. I cap. II § 7 ſ. 54 fg. § 9 ſ. 60 fg. cap. III
§ 1 ſ. 62 fgg. cap. IIII § 6 ſ. 106 fg. Nach den
zeiten Carls des groſen kamen die pfunde auf;
1 pfund tate 20 ſchillinge, oder 240 pfennige.
Wie aber nachher die bergwerke im Teutſchlande
auf dem Harze um Goßlar entdecket wurden, und
vile dicke muͤnzen, welche inwaͤndig kupfer, oder
eiſen waren, ſo hilten die Teutſchen fuͤr gut, ire
muͤnzen von dinn metall-bleche zu ſchlagen: diſe
muͤnzen hiſen bracteaten, hohl-muͤnzen, blech-
muͤnzen, pfaffen-pfennige. Ob es aber guͤldene
blech-muͤnzen gegeben habe, unterſuchet Koͤhler
in den muͤnz-beluſtigungen II ſ. 97 fg., Frid.
Heuſinger von dem nuzen der Teutſchen muͤnz-
wiſſenſchaften mittlerer zeiten cap. II § 84 ſ. 12 fgg.
cap. 4 § 29 ſ. 78 fgg. Thue hinzu Otten Sper-
lingsepiſt. de nummorum cauorum origine.
Diſe konnte man nun nicht wohl zaͤlen, weiln ſie
ſonſt zerbrochen waͤren; derohalben wurden ſie
zugewogen und nach pfunden gerechnet, welches
die Franzoſen, Engellaͤnder, Italiener, auch zu
tun pflegeten. Joh. Aler. Doͤderleinde num-
mis Germaniae mediae, quos vulgo bractea-
tos et cauos appellant,J. G. Liebknecht tr.
B b b b 4de
[1128]LXV haubtſtuͤck
de bracteatis nummis Haſſ. Helmſtaͤdt 1706,
Chriſt. Schlegelsapotelesma de nummis
Hersfeldenſ. Die ſchillinge (ſolidi) waren et-
was dicker und ſtaͤrker, hatten darnebſt auf ieder
ſeite ein beſonderes gepraͤge, Doͤderlein am a. o.
ſ. 34 fg. Von den denariis und obolis ſihe den
Friderich Heuſinger am a. o. cap. 3 § 4, 5
ſ. 19 fgg.
§ 2807
marken,
Eine mark war ehedem vom pfunde unterſchi-
den, und hat im XIten jarhunderte nach heutiger
art 8 ſpecies taler, im XIIIIten jarhundert 3 flo-
renen bedeutet. Nachher ſind die mark und das
pfund einerlei geworden, und haben 16 lote be-
deutet. Nachdem aber die marken mancherlei
wurden, ſo iſt dabei bemerket worden, welches
landes, oder ortes gewicht es ſeyn ſolle, Maſcov
am a. o. ſect. II § 4, Grashof in den origin.
et antiquitat. Mulhuſin. cap. III ſ. 119 fg., herr
von Weſtphal in der vorrede zum 4ten bande
der monum. inedit. ſ. 110, herr von Praun
am a. o. I cap. III § 25 ſ. 65 fgg., Joh. Mi-
chael Heuſingers diſp. de veteris pecuniae Ger-
man. maximeque Iſenacenſis pretio § 4; 1428
ſchlug man zu Nuͤrnberg ſchillinge, deren 86 auf
die Nuͤrnberger mark gingen. Der poͤbel hiſe
ſie plapperte. Das ungepraͤgte ſilber ward nach
marken loͤtigen ſilbers, das gepraͤgte aber nach
markpfennigen geſchaͤzet, Koͤhlers muͤnz-beluſti-
gung XI ſ. 123; den wert der marken findet man
ebenfalls daſelbſt ſ. 212. In Nider-Sachſen
heiſſet witte das korn, und wichte die ſchwere,
oder der ſchrot, Koͤhler am a. o. ſ. 213, von
Praun am a. o. cap. III § 5 ſ. 69 fg. Mark-
waͤhrung zeiget die muͤnz-ſorten an, welche an diſem
oder jenem orte beſonders gaͤng und gaͤbe waren.
§ 2808
[1129]von dem muͤnz-regale.
§ 2808
Die talente ſtunden ehedem ebenfalls hoch.von talen-
ten,
Nachgehends galt ein talent ſiben und ein virtel
florenen. Sodann wurde das talent der mark
und dem pfunde gleich.
§ 2809
Man zaͤlete ferner nach pfund-pfennigen. Einvon den
pfund-
pfennigen.
ſolches pfund tat anfaͤnglich 8 rthlr. Im 14ten
jarhundert galt das pfund vir Rheiniſche guͤlden,
1442 galt es einen Reichsthaler. Nach heutigen
gelte tut 1 fl. ſo vil als ein pfund pfennige und
12 heller. Das pfund pfuͤndiger pfennige galt
eine mark ſilbers. Im jare 1741 behaubteten die
Reichsſtaͤnde gegen den kaiſer, daß 1 pfund pfen-
nige nur 1 fl. 8 kreuzer 4 heller ausmache, und
1 pfund heller nur halb ſo vil, naͤmlich 34 kreuzer
2 heller. Der kaiſer aber wollte iedes pfund hel-
ler mit 2 fl. bezalet haben.
§ 2810
Haͤller ſind von Halle in Schwaben alſo be-von den
haͤllern.
nennet. Ehedem war 1 haͤller ſo vil, als izt ein
kreuzer. Um das jar 1430 galten in Franken
180 haͤller 1 fl. und 1 pfund haͤller 1 fl. 3 ggr. Wie
die haͤller inhalts der muͤnz-ordnung 1559 kaiſer
Ferdinands I haben ausgemuͤnzet werden ſollen,
beſaget deren § 30. Izt machen 4 haͤller 1 kreu-
zer, hingegen tun 2 in Sachſen 1 pfennig. Die
pfund-haͤller und pfennige ſind nicht allezeit in ei-
nem werthe gebliben, repertorium iuris publici
ſ. 559 ſ. 964 fg., Wehner in den obſeruat.
practicis. Ein ſchilling-pfennig gilt ſo vil, als
einen guten bazen, das iſt, 5 kreuzer.
§ 2811
Die bazen ruͤren von einem Salzburgiſchenvon den
bazen.
erzbiſchof her, welcher einen baͤren in wappen fuͤ-
rete. Baz iſt ein junger baͤr. Doͤderlein am a. o.
B b b b 5Der
[1130]LXV haubtſtuͤck
Der baze iſt entweder leicht oder gut. Die lezte
gattung gilt in Thuͤringen und Franken 16 pfen.
Der leichte tut 4 kreuzer. Von den plappern,
matthiern, und der marien-muͤnze ſihe den von
PraunI ſ. 119 ſ. 125. Der matthier gilt in
Nider-Sachſen 4 pfennige.
§ 2812
tournoſen.
Nachher kamen die turnoſen auf, welche der
koͤnig Philipp der ſchoͤne in Frankreich, der vom
jare 1286 bis 1314 geherrſchet, hat ſchlagen laſ-
ſen, und im 14ten jarhundert gaͤnge und gebe ge-
weſen ſind. Ein alter turnos machet 4 albus
und einen haͤller, Eſtors anmerkungen uͤber das
geiſtliche und ſtats-recht cap. 44, Dr. Orth in
den anmerkungen uͤber den IIten teil, tit. VII § 17
ſ. 655 fg. der Frankfurtiſchen reformation, von
Praun am a. o. I cap. 3 § 12 ſ. 89 fg.
§ 2813
gros-tour-
nois.
Die gros-tournois ſind die aͤlteſte ſilberne
muͤnze in Frankreich. Sie heiſſen auch ſols-tour-
nois, ſols d’argent, gros deniers blancs; Lude-
wig der VIIIIte liſe fie ſchlagen, 58 ſtuͤcke auf die
mark. Der kaiſer Ludewig aus Baiern erlau-
bete 1341 Jacob von Knoblach im ſaal-hofe zu
Frankfurt am Maine groſe tournoſe zu ſchlagen,
je 63¼ auf die mark. Vom Hermanne, prinzen
von Heſſen, erzbiſchofe zu Coͤln hat Koͤhler ſ.
141 des XVIIten teiles, einen tournos ſtechen laſ-
ſen. Uebrigens nennet man diſe klippen auch
klippinge.
§ 2814
florenen
aufgekom-
men ſind?
Darauf entſtunden die florenen, welche eine
florem (lilie) zum gepraͤge hatten, und daher
auch lilien-gulden hiſen. Sie wurden in der mitte
des 13ten jarhunderts 1252 zu Florenz geſchlagen,
und nachher in Teutſchlande ſehr gaͤnge. Sie
hiſen
[1131]von dem muͤnz-regale.
hiſen kleine gulden, und galte einer 1350 ein pfund
haͤller. Es taten 8 eine unze, und 64 ein mark,
Dr. Orth in den anmerkungen uͤber die im IIten
teile der acht erſten titel der Frankfurtiſchen refor-
mation ſ. 653 fg., von PraunI cap. 3 § 6 ſ.
73 fg. In den alten zeiten verſtund man durch
gulden eine kleine goldene muͤnz, deren wert beim
Ludolf im ſymphoremate camerali angegeben
iſt, da es in der ſchuld-verſchreibung hiſe: kleine
gulden recht von wert. Heut zu tage nennet man
ſolche gold-guͤlden (ſolidos), wie in hiſigen geſaͤ-
zen bei der univerſitaͤt gebrauchet wird, da ein
ſolidus einen harten taler bedeutet. An den Reichs-
gerichten tut ein gold-guͤlden 2 fl., Eſtors an-
fangs-gruͤnde ꝛc. und onus laudemii depoſitum.
Ein gemuͤnzter gold-gulden gilt 1 rthlr. 1 ort, oder
30 ggr. Ein Rheiniſcher, Baieriſcher und alter
Saͤchſiſcher ausgemuͤnzter goldfl. tut 2 thlr.
§ 2815
Es ſchlugen die vir Rheiniſche kur-fuͤrſten gold-von den
goldguͤlden-
groſchen,
guͤlden. Zu anfang des 16ten jarhunderts verei-
nigten ſich die herzoge zu Sachſen, gold-gulden-
groſchen ſchlagen zu laſſen. Geſtalt dann auch
der landgraf Wilhelm der mittlere zu Heſſen,
1502 halbe gulden-groſchen, oder halbe taler ſchla-
gen zu laſſen angefangen hat. Hiraus ſind die
heutige harte gulden entſtanden, Tenzels unterre-
dung 1695, Heuſinger am a. o. cap. VII § 15
ſ. 177 fgg., von PraunI cap. IIII § 1 ſ. 96 fg.
§ 8 ſ. 111 fg. § 10.
§ 2816
Es kamen auch herren- oder fuͤrſten-gulden vor,herren- oder
fuͤrſten-gul-
den.
welche diſer oder jener landesherr hat ſchlagen
laſſen. Der wert derſelben muß aus den alten
kammer-rechnungen eines ieden landes erſehen
werden.
§ 2817
[1132]LXV haubtſtuͤck
§ 2817
taler,
Diſemnach finge man an: gulden-groſchen zu
ſchlagen, welche guldener hiſen; der guldener, oder
gulden aus gold, galt 21 ggr. nunmehr aber iſt er
noch ſo hoch geſtigen. Der ſilberne gulden und
zwar die zwei drittel-ſtuͤcke, welche ſeit 1667 bis
auf den Leipziger fuß geſchlagen ſind, ſtehen in
ſtarken aufgelte, weiln die mark ſilbers nur auf
eilftehalb taler ausgemuͤnzet wurde; gulden-gro-
ſchen gilt 1 fl. 16 kr. oder 21 ggr. 4 pfennige. Im
jare 1486 liſe erzherzog Sigismund gulden-pfen-
nige zu 2 lote praͤgen, 1517 wurden ſolcher in
Boͤhmen im Joachims-tale vile geſchlagen, von
Praun am a. o. cap. 4 § 8 ſ. 111 fg. § 10 ſ. 115 fg.
cap. V § 3 ſ. 135. Beſonders liſen die grafen
Schlick im Joachims-tale eine groſe menge der-
ſelben praͤgen; daher bekamen ſie von tale den
namen taler. Auf der einen ſeite ſtehet ſt. Joa-
chims-bild, auf der ruͤckſeite der Boͤhmiſche loͤ-
we, Tenzels bibliothek 1705 ſ. 337. Diſem bei-
ſpile folgeten der kaiſer Fedinand, die Teutſche
fuͤrſten, Daͤnnemark, Schweden und Polen,
auch Spanien; daher der name Philipps-Spa-
niſche-taler, koͤnigs-taler bekannt worden ſind.
Es gibet zal- ſpecies- und wechſel-taler; der ſpe-
cies-taler bedeutet ein 2 fl. ſtuͤck. Von deren
werte ſihe den von Ludolfobſ. 211; der wechſel-
taler iſt 1585 entſtanden, welcher 74 kreuzer tut.
Die harten taler wurden auch zu 72 kreuzer ge-
praͤget. Der kaiſer-taler machet 2 fl. oder 30 ggr.
Der engel-taler, eine Kur-Saͤchſiſche ſilber-muͤnze
des kur fuͤrſten Johann Georgens des I, gilt 8
bis 9 ggr.
§ 2818
Reichs-gul-
den u. taler.
Wie der taler auf 90 kreuzer geſezet wurde,
hat man zweidrittel-ſtuͤcke, oder Reichs-gulden zu
60 kreu-
[1133]von dem muͤnz-regale.
60 kreuzer zu ſchlagen angefangen. Diſe harte
taler und gulden hiſen uͤberhaupt auch groſchen;
denn groſſus heiſſet groß, oder dick. Im jare
1226 wurden zu Tours dicke ſilberne muͤnzen ge-
ſchlagen, welche groſſi hiſen. Zu ende des XIIIten
und anfange des XIIIIten jarhunderts kamen in
Boͤhmen und Meiſſen dergleichen zum vorſchein.
Koͤhlers bemeldte vorrede zu des herrn vice-
kanzlers von Praun abhandelung, am ende. Sie
wurden wegen der dinnen blechmuͤnzen groſſi ge-
nennet, und beſonders in menge in Boͤhmen ge-
ſchlagen. Der wert der groſchen iſt ſehr gefallen,von ben gro-
ſchen.
und gelten heut zu tage nur in Meiſſen, Thuͤrin-
gen, Brandenburgiſchen 12 pfen. oder 1 ggl. zum
unterſchide der Marien-groſchen. Sihe die nach-
richt von ankunft, gepraͤge, gewichte und werte
der in Sachſen, Thuͤringen und Meiſſen gemuͤnz-
ten groſchen, 1728, 4, deren verfaſſer Wagner
iſt, von Praun am a. o. I cap. III § 12 ſ. 89 fg.
cap. IIII § 9 § 10 ſ. 112 fgg. Neu eroͤfnetes gro-
ſchen-cabinet Leipzig 1738, 8, kaiſer Ferdinand
des I muͤnz-ordnung vom jare 1559 § 13. Die
groſchen werden in Sachſen nach ſchocken gerech-
net, deren 20 auf ein alt ſchock und 60 auf ein
neu ſchock gehen. Der groot gilt zu Bremen
4 pfen., 72 grote tun 1 rthlr. Der kaiſer-gro-
ſche hat mit den Boͤhmiſchen einerlei gehalt.
Eben ſo vil tut ein ſilbergroſche. Der Marien-
groſche gilt in Nider Sachſen 8 pfen. und ma-
chen 36 einen taler. An einigen orten im Reiche
betraͤget er 10 leichte pfen., dahir tut er nach dem
ſchweren gelte 8 pfen. bei der zalung aber in Frank-
furter waͤrung nur 8 leichte pfen., oder einen albus,
zu Paderborniſchen 7 pfen.
§ 2819
[1134]LXV haubtſtuͤck
§ 2819
caten und
goldguͤlden,
Der ducaten wurde auf 4 fl., der goldgulden
aber auf 2 fl. 56 kr. im jare 1693 gebracht, und
die proportion von 15 zwiſchen gold und ſilber ge-
ſezet. Die verhaͤltnis des goldguͤldens und duca-
tens iſt folgende: auf die feine mark beim goldfl.
\frac{45}{111} zu 18½ karat, tut in 93\frac{45}{111} ſtuͤcken 116 fl. 45 kr.
der ducate zu 23⅓ karat fein tut die feine mark in
67\frac{67}{71} ſtuͤcken 117 fl. 45 kr. der zuſaz des goldfl.
tut 3 karate 8 grane, weis vir ſilber und 1 karat
10 grane rot oder kupfer. Der ducate hat nur 4
grane weis an zuſaze. Ueberhaubt hat, der goldfl.
zuſazes \frac{11}{48} und der ducate \frac{1}{72}, KoͤhlerXII, 152,
das ducatengewicht beſtehet aus 64 esgen.
§ 2820
ducaten in
den T. R.
geſaͤzen vor-
kommen?
Der ducaten iſt zwar in Teutſchland uͤblich ge-
weſen; dennoch wird deſſen erſtlich in der muͤnz-
ordnung 1524 § 49 und 1559 § 68, 69 erwaͤnet,
Koͤhlers muͤnzbeluſtigung im XII teile ſ. 151. Es
ſollten 67 ſtuͤck eine Coͤlniſche mark wigen, und
das ſtuͤck zu 104 kreuzer genommen werden, be-
ſage des Reichsabſchides vom jare 1570 § 78 ſollen
nur diejenige ſtaͤnde ducaten ſchlagen, welche ſol-
ches gold in iren landen und gebieten fallen haben,
Dr. OrthII tit. 24 § 8 ſ. 566.
§ 2821
Caroliner,
Julius-loͤ-
ſer, Max-
d’or,
Der louis d’or haͤlt 126 esgen oder eſſen. Ein
caroliner oder 10 fl. ſtuͤck ward ſo hoch gemuͤnzet;
jedoch 1736 auf 9 fl. 36 kreuz. geſezet. Izt gilt er 10 fl.
20 und merere kreuzer. Julius-loͤſer ſind nach
den Portugalloͤſern geſchlagen. Eine guͤldene
muͤnze von 10 quentgen, es galte eine 20 rthlr.,
izt aber tut ſie 27 rthlr. Der max-d’or, eine
Baieriſche guͤldene muͤnze wiget 119 ducaten-esgen,
und gilt 6 fl. 30 kreuzer.
§ 2822
[1135]von dem muͤnz-regale.
§ 2822
Im jare 1409 liſen die Rheiniſche kur-fuͤrſtenvon den
weißpfenni-
gen,
weispfennige ſchlagen, deren einer 12 pfen. und
20 ½ fl. machten, von PraunI cap. 4 § 3 ſ. 102 fg.
Die Mainziſche, weiln ſie das im gepraͤge fuͤre-
ten, hißen raͤder, auch raͤder-albus. In Ni-
der-Sachſen heiſen ſie witte. Einer gilt 2 gute
pfen., am Rheinſtrome aber 2 kreuzer oder
8 leichte pfen.
§ 2823
Im XIIIIten jarhundert kam die beſchickungwenn die be-
ſchickung
aufgekom-
men iſt?
auf. Daher der unterſchid unter feinen und
markloͤtigen ſilber entſtand. Die beſchickung iſt
das unterſchidliche ſilber zu einem gewiſſen gehalt
zu bringen. Die beſchickung iſt die weiſe und
rote. Diſe beſchihet mit kupfer, und jene mit
ſilber.
§ 2824
Das recht, guͤldene muͤnzen zu ſchlagen, erhaͤltwas der
Kurfuͤrſt
Friderich zu
Sachſen fuͤr
eine beſon-
dere muͤnz-
freiheit er-
halten hat?
Kurfuͤrſt Friderich der ſanftmuͤtige, im jare 1454
und zwar unter ſeinem gepraͤge, Muͤllers R. T.
theatrum unter kaiſer Friderich V P. I cap. 10
§ 12 ſ. 138, Koͤhlers vorrede zu des herrn vice-
kanzlers von Praun, gruͤndliche Nachricht zu
dem muͤnz-weſen. Heuſinger am a. o. cap. VII
ſ. 177 fgg.
§ 2825
Die kreuzer, oder 4 haͤller ſind im 13ten jar-wen kreuzer
geſchlagen
worden
ſind?
hundert geſchlagen worden. Mit ſelbigem wur-
den die haͤller und pfennige gemein, welche mit
pfennigen einerlei wert waren. Die kreuzer hat-
ten ein kreuz und eine hand zum zeichen, die mei-
ſten wurden zu Halle in Schwaben gepraͤget.
Von den dreiern ſihe des herrn G. R. Suͤn-
dermahlersproluſ. numiſmat. ſiue rei mone-
tariae Franconicae ſpecimen inaugurale,
Wirzb.
[1136]LXV haubtſtuͤck
Wirzb. 1749, 4, ſ. 49 fg. von PraunI cap. III
§ 7 ſ. 76 fg. cap. IIII § 6 ſ. 107 fg.
§ 2826
muͤnzen be-
obachtet
werden ſoll?
Bei den muͤnzen ſoll ein gezimendes verhaͤltnis
der metalle und des gewichtes beobachtet werden,
wie naͤmlich diſelbe nach irer aͤuſſerlichen und in-
nerlichen guͤte, nach ſchrot und korn, nach dem
zuſaze und feine, zal und gewicht beſchaffen ſeyn
ſoll, welches der muͤnz-fus genennet wird.
Heineccius am a. o. § 22. Deren ſind dreie:
1) der Reichs-muͤnz-fus, 2) der Zinniſche, und
3) der Leipziger.
§ 2827
Reichs-fus
beſtimmet
worden iſt?
Im jare 1559 wurde der Reichs-fus nach dem
Coͤlniſchen gewichte beſtimmet, und der taler auf
68 kreuzer, der ganze Reichsguͤldener auf 72
kreuzer, der halbe auf 36 kreuzer geſezet, kaiſer
Ferdinand des I neue muͤnz-ordnung 1559 § 35,
§ 36, § 37, § 65 fgg., von Praun am a. o. I
cap. V § 7 ſ. 147 fgg. Vermoͤge diſer ordnung
§ 2 ſoll die gemeine Reichsmuͤnze auf eine feine
mark ſilbers Coͤlniſch gewicht geſezt und ausgetei-
let und nicht anders gemuͤnzet werden § 31,
R. A. 1566 § 150 fgg. § 154, von Praun ſ. 156,
ſ. 158 fgg. Eben diſe Reichs-muͤnz-ordnung 1559
wurde im jare 1568 im Nider-Saͤchſiſchen kreiſe
durch ein beſonderes muͤnz-edict bekannt gemacht.
Sihe Sauersfaſcic. iud. ordin.
§ 2828
kammer-
Meisniſchẽ
und Fraͤnki-
ſchen gul-
dens.
Auf die ordnung vom jare 1559 gruͤndet ſich
der Meisniſche, Fraͤnkiſche und kammer-gulden.
Diſer betraͤgt 78 kreuzer. Ein Meisniſcher hat
21 ggl., ein Fraͤnkiſcher 20 ggl. Ein marien-
gulden tut 20 Marien-groſchen, oder 13 ggl. 4 pfen.
§ 2829
[1137]von dem muͤnz-regale.
§ 2829
Die Coͤllniſche Mark wird in 8 unzen eingetei-der Coͤllni-
ſchen mark
betrag.
let, iede unze haͤlt 2 lot; 16 lot, iedes lot 4 quint-
gen; 64 quintgen, iedes quintgen 4 pfennige;
256 pfennige, ieder pfennig 2 haͤller, oder 17
gran, auch esgen; 512 haͤller; 4352 gran, oder
esgen. Wofern noch merere kleinere einteilungen
noͤtig ſind, wird der richtpfennig gebrauchet;
von PraunI, cap. I § 16 fg. ſ. 24 fg. § 21, 22
ſ. 30 fg., Puͤtterselementa iuris publici Ger-
manici lib. IIII cap. 7 § 675, II, III ſ. 479.
Der richtpfennig beſtehet aus 65536 teilen.
§ 2830
Im jare 1667 wurde der Zinniſche fus zwiſchenvon dem
Zinniſchen
fus,
Sachſen und Brandenburg abgeredet, Luͤnig
im Reichs-archiv P. ſpec. ſ. II ſ. 200, Londorp
T. XVI, ſ. 221, und darin die mark ſilbers auf
10½ rthlr., oder 15 kaiſer-gulden 45 kr. auszu-
muͤnzen feſtgeſezet, Zink am a. o. § 935. Der
taler wird auf 96 kr. geſezet. Gilt demnach der
taler 1 kaiſer-gulden 45 kr. die proportion mit dem
gold aber aber auf 13\frac{5}{9} zu ſtehen. Daher diſer
fus zu ſchwer, geſtalt das verhaͤltnis des goldes
gegen das ſilber iſt, wie 1 gegen 15. Dr. Orth
II tit. VII § VII ſ. 623, tit. 24 § 9 ſ. 570 fg.,
von Praun am a. o. cap. VI § 2 ſ. 184 fg.,
George Friderich Jaſters tr. vom grunde des
Leipziger fuſes ꝛc. imgleichen deſſelben weiter aus-
gefuͤrte gedanken uͤber den Leipziger fus 1751, 4.
§ 2831
Im jare 1680 wurde von einigen ſtaͤnden einwenn das
muͤnz-edict
zu Frank-
furt ausge-
geben wor-
den iſt?
muͤnz-edict zu Frankfurt verfaſſet, welches den
harten gulden auf 60 kr. ſezet, und werden fol-
gende ſorten darunter begriffen: 1) Oeſterreichi-
ſche, 2) Schwediſche, 3) Daͤniſche, 4) Trieri-
ſche, 5) Kur-Saͤchſiſche, 6) Brandenburgiſche,
C c c c7) Bi-
[1138]LXV haubtſtuͤck
7) Biſchof-Speieriſche, 8) Neuburgiſche, 9)
Braunſchweigiſche, 10) Strasburgiſche, 11)
Luͤbeckiſche, 12) Magdeburgiſche, 13) Goslari-
ſche harte gulden, Dr. Orth uͤber des IIten teiles
VIIten titel § 17 ſ. 664 fg. und ſ. 624, und uͤber
den 24ten titel § 9 ſ. 573.
§ 2832
wechſel- ꝛc.
taler, und
gulden,
Hirauf iſt der unterſchid zwiſchen den edict und
ſorten gulden, dem wechſel-werte, dem gemeinen
werte, dem current und harten-gelte, auch der
ſcheide-muͤnze, zwiſchen dem zahltaler und zahl-
gulden, zwiſchen dem harten taler und harten
gulden entſtanden, Dr. OrthII tit. 7 § 7 ſ. 611
ſ. 623 fg., tit. 24 § 8 ſ. 564, 567 fg. zahltaler
haͤlt 45 albus Frankfurter waͤrung. Der zahl-
gulden bedeutet 60 kr. Sonſt bedeutet das wort
zahlgulden keine muͤnze, ſondern eine gewiſſe ſum-
me, als zu Marburg ſchlechter fl. iſt 26 Frank-
furter albus unter den buͤrgersleuten, ein landfl.
betraͤgt 27 Frankfurter albus. Ein Mecklenbur-
giſcher betraͤget ½ rthlr. Der herren-gulden tut
im Coͤllniſchen 64 albus, oder 1 rthlr. Die frei-
herrliche Rideliſche untertanen ſollen den herren-
weinkauf mit herren-gulden bezalen. Der kauf-
manns-taler tut zu Hamburg 33 ſchillinge, oder
16 ggl. 6 pfen.
§ 2833
ger fus,
Diſes heiſſet Reichs-muͤnz-fus. Solchem
wird entgegen geſezet: der Leipziger fus, welcher
letztere im jare 1690 im jaͤnner aufgekommen, und
nach dem ſchweren gelte eingerichtet iſt, von
PraunI cap. VI § 8, § 9 ſ. 198 fg. Diſen hat
man im Heſſen-Caſſeliſchen, Ober- und Nider-
Sachſen, alwo der zahl-gulden 16 ggl. und der
zahl-taler 24 ggl. tut. Die feine mark in ⅔ und ⅓
wird
[1139]von dem muͤnz-regale.
wird zu 12 rthlr. oder 18 fl. ausgemuͤnzet, Zink
am a. o. § 935.
§ 2834
Der Oeſterreichiſche, Baieriſche und Salz-vom Oeſter.
Baieriſchen
und Salz-
burgiſchen
fus,
burgiſche fus vom jare 1681 ſezet den taler auf 96
kreuzer, den franztaler auf 93 kreuzer, und alle
andre taler auf 90 kreuzer. Die gulden auf 50
und 54 kreuzer, die ducaten auf 3½ kaiſer-gulden.
Die gold-gulden (worauf die caroliner ausge-
muͤnzet worden ſind, Dr. Orth am a. o. II tit.
24 § 6 ſ. 559) auf 2 kaiſerfl. 36 kr. Das ver-
haͤltnis in abſicht auf das ſilber gegen das gold iſt
wie 16½ gegen 1, von PraunI cap. VI § 15
ſ. 221 fg.
§ 2835
Der Torgauer fus vom febr. 1690 erfodert,vom Tor-
gauer fus,
daß die ſcheide-muͤnzen und zwar die feine mark
in 2 ggl. ſtuͤcken um 12½ rthlr. ausgebracht; her-
gegen in den noch kleinern muͤnzen um 13 rthlr.
ausgemuͤnzet werden. Nach diſem fus koͤmmt der
taler auf 2 fl. oder 120 kreuzer, und betraͤgt in ab-
ſicht des alten fuſes, da der taler 90 kreuzer galt,
einen aufwechſel von 33½ vom 100, von PraunI
cap. VI § 8 ſ. 199 fg.
§ 2836
Alſo wird die rauhe mark zu 14 lot 4 granwie hoch die
rauhe mark
gemuͤnzet
wird?
fein in acht ſtuͤcken 10⅔ rthlr., und die feine mark
in 9 ſtuͤcken um 12 rthlr. ausgemuͤnzet.
§ 2837
In den groben ſorten iſt der Leipziger fus vonder Leipzi-
ger fus iſt
von vilen
ſtaͤnden be-
libet wor-
den.
vilen ſtaͤnden vor einigen jaren 1738 zwar belibet,
aber noch nicht eingefuͤret worden. Sihe des
hochloͤblichen Schwaͤbiſchen kreiſes muͤnz-deputa-
tions-gutachten vom 27 jun. 1752, Guͤnzburg,
fol. ſ. 4, des hochloͤblichen Ober-Rheiniſchen
kreiſes convents-deputations-gutachten, das
C c c c 2muͤnz-
[1140]LXV haubtſtuͤck
muͤnzweſen betreffend, vom 19 febr. 1752, 4 und
fol. Hergegen ſtritte man noch izt auf dem
Reichstage unter des vorigen kaiſers regirung
wegen der ſcheide-muͤnzen, immaſen der Torgauer
fus von allen ſtaͤndten zum kuͤnftigen ausmuͤnzen
nicht belibet werden will, Puͤtter am a. o. § 680
ſ. 487 fg. von PraunI cap. VI § 16 ſ. 224 fg.
§ 2838
gelt bedeu-
tet?
Species-gelt bedeutet die ganzen und groben
muͤnzen an golde und ſilber.
§ 2839
Von den Heſſiſchen muͤnzen ſihe den Johann
Juſt. Winkelmann in der beſchreibung der fuͤr-
ſtentuͤmer Heſſen und Hersfeld, im Iten teile ſ. 41,
43, 47 im VIten teile ſ. 223 fg.
§ 2840
ſtuͤcke,
Das kopf-ſtuͤck iſt teils eine eingebildete muͤnze,
und beſaget 30 kreuzer oder 5 bazen. Die ge-
ſchlagenen teilen ſich in die alten koͤnigiſchen (kuͤn-
ſche) und in die neueren Pfaͤlziſchen, Fuldaiſchen,
Heſſen-Darmſtaͤdtiſche, 1736 ſind ſelbige auf 18
kreuzer geſezet worden; vorizt gelten ſie wieder
20 kreuzer. In Bremen und Weſtphalen tun
6 kopfſtuͤcke 1 rthlr.
§ 2841
gulden,
Ort, oder der 4te teil z. e. ein ortsfl. tut 7½ alb.
Frankfurter waͤrung. Ein orts-taler machet 6 ggl.
oder 22½ kreuzer.
§ 2842
tage unter
taler u. gul-
den verſtan-
den wird?
was die
mark loͤtigē
goldes, ſil-
bers tut?
Heut zu tage werden durch taler und gulden
nur zal-taler und zal-gulden verſtanden.
§ 2843
Ein pfund goldes und ein mark loͤtigen goldes
ſind einerlei und tut nach dem Reichs-fuſe 96 rthlr.
Eine mark ſilbers tut 8 rthlr. Im uͤbrigen ſind
die
[1141]von dem muͤnz-regale.
die marken in Nider-Sachſen unterſchiden
(§ 2807). Allein im Reiche iſt die Coͤllniſche
mark eingefuͤret, Johann Georgen Krulls tr.
de regali monetzarum iure, cap. V num. 50.
Mark-gewaͤhr oder waͤhrung, mark-weiſe, mark-
witte, bedeutet etwas anders Dr. OrthII tit. 24
§ 9 ſ. 563 fgg. Von dem unterſchide der ſchillin-
ge und haͤller in golde und in muͤnze ſihe den von
Praun am a. o. I cap. 4 § 6 ſ. 106 fg.
§ 2844
Was diſem nach gemuͤnzet wird, nennet mander muͤnzen
einteilung,
entweder harte ſorten, oder ſcheide-muͤnzen.
Jene teilen ſich in taler und gulden, medaillen
und medaillonen, klippen und alte pfennige, auch
tournoſe.
§ 2845
Die medaille iſt ein ſchauſtuͤck in geſtalt einervon medail-
len,
muͤnze, dadurch das andenken bey der nachkom-
menſchaft erhalten werden ſoll. Sie mag von
golde, ſilber, oder andern metalle geſchlagen
werden. Das andenken gehet entweder auf
das bildnis einer perſon, oder wichtige bege-
benheit.
§ 2846
Die medaillon iſt eine medaille von ungewoͤn-medaillon.
licher groͤſe. Man haͤlt den vor den groͤſten,
welchen der koͤnig in Preuſſen Friderich Wilhelm
hat ſchlagen laſſen, und 5 bis 600 ducaten wiget.
Deſſen abbildung findet ſich in Lochners ſamm-
lung merkwuͤrdiger medaillen aufs jar 1738 ſ. 1,
die Preußiſche krigs-voͤlker ſtellen ſich auf der
ruͤckſeite dar.
§ 2847
Die klippe iſt eine vireckigte muͤnze, welcheklippe,
auf eine gewiſſe Begebenheit geſchlagen iſt; die
ſpitze der einen ecke ſtehet in die hoͤhe nach der
C c c c 3rauten-
[1142]LXV haubtſtuͤck
rautenforme. Eine goldene feldklippe des dom-
capitels zu Magdeburg von 1551 zeiget Koͤhlers
M. B. XVII ſ. 241, und eine ſilberne not-klippe
der 1551 belagerten ſtadt Magdeburg ſ. 249.
Eine gedaͤchtnisklippe auf den pfalzgrafen Wolf-
gang Wilhelm zu Neuburg von 1642 erſcheinet
beim KoͤhlerXXI ſ. 417. Die talerklippe, wel-
che der kurfuͤrſt Johann George der I zum ge-
winnſte beim armbruſt-ſchuͤſſen 1614 beſtimmete,
ſihet man am a. o. ſ. 193.
§ 2848
Am beſagten orte erblicket man zwene Oeſterrei-
chiſche alten pfennige vom XIIIten jarhundert
ſ. 257 des XXIten teiles.
§ 2849
gen der
muͤnzen.
Die gattungen der in Teutſchlande uͤblichen
muͤnzen ſind mannigfaltig. Am Rheine und in
Ober-Heſſen hat man albus, jeden zu 2 kreuzer.
Ein Gottes-kaſten-albus tut daher 10 leichte pfen-
nige. Ein Caſſeliſcher albus gilt 12 haͤller, oder
9 Saͤchſiſche pfennige. Nach der Frankfurti-
ſchen waͤrung 20 Caſſeliſche albus einen gulden.
In der Nider-Heſſiſchen waͤrung aber 2 [...] und
4 pfen. einen fl. 10 Rheiniſche albus gelten ein
kopfſtuͤck, diſer 3 machen 1 fl. oder 30 albus, oder
60 kreuzer; der achter in Heſſen tut 8 haͤller, in
Thuͤringen 6 Saͤchſiſche pfennige. Der blaffert
iſt eine Coͤllniſche muͤnze, welche 8 kreuzer tut.
Der blaumuͤſer gilt im Coͤllniſchen, Cleviſchen
und Muͤnſteriſchen 12 kreuzer oder 3 ggl. Der
dreier gilt im Saͤchſiſchen und Kur-Brandenbur-
giſchen, und deren 4 machen 1 ggl. aus. In
Nider-Sachſen iſt ein dreier ein halber ſeßling,
oder 3 leichte pfen. oder in Ober-Sachſen 1½ pfen.
dreihaͤller oder dreiling iſt eine Holſteiniſche ku-
pferne muͤnze, welche drei leichte pfen., oder 1½
Meisni-
[1143]von dem muͤnz-regale.
Meisniſche gilt. Fettmaͤngel oder fettmaͤnngen
iſt eine Coͤllniſche muͤnze von 8 haͤllern, oder 4
Saͤchſiſchen pfennigen. Im Rheine tun 3 fuͤnf
kreuzer, dahir gelten ſie nicht. Firken ſind Pom-
meriſche pfennige, deren 192 einen gulden, oder
16 ggr. tun. Flineichen iſt eine Bremiſche ſil-
ber-muͤnze, deren eines 16 pfennige tut, und 18
einen rthlr. ausmachen. Neuner heiſſet in Sach-
ſen ein Heſſen-Caſſeliſcher albus, oder zwoͤlfer,
oder Heſſiſcher groſchen, 7 machen ein gutes kopf-
ſtuͤck, und 6 nebſt 2 kr. ein ſchlechtes kopfſtuͤck.
Plappert gilt am mittel-Rheine 3 kr. Rappe
wird mit einem raben in Breisgau geſchlagen.
Man hat auch rappenpfennige, rappen-bazen, halbe
und ganze rappen-taler. Schilling oder ein geſchla-
gener pfennig hat vilerlei werte. 1) der Bremer
tut anderthalb groote oder achtehalb ſchwere oder
6 Meisniſche pfennige. Ein gedoppelter ſchilling
gilt 3 groote, oder 15 ſchware oder 1 ggr. 2) der
Hamburgiſche ſchilling betraͤgt 6 gute pfennige.
3) der Luͤbeckiſche ſchwere gilt 8 pfennige. Deren
24 machen 1 ſechsling, oder 6 gute pfennige.
Der doppelte ſchilling gilt 4 kr. oder 16 gute pfen-
nige. 4) der Luͤtticher ſchilling haͤlt 10 leichte
ſtuͤver, oder 15 kr. 5) der Mainziſche, Wirz-
burgiſche, Wirtenbergiſche und Badenſche ſchil-
ling koͤmmt beinahe auf 2 kr. 28 ſolcher ſchillin-
ge machen 60 kr. Die buchhaͤndler in Frank-
furt rechnen hirnach unter ſich: 6) der hinter-
Pommeriſche ſchilling iſt eine kleine ſilber-muͤnze
von 8 guten pfennigen, 36 machen 1 rthlr. 7) der
Vor-Pommeriſche und Hollſteiniſche ſchilling gilt
6 pfennige, und gehen 48 auf 1 rthl. Sie heiſſen
auch Luͤbeckiſche und Sundiſche ſchillinge. 8) ein
rader-ſchilling im Coͤllniſchen tut beinahe 6 gute
pfennige. Schnapphan, ein Juͤlichiſcher gilt
eilf
[1144]LXV haubtſtuͤck
eilf kreuzer, oder beinahe 3 ggr. Ein Luͤtticher
tut 13 kreuzer, oder beinahe 3 ggr. 6 pfennige.
§ 2850
Das ſchock iſt in Sachſen alt oder neu. Ein
altes ſchock machet in Sachſen 20 ggr. in der
Kur-mark aber 30 ggr. Ein neues ſchock betraͤ-
get 60 ggr. oder 2½ rthlr. Es heiſſet ein gutes
oder ſchweres, oder ſilber-ſchock. Das Magde-
burgiſche ſchock wird gerechnet auf 8 ſchillinge
und 4 pfennige.
§ 2851
berger,
Der Schreckenberger, muͤhe-pfennig, oder
engel-groſche galte 3 Meisniſche groſchen, izt tut
ſolcher 3½ ggr. Man hat deren auch doppelte.
In Heſſen-Caſſeliſchen werden die ſteuer-verwilli-
gungen der landſtaͤndte nach Schreckenbergern
ausgeſchrieben, davon hat Eſtor in den elemen-
Schwaar,tis iurispublici Haſſiaci gehandelt. Schwaar
iſt eine Boͤhmiſche kupfer-muͤnze, an werte 2 leich-
ter pfennige; 5 machen 1 groot, und 360 1 rthlr.
Sechſer iſt eine Saͤchſiſche und Kur-Branden-
burgiſche ſcheide-muͤnz, welche 6 pfen. gilt. Sechs-
ling oder ſeßling tut in Nider-Sachſen 6 leichte
oder 4 gute pfen. Der ſpiz-groſche galt 1476 in
Sachſen 1 ggr., nachher 15 pfen., izt tut ſolcher
18 pfen. Staͤmpel iſt eine pommeriſche ſilber-
muͤnze, der 30 auf einen rthlr. gehen. Stuͤver
tut im Coͤllniſchen 6 gute pfen. Sun iſt ein hal-
ber Luͤbiſcher ſchilling. Von den leichten gilt er
3 und von den ſchweren 4 pfen. meisniſch. Ein
ſpecies tournos gilt 8 ggr. Virer, virling in
Sachſen, deren 3 machen 1 ggr. Zehner; in
Franken tun zehn kaiſer-groſchen einen halben fl.
oder einen halben reichstaler. Zweier gilt 2 pfen-
nige. Sihe das muͤnz-lexicon.
§ 2852
[1145]von dem muͤnz-regale.
§ 2852
Die kleine muͤnze heiſſet auch ſcheide-muͤnze,was unter
der ſcheide-
muͤnze ver-
ſtanden
wird?
von haͤllern bis 2 ggr ſtuͤcke, Oeconomiſches lexicon
unter diſem worte. Nach den Reichs-ſazungen paſ-
ſiren nur diejenige, welche geringer als 5 kreuzer-
ſtuͤcke ſind, Reichs muͤnz-ordnung 1559 § XI.
Dieweilen diſe mehr unkoſten erfodert, folglich
deswegen der zuſaz groͤſſer ſeyn muß, ſo iſt dasje-
nige, was vorhin von den Reichs- und andern
muͤnz-fuͤßen geſaget worden iſt, bei den ſcheide-
muͤnzen nicht anzuwenden. Der kleinen muͤnzen
ſollen nicht mehr gemacht werden, dann der man
in derſelben landes-arten neben den groſen ſtuͤcken
zur notdurft nicht entraten kan. Kaiſer Ferdi-
nands des I muͤnz-ordnung 1559 § 12 § 19, 30, 32,
Reichs-abſchid 1566 § 154, 1576 § 71, 1603 § 56.
Wenn die kleinen muͤnzen ſich haͤufen, ſollen die
verordnete in ſelbigem kreis den muͤnz-herren, oder
ſtaͤndten, welche ſolche ſchlagen laſſen, eine zeitlang
weiter zu muͤnzen verbiten, Reich-smuͤnz-ordnung
1559 § 34, Reichsſchluß vom jare 1667 § 4, 5,
1669, 1676.
§ 2853
Die umpraͤgung der ſcheide-muͤnze, imgleichenwas des-
falls verbo-
ten iſt?
diſelbe auszuwaͤgen, zu verbrechen, oder zu legi-
rung der groben ſorten zu gebrauchen, iſt verboten.
Reichsſchluß 1667 § 14 im IIIIten teile ſ. 54,
kaiſerl. commiſſions-decret vom \frac{18}{8} maͤrz 1676
ſ. 108.
§ 2854
Bei den muͤnzen iſt zu ſehen: 1) auf diejenige,worauf bei
den muͤnzen
zu ſehen iſt?
welche das muͤnz-recht haben, und nach fuͤrſchrift
der rechte ausuͤben, 2) die perſonen, welche die
aufſicht dabei, oder die arbeit haben, 3) auf
die materi, oder korn, gehalt, das ſchrot, oder
D d d dgewicht,
[1146]LXV haubtſtuͤck
gewicht, und den ſchlag, 4) auf die muͤnz-ſorten,
5) den muͤnz-ort, 6) die muͤnz-verbrechen.
§ 2855
Reichsge-
ſaͤze von den
muͤnzſtaͤn-
den,
In belange derer, welchen die muͤnz-gerechtig-
keit zuſtehet, iſt in den Reichs-geſaͤzen verordnet:
daß ſelbige auf ire koſten, gewinn und verluſt ſelbſt
muͤnzen laſſen, und ire muͤnze nimand verkaufen,
verleihen, verſezen, oder hinlaſſen, R. muͤnz-
ordnung vom jare 1524 § 25, Reichs-abſchid
1548 § 43, 1551 § 46, R. muͤnz-ordnung 1559
§ 174, R. A. 1570 § 132, kaiſer Leopolds muͤnz-
edict 1676 und 1680. Diſemnach ſoll ſotanes
recht nicht als eine merkanzei nur zum gewinnſte
ausgeuͤbet werden, R. A. 1570 § 132.
§ 2856
bations-
tagen,
Die muͤnz-probations-taͤge ſoll ieder muͤnz-ge-
noß beſuchen, Reichsabſchid 1570 § 138.
§ 2857
zen,
Die muͤnz-gerechtigkeit ſoll von den muͤnz-ſtaͤn-
den rechtmaͤſiger weiſe ausgeuͤbet werden, widri-
genfalls diejenige, welche ſelbige mißbrauchen, ſol-
che verliren, darnebſt noch vom ſiz- und ſtimm-
rechte bei dem Reichstage ſuſpendiret werden ſol-
len, wahl-capitulation art. VIIII § 7 fgg. Wi-
der die mediate muͤnz-genoſſen ſoll durch ire lan-
des-herren verfaren, und ſolche muͤnz-gerechtigkeit
ihnen gaͤnzlich geleget, caſſiret und nicht erteilet
werden, Heuſinger am a. o. cap. VII § 25
ſ. 191 fg.
§ 2858
che uͤber die
muͤnzen die
aufſicht ha-
den,
Die perſonen, welche uͤber die muͤnzen die auf-
ſicht haben, ſind unterſchidener gattungen und ha-
ben mancherlei gegenſtaͤnde irer obligenheiten und
verrichtungen. Es gehoͤren dahin die muͤnzmei-
ſter, waradeins, muͤnz-commiſſarien ꝛc.
§ 2859
[1147]von dem muͤnz-regale.
§ 2859
Derjenige, welcher uͤber die muͤnz-fabrike ge-muͤnz-mei-
ſtern,
ſezet iſt, und die praͤgung zu beſorgen hat, wird
muͤnz-meiſter genennet. Darzu ſoll keiner von
einem muͤnz-herrn, oder ſtand in einem kreiſe an-
genommen werden, bevor ſelbiger auf den gemei-
nen probations-tag den ſtaͤnden, oder andern ver-
ordneten in perſon fuͤrgeſtellet, und ſein herkom-
men, geſchicklichkeit ꝛc. redlich befunden worden
iſt, R. A. 1570 § 134. Darnebſt ſoll ſelbiger
nicht allein dem ſtande, welcher ihn angenommen
hat, ſondern auch dem ganzen kreiſe mit eides-
pflichten verbunden werden, R. A. 1594 § 103.
Selbiger darf wegen teilung des gewinnſtes kein
geding eingehen, kaiſerl. commiſſions-decret 1667
ſ. 52 im IIIIten teile der R. A. Er darf nebſt den
geſellen bei keinem ſuſpendirten muͤnz-genoſſen,
noch in einer hecke-muͤnze dinen, und wider die
muͤnz-ordnung keine muͤnze falſchen gehalts ſchla-
gen, bei leib- und lebens-ſtrafe, muͤnz-ordnung
1559 § 178, Reichs-abſchid 1566 § 161, 1570 § 128,
1571 § 23 fg. § 33, kaiſerl. commiſſions-decret
1667, 1680 ſ. 52, ſ. 129, 136 im IVten teile der
Reichs-abſchide.
§ 2860
Auſſerdem gehoͤren hirher: die ſchneide-meiſterſchneide-
meiſtern, ꝛc.
und geſellen, oder ohmen-eiſen- und ſtempel-ſchnei-
der. Den eiſen-ſchneidern iſt one des ortes ober-
keit einwilligung muͤnz-ſtempel zu ſchneiden verbot-
ten, kaiſerl. commiſſions-decret vom jare 1680.
§ 2861
Von den muͤnz-meiſtern ſind die muͤnz-wara-muͤnz-wa-
radein,
deins (exploratores monetae) unterſchiden.
Diſe werden zu probirung der geſchlagenen muͤn-
zen gebrauchet, folglich bei den muͤnzen unterſu-
chen ſollen, ob ſie nach den vorgeſchribenen ord-
D d d d 2nungen
[1148]LXV haubtſtuͤck
nungen an ſchrot und korn richtig ſeynd, und dar-
nebſt auf den probations-taͤgen anzeigen muͤſſen,
was ſie zum nachteile der muͤnzen in erfarung
bringen, R. A. 1570 § 135. Sie muͤſſen eben
wie die muͤnz-meiſter beeidet werden. Sie ſind
entweder gemeine oder beſondere, und ſollen in
iedem kreiſe beſtellet werden, Wildvogels diſp.
de diaetis probation. ſect. III ſ. 28 R. A. 1594
§ 103, Marcus Martini kunſt-reicher muͤnz-
meiſter und wohlerfarner muͤnz waradein, Ber-
lin 1752, 8, worin man die verhaͤltnis ausgefuͤret
findet, Kislingde arte probatoria.
§ 2862
miſſarien,
Von den muͤnz-commiſſarien in den meſſen,
ſihe den R. A. vom jare 1570 § 147-149.
§ 2863
und korn
verordnen.
So vil die materi belanget, iſt nicht hinrei-
chend, daß ein muͤnz-ſtand nach ſeiner habenden
gerechtſame geld praͤgen laſſe, ſondern er muß
auch die muͤnzen in ſchrot und korn gerecht und
giltig ſchaffen. Diſem nach wird eine gute und
keine falſche oder betruͤgliche materi, naͤchſtdem
das rechtmaͤſige, voͤllige gewicht, und der gezi-
mende ſchlag und gepraͤge erfodert. Derohalben
kommet es 1) auf die haubt-materi, welche ent-
weder gold, ſilber und kupfer iſt, 2) auf den
muͤnz-fuß, und wie die beſtimmung des wertes
nach dem gebuͤrenden gewichte in dem verhaͤltniſſe
(der ſchickung) des zuſazes gegen ſchrot und korn
ſeyn ſoll, von Praun am a. o. im Iſten teile cap.
I § 5 ſ. 8 fgg. 3) auf das gepraͤge und die form,
Zink am a. o. II § 940 fgg. Das gepraͤge, oder
das bild und die uͤberſchrift machet gold und ſilber
zwar zur muͤnze, allein nicht zum gelt. Gelt iſt
eher in der welt geweſen, als die muͤnze. Ott[o]
Sperlings diſp. de numis non cuſis cet.
§ 2864
[1149]von dem muͤnz-regale.
§ 2864
Die muͤnze beſtehet aus ſchrot und korn.was ſchrot
und korn,
auch die be-
ſchickung,
Schrot heiſet das gewicht einer muͤnze. Korn
iſt der gehalt der muͤnze. Solchergeſtalt iſt ent-
weder diſes das gold, wenn die muͤnze golden iſt,
oder das ſilber, wenn ſie ſilbern iſt. Beſchi-
ckung der muͤnze bedeutet den zuſaz am kupfer.
Sihe den herrn von Praun am a. o. im Iſten
teile cap. I § 5, 6 ſ. 8 fgg. Diſemnach muß die
muͤnze wegen der darauf gehenden koſten mehr
gelten, als die materi. Das gepraͤge enthaͤlt
das beglaubte zeugnis des muͤnz-ſtandes, durch
ein auf das im handel und wandel gaͤng und gaͤbe
erzt geſchlagene ſelbſtbelibige zeichen, daß ſolches
vom rechten ſchrot und korn ſey. Das gepraͤge
iſt von mancherlei geſtalt.
§ 2865
Remedium oder auctoritas principis zeiget dieimgleichen
das reme-
dium iſt?
freiheit an, vermoͤge deren ein muͤnz-meiſter an
ſchrote und korne einer muͤnze etwas geringes von
dem vorgeſchribenen gewicht weglaſſen, und uͤber-
ſehen darf. In der Reichs-probir-ordnung vom
jare 1559 wird zum remedio am korn ein halb gran
von einer mark goldes, und ein gran von einer
mark ſilbers zu kuͤrzen nachgelaſſen, an ſchrot aber
bei der groben muͤnze wird nichts paſſiret; herge-
gen bei der, welche unter einen guten bazen, iſt
ein ſtuͤck erlaubet. Im R. A. 1570 iſt das reme-
dium gar verboten. Sihe des Nider-Saͤchſiſchen
kreiſes probir-ordnung vom jare 1568 beim Saur
am a. o. ſ. 9, herr v. k. von PraunI cap. I § 11
ſ. 18 fg.
§ 2866
Stuͤckeln der muͤnze heiſſet: die beobachtung,was ſtuͤckeln
der muͤnze
heiſſet?
daß iedes einzeles ſtuͤck ſein genaues gewicht habe.
Diſemnach muͤſſen 8 ſpecies taler eine mark wi-
D d d d 3gen;
[1150]LXV haubtſtuͤck
gen; allein ieder ſpecies taler muß gerade 2 lot
haben, von PraunI cap. I § 11 ſ. 18 fg.
§ 2867
Bremiſchen
marken.
Das Coͤllniſche mark-gewicht dinet zum grund
des Teutſchen muͤnz-weſens (§ 2827 fg.). Die
Bremiſche mark und zwar die einfache, oder en-
kele betraͤget 8 ggr. oder 2 daſige kopfſtuͤcke. Das
doppelte mark-ſtuͤck betraͤget 16 ggr. Die mark
Luͤbiſch betraͤget ein drittel talers oder 8 ggr. die
mark Stetiniſch gilt 4 ggr.
§ 2868
des goldes
angezeiget
wird?
Die guͤte des goldes wird durch grade (carats)
angezeiget, und ſind 24 das feinſte gold. Ein
carat, oder grad beſtehet aus 12 granen, von
Praun am a. o. I cap. I § 23 ſ. 37 fg.
§ 2869
ſilber heiſ-
ſet?
Fein ſilber heiſſet in Teutſchlande, wenn es
ſechzehn-loͤtig iſt, nach dem Coͤllniſchen mark-ge-
wichte (§ 2827). 18 gran machen bei dem ſilber
ein lot. Beim gold und ſilber 288 grans eine
mark, von Praun am a. o. I cap. I § 24 ſ. 38 fg.
§ 2870
ſorten ſollen
dem ſchrot
gleich ge-
machet wer-
den.
Die muͤnz-ſorten werden in grobe oder harte
und ſcheide-muͤnzen eingeteilet. Alle muͤnz-ſorten
die kleinen und groſen ſollen ſtuͤck vor ſtuͤck aufge-
zogen und dem ſchrot gleich gemachet, darnebſt
die reckbank darzu gebrauchet werden, R. A. vom
jare 1566 § 162, 1571 § 33. Die ausmuͤnzung
geringhaltiger ſorten iſt verboten, kaiſerliches com-
miſſions-decret 1676, 1680. Der wert der muͤnze
ſoll darauf bemerket werden.
§ 2871
muͤnz ſtaͤt-
ten,
In betreff der muͤnz-ſtaͤtten ſollen deren in
ieden kreiſe nur 3 oder 4 ſeyn, gleichwol iſt denen
ſtaͤnden, welche bergwerke haben, muͤnzen zu hal-
ten unbenommen, iedoch ſollen ſie nur dasjenige
gold
[1151]von dem muͤnz-regale.
gold oder ſilber, ſo vil daſelbſt gewonnen wird,
vermuͤnzen, hingegen alles erkaufte, oder ſonſt an
ſich gebrachte gold oder ſilber in den kreis-muͤnz-
ſtaͤtten vermuͤnzen zu laſſen ſchuldig ſeyn, R. A.
vom jare 1570 § 133, 1571 § 27, 1576, wahl-ca-
pitulation art. VIIII § 2.
§ 2872
Die hecke-muͤnzen ſollen nicht gedultet werden,die hecke-
muͤnzen
ſind verbs-
ten.
R. A. 1566 § 172, 1570 § 133, kaiſerlich com-
miſſions-decret 1677, 1680 im IIIIten teile der
Reichsabſchide ſ. 115 ſ. 129, 131 ſ. 134 ſ. 136, wahl-
capitulation art. VIIII § 2.
§ 2873
Die weiſe, eine muͤnze zu praͤgen, iſt verſchi-die arten zu
muͤnzen,
den. Zu Halle in Tirole, oder im Inntale, wird
die muͤnze durch das waſſer getriben, und koͤnnen
in einer minute 150 harte taler gepraͤget werden.
Das muͤnz-werk beſtehet aus zwoen walzen, zwi-
ſchen die man die ſilberne, oder goldene bleche le-
get. Diſes muͤnzen iſt eines mannes arbeit. In
der einen walze ſind die ſtaͤmpel von der vordern
ſeiten der muͤnzen befeſtiget. Die andre walze
enthaͤlt die ruͤckſeite. Die feſte zuſammenpreſ-
ſung diſer zwoen walzen druͤcket nicht nur die ge-
praͤge der beiden ſeiten zugleich ab, ſondern ſchnei-
det auch auf einmal das runde ſtuͤck aus, damit
er fertig heraus faͤllet, KeyslerI ſ. 47.
§ 2874
Den ganzen muͤnz-proceß auf den Harze hatauf dem
Harze,
der von Rohr in den merkwuͤrdigkeiten des
Ober-Harzes ſ. 568 fg., und Joachim Frid.
Sprengel in der beſchreibung der Harziſchen
bergwerke, Berlin 1753, 8, ſ. 97 fg. beſchriben.
Jedoch iſt der Hannoͤveriſche zum Claustale vom
Wolfenbuͤtteliſchen zum Zellerfelde unterſchiden.
Die brandſtuͤcke werden zuvoͤrderſt zu Zellerfeld
D d d d 4in
[1152]LXV haubtſtuͤck
in einem dreifach zuſammen gewickelten leinenen
cylinder gegoſſen. Ein eiſerner bogen und die
daran befeſtigte hacken, nebſt den eiſernen keilen,
welche zwiſchen die leinewand hinein geſtecket
werden, dinen darzu, daß das leiner zeug dar-
uͤber geſpannet werde, um einen ſolchen holen
koͤrper vorzuſtellen. Die ſilber-zaine, welche aus
diſem guß entſtehen, und nachher unter dem
hammer ausgeſchlichtet ſind, werden darauf
vermittelſt einer groſen ſchere, nach dem augen-
mas, in die behoͤrige ſtuͤcke zerteilet. Diſe be-
ſtehet aus dem bindſtuͤcke, welches unter einem
rechten winkel an einem unbeweglichen ort befe-
ſtiget iſt, und dem baumſtuͤck, das nach der
kruͤmme mit jenem verbunden worden. Sind
die ſilber-ſtuͤcke nachher auf einer wage durch
die ſchere juſtiret worden; ſo heiſſen ſie ſchroͤt-
linge. Selbige werden erſtlich in einzelen ſtuͤ-
cken, hernach in ieder beſondern mark, darauf
in zehn, und endlich nach hundert marken rich-
tig abgewogen, damit ſie insgeſamt das gehoͤ-
rige gewicht bekommen moͤgen. Man ſchlaͤget
ſie darauf vir bis fuͤnf mal mit dem groſen
hammer breit, und ſie erhalten alsdann die be-
nennung der ſchrotlings quetſch-pfennige. Bei
dem breitſchlagen iſt zu bemerken, daß das gelt
iedesmal zuvor ins waſſer getaucht werde, da-
mit es ſich leichter aus einander begeben koͤnne.
Sind diſe nachmals in dem gluͤh-ofen gegluͤhet
worden; ſo werden ſie mit einem platthammer
zwiſchen einer zange rund geſchlagen. Diſes
ſilber-ſtuͤck heiſſet hirauf kurz beſchlagen. Es
wird vom neuen gegluͤet und breit getriben, da
es denn den namen des kurzgeſchlagenen quetſch-
geldes bekoͤmmt. Wenn es darauf wieder ins
feuer
[1153]von dem muͤnz-regale.
feuer gebracht, und nach der runde auf dem
rande beklopfet worden iſt; ſo nennet man es
Kur-fuͤrſten. Diſe muͤſſen noch einmal gegluͤ-
het, auf den ambos gebracht, und mit dem
hammer nach der breite getriben werden, wor-
auf man ſie Kurfuͤrſten-quetſchgelt benennet.
Iſt diſes abermals im ofen erhizt, kalt gemacht,
mit der zange gefaſſet, und auf dem rande
rund beſchlagen worden; ſo nennet man es plat-
ten. Man gluͤet und ſidet diſelben mit ſchei-
de-waſſer, und ſcheuret ſie endlich mit kohlen-
ſtaub in einer tonne, die mit zween kerkeln um-
gedrehet wird. Der kohlenſtaub wird darauf
in einer andern ſid-ſchale mit einem waſſer ab-
geſpuͤlet. Die ſilber-ſtuͤcke trocknet man in dem
ofen, indem man ſie in einem unten durchloͤcher-
ten becken, mit leinen tuͤchern, fleißig umruͤhret.
Man bringt hernach die groͤſſern geld-arten un-
ter den ſtempel, deſſen geſtalt dem ſilber-ſtuͤcke,
vermittelſt eines groſen hammers, eingepraͤget
wird. Die kleinen muͤnz-arten werden faſt auf
die vorige weiſe bearbeitet, auſſer daß die ſilber-
zaine unter einem walz-werk, welches mit den
haͤnden umgedrehet wird, gleich gemacht, und
mit einer beſondern ſchere, in die gehoͤrige ge-
wicht-maͤſige ſtuͤcke zerſchnitten werden. Diſe
hat zu dem ende eine ſcheibe, welche nach dem
iedesmaligen gewichte und groͤſſe der muͤnzen
eng und weit geſtellet werden kan. Man hat
zwar hir auch ein ſtos-werk; es wird aber nicht
gebraucht. Die Zellerfelder ruͤhmen ſich, daß
ihre muͤnz-einrichtung nicht ſo koſtbar ſey, als
die Clausthaliſche, und daß ſie dennoch dadurch
ein mehreres gelt ausmuͤnzen koͤnnen. Tue hin-
zu den von Uffenbach am a. o. ſ. 96. Dem
aus-
[1154]LXV haubtſtuͤck
auszumuͤnzenden golde die aͤchte farbe zu geben,
iſt ein vorteil den nicht alle wiſſen.
§ 2875
verbrechen
begangen
werden koͤn-
nen?
Muͤnz-verbrechen koͤnnen auf verſchidene weiſe
begangen werden, und zwar ſowol von denen,
welchen die muͤnz-gerechtigkeit zuſtehet, als auch
von denen, welchen das muͤnz-recht nicht zuſte-
het, teils durch anmaſſung des muͤnz-rechtes,
teils durch deſſelben mißbrauch, bald durch ver-
faͤlſchung, beſchneidung, verſchmelzung, ausfuͤ-
rung. Engau in der diſp. de delictis mone-
tariis § 5 fgg., und de falſo numario et ſolo
et cum vſurpatione iuris monetandi coniun-
cto, Jena 1750, von Rohr im haushaltungs-
rechte XI cap. 6 § 17 ſ. 1454 fg.
§ 2876
verbrecher
ſollen ange-
zeiget wer-
den.
Die muͤnz-verbrecher ſoll iedermann, dem ſie
bekannt ſind, bei namhafter ſtrafe anzeigen.
Dem anſager der muͤnz-verbrecher gebuͤret ein
dritteil der ſtrafe. Gegen ſaͤumige oberkeit und
verbrecher ſoll der kaiſerliche fiſcal verfaren.
Kaiſer Ferdinands des I muͤnz-ordnung vom jare
1559 § 160, 161, 162-164, Reichs-abſchid 1566
§ 169, 1570 § 143, 1576 § 50, kaiſer Leopolds
muͤnz-edict 1676.
§ 2877
liren, koͤr-
nen ꝛc. iſt
verboten.
Das granaliren, koͤrnen, ſeigern, und andre
dergleichen betruͤgliche, vorteilige handlungen
und faͤlſchungen aller alten und neuen guten
Reichs-muͤnzen ſind bei feuers-ſtrafe verboten,
muͤnz-edict 1559 § 170. Reichs-abſchid 1566
§ 168. Wer aber ungangbare muͤnzen zu ver-
koͤrnen
[1155]von dem muͤnz-regale.
koͤrnen willens iſt, ſoll ſelbige durch die von
der oberkeit darzu verordneten verkoͤrnen laſſen.
Reichs muͤnz-ordnung 1559 § 171, Dr. Orth
im IIten teile VIIIIten tit. § 8 ſ. 23 fg. Hof-
manns muͤnz-ſchluͤſſel ſ. 57 ſ. 326 fg.
§ 2878
Fremde muͤnzen ſollen in das Teutſche Reichfremde
muͤnzen ſol-
len nicht
eingefuͤret,
nicht eingebracht, vilmehr diejenige, welche aus-
laͤndiſche geringe muͤnzen in das Reich einſchlei-
fen, geſtrafet werden. R. A. vom jare 1571
§ 11 § 16, 1570 § 142 § 146.
§ 2879
Weder ungemuͤnzt gold und ſilber, noch diedie Reichs-
muͤnzen
nicht aus-
gefuͤret
werden.
Reichs-muͤnzen, duͤrfen ausgewechſelt und aus-
gefuͤret oder verſchmolzen werden, Reichs muͤnz-
ordnung vom jare 1559 § 165, 1570, 1571, § 11,
12, 16, 1576 § 75, kaiſerliches commiſſions-de-
cret vom jare 1667 in der neuen ausgabe der
Reichs-abſchide im IIIIten teile ſ. 51-55.
§ 2880
Die muͤnz-aͤnderung, oder verrufung, darfwie die
muͤnz-ver-
rufung be-
ſchehen ſoll?
nicht heimlich, oder geſchwinde beſchehen, da-
mit durch dergleichen begebenheiten nicht aller-
lei betrug und liſt, auch vorteil getriben und
verurſachet werde, Reichs muͤnz-ordnung 1559,
§ 50, 70, 71, § 566, § 165, 1570 § 144,
und im IIIIten teile der Reichs-abſchide ſ. 54,
ſ. 66 ſ. 67, 144 fgg. ſ. 133 fgg., von Rohr im
haushaltungs-rechte XI cap. VI § 11 ſ. 1451 fgg.
§ 2881
Naͤchſt den bereits namhaft gemachten ſchrif-
ten moͤgen noch hir bemerket werden: David
Thom.
[1156]LXV haubtſtuͤck von dem ꝛc.
Thom. von Hagelſteinacta monetaria, und
die fortſezung darzu, Frankfurt und Leipzig 1752,
fol. freimuͤtige doch wolmeinende gedanken
uͤber das Teutſche muͤnz-weſen und deſſen ver-
beſſerung, Frankfurt, fol. unterſuchung der
frage: ob das ſilber-gelt zu erhoͤhen ſey? Han-
nover 1752, 4. vernuͤnftige vertaͤidigung des
ſchreibens die Teutſche und anderer voͤlker muͤnz-
verfaſſung betreffend, Berlin 1752, 4, Teut-
ſches muͤnz-archiv, Nuͤrnberg, fol II teile.
Ende des erſten Theils.
[[1157]][[1158]][[1159]][[1160]][[1161]]
jare angehende ſchweine, im fuͤnften hauende,
im ſechſten jare haubt-ſchweine.
- Holder of rights
- Kolimo+
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- TextGrid Repository (2025). Collection 1. Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bjv7.0