Aufhebung
der Gemeinheiten
in der
Marck
Brandenburg
oͤkonomiſch betrachtet.
im Verlag der Buchhandlung der Real-Schule
1766.
Vorbericht.
Der allergnaͤdigſte Koͤnigliche Be-
fehl wegen Aufhebung der Ge-
meinheiten iſt unter denen un-
zaͤhlichen Wohlthaten, die das Vaterland
von ſeinem groſſen und guͤtigen Beherr-
ſcher je empfangen hat, eine der aller-
wichtigſten. Als ein treuer Unterthan
habe ich dem Triebe nicht widerſtehen
koͤnnen, denenjenigen von meinen Lan-
desleuten, welche von ſolcher neuen Ein-
richtung keinen hinlaͤnglichen Begrif ha-
* 2ben,
[]Vorbericht.
ben, und derer ſind ſehr viel, die Groͤſſe
dieſer Koͤniglichen Gnade in ihrem wah-
ren Lichte darzuſtellen, indem ich ihnen
in dieſen Blaͤttern die anſehnlichen Vor-
theile zeige, welche ſo augenſcheinlich je-
dermann begluͤcken werden, der an ſei-
nem Theil nichts verabſaͤumet die huld-
reichen Abſichten des Landesvaters zu
erfuͤllen. So vielen tauſend Familien,
die den Nahrungsſtand ausmachen, allen
Beſitzern der Landguͤter, und einer
Menge anderer Perſohnen, die ſich mit
der Landwirthſchaft beſchaͤftigen, wird
hiedurch das ſicherſte Mittel dargereicht,
ihr Vermoͤgen anſehnlich zu vermehren,
und ihre Einkuͤnfte in kurzer Zeit viel-
leicht zu verdoppeln.
Die in dieſer Schrift aus der Na-
tur der Landwirthſchaft hergeleiteten,
und durch Vernunft und Erfahrung
hinlaͤnglich beſtaͤtigten Saͤze, beweiſen die
Moͤg-
[]Vorbericht.
Moͤglichkeit von dem was ich hier ſage.
Jeder Leſer der auch kein Landwirth iſt,
ſiehet es ein, daß wenn man bei jedem
Dorf, den dritten Theil des Ackers, wel-
cher nach der bisherigen alten Art zu
wirthſchaften, alljaͤhrlich wuͤſte geblieben
iſt, kuͤnftighin nach der Aufhebung der
Gemeinheiten, auf daß vortheilhafteſte
nutzen und mit Fruͤchten beſtellen kann,
es eben ſo viel ſei, als wenn die Feld-
mark dieſes Dorfs um ein Drittheil er-
weitert waͤre. Die ganze Marck ge-
winnet alſo durch die Befolgung des
Koͤniglichen Befehls innerhalb ihrer
Grenzen, um ein Drittheil neue Fel-
der, denn in der ganzen Marck
wird nach Aufhebung der Gemein-
heiten um ein Drittheil Ackers mehr
angebauet werden, als bisher, und
die Einſchlieſſung der Felder, die kuͤnſtli-
chen Wieſen, und andere nur alsdenn
* 3moͤg-
[]Vorbericht.
moͤgliche Verbeſſerungen werden unſtrei-
tig den geſamten Boden, weit mehr als
um ein Drittheil fruchtbarer machen.
Engelland iſt uns hierinn mit ſei-
nem groſſen Beiſpiel vorangegangen.
Dieſes Reich war vor nicht gar langer
Zeit oft genoͤthiget ſeinen Getreidevor-
rath aus Pohlen zu nehmen *) und
die daſige Landwirthſchaft war ſchlechter
als in irgend einem andern Lande **),
ſeit-
[]Vorbericht.
ſeitdem es aber auf eben die Art wie
nunmehro bei uns geſchehen ſoll, ſeinen
Ackerbau verbeſſert hat, ſo ernaͤhret es
nicht nur ſeine zahlreichen Einwohner
ſelbſt, und verſiehet ſeine weitlaͤufigen
Colonien mit Getreide, ſondern es ver-
kauft annoch jaͤhrlich an Auswaͤrtige im
Durchſchnitt fuͤr zehen Millionen Tha-
ler an allerlei Korn. Denn ſo bald die
Regierung daſelbſt anfing die Sache zu
Herzen zu nehmen *), ſobald man Par-
* 4laments-
**)
[]Vorbericht.
lamentsackten ausfertigte, und Preiſe
und Belohnungen auf die Ausfuhre des
Getreides ſezte, ſo kam der Verbeſſe-
rungsgeiſt uͤber Engelland, und belebte
jede Seele. Da arbeiteten der Lord
und der Gelehrte mit vereinigten Kraͤf-
ten an dieſes groſſe Werk, und durch
ſie geleitet, that der arbeitſame Arm des
Landmanns Wunder. Alle Vorurtheile
wurden abgeſchuͤttelt, man verließ das
alte Herkommen, man hob die Gemein-
heiten auf, ſchloß die Felder ein, legte
kuͤnſtliche Wieſen an, und der Ackerbau
in Engelland, ſtieg mit ſchnellen
Schritten zu der Stuffe der Vollkom-
menheit, darauf wir ihn jezt erblicken.
Man darf nur die Klagen der franzoͤſi-
ſchen Schriftſteller *) leſen, um einzuſe-
hen
*)
[]Vorbericht.
hen wie groß die Vorzuͤge ſind, die es
hiedurch allein vor Franckreich**) er-
langt hat, von welchem es vorher in
dieſem Stuͤck ſo weit uͤbertroffen wurde.
Denn in Franckreich folgte der groſſe
Colbert nicht, dem noch groͤſſerem Suͤl-
li, ſondern vernachlaͤſſigte den Ackerbau,
da er ſelbigen vielmehr als die Grund-
ſaͤulen ſeiner Manufackturen haͤtte anſe-
hen und nie den Ausſpruch des Suͤlli
vergeſſen ſollen: „daß die Einkuͤnfte ei-
„ner Nation nicht weiter geſichert ſind,
* 5„als
[]Vorbericht.
„als in ſo fern das Land mit reichen
„Ackerleuten bevoͤlkert ſei; daß die Schaͤ-
„tze der Erden allein unerſchoͤpflich, und
„und daß alles in einem Staate bluͤ-
„het, in welchem der Ackerbau im Flor
„iſt *).
Engelland handelte nach dieſen
Grundſatz und ſeine Bemuͤhungen wa-
ren nicht vergeblich angewandt. Es
wuͤrde eine groſſe Unwiſſenheit verra-
then, wenn man behaupten wollte, daß
alles was wir jezt bei der Engellaͤndi-
ſchen Landwirthſchaft vollkommenes er-
blicken, bloſſe Naturgaben ihres Landes
ſind. Nein, Himmel und Erde ſind
dorten nicht anders beſchaffen, als bei
uns; und blos der Fleis und die Auf-
merckſamkeit dieſer Nation hat ihr das
verſchaffet, was andere Laͤnder entbeh-
ren muͤſſen. Jhre Pferde- und Schaaf-
zucht
[]Vorbericht.
zucht kann hier zum Beweiß dienen.
Beides iſt ſchoͤn. Allein ihre vortrefli-
chen Pferde ſtammen aus der Barba-
rey her, und Spanien hat die erſten
guten Schaafe nach Engelland ge-
ſendet, von deren Nachkoͤmmlingen an-
jezt die koſtbare Englaͤndiſche Wolle er-
halten wird. Warum ſolte nun uns
daß nicht auch moͤglich ſein, was denen
Engellaͤndern moͤglich geweſen iſt?
Warum ſolten wir nicht unſere Landes-
Produckte ebenfals theils verbeſſern,
theils in groͤſſerer Menge erzeugen? Nach
der neuen Einrichtung haben wir die
groͤſſeſte Hofnung dazu. Jch will das
leztere durch ein einziges Exempel erlaͤu-
tern. Sobald die [Gemeinheiten] aufge-
hoben ſind, haben wir die beſte Gele-
genheit durch den Anbau der Futter-
kraͤuter unſern Viehſtand auf das aͤuſ-
ſerſte zu verſtaͤrken, und eine Menge
Schlacht-
[]Vorbericht.
Schlachtvieh zuzuziehen, welches wir an-
jezt noch mit vielen Koſten aus Pohlen
und Ungarn herholen muͤſſen. Dieſe
und andere anſehnliche Summen ſo noch
alljaͤhrlich fuͤr mancherlei Beduͤrfniſſe
auſſer Landes gehen, koͤnnen kuͤnftighin
vortheilhaft erſparet und der Umtrieb
des Geldes innerhalb unſeren Grenzen
dadurch vermehret werden. Jede Na-
tion aber iſt allemahl um deſto gluͤckli-
cher zu achten, je weniger ſie von ihren
Nachbarn abhaͤngt, und ſich das, was
ſie braucht, ſelbſt verſchafet. Erkenne es,
Vaterland! daß dieſes die Abſichten dei-
nes Koͤnigs ſind, wenn er befiehlet, daß
die bisherige mangelhafte Einrichtung
der Landwirthſchaft, abgeaͤndert werden
ſoll.
Jch weiß ein Mittel, welches zur
Befoͤrderung dieſer Abſicht von dem al-
lergroͤſſeſten Nutzen auch fuͤr die Mark
ſein
[]Vorbericht.
ſein wuͤrde, wenn eine Anzahl geſchickter
Maͤnner, eine Geſellſchaft errichten, und
die Kraͤfte ihres Verſtandes, ihre Ge-
lehrſamkeit und Erfahrung zum Beſten
eines Gegenſtandes des menſchlichen Wiſ-
ſens vereinigen; ſo hat dieſes allemahl
die erwuͤnſchteſten Folgen. Faſt in al-
len Laͤndern von Europa ſind Akade-
mien der Wiſſenſchaften, und ihnen hat
das Reich der Gelehrſamkeit die wichtig-
ſten Entdeckungen zu verdanken. Wa-
rum wuͤrdiget man eine Sache, die uns
die erſten Nothwendigkeiten des Lebens
verſchaffet, auf welcher die Erhaltung
des menſchlichen Geſchlechts groͤßtentheils
beruhet, und die ganzen Reichen und
Voͤlkerſchaften die vornehmſte Stuͤtze
ihrer Macht darreichet, nicht wenigſtens
einer gleichen Aufmerkſamkeit? derjenige
welcher die Laufbahn eines Cometen be-
rechnet, iſt warhaftig der menſchlichen
Geſell-
[]Vorbericht.
Geſellſchaft weit weniger nuͤtzlich, als
der ſo den Gang des Pfluges zu verbeſ-
ſern ſuchet; und alle Trabanten des Sa-
turns, nuͤtzen dem gemeinen Weſen
nicht ſo viel als eine Meyerei voll Och-
ſen, die vor dem Viehſterben gerettet
werden. Jn Engelland und andern
Reichen, giebt es ſchon dergleichen Ge-
ſellſchaften, welche die Aufnahme der
Landwirthſchaft, zum Vorwurf der tief-
ſten Unterſuchungen machen. Wuͤrde es
nicht gut ſein, die Anzahl derſelben zu
vermehren, und bei mancher Akademie
wenigſtens eine oͤkonomiſche Claſſe zu
errichten?
Jnhalt.
[]
Jnhalt.
Erſtes Capitel.
Wie die Gemeinheiten wahrſchein-
licher Weiſe zuerſt entſtanden, und
was ſie vor Schaden bringen. p. 3
Zweites Capitel.
Die Vortheile der Aufhebung der
Gemeinheiten in Abſicht auf die
Viehzucht. 22
Drittes Capitel.
Die Vortheile der Aufhebung der
Gemeinheiten, in Abſicht auf den
Ackerbau. 44
Viertes Capitel.
Die Vortheile der Aufhebung der
Gemeinheiten in Abſicht der zah-
men und wilden Baumzucht 73
Fuͤnf-
[]Jnhalt.
Fuͤnftes Capitel.
Beantwortung der Einwuͤrfe wieder
die Aufhebung der Gemeinhei-
ten. p. 83
Sechſtes Capitel.
Allgemeiner Entwurf, wie die Auf-
hebung der Gemeinheiten am fuͤg-
lichſten bewerkſtelliget und jeder-
man ſchadlos dabei gehalten wer-
den koͤnnte. 111
Die
[[1]]
Die
Aufhebung
der Gemeinheiten
in der
Mark Brandenburg
nach ihren groſſen Vortheilen
oͤkonomiſch betrachtet.
[[2]][[3]]
Erſtes Capitel.
Wie die Gemeinheiten wahrſcheinli-
cher Weiſe zuerſt entſtanden ſind, und
was ſie vor Schaden bringen.
§. 1.
Das graue Alterthum iſt aller Verehrung
wuͤrdig, und durch die Beobachtung
mancher von unſern Vorfahren herſtam-
menden Einrichtungen und Gewohnheiten, lei-
ſten wir ihnen eine Art der Ehrerbietung, die
wir ihrem Andenken ſchuldig ſind. Nur leh-
ret uns die Klugheit hierinn von ſolchen Ge-
wohnheiten eine Ausnahme zu machen, welche
in der Folge der Zeit durch veraͤnderte Umſtaͤn-
de nicht ſelten hoͤchſt unbequem, und oft ſchaͤd-
lich geworden ſind. Dieſes leztere iſt der Fall
bei der Landwirthſchaft in Abſicht der in denen
meiſten Gegenden Teutſchlands bis dieſe
Stunde noch uͤblichen Gemeinheiten.
A 2§. 2.
[4]
§. 2.
Kaum habe ich noͤthig hier zu erklaͤren,
was unter dem Worte, Gemeinheit, Feld-
und Trift-Gemeinſchaft und wie die ſchoͤ-
nen Nahmen alle heißen, verſtanden wird.
Eine ſolche verdriesliche Einrichtung der Land-
wirthſchaft, da die ſaͤmtlichen oder doch die
meiſten Grundſtuͤcke eines Dorfes, mit Heer-
den allerlei Viehes der Weide halber dergeſtalt
betrieben werden, daß Anger, Wieſen, Holzun-
gen und Aecker nach denen beſten Wirthſchafts-
regeln weder bearbeitet noch genuzet werden koͤn-
nen, dieſes iſt der traurige Begrif von einer
Sache, die der Aufnahme der Landwirthſchaft,
dem moͤglichen Reichthum ſo vieler tauſend Fa-
milien, und im Ganzen betrachtet, dem Flor
der Laͤnder, ſchnurſtracks entgegen ſtehet, und
welche manchem einſehenden Landwirth, ſchon
manchen Seufzer gekoſtet hat.
§. 3.
Wenn ich gelehrt ſchreiben wolte, ſo muͤſte
ich hier wenigſtens in recht langen Noten vol-
ler gruͤndlichen Trockenheit und alter Schrift-
ſteller zeigen, wo und wenn die Gemeinheiten
zuerſt entſtanden ſind? Allein da dieſe Unter-
ſuchung vielleicht eben ſo ſchwer ſeyn duͤrfte als
die Lehre von dem Urſprunge des Boͤſen uͤber-
haupt; ſo ſei es uns Landwirthen genug zu
wiſſen, daß aller Warſcheinlichkeit nach, die
Gemein-
[5] Gemeinheiten bei ihrem Anfang bloß ein Werk
der Noth geweſen. Denn damals als wegen
der Zaͤnkereien der Menſchen, noch kein Rich-
ter und Anwald gelohnet wurden, ſondern un-
ſere Vorfahren ihre Prozeſſe auf gut teutſch mit
der Keule in der Hand entſchieden: ſo ſagt
man, daß die Furcht vor ſolchen unbequemen
Rechtshaͤndeln ſie vermocht habe, ihre Woh-
nungen naͤher bei einander zu bringen, und daß
auf dieſe Weiſe Doͤrfer und Flecken, mit allen
ihren Unbequemlichkeiten in Abſicht auf den
Ackerbau entſtanden ſind. Vorher aber woh-
neten unſere ehrlichen Stammvaͤter, ob ſie
gleich nur ihres Trinkens und ihrer Faulheit
halber, nicht aber eben wegen ihrer Geſchick-
lichkeit im Feldbau beruͤhmt waren, dennoch
auf eine der Landwirthſchaft ſehr zutraͤglichen
Art und Weiſe, nehmlich in einzeln liegenden
Huͤtten (*) die in dem Bezirk ihrer Grundſtuͤcke
ſich befanden. Nur ſolche traurige Umſtaͤnde
alſo, da ſie blos zur Sicherheit ihres Lebens
und ihrer Guͤter auch wohl ihrer Freiheit, groͤſ-
A 3ſere
[6] ſere Geſellſchaften unter ſich errichten, ihre Haͤu-
ſer naͤher zuſammen bringen, und Doͤrfer und
Flecken bauen muſten, vermochten ſie, jene
vorzuͤgliche Einrichtung zu verlaſſen, und ſich
tauſend Ungemaͤchlichkeiten zu unterwerfen.
Wer weiß ob wir ſonſten nicht bis jetzt in die-
ſer fuͤr den Landbau, troz aller Einwuͤrfe alle-
mahl hoͤchſt vortheilhaften Verfaſſung wuͤrden
geblieben ſein, und in denen am meiſten bevoͤl-
kerten Provinzien, nur Staͤdte aber keine Doͤr-
fer, ſondern anſtatt der leztern die Felder mit
unzaͤhlichen Wohnungen der Landleute gleich-
ſam beſaͤet antreffen wuͤrden? Wer weiß, ob
wir uns nicht zu dieſer Stunde bereits in dem
vollen Genus aller derer Vortheile wirklich be-
faͤnden, die wir anjezt, wie durch ein Fernglas
nur von weitem erblicken.
§. 4.
Einige von dieſen großen Vortheilen naͤher
zu betrachten, iſt der Zweck dieſer Schrift.
Um aber dem Spoͤtter gleich anfangs ſeine Ab-
fertigung zu geben, ſo ſoll er wiſſen, daß ob
ich gleich im vorigem Paragraph ſage, daß es
der Aufnahme der Landwirthſchaft zutraͤglich
ſei, wenn die Wohnungen der Ackerleute zer-
ſtreuet und einzeln auf ihren Grundſtuͤcken ge-
legen ſind, ich deswegen nicht fordere, daß
man Doͤrfer niederreiſſen und Flecken zerſtoͤh-
ren muͤſſe, ſondern ich will nur, daß man ſich
Muͤhe
[7] Muͤhe geben ſoll, die ſchaͤdlichen Gemeinheiten
aufzuheben, das heißt:
1. Die Viehweide entweder ganz abzu-
ſchaffen, oder doch dergeſtalt abzuaͤndern, damit
dadurch der Weg gebahnet werde.
2. Daß jeder Beſitzer wo nicht ſeine ſaͤmtli-
chen Grundſtuͤcke, doch wenigſtens ſeinen pflug-
baren Acker, zuſammen auf einem Platz mit
ſolcher Freiheit erhalten moͤge ſelbigen einzuhaͤ-
gen, und ohne Ruͤckſicht auf ſeine Nachbaren
nach ſeiner beſten oͤkonomiſchen Erkentnis
bearbeiten und nutzen zu koͤnnen.
Dieſe Sache, ich geſtehe es, iſt an denen
meiſten Oertern mit Hinderniſſen vergeſellſchaf-
tet; allein ſolche zu heben, wird nirgend un-
moͤglich ſein, ob es wohl ſchwer ſein kann; und
dieſe Muͤhe bleibt nicht unbelohnet. Soll man
denn das Gute deswegen unterlaſſen bloß weil
es ſchwer iſt, es auszuuͤben?
§. 5.
Nach meinem vorigen Satz, will ich die
Viehhuͤtung gaͤnzlich aufgehoben, oder doch
wenigſtens abgeaͤndert wiſſen. Will man ſich
hiezu nicht verſtehen, ſo bin ich ſo billig vor
der Hand allenfalls noch zu erlauben, daß auf
denen Angern und Wieſen nach wie vor das
Vieh weiden moͤge; ob ich gleich lieber ſaͤhe,
daß man die oft weitlaͤufigen Anger, welche mit
denen Heerden des ganzen Dorfs betrieben
A 4werden,
[8] werden, nicht mehr als eine Gemeinheit behan-
delte, ſondern ſolche vermeſſen und jedem Eigen-
thuͤmer ein groͤßeres oder kleineres Stuͤck da-
von austheilen lieſſe, um ſolches fuͤr ſich allein
zu nutzen ſo gut er weiß und kann. Es ſei
dann, daß die Anzahl derer ſo das Recht ha-
ben dieſen Anger mit ihrem Vieh zu betreiben,
ſo groß waͤre, daß man ſelbigen zu ſehr zerſtuͤ-
ckeln und in eine Menge ſolcher kleinen Portio-
nen abtheilen muͤſte, die eine beſſere Nutzung
verhindern, in dieſem Falle moͤgte es beſſer ge-
than ſein, ſolchen Anger nur in ſo viel Theile
abzumeſſen, als ſo viel noch die zum beſſern
wirthſchaftlichen Gebrauch, die erforderliche
Groͤße behielten, und ſolche einigen von denen
bisherigen Beſitzern beſonders einzuraͤumen,
die uͤbrigen aber auf eine andere Art ſchadlos
zu halten. Alsdenn wuͤrde der mehr als dop-
pelte und dreifache Ertrag einer und eben der-
ſelben Flaͤche des Bodens meinen Wunſch recht-
fertigen. Der alte Wirth mag alſo ſein Vieh
auf Angern und Wieſen ferner weiden laſſen,
weil er es ſo haben will, indeſſen erlaube er
mir, ihm mit wenigen den Schaden zu zeigen,
den er nach der bisherigen Einrichtung der Vieh-
weide auf mehr denn einer Art leidet.
§. 6.
Dieſer Schaden iſt vielfaͤltig. Jch will
um nicht weitlaͤufig zu ſein, nur ein kurzes Ver-
zeichnis
[9] zeichnis davon machen, und es einem jeden
Wirth uͤberlaſſen, noch mehrere Artikel dieſer
Art hinzuzufuͤgen. Bei dem Vieh will ich
anfangen, und den Vertheidiger der Weide
fragen:
1. Ob es nicht wahr ſei, daß das arme
Vieh von Schlacken, rauhen Wind, Hitze und
Ungeziefer gar erſtaunlich viel auszuſtehen habe,
wenn es vom Morgen bis an den Abend ſich
auf dieſe Weiſe ſeine Nahrung und zwar oft
recht kuͤmmerlich ſuchen muß; und ob er wohl
glaube, daß ſolches der Geſundheit, und dem
beſtmoͤglichem Gedeien des Viehes eben ſo zu-
traͤglich ſei, als wenn alle dieſe Dinge vermie-
den werden?
2. Ob nicht die Weite des Weges und
das beſtaͤndige Herumtreiben der armen Thiere,
ſelbige abmattet, die durch das Futter erlang-
ten beſten Kraͤfte ſogleich wieder wegnimmt,
denen ſaͤugenden Kuͤhen im Sommer die Milch
erhitzt, und dadurch denen jungen Kaͤlbern
Krankheiten und den Tod zuwege bringt?
3. Ob nicht zur Zeit der leidigen Viehſeu-
che gleich viel hundert Stuͤck ohne Rettung
verlohren gehen, ſo bald nur ein einziger un-
achtſamer Wirth im Dorfe oft ſeine einzige
Kuh nicht gehoͤrig in Acht genommen hat, ſon-
dern vielleicht ſelbſt Schuld daran iſt, daß ſel-
bige von der Seuche angeſtecket worden?
A 54. Ob
[10]
4. Ob nicht im erſten Fruͤhling oder im
ſpaͤtem Herbſt, wenn das Gras ſelten oder
ſchon verdorben iſt, aller Unflath und ſchaͤdliche
Kraͤuter, aus Hunger von dem Vieh einge-
ſchlucket werden, welche die Lungen-Seuche und
andere gefaͤhrliche Krankheiten verurſachen?
5. Ob nicht da wo es Moraͤſte oder auch
nur kleine Feldbruͤcher giebt, und dieſe ſind faſt
aller Orten anzutreffen, und gemeiniglich weil
ſie bei vernachlaͤßigter Cultur zu nichts beſſers
gebraucht werden koͤnnen, der Viehweide ge-
widmet, ob, ſage ich, nicht manches Stuͤck in
ſolchen Moraͤſten zu Schaden kommt, ſich was
zerſprengt oder auf der Stelle erſaͤuft?
Welcher Vertheidiger der Viehhuͤtung kann
mir dieſe Warheiten ablaͤugnen? und wenn er
dieſes nicht kann, ſo geſtehe er es ein, daß ſel-
bige mit Schaden verknuͤpft iſt.
§. 7.
Jedoch vielleicht iſt dieſer Schaden noch zu
klein als daß er einige Aufmerkſamkeit ver-
diene, ich will ihn alſo groͤßer machen, oder
vielmehr, ich will ihn von einer andern Seite
betrachten da er noch mehr in die Augen fallen
ſoll. Die Reihe komt nun an den Weideplatz
ſelbſt. Auch hier iſt der Schaden von mehr
als einerlei Art. Denn
1. Muß jedermann ohne ein Naturforſcher
ſein zu duͤrfen, zugeben, daß ein jedes Ge-
waͤchs
[11] waͤchs im Pflanzenreich, ſo bald es waͤhrend
der Zeit ſeines Hervorkeimens, und ehe es
einen gewiſſen Grad des Wachsthums erreicht
hat, verletzet wird, niemals zu der Staͤrke und
Vollkommenheit gelangen kann, die es ſonſten
erreichet haben wuͤrde, wenn man ihm Zeit
genung gelaſſen haͤtte, ſich gehoͤrig auszuwi-
ckeln. Dieſe Beſchaffenheit hat es mit dem
Graſe und denen Kraͤutern, welche auf der
Weide dem Vieh zur Nahrung dienen ſollen.
Kaum hat der wankelmuͤthige April, mit ſeiner
ungewiſſen Heiterkeit, den Schnee vom Anger
hinweggeſchmelzet; kaum faͤrben ſich die brau-
nen Keime des Graſes mit dunkelm Gruͤn; ſo
zanket bereits der alte Wirth mit dem Hirten,
daß er die Heerde austreiben ſoll. Sein Vieh,
heißet es, wolle nicht mehr im Stall freſſen,
es ſehne ſich nach der Huͤtung, ja es rieche
ſchon das Graß. Das an denen Vorurthei-
len und der Unwiſſenheit ſeines Herrn unſchul-
dige Vieh, verlaͤſſet alſo ungern die Krippe und
gehet auf die Weide. Allein weit entfernt ſich
zu ſaͤttigen, wandert es hin und wieder, und
reißet vor Hunger und vielleicht halb auch vor
Verdruß die alten Stoppeln des Graſes mit
dem jungen Keim, und denen daran hangenden
Wurzeln zugleich aus der Erde, friſſet etwas
davon, und laͤſſet das meiſte wieder fallen. Der
ſchwere Ochs druͤcket mit ſeiner Centnerlaſt,
bei
[12] bei jedem Schritt einen ſo großen Umfang der
Oberflaͤche als ſein breiter Fuß bedecket, tief
in dem weichen Boden hinein, und begraͤbt
alſo jedesmahl einen anſehnlichen Theil ſeines
kuͤnftigen Unterhalts. Mit jedem Tage nimt
dieſe Verwuͤſtung zu. Das junge Graß wird
unaufhoͤrlich verbiſſen, und waͤchſt nie von der
Erde empor. Unaufhoͤrlich werden die ſaft-
vollen Wurzeln und zarten Keime deſſelben zer-
quetſcht, und gerathen daher nach dieſer Ver-
wundung bey feuchter und warmer Witterung
nothwendig in Faͤulung; und ſo iſt es in der
That ein Wunder der guͤtigen Natur, daß ſie
bey ſolcher Mißhandlung noch auf den Grad
ergiebig iſt, als wirklich geſchiehet. Man ſolte,
wenn man denn ja das Vieh weiden will, ſol-
ches von Rechtswegen nicht ehender auf die
Huͤtung bringen, bis das Erdreich von der
Winterfeuchtigkeit hinlaͤnglich trocken, und
das Graß groß genung gewachſen waͤre, dem
Vieh die erforderliche Saͤttigung zu verſchaf-
fen. Jedennoch aber wuͤrde auch hier der
Satz noch immer wahr bleiben: daß auf jeder
Weide Verhaͤltnißweiſe, allemahl mehr Graß
zertreten als gefreſſen wird.
2. Hiernaͤchſt iſt noch ein Ruin der Weide
dieſer, daß der haͤufige Unflath, den eine ſolche
Heerde Vieh taͤglich auf der Weide fallen laͤſ-
ſet, ſolche auf eine erheblichere Weiſe verderbet
als
[13] als man dem erſten Gedanken nach ſich vorſtel-
lig machen kann. Der Vertheidiger der Vieh-
huͤtung wird wiſſen, daß ein ſtark betriebener
Weideplatz gemeiniglich ſehr fleckig ausſiehet,
und daß, obgleich Pferde und Rindvieh, wech-
ſelsweiſe nicht ſehr eckel ſind, in der Naͤhe um
einen ſolchen Fleck zu weiden, es dennoch eine
geraume Zeit waͤhret, ehe der Duͤnger derge-
ſtalt verwittert, daß dieſe Stelle wieder gruͤn
wird. Allein das weiß ein Vertheidiger der
Viehhuͤtung vielleicht noch nicht, daß auf dieſe
Weiſe eine Heerde nur von zweihundert Stuͤck
Rindvieh in neun Tagen einen Morgen von
180 □ruthen an Graswuchs auf lange Zeit
verderbet. Der Grund, daß hiedurch der
Weideplatz geduͤnget wuͤrde, iſt hier eben ſo
unſchicklich angebracht, als es die Art und
Weiſe iſt, wie dieſes Duͤngen geſchiehet. Muß
denn eine Duͤngung erſt einen Ort eine lange
Zeit verderben und unfruchtbar machen ehe ſie
demſelben einigermaſſen vortheilhaft wird?
O wie gut koͤnnte eben dieſer Duͤnger auf eine
weit nuͤtzlichere Weiſe zur Verbeſſerung dieſes
Weideplatzes angewendet werden, wenn es
denen ſaͤmtlichen Beſitzern gefiele, dieſe Ge-
meinhuͤtung nach wirthſchaftlichen Regeln zu
behandeln; allein dieſes iſt
3. Ein neuer Schaden, den die Viehweide
mit ſich fuͤhret, daß bei einer ſolchen Gemein-
heit
[14] heit nicht die allergeringſte Verbeſſerung vor-
genommen wird. Ein ſolcher Weideplatz wird
ſeinem Schickſaal uͤberlaſſen, es werde aus ſelbi-
gem was da wolle. Kaum daß man dem Sau-
hirten den Zugang verbietet, oder noch zur
Noth einen Graben einigermaſſen raͤumet; al-
lein, ſchaͤdliche Kraͤuter, Buſchwerk und der-
gleichen zu vertilgen, Maulwurfshuͤgel zu
ebnen, ſumftige ausgemoderte Tiefen auszu-
hoͤhen und mit Heuſaamen zu beſtreuen, jaͤhr-
lich einen gewiſſen Theil mit dem Pflug umzu-
reiſſen und mit Futterkraͤutern zu beſaͤen, an
allen dergleichen heilſamen Unternehmungen iſt
gar nicht zu gedenken. Denn niemand ſiehet
eine ſolche Gemeinheit als ſein Eigenthum an,
weil alle zuſammengenommen es dafuͤr anſe-
hen. Niemand kann und darf alſo ohne Zu-
thun der andern Beſitzer das geringſte damit
vornehmen, weil es theils ſeine Kraͤfte uͤber-
ſteigt, theils auch wider die maͤchtigen Vorur-
theile und den Eigenſinn der uͤbrigen laufen
wuͤrde. Wer hat aber Muth genug, ſo viel
wiederſinnige Koͤpfe zu vereinigen und ſie da-
hin zu vermoͤgen, mit guten Willen das zu
thun, was ſie vor uͤberfluͤßig, vor unnuͤtz, auch
wohl gar vor ſchaͤdlich halten? Denn die Vaͤ-
ter und Großvaͤter des Dorfs haben auch Vieh
gehabt, und nie iſt an ſolchen Neuerungen ge-
dacht worden. Kurz, die Sache bleibt wie
ſie
[15] ſie iſt, und nie wird der arme Weideplatz die
geringſte moͤgliche Verbeſſerung erhalten. Was
folgt aber hieraus anders als daß
4. Eine ſolche Gemeinheit kaum den dritten
Theil von demjenigen Vieh ernaͤhren kann, als
geſchehen wuͤrde, wenn man eine andere Ein-
richtung damit machte. Jch betruͤbe mich al-
lemahl, wenn ich oft die ſchoͤnſte Ebene gewahr
werde, welche zur Weide beſtimmt iſt, und
wenn ich nach geſchehener Erkundigung nach
der Anzahl des Viehes welches darauf ſeinen
Unterhalt findet, bemerke, daß ſelbige ſo gerin-
ge iſt, daß ein nur bloß nach dem Augenmaaß
gemachter Ueberſchlag, dieſe vortrefliche Flaͤche
mehr als doppelt und dreyfach ſo ſtarke Heer-
den ſaͤttigen koͤnnte, fals man es darnach an-
finge. Jſt das aber kein Schaden, wenn ein
Eigenthumer ſtatt dreißig Stuͤck Vieh, ſich mit
zehen Stuͤck begnuͤgen muß? Jſt das kein
Schaden, wenn manche Dorfſchaft Bauren,
in dem Beſitz eines durch ihre eigene Schuld
alſo vernachlaͤßigten Weideplatzes ſich die zu-
naͤchſt dem Brodt ihnen ſo noͤthige Waare,
nemlich Butter und Kaͤſe vor ihr baares Geld
von andern verſchaffen muß, da ſie dergleichen
ſelbſt verkauffen, und dadurch ihre bereite Ein-
nahme anſehnlich verſtaͤrken koͤnnte? Jch uͤber-
gehe hier die uͤbrigen großen Vortheile, welche
mit einem ſtaͤrkeren Viehſtand unzertrennlich
ver-
[16] verknuͤpft ſind, und deren gluͤcklicher Einfluß,
ſich auf alle Zweige der Landwirthſchaft erſtre-
cket; weil dieſer Vorwurf unten mit mehreren
abgehandelt wird. Jedoch es iſt nicht genug,
daß der Landwirth nach der bisherigen Ein-
richtung der Viehweide ſich den Unterhalt ſei-
nes Viehes fuͤr den Sommer ſchmaͤlert, ſondern
5. auch der Heuſchlag und das Winter-
Futter wird dadurch vermindert. Jch will
dieſes noch ganz kuͤrzlich beweiſen. Es iſt be-
kannt, daß der alten Gewohnheit nach die
maͤhbaren Wieſen im Fruͤhling bis auf Wal-
purgis und im Herbſt von Michaelis an mit
dem Vieh betrieben werden. Beides iſt ſchaͤd-
lich. Jn Abſicht der Fruͤhlingsweide gilt eben
das bei denen Wieſen, was im Anfang die-
ſes Paragraphs von denen Weideplaͤtzen iſt
geſagt worden, daß nemlich das junge Graß
bei ſeinem erſten Wachsthum verbiſſen, und
der weiche Boden von dem Treten des Viehes
ausgemodert wird; wodurch alſo der erſte und
beſte Graßwuchs unwiederbringlich verloren
gehet, und bei eintretender Hitze und Trocken-
heit des Sommers in der Folge niemals recht
fort will. Die ſpaͤte Herbſtweide auf den Wie-
ſen iſt aber noch ſchaͤdlicher. Bis zu Ende des
Octobers und noch ſpaͤter hin, gehet das Vieh
Tag vor Tag auf ſelbigen herum, und frißt vor
Hunger das noch uͤbrige Graß aus der Erde
heraus.
[17] heraus. Nun faͤllt die Kaͤlte ein. Die friſch
verwundeten Graßpflanzen werden von dem
Froſt durchaus angegriffen, und ihre Gefaͤſſe
zerſtoͤhret. Was kann man ſich alſo auf das
kuͤnftige Jahr vor Wachsthum von ihnen ver-
ſprechen? Die Vermuthung, daß es nur
ſchlecht ausfallen kann, wird durch die Erfah-
rung beſtaͤtiget. Man verſuche es, und ver-
ſchone eine dergleichen Wieſe nur ein Jahr mit
der Fruͤhlings- und Herbſtweide. Der Ertrag
davon wird im folgenden Jahr noch einmahl
ſo ſtark ſein, als auf einer daneben liegenden
Wieſe, die man nach der bisherigen ſchaͤdlichen
Gewohnheit behandelt hat. Muß aber der
mehrere Gewinn von Heu, nicht den kleinen
Nutzen einer magern Weide auf einen und
eben denſelben Platz um ein großes uͤberwie-
gen? Um dieſen Gewinn bringt ſich aber der
Vertheidiger der Viehhuͤtung muthwillig, und
leidet alſo auch hiedurch den allergroͤßeſten
Schaden.
§. 8.
Jedoch ich bin mit dem Regiſter des man-
cherlei Verluſtes, den die Viehweide mit ſich
fuͤhret, noch nicht fertig. Es ſind noch ein
paar wichtige Punkte uͤbrig, die ich unmoͤglich
unberuͤhrt laſſen kann. Hiezu gehoͤret
1) daß an manchen Orten die Lage des Wei-
deplatzes einen breiten Weg erfordert, der vom
BDorf
[18] Dorf dahin fuͤhret, und den man eine Vieh-
trift nennet. Oft nimmt dieſer Weg ſeine
Richtung durch die fruchtbarſten Felder, und
man muß alſo ein großes Stuͤck Acker dazu
verſchwenden, das man mit Fruͤchten beſtellen
koͤnnte. Jch kenne Doͤrfer die eine Viehtrift
von beinahe eine halbe Meile lang durch den
beſten Weitzen-Acker halten muͤſſen, welche
mit denen auf beiden Seiten aufgeworfenen
Graben 5 bis 6 Ruthen breit iſt. Wenn man
dieſes Stuͤck Land nach der Morgen-Zahl oder
nach der moͤglichen Auſſaat uͤberſchlagen, und
den Ertrag davon nur nach einen maͤßigen An-
ſchlag zu Gelde rechnen wolte, ſo wuͤrde man
eine anſehnliche Summe heraus bringen, die
man bei einer Berechnung der Viehnutzung
davon abziehen muͤſte, und man wuͤrde erſtau-
nen, daß dieſer bisher vor nichts gerechnete
Umſtand einen ſo wichtigen Artikel ausmachet.
Abermahls ein Schade von großem Belange,
den der Vertheidiger der Viehnutzung eingeſte-
hen muß.
2) Den Beſchluß dieſer verdrießlichen Un-
terſuchung ſoll endlich der Ruin des jungen
Holzes machen, welcher mit der Viehweide
faſt unzertrennlich iſt. Derjenige Eigenthuͤ-
mer eines Gutes, dem an den Holzanbau ge-
legen iſt, oder derjenige Foͤrſter der gewiſſen-
haft ſein will, wird mir Recht geben, wie
ſchwer
[19] ſchwer es ſei, Hirten und Vieh in Ordnung
zu halten, und von denen jungen Schlaͤgen und
Schonungen zu entfernen. Der Hirte glaubt
ſeine Wuͤrde nicht mit Anſtand zu bekleiden,
wofern er nicht im Sommer heimlich ſeine
Heerde in das friſche Graß der Schonung
treibt; und das im Herbſt, der Gewohnheit
nach ohne Hirten herumlaufende Vieh, ſuchet
gemeiniglich die Hoͤlzſchlaͤge auf und naͤhret ſich
von denen jungen Schoͤßlingen, deren weiches
Laub ihm beſſer ſchmeckt als das bereits alt ge-
wordene und halb verfaulte Graß. Jm Win-
ter und im Anfang des Fruͤhlings, ſchleichet
alsdenn noch der treuloſe Schaͤfer hinein, laͤſſet
die Knoſpen des jungen Holzes benagen und
ſchwoͤret hernach fuͤr die Unſchuld ſeiner Haͤm-
mel. Auf dieſe Weiſe aber leidet der Holzan-
bau zu jeder Jahreszeit. Duͤrfen wir uns alſo
uͤber den elenden Anblick unſerer Schonungen,
Schlaͤge, Eichelkaͤmpe, Anflug, Anſaͤungen
und Anpflanzungen verwundern? Duͤrfen wir
uns wundern, wenn wir ſolche oͤde, leere Plaͤtze
in unſere Waldungen antreffen, ſolche Holz-
bloͤſſen die oft unabſehlich ſind? Forſtverſtaͤn-
dige wiſſen, wie groß der Schaden iſt, den eine
Anzahl Vieh ſchon in wenigen Stunden an-
richten kann, und wie das einmahl verbiſſene
Holz auf immer ſeines geraden Wuchſes und
geſunden Stammes beraubt bleibet. Jch uͤber-
B 2gehe
[20] gehe andere Pflanzungen, die im freien Felde
geſchehen. Wie ſchwer iſt es doch, dieſe oft
bloß des Viehes halber fortzubringen! Nicht
ein Dutzend Weidenbaͤume darf man ohne Ein-
haͤgung pflanzen, oder ſie werden von dem Biß
oder dem Reiben des Viehes verderbet. Wer
kann aber alle Oerter wo junges Holz waͤchſt,
einhaͤgen? und ein aufgeworfener Graben, die
gewoͤhnliche Befriedigung der Schonungen,
hilft nicht viel. Gern wuͤnſchte ich dem Ver-
theidiger der Hutweide, die vielen hundert tau-
ſend Baͤume allerlei Art, zeigen zu koͤnnen, die
in einer maͤßigen Provinz, jaͤhrlich vom Vieh
ruiniret werden; und ihm alsdenn den Werth
vorrechnen, den ſelbige in zwanzig oder dreißig
Jahren haben wuͤrden. Vielleicht moͤchte es
mir gelingen, dadurch ſeinen Eigenſinn zu bre-
chen, oder ihn wenigſtens ſchamroth zu machen.
Jedoch manche Leute ſind ſo geartet, daß die
Warnung vor Schaden nicht ſo viel uͤber ihren
Willen vermag, als wenn man ihnen zu einen
moͤglichen Vortheil Hofnung giebt. Jch koͤnnte
ſonſten hier noch vieles von dem Nachtheil ſa-
gen, den auch der Ackerbau davon hat, wenn
die Gemeinheiten beibehalten werden, und die
Viehweide nach der bisherigen Gewohnheit fer-
nerhin ſtatt findet. Allein ich will dieſes bis an
einen andern Ort verſparen, und vorjetzt meinem
Verſprechen nach, von lauter Vortheil und Ge-
winn
[21] winn reden. Derjenige Landwirth der die Ge-
meinheiten aufheben, die Viehweide abſchaffen,
oder doch abaͤndern, und ſich dadurch den Weg
bahnen will, ſeine ſaͤmtlichen Grundſtuͤcke oder
wenigſtens ſeinen Acker beiſammen zu erhalten,
der ſoll allenthalben den allergroͤßeſten Nutzen
davon haben. Dis iſt der Satz dem dieſe Blaͤt-
ter gewidmet ſind.
§. 9.
Die zwei Hauptgegenſtaͤnde der Landwirth-
ſchaft werden auch die meinigen in dieſer Ab-
handlung ſein. Jch werde nehmlich zu zeigen
mich bemuͤhen: wie große Vortheile ein Land-
wirth in Abſicht der Viehzucht und des Feld-
baues erhalten koͤnne, wenn die Gemeinheiten
abgeſchaffet ſind, und er ſeinen Acker beiſammen
und eingeſchloſſen hat. Vortheile die er ent-
weder ganz, oder doch dem groͤſſeſten Theil nach
entbehren muß, ſo lange er ſich in der verdries-
lichen Nothwendigkeit befindet, fremdes Vieh
auf ſeinen Grundſtuͤcken weiden zu laſſen, und
ſeine ſchmalen Streifen Ackers zwiſchen denen,
ſo ſeinen Nachbaren zugehoͤren, herauszuſuchen,
und ſich alſo allen denen harten Geſetzen der
traurigen Feldgemeinſchaft zu unterwerfen.
B 3Zweites
[22]
Zweites Capitel.
Die Vortheile der Aufhebung der
Gemeinheiten in Abſicht auf die
Viehzucht.
§. 10.
Die Grundſaͤule eines bluͤhenden Ackerbaues
iſt die Viehzucht in mehr als einerlei Ab-
ſicht. Auf ſie beruhet das ganze Gluͤck des
Landwirths. Nirgend aber kann nach der bis-
herigen alten Art zu wirthſchaften, die Vieh-
zucht anſehnlich und ſtark werden, wenn kein
reicher Vorrath von Graswuchs vorhanden
iſt. Dieſes iſt der Naturfehler unſerer Mark.
An denen meiſten Oertern haben wir einen
Ueberfluß an pflugbaren Acker und einen Man-
gel an Wieſewachs. Denn ich nenne das
ſchon einen wirklichen Mangel an Wieſewachs,
wenn ſelbiges in Vergleichung mit denen zu
beſtellenden Aeckern nicht in einem ſolchen Ver-
haͤltniß ſtehet, daß der Landmann ſo vieles
Vieh halten kann als noͤthig iſt, ſein Feld im
reichem Maaß gehoͤrig zu duͤngen. Was fol-
get hieraus anders, als daß ofte der meiſte
Theil des Ackers entweder ohne Duͤnger beſtel-
let werden muß, oder daß man ſelbigen mit
karger
[23] karger Hand ſo ſparſam austheilet, um nur
mehreres Land duͤngen zu koͤnnen, daß er un-
moͤglich gehoͤrig wirken kann. Jn beiden Faͤl-
len ziehet dieſes ſchlechte Verfahren ſchlechte
Erndten nach ſich. Der Landwirth leidet alſo
hier gedoppelt. Er hat nur wenig und ſchlecht
gepflegtes Vieh, deſſen Nutzung alſo nur ſehr
mittelmaͤßig ſein kann, und ſo dann wenige
Feldfruͤchte. Dieſes iſt gemeiniglich der Haupt-
grund des klaͤglichen Anblicks, wenn man faſt
in allen Laͤndern Teutſchlands wo die Ge-
meinheiten uͤblich ſind, ſo viel arme Bauren
ſiehet, die bei ſaurer Arbeit im Schweiß ihres
Angeſichts oft nicht ſatt Brodt haben, ob
ſie gleich die Beſitzer weitlaͤufiger Feldmarken
ſind.
§. 11.
Dieſem im Kleinen und im Groſſen betrach-
tet wirklich allemahl groſſem Uebel abzuhelfen,
ſehe ich gar kein Mittel, ſo lange die leidige
Feldgemeinſchaft noch ſtatt hat. Denn um
mehrere Fruͤchte zu erndten muß der Ackers-
mann ſeinen Boden beſſer bearbeiten und beſ-
ſer duͤngen. Erſteres darf er nicht thun, weil
die Hauptſache nicht bloß in dem guten ſon-
dern daneben in dem oͤfterem Pfluͤgen des
Ackers beſtehet; und hier ſagen die ſtrengen
Geſetze der Feldgemeinſchaft: es darf der Acker
nicht ehender und nicht oͤfter gepfluͤget werden,
B 4als
[24] als es theils die Viehhuͤtung verſtattet, und
andern Theils ſaͤmtliche Nachbaren ſolches
thun. Die Haͤnde ſind ihm alſo gebunden,
wenn er auch gleich jene wahre Ackerbauregel
weiß, welche ſagt: pfluͤge deinen Acker alle-
mahl ſo ofte und ſo bald du ſieheſt, daß das
Unkraut zu gruͤnen anfaͤngt. Das letztere
aber, das beſſere Duͤngen iſt ihm vollends un-
moͤglich, und zwar wegen des kleinen Umſtan-
des, weil er keinen Duͤnger hat. Will er aber
hievon einen ſtaͤrkeren Vorrath anſchaffen, ſo
iſt noͤthig, daß er ſeinen Viehſtand vermehre.
Soll dieſes geſchehen ſo muß er vorher auf eine
groͤſſere Menge Futter bedacht ſein. Woher
aber nimmt er dieſes? Mehreres Winterfutter
anzuſchaffen, moͤchte in manchen Jahren viel-
leicht noch angehen, in manchen aber auch
nicht. Fuͤr den Unterhalt ſeines Viehes im
Sommer aber, ſiehet es allemahl mißlich aus.
Auf der Gemeinhuͤtung darf er an den mei-
ſten Oertern nicht mehr Vieh bringen, als ihm
nach der Zahl ſeiner Hufen erlaubt iſt. Seine
letzte Zuflucht beſtuͤnde alſo darinn, ſein meh-
reres Vieh auch im Sommer im Stall zu fut-
tern. So ſchoͤn, ſo vortheilhaft aber dieſes iſt,
ſo ſetzet es an denjenigen Oertern wo Mangel
an Graswuchs iſt, und von dieſen rede ich,
weil es die meiſten ſind, den Anbau der Fut-
terkraͤuter voraus. Dieſer muß aber nothwen-
dig
[25] dig im Groſſen im freiem Felde vorgenommen
werden, denn etwa ein angeſaͤeter Fleck Klee
im Garten will hier die Sache nicht ausma-
chen. Gehet dieſes aber an, da, wo die lei-
dige Feldgemeinſchaft zur grauſamen Gewohn-
heit geworden iſt? Gemeiniglich liegt der dritte
Theil des pflugbaren Ackers alljaͤhrlich braache,
das heiſſet, er bleibt auſſer dem wenigen Erbs-
ſchlag ſo lange unbeſtellet, bis er gegen den
Herbſt zur kuͤnftigen Winterſaat geackert wird,
und — bald haͤtte ich das beſte vergeſſen — da-
mit Heerden mancherlei Art den Tag uͤber
darauf herumgehen, denn daß ſie daſelbſt wei-
den und ſich ſatt freſſen, laͤſſet ſich von denen
wenigſten Oertern mit gutem Gewiſſen ſagen,
weil das wenige Graß und Kraut, das ſon-
derlich in trockenen Jahren allda waͤchſet, un-
moͤglich den Nahmen einer Viehweide verdie-
net. Dieſen dritten Theil ſeines Ackers muß
der Landmann alſo jedes Jahr als unnuͤtz und
verlohren anſehen. Wolte er nun auch in Ab-
ſicht des uͤbrigen Feldes kluͤglich handeln und
anſtatt es ganz mit Getreide zu beſtellen, einen
Theil davon dem Anbau der Futterkraͤuter
widmen, ſo wuͤrde ihm ſolches zwar niemand
wehren, allein ſo bald die Erndte vorbei, und
das Vieh in die Stoppelweide getrieben wird,
ſo iſt alles verlohren. Die meiſten Futter-
kraͤuter aber, bringen, wie bekannt, den beſten
B 5Nutzen
[26] Nutzen allererſt im zweiten, dritten und folgen-
den Jahren. Die Feldgemeinſchaft iſt alſo
grauſam genung, uns auch dieſes einzige Huͤlfs-
mittel zu verſagen.
§. 12.
Hinweg mit dieſer Tyrannin! und alles
gewinnet ein beſſeres Anſehen. Der gluͤckliche
Landmann, welcher alle Stuͤcke ſeines Ackers
auf einem Platz zuſammen, und mit Graͤben,
Hecken, oder andern Umzaͤunungen befriedi-
get und umſchloſſen hat, iſt nun Herr und
Meiſter mit ſelbigem vorzunehmen was ihm gut
duͤnket. Er hebt alſo ohne Zeitverluſt ſein
groſſes Geſchaͤfte an, und ſorgt vornehmlich
dafuͤr, ſeinen Viehſtand, die Seele der Land-
wirthſchaft uͤberhaupt, zu verbeſſern. Zu dem
Ende nimt er vorerſt ſo viel von ſeinem Felde,
als er nach Maaßgebung ſeiner uͤbrigen Ver-
haͤltniſſe vor thunlich findet, und ſaͤet Futter-
kraͤuter darauf. Dieſe muß er nach der Lage
und der innern Guͤte ſeines Acker waͤhlen, in-
dem man fuͤr jede Art des Bodens beſondere
Gattungen derſelben hat, an deren gluͤcklichen
Fortkommen bei gehoͤriger Beſtellung niemand
mehr zweifeln darf. Nun machet er aus dem
Erfolg dieſes Unternehmens den Ueberſchlag:
ob und wie viel Vieh er ſich mehr anſchaffen
koͤnne, und er wird zu ſeiner Freude gewahr
werden, daß dieſe Vermehrung gar nicht un-
erheblich
[27] erheblich iſt. Jedes Stuͤck Vieh aber iſt ein
neues Capital des Landwirths, davon er ſeine
jaͤhrliche Zinſen ſelbſt berechnen kann. Sein
Einkommen ſteigt alſo nach eben dem Maaß als
er dieſes gehoͤrig zu nutzen weiß. Jch habe zu
meiner eigenen Ueberzeugung hievon eine ge-
naue Berechnung gemacht, und wuͤrde kein
Bedenken tragen ſolche allhier der oͤffentlichen
Pruͤfung zu unterwerfen, wenn nicht mein
feſter Vorſatz waͤre mich kurz zu faſſen. Jch
bin erſtaunet uͤber die Anzahl des Viehes, die eine
Dorfſchaft, der es an Weide und Heuſchlag feh-
let, dennoch mehr als anjetzt zu halten im
Stande ſein wuͤrde, wenn die Gemeinheiten
abgeſchaffet waͤren. Jm Ganzen betrachtet
wuͤrde aber kein Land in der Welt bei dieſer
Einrichtung mehr gewinnen als die Mark, in
welcher, wegen des nicht hinlaͤnglichen Wieſe-
wachſes, in denen meiſten Gegenden die Vieh-
zucht bei weitem nicht zu der Stuffe der Voll-
kommenheit gelanget iſt, auf welche ſie der
Oekonom zu ſehen wuͤnſchet. Wie viel voll-
wichtige Dukaten wuͤrden nicht alsdenn im
Lande bleiben, die anjetzt Pohlen und Un-
garn alljaͤhrlich vor ihre Ochſen hinnehmen.
Und welche Freude fuͤr den Patrioten wenn
unſere groſſen Staͤdte auch in dieſer Abſicht
nicht mehr fremder Huͤlfe zu ihren Unterhalt
noͤthig haͤtten.
Es
[28]
§. 13.
Es iſt vorher geſagt worden, der Land-
wirth ſoll nach Aufhebung der Gemeinheiten,
auf einem Theil ſeines Ackers den er nunmehro
beiſammen und eingeſchloſſen hat, Futterkraͤu-
ter ſaͤen, und dadurch kuͤnſtliche Wieſen anle-
gen. Dieſes gilt jedoch nur in dem Fall,
wenn ſein Feld hoch lieget oder wenn es ber-
gigt und alſo zum natuͤrlichen Graßwuchs nicht
bequem iſt. Eine andere Art der Einrichtung
muß man alsdenn machen, wenn der Acker
aus einer niedrigen Ebene beſtehet, die von ſich
ſelbſt hinlaͤngliches Graß hervorzubringen ver-
mag; alsdenn kann er den Anbau der Futter-
kraͤuter allenfals erſparen, und die im Me-
cklenburgiſchen und Holſteinſchen uͤbli-
che ſo genante Koppelwirthſchaft einfuͤh-
ren. Dieſe beſtehet darin, daß man den Acker,
in acht, zwoͤlf und mehrere Theile, welche
Koppeln genennet werden eintheile, und einen
oder mehrere derſelben nachdem ſie bisher Korn-
fruͤchte getragen haben, unbeſtellet liegen laͤſ-
ſet, und von der Natur erwartet, daß ſie ohne
weiteres Zuthun einen ſtarken Graßwuchs her-
vorbringe, die man zur Viehweide beſtimmet.
Eine dergleichen Koppel bleibt nur gewiſſe Jah-
re in dieſem Zuſtande, und alsdenn wird ſie
wiederum mit groſſem Vortheil beackert, und
eine andere Koppel, die ſo lange Getreide getra-
gen
[29] gen hat, auf eine aͤhnliche Weiſe an ihrer Stelle
zur Weide beſtimmet. Dieſe Art zu wirth-
ſchaften hat vor denen Gemeinheiten zwar ei-
nen unendlichen Vorzug, reichet aber noch
nicht an die Vortreflichkeit der kuͤnſtlichen Wie-
ſen. Da nun uͤberdem in der Mark Ver-
haͤltnißweiſe wenig Gegenden ſind, allwo der-
gleichen koͤnnte eingefuͤhret werden; ſo wollen
wir unſer Hauptaugenmerk auf die Anſaͤung
der Futterkraͤuter richten, und uns kuͤnſtliche
Wieſen anlegen, da wir an natuͤrlichen Wie-
ſen Mangel leiden.
§. 14.
Luzerne, Esſparzette, rother hol-
laͤndiſcher Klee und Spark(ſpergula)
ſind die vornehmſten Sorten Futterkraͤuter,
auf deren Anbau der Landmann bedacht ſein
muß. Der Ertrag von jeder Art richtet ſich
nach dem Boden und der Pflege die ſie be-
koͤmmt. Jedoch nie wird er unter keinerlei
Umſtaͤnden ſo gering ſein, daß er nicht alle
darauf gewandte Muͤhe reichlich erſetzen, und
die kuͤmmerlichen Umſtaͤnde des Landmannes
gar bald aͤndern und beſſer machen ſolte.
§. 15.
Zur Aufmunterung fuͤr denjenigen Land-
wirth, der dis neue Wirtſchaftsſyſtem einfuͤh-
ren ſoll, will ich hier kuͤrzlich berechnen wie
ſtark ſich nach dieſem Plan, ſein Viehſtand
vermeh-
[30] vermehren laͤſſet. Mann rechnet gemeiniglich
zweihundert □ Ruthen guten Wieſewachs auf
ein Stuͤck Rindvieh oder auf ein Pferd, ſo
kein Stallfutter bekomt, um es den Sommer
hindurch zu ernaͤhren, und eben dieſer Maas-
ſtab wird auch im Mecklenburgiſchen bei
der Weide in denen Koppeln angenommen.
Ob wir nun gleich auf einer eben ſo groſſen
Flaͤche, die mit fetten nahrhaften Futterkraͤu-
tern angebauet iſt, ungleich mehr annehmen
koͤnnten *): ſo wollen wir dennoch nur feſtſe-
tzen, daß zweihundert □ Ruthen Ackers
die mit Klee, oder Luzerne, oder Eſparzet-
te u. d. g. beſaͤet ſind, auch nicht mehr als ein
Stuͤck Vieh unterhalten ſollen. Dieſe zwei-
hundert □ Ruthen, machen nach der alten Art
zu meſſen, einen halben Morgen aus, den
Morgen zu vierhundert □ Ruthen und die Ru-
the
[31] the zu zehn Fuß gerechnet, denn auf dieſe Art,
ſind vor Zeiten die Landguͤter in der Mark
vermeſſen worden, welche Vermeſſung an de-
nen meiſten Oertern auch noch ſtatt hat. Sol-
cher Morgen wurden gemeiniglich drei und
zwanzig auf die Hufe gerechnet, bei vielen
Doͤrfern aber noch mehr, indem es bekant,
daß die Groͤſſe der Hufen nicht durchgaͤngig
gleich iſt. Ein Bauer alſo, der drei Hufen
beſitzt, die in drei Felder abgetheilet ſind, be-
ſtellet jaͤhrlich nur zwei Hufen oder ſechs und
vierzig Morgen mit Sommer- und Winterſaat.
Die dritte Hufe aber liegt auſſer den Erbsſchlag
allemahl brache. Nehmen wir von dieſer alſo
ohngefehr drei Morgen, die mit Erbſen, Lin-
ſen u. d. g. angebauet ſind, ſo bleiben noch
zwanzig Morgen brache, welche ihm auſſer der
hoͤchſt magern und kaum zu nennenden Vieh-
weide gar keinen Nutzen bringen. Dieſe zwan-
zig Morgen ſoll er nun mit Futterkraͤutern be-
ſaͤen und zu einer kuͤnſtlichen Wieſe machen,
und ſo iſt er im Stande den Sommer hindurch
vierzig Stuͤck groſſes Vieh, Pferde, Ochſen
oder Kuͤhe mit gruͤnen Futter reichlich zu unter-
halten. Nun wollen wir ſetzen, daß ſein voriger
Viehſtand an Pferden und Rindvieh zwanzig
Stuͤck ausmachet, welches in Doͤrfern, wo Man-
gel an Wieſewachs iſt, ſchon ſehr viel ſagen will;
ſo bleiben denoch zwanzig Stuͤck groſſes Vieh
Ueber-
[32] Ueberſchuß. Aber auch hievon wollen wir
ihm aus Gruͤnden, die ſogleich folgen ſollen,
annoch die Haͤlfte abnehmen, ſo muͤſſen wir
ihm dennoch zehn Stuͤck laſſen, die wir ihm
unter keinerlei Vorwand mehr entziehen koͤn-
nen. Dieſe machen alſo ein Drittheil uͤber
ſeinen bisherigen Viehſtand aus, folglich hat
der Bauer bereits ein Drittheil mehr Einnah-
me vom Vieh, und was das meiſte iſt, er
kann nun auch ein Drittheil Ackers mehr be-
duͤngen als vorher, und auf dieſen Drittheil
wenigſtens, ſeine Erndten verdoppeln.
§. 16.
Die Gruͤnde warum hier ſtatt zwanzig
Stuͤck Vieh, nur die Haͤlfte gerechnet worden,
ſind dieſe:
1. Weil wir die Haͤlfte des Ertrags der
kuͤnſtlichen Wieſen zum Winterfutter fuͤr die
zehen Stuͤck mehreres Vieh beſtimmen muͤſ-
ſen; indem wir nicht allgemein feſtſetzen koͤn-
nen, daß die gemeinen Weideplaͤtze, aller Or-
ten hinlaͤnglich oder auch bequem ſind, daß
ein jeder Theilnehmer nach geſchehener Ver-
meſſung einen beſondern Fleck fuͤr ſich allein
erhalten, und darauf fuͤr ſein neu angekauftes
mehreres Vieh, zureichendes Heu gewinnen
ſolte; uͤberdem aber auch der alte Landwirth
vielleicht noch Vergnuͤgen findet, ſein Vieh
nach wie vor weiden zu laſſen, und uns nur
hoͤchſtens
[33] hoͤchſtens ſeine Aecker zu dieſer neuen Einrich-
tung hergiebt. Bei Doͤrfern hingegen, wo
entweder die vertheilte Gemeinheiten oder noch
andere Wieſen, jedem Eigenthuͤmer ſo viel
Heuſchlag liefern, als er im Winter fuͤr den
aus dieſer neuen Einrichtung ihm zugewachſe-
nen Ueberſchuß an Vieh noͤthig hat, kann man
allerdings eine groͤſſere Anzahl beſtimmen.
2. Weil auf hochgelegenen leichten Feldern,
dergleichen es in der Marck ſehr viele giebt,
die Futterkraͤuter nicht ſo ergiebig ſind als in
fruchtbaren Ebnen.
3. Weil bei ſehr trockenen Sommern, zu-
mahl auf bergigten Aeckern, man der Gefahr
ausgeſetzt iſt, daß der Klee und Luzerne, die
einzige Esparzette ausgenommen, zur Zeit ih-
res erſten Wachsthums leicht verdorren, oder
doch merklich zuruͤck gehalten werden.
4. Weil man gern recht ſicher gehen will,
und es hernach dem Landwirth immer lieber
ſein wird, den angenommenen Maaßſtab zu
vergroͤſſern, als wenn er ihn verjuͤngen muͤſte.
§. 17.
Ein Drittheil Vieh mehr zu halten, und
ein Drittheil Ackers mehr zu duͤngen, iſt fuͤr
den Landmann ſchon eine ſehr anzuͤgliche Lock-
ſpeiſe; und vielleicht fuͤrchtet er die wenige
Muͤhe nicht, welche ihm dieſe neue Einrichtung
anfaͤnglich verurſachen duͤrfte. Allein ich habe
Cnoch
[34] noch eine wichtige Sache mit ihm abzumachen,
wider welche ihm ſeine eingewurzelten Vorur-
theile, tauſend Schwierigkeiten erregen wer-
den, und dieſes iſt die Stallfuͤtterung ſei-
nes Viehes im Sommer. Daß der vorige
Bauer ſeine zwanzig Stuͤck Vieh, den Win-
ter hindurch im Stall ernaͤhret, dawider findet
er nichts einzuwenden; und doch wird ſich ſein
ganzer Eigenſinn empoͤhren, wenn er eben die-
ſes im Sommer thun ſoll. Seine gegruͤnde-
ten und ungegruͤndeten Einwuͤrfe dagegen,
wird er nebſt andern ihres gleichen, unten in
einem beſondern Capitel abgefertiget finden.
Anjetzt ſoll er nur zwei Gruͤnde hoͤren, warum
ich auf die Stallfuͤtterung im Sommer ſo ſehr
dringe. Dieſe ſind eben ſo viel Vortheile,
nehmlich mehrerer Duͤnger, und mehrere
Sicherheit vor der leidigen Viehſeu-
che. Zwei wichtige Vortheile, die eine wei-
tere Unterſuchung wohl verdienen, und nur
allein durch die beſtaͤndige Stallfuͤtterung er-
langt werden koͤnnen.
§. 18.
Die Marck hat ſehr wenig Gegenden all-
wo nicht der Duͤnger zur Fruchtbarkeit der
Felder die unentbehrlichſte Sache iſt. Miſt
pflegt bei dem Ackersmann, der ſeine Kunſt
recht verſtehet, das erſte und letzte Wort zu
ſein. Wenn er dieſen in reichem Vorrath vor
ſeiner
[35] ſeiner Thuͤre erblicket, ſo freuet er ſich eben ſo
ſehr daruͤber als der Eroberer von Mexiko uͤber
ſeine erbeuteten Goldklumpen. Er wendet al-
les daran, um ſich davon eine groſſe Menge zu
verſchaffen, und ungern ſiehet er den geringſten
Verluſt deſſelben, weil er alsdenn eine augen-
ſcheinliche Verringerung ſeiner Erndten gewahr
wird. Die bisherige Viehhuͤtung aber raubt
ihm noch mehr als die Haͤlfte von dieſem ſei-
nem koſtbaren Schatze. Denn gerade ein
halbes Jahr bleiben Pferde und Rindvieh
an manchen Orten Tag und Nacht auf die
Weide, und verzetteln den Miſt. Ein halbes
Jahr hindurch entbehret er alſo den Vortheil
der Aufſammlung des Duͤngers, welcher zu
dieſer Zeit von denen ſaftigen Kraͤutern und
dem Graſe, weit kraͤftiger fuͤr den Acker iſt, als
derjenige den er im Winter erhaͤlt, wenn er
ſein Vieh mit duͤrrem Stroh fuͤttert. Er hat
alſo in dieſem Fall, blos die Haͤlfte des Nutzens
von ſeinem Viehſtand, und es iſt eben ſo viel
als wenn er nur zehn Stuͤck Vieh hielte, ſtatt
der zwanzig die ihm zugehoͤren. Folglich kann
er — welcher Schaden fuͤr ihn! — auch nur
die Haͤlfte ſo viel Acker beduͤngen, als er be-
duͤngen wuͤrde, ginge dieſer Sommerduͤnger
nicht verlohren. Dank ſei es dem Erfinder
der kuͤnſtlichen Wieſen, daß wir unſer Vieh
nicht nach Futter herumtreiben duͤrfen, ſondern
C 2es
[36] es mit denen geſundeſten Kraͤutern zu Hauſe
reichlich ernaͤhren koͤnnen! Nun haben wir was
wir wuͤnſchen, nehmlich, die beſte Gelegenheit
die Nutzung unſeres Viehes zu verdoppeln, den
koͤſtlichſten Duͤnger in reichem Maaß zu erlan-
gen, und das vornehmſte wo nicht das einzige
Mittel hiedurch unſere Erndten zu vervielfaͤl-
tigen.
§. 19.
Der zweite Nutzen der Stallfuͤtterung iſt
die mehrere Sicherheit vor der Viehſeuche.
Wiederholte Erfahrungen haben den Satz feſt-
geſetzt, daß das bewaͤhrteſte Mittel wider die-
ſes leidige Uebel, in der zeitigen und gaͤnzlichen
Abſonderung und Entfernung des geſunden
Viehes von dem kranken beſtehe. Wodurch
kann aber dieſes am leichteſten und ſicherſten
bewirket werden, als wenn ein Wirth ſein
Vieh beſtaͤndig in ſeinem Stall und Hof und
alſo ſtuͤndlich unter ſeinen Augen hat? Jch bin
dreiſte genung zu behaupten, daß die Stall-
fuͤtterung allein, dieſer ſeit ſo vielen Jahren
bereits wuͤtenden Landplage, mit einmahl ein
Ende machen, und unſerer Marck vor das
kuͤnftige die vielen Tonnen Goldes erſparen
wuͤrde, die ihr dieſes Ungluͤck bisher gekoſtet
hat. Jch will meinen Satz beweiſen. Geſetzt
daß die Stallfuͤtterung durch das ganze Land
eingefuͤhret waͤre, und der Wuͤrge-Engel finge
an
[37] an ausziehen, ſo wuͤrde er in der That nicht weit
kommen. Ein Landesherrlicher Befehl, vermoͤge
welchen man ſofort bei demjenigen Landwirth
wo ſich die Viehſeuche aͤuſſerte, an allen Rind-
vieh ohne Unterſchied die wahre aͤchte Univer-
ſal-Medicin gebrauchen, und ſelbiges ins-
geſamt todtſchlagen; den angeſteckten Hof
nicht etwan vier Wochen ſondern wenigſtens
drei bis vier Monath lang ſperren; den Miſt,
das Stroh und Heu, auch allenfalls die Krip-
pen und den niedergeriſſenen Stall, ferner die
Kleider und Geraͤthe aller Hausgenoſſen ver-
graben oder noch beſſer, verbrennen muͤſte:
ein ſolcher hohen Orts gegebener und genau
befolgter Befehl, wuͤrde dis groſſe Uebel in
der Geburth erſticken, und das Dorf, die Pro-
vinz, und das Land wuͤrden gerettet. Eine
Ausſchreibung im Craiſe koͤnnte dem ungluͤck-
lichen Nachbar, allen Schaden reichlich erſe-
tzen, und wenn auch jeder Wirth von jedem
Stuͤck Vieh nur wenige Pfennige beitragen
muͤſte. Tauſend Haußhaltungen aber entgin-
gen der Gefahr, einen ſo erheblichen Verluſt
als das Viehſterben auf mehr als eine Weiſe
mit ſich bringet, zu ſo ofte wiederholten mah-
len als jetzt geſchiehet, zu empfinden. Jſt aber
dieſes wohl nicht wichtig genung daruͤber nach-
zudenken, uns dergleichen heilſame Veranſtal-
tungen zu wuͤnſchen auch an ſeinem Theil alles
C 3dazu
[38] dazu beizutragen? Siehe ehrlicher Landmann!
auch dieſen groſſen Vortheil verſchaffet dir die
Stallfuͤtterung.
§. 20.
Ehe ich dieſes Capitel von denen Vorthei-
len der Abſchaffung der Gemeinheiten, in Ab-
ſicht auf die Viehzucht, beſchlieſſe, muß ich
noch einen Blick in unſere Schaͤfereien thun.
Dieſe ſcheinen bei der neuen Einrichtung noch
ein Stein des Anſtoſſes zu ſein, der fortge-
ſchaffet werden muß. Sollen die Gemeinhei-
ten aufgehoben, die Braache abgeſchaffet, die
Anger und Huͤthungs-Plaͤtze vermeſſen und ver-
theilet werden, wo ſollen wir mit denen Schaa-
fen bleiben? — ſo hoͤre ich den alten Land-
wirth als ſeines Sieges gewiß, mit einer Miene
voll Zuverſicht einwenden, — ſollen die Tau-
ſende dieſes nuͤtzlichen Viehes vermindert oder
unſere Heerden gar abgeſchaffet, und ſolche an-
ſehnliche Landes-Produckte als Wolle und
Haͤmmel ſind, vernichtet werden? Nein, das
wolle der Himmel nicht! Alles dieſes ſoll durch
die neue Einrichtung annoch vermehret wer-
den. Die Abſchaffung der Gemeinheiten ſoll,
ſo wie alles Guten, alſo auch des Schaafvie-
hes im Lande mehr machen. Wo ſind mehrere
Schaafe und wo iſt beſſere Wolle als wie in
Engelland? — und Engelland iſt uns
in dieſer neuen Einrichtung ſchon lange mit
ſeinem
[39] ſeinem ruͤhmlichen Beiſpiel vorgegangen. Laſ-
ſet uns ſehen wie es dort die Landleute
machen, und ob wir ihnen nicht nachahmen
koͤnnen?
§. 21.
Die Engellaͤnder haben an denen Oer-
tern, wo die Feld- und Triftgemeinſchaft nicht
mehr ſtatt findet, einen doppelten Weg ihre
Schaafe im Sommer zu unterhalten. Entwe-
der ſchlieſſen ſie ſolche in Hoͤrden ein, die nach
der Staͤrke der Heerde einen Verhaͤltnißmaͤßi-
gen groſſen Raum umſchraͤnken, und laſſen ſie
ſo lange auf einer Stelle, Tag und Nacht wei-
den, bis das Gras oder die daſelbſt angeſaͤe-
ten Futterkraͤuter aufgezehret ſind, alsdenn ſie
dieſe Vermachung auf einen friſchen Fleck wei-
ter fortbringen; oder ſie ſchraͤnken ihre Schaafe
in der Naͤhe einer kuͤnſtlichen Wieſe auf einem
engern Platz beſtaͤndig ein, bringen daſelbſt
Krippen und Raufen an, tragen ihnen das
abgemaͤhete gruͤne Futter allerlei Art, benebſt
denen groſſen Ruͤben (Turneps) vor, und er-
naͤhren auf dieſe Weiſe ſelbige mit dem geſun-
deſten und kraͤftigſten Futter ſo reichlich und
vortheilhaft, daß ſie ihnen das beſte Fleiſch und
die allerſchoͤnſte Wolle liefern. Nur ſelten trei-
ben ſie ſolche aus, wie bei uns geſchiehet, es
muͤſte denn auf einer abgebrachten natuͤrlichen
Wieſe, oder auf einem mit Futterkraͤutern be-
C 4ſaͤeten
[40] ſaͤeten Felde ſein, das nun bald umgebrochen
und mit Kornfruͤchten beſtellet werden ſoll,
oder wenn die Klee-Arten im ſpaͤten Herbſt nicht
mehr gemaͤhet werden koͤnnen.
§. 22.
Was ſolte uns wohl hindern dieſe herrliche
Methode zu befolgen, wenn wir uns mit denen
Engellaͤndern in gleiche Verfaſſung verſe-
tzen, nehmlich, wenn wir nach Aufhebung der
Gemeinheiten, einen Theil unſerer Aecker mit
Futterkraͤutern beſaͤen, und die oft weitlaͤufi-
gen Anger und Huͤthungsplaͤtze zu maͤhbaren
Wieſen machen wolten? Was ſolte uns hin-
dern bei aͤhnlichen Umſtaͤnden auf eine aͤhnliche
Weiſe zu handeln? Etwan der Mangel an Leu-
ten? — Ganz gewiß nicht. Denn zu einer
Schaͤferei von tauſend bis zwoͤlfhundert Schaa-
fen werden nach jetziger Einrichtung erfordert,
zwei Knechte und der Laͤmmer Junge. Der
Schaafmeiſter und ſeine Frau Gemahlin ſind
auch noch vorhanden. Dieſes ſind zuſammen-
gerechnet fuͤnf geſunde Menſchen. Nun frage
ich aber, ob dieſe fuͤnf halbe Muͤßiggaͤnger
nicht hinlaͤnglich im Stande ſein werden, obige
Anzahl von Schaafen, im Sommer nach Art
der Engellaͤnder zu futtern? Jch getraue
mir bei tauſend, zwoͤlf bis funfzehnhundert
Schaafen dieſes mit drei Perſonen zu verrich-
ten. Der bisher den Sommer hindurch gaͤnz-
lich
[41] lich muͤßige Herr Schaafmeiſter und der eine
Knecht, ſollen das Futter taͤglich maͤhen. Der
Laͤmmer-Junge aber mit des Schaͤfers ſeinen
zwei Ochſen, die ihm ohnedem von dem Herrn
der Heerde frei gehalten und ausgefuttert wer-
den muͤſſen, ſoll ſelbiges nach dem Platz hin-
fahren, wo die Schaafe in Huͤrden eingeſchloſ-
ſen ſind. Der Schaͤfer kann mit dem Knecht
wenn ein hinlaͤnglicher Vorrath Graß oder
Futterkraͤuter abgemaͤhet iſt, ſich dorthin ver-
fuͤgen und die Raufen damit anfuͤllen. Denn
dieſe Methode hat vor der andern, da die
Schaafe das Futter auf dem Felde abfreſſen,
in Engelland einen Vorzug. Die ſchoͤne
Schaͤferin brauche ich nicht, dieſe mag vor
der Hand zu Hauſe bleiben, und an denen Oer-
tern, wo die Schaafe gemolken werden, die
Milchwirthſchaft beſorgen, ob ich gleich wuͤnſch-
te, daß das Melken der Schaafe nirgend ſtatt
haben moͤchte. Den zweiten Knecht aber will
ich gaͤnzlich abdanken. Deſſen ſtarke Arme
die bisher ſo unthaͤtig geweſen ſind, ſollen der
Republick nuͤtzlich werden, und ich verurtheile
ihn entweder zum Ackerbau, oder er ſoll Sol-
dat werden, und koͤnnen auf dieſe Weiſe aus
tauſend Doͤrfern, tauſend Muͤßiggaͤnger
zuſammengebracht, und davon ein Regiment
errichtet werden. Dieſer Ueberſchlag bei denen
Schaͤfereien iſt noch ſehr gutherzig berechnet,
C 5denn
[42] denn wolte man mich boͤſe machen, ſo duͤrfte ſel-
biger leicht noch genauer ausfallen.
§. 23.
Weit entfernt alſo daß durch die Aufhe-
bung der Gemeinheiten, die Anzahl des Schaaf-
viehes im Lande ſolte vermindert werden, ſo iſt
ſie vielmehr das bequemſte Mittel, ſelbiges an-
ſehnlich zu vermehren. Hier iſt der Beweis da-
von. Es ſind bekantermaſſen ſehr viel Doͤr-
fer in der Marck, wo das Recht, Schaafe zu
halten, nur allein dem Herrn des Dorfs zu-
ſtehet, und kein Bauer dergleichen auf die
Weide bringen darf. Sind die Aecker und
Huͤthungen aber vermeſſen und vertheilet, wer
will es denen Bauren wehren auf ihren Grund-
ſtuͤcken, einen kleinen Plaz abzuhaͤgen, dieſen
mit zwanzig, dreißig oder mehrern Schaafen
zu beſetzen, und ſolche auf engellaͤndiſche Ma-
nier zu ernaͤhren, wenn ſie es vortheilhaft fuͤr
ſich finden? nehmen wir nun hundert der-
gleichen Doͤrfer an, in deren jedem zwanzig
Bauren wohnen, und dieſe halten ein jeder nur
dreißig Stuͤck, ſo machet ſolches die Anzahl
von ſechzigtauſend Schaafen aus, die in
einem ſo kleinen Bezirck mehr gehalten werden
koͤnnen, ohne daß irgend jemanden dadurch
Eintrag oder Abbruch geſchiehet. Auf eine
aͤhnliche Weiſe kann man die uͤbrigen Doͤrfer
berechnen, allwo denen Einwohnern nur eine
gewiſſe
[43] gewiſſe Anzahl erlaubt iſt, welche ſich bei der
neuen Einrichtung nach eines jeden Belieben
ſtark vermehren lieſſe. Wie viel Schlachtvieh
und wie viel Wolle aber werden alſo mehr er-
zeugt, und dieſe Landesproduckte auf die ge-
ſchwindeſte und wohlfeilſte Art vervielfaͤltiget
werden!
§. 24.
Wenn es mein vorgeſetzter Endzweck und
der enge Raum dieſer Blaͤtter erlaubten den
Ertrag der kuͤnſtlichen Wieſen, die beſſere Nu-
tzung der eingetheilten Gemeinhuͤthung, den
ſtarcken Ueberſchuß an Rindvieh, und die Ver-
mehrung der Schaͤfereien nach Cameralgrund-
ſaͤtzen in Anſchlag zu bringen, und zu baaren
Gelde zu berechnen, ſo wolte ich bei manchen
Landguͤtern mich anheiſchig machen, bloß aus
dieſen wenigen zur Viehzucht gehoͤrigen Arti-
keln, die ganze Abnutzung ſolcher Guͤter reich-
lich herauszubringen, und der zeitherige Korn-
bau ſolte unveraͤndert als ein reiner Ueberſchuß
bleiben. Jch eile aber zu denen Vortheilen,
welche die Aufhebung der Gemeinheiten dem
Ackerbau gewaͤhret.
Drittes
[44]
Drittes Capitel.
Die Vortheile der Aufhebung der
Gemeinheiten in Abſicht auf den
Ackerbau.
§. 25.
Ein Acker der nach denen beſten Wirthſchafts-
regeln behandelt wird, das heiſſet, den
man reichlich duͤngen, ofte und allemahl zu
rechter Zeit ordentlich bearbeiten, und recht
fleißig zum Frucht tragen geſchickt machen kann,
iſt in aller Abſicht einem andern Acker vorzuzie-
hen, der auch noch einmahl oder zweimahl ſo
groß iſt, und vielleicht eben wegen ſeiner
Groͤſſe vernachlaͤßiget werden muß. Dieſes
iſt in der Ackerbauphiloſophie ein Grundſatz,
der durch die taͤgliche Erfahrung auſſer allen
Zweifel geſetzt wird, und daher keines fernern
Beweiſes bedarf. Wer mehrern Acker beſitzt,
als er verhaͤltnißweiſe mit ſeinem Zugvieh or-
dentlich bearbeiten, und nach der Staͤrcke ſei-
nes Viehſtandes gehoͤrig duͤngen kann, der be-
findet ſich als Landwirth betrachtet allemahl in
verlegenen Umſtaͤnden. Der viele Acker iſt
ihm eine Laſt die ſeinen Schultern zu ſchwer
faͤllt, und er muß darunter ſeufzen auch wohl
gar
[45] gar erliegen. Jn dieſem Fall befinden ſich ſehr
viel Bauren in unſerer Marck, ſolche beſitzen
zum Theil drei, vier und mehrere Hufen, und
da ihnen an denen meiſten Oertern, Weide
und Wieſen fehlen, ſo iſt ihr Viehſtand ofte
ſo klein, daß er kaum mit einer einzigen Hufe
in einem gehoͤrigen Verhaͤltnis ſtehet. Was
kann aber anders hieraus erfolgen, als daß
das ganze Feld ſo ſchlecht als moͤglich beſtellet
wird, und der Ertrag deſſelben eben ſo ſchlecht
ausfaͤllt. Von denen entlegenen Aeckern er-
haͤlt er zuweilen kaum die Ausſaat wieder, vor
ſeine Muͤhe und Arbeit aber gar nichts. Jndeſ-
ſen ſind doch Contribution, Paͤchte, Lieferun-
gen, Kriegesfuhren, Hofdienſte u. d. g. nach der
Hufen und Morgenzahl eingerichtet. Was
Wunder alſo daß ſeine Ausgaben, von ſo vie-
len, dabei aber ſo ſchlecht genutzten Grundſtuͤ-
cken die geringe Einnahme davon nicht ſelten
uͤberſteigen? Was Wunder alſo daß er ohn-
erachtet aller ſcharfen Edikte und Verordnun-
gen, es zuweilen wagt, einen betraͤchtlichen
Theil ſeines Ackers wuͤſte liegen zu laſſen, um
nur die Arbeit zu erſparen, und auf die moͤg-
liche Nutzung deſſelben gern Verzicht thut.
O wie gut wird hier die Aufhebung der Ge-
meinheiten mit allen ihren gluͤcklichen Folgen
angebracht werden! wie bald werden ſich die
kuͤmmerlichen Umſtaͤnde eines ſolchen armen
Land-
[46] Landmannes aͤndern, wenn er weit entfernt,
einen Theil ſeines Feldes wuͤſte zu laſſen, ſogar
ſeine Braache beſſer nutzen, ſeinen uͤbrigen
Acker beſſer beſtellen und beſſere Fruͤchte bauen
kann. Alles dieſes gewaͤhret ihm die neue
Einrichtung und dieſen dreifachen groſſen Vor-
theil wollen wir in dieſem Capitel naͤher be-
trachten.
§. 26.
Der erſte Vortheil, den die Aufhebung der
Gemeinheiten dem Ackerbau gewaͤhret, iſt die
beſſere Nutzung der Braache. Jeder Wirth-
ſchaftsverſtaͤndige weiß was die Braache iſt,
nehmlich derjenige Theil des Feldes, den man
nach der bisherigen Art den Ackerbau zu trei-
ben, alljaͤhrlich den Sommer uͤber mit Fruͤch-
ten unbeſtellet laͤſſet, und ihn im Herbſt mit
Wintergetreide beſaͤet. Laſſet uns ſehen war-
um dieſes bisher ſo geſchehen iſt? Jch kann
nur folgende Scheingruͤnde herausfinden
1) entweder der Viehweide halber, oder 2)
wegen Beſtellung der Winterfruͤchte, oder 3)
weil der Acker der Ruhe bedarf. Der Leſer
merket ſchon, daß ich Luſt habe dieſe drei Gruͤn-
de zu wiederlegen, und zu zeigen, daß bei der
neuen Einrichtung die Braache nicht mehr
noͤthig ſei, und dieſer dritte Theil der ganzen
Feldmarck kuͤnftig nicht unnuͤtz liegen bleiben
duͤrfe,
[47] duͤrfe, ſondern alljaͤhrlich den allergroͤſſeſten
Vortheil verſchaffen koͤnne.
§. 27.
Erſtens. Hat man bishero die Braa-
che der Viehweide halber muͤſſen ſtatt finden
laſſen; ſo iſt dieſe allerſchlechteſte Nutzung einer
ſo anſehnlichen Flaͤche Ackers bereits im vo-
rigen Capitel durch die in aller Abſicht weit
vortheilhaftere Stallfuͤtterung des Rindviehes
und der Graßpferde, benebſt der Fuͤtterung
der Schaafe in Hoͤrden zum Theil ſchon abge-
ſtellet worden, und haben dieſe groſſe Heerden
ihre reichliche Verſorgung ſchon angewieſen er-
halten. Nun haben wir es auf der Braache
nur noch mit zwei geringeren Gattungen Crea-
turen zu thun, und dieſes ſind Schweine und
Gaͤnſe. Auch dieſe muͤſſen hier fortgejaget
werden. Die letzteren ſind uͤberhaupt nur an
Waſſerreichen Oertern mit Nutzen in Menge
zu halten, anderwaͤrts aber wo dieſe Gelegen-
heit nicht iſt, bringen ſie wenigen Vortheil,
und verunreinigen nur die Weide. Die Haus-
mutter mag zuſehen, wie ſie mit ihnen fertig
wird. Die Saͤue aber gehoͤren auf den Koben.
Guthsherren, welche Brauereien und Brandt-
weinbrennereien, auch hie und da Suͤmpfe,
Rohrbruͤcher, oder ein Stuͤck Waldung haben,
wo die Schweine keinen Schaden thun, dieſe
werden immer Gelegenheit finden, eine be-
traͤchtliche
[48] traͤchtliche Anzahl dieſer unreinen Thiere zu
halten. Der Bauer hingegen muß die Schwei-
nezucht nicht weiter ausdehnen, als es die
uͤberbliebenen Brocken von ſeiner Tafel und die
Abgaͤnge aus dem Garten erlauben, und ſich
anfaͤnglich lieber der Sparſamkeit im Fleiſch-
eſſen befleißigen. Bald, bald wird ihn die
Abſchaffung der Gemeinheiten reich genung
machen, eine ſo genaue Diaͤt nicht mehr hal-
ten zu duͤrfen. Nun ſind wir endlich fertig
und unſere Braache iſt von allem Vieh oͤde und
leer. Zur Viehweide beduͤrfen wir ihrer alſo
gar nicht mehr. Die Braache darf alſo um
dieſer Urſach willen nicht mehr da ſein. Sie
kann abgeſchaffet werden.
§. 28.
Zweitens. Muß die Brache wegen der
Beſtellung der Winterfruͤchte ſtatt finden? Jch
antworte keinesweges; und frage hinwiederum:
Zu welcher Zeit wird der Acker zum Winter-
Getreide beſtellet? Zu Ende des Junius
pfluͤgt man ihn zum erſten mahl. Jm Auguſt
wird der Acker gewendet, und Ausgang des
Septembers oder auch noch ſpaͤter hin zur
Saat gepfluͤget. Mit dieſer dreimaligen Zu-
bereitung muß der Rocken als das meiſte Win-
tergetreide in der Marck zufrieden ſein. Zum
Weitzen allein wird in dieſer Zwiſchenzeit noch
einmahl gepfluͤget, oder er erhaͤlt in der Sprache
der
[49] der Havellaͤnder die vierte Faahre. Solte
die Sache aber nicht anders angefangen werden
koͤnnen? Jch wuͤrde etwan meine von der
Viehtrift befreite Braache folgendergeſtalt be-
handeln. Den vorhergehenden Herbſt wuͤrde
ich, ſo bald mein Winterkorn in der Erde iſt,
die auf dieſem Acker befindlichen Gerſten- und
Haber-Stoppeln umſtuͤrzen laſſen. Dieſe ver-
faulen den Winter uͤber, und geben eine Art
von Duͤngung ab. Den ganzen Winter hin-
durch bis zu Anfang des Fruͤhlings, ſolte aller
Miſt anſtatt ihn auf das Gerſtenland zu brin-
gen, auf den beſten Theil dieſes Ackers gefah-
ren, und ſo bald es im Fruͤhjahr wegen der
Winterfeuchtigkeit angehen wolte, unterge-
pfluͤget und der vor Winters geſtuͤrzte Acker
auf dieſe Weiſe gewendet werden. Zu glei-
cher Zeit wuͤrde auf einem Theil dieſes geduͤng-
ten Ackers die Erbſenſaat vorgenommen. Koͤnte
ich es mit der Arbeit zwingen, ſo wuͤrde auch
der ungeduͤngte Acker zugleich mit gewendet,
und alsdenn haͤtte meine Braache ſchon zwei
Fahren erhalten. Kurz vor oder nach der Ha-
berſaat, wolte ich ſchon ſo viel Zeit ausgewin-
nen, denjenigen Theil des beduͤngten Ackers,
den die Erbsſaat uͤbrig gelaſſen haͤtte, mit ſol-
chen Gartengewaͤchſen zu beſtellen, die ſich zu
dem Boden ſchicken. Alle ungeduͤngte Braa-
che aber wuͤrde nun mit Buchweitzen beſaͤet.
DDieſe
[50] Dieſe Getreide-Art nimmt mit ungeduͤngtem
Boden vorlieb, und niemand kennet den Vor-
theil derſelben beſſer als die Schleſier. An-
jetzt waͤre mein ſaͤmtlicher Braachacker alſo
durchaus mit Fruͤchten beſtellet und ſchon drei-
mahl gepfluͤget worden. Die Kraͤfte deſſelben
duͤrfen alſo den Sommer uͤber von Queecken
und Unkraut nicht unnuͤtz verzehret werden,
ſondern dienen zum Wachsthum guter Fruͤchte.
Eben zu der Zeit, wenn der alte Wirth im
Junius den Braachmiſt ausfaͤhret, wuͤrde
ich ein gleiches thun, und zwar mitten in mei-
nen ſchoͤn wachſenden Buchweitzen, wo ich ei-
nige ledige Plaͤtze, wie auch ein Paar Wege
wuͤrde offen gelaſſen haben. Auf dieſen ledi-
gen Plaͤtzen ſolte der Miſt in groſſen Haufen ge-
ſchlagen, und um den zu hohen Grad der Faͤu-
lung oder das Verbrennen deſſelben wie der
Landwirth redet, zu vermeiden, mit unter-
mengten Schichten Stroh, oder Schilf, oder
Tannennadeln u. d. g. verſehen werden. Nun
ſitze ich ſtille und bin ſehr neutral, wenn andere
ihr Zugvieh bei der groſſen Sommerhitze ab-
matten, um ihre Braache das erſte und zweite
mahl zu pfluͤgen, und wenn ſie dabei oft wider
den Himmel murren, daß er ihren harten Bo-
den mit keinen Regen erweichen, und ihnen
dieſe ſaure Arbeit erleichtern will. Die erſte
Arbeit, die ich auf meiner Braache wieder vor-
zuneh-
[51] zunehmen noͤthig habe, iſt die Erndte meiner
Erbſen und meines Buchweitzens. Eine ge-
ſeegnete Arbeit, die ich mit Luſt verrichte. Jſt
dieſe nebſt allen uͤbrigen zu dieſer Zeit noͤthi-
gen wirthſchaftlichen Verrichtungen vorbei,
und die Saatzeit des Wintergetreides da, ſo
bringe ich die groſſen Duͤngerhaufen, welche
nun von vortreflicher Beſchaffenheit ſein wer-
den, geſchwinde auseinander, ſamle meine
Gartenfruͤchte ein, und ackere ohne weitere
Umſtaͤnde mit tiefen und ſchmalen Furchen zur
Saat. Landwirthe die billig ſind, und nicht
auf das alte Herkommen geſchworen haben,
werden die wichtigen Vortheile dieſer Beſtel-
lungsart einſehen, und alle etwanigen Ein-
wuͤrfe, die nur ſehr ſeichte ſein koͤnnen, ſelbſt
widerlegen. Es braucht alſo wegen Beſtellung
der Winterfruͤchte keiner Braache mehr? Sie
kann alſo abgeſchaffet werden.
§. 29.
Drittens. Solte aber endlich die Braa-
che der Ruhe des Ackers wegen noͤthig ſeyn?
ſo dienet zur Antwort, daß dieſer Einwurf kaum
einer Widerlegung werth iſt. Wenn ein Laſt-
eſel oder ein Zugochſe eine Zeitlang ſchwer ge-
arbeitet haben, ſo muß man das arme Thier
wieder ausruhen laſſen, damit ſeine Nerven
nicht immer angeſpannet bleiben, ſondern durch
die Ruhe, die erſchoͤpften Kraͤfte wieder erlan-
D 2gen.
[52] gen. Welcher Naturkuͤndiger hat ſich aber je
einen ſolchen Begrif von der Erde gemacht?
Dieſe ruhet niemals, ſondern wenn wir ihr
nicht Gelegenheit geben, gute Pflanzen her-
vorzubringen, ſo beſchaͤftiget ſie ſich mit Erzeu-
gung des Unkrauts. Dieſes ſauget ſodann die
beſten Saͤfte aus, und raubt dem Acker die
noch uͤbrige Pflanzennahrung, welche wir durch
Duͤnger und einer gehoͤrigen Bearbeitung im
reichen Vorrath haͤtten vermehren koͤnnen,
wenn es von uns beliebt worden waͤre, ihn
mit Fruͤchten allerlei Art zu beſtellen. Die
ſehr leichten Sandfelder allein, ſcheinen nach
der bisherigen Art zu wirthſchaften, dabei zu
gewinnen, wenn ſie zuweilen unbearbeitet lie-
gen bleiben, weil ſie alsdenn von dem darauf
wachſenden mancherlei Unkraut, eine Rinde
und hiedurch eine gewiſſe ihnen zutraͤgliche Fe-
ſtigkeit bekommen. Solte aber eine beſſere
Cultur, eine Vermiſchung der lockern Ober-
flaͤche mit entgegen geſetzten Erdarten, und die
Anwendung anderer aͤhnlichen Mittel nicht von
unendlich beſſerer Wuͤrkung ſein, ob ſie gleich
etwas mehr Muͤhe koſtet? Die im vorigen Pa-
ragraph vorgeſchlagene Behandlung der Braa-
che, wird hier ſowohl, als auf jedem andern
Boden beſſerer Art von dem gluͤcklichſten Er-
folg begleitet ſein. Es iſt bekannt, daß Erb-
ſen und Buchweitzen und noch andere Gewaͤchſe,
welche
[53] welche mit ihren Verhaͤltnißweiſe breiten Blaͤt-
tern, den Boden beſchatten, auf dieſe Weiſe
denſelben in einem ſehr fruchtbaren Zuſtande
erhalten, indem weder Sonne noch Wind, ihn
ſo austrocknen koͤnnen, als wenn er den Som-
mer uͤber bloß und unbedeckt liegt. Es blei-
ben die durch Schnee und Regen ihm zugefuͤhr-
ten Saͤfte deſto beſtaͤndiger darinn, und die bei
bequemer Witterung ſich anhaͤngenden Luft-
ſalze koͤnnen, wie die Scheidekuͤnſtler darthun,
nicht ſo leicht wieder verfliegen, ſondern ziehen
im Gegentheil noch mehrere ihres gleichen an
ſich. Seitdem man angefangen hat die Frucht-
barkeit der Erde zum Vorwurf der tiefſten und
genaueſten Unterſuchungen der Naturlehre zu
machen, ſo hat man ganz andere Begriffe von
dem Weſen derſelben und den Mitteln ſie zu
befoͤrdern erhalten, und tauſend Vorurtheile
und irrige Meinungen ſind abgeſchuͤttelt wor-
den, weil viele auf neue Grundſaͤtze gebauete
Erfahrungen oft gerade das Gegentheil bewie-
ſen haben. So viel iſt gewiß, die Erde be-
darf keiner Ruhe, und um ihr dieſe zu ver-
ſchaffen, bedarf es alſo auch keiner Braache.
Dieſe kann alſo aufgehoben, verbannet und
durchaus abgeſchaft werden.
§. 30.
Es iſt mir ganz leichte ums Herz, daß ich
mit der Abſchaffung der Braache fertig bin.
D 3Ein
[54] Ein ſo uhraltes Herkommen aufzuheben, war
gewiß keine Kleinigkeit. Wir haben alſo nun-
mehro was wir wuͤnſchen, wir haben nemlich
den dritten Theil unſerer Feldmarcken erobert.
Der Leſer erlaube mir dieſen Ausdruck, denn
es iſt einerlei, ob wir einen Theil unſerer Laͤn-
dereien ungenutzt laſſen, oder ob er in den
Haͤnden des Feindes iſt. Jn beiden Faͤllen
haben wir keine Einkuͤnfte davon. Unſer neues
Land, unſere eroberte Braache, wollen wir alſo
nunmehro zu einen neuen Fond unſerer Einnah-
me machen. Wie dieſes anzufangen ſei, wird
ſich am beſten durch ein Exempel erlaͤutern laſſen.
§. 31.
Geſetzt, ich haͤtte drei Hufen Ackerland, wel-
che durch die Aufhebung der Gemeinheiten und
die Vermeſſung der Feldmarcken nunmehro auf
einen Platz zuſammengebracht und eingehaͤgt
waͤren, ſo wuͤrde ich ſolche folgendergeſtalt be-
wirthſchaften. Da ich es nach der alten Ein-
richtung ſchon gewohnt bin, nur von zwo Hufen
jaͤhrlich Getreide zu erndten, weil die dritte
allemahl braache gelegen, und mir auſſer der
wenigen Erbsſaat nichts eingebracht hat, ſo
wuͤrde ich alles daran wagen, dieſe dritte Hufe
ſo bald als moͤglich mit Futterkraͤutern zu be-
ſtellen. Jn einem Jahre dieſes zu bewerkſtel-
ligen, wuͤrde mir vielleicht unmoͤglich fallen,
ich muͤſte mir alſo ſchon zwey Jahre Zeit dazu
nehmen,
[55] nehmen, und mich wegen der bei dieſer Be-
ſtellung vorfallenden Arbeit dieſe zwey Jahre
etwas tummeln. Jch wuͤrde unter den Fut-
terkraͤutern ſchlechterdings die Luzerne waͤhlen,
weil dieſe funfzehen und mehrere Jahre dauret,
und nach Maaßgebung des Bodens, der Pflege
und der Witterung vier bis fuͤnfmahl in einem
Sommer abgemaͤhet werden kann. Jn funf-
zehen Jahren brauchte ich hernach dieſe Hufe
nicht weiter zu beſtellen, als daß ich im Herbſt
die Luzerne mit etwas Miſt bedecken, und die
Ueberbleibſel davon im Fruͤhling wieder weg-
nehmen lieſſe. Meine Ackerarbeit wuͤrde alſo
bey der neuen Einrichtung nicht ſtaͤrker wie bei
der alten, ſondern bliebe jaͤhrlich auf zwo Hu-
fen eingeſchraͤnkt. Dieſe zwo Hufen wuͤrde
ich aber wiederum in drei gleiche Theile thei-
len, und den einen mit Wintergetreide, den
anderen mit Gerſte und Hafer, und den drit-
ten als meine neue Braache mit Erbſen, Gar-
tengewaͤchſe und Buchweitzen beſtellen, welche
gewiß eben ſo viel wo nicht mehr einbringen
wuͤrden, als wenn dieſe zwo Hufen wie nach
der alten Einrichtung ganz mit Winter- und
Sommer-Getreide beſaͤet waͤren, und mich alſo
die erſten drei Jahre wenigſtens ſchadlos hal-
ten. Was wuͤrde ich alſo dieſe drei Jahre
uͤber am Getreidebau verlieren? Nichts weiter
als die alte Erbſen-Ausſaat auf die dritte Hufe,
D 4deren
[56] deren Stelle die Futterkraͤuter eingenommen,
mir aber dieſen anſcheinenden Verluſt durch
die große Verbeſſerung meines Viehſtandes
ſchon zehnmahl erſetzt haben. Nach drei Jah-
ren aber wird es auf meinen beiden Hufen ganz
anders ausſehen. Der reichliche Duͤnger von
ſo viel mehreren, und auf das beſte genaͤhrten
Viehe hat nun meinen pflugbahren Acker der-
geſtalt verbeſſert, daß ich ohnerachtet der ver-
minderten Ausſaat an Winter- und Sommer-
getreide von beiden wenigſtens doppelt ſo viel
als zur Zeit der traurigen Gemeinheiten werde
erndten, und noch uͤberdem den reichlichen Er-
trag meiner neuen Brache an Erbſen, Garten-
fruͤchten und Buchweitzen als eine Zugabe an-
ſehen koͤnnen. Meine abgeſchafte alte Braache
gewaͤhret mir alſo 1) eine doppelt reiche Erndte
an Getreide, ferner 2) den ganzen nicht unerheb-
lichen Ertrag der neuen Braache, und endlich
3) die ergiebigſte Nutzung von dem wenigſtens
auf ein Drittheil (§. 17.) verſtaͤrkten Vieh-
ſtand. Wer rechnen kann, der nehme die Nu-
tzung der alten Braache als ſie noch Gemein-
heit war. Dieſe beſtand in zwei Artickeln,
nehmlich in dem Erbsſchlag und der Viehweide.
Der Leſer erinnere ſich, daß ich nur immer von
unſerer Marck rede und rechne ſie zu baarem
Gelde. Nach dieſer herausgebrachten Sum-
me kann er die alte Braache als ein Capital
anſehen,
[57] anſehen, das ihm dieſe jaͤhrliche Zinſen bringet.
Wie erſtaunlich werden ſich aber dieſe jaͤhrliche
Zinſen vervielfaͤltigen, wenn die alte Braache
nach der neuen Einrichtung behandelt, und je-
der von denen vorhin erwaͤhnten Vortheilen
derſelben zu Gelde angeſchlagen wird. Kein
Kaufmann, er handle womit er wolle, und
kein Banquier, er wechſele auch Tag und Nacht,
wird ſich ruͤhmen koͤnnen, irgend ein Capital
hoͤher zu nutzen, als hier geſchiehet.
§. 32.
Der zweite Vortheil, den die Aufhebung
der Gemeinheiten dem Ackerbau gewaͤhret, be-
ſtehet in der beſſern Beſtellung des Kornlan-
des. Nicht der Boden allein, ſondern haupt-
ſaͤchlich eine gute Beackerung deſſelben liefert
reiche Erndten. Oft thut es ein ſchlechter
Acker einen ungleich beſſern hierin zuvor, wenn
ſeine Beſtellung fleißiger als des letztern gewe-
ſen iſt. Die taͤgliche Erfahrung bezeuget ſol-
ches. Laſſet uns einige von denen vorzuͤglich-
ſten Stuͤcken der Feldbeſtellung hier bemerken,
daran uns in denen meiſten Faͤllen die Gemein-
heiten mehr oder weniger hindern. 1) Das
Stuͤrzen des Stoppelfeldes vor Winters; 2)
den Acker uͤberzwerg oder wie der Landmann
ſagt ins Creutz zu pfluͤgen, 3) beſſer zu duͤn-
gen als bisher; 4) die oͤftere Gelegenheit ein
Neubruch zu machen, das heißt ein Stuͤck
D 5Ackers,
[58] Ackers, welches eine Zeitlang dem kuͤnſtlichen
oder natuͤrlichen Graßbau gewidmet geweſen
iſt, und dadurch eine ganz vortrefliche Be-
ſchaffenheit erhalten hat wieder aufzureiſſen
und die allerreichſte Erndte davon zu erwarten;
5) allerlei Schaden zu vermeiden, der bisher
geſchehen iſt. Alles dieſes gewaͤhret uns die
neue Einrichtung, und Landwirthe wiſſen, daß
ſolches von keiner geringen Erheblichkeit iſt.
§. 33.
Das Stuͤrzen des Stoppelfeldes vor Win-
ters iſt eine gar vortrefliche Methode, den Acker
zu bearbeiten. Der Vortheil deſſelben iſt man-
cherlei. Nemlich 1) die Stoppeln werden
unter der Furche begraben, vermodern den
Winter hindurch, und werden eine nicht zu
verachtende Duͤngung, anſtatt daß ſie ſonſt
unnuͤtz bleiben und vom Winde und Regen
vom Acker fortgefuͤhret werden. 2) Die mei-
ſten Gattungen des Unkrauts und hauptſaͤch-
lich der Queecken ſind hiedurch aufs ſicherſte
zu tilgen, wenn man einige noͤthige Handgriffe
dabei beobachtet. 3) Jch verſchaffe dem Acker
Gelegenheit, die fruchtbaren Theile, ſo ihm Re-
gen und Schnee den Winter uͤber zufuͤhren,
im reichern Vorrath einzunehmen und tiefer
eindringen zu laſſen, welches nicht geſchiehet
wenn Regen- und Schneewaſſer von der har-
ten Oberflaͤche abflieſſen. 4) Ein ſtarker feſter
Boden
[59] Boden, er ſei Thon- oder Lehmartig, wird durch
kein bequemer Mittel zu dem Grad der Lockern-
heit gebracht, als hiedurch geſchiehet, da der
Froſt die offenen Furchen von allen Seiten
angreiffen und aͤuſſerſt muͤrbe machen kann.
5) Die Naturkuͤndiger ſagen, daß auf dieſe
Weiſe der annoch in dem Acker befindliche
Duͤnger, wenn er im Herbſt wieder hervorge-
pfluͤget wird, den in der kalten Luft im Win-
ter haͤufig befindlichen Salpeter gleich einem
Magnet anziehet, und hierdurch die Frucht-
barkeit der Erden auf das aͤuſſerſte befoͤrdert.
Alle dieſe groſſe Vortheile gewaͤhrt der einzige
Umſtand, den Acker vor Winters zu pfluͤgen,
und dieſes iſt aller Orten thunlich, nur den
einzigen Fall nehme ich aus, wenn der Acker
an den Abhang eines Berges iſt, wo ich fuͤrch-
ten muß, daß die fruchtbare Oberflaͤche in ei-
ner ſo langen Zwiſchenzeit von ſtarken Regen-
guͤſſen weggeſchwemmet werden duͤrfte wenn
ſie aufgelockert wird. Darf ich aber wohl mei-
nen Acker im Herbſt umſtuͤrzen, da wo die Ge-
meinheiten ſind, und wo der Schaͤfer ſchreiet,
daß ich ihm die Weide verderbe?
§. 34.
Ferner iſt es vortheilhaft bei der Beſtel-
lung des Ackers, denſelben dann und wann
nach einer entgegen geſetzten Richtung oder ins
Creutz zu pfluͤgen. Der Boden wird muͤrber,
die
[60] die ſtarken Erdſchollen werden leichter und mehr
zerbrochen, und der Miſt kann ſich beſſer mit
dem Erdreich vermiſchen. Wer den Ackerbau
verſtehet, wird mir Recht geben. Aber auch
dieſes gehet nach der jetzigen Lage und Figur
der Ackerſtuͤcke nicht an. Oft iſt ein ſolches
Beet ſo ſchmal, daß wenn der Pflug in die
Quere gewendet wird, ſo ſtehen entweder die
Pfluͤger oder das Zugvieh ſchon auf dem Acker
des Nachbars. Es iſt alſo hier nothwendig,
daß nur immer der Laͤnge nach und nie anders
gepfluͤget werden kann. Die groſſen Acker-
breiten bei den Aemtern und andere ihres glei-
chen machen hier eine Ausnahme, allein dieſes
ſind doch gemeiniglich die wenigſten Grund-
ſtuͤcken der Feldmarcken, und koͤnnen alſo im
Ganzen gegen die Menge der uͤbrigen ſchmalen
Streifen Ackers in keinen Betracht gezogen
werden.
§. 35.
Endlich ſo gehoͤret zur beſſeren Beſtellung
des Ackers wohl unſtreitig das beſſere Duͤngen
deſſelben. Auch dieſes haben wir der Aufhe-
bung der Gemeinheiten zu danken. Es iſt be-
reits oben (§. 13-§. 17.) gezeiget worden, wie
durch die neue Einrichtung der Viehſtand we-
nigſtens um ein Drittheil vermehret, hiedurch
aber und durch die Stallfuͤtterung (§. 17.) eine
Menge Duͤnger angeſchaft werden koͤnne, den
wir
[61] wir bei dem Ackerbau in den meiſten Gegenden
allemahl noͤthig haben. Des in der oͤkonomi-
ſchen Welt ſo beruͤhmten Engellaͤnders Tull
ſeine Methode, den Acker ohne Duͤnger blos
durch ein oͤfteres und kuͤnſtliches Bearbeiten
zum Fruchttragen geſchickt zu machen, iſt mit
ſo vielen Schwierigkeiten verknuͤpft, daß das
leichteſte und ſicherſte Mittel eine gute Erndte
zu erhalten, noch allemahl in dem oͤfteren und
reichlichen Duͤngen der Felder beſtehet. Es
ſind nicht viel ſolche begluͤckte Gegenden, wo
man wenig oder gar keinen Duͤnger braucht,
und der Boden ſo ergiebig iſt, daß er dieſer
Beihuͤlfe nicht bedarf. Die allermeiſten Aecker
erfordern dieſes und zwar oft in ſehr reichem
Maaß, und ſie fallen uͤber die Haͤlfte ihres
Ertrags herunter, wenn man mit dem Miſt
karg thut. Bei der neuen Einrichtung aber
haben wir nicht nur einen reichen Vorrath von
dieſer dem Ackermann ſo koͤſtlichen Materie,
ſondern weil das ganze Feld beſtaͤndig mit
Fruͤchten beſtellet wird, ſo gehet nichts von
ihrer Kraft verlohren, welches zur Zeit der Ge-
meinheiten nicht alſo war, ſondern der in das
Sommerfeld gebrachte Duͤnger verſchwendete
bei der darauf folgenden Braache im zweiten
Jahr ſeine fruchtbar machende Eigenſchaft zur
Hervorbringung des Unkrauts. Auch hieraus
erhellet der groſſe Vorzug der Abſchaffung der
Gemeinheiten.
§. 36.
[62]
§. 36.
Noch ein Vortheil beim Ackerbau iſt dieſer,
daß man ſich, ſo oft man kann, Gelegenheit ver-
ſchaffe, ein Stuͤck ſeines Feldes einige Jahre
lang mit dem Getreidebau zu verſchonen. Hie-
durch gewinnet ſolches an ſeinen innern Werth
erſtaunend viel. Vielleicht mag dieſe Bemer-
kung den Liebhabern der Ackerruhe (§. 21.)
zur Behauptung ihres Satzes Anlaß gegeben
haben: daß man eben deswegen das Land
jaͤhrlich muͤſſe Braache liegen laſſen. Allein
nicht ein Jahr, auch noch nicht zwei Jahre
machen die Sache aus, ſondern es iſt eine laͤn-
gere Zeit noͤthig, um ein ſogenanntes Neu-
bruch zu erhalten. Hernach ſo braucht es
gar nicht, den Acker wie bei der alten Braache
ganz unbeſtellt liegen zu laſſen, ſondern er kann
andere Pflanzen, die einige Jahre dauren, her-
vorbringen; genug, wenn er nur kein Getreide
traͤgt. Unter dieſen Pflanzen ſind bei der
landwirthſchaft die allerſchicklichſten Graß-
und Futterkraͤuter. Jn Ebenen und niedri-
gen Gegenden bringt die Natur vor ſich gutes
Graß in Menge hervor, welches wie wir oben
geſehen, im Hollſteinſchen und Mecklen-
burgſchen der Grund der daſigen Koppel-
wirthſchaft (§. 12.) iſt. Auf hohen Feldern
aber koͤnnen wir dieſes durch die Anſaͤung der
Futterkraͤuter bewirken. Jn beiden Faͤllen
bleibt
[63] bleibt der Acker verſchiedene Jahre unter ſeiner
gruͤnen Decke ruhig liegen, bedarf keiner Be-
ſtellung, liefert ein reichliches Viehfutter, und
erhaͤlt ohne Duͤnger neue Kraͤfte zum Korn-
bau. Denn die Naturkuͤndiger haben einen
Satz herausgebracht, den die Erfahrung beſtaͤ-
tiget, daß nemlich jede Pflanze nur die ihr zu-
traͤgliche Nahrung aus der Erde annehme, und
daß alſo Graß und Futterkraͤuter weit entfernt,
den Acker an denjenigen fruchtbaren Theilen,
welche zum Getreidewuchs noͤthig ſind, zu er-
ſchoͤpfen, ihm vielmehr die beſte Gelegenheit
geben, ſich damit zu bereichern, indem ſie durch
ihre Bedeckung und Schatten verhindern, daß
ſolche, nachdem ſie in dieſer langen Zwiſchen-
zeit, durch Regen und Schnee dem Boden
mitgetheilt worden ſind, nicht wieder wegdun-
ſten und verfliegen koͤnnen. Nur hieraus laͤſ-
ſet es ſich erklaͤren, warum ein Boden, der
einige Jahre Graß und Futterkraͤuter getragen
hat, ohne allen Duͤnger ſo ergiebig und frucht-
bar geworden iſt. Die Engellaͤnder, Hol-
ſteiner und Mecklenburger kennen den
groſſen Vortheil, eine kuͤnſtliche Wieſe oder
eine Weidekoppel nach einigen jahren aufzu-
reiſſen und mit Getreide zu beſtellen. Kein
Duͤnger iſt hier noͤthig, ſondern der Boden iſt
reich genug, und uͤberdem von denen verfaul-
ten Graß- und Kleewurzeln in den Zuſtand
geſetzt
[64] geſetzt worden, zwo bis drei reiche Erndten zu
liefern. Nutzen genug von einem Stuͤck Lan-
des, welches verſchiedene Jahre uns keine
Muͤhe gemacht, dabei unſer Vieh genaͤhret und
ſich ſo ſehr verbeſſert hat. Und dieſen Nutzen
koͤnnen wir uns bei der neuen Einrichtung all-
jaͤhrlich verſchaffen, wenn wir eine vernuͤnf-
tige Eintheilung unſerer geſamten Grundſtuͤcke
machen, und mit unſeren kuͤnſtlichen Wieſen
dergeſtalt herum wandern, daß wir ein und
eben denſelben Acker bald zum Graßbau, bald
zum Kornbau vortheilhaft anwenden. Eine
hoͤchſtwichtige Verbeſſerung des Ackerbaues,
daran wir ohne die Aufhebung der Gemeinhei-
ten nicht gedenken duͤrfen.
§. 37.
Zuletzt muͤſſen wir noch mancherley Scha-
denbringende Unbequemlichkeiten anfuͤhren, die
wir bei der Ackerbeſtellung nach der bisherigen
Einrichtung erfahren, und die wir vermeiden
koͤnnen, ſo bald man dieſe abaͤndert. Hieher
gehoͤret 1) daß nach der jetzigen verdrießlichen
Lage der Aecker, jede ſchmale Streife Landes
zu beiden Seiten von dem Zugvieh der Nach-
baren zur Rechten und Linken nothwendiger
Weiſe betreten, und die oft ſchon gruͤne Saat
dadurch beſchaͤdiget wird. Wenn ich es fuͤr
mich auch zutraͤglich finde meinen Acker zur
Saatzeit zeitiger als meine beiden Nachbaren
zu
[65] zu beſtellen, ſo koͤnnen dieſe, wenn ſie ſolches
ſpaͤter thun, es nicht vermeiden, daß nicht
beim Umpfluͤgen der naͤchſten Furche an meinen
Acker, wenigſtens ein Stuͤck ihres Zugviehes
aus Mangel des Raums ſelbigen betreten, und
der Laͤnge nach ſeinen Gang darauf nehmen
muß. Denn gemeiniglich iſt der ſchmale Rein,
oder die ſogenannte Scheidfahre zwiſchen den
Ackerbeeten nicht ſo breit, daß das Thier dar-
auf hingehen kann. Es beſchaͤdigt alſo bei je-
dem Tritt die oft ſchon aufgegangene Frucht
meines Ackers, welcher Schaden deſto groͤſſer
wird, wenn die Ackerſtuͤcke ſehr ſchmal und
dabei von unabſehlicher Laͤnge ſind. Beim
Eggen gehet es ebenfalls ſo genau nicht ab,
wenn am Ende, ſo oft als umgewendet wird,
dieſes nicht mit der gehoͤrigen Vorſicht geſchie-
het. Die neue Einrichtung hingegen laͤſſet
uns dieſen Schaden vermindern, weil es da-
ſelbſt nicht moͤglich iſt, daß mir der Nachbar
zu nahe treten kann. Ferner 2) iſt es hoͤchſt-
verdrießlich und mit offenbahren Schaden ver-
knuͤpft, wenn der Eigenthuͤmer eines ſogenann-
ten Ahnewends, das heißt eines Stuͤck Lan-
des, welches queer vor den uͤbrigen Ackerbee-
ten lieget, und dazu beſtimmt iſt, daß beim
Pfluͤgen und Eggen jedermann darauf umwen-
det, wenn ſage ich, dieſer Eigenthuͤmer auf
alle andere warten, und zuweilen um eines
Eeinzi-
[66] einzigen traͤgen Nachbars willen, dieſes Stuͤck
Land einige Wochen ſpaͤter beſaͤen muß. Beim
Sommergetreide iſt dieſer Schaden vornemlich
groß, da es bekannt, daß manchmahl wenige
Tage bei der Beſtellung einen merklichen Un-
terſchied des Gedeiens machen, auch die Gerſte
und Hafer auf einen Ahnewend oͤfters noch
gruͤn ſind, wenn alles uͤbrige auf dem Felde
ſchon geerndtet wird. Auch dies faͤllt von
ſelbſt weg, wenn jeder ſeinen Acker auf eine
Stelle beiſammen und eingeſchloſſen hat. End-
lich ſo ſind auch
3) die bisher gaͤnzlich offenen Felder allen
Beſchaͤdigungen der wilden und zahmen Thiere
ausgeſetzt. An Oertern, wo es viel Hirſche
und Sauen giebt, ſind die Doͤrfer genoͤthiget,
einen beſondern Waͤchter zu halten, welcher
das Wild des Nachts wegſcheuchen muß. Wie
kan aber ein einziger Menſch eine ganze weit-
laͤuftige Flur vor ſolche ſchnellfuͤßige Feinde
ſichern? Ferner, wie ofte brechen nicht Pferde
und Ochſen, aus ihren Nachthuͤtungen, wo
ſie eingeſperret ſind, heraus, und gehen Heer-
denweiſe auf die Kornfelder? Rechnen wir
endlich noch etwas auf die Nachlaͤßigkeit oder
die Boßheit der mancherlei Hirten, ſonderlich
von fremden Doͤrfern, die ihr Vieh dem Ge-
treide zu nahe kommen laſſen, ſo erhellet aus
allen dieſen, daß es keine Klelnigkeit ſei, wenn
wir
[67] wir bisher unſere Kornfruͤchte auf offenen Fel-
dern dergeſtalt Preis geben. Alles aber aͤn-
dert ſich, wenn bei der neuen Einrichtung je-
der Nachbar, wie unten weiter vorkommen
wird, ſeine Aecker mit Graͤben, Waͤllen, He-
cken, Lehmwaͤnden u. d. g. geſichert und ein-
geſchloſſen hat.
§. 38.
Der dritte Vortheil der Aufhebung der Ge-
meinheiten in Abſicht auf den Ackerbau begreift
den Anbau beſſerer Fruͤchte in ſich. Der ganze
Endzweck der Verbeſſerung eines Feldes gehet
dahin, ſowohl mehrere als eintraͤglichere Fruͤch-
te zu bauen. Nicht nur unter denen Getreide-
arten findet in dieſer Abſicht eine Auswahl
ſtatt, ſondern verſchiedene Gartenfruͤchte und
endlich die hoͤchſtnutzbaren Farbekraͤuter und
andere aͤhnliche Gewaͤchſe verdienen hier in
Betrachtung gezogen zu werden. Mit einem
Wort, der durch die Abſchaffung der Gemein-
heiten gluͤckliche Landwirth befindet ſich nun in
die Umſtaͤnde, ſeinen Acker in aller Abſicht hoͤ-
her zu nutzen als vorher, denn die Haͤnde ſind
ihm durch keine Huth- und Triftgerechtigkeit
mehr gebunden und ſeine uͤbrigen verbeſſerten
Verhaͤltniſſe gewaͤhren ihm die Mittel nach ſei-
nen beſten Einſichten allemahl ſolche Gewaͤchſe
anzubauen, die ihm den meiſten Vortheil brin-
gen.
E 2§. 39.
[68]
§. 39.
Nicht immer die innere ſchlechte Beſchaffen-
heit des Bodens, ſondern gemeiniglich der
Mangel an Duͤnger ſind Schuld daran, daß
ein Acker mit ſchlechten Getreidearten beſaͤet
werden muß, da er beſſere tragen, und des
Beſitzers Einkuͤnfte anſehnlich vermehren koͤnte.
Wenn ich auf eben dem Platz einen Scheffel
Weitzen gewinnen, und dafuͤr zwei Reichstha-
ler einnehmen kann, wo ich vorher einen Schef-
fel ſchlechten rauhen Hafer erbauete, daraus
ich zwoͤlf Groſchen loͤſete, ſo erhellet, daß ich
in Abſicht dieſes Platzes dreimahl reicher ge-
worden bin. Jch kenne Doͤrfer, wo auf der
einen Feldmarck harte an der Grenze nur ſchlech-
ter Rocken waͤchſt, und zween Schritte davon
ſtehet auf der anderen Feldmarck der allerſchoͤn-
ſte Weitzen. Der Acker auf beiden Feldern iſt
ſeiner natuͤrlichen Beſchaffenheit nach von glei-
cher Guͤte, nur der Mangel des Duͤngers auf
einer Seite, und der reiche Vorrath deſſelben
auf der anderen machet hier den groſſen Unter-
ſchied. Die Aufhebung der Gemeinheiten al-
lein kann das erſtere Dorf in die gluͤckliche Um-
ſtaͤnde des letzteren verſetzen. Dieſes iſt oben
hinlaͤnglich bewieſen.
§. 40.
Nachdem die Gemeinheiten aufgehoben und
die Felder eingeſchloſſen ſind, ſo erhaͤlt dadurch
jeder
[69] jeder Beſitzer uͤber ſeinen Acker das Garten-
recht, eine Sache die von groͤſſeſter Wichtig-
keit fuͤr ihn iſt. Er kann alſo nun ohne Ruͤck-
ſicht auf ſeine Nachbaren, die ihm in keinem
Stuͤck mehr hinderlich fallen duͤrfen, ſeine Felder
mit Fruͤchten allerlei Art beſtellen. Hier gebe
ich ihm den wohlmeinenden Rath, einen Theil
deſſelben (§.) alljaͤhrlich mit Gartengewaͤchſen
anzubauen, die ihm, wenn er eine kluge Aus-
wahl darunter zu treffen weiß, mehr einbrin-
gen als der beſte Getreidebau und zugleich den
Boden zur Kornſaat gar herrlich vorbereiten.
Nicht bloß Kohl und Ruͤben, obgleich ſelbige
auch nicht zu verachten, hingegen bei der Land-
wirthſchaft groſſen Nutzen bringen, ſondern er
kann Gewaͤchſe anbauen, die ihm noch viel
eintraͤglicher ſind. Hieher gehoͤret vornemlich
der Ertoffelbau. Dieſe Gartenfrucht lohnet
ſehr gut, giebt eine reichliche Nahrung vor
Menſchen und Vieh, und findet allemahl, ſon-
derlich in Jahren wann das Korn nicht geraͤth,
ſeine Abnehmer. Ferner ſind Anies und Kuͤm-
mel zwo Pflanzen, die ihre Stelle und daran
gewandte Arbeit uͤberfluͤßig bezahlen. Denn
kein Gewaͤchs traͤgt reichlicher und kann hoͤ-
her ins Geld geſetzt werden, als dieſe zwei
Arten. Unſere Brandtweinbrennereien ver-
brauchen davon erſtaunlich viel, und bloß der
Mangel an Gelegenheit kann nur Schuld daran
E 3ſein,
[70] ſein, warum man bisher in der Marck den
Anbau derſelben ſo ſehr vernachlaͤßiget hat, daß
die Kaufleute ſolche von den entlegenſten Oer-
tern, und oft auſſerhalb Landes verſchreiben
muͤſſen. Die Aufhebung der Gemeinheiten
verſchaffet nun dieſe Gelegenheit in aller Ab-
ſicht und allein durch dieſe Pflanzen kann der
Eigenthuͤmer eines Ackers denſelben vier bis
fuͤnfmahl hoͤher nutzen, als wenn er ihn ſelbſt
mit Weitzen beſaͤet haͤtte.
§. 41.
Der Anbau der Farbekraͤuter und anderer
aͤhnlichen Gewaͤchſe iſt ferner eine gluͤckliche
Folge der Aufhebung der Gemeinheiten. Jſt
es denn nothwendig, daß aller Acker nur bloß
mit Getreide beſtellet werden muß? ſo bald ich
finde, daß andere Pflanzen mir mehreren Vor-
theil bringen als dieſes, ſo verdiente ich billig
den Nahmen eines Thoren, wenn ich nicht von
dieſem mehr und von jenem weniger erbauen
wollte, ſo bald ich es nach meinen uͤbrigen
Verhaͤltniſſen thun kann. Denn als Land-
wirth handele ich nach dem Satz: was mir das
meiſte einbringt, das iſt mir das angenehmſte,
und folglich iſt meine Pflicht, hierauf meine
meiſten Bemuͤhungen zu richten. Wenn ich
alſo finde, daß mir nichts im Wege ſtehet, z. E.
Safran, Suͤßholz u. d. g. in Menge anzubauen,
weil mir die Lage meines Ackers und der uͤber-
fluͤßige
[71] fluͤßige Duͤnger dazu die beſte Gelegenheit ge-
ben, ſo thue ich ſolches ohne Anſtand, denn
ich habe ausgerechnet, daß ich dreimahl ſo viel
Geld daraus loͤſe, als wenn ich auf dieſen Acker
den ſchoͤnſten Weitzen erndte. Wer weiß nicht
den groſſen Nutzen, den die Schleſier in der
Gegend von Breßlau und anderer Orten
von ihren Roͤthebau haben? und noch groͤſſer
wuͤrde der Vortheil davon ſein, wenn ſie dar-
auf daͤchten, den Kropp ſelbſt zu bereiten, und
dieſes Landesproduckt zu veredlen, an ſtatt ſol-
ches roh denen Hollaͤndern und andern zu-
zuſenden, die daraus einen erſtaunlichen Pro-
fit machen. Solte ferner der Anbau des
Waids nicht alle Aufmerkſamkeit verdienen,
da es bekannt iſt, daß dieſe Pflanze viel Geld
bringt und bei denen Faͤrbereien einen wichti-
Gegenſtand ausmacht, zumahl wenn man ſich
die Erfindung zu Nutze machete, welche wir
der Goͤttingſchen Societaͤt zu danken ha-
ben, daraus eine dem Jndigo aͤhnliche Farbe
zu verfertigen. Ganze Summen wuͤrden er-
ſpahret werden, die anjetzt vor den einzigen
Jndigo alljaͤhrlich auſſer Landes gehen, und
das Publicum ſowohl als unſere Fabricken
wuͤrden dabei gewinnen, wenn man dieſer theu-
ren auslaͤndiſchen Waare entbehren koͤnnte.
Auf dieſe Weiſe lieſſen ſich noch viel mehrere
Faͤlle beſtimmen, da die neue Einrichtung der
E 4Grund
[72] Grund iſt, daß kuͤnftige Zeiten uns in den Be-
ſitz von tauſend Vortheilen bringen duͤrften,
die wir jetzt kaum ihrer Moͤglichkeit nach glau-
ben.
Gluͤckliches Land, das ſeine Beduͤrfniſſe
ſelbſt erzeugt und nicht mehr noͤthig hat, mit
dem Schweiß ſeiner Eingebohrnen, Auslaͤn-
der zu bereichern. So viel Gutes wird erhal-
ten, wenn eine andere Art der Landwirth-
ſchaft eingefuͤhrt wird, ſo viel Vortheile fuͤr
den Ackerbau gewaͤhrt uns allein die Aufhe-
bung der Gemeinheiten.
Viertes
[73]
Viertes Capitel.
Die Vortheile der Aufhebung der
Gemeinheiten in Abſicht der zahmen
und wilden Baumzucht.
§. 42.
Es iſt bishero in der Marck bei denen mei-
ſten Landguͤthern der Anbau des Obſtes
nur als eine Nebenſache getrieben worden, und
dahero in ſehr wenigen Betracht gekommen,
weil oft der Bezirk eines Dorfs nicht groß iſt,
und die dabei befindlichen Gaͤrten ſo klein aus-
fallen, daß man unmoͤglich eine ſtarke Anzahl
Fruchtbaͤume hat anpflanzen koͤnnen. Dieſe
aber nach der jetzigen Einrichtung auf das freie
Feld hinaus zu bringen, iſt, wo nicht mit of-
fenbaren Schaden, doch mit groſſen Unbequem-
lichkeiten und vielen Schwierigkeiten bisher
verknuͤpft geweſen. Die Abſchaffung der Ge-
meinheiten aber bietet uns die ſchoͤnſte Gele-
genheit dar, den Anbau des Obſtes ſehr ins
Groſſe zu treiben, und daraus einen neuen
wichtigen Artickel der baaren Einnahme zu er-
halten. Wir wollen gegenwaͤrtig ſehen, wie
ſolches anzufangen ſei.
E 5§. 43.
[74]
§. 43.
Wenn ich viel Obſt erhalten will, muß ich
viel Fruchtbaͤume anpflanzen und hierzu wird
viel Raum und Platz erfordert. Je bequemer
ich dieſen letzteren waͤhlen kann, ſo daß ich
mehr als einen Nutzen damit verbinde, je groͤſ-
ſer werden die Vortheile ſein die mir dieſe neue
Anlage gewaͤhret. Bei der Abſchaffung der
Gemeinheiten erhalte ich meinen Acker zuſam-
men auf einen Ort, den ich einzuſchlieſſen die
Freiheit habe. Erwaͤhle ich nun die bequemſte
und wohlfeilſte Art der Einſchlieſſung, ſo wer-
de ich einen Graben anfertigen und die Erde
auf der innern Seite meines Ackers in der Ge-
ſtalt eines kleinen Walles auswerfen. Dieſer
Wall, welcher mein ganzes Feld umgiebt, wei-
ſet mir auf die bequemſte Weiſe die Stelle an,
wo ich meine Fruchtbaͤume hinpflanzen kann.
Wenn ich zu mehrerer Sicherheit meines einge-
ſchloſſenen Ackers auf dem ganzen Wall der Laͤn-
ge nach eine lebendige Hecke anlege, ſo iſt es unge-
mein ſchicklich, alle hundert Fuß einen hochſtaͤm-
migen Baum mit in die Reihe der Hecke zu
pflanzen. Beſitze ich nun eine Hufe Land von
drei und zwanzig Morgen, und nehme nach der al-
ten Art zu meſſen den Morgen zu Vier Hundert
Quadrat Ruthen zu zehen Fuß an, ſo betraͤgt
der Umkreiß dieſer Hufe Neun Tauſend zwey
Hundert Ruthen. Da ich nun allemahl auf
zehen
[75] zehen Ruthen oder hundert Fuß einen Baum
rechne, ſo iſt klar, daß in dieſer Entfernung
um meine Hufe herum Neun Hundert Zwan-
zig Stuͤck hochſtaͤmmige Baͤume uͤberfluͤßigen
Raum finden werden.
§. 44.
Wir wollen nun einen Bauer annehmen,
welcher drei Hufen hat, die auf dieſe Weiſe
mit Wall und Graben eingeſchloſſen ſind. Die-
ſer kann nach dem obiger Maaßſtab zwey tau-
ſend ſieben hundert und ſechzig Baͤume an-
pflanzen. Wenn er unter ſolcher Anzahl nur
vierhundert Stuͤck Aepfel- oder Birnbaͤme waͤh-
let, und nach einer Zeit von zwanzig Jahren
auf jeden Baum einen halben Scheffel Obſt
rechnet, ſo machet dieſes die Summa von zwey
hundert Scheffel. Wird der Scheffel nur zu
einen halben Thaler verkauft, ſo hat dieſer
Bauer eine neue baare Einnahme von ein hun-
dert Reichsthalern, an die er zur Zeit der Ge-
meinheiten nicht gedenken durfte. Es bleiben
ihm aber nunmehro noch zwei tauſend drei
hundert und ſechszig Baͤume uͤbrig. Wenn
er hiezu allerlei Holzarten nimmt, die ſich gut
verpflanzen und zu hochſtaͤmmigen Baͤumen
ziehen laſſen, und bloß anfaͤnglich weniger und
ungekuͤnſtelte Wartung beduͤrfen, ſo verſchaf-
fet er ſeinen Nachkommen einen kleinen Wald,
der nach hundert Jahren bei einem Holzpreis,
wie
[76] wie der gegenwaͤrtige, mehr gelten muß, als
anjetzt ſein ganzes Bauerguth. Der Patriot
freuet ſich, wenn er nach dieſen Ueberſchlag
den kuͤnftigen anſehnlichen Vorrath von Holz
in der Marck berechnet, und bloß aus die-
ſem Geſichtspunkt erhellet ſchon die Wichtig-
keit der neuen Einrichtung, dazu die Abſchaf-
fung der Gemeinheiten allein den Grund legt.
§. 45.
Jch kann nicht umhin, allhier noch einige
allgemeine Regeln bei dieſem Geſchaͤfte zu ge-
ben, deren Befolgung uns den allergroͤßten
Vortheil verſchaffen kann.
Erſte Regel.
Bei Anlegung der lebendigen Hecken er-
waͤhle man unter allen Stauden und ſtrauch-
artigen Baͤumen, von welchen ſonſten der
Weißdorn vor den beſten gehalten wird, haupt-
ſaͤchlich den Pflaumenbaum. Denn 1) kein
Baum laͤſſet ſich leichter fortbringen als eben
dieſer, 2) er nimmt mit allerlei Erdreich vor-
lieb, 3) er kann in Menge herbeigeſchaffet wer-
den, weil man bloß im Herbſt die Steine ſaͤen
darf, und den zwoten Fruͤhling eine Menge
junger Pflanzen erhaͤlt, die ſehr ſchnell in die
Hoͤhe wachſen, 4) er giebt eine ſtarke und wehr-
hafte Hecke ab, 5) er traͤgt auch in dieſem Zu-
ſtande reichliche Fruͤchte, welche gebacken allent-
halben
[77] halben Abnehmer finden, und wenn man da-
von einen groſſen Vorrath hat, ſolche Tonnen-
weiſe in Hamburg, Luͤbeck und ſolchen
Orten theuer genug verſilbern kann, weil ſie
denen Seefahrern eine angenehme Waare ſind.
Jch habe vor zwei Jahren dergleichen Hecke
angelegt, welche jetzt ſchon vier Fuß hoch iſt
und bereits anfaͤngt Fruͤchte zu bringen.
Zweite Regel.
Wer Fruchtbaͤume um ſeinen Acker pflan-
zen will, der bemuͤhe ſich eine groſſe Anzahl
derſelben von einer und eben derſelben Sorte
zu erhalten. Der Grund iſt dieſer, weil 1)
alsdenn die Erndte des Obſtes nicht zu verſchie-
denen Zeiten vorfaͤllt und dem Landwirth zu wie-
derholten mahlen Muͤhe verurſachet, ſondern
alles Obſt wird zugleich reif und kann alſo hin-
tereinander abgebrochen und zuſammen ver-
kauft, folglich dieſes Geſchaͤfte mit einemmahl
geendiget werden. 2) Weil an Orten, wo des
Stehlens halber das Obſt bewahret werden
muß, es nur wenige Wochen eines Huͤters
bedarf, nemlich von der Zeit an, da daſſelbe
eßbar wird, bis zur voͤlligen Reife, da im Ge-
gentheil bei vielerlei Obſtſorten, man einige
Monathe dergleichen halten muß, je nachdem
eine Sorte nach der andern zeitiget, 3) weil
man alſo die beſte Art deſſelben und die am
meiſten
[78] meiſten Liebhaber findet, in groſſer Menge an-
bauen kann, und ſelbſt das Auge dabei gewin-
net, wenn eine ſo betraͤchtliche Anzahl Baͤume
von gleichen Wuchs zu gleicher Zeit gruͤn wer-
den, bluͤhen, und auch zu gleicher Zeit mit
reifen Fruͤchten prangen. Jch erziehe in die-
ſer Abſicht in meinen Baumſchulen unter an-
dern ſeit ſechs Jahren eintauſend Stuͤck
Borſtorffer Apfelbaͤume, welche ein Freund,
der naͤchſtens auf ſeinen Guͤtern die neue Ein-
richtung einfuͤhren wird, um ſeinen Acker herum
anpflanzen will. Nach zwanzig Jahren kann
ſelbiger, jeden Baum nur zu einen halben
Scheffel gerechnet, wegen der Nachbarſchaft
von Berlin, wo der Scheffel Borſtorffer
Aepfel gemeiniglich mit zwei Gulden bezahlet
wird, von dieſer Pflanzung allein uͤber ſechs-
hundert Thaler einnehmen, welche Einnahme
mit den Baͤumen zugleich alljaͤhrlich waͤchſt und
ſtaͤrker wird.
Dritte Regel.
Bei Anpflanzung der wilden Baͤume um
die Aecker, ſehe man dahin, ſolche zu nehmen,
die noch mehr Nutzen ſchaffen als daß ſie uns
Holz liefern. Hieher rechne ich 1) daß man
ſolche Gattungen Laubholz waͤhle, deren Blaͤt-
ter zugleich eine gute Viehfuͤtterung abgeben.
Wenn man z. E. eine Menge Ruͤſtern an-
pflanzet,
[79] pflanzet, ſo koͤnnen ſolche alljaͤhrlich im Auguſt
gekappet, das Laub getrocknet, und die Schaͤ-
fereien fuͤr den Winter damit verſehen werden,
welches ſonderlich in Jahren, wo der Heuſchlag
nicht geraͤth von groſſen Vortheil iſt. Der
Stamm des Baums waͤchſt demohnerachtet
immerfort, und ſein Gipfel kann auf dieſe
Weiſe nicht ſo groß werden, daß er durch ei-
nen dicken Schatten ſchaͤdlich iſt. 2) Daß man
weiſſe Maulbeerbaͤume pflanze, deren Blaͤtter
denen Liebhabern des Seidenbaues oft theuer
genug verkauft werden koͤnnen, im Fall der
Beſitzer ſelbſt auch nicht Luſt oder Gelegenheit
hat, Seidenwuͤrmer zu halten. 3) Daß man
ſich auf die Erziehung der ſo nuͤtzlichen Wallnuß-
baͤume befleißige. Dieſer Baum waͤchſt ſchnell
und traͤgt ſehr reichlich Fruͤchte die allemahl
ihre Kaͤufer finden. Er darf eben nicht ſehr
groß ſein, da er ſchon einige Thaler vor Wall-
nuͤſſe einbringt, und zuletzt kann der Stamm
benebſt ſeinen Wurzeln ſehr gut verſilbert wer-
den. Es gehet noch alljaͤhrlich viel Geld aus
dem Lande, um die Armee mit Gewehrſchaͤften
und die Tiſchler mit Nußbaumholz zu verſehen,
welches alsdenn auch nicht mehr denen Aus-
laͤndern zu Theil werden duͤrfte.
§. 46.
[80]
§. 46.
An Oertern, wo der Holzmangel bereits
eingeriſſen iſt, und das noͤthige Brenn- und
Nutzholz oft viele Meilen weit mit groſſen Un-
koſten und vieler Verſaͤumniß hergeholet wer-
den muß, legt die Abſchaffung der Gemeinhei-
ten auf dieſe Weiſe den Grund, daß jeder Ei-
genthuͤmer eines Ackers dieſe noͤthige Waare
ſich erzeugen, und viel Geld erſparen kann.
Eine alte Hecke wird bis auf die Erde abge-
hauen und von den jungen Schoͤßlingen aus
der Wurzel in gar kurzer Zeit eine neue und
beſſere gezogen. Theilet nun der Landwirth
ſeine Hecke in gewiſſe Schlaͤge ein, ſo kann er
alle Jahr einen Theil davon abhauen, und zur
Feuerung anwenden. Zuletzt kommen die
Standbaͤume dazu, und der Vorrath von Holz
wird endlich groͤſſer, als daß er in der Wirth-
ſchaft allein verbraucht werden koͤnnte, ſondern
man wird noch im Stande ſein einen anſehnli-
chen Theil zu verkaufen, und auch hieraus ſeine
bereiteſte Einnahme vermehren. Ein Umſtand,
der mit der Zeit bei vielleicht zunehmenden
Holzmangel fuͤr uns Maͤrcker von nicht ge-
ringer Wichtigkeit ſein duͤrfte.
§. 47.
Jch muͤſte hier noch manches von denen
groſſen vortreflichen Folgen ſagen, welche mit
der
[81] der Aufhebung der Gemeinheiten unausbleib-
lich verbunden ſind, allein ich uͤberlaſſe dieſes
der Einſicht dererjenigen von meinen Leſern die
mit Kenntniß der Sache urtheilen, und das
alte Herkommen nicht hoͤher ſchaͤtzen als es ſel-
biges verdienet. Jch eile nunmehro um den
Einwuͤrfen zu begegnen, die mancher alte Hauß-
wirth mit gerunzelter Stirne wider meine Saͤtze
machen wird. Ein kalter Schauer uͤberfaͤllt
mich bei dem Gedanken, daß ich es wage, eine
ſo uhralte loͤbliche Gewohnheit, als die Feld-
gemeinſchaft iſt, ſo verwegen zu beſtreiten,
denn ich weiß, wie es ſolchen Neulingen in der
oͤkonomiſchen Welt zu gehen pflegt. Die Lieb-
haber alter Gebraͤuche, und deren giebt es lei-
der nirgend mehr als bei der Landwirthſchaft,
hoͤren kaum ſo etwas von neuen Vorſchlaͤgen,
ſo ſind ſie entweder weit entfernt, ſich die
Muͤhe zu geben, daruͤber nachzudenken, und
denn wird die beſte Sache mit einem mitleids-
vollen oder auch hoͤhniſchen Lachen durch ihr
dictatoriſches Machtwort: das geht nicht
an, verworfen; oder wuͤrdigen ſie ja eine
neue Angabe ihrer naͤheren Aufmerkſamkeit, ſo
haben ſie ſogleich ein Heer von Einwuͤrfen in
Bereitſchaft, um ſolches gleich einen undurch-
Fdringli-
[82] dringlichen Phalanx allen Bemuͤhungen ent-
gegen zu ſtellen, die auf die Ausuͤbung ſolcher
Vorſchlaͤge gerichtet ſind. Die wichtigſten
dieſer Einwuͤrfe wider die Aufhebung der Ge-
meinheiten will ich dahero im folgenden Capi-
tel in ihrer ganzen Staͤrke darſtellen und zu
widerlegen ſuchen. Denn wer wird ſo unbil-
lig ſein, der neuen Einrichtung das Gluͤck ab-
zuſprechen und zu behaupten, daß ſie keiner
Einwuͤrfe werth ſei.
Fuͤnftes
[83]
Fuͤnftes Capitel.
Die vornehmſten Einwuͤrfe wider die
Aufhebung der Gemeinheiten.
§. 48.
Erſter Einwurf.
Soll man die Braache, das iſt den drit-
ten Theil des Ackers mit Futterkraͤu-
tern beſtellen, ſo ſiehet man ſich genoͤthiget,
die Getreide-Ausſaat zu vermindern, und
zum Winterkorn eine neue Braache aus-
zumitteln. Muß aber dieſes geſchehen, wie
es denn nicht anders ſein kann, ſo verrin-
gert man ſeine bereiteſte Einnahme, indem
man weniger Land bauet und weniger
Fruͤchte einerndtet.
Antwort.
Wenn ich vorhero geſagt habe, daß man
die Braache oder den dritten Theil des Ackers
mit Futterkraͤutern beſaͤen ſoll; ſo iſt ſolches in
der Abſicht geſchehen, damit man deſto ehen-
der ins Groſſe gehen, den Viehſtand anſehn-
lich vermehren, und geſchwinden und ſtaͤrkern
Vorrath von Duͤnger erhalten koͤnne. Glaubt
aber ein Landwirth zu viel dadurch zu wagen,
F 2oder
[84] oder will er die erforderliche Koſten nicht auf
einmahl anwenden, ſo ſtehet es ihm frei, an-
faͤnglich nur ſo viel Ackerland denen Futter-
kraͤutern zu widmen, als er nach ſeinen jedes-
maligen Umſtaͤnden ohne ſonderlichen Verluſt
des Getreidebaues fuͤr dienlich haͤlt. Jndeſ-
ſen bleibt allemahl der Satz wahr: je eher der
dritte Theil, oder noch beſſer, die Haͤlfte des
pflugbaren Ackers zu kuͤnſtlichen Wieſen ge-
braucht wird, deſto eher iſt man im Stande
das auf den vermehrten Viehſtand und zu an-
deren zu dieſer neuen Einrichtung erforderli-
chen Ausgaben verwandte Capital mit reichli-
chen Zinſen wiederum herauszubringen.
2. Es iſt wahr, daß zur Beſtellung des
Wintergetreides hernach eine neue Braache,
wenn man es ſo nennen will, da ſein muß; al-
lein ich habe oben (§. 27.) gezeigt, wie vor-
theilhaft ſelbige mit Erbſen, Gartengewaͤchſen
und Buchweitzen angeſaͤet werden kann, wel-
che ihre Stelle reichlich bezahlen, und alſo die-
ſer anſehnliche Theil Acker keinesweges wuͤſte
liegen darf, wie bei der bisherigen alten Braache
geſchiehet.
3. Die Folge, daß man weniger Korn
erndte und ſeine Einnahme verringere, faͤllt alſo
von ſelbſt weg. Einen Ausfall an Winterge-
treide kann man hoͤchſtens das erſte Jahr ein-
raͤumen
[85] raͤumen, allein die ſtarke Ausſaat an Buch-
weitzen erſetzt ſolchen ſogleich wieder, und nach-
hero muß das durch den groſſen Viehſtand,
den die kuͤnſtliche Wieſen herbeiſchaffen, reich-
lich geduͤngte Kornland doppelt und dreifach ſo
viel einerndten laſſen als zur Zeit der Gemein-
heiten, ob es gleich nicht mehr von ſo groſſen
Umfange iſt.
4. Durch den Anbau der Futterkraͤuter
verlieret man kein Land, wie durch die weit-
laͤuftige Braache bei der Feldgemeinſchaft all-
jaͤhrlich geſchiehet, ſondern man nutzet es nur
anders. Kann denn der Boden zu nichts an-
ders gebraucht werden als zum Kornbau? Muß
denn der ſaͤmtliche Acker ſchlechterdings allein
mit Getreide beſaͤet werden? Wie aber wenn
man darthun kann, daß ein Stuͤck Ackers, ſo
mit Futterkraͤutern beſtellet iſt, mehr einbrin-
get, als wenn es den ſchoͤnſten Weitzen traͤgt?
Jn Engelland wurden ſolches die Landleute
nur gar zu bald inne, dahero machten ſie den
groͤßten Theil ihres Ackers zu kuͤnſtlichen Wie-
ſen, legten ſich am meiſten auf die vortheilhafte
Viehzucht, und verlieſſen den Kornbau, ſo
daß man ſich genoͤthiget ſahe, dieſem Verfah-
ren in einigen Provinzien durch wiederholte
Parlements-Acten Grenzen zu ſetzen.
F 3§. 49.
[86]
§. 49.
Zweiter Einwurf.
Nach der neuen Einrichtung ſoll man
ein und eben daſſelbe Stuͤck Acker, wechſels-
weiſe zum Korn- und Graßbau widmen,
allein ob dieſes gleich im Hollſtein- und
Mecklenburgiſchen, wegen des dortigen
ſchweren und zum Theil feuchten Bodens
wohl angehet, ſo ſind doch die hohen und
oft ſehr ſandigen Felder der Marck ſchlech-
terdings nicht geſchickt, einen ergiebigen
Graßwuchs hervorzubringen.
Antwort.
1. So ſcheinbar dieſer Einwurf iſt, ſo
wird er dennoch hinlaͤnglich widerlegt werden
koͤnnen. Es hat ſeine Richtigkeit, daß in obi-
gen beiden Laͤndern der Boden in denen mei-
ſten Gegenden zum Graßwuchs von Natur be-
quemer iſt als in der Marck. Jn Hollſtein
vornemlich, als woſelbſt in Teutſchland
zuerſt dergleichen Wirthſchaftsmethode einge-
fuͤhret worden, iſt der Acker ſehr geneigt ſich
mit ſtarken Raſen zu uͤberziehen, und machet
eben daher dem Landmann bei ſeinem Getrei-
debau nicht wenig zu ſchaffen. Es darf da-
ſelbſt ein Stuͤck Landes im Fruͤhling nur von
dem Pfluge verſchonet bleiben, ſo iſt im Som-
mer, hauptſaͤchlich wenn ſelbiger nicht allzu
trocken
[87] trocken ausfaͤllt, bereits die ſchoͤnſte Wieſe da,
und an den wenigſten Orten kommt man mit
etwas Kleeſaͤen zu Huͤlfe. Allein ich will auch
nicht, daß wir es der Natur allein uͤberlaſſen
ſollen, alles fuͤr uns zu thun. Jſt ſie jenen
Laͤndern in dieſem Stuͤck guͤnſtiger als uns, ſo
hat ſie uns doch ihren Beiſtand nicht gaͤnzlich
verſagt. Bei uns koſtet es nur etwas mehr
Muͤhe, und dieſe ſoll nicht vergeblich ange-
wandt ſein, ſondern uͤberfluͤßig belohnet wer-
den.
2. Jch will nemlich in der Marck auf
dem Ackerlande da Wieſen geſaͤet wiſſen, wo
ſie von ſelbſt nicht entſtehen wollen. Denn
die Beſchaffenheit unſerer Felder verbietet frei-
lich an denen meiſten Oertern das letztere, nir-
gend aber — o moͤchte ich dieſe Warheit jedem
Landwirth tief ins Herz einpraͤgen koͤnnen —
nirgend verbietet die Beſchaffenheit unſerer Fel-
der, daß wir uns nicht durch Kunſt Wieſen
dahin ſchaffen koͤnnen, wo uns die bloſſe Na-
tur keine geben will. Allenthalben auf Hoͤhen
und in Thaͤlern, auf ſchweren und leichten
Acker, das aͤrgſte Sandfeld nicht ausgeſchloſ-
ſen, allenthalben koͤnnen wir Wieſen und Wei-
den anlegen und zwar von fetten nahrhaften
Futterkraͤutern, die unendlich vorzuͤglicher ſind,
als gemeines ſchlechtes Graß.
F 43. Da
[88]
3. Da man mir Hollſtein und Mecklen-
burg als Laͤnder entgegen ſetzt, die obigen
Satz widerlegen ſollen, ſo habe ich gleiches
Recht, denſelben durch ein Exempel des Ge-
gentheils zu unterſtuͤtzen. Engelland, all-
wo gleichſam die hohe Schule der Landwirth-
ſchaft iſt, welches nunmehro ſeit funfzig oder
achtzig Jahren es ſo weit gebracht hat, daß in
der ganzen Welt kein Land ihm den Vorzug in
allen Theilen der Landwirthſchaft ſtreitig ma-
chen kann; Engelland, welches nach dem
Verhaͤltniß ſeiner mittelmaͤßigen Groͤſſe eine
erſtaunliche Menge Einwohner ernaͤhret, ſehr
oͤfters nach ſeinen Colonien in andern Welt-
theilen Korn ausſendet, und dieſem allen ohn-
erachtet jaͤhrlich vor viel Millionen Thaler Ge-
treide an andere Nationen verhandelt; En-
gelland hat dieſes alles der neuen Art der
Landwirthſchaft, nemlich der Einſchlieſſung
der Aecker und hauptſaͤchlich den Anbau der
Futterkraͤuter zu danken. Merkwuͤrdig ſind
die Worte eines Franzoͤſiſchen Gelehrten, (*)
welcher von denen kuͤnſtlichen Wieſen oder der
Anſaͤung der Futterkraͤuter folgendes ſchreibt:
„Eben hiedurch haben die Engellaͤnder auf
„einen
[89] „einen mittelmaͤßigen Boden ihren Ackerbau
„zu einem ſolchen Grade der Vollkommenheit
„gebracht, welchen Frankreich noch bei wei-
„ten nicht in denen allerfruchtbarſten Laͤnde-
„reien erreicht hat. Sie haben erkannt, daß
„der Staat ohne Handlung ſchwach iſt; daß
„die Handlung nur durch die Bevoͤlkerung bluͤ-
„hen kann, und daß die Bevoͤlkerung von dem
„Ackerbau und vornemlich von der Vermeh-
„rung des Getreides abhanget. Sie haben
„zu gleicher Zeit gelernet, daß um mehreres
„Getreide zu bekommen, man die Arbeiten und
„den Dung vermehren muͤſſe; daß, um die meh-
„rere Arbeiten zu beſtreiten und mehreren Dung
„zu erhalten, man die Anzahl des Viehes ver-
„mehren muͤſſe, und daß wenn man den Vieh-
„ſtand verſtaͤrken will, man ſich nach mehreren
„Futter umzuſehen haben. Die Beſchaffen-
„heit des Landes ſchiene dieſem entgegen zu
„ſein; dahero nahmen ſie ihre Zuflucht zu de-
„nen kuͤnſtlichen Wieſen. Der Erfolg war
„ihrer Hofnung gemaͤß, Engelland verkau-
„fet Fruͤchte an Frankreich, von dem es hie-
„bevor mit ſolcher Waare verſehen wurde.
„Und vielleicht hat es denen kuͤnſtlichen Wieſen
„die Staͤrke zu verdanken, welche ihm durch den
„Ackerbau zugewachſen iſt.” Ferner redet die-
ſer Schriftſteller an einem andern Ort alſo: (*)
F 5„Ohne
[90] „Ohne die kuͤnſtlichen Wieſen wuͤrde der En-
„gliſche Ackerbau niemahls zu dem Grade der
„Vollkommenheit gelanget ſein, auf welchem
„er ſich dermahlen befindet. Der Landmann
„wuͤrde in Engelland in der nehmlichen
„Duͤrftigkeit leben, die ihn faſt allenthalben
„drucket; wo immittelſt man in ſolcher Jnſel
„emſige Paͤchter findet, welche mit einem klei-
„nen Capitale anfangen, und zu vier-fuͤnf-bis
„ſechsmahl hundert tauſend Livres reich wer-
„den. Frankreich und Lothringen ſind
„nicht die einzigen Laͤnder, wo die Wieſen
„nicht in dem rechten Verhaͤltniſſe mit dem
„Ackerlande ſtehen. Selbſt Engelland wuͤr-
„de ohne die durch die Kunſt gepflanzte Futter-
„kraͤuter, eben ſo wie wir, einen Mangel an
„der Futterung haben. Allein, mehr erleuch-
„tet in den Vortheilen eines bluͤhenden Acker-
„baues, und da es denſelben mit Recht, als
„den Grundſtein der Gluͤckſeeligkeit, als die
„Quelle der Staͤrke und als den einzigen un-
„erſchoͤpflichen Schatz derer Laͤnder betrachtet;
„da Engelland ſage ich, wahrgenommen hat,
„daß es ſeine Laͤndereien anders nicht als mit
„Huͤlfe des Dunges fruchtbar machen koͤnne,
„daß, um Dung zu haben, ſeine Felder mit
„Heerden bedecket ſein muͤſſen, und daß dieſe
„nur nach der zunehmenden Vielheit des Fut-
„ters ſich vermehren koͤnnen: ſo haben ſie ſich
„an
[91] „an Futter einen Ueberfluß verſchaffet durch
„den breitblaͤtterigten Klee, den Saintfoin,
„die Turnips oder groſſen Steckruͤben, das
„Raygraß und andere mehr. Dieſe Pflanzen,
„welche man in der Sprache des Ackerbaues
„kuͤnſtliche Futterkraͤuter nennet, laſſen ſich
„ohne Unterſchied auf Bergen, auf Huͤgeln, in
„denen Thaͤlern und auf denen Ebenen bauen.”
Alle Engliſche Schriftſteller von der Landwirth-
ſchaft behaupten eben dieſes, und ich habe
waͤhrend dem letzteren Kriege Gelegenheit ge-
habt, verſchiedene Engellaͤnder zu ſprechen,
die mich verſichert haben, daß bei manchen ih-
rer Landguͤter zuweilen nicht ein Fuß breit na-
tuͤrliche Wieſen oder Weidgaͤnge befindlich waͤ-
ren, und die demohnerachtet bloß durch den
Anbau der Futterkraͤuter im beſten Zuſtande
ſind, und ſehr hohe Pachtgelder abwerfen. Ja
ich habe in einem Schreiben eines Engellaͤndi-
ſchen Landwirths (*) folgende merkwuͤrdige
Stelle angetroffen: „Ein Umſtand der ange-
„merkt zu werden verdienet, iſt dieſer, daß un-
„terdeſſen, da die neue Art des Ackerbaues die
„aͤrmſten und von der Hauptſtadt entlegenſten
„Gegenden bereichert hat, diejenigen, welche
„man ſonſten die reichen Laͤndereien Engel-
„lands zu nennen pflegte, durch den Anbau
„der kuͤnſtlichen Wieſen ihrem Werth nach ſind
„verrin-
[92] „verringert worden. Hiedurch geſchiehet es,
„daß wir nun auf viel tauſend Aecker Weitzen
„bauen, die man vormahls vor unfruchtbar
„hielt. Durch Huͤlfe der Steckruͤben ſind wir
„im Stande, eine Menge Vieh zu allen Jah-
„reszeiten eben ſo gut zu maͤſten, als auf der
„ſchoͤnſten Fettweide. Die Luzerne, der drei-
„blaͤttrige Klee und die Eſparzette haben den
„Vorrath unſerer Futterung verdoppelt. Kurz,
„es ſind zu einer Zeit, da alle andere Dinge im
„Preiſe ſteigen, die Einkuͤnfte der natuͤrlichen
„Wieſen und der Weitzenaͤcker allein herunter
„geſetzet worden.”
4. Selbſt der Hollſteiniſche und Meck-
lenburgiſche Feld-Bau kann auch in der
Marck an vielen Oertern eingefuͤhret werden.
Jn denen meiſten Provinzien ſind Gegenden,
wo der Acker vollkommen die innere Guͤte und
natuͤrliche Lage hat, die eigentlich zu der Kop-
pelwirthſchaft erforderlich iſt. Wuͤrde es aber
den Beſitzeren der Landguͤter in ſolchen Gegen-
den nicht angenehm ſein, eine eben ſo ſtarke
Vermehrung ihrer Einkuͤnfte zu erhalten, als
ſeit der Koppelwirthſchaft bei denen Mecklen-
burgiſchen Guͤtern ſtatt gefunden hat? Von
dieſen ſchreibt ein geſchickter Landwirth in einer
ſehr gruͤndlichen Abhandlung (*) alſo: „Man
„wird uͤberzeugt werden, daß der Abnutz eines
„Land-
[93] „Landgutes, das vorhin nach der alten Leyer
„mit drei und vier Schlaͤgen, oder wie es an-
„derwaͤrts heiſt, Feldern, nicht ein Drittheil
„oder die Haͤlfte, ſondern beinahe das alterum
„tantum, ein Jahr dem andern zum beſten
„gerechnet, geſtiegen ſei, ohne auf die Verbeſ-
„ſerungen durch Wegſchaffung der Holzungen,
„Bruͤcher, Legung und Verlegung der Bau-
„ren u. d. g. zu ſehen. Denn wenn ich dieſe
„dazu nehme, ſo iſt es nichts ſeltenes, daß Guͤ-
„ter ſogar aufs triplum und quadruplum des
„vormaligen Abnutzes genoſſen werden.”
§. 50.
Dritter Einwurf.
Sollen die Gemeinheiten abgeſchaffet,
die gemeinen Huͤtungs- und Weideplaͤtze
nebſt allen uͤbrigen Grundſtuͤcken vermeſſen
und eingetheilet werden, wo ſollen wir mit
dem Vieh hin? ſoll ſich jedermann auf ſein
weniges Vieh einen beſonderen Hirten hal-
ten, der es auf dem kleinen Bezirk ſeines
ihm zugefallenen Antheils an der gemeinen
Weide huͤtet, ſo wuͤrden in einem Dorf
allein bei dem Rindvieh und Pferden oft
zwanzig, dreyßig und mehrere Hirten ſein
muͤſſen, ſtatt daß man vorhin deren einen
oder zwey gehalten. Man hat zwar oben
(§. 16. 17. 18.) die Stallfutterung des
Viehes
[94]Viehes im Sommer angeprieſen, allein
wie viel Hinderniſſe giebt es nicht, die der-
gleichen unmoͤglich machen. Denn
1. ob man gleich im Winter eben dieſelbe
Anzahl Vieh im Stalle futtert, ſo hat man
das Futter dazu in der Scheune und auf
dem Boden und Zeit genug uͤbrig es dem
Vieh zu reichen; allein im Sommer bei
der noͤthigſten Arbeit iſt es nicht moͤglich,
alle Tage ſo viel Graß zu maͤhen und viel-
leicht von weiten her zu holen.
2. So iſt bekannt, daß das zum freyen
Herumgehen einmahl gewohnte Vieh, nie-
mahls recht freſſen will, wenn es beſtaͤndig
im Stalle eingekerkert ſtehen ſoll, auch iſt
dieſes der Geſundheit des Viehes hoͤchſt-
ſchaͤdlich, weil es aus Mangel der Bewe-
gung ſteif wird, und allerley Krankheiten
bekommt.
Antwort.
1. Jch bin weit entfernt die Anzahl der
Muͤßiggaͤnger, dergleichen in gewiſſer Abſicht
alle Hirten ſind, in der Republik zu vermeh-
ren. Es ſollen alſo bei der neuen Einrichtung
kuͤnftighin auch die bisherigen wenigen Hirten
in einem Dorfe abgeſchaffet werden, weil man
dieſelben nicht mehr braucht. Jeder Wirth,
der an dem gemeinen Anger ſeinen Antheil er-
halten hat, muß ſolchen mit einem kleinen Gra-
ben
[95] ben umziehen, und auf dem von der ausgewor-
fenen Erde entſtandenen Wall, Weidenbaͤume
anpflanzen. Dieſes muͤſſen ordentliche Satz-
weiden von neun bis zehn Fuß hoch ſein, die
bei zunehmenden Jahren mit groſſen Vortheil
gekappet werden koͤnnen, und einen anſehnli-
chen Vorrath Holz liefern. Solche Satzwei-
den ſind nicht weiter von einander zu pflanzen
als in der Entfernung von hoͤchſtens ein und
einen halben Fuß. So lange ſolche jung ſind,
iſt eine geringe Vermachung von Rickſtangen
noͤthig, um ſie vor dem Anlauf des Viehes zu
ſchuͤtzen. Jn der Folge wenn die Weiden-
baͤume mit der Zeit in der Dicke ihrer Staͤmme
zunehmen, geben ſie ſtarke Polliſaden ab, und
wird zulezt der Zwiſchenraum von einem Baum
zum andern ſo gering, daß kein Hund und noch
weniger ein Ochſe oder Pferd hindurch krie-
chen kann. Ein ſolcher beſtaͤndiger hoͤchſt-
dauerhafter Zaun iſt im Stande, das Vieh
wie in einem Stall einzuſchlieſſen, es kann alſo
darin ohne Aufſicht weiden, und wird kein
Hirte mehr noͤthig ſein.
2. Wer ſeinen wahren Nutzen aber beſſer
verſtehet, wird einen ſolchen Weideplatz maͤh-
bar werden laſſen und das Graß entweder zu
Heu machen, oder ſolches gruͤn dem Vieh auf
dem Stalle futtern. Der Einwurf wegen
Mangel der Zeit im Sommer iſt gering. Es
kommt
[96] kommt alles auf die Einrichtung an. Eine
einzige Magd kann zwanzig Stuͤck Vieh voll-
kommen beſtreiten. Das Maͤhen und Herbei-
holen des Graſes und der Futterkraͤuter wird
auch bei der groͤſten Entlegenheit des Ortes,
wo dieſe wachſen, den Bauer oder ſeinen Knecht
nebſt ein paar Ochſen taͤglich kaum eine Stunde
beſchaͤftigen, und was will dieſe kleine Bemuͤ-
hung und wenige Zeit viel ſagen, wenn man
beides mit dem erſtaunlichen groſſen Nutzen
vergleicht, den die Stallfuͤtterung gewaͤhret,
und davon oben (§. 17.) ausfuͤhrlicher gehan-
delt worden iſt.
3. Daß das Vieh im Sommer im Stalle
nicht freſſen will, und ſteif und krank wird, iſt
ein Vorurtheil, welches die erſte Probe ſogleich
wiederlegt. Man kann das Vieh gar leicht an
die Stallfuͤtterung gewoͤhnen. Es bleibt im
Stalle bei gutem Futter viel ehender geſund,
als wenn es bei Hitze und Schlacken auf der
Weide herum laͤuft und vor Hunger alles hin-
einfrißt, was es findet. Die Glieder des
Viehes koͤnnen aber leicht gelenkſam erhalten
werden, wenn man ſolches taͤglich ein paar
Stunden frei auf dem Hof herumgehen laͤſſet.
Es wird ſich alſo auch dieſer Einwurf von ſelbſt
wiederlegen, ſo bald es nur beliebt wird, dem
Exempel ſo vieler klugen Leute in anderen Laͤn-
dern zu folgen, die ihr Vieh Sommer und
Winter
[97] Winter im Stalle futtern und den groͤſten
Vortheil davon ziehen.
§. 51.
Vierter Einwurf.
Wenn der Landmann ſeinen Viehſtand
auf ein Drittheil und mehr verſtaͤrken ſoll,
ſo wird es ihm an Winterfutter fehlen,
denn bei den meiſten Guͤtern iſt der Heu-
ſchlag ſo beſchaffen, daß er oft kaum zu der
jetzigen Anzahl Vieh hinreichend iſt.
Antwort.
Wenn der durch die Aufhebung der Ge-
meinheiten gluͤcklich gewordene Landmann nur
ſeinen Verſtand brauchen will, ſo wird er durch
die neue Einrichtung ſich auch fuͤr den ſtaͤrkſten
Viehſtand allemahl uͤberfluͤßiges Winterfutter
verſchaffen koͤnnen. Denn
1. Er braucht nur das auf ſein Antheil der
Gemeinhuͤtung wachſende Graß nicht abwei-
den zu laſſen, ſondern ſolchen als eine Wieſe
zu behandeln, und wenn er mit etwas Cultur
zu Huͤlfe kommt, kann er ſelbiges zweymahl
maͤhen, und nach Verhaͤltniß der Groͤſſe deſſel-
ben einen ſtarken Vorrath an Heu gewinnen.
2. Er kann von allen Arten der Futter-
kraͤuter das ſchoͤnſte Heu in Menge machen,
mit welchen er bei der Futterung wegen der
Ginneren
[98] inneren Guͤte deſſelben eben ſo weit als mit
zweimahl ſo viel gemeines Heu reichet.
3. Der durch die ſtarke Duͤngung aͤuſſerſt
verbeſſerte Acker wird ihm einen doppelten Er-
trag an Getreide liefern, und alſo auch doppelt
ſo viel Stroh und andere Abgaͤnge, die zum
Viehfutter dienen.
§. 52.
Fuͤnfter Einwurf.
Wenn im Sommer groſſe Duͤrre ein-
faͤlt, ſo leiden auf hochgelegenen Feldern
alle Gewaͤchſe Schaden und verbrennen
oder werden in ihrem Wachsthum doch
merklich zuruͤckgeſezt; der Landmann hat
aber alsdenn ſo viel Vieh auf dem Halſe,
und findet ſich in der groͤſten Verlegenheit
es bei dieſen Umſtaͤnden zu ernaͤhren.
Antwort.
1. Wenn die Futterkraͤuter erſt einmahl
zu einer gewiſſen Staͤrke gelanget ſind, ſo kann
ihnen wegen der tiefgehenden Wurzeln die
Duͤrre nicht ſo viel ſchaden, als andern Ge-
waͤchſen, welche ihre Nahrung aus der Ober-
flaͤche des Bodens erlangen. Sonderlich hat
die Esparzette dieſes voraus, daß ſie bei der
ſtaͤrkſten Hitze dennoch ihren friſchen Wachs-
thum behaͤlt.
2. Ge-
[99]
2. Geſezt aber auch, daß zu ſolcher Zeit
das Wachsthum derſelben nicht ſo ſtark ſein
ſolte, ſo kann ſich der Landwirth wider den
Mangel des gruͤnen Futters dadurch in Sicher-
heit ſtellen, wenn er lieber einige Stuͤck Vieh
weniger haͤlt, als er den ſtrengſten Ueberſchlag
nach halten koͤnnte, durch welche Vorſicht er
allemahl noch Futter uͤbrig haben wird.
§. 53.
Sechster Einwurf.
Das Anſaͤen der mancherley Arten Fut-
terkraͤuter erfordert viel Fleiß, Behutſam-
keit und noͤthige Kentniß, ſo man bei dem
Bauer nicht voraus ſetzen kann: wer ſoll
ihn unterrichten? woher ſoll er die Menge
des Saamens zuerſt nehmen, und wer
ſtehet dafuͤr, daß dergleichen Unternehmen
nicht mißlingt, und manchen an den Bettel-
ſtab bringt? Es wird alſo um dieſer Urſa-
chen willen die neue Einrichtung ſchwerlich
allgemein koͤnnen eingefuͤhret werden.
Antwort.
1. Der Bauer hat ſeinen Verſtand wie
andere Menſchen, und nichts begreift er leich-
ter als das, wovon er ſeinen Vortheil vermer-
ket. Das Anſaͤen der Futterkraͤuter wird er
alſo weit ehender erlernen, als man glaubt,
G 2ſo
[100] ſo bald er den Nutzen ſiehet, den er davon zu
erwarten hat.
Einiger Unterricht iſt ihm freilich im An-
fang noͤthig, derowegen werden Edelleute,
Prediger, und Beamten hierinn den Anfang
machen muͤſſen. Der Bauer wird alsdenn
gar bald aufmerkſam Achtung geben, wenn er
ſiehet, was eine kuͤnſtliche Wieſe vor eine herr-
liche Sache, und die Anlegung derſelben gar
nicht ſchwer ſei, und in kurzer Zeit wird er es
ſeinem Lehrmeiſter gleich thun.
3. Ein bequemes Mittel dem gemeinen
Mann die ihm noͤthige Kentniß von dieſer Sache
zu verſchaffen, duͤrfte wohl ſein, wenn ein hohes
Landescollegium die Verfuͤgung traͤfe, daß ein
beſonderer zu dieſen Endzweck zu verfertigender
kurzer und deutlicher Unterricht von dem An-
bau der mancherley Arten Futterkraͤuter ge-
druckt wuͤrde, und ſo dann durch die Landraͤthe
und Beamten davon einige tauſend Exempla-
ria gratis austheilen lieſſe. Jch ſtehe dafuͤr,
daß in kurzen der Bauer dieſen Unterricht beſſer
als ſeinen Catechismus inne haben, und bei dem
augenſcheinlichen Vortheil puͤnktlich ausuͤben
wird.
4. Die Anſchaffung des Saamens wuͤrde
zu Anfang freilich auch wohl entweder von der
Krieges- und Domainen-Cammer oder von den
Landraͤthen zu veranſtalten ſein, und koͤnnten
die
[101] die erforderlichen Koſten dazu vorerſt aus je-
der Creißcaſſe allenfals vorgeſchoſſen werden.
Der Bauer erhielte den Saamen umſonſt, da-
gegen aber wuͤrden ein paar Extramonathe die
Sache bei der Caſſe wieder gut machen.
5. Endlich ſo iſt der Weg der Belohnun-
gen allemahl mit Blumen beſtreuet und jeder-
mann betritt ihn gern. Wuͤrde dieſer hohen
Orts beliebt um zu den vorgeſezten Endzweck
zu gelangen, ſo iſt kein Zweifel, daß unter den
Bauren bald ein Wettſtreit entſtehen, und ein
jeder ſuchen wuͤrde es dem andern in Anſaͤung
der Futterkraͤuter zuvor zu thun, und den
Preiß zu erhalten.
§. 54.
Siebenter Einwurf.
Alle Einſchlieſſungen der Aecker ſind ent-
weder unbequem oder koſtbar; denn die
Graben nehmen viel Land hinweg, das
man beſſer nutzen koͤnnte; und todte Zaͤune
verwuͤſten viel Holz, die lebendigen Hecken
aber ſind ſchwerer anzulegen, und denen
Beſchaͤdigungen des Viehes unterworfen.
Antwort.
1. Es iſt wahr, daß die Graben viel Land
hinweg nehmen, allein wird man es mir glau-
ben, wenn ich ſage, daß zu denen jetzigen ſchma-
len Strichen, wodurch die Ackerſtuͤcke von ein-
G 3ander
[102] ander unterſchieden worden, und die man in
der Sprache der Havellaͤnder, Scheid-
fahren nennet, noch viel mehr Land erfordert
wird, welches ungenutzt bleibt? Jch habe mir
einmahl die Muͤhe genommen, und die Menge
dieſer Scheidfahren auf einer Feldmark in allen
drei Feldern gezaͤhlet, und ihre unterſchiedene
Laͤnge gemeſſen. Die Breite derſelben konnte
ich durchgehends auf einen ſtarken Fuß anneh-
men. Dieſes berechnete ich nach Quadrat-
fuͤſſen und verglich es mit dem Vermeſſungs-
regiſter dieſer Feldmark, und ich erſtaunte, als
ich es herausbrachte, daß der acht und zwan-
zigſte Theil der ganzen Feldmark auf dieſe Weiſe
verloren gieng. Meine Neugier gieng aber
noch weiter. Jch nahm die Charte von die-
ſem Landguth zu Huͤlfe, vermaß die ſaͤmtliche
Aecker, und machte nach der Lage der Felder
die Eintheilung derſelben, ſo wie es die neue
Einrichtung erfordert, daß jeder Beſitzer ſeinen
Acker beiſammen auf einer Stelle erhielt. Hier-
auf berechnete ich die zu der Einſchlieſſung eines
jeden Ackers noͤthigen Graben, deren Breite
ich zu ſechs Fuß und den von der ausgeworfe-
nen Erde entſtehenden Wall zu vier Fuß breit
annahm, und brauchte hierzu nicht mehr als
den vierzigſten Theil von den Jnhalt der gan-
zen Feldmark, und alſo ein zwoͤlftheil weniger
als die Scheidfahren ausmachten. Aus die-
ſem
[103] ſem Verhaͤltniß, welches in denen meiſten Faͤl-
len in groͤſſeren oder geringeren Maaß ſtatt
finden wird, folgt alſo der Schluß, daß bei der
neuen Einrichtung zu denen noͤthigen Einſchlieſ-
ſungsgraͤben, wuͤrklich weniger Land als jetzt
zu der groſſen Menge der Scheidfahren erfor-
dert wird. Nehme ich nun ferner an, daß es
bei vielen Doͤrfern Mode iſt, ziemlich breite
Reine zwiſchen den Ackerſtuͤcken zu laſſen, und
uͤberlege dabei den groſſen Nutzen, den die Ein-
ſchlieſſung der Aecker nach der neuen Einrich-
tung zuwege bringt, ſo faͤllt die ganze Staͤrke
dieſes ſcheinbaren Einwurfs uͤbern Haufen.
2. Was die todten Zaͤune anbetrift, ſo
muͤſſen ſolche gar nicht ſtatt haben, es ſei denn
an Oertern, wo das Holz in ſolchem Ueberfluß
iſt, daß man es gar nicht achtet und keine Ge-
legenheit hat, es mit Vortheil zu verſilbern.
3. Die Anlegung der lebendigen Hecken iſt
ſo ſchwer nicht als man glaubt. Das Vieh
beſchaͤdiget ſie nur, ſo lange ſie jung ſind, und
wenn man die vortheilhafte Stallfuͤtterung
nicht annehmen will, ſo ſoll man dafuͤr zur
Strafe die junge Hecke mit einen leichten hoͤl-
zernen Zaun vermachen, oder einen Huͤter bei
dem Vieh ſtellen, der es von der Hecke zu-
ruͤckhaͤlt.
4. An Oertern wo leimigter Acker iſt, fin-
det noch eine andere vortheilhafte Art der Ein-
G 4ſchlieſ-
[104] ſchlieſſung ſtatt, nemlich die ſo genannten Waͤl-
lerwaͤnde. Dieſe werden mit wenig Muͤhe
und Kunſt von dem aus den Graͤben ausge-
worfenen Lehm alſo verfertiget, daß man ihn
mit Waſſer verduͤnnt, etwas Stroh hinein
knetet, und oben von in die Querre gelegten
geraden Stroh oder Rohr eine Art von Dach
darauf machet. Nach einigen Jahren kan man
ein ſo groſſes Stuͤck von dieſer Waͤllerwand
wieder einreiſſen, als man mit Bequemlichkeit
wieder aufzubauen vermeinet, und wegen des
alsdenn daran befindlichen reichen Vorraths
von Salpeter als eine trefliche Duͤngung auf
den Acker ausbreiten. Hierauf wird ein neuer
Vorrath Lehm zu einer neuen Wand aus dem
Graben herauf geholet, und dieſer dadurch zu
gleicher Zeit aufgeraͤumet und vertiefet.
§. 55.
Achter Einwurf.
Wenn jedermann ſeinen Acker einſchlieſ-
ſen ſoll, ſo ſind eine Menge Wege in und
auſſerhalb dieſes eingeſchloſſenen Ackers noͤ-
thig, um mit Wagen und Zugvieh dahin
zu gelangen, folglich gehet abermahls da-
durch viel tragbarer Boden verloren.
Antwort.
1. Man muß bei der Vermeſſung und Aus-
theilung der Aecker dahin ſehen, daß man die
Ein-
[105] Eingaͤnge derſelben wo moͤglich an die Land-
ſtraſſen und oͤffentliche Wege bringe, um dieſe
zur Paſſage brauchen zu koͤnnen. Geſetzt aber,
es gienge dieſes nicht in allen Faͤllen an, ſo
werden ein oder hoͤchſtens zwei neue Haupt-
wege in Betracht der ganzen Feldmark nicht
viel ausmachen.
2. Was die Wege innerhalb des umſchloſ-
ſenen Ackers betrift, ſo kommt es auf die Klug-
heit eines jeden Beſitzers an, ſie ſo vortheilhaft
anzubringen, daß ihm dadurch wenig oder gar
kein Nachtheil erwachſe. Zumahl er einen ſol-
chen Weg, ſo bald er ihn eine Zeitlang nicht
gebrauchet, umpfluͤgen und mit allerlei Fruͤch-
ten beſtellen kann. Es iſt uͤberdem gar nicht
noͤthig, daß dieſe Wege beſtaͤndig an einem
und eben denſelben Orte verbleiben, ſondern
ſie koͤnnen jedesmahl nach denen Umſtaͤnden ver-
aͤndert und anderwaͤrts angeleget werden.
§. 56.
Neunter Einwurf.
Wo nimmt man die erſtaunliche Menge
Heckſtraͤuche her? und wer lehret die Bau-
ren Hecken anlegen, da mancher kaum eine
Weide pflanzen kann?
Antwort.
1. Dornen und Diſteln traͤgt der Acker
noch allenthalben, ſeit dem Gott die Erde ver-
G 5fluchte.
[106] fluchte. Die erſteren dienen vortreflich zu le-
bendigen Hecken. Man ſuche ſie alſo allent-
halben auf, nehme ſie da weg, wo ſie gemei-
niglich zum Schaden ſtehen, und wende ſie zur
Umzaͤunung vortheilhaft an. Vielleicht fin-
det ſich aber mancher in die Umſtaͤnde, daß er
in ſeinem Garten eine Menge junger Pflau-
menſtaͤmme zuſammen bringen, oder ſie auch
von andern, die ſie nicht brauchen, vor gerin-
ges Geld ankaufen kann, und alsdenn rathe
ich ſolche wegen der oben (§. 45.) angefuͤhrten
Urſachen vorzuͤglich als Hecken anzupflanzen.
Endlich iſt noch ein Mittel in kurzer Zeit zu
einem groſſen Vorrath Heckſtraͤucher zu gelan-
gen, man ſuche nemlich von denen wilden Bir-
nen ſo viel als moͤglich zuſammen zu bringen.
Dieſe ſchuͤtte man auf einen Haufen und laſſe
ſie faulen, alsdenn werden ſolche geſtampfet,
und dieſe Maſſe ſo lange und ſo ofte in ein hiezu
ſchickliches Gefaͤß mit ſtets wieder abzugieſſenden
Waſſer verduͤnnet, bis der darinn befindliche
groſſe Vorrath von Kernen auf den Boden des
Gefaͤſſes niederſinkt. Solche Kerne laͤſſet man
abtrocknen, und ſaͤet ſolche im Herbſt oder
Fruͤhling Reihenweiſe an einen ſichern Ort,
wodurch man eine Menge junger Pflanzen er-
haͤlt, welche, da ſie von Natur mit vielen und
ſtarken Stacheln verſehen ſind, wegen ihres
ſchnellen Wachsthums in wenig Jahren eine
wehrhafte Hecke abgeben.
2. Was
[107]
2. Was nun den noͤthigen Unterricht an-
langet, den der ungelehrte Bauer freilich vor-
her erhalten muß, wenn er Hecken anpflanzen
ſoll, ſo gilt hier eben der Vorſchlag, deſſen vorher
(§. 53.) bei den Futterkraͤutern Meldung ge-
ſchehen iſt, und der von dem beſten Erfolg und
Nutzen ſein wird.
§. 57.
Zehnter Einwurf.
Beides die Hecken und die dazwiſchen
gepflanzten hochſtaͤmmigen Baͤume, ſind
ſowohl mit ihren Schatten als mit ihren
Wurzeln dem Getreide hoͤchſt ſchaͤdlich, in-
dem unter den erſtern das Korn an ſeinem
Wachsthum und Gedeien leidet, die Wur-
zeln hingegen ſich weit in den Acker hinein
verbreiten und denſelben auszehren.
Antwort.
1. Weil man bemerket hat, daß unter dick-
ſtehenden Baͤumen wenige Gewaͤchſe nicht recht
fort wollen, ſondern ein ſchwaches und kraͤnk-
liches Anſehen haben, und nie zu der gehoͤrigen
Groͤſſe und Fruchtbarkeit gelangen, als andere
die im Freien ſtehen, ſo hat man dieſen Um-
ſtand ſehr unrecht dem Schatten der Baͤume
beigemeſſen, und daher behauptet, daß dieſer
ſchaͤdlich ſei. Allein nicht der Schatten, ſon-
dern hauptſaͤchlich der Mangel der Luft iſt nebſt
anderen
[108] anderen Urſachen Schuld daran, daß unter
dickſtehenden Baͤumen das Wachsthum und
Gedeien der meiſten Pflanzen nur ſchlecht iſt.
Bei einer Hecke und denen einzeln ſtehenden
Baͤumen verhaͤlt ſich aber die Sache ganz an-
ders. Wenn die letzteren nur hoch genug ge-
zogen ſind, ſo daß die hervorragenden Zweige
die darunter ſtehende Gewaͤchſe nicht erſticken
koͤnnen, ſo iſt ihr Schatten ganz und gar un-
ſchaͤdlich. Denn dieſer richtet ſich alle-
mahl nach der Sonne und ruͤcket alſo alle Au-
genblicke weiter fort. Die Strahlen derſelben
koͤnnen daher demohnerachtet jede Pflanze tref-
fen, und ſie durch ihren wohlthaͤtigen Einfluß
zum Wachsthum bringen; und gemeiniglich
gedeien diejenigen Gewaͤchſe, welche in den
ſchwulen Mittagsſtunden des Sommers eini-
gen Schatten haben, viel beſſer als andere, die
zu dieſer Zeit der brennenden Hitze ausgeſetzet
ſind.
2. Denen in den Acker hinein wachſenden
Wurzeln von der Hecke und denen Standbaͤu-
men kann man durch ein leichtes Mittel, Ziel
und Maaß ſetzen, daß ſie dem Getreide nicht
ſchaͤdlich werden koͤnnen. Man macht nemlich
laͤngſt der Hecke hin in einer Entfernung von
etwa drei oder vier Fuß einen kleinen Graben,
der kaum einen Fuß tief ſein darf, ſo koͤnnen
die in der Oberflaͤche fortlaufenden Wurzeln
nicht
[109] nicht weiter als bis an ſelbigen kommen; die-
jenigen Wurzeln aber ſo tiefer in den Boden
ſich befinden, ſchaden denen Kornfruͤchten nicht,
weil dieſe nur von der Oberflaͤche des Ackers
ihre Nahrung hernehmen, und mit ihren klei-
nen Wurzeln nicht bis zu jenen herunter rei-
chen.
§. 58.
Eilfter Einwurf.
Die neue Einrichtung iſt der Jagdge-
rechtigkeit nachtheilig. Wenn eine Feld-
marck durch haͤufige Graͤben und Hecken
durchſchnitten iſt, ſo kann kein Haaſe mehr
gehetzt werden, der uͤbrigen Unbequemlich-
keiten dabei nicht zu gedenken.
Antwort.
1. Das Hetzen wird freilich hiedurch etwas
unbequemer, allein nicht unmoͤglich gemacht.
Jn Engelland gewoͤhnet man Hunde und
Pferde uͤber die Hecken und Graͤben hinweg zu
ſetzen, und findet eben hieran das groͤſſeſte Ver-
gnuͤgen. Vielleicht wird dieſer dort herrſchen-
de Geſchmack auch bei uns alsdenn Mode, und
erhoͤhet die Jagdluſt unſerer Haaſenhetzer.
2. Da das groſſe Wild in denen Waͤldern
und Bruͤchern gejagt wird, ſo bleibt dieſe Jagd
bei der neuen Einrichtung ungeſtoͤrt. Haſen
und Rephuͤner werden ſich alsdenn ungemein
vermeh-
[110] vermehren, wenn die haͤufigen Hecken und tro-
ckenen Feldgraͤben ihnen einen ungleich beſſern
Aufenthalt darbieten, als ſie vorher bei offenen
Feldern gehabt haben. Der Habicht kann ih-
nen wenig oder gar nichts mehr anhaben, und
der liſtige Fuchs muß nun den Tag uͤber im
Walde und an andern oͤden Oertern bleiben
und vermag nur des Nachts einen Ausfall zu
wagen, ſeine raͤuberiſchen Streifereien vorzu-
nehmen; weil nun nicht mehr weitlaͤuftige an-
einander liegende Kornfelder da ſind, wo er ſich
ungeſtoͤrt Tag und Nacht einquartieren kann,
ſondern nur hie und da findet er ein Stuͤck mit
Getreide beſtellet, in deſſen Nachbarſchaft taͤg-
lich eine Menge Menſchen mit Bearbeitung des
dazwiſchen liegenden Ackers oder Einſammlung
der Futterkraͤuter dieſe Gegend viel zu lebhaft
und zu unruhig machen, als daß dieſes ſcheue
Thier daſelbſt einen ruhigen Wohnplatz finden
koͤnte.
Sechſtes
[111]
Sechtes Capitel.
Allgemeiner Entwurf, wie die Auf-
hebung der Gemeinheiten am fuͤglichſten
bewerkſtelliget, und jedermann dabei
ſchadloß gehalten werden kann.
§. 59.
Dieſes Capitel wird einige allgemeine Regeln
enthalten, welche bei der Aufhebung der
Gemeinheiten zu beobachten ſind, wenn dieſes
groſſe und nuͤtzliche Geſchaͤfte mit allen ſeinen
erwuͤnſchten Folgen zu Stande kommen ſoll.
Der billige Leſer wird mir aber zutrauen, daß
ich weit entfernt bin, mit einem gewiſſen rich-
terlichen Anſehen Vorſchriften zu entwerfen,
als welches nur das Amt eines Landescollegii
ſein kann, ſondern meine Saͤtze koͤnnen hoͤch-
ſtens als wohlgemeinte Vorſchlaͤge gelten, die
in der Natur der Sache gegruͤndet ſind. Jch
habe ſeit langer Zeit vieles geleſen, ſo hieher ge-
hoͤret, manches geſehen, und noch mehr von
zuverlaͤßigen Perſonen gehoͤret, denen die in-
nere Einrichtung derer Laͤnder bekannt iſt, wo
die Aufhebung der Gemeinheiten bereits ſehr
vortheilhaft zu Stande gebracht iſt. Gluͤck
genug fuͤr mich und fuͤr meine Feder, wenn
auch nur ein einziger Gedanke in dieſen Blaͤt-
tern
[112] tern enthalten iſt, der Gelegenheit zu weiteren
Nachdenken und zur Erleichterung der Bemuͤ-
hungen zu dieſer jedermann ſo heilſamen Ver-
aͤnderung der Landwirthſchaft geben kann.
§. 60.
Eine hohen Orts ernannte und mit hin-
laͤnglichen Anſehen und Gewalt verſehene Com-
mißion von redlichen und geſchickten Maͤnnern
wuͤrde das bequemſte Mittel ſein, die Auf-
hebung der Gemeinheiten in einem Lande all-
gemeiner einzufuͤhren. Unter den Mitgliedern
derſelben wuͤrden auſſer dem Chef der Commiſ-
ſion ein paar Rechtsgelehrte, eben ſo viel ge-
ſchickte Feldmeſſer, und verſchiedene Wirth-
ſchaftsverſtaͤndige ſein muͤſſen, welche der Lan-
desart vollkommen kundig und im Stande ſind,
alle vorkommende Faͤlle richtig zu beurtheilen,
und die noͤthigen Veraͤnderungen dergeſtalt ein-
zurichten, daß niemand an der moͤglichen Ver-
beſſerung ſeiner Wirthſchaft bei der neuen Ein-
richtung gehindert wird. Das Anſehen und
die Macht einer ſolchen Commißion muͤſte ſich
ſo weit erſtrecken, daß unnuͤtze und ungegruͤn-
dete Einwendungen, ihren Verfuͤgungen kein
Hinderniß im Wege legen koͤnnten, ſondern
wenn alles vorher reiflich uͤberlegt, und mit
dem beſtmoͤglichſten Fleiß und Sorgfalt einge-
richtet worden, ſelbige aller Wiederrede ohner-
achtet, ſtatt haben muͤſten. Dieſer Umſtand
wuͤrde
[113] wuͤrde ſchlechterdings noͤthig ſein, wenn anders
das Unternehmen der Commißion zu des Lan-
des Wohlfahrt einen erwuͤnſchten Fortgang
haben ſolte. Ein guter Rath und bloſſe ver-
ſuchte Ueberredungen wuͤrden die meiſte Zeit
fruchtloß ſein. Cicero konnte zwar durch die
Macht der Beredſamkeit die tauſende des roͤmi-
ſchen Volkes nach ſeinen Willen lenken, allein
vergebens wuͤrde er in dieſem Fall alle ſeine
Kunſt verſchwenden um ein einziges Dorf
Havellaͤndiſcher Bauer von ihren alten
Herkommen und eingewurzelten Vorurtheilen
abzubringen.
§. 61.
Die erſte Verrichtung bei einem Dorfe, wo
die Gemeinheiten ſolten aufgehoben werden,
wuͤrde dieſe ſein, daß alle Grundſtuͤcke der
ganzen Feldmark genau vermeſſen, und in ei-
nen Riß gebracht wuͤrden. Die Lage des
Dorfs, die Aecker, die Huͤtungen und Waͤlder
wuͤrden ſich alsdenn deſto bequemer und rich-
tiger uͤberſehen laſſen. Waͤrender Zeit, daß
die Feldmeſſer hiemit beſchaͤftiget ſind, muͤſſen
die Wirthſchaftsverſtaͤndige jeden Eigenthuͤmer
beſonders vornehmen, und ihn um die Anzahl
ſeiner Hufen, ſeinen Heuſchlag, die Groͤſſe ſei-
nes Viehſtandes, die Staͤrke ſeiner geſammten
Ausſaat, die Arten des Getreides die er bauet,
den Ertrag ſeiner Erndte von jeder Getreide-
Hart,
[114] art, ferner die verſchiedenen Abgaben, Dienſte,
die Anzahl ſeines Geſindes und um andere da-
hin einſchlagende Dinge auf das genauſte be-
fragen, und die Auſſage eines jeden nieder-
ſchreiben. Um den Ertrag der Felder deſto
gewiſſer zu beſtimmen, wuͤrde es ſehr dienlich
ſein, das Zehendregiſter des Pfarrers, oder
desjenigen, der ſonſten den Zehenden von aller-
ley Korn erhaͤlt, mit zu Rathe zu ziehen.
§. 62.
Nachdem ſolches alles geſchehen, wuͤrden
die verſchiedenen Auſſagen aller dieſer Leute zu-
ſammen verglichen, und hieraus einige allge-
meine Regeln abgezogen, welche die Grundlage
der vorzunehmenden Auseinanderſetzung der
verſchiedenen Theilnehmer an der Gemeinheit,
ſie beſtehe in Aeckern, Huͤtungen, Waͤldern,
oder anderen wirthſchaftlichen Nutzungsſtuͤ-
cken. Bei jeder Art derſelben werden beſon-
dere Umſtaͤnde zu beobachten ſein.
§. 63.
Was die Aufhebung der Gemeinheiten in
Abſicht des Ackerlandes anbetrift, ſo muß der
Hauptſatz angenommen werden, daß jeder
Eigenthuͤmer ſeinen ſaͤmtlichen Acker
der jezt in dreyen Feldern und in die-
ſen wiederum an verſchiedenen Oer-
tern vertheilet iſt, zuſammen auf ei-
ner Stelle erhalte, mit voͤlliger Frei-
heit
[115]heit ihn ohne Ruͤckſicht auf ſeine
Nachbahren nach ſeiner beſten oͤkono-
miſchen Erkentniß zu benutzen. Dieſer
Schritt iſt es aber, der mit aller moͤglichen
Behutſamkeit geſchehen muß, weil er der aller-
ſchwerſte iſt, und alles darauf ankommt, ihn
ſicher zu thun.
§. 64.
Der Weg hiezu muß dadurch gebahnet wer-
den, daß man ein allgemeines Principium an-
nimmt, welches der Leitfaden ſein muß, uns
aus dem Labyrinth von tauſend Schwierigkei-
ten und Hinderniſſen heraus zu helfen. Dieſes
iſt, daß man den Acker der Guͤte nach in zwey
oder drey Claſſen theile, und nach den Ertrag
jeder Claſſe von etlichen Jahren im Durchſchnitt
zu Gelde wuͤrdere; die Dienſte, Paͤchte, Con-
tribution u. d. g. davon abziehe und den Ueber-
ſchuß als den wahren Werth des Ackers auf
die Morgenzahl dergeſtalt eintheile, als der
obige Ertrag nachgewieſen hat, daraus ſich er-
geben wird, daß ein Morgen von der erſten
Claſſe Ackers oft eben ſo hoch zu taxiren ſein
wird, als drey Morgen von der zweiten oder
dritten Claſſe. Der Nutzen dieſes Grund-
ſatzes wird im folgenden mehr ſichtbar werden,
wenn wir auf die Entſchaͤdigung der Eigen-
thuͤmer unter ſich kommen. Vorjezt zuͤnden
wir uns nur im voraus dieſe Fackel an, ob
H 2wir
[116] wir ſie gleich hier noch nicht brauchen koͤnnen,
ſondern ihr Schein uns erſt alsdenn leuchten
muß, wenn wir tiefer in dieſen Jrrgang hinein
kommen.
§. 65.
Ein zweiter Grundſatz muß dieſer ſein, daß
bei der neuen Einrichtung jedermann eben ſo
viel Acker, der Hufen und Morgen-
zahl nach, wieder erhalten muß, als
er vorher gehabt hat. Es moͤgte man-
chem vielleicht der Gedanke einfallen, ob es
nicht beſſer ſei von dem guten Acker die Por-
tiones kleiner, und von dem ſchlechten ſelbige
groͤſſer zu beſtimmen, und den Ertrag von bei-
den ſo viel moͤglich, gleich zu machen. Allein
wer vielen und ſchlechten Acker erhielte, wuͤrde
hiebei zu kurz kommen, weil er ungleich mehr
Beſtellungskoſten anwenden muß, als derje-
nige, welcher nur wenigen aber dabei guten
Boden zu bearbeiten hat, und von ſelbigen
dennoch eben ſo viel als jener einerndtet. Es
iſt zwar andem, daß derjenige, ſo nach unſe-
rem Grundſatz eine Hufe lauter guten Acker
erhaͤlt, vor den andern, dem eine Hufe lauter
ſchlechter Acker zufaͤllt, ſehr viel voraus hat.
Allein im folgenden findet man Mittel und
Wege angezeigt, wodurch beide dieſem ohner-
achtet, einander vollkommen gleich werden.
§. 66.
[117]
§. 66.
Dieſes vorausgeſezt, wollen wir nun zu
Vertheilung der Aecker ſelbſt ſchreiten. Hier
wuͤrde ich den Rath geben, alle Coſſaͤthen,
Einhuͤfener und ſolche Leute, die in Vergleichung
der uͤbrigen Eigenthuͤmer in einem Dorfe, ſehr
wenig Acker beſitzen, zuerſt vorzunehmen, und
ihnen ihr kleines Antheil zunaͤchſt am Dorfe
anzuweiſen. Hiedurch erhielte man den dop-
pelten Vortheil, 1) viel Leute mit wenig Land
abzufertigen und 2) die Portiones derer uͤbri-
gen dadurch deſto naͤher an das Dorf zu ziehen.
Die Anweiſung ſelbſt muͤſte durch das Looß
geſchehen, wie ſogleich gezeigt werden ſoll.
§. 67.
Hierauf kaͤme die Reihe an die uͤbrigen
Beſitzer der Feldmark, welche mehreren Acker
als die vorigen haben. Um aber allen Zwiſt
und unnoͤthige Widerſpruͤche zu vermeiden,
muͤſte man eine doppelte Art zu looſen erwaͤh-
len. Es wuͤrden nemlich zuerſt ſo viel Num-
mern auf eben ſo viel Zettel geſchrieben als Ei-
genthuͤmer da ſind, und dieſe in den Gluͤcks-
topf geworfen. Nun muͤſte jeder nach der
Zeitfolge ſeines Alters oder ſeiner Wirthſchaft,
was man von beiden annehmen wolte, eine
Nummer herausgreifen. Dieſe Nummer wuͤr-
de aber weiter noch nichts als die Ordnung
beſt immen, nach welcher einer dem andern bei
H 3dem
[118] dem zweiten Looſen, wodurch eigentlich die
Ackerportiones der Lage nach beſtimmt werden,
folgen ſolte. Bei dieſem zweiten Looſen, da
wiederum ſo viel Nummern als Eigenthuͤmer
in den Gluͤckstopf zu werfen waͤren, muͤſte der-
jenige, welcher vorhero Nummer Eins gezo-
gen, zuerſt hinein greifen und die gezogene
Nummer ſo lange behalten, bis alle uͤbrigen
geloſet haͤtten. Wer nun hier Nummer Eins
erhalten haͤtte, bekaͤme ſeinen ſaͤmtlichen Acker
von zwei, drei oder vier Hufen zunaͤchſt am
Dorfe, da wo der Coſſaͤthen und Einhoͤfener
Acker aufhoͤrete, auf einer Stelle mit Ruͤckſicht
auf die oͤffentlichen oder um bei der neuen Ein-
richtung zu beſtimmenden Feldwege abgemeſ-
ſen, ſodann folgte Nummer Zwei und ſo gin-
ge die Vertheilung der ganzen Feldmark nach
der Ordnung der Nummern fort und jeder-
mann muͤſte mit dem ihm gefallenen Looß zu-
frieden ſein. Pfarr- und Kirchen-Acker wuͤr-
den ſich eben dieſer Ordnung durch das Looß
zu unterwerfen haben, und koͤnnte man ihnen
in dieſem Stuͤck keinen beſonderen Vorzug be-
willigen.
§. 68.
Dieſes waͤre die billigſte und natuͤrlichſte
Vertheilung der Aecker bei Doͤrfern, worinn
keine Koͤnigl. Aemter oder groſſe Ritterguͤter
befindlich ſind. Wo es aber dergleichen giebt,
muͤſte
[119] muͤſte die neue Einrichtung auf eine andere
Weiſe vorgenommen werden. Hierzu ſind
zwei Wege da.
Erſtlich: Wenn es ſich die Krieges- und
Domainen-Cammer oder der Edelmann gefal-
len lieſſen, die Haͤlfte ihrer ſaͤmtlichen Hufen
in der weiteſten Entlegenheit vom Dorf, als
woſelbſt wegen Mangel der Cultur der Boden
doch gemeiniglich der ſchlechteſte iſt, zu nehmen,
und daſelbſt bei Koͤnigl. Doͤrfern etwan Colo-
niſtenwohnungen, als wozu hier die ſchoͤnſte
Gelegenheit iſt, bei Adelichen aber Meyereien
und Vorwerker aufgebauet wuͤrden, ſo muͤſte
ihnen dagegen die andere Haͤlfte des Ackers,
ganz nahe beim Dorf oder ſonſt in dem beſten
Schlag ohne Bedenken angewieſen werden.
Jm Fall aber dieſes nicht beliebet wuͤrde, ſo
wuͤrde
Zweitens. Die Anzahl des Amts- oder
Ritterhufen mit dem uͤbrigen Acker beim Dorf
nach der Morgenzahl zu vergleichen ſein. Faͤn-
de man nun, daß ſolche die Haͤlfte oder den
dritten, vierten, fuͤnften Theil und ſo weiter
der geſamten Ackerſtuͤcke ausmachten, ſo muͤſte
zufoͤrderſt die ganze Feldmark in eben ſo viel
Theile vermeſſen, und ſo denn gleichermaſſen
durch das Looß beſtimmt werden, welcher von
dieſen Theilen der Amts- oder Ritteracker ſein
ſolte. Ein ſolcher Theil wuͤrde ſo dann zuerſt
H 4von
[120] von der ganzen Feldmark abgeſchnitten und
hierauf der uͤbrige Acker nach Maaßgebung des
vorigen §. unter die andern Eigenthuͤmer aller-
erſt zu vertheilen ſein. Bei der Vermeſſung
ſelbſt muͤſte der Umſtand beobachtet werden,
daß jeder dieſer Theile ſich beim Dorf anfinge
und abwaͤrts in einer Strecke ſo weit als pflug-
barer Acker da iſt, fortginge. Solte es ſich
hiebei ereignen, daß das Amt oder der Edel-
mann mehr guten oder mehr ſchlechten Acker
durch dieſe Vertheilung erhielte, als beide vor-
her gehabt haben, ſo wuͤrden die unten vor-
kommenden Regeln der Entſchaͤdigung auch
hier ſtatt finden.
§. 69.
Bei der Vermeſſung der ſaͤmtlichen Aecker
ſelbſt wuͤrden noch folgende Umſtaͤnde zu erwaͤ-
gen ſein.
1. Was die Figur eines jeden Ackerbezirks
anlanget, ſo iſt ſelbige in ſo fern gleichguͤltig,
wenn nur vermieden wird, daß ſolcher Antheil
zu lang und ſchmal ausfalle. Ein gleichſeiti-
ges Quadrat iſt die bequemſte Lage. Solte
aber dieſes nicht allenthalben ſtatt finden, ſo
wird man nach Maaßgebung der Umſtaͤnde mit
jeder anderen Geſtalt, die eine ſolche Abthei-
lung bekommen moͤchte, zufrieden ſein muͤſſen.
2. Wenn ein Fleck brauchbarer Wieſen-
grund in ein ſolches Bezirk fallen ſolte, ſo wuͤrde
man
[121] man ſelbigen dem neuen Eigenthuͤmer dieſes
Antheils mit zuſchlagen, den Jnhalt deſſelben
aber nicht von der Morgenzahl des Ackers, ſon-
dern von ſeinen uͤbrigen Wieſen oder von ſei-
nem Antheil an der Gemeinhuͤtung abziehen,
und dem bisherigen Beſitzer dieſes Graßſtuͤcks
zuſchlagen muͤſſen.
3. Wenn aber ein Fleck todter Sand ſo
bisher wuͤſte gelegen, oder ein Moraſt, davon
niemand vorher einigen Vortheil gehabt, in
ein ſolches Antheil faͤllt, ſo wuͤrde kein Beden-
ken ſein, dergleichen bisher ungenutzte Flaͤche
dem kuͤnftigen Beſitzer dieſes Antheils ohne
Entgeld zum Eigenthum einzugeben, wobei
man ihm allenfalls die Bedingung auflegen
koͤnnte, beides urbar, und zu irgend einigen
Ertrag geſchickt zu machen.
§. 70.
Nunmehr komme ich auf den wichtigen
Punct der Entſchaͤdigung dererjenigen ſo
bei der Aufhebung der Gemeinheiten und der
oben feſtgeſetzten Art der Vertheilung der Aecker
auf irgend eine Weiſe, einen Verluſt leiden
duͤrften, als welches in groͤſſeren oder geringe-
ren Grad unvermeidlich ſein wird. Die moͤgli-
chen Faͤlle, wie ſolches geſchehen kann, werden
folgende ſein.
I. Wenn jemand bei der Vermeſſung oder
Vertauſchung der Aecker Schaden leidet, und
H 5ſtatt
[122] ſtatt des guten und nahe gelegenen Ackers, lau-
ter ſchlechten und entfernten Boden erhaͤlt, und
ihm alſo das Looß nicht auf das lieblichſte ge-
fallen, noch ihm ein ſchoͤn Erbtheil geworden
iſt.
II. Wenn jemand ſeine Rechte, die er bei
den bisherigen Gemeinheiten gehabt, entweder
verlieret, oder in ſelbigen eingeſchraͤnkt wird,
dahin gehoͤren
- a) Aemter oder andere Guthsherren, welche
Ausſchlieſſungsweiſe die Befugniß haben,
der Unterthanen Aecker mit ihren Schaa-
fen zu betreiben. - b) Angraͤnzende Doͤrfer, denen ein Recht
zuſtehet, auf einer oder mehreren nachbar-
lichen Feldmarken ihr Vieh weiden zu
laſſen. - c) Haͤußler und ſolche anſaͤßige Leute in ei-
nem Dorfe, welche ohne eigenen Acker
zu haben eine oder mehrere Kuͤhe auf die
Gemeinhuͤtung bringen duͤrfen. - d) Prediger oder andere, welche den Zehen-
den von allem Getreide nehmen, und die
dabei zu kurz kommen wuͤrden, wenn es
der Bauer nach der neuen Einrichtung
vor gut faͤnde, nicht mehr ſo viel Korn,
ſondern an deſſen ſtatt Farbekraͤuter, Gar-
tengewaͤchſe u. d. g. zu bauen oder viel
kuͤnſtliche Wieſen anzulegen.
Alle
[123]
Alle dieſe Puncte muͤſſen in Richtigkeit kom-
men, und alle Beſchwerden aufhoͤren, weil die
Aufhebung der Gemeinheiten niemand ungluͤck-
lich wohl aber tauſende gluͤcklich machen ſoll.
§. 71.
Zum erſten: Um diejenigen ſchadloß zu
halten, welche bei der Vertheilung der Aecker
zu kurz kommen, muͤſſen wir das Hauptprin-
cipium, davon bereits oben (§. 64.) gehandelt
worden, nemlich die Wuͤrderung des Ackers
zu Gelde zum Grunde legen, und hieraus eine
Art von Fond machen, der zur Entſchaͤdigung
hinlaͤnglich ſein kann. Um dieſes Hauptprin-
cipium feſtzuſetzen, wuͤrde man bei der Taxa-
tion auf zwei Umſtaͤnde ſein Augenmerk zu
richten haben, nemlich 1) auf die innere Guͤte
des Ackers und 2) auf die Entfernung deſſelben
vom Dorfe, und hiernach wuͤrde ſodann ein
doppeltes Entſchaͤdigungsmittel feſtgeſetzt, wel-
ches genauer zu beſtimmen iſt.
§. 72.
Einmahl, was die innere Guͤte des Ackers
anbetrift, ſo kann ſolche nach der Abtheilung
deſſelben in drey Claſſen, davon vorher bereits
(§. 64.) Meldung geſchehen, nemlich in guten,
mittleren und ſchlechten Boden, durch den Er-
trag von verſchiedenen Jahren im Durchſchnitt
ſehr genau herausgebracht werden. Geſezt
alſo, daß bei der Taxation z. E. ein Morgen der
erſten
[124] erſten oder beſten Claſſe zwoͤlf Thaler, ein
Morgen der zweiten oder mittleren Claſſe acht
Thaler, und einer der dritten und ſchlechteſten
Claſſe vier Thaler nach dem Ertrag geſchaͤtzet
worden iſt, und es beſitzt jemand dreißig
Morgen, davon in jeder Claſſe gleich viel nem-
lich zehen Morgen liegen, ſo erhellet, daß der
Werth dieſer dreißig Morgen Ackers folgen-
der iſt:
- 10 Morgen in der erſten Claſſe
a 12 Rthlr. - - 120 Rthlr. - 10 Morgen in der zweiten Claſſe
a 8 Rthlr. - - 80 - - 10 Morgen in der dritten Claſſe
a 4 Rthlr. - - 40 - - Summa 30 Morgen thun an Gelde Summa 240 Rthlr.
§. 73.
Nun wollen wir zwei ſolche Eigenthuͤmer
oder Bauer, die wir A und B nennen, anneh-
men, deren jeder dreißig Morgen beſitzt, die
bei der Taxation nach obigen Maßſtab einan-
der gleich nemlich jede dreißig Morgen zu 240
Rthlr. geſchaͤtzet worden, weil ſie zur Zeit der
Gemeinheiten in obige drei Claſſen zu gleichen
Theilen ihrer Lage nach befindlich waren.
Bei der neuen Einrichtung aber erhaͤlt der Ei-
genthuͤmer A. ein gluͤcklich Looß, und bekommt
ſeine ſaͤmtliche dreißig Morgen in der beſten
Lage,
[125] Lage, die alle zur erſten Claſſe gehoͤren. Dem
Eigenthuͤmer B. aber iſt das Gluͤck nicht ſo
guͤnſtig geweſen, ſondern ſein Looß hat ihm
dreißig Morgen von dem ſchlechteſten Acker der
dritten Claſſe zum Eigenthuͤmer beſtimmt.
Das Verhaͤltniß zwiſchen beiden wird alſo nach
Aufhebung der Gemeinheiten folgendes ſein:
- Der Eigenthuͤmer A hat erhalten
30 Morgen der erſten Claſſe
a 12 Rthlr. thut - 360 Rthlr. - Der Eigenthuͤmer B hat erhalten
30 Morgen der letzten Claſſe
a 4 Rthlr. thut - 120 - - Es hat alſo nunmehro A vom
Werth des Ackers mehr als B. 240 Rthl.
§. 74.
Da nun aber vorhero beide einander gleich
waren (§. 73.) indem der Acker eines jeden
zu 240 Rthlr. gewuͤrdiget war: ſo hat dieſe
Veraͤnderung, nach Maßgebung ihres vorigen
Eigenthums folgenden Unterſchied zwiſchen ih-
nen zuwege gebracht.
I.
- Der Eigenthuͤmer A hatte vorher
zur Zeit der Gemeinheit 30
Morgen, die an Werth zuſam-
men betrugen - - 240 Rthlr.
Durch
[126]
- Durch die neue Einrichtung aber
hat er andere 30 Morgen erhal-
ten, die nach obigen Maßſtab
gelten - - - 360 - - Folglich hat der Eigenthuͤmer A
bei der Aufhebung der Gemein-
heiten gewonnen - 120 Rthlr.
II.
- Der Eigenthuͤmer B hatte vorher
zur Zeit der Gemeinheiten eben-
fals 30 Morgen, die gleicher-
maſſen zuſammen betrugen 240 Rthlr. - Durch die neue Einrichtung hat
er andere 30 Morgen erhalten,
die nur werth ſind - 120 - - Es hat alſo der Eigenthuͤmer B
bei der Aufhebung der Gemein-
heiten verlohren - 120 Rthlr.
§. 75.
Der gerechte Ausſpruch der Commißion wird
alſo nothwendig dahin ausfallen, daß der Bauer
A dem Bauer B in Abſicht dieſer 120 Rthlr.
ſchadlos halten muß.
§. 76.
Wie wird dieſes aber eigentlich am beſten
geſchehen koͤnnen? Hier iſt mein ohnmaßgeb-
licher Vorſchlag dieſer
1. Wuͤr-
[127]
1. Wuͤrden alle Abgaben an baaren Gelde
als Contribution, Cavalleriegelder, Grundzinß,
Schoß u. d. g. nicht auf die Anzahl der Morgen,
ſondern auf die innere Guͤte derſelben einzu-
theilen und nach gewiſſen pro Centen zu be-
rechnen ſein: z. E. dieſe Abgaben in einem
Dorf machten ſechs pro Cent, ſo wuͤrde hier
der Bauer A deſſen 30 Morgen zu 360 Rthlr.
(§. 74.) gewuͤrdiget worden, jaͤhrlich zahlen
21 Rthlr. 14. Gr. 4⅘ Pf. unterdeſſen daß der
Bauer B von 30 Morgen, die nur 120 Rthlr.
am Werth betragen, nicht mehr als 7 Rthlr.
4 Gr. 9⅗ Pf. zu entrichten haͤtte.
2. Wuͤrden alle Naturalabgaben, als Korn-
paͤchte, Lieferungen u. d. g. nach eben dieſen
Maßſtab zu beſtimmen ſein. So muͤſte alſo
der Bauer A hier allemahl ⅔ mehr geben, als
der Bauer B, weil ſeine 30 Morgen um ⅔ hoͤ-
her im Werth ſtehen, als die 30 Morgen des
lezteren.
3. Wuͤrden die Hofdienſte, Vorſpanne,
Kriegesfuhren u. d. g. auf gleiche Weiſe nicht
nach der Anzahl der Morgen, ſondern nach der
Taxe des Werths derſelben von jedem geleiſtet
werden muͤſſen. Es wuͤrde alſo der Bauer A
immer drei Tage zu Hofe dienen und drei-
mahl vorſpannen, wenn der Bauer B nur
einen Tag dienet und einmahl Vorſpann
giebt.
Anmer-
[128]
Anmerkung.
Da indeſſen dieſer leztere Punkt in den mei-
ſten Faͤllen viel Schwierigkeiten machen duͤrfte,
ſo glaube ich, daß es in dieſer Abſicht beſſer ſein
wuͤrde, es bei dem alten zu laſſen, ſo daß der
Bauer B von 30 Morgen ſchlechten Acker eben
ſo viel Dienſte, Vorſpann, Kriegesfuhren u. d. g.
thun muͤſte, als der Bauer A von 30 Morgen
guten Acker; nur wuͤrde alsdenn der leztere
dem erſteren jaͤhrlich ⅔ davon mit baarem Gelde
nach einer feſtzuſetzenden Taxe zu bezahlen
haben.
§. 77.
Solte nun dieſes alles noch nicht hinreichend
ſein die beiden Bauren A und B zu vergleichen,
und man faͤnde, daß der eine noch zu reich und
der andere zu arm bliebe, ſo wuͤrde der erſtere ſich
nicht entbrechen koͤnnen, dem lezteren einen
gewiſſen Zehenden vom Sommer- und Winter-
getreide bei jeder Erndte zu entrichten, wodurch
dieſer zugleich in den Stand geſetzt wuͤrde we-
gen des mehreren Strohes ſeinen Acker deſto
beſſer zu duͤngen. Dieſer Zehend koͤnte allen-
fals nur auf gewiſſe Jahre eingeſchraͤnkt wer-
den, ſonderlich wenn Hofnung da iſt, daß der
geringe Acker durch beſſere Cultur in der Folge
dem guten Boden gleich werden wuͤrde.
§. 78.
[129]
§. 78.
Zweitens. Jn Abſicht der Entfernung
muß man ein anderes Entſchaͤdigungsmittel
anwenden. Da es hauptſaͤchlich darauf an-
kommt, denjenigen, welche bei der Aufhebung
der Gemeinheiten ihr Antheil in der entfern-
teſten Lage eines Dorfs erhalten, die Beſchwer-
lichkeit des weiten Weges zu erleichtern, ſo
wuͤrde das natuͤrlichſte Mittel dieſes ſein, daß
ihnen von den Beſitzern der nahen und guten
Aecker gewiſſe Hand- und Spanndienſte gelei-
ſtet werden muͤſten. Die Commißion koͤnte
alſo einrichten, daß nach Maßgebung der Ent-
fernung eine Anzahl Duͤngerfuhren, einige be-
ſtimmte Tage bei der Pflugarbeit und ſelbſt in
der Erndte eine Beihuͤlfe denen entlegenen
Aeckern zu ſtatten kommen muͤſte. Hiedurch
wuͤrden die Eigenthuͤmer ſolcher Aecker eine
groſſe Erleichterung erhalten, und mit den an-
deren auf das beſte gleich gemacht werden
koͤnnen.
§. 79.
Es ſind alſo die vornehmſten Arten der Ent-
ſchaͤdigung bei Aufhebung der Gemeinheiten,
unter den Beſitzern der geſamten Aecker:
1. Jn Abſicht der ſchlechten Beſchaffenheit
des Ackers die Verminderung der Laſten und
Abgaben, und wenn dieſes noch nicht hinlaͤng-
Jlich
[130] lich, ein beſtimmter Zehend von allerlei Korn-
fruͤchten (§. 77.)
2. Jn Abſicht der Entfernung gewiſſe
Dienſte bei der Ackerarbeit.
§. 80.
Bei der Anwendung der Entſchaͤdigungs-
mittel aber werden folgende Faͤlle genau zu un-
terſcheiden ſein, nemlich:
1. Jſt der Acker nahe und gut, ſo leiſtet der
Beſitzer beide Arten der Entſchaͤdigung (§. 79.)
2. Jſt er nahe und ſchlecht und nur durch
beſſere Cultur wegen der Naͤhe am Dorf, und
hauptſaͤchlich durch das viele Stroh von dem
anderen guten Acker, den der Beſitzer nun ver-
lieret, zu dieſen Grad der Fruchtbarkeit ge-
kommen, ſo wuͤrde er wegen dieſen Umſtand
entweder bei der Taxe beguͤnſtiget, und der
Ertrag herunter geſetzt werden muͤſſen, oder
man bewilligte ihm den Zehenden von den gu-
ten Aeckern, damit er in dieſem Zuſtande der
Fruchtbarkeit bleiben koͤnnte.
3. Jſt der Acker entlegen, dennoch aber gut,
und nur wegen Weite des Weges nicht in ge-
hoͤriger Cultur zu unterhalten, ſo erhaͤlt der
Beſitzer die Entſchaͤdigung der Entfernung.
(§. 79. No. 2.)
4. Jſt
[131]
4. Jſt er nahe und ſchlecht, ſo bekommt der
Eigenthuͤmer beide Arten der Entſchaͤdigung.
(§. 79.)
§. 81.
Jn Doͤrfern, wo Koͤnigliche Amtsvorwerker
oder Ritterguͤter ſind, wuͤrden dieſe Entſchaͤ-
digungsmittel in ſofern abzuaͤndern ſein, daß
wenn das Amt oder der Edelmann durchs Looß
ſchlechten Acker erhielte, in dieſem Fall aber
die Verminderung der Dienſte und Abgaben
wegen der dem Amts- und Ritteracker zuſte-
henden Freiheiten nicht ſtatt hat, man den an-
deren guten Acker mit einem deſto ſtaͤrkeren
Zehenden belegen koͤnnte. Wofern aber dem
Amte und Edelmann mehr guter Acker zufiele,
als beide vor Aufhebung der Gemeinheiten
inne gehabt, ſo wuͤrde eine Erlaſſung an Dien-
ſten und Paͤchten, oder gewiſſes freies Holz
u. d. g. die Unterthanen des Dorfs leicht
ſchadlos halten koͤnnen.
§. 82.
Zum andern. Was nun die Entſchaͤdi-
gung derer anbetrift, welche durch die Auf-
hebung der Gemeinheiten gewiſſe ihnen zuſte-
hende Rechte entweder verlieren, oder in ſel-
bigen eingeſchraͤnkt werden; ſo werden die oben
(§. 70.) angefuͤhrten Faͤlle hier einer naͤheren
Eroͤrterung beduͤrfen.
J 2§. 83.
[132]
§. 83.
Erſtens. Wenn Aemter oder andere
Guthsherren Ausſchlieſſungsweiſe das Recht
haben, der Unterthanen Aecker und Wieſen
mit ihren Schafen zu betreiben; ſo iſt klar, daß
ſie ſolche Freiheit bei Aufhebung der Gemein-
heiten gaͤnzlich verlieren, weil ſelbige der Be-
ſchaffenheit der neuen Einrichtung ſchnurſtracks
zuwider iſt. Die Schadloßhaltung wuͤrde
alſo in dieſem Fall dergeſtalt geſchehen muͤſſen,
daß man nach der Staͤrke der Schaͤferei und
der Morgenzahl der ſaͤmtlichen Grundſtuͤcken,
die bishero beweidet worden, in Ruͤckſicht auf
die Zeit, wie viel Wochen oder Monath im
Jahre den Schaafen auf dieſem und jenem
Grundſtuͤck die Weide freigeſtanden, ausrech-
nete, wie viel Stuͤck Schaafe jeder Morgen
ernaͤhret haͤtte, oder auch wie viel Morgen auf
jedes Schaaf zur Weide hier angenommen wer-
den muͤſſen. Die Morgenzahl der Herrſchaft-
lichen Grundſtuͤcke wuͤrde mit den dazu gehoͤri-
gen Schafen von der Summe abgezogen; die
uͤbrige Anzahl der Schaafe aber nach eben die-
ſen Maaßſtab auf die Unterthanen vertheilet;
und dieſe waͤren verpflichtet, die nach einen je-
desmaligen Anſchlag feſtzuſetzende jaͤhrliche reine
Nutzung eines jeden Schaafs nach Maaßge-
bung der Dauer der Weide derſelben auf ihren
Grundſtuͤcken, baar zu bezahlen. Die Billig-
keit
[133] keit dieſer Entſchaͤdigung ſiehet ein jeder ein,
und kein Bauer hat Urſach ſich daruͤber zu be-
ſchweren, wenn er bedenket, daß ohne die Auf-
hebung der Triftgerechtigkeit die ganze neue
Einrichtung und alſo auch die ganze moͤgliche
Verbeſſerung ſeiner Umſtaͤnde nicht ſtatt finden
koͤnne.
§. 84.
Zweitens. Wenn angraͤnzende Doͤrfer
befugt ſind auf die nachbahrliche Feldmark ihr
Vieh zu weiden, ſo wird hier vornemlich der
Ort wo dieſes geſchiehet, in Betracht gezogen
werden muͤſſen. Dieſer iſt 1) entweder ein
Anger und ein ſolcher Huͤtungsplatz, der keine
andere als dieſe Nutzung abwirft, ſondern be-
ſtaͤndig zur Weide beſtimmt iſt, oder 2) es iſt
der Braach- und Stoppelacker.
1. Jm erſten Fall, wenn dieſer Ort ein der-
gleichen Anger iſt, und das angraͤnzende frem-
de Dorf hat allhier das Recht, ſelbigen zu allen
Zeiten mit einer unbeſtimmten Anzahl Vieh
allerlei Art zu betreiben, kurz, wenn es mit
dem Eigenthuͤmer dieſes Grundſtuͤcks hierinn
gleiche gegruͤndete Rechte hat, ſo ſehe ich nicht
ab, warum man nicht eben das Mittel wie bei
den uͤbrigen Gemeinheiten anwenden, und die-
ſem fremden Dorf einen nach der Groͤſſe des
ganzen Platzes und der Anzahl des Viehes ver-
J 3haͤlt-
[134] haͤltnißmaͤßigen Theil, abmeſſen, und zu dieſem
Behuf Ausſchlieſſungsweiſe einraͤumen wolte:
zumahl wenn die Lage deſſelben dergeſtalt be-
ſchaffen iſt oder das fremde Dorf ſich ſonſten in
Umſtaͤnden befindet, daß ihm dieſer Weideplatz
auf eine oder andere Art unentbehrlich iſt. So
dann wuͤrden beide Doͤrfer ihr Antheil unge-
hindert und auf eine viel beſſere Art nutzen als
vorher, indem ſie ſolche vermeſſen und unter
die Eigenthuͤmer durchs Looß vertheilen koͤnn-
ten. Was hiebei vor rechtliche Cautelen zu
beobachten ſein duͤrften, gehoͤret fuͤr die Rechts-
gelehrten der Commißion, denn ich ſchreibe
nur als Landwirth.
2. Jm anderen Fall, wenn ein nachbarlich
Dorf befugt iſt, die Braach- und Stoppel-
aͤcker entweder mit ſaͤmtlichen Heerden oder nur
mit dieſer und jener Art Vieh, entweder be-
ſtaͤndig oder nur eine gewiſſe Zeitlang und ei-
nige Tage in der Woche zu betreiben, ſo wuͤr-
den in dieſen mancherlei Faͤllen, bei welchen es
ſchwer iſt, ſichere und allgemein paſſende Re-
geln zu geben, bloß das Recht und die Billig-
keit gelten, und die Partheien von der Com-
mißion dahin zu vergleichen ſein, daß der Ei-
genthuͤmer der Felder ſich von dieſer Servitut
losmachen, und dem benachbarten Dorf ent-
weder einen jaͤhrlichen Canon oder ein fuͤr al-
lemahl
[135] lemahl eine gewiſſe Summe an Gelde zahlen
muͤſte.
§. 85.
Drittens. Wenn Haͤußler und ſolche an-
ſaͤßige Leute in einem Dorfe, ohne eignen Acker
zu haben, eine oder mehrere Kuͤhe auf die Ge-
meinhuͤtung bringen duͤrfen, und dieſe Befug-
niß nach Vermeſſung und Vertheilung der An-
ger und Weideplaͤtze wegfaͤllt, ſo muͤſte ih-
nen von der Dorfſchaft dagegen das Recht zu-
geſtanden werden, auf der ganzen Feldmark
das Graß, ſo auſſerhalb denen Einſchlieſſungen
an den Raͤndern der Graͤben und ſonſt irgend-
wo waͤchſt, zu maͤhen oder mit der Sichel abzu-
ſchneiden, und ihre Kuh im Stall zu futtern.
Dieſer Graßwuchs wird, nachdem gar kein
Vieh mehr auf das Feld kommt, leicht hin-
laͤnglich genug ſein, daß fleißige Leute mehre-
res Vieh als vorhero wuͤrden halten koͤnnen,
und keine Urſach haben ſich zu beſchweren.
§. 86.
Viertens. Wenn Prediger, Kirchen oder
andere das Recht haben, den Zehenden von al-
lem Getreide zu nehmen, ſo duͤrften dieſe leicht
zu kurz kommen, wenn es nach Aufhebung der
Gemeinheiten die Eigenthuͤmer vortheilhaft vor
ſich faͤnden, weniger Korn und deſto mehr Fut-
terkraͤuter, Gartenfruͤchte, Farbekraͤuter u. d. g.
J 4zu
[136] zu bauen, weil jedermann die Freiheit haben
ſoll, auf ſeinen Acker zu ſaͤen und zu pflanzen
was er will. Dieſe koͤnnten in Abſicht dieſer
Einkuͤnfte allenfalls dadurch geſichert werden,
daß man aus dem vorhandenen Zehendregiſter
einen Durchſchnitt des Ertrages der ganzen
Feldmark zur Zeit der Gemeinheit von ſechs
bis zehen Jahren machte, und hiernach vor
das kuͤnftige feſtſetzte, wie viel Zehend jeder
Eigenthuͤmer jaͤhrlich entrichten muͤſte, ſein
Einſchnitt moͤge gut oder ſchlecht ſein. Wolte
der Herr Pfarrer damit nicht zufrieden ſein, ſo
wuͤrde ihm die Commißion zu bedeuten haben,
daß im Fall er bei dieſer Einrichtung manches
Jahr bei einer geſegneten Erndte auch weniger
erhielte, er dagegen vor allen Mißwachs ge-
ſichert ſei. Schloſſen und Hagelſchaden allein
wuͤrde eine Ausnahme machen, und wuͤrde der
Zehendnehmer nichts verlangen koͤnnen, wenn
nichts geerndtet wird.
§. 87.
Nachdem wir mit Aufhebung der Gemein-
heiten auf dem Ackerlande fertig ſind, ſo muͤſ-
ſen wir uns noch auf die Anger oder Gemein-
weiden und in die Waͤlder hin verfuͤgen, wo
wir aber weit weniger zu thun finden werden.
§. 88.
[137]
§. 88.
Was die Aufhebung der Gemeinheiten auf
den Angern und Gemeinweiden anbetrift, ſo
ſind hier zwei Saͤtze anzunehmen.
Erſtens. Wenn der Anger groß genug
iſt, daß die nach der Anzahl der Eigenthuͤmer
gemachten Abtheilungen nicht zu klein ausfal-
len, daß ſie zu maͤhbaren Wieſen oder ſonſten
vortheilhafter wie bishero genutzet werden koͤn-
ten: ſo muͤſſen ſolche ohne Anſtand vermeſſen,
und einem jeden nach dem Verhaͤltniß ſeines
mehreren oder wenigern Ackers ein groͤſſeres
oder kleineres Stuͤck davon als ſein Eigenthum
durchs Looß angewieſen werden, welches er
Ausſchlieſſungsweiſe fuͤr ſich allein wirthſchaft-
lich brauchen kann, wozu er will.
Zweitens. Wenn aber eine ſolche Gemein-
heit von ſo geringen Umfang ſein ſolte, daß die
Theile zu klein ausfallen wuͤrden, wenn jeder
Eigenthuͤmer ein beſonderes Stuͤck davon er-
halten ſolte: ſo muͤſten nur ſo viele Abtheilun-
gen davon gemacht werden, als ſo viel die er-
forderliche Groͤſſe behielten, um auf eine oder
andere Art, wirthſchaftlich genutzt werden zu
koͤnnen. Das Looß allein muͤſte beſtimmen,
wer von dem Eigenthuͤmer ein ſolches Antheil
bekommen ſolte, und dieſe muͤſten ſo dann die
uͤbrigen, ſo leer ausgegangen waͤren, nach
J 5Maßge-
[138] Maßgebung des von dieſer Gemeinheit vorhin
gehabten Nutzens, ſchadlos halten. Die Art
dieſer Entſchaͤdigung, wenn ſie nicht durch baa-
res Geld geſchehen ſoll, wird ſich bei jedem
Dorf nach Maßgebung der vorkommenden
Umſtaͤnde leicht beſonders beſtimmen laſſen,
zumahl die Schadloßhaltung wegen eines ſo
geringen Antheils, den jemand an einer bisher
ſo ſchlecht genutzten Gemeinheit hat, eine Sache
von weniger Erheblichkeit iſt.
§. 89.
Jch freue mich ſchon im Geiſt bei dem Ge-
danken, daß auf dieſe Weiſe in der ganzen
Marck ſo viel groſſe Flaͤchen des Erdbodens
kuͤnftighin, zum Theil gewiß zehnfach hoͤher,
als vorher genutzt werden koͤnnen. Denn es
iſt unverantwortlich, daß ſolche anſehnliche
Strecken Landes einer Verhaͤltnißweiſe aͤuſſerſt
geringen Anzahl Viehes Preiß gegeben werden,
die man mit wenig Muͤhe und Sorgfalt zu ei-
nen ungleich hoͤheren Ertrag zu bringen im
Stande ſein wuͤrde, wenn nicht die abſcheu-
liche Gemeinheiten ſolches verhinderten.
§. 90.
Den Beſchluß dieſer Abhandlung ſollen die
Waldungen machen, welche an manchen Or-
ten den Bauren und ſaͤmtlichen Einwohnern
eines
[139] eines Dorfs zugehoͤren, und in dieſer Verfaſ-
ſung gemeiniglich den groͤſten Mißhandlungen
unterworfen ſind. Wie weit entfernt iſt doch
ein ſolcher armer Wald, der dem Willkuͤhr ei-
ner Anzahl Bauren offen ſtehet, von einer
forſtmaͤßig pfleglichen Behandlung, welche un-
endlich mehr Einſichten, Behutſamkeit, und
Sorgfalt vorausſetzt, als man mit guten Ge-
wiſſen von ſolchen Leuten fordern kann. Dem
Herrn des Dorfs ſtehet zwar nach Koͤniglichen
Edickten die Oberaufſicht daruͤber allerdings
zu, allein oft hat er in anderen wichtigern An-
gelegenheiten mit ſeinen ungezognen Bauren
ſchon genug zu zanken, als daß er ſeine Ver-
drießlichkeiten mit dieſer Holzwirthſchaft noch
vermehren ſolte. Kann man es ihm verden-
ken, wenn er ſeine Ruhe vorziehet, und lieber
den Bauren in ihrem Walde den Willen laͤſſet,
als ſich der anjetzt ſo leichten Moͤglichkeit aus-
ſetzt, mit ihnen vielleicht in einen Proceß zu
gerathen? Der Wald bleibt alſo ſeinem Schick-
ſal und dem unordentlichen Verfahren ſeiner
Eigenthuͤmer zu ſeinem groͤſten Ruin uͤberlaſſen,
und ſtellet jedem Reiſenden die elende Beſchaf-
fenheit ſeiner Pflege ſattſam vor Augen.
Dieſem Unweſen kann aber am beſten abgehol-
fen werden, wenn die zu der neuen Einrich-
tung verordnete Koͤnigliche Commißion bei
Aufhebung der Gemeinheiten in einem Dorfe
das
[140] das Beſte ſolcher Holzungen, da ſie ebenfalls
ein Grundſtuͤck des Dorfs, und ein Vorwurf
der Landwirthſchaft ſind, zugleich mit beſorget.
§. 91.
Jch rede hier nur bloß von ſolchem Holz,
das einer Dorfſchaft Bauren eigenthuͤmlich
zugehoͤret, und in dieſer Abſicht eine wuͤrkliche
Gemeinheit iſt, denn die Gerechtigkeit des
freien Hiebes, wie die Foͤrſter reden, welche
zuweilen die Unterthanen in einem Walde ha-
ben, iſt hier noch nicht hinlaͤnglich zu dem Be-
grif einer Gemeinheit. Dieſer freie Hieb wird
an ſich ſchon von dem Eigenthums-Herrn des
Waldes zur beſtmoͤglichſten Erhaltung deſſel-
ben eingerichtet werden.
§. 92.
Wo alſo ein Wald eine Gemeinheit im
ſtrengſten Verſtande iſt, das heißt die einer
oder mehreren Dorfſchaften Bauren dergeſtalt
zu Gebote ſtehet, daß ſie nicht nur ihr Brenn-
und Nutzholz zu ihren eigenen Gebrauch dar-
aus nehmen, ſondern auch an andere derglei-
chen verkaufen, da wuͤrden gewiſſe heilſame der
Natur der Sache gemaͤſſe Veranſtaltungen zu
treffen ſein, um das Beſte der Theilnehmer
ſowohl vorjetzt als vornemlich in Abſicht der
Zukunft mit dem Beſten des Waldes auf eine
geſchick-
[141] geſchickte Art zu verbinden. Zu dieſem End-
zweck duͤrfte aber am dienlichſten ſein an ſtatt
der bei den uͤbrigen Grundſtuͤcken des Dorfs
vorgenommenen Aufhebung der Gemeinheiten,
allhier nur eine kluge Abaͤnderung derſelben
feſtzuſetzen, und deshalb eine neue Forſt-
Ordnung bei ſolchen Doͤrfern einzufuͤhren.
§. 93.
Dieſe Forſtordnung muͤſte fuͤr jede Art Holz
beſondere Regeln vorſchreiben, welche die
Bauren ſchlechterdings zu beobachten haͤtten,
und der Schulze benebſt den aͤlteſten des Dorfs
wuͤrden fuͤr jede Abweichung haften muͤſſen.
Da die Forſtwiſſenſchaft allemahl meine Lieb-
lingsbeſchaͤftigung geweſen, ſo bin ich dreiſte
genug eine dergleichen Vorſchrift ihrem Haupt-
inhalt nach zu entwerfen, und der Pruͤfung
der Kenner vorzulegen. Hier iſt ſie:
§. 94.
Forſtordnung fuͤr die Bauer.
I.
Alle Holzungen, ſie haben Nahmen wie
ſie wollen, die Eichwaͤlder allein ausgenom-
men, muͤſſen vermeſſen, und in gewiſſe
Schlaͤge, deren Anzahl nach der Art des
Holzes
[142]Holzes zu beſtimmen iſt, eingetheilet wer-
den.
Anmerkung. 1. Der Nutzen der Schlaͤge
iſt bereits bekannt genug, und bleibt aller Ein-
wuͤrfe ohnerachtet, noch immer das vornehm-
ſte, wo nicht das einzige Mittel die Gefahr des
Holzmangels, welche die meiſten Laͤnder
Teutſchlands, unſere Marck nicht ausge-
ſchloſſen, fuͤrchterlich genug bedrohet, zu verhuͤ-
ten. Denn der neue Anwuchs des jungen
Holzes kann ſonſten unmoͤglich auf eine gehoͤ-
rige Weiſe ſtatt haben, ſondern der dickſte
Wald wird zuletzt aufgerieben, wenn jaͤhrlich
eine Menge Baͤume aller Orten herausgehauen,
und durch keinen Zuwachs, als welcher auf
ſolche Weiſe nur ſchlecht oder gar nicht geſche-
hen kann, erſetzt werden.
2. Die Schlaͤge allein ſind der wichtigſte
Maßſtab, die gehoͤrige Nutzung eines Waldes
zu beſtimmen, und in deren Ermangelung wird
man der Sache leicht zu viel oder zu wenig thun,
welches beides aber den Regeln einer geſunden
Haußhaltungskunſt zuwider iſt.
3. Die Groͤſſe der Schlaͤge muß ſich bloß
nach der Groͤſſe des Waldes in Ruͤckſicht auf
die Holzart ſelbſt richten, und allemahl gleich
ſein, obgleich einige wollen, daß man ſich nach
der
[143] der Menge des anjetzt darinn befindlichen Hol-
zes richten, und die Schlaͤge bald groͤſſer bald
kleiner machen muͤſſe, welches falſch, weil man
auf die Zukunft zu ſehen hat, da bei dem neuen
Anwuchs ein Schlag ſo viel Holz als der an-
dere in ſich faſſen wird.
4. Die Anlegung der Schlaͤge iſt alſo einzu-
richten, daß in den erſten Jahren der Hieb da-
hin faͤllt, wo das ſtaͤrkſte und aͤlteſte Holz ſtehet.
Die Figur derſelben iſt gleichguͤltig, wenn ſie
nur die Abfuhre des Holzes erleichtert.
II.
Die Viehhuͤtung muß aus den Waͤldern
gaͤnzlich verbannet ſein, weil ſie nur Scha-
den anrichtet, auch nach der Aufhebung
der Gemeinheiten, wegen der Menge Fut-
terkraͤuter und der Stallfuͤtterung entbeh-
ret werden kann.
Anmerkung. 1. Es iſt ein Fehler unſerer
Forſtgeſetze, daß die Schonung der Schlaͤge
nur auf Sechs Jahr beſtimmt iſt, weil we-
der die jungen Schoͤßlinge, ſo von den Staͤm-
men des Laubholzes aufſchlagen, noch weniger
aber die Pflanzen, ſo aus dem Saamen kom-
men, in ſo kurzer Zeit groß genug werden, um
vor denen Beſchaͤdigungen des Viehes ſicher
zu ſein.
2. Ge-
[144]
2. Geſetzt auch, daß man das Vieh nicht
ehender auf den Schlaͤgen weiden laͤſſet, als bis
der Gipfel des jungen Holzes hoch genug iſt,
und von dem Vieh nicht mehr verbiſſen zu wer-
den, ſo gehen durch das Reiben und Treten
des Viehes oft noch viel tauſend junge Staͤmme
verlohren, die zerbrochen oder ſonſt beſchaͤdi-
get werden.
III.
Fichtenholz.
Beſtehet der Wald eines Dorfs aus
Nadelholz, ſo muß er inhundertbishun-
dertundzwanzigSchlaͤge eingetheilet
werden.
Anmerkung. Obgleich die meiſten Forſt-
verſtaͤndigen anjetzt nur achtzig Schlaͤge im
Nadelholz annehmen, ſo iſt dieſes dennoch nicht
wohlgethan.
I. Weil keine Fichte oder Kienbaum, dar-
aus doch unſere Nadelholzwaͤlder in der Marck
beſtehen, in ſo kurzer Zeit zu einer ſolchen Groͤſſe
und Staͤrke gelanget, daß er einen Schifsbal-
ken oder Sageblock oder auch nur eine ſtarke
Schwelle abgeben ſolte. Wie aber, wenn wir
in achtzig Jahren alle unſere Fichtenwaldungen
herunter geſchlagen haben, und hernach der-
gleichen ſtarkes Holz benoͤthiget ſind?
II. Weil
[145]
II. Weil ein achtzigjaͤhriger Fichtenbaum
ſelbſt zum Brennholz alsdenn noch nicht ſo
tauglich iſt, als wenn er ein hoͤheres Alter er-
reicht hat, indem die Naturkundiger angemerkt
haben, daß die Menge der oͤhligten brennbaren
Theile ſich nach dem Alter derſelben richtet, und
nur alsdenn erſt anſehnlich wird, wenn nach
erlangten voͤlligen Wachsthum ſich die Saͤfte
dieſes Baums verdicken, und nicht mehr ſo viel
waͤſſerigte Theile in ſich faſſen.
IV.
Kein Fichtenbaum muß kuͤnftig mehr
abgehauen, ſondern zuſamt dem Stamm
und den Wurzeln ausgegraben werden.
Anmerkung. 1. Auf dieſe Weiſe erhaͤlt
man einen anſehnlichen Vorrath von Holz mehr,
weil der Stamm als der beſte Theil des Baums,
benebſt den Wurzeln ſtehen bleibt, der nur nach
vielen Jahren als halb verrottet, etwas Kiehn
gewaͤhret, und alſo ein ganzer Wald unter der
Erde verlohren gehet, auch vieles Holz unnuͤtz
in die Spaͤne gehauen wird, wenn man den
Baum mit der Axt faͤllet.
2. Weil man ſich durch das Ausraden des
Baums ſchon vorarbeitet, um den Boden zum
Empfang des Saamens gehoͤrig aufzulockern.
KV.Die
[146]
V.
Die Arbeit auf einen ſolchen Holzſchlag
muß von der ganzen Dorfſchaft und allen
Theilnehmern gemeinſchaftlich geſchehen,
weil viele Haͤnde dieſe ſchwere Arbeit leicht
machen.
Anmerkung. Dieſes gilt uͤberhaupt von
aller Arbeit in den Waͤldern, welches hier ein-
mahl fuͤr allemahl anfuͤhre.
VI.
Bei jedem Dorfe ein Magazin von
Bauholz anzulegen, iſt ſo vortreflich als
bei der neuen Einrichtung unentbehrlich,
und muͤſſen jaͤhrlich alle Bauſtaͤmme, die
auf dem jedesmaligen Holzſchlag befindlich
ſind, und man nicht ſogleich zu noͤthigen
Bauen anwendet, nachdem ſie vorher be-
ſchlagen oder nach dem Ausdruck der Zim-
merleutegewaldrechtetworden, in die-
ſes Magazin geſchaft werden.
Anmerkung. 1. Auf dieſe Weiſe wird
das Holz allemahl vorher recht austrocknen,
und nicht wie bisher, mit vollem Saft, —
denn der Baum, ſo lange er nicht verdorret iſt,
iſt allemahl voller Saft, nur daß dieſer Saft
im Winter nicht ſo fluͤchtig als zu anderen Jah-
reszeiten iſt — zum Bauen genommen, und
dahero
[147] dahero ſo leicht wurmſtichig und faul werden.
Dieſer einzige Umſtand iſt ſchon wichtig genug
um dergleichen Magazin anzulegen.
2. Die Einrichtung und Groͤſſe, welche
ſich zum Theil nach den Umſtaͤnden eines jeden
Dorfs richten muß, faͤllet mir hier zu weit-
laͤuftig zu beſchreiben. Noͤthig iſt hier nur zu
erinnern, daß bevor nicht ein ſtarker Vorrath
Bauholz nach allen Gattungen deſſelben aufge-
ſammlet worden, die Dorfſchaft es ſich nicht
muß in den Sinn kommen laſſen, dergleichen
zu verkaufen, als welches nur nach verſchiede-
nen Jahren allererſt mit denen Bauſtaͤmmen
aus dem Magazin geſchehen kann, die am
laͤngſten darinn gelegen haben.
VII.
Alles Brennholz, Zacken und Reiſig
wird ſowohl hier als bei allen anderen Ar-
ten des Holzes ohne vorher aus der Maſſe
etwas zu verkaufen, unter die Eigenthuͤ-
mer nach ihren jedesmahligen Recht des
Antheils gehoͤrig vertheilet, und kann ſo-
dann ein jeder das uͤberfluͤßige ſelbſt ver-
kaufen, welches zugleich ein Mittel iſt, die
guten Haußhaͤlter zur Sparſamkeit bei der
Feuerung zu ermuntern, um nur jaͤhrlich
viel Holz verſilbern zu koͤnnen.
K 2Anmer-
[148]
Anmerkung. Wenn der unnuͤtze Auf-
wand des Holzes in einem Lande eingeſchraͤnkt
werden ſoll, ſo muß dieſes an Oertern geſche-
hen, wo daſſelbe in Ueberfluß iſt, denn da wo
der traurige Holzmangel ſchon herrſchet, findet
ſich die noͤthige Sparſamkeit im Verbrauch deſ-
ſelben von ſelbſt ein. Obiges Mittel iſt viel-
leicht das beſte in ſeiner Art, um ſolchen End-
zweck am ſicherſten zu erreichen.
VIII.
Man muß den jungen Zuwachs des Fich-
tenholzes nicht blos von der Natur erwar-
ten, ſondern einen ſolchen Schlag den Win-
ter hindurch raͤumen, ferner ſo bald es der
Froſt erlaubt, umhacken und im Maͤrz und
April gehoͤrig anſaͤen.
Anmerkung. 1. Ob man gleich auf den
Anflug des Saamens von denen in der Naͤhe
ſtehenden Fichtenbaͤumen, auf einen ſolchen
Schlag einigermaſſen rechnen kann, ſo iſt die-
ſes doch zu ungewiß und unzulaͤnglich, daß al-
lemahl ein ſtarkes Dickicht, wie die Forſt-
leute reden, aller Orten aufwachſen ſolte, da-
hero das Beſaͤen eines ſolchen Platzes aller-
dings vorzuziehen, ob es gleich mit Muͤhe ver-
knuͤpft iſt.
2. Hie-
[149]
2. Hiezu wird aber noͤthig ſein, daß jeder
Theilnehmer einen ſtarken Vorrath von Saa-
menzapfen den Winter uͤber ſammle. Denn
wenn man ſolches allererſt im Merz thun wol-
te, wie die meiſten Forſtordnungen vorſchrei-
ben, ſo duͤrfte die Zeit dazu zu kurz ſein. Jch
habe zu wiederholten mahlen bereits im Monath
November und den ganzen Winter hindurch
die ſogenannten Kiehnaͤpfel pfluͤcken laſſen, und
den Saamen allemahl vollkommen reif und
tuͤchtig befunden.
3. Die Methode die Saamenzapfen vorhero
in einer warmen Stube nicht aber im Backofen
aufſpringen zu laſſen, und hernach den erhalte-
nen Saamen auf ein aufgelockertes Erdreich
auszuſtreuen, iſt vorzuͤglicher als wenn man
die Zapfen ſelbſt auf den Ort, wo das Holz
wachſen ſoll, hinwirft, weil eine naſſe Witte-
rung im Fruͤhling ſehr oft das Aufſpringen der
Zapfen verhindert, und der Saamen verder-
ben muß, oder doch viel zu ſpaͤt ausfaͤllt.
4. Der Boden muß allenthalben von Moos
und dergleichen wohl gereiniget, auch ſonder-
lich die Raſenflecke umgehackt werden, damit
der Saamen das Erdreich faſſen moͤge. Je
mehr dieſes aufgelockert iſt, je beſſer gehet der
junge Holzwuchs von ſtatten.
K 3IX.Birk-
[150]
IX.
Birkholz.
Ein Birkenwald iſt inzwanzigSchlaͤ-
ge einzutheilen, und der Hieb vomNo-
vemberbisJanuarvorzunehmen.
Anmerkung. 1. Gemeiniglich werden
beim Birkenholz nur ſechszehen Schlaͤge an-
genommen, in welcher kurzen Zeit aber noch
keine ſo ſtarke Birken wieder wachſen koͤnnen,
als man zu Verfertigung verſchiedener Dinge
von dieſer Gattung Holz ſelbſt bei der Land-
wirthſchaft noͤthig hat.
2. Wer ſeine Birken ſpaͤter als zur obigen
Zeit ſchlagen laͤſſet, thut ſich groſſen Schaden,
weil alsdenn im Fruͤhling der zu Hervorbrin-
gung der jungen Schoͤßlinge unentbehrliche
Saft haͤufig aus der groſſen Wunde des
Stamms herausflieſſet, und die Wurzeln da-
durch entkraͤftet werden. Verſchiedene Forſt-
verſtaͤndige behaupten irrig, daß man einen
ſolchen Hieb erſt nachdem die ſtarken Froͤſte vor-
bei ſind, vornehmen muͤſſe.
X.
Das Abhauen der Birken muß mit
ſcharfen Werkzeugen ſo tief auf der Er-
de als moͤglich geſchehen, auch der Hieb
zum
[151]zum Ablauf des Regens ſchraͤge gefuͤhret
werden.
Anmerkung. Wenn man hohe Staͤmme
ſtehen laͤſſet, ſo kommen oft die jungen Schoͤß-
linge oben am Stamme hervor, wo ſie hernach
leicht vom Winde abgeriſſen werden. Beſſer
iſt es durch einen tiefen Hieb ſelbige zu noͤthi-
gen, aus der Erde ſelbſt herzubrechen, wo ſie
Gelegenheit haben, neue Wurzeln zu machen.
XI.
Wo die Birken duͤnne ſtehen, muͤſſen
die leeren Plaͤtze zeitig im Winter aufgeha-
cket, und mit haͤufigen Birkenſaamen, der
im Auguſt, September und October in
Menge geſamlet werden kann, beſtreuet
werden.
Anmerkung. Dieſes iſt das beſte Mittel
einen Birkenwald wohlbeſtanden, und nach
endlichen Abgang der alten Staͤmme, auf im-
mer in ſeinem Flor zu erhalten. Die in den
Forſtordnungen beliebten Saamenbaͤume kann
man alſo entbehren, als deren Nutzen ſehr un-
gewiß iſt.
XII.
Jn einen Birkenwald Ober- und Unter-
holz zugleich zu erziehen, iſt wider die Na-
K 4tur
[152]tur dieſes Baums, ob es gleich viel Forſt-
buͤcher anrathen.
Anmerkung. Es iſt dieſe Methode bei
allen Holzarten verwerflich, weil bei zunehmen-
den Wachsthum das Oberholz gleichſam eine
Decke uͤber das Unterholz ziehet, und ſelbiges
der zum Wachsthum noͤthigen freien Luft be-
raubt. Die einzige Haſelſtaude kann mit
Nutzen zum Unterholz gezogen werden.
XIII.
Buchwaͤlder.
Hier wuͤrde ich anrathen auf die Erzie-
hung ſehr ſtarker Buchen und ſelbſt gewiſ-
ſermaſſen auf die davon zu erhaltende
Maſtung Verzicht zu thun; ſelbige invier
undzwanzigbisdreißigSchlaͤge einzu-
theilen, und uͤbrigens wie die Birken zu
behandeln.
Anmerkung. Der Gebrauch der ſtarken
Buchen zu Bauholz iſt wegen des ſchwer her-
auszubringenden Saftes nicht ſehr vortheilhaft.
Die Maſtung ſelbſt kann nicht ſo viel einbrin-
gen, als der ſtarke Zuwachs der jungen Bu-
chen, wenn man ſie als Schlapholz betrachtet.
Ueberdem aber traͤgt eine Buche vom zwanzig-
ſten Jahre an auch ſchon Maſt, und dreißig
Jahre
[153] Jahre ſind hinlaͤnglich ihr die zu allerley Nutz-
holz verſchiedener Handwerker erforderliche
Staͤrke zu geben.
XIV.
Elſenbruͤcher.
Das vortrefliche und ſchnellwuchſige Erlen-
oder Elſen-Holz hat man bisher gemeiniglich
entweder zu alt werden laſſen, oder man hat es
jung gehauen. Beides iſt nicht vortheilhaft.
Sechs und zwanzig bis dreißig Jahre
iſt die rechte Zeit, die eine Elſe braucht, um
Holz genug aufzuſetzen. Spaͤterhin aber iſt
ihr Wachsthum nicht mehr gleichmaͤßig ſtark,
ſondern wird von Jahr zu Jahr ſchwaͤcher,
dahero ein Elſenbruch in dreißig Schlaͤge
einzutheilen, und in aller Abſicht alſo zu be-
handlen iſt, wie oben bei den Birken gemeldet
worden.
XV.
Eichenwaͤlder.
Die ehrwuͤrdige Eiche habe ich um deswillen
bis zum Schluß dieſer Abhandlung verſparet,
weil die forſtmaͤßige Behandlung derſelben mit
den uͤbrigen Arten wilder Baͤume wenig oder
gar nichts gemein hat. Ein Eichenwald kann
nicht fuͤglich in Schlaͤge eingetheilet werden,
weil wir deren drey bis vier hundert machen
K 5muͤſten,
[154] muͤſten, indem eben ſo viele Jahre erforderlich
ſind, ehe ein Eichbaum zu der Staͤrke und
Groͤſſe erwaͤchßt, als zu ſo viel daraus zu ver-
fertigenden unentbehrlichen Dingen erforderlich
iſt. Es wird alſo noͤthig ſein, eine andere
Nutzungsart eines Eichenwaldes zu beſtim-
men, und dieſe beſtehet im folgenden.
XVI.
Eine Dorfſchaft, der ein Eichenwald ge-
hoͤret, muß aus ſelbigen weiter nichts zur
Feuerung anwenden, als
- 1. trockene und abgeſtandene Baͤume.
- 2. Die Abgaͤnge von denen Eichen, wel-
che zu Nutzholz oder als Kaufmanns-
waare ſind geſchlagen worden.
Anmerkung. Es iſt unverantwortlich,
daß in ſolcher Holzung oft die ſchoͤnſten und
geſundeſten Eichen zu Brennholz in Menge
niedergehauen werden, und man zur Entſchul-
digung anfuͤhret, daß kein anderes Holz zur
Feuerung vorhanden ſei. Eine einzige Eiche
kann zuweilen wegen ihrer vortheilhaften
Structur, natuͤrlichen Kruͤmme der Zweige
und Wurzeln u. d. g. viel koſtbare Stuͤcke zum
Schifbau liefern, und der Kaufmann bezahlt
ſie nach Beſchaffenheit vierzig bis funfzig mahl
hoͤher, als dieſe Eiche wie Brennholz betrach-
tet,
[155] tet, nicht werth iſt. Man verkaufe alſo in
dieſem Fall, wenn ein Dorf kein anderes Holz
zur Feuerung hat, alljaͤhrlich ſo viel ſolcher
Eichen, als noͤthig iſt, fuͤr alle und jede Eigen-
thuͤmer anderes Brennholz zu kaufen, und
laſſe ihnen die Abgaͤnge fuͤr Fuhrlohn u. d. g.
ſich ſelbſt anrechnen. Sollte dieſer Vorſchlag
nicht nach dem Geſchmack der Bauren dieſes
Dorfs ſein, ſo muß das allgemeine Beſte des
Landes hier aller Wiederrede ohnerachtet, vor-
gezogen werden.
XVII.
Wenn eine Anzahl Eichen niedergeſchla-
gen werden ſoll, ſo muß man jedesmahl
die ſtaͤrkſten und aͤlteſten, welche gemeinig-
lich ſehr duͤnne ſtehen, auf einen Platz bei
einander nicht weghauen, ſondern mit der
Wurzel ausgraben, dieſen Platz auf eine
ſichere und wohlfeile Art einhaͤgen, und
darauf junge Eichen wieder erziehen.
Anmerkung. Auf dieſe Weiſe wird man
nur wenig Baͤume wegraͤumen duͤrfen, um
einen groſſen Platz zu uͤberkommen, den man
zum Anbau junger Eichen brauchen kann.
Die Einhaͤgung deſſelben, ſie geſchehe auf was
vor Art ſie wolle, iſt unumgaͤnglich noͤthig,
und
[156] und bei einer Art Holz von ſo hohen Werth
gar wohl der Muͤhe werth.
XVIII.
Zum Anbau der Eichen iſt das Saͤen
dem Pflanzen vorzuziehen. Je beſſer der
Platz zur Eichelſaat gepfluͤgt wird, als
welches hier leichter als auf den Schlaͤgen
der Nadelhoͤlzer angehet, deſto ſchneller iſt
das Wachsthum der jungen Pflanzen.
Viele rathen an, einen ſolchen Ort den S[o]m-
mer hindurch einigemahl zu pfluͤgen, und im
Herbſt mit den Eicheln zugleich Rocken da auf
zu ſaͤen. Jch verwerfe dieſe Methoͤde n[i]cht.
Wer Zeit und Muͤhe nicht achtet, wende ſie
an. Jch habe allemahl bloß im Herbſt den
Boden doppelfurchig pfluͤgen, um den Raſen
deſto tiefer zu begraben, die zu gleicher Zeit ge-
ſammleten Eicheln in Menge oben aufſaͤen
und ſolche alsdenn untereggen laſſen, und das
Wachsthum der auf dieſe Art geſaͤeten jungen
Eichen iſt vortreflich.
Anmerkung. Man huͤte ſich bei der Ei-
chelſaat dafuͤr
1. die Eicheln zu tief in die Erde zu brin-
gen, welches bei dem von ſo vielen Leuten an-
gerathenen Unterpfluͤgen derſelben leicht moͤg-
lich iſt.
2. Mit
[157]
2. Mit den Saateicheln nicht ſparſam um-
zugehen. Ein paar Scheffel mehr zu ſamm-
len oder zu kaufen, bedeutet nichts gegen den
Schaden; wenn der Froſt, die Voͤgel, Maͤuſe
u. d. g. die duͤnngeſaͤeten Eicheln heimſuchen,
dadurch auf den angeſaͤeten Platz viel leere
Stellen entſtehen. Man muß auf dieſe Feinde
der Ausſaat ſowohl, als auf alle nachherige
Ungluͤcksfaͤlle der bereits aufgegangenen jungen
Eichen ſchon bei der Ausſaat rechnen, und der-
geſtalt dick ſaͤen, daß noch immer eine ſtarke
Anzahl junger Baͤume uͤbrig bleiben.
Dieſes iſt ein Hauptumſtand, deſſen Ver-
nachlaͤßigung an den Untergang ſo vieler ſo
genannten Eichelkaͤmpe ſchuld iſt.
XIX.
Zur Anpflanzung der Eichbaͤume muͤſ-
ſen zeitig im Fruͤhling von denen Stellen,
wo die geſaͤeten drei bis vierjaͤhrigen Eichen
zu dick ſtehen, die ſtaͤrkſten derſelben aus
der im Anfang des Fruͤhlings allemahl ſehr
lockeren Erde nicht ausgegraben, ſondern
behutſam ausgezogen, und in einen guten
Boden zwei bis hoͤchſtens drei Fuß im
Quadrat gehoͤrig gepflanzet werden.
Anmer-
[158]
Anmerkung. 1. Jch verwerfe das Ver-
pflanzen der Eichen, wenn man einen Wald
davon anlegen will; weil 1) die Arbeit zu weit-
laͤuftig iſt, und das Saͤen viel geſchwinder ins
groſſe verrichtet werden kann. Ferner aber
2) ſolche drei bis vierjaͤhrige einzeln ſtehende
Eichen ein ſtarkes Gehaͤge vor dem Wilde ſon-
derlich den Haſen, welche die Rinde abſchaͤlen,
erfordern; eine Pflanzung von aͤlteren oder
ſtaͤrkeren Eichen aber anzulegen, gemeiniglich
ein traurig Ende nimmt, indem ſie die erſten
zwei oder drei Jahre verdorren, oder doch im-
mer ſchlechte untaugliche Baͤume abgeben.
2. Nur nach Aufhebung der Gemeinheiten
allein, wuͤrde ich anrathen, die in den Eichel-
kaͤmpen zu dick ſtehenden jungen Setzlinge, auf
die Waͤlle oder Raͤnder in die Hecken in einer
Entfernung von zehen Ruthen (§. 43.) zu
pflanzen. Hier wuͤrde ein junger Eichbaum
in die lockere Erde recht freudig wachſen.
Der Bauer, welcher ſeinen Acker faſt taͤglich
beſuchen muß, haͤtte ſelbigen beſtaͤndig unter
Augen, und koͤnnte ihm mit wenig Muͤhe ei-
nen hohen und geraden Stamm verſchaffen.
Ein tauſend ſolcher Setzlinge bringen aber den
Nachkommen dieſes Bauers nach achtzig oder
hundert Jahren einen groſſen Vorrath Eichel-
maſt, und ein paar hundert Jahr weiter hin
moͤgen
[159] moͤgen andere den Vortheil berechnen, wenn
dieſe tauſend Stuͤck ſtarke Eichen verkauft wer-
den. Wie aber, wenn vor drei hundert Jah-
ren die Aufhebung der Gemeinheiten und die
Pflanzung ſo vieler jungen Eichen geſchehen
waͤre, und es koͤnnte anjetzt ein Bauer einige
hundert Wahleichen an die Holzcompagnie
verhandeln?
XX.
Bei dieſer ganzen neuen Einrichtung wuͤrde
aber hoͤchſtnoͤthig ſein, daß auſſer den Schulzen
und Schoͤppen des Dorfs annoch ein Koͤnig-
licher Foͤrſter, oder in Adelichen Doͤrfern der
daſige Jaͤger, nebſt der Aufſicht, eine gruͤnd-
liche Anweiſung vornemlich zum Holz ſaͤen uͤber
ſich nehmen muͤſte, und wuͤrden ihm die Bau-
ren jaͤhrlich was gewiſſes zu entrichten haben.
XXI.
Alle Holzdiebereyen und Holzverwuͤſtungen
in den Waͤldern muͤſſen von jedes Orts Obrig-
keit ſelbſt an den Theilnehmern eines Waldes
auf das ſchaͤrfſte beſtraft werden. Unſere
Forſtgeſetze ſind viel zu gelinde gegen derglei-
chen Boßheiten, denn als man ſie machte, war
das Holz bei weiten nicht ein ſo wichtiger Ge-
genſtand, als jetzt in aller Abſicht iſt.
§. 95.
[160]
§. 95.
Weiter habe ich meinen Leſern von der Auf-
hebung der Gemeinheiten und ihren groſſen
Vortheilen fuͤr mein Vaterland nichts zu ſa-
gen, als daß ich ſie bitte ihren Wunſch mit den
meinigen fuͤr das Beſte des Vaterlandes da-
hin zu vereinigen, daß dieſe neue vortrefliche
Einrichtung bald allgemein eingefuͤhret werden
moͤge.
[[161]][[162]][[163]][[164]]
„puis cinquante ans l’agriculture eſt refor-
„mée ſans doute, mais ce n’eſt que depuis
„les vingt dernieres années, que nous en
„reſſentons les effêts ſurprenans. Autrefois
„nous n’exportions point de froment, \&
„même la Pologne nous approviſionnoit ſou-
„vent; nous ſommes devenûs le Grenier de
„l’Europe le plus abondant \&c.
p. 3. „C’eſt par les ſoins \& la protection
„du
Terres pag. 207. I. edition de Paris. „En-
„fin le Gouvernement y donna une ſérieuſe
„attention; il en encouragea toutes les bran-
„ches; il accorda une prime conſidérable à
„l’exportation des grains. Ces ſages meſu-
„res ouvrirent à la longue \& par dégrés
„tous
„pouſſée plus loin dans cette Isle, que chés
„aucun de ſes voiſins du continent, tandis
„qu’un ſiecle auparavant elle leur étoit en-
„tierement inferieure.
des Teres. desleichen, l’Ami des hommes par
Miraeeau u. a. m.
„engagerent à tenter les moïens divers d’a-
„meliorer.
1715. bis 1755. auſſer denen Getreidearten
an Weizen allein 25 Millionen Winſpel (ſep-
tiers) nach Frankreich geſendet, und dafuͤr
200 Millionen Livres bekommen. S. Les in-
terets de la France mal entendus Tom. I. pag.
18. die Amſterd. Ausgabe. Desgleichen hat
Engelland vom Jahr 1746. bis 1750.
an Getreide von 7405786 Pfund Sterlings
auswaͤrts verhandelt. S. Les Remarques ſur
les avantages \& les deſavantages de la Fran-
çe \& de la Gr. Bretagne. p. 77.
moribus germanorum Cap. 16. Nullas Germanorum
populis urbes habitari, ſatis notum eſt; ne pati qui-
dem inter ſe junctas ſedes. Colunt diſcreti ac diverſi,
ut fons, ut campus, ut nemus placuit. Vicos lo-
cant, non in noſtrum morem, connexis \& cohæ-
rentibus ædificiis: ſuam quisque domum ſpatio cir-
cumdat \&c. \&c.
the zu zwanzig Fuß gerechnet, ſo nur mit Eſparzet-
te, dem ſchlechteſtem und auf ſehr leichtem Acker zu
bauenden Futterkraute, beſaͤet iſt, liefert nach der
Rechnung des Patullo vor drey Kuͤhe den Som-
mer hindurch hinlaͤngliche Nahrung. S: Eſſai ſur
la melioration des Terres. Edit. de Paris pag. 66 „Un
„Arpent nourrit abondamment trois Vaches, depuis
„le premier Mai jusqu’au premier Novembre \& ſou-
„vent d’avantage. Jamais neanmoins il n’en nourrit
„autant que le Treffle \& la Luſerne; mais ceux-ci
„exigent la meilleure terre, \& la plus forte, tandis
„que l’Eſparcette ſe plait dans les légeres, \& avec un
„peu d’induſtrie, vient bien dans les plus mauvaiſes.
zu [L]yon und Nancy S. Miroudot Abhandlung
vom Raygraſe teutſche Ueberſetzung im Vorbericht
S. 10.
- Rechtsinhaber*in
- Kolimo+
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2025). Collection 1. Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bj7g.0