SÜSSWASSERFISCHE
VON
MITTELEUROPA.
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN.
1863.
[[II]]
Das Recht der Uebersetzung in die englische und französische Sprache hat sich der
Verfasser und der Verleger vorbehalten.
[[III]]
Vorwort.
Indem ich den Freunden der Ichthyologie in der vorliegenden
Schrift die Resultate meiner seit einer Reihe von Jahren unausgesetzt
an den mitteleuropäischen Süsswasserfischen gemachten Forschungen
übergebe, bin ich mir wohl bewusst, dass ich kein vollendetes Werk
zu Stande gebracht, sondern nur Beiträge zur Fischkunde geliefert habe.
Diese Beiträge sollten aber so viel als möglich durch eigene An-
schauung gemachte Erfahrungen enthalten, weshalb ich mit der Ver-
öffentlichung dieses Werkes so lange zögerte, bis ich mir durch Reisen
die nöthige Belehrung an den verschiedenen Gewässern Mitteleuropa’s
verschafft hatte. Ich habe diese Reisen im Jahre 1854 begonnen und
dieselben nur in den ersten Jahren, während welcher ich meine
ichthyologischen Forschungen meist auf die südbayrischen Gewässer
beschränkte, auf Staatskosten unternommen. Bei meinen weiteren,
auch auf die übrigen Gegenden der süd- und norddeutschen, sowie
der schweizerischen Wassergebiete ausgedehnten ichthyologischen
Untersuchungen wurde ich durch die Vorstände von Naturalien-
Sammlungen, sowie durch Freunde der Fischkunde in der freund-
[IV]Vorwort.
lichsten und zuvorkommendsten Weise unterstützt, so dass ich die
Grenzen dieser Blätter überschreiten müsste, wollte ich diese Männer
namentlich aufführen, denen ich theils für ihre mündlichen und brief-
lichen Belehrungen, theils für ihre werthvollen Geschenke von ichthyo-
logischen Objecten 1) den grössten Dank schulde und hiermit aus-
spreche.
Von ganz besonderer Wichtigkeit war mir eine auf amtlichem
Wege zugewendete Unterstützung, die meine in Ostpreussen ange-
stellten Fischstudien ausserordentlich erleichtert und gefördert hat,
daher ich es nicht unterlassen kann, für dieselbe hier noch einmal
meinen vollen Dank zu wiederholen. Der Oberpräsident der Provinz
Preussen, Herr v. Eichmann, hatte nämlich im Interesse der Wis-
senschaft den betreffenden Landrathsämtern und gleichzeitig den
verschiedenen Oberfischmeistereien seines Regierungs-Departements
dringlichst empfohlen, meine in der Provinz Preussen vorzunehmenden
Fischstudien zu unterstützen. In Folge dessen 2) fand ich an den
masurischen Seen, sowie an dem Frischen und Kurischen Haffe bei
meiner Ankunft alles in einer Weise vorbereitet, dass ich mir in mög-
[V]Vorwort.
lichst kurzer Zeit einen Ueberblick über die reiche Fischfauna dieser
Gewässer verschaffen konnte, indem Herr Tolckemit zu Frauenburg,
Oberfischmeister des Frischen Haffes, die Aufmerksamkeit gehabt hatte,
mir durch eine Anzahl von Haff-Fischern die meisten Arten der Fisch-
fauna des Frischen Haffes in lebenden Exemplaren vorlegen zu lassen,
während Herr Parcienski, Bürgermeister von Nikolaiken die Fischer
des Spirdingsees beauftragt hatte, von den Fischen dieses grössten
ostpreussischen Binnensees eine reichliche Auswahl bei meiner Ankunft
bereit zu halten. Herr Beerbohm auf Feilenhof, Oberfischmeister des
Kurischen Haffs und zugleich ein wohl erprobter Seefahrer, stellte mir
seine Jacht zur Disposition, durch welche es mir möglich wurde, auf
sehr bequeme Weise jene Stelle des Memel-Ausflusses zu erreichen,
an welcher seit lange ein grossartiger Lachsfang betrieben wird.
Ich darf wohl diese bei meinen in der Provinz Preussen ange-
stellten ichthyologischen Untersuchungen mir zu Theil gewordenen
Vortheile um so höher anschlagen, als es dem berühmten in Berlin
lebenden Ichthyologen Bloch nicht einmal vergönnt war, sich einer
gleichen von ihm für die Mark (Provinz) Brandenburg in Anspruch
genommene Unterstützung seiner Fischstudien erfreuen zu dürfen,
denn nachdem derselbe eine solche Unterstützung sich von dem Könige
Friedrich II. erbeten hatte, wurde ihm folgender Bescheid des grossen
Königs ertheilt 1): »Dass er sich mit den Fischen beschäftigt, ist mir
lieb; was er von meinen Landräthen verlangt, ist dummes Zeug;
[VI]Vorwort.
was vor Fische in der Mark sind, das weiss ich, es sind Karpfen,
Zander, Barsche und Aale; will er etwa die Gräthen zählen?«
Schliesslich habe ich noch Herrn Professor Kner in Wien meinen
Dank für die freundliche Bereitwilligkeit auszusprechen, mit welcher
derselbe mir gestattete, aus seinem in Gemeinschaft mit Heckel heraus-
gegebenen Fischwerke eine Auswahl von Holzschnitten für meine
vorliegende Schrift zu benutzen.
München, den 20ten Juni 1863.
C. Th. E. v. Siebold.
[[VII]]
Inhaltsverzeichniss.
- Seite
- Einleitung 1
- Literatur 21
- Ordnung der Knochenfische, Teleostei 43
- Unterordnung der Stachelflosser, Acanthopteri43
- Familie der Barsche. Percoidei43
- I. Gattung: Perca Lin. 44
- II. Gattung: Lucioperca Cuv. 51
- III. Gattung: Aspro Cuv. 52
- IV. Gattung: Acerina Cuv. 58
- Familie der Panzerwangen. Scleroparei62
- I. Gattung: Cottus Lin. 62
- Familie der Makrelen. Scomberoidei65
- I. Gattung: Gasterosteus Lin. 65
- Unterordnung der Weichflosser, Anacanthini73
- Familie der Schellfische. Gadoidei73
- I. Gattung: Lota Cuv. 73
- Familie der Schollen. Pleuronectae77
- I. Gattung: Platessa Cuv. 77
- Unterordnung der Physostomi79
- Familie der Welse. Siluroidei79
- I. Gattung: Silurus Lin. 79
- Familie der Karpfen. Cyprinoidei81
- I. Gattung: Cyprinus Lin. 84
- II. Gattung: Carpio Heck. 91
- III. Gattung: Carassius Nils. 98
- IV. Gattung: Tinca Cuv. 106
- V. Gattung: Barbus Cuv. 109
- VI. Gattung: Gobio Cuv. 112
- VII. Gattung: Rhodeus Agass. 116
- VIII. Gattung: Abramis Cuv. 120
- IX. Gattung: Abramidopsis Sieb. 133
- X. Gattung: Blicca Heck. 138
- XI. Gattung: Bliccopsis Heck. Sieb. 142
- XII. Gattung: Pelecus Agass. 152
- XIII. Gattung: Alburnus Rond. 154
- XIV. Gattung: Aspius Agass. 169
- XV. Gattung: Leucaspius Heck. Kn. 171
- Seite
- XVI. Gattung: Idus Heck. 176
- XVII. Gattung: Scardinius Bonap. 180
- XVIII. Gattung: Leuciscus Rond. 183
- XIX. Gattung: Squalius Bonap. 200
- XX. Gattung: Telestes Bonap. 212
- XXI. Gattung. Phoxinus Agass. 222
- XXII. Gattung: Chondrostoma Agass. 225
- Familie der Lachse. Salmonoidei238
- I. Gattung: Coregonus Art. 239
- II. Gattung: Thymallus Cuv. 267
- III. Gattung: Osmerus Art. 271
- IV. Gattung: Salmo Val. Sieb. 280
- V. Gattung: Trutta Nils. Sieb. 292
- Familie der Hechte. Esocini325
- I. Gattung: Esox Lin. 325
- Familie der Häringe. Clupeoidei328
- I. Gattung: Alosa Cuv. 328
- Familie der Schmerlen. Acanthopsides334
- I. Gattung: Cobitis Lin. 334
- Familie der Aale. Muraenoidei342
- I. Gattung: Anguilla Thunb. 342
- Ordnung der Schmelzschupper, Ganoidei358
- Familie der Störe. Acipenserini358
- I. Gattung: Acipenser Lin. 358
- Ordnung der Rundmäuler, Cyclostomi366
- Familie der Lampreten. Petromyzonini366
- I. Gattung: Petromyzon Lin. 366
- Systematische Uebersicht der mitteleuropäischen Süsswasser-Fische 383
- Tabellarische Uebersicht der mitteleuropäischen Süsswasserfische nach ihrer geo-
graphischen Verbreitung 395 - Tabellarische Uebersicht der in einigen schweizerischen, bayrischen und östreichi-
schen Alpenseen einheimischen Fische, mit Angabe der Höhenlage der Seen 405 - Tabellarische Uebersicht der Laichzeit der mitteleuropäischen Süsswasser-Fische 409
- Zusätze zu Lucioperca, Alburnus etc. 417
- Alphabetisches Verzeichniss der systematischen und lateinischen Gattungs- und Art-
Namen der mitteleuropäischen Süsswasser-Fische 421 - Alphabetisches Verzeichniss der verschiedenen aufgeführten trivialen Fischnamen 427
- Erklärung der beiden Tafeln 434
- Verbesserungen 431
Einleitung.
Als ich vor acht Jahren durch ein höchstes Rescript vom 3ten Mai 1854
den ehrenvollen Auftrag erhielt, die südbayrischen Seen in ichthyologischer
Beziehung zu untersuchen, übernahm ich diesen Auftrag mit grösster Freude
und frohen Muthes, weil mir die Schwierigkeiten, welche mit dieser Arbeit
verbunden waren, nur schwach entgegenschimmerten und ich mir zutraute,
es würde mir, ausgerüstet mit gutem Willen, nicht schwer fallen, diese
Schwierigkeiten zu überwinden. Aber je näher ich an die mir gestellte Auf-
gabe herantrat, je mehr ich mich in diese ichthyologischen Untersuchungen
vertiefte, um so schwieriger und zeitraubender trat mir die Lösung dieser
Aufgabe entgegen, deren Breite und Umfang sich vor meinen Augen um so
mehr erweiterte und ausdehnte, je mehr Mühe und Zeit ich daran setzte, die
mir anvertraute Arbeit zu Ende zu bringen.
Sehr bald, nachdem ich die Arbeit begonnen, mussten die engen Gren-
zen, in welchen nach dem Wortlaute der mir gestellten Aufgabe sich meine
Untersuchungen bewegen sollten, erweitert werden, denn ich sah wohl ein,
dass, wenn ich die südbayrischen Seen in ihrer ichthyologischen Beziehung
untersuchen sollte, sowohl die Gewässer, welche sich in diese Seen ergiessen,
als auch die Bäche und Flüsse, welche aus diesen Seen entspringen, nicht
unberücksichtigt bleiben durften, da die sehr beweglichen Wasserbewohner
theils zu ihrer eigenen Erhaltung, theils zu ihrer Fortpflanzung sehr häufig
den Ort ihres Aufenthalts wechseln. Durch diese vielen Fischen eigenthüm-
liche Wanderlust wird es den Ichthyologen ausserordentlich erschwert, die
Lebensweise gewisser Fische in ihrer Vollständigkeit aufzufassen, abgesehen
davon, dass es überhaupt für den Zoologen eine der schwierigsten Aufgaben
ist, sich von dem Thun und Treiben der in der Tiefe des dem Beobachter
unzugänglichen Wassers lebenden Fische einen vollständigen und ganz zuver-
lässigen Begriff zu machen. Es bleibt dem Beobachter in dieser Beziehung
oft nichts übrig, als aus dem Verhalten und Aussehen eines frisch gefangenen
v. Siebold, Fische. 1
[2]Einleitung.
Fisches über dessen Zustand vor seiner Gefangennehmung Schlüsse zu ziehen,
wobei jedoch die grösste Vorsicht zu beobachten ist. Bei dem leichten Ab-
sterben vieler dieser Thiere, bei der Vergänglichkeit ihrer Farbe und Zeich-
nung, bei der ausserordentlichen Verletzbarkeit ihrer Hautorgane hält es oft
sehr schwer, an vor längerer Zeit gefangenen und aus ihrem natürlichen
Aufenthaltsorte entfernten Fischen sichere Studien zu machen. Wie viele
Fische giebt es nicht, die stets in tiefster Tiefe verborgen leben, oder die
nur zu gewissen Terminen im Jahre auf kurze Zeit an solche Localitäten sich
begeben, wo sie durch die List der Menschen des Gewinnes oder des Ver-
gnügens wegen, aus ihrem Elemente an das Tageslicht gezogen werden, ist
es da nicht reiner Zufall, wenn solche der Beobachtung schwer zugäng-
liche Thiere dem neugierigen und lernbegierigen Ichthyologen in die Hände
gelangen?
Eine der Hauptaufgaben, die mir bei meinen ichthyologischen Unter-
suchungen zunächst zur Lösung entgegentreten musste, war die Zusammen-
stellung der in den südbayrischen Gewässern vorkommenden Fischarten.
Aus den vorhin gegebenen wenigen Andeutungen wird man aber entnehmen
können, dass da, wo es sich um die Feststellung einer Fischfauna handelt,
dem Ichthyologen eine Menge Schwierigkeiten in den Weg treten, selbst wenn
er nur auf ein Wassergebiet von geringem Umfange diese Feststellung be-
schränken wollte; um wieviel wurden für mich diese Schwierigkeiten nicht
vermehrt und vervielfältigt, da ich bald einsehen musste, dass vor Allem,
wenn ich meinem Auftrage nur einigermassen genügen wollte, das Wasser-
gebiet der oberen Donau im weitesten Umfange zu erforschen und dabei fest-
zustellen war, welche Fischarten in den südbayrischen Seen und in den mit
denselben zusammenhängenden Gewässern einen bleibenden oder zeitweisen
Wohnsitz haben, bei welchen Untersuchungen ich denn solche Fische nicht
unberücksichtigt lassen durfte, die als vorüberziehende Wanderer zu bestimm-
ten Zeiten die Gewässer der oberen Donau beleben, oder die nur ab und zu
in unbestimmten Zeit-Zwischenräumen durch Verirrung in diese Gewässer
gelangen. Indem aber die südbayrischen Seen nur den mittlern Theil einer
von Westen nach Osten sich weithin ausbreitenden Kette von Alpenseen aus-
machen, so durfte ich weder die Schweizer-Seen noch die Seen des Gebiets
von Salzburg und Ober-Oestreich ganz ausser Acht lassen, wobei sich
mancherlei Uebereinstimmungen und Unterschiede in Bezug auf das Vor-
kommen gewisser Fische in diesen Seen herausstellten und zugleich viele Be-
lehrungen über die Feststellung von Arten und Varietäten gewonnen wurden.
Da ich ferner auch den Bodensee als südbayrischen See mit in das Bereich
meiner Untersuchungen zu ziehen hatte, und auch das mittlere Rheingebiet
des Neckars und des Mains wegen nicht unbeachtet lassen durfte, indem deren
Nebenflüsse an den Nebenflüssen der oberen Donau so nahe vorbeistreifen, so
[3]Einleitung.
erhielt das Gebiet meiner Untersuchungen einen noch breiteren Umfang. Ich
hatte aber die Erweiterung der Grenzen meiner Aufgabe, welche auf diese
Weise nahezu das ganze Wassergebiet von Mittel-Europa umfasste, um so
weniger zu bereuen, weil gerade die Vergleichung der Fischfauna der beiden
so nahe ineinandergreifenden Flussgebiete, nämlich der oberen Donau und des
Mittelrheins höchst merkwürdige und für die geographische Verbreitung und
Abgrenzung gewisser Fischarten sehr interessante Thatsachen lieferte.
Bei aller Mühe, die ich mir gegeben hatte, konnte ich aber lange Zeit
über manche Bedenklichkeiten nicht hinwegkommen, die mir bei der Be-
stimmung gewisser theils neu aufgefundener, theils bisher übersehener Fisch-
formen entgegentraten; erst nachdem ich meine Studien auch auf die Fisch-
fauna der noch übrigen nach Norden gerichteten Flusssysteme Deutschlands
ausgedehnt hatte, war es möglich geworden, alle diese Schwierigkeiten zu
überwinden. Auf diese Weise wurde ich zugleich in den Stand gesetzt, nicht
bloss über die Fischfauna des Donau- und Rheingebiets, sondern auch über die
Fischfauna des Weser-, Elbe-, Oder-, Weichsel- und Pregel-Gebiets aus selbst
gesammelten Erfahrungen und aus eigener Anschauung Rechenschaft zu geben.
Um über das Vorkommen der Fische in den verschiedenen mitteleuro-
päischen Strom- und Wasser-Gebieten, sowie über deren Leben sichere
Auskunft und zuverlässige Nachrichten zu erlangen, habe ich verschiedene
Methoden anwenden und mannichfaltige Mittel benutzen müssen.
Zuerst zog ich die früheren auf die Fischfauna der verschiedenen deut-
schen Wassergebiete sich beziehenden literarischen Arbeiten zu Rathe,
jedoch musste ich hierbei in jeder Hinsicht die grösste Vorsicht und die sorg-
fältigste Kritik beobachten, da früher die Artunterschiede der Süsswasser-
fische noch nicht scharf erkannt worden waren, und die in den älteren fauni-
stischen Arbeiten aufgeführten Fischarten daher schwer auf die gegenwärtig
festgestellten Species zurückzuführen waren. Diese Schwierigkeiten wurden
zwar später von Bloch durch seine nach den Vorbildern Artedi’s und Linné’s
bearbeiteten systematischen Beschreibungen der Fische Deutschlands beseitigt
aber bald durch neue Schwierigkeiten ersetzt, indem sehr viele Faunisten es
sich in der Weise bequem machten, dass sie mit Ignorirung der oft sehr eigen-
thümlichen und interessanten Volksnamen der Fische und mit Uebergehung
anderer wichtiger, die Fische betreffender Localnotizen nur Bloch’s Nomen-
clatur und Beschreibung wiederholten. Dieser ganz allgemein gewordene
Missbrauch ist die Veranlassung geworden, dass manche neuere süddeutsche
Faunen, in denen die Fische ohne genauere Beschreibung mit Bloch’s nord-
deutschen Bezeichnungen aufgeführt werden, sich zu einer wissenschaftlichen
Benutzung als ganz werthlos herausstellen.
Ausser der vorhandenen aber vielfach zerstreuten die deutschen Fisch-
faunen betreffenden Literatur waren mir die verschiedenen Landes-Verord-
1*
[4]Einleitung.
nungen und Polizei-Gesetze, welche sich auf Fischfang und Fischverkauf
bezogen, von grossem Werthe, indem in denselben vielfach die Fische der-
jenigen Gewässer, für welche jene Fischerei-Verordnungen bestimmt waren,
theils namhaft gemacht, theils sogar abgebildet wurden. Freilich war es auch
hierbei nicht immer leicht, aus den Volksnamen jedesmal die betreffenden
Fischarten herauszuerkennen, indem die Fische oft mit ganz veralteten und
längst vergessenen Namen in jenen Verordnungen bezeichnet sind, wobei die
Deutung der erwähnten Fische dadurch noch mehr erschwert wird, dass
manche Fischspecies je nach dem jüngeren und höheren Alter und je nach der
verschiedenen Jahreszeit, in welcher sie gefangen, ganz verschiedene Namen
führt. Uebrigens muss ich hier bemerken, dass bei allen dem auf die ver-
schiedenen Volksnamen der Fische ein sehr grosser Werth zu legen, indem
dergleichen Namen sehr oft über Alter, Lebensweise, Gewohnheiten, Aufent-
halt, Nahrung und Fortpflanzung der Fische dem Ichthyologen höchst will-
kommene Aufschlüsse geben können.
Eine andere Gelegenheit, durch die ich über die Verbreitung der Fische
in Deutschland mancherlei Erfahrungen sammelte, bot mir der fleissige Besuch
der in den verschiedenen Städten regelmässig stattfindenden Fischmärkte.
Leider fand ich aber oft wider Erwarten eine solche geringe Auswahl von
Fisch-Waaren, dass mir in vielen Gegenden des Landes die Armuth an diesen
Nahrungsmitteln nur zu klar entgegentrat, was einen um so peinlicheren Ein-
druck machte, als in manchen der von mir besuchten Städte die Existenz von
Fischerzünften, das Vorhandensein eines sogenannten Fischmarkt-Platzes und
Fischbrunnens darauf hinwies, dass in vergangenen Zeiten die Fische als
regelmässiges Nahrungsmittel der Städtebewohner eine Rolle spielten.
Eine grosse Erleichterung für meine ichthyologischen Untersuchungen
gewährte mir indessen die Stadt München, welche einen ausserordentlich
reich und mannichfaltig ausgestatteten Fischmarkt aufzuweisen hat, dessen
Fischreichthum schon Agassiz vor dreissig Jahren zu seinen ersten ichthyolo-
gischen Studien angereizt hat. Dem seit 1854 zu allen Jahreszeiten von mir
vielfach wiederholten Besuche des hiesigen Fischmarktes verdanke ich eine
Menge interessanter Aufschlüsse über Färbung, Laichzeit, Vorkommen und
Verbreitung der Fische. Freilich musste ich die Angaben der Fischverkäufer
über den Fundort der Fische oft mit Misstrauen aufnehmen, da sie theils als
blosse Zwischenhändler über meine Fragen nicht die gehörige Antwort geben
konnten, theils als Begünstiger von Fischdiebereien auch die richtige Aus-
kunft nicht ertheilen wollten.
Da durch die Eisenbahnen auch für den Fischhandel die Verkehrswege
erweitert und erleichtert sind, so muss sich der einen grösseren Fischmarkt
besuchende Ichthyologe mit besonderer Vorsicht und Gewissenhaftigkeit aus-
rüsten, um sich nicht Verwechslungen und Missgriffe bei der Feststellung der
[5]Einleitung.
Fundorte mancher zum Verkauf ausgebotener Fische zu Schulden kommen zu
lassen. Obgleich auf dem hiesigen Fischmarkte meist Producte der Isar, der
Donau, des Lech und ihrer Nebenflüsse sowie der bayrischen Seen feil gebo-
ten werden, kommen doch auch hier Fische aus ganz anderen und weitent-
fernten Wassergebieten zum Verkauf, nämlich verschiedene Bodensee-Fische,
Teichfische von Mittelfranken, Schwaben, von der Oberpfalz und von Böhmen,
Lachsarten vom Niederrhein und der Elbe, und seit der Eröffnung der Wiener-
Salzburger-Eisenbahn auch Bewohner verschiedener östreichischer Seen.
Für die Fischfauna des Donau-Gebietes lieferten mir ausser München die
Fischmärkte von Ulm, Regensburg, Passau, Linz und Wien ebenfalls noch
wichtige Beiträge; in Bezug auf die Fischfauna des Rhein-Gebiets verdanke
ich dem Besuche der Fischmärkte von Basel, Freiburg, Strassburg, Speyer
und Mainz, sowie der Fischmärkte von Heidelberg, Mannheim, Nürnberg,
Bamberg, Würzburg und Frankfurt verschiedene Erfahrungen. Die Fisch-
fauna des Weser-Gebietes lernte ich zum Theil durch die Vorräthe der Fischer
in Meiningen, Eisenach, Cassel, Münden und Göttingen kennen. Eine fast
vollständige Uebersicht der Fischfauna des Elbe-Gebiets verschaffte ich mir
in Prag, Dresden, Magdeburg und Hamburg, ferner in Wunsiedel, Leipzig,
Hof, Naumburg, Halle und Berlin. Die Fische des Oder-Gebiets lernte ich auf
den Fischmärkten von Breslau, Stettin und Swinemünde kennen. Eine
Uebersicht der Fische des Weichsel-Gebietes verschaffte ich mir auf den Fisch-
märkten von Danzig, Elbing und Thorn; die Fische des Pregel-Gebietes lernte
ich in Königsberg und Heilsberg kennen. Zur Erkenntniss der Bodensee-Fische
benutzte ich einen mehrmaligen Besuch der an diesem fischreichen See gele-
genen Städte und Ortschaften Lindau, Bregenz, Constanz, Ueberlingen und
Langenargen, ebenso versäumte ich es nicht bei meinen Excursionen an den
verschiedenen bayrischen und östreichischen Alpenseen die Vorräthe der an-
wohnenden Seefischer zu mustern. In Bezug auf die zwischen Pregel und
Weichsel sich ausbreitenden zahlreichen Landseen mit dem weitausgedehnten
Mauer- und Spirdingsee bot sich mir an Ort und Stelle die glückliche Ge-
legenheit dar, sämmtliche Fische dieser Gewässer im frischen und lebendigen
Zustande kennen zu lernen, ebenso hatte ich die Freude, in Memel, Russ und
Tilsit den grössten Theil der Fische des kurischen Haffs und der Memel zur
Hand zu bekommen, sowie in Braunsberg, Frauenburg und Tolkemit fast
sämmtliche Fische des frischen Haffs und der Passarge einsammeln zu können.
Als ein sehr wichtiges Hülfsmittel, um über die Verbreitung der Süss-
wasserfische in den verschiedenen Wassergebieten von Mitteleuropa Auskunft
zu erhalten, haben mir die Sammlungen einheimischer Fische gedient, welche
in öffentlichen und privaten naturwissenschaftlichen Cabineten aufbewahrt
werden. Ich versäumte es daher niemals auf meinen Reisen, Naturalien-
sammlungen aufzusuchen und deren ichthyologischen Abtheilungen eine ganz
[6]Einleitung.
besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Auf diese Weise bin ich mit dem
grössten Theile der ichthyologischen Sammlungen von Mitteleuropa durch
eigene Anschauung bekannt und auf Dinge aufmerksam geworden, die mir
ohne dieses Hülfsmittel ganz entgangen wären. Namentlich war die mit
eigenen Händen vorgenommene Revision so vieler Fischsammlungen haupt-
sächlich dazu förderlich, mich durch die heillose Namensverwechslung und
Verwirrung, welche bei der Bezeichnung der meisten bei uns einheimischen
und allergewöhnlichsten Fische bis auf die neueste Zeit immer wieder zu Tage
kömmt, zurecht zu finden. Wie ich die Gelegenheit auf meinen Reisen be-
nutzt habe, mich mit den verschiedenen Ortsfaunen bekannt zu machen, mag
aus folgender Uebersicht der von mir in Bezug auf inländische Fische durch-
musterten grösseren und kleineren Naturalien-Sammlungen hervorgehen.
Durchmustert wurden von mir das königl. Naturalien-Cabinet in Dresden
und Stuttgart, die grossherzogl. Naturalien-Cabinete in Carlsruhe, Mannheim
und Darmstadt sowie das herzogl. Naturalien-Cabinet in Meiningen und Wies-
baden, ferner die zoologischen Museen der Universitäten von Basel, Breslau,
Erlangen, Freiburg, Greifswald, Halle, Heidelberg, Königsberg, Leipzig,
Prag, Strassburg, Tübingen, Wien, Würzburg und Zürich, die vaterländi-
schen Museen zu Bamberg, Frankfurt a/M, Hamburg, Innsbruck, Linz, Prag
und Salzburg, das zoologische Cabinet der Forstakademien in Aschaffenburg
und Tharand, die Naturalien-Sammlungen der naturforschenden Gesell-
schaften in Augsburg, Danzig, St. Gallen, Mainz, Regensburg, Stuttgart und
Schaffhausen, die Naturalien-Sammlungen der Lyceen, Gymnasien und Ge-
werbschulen zu Braunschweig, Constanz, Hof, Kremsmünster, Landshut,
Passau, Regensburg, Salzburg und Speyer und endlich die Privat-Sammlung
der Herrn Naturforscher Sturm in Nürnberg sowie der Herrn Apotheker Leube
in Ulm und Mack in Reichenhall.
Von grosser Wichtigkeit und zur ganz besonderen Förderung meines
Zweckes diente mir die Erlaubniss, die ichthyologischen Sammlungen der
Berliner und Wiener Staats-Cabinete einer genaueren Revision unterwerfen
zu dürfen, es war dies für meine Studien ein fast unentbehrliches Erforderniss,
da in dem Berliner zoologischen Museum die Typen jener Fischsammlung auf-
bewahrt werden, nach welchen Bloch die Beschreibungen und Abbildungen
der Fische Deutschlands gemacht hatte, während das Wiener zoologische
Staats-Cabinet alle Typen jener zahlreichen neuen Fischarten enthält, mit
welchen Heckel die mitteleuropäische Fauna bereichert hatte. Ich darf es
hier nicht unerwähnt lassen, dass mir auch das Münchner zoologische Staats-
Cabinet, obgleich ich die ichthyologische Abtheilung dieser Sammlung ziem-
lich arm an inländischen Fischen angetroffen habe, über gewisse von Agassiz
neu aufgestellte Fischspecies einigen Aufschluss geben konnte. Der grösste
Theil der von Agassiz herrührenden neuen mitteleuropäischen Fische wurde
[7]Einleitung.
dem Naturalien-Cabinete in Neuenburg einverleibt, welche Sammlung ich
bis jetzt nicht durch eigene Anschauung kennen lernen konnte, um so mehr
bin ich der Liberalität des Vorstandes jenes Cabinets zu Dank verpflichtet,
dass sie mich in den Stand setzte, die von Agassiz gesammelten Originale
jener neuen Fischspecies durch Zusendung in den Bereich meiner Untersuchun-
gen ziehen zu können. Einen gleichen Vortheil verdanke ich der Güte des
Herrn Selys-Longchamps in Lüttich, welcher mir durch Zusendung verschie-
dener von diesem unermüdlichen Forscher gesammelter interessanter Gegen-
stände einen Theil der niederrheinischen Fischfauna zur näheren Untersuchung
erlaubte.
Eine Lücke, die ich bei meinen ichthyologischen Reisen offen gelassen
habe, wurde dadurch ausgefüllt, dass ich sämmtliche Weserfische auf Veran-
lassung des Herrn Dr. Focke zu Bremen sowie verschiedene Fische der
schleswig-holsteinischen Seen durch Herrn Prof. Behn zu Kiel in frischen
Weingeistexemplaren zugesendet erhielt.
Da die zoologische Wissenschaft es den ersten Systematikern schuldig ist,
auch ihre Bemühungen und die Verdienste um die Ichthyologie zu achten und
gehörig zu würdigen, musste mir viel daran gelegen sein, die ältesten syste-
matischen Namen, welche Artedi und Linné den Fischen zuerst gegeben
hatte, so weit als möglich festzuhalten; bekanntlich ist aber die richtige Deu-
tung der von diesen älteren Zoologen sehr unvollständig beschriebenen Fisch-
species mit vielen Schwierigkeiten verbunden, welche ich zum Theil dadurch
habe überwinden können, dass Herr Sundevall in Stockholm die Gefälligkeit
hatte, mir verschiedene schwer zu bestimmende schwedische Fische mit den
richtigen Linné’schen Namen zukommen zu lassen.
Ich war besonders darauf bedacht gewesen, aus den verschiedenen Fluss-
gebieten von Mitteleuropa die einzelnen Glieder ihrer Fischfauna möglichst
zahlreich zu sammeln und unter einander zu vergleichen, weil ich hierdurch
allein hoffen konnte, mich in dem von den neueren Ichthyologen angehäuften
Gewirre nahe verwandter Arten zurechtzufinden und darüber klar zu werden,
was davon wirklich als Arten festzuhalten oder nur als Rassen-Verschieden-
heiten zu betrachten sei. Diese Bestrebungen mussten mich auf eine Ver-
gleichung der mitteleuropäischen Süsswasserfische mit der südeuropäischen
Fischfauna führen, insofern die Fischfauna des Rhein- und Donau-Gebiets mit
der transalpinischen Fischfauna durch die Alpengewässer einander sehr nahe
treten. Ein deshalb von mir wiederholter Besuch in Brixen, Botzen, Meran
und Mals bot manchen interessanten Aufschluss über die Beschaffenheit der
Bewohner der Etsch-Gewässer; auch erhielt ich ferner durch Fischsendungen
der Herrn Pirona aus Udine, Jan aus Mailand und de Filippi aus Turin sehr
erwünschte Beiträge zur Erkenntniss der Fischfaunen anderer transalpini-
scher Gewässer. Die Untersuchung frischgefangener Exemplare der meisten
[8]Einleitung.
Fischspecies, welche den Genfersee bewohnen, wurde mir durch die Auf-
merksamkeit des Leibarztes Herrn v. Schleiss gewährt, während ich eine Er-
gänzung dieser Fischfauna des Rhone-Gebiets durch Zusendung zahlreicher
Süsswasserfische den Herrn Coinde in Lyon und Gervais in Montpellier zu ver-
danken hatte.
Auch die hier und dort in Lustschlössern, Rathhäusern oder an andern
öffentlichen Orten zur Schau aufgehängten und meist mit Inschriften versehe-
nen Gemälde, Zeichnungen oder in Holz geschnitzten Porträts von Fischen, die
ihrer Grösse oder Seltenheit wegen die Aufmerksamkeit auf sich gezogen
hatten, gaben mir manche Gelegenheit, über Verbreitung, Alter und Wachs-
thum gewisser einheimischer Fische Notizen zu sammeln. Ein merkwürdiges
von J. M. Füessli 1709 gefertigtes und im Rathhause zu Zürich aufgehängtes Oel-
gemälde kann ich hier nicht unerwähnt lassen, da dasselbe zur Belehrung der
Beschauer alle Fischarten des Zürichersee’s und der Limmat in brittelmässiger
Grösse 1) mit Angabe ihrer Volksnamen und ihrer Schonzeit darstellt.
Ferner liess ich auf meinen Reisen und ichthyologischen Excursionen nie-
mals die Gelegenheit vorübergehen, da, wo es die Verhältnisse irgend erlaub-
ten, unter meinen Augen fischen zu lassen oder den Fischern bei ihren Ge-
schäften Gesellschaft zu leisten, wobei ich stets bedacht war, mich mit den
Fischern theils in ihrer Behausung, theils draussen bei ihrer Arbeit zu unter-
halten und von ihnen Erkundigungen einzuziehen über den Fischfang, über
das Leben der in ihrem Bereiche vorkommenden Fische, wobei ich allmählich
Uebung erlangt hatte, aus solchen Mittheilungen das zu unterscheiden, was
die Erzählenden wirklich mit Augen beobachtet, und was dieselben nur als
Tradition anzugeben wussten. Bei diesen Nachforschungen war es aber oft
schwierig, sich gegenseitig über diese oder jene bestimmte Fischart zu ver-
ständigen, da die Volksnamen der bekanntesten und gemeinsten Fische auf die
verschiedenste Weise von den Fischern selbst verwechselt und durcheinander
gemengt werden.
Da auch in Süddeutschland seit längerer Zeit die Angelkunst viele Freunde
gefunden hat, so suchte ich die Erfahrungen der Angler ebenfalls für meine
Zwecke zu verwerthen, freilich konnte ich es mir auch hier nicht immer klar
machen, auf welchen Fisch sich diese oder jene interessante Mittheilung bezog,
weil die Angelfreunde in der Regel die Fische auch nur mit unzuverlässigen
Trivialnamen zu benennen wussten.
[9]Einleitung.
Nachdem ich mich auf die angegebene Weise mit Material und Erfahrun-
gen ausgerüstet hatte und damit nun im Stande zu sein glaubte, eine mög-
lichst vollständige Zusammenstellung der mitteleuropäischen Fische vornehmen
zu können, fiel es mir auf, dass ich um vieles weniger Fischarten aufzuzählen
hatte, als frühere Bearbeiter desselben Gegenstandes. Ich musste mir sagen,
dass ich durch mein achtjähriges den Süsswasserfischen unausgesetzt gewid-
metes Studium die mitteleuropäische Fauna kaum um eine Art bereichert,
sondern im Gegentheil um viele Arten ärmer gemacht habe. Da ich bei meinem
Verfahren eine Menge Arten, welche von Agassiz, Valenciennes, Bonaparte,
Heckel und anderen anerkannten Ichthyologen aufgestellt worden waren, habe
eingehen lassen, so bin ich es der Wissenschaft und mir schuldig, über diese
Verminderung und Einschmelzung von Arten Rechenschaft abzulegen. Zwar
habe ich es bei der Besprechung der einzelnen Fischspecies nie versäumt,
meine speciellen Gründe anzugeben, die mich veranlasst haben, diese und jene
Art als unhaltbar fallen zu lassen, indessen halte ich es dennoch für ange-
messen, auch die allgemeinen Principien hier hervorzuheben, nach denen ich
die Artberechtigung der verschiedenen Fischformen abschätzte.
Dass die Handhabung dieser Principien als Resultat meiner Untersuchun-
gen eine so auffallende Verminderung der Arten zur Folge hatte, konnte mich
nicht irre machen. Durch das bisher befolgte und bereits sehr ausgeartete
Bestreben vieler Zoologen, der Wissenschaft durch Aufsuchen und Aufstellen
neuer Thierarten Dienste leisten zu wollen, ist das Thiersystem sowie der
Thierkatalog mit einer Unzahl sogenannter schlechter Arten wahrhaft über-
bürdet worden. Auch das ichthyologische Arten-Verzeichniss, namentlich das
Verzeichniss unserer Süsswasserfische strotzt von unhaltbaren Fischspecies.
Einen Theil der Schuld an diesen Missbräuchen trugen die Systematiker, welche
die Vermehrung der Gattungen so sehr übertrieben und dabei die Gattungs-
charaktere so wenig scharf abgegrenzt haben, dass als Folge solcher ungenü-
gender Untersuchungen Fische, welche von jedem Unbefangenen als zu einer
und derselben Art gerechnet werden müssen, den unnatürlichen Systemen zu
Liebe nicht bloss als zwei Arten auseinandergerissen, sondern sogar in zwei
verschiedene Gattungen eingereiht werden mussten 1).
Einen andern Theil der Schuld, durch welche das Verkennen der Arten
herbeigeführt wurde, ist der Methode zuzuschreiben, mit welcher überhaupt
das ganze Studium der Ichthyologie bisher betrieben wurde. Man beschränkte
sich meistens darauf, die Fische aus Weingeistexemplaren kennen zu lernen,
wobei man sich oft mit einigen verfärbten und eingeschrumpften Exem-
plaren begnügte, um darauf die Aufstellung einer ganz neuen Art zu gründen.
[10]Einleitung.
Durch den Fleiss und die Anstrengungen tüchtiger Ichthyotomen haben wir
viele höchst interessante Aufschlüsse über den innern Bau, namentlich über
die feinere Structur der Organe der Fische erhalten, ohne dass dies auf die
Sichtung der Arten einen wesentlichen Einfluss ausgeübt hätte. Ein grosser
Fehler wurde darin begangen, dass man die Lebensgeschichte der Fische, und
vor Allem ihre Fortpflanzungs- und Entwicklungs-Geschichte so lange ausser
Acht gelassen hat. Würde man darauf bedacht gewesen sein, unsere Süsswas-
serfische in ihren verschiedenen Lebensverhältnissen zu verfolgen und sie wäh-
rend und ausser der Laichzeit so viel als möglich zu beobachten, man würde in
Bezug auf ihre Artunterscheidung eine Menge früher begangener Fehler er-
kannt, und denselben eine Menge neuer Fehler hinzuzufügen vermieden haben.
Die neueren Ichthyologen haben zur Feststellung von Arten ein viel zu
grosses Gewicht auf gewisse Abweichungen in den äusseren Umrissen der
Fische gelegt, man hat Abweichungen in den Längen- und Höhen-Verhält-
nissen des ganzen Leibes, Abänderungen in den Grössen-Verhältnissen der
einzelnen Körper-Abschnitte zu einander oft ganz allein für hinreichend be-
funden, um neue Arten darin zu erblicken. Eine längere Körperstreckung,
ein etwas mehr gewölbter Vorderrücken, ein etwas mehr steil aufsteigender
Unterkiefer, und ein grösserer Durchmesser der Augen genügten manchen
Ichthyologen schon als Charakter ihrer neuen Arten. Für dergleichen unsichere
Arten hielt ich es nothwendig eine Probe anzustellen, die mich die Unhaltbar-
keit dieser Arten sehr bestimmt erkennen liess. Ich suchte mir nämlich von
solchen in neue Arten zersplitterten Fischspecies möglichst viele Individuen
zu verschaffen; ich konnte bei einer Vergleichung derselben fast immer die
mannichfaltigsten Uebergänge von den niedrigen und gestreckten zu den hoch-
rückigen und kurzleibigen Formen herausfinden, auch traf ich unter ihnen in
Bezug auf die Profil-Verhältnisse des Kopfes sehr häufig Abweichungen und
Uebergänge der verschiedensten Art an, wobei ich mich überzeugte, dass
manche Fischspecies weniger, manche dagegen ausserordentlich häufig zu
einem Variiren der äusseren Umrisse hinneigen. In gewissen extremen For-
men dieser Varietäten konnte ich alsdann häufig jene Charaktere erkennen,
welche zur Aufstellung von unhaltbaren Species Veranlassung gegeben haben.
Solche extreme und etwas auffallender geformte Varietäten, welche wahr-
scheinlich gewissen durch Veränderungen des Wassers, der Nahrung oder des
Aufenthaltsortes bedingten äusseren Einflüssen ihre Entstehung verdanken,
können in manchen Gewässern bei grösserer Ausdehnung solcher Einflüsse,
permanent wiederkehren und sich so allgemein verbreiten, dass sie als beson-
dere Rassen-Bildungen betrachtet werden müssen, nicht aber als eigenthüm-
liche Species aufgefasst werden dürfen 1).
[11]Einleitung.
Ich kann daher den Werth, welchen Heckel auf die mathematisch scharfe
Bestimmung der Formumrisse der Cyprinen legt, nicht so hoch anschlagen
und glaube nicht, dass die von Heckel zur mathematischen Bestimmung des
Fischprofils ausgedachten Instrumente geeignet sind, die natürlichen Grenzen
der Arten uns erkennen zu lassen. Wir werden diese Instrumente 1) daher
nur zur Herstellung von möglichst genauen Fischzeichnungen benutzen können,
obgleich man diese für die Zeichner allerdings sehr schwierig zu lösende Auf-
gabe auch mit einfacheren, weniger kostspieligen Hülfsmitteln 2) lösen kann.
Als Veranlassungen, durch welche die Dimensionsverhältnisse der ver-
schiedenen Körper-Abschnitte des Fischleibes bei einer und derselben Fisch-
species Abweichungen erleiden können 3), sind vorhin schon zum Theil die
veränderten Einflüsse des Wassers, der Nahrung und des Aufenthaltsortes kurz
angedeutet worden; es finden aber diese Abweichungen und Veränderungen
der Dimensionsverhältnisse oft in so auffallendem Grade statt, dass sie schon
manchen Ichthyologen zum Verkennen von Arten verleitet haben. Ich kann es
daher nicht unterlassen, über diese Verhältnisse noch folgendes hinzuzufügen.
Mit Recht hat schon Baer4) darauf aufmerksam gemacht, dass junge Fische
derselben Art andere Dimensions-Verhältnisse bieten als die älteren Individuen
derselben Art und dass besonders der Theil des Kopfes, welcher vor dem
Auge liegt, sehr veränderlich ist. Diese Verschiedenheiten des Profils älterer
und jüngerer Individuen einer und derselben Fischspecies sind häufig die Ver-
anlassung, dass die Fischer und Angler verschiedene Alters-Zustände gewisser
Fischarten mit besonderen Volksnamen bezeichnen. Solche junge Fische sind
1)
[12]Einleitung.
auch hier und da von Ichthyologen verkannt und als eigenthümliche Arten in
das Fischsystem eingeführt worden.
Eine sehr reichliche Nahrung trägt häufig dazu bei, das Profil von Fischen
dahin zu verändern, dass der Körper stärker ins Fleisch wächst, wodurch der
Rücken solcher wohlgenährten Fische sich dicht hinter dem unnachgiebigen
Hinterkopf plötzlich erhebt und der ganze Kopf wie abgeschnürt und ver-
kleinert erscheint 1).
Durch den Mangel passender Nahrungsmittel wird ein entgegengesetztes
Verhältniss erzeugt, indem ein schlecht ernährter Fisch weniger Fleisch an-
setzt und scheinbar stärker an Knochen zunimmt. Der Kopf solcher Fische
sticht durch seine Grösse gegen den schmächtigen schlanken Leib auffallend
ab und kann bei sehr starker Abmagerung des Leibes sogar zu einer missge-
stalteten Form des ganzen Körpers Veranlassung geben, an welcher besonders
eine gewisse Grossäugigkeit sich bemerkbar macht 2).
Einen sehr merklichen Einfluss auf die Profil-Veränderungen der Fische
übt die Laichzeit aus, indem alle Fische kurz vor dem Beginn des Fort-
pflanzungsgeschäftes immer sehr wohl genährt und fett erscheinen, wodurch
ihr Höhendurchmesser im Verhältniss zu dem Längendurchmesser ein ganz
anderes Maass erhält, als nach vollendetem Laichgeschäfte, nach welchem
solche Fische statt eines gewölbten Rückens und gedrungenen Körpers oft
einen geradrückigen und langstreckigen Leib erhalten. Dergleichen ausge-
laichte Fische mit ihrem ganz auffallend verändertem Aussehen haben schon
oft meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wurden aber nach genauerer Be-
sichtigung als alte Bekannte von mir wieder aus der Hand gelegt. Die Fischer
haben für manche im brünstigen und ausgelaichten Zustande so sehr verschie-
den aussehende Fische sogar ganz besondere Volksnamen.
Eine bisher gänzlich übersehene Erscheinung, welche viel dazu beige-
tragen hat, die Art-Unterscheidung bei mehreren unserer Süsswasserfische
[13]Einleitung.
zu erschweren, ist die Existenz von Fischen, welche ihr ganzes Leben hin-
durch steril bleiben; solche Fische wachsen mit ganz anderen Profilverhält-
nissen aus und weichen in ihrem ganzen Habitus von gleichgrossen fortpflan-
zungsfähigen Individuen derselben Art oft höchst auffallend ab. Ich habe
auf diese Sterilität der Fische in der zoologischen Section während der zu
Königsberg abgehaltenen Naturforscher-Versammlung aufmerksam gemacht 1),
und nachgewiesen, dass solche sterile Formen als besondere Fisch-Species
aufgeführt worden sind. Unter welchen Einflüssen Fische zu sterilen Formen
sich entwickeln und heranwachsen, ist mir bis jetzt unbekannt geblieben. Die
sterilen Individuen einer Fischspecies verrathen sich zur Laichzeit besonders
leicht; vergleicht man um diese Zeit sterile Individuen mit fruchtbaren Indi-
viduen gleicher Grösse und gleichen Alters, so wird der Contrast zwischen
den verschiedenen Entwicklungszuständen ihrer Ovarien und Hoden auf den
ersten Blick in die Augen springen, wobei dann an den sterilen Formen, na-
mentlich an den männlichen Individuen derselben auch die übrigen Kennzei-
chen der erwachten Brunst, nämlich die dunkleren und schöneren Färbungen,
die kräftigere Flossenentwicklung, die eigenthümlichen Hautwucherungen feh-
len werden. Auch nach verflossener Brunstzeit lassen sich die steril gebliebe-
nen Individuen von den sogenannten ausgelaichten Individuen schon äusserlich
unterscheiden. Die letzteren bieten, da sie bekanntlich während der ganzen
Fortpflanzungszeit nichts fressen, mit ihrem leeren Magen und ihren einge-
schrumpften erschlafften Geschlechtswerkzeugen ein sehr abgemagertes An-
sehen dar, während die ersteren, Jahr aus Jahr ein ohne Unterbrechung dem
Frasse nachgehend, stets wohlgenährt und fett erscheinen, so dass gerade diese
sterilen Fischformen wegen ihres zarten und wohlschmeckenden Fleisches auf
den Fischmärkten als ein sehr gesuchtes Nahrungsmittel gelten. Ich bemerke
ausdrücklich, dass die Geschlechtswerkzeuge den sterilen Fischen nicht fehlen,
sie sind stets vorhanden und sogar als Hoden oder Eierstöcke erkennbar, jedoch
auf einem früheren jugendlichen Entwicklungszustande stehen geblieben 2).
Da die Färbungen und Zeichnungen der Süsswasserfische sehr vielen Ab-
änderungen unterworfen sind, habe auch ich es so viel als möglich vermieden,
[14]Einleitung.
auf Farbe und Zeichnung Artkennzeichen der Fische zu gründen 1). Schon die
Grundfarbe unserer Süsswasserfische allein ist äusserst wandelbar, welche
bei manchen Fischen vom tiefsten Schwarz in vollständige Farblosigkeit über-
gehen kann. Wegen derselben Veränderlichkeit kann auf die Farbe des Fisch-
rückens als Artkennzeichen gar kein Werth gelegt werden, indem dergleichen
Farbenveränderungen selbst an einem und demselben Individuum wahrge-
nommen werden können. Es steht dieser Farbenwechsel, welcher zum Theil
durch innere Lebenszustände, zum Theil durch äussere Einflüsse veranlasst
werden kann, in einem innigen Zusammenhange mit den höchst merkwürdi-
gen Chromatophoren oder Hohlräumen, welche sowohl in den oberflächlichen
wie in den tieferen Schichten der Cutis unserer Süsswasserfische eingebettet
liegen und ein sehr feinkörniges schwarzes oder rothes Pigment enthalten.
Diese Chromatophoren besitzen ähnlich wie die berühmten Chromatophoren
der Cephalopoden Contractionsfähigkeit. Sie können sich nicht so schnell wie
diese abwechselnd expandiren und contrahiren, indem sie sich zwar ziemlich
rasch contrahiren, aber einen längeren Zeitraum zum expandiren bedürfen.
Höchst wahrscheinlich befindet sich das feinkörnige Pigment innerhalb
einer contractilen Substanz suspendirt, durch deren Contractions- und Ex-
pansionsfähigkeit, wie das schon Leydig2) von den Chromatophoren der Rep-
tilien angenommen hat, die verschiedenen Formen und Ausbreitungen der
Chromatophoren der Fische bewirkt werden. Die schwarzkörnigen Chroma-
tophoren der Fische besitzen im expandirten Zustande die bekannte stern-
förmige Gestalt mit vielen ausgezeichnet langen und vielfach verästelten
Strahlen, während die rothkörnigen Chromatophoren sich niemals mit sol-
chen zierlichen Formen ausbreiten, immer um vieles kleiner sind, und nur
einzelne kürzere kaum verästelte Fortsätze an sich wahrnehmen lassen. Trotz
dieser ausserordentlichen Verschiedenheit des äusseren Ansehens ziehen sich
beide Chromatophoren-Arten zu winzig kleinen rundlichen schwarzen oder
rothen Puncten zusammen, wodurch eine vorher schwarz oder roth gefärbte
Stelle ganz blass oder farblos erscheint 3).
Es ist sehr auffallend, dass man bisher die eigenthümliche Contrac-
tionsfähigkeit der Chromatophoren der Fische ganz unbeachtet gelassen hat,
während der oft sehr auffallende von dieser Eigenschaft zunächst ausgehende
[15]Einleitung.
Farbenwechsel mancher Fische vielfach zur Sprache gebracht worden ist.
Bei einer solchen Unkenntniss jener wichtigen Structur-Verhältnisse der
Fischhaut konnte es nicht ausbleiben, dass über die Farbenveränderungen
vieler Fische bisher die widersprechendsten Ansichten geltend gemacht
wurden.
Die intensive und über den ganzen Körper weit verbreitete dunkle
Färbung, welche zur Laichzeit sich bei vielen Fischen, oft aber nur bei den
männlichen Individuen bemerkbar macht, rührt von den äusserst zahlreichen
und expandirten schwarzen Chromatophoren her. Bei gewissen Fischen wer-
den aber auch durch expandirte rothe Chromatophoren brillante Hautfärbun-
gen während der Laichzeit erzeugt. Alle diese intensiven Färbungen der
Haut verschwinden nach dem überstandenen Fortpflanzungsgeschäfte wieder,
und verrathen ihre frühere Anwesenheit nur durch zurückbleibende mit Hülfe
der Lupe erkennbare winzige schwarze oder rothe Pigmentpuncte, zu wel-
chen sich die vorher in breiten oft wunderschön sternförmigen Figuren ex-
pandirten Chromatophoren zusammengezogen haben. Ausserdem hat die
verschiedene Beschaffenheit des Wassers, in welchem die Fische heran-
wachsen, gewiss einen ganz besonderen Einfluss auf die Entwicklung und
Expansion der Chromatophoren 1), und der Farbenwechsel sehr dunkel ge-
färbter Fische, welcher sich nach ihrer Gefangennehmung gewöhnlich als ein
sehr schnelles Verbleichen bemerkbar macht, mag darin seinen Grund ha-
ben, dass der mit einer solchen Gefangenschaft verbundene Wechsel, na-
mentlich Temperaturwechsel des Wassers, die Chromatophoren zur Con-
traction bringt. Wenn daher Agassiz, Ayres und Storer2) von gewissen Sal-
moneern angeben, dass ihre Grundfarbe nach der verschiedenen Beschaffen-
heit des Bodens ihres Aufenthaltes variire, so können sie wohl nur die
dadurch bedingte Verschiedenheit des Wassers als Ursache des Farben-
wechsels gemeint haben. Auch mechanische Einwirkungen, z. B. Drücken
und Reiben der Haut, können bei einem lebenden Fische plötzlich Verände-
rungen in dem Contractions- und Expansions-Zustande der Chromatophoren
hervorbringen. Hiervon rührt jedenfalls das dunkelscheckige Ansehen man-
cher mit der Angel gefangenen Forelle her, indem die von der Hand des
[16]Einleitung.
Anglers berührten oder gedrückten Hautstellen einer Forelle durch Contrac-
tion ihrer schwarzen Chromatophoren sich schnell verfärben und oft sehr
lange in diesem ausgebleichten Zustande verharren.
Die von Agassiz mitgetheilten Beobachtungen, dass Aspro Zingel,
Salmo Fario, Lota fluviatilis und Silurus Glanis nach lebhaften Bewegun-
gen, um sich Menschenhänden zu entwinden, eine intensivere Färbung
annehmen, gleich darauf bis zum gänzlichen Verluste der Farben ausbleichen
und diese letzteren nur sehr langsam wieder erhalten, alle diese Beobach-
tungen lassen sich aus den eben angedeuteten, durch mechanische Einwir-
kungen hervorgerufenen Formveränderungen der contractilen Chromatopho-
ren erklären, und ist die Annahme des Agassiz jedenfalls unrichtig, dass
dieser Farbenwechsel durch eine reichlichere Pigment-Absonderung und
eine gleich darauf folgende plötzliche Resorption desselben vor sich gehe 1).
An Hautstellen, welche bei gewissen Fischen ganz farblos erscheinen, aber
contrahirte Chromatophoren verborgen enthalten, lassen sich diese durch
Kratzen und Reiben mittelst eines harten Gegenstandes zur Expansion zwin-
gen und als schwarze oder rothe Hautflecke sichtbar machen 2). Hieraus geht
hervor, dass die Farbenveränderungen, welche an kämpfenden Stichlingen
wahrgenommen werden, nicht von psychischen Einflüssen, wie es sich ein
Anonymus3), Wiegmann4), Couch5) und Coste6) vorgestellt haben, herrühren,
sondern nur die Folgen der während des Kampfs mechanisch gereizten und
expandirten Chromatophoren sind. Die Farbenveränderungen, welche New-
man7) an Cottus Gobio bei verschiedenen Körperbewegungen desselben ein-
treten sah, wurden gewiss von einer Reizung hervorgerufen, welche die ver-
schiedene Spannung der Haut bei diesen Bewegungen auf die Chromato-
phoren ausgeübt hat. Wie ausserordentlich empfindlich diese contractilen
Chromatophoren gegen äussere Einwirkungen reagiren, beweisen die durch
Stark8) und Shaw9) an lebenden Individuen von Phoxinus laevis, Gaste-
[17]Einleitung.
rosteus aculeatus, Cobitis barbatula, Perca fluviatilis und Salmo Salar an-
gestellten Versuche, aus welchen hervorgeht, dass durch Dunkelheit die
Haut-Chromatophoren dieser Fische zur Expansion und durch Helligkeit
zur Contraction gebracht werden können. Ich kann mich hier wie-
der auf die Forellen berufen, deren schwarze Chromatophoren sich dem
Lichte gegenüber besonders reizbar zeigen. Es springt dies sehr deut-
lich in die Augen, wenn man von einem gegen alles Licht vollständig abge-
schlossenen Forellenbehälter plötzlich den Deckel abhebt; einzelne von den
darin aufbewahrten Forellen, nämlich die am dunkelsten gefärbten Indivi-
duen werden bei dem Oeffnen des Fischbehälters augenblicklich erblassen,
und zwar nach der Meinung der Fischer durch Erschrecken, nach meinen Er-
fahrungen hingegen durch die vom plötzlichen Lichtreiz zur schnellen Con-
traction gebrachten schwarzen Haut-Chromatophoren. Bei fortdauerndem
Lichteinflusse dehnen sich dieselben gewöhnlich nach einiger Zeit wieder aus,
und die sogenannten erschrockenen Forellen nehmen alsdann ihre frühere
dunkle Färbung wieder an. Hiernach dürfte die Auffassung dieser Farben-
veränderungen, wie sie von gewisser Seite ausgesprochen worden ist, jeden-
falls als unrichtig bezeichnet werden, die Fische besitzen keineswegs, wie es
sich Shaw1), und andere vorstellen, die Fähigkeit, die Farben ihres Leibes nach
der jedesmaligen Farbe ihrer äusseren Umgebung zu adaptiren.
Bei langsam absterbenden Fischen contrahiren sich allmählich die schwar-
zen Chromatophoren vollständig und machen so einer bleicheren Färbung Platz.
An schnell getödteten Fischen lässt sich die ausgebleichte Färbung, wenn noch
keine Zersetzungsprocesse in der Haut eingetreten sind, durch Reiben und
Druck wieder herstellen, indem durch diesen mechanischen Reiz die contra-
hirten Chromatophoren sich wieder vollständig zu den früheren zierlich ver-
zweigten sternförmigen Figuren ausdehnen. Sehr häufig kömmt es vor, dass
getödtete Fische nur an denjenigen Stellen ausbleichen, welche gegen harte
Gegenstände gedrückt werden 2). Eine von der gewöhnlichen Färbung sehr
v. Siebold, Fische. 2
[18]Einleitung.
abweichende Farben-Abänderung hat bei einem unserer Süsswasserfische bis
auf die neueste Zeit zur Aufstellung einer besonderen Species Veranlassung
gegeben, ich meine die unter dem Namen »Orfe« oder »Goldorfe« bekannte
orangengelbe Varietät des Idus melanotus. Es sind bei dieser Varietät die
sämmtlichen schwarzen Chromatophoren verschwunden, wobei nicht bloss
rothe Chromatophoren an ihre Stelle getreten sind, sondern wobei zugleich eine
orangengelbe ölartige Substanz theils die Gewebe der Haut überall gleich-
mässig durchdrungen hat, theils in Zwischenräumen der Haut mit den ver-
schiedensten unregelmässigen Gruppirungen vertheilt erscheint. Diese orangen-
gelbe Verfärbung kömmt auch noch bei anderen Fischarten vor, scheint sich
aber in den verschiedenen Gegenden Deutschlands auf einzelne ganz be-
stimmte Fischspecies zu beschränken. Während nämlich in Franken und
Schwaben nur allein Idus melanotus zu der oben erwähnten orangengelben Va-
rietät ausartet, ist es im nordöstlichen Deutschland Leuciscus rutilus, welcher
hier und da mit orangengelber Färbung auftritt, wogegen in Schlesien Tinca
chrysitis dieser Farben-Abänderung unterworfen ist.
Eine noch auffallendere Verfärbung der Fische bieten jene seltenen Fälle
dar, welche der Leukaethiopie der warmblütigen Wirbelthiere entsprechen.
Ich selbst habe erst eine einzige Kakerlakbildung bei einem Fische näher un-
tersuchen können, und zwar bei einer Cobitis barbatula, welche ich auf dem
Münchner Fischmarkte lebend vorfand. Dieselbe war mir wegen ihrer gleich-
mässigen blassröthlichen Färbung zwischen vielen andern normal dunkelflecki-
gen Bartgrundeln aufgefallen. Bei genauerer Prüfung dieser verfärbten Bart-
grundel vermisste ich in der Haut derselben das schwarze körnige Pigment
nicht ganz, dasselbe bildete aber nicht die bei den normalen Bartgrundeln
sonst so zierlichen breiten, sternförmigen Figuren, sondern war nur äusserst
spärlich in sehr kleinen rundlichen Chromatophoren enthalten. Die Pupille
erschien roth, indem ihr gegenüber im Grunde des Auges das schwarze Pig-
ment fehlte, auch die weissgefärbte Iris schimmerte etwas röthlich, da ihr
das schwarze Tapetum abging, nur an dem vorderen Theile des Glaskörpers
hatte die Chorioidea einen schwarzen ringförmigen Beleg. Als zweites Bei-
spiel einer bei Fischen vollkommenen ausgebildeten Leukaethiopie ist jener
von Brandt1) beschriebene und abgebildete Sterlet (Acipenser Ruthenus) anzu-
führen, welcher bei Nischny-Nowgorod in der Wolga gefangen und in einem
Bassin des kaiserlichen Wintergartens zu St. Petersburg lebend erhalten ward.
Ausser dieser bei Fischen so selten vorkommenden Weisssucht 2) tritt
[19]Einleitung.
noch eine andere krankhafte Farbenausartung auf, welche ich noch nirgends
erwähnt und beschrieben gefunden habe und welche, wenn man erst darauf
aufmerksam sein wird, vielleicht nicht so selten, als es den Anschein hat,
unter den Fischen anzutreffen sein dürfte. Ich nenne diese Entartung Alampia,
das heisst »Glanzlosigkeit«. Die Farbenveränderung alampetischer Fische be-
steht darin, dass dieselben keine Spur von Silberglanz an sich erkennen
lassen, denn es fehlen diesen Fischen durchaus jene mikroskopischen lang-
gestreckten krystallinischen, meist sechsseitigen Plättchen, welche die hintere
Fläche der durchsichtigen Schuppen, den Kiemendeckel-Apparat und die
Regenbogenhaut besetzt halten und die innere Fläche der Bauchhöhle in Form
einer besondern Haut auskleiden. Durch das Verschwinden dieser elemen-
taren krystallinischen Körperchen, von welchen allein der den Fischen eigen-
thümliche Silber- oder Metallglanz ausgeht, entsteht nicht bloss die oben ge-
nannte Glanzlosigkeit, sondern auch eine eigenthümliche Färbung dieser alam-
petischen Fische, indem durch die farblosen, durchsichtigen Schuppen die
darunterliegenden Haut- und Fleischtheile meistens blassröthlich hindurch-
schimmern. Ich habe bis jetzt nur drei Fälle dieser Abnormität kennen ge-
lernt 1). Der erste alampetische Fisch, der mir zu Gesichte kam, war ein
Chondrostoma Genei aus Oberitalien, der zweite und dritte Fall von Alampia
zeigte sich bei einem Squalius Cephalus und einer Trutta Fario, welche ich
durch den hiesigen Stadtfischer Kuffer lebend erhalten hatte, da sie ihm we-
gen ihrer abweichenden Färbung aufgefallen waren. Es ist interessant, dass
diese Glanzlosigkeit bei gewissen Fischen, nämlich bei den Helmichthyden als
ein ebenso natürlicher Zustand vorkömmt, wie die nicht als Leukosis auftre-
tende weisse Färbung bei gewissen Säugethieren und Vögeln. Gleichwie diese
letzteren durch das Vorhandensein von schwarzem Pigmente in ihren Augen
sich als normal weissgefärbte Thiere verrathen, deutet auch bei den Hel-
michthyden die Anwesenheit von Metallglanz in der Regenbogenhaut ihrer
Augen auf die normale Glanzlosigkeit ihres Körpers hin.
Die wichtige Frage, ob es bei Fischen an ihren natürlichen Aufenthalts-
2)
2*
[20]Einleitung.
orten zu einer freiwilligen Bastard-Erzeugung kommen könne, hat sich mir
bei meinen ichthyologischen Untersuchungen immer wieder aufgedrängt und
musste von mir, so sehr ich mich anfangs dagegensträubte, zuletzt bejaht
werden; das Vorkommen von Bastardfischen in unseren Seen und Flüssen
kann nicht mehr geläugnet werden, und muss nach meinen Erfahrungen als
eine ausgemachte Sache gelten. Ich betrachte die Erkenntniss dieser Thatsache
für einen grossen Gewinn der Systematiker, indem jetzt die Möglichkeit ge-
geben ist, gewissen Fischformen, deren Einreihung in das System als selbst-
ständige Arten bisher die grösste Schwierigkeit gemacht hatte, als unreinen
Zwischenformen die richtige untergeordnete Stellung im Systeme anzuweisen.
Es wird dadurch freilich unsere Fischfauna wieder um einige Arten, ja sogar
um einige Gattungen ärmer, was derjenige leicht verschmerzen wird, der sich
bewusst ist, dass in der Vermehrung der Thierspecies nicht der Schwerpunct
des Fortschritts unseres zoologischen Wissens liegt.
Schon lange hätte man bei gewissen Fischspecies durch das Schwankende
und Unbestimmte hrer Form daran denken müssen, dass man hier Bastarde
vor sich habe. Auch das seltene und ganz vereinzelte Vorkommen solcher
Fischformen in Gewässern, welche Jahr aus Jahr ein befischt werden, hätte
auf ihre Bastardbildung aufmerksam machen müssen, zumal da die Volks-
stimme längst dergleichen Fische mit charakteristischen, ihre Abstammung
bespöttelnden Namen gebrandmarkt hat. Hier und da wurden von einzelnen
Faunisten gewisse Fische wirklich als Bastarde bezeichnet, was die Systema-
tiker aber nicht abgehalten hat, dieselben zu reinen Arten zu erheben. Die
von mir als Bastarde erkannten Fische sind folgende: 1) Carpio Kollarii,
2) Abramidopsis Leuckartii, 3) Bliccopsis abramo-rutilus, 4) Alburnus dolabratus
und 5) Chondrostoma Rysela. Leider habe ich über das Wesen und Leben die-
ser Fische gar manches unaufgeklärt lassen müssen, namentlich habe ich
über die Bedingungen ihrer Entstehung und über ihre Fortpflanzungsfähig-
keit bis jetzt keine Erfahrungen sammeln können, auch habe ich in Bezug
auf ihre Abstammung, wie das die Schwierigkeit des Gegenstandes mit sich
bringt, manches nur errathen können, habe aber diese über Bastardbildungen
nur als Vermuthung hingestellten Aeusserungen um so weniger unterdrücken
wollen, weil ich erwarten kann, dass dieselben zur Nachprüfung anregen
werden, wodurch meine mangelhaften Untersuchungen um so eher ergänzt
werden dürften.
[[21]]
Literatur.
Als Grundlage aller auf mitteleuropäische Süsswasserfische sich be-
ziehenden Untersuchungen werden uns immer die systematischen Arbeiten
von Artedi, Linné, Bloch, Cuvier und Valenciennes dienen müssen.
Ich habe mir besonders Mühe gegeben, die Species-Bestimmungen des
Artedi1) und Linné2) als die ersten und ältesten systematischen Fisch-Be-
zeichnungen in möglichst richtiger Deutung allen übrigen Namen voran-
zustellen.
Die Benutzung und Besprechung der deutschen Ichthyologie Bloch’s 3)
konnte von mir nicht unterlassen werden, da dieser Schriftsteller durch seine
genauere Beschreibung aller deutschen Fische nebst ihrer ausführlichen Na-
turgeschichte und bildlichen Darstellung die grösste Anerkennung gefunden
hat. Seine Fisch-Abbildungen sind bis auf die neueste Zeit immer und im-
mer wieder copirt worden, auch an seine Art-Unterscheidungen hielt man so
lange und beharrlich fest, dass dadurch manche Fehler und Unrichtigkeiten,
die sich sowohl in Bloch’s Text wie in dessen Abbildungen eingeschlichen
haben, als fast unvertilgbare Irrthümer von den verschiedenen Ichthyologen
bis heute fortgepflanzt worden sind. Eine solche Ausnutzung dieses Bloch’-
schen Werkes macht sich auch an dem von C. Ch. Gmelin4) herausgegebenen
[22]Literatur.
Fischwerke bemerkbar, dessen beigegebene 113 Tafeln nichts als Copien der
Bloch’schen Abbildungen enthalten. Nur dadurch, dass Gmelin in dieser
Schrift die Fische des Rhein, Main, Neckar und der Donau, sowie des Boden-
sees besonders berücksichtigte, hat dieses Werk mit seinen speciellen Beiträ-
gen zur Fischfauna Süddeutschlands unser Interesse erregen können.
Die von Cuvier und Valenciennes5) herausgegebene Geschichte der Fische
enthält sehr viele wichtige, die deutsche Fischfauna betreffende Beiträge,
welche Valenciennes dadurch mitzutheilen Gelegenheit fand, dass derselbe
theils durch vielfache Zusendungen, theils durch Reisen einen grossen Theil
der deutschen Fische kennen lernte. Trotz dieser durch eigene Anschauung
erlangten Uebersicht der deutschen Fischfauna hat es Valenciennes nicht im-
mer dahin bringen können, die von älteren Ichthyologen veranlasste Ver-
wirrung und Verwechslung gewisser Fischarten zu beseitigen. Am wenig-
sten trug die von Valenciennes so sehr beliebte weitläufige Beschreibung
der einzelnen Fische dazu bei, unsere Kenntnisse über neue Arten zu erwei-
tern oder über zweifelhafte Arten aufzuklären. Durch eine gewisse Vorliebe,
die unter dem Einflusse verschiedener Wassergebiete abgeänderten Individuen
derselben Fisch-Species als besondere Species aufzufassen und hinzustellen,
ist von Valenciennes das System der Fische mit vielen unhaltbaren Fisch-
Arten belastet worden.
Einige Beiträge zu diesen unhaltbaren Fisch-Arten erhielt Valenciennes
aus Deutschland durch L. Agassiz, der durch seine übrigen riesenhaften Lei-
stungen auf dem Gebiete der Ichthyologie als einer der ausgezeichnetsten För-
derer dieser Wissenschaft stets anerkannt bleiben wird. Ausserdem haben
wir Agassiz viele wichtige Untersuchungen und Entdeckungen in Bezug auf
die mitteleuropäische Fischfauna zu verdanken, welche derselbe zum Theil
hier in München zu Tage gefördert hat. Agassiz benutzte nämlich seinen hie-
sigen Aufenthalt dazu, auf dem fischreichen Münchner Markte mit dem gröss-
ten Eifer ichthyologische Studien vorzunehmen, als deren erstes Resultat die
Beschreibung einer neuen Gobio-Species zu nennen ist, welcher Agassiz6)
noch mehrere andere ichthyologische auf dem Münchner Fischmarkte gemachte
Beobachtungen hinzufügte. Agassiz benutzte ausserdem seinen Aufenthalt in
München noch dazu, um ein grösseres mit Abbildungen ausgestattetes Fisch-
werk vorzubereiten, zu welchem Zwecke er von dem damals hier lebenden
[23]Literatur.
Künstler Dinkel viele colorirte Zeichnungen nach frischen Fisch-Exemplaren
anfertigen liess, von denen ein Theil durch den hiesigen Künstler Minsinger
bereits lithographirt worden waren. Es wurde zu der Herausgabe eines Wer-
kes über Süsswasser-Fische mit der Cotta’schen Verlagshandlung ein Plan
verabredet, welcher leider niemals ausgeführt wurde *). Dieser Plan musste
aber in weiteren Kreisen bekannt geworden sein, da in der von Reider und
Hahn im Jahre 1834 herausgegebenen Fauna boica jenes Fischwerk des Agassiz,
welches nie im Drucke erschienen ist, unter dem Titel: »Naturbeschreibung
der Süsswasserfische von Mitteleuropa, München 1830« citirt worden ist. Von
den bereits fertig gewordenen lithographischen Tafeln, auf welchen mehrere
von Agassiz in Südbayern aufgefundene und als neu erkannte Arten dargestellt
waren, vertheilte derselbe Abdrücke an verschiedene Freunde und Naturfor-
scher **). In Paris überliess Agassiz sogar seine ganze, alle diese Fisch-
Abbildungen enthaltende Mappe dem mit der Herausgabe von Cuvier’s Histoire
naturelle des poissons beschäftigten Ichthyologen Valenciennes zur freisten Be-
nutzung. Mehrere in dem genannten Werke von Valenciennes zuerst bekannt
gemachte neue Fischarten rühren von Agassiz her, und hat ersterer ihre Be-
schreibung oft nur nach den in jener Mappe vorgefundenen Handzeichnungen
entworfen. Hierdurch ist es gekommen, dass auch Valenciennes das niemals
im Drucke bekannt gewordene Werk des Agassiz so genau citirt hat ***). Da
sowohl von Reider und Hahn wie von Valenciennes die auf den Zeichnungen
und Tafeln des Agassiz angebrachte Nomenclatur angenommen worden war,
so habe ich mir die grösste Mühe gegeben, Abdrücke dieser Handzeichnungen
zur Einsicht und Vergleichung zu erhalten, indem ich überzeugt war, dass sie
jedenfalls interessante Beiträge zur bayrischen Fischfauna enthielten, allein
meine Bemühungen waren vergebens, und es blieb mir nichts übrig, als mir
von Agassiz selbst, der seitdem nach Nordamerica übergesiedelt war, über
jenes nicht zu Stande gekommene naturwissenschaftliche Unternehmen No-
tizen zu verschaffen. Agassiz hatte die Güte, mir aus Cambridge in Nord-
america am 10. Mai 1858 auf meine Anfragen unter anderem folgendes mitzu-
theilen: »Der Umstand, dass ich mich ganz dem Studium der americanischen
Fauna hingegeben habe, macht es mir im Augenblicke etwas schwer, Ihre
[24]Literatur.
Fragen zu beantworten, da mir seit Jahren die Süsswasserfische Europa’s aus
dem Gedächtnisse gekommen sind und ich jetzt keine Zeit habe, etwas nach-
zuschlagen. Ich habe noch ein Paar Exemplare der Probelieferung meiner
Süsswasserfische Mittel-Europa’s, wie das Werk heissen sollte, das Cotta
herauszugeben übernommen hatte, das aber in Folge der Juli-Revolution
von 1830 unterblieben. Ich werde es Ihnen bei nächster Gelegenheit zu-
schicken. Ausserdem habe ich alle Originalzeichnungen zum ganzen Werke,
mehrere hunderte an der Zahl, hier in Händen. Es sind gewiss die schönsten
Abbildungen von Fischen, die je angefertigt worden sind. Jeder Art ist eine
ausführliche Zeichnung mit allen Details in Tuschfarben für den Lithographen
oder Stecher, und daneben eine leichtgehaltene Farbenzeichnung ohne diese De-
tails gewidmet. Auch die Skelette und Schuppen aller Arten sind abgebildet.
Diese Zeichnungen sind meist in München während meines vierjährigen dortigen
Aufenthalts von Dinkel ausgeführt; ausserdem brachte ich mehrere Monate in
Wien zu, wo mir ein ausgezeichneter Künstler die Donaufische dazu malte;
die des Rheins sind von meiner seeligen Frau; später fügte ich die der Schweiz,
Frankreichs und Englands durch Dinkel gezeichnet hinzu. Von vielen Tafeln
habe ich sogar schon Abdrücke der in München lithographirten Tafeln der
1ten Lieferung ausser dem Probehefte. Diese Untersuchungen wurden da-
durch zum Theil schon bekannt, weil ich mehrere Abschriften der beobach-
teten Arten an Freunde überliess, und mein ganzes Portefeuille mit sämmt-
lichen oben aufgeführten Abbildungen während 5 Jahren in Valenciennes’
Händen liess, und ausserdem ihm Exemplare der meisten Arten zusendete.«
Später erschien von Agassiz eine Abhandlung 7), in welcher Agassiz der
Beschreibung seiner neuen Fische eine sehr wichtige Einleitung über die Fa-
milie der Karpfen vorausschickte 8) und zugleich mehrere neue Karpfenarten
erwähnte, die von demselben in München aufgefunden worden waren. In der-
selben Abhandlung bezieht sich Agassiz selbst wieder auf die oben erwähnten
illuminirten Abbildungen, und verweist zugleich auf eine demnächst von ihm
herauszugebende Naturgeschichte der Süsswasserfische von Mittel-Europa, von
welcher einige Jahre später die erste Lieferung in Querfolio mit französischem,
deutschem und englischem Text erschienen ist 9). Diese Lieferung enthält auf
siebzehn illuminirten und sieben nicht illuminirten Steindrucktafeln die der
Gattung Salmo und Thymallus angehörigen Species in ausgezeichnet schöner
[25]Literatur.
Darstellung, weshalb es zu bedauern ist, dass nach der zweiten Lieferung,
welche die von C. Vogt bearbeitete Entwicklungsgeschichte der Salmoneen
enthält10), dieses Werk nicht weiter fortgesetzt worden ist, wodurch die von
Agassiz in München aufgefundenen und abgebildeten neuen Gyprinus-Arten,
welche durch Valenciennes nur ganz kurz und unvollständig beschrieben
wurden, abermals der Bekanntmachung entzogen wurden.
Sehr wichtige Beiträge zur Kenntniss der mitteleuropäischen Fischfauna
hat Joh. Jac. Heckel durch die Bekanntmachung vortrefflicher Aufsätze und
Monographien geliefert. Derselbe hat es verstanden, mit einer bewunderungs-
würdigen kritischen Schärfe aus den Erfahrungen der älteren ichthyologischen
Schriftsteller Nutzen zu ziehen, und ihren oft sehr dürftigen Beschreibungen
und ganz kurzen Schilderungen der Fische doch die richtige Deutung zu ge-
ben. Ein anderes Verdienst erwarb sich Heckel um die genauere Abgrenzung
der Gattungen und Species unserer Süsswasserfische, obwohl derselbe öfters
zu weit gegangen ist, und einzelne Gattungen und Arten auf zu subtile und
nicht ganz haltbare Unterschiedsmerkmale gründete11). Ausser einer in Ver-
[26]Literatur.
bindung mit Fitzinger unternommenen Bearbeitung der Gattung Acipenser12)
hat derselbe mit Kner durch die gemeinschaftliche Herausgabe einer Beschrei-
bung der östreichischen Fische13) eine höchst dankenswerthe Arbeit unter-
nommen, deren Vollendung Heckel selbst leider nicht mehr erlebte. Die Be-
schreibungen und die in den Text eingedruckten bildlichen Darstellungen
der östreichischen Fische sind in diesem Werke so getreu, kenntlich und
sorgfältig durchgeführt, dass diese Fauna jedem ähnlichen Unternehmen als
Muster dienen kann. Die Feststellung der Gattungscharaktere und Hervorhe-
bung der Species-Unterschiede wurden von Heckel und Kner mit jener pas-
senden Kürze und Schärfe aufgefasst, welche man schon so lange in den
systematischen Ichthyologien vermisst hatte. Man kann wohl behaupten, dass
mit dem Erscheinen dieser Fischfauna zum ersten Male die meisten Species
unserer Süsswasserfische geläutert und gesichert hingestellt worden sind,
während man bei der Benutzung der ichthyologischen Literatur bisher vor
dem Wust von Synonymen zurückschrecken und durch die Anhäufung der
auffallendsten Verwechslungen nur noch mehr verwirrt werden musste. Alle
diese Schwierigkeiten waren von den Ichthyologen selbst hervorgerufen wor-
den, theils durch Unkenntniss der geographischen Verbreitung der einzelnen
Fischformen, theils durch Vermischung der verschiedenen nur bestimmten
Wassergebieten angehörigen Fischarten. Diese Uebel sind durch Heckel’s ich-
thyologische Studien, wenn auch nicht gänzlich beseitigt, doch vielfach ver-
mindert worden; durch Heckel’s unablässigen Eifer und glücklichen Scharf-
blick sind wir jetzt in den Besitz einer Methode gelangt, nach welcher wir
mit Erfolg auf dem Gebiete der systematischen Ichthyologie fortarbeiten kön-
nen, ohne zu fürchten, durch neue ichthyologische Beiträge die bisherige
Verwirrung in diesem Gebiete nur noch zu vermehren. Durch Kner’s Theil-
nahme an der Bearbeitung dieser östreichischen Fischfauna hat das Werk
noch besonders dadurch gewonnen, dass derselbe, wie ich aus seinem eigenen
11)
[27]Literatur.
Munde weiss, Heckel dazu bewogen hat, einen Theil von jenen oben erwähn-
ten (pag. 25.) auf zu subtile Unterschiede gegründeten Species eingehen zu
lassen. Den noch übrigen Theil der von Heckel aufgestellten aber nicht halt-
baren mitteleuropäischen Arten aus dem Systeme zu entfernen, war mir über-
lassen geblieben, dennoch werde ich bei der speciellen Aufführung der mit-
teleuropäischen Fische aus den oben angeführten Gründen nicht allein die
von Heckel eingeführte Nomenclatur so viel als möglich festhalten, sondern
mich auch auf seine wahrhaft classischen Beschreibungen der Fische beziehen.
Was nun die Literatur über die Fischfaunen der einzelnen Wassergebiete
von Mitteleuropa betrifft, so hat der Fischreichthum der oberen Donau und
ihrer Seitenflüsse, sowie der mit diesen zusammenhängenden Alpen- und
Voralpen-Seen von jeher zu ichthyologischen Arbeiten angeregt, wodurch
neben mancher oberflächlichen Arbeit auch mehrere sehr gediegene Beiträge
zur Naturgeschichte unserer Süsswasserfische zu Stande gekommen sind. In
Bezug auf die Fische der schwäbischen Donau haben wir eine ziemlich voll-
ständige Uebersicht der Fische von Ulm durch G. v. Martens14) erhalten.
Als weiterer Beitrag zu dieser Fischfauna kann eine Aufzählung der Fische
der Iller und ihrer Seitenbäche dienen, welche von Büchele15) vor kurzem
bekannt gemacht wurde. Von A. Grandauer16) wurden 31 Species Fische
aus dem Lech und dessen Seitenbächen aufgezählt. Die Fische der Donau
und ihrer Seitenflüsse in der Umgebung von Regensburg haben verschiedene
Bearbeiter gefunden. Die fünf in der Donau einheimischen Barscharten wur-
den von J. Ch. Schaeffer17) ausführlich beschrieben und kenntlich abgebildet.
J. Ch. G. Schaeffer18), welcher die in der Gegend von Regensburg sich vor-
findenden Thiere aufzählte, machte 32 einheimische Fische namhaft. Von
Koch19), welcher sich an dem dritten Bande der von Fürnrohr herausgegebe-
nen Topographie von Regensburg betheiligt, und für denselben die Animalia
vertebrata bearbeitet hat, sind 42 um Regensburg vorkommende Fische auf-
[28]Literatur.
geführt worden. A. C. Fürnrohr20) übergab der Oeffentlichkeit in einem
Schulprogramme eine recht belehrende Uebersicht von 47 Fischen der Donau,
der Naab und des Regen. Eine Beschreibung der Fische aus der Donau, dem
Inn und deren Seitengewässern in den Umgebungen von Passau hat Reuss21)
geliefert, derselbe ist aber weder bei den Bestimmungen noch bei den Be-
schreibungen dieser Fische ganz correct zu Werke gegangen. Ausser der be-
reits (unter Nr. 11 i) erwähnten, die Fische der Salzach betreffenden wichti-
gen Abhandlung Heckel’s hat auch ein tüchtiger Fischzüchter, J. Aigner22),
die Fische dieses Seitenflusses des Inn und die Fische der benachbarten Ge-
wässer Salzburgs einer Besprechung unterworfen, welcher jedoch nur in
praktisch-ökonomischer Beziehung ein gewisser Werth zugeschrieben wer-
den kann.
Durch Franz von Paula Schrank, der sich um die bayrische Fauna in
ihrem ganzen Umfange ausserordentlich verdient gemacht hat, haben wir auch
über die Verbreitung und Lebensweise der in den Donau-Gewässern zwischen
Ulm und Passau wohnenden Fische äusserst wichtige Mittheilungen erhalten,
welche derselbe in verschiedenen Schriften niedergelegt hat23).
Von Perty24) wurden 54 südbayrische Fischarten aufgezählt, zu welcher
Aufzählung der Münchner Fischmarkt das meiste Material geliefert hatte.
[29]Literatur.
In der von Reider und Hahn25) herausgegebenen vaterländischen Natur-
geschichte enthält die vierte Abtheilung derselben die Beschreibung von
50 Fischen, welche nicht bloss den Donau-Gewässern, sondern auch den
Main-Gewässern angehören. Die Beschreibungen dieser Fische sind höchst
kümmerlich ausgefallen und werden durch die beigefügten colorirten Ab-
bildungen keineswegs ergänzt, da die meisten dieser bildlichen Dar-
stellungen sowohl in den Umrissen wie in den Farben als gänzlich verfehlt
und unkenntlich bezeichnet werden müssen, was um so mehr auffallen muss,
da die Verfasser dieser Fauna, wie aus dem Texte derselben hervorgeht, zur
Einsicht in das durch Agassiz in München vorbereitete grosse Fischwerk Ge-
legenheit gehabt haben müssen. In letzterer Beziehung gewährt diese Fauna
boica von Reider und Hahn noch das Interesse, dass in derselben von einigen
durch Agassiz in Bayern entdeckten Fischen die erste Notiz gegeben ist.
Sehr wichtige Notizen über die Verbreitungsverhältnisse der Fische in
den beiden grossen Stromgebieten Bayerns wurden von A. Wagner26) mit-
getheilt.
Von dem Künstler J. C. Weber27) wurden colorirte Abbildungen der
Fische Bayerns im Selbstverlage herausgegeben, denen zugleich eine kurze
Beschreibung hinzugefügt wurde nebst einer Uebersicht der Fische nach ihrer
Verbreitung in den wichtigsten Flüssen und Seen von Bayern. Es werden in
diesem ganz hübsch ausgestatteten Werkchen 54 in Bayern (mit Einschluss
der Bodensee- und Main-Fische) einheimische Fische, obwohl nicht immer
sehr kenntlich dargestellt, dennoch gewährt dies Werkchen ein gewisses
wissenschaftliches Interesse, als sich in demselben auch einige von Agassiz
auf dem Münchner Fischmarkte entdeckte neue Species befinden. Da Weber
an den Arbeiten in dem Atelier, welches Agassiz zur bildlichen Darstellung
der Münchner Fische während seines Hierseins errichtet hatte, Theil genom-
men und vielfach Gelegenheit gehabt hat, die oben (pag. 22) erwähnten zur
Veröffentlichung bestimmten Fisch-Abbildungen einzusehen, so ist es ge-
kommen, dass Weber, wie er mir selbst mitgetheilt hat, bei der Wahl der
lateinischen Species-Namen für seine Fisch-Abbildungen sehr oft der von
Agassiz angewendeten Nomenclatur gefolgt ist. Es lässt sich auf diese Weise
mit Hülfe von Weber’s Abbildungen mancher von Agassiz bloss mit Namen
aufgeführte Fisch ganz richtig deuten.
[30]Literatur.
Die Fischfauna der östreichischen (mittleren) Donau mit ihren Seiten-
Gewässern, welche zugleich die natürliche Grenze der mitteleuropäischen
Fischfauna gegen Süd-Osten bilden, bietet im Hinblick auf die Fische der
schwäbisch-bayrischen (oberen) Donau so viele interessante Vergleichungs-
puncte, dass ich diejenigen Schriftsteller, welche vorzugsweise dieses Gebiet
der europäischen Fauna bearbeitet haben, nicht ausser Acht lassen durfte.
Vor allem muss ich das ältere Prachtwerk von Marsigli28) rühmen, in wel-
chem viele Fische der mittleren Donau sehr kenntlich dargestellt sind. Einer
Aufzählung und kurzen Beschreibung von 38 östreichischen Fischen hat
Kramer29) noch dadurch ein besonderes Interesse verliehen, dass er die
gebräuchlichsten Provincialnamen dieser Fische beigefügt hat. Die von
Meidinger30) gelieferten Icones in 5 Decurien enthalten vorzügliche colorirte
Abbildungen fast aller östreichischen Fische. Schultes31) hat auf seinen Rei-
sen durch die salzburger und östreichischen Alpen mancherlei Notizen über
die Fische der von ihm besuchten Alpenseen gesammelt, ist aber im Bestim-
men dieser Fische nicht immer sehr glücklich gewesen. Von Fitzinger32)
wurden in einer Fauna des Erzherzogthums Oestreich 58 Fischspecies mit
Beifügung ihrer Trivialnamen aufgeführt. An diese Arbeiten schliessen sich
die schon oben (pag. 25. Nr. 11 — 13) erwähnten ichthyologischen Leistungen
Heckel’s als die bedeutungsvollsten an, von denen sich mehrere speciell auf
die Fischfauna des östreichischen Donaugebiets beziehen.
Der auf der westlichen Seite sich an Südbayern anschliessende Boden-
see, welcher die Verbindung zwischen den bayrischen und schweizerischen
Alpenseen vermittelt, stimmt in seiner Fischfauna mit den grösseren bayri-
schen Seen überein, auch trägt der dem Bodensee zufliessende und von dem-
selben abfliessende Rhein bis zu dem grossen Rheinfall in Bezug auf seine
Fische einen den bayrischen Alpenflüssen ähnlichen Charakter, der sich erst
unterhalb des Rheinfalls ändert, indem sich von hier ab ein anderes mit der
Nordsee in Verbindung stehendes Wassergebiet geltend macht, das besonders
durch seine Wanderfische sich von dem nach Osten in das schwarze Meer
abfliessenden Donau-Stromgebiet wesentlich unterscheidet. Wegen dieser
[31]Literatur.
Beziehungen und Contraste erscheint der Bodensee sowie der Rhein mit seinen
Zuflüssen einer ganz besonderen Berücksichtigung werth, und habe ich des-
halb die dahin einschlägige wichtigste Literatur so vollständig als möglich
zusammenzustellen und auszunutzen gesucht.
Die älteste Schrift über die Fischfauna des Bodensees rührt von Gregor
Mangolt her, welcher ein Zeitgenosse Conrad Gesner’s gewesen und 1497
geboren sein soll. Mangolt33) beschreibt in seinem Fischbuch ohngefähr 28
Bodensee-Fische mit altdeutschen Volksnamen, die sich mit Hülfe der einge-
druckten kleinen rohen Holzschnitte ziemlich gut deuten lassen.
In Gesner’s Fischbuch34) finden sich viele wichtige Beobachtungen und
Bemerkungen über die Verbreitung und Lebensweise sowohl der schweizeri-
schen wie deutschen Süsswasserfische niedergelegt. Die Fische des Vier-
waldstädter See und seiner benachbarten Gewässer sind von Cysat35) mit
Berücksichtigung der übrigen schweizerischen Fische ziemlich ausführlich und
kenntlich beschrieben worden.
[32]Literatur.
Durch einen Ungenannten36) sind 35 Fische als Bewohner des Rheins
und dessen Nebenflüsse bei Basel mit ihren Volksnamen aufgezählt und zu-
gleich über die Fangmethoden einiger Rheinfische Mittheilungen gemacht
worden.
Von Wartmann, einem Arzte zu St. Gallen, wurde die Naturgeschichte
einiger Salmoneer des Bodensees in verschiedenen Aufsätzen besprochen37).
In der von Hartmann38) herausgegebenen Beschreibung des Bodensees ist ein
Abschnitt den Thieren gewidmet, die sich in dem See und an seinen Ufern
aufhalten. Es werden hier 26 Bodensee-Fische aufgeführt und beschrieben,
während in der helvetischen Ichthyologie desselben Verfassers sowohl die
Fische des Bodensees wie auch die Fische der übrigen Schweizer-Seen und
der Flüsse des schweizerischen Rheingebiets eine genaue Berücksichtigung
gefunden haben.
Eine Beschreibung der Bodensee-Fische ist durch Nenning39), Professor
zu Constanz bekannt gemacht worden. Schinz40) hat seiner Uebersetzung
[33]Literatur.
von Cuvier’s Thierreich sehr beachtenswerthe, auf verschiedene schweize-
rische Fische sich beziehende Zusätze beigefügt und unter Mitwirkung von
Agassiz ein vollständiges Verzeichniss der in der Schweiz einheimischen Fische
zusammengestellt, welchem er später noch eine Beschreibung der Fische des
Canton Zürich folgen liess. Eine ausgezeichnete Bearbeitung der Bodensee-
Fische haben wir Rapp41) zu verdanken.
Die Fischfauna des vom Rheinfall bis Bingen als Mittelrhein aufzufassen-
den Rhein-Gebiets hat vielfache Bearbeiter gefunden, von denen der Strass-
burger Fischer Baldner wohl den interessantesten Beitrag geliefert hat. Dieser
fleissige und aufmerksame Beobachter hat ein Manuscript ausgearbeitet, wel-
ches ausser einer Beschreibung der verschiedensten Wasserthiere des Rheins
auch eine kurze Beschreibung der Rhein-Fische enthält, zu welcher colorirte
Abbildungen aller von Baldner beschriebenen Naturproducte beigefügt sind.
Ich fand dieses Manuscript42) zu meiner grössten Freude in dem Strassburger
Naturalien-Cabinete vor und verdanke eine genauere Einsicht in dasselbe der
gütigen Erlaubniss des Vorstandes des genannten Cabinets, W. P. Schimper.
In der als »Fischbuch« überschriebenen Abtheilung dieses Manuscriptes befin-
den sich 32 Fische colorirt abgebildet, von denen 29 ziemlich kenntlich dar-
gestellt waren, während 3 Cyprinoiden von mir nicht gedeutet werden konnten.
Baldner hatte jeden dieser abgebildeten Fische mit dem in Strassburg ge-
bräuchlichen deutschen Volksnamen bezeichnet, zu welchem späterhin Reis-
eisen, ein Strassburger Naturforscher, die lateinischen Namen nach Linne,
jedoch nicht immer richtig, hinzugefügt hatte; von dem bekannten Zoologen
Joh. Hermann waren mehrere dieser Fehler mit eigener Hand berichtiget wor-
den. Baldner hat übrigens dieses Manuscript mehrmals anfertigen lassen, da sich
ein zweites Exemplar desselben in London und ein drittes Exemplar in Cassel
befindet. Das Londoner Exemplar wurde durch Willughby dorthin gebracht*).
40)
v. Siebold, Fische. 3
[34]Literatur.
Ray*), welcher nach Willughby’s Tode dessen Schriften herausgab, erwähnte
Baldner’s Manuscript in folgender Weise: »Jam ut opus hoc iconibus tum ele-
gantissimis, tum vivarum avium simillimis illustraremus, plurimas coloribus
depictas imagines conquisivimus: et primo avium omnium Rhenum fluvium
frequentantium figuras praestantissimi artificis manu eleganter et accurate de-
lineatas, et in unum volumen compactas, a Leonardo Baltner Aucupe et pi-
scatore Argentinensi, qui aves ipsas occiderat, depingi fecerat et patria lingua
descripserat, redemimus«. Ferner führt Ray**) an: »Ingeniosissimus D. Frede-
ricus Slare M. D. Leonardi Baltneri Piscatoris Argentinensis Manuscriptum
de piscibus Rhenanis, aliisque prope urbem eam captis, e Germanico Idiomate
in Anglicum sermonem transtulit, quo nos, eo intellecto, et de Iconibus dubiis
certiores redderemur, et inde excerpere possemus quae in rem nostram essent«.
Von der Existenz eines dritten Exemplars des Baldner’schen Manuscripts
in der Landesbibliothek zu Cassel erhielt ich die erste Notiz aus Nau’s Vorrede
zu seinen Beiträgen zur Naturgeschichte des Mainzer Landes***). Ich habe es
dem liberalen Directorium der Casseler Landesbibliothek unter der gefälligen
Vermittlung der hiesigen Staatsbibliotheks-Behörde zu verdanken, dass ich
dieses kostbare Manuscript hier mit Musse benutzen konnte. Es ist dasselbe
weit sorgfältiger und sauberer ausgestattet als das Strassburger Exemplar,
trägt aber ganz dieselben Titel und dieselbe Jahreszahl (1666). In der Ab-
theilung, welche den Fischen gewidmet ist, sind 49 Tafeln enthalten, auf
welchen 6 Krebse und 46 Fischarten, Fischvarietäten und Fischmonstrositä-
ten sehr sorgfältig und richtig colorirt dargestellt sind, nur drei Fische habe
ich auch unter diesen Abbildungen nicht entziffern können. Einer jeden Ta-
fel, welche zugleich über jedem dargestellten Fisch den in Strassburg ge-
bräuchlichen deutschen Volksnamen als Aufschrift trägt, ist ein Blatt mit
sorgfältig geschriebenem deutschen Texte beigefügt, welcher sich auf von
Baldner selbst gemachte Beobachtungen über Lebensweise, Aufenthaltsort,
Laichzeit des abgebildeten Fisches und auf dessen Bedeutung als Nahrungs-
mittel bezieht. Dieser Text muss auch dem Londoner Manuscripte beigege-
ben sein, da ich die in Willughby’s Historia piscium aus dem Londoner Ma-
*)
[35]Literatur.
nuscripte öfters angeführten Beobachtungen Baldner’s mit denen im Casseler
Manuscripte niedergelegten Beobachtungen vollkommen übereinstimmend
fand. Die Abbildungen, welche in Willughby’s Historia piscium aus dem
Manuscripte Baldner’s copirt sind, stehen den Originalen an Deutlichkeit
bei weitem nach. Bei dem Citiren der Fischabbildungen Baldner’s habe ich
stets das Casseler Manuscript benutzt, während Valenciennes das Strassbur-
ger Exemplar verglichen hat.
Ausser Baldner haben auch noch Hermann43) in Strassburg, Sander44)
in Carlsruh und Nau45) in Mainz über die Fische des Mittelrheins und seiner
Nebenflüsse recht beachtenswerthe Mittheilungen geliefert. Ein von Span-
nagel46) in Dürkheim zusammengestelltes Verzeichniss der Fische der bay-
rischen Rheinpfalz gewährt dadurch Interesse, dass in demselben nicht bloss die
Rhein-Fische, sondern auch die Fische der verschiedenen vom Haardtgebirge
entspringenden kleinen Seitenbäche des Rheins und der Nahe aufgeführt sind.
Die ungleich bedeutenderen Seitenflüsse des rechten Ufers des Mittel-
rheins enthalten eine Fischfauna, welche zu verschiedenen Zeiten die Auf-
merksamkeit der Zoologen und Faunisten angeregt hat. Nachdem G. v. Martens
in seiner oben (Nr. 14 b) erwähnten Fauna Würtembergs die Fische des
Neckar-Gebiets nicht unbeachtet gelassen, wurden von Günther47) in einer
sehr ausführlichen Abhandlung die Fische des Neckars vortrefflich beschrieben.
Ueber die Fische des Main-Gebiets liegen Verzeichnisse von sehr verschie-
denem Werthe vor. Die Fische der Pegnitz wurden von Meyer48) in einem
grösseren farbigen Bilderwerke unter Beifügung ihrer in Nürnberg gebräuch-
lichen Volksnamen recht kenntlich dargestellt und mit naturhistorischen No-
3*
[36]Literatur.
tizen begleitet, während von Küster49) die Fische der Pegnitz- und Regnitz-
Gewässer in einem kahlen lateinischen Namensverzeichnisse zusammengefasst
wurden. Ein grösseres Interesse hat Rosenhauer50) einem anderen Fisch-
verzeichnisse des Regnitzer Gebietes dadurch zu geben gewusst, dass er dem-
selben die gebräuchlichsten Volksnamen und die speciellen Fundorte der von
ihm aufgeführten Fische beigefügt hat. Einen sehr wichtigen Beitrag zur
Fischfauna des Main-Gebietes haben wir Leiblein51) in Würzburg zu ver-
danken. Ein einfaches Namensverzeichniss der Fische aus dem Gebiete der
Stadt Frankfurt stellte Römer-Büchner52) zusammen. Zwei sich sehr nahe
berührende Fischfaunen des Mittelrheins und seiner am rechten Ufer einmün-
denden Seitengewässer sind von Jäger53) und Kirschbaum54) ausgearbeitet
worden, von denen ersterer die Fische des Mains und der Bäche der Wetterau
einer Besprechung unterworfen hat, während letzterer in einer kurzen Be-
schreibung der Fische des Herzogthums Nassau diejenige Abtheilung der rhei-
nischen Fischfauna behandelt hat, welche den Uebergang von der mittelrhei-
nischen zur niederrheinischen Fauna bildet.
Die von Ausonius55) aufgeführten 15 Mosel-Fische sind wohl als die älte-
sten Beiträge zur niederrheinischen Fischfauna zu betrachten. In neuerer Zeit
haben die Fische der Mosel die Aufmerksamkeit verschiedener Faunisten auf
sich gezogen. Von Holandre56) wurden die Fische des obern Mosel-Gebiets
[37]Literatur.
einer genauen Untersuchung unterworfen, an welche sich eine ähnliche Arbeit
von Fournel57) anschliesst. Eine sehr anerkennenswerthe Bearbeitung der
Fische des niederrheinischen Stromgebiets hat Selys-Longchamps58) in seiner
trefflichen belgischen Fauna der Wissenschaft übergeben, welche Fauna sich
Schaefer59) bei der Aufzählung und Beschreibung der Mosel-Fische zum Muster
genommen hat, während von Schnur60) die Fische des Mosel-Gebiets mit Sach-
kenntniss und richtiger Kritik zusammengestellt wurden. Von Troschel61)
wurden mehrere Fische des Niederrheins und seines Nebenflüsschens Ahr einer
Besprechung unterworfen, und über die Fische der rechten Seitengewässer
des Niederrheins, namentlich der Sieg, Ruhr und Lippe gaben uns die von
Merrem62) und Suffrian63) zusammengestellten Thierverzeichnisse Auskunft.
Zur Kenntniss der Süsswasserfische von Holland, dem Ausgangspuncte des
weitausgedehnten niederrheinischen Stromgebiets hat Gronovius64) in ver-
schiedenen Schriften Beiträge geliefert, leider konnten mehrere von Gronovius
56)
[38]Literatur.
aufgeführten Fische ihrer ungenügenden Beschreibung wegen bis jetzt nicht
gedeutet werden, weshalb es um so mehr zu bedauern ist, dass Bennet und
Olivier65) in ihrer Uebersicht der niederländischen Fische die Arbeiten des
Gronovius fast ganz unberücksichtigt gelassen haben. Auch in der erst kürz-
lich bekannt gemachten Beschreibung der Wirbelthiere der Niederlande hat
Schlegel66) unter den Süsswasserfischen diejenigen Formen, welche von
Gronovius erwähnt worden sind, aber bisher nicht gedeutet werden konnten,
keiner näheren Untersuchung unterworfen.
Ueber die Fische des Weser-Gebietes hat die Literatur nicht eine einzige
Arbeit von Bedeutung aufzuweisen. Es sind nur einige wenige Fischverzeich-
nisse bekannt gemacht worden, von denen in dem einen Schreiber67) die
Werra-Fische aufgezählt hat, während in einem anderen von Schwaab68) die
Fische Kurhessens ohne Angabe der Volksnamen und der Fundorte zusammen-
gestellt worden sind. In einem dritten von Heineken69) abgefassten Verzeich-
nisse der Weser-Fische vermisst man sowohl bei den lateinischen wie deut-
schen Bezeichnungen die nothwendige Correctheit. Ein viertes von Seetzen70)
angefertigtes lateinisches Verzeichniss der die Wesermündung bewohnenden
Fische kann bei Hinweglassung der Provincialnamen dieser Fische nur gerin-
ges Interesse gewähren.
Das Elbe-Gebiet, zu welchem ich auch die über Meklenburg und Holstein
sich ausbreitenden Landseen zählen will, hat mit seinen bis in das Herz von
Mitteleuropa sich hineinerstreckenden Quellen und Seitenflüssen einen grossen
Reichthum an Fischen aufzuweisen, welcher verschiedene wichtige ichthyolo-
gische Arbeiten hervorgerufen hat. Von den Fischen der böhmischen Elbe
mit ihren Seitenflüssen wurden zu sehr verschiedenen Zeiten durch Balbin71),
[39]Literatur.
Schmidt72) und Amerling73) Verzeichnisse bekannt gemacht, an welche sich
Woldrich’s74) Aufsatz über die Fische des Böhmerwaldes anschliesst. Nach-
dem auch Heckel in der bereits (Nr. 13) erwähnten Bearbeitung der öst-
reichischen Fische die böhmischen Fische in das Bereich seiner Unter-
suchungen gezogen hatte, wurden von Fritsch75) in einem späteren, mit ge-
diegener Kritik behandelten Verzeichnisse der Fische Böhmens einige von
älteren Faunisten als Bewohner des Elbe-Gebiets mit Unrecht aufgeführten
Fische aus dieser Fischfauna zurückgewiesen. In einer von Leske76) ausgear-
beiteten Ichthyologie wurden die Cyprinoiden einiger dem mittleren Elbe-
Gebiete angehörenden Seitenflüsse sehr ausführlich beschreiben, während in
Bezug auf die Fische der Seitengewässer der Niederelbe ausser den Beobach-
tungen, welche Bloch in den bereits (Nr. 3 a und c) erwähnten Schriften
niedergelegt hat, die von Birkholz77) und Schulz78) gemachten Mittheilungen
zu erwähnen sind. Ueber die Fische der Niederelbe und der meklenburgi-
schen Seen hat Siemssen79) ausführliche Beschreibungen geliefert und Boll80)
kurze Auskunft gegeben. Eine vorzügliche und noch immer höchst brauch-
bare ältere Schrift über die Naturgeschichte der Fische der Niederelbe und der
holsteinischen Seen ist in Schonevelde’s81) Ichthyologie enthalten. Auch
Krøyer82) hat in seiner Naturgeschichte der Fische von Dänemark die holstei-
nischen Süsswasserfische nicht unberücksichtiget gelassen. In einem Bei-
trag83) zur Fauna des Fürstenthums Lüneburg sind ebenfalls die Fische des
Niederelbe-Gebiets ziemlich vollständig aufgezählt.
Das Gebiet der Oder nebst dem durch Pommern weit nach Osten hin sich
[40]Literatur.
ausdehnenden System von Landseen stimmt in Bezug auf seine Wasserbewohner
mit dem Elbe-Gebiet fast gänzlich überein, wie dies aus den verschiedenen
älteren und neueren faunistischen Mittheilungen hervorgeht. Eine der älte-
sten Bearbeitungen der Fische des oberen Oder-Gebiets rührt von Schwenck-
feld84) her, welcher in dem fünften Buche seines Theriotropheum zur schle-
sischen Fischkunde einen für die damalige Zeit sehr schätzbaren Beitrag
lieferte. Hierauf wurde von Börner85) eine sorgfältige und mit nützlichen
Bemerkungen ausgestattete Zusammenstellung der schlesischen Fische ver-
fasst, welcher sich ein einfaches Namensverzeichniss derselben Fische von
Weigel86) anschloss. Ein späteres Verzeichniss der schlesischen Fische wurde
von Kaluza87) mit kurzen Beschreibungen ausgestattet, welchem Gloger88)
eine mit genauer Kritik angefertigte Uebersicht der Fische Schlesiens folgen
liess. Für die Fische, welche die den Quellen der Oder nahe gelegenen Sei-
tengewässer bewohnen, hat Heinrich89) in seiner Beschreibung der mährischen
und schlesischen Fische sehr brauchbare Anhaltspuncte geliefert, während
die Fischfauna des mittleren Theiles des Oder-Gebietes aus den bereits (un-
ter Nr. 77 und Nr. 78) citirten Schriften von Birkholz und Schulz entnom-
men werden kann. Diejenigen Fische, welche in den der Ausmündung der
Oder zufliessenden Gewässern sowie in den verschiedenen Wasser-Gebieten
der pommerschen Seen angetroffen werden, sind von Creplin90) näher in
Betracht gezogen, theilweise aber auch von Siemssen und Boll (vergl. Nr. 79
und 80) namhaft gemacht worden.
Das gegen Osten sich ausbreitende und zugleich Mitteleuropa dort ab-
grenzende Weichsel- und Pregel-Gebiet, welche beide ihre Gewässer in das
unter dem Namen »frisches Haff« bekannte Binnenwasser ergiessen, haben
eine untereinander zusammenhängende Gruppe grösserer und kleiner Seen
zwischen sich, deren Ausflüsse sich theils mit dem Pregel, theils mit der
Weichsel vereinigen. Beide auf diese Weise mehrfach unter sich verbundene
Wassergebiete enthalten eine fast ganz gleiche Fischfauna, über welche wir
mehrere ausführliche und gediegene Arbeiten besitzen. Die Fische der oberen
[41]Literatur.
Weichsel sind sowohl von den Faunisten Zawadzki91) und Heinrich (vergl.
Nr. 89) wie von Heckel (vergl. Nr. 13) berücksichtiget worden, dagegen
habe ich über die Fischfauna der mittleren Weichsel nur die Naturgeschichte
Polens von Rzaczynski92) benützen können. Anders verhält es sich mit den-
jenigen Gewässern, welche als Niederweichsel- und Pregel-Gebiet mit den
dazwischen liegenden masurischen Seen die beiden Provinzen West- und
Ostpreussen durchziehen. Das reichliche Fischmaterial dieser Gewässer
hat eine Menge ichthyologischer Forschungen hervorgerufen, unter denen die
anatomisch-physiologischen Untersuchungen von Rathke und Baer als die
hervorragendsten und einflussreichsten zu nennen sind. Zu den wichtigsten
älteren, zum Theil faunistischen Leistungen auf dem Gebiete der Ichthyologie
gehören die von dem Danziger Naturforscher Klein93) in seiner Historia pi-
scium niedergelegten Beobachtungen, denen derselbe viele zum Theil ganz
kenntliche Abbildungen beifügte. Eine Zusammenstellung aller ost- und
westpreussischen Fische wurde von Wulff94) unternommen, die jedoch nur
mit Vorsicht benutzt werden muss, da sie mancherlei Unrichtigkeiten und
mehrere fehlerhafte Bestimmungen enthält. Einen ungleich höheren Werth
besitzt die Naturgeschichte der preussischen Fische, welche Bock95) ausge-
arbeitet und durch eine Zugabe von Bemerkungen über die Fischerei in
Preussen noch nutzbarer gemacht hat. In der von Lorek96) herausgegebenen
Fauna Prussica sind 20 Tafeln den Fischen gewidmet, auf welchen jedoch
nichts anderes als Copien aus dem Bloch’schen Fischwerke dargestellt sind.
Ein grösseres Verdienst hat sich Bujack97) durch seine Fauna Prussica zu
erwerben gewusst, in welcher derselbe die Naturgeschichte der preussischen
Fische mit richtigem Tacte abgehandelt hat. Nachdem schon früher von
Rathke98) ein Verzeichniss der bei Danzig vorkommenden Fische bekannt ge-
macht worden war, zählte derselbe die Fische von Ost- und Westpreussen
[42]Literatur.
vollständig auf und fügte noch einige Bemerkungen über gewisse für die
preussische Fauna zweifelhafte Fischformen hinzu.
Mit Hülfe dieser Literatur, sowie mit meinen eigenen seit einer Reihe
von Jahren gesammelten Erfahrungen glaube ich mir ein ziemlich vollstän-
diges Bild von der geographischen Verbreitung der Süsswasserfische in den
verschiedenen Stromgebieten Mitteleuropa’s in so weit verschafft zu haben,
dass ich es wagen durfte, der speciellen Darstellung der Fischformen der
mitteleuropäischen Fauna noch einige Tabellen folgen zu lassen, welche den
Charakter dieser Fischfauna in den verschiedenen Flussgebieten von Mittel-
europa anschaulicher machen sollen.
In Rücksicht der Synonyme, welche bei gewissen Fischspecies zu einer
fast unentwirrbaren Masse angeschwollen sind, habe ich, um die Citate nicht
zu sehr anzuhäufen, aus der vorhandenen Literatur eine gewisse Auswahl
getroffen und hauptsächlich diejenigen wissenschaftlichen Arbeiten berück-
sichtigt, welche bis auf die neuste Zeit als die Grundlage der ichthyologi-
schen Wissenschaft gelten müssen; ausserdem habe ich noch solche Autoren
erwähnt, die in Bezug auf geographische Verbreitung der einzelnen Arten
Original-Notizen oder ganz zuverlässige Angaben geliefert haben; auch
solche Autoren durften nicht unerwähnt bleiben, die entweder wirklich neue
Arten beschrieben und abgebildet haben oder deren vermeintlich neue Ar-
ten als unhaltbar erkannt worden sind.
Bei der Darstellung der einzelnen Fischformen habe ich absichtlich jede
weitläufige Beschreibung vermieden, da ich es leider nur zu oft erfahren
habe, dass gerade bei den Fischen eine ganz ausführliche Beschreibung am
wenigsten zur Erkenntniss und Unterscheidung einer Art beizutragen im
Stande ist. Für ganz allgemein gekannte Fische, wie für den Barsch, die
Schleihe, den Hecht, den Aal u. a. habe ich daher die Angabe der diagnosti-
schen Merkmale als ausreichend gehalten, um diese Fische zu kennzeichnen.
[[43]]
Ordnung der Knochenfische,
Teleostei.
Skelet knöchern; Kiemenblätter an ihren Spitzen frei, einfache
Kiemenspalten von einem Kiemendeckel-Apparat und einer durch
Knochenstrahlen gestützten Kiemenhaut bedeckt; zwei Klappen im
Aortenbulbus*).
Unterordnung der Stachelflosser,
Acanthopteri.
Vordere Strahlen der Rückenflosse, der Afterflosse und der
Bauchflossen immer einfach, ungegliedert und stachelförmig endend;
Schwimmblase, wenn sie vorhanden ist, immer ohne Luftgang.
Familie der Barsche,
Percoidei.
Die beiden Zwischenkiefer und der Unterkiefer, sowie das mitt-
lere an der Gaumendecke gelegene unpaarige Pflugscharbein (Vomer-
knochen) und die beiden seitlichen Gaumenbeine tragen Zähne. Die
Kiemendeckel-Stücke gezähnelt oder bedornt; die Schuppen am Hin-
terrande gezähnelt (Kammschuppen, Ctenoid-Schuppen).
[44]Familie: Percoidei.
I. Gattung: Perca (nach Linné).
Gattungscharakter:Zwei mehr oder weniger einander genäherte
Rückenflossen; Maul mit vielen kleinen dichtstehenden
Zähnen (Bürstenzähnen) besetzt; an dem Kiemendeckel-
Apparat der Vordeckel gezähnt, der Hauptdeckel mit
einem Dorne. Körper seitlich zusammengedrückt.
1. Art. P. fluviatilis Lin. Flussbarsch1).
Synonyme und Citate2).
Baldner Nr. 423): pag. 164. Taf. 13. Persing.
Artedi Nr. 1: Genera piscium pag. 39. n. 1, Descriptiones specierum piscium pag. 74. n. 1,
Synonymia nominum piscium pag. 66. n. 1.
Schaeffer Nr. 17: pag. 1. Tab. I. Fig. 1. Perca vulgaris,Bürstel.
Linné Nr. 2: pag. 481. n. 1, Perca fluviatilis.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 66. Taf. 52, Perca fluvialilis,Baarsch.
Schrank Nr. 23 a: pag. 313. n. 282 Flussbarsch, und pag. 314. n. 383 Bürstling,
ferner Nr. 23 c: pag. 98.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 61, Perca fluviatilis,gemeiner Barsch.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. II. 1828. pag. 20, Perca fluviatilis, la Perche commune
de rivière.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 35, Perca fluviatilis,der gemeine Barsch.
Bujack Nr. 97: pag. 354, Perca fluviatilis,Barsch.
Krøyer Nr. 82: Bd. I. 1838—40. pag. 1, Perca fluviatilis.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 187. n. 5, Perca fluviatilis, Perche de rivière.
Günther Nr. 47: pag. 10, Perca fluviatilis,Barsch, Barschig.
Leiblein Nr. 51: pag. 115, Perca fluviatilis,Flussbarsch.
Rapp Nr. 41: pag. 4, Perca fluviatilis,Barsch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 3. Fig. 1, Perca fluviatilis,Flussbarsch.
Fritsch Nr. 75: pag. 200. n. 1, Perca fluviatilis,Flussbarsch.
[45]Gattung: Perca.
Artcharakter:Körper messinggelb, ins Grünliche schillernd, mit
mehreren vom Rücken gegen den Bauch laufenden schwärz-
lichen Querbinden und mit blauschwarzem Augenflecke
am Ende der vorderen Rückenflosse; Brustflossen gelb,
Bauchflossen und Afterflossen roth.
1.D. 13—15, 2.D. 1/14—13, P. 14, V. 1/5, A. 2/8—9, C. 17,
Squ. 7—9/60—68/13—151).
Aus den von mir angeführten Synonymen wird man wahrnehmen, dass
ich die beiden Barscharten, welche Schrank in seiner Fauna boica aufführt,
nicht als zwei besondere Species anerkenne. Schrank beschrieb die beiden
Barscharten, welche in Bayern einheimisch sein sollen, zuerst in einem be-
sonderen Aufsatze (siehe Nr. 23 c) als Perca vulgaris und Perca fluviatilis,
und gab von Beiden folgende Kennzeichen an. Für P. vulgaris hob er her-
vor: »Die Rückenflossen abgesondert, die vordere mit einem Endflecke, die
Stralen der hinteren ästig, der Leib mit Querbinden«, und berief sich auf
Schaeffer’s Beschreibung und Abbildung der Perca vulgaris. Von P. flu-
viatilis sagte Schrank dagegen: »Die Rückenflossen abgesondert, die vordere
mit einem Endflecke, die Stralen beider ungetheilt, der Körper mit Querbin-
den«. Hierzu citirte dann derselbe Bloch’s Beschreibung und Abbildung der
Perca fluviatilis. Der diagnostische Unterschied zwischen diesen beiden
Barscharten soll also auf dem Verhalten der hinteren Rückenflosse beruhen.
In Bloch’s Beschreibung heisst es allerdings wörtlich2): »Die erstere (Rücken-
flosse) hat am Ende einen schwarzen Fleck und harte, die übrigen aber ha-
ben weiche Strahlen, welche in beiden Rückenflossen ungetheilt, in den
übrigen Flossen aber die Strahlen vielzweigigt sind«. Auf der von Bloch ge-
lieferten Abbildung sind in der That die Strahlen der hinteren Rückenflossen
[46]Familie: Percoidei.
wie die der vorderen einfach und stachelig dargestellt, während die Strahlen
an allen übrigen Flossen derselben Abbildung durchweg strahlig getheilt
sind. Es ist diese von Bloch gegebene Beschreibung und Darstellung des
gemeinen Barsches aber durchaus unrichtig, wodurch sogar der Familien-
Charakter der Percoiden verwischt ist. Kein den Percoiden angehörender
Fisch besitzt an der hinteren Rückenflosse oder an dem hinteren Ende der
ungetheilten Rückenflosse einfache und stachelige Strahlen. Schaeffer hat
diesen wesentlichen Charakter des Barsches sowohl in der Beschreibung wie
in der Abbildung sehr deutlich hervorgehoben, wodurch freilich die beiden
von Bloch und Schaeffer abgebildeten Barsche als zwei ganz verschiedene
Fische erscheinen. Da nun, wie schon bemerkt, keine Barschform solche
Flossen besitzen kann, wie sie Bloch und Schrank an ihrer Perca fluviatilis
gesehen haben wollen, so wird mit Recht diese zweite Barschart aus dem
Verzeichnisse der Fische gestrichen werden müssen. Es sind auch über-
haupt nur wenige Zoologen darauf eingegangen, die von Schrank aufgestell-
ten Barscharten anzunehmen. Sogar Bloch selbst, der einen bayerischen
Barsch zur Vergleichung von Schrank erhalten hatte, erklärte dem letzteren,
dass er diesen Barsch schon in seinem Flussbarsche beschrieben habe1).
Diejenigen, welche gern eine zweite Barschart für Europa erhalten wis-
sen wollen, könnten versucht werden, die Verschiedenheiten, welche die
vom Rücken der Barsche sich herabziehenden dunklen Querbänder nach Zahl
und Ausbreitung darbieten, für Art-Unterschiede zu halten; sie könnten auch
als Art-Charakter die Lücke beachtet wissen wollen, welche zwischen der
vorderen und hinteren Rückenflosse der Barsche bald in grösserer bald in
ganz geringer Ausdehnung besteht oder oft ganz fehlt, oder sie könnten sich
auch auf den Unterschied berufen, welchen die Barsche in Bezug auf ihre
Körper-Umrisse bieten, indem sowohl langgestreckte und mehr geradrückige
als auch kurze gedrungene und zugleich hochrückige Individuen unter den
Barschen vorkommen. Es sind dies aber nur unwesentliche Verschiedenhei-
ten, die in mannichfaltigster Weise variiren und ineinander übergehen, so
dass dieselben gar keine Momente zu Abgrenzungen von Arten abgeben
können.
Die dunkeln Querbinden des gemeinen Barsches treten zuweilen sehr
undeutlich hervor, ja, sie verlieren sich in gewissen Fällen sogar vollständig.
Eine solche ungebänderte Varietät verdient gewiss nicht, zu einer beson-
deren Art erhoben zu werden, wie dies von Cuvier und Valenciennes ge-
schehen ist2), welche einen in Italien vorkommenden ungebänderten Fluss-
[47]Gattung: Perca.
barsch unter dem Namen Perca italica als besondere Art von der Perca
fluviatilis trennten. Von Bonaparte wurde indessen diese Perca italica nicht
als eigene Species anerkannt1). Dagegen gehört Bonaparte zu denjenigen
wenigen Ichthyologen, welche ausser der Perca fluviatilis auch die von
Schaeffer beschriebene Perca vulgaris als besondere Art unterscheiden. In
seinem Katalog der europäischen Fische führt Bonaparte noch ausdrücklich
an2), dass die auch in Italien einheimische Perca fluviatilis von Mitteleuropa
aus sich in die westlichen Gewässer ausbreite, während sich die Perca vul-
garis in ihrer geographischen Verbreitung von den Gewässern Mitteleuropa’s
nach Osten hin erstrecke. Derselbe beruft sich auf die Abbildungen, welche
Marsigli und Meidinger von dem Barsche der Donau geliefert haben. Aller-
dings stimmen diese Abbildungen mit Schaeffer’s Perca vulgaris überein,
allein der Barsch der Donau ist auch identisch mit dem Barsche des Rhein-
Flussgebiets, sowie mit dem Barsche der schweizerischen, italienischen und
französischen Flüsse und Seen.
Wären wirklich zwei Barscharten in Europa vorhanden, so würde eher
noch die Vermuthung eine Rechtfertigung gefunden haben, dass diese beiden
Species nicht als östliche und westliche Form, sondern wie es mit anderen
Süsswasserfischen Europa’s der Fall ist, als nördliche und südliche Form
durch die Alpenkette getrennt seien. Allein zwischen dem Donaubarsch und
den nordischen Barschformen einerseits und den Barschformen von Südtyrol
und Italien andererseits ist kein specifischer Unterschied herauszufinden.
Heckel, dessen Scharfblick unter dem reichen Material, das ihm bei seinen
Arbeiten zu Gebote stand, gewiss die zweite Barschart, wenn sie wirklich in
Europa existirte, herausgefunden hätte, hat in Gemeinschaft mit Kner sich
nicht entschliessen können, die europäische Barschform in zwei Arten zu zer-
splittern, und überhaupt an der einen Barschart so festgehalten, dass er eine
auffallend abweichende sehr grossäugige und gestreckte Barschform aus dem
Hechtsee (bei Kufstein) nur als Abnormität ansehen zu müssen glaubte3).
Man darf nur die verschiedenen guten Abbildungen untereinander verglei-
chen, welche den Barsch der östreichischen, schweizerischen, italienischen,
französichen, englischen und schwedischen Gewässer darstellen, so wird man
sie alle in den Hauptcharakteren des Flussbarsches übereinstimmend finden4).
[48]Familie: Percoidei.
Bonaparte1) legt zwar, indem er die beiden oben erwähnten Arten für Europa
festhalten will, Gewicht auf den gewölbten Rücken und auf die elliptische
Körperform der Perca vulgaris, während die Perca fluviatilis einen mehr ge-
raden Rücken und eine gestrecktere Körperform besitzen soll, derselbe hebt
ferner hervor, dass bei Perca vulgaris beide Rückenflossen ganz getrennt von
einander seien und die erste Rückenflosse verhältnissmässig weniger hoch
sei und zwei Strahlen weniger besitze als bei Perca fluviatilis. Alle diese
Merkmale sind aber durchaus nicht stichhaltig.
Ich würde mich bei dieser Controverse, welche durch Bloch’s mangel-
hafte Beschreibung und unrichtige Abbildung der Perca fluviatilis zuerst an-
geregt wurde, nicht so lange aufgehalten haben, wenn nicht auch der aus-
gezeichnete Ichthyolog Agassiz die Meinung erfasst hätte, es gebe in Europa
zwei Barscharten, und sich dabei auf die hiesige Barschform berufen hätte.
Derselbe sagt nämlich in der Isis2): »Perca fluviatilisBl. Taf. 52. und Perca
vulgarisSchäff. Tab. 1. sind zwei sehr gute Arten, die schon Schrank (Fauna
boica) unterschied, ob er gleich von C. fluviatilis nur ein getrocknetes Exem-
plar sah; hier (in München) kommt bloss Perca vulgaris zu Markte; sie ist
viel rauher und die Zeichnung ist unregelmässiger als bei Perca fluviatilis;
in der Schweiz fand ich bloss letztere«. Auch später ist Agassiz derselben
Meinung treu geblieben3). Noch in dem Jahre 1858, am 10ten Mai schrieb
mir Agassiz unter anderem: »haben Sie schon bemerkt, dass der Barsch des
Donaugebietes von dem der Rhone und des Rheins verschieden ist«. Ich
habe Barsche aus dem Mittelrhein (von Basel) und aus der Rhone (von Lyon)
vor mir, und sehe keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihnen und dem
hiesigen Barsch.
Eine eigenthümliche Varietät des Barsches habe ich hier zuweilen auf
dem Fischmarkt angetroffen, welche sich durch eine citronengelbe Färbung
auszeichnet und aus den Teichen von Dinkelsbühl herrühren soll. Diese gelbe
Farbe ist unabhängig von dem messinggelben Glanze des Barsches und tritt
an der sonst weisslichen Bauchseite am deutlichsten hervor. Die Farbe geht
von einer fettartigen Substanz aus, welche als kleine, dicht gedrängte
Körnerhaufen von unregelmässiger Gestalt in der Cutis eingebettet liegt.
Ob die von Günther4) auf den Fischmärkten in Berlin bemerkte ganz
4)
[49]Gattung: Perca.
goldglänzende Varietät des Barsches mit der hier vorkommenden gelben Va-
rietät zusammenfällt, muss ich dahin gestellt sein lassen. Durch diese Va-
rietäten tritt übrigens der europäische Flussbarsch dem in Nordamerica all-
gemein verbreiteten gelben Barsch (Perca flavescens Cuv. Val.)1) noch um
vieles näher.
Der in ganz Europa einheimische Flussbarsch ist einer der verbreitet-
sten Fische in Süddeutschland, er findet sich sowohl in den kleineren wie
grösseren Flüssen und Bächen des Donau- und Rhein-Gebiets, sowie in den
kleineren und grösseren Seen, nur in gewissen Gebirgsseen fehlt er, z. B. im
Hintersee (bei Berchtesgaden) und in den sehr hochgelegenen, an sich sehr
fischarmen kleinen Alpenseen (Funtensee, Grünsee). Auch in Norddeutsch-
land zeigt sich der Barsch fast in allen Flüssen und Seen als ein sehr gemei-
ner Fisch.
Die Benennungen des Barsches wechseln in den verschiedenen Gegenden
Süddeutschlands ausserordentlich. Ausser Bürstel, Bürstling, Bürschling,
Bärsch, Bärschling, Bersich wird dieser Fisch am Chiemsee Anbeiss, Schratz
oder Schratzen genannt, während ihre Brut dort unter dem Namen Zängel
bekannt ist. Am Bodensee heisst der Barsch im ersten Jahre Hürling oder
Heuerling, im zweiten Jahre Kretzer, Stichling oder Egli und späterhin Rerling.
Der Barsch gehört zu den gefrässigsten Raubfischen; er ernährt sich
zwar auch von Insectenlarven, kleinen Krebsarten und Schnecken, verschlingt
aber ebenso gern Fische, die er oft aus einem Hinterhalte mit Blitzesschnelle
überfällt und unter hartnäckiger Verfolgung durch geschickte schnelle Wen-
dungen zu überwältigen weiss. Die in zahlreichen Schaaren unter der Ober-
fläche des Wassers ruhig dahin schwimmenden kleineren Cyprinoiden, na-
mentlich die Lauben (Alburnus lucidus) werden oft durch solche Ueberfälle
des Barsches in Schrecken und Verwirrung gesetzt, wobei manche dem gie-
rigen Rachen des Räubers durch einen Luftsprung zu entweichen suchen.
Aber die Raubgier des Barsches wird auch zuweilen bestraft, indem derselbe
bei dem zu hastigen Verschlingen seiner Beute das Unglück hat, den erhasch-
ten Fisch von dem weit geöffneten Rachen aus in eine der seitlichen Kiemen-
spalten hineinzudrängen, in welcher der Fisch stecken bleibt und mit dem
Räuber zugleich stirbt.
Die Laichzeit des Barsches fällt in die Monate des März, April und Mai.
Die Weibchen geben ihre Eier in Schnüren von sich2), welche netzförmig
untereinander verklebt sind und welche von diesen Fischen an Steinen und
Wasserpflanzen befestigt werden.
v. Siebold, Fische. 4
[50]Familie: Percoidei.
Nach den Angaben des erfahrenen Fischers und Gemeindebeamten Aigner
in Salzburg soll man unter 100 gefangenen Barschen kaum 10 Männchen an-
treffen1). Auch von Cuvier und Valenciennes wird gemeldet2), dass in Paris
sich das Zahlenverhältniss der männlichen Barsche zu den Weibchen als 1 zu
50 herausstelle, doch fügen dieselben hinzu, dass nicht überall eine solche
Armuth von Barsch-Männchen existire, da das Dorf Lisse am Harlemer See
einer Speise wegen berühmt sei, welche nur aus Barschmilch bereitet würde.
Hier in München habe ich zwischen männlichen und weiblichen Barschen
kein auffallendes Missverhältniss in Bezug auf ihre Zahl wahrnehmen können,
unter 25 Individuen zählte ich 8 Männchen und 17 Weibchen.
Von dem Barsche geben Heckel und Kner an3), dass er sich nicht in
grösseren Tiefen aufhalte, sondern meist 2—3 Fuss unter dem Wasserspiegel
angetroffen werde. Ich muss dieser Bemerkung hinzufügen, dass sich der
Barsch auch in ausserordentlicher Tiefe des Wassers aufhalten kann, worüber
ganz bestimmte Erfahrungen gemacht worden sind. Sehr häufig werden näm-
lich mit Netzen, welche auf Seen in grosse Tiefen zum Fangen von Grund-
fischen hinabgelassen werden, auch Barsche heraufgezogen, welche zum
Beweise, dass sie wirklich in sehr grosser Tiefe sich längere Zeit aufgehal-
ten, ganz eigenthümliche Erscheinungen an sich wahrnehmen lassen. An
allen solchen aus grossen Tiefen des Bodensees bei dem Kilchenfang mit her-
aufgezogenen Barschen sah ich die Rachenhöhle mit einem sonderbaren, einer
geschwollenen Zunge ähnlichen Körper ausgefüllt, welcher bei einigen sich
sogar aus dem Maule hervordrängte. Bei näherer Untersuchung überzeugte
ich mich, dass dieser pralle, kegelförmige Körper der nach aussen umge-
stülpte Magen dieser Raubfische war. Durch Oeffnen der Leibeshöhle über-
zeugte ich mich ferner, dass die Schwimmblase, deren Wandung durch die
bei dem Heraufziehen der Barsche aus einer Tiefe von 30 bis 40 Klafter stark
ausgedehnte Luft von innen nach aussen zu stark gespannt und zuletzt ge-
borsten war, wodurch die in die Bauchhöhle ausgetretene Luft Gelegenheit
fand, den Magensack nach der Mundhöhle hinaus umzustülpen. Schon Bloch
erwähnt diese Erscheinung an den Barschen als eine besondere Krankheit,
welche den Fischern unter dem Namen Windsucht bekannt sei. Er selbst
beobachtete diese Tympanitis bei Barschen, welche aus dem Maduisee beim
Maränenfang mit aufgefischt worden waren und erklärte die aus der Mund-
öffnung dieser Barsche hervorgetretene Blase als die innere herausgetriebene
Haut des Mundes4). An den Barschen des Genfersees sind ähnliche Wahr-
[51]Gattung: Lucioperca.
nehmungen gemacht worden, welche bereits Gesner1) angeführt hat. Von
Jurine2) wurde die aus dem Maule dieser Barsche hervorgedrängte Blase
ganz richtig gedeutet und ihre Entstehung ebenso richtig erklärt.
II. Gattung: Lucioperca (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Zwei Rückenflossen; zwischen den Bürsten-
zähnen des Mauls ragen längere und stärkere spitz conische
Zähne hervor; an dem Kiemendeckel-Apparat nur der Vor-
deckel gezähnt.
1. Art. L. Sandra Cuv.Amaul, Zander.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 39. n. 2, Deser. spec. pisc. pag. 76. n. 2, Syn. nom. pisc.
pag. 67. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 481. n. 2, Perca Lucioperca.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 62. Taf. 51, Perca Lucioperca,Zander.
Schrank Nr. 23 a: pag. 314. n. 284, Nagemaul.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. II. 1828. pag. 110. Pl. 15, Lucioperca Sandra, le Sandre.
Gloger Nr. 88: pag. 77. nr. 36, Sand-Barsch.
Bujack Nr. 97: pag. 355, Lucioperca Sandra,Zander.
Fürnrohr Nr. 20: pag. 5, Lucioperca Sandra,Schill.
Krøyer Nr. 82: Bd. I. 1838—40. pag. 32, Lucioperca Sandra.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 8. Fig. 2, Lucioperca Sandra,Schiel.
Fritsch Nr. 75: pag. 200. n. 2, Luciperca Sandra,Schiel.
Artcharakter:Rücken und Seiten des Leibes grünlich grau, Bauch
weisslich; vom Rücken ziehen sich an den Seiten herab
braune verwaschene Flecke, die zuweilen zu Querbin-
den verschmelzen. Rückenflossen und zuweilen auch die
Schwanzflosse schwarz punctirt, Brust-, Bauch- und Af-
terflosse schmutziggelb.
1.D. 14, 2.D. 1/20—22, P. 15, V. 1/5, A. 2/11, C. 17, Squ. 12—14/75—90/16—20.
Der Schill oder Zander, welchen letzteren Namen dieser Fisch in Nord-
deutschland führt, zeichnet sich durch seinen langgestreckten Körper, sowie
durch seinen langgezogenen hechtähnlichen Kopf aus. Es ist der Schill ein
äusserst gieriger Raubfisch, der dem Hecht sowohl in der Grösse wie in der
4*
[52]Familie: Percoidei.
Gefrässigkeit wenig nachgiebt. Das Fleisch desselben wird seiner Zartheit
und Schmackhaftigkeit wegen sehr hoch geschätzt.
Das Vorkommen des Schill ist in Süddeutschland nur auf die Donau und
auf einige grössere Seen beschränkt, während derselbe im Elbe- und Oder-
Gebiet, sowie in den Seen und Flüssen des übrigen nordöstlichen Deutsch-
lands allgemein verbreitet vorkömmt. Der Schill ist den Donaufischern von
Ulm bis Passau wohl bekannt. Auffallend bleibt immer die geringe Verbrei-
tung desselben in den süddeutschen Seen. Ausser im Ammersee findet sich
dieser Fisch nur noch im Attersee und Traunsee nach dem Zeugniss von
Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 11) und im Seekirchner-See nach dem Zeug-
niss von Aigner (Nr. 22: pag. 90). Zwar geben Heckel und Kner (a. a. O.)
auch an, dass das kaiserl. Naturaliencabinet zu Wien Exemplare des Schill
vom Bodensee besitze, allein es mag dies auf einer Verwechslung beruhen,
denn weder Mangolt, Hartmann noch Nenning erwähnen diesen Fisch in ihren
Fischfaunen des Bodensees, auch sagt Rapp (Nr. 41: pag. 139) ausdrücklich,
dass Lucioperca Sandra im Bodensee nicht vorkomme. Ich selbst habe den
Bodensee oft besucht und mich in verschiedenen Gegenden desselben, in
Lindau, Bregenz, Rorschach, Constanz, Ueberlingen und Langenargen bei den
Fischern nach den Bewohnern des Bodensees erkundigt, aber nie etwas über
die Existenz des Schill als Bodensee-Fisch erfahren können. Es ist jeden-
falls für die geographische Verbreitung der mitteleuropäischen Süsswasser-
fische von Interesse, dass weder das Rhein-Gebiet noch das Weser-Gebiet
die Lucioperca Sandra aufzuweisen haben.
Als Laichzeit des Schill wird der April, Mai und Anfang Juni angegeben.
Da der Schill in Süddeutschland so wenig verbreitet ist und derselbe, wenn
er aus dem Wasser genommen wird, sehr schnell abstirbt, wird es kaum ge-
lingen, diesem Fische durch Verpflanzung eine weitere Verbreitung zu geben;
dennoch möchte sich eine weitere Verbreitung dieses schmackhaften Tafelfi-
sches verlohnen, zu welcher die künstliche Befruchtung der Fischeier und
deren leichter Transport ein vortreffliches Hülfsmittel an die Hand giebt. Es
scheint aber, als ob die künstliche Fischzucht in dieser Beziehung noch nichts
geleistet habe.
III. Gattung: Aspro (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Zwei getrennte Rückenflossen; Maul mit
Bürstenzähnen besetzt; Schnauze über den Unterkiefer
hervorragend; Vordeckel schwach gezahnt, Hauptdeckel
mit einem Dorne; Körper spindelförmig gestreckt. Brust
und Bauch mehr oder weniger schuppenlos.
[53]Gattung: Aspro.
1. Art. A. Zingel Cuv. Zingel.
Syn. u. Citate.
Marsigli Nr. 28: pag. 27. Tab. 9. Fig. 3. Asper pisciculus l, Zingel.
Schaeffer Nr. 17: pag. 58. Tab. III. Fig. 1. Asperulus, Zindel.
Linné Nr. 2: pag. 482. Perca Zingel.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 173. Taf. 106. Perca Zingel, Zingel.
Schrank Nr. 23 a: pag. 316. n. 286. Zingel.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. II. 1828. pag. 194. Aspro Zingel, le Cingle.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 16. Fig. 5. Aspro Zingel, Zingel.
Artcharakter:Erste Rückenflosse mit dreizehn, zweite Rücken-
flosse mit neunzehn Strahlen; Schwanz kurz und gedrun-
gen; Grundfarbe braungelb mit schwärzlichen schiefen
und bald mehr bald weniger verwaschenen Querbinden.
1. D. 14, 2. D. 1/18—20, P. 14, V. 1/5, A. 1/12—13, C. 21, Squ. 7/90/13—14.
Das Vorkommen des Zingel, der eine Länge von 1 bis 1½ Fuss erreichen
kann, ist nur allein auf das engere Flussgebiet der Donau beschränkt, in
deren grösseren Nebenflüssen derselbe noch hier und dort angetroffen wird,
z. B. im Lech nach Grandauer (Nr. 16: pag. 16), in der Naab und im Regen
nach Fürnrohr (Nr. 20: pag. 5), in der Salzach nach Schrank (Nr. 23 a:
pag. 316) und in der Isar nach meinen Erfahrungen.
Seine Laichzeit soll in den April und Mai fallen. Er kömmt immer nur
einzeln auf den hiesigen Fischmarkt, und wird trotz seiner Grösse wenig
beachtet.
Unter den älteren Ichthyologen hat Willughby eine auffallende Verwechs-
lung begangen und statt der Lucioperca Sandra den Aspro Zingel beschrieben
und abgebildet 1); es ist dieses Versehen unbemerkt geblieben, zumal da
Bloch in seiner Naturgeschichte der Fische Deutschlands 2)Willughby’s Be-
schreibung und Abbildung des Zingel unter den Synonymen des Schill mit
aufgeführt hat. Offenbar hat Willughby den Schill beschreiben wollen, in-
dem als Name des Fisches Schilus, Nagemulus und Sandat und als Fundort
desselben die Donau und der Ammersee von ihm angegeben worden ist. Es
ist aber auch kein Zweifel, dass derselbe zur Beschreibung des Schill einen
Zingel vor sich hatte, denn derselbe wundert sich darüber, dass sein Exem-
plar nur 1½ Fuss lang gewesen, während Gesner die Länge des Schill bis
zu einer Elle angegeben habe; er hebt ferner hervor, dass die Brust seines
Exemplars schuppenlos und die Schnauze desselben hervorragend gewesen
[54]Familie: Percoidei.
sei, ferner dass die Zeichnungen weder transvers, wie bei dem Schrätzer,
noch senkrecht wie bei dem Barsch, mithin also schief gewesen seien; alles
dies passt auf Aspro Zingel und nicht auf Lucioperca Sandra. Auch die Ab-
bildung, welche Willughby von diesem vermeintlichen Schill geliefert hat,
stimmt ganz und gar zu dem Zingel, die Beschuppung und Schuppenlosigkeit
am Cephalothorax ist genau so dargestellt, wie sie bei dem Zingel charak-
teristisch ist, der Dorn am Deckel fällt deutlich in die Augen, während die
conischen Zähne im Maule dagegen fehlen, wodurch die Abbildung als Zingel
gar nicht zu verkennen ist.
2. Art. A. Streber Sieb. Streber.
Syn. u. Citate.
Marsigli Nr. 28: pag. 28. Tab. 9. Fig. 4. Asper pisciculus II,Ströber.
Schaeffer Nr. 17: pag. 69. Tab. III. Fig. 6. 7. Asper verus,Streber.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 175. Taf. 107. Fig. 1. Perca asper,Streber.
Schrank Nr. 23 a: pag. 315. n. 285. Streber.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 14. Fig. 4. Aspro vulgaris,Streber.
Artcharakter:Erste Rückenflosse mit acht bis neun, zweite
Rückenflosse mit dreizehn Strahlen; Schwanz lang und
sehr schmächtig; Grundfarbe braungelb mit vier bis fünf
schwärzlichen schiefen Binden.
1. D. 8—9, 2. D. 1/12—13, P. 14, V. 1/5, A. 1/12, C. 17, Squ. 5/70—80/10.
Der Streber, welcher höchstens die Grösse von 6 bis 7 Zoll erreicht, ist in
seiner Verbreitung innerhalb Deutschlands ganz wie der Zingel, nur auf das
Flussgebiet der Donau beschränkt und gehört zugleich zu den seltenen Fischen.
Ich erhielt den Streber aus der Donau und aus der Amper, ausserdem findet
sich derselbe auch noch in folgenden Nebenflüssen der Donau, in der Mindel
nach Grandauer (Nr. 16: pag. 21), in der Naab und im Regen nach Fürnrohr
(Nr. 20: pag. 5) und in der Salzach nach Heckel (Nr. 21 i: pag. 190). Auch
in der Rhone soll dieser Fisch, wie von vielen Ichthyologen behauptet wird,
vorkommen, und zwar nach dem Zeugnisse des Agassiz1) nur unterhalb des
Genfer Sees, es ist dies aber eine unrichtige Angabe, wie ich weiter unten
nachweisen werde. Auch dass der Streber, wie Hartmann angiebt 2), im Rhein
angetroffen werden soll und zwar nur bis Basel hinauf, wo dieser Fisch »Kutz«
genannt werde, muss ich bezweifeln; es beruht diese unrichtige Angabe
wahrscheinlich auf einer Verwechslung des Streber mit dem Kaulbarsch, ich
[55]Gattung Aspro.
wenigstens habe in keinem anderen ichthyologischen Werke, welches die
Fischfauna des Rhein-Gebiets bespricht, den Streber erwähnt gefunden und
auch in keiner der von mir besichtigten Fischsammlungen denselben als Be-
wohner des Rhein-Gebiets aufbewahrt gesehen.
Der Streber, dessen Laichzeit in den März und April fallen soll, hat
übrigens seiner geringen Grösse und Seltenheit wegen für den Fischfang
wenig Interesse, daher es sehr schwer fällt, die Fischer dahin zu bringen,
diesem Fische ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Anmerkung. Es wird aufgefallen sein, dass ich dem Streber den von Cuvier aufge-
stellten systematischen Namen Aspro vulgaris nicht belassen, sondern es vorgezogen habe,
denselben mit einem anderen Artnamen zu bezeichnen, auch wird es manchen Leser be-
fremdet haben, dass unter den von mir angeführten Synonymen des Streber weder Ar-
tedi’s und Linné’s Perca Asper1) noch der Aspro vulgaris des Cuvier \& Valenciennes auf-
geführt worden ist. Es ist dies von mir absichtlich unterlassen worden, weil ich zu der
Ueberzeugung gekommen bin, dass unter Asper pisciculus und Aspro vulgaris bisher zwei
verschiedene Fische zusammengeworfen worden waren. Der kleine Aspro des Rhone-Gebiets
ist jedenfalls ganz verschieden von dem kleinen Aspro, welcher das Donau-Gebiet bewohnt.
Ich habe ein Exemplar des Aspro vulgaris aus der Rhone, welches ich durch den Natura-
lienhändler Coinde von Lyon erhalten habe, mit vierzehn Exemplaren des Streber der
Donau und Amper verglichen und zwischen ihnen ganz bestimmte Art-Unterschiede
wahrgenommen. Indem ich für beide Aspro-Arten als Species-Bezeichnung die Volks-
namen Apron und Streber gewählt habe, glaube ich mich auf Aspro Zingel und
viele andere Fische berufen zu können, für welche ebenfalls die Volksnamen als Art-
Namen beibehalten wurden. Als Diagnose für diese Aspro-Art lässt sich folgendes hin-
stellen:
3. Art. A. Apron Sieb. Apron.
Syn. u. Citate.
Rondelet: Universae aquatilium historiae pars altera. Lugduni, 1555. pag. 207. Cap.
XXXII. De Aspero pisciculo.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. II. 1828. pag. 188. Pl. 26. Aspro vulgaris, l’Apron.
Cuvier: Règne animal, nouvelle édition, accompagnée de planches. Les poissons par
Valenciennes. Pl. 6. Fig. 2. Aspro vulgaris.
Guerin: Iconographie du Règne animal. Poissons. Pl. I. Fig. 5. Aspro vulgaris.
Artcharakter:Erste Rückenflosse mit neun, zweite Rückenflosse
mit dreizehn Strahlen; Schwanz kurz und gedrungen; Grund-
farbe braungelb mit vier schwärzlichen schiefen Binden.
1. D. 9, 2. D. 1/12, P. 14, V. 1/5, A., 1/9, C. 21. Squ. 7/70/14.
Der von mir untersuchte Apron der Rhone hat eine Körperlänge von fünf Zoll und
stimmt in seinen Körperumrissen mit dem Zingel sehr überein, so dass ich anfangs glaubte,
[56]Familie: Percoidei.
ich hätte einen jungen Zingel vor mir, aber die Zahl der Strahlen in den Rückenflossen jenes
Fischchens belehrte mich eines andern, denn ich zählte in der ersten Rückenflosse des
Apron neun Strahlen und in der zweiten Rückenflosse desselben dreizehn Strahlen. Die
grösste Breite des Apron befindet sich, wie bei der Gattung Aspro überhaupt, zwischen den
beiden Kiemendeckeln, fällt aber bei weitem nicht so auf als bei dem Streber der Donau.
Der Schwanz bietet das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen dem Apron der Rhone
und dem Streber der Donau dar. Derselbe erscheint nämlich beim Apron mehr kurz und
gedrungen, während derselbe beim Streber sich langgestreckt und äusserst verschmäch-
tigt darstellt, welcher Unterschied am deutlichsten und augenblicklich hervortritt, so wie
man beide Fische von der Seite betrachtet. Bei genauerer Messung des dünnen, stielför-
migen Schwanzes vom Streber ergiebt es sich, dass, während der senkrechte Durchmes-
ser der niedrigsten Stelle des Apron-Schwanzes der Entfernung zwischen dem hinteren
Augenwinkel und dem hinteren Nasenloche dieses Fisches gleichkömmt, dagegen der senk-
rechte Durchmesser der niedrigsten Stelle vom Streber-Schwanze nicht einmal den Quer-
durchmesser der Augenhöhlenöffnung dieses Fisches erreicht. Die Beschuppung und Schup-
penlosigkeit am Cephalothorax des Apron zeigt sich ebenfalls in anderer Abgrenzung als
bei dem Streber, da ich aber nur ein Exemplar von Apron vor mir habe, so mochte ich
diese Verschiedenheiten nicht als Species-Merkmal hervorheben, dennoch kann ich es nicht
unerwähnt lassen, dass bei meinem Exemplare des Apron der Rhone die Beschuppung sich
am Cephalothorax nur auf den Kiemendeckel, auf das obere Ende des Vordeckels und auf
den Raum der Stirne zwischen Nasenlöchern und Augen beschränkt, der Scheitel und alle
übrigen Theile des Cephalothorax erscheinen unbeschuppt; zugleich sind auch die am
Kopfe vorhandenen Schuppen im Vergleiche zu den Schuppen des übrigen Körpers ausser-
ordentlich klein und viel weniger entwickelt. Bei meinen vierzehn Exemplaren des Streber
der Donau dagegen ist der Cephalothorax um vieles reichlicher beschuppt, die Schuppen
der Stirne bedecken nach vorn einen Theil der Schnauze und nach hinten einen Theil des
Scheitels, auch die Beschuppung des Kiemendeckelapparats breitet sich mehr nach oben
und vorn aus, wodurch nur ein sehr kleiner Theil der Scheitelmitte nackt bleibt und auch
der Raum unterhalb der Augen beschuppt erscheint, Sehr auffallend verschieden zeigt sich
diese Beschuppung des Streber im Vergleich zu der des Apron noch dadurch, dass alle
Schuppen am Cephalothorax des ersteren gleiche Grösse und gleiche Entwicklung besitzen
wie die übrigen Schuppen dieses Fisches.
Auch in der Zeichnung treten bestimmte Unterschiede zwischen Apron und Streber
hervor. Die schwärzlichen schiefen Binden des Körpers, von denen bei dem Streber immer
fünf in die Augen springen, während bei Apron nur vier deutlich vorhanden sind, zeigen
in beiden Arten eine sehr verschiedene Vertheilung. Die zweite Binde erstreckt sich bei
dem Streber über die Wurzel der ersten Rückenflosse hinaus weit nach hinten, die dritte
Binde läuft von der Mitte der zweiten Rückenflosse herab, und die vierte Binde nimmt die
Mitte des Schwanzes ein. Bei Apron dagegen beginnt die zweite Binde am Ende der ersten
Rückenflosse und reicht nach hinten über den Anfang der zweiten Rückenflosse hinweg,
worauf die dritte Binde dicht hinter der zweiten Rückenflosse folgt.
Ich hätte es nicht gewagt, auf die Verschiedenheiten hin, welche mir an dem einzigen
mir zu Gebote stehenden Exemplare des Apron der Rhone bei dem Vergleich mit meinen
vierzehn Exemplaren des Streber der Donau entgegentraten, eine besondere Art zu gründen,
wenn mich nicht die verschiedenen Beschreibungen und Abbildungen, welche von dem
Aspro vulgaris Cuv. der Rhone und der Donau existiren, dazu veranlasst hätten, indem ich
auch an diesen Beschreibungen und Abbildungen den von mir herausgefundenen Unter-
schied des Apron und Streber habe erkennen können. Nur bei der Abbildung des Apron
der Rhone, welche zuerst durch Rondelet (a. a. O.) gegeben wurde, tritt das von mir auf-
gestellte diagnostische Merkmal am Schwanze nicht scharf hervor, was davon herrühren
mag, dass Rondelet diesen Fisch von oben dargestellt hat, wodurch der etwas seitlich zu-
[57]Gattung: Aspro.
sammengedrückte Schwanz schmächtiger erscheint und an die durchweg schmächtige
Schwanzform des Streber erinnert. Rondelet, dem wir überhaupt die erste bestimmte
Nachricht über den Apron verdanken, kannte diesen Fisch nur aus der Rhone, und gab als
Fundort die zwischen Lyon und dem südlich gelegenen Vienne befindliche Strecke jenes
Flusses an 1). Von Rondelet ist die Nachricht über die Existenz des Apron in die anderen
älteren ichthyologischen Schriften übergegangen. Gesner2) beschreibt unter dem Namen
Asper denselben Fisch und fügt eine Copie nach Rondelet’s Abbildung hinzu. Später lässt
Gesner3) die Beschreibung und Abbildung eines Fisches folgen, den er unter dem Namen
Zindel aus der Donau erhalten hatte, und spricht sich dabei deutlich aus, dass dieser Zin-
del dem Apron sehr ähnlich, aber doch von ihm verschieden sei. Man erkennt an der un-
vollkommenen Abbildung, welche Gesner von diesem Donaufische gegeben, trotz des Feh-
lens der Afterflosse, doch ganz deutlich, dass derselbe den Aspro Zingel vor sich hatte.
Auch Aldrovandi4) erwähnt beide Fische und copirt die Abbildungen derselben, ohne sie
für eine und dieselbe Art zu halten. Jonston5) hat den Aldrovandi in Bezug auf diese bei-
den Fische in seiner gewohnten Weise abgeschrieben. Es findet sich demnach gar keine
Veranlassung, dem Gesner, Aldrovandi und Jonston, wie es von Bloch6) geschehen ist,
Vorwürfe zu machen, dass sie den Apron und Zingel mit einander verwechselt hätten.
Willughby war der erste, welcher den Apron der Rhone mit dem Streber der Donau zusam-
mengeworfen, indem er in seinem grossen Fischwerke den Asper pisciculus des Rondelet
beschrieben und copirt, und in der Ueberschrift des Capitels zu dem Lyoner Apron den
Regensburger Namen Streber als synonym hinzugesetzt hat 7). Wahrscheinlich hat Wil-
lughby auf seinen Reisen Gelegenheit gehabt, den Streber der Donau kennen zu lernen. Von
jetzt ab ward der Streber und Apron von den späteren Ichthyologen, von Ray, Artedi,
Linné und anderen für eine und dieselbe Species gehalten. Die Verwechslung kam nicht
zu Tage, nachdem Marsigli zum ersten Male den Streber genauer beschrieben und abge-
bildet hatte, denn Marsigli selbst citirt 8) zu seinem »Asper pisciculus II, Stroeber oder
Streber« nach dem Beispiel Willugby’s den Asper pisciculus des Rondelet. Diese Ver-
wechselung beider Fische währte noch fort, nachdem auch Schaeffer (Nr. 17. a. a. O.) mit
seiner vortrefflichen Darstellung des Streber hervorgetreten war, und es trägt wohl ledig-
lich die unvollständige Beschreibung und unvollkommene Abbildung, welche Rondelet
von dem Apron der Rhone gegeben hatte, die Schuld, dass auch Bloch9) den Streber der
[58]Familie: Percoidei.
Donau und den Apron der Rhone als zwei besondere Arten nicht auseinander hielt. Um
so mehr muss es auffallen, dass Cuvier und Valenciennes, von welchen der Apron der Rhone
zuerst (Nr. 5. a. a. O.) genauer beschrieben und abgebildet wurde, ebenfalls den Unter-
schied zwischen Apron und Streber nicht wahrgenommen haben. Dass dieselben einen
Apron der Rhone bei ihrer Beschreibung des Aspro vulgaris vor sich hatten, erkennt man
aus der beigefügten Abbildung, welche von der Abbildung des Streber der Donau, wie sie
sich in den Schriften von Marsigli, Schaeffer, Bloch und Heckel und Kner vorfindet, ausser-
ordentlich abweicht, und gerade diejenigen Speciescharaktere an sich trägt, welche ich für
Aspro Apron hervorgehoben habe. Ganz ähnlich verhalten sich auch die späteren Abbil-
dungen des Apron in dem Atlas von Valenciennes (a. a. O.) und in der Iconographie von
Guerin (a. a. O.). Der kurze gedrungene Schwanz auf den genannten Abbildungen des
Aspro vulgaris sticht ausserordentlich ab gegen den langen schmächtigen Schwanz auf den
Abbildungen des Streber bei den oben angeführten Ichthyologen. Schon die Aehnlichkeit
des Apron in der äussereren Körperform mit dem Gobio (Grundel, Gressling), mit welchem
Fisch Rondelet den Apron ganz richtig verglichen hat, weisst auf eine Verschiedenheit des
Apron und Streber hin, denn niemandem wird es einfallen, den dünnschwänzigen Streber
mit einer Grundel vergleichen zu wollen.
Nach dieser Auseinandersetzung wird es erhellen, dass auch in dem Werke von
Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 14) über die östreichischen Süsswasserfische die bei dem
Streber der Donau aufgeführten Synonymen der französischen Zoologen gestrichen wer-
den müssen.
IV. Gattung: Acerina (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Eine einfache Rückenflosse, Maul mit Sam-
metzähnen besetzt; Vordeckel und Hauptdeckel mit Sta-
cheln; mehrere Gruben an den Kopfknochen. Brust und
Bauch mehr oder weniger schuppenlos.
1. Art. A. cernua Lin. Schroll, Kaulbarsch.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 210. Taf. 38. Kutt.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 40. n. 4, Descript. spec. pisc. pag. 80. n. 3. Syn. nom. pisc.
pag. 68. n. 4.
Schaeffer Nr. 17: pag. 37. Tab. II. Fig. 1. Schroll, Pfaffenlaus.
Linné Nr. 2: pag. 487. n. 30. Perca cernua.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 74. Taf. 53. Fig. 2. Perca cernua, Kaulbarsch.
Schrank Nr. 23 a: pag. 316. n. 287. Kaulbarsch.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. III. 1829. pag. 4. Pl. 41. Acerina vulgaris, la Gremille
commune.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 34. Perca cernua, Kaulbarsch.
Bujack Nr. 97: pag. 356. Acerina cernua, Kaulbarsch.
Krøyer Nr. 72: Bd. I. 1838—40. pag. 43. Acerina vulgaris.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 187. n. 4. Acerina cernua, Grémille Gougeonnière.
Günther Nr. 47: pag. 14. Acerina vulgaris, Kaulbarsch.
Leiblein Nr. 51: pag. 115. Acerina vulgaris, Kaulbarsch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 19. Fig. 6. Acerina vulgaris, Kaulbarsch.
Fritsch Nr. 75: pag. 200. Acerina vulgaris, Kaulbarsch.
[59]Gattung: Acerina.
Artcharakter:Körper kurz und gedrungen; Schnauze stumpf;
die ersten 12 bis 14 Strahlen der Rückenflosse sind Stachel-
strahlen; Farbe des Rückens und der Seiten olivengrün mit
unregelmässig zerstreuten dunklen Flecken und Puncten,
Rückenflosse und Schwanzflosse mit schwärzlichen Punct-
reihen.
D. 12—14/11—14, P. 13, V. 1/5, A. 2/5—6, C. 17, Squ. 6—7/37—40/10—12.
Der Kaulbarsch, welcher eine Grösse von acht Zoll erreichen kann, ge-
hört allen Flussgebieten von Mitteleuropa an, wird aber in Norddeutschland
verbreiteter und häufiger angetroffen als in Süddeutschland. Ich habe den-
selben aus der Donau bei Regensburg, aus dem Main bei Würzburg, aus dem
Neckar bei Heidelberg und aus dem Rhein bei Strassburg gesammelt. Der
zuletzt erwähnte Fundort widerlegt die Behauptung Sander’s (Nr. 44: pag. 171),
dass der Kaulbarsch nicht über Rusheim (ohnweit Germersheim) hinauf im
Rhein vorkommen soll. Ausserdem behauptet auch Schinz (Nr. 40 b: pag. 151),
dass der Kaulbarsch unter dem Namen »Kutz« in Basel ein sehr bekannter
Rheinfisch ist, woraus sich ganz klar herausstellt, dass sich Hartmann, wie schon
oben (pag. 54) erwähnt wurde, getäuscht hat, wenn er den Streber statt des
Kaulbarsch als einen Fisch des Rheins aufführt, der bei Basel »Kutz« genannt
werde. In den Alpengewässern fehlt übrigens dieser Fisch fast gänzlich.
Als Laichzeit des Kaulbarsch werden die Monate April und Mai angegeben.
An diesem Fische kommen in Bezug auf die Beschuppung der Brust man-
cherlei Abweichungen vor, indem hier eine bald grössere bald geringere
Fläche unbeschuppt erscheint, zuweilen sogar die ganze Brust von Schuppen
entblösst ist. Günther1) hat bereits auf diese Erscheinung hingewiesen und
darauf aufmerksam gemacht, dass die Unbeständigkeit dieser Erscheinung
nicht erlaube, auf den Mangel oder auf die Anwesenheit von Beschuppung
gewisser Stellen des Fischleibes Artunterschiede zu gründen. Auch Heckel
und Kner haben bei dem Kaulbarsch (a. a. O. pag. 21) die Bemerkung gemacht,
dass die Brust desselben bald nackt, bald beschuppt sein kann und dass zu-
weilen auch der Raum zwischen den Brust- und Bauchflossen ganz nackt sei.
Ich kann das letztere bestätigen, da ich aus der Donau, dem Main und dem
Neckar Kaulbarsche erhalten habe, deren Brust nicht allein, sondern deren
Seiten zwischen Brust- und Bauchflossen sich gleichfalls ganz schuppenlos
zeigten.
[60]Familie: Percoidei.
2. Art. A. Schraetser Lin. Schrätzer.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 40. n. 5. Syn. nom. pisc. pag. 68. n. 5.
Schaeffer Nr. 17: pag. 48. Tab. II. Fig. 4. Schraitser.
Linné Nr. 2: pag. 487. n. 31. Perca Schraetser.
Bloch: Naturgeschichte der ausländischen Fische. Th. VII. 1793. pag. 26. Taf. 132. Fig. 1.
Gymnocephalus Schraetser, Schrätser.
Schrank Nr. 23 a: pag. 316. n. 288. Schrätser.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. III. 1829. pag. 13.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 22. Fig. 7. Acerina Schraitzer, Schrätz, Schrazen.
Artcharakter:Körper langgestreckt; Schnauze verlängert; die
ersten 18 bis 19 Rückenflossen-Strahlen stachelförmig; die
Farbe citronengelb mit drei bis vier schwärzlichen Längs-
linien an den Seiten des Körpers, der stachelige Theil der
Rückenflossen mit dunklen Fleckenreihen.
D. 19—18/12—13, P. 13—14, V. 1/5, A. 2/6—7, C. 17, Squ. 7—8/60—70/13—14.
Der Schrätzer gehört zu den schönsten Fischen unserer Fauna; als
Marktfisch hat derselbe gar keine Bedeutung, obgleich er eine Grösse von
sieben Zoll erreichen kann. Seine Laichzeit fällt mit der des Kaulbarsches
zusammen.
Die Verbreitung des Schrätzer ist nur auf das engere Donau-Gebiet be-
schränkt, und wenn Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 21) aussagen, dass dieser
Fisch auch bei Budweis vorkomme, so kann damit nicht gemeint sein, dass
derselbe ein Moldaufisch sei. Fritsch (Nr. 75: pag. 200) hat gewiss recht ge-
than, den Schrätzer aus der Fauna des Elbe-Gebiets entfernt zu halten. Merk-
würdiger Weise wird dieser Fisch von Wulff auch als preussischer Fisch
aufgeführt. Nach seiner Aussage soll derselbe in stehenden Gewässern bei
Freystadt in Westpreussen vorkommen 1). Es ist diese Notiz von Bock2),
Lorek3) und Bujack4), welche sich um die Aufzählung, Beschreibung und
Darstellung der preussischen Thiere verdient gemacht haben, aufgenommen
worden, obgleich sich mehrfach Zweifel erhoben haben, ob sich nicht Wulff
getäuscht und vielleicht eine gelbliche Varietät des Kaulbarsches oder des
gemeinen Barsches mit dem Schrätzer verwechselt habe. Auffallend ist es,
dass Baer, der früher als Director des zoologischen Cabinets der Universität
[61]Gattung: Acerina.
zu Königsberg mit ausserordentlicher Mühe Materialien zu einer Ausarbeitung
der preussischen Fauna sammelte 1), nicht in den Besitz eines preussischen
Schrätzer gelangen konnte; ich fand wenigstens, als ich im Jahre 1834 nach
Baer’s Uebersiedelung von Königsberg nach St. Petersburg die interimistische
Direction des Königsberger zoologischen Cabinets übernahm, keinen Schrätzer
aus Preussen darin vor, und auch Rathke meldete im Jahre 1846 2), dass das-
selbe zoologische Cabinet noch immer nicht im Besitze eines preussischen
Schrätzer sei. Da der Schrätzer des Donau-Gebiets nur im fliessenden Wasser
vorkömmt, und Wulff ausdrücklich stehendes Gewässer für den Fundort
seines Schrätzer angiebt, so ist schon aus diesem Grunde die oben ausge-
sprochene Vermuthung gerechtfertigt, dass sich Wulff in der Bestimmung
jenes Fisches von Freystadt geirrt haben muss, um so mehr, da derselbe für
seinen vermeintlichen Schrätzer keinen Volksnamen beifügte, während er es
nicht versäumt hat, bei allen übrigen in seiner Ichthyologie erwähnten Fischen
die preussischen Trivialnamen aufzuführen. Nachdem ich bei einer im Jahre
1860 wiederholten Musterung des zoologischen Cabinets zu Königsberg noch
immer diesen Schrätzer aus Preussen vermisste und mir bei meinen Erkun-
digungen weder in Ost- noch in Westpreussen die Fischer über einen sol-
chen Fisch Auskunft geben konnten 3), muss ich den Schrätzer in Bezug auf
die preussische Fischfauna als Fremdling erklären.
[[62]]
Familie der Panzerwangen,
Scleroparei.
Die Knochen des Unteraugenrand-Ringes nach unten verbreitert
und mit dem Vordeckel verbunden. Kopf und Kiemendeckelstücke
verschieden bedornt.
I. Gattung: Cottus (nach Linné).
Gattungscharakter:Kopf breit und flach, mit Stacheln bewaffnet;
Kiefer und Pflugscharbein mit Bürstenzähnen; zwei dicht
hintereinanderstehende Rückenflossen, die Bauchflossen
zwischen den Brustflossen; Leib schuppenlos.
1. Art. C. Gobio Lin. Koppen, Kaulkopf.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 214. Taf. 40. Koppen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 48. n. 1, Descript. spec. pag. 82. n. 1, Syn. nom. pisc.
pag. 76. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 452. n. 6. Cottus Gobio.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 12. Taf. 39. Fig. 1 \& 2. Cottus Gobio, Kaulkopf.
Schrank Nr. 23 a: pag. 313. n. 281. Groppe.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 57. Cottus Gobio, Gropp.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. IV. 1829. pag. 145. Cottus Gobio, Chabot de rivière.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 37. Cottus Gobio, Kaulkopf.
Bujack Nr. 97: pag. 357. Cottus Gobio, Kaulkopf.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 186. n. 3. Cottus Gobio, Chabot Têtard.
Günther Nr. 47: pag. 17. Cottus Gobio, Gruppe.
Leiblein Nr. 51: pag. 115. Cottus Gobio, Kautzenkopf.
Rapp Nr. 41: pag. 5. Cottus Gobio, Gruppe.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 27. Fig. 9 \& 10. Cottus Gobio, Koppe.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Cottus Gobio, Groppe.
Artcharakter:Mundspalte sehr breit, bis unter die Augen rei-
chend; die Brustflossen sehr breit und lang entwickelt, die
Bauchflossen schmal und kurz, und den After nicht er-
[63]Gattung: Cottus.
reichend; die erste Rückenflosse an die zweite Rücken-
flosse dicht anstossend; Bauchflosse ungebändert.
1. D. 6—9, 2. D. 15—18, P. 13—14, V. 1/4, A. 12—13, C. 13.
Dieser überall in Seen, Flüssen und Bächen aller Stromgebiete von Mit-
teleuropa einheimische Fisch hält sich gern unter Steinen verborgen, daher
derselbe in den kleinsten und wasserarmen Bächen anzutreffen ist.
Die Kopfform des Koppen hat nach den Geschlechtern eine verschiedene
Gestalt; bei den Männchen erscheint der niedergedrückte Kopf am Vorder-
rande sehr stumpf abgerundet und das weite Maul sehr in die Breite gezogen,
bei den Weibchen dagegen ist der Vorderrand des niedrigen Kopfes weniger
stumpf und das Maul weniger breit.
Die Schwanzflossen-Strahlen des Koppen, sowie der übrigen Cottus-Arten
zeigen die bekannte Gliederung und dichotomische Zersplitterung, anders
verhalten sich die sogenannten weichen Strahlen der übrigen Flossen. Diese
sind bei Cottus Gobio zwar gegliedert und an der Spitze weich, aber nicht di-
chotomisch zertheilt; nur einige der oberen Brustflossen-Strahlen machen bei
einzelnen Individuen eine Ausnahme, indem sie mehr oder weniger dichoto-
misch gespalten sind, auch an der hinteren Rückenflosse habe ich einige Male
einzelne Strahlen gabelförmig gespalten angetroffen.
In der Färbung variirt der Koppen ausserordentlich, die vielen auf grau-
lichem oder bräunlichem Grunde zerstreuten schwärzlichen Puncte sind häufig
zu grossen wolkigen Flecken oder Querbinden ineinander geflossen. An der
Rücken-, Brust- und Schwanzflosse sind die hellen Strahlen immer, an der
Afterflosse häufig braun gefleckt.
Obgleich der Koppen gewöhnlich nur eine Länge von 4 bis 5 Zoll er-
reicht, muss er doch, wie es schon sein weiter Rachen andeutet, zu den sehr
gefrässigen Raubfischen gerechnet werden. Derselbe wird hier häufig in
Menge zu Markte gebracht, aber nur wenig für die Küche verlangt, sondern
mehr für den Angelfischfang als Köder gesucht.
Im Monat März und April tritt die Fortpflanzungsperiode dieses Fisches
ein, während welcher Zeit sich die männlichen Individuen des Koppen ganz
besonders des Fortpflanzungsgeschäftes annehmen. Schon Linné1) meldet
von dem Koppen, dass derselbe ein Nest baue und eher sein Leben als die
Eier in diesem Neste aufgebe. Auch Marsigli2) und Otho Fabricius3) kennen
an diesem Fische die Liebe und Sorge für seine Eier, behaupten aber, dass
[64]Familie: Scleroparei.
es das Männchen sei, welches die Eier so sorgfältig bewache. Es wird diese
Erzählung von Bloch1), Nau2), Hartmann3), Eckström4), Günther5) und auch
von Cuvier et Valenciennes bezweifelt 6), aber gewiss mit Unrecht. Die Kop-
pen gehören zu den wenigen Fischen, welche vermöge ihres Aufenthalts in
kleinen oft ganz wasserarmen Bächen unter Steinen versteckt unserer Beob-
achtung leicht zugänglich sind, so dass jene Mittheilungen wohl nicht ersonnen
sein können, sondern auf wirklicher Beobachtung beruhen werden. Zur Be-
stätigung jener älteren Mittheilungen führe ich aus Heckel’s und Kner’s Schrift7)
an, was erfahrene Fischer an der Traun darüber beobachtet haben. »Zur
Laichzeit begibt sich ein Männchen in ein Loch zwischen Steinen, will ein
andres davon Besitz nehmen, so wird gekämpft und man fängt öfters Koppen,
die den Kopf ihres Gegners im Munde halten, ohne ihn verschlingen zu kön-
nen. Kommt aber ein Weibchen, das aufgenommen wird, so setzt dieses da-
selbst den Rogen ab und zieht dann wieder weiter; das Männchen vertritt
aber nun Mutterstelle und beschützt 4 bis 5 Wochen lang denselben, ohne
sich zu entfernen, ausser um Nahrung zu suchen. Während dieser ganzen
Zeit erweist es sich eben so ausdauernd als muthig und beisst in die Stange
oder Ruthe, mit der man es verjagen will, weicht nur im höchsten Nothfalle
und wird sogar dabei öfters erschlagen«. Ich zweifle an der Wahrheit dieser
Erzählung um so weniger, als mir selbst von den Männchen anderer Fischarten
eine ähnliche Sorge und Aufopferung bei der Brutpflege bekannt ist.
2. Art. C. poecilopus Heck.
Syn. u. Citate.
Heckel Nr. 11 b: pag. 145. Tab. 8. Fig. 1 \& 2. Cottus poecilopus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 31. Fig. 11. Cottus poecilopus.
Artcharakter:Mundspalte sehr breit, bis unter die Augen rei-
chend; die Brustflossen sehr breit und lang entwickelt,
die Bauchflossen schmal und lang, bis zum After reichend;
die erste Rückenflosse an die zweite dicht anstossend;
Bauch- und Afterflosse gebändert.
1. D. 8—9, 2. D. 16—18, P. 14, V. 1/4, A. 13—14, C. 13.
[65]Gattung: Cottus.
Ich kenne diese dem gemeinen Koppen sehr nahe stehende Cottus-
Species nur aus Heckel’s Beschreibungen (a. a. O.) und aus dem Wiener
Naturalien-Cabinete, wo dieselbe unter anderen auch als Bewohnerin der obe-
ren Weichsel aufbewahrt wird. Es scheint, als ob die geographische Ver-
breitung dieser Species bloss auf die Gewässer in den Karpathen beschränkt
wäre, in den von den Karpathen entfernteren Gegenden des Weichsel-Gebiets
ist wenigstens bis jetzt der C. poecilopus nicht beobachtet worden.
Heckel hat als Artcharakter die Ungetheiltheit der Brust-Flossenstrahlen
hervorgehoben, auf welches Artkennzeichen ich keinen so grossen Werth legen
zu dürfen glaubte, da bei C. Gobio die Getheiltheit der Brust-Flossenstrahlen
sich sehr unbeständig zeigt und bei demselben die Ungetheiltheit ebenso oft
als die Getheiltheit dieser Strahlen vorkömmt.
Familie der Makrelen,
Scomberoidei.
Kiemendeckel-Apparat glatt, ohne Stacheln und Zähnelung; Haut
nackt oder mit sehr kleinen Schuppen bekleidet, oder theils mit Kno-
chenschienen, theils mit gekielten Knochenplatten gepanzert.
I. Gattung: Gasterosteus (nach Linné).
Gattungscharakter:Vor der Rückenflosse freie Stachelstrahlen,
statt der Bauchflossen jederseits ein freier Stachelstrahl,
dahinter ein verkümmerter weicher Strahl.
Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 36) haben die Stichlinge von der Familie
der Panzerwangen getrennt und in die Familie der Scomberoideen eingereiht,
ich bin deren Beispiel gefolgt, weil auch mir auf diese Weise die Stichlinge
natürlicher untergebracht erscheinen, als bei den Scleropareen, mit denen sie
freilich die stärkere Entwicklung des Suborbitalringes und dessen Verbindung
mit dem Vordeckel gemein haben, während sie im übrigen wenig mit ihnen
übereinstimmen, sondern sowohl in ihrer Flossenstrahl-Bildung, ihrer Haut-
bedeckung, sowie in ihrer Körperform überhaupt an gar manche Scomberoideen
erinnern, auf welche Verwandtschaft bereits Cuvier et Valenciennes1) selbst
v. Siebold, Fische. 5
[66]Familie: Scomberoidei.
hingedeutet haben, und welche Verwandtschaft schon Linné1) geahnt hat,
indem er verschiedene Makrelen-Formen aus der jetzigen Gattung Nau-
crates, Elacate und Temnodon mit den Stichlingen unter dem gemeinschaft-
lichen Gattungsnamen Gasterosteus vereinigt hatte. Auch Rüppell2) hat die
Stichlinge mit den Scomberoideen verbunden.
1. Art. G. aculeatus Lin. Stichling.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 228. Taf. 47. (var. leiurus).
Artedi Nr. 1. Gen. pisc. pag. 52. n. 1, Descript. spec. pag. 96. n. 1, Syn. nom. pisc.
pag. 80. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 489. n. 1. Gasterosteus aculeatus.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 79. Taf. 53. Fig. 3. Gasterosteus aculeatus, Stichling.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 70. Gasterosteus aculeatus, Stichling.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. IV. 1829. pag. 481. Pl. 98. Fig. 1 \& Fig. 4. Gasterosteus
leiurus \& trachurus., Epinoche à queue nue \& queue armée.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 38. Gasterosteus aculeatus, Stechbüttel.
Bujack Nr. 97: pag. 358. Gasterosteus aculeatus, Stichling.
Krøyer Nr. 82: Bd. I. 1838—40. pag. 169. Gasterosteus aculeatus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 223. n. 45. Gasterosteus aculeatus, Epinoche.
Günther Nr. 47: pag. 29. Gasterosteus leiurus, Stachelfisch.
Leiblein Nr. 51: pag. 116. Gasterosteus gymnurus \& trachurus, Stichling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 38. Fig. 16 (var. trachurus). Gasterosteus aculeatus, Stichling.
Artcharakter:Drei Stachelstrahlen vor der Rückenflosse, von
denen der erste über der Basis der Brustflosse auf dem
Rücken eingelenkt und der zweite der längste ist.
D. 3/11—12, P. 9—10, V. 1/1, A. 1/8, C. 5—6/12/6—7.
Aus den angeführten Synonymen geht hervor, dass Cuvier et Valenciennes
zwei Formen dieses dreistacheligen Stichlings unterscheiden, von denen es
noch nicht ganz feststeht, ob sie nur Varietäten oder wirklich Arten sind. Die
eine Form, als G. leiurus oder gymnurus von Cuvier bezeichnet, besitzt einen
nackten Leib, während die andere als G. trachurus bezeichnete Form bald
mehr bald weniger an den Seiten des Leibes mit Knochenschienen bedeckt
ist. Die Mehrzahl der Zoologen will diese beiden Formen des Stichlings als
zwei gesonderte Arten nicht gelten lassen, ja es wird auch noch der G. se-
miarmatus und semiloricatusCuv. \& Val. als Varietät des gemeinen Stichlings
[67]Gattung: Gasterosteus.
betrachtet 1). Fries und Ekström erklärten die beiden Formen durch den Einfluss
der Jahreszeiten entstanden 2), indem der Gasterost. aculeatus im Sommer als
G. leiurus und im Winter als G. trachurus auftrete. Günther (Nr. 47: pag. 34)
behauptet dagegen, dass die gepanzerte Form des Stichlings mehr dem Nor-
den und die nackte Form mehr dem Süden angehöre. Mir scheint dies nicht
ganz unwahrscheinlich, wenigstens habe ich aus Würzburg, Mainz, Strass-
burg, Freiburg und Stuttgart nur G. leiurus erhalten, während mir von
Berlin und Bremen sowohl die nackte wie die gepanzerte Form eingesendet
wurde, und ich bei meiner letzten Anwesenheit in Ost- und Westpreussen
nur den G. trachurus aus den dortigen Flüssen und Seen einsammeln konnte.
Nach den Abbildungen zu schliessen, die sich als Originaldarstellungen des
dreistacheligen Stichlings in den verschiedenen nordischen Fischfaunen vor-
finden, scheint die gepanzerte Form als G. trachurus im nördlichen Europa
am häufigsten vorzukommen. So hat Donovan den G. aculeatus nur gepan-
zert und zugleich im rothgefärbten Brautkleide dargestellt 3). Ebenso beziehen
sich die Abbildungen von Bloch4) und Krøyer5) auf den gepanzerten G.
aculeatus. Dagegen ersieht man aus den Abbildungen, welche Coste gelie-
fert 6), dass derselbe in Paris seine weiter unten zu erwähnenden Beobach-
tungen an G. leiurus angestellt hat. Es scheinen übrigens die verschiedenen
Entwicklungszustände der knöchernen Hautbedeckung bei diesem Stichling
von etwas anderem als von der Jahreszeit abhängig zu sein, denn aus einer
Mittheilung Yarrell’s erfahren wir, dass derselbe im Monat August den
G. trachurus, semiarmatus und leiurus an einem und demselben Ort
gefangen habe, unter denen jedoch die erste Form stets die häufigste gewe-
sen sei 7).
Der dreistachelige Stichling, der merkwürdiger Weise im Flussgebiete
der Donau gänzlich fehlt, sonst aber in allen übrigen Stromgebieten Mittel-
europa’s angetroffen wird, wählt sich im Rhein-Flussgebiet als Lieblingsauf-
enthalt die kleineren Seitenbäche des Rheins, des Mains und des Neckars aus,
im Rhein selbst sucht er die sogenannten todten Arme desselben auf, wo er
sich bei länger anhaltendem Hochwasser zuweilen ausserordentlich vermehrt.
Die Fähigkeit einer zeitweise ungeheuren Vermehrung tritt jedoch an
diesem Fische im nördlichen Europa häufiger und auffallender hervor als an
5*
[68]Familie: Scomberoidei.
dem Stichling des Rhein-Gebiets. Die Mittheilungen, welche wir hierüber
in den Schriften der verschiedenen Ichthyologen lesen, klingen fast fabelhaft.
In Schleswig, Holstein 1), England 2) und Schweden 3) wird der Stichling zu-
weilen in so grosser Menge gefangen, dass er zum Schweinefutter, zum Thran-
kochen oder als vortreffliches Düngemittel verbraucht werden kann. Von
Pennant wird erzählt 4), dass während einer solchen übermässigen Vermehrung
dieses Stichlings in den stehenden Gewässern von Lincolnshire sich ein Mann,
der zu einem halben Pfennig den Scheffel Stichlinge an einen Oekonomen ab-
geliefert, längere Zeit hindurch täglich vier Schillinge verdienen konnte.
Auch Klein in Danzig meldete von dem Stichling 5), dass die Bewohner der
frischen Nehrung sich aus ihm ein Oel bereiten. Mir selbst wurde in Danzig
erzählt, dass sich zur Zeit der letzten Belagerung von Danzig die Stichlinge
in den dortigen Festungsgräben in so ungeheurer Menge vermehrt hätten,
dass bei dem Mangel der gewöhnlichen Lebensmittel die ärmeren Einwohner
der Stadt zu diesen Stichlingen ihre Zuflucht genommen hätten, um ihren
Hunger zu stillen.
Die Färbung des dreistacheligen Stichlings, welcher kaum die Länge von
drei Zoll erreicht, erscheint auf dem Rücken graugrün, die Seiten und der
Bauch desselben glänzen silberig. Bei jüngeren Individuen sind die Seiten
des Leibes mit schwarzen Bandstreifen geziert, welche häufig oben und unten
ineinander fliessen; gegen die Laichzeit hin, welche in die Sommermonate
fällt, schmücken sich Seiten, Kehle, Brust und Bauch dieses Fisches mit
prächtig rothglänzenden Farben.
Es zeichnet sich dieser kleine Fisch mit seinen übrigen Art-Verwandten
durch einen merkwürdigen Kunsttrieb aus, der verbunden mit ausserordent-
licher Sorgfalt für die Brutpflege aber nur den männlichen Stichlingen eigen
ist. Schon oft wurde das sonderbare Benehmen des nestbauenden und brut-
beschützenden Stichlings von Freunden und Beobachtern der lebenden Natur
erwähnt und beschrieben, es wurde jedoch auf diese belehrenden Mitthei-
lungen kein besonderes Gewicht gelegt, ja kaum eine Notiz davon genommen,
bis Coste im Jahre 1846 zu Paris diese längst in englischen und deutschen
Zeitschriften bekannt gemachte Fortpflanzungsgeschichte der Stichlinge als
eine von ihm gemachte Beobachtung der Pariser Akademie der Wissenschaf-
ten vorlegte 6). Gleich darauf reclamirte Lecoq diese Angaben als von ihm
[69]Gattung: Gasterosteus.
schon vor mehreren Jahren angestellte und im Jahre 1844 bekannt gemachte
Beobachtungen 1), wogegen Coste erwiderte, dass er Lecoq’s ganze Notiz in
seine Abhandlung mit aufgenommen und so gegen denselben seine Schuldig-
keit gethan habe 2). Es muss aber auffallen, dass sowohl in den von Coste
der Pariser Akademie mitgetheilten vorläufigen Notizen, wie in dessen aus-
führlicherer Abhandlung über den Nestbau des Stichlings der Name Lecoq
mit keiner Sylbe erwähnt wird 3), und dass man bei Lesung von Coste’s Ab-
handlung nur aus dem einen Passus: »les Épinoches ne sont point monoga-
mes, comme on l’a avancé« errathen kann 4), dass vor Coste schon jemand
über diesen Gegenstand, wenn auch nicht ganz richtige und nicht erschöpfende
Angaben, bekannt gemacht habe. Leider wurde weder von Lecoq5) selbst,
noch von Flourens, Valenciennes und Duméril, welche über Coste’s Beob-
achtungen und über Lecoq’s Reclamation der Akademie Bericht abzustatten
hatten 6), der Titel des Werkes oder der Zeitschrift angeführt, in welchen
Lecoq seine Beobachtungen niedergelegt, so dass ich nicht im Stande bin zu
beurtheilen, wie viel oder wie wenig Lecoq über die Fortpflanzungsgeschichte
des Stichlings beobachtet und bekannt gemacht hat. Da aber schon lange vor
Lecoq und Coste das Benehmen der nestbauenden Stichlinge von Engländern
und Deutschen gekannt war, halte ich es um so mehr für angemessen, den
älteren Beobachtern durch Mittheilung ihrer Erfahrungen gerecht zu werden,
weil das von Coste allerdings in sehr anziehender Weise mitgetheilte Beneh-
men des nestbauenden und die Brut bewachenden Stichlings in Deutschland
als etwas ganz Neues so grosses Interesse erregte, dass die von Coste dar-
über niedergeschriebene Abhandlung sammt den dazu gelieferten bildlichen
Darstellungen theils in deutschen Schriften über Fischzucht, theils in deut-
schen periodischen Unterhaltungs-Blättern übersetzt, erschienen ist.
Die erste Nachricht über den Nestbau der Stichlinge haben wir John
Hall zu verdanken, dessen Beobachtung im Jahre 1739 von Bradley nebst
einer Abbildung des Nestes des dreistacheligen Stichlings bekannt gemacht
wurde 7). Hall hatte das Bauen des aus Wurzelfasern angefertigten Nestes
von Anfang bis zu Ende mitangesehen und Bradley vermuthete nach dem
[70]Familie: Scomberoidei.
Aussehen dieses ihm überbrachten Nestes, dass dasselbe eher zur Aufbe-
wahrung des Laichs als zur Wohnung des Fisches selbst dienen möge. Von
einem deutschen Anonymus 1) wurden bei Würzburg im Juni 1832 Stichlinge
bei dem Bewachen ihrer aus Wurzelfasern gebauten und im sandigen Grunde
eines Teiches versteckten Nester beobachtet. Die von demselben ausgegra-
benen Nester enthielten 60 bis 80 Eier, aus denen schon am anderen Tage
die kleinen Stichlinge auskrochen. Das schon im Jahre 1829 von David
Milne2) aufgefundene, durch den fünfzehnstacheligen Seestichling (Gasterosteus
Spinachia Lin.) angefertigte Nest, sowie die furchtlose Aufmerksamkeit, mit
welcher dieser Fisch sein Nest und die darin sich entwickelnde Brut be-
wacht, sind schon vor den von Coste an dem dreistacheligen Stichlinge
angestellten Beobachtungen in England bekannt gewesen, wie aus den
verschiedenen Mittheilungen von Duncan, Turnbull, Maclaren und Johnston
und aus der von Hamilton gelieferten Abbildung dieses Nestes hervorgeht 3).
Auch von R. Q. Couch4) wurde das Nest des Gasterosteus Spinachia beschrie-
ben, welches aus festgewachsenen Fucoideen besteht, deren Aeste durch
einen umgewickelten glasartigen elastischen Faden zu einem Büschel zusam-
mengehalten werden und in ihrer Mitte die abgelegten Eier umschliessen.
Couch beobachtete drei Wochen lang ein solches Nest und immer sah er das-
selbe von einem und demselben Seestichling bewacht. Das aufmerksame
Fischchen besserte jede an dem Neste durch Zufall entstandene und mit Ab-
sicht des Beobachters hervorgebrachte Unordnung mit seiner Schnauze wie-
der aus, ja, das sorgsame Thierchen, durch die eintretende Ebbe verscheucht,
kehrte jedesmal mit der Fluth zu seinem Neste zurück, um dasselbe zu un-
tersuchen, auszubessern und von neuem zu bewachen. Durch Hancock5) er-
fahren wir, dass Crookenden schon im Jahre 1834 den Nestbau des drei-
stacheligen Stichlings beobachtet habe.
Von Coste (a. a. O.) sind jedenfalls diese Beobachtungen sehr erweitert
[71]Gattung: Gasterosteus.
worden, indem derselbe zuerst erkannte, dass die Männchen von Gasterosteus
aculeatus es sind, welche das Nest bauen und, nachdem die Weibchen das-
selbe mit Eiern besetzt haben, vor dem Eingange des Nestes durch fibrirende
Bewegungen ihrer Brustflossen eine Wasserströmung unterhalten, um den in
der Höhle des Nestes verborgenen Eiern frisches Wasser zuzutreiben. In die-
sem Geschäfte werden sie aber oft unterbrochen, indem sie ihre müssigen und
grausamen Weibchen mit Gewalt von den Nestern abzuhalten haben, da diese
gern die Nester zerstören und den darin verborgenen Laich aufzehren. Aber
auch unter sich haben diese Männchen Kämpfe zu bestehen, indem sie wahr-
scheinlich aus Neid den Besitz unversehrter Nester einander missgönnen. Hat
es endlich ein Stichlings-Männchen durch seine Wachsamkeit und seinen
Muth so weit gebracht, dass die Brut ungestört zur Entwicklung und glück-
lich zum Ausschlüpfen hat gelangen können, so beginnt für das erstere wie-
der eine andere Sorge, indem einzelne zu bewegliche, aber wegen des grossen
anhängenden Dottersacks zugleich sehr unbehülfliche Junge aus dem Neste
fallen. Diese werden von dem aufmerksamen Männchen verschluckt und vor-
sichtig wieder in das Nest gespieen. Alle diese Handlungen der Stichlings-
Männchen sind auch von Hancock1) beobachtet und beschrieben worden;
ebenso haben auch Kinahan2) und R. Warington3) diese Beobachtungen Coste’s
an den Männchen des Gasterosteus leiurus bestätigen können. Ich selbst habe
schon vor zwanzig Jahren Gelegenheit gehabt, aus eigener Anschauung die
Wachsamkeit und den Muth des dreistacheligen Stichlings-Männchen zu be-
wundern, und kann noch folgendes dem bereits Bekannten hinzufügen. Als
ich nämlich im Sommer 1838 in der Umgegend von Danzig einen Teich be-
suchte, dessen Grund mit Sand bedeckt war, fielen mir darin vereinzelte drei-
stachelige Stichlinge auf, welche fast unbeweglich im Wasser schwebten und
sich durch nichts verscheuchen liessen. Ich erinnerte mich sogleich dessen,
was ich vor einiger Zeit in der Isis über den Nestbau dieses Fischchens gelesen
hatte und vermuthete, dass auch die eben erwähnten Stichlinge in der Nähe
ihrer Nester Wache hielten, konnte aber bei aller Klarheit des Wassers nir-
gends auf dem sandigen Grunde des Teiches solche Nester entdecken. Als ich
mit meinem Stocke auf dem Grunde des Teiches umherfuhr, bemerkte ich,
dass, wenn ich damit in die Nähe eines Stichlings kam, dieser mit grösster
Aufmerksamkeit den Bewegungen des Stockes folgte. Ich konnte durch dieses
Benehmen der Stichlinge voraussehen, dass sie mir ihr wahrscheinlich im
[72]Familie: Scomberoidei.
Sande verborgenes Nest zuletzt selbst verrathen würden, und fuhr deshalb
um so emsiger fort, mit meinem Stocke auf dem Grunde des Teiches umher-
zutasten. Plötzlich stürzte ein Stichling auf den Stock los und suchte ihn
durch heftiges Anrennen mit der Schnauze wegzustossen, woraus ich schloss,
dass ich jetzt die Stelle getroffen hätte, wo sein Nest unter dem Sande ver-
steckt liege; ich streifte mit dem Stocke etwas stärker über den Sand hin
und entblösste in der That ein aus Wurzelfasern und anderen zusammenge-
tragenen Pflanzenstücken gefertigtes Nest, in welchem angebrüteter Laich
enthalten war; auf ähnliche Weise gelang es mir auch bei den übrigen Stich-
lingen, mir den Ort ihrer Nester von ihnen anzeigen zu lassen. Einmal auf
eine solche Stelle aufmerksam gemacht war ich dann leicht im Stande, auf
dem Sandgrunde an einer kleinen Oeffnung, aus welcher Wurzelfasern her-
vorschimmerten und welche ich früher übersehen hatte, das unter dem Sande
sorgfältig versteckte Nest zu erkennen.
2. Art. G. pungitius Lin.kleiner Stichling.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 52. n. 2, Descript. spec. pag. 97. n. 2, Syn. nom. pisc.
pag. 80. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 491. n. 8. Gasterosteus pungitius.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 82. Taf. 53. Fig. 4. Gasterosteus pungitius,kleiner See-
stichling.
Siemssen Nr. 79: pag. 39. Gasterosteus pungitius,Seestichling.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. IV. 1829. pag. 506. Gasterosteus pungitius, petite Epinoche
d’Europe à neuf épines.
Bujack Nr. 97: pag. 359. Gasterosteus pungitius,kleiner Stichling.
Krøyer Nr. 82: Bd. I. 1838—40. pag. 188. Gasterosteus pungitius.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 224. n. 46. Gasterosteus pungitius, Epinochette.
Artcharakter:Neun bis eilf fast gleich grosse Stachelstrahlen vor
der Rückenflosse.
D. 9—11/11, P. 9—10, V. 1/1, A. 1/9—11, C. 5/12/6.
Der kleine Stichling, welcher höchstens eine Länge von 2½ Zoll erreicht,
besitzt im Vergleich zu dem vorhergehenden Stichling einen um vieles ge-
streckteren Leib. Die freien niedrigen Rückenstacheln sind, wenn sie sich
aufgerichtet haben, abwechselnd etwas nach rechts und links hingewendet.
Die beiden Bauchstacheln zeigen sich ziemlich schwach entwickelt. Der
Schwanz trägt zuweilen auf beiden Seiten eine Längsreihe von 10 bis 11 ge-
kielten Schilden, wodurch der Schwanz jederseits eine schneidende Kante
erhält.
Der grünliche Rücken und silberglänzende Bauch erscheinen häufig
durch verwaschene Querbänder unregelmässig gefleckt. Im Laufe des Som-
[73]Gattung: Gasterosteus.
mers erhalten die männlichen Individuen auf der ganzen unteren Seite eine
intensivschwarze Färbung, welche wahrscheinlich das Hochzeitskleid vertritt.
Diese sehr kleinen Fischchen bewohnen die Küsten der Nord- und Ost-
see, finden sich aber auch eben so häufig in den Mündungen der Flüsse und
steigen von da die Flüsse ziemlich weit hinauf. Es scheint, dass ihnen sogar
weit entfernt vom Meere todte Arme grösserer Ströme oder kleine Seiten-
bäche derselben als stetiger Wohnsitz behagen können, denn ich habe hier
eine grössere Anzahl dieser kleinen Stichlinge vor mir, welche zum Theil im
Rhein bei Speyer gefangen, zum Theil aus einem sehr kleinen Bache, der
Ocker bei Braunschweig, in Gesellschaft des G. aculeatus von mir gesammelt
waren.
Unterordnung der Weichflosser,
Anacanthini.
Alle Flossen-Strahlen weich, gegen die Spitze hin zertheilt und
gegliedert; untere Schlundknochen getrennt; Schwimmblase, wenn
vorhanden, immer ohne Luftgang.
Familie der Schellfische,
Gadoidei.
Zwei bis drei Rückenflossen, Bauchflossen unter der Kehle,
Maul bezahnt, Leib mit Cycloid-Schuppen bedeckt, Schwimmblase
vorhanden.
I. Gattung: Lota (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Eine kurze und eine lange Rückenflosse, eine
lange Afterflosse und ein Bartfaden am Kinn. Schuppen
sehr klein und dicht nebeneinander liegend.
1. Art. L. vulgaris Cuv. Rutte, Quappe.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 178. Taf. 20, Ruffolkh.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 22. n. 10, Descript. spec. pag. 107. Silurus cirro unico
mento, Syn. nom. pisc. pag. 38. n. 13 \& pag. 111. n. 2.
[74]Familie: Gadoidei.
Linné Nr. 2: pag. 440. n. 14. Gadus Lota.
Sander: Zur Naturgeschichte des Ruffolken oder Gadus Lota. Carlsruhe, 1778, vergl. auch
die Berliner neuesten Mannigfaltigkeiten. Th. II. 1779. pag. 223.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 177. Taf. 70. Gadus Lota,Quappe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 312. n. 280. Rutte.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 50. Gadus Lota,Trische.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 39. Gadus Lota,Aalraupe.
Bujack Nr. 97: pag. 345. Gadus Lota,Quappe.
Krøyer Nr. 82: Bd. II. 1843—45. pag. 169. Lota vulgaris.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 188. Lota vulgaris.
Günther Nr. 47: pag. 124. Lota vulgaris,Treische.
Leiblein Nr. 51: pag. 125. Lota vulgaris,Aalruppe.
Rapp Nr. 41: pag. 36. Lota communis,Trüsche.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 313. Lota vulgaris,Aalrutte.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Lota vulgaris,Aalrutte.
Artcharakter:Körper gestreckt cylindrisch, Schwanz seitlich zu-
sammengedrückt; Unterkiefer kaum kürzer als der Ober-
kiefer; Zähne alle klein.
1. D. 12—14, 2. D. 70—75, P. 18—20, V. 5—6, A. 65—70, C. 36—40.
Es ist dieser gefrässige Raubfisch der einzige Repräsentant der Gadoiden
im süssen Wasser. Er findet sich in allen Wassergebieten von Mitteleuropa,
und zwar liebt derselbe ebensowohl die Flüsse wie die Seen, in welchen letz-
teren er sich gern an sehr tiefen Stellen aufhält.
Die das breite Maul umgebenden Knochen der Rutte sind mit vielen
Hechelzähnen besetzt. Die kleinen Schuppen liegen in Gruben der Haut dicht
nebeneinander eingebettet. Sie sind ungemein zart, fast cirkelrund und be-
sitzen keine radiären, sondern nur concentrische Sculpturen. Die Seitenlinie
erreicht nicht immer das Ende des Schwanzes, hört oft schon am Anfang des
letzten Körperdrittels auf. Rücken, Seiten, Brustflossen und unpaarige Flos-
sen erscheinen olivengrün gefärbt und schwärzlich marmorirt. Kehlflossen,
Kehle und Bauch dagegen sind weisslich gefärbt. Im ausgewachsenen Zu-
stande kann die Rutte eine Länge von 1 bis 2 Fuss erreichen.
Als Laichzeit dieses Fisches werden sehr verschieden bald die Monate
November, December, bald die Monate Januar, Februar und März angegeben,
woraus Heckel und Kner vermuthen, dass bei diesem Fische je nach äusseren
Umständen das Laichen verfrüht oder verzögert werde. Die gewöhnliche
Laichzeit der Rutte muss doch der Monat December sein, da Willughby aus
dem Manuscripte des vielerfahrenen Baldner’s von den Rutten anführt: »De-
cembri mense foetificant«.
Da wir über die Lebensgeschichte der Fische immer noch sehr wenig
wissen, muss uns jeder darauf bezügliche Beitrag höchst willkommen sein,
daher ich den Freunden der Fischkunde hier eine Beobachtung mittheilen will,
welche von einem glaubwürdigen Manne herrührt, aber bisher fast ganz un-
[75]Gattung: Lota.
beachtet geblieben ist. Dr. J. G. Steinbuch nämlich erzählt in seinen Ana-
lecten 1), dass er einesmals in der Brinz bei Heidenheim mit einem Zweizack
nach einer Rutte gestochen, aber statt einen Fisch zwei Fische zugleich mit
seinem Instrumente durchbohrt habe. Derselbe berichtet nun über diesen un-
erwarteten Fischfang weiter, wie folgt: (pag. 5) »Beide von dem Zweizack abge-
löste Fische hatte ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo sie Kopf an
Kopf und Bauch an Bauch der Länge nach aneinander liegend, und gemein-
schaftlich nur eine Masse bildend, träge und unbeweglich liegen blieben.
Ein gemeinschaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band
umschloss beide Fische ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge so genau, dass
keiner im Stande war, sich von dem andern zu trennen, und diese mecha-
nische Verbindung blieb selbst nach meiner erzählten harten Behandlung noch
fest und ungeändert zurück. Die Bauchflächen beider Fische waren durch
dieses Band so platt gegeneinander gedrückt, dass die weichen Körper beider
Fische zusammen fast eine zylindrische Gestalt hatten, und das ringförmige
Band war durch die Fischkörper so stark vollgefüllt, und dadurch so ge-
spannt, dass es sichtbar in die Masse der weichen Körper einschnitt, so dass
der Durchmesser des gemeinschaftlich gebildeten Zylinders an dieser Stelle
etwas kleiner war als über und unter dem Bande«.
»Nachdem ich diese mir so äusserst auffallende Erscheinung hinlänglich
bewundert, und durch Umwälzung des gemeinschaftlich gebildeten Körpers
von allen Seiten betrachtet hatte, versuchte ich mit einem kleinen hölzernen
Stäbchen, das ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieses vereinigende Band
(pag.6) über die Körper beider Fische rückwärts nach dem dünneren Schwanz-
ende zu hinabzustreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu setzen,
und vorzüglich, um die Beschaffenheit dieses räthselhaften Bandes genauer zu
untersuchen. Ich bemerkte bei diesem Versuche sogleich: dass das, sowohl
nach Beschaffenheit der Farbe, als nach seiner Weichheit, Schlüpfrigkeit u. s. w.
mit der Oberfläche beider Fische genau übereinstimmende Band, mit keinem
der beiden eingeschlossenen Fischkörper verwachsen zu seyn schien, und dass
die beabsichtigte Lösung desselben, bei der Weichheit der Fischkörper und
der Ausdehnbarkeit des Bandes selbst, nicht mit zu grossen Schwierigkeiten
verbunden seyn würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem
Stäbchen und ein Paar Fingern der einen und der andern Hand zugleich, an
dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes und dem gemeinschaftlichen
Körper der Fische vorsichtig operirt hatte, dasselbe aus seiner Stelle zu ver-
schieben, und es nach Wunsch und unzerrissen rückwärts hinabzustreifen«.
»Indem durch die Lösung des Bandes die mechanische Verbindung bei-
[76]Familie: Gadoidei.
der Fischkörper aufgehoben wurde, fielen beide selbst voneinander, so dass
ich nun die beiden sich vorhin deckenden Bauchflächen derselben ansichtig
wurde. Ich hatte also jetzt zwei abgesonderte Fische, und jenes häutige,
ringförmige Band als eine dreifache Beute vor mir liegen«.
»Indem sich die beiden Bauchflächen dieser Fische beim Lösen des Ban-
des voneinander trennten, fiel mir der Umstand besonders auf, dass ihre bei-
derseitigen Harnblasen-(Geschlechts-)öfnungen eine solche gegenseitige (pag.7)
Lage zeigten, dass die Oefnung des einen Fisches auf die des andern, während
dem verbundenen Zustande musste gepasst haben«. — »Das abgestreifte Band
hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen und dem Rücken eines jeden
Fisches anlag, noch die vertieften Spuren seiner vorherigen anhaltenden Pres-
sung zurückgelassen und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen:
dass vielleicht der Nutzen dieses merkwürdigen Bandes kein anderer sey, als
jene beiden Oefnungen der Fische genau zu vereinigen und aufeinander zu
drücken«.
(pag. 9) »Das unverletzt abgelösste ringförmige Band nahm ich mit meinen
Fingern auf, und spannte es mittelst dreier durch dasselbe gesteckter Finger
meiner linken Hand gelinde aus, um seine Beschaffenheiten desto genauer
beachten zu können. Es war offenbar eine organische, als ein ringförmiges
Band gebildete ganze, unzerrissene Haut, durch kein sinnliches Merkmal
(eine mehrere Dicke ausgenommen) von der Haut dieser Fische selbst ver-
schieden, mit glatten abgerundeten Rändern, glatter äusserer und innerer
Oberfläche. Die äussere Oberfläche desselben war genau von eben der Farbe
und mit eben dem schlüpfrigmachenden Schleim überzogen, wie die Haut der
Fische selbst; die innere Oberfläche, die zuvor mit der Haut der Fische in
Berührung war, war weniger gefärbt, aschgrau und fast durchscheinend, so
dass ich durch sie die dunkle Farbe der äussern Fläche zu sehen glaubte.
Die Breite des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, übrigens schie-
nen Breite und Dicke in dem ganzen Umfang desselben überall gleich gross.
Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung (pag. 10) zweier Enden
zu sehen, welches unfehlbar hätte der Fall seyn müssen, wenn der Zirkel, den
dieses Band bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes
wäre zusammengesetzt worden. Die Consistenz der Masse, woraus diese
Fischhaut bestand, war so weich, dass dieselbe sich wie nasses Papier biegen
und behandeln liess, doch hatte es so starken Zusammenhang seiner Theile,
dass ich es nicht ohne sehr merklichen Widerstand mit meinen Fingern zerriss«.
Diese Beobachtungen, obgleich sie von Steinbuch in früheren Jugend-
jahren angestellt und erst später aus dem Gedächtnisse niedergeschrieben
wurden, sind mit so vielen Einzelnheiten erzählt, dass Steinbuch in der
Hauptsache sich gewiss nicht getäuscht haben konnte; die ganze von ihm
mitgetheilte höchst merkwürdige Geschichte durfte Steinbuch wohl mit Recht
[77]Gattung: Lota.
als eine Art Begattungsact bezeichnen, zumal da derselbe (a. a. O. pag. 8)
aus den beiden Fischen nach ihrer Trennung einen milchigen Saft ausfliessen
sah. Steinbuch (ebenda pag. 18) vermuthete, dass, nachdem sich beide Fische
mit der Bauchfläche innig berührt, sich durch Hautausschwitzung ein gerinn-
barer Stoff zu jenem gürtelförmigen Bande umgebildet habe, durch welches
Steinbuch die beiden Rutten vereinigt gefunden. Diese Hypothese verdient
nicht verworfen, sondern vielmehr geprüft zu werden, da auch bei anderen
Fischen Haut-Secrete während der Brunstzeit zum Vorschein kommen, auf
die man bisher entweder gar nicht oder nur sehr wenig geachtet hat, wie ich
späterhin nachweisen werde.
Familie der Schollen,
Pleuronectae.
Der Körper seitlich stark zusammengedrückt, unsymmetrisch, in-
dem beide Augen auf einer und derselben Seite angebracht sind. Die
Rückenflosse nimmt die ganze Rückenkante, die Afterflosse die ganze
Bauchkante ein, da der After sehr weit nach vorn gerückt ist. Die
Bauchflossen stehen vor den Brustflossen an der Kehle. Eine Schwimm-
blase fehlt. Alle hiehergehörigen Fische schwimmen auf der Seite,
wobei die augentragende Seite nach oben gerichtet und zugleich ge-
färbt ist, während die nach unten gekehrte Seite ungefärbt erscheint.
I. Gattung: Platessa (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Zähne in einfacher Reihe in beiden Kieferrän-
dern; Rückenflosse beginnt über den nahe beisammen ste-
henden Augen; der Schwanz wird weder von der Rücken-
flosse noch von der Afterflosse erreicht.
1. Art. P. Flesus Lin.Flunder.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 17. n. 4, Descr. spec. pisc. pag. 59. n. 4, Syn. nom pisc.
pag. 31. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 457. n. 7. Pleuronectes Flesus.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 39. Taf. 44. Pleuronectes Flesus,Flunder.
Holandre Nr. 56 b: pag. 260.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 186.
Schaefer Nr. 59: pag. 325.
[78]Familie: Pleuronectae.
Artcharakter:Seitenlinie fast gerade, durch dornige Warzen-
Reihen rauh eingefasst, auch die Basis der Rücken- und
Afterflosse mit dornigen Höckern besetzt. Die Augen-Seite
(meistens die rechte Seite) olivengrün oder bräunlich, zu-
weilen gelb gefleckt.
D. 57, P. 10, V. 6, A. 38—42, C. 18.
Dieser in der Ost- und Nordsee sehr gemeine Fisch, welcher eine Länge
von 8 bis 10 Zoll erreicht, steigt oft weit in die Flüsse hinauf, so dass der-
selbe in England und Belgien schon mehrere Male viele Meilen weit vom Meere
entfernt im süssen Wasser gefangen worden ist. So berichtet Donovan1), dass
in vielen britischen Seen und Flüssen Flundern in grosser Anzahl gefangen
werden, und Yarrell2) giebt ganz bestimmt an, dass im Avon mehrere Meilen
oberhalb Bath, und in der Themse einige Meilen oberhalb London sehr häufig
Flundern vorkommen. Von Selys-Longchamps (a. a. O.) wird mitgetheilt, dass
die Flunder aus der Schelde in die Nethe bis nach Waterloo und aus der
Maas in die Ourthe bis über Lüttich hinauf gelangt sei. Nach Holandre’s
Beobachtung (a. a. O.) ist ein Exemplar dieses Fisches im August des Jahres
1818 in der Mosel bei Metz vorgekommen. Auch M. Schaeffer (a. a. O.) er-
zählt, dass die Flunder manchmal bis nach Trier und weiter die Mosel herauf
steige und er im October des Jahres 1842 auf dem Fischmarkte zu Trier zwei
lebende Exemplare dieses Fisches, welche in der Mosel gefangen waren, ge-
sehen habe.
Dass die Flunder sich noch weiter hinauf im Flussgebiet des Rheins ver-
steigen, und sogar bis zum Mittelrhein sich verirren kann, dies beweisen fol-
gende Angaben. Der Stadtfischer Hänlein in Mainz, dessen Aussagen man
wohl Glauben schenken darf, gab mir die mündliche Versicherung, dass ihm
erst einmal in seinem Leben eine Flunder aus dem Rhein bei Mainz vorgekom-
men sei. Durch Dr. Braun3) erfahren wir, dass während seines 18 Jahre lang
dauernden Aufenthalts in Klingenberg (am Main in Unterfranken) von 1815
bis 1833 ihm einmal von den Fischern daselbst ein ihnen unbekannter son-
derbar gestalteter Fisch gebracht worden sei, den er bei Untersuchung und
Vergleichung mit Abbildungen als eine Pleuronectes erkannt habe. Es ist
diese Eigenschaft der Flunder, in süssem Wasser auszudauern, schon den
älteren Ichthyologen bekannt, und Veranlassung gewesen, diesem Fische den
Namen Passer fluviatilis zu verschaffen 4).
[79]Gattung: Platessa.
Es dürfte demnach dieser schmackhafte Seefisch, dessen Laichzeit in den
Monat Mai fällt, nicht ungeeignet sein, bei uns in Teichen und Seen erzogen
zu werden, wozu die künstliche Fischzucht die beste Gelegenheit böte. Eine
Hauptschwierigkeit dabei würde jedoch die sein, solchen Fischen stets die
nöthige Nahrung zukommen zu lassen, da die Flunder fast nur von Gewürm,
Krebsthieren, Schnecken und Muscheln leben, welche von diesen Fischen in
sehr grossen Quantitäten verzehrt werden, ich wenigstens fand in Danzig den
Darmcanal der Flundern von Anfang bis zu Ende mit Schneckengehäusen und
Muschelscherben immer wie ausgestopft. Auf der andern Seite würden aber
auch diese Fische durch ihre Lebensart im Stande sein, sich den Nachstellungen
vieler unserer Raubfische, (des Hechts, des Barsches, der Lachsforelle) zu
entziehen, indem sie sich gern auf dem Grunde des Wassers aufhalten, und
sich leicht mit ihrem flachen Körper im Schlamme und Sande verbergen können.
Unterordnung der Physostomi.
Alle Flossen-Strahlen weich, gegen die Spitze hin zertheilt und
gegliedert; untere Schlundknochen getrennt; Schwimmblase durch
einen Luftgang mit der Speiseröhre verbunden.
Familie der Welse,
Siluroidei.
Die Zwischenkiefer-Knochen bilden allein den Rand der Ober-
kinnlade; die Oberkieferknochen sind rudimentär verkürzt und tragen
häufig Bartfäden; Körper nie mit Schuppen bedeckt, zuweilen Schilde
tragend, der erste Brustflossen-Strahl einen starken Knochen darstellend.
I. Gattung: Silurus (nach Linné).
Gattungscharakter:Körper nackt, Hechelzähne im weiten Maule,
Rückenflosse sehr klein, Afterflosse sehr lang.
1. Art. S. Glanis Lin.Waller, Wels.
Syn. u. Citate.
Mangolt Nr. 33: pag. 42. Wälin.
Baldner Nr. 42: pag. 143. Taf. 2. Scheid.
[80]Familie: Siluroidei.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 88. n. 2, Descript. spec. pisc. pag. 110. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 501. n. 2. Silurus Glanis.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 242. Taf. 34. Silurus Glanis,Wels.
Schrank Nr. 23 a: pag. 319. n. 291. Waller.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 83. Silurus Glanis,Waller.
Gloger Nr. 88: pag. 76. Silurus Glanis,Wels.
Bujack Nr. 97: pag. 341. Silurus Glanis,Wels.
Valenciennes Nr. 5: T. XIV. 1839. pag. 323. Pl. 409. Silurus Glanis, silure d’Europe.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. 1846—53. pag. 120. Silurus Glanis,Wels.
Rapp Nr. 41: pag. 12. Silurus Glanis,Weller.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 308. Fig. 165. Silurus Glanis,Schaiden.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Silurus Glanis,Wels.
Artcharakter:Zwei lange Oberkiefer-Bartfäden, vier kurze
Bartfäden am Unterkiefer; die sehr kurze Rückenflosse in
der Mitte zwischen den Brust- und Bauchflossen ange-
bracht.
D. 1/4, P. 1/14—17, V. 11—13, A. 90—92, C. 17—19.
Der Waller, einer unserer gewaltigsten Raubfische, kann eine beträcht-
liche Grösse erreichen und bis zu einigen hundert Pfund Gewicht heranwach-
sen. Es zeichnet sich dieser Fisch von allen unseren übrigen Weichflossern
durch seinen breitgedrückten Kopf und durch sein ungeheuer weites Maul
aus. Derselbe besitzt eine grauschwarze oder olivengrüne Farbe mit dunk-
leren Marmorflecken an den Seiten und mit weisslicher Färbung auf dem
Bauche. Gegen den sehr grossen breitmäuligen Kopf dieses Fisches stechen
die ungemein kleinen Augen auffallend ab. Sehr merkwürdig ist an diesem
Fische die dicht hinter und über der Wurzel der beiden Brustflossen ange-
brachte enge Oeffnung, welche in einen Hohlraum führt, der unter der Haut
gelegen ist und sich zugleich in die Zwischenräume der grösseren Brustflossen-
Muskel hineinerstreckt. Es haben sich diese beiden Oeffnungen der Haut auch
noch bei vielen anderen Siluroiden auffinden lassen 1), ohne dass man jedoch
den Zweck dieser eigenthümlichen Organisation bis jetzt hat errathen können.
Seine Laichzeit fällt in den Monat Juni.
Ausser der Donau mit ihren Nebenflüssen, werden viele grössere Seen
von Oberbayern als Wohnort des Wallers angegeben; ich kenne das Vorkom-
men des Wallers vom Chiemsee, Wagingsee, Simsee, Staffelsee und Bodensee.
Der Waller war in früheren Zeiten eine Seltenheit für den Bodensee, wie von
den älteren Ichthyologen berichtet wurde; gegenwärtig soll dieser Fisch sich
im Bodensee häufiger zeigen, wenigstenz bei Constanz, was mir dortige Fi-
scher versichert haben, dieselbe Bemerkung wurde auch von Rapp (a. a. O.)
[81]Gattung: Silurus.
gemacht. Im Mittelrhein ist der Waller eine seltene Erscheinung, daher mag
es gekommen sein, dass weder Hartmann (Nr. 38 b), noch Schinz (Nr. 40 b)
den Waller als einen Rheinfisch aufführen, während sie das Vorkommen des
Wallers in einigen Seen der Schweiz erwähnen. Eine interessante Notiz über
einen in der Ill bei Strassburg gefangenen einen Schuh langen Waller hat
Baldner (a. a. O.) mitgetheilt. Dieser Fisch war vom Jahre 1569 bis 1620 in
einem Weiher am Leben erhalten worden und hatte innerhalb dieser Zeit eine
Länge von 5 Schuh erreicht1). Aber nicht bloss in der Ill, sondern wirklich
im Mittelrhein ist der Waller schon einige Male gefangen worden. Ich stütze
mich in dieser Beziehung nicht bloss auf das Zeugniss von Miescher2), wel-
cher im Jahre 1842 der naturforschenden Gesellschaft zu Basel ein kleines bei
dieser Stadt im Rhein gefangenes Exemplar des Silurus Glanis vorzeigte, son-
dern berufe mich noch auf ein zweites, 12½ Pfund schweres Exemplar des-
selben Fisches, das im Jahre 1858 bei Alt-Breisach im Rhein gefangen worden
ist und das ich im zoologischen Cabinete zu Freiburg aufbewahrt gesehen
habe, woselbst mir die Versicherung gegeben wurde, dass im Rhein bei
Neuenburg von Zeit zu Zeit Waller gefangen werden. Hiernach wäre wohl
die von Leiblein (Nr. 51: pag. 125) angenommene Möglichkeit nicht zu be-
zweifeln, dass bei convenirendem Wasserstande Waller als seltene Gäste auch
in den Untermain gelangen könnten. Ausserdem ist der Waller unter dem
Namen Wels in Norddeutschland ein sehr bekannter Fisch, der dort in den
grösseren fliessenden und stehenden Gewässern ziemlich verbreitet ist.
Familie der Karpfen,
Cyprinoidei.
Die Zwischenkiefer-Knochen bilden allein den Rand der Ober-
kinnlade, hinter welchen die beiden ausgebildeten Oberkiefer-Knochen
liegen. Alle Knochen des Maules zahnlos, dagegen sind die unteren
Schlundknochen mit ansehnlichen Zähnen bewaffnet. Kiemenöffnungen
bis zur Kehle gespalten. Die Schwimmblase durch eine Einschnürung
in eine vordere und hintere Blase abgetheilt.
Die Familie der Cyprinoiden, deren Schuppen ausser einer feinen con-
centrischen Streifung noch fächerförmig gestellte Radien in verschiedener
v. Siebold, Fische. 6
[82]Familie: Cyprinoidei.
Entwicklung und Anzahl besitzen, bildet den Hauptstamm unserer Fischfauna;
Linné (Nr. 2: pag. 525) fasste alle hiehergehörigen Fische unter dem einen
Gattungs-Namen Cyprinus zusammen; der Reichthum an Arten erwies sich
aber bei dieser Gattung als so gross, dass man sich nur schwer zurecht fin-
den konnte. Es wurde diese Schwierigkeit von Cuvier1) dadurch beseitigt,
dass derselbe die Gattung in mehrere Untergattungen zerspaltete; aber auch
Cuvier’s Eintheilung der Cyprinen reichte noch nicht aus und liess die Auf-
stellung noch mancher guten Gattung zu, wie wir sie von Bonaparte2) und
Agassiz3) erhielten, bis endlich von Heckel4) die Familie der Cyprinen unter
Berücksichtigung der Form, Zahl und Anordnung der Schlundzähne, auf
welche bereits Agassiz hingewiesen hatte, in erschöpfender Weise nach natür-
lichen Gruppen und Gattungen abgetheilt wurde.
Die Schlundzähne der Cyprinoiden bieten für die Erforschung der Ent-
wicklungsgeschichte der Zähne ein höchst interessantes Material, indem die-
selben alljährlich gewechselt und durch neuen Nachwuchs ersetzt werden.
Dieser Nachwuchs von Ersatzzähnen geht in der den Boden der Rachenhöhle
auskleidenden Schleimhaut dicht vor den alten Zähnen vor sich. Die hier
verborgenen Zahnsäckchen erzeugen aber, wie es scheint, nur die aus Zahn-
bein und Zahnschmelz bestehende Krone; die Knochensubstanz, welche als
Zahnwurzel mit den Schlundknochen, den Trägern der Schlundzähne unmit-
telbar verwachsen ist, bildet sich aus den letzteren ebenfalls neu hervor,
nachdem der alte Zahn sammt seiner knöchernen Wurzel durch Abfallen Platz
gemacht hat. Dieser Zahnwechsel findet immer zur Laichzeit statt, um welche
Zeit die Fische, nachdem sie sich vorher gut gemästet, nicht zu fressen pfle-
gen. Untersucht man die Schlundknochen der Cyprinoiden vor Beendigung
ihres Fortpflanzungsgeschäftes, so kann man, mögen ihre Zahnkronen Kau-
flächen besitzen oder nicht, die Zahnkronen-Scherben der Ersatzzähne inner-
halb der Zahnsäckchen auf den verschiedensten Stufen der Entwicklung an-
treffen5). Bei einem solchen steten Nachwachsen von Ersatzzähnen wird man
nicht von in hohem Alter abgeschliffenen Druckzähnen (Dentes contusorii) ge-
wisser Cyprinoiden reden können, wie dies Heckel (Nr. 11 c: pag. 1006) gethan
hat, da sich solche Druckzähne alljährlich vollständig abschleifen.
[83]Gattung: Cyprinus.
Durch alle diese Bemühungen, welche man auf die Eintheilung der Cy-
prinoiden verwendet hat, ist nur eine Erleichterung in der Unterscheidung
der Gattungen gewonnen worden, in Bezug auf die Art-Unterscheidung stösst
man bei den verschiedenen Karpfen-Gattungen noch auf dieselben Schwierig-
keiten wie früher. Es hängt dies zum Theil mit dem Umstande zusammen,
dass mehrere Karpfen-Arten in verschiedene Wassergebiete, in welchen sie
ursprünglich nicht einheimisch, künstlich verpflanzt, und dass gewisse
Karpfen-Arten aus fliessenden Gewässern in stehendes Wasser und in Teiche
versetzt worden sind, wodurch diese Thiere genöthigt wurden, sich in Be-
treff des Wassers und der Nahrung unter sehr verschiedenen Einflüssen fort-
zupflanzen, was allmählich bei den aufeinander folgenden Generationen dieser
Fische eine Veränderung erzeugte, die sich sowohl in der Körperform wie in
den Eigenschaften derselben kund giebt. Es sind durch solche künstliche
Züchtungen gewisse Karpfenarten, wie unsere übrigen Hausthiere, ausgeartet,
wobei dieselben, wie diese, nach und nach bestimmte Rassenformen angenom-
men haben, die man nicht für Artformen nehmen darf. Es ist zu bedauern, dass
die Ichthyologen bisher auf solche Rassenbildungen bei den Fischen nur sehr
wenig Rücksicht genommen haben, gewiss würde mancher dadurch von der
Aufstellung sogenannter schlechter Arten abgehalten worden sein.
Wie schwer die Arten gewisser Karpfen-Gattungen herauszufinden sind,
geht auch daraus hervor, dass selbst die Fischer mit ihrem praktischen Blicke
nicht immer die nächst verwandten Artformen dieser Fische zu unterscheiden
im Stande sind und leicht Verwechslungen begehen, wobei sie sich zuweilen
mit der Annahme von Bastardbildung zu helfen suchen. Obgleich von den
Fischern eine Bastardirung zwischen verschiedenen Cyprinoiden-Arten nur
vermuthungsweise ausgesprochen wird, so habe ich bei genauerer Unter-
suchung gewisser zweifelhafter Cyprinoiden-Formen die Ueberzeugung gewon-
nen, dass die Fischer die Entstehung solcher aus der Kreutzung zweier ver-
schiedener Arten hervorgegangenen Zwischenformen mit richtigem Tacte
herausgefühlt haben.
Die männlichen Individuen der meisten Karpfenarten erhalten zur Brunst-
zeit ein ganz eigenthümliches Ansehen, in welchem Zustande solche Fische
besondere Namen erhalten haben. Es ist dieser Zustand ein merkwürdiger
Hautausschlag, der aus einer warzenförmigen Verdichtung der Oberhaut be-
steht und nach den verschiedenen Gattungen und Arten der Cyprinoiden
in verschiedener Form, Zahl und Vertheilung zum Vorschein kömmt. Zur
Laichzeit suchen die meisten Cyprinoiden seichte Stellen der Gewässer auf,
wo die Weibchen von männlichen Individuen umgeben ihren Laich entweder
an Steine oder an Kräuter und Gesträuch festkleben.
6*
[84]Familie: Cyprinoidei.
I. Gattung: Cyprinus (nach Linné).
Gattungscharakter:Mund endständig mit vier Bartfäden an der
Oberkinnlade; fünf Schlundzähne mit zum Theil flacher und
mehrfach gefurchter Krone in drei Reihen gestellt, und zwar
auf jedem Schlundknochen in der Formel: 1. 1. 31); Rücken-
flosse mit langer Basis, Afterflosse mit kurzer Basis, beide
mit einem sehr starken rückwärts gezähnten Knochenstrahl
beginnend.
1. Art. C. Carpio Lin. Karpf.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 149. Taf. 5.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 8, Descr. spec. pag. 25. n. 13, Syn. nom. pisc. pag. 3. n. 1.
Schaeffer. Epistola de studii ichthyologici methodo. Ratisbonae, 1760. pag. 18. Fig. I—III.
Cyprinus cirrosus, Springkarpf.
Linné Nr. 2: pag. 525. n. 2. Cyprinus Carpio.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 92. Taf. 16. Cyprinus Carpio, Karpf, pag. 107. Taf. 17. Rex Cy-
prinorum, Spiegelkarpfe, Th. III. pag. 131 u. 178. Cyprinus nudus, Leder-
karpfe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 328. n. 302 u. 303. Gemeiner Karpf u. Spiegelkarpf.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 174 u. 183. Cyprinus Carpio u. macrolepidotusKarpfen u. Spie-
gelkarpfen.
Gloger Nr. 88: pag. 73. Cyprinus Carpio u. macrolepidotus, Teichkarpfen u. Spiegel-
karpfen.
Bujack Nr. 97: pag. 330. Cyprinus Carpio, Karpfen.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. 1842. pag. 23. Cyprinus Carpio, Carpe commune, pag. 62.
Cypr. elatus, pag. 63. Cypr. Regina, pag. 65. Cypr. hungaricus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 195. n. 12. 13. 14. Cyprinus Regina, C. Carpio, C. elatus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. 1846—53, pag. 290. Cyprinus Carpio.
Günther Nr. 47: pag. 35. Cyprinus Carpio, Karpfen.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Cyprinus Carpio u. macrolepidotus, Karpfen u. Spiegel-
karpfen.
Rapp Nr. 41: pag. 5. Carpio vulgaris, Karpfe.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 54. Fig. 21. Cyprinus Carpio, Donaukarpfe, pag. 58. Fig. 22.
C. acuminatus, pag. 60. Fig. 23—25. C. hungaricus, pag. 62. Fig. 26. C. Regina.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Cyprinus Carpio, gemeiner Karpfen.
[85]Gattung: Cyprinus.
Artcharakter:Maul weit und mit dicken Lippen umgeben, Bartfäden
stark und lang; Schwanzflosse tief halbmondförmig aus-
geschnitten; der starke Knochenstrahl der Rücken- und
Afterflosse grob gezähnt.
D. 3—4/17—22, P. 1/15—16, V. 2/8—9, A. 3/5, C. 17—19, Squ. 5—6/35—39/5—6.
Da der Karpf nicht bloss im freien Zustande als Fluss- und Seekarpf
vorkömmt, sondern auch als Teichkarpf seit Jahrhunderten in ganz Europa
gezüchtet wird, so konnte es nicht ausbleiben, dass dieser Fisch, wie schon
oben bemerkt wurde, in sehr viele Varietäten ausgeartet ist, von denen
manche, z. B. der Spiegelkarpf, zu einer bleibenden Rassenform sich nach
und nach herangebildet haben. Aus diesem Grunde hält es aber auch ausser-
ordentlich schwer, einen gemeinschaftlichen Species-Charakter für diese ver-
schiedenen Karpfen-Varietäten festzustellen, indem an ihnen sowohl die
Farbe, als die Zeichnung, die Beschuppung und die Umrisse des Körpers den
verschiedenen Veränderungen ausgesetzt gewesen sind.
Dass man die an ihrer Beschuppung ausgearteten Karpfen, nämlich den
mit wenigen unverhältnissmässig grossen Schuppen besetzten Spiegelkarpf
(Cyprinus Rex Cyprinorum, Cyprinus specularis sive macrolepidotus) und den
von allen Schuppen entblössten Lederkarpf (Cyprinus nudus, sive coriaceus,
sive alepidotus) nur als Varietäten und nicht, wie man früher glaubte, als be-
sondere Arten zu betrachten habe, daran hat man sich lange gewöhnt. Dass
aber auch Karpfen-Rassen veränderte Körperumrisse, wie sie bei unseren
warmblütigen Hausthieren oft in ganz auffallender Weise vorkommen, an sich
tragen können, das mögen selbst manche Ichthyologen noch nicht einräumen.
Von Heckel und Kner (a. a. O. pag. 57) wird zugegeben, dass der Karpf als
Culturfisch zahlreichen Abänderungen ausgesetzt sei, dennoch werden aber
von ihnen als die wichtigsten Varietäten und Rassenbildungen des Karpfen
nur der Spiegelkarpf und Lederkarpf in der östreichischen Fischfauna aufge-
führt, während in derselben Fauna ein Paar vor längerer Zeit von Heckel auf-
gestellte Karpfen-Species beschrieben und abgebildet worden sind, die ich
nicht als selbstständige Arten anerkennen kann, sondern für die extremen For-
men zweier Varietäten-Reihen ansehen muss.
Es kann nämlich der Karpf, dessen Körper in ursprünglicher Form läng-
lich und etwas seitlich zusammengedrückt erscheint, unter gewissen Ein-
flüssen sich länger strecken und auf dem niedriger gewordenen Rücken sich
seitlich abrunden, oder unter anderen Einflüssen sich verkürzen und einen
steiler ansteigenden sowie noch mehr zusammengedrückten Rücken erhalten.
Eine dieser Rassenformen, bei welcher die zuerst erwähnten Veränderungen
[86]Familie: Cyprinoidei.
sich in sehr grosser Ausdehnung gesteigert finden, hat Heckel1) als besondere
Species betrachtet und mit dem Namen Cyprinus hungaricus bezeichnet. Diese
Karpfenform, welche nach Heckel den Neusiedler- und Plattensee bewohnt
und im Alter sehr fett und dann fast walzenförmig werden soll, kömmt unter
dem Namen Seekarpf, Seepinkl sehr häufig auf den Wiener Fischmarkt,
auf welchem ich selbst mehrere Exemplare für das hiesige zoologische Cabinet
mir verschafft habe. Aber auch auf dem hiesigen Fischmarkte werden von
Zeit zu Zeit Teichkarpfen feil geboten, welche aus schwäbischen Gegenden
stammen und von dem C. hungaricus sich in nichts unterscheiden. Der fast
cylindrische Leib, der beinahe ganz gerade verlaufende lange Rücken, wel-
cher seinen Höhepunkt schon weit vor dem Anfange der Rückenflosse erreicht,
die stumpfe Schnauze mit der nur wenig nach vorn aufsteigenden Mund-
spalte und der ganz gerade Verlauf des Bauchprofils, alle diese Merkmale,
welche von Heckel sowohl in den Beschreibungen wie Abbildungen als Haupt-
charaktere seines C. hungaricus hervorgehoben sind, finden sich bei den vor-
hin erwähnten auf dem hiesigen Fischmarkte angetroffenen Teichkarpfen aus-
geprägt.
Eine Mittelform zwischen dem weniger gestreckten gemeinen Karpfen
und dem sehr langgestreckten ungarischen Seekarpfen stellt die von Bona-
parte2) ebenfalls zu einer besonderen Art erhobene und als C. Regina be-
zeichnete Varietät dar. Auch diesen C. Regina kann ich unter den vielen
Zuchtkarpfen, welche aus den verschiedenen Teichen von Bayern, Schwaben,
Oberpfalz, Franken und Böhmen hierher zu Markte gebracht werden, mit
Leichtigkeit herausfinden. Obwohl Heckel und Kner (a. a. O.) diese Karpfen-
form als besondere Art in ihre Fischfauna der östreichischen Monarchie auf-
genommen haben, so gestehen sie doch selbst, dass sie nicht im Stande seien,
ganz feste Unterschiede und Grenzen zwischen C. Regina und C. Carpio an-
zugeben; während De Filippi3) schon früher den C. Regina für eine blosse
Varietät des gemeinen Karpfen ansah, konnte Valenciennes (a. a. O. pag. 65)
zwischen C. Regina und dem C. hungaricus keine Verschiedenheit wahrnehmen.
[87]Gattung: Cyprinus.
Bringt man noch in Betracht, dass Kramer1) und Fitzinger2) den ungarischen
Karpfen auch nur als eine Varietät des gemeinen Karpfen angesehen haben,
so darf es wohl gerechtfertigt erscheinen, wenn ich annehme, dass von dem
nur wenig gestreckten gemeinen Karpfen eine Reihe von Varietäten mit lang-
streckiger Körperform ausgeht, unter welchen der C. hungaricus die am mei-
sten in die Länge gestreckte Form darstellt, während der C. Regina zwischen
beiden Formen als Uebergangs-Varietät in der Mitte steht.
Die zweite Reihe der Varietäten, zu welchen der gemeine Karpf auf der
anderen Seite ausarten kann, umfasst die kurzleibigen hochrückigen Formen,
unter denen die von Heckel und Kner (a. a. O. pag. 59) als C. acuminatus3)
beschriebene und abgebildete Form sich als die kürzeste und am meisten
hochrückige Spielart auszeichnet. Es bewohnt diese Karpfenform nach
Heckel’s und Kner’s Angabe die Donau, den Neusiedler- und Plattensee. Unter
den verschiedenen kurzleibigen und hochrückigen Teichkarpfen, welche nebst
den Spiegelkarpfen in grosser Anzahl aus der Umgegend von Dünkelsbühl
zum Verkauf hieher geliefert werden, konnte ich zu verschiedenen Malen
solche extreme Formen unterscheiden, auf welche die Beschreibung und Ab-
bildung jenes C. acuminatus vollständig passte: sie besassen denselben zu-
gespitzten Kopf, eine ebenso schief nach oben gestellte Mundspalte und ein
ganz gleiches steil aufsteigendes Rückenprofil, dessen Höhenpunkt mit dem
Anfange der Rückenflosse zusammenfiel. Die minder hochrückigen Formen
jener fränkischen Teichkarpfen stimmten dagegen mit den von Bonaparte als
C. Carpio und elatus abgebildeten Karpfen4) überein, so dass ich mit Heckel
und Kner (a. a. O. pag. 63) vollkommen damit einverstanden bin, den Cyprinus
elatus des Bonaparte nur für eine Varietät des gemeinen Karpfen zu halten.
Es dürfte vielleicht auffallend erscheinen, dass die verschiedenen Kar-
pfenformen, wie C. hungaricus, Regina, acuminatus und elatus auch ausser-
halb Ungarn und Italien angetroffen werden; es hängt die weite Verbreitung
der Karpfen-Varietäten gewiss damit zusammen, dass die Lebenszähigkeit
der Karpfen es zuliess, die verschiedenen Varietäten desselben durch weite
Transporte nach allen Richtungen Europa’s hin künstlich zu verpflanzen, wo-
bei sich manche Abart erhalten hat, andere dagegen von neuem ausgeartet
sein mag. So kommen auch in den Maas- und Mosel-Gegenden unter den
Karpfen Varietäten vor, die sich ebenfalls auf die vorhin erwähnten Abarten
[88]Familie: Cyprinoidei.
zurückführen lassen. In seiner belgischen Fauna beschreibt Selys-Long-
champs einen Cyprinus Regina aus der Maas, welchen Bonaparte mit seinem in
Italien einheimischen C. Regina für identisch erklärte, während Heckel den-
selben als seinen C. hungaricus erkannte1). Auch von Holandre wurde mit-
getheilt, dass er aus der Umgegend von Metz die verschiedensten Varietäten
des C. Carpio erhalten habe, von denen die eine Form einen fast cylindri-
schen Leib besessen2). Es deutet diese Aeusserung doch wohl auf ein Vor-
handensein des C. hungaricus hin. Durch Nordmann3) wurde der C. Carpio
wie auch seine Varietäten C. macrolepidotus, nudus und hungaricus auf dem
Fischmarkte zu Odessa angetroffen, woraus hervorgeht, dass der Karpf mit
seinen verschiedenen Varietäten sowohl im Westen wie im Osten von Europa
ausdauert.
Die kurze hochrückige seitlich zusammengedrückte Varietät des gemei-
nen Karpfen fehlt dem niederrheinischen Wassergebiete ebenfalls nicht, da
Selys-Longchamps (a. a. O. pag. 198) den C. elatus aus der Schelde und aus bel-
gischen Weihern aufführt, und Schaefer in seiner Mosel-Fauna aussagt, dass
er den C. elatus, welcher aus den Teichen der Umgegend von Saarbrücken
und Wittlich gekommen war, auf dem Markte zu Trier von Zeit zu Zeit ge-
sehen habe4). Ich verdanke der Güte des Herrn Oberlehrer Schnur zu Trier
einige Exemplare dieser Karpfenform, und kann sie für nichts anderes als für
eine den C. elatus darstellende Varietät des gemeinen Karpfen halten.
Die Grundfarbe des gemeinen Karpfen und seiner Abarten kann sehr
variiren und vom goldgelben in’s blaugrüne übergehen. Die wulstigen Lippen
und der Bauch sind meistens gelblich gefärbt, Rücken und Flossen erscheinen
blaugrau, die letzteren mit Ausnahme der Rückenflosse haben zuweilen einen
röthlichen Anflug. Die Schuppen besitzen in ihrer Mitte oft einen schwärz-
lichen Pigmentfleck, und sind nicht selten an ihrem Hinterrande schwärzlich
eingefasst. Die Schlundknochen nebst den daran befestigten Zähnen lassen
recht erkennen, dass die oben erwähnten verschiedenen Karpfenformen nur
als Varietäten und nicht als besondere Arten betrachtet zu werden verdienen,
denn es lässt sich an jenen Skelettheilen durchaus kein specifisches Merkmal
ausfindig machen, durch welches ein Unterschied zwischen Cyprinus Carpio,
elatus, acuminatus, Regina und hungaricus festgestellt werden könnte, während,
[89]Gattung: Cyprinus.
wie ich weiter unten nachweisen werde, ein specifischer Unterschied zwi-
schen den natürlichen Abramis-Arten auch an den Schlundknochen und
Schlundzähnen sich sehr bestimmt ausspricht.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Die Schlundzähne des Karpfen,
welcher sich meistens von zersetz-
ten Pflanzenstoffen und Schlamm
ernährt, schleifen sich, mit Aus-
nahme des vordersten Zahnes, der
seine sphärische Krone stets be-
hält, durch den Gebrauch nach und
nach ab, und erhalten mit der Zeit,
wie die Backenzähne der Wieder-
käuer und vieler Nagethiere, an
den Seiten ihrer Krone einen un-
organisirten braunschwarzen Ueberzug, wobei auch die Furchen der abge-
schliffenen Kauflächen ebenfalls mit dieser braunschwarzen Substanz ausge-
füllt werden. Jedenfalls setzt sich diese Kruste nach Art des Weinsteins, von
den Futterstoffen ab, da die Zähne der Karpfen bei ihrer Entwicklung ganz
rein und ungefärbt aus den Zahnsäcken hervortreten. Die Furchen sind mei-
stens doppelt und dreifach auf den Kauflächen der Schlundzähne vorhanden
und stellen zackige Linien dar.
Der gemeine Karpf ist höchst wahrscheinlich sowohl in der Donau wie im
Rhein und Main ursprünglich einheimisch gewesen, immerhin wird es aber
bei der allgemeinen Verbreitung des Karpfen als Culturfisch schwer zu ent-
scheiden sein, ob das Vorkommen dieses Fisches in diesem oder jenem Ge-
wässer nicht etwa durch Einsetzen oder Uebertreten aus Teichen veranlasst
worden ist. Von dem im nordöstlichen Deutschland allgemein verbreiteten
Karpfen weiss man es bestimmt, dass er von südlichen Gegenden Europa’s
künstlich dorthin verpflanzt worden ist.
Während der Laichzeit des gemeinen Karpfen, welche in den Monat Mai
und Juni fällt, sich aber auch bis gegen den August verspäten kann, ent-
wickeln sich in dem schleimigen Hautüberzug (Epithelium) der männlichen
Individuen auf dem Scheitel, auf den Wangen und dem Kiemendeckel-Appa-
rate viele kleine, unregelmässig zerstreute weissliche Warzen, auch auf der
inneren Seite des ersten bis siebenten Brustflossenstrahls kömmt eine schmale
Reihe dieses warzenartigen Hautausschlags zum Vorschein.
Eine ganz eigenthümliche Erscheinung, welche man schon seit lange im
Volke gekannt hat, welche aber von den Physiologen gänzlich unbeachtet ge-
blieben ist, kann ich hier nicht unerwähnt lassen, nämlich die Sterilität,
durch welche sich manche Karpfen auszeichnen. Aus gewissen, bis jetzt un-
bekannt gebliebenen Ursachen kommen in sterilen Karpfen weder Hoden
[90]Familie: Cyprinoidei.
noch Eierstöcke zur gehörigen Ausbildung und Reife, es bleiben in denselben,
obgleich sie nach Alter und Grösse längst fortpflanzungsfähig sein sollten,
die Geschlechtswerkzeuge in ihrer Entwicklung so weit zurück wie in ganz
jugendlichen Individuen, wodurch sie zur Laichzeit der Karpfen neben gleich-
alterigen und gleichgrossen brünstigen Individuen ganz besonders auffallen.
In manchem sterilen Karpfen sind die Geschlechtswerkzeuge so sehr in der
Entwicklung zurückgeblieben, dass sie nur mit grösster Mühe aufzufinden
und oft genug gänzlich übersehen worden sind; solche Individuen sind als-
dann für gänzlich geschlechtslos gehalten worden.
Schon Aristoteles hatte von diesen sterilen Karpfen Kenntniss und sagte
in seiner Naturgeschichte der Thiere1) von ihnen: »So giebt es auch noch
Fische, man nennt sie Epitragien, dergleichen sich unter den Flussfischen,
unter den Karpfen und Balagren2) finden; diese haben niemals weder Rogen
noch Milch, sind aber dabei fest und fett, haben ein kurzes Gedärm und wer-
den für die Besten gehalten«.
Unter den Fischern sind die sterilen Karpfen immer ein wohlbekannter
Gegenstand gewesen, der mit den verschiedensten Namen belegt worden ist.
In Süddeutschland werden sterile Karpfen allgemein mit dem Namen »Laimer«
von den Fischern und Fischhändlern bezeichnet, in Norddeutschland haben
sie den Namen »gelte« oder »güste« Karpfen erhalten3). Diese sterilen Kar-
pfen werden in Deutschland noch heute wie zu den Zeiten des Aristotelfs
wegen ihres zarten Fleisches sehr hoch geschätzt4). Auch in Südfrankreich
hat der sterile Karpfe bei Gutschmeckern seinen alten Ruf bewahrt. Er führt
dort den Namen »Carpeau« oder »Carpe bréhaigne«, und wurde von älteren
französischen Schriftstellern öfters besprochen5). De Latourette, welcher
[91]Gattung: Carpio.
über den sterilen Karpfen genauere Untersuchungen angestellt hat1), hebt
als Unterschied von dem fruchtbaren Karpfen (Carpe) hervor, dass der un-
fruchtbare Karpfe (Carpeau) einen kürzeren Leib, einen stumpferen Kopf,
dickere Lippen, einen breiteren Scheitel und fleischigeren Rücken besitze,
und dass sein Bauch in der Umgebung des Afters sehr dünn und zusammen-
gedrückt sei. Dieses letztere Merkmal wird auch von den bayrischen Fischern
als das zuverlässigste für den Laimer bezeichnet.
II. Gattung: Carpio (nach Heckel).
Gattungscharakter: Mund endständig mit vier Bartfäden an der
Oberkinnlade; fünf Schlundzähne mit zum Theil flacher und
einfach gefurchter Krone in zwei Reihen gestellt, und zwar
auf jedem Schlundknochen in der Formel: 1, 42); Rücken-
flosse mit langer Basis, Afterflosse mit kurzer Basis, beide
mit einem starken, rückwärts gezähnten Knochenstrahl
beginnend.
1. Art. C. Kollarii Heck. Karpf-Gareisl, Karpf-Karausche
(Bastard).
Syn. u. Citate2).
Heckel Nr. 11 a: Ueber einige neue Cyprinen. pag. 223. Tab. XIX. Fig. 2. Cyprinus Kol-
larii.
Holandre Nr. 56 b: pag. 242. Cyprinus striatus, Carousche blanche.
Nordmann: Observations sur la Faune pontique in Demidoff’s Voyage dans la Russie meri-
dionale. T. III. 1840. pag. 478. Pl. XXI. Fig. 1. Cyprinus Kollarii.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. 1842. pag. 76. Pl. 458. Cyprinus Kollarii, Carreau.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 198. Pl. 9. Cyprinus striatus, Carpe blanche.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1003. Taf. I. Becherzähne von Carpio striatus, pag. 1014. Cyprinus
Kollarii und striatus.
Schaefer Nr. 59: Moselfauna. pag. 298. Cyprinus striatus.
Heckel Nr. 11 h: Verzeichniss der Fische des Donaugebiets. pag. 29. Carpio Kollarii.
[92]Familie: Cyprinoidei.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 64. Fig. 27 u. 28 (Schlundknochen mit den Schlundzahnen)1).
Kessler: Auszüge aus dem Berichte über eine an die nordwestlichen Küsten des schwar-
zen Meeres und durch die westliche Krym unternommene Reise, in dem Bulletin de
la société impériale des naturalistes de Moscou. Ann. 1859. pag. 524. Carpio Kollarii.
Dybowski: Versuch einer Monographie der Cyprinoiden Livlands. Dorpat, 1862. pag. 55.
Taf. I. Fig. 6. Schlundknochen, Taf. V. Carpio Kollarii.
Artcharakter:Mund mit schmächtigen Lippen umgeben, Bartfäden
dünne und sehr kurz; Schwanzflosse halbmondförmig aus-
geschnitten; der starke Knochenstrahl der Rücken- und
Afterflosse bald mehr bald weniger grob gezähnt.
D. 4/17—20, P. 1/15—17, V. 2/8, A. 3/5—6, C. 19—20, Squ. 6—7/35—38/6—7.
Die Karpf-Karausche variirt in ihrer Totalgestalt und Färbung ausser-
ordentlich, indem sie bald dem gemeinen Karpfen, bald der unter dem Na-
men »Giebel« bekannten Karauschenform ähnlich sieht. Das Maul steht mehr
oder weniger schief, die Bartfäden desselben sind von denen des gemeinen Kar-
pfen wesentlich verschieden, indem dieselben äusserst kurz und dünn ent-
wickelt sind, so dass sie leicht übersehen werden können2); zwar kommen
auch an den echten Karpfen hier und dort die beiden oberen Bartfäden ver-
kürzt vor, immer aber besitzen sie eine dicke Basis. Das Stirnprofil zeigt
sich zuweilen sanft ausgehöhlt. Der Scheitel geht mit einem sanften Bogen
in den gewölbten Rücken über. Die Sculptur des Kiemendeckel-Apparats
ist meistens sehr rauh und giebt den beiden Hauptdeckeln öfters ein grob-
streifiges Ansehen. Die Flossen verhalten sich in ihrer Form ganz wie die
des gemeinen Karpfen, namentlich besitzt auch die Schwanzflosse einen
halbmondförmigen Ausschnitt.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Die Schlundknochen stimmen in ihren
Umrissen ganz mit denen des Karpfen
überein, während sich die Zähne auf
denselben in Zahl, Anordnung und Form
ganz verschieden verhalten. Mit Aus-
nahme des vordersten Zahnes, der seine
conische Krone unverändert bewahrt,
werden die übrigen etwas comprimirten
Zahnkronen, auch die des isolirt stehen-
den kleinen äusseren Zahnes, allmählich abgeschliffen, wobei sich die Seiten
[93]Gattung: Carpio.
der Kronen häufig mit einer dunkeln Rinde färben. Auf der Kaufläche der
sich abschleifenden Zähne zeigt sich nur anfangs eine einzige halbmondför-
mige Furche, welche sich späterhin durch Abschleifen gänzlich verliert. Ich
darf es nicht verschweigen, dass unter neunzehn von mir untersuchten Indivi-
duen sich drei befanden, von denen zwei auf dem rechten Schlundknochen nur
eine einfache Zahnreihe besassen, während bei dem dritten Individuum der
einzeln stehende äussere Zahn des linken Schlundknochen noch einen klei-
neren äussersten Zahn vor sich hatte, wodurch diese Zahnstellung auffallend
an die des C. Carpio erinnerte. Ein viertes Individuum bot eine noch auf-
fallendere Abweichung dar, indem die beiden Schlundknochen desselben
die Zahnformel 1. 1. 4 trugen.
Heckel giebt die Totallänge des C. Kollarii, welcher im Neusiedler-See
ziemlich häufig vorkömmt, auf 8 Zoll an, welche Grösse dieser Fisch kaum
überschreiten soll. Diejenigen Exemplare, welche ich aus Braunschweig er-
halten habe, besitzen eine Länge von 7¾ bis 12 Zoll, eine auf dem Strass-
burger Fischmarkte von mir erworbene Karpf-Karausche besass die Länge
von 11 Zoll, während die Exemplare aus Schwaben, welche ich auf dem hie-
sigen Fischmarkte vorfand, 15 bis 17 Zoll lang waren. Dass diese Karpf-
Karausche auch in den nordöstlichen Gegenden von Mitteleuropa und zwar in
Brandenburg, Schlesien und Polen erzeugt wird, darüber hat Dybowski (a. a. O.
pag 57) Erfahrungen gesammelt.
Aus den Angaben des Valenciennes und Selys-Longchamps ist zu ent-
nehmen, das dieser Cyprinoide nach Art der echten Karpfen in Frankreich
sowie in Belgien als Teichfisch vorkömmt; dies mag auch der Grund sein,
weshalb dieser Fisch ebenso variirt, wie C. Carpio und bald kurze hoch-
rückige, bald langgestreckte Abarten bildet, zu welchen letzteren der von
Selys-Longchamps beschriebene und abgebildete C. striatus zu rechnen ist,
wenigstens passt die Beschreibung und Abbildung, welche Heckel von seinem
C. Kollarii gegeben hat, in der Hauptsache ganz auf ein 8 Zoll langes Exem-
plar des C. striatus, welches ich durch die Güte des Herrn Selys-Longchamps
aus einem belgischen Weiher erhalten habe. Die von hiesigen Fischern er-
haltenen Karpf-Karauschen stammten ebenfalls aus Teichen und hatten
eine noch weit gestrecktere Körperform, so dass ich sie als ein Analogon der
als C. hungaricus bekannt gewordenen Karpfenvarietät betrachten konnte.
Dass ich C. Kollarii und striatus miteinander verschmolzen habe, bedarf
wohl keiner weiteren Rechtfertigung, zumal da Heckel selbst die nahe Ver-
wandtschaft dieser beiden Cyprinoiden-Formen anerkannt hat1).
[94]Familie: Cyprinoidei.
Ob man aber überhaupt diesen C. Kollarii als selbstständige reine Art
fortbestehen lassen soll, das ist eine Frage, die ich jedenfalls verneinen muss,
weil meine über diesen Fisch angestellten Untersuchungen mich bis fast zur
Gewissheit überzeugt haben, dass diese Cyprinoiden-Form aus der Kreuzung
des Karpfen und der Karausche hervorgegangen ist. Es diente mir zur Ge-
nugthuung, dass, als ich diese Untersuchungen im vorigen Herbste mit dem
eben erwähnten Resultate abgeschlossen hatte, und gleich darauf Dybowski’s
Schrift über die Cyprinoiden Livlands in die Hand bekam, auch dieser Ichthyo-
loge den C. Kollarii als Blendling der Gattung Cyprinus und Carassius erkannt
hatte. Es ist übrigens diese Cyprinoiden-Form schon lange, bevor Heckel
und Holandre dieselbe als C. Kollarii und striatus beschrieben haben, den
Fischern in den verschiedensten Gegenden Mitteleuropa’s bekannt gewesen
und von ihnen für ein Bastard des Karpfen und der Karausche erklärt wor-
den. Die Volksnamen: Karpf-Karausche, Karauschen-Karpf, Karpf-Gareisl,
Halb-Karausche1) beziehen sich alle auf diese hybride Fischform, wie sie das
unbefangene Auge der Fischer schon lange erkannt hatte, aber das getrübte
Auge der Systematiker nicht hat sehen wollen. Zwar können die Fischer
nicht immer als zuverlässige Gewährsmänner gelten, indessen finden sich un-
ter ihnen doch auch Persönlichkeiten, welche neben den charakteristischen
Merkmalen derjenigen Fische, die ihnen Jahr aus Jahr ein zu Tausenden
durch die Hände gehen, auf den ersten Blick Abweichungen von diesen Art-
charakteren gewahr werden und von denen auch Bastardbildungen mit rich-
tigem Blicke aufgefasst werden können.
Es ist bekannt, dass die Teichfischereien in früheren Zeiten viel aufmerk-
samer und ausgedehnter betrieben wurden als heut zu Tage, es konnte daher
nicht ausbleiben, dass in früheren Jahrhunderten den Karpfenzüchtern die
unter dem Namen »Karpfkarauschen« bekannt gewordenen Bastardbildungen
viel häufiger unter die Hände gekommen sind als dies in neuerer Zeit ge-
schehen ist, daher auch fast alle älteren Zoologen und Ichthyologen die hy-
briden Karpfkarauschen als etwas Bekanntes erwähnt haben, während die-
selben von den neueren Naturforschern gänzlich mit Stillschweigen übergangen
worden sind. Leider wurde diesen Blendlingen von Gesner bis auf Klein2)
[95]Gattung: Carpio.
weder eine Beschreibung noch eine Abbildung gewidmet, so dass es zweifel-
haft bleiben könnte, welche Cyprinoiden-Form man damals mit dem Namen
»Karpfkarausche« hat bezeichnen wollen. Zwar giebt Marsigli1) unter dem
Namen »Sittigkarpfen« die Abbildung einer Karpfkarausche, aus der sich aber
der C. Kollarii nicht mit Bestimmtheit erkennen lässt, da an derselben die
charakteristischen zarten Bartfäden fehlen. Eine ganz sichere Nachricht über
die Karpfkarausche haben wir dagegen Börner2) zu verdanken, welcher in
seinem Prodromus eine sehr genaue und ausführliche Beschreibung von dem
aus dem Karpfen und der Karausche hervorgegangenen und in Schlesien all-
gemein gekannten Karschkarpfen geliefert hat, in welcher der mit vier zar-
ten Bartfäden versehene C. Kollarii nicht zu verkennen ist. Börner fügt seiner
Beschreibung noch manche interessante, von Fischern über diesen Bastard
gemachte Erfahrungen hinzu, von denen ich als besonders bemerkenswerth
hervorhebe, dass die alten Fischer in Schlesien einstimmig erzählen, die
Karschkarpfen entstehen aus der Vermischung der Karausche und des Kar-
pfen, wenn aus Unvorsichtigkeit in die für Karpfen bestimmten Streichteiche
Karauschen zugelassen worden sind. Das Wachsthum des Karschkarpfen ist
langsamer als das Wachsthum des reinen Karpfen. Man hütet sich, junge
Karpfen als Setzlinge aus Teichen zu kaufen, welche im Verdachte stehen,
Karschkarpfen zu enthalten.
Dass der Carpio Kollarii wirklich ein Gemisch von Cyprinus Carpio und
Carassius vulgaris darstellt, ergiebt sich aus dem Verhalten seiner Körperform
und Beschuppung, seiner Flossenumrisse, und hauptsächlich seiner Schlund-
zähne. Das Profil der verschiedenen von mir verglichenen Karpfkarauschen
erinnert bald mehr an einen Karpfen bald mehr an eine nicht hochrückige
Karausche, sehr häufig hat der Kopf und das stumpf abgerundete Maul die-
ses Cyprinoiden so viel Aehnlichkeit mit der Varietät Carassius Gibelio, dass man
solche Individuen, wenn sie keine Bartfäden besässen, ihrem übrigen äusse-
ren Ansehen nach für giebelförmige Karauschen erklären möchte. Die Be-
zahnung des Stachels vor den weichen Flossenstrahlen der Rücken- und After-
flosse zeigt sich höchst wandelbar, indem bei einigen Individuen die Zähne
dieser Stacheln eben so grob und stark sind wie bei dem Karpfen, während
bei anderen Individuen diese Stacheln eine ebenso feine Zähnelung besitzen,
wie sie bei der Karausche vorkömmt. In Bezug auf die Form der Schwanz-
flosse steht die Karpfkarausche gleichfalls in der Mitte zwischen Karpf und
Karausche, da ihre Schwanzflosse meistens nur mässig ausgeschnitten ist,
[96]Familie: Cyprinoidei.
während der Karpf immer eine sehr stark ausgeschnittene Schwanzflosse und
die Karausche eine nur sehr wenig ausgeschnittene Schwanzflosse besitzt.
Die Schuppen-Längsreihen der Karpfkarausche sind sowohl oberhalb wie un-
terhalb der Seitenlinie im Vergleich zu den Schuppenreihen des Karpfen mei-
stens um eine Reihe vermehrt und im Vergleich zu den Schuppenreihen der
Karausche um eine Reihe vermindert. Am deutlichsten trägt das Zahnsystem
des C. Kollarii die Vermischung der dreireihigen Zahnformel des Karpfen mit
der einreihigen Zahnformel der Karausche an sich, indem dasselbe aus zwei
Zahnreihen besteht, von denen die innere Reihe in Zahl und Form der Zähne
ganz mit der Zahnformel der Karausche übereinstimmt, zu welcher aber noch
als zweite Zahnreihe nach aussen ein einzeln stehender kleiner Zahn wahr-
scheinlich unter dem Einflusse des Cypr. Carpio hinzugekommen ist. Bei
einzelnen Individuen der von mir untersuchten Karpfkarauschen ist der Ein-
fluss der Karausche und des Karpfen noch dadurch zu einer besonderen Geltung
gekommen, dass in zwei Fällen die Einwirkung der Karausche auf dem rechten
Schlundknochen den äusseren kleinen Zahn gänzlich verdrängt, und in einem
dritten Falle unter dem Einflusse des Karpfen der linke Schlundknochen als
dritte Zahnreihe noch einen kleinen Zahn erhalten hatte. Noch stärker hat
sich der Einfluss des Karpfen bei dem oben erwähnten mit der Zahnformel
1. 1. 4 ausgestatteten Individuum geltend gemacht. Dergleichen Abweichun-
gen und Unbeständigkeiten in der Zahl und Anordnung der Zähne sind
auch von Dybowski (a. a. O.) bei diesem Blendling beobachtet worden.
Höchst überrascht wurde ich im Frühjahr 1862 durch eine eigenthüm-
liche Karpfenform, welche in grosser Anzahl aus einem in der Nähe von
Schwandorf gelegenen Karpfenteich der Oberpfalz nach München gebracht
war, um zu einem sehr niedrigen Preise verschleudert zu werden, weil diese
Fische keine echten Karpfen, sondern bastardartige, den Gareiseln (Karau-
schen) sehr nahestehende Halbfische darstellen sollten. Zu meinem grössten
Bedauern habe ich von diesen sogenannten Halbfischen nur fünf Exemplare
habhaft werden können, von denen vier Individuen eine Länge von 7¾ Zoll
und ein Individuum eine Länge von 12 Zoll besassen. Bei der ersten flüchtigen
Betrachtung schienen diese Fische der Spiegelkarpfen-Form anzugehören, da
sie ausser den sehr grossen Schuppen längs der Seitenlinien und ausser den
ganz nackten Hautstellen ober- und unterhalb der Seitenlinie zugleich einen
nach rückwärts sehr grob gesägten vorderen Knochenstrahl in der Rücken-
und Afterflosse, sowie eine tief halbmondförmig ausgeschnittene Schwanzflosse
an sich trugen. Bei näherer Untersuchung ergaben sich aber auffallende
Abweichungen von der gewöhnlichen Form der als Spiegelkarpf bekannten
Varietät des C. Carpio. Die Lippen waren sehr mager, und die vier Bartfäden
an denselben auffallend verkümmert. Bei einem Individuum war nur ein ein-
ziger dünner und kurzer Bartfaden an dem rechten Mundwinkel vorhanden,
[97]Gattung: Carpio.
bei einem anderen Individuum fehlte der linke untere Bartfaden gänzlich,
während die drei übrigen Bartfäden als ganz magere und kurze Rudimente
nur schwer in die Augen fielen, bei den drei anderen Individuen waren die
beiden oberen Bartfäden gänzlich verschwunden und die beiden unteren
Bartfäden nur als zwei kurze dünne Fäden entwickelt.
Schlundknochen.
Die auffallendste Abweichung boten die
Schlundknochen dieser Cyprinoiden im
Vergleich zu denen des Spiegelkarpfen
dar, indem sie bei ganz gleichen Um-
rissen der Knochen nicht die Zahnformel:
1. 1. 3—3. 1. 1 trugen, sondern die Zahn-
formel: 3—3, an dieser einfachen, nur
aus drei Zähnen zusammengesetzten Zahn-
reihe zeigte der vorderste Zahn eine conische, meist unabgeschliffene Gestalt,
die beiden hinteren Zähne waren immer abgeschliffen und liessen aus ihrer
etwas ausgehöhlten Kaufläche errathen, dass die früher vorhandenen Kronen
derselben nur von einer einzigen Furche durchzogen waren.
Hätte ich mich an diese Zahnformel allein halten wollen, so wäre ich ge-
nöthigt gewesen, auf diese hin eine neue Cyprinoiden-Gattung zu gründen,
allein die asymmetrische und zugleich höchst kümmerliche Entwicklung der
Bartfäden dieser Cyprinoiden deutete zu bestimmt auf eine hybride Form, zu
deren Bildung jedenfalls ein Spiegelkarpf mitgewirkt haben musste, während
die Zahnbildung und die Zahnformel 3—3 desselben Bastarden es nahe leg-
ten, dass es wieder eine Karausche mit der einfachen Zahnformel 4—4 gewe-
sen sein dürfte, welche das andere Zeugungsproduct für diese Blendlinge
hergegeben habe.
Es ist zu bedauern, dass über dergleichen Bastardbildungen eigentlich
noch gar keine bestimmten Erfahrungen vorliegen und dass wir daher ganz
und gar darüber im unklaren sind, welchen Einfluss der männliche, und
welchen Einfluss der weibliche Fisch bei einer Kreuzung auf die Formverän-
derungen der Blendlinge ausübt. Jedenfalls darf man wohl annehmen, dass
bei der Erzeugung der beiden oben beschriebenen, durch die Zahnformeln so
sehr verschiedenen hybriden Formen des Cyprinus Carpio und Carassius
vulgaris diese beiden Fische in zwei verschiedenen Kreuzungsweisen auf ein-
ander gewirkt haben.
Für die hybride Beschaffenheit der erwähnten Spiegelkarpfen spricht
auch noch der Umstand, dass nach Aussage des Teichfischers, welchem jene
Spiegelkarpfen als Brut zur Streckung übergeben worden waren, diese Kar-
pfen nach abgelaufener Frist zu seinem grössten Verdrusse das erforderliche
Gewicht bei weitem nicht erhalten hatten, also im Wachsthume sehr zurückge-
v. Siebold, Fische. 7
[98]Familie: Cyprinoidei.
blieben waren, was nach den Erfahrungen der schlesischen Fischer bei Blend-
lingen stets der Fall ist.
Eine andere sehr wichtige Frage, welche bis jetzt ebenfalls noch nicht
mit Sicherheit beantwortet ist, betrifft die Fortpflanzungsfähigkeit dieser
Blendlinge, über die ich bis jetzt durchaus nichts zuverlässiges habe ausfindig
machen können1). Aus eigenen Erfahrungen kann ich nur mittheilen, dass
ich in verschiedenen Fischbastarden die Geschlechtswerkzeuge, namentlich
die Eierstöcke oft vollkommen, ja sogar strotzend entwickelt angetroffen habe.
III. Gattung: Carassius (nach Nilsson).
Gattungscharakter:Mund endständig ohne Bartfäden; vier Schlund-
zähne jederseits einreihig gestellt, die drei hinteren Zähne
spatelförmig mit flacher, einfach gefurchter Krone; Rük-
kenflosse mit langer Basis, Afterflosse mit kurzer Basis,
beide mit einem starken, rückwärts gesägten Knochen-
strahl beginnend.
1. Art. C. vulgaris Nils. Gareisel, Karausche.
Syn. u. Citate.
a. Karausche oder Seekarausche.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 7, Descript. spec. pag. 29. n. 45, Syn. nom. pisc.
pag. 5. n. 5.
Linné Nr. 2: pag. 526. n. 5. Cyprinus Carassius.
Bloch Nr. 3 a: Th. 1. pag. 69. Taf. 11. Cyprinus Carassius,Karausche.
Schrank Nr. 23 a: pag. 329. n. 306. Gareisel.
Hermann Nr. 43: pag. 317. Cyprinus Carassius,Burretschel, Kurretschel.
Gloger Nr. 88: pag. 74. n. 15. Cyprinus Carassius,gemeine Karausche.
Bujack Nr. 97: pag. 333. Cyprinus Carassius,Karausche.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 82. Pl. 459 (diese Abbildung passt besser zu dem Giebel).
Cyprinus Carassius, Carpe carassin.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 200. n. 18. Cyprinus Carassius.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 293. Carassius vulgaris,Karass.
Günther Nr. 47: pag. 38. Cyprinus Carassius,Bauernkarpfe.
Leiblein Nr. 51: pag. 120. Carassius vulgaris,Karutsche.
[99]Gattung: Carassius.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 67. Fig. 29. Carassius vulgaris,Gareis.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Carassius vulgaris,Karausche.
b. Giebel oder Teichkarausche.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 71. Taf. 12. Cyprinus Gibelio,Giebel.
Gloger Nr. 88: pag. 74. n. 16. Cyprinus Gibelio,kleiner Barsch oder Giebel.
Bujack Nr. 97: pag. 333. Cyprinus Gibelio,Goldkarausche.
Koch Nr. 19: pag. 39. n. 10 u. 11. Cyprinus Gibelio,Halbgareis u. Cyprinus amarus,
Kothscheberl.
Heckel Nr. 11 b: pag. 156. Taf. 9. Fig. 4 m — q. Carassius humilis.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 89 u. 94. Cyprinus Moles u. Cyprinus Gibelio.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 199. n. 16 u. pag. 200. n. 47. Cyprinus Gibelio u. Cyprinus
Moles.
Leiblein Nr. 51: pag. 120. Carassius Gibelio,Steinkarausche.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 70. Fig. 30. 31. Carassius Gibelio,Giebel, pag. 71. Fig. 32.
Carassius Moles u. pag. 73. Fig. 33. Carassius oblongus.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Carassius Gibelio,Giebel.
Artcharakter:Schnauze sehr stumpf, Mund eng, Lippen schmäch-
tig, Stirne sehr breit; Schwanzflosse nur schwach ausge-
schnitten; der starke Knochenstrahl der Rücken- und Af-
terflosse fein gezähnt.
D. 3/14—21, P. 1/12—13, V. 2/7—8, A. 3/5—6, C. 19—20, Squ. 7—8/31—35/5—6.
Nach genauen Untersuchungen und Vergleichungen hat sich ergeben,
dass Mitteleuropa eigentlich nur eine einzige Species von Carassius besitzt,
für welche die eben angeführte kurze Diagnose sich hinstellen lässt. Die
hierher gehörigen Cyprinoiden haben als Culturfische, im Vergleich zu dem
gemeinen Karpfen, fast noch grössere und auffallendere Formveränderungen
erlitten. Auch hier sind von der wahrscheinlich ursprünglichen kurzen und
hochrückigen Form durch Streckung des Leibes eine Menge Abarten mit all-
mählichen Uebergängen ausgegangen, von denen eine hochrückige Form seit
lange den Volksnamen Karausche, und eine andere gestreckte Form den
Volksnamen Giebel in Norddeutschland trägt. Bloch führte zuerst neben
der Karausche Cyprinus Carassius den Giebel unter dem Namen Cyprinus
Gibelio als besondere Art in das Fischsystem ein. Auch Heckel und Kner halten
die Karausche und den Giebel noch als zwei Species fest, gestehen aber doch
zu (a. a. O. pag. 67), dass die sichere Abgrenzung und Charakteristik der dem
Genus Carassius angehörigen Arten zu den schwierigsten Aufgaben der Syste-
matiker gehören, und dass die übrigen von ihnen beschriebenen Arten man-
chem Ichthyologen fraglich erscheinen dürften.
Als Laichzeit der verschiedenen Karauschen-Formen wird der Monat
Juni angegeben, doch soll dieselbe bei günstiger Witterung schon mit Ende
Mai eintreten können.
7*
[100]Familie: Cyprinoidei.
Die Karausche mit ihren vielen Varietäten und Abarten bewohnt nur
stehendes Wasser, und zwar Seen mit versumpften Ufern und sogenannte todte
Arme grösserer Flüsse; aber auch kleinere Gewässer in Sümpfen und Mooren
werden von der Karausche als Aufenthalt vertragen, ja, sie findet sich sogar
hier und dort in den kleinsten Lachen und Tümpeln vor, welche bei der Ab-
lassung und Trockenlegung von Teichen und Weihern zurückbleiben. Es
deutet dies auf eine grosse Lebenszähigkeit der Karausche. Bei dieser Fähig-
keit, in dem verschiedenartigsten und sogar schlammigsten Wasser auszu-
dauern, sowie bei der Eigenthümlichkeit, sich mit den verschiedensten
schlammigen Nahrungsstoffen zu begnügen, weshalb die Karausche hier in
Bayern »Kothkarpfe, Kothbuckel, Kothscheberl« genannt wurde, konnte es
nicht ausbleiben, dass dieser Fisch sowohl im Freien wie in den künstlichen
Weihern und Teichen den mannichfaltigsten Abänderungen unterworfen war,
wobei in so verschiedenen Gewässern bald der Reichthum, bald der Mangel
an Nahrung auf die Ausbildung des Fisches seinen verändernden Einfluss
ausüben musste. Die Fischer haben die nahen Beziehungen der Karausche zu
ihren Varietäten wohl erkannt, worauf die Namen hinweisen, mit welchen die
letzteren als »Halbkarauschen, Steinkarauschen, Halbgareiseln, kleine Karau-
schen« vom Volke bezeichnet worden sind, auch ältere Ichthyologen, wie
Klein1) und Leske2) haben den Giebel nur als Artabänderung betrachtet,
während andere den Giebel als eine Bastardbildung von dem Karpfen und
der Karausche ansehen wollten, bis Bloch (a. a. O.) die mehr gestreckte Form
unter dem Namen Giebel (C. Gibelio) von der kurzen, hochrückigen Ka-
rausche (C. Carassius) als besondere Art trennte. Es konnte nicht ausblei-
ben, dass diejenigen Ichthyologen, welche diese Artunterschiede annahmen,
unter den übrigen Varietäten der Karausche noch andere Formen herausfanden,
die gleich dem Giebel berechtigt schienen, zu einer eigenen Art gestempelt zu
werden. Zwar wurde schon im Jahre 1838 von dem schwedischen Natur-
forscher Ekström3) nachgewiesen, dass der Giebel nichts anderes sei, als eine
in Teichen ausgeartete Karausche; derselbe unterschied beide Formen durch
die Bezeichnungen: Seekarausche und Teichkarausche. Allein trotz dem,
dass Ekström sehr überzeugende Gründe für seine Behauptung anführte, hat
seine Ansicht über die unverdiente Artberechtigung des Giebels doch nur
wenig Eingang bei den neueren Ichthyologen gefunden. Ich führe unter an-
[101]Gattung: Carassius.
deren Krøyer1), Van der Hoeven2) und Troschel3) an, welche zu den wenigen
gehören, die wirklich von Ekström’s Beobachtungen über die Formverän-
derungen der Karausche Notiz genommen haben. Die geringe Beachtung,
welche man den genauen Beobachtungen Ekström’s geschenkt hat, muss um
so mehr auffallen, da die bisher bekannt gewordenen älteren Beschreibungen
der Karausche und des Giebel verschiedene Unrichtigkeiten enthielten, was
allein schon hätte darauf hindeuten können, dass diese Cyprinoiden-Formen
bisher nur unvollständig und oberflächlich untersucht worden waren. Am
auffallendsten erscheint die ganz unrichtige Angabe, welche Bloch über die
Zahl und Anordnung der Schlundzähne bei der Karausche und dem Giebel
ausgesprochen hat4) und welche von anderen nachgeschrieben worden ist5).
Von der Karausche sagt Bloch: »in jeder Kinnlade sind fünf breite Zähne be-
findlich«, während er vom Giebel behauptet, er habe eine doppelte Reihe
spitzer Zähne. Selbst Valenciennes (a. a. O. pag. 83 u. 91) spricht sich über
den Zahnbau der Karauschen und des Giebel ungenau aus und behauptet von
den Schlundzähnen des letzteren ganz unrichtig: »Les dents pharyngiennes
sont étroites, au nombre de trois«.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Als Beweis, wie unhaltbar die ver-
schiedenen, in Mitteleuropa einheimi-
schen und als besondere Arten ange-
nommenen Karauschenformen bei nä-
herer Untersuchung sich herausstellen,
führe ich an, dass ich an denselben in
Bezug auf die Umrisse der beiden
Schlundknochen und der in einer ein-
fachen Reihe darauf befestigten Schlund-
zähne auch nicht den geringsten speci-
fischen Unterschied habe entdecken können6). Von den vier Zähnen der ein-
fachen Zahnreihe wird der vorderste kegelförmige Zahn niemals abgeschliffen,
während die drei übrigen spatelförmig comprimirten Zähne gewöhnlich ab-
geschliffen sind, wodurch die Furche an der Krone oft ganz verloren gegan-
gen ist.
Auch die Verschiedenheiten in den Umrissen der Flossen, sowie in dem
[102]Familie: Cyprinoidei.
Verlaufe der beiden Seitenlinien, worauf Bloch Gewicht gelegt hat, bieten,
was schon von Ekström hervorgehoben worden ist, keine constante Unter-
scheidungsmerkmale dar. Ich füge noch hinzu, dass die Entwicklung der Sei-
tenlinien bei den See- und Teichkarauschen ganz besonderen Schwankun-
gen unterworfen ist, und dass sich dieselbe, namentlich bei den gestreckten
Karauschenformen, sehr häufig mehr oder weniger unterbrochen zeigt, ja so-
gar bis auf ein Paar Schuppen ganz verschwunden erscheint1). Meines Wis-
sens hat bisher niemand auf diese Erscheinung geachtet, nur Nau (Nr. 45:
pag. 60) ist dieselbe nicht entgangen, da er bei der Beschreibung des Cypri-
nus Carassius ausdrücklich sagt: »man kann zur charakteristischen Bestim-
mung die gerade Seitenlinie nicht wohl hinzusetzen, weil sie bei manchen
Fischen dieser Art gar nicht sichtbar ist«.
Die auffallendsten Veränderungen bei der Umwandlung der Seekarau-
schen in Teichkarauschen gehen mit der Körperhöhe vor, indem die bei den
echten Seekarauschen oft schon hinter der Schnauze beginnende Hochrückig-
keit vollständig schwinden kann. Sehr beachtenswerth erscheint dabei der
von Ekström schon hervorgehobene Umstand2) dass in demselben Verhält-
nisse, in welchem der Körper an Höhe abnimmt, die Grösse des Kopfes zu-
nimmt. Auch die Physiognomie des ganzen Kopfes ist eine sehr wandelbare.
Bei den hochrückigen Seekarauschen beginnt zuweilen die Steilheit des
Rückens erst hinter dem Scheitel, wobei der letztere zugleich wie eingedrückt
erscheint, und an der Schnauze zeigt sich der oberhalb der Mundspalte ge-
legene Theil mehr oder weniger angeschwollen. Bei den gestreckten Teich-
karauschen dagegen ist die Mundspalte oft sehr stark nach oben gerichtet,
Carassius vulgaris var. humilis.
[103]Gattung: Carassius.
wobei die Unterkiefergelenke nicht selten mit einem scharfen Winkel vor-
springen und dem Unterkiefer eine ganz senkrecht aufsteigende Richtung
geben. Die beiden dadurch entstandenen Ecken neigen sich bei vielen Indi-
viduen so stark gegeneinander, dass sie sich vollständig berühren, ja dass sie
sogar übereinander greifen. Die gestreckte Giebelform kann bei guter Nahrung
sehr in’s Fleisch wachsen, so dass sich alsdann dicht hinter dem Scheitel der
Vorderrücken wulstig erhebt, während bei Nahrungsnoth zwischen dem ab-
gemagerten Rumpfe und dem knochigen Kopfe ein auffallendes Missverhältniss
eintreten kann. Zu solchen verkümmerten und im Wachsthum zurückgeblie-
benen Formen arten die Karauschen aus, wenn sie in zu grosser Anzahl in
ganz kleinen, futterarmen Tümpeln zur Entwicklung gekommen sind1).
Die Schuppen und die Hauptkiemendeckel bieten ebenfalls grosse Ver-
schiedenheiten dar, indem die ersteren bald glatt, bald rauh mit dazwischen
liegenden Abstufungen vorkommen und die beiden Hauptdeckel mehr oder
weniger gewölbt sein können, während die Oberfläche derselben bei der einen
Varietät ganz glatt, bei der anderen dagegen streifig oder höckerig, uneben
erscheint.
In der Färbung kommen ebenfalls viele Abweichungen vor, die stahl-
grüne Grundfarbe des Rückens und die messinggelbe Grundfarbe der Seiten
und des Bauches ist bald mehr, bald weniger durch schwarzes Pigment dun-
kel getrübt, was besonders von dem verschiedenen Aufenthaltsorte abhängig
ist. An den Flossen, welche durchschnittlich schwarz pigmentirt sind, er-
scheinen alle Flossen-Strahlen häufig röthlich angeflogen. Eine dreieckige
Stelle dagegen an den Seiten des Schwanzes kurz vor der Schwanzflosse zeich-
net sich fast bei allen Varietäten der Karausche durch ihre schwarze Färbung
aus (Fig. 5 u. 6). Das schwarze Pigment liegt hier immer in dem von den Schup-
pen bedeckten Theile der Haut eingebettet und schimmert durch die Schuppen
hindurch, woher es kommen mag, dass bei den älteren und grösseren mit
stärkeren Schuppen besetzten Individuen der dreieckige schwarze Fleck we-
niger deutlich hervortritt.
In Grösse und Gewicht bringen es die sehr langsam wachsen-
den Karauschen und ihre Varietäten nicht weit; sie bleiben in kleinen Ge-
wässern, in denen es gewöhnlich auch an Nahrung gebricht, immer sehr klein,
erreichen nur eine Länge von ein Paar Zoll, doch wachsen sie auch unter
günstigeren Verhältnissen bis zu 8 Zoll und darüber heran. Die grössten Ka-
[104]Familie: Cyprinoidei.
rauschen, welche von Günther1) und Ekström2) beobachtet wurden, besassen
eine Länge von 12 bis 14 Zoll.
Die echte Seekarausche in ihrer kurzen, hochrückigen Gestalt kömmt in
den todten Armen der Donau, des Rheins und des Mains vor und findet sich
auch, jedoch nicht häufig, im Chiemsee und Kochelsee. Ausserdem ist diese
hochrückige Karausche in allen übrigen Wassergebieten Mitteleuropa’s ein-
heimisch. Zwei Karauschen, welche ich bei einem Fischer in Bamberg an-
traf, stimmten mit einem Exemplar des Carassius Moles, welches ich aus dem
Wiener Naturalien-Cabinete erhalten hatte. Diese von Agassiz3) zuerst auf-
gestellte Carassius-Species, welche von Valenciennes4) nach von Agassiz ein-
gesendeten, aus der Donau stammenden Exemplaren zuerst beschrieben und
als solche von Selys-Longchamps und Heckel angenommen wurde, kann ich
nur für eine Varietät des C. vulgaris halten, welche der Körperform nach
zwischen der See- und Teichkarausche in der Mitte steht; giebt es doch auch
Selys-Longchamps zu5), dass es ihm schwer werde, zwischen manchen
Exemplaren des C. Moles und Gibelio einen Unterschied zu finden. Aus Er-
langen wurden mir durch die Güte des Herrn Professor Rosenhauer mehrere
2½ bis 4¼ Zoll lange und zugleich sehr niedrige Karauschen eingesandt,
Carassius vulgaris var. Gibelio.
welche dort in einem Tümpel gefangen waren und welche ich für C. vulgaris
var. Gibelio erklären musste. Sehr interessant erschienen mir mehrere 2½
bis 5¼ Zoll lange Individuen eines Cyprinoiden, die ich Herrn Dr. Gemminger
[105]Gattung: Carassius.
von hier und Herrn Forstmeister Drexel von Regensburg zu verdanken hatte.
Sie waren zum Theil in einem kleinen Weiher bei Grünwald (in der Nähe von
München), zum Theil in Lehmpfützen, bei Regensburg gefangen worden. Ich
konnte diese kleinen Fische, welche in ihrem Aussehen mit bald mehr, bald
weniger steil aufsteigenden Unterkiefern (Fig. 5), an einfach schwärzlich ge-
färbte Goldfische erinnerten, lange nicht bestimmen, später erkannte ich in
ihnen jenen Fisch, welchen Koch als Cypr. amarus,Kothscheberl be-
schrieben hatte1), und vor kurzem überzeugte ich mich, bei Musterung der
Wiener ichthyologischen Staatssammlung, dass dieser Cypr. amarus des Koch
mit Carassius oblongus des Heckel und Kner (a. a. O.) identisch ist; ebenso habe
ich aber auch durch die Vergleichung dieses C. oblongus mit den übrigen ge-
streckten Carassius-Varietäten die Ueberzeugung gewonnen, dass Heckel’s C.
oblongus auch nur eine degenerirte Abart des C. vulgaris darstellt, die bei ihrer
Entstehung denjenigen umändernden Einflüssen ausgesetzt gewesen sein muss,
durch welche nach Ekström’s Beobachtungen der Kopf im Verhältniss zu dem
sich streckenden Körper vergrössert wird und die Kiemendeckel eine convexe
Oberfläche erhalten. In noch auffallenderem Grade abgeändert zeigt sich eine
andere gestreckte Form der Teichkarausche, von welcher ich mehrere 2 bis
3 Zoll lange Exemplare durch Herrn Director Krauss aus Stuttgart erhalten
habe. Bei diesen Karauschen, welche sich in den Tümpeln eines verlassenen
Steinbruchs entwickelt hatten, ist der Kopf im Vergleich zu dem gestreckten
und sehr mageren Leibe so stark vergrössert, dass ich diese Fischen für den
von Heckel (Nr. 11 b. a. a. O.) beschriebenen Cypr. humilis aus Palermo hal-
ten musste.
Bei meinem letzten Aufenthalte in Ostpreussen habe ich zu Braunsberg
und Königsberg Gelegenheit gehabt, sogenannte Goldkarauschen von 2 bis
5 Zoll Länge, welche sich in sehr kleinen, stehenden Gewässern angesammelt
hatten, näher zu untersuchen. Dieselben hatten durchweg eine fast goldgelbe
Färbung, zeigten aber die verschiedenartigsten Profile, einige waren gut ge-
nährt, andere dagegen sehr abgemagert mit grossen rauhen und eckigen
Köpfen, so dass sich unter ihnen ausser der gewöhnlichen niedrigen Varietät
C. Gibelio auch die mehr degenerirten Formen C. oblongus und humilis heraus-
finden liessen. Einige dieser Kümmerer besassen ein abgerundetes Kinn2),
andere dagegen ein eckiges Kinn (Fig. 5).
[106]Familie: Cyprinoidei.
Aus dieser Musterung und Vergleichung, die ich mit den Karauschen des
Oberdonau- und des Rhein-Gebiets mit anderen mitteleuropäischen Karau-
schen vorgenommen habe, konnte ich mich recht deutlich überzeugen, welche
mannichfaltigen Formveränderungen der Carassius vulgaris, von welchem mir
Individuen aus 26 verschiedenen, weit auseinander gelegenen mitteleuro-
päischen Fundorten, zur Untersuchung zu Gebote standen, unterworfen ist,
indem je nach den verschiedenen Fundorten die einzelnen zur Vergleichung
benutzten Individuen immer wieder ein anderes Aussehen darboten, so dass,
wenn man die unter dem Namen Cypr. Carassius, Moles, Gibelio, oblongus,
humilis beschriebenen Karauschen-Formen wirklich als besondere Arten gel-
ten lassen wollte, man genöthigt wäre, noch mehrere neue Arten hinzuzu-
fügen, von denen sich aber keine einzige Art von den übrigen scharf abgren-
zen lässt.
IV. Gattung: Tinca (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Mund endständig mit zwei Bartfäden in den
Mundwinkeln; Schlundzähne keulenförmig in einfacher
Reihe, 4 auf der einen und 5 auf der anderen Seite, die ab-
geschliffenen Kauflächen derselben mit einer Furche und
an der inneren Ecke meist mit einem gegen die Kaufläche
gekrümmten Haken. Rücken- und Afterflosse mit kurzer
Basis; Schuppen sehr klein; Haut mit einer sehr dicken
durchsichtigen Epitheliumschicht.
1. Art. T. vulgaris Cuv. Schleihe.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 176. Taf. 19. Schleihen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 6, Descript. spec. pag. 27. n. 14, Syn. nom. pisc.
pag. 5. n. 7.
Linné Nr. 2: pag. 526. n. 4. Cyprinus Tinca.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 83. Taf. 14. Cyprinus Tinca,Schlei.
Schrank Nr. 23 a: pag. 328. n. 304. Schley.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 190. Cyprinus Tinca,Schleihe.
Gloger Nr. 88: pag. 74. n. 14. Cyprinus Tinca,Schlei.
Bujack Nr. 97: pag. 334. Cyprinus Tinca,Schlei.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 322. Pl. 484. Tinca vulgaris, la Tanche vulgaire.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 202. Tinca chrysilis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 351. Tinca vulgaris,Schley.
Günther Nr. 47: pag. 50. Leuciscus Tinca,Schleihe.
Leiblein Nr. 51: pag. 121. Tinca chrysitis,Schleihe.
Rapp Nr. 41: pag. 5. Tinca chrysitis,Schleihe.
[107]Gattung: Tinca.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 75. Fig. 34 u. 35. Tinca vulgaris,Schleihe.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Tinca vulgaris,Schleihe.
Artcharakter:Die beiden Bartfäden kurz; alle Flossen abgerundet.
D. 4/8—9, P. 1/15—17, V. 2/8—9, A. 3—4/6—7, C. 19, Squ. 30—32/95—100/20.
Die Schleihe, welche denselben Aufenthalt und dieselbe Nahrung, wie
die Karausche, liebt, gehört allen mitteleuropäischen Flussgebieten an und
fehlt auch nicht den im Flachlande gelegenen kleineren und grösseren Seen,
dagegen meidet dieselbe die eigentlichen Gebirgsseen, sowie die klaren,
schnellfliessenden Gebirgsströme als Aufenthaltsort. Dieser Fisch kömmt ge-
wöhnlich in einer Länge von 8 bis 12 Zoll vor, kann aber auch 1 bis 1½ Fuss
lang werden. Die grüne Färbung seines nur mässig gestreckten Körpers va-
riirt sehr und kann aus dem hellgrün in dunkelolivengrün bis ins schwärz-
liche übergehen, welche Farbenveränderung von der Verschiedenheit des
Wassers seines Aufenthaltsortes abhängig ist. Die prächtige, schwarzfleckige,
orangengelbe oder rothe Varietät der Schleihe, welche unter dem Namen Gold-
schleihe bekannt ist1) und welche ich als Cultur- und Schmuckfisch in
Oberschlesien angetroffen habe, wurde von mir noch niemals auf dem hiesi-
gen Fischmarkte bemerkt; diese Goldschleihe vermisste Günther auch im
Neckar-Gebiet, sie soll aber nach Heckel2) in den stehenden Gewässern der
Salzach vorkommen, was ich jedenfalls bezweifeln muss. Die Flossen der
Schleihe erscheinen immer dunkel, zuweilen tief schwarz gefärbt.
Die ausserordentlich kleinen Schuppen der Schleihe schimmern durch
den dicken Hautüberzug als goldglänzende Puncte hindurch. Dieser Haut-
überzug ist nicht, wie man gewöhnlich annimmt, eine blosse zähe Schleim-
schicht, sondern wirklich das Epithelium dieses Fisches, welches in ansehn-
lichen dichten und zugleich durchsichtigen Schichten die Beschuppung des-
selben überdeckt hält.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Von den Schlundzähnen sind nicht
so constant, wie es Heckel und Kner
(a. a. O. pag. 75) in neuerer Zeit ausge-
sprochen haben, auf der rechten Seite
4 und auf der linken Seite 5 vorhanden,
sondern es kommen in dieser Beziehung
Verschiedenheiten vor; ich habe, wie
Heckel früher3), ebenso oft rechts 5 und
links 4 Zähne, zuweilen auch auf bei-
den Seiten 5 Zähne angetroffen.
[108]Familie: Cyprinoidei.
Der erste gegliederte aber ungetheilte Strahl der Bauchflossen, auf des-
sen Stärke bei den Schleihen Ekström1) bereits aufmerksam gemacht hat,
ist nur bei den männlichen Schleihen auffallend verbreitert gebogen und ver-
dickt und giebt, wie es auch Günther schon erwähnt und abgebildet hat2),
einen sicheren Anhaltspunct zur äusseren Unterscheidung der Geschlechter
ab; mit dieser Verdickung des ersten Bauchflossen-Strahls steht zugleich
eine von aussen nicht wahrnehmbare Erhebung und Verdickung der oberen
Ecke jenes Fortsatzes in Verbindung, der von den beiden Beckenknochen hin-
ter ihrer Symphysis abgeht. Ich vermuthe, dass dieser an den Skelettheilen
ausgesprochene Geschlechtsunterschied sich nicht gleichzeitig mit den inneren
Fortpflanzungsorganen der Schleihen entwickelt, sondern erst später, wahr-
scheinlich bei der erstmaligen Geschlechtsreife zum Vorschein kömmt, denn
ich habe junge Schleihen von 2¼ bis 2½ Zoll Länge zergliedert, und in ihnen
bereits die ersten Anlagen der Eierstöcke und Hoden deutlich unterscheiden
können, während ich an dem Becken und den Bauchflossen derselben noch
keine Spur einer Verschiedenheit wahrzunehmen im Stande war.
Die Laichzeit der Schleihe wird sehr verschieden angegeben, sie soll in
die Monate Mai und Juni fallen, aber auch noch im August stattfinden kön-
nen; in gewissen bayrischen Fischer-Verordnungen wird sogar angenommen,
dass die Schleihen zweimal im Jahre, im März und im Juni laichten, worauf
sich diese Annahme gründet, weiss ich nicht anzugeben3).
Folgende merkwürdige Erscheinung, welche ich vor einigen Jahren an
verschiedenen, in einem Teiche aufbewahrten Schleihen betrachtete, kann ich
nicht unerwähnt lassen. Diese Schleihen steckten am hellen Tage auf dem
[109]Gattung: Tinca.
Grunde des Teichs tief im Schlamme verborgen und liessen sich mit einer
Stange aus ihrem Verstecke hervorgraben, ohne dass sie sich rührten; sie
blieben, nachdem sie zu Tage gebracht waren, fast wie todt auf der Seite lie-
gen, bis sie nach mehreren unsanften Stössen mit der Stange endlich aus ihrem
betäubten Zustande erwachten, worauf sie davonschwammen, um sich wieder
in der Tiefe des Schlammes zu verbergen. Sollte dieses Benehmen der Schlei-
hen nicht als eine Art Tagschlaf oder Sommerschlaf bezeichnet werden können?
V. Gattung: Barbus (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Mund unterständig mit vier Bartfäden an der
Oberkinnlade. Schlundzähne jederseits in 3 Reihen zu 2. 3
u. 5 gestellt, mit conischer, nach hinten hakenförmig um-
gebogener Spitze, die beiden hinteren Zähne aller drei Rei-
hen auf der hinteren Seite der Hakenkrone mit einer löffel-
artigen Aushöhlung unter dem Haken. Rücken- und After-
flosse mit kurzer Basis, erstere mit einem starken Knochen-
strahl beginnend.
1. Art. B. fluviatilis Agass.Barbe.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 151. Taf. 6. Barben.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 11, Syn. nom. pisc. pag. 8. n. 14.
Linné Nr. 2: pag. 525. n. 1. Cyprinus Barbus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 109. Taf. 18. Cyprinus Barbus,Barbe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 327. n. 301. Barbe.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 184. Cyprinus barbus,Barbe.
Gloger Nr. 88: pag. 73. n. 11. Cyprinus barbus,Barbe.
Bujack Nr. 97: pag. 334. Cyprinus Barbus,Barbe.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 125. Barbus fluviatilis, le Barbeau commun.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 194. Barbus fluviatilis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 321. Barbus fluviatilis,Barbe.
Günther Nr. 47: pag. 40. Barbus fluviatilis,Barbe.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Barbus fluviatilis,Flussbarbe.
Rapp Nr. 41: pag. 5. Barbus fluviatilis,Barbe.
Heckel und Kner Nr. 13. pag. 79. Fig. 36 u. 37. Barbus fluviatilis,Barbe.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Barbus fluviatilis,Barbe.
Artcharakter:Lippen sehr wulstig, Bart fäden sehr dick; Körper
lang gestreckt und cylindrisch, Augen klein, Knochen-
strahl der Rückenflosse rückwärts grob gesägt1).
D. 3/8—9, P. 1/15—17, V. 2/8, A. 3/5, C. 19, Squ. 11—12/58—60/7—8.
[110]Familie: Cyprinoidei.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Die Barbe, welche eine Grösse von
2 Fuss erreichen kann, lässt sich durch
ihre hervorragende Schnauze, durch
ihre sehr aufgewulsteten Lippen und
starke Bartfäden leicht erkennen.
Der Rücken dieses Fisches zeigt eine
graugrünliche Färbung mit helleren
Seiten und mit weisslichem Bauche.
Die Schuppen geben einen blass mes-
singgelben Glanz von sich. Der her-
vorragende Theil der Schuppen stellt eine stumpfe Spitze dar. Die Schuppen-
taschen sind häufig an ihrer Basis geschwärzt, wodurch die Haut des Fisches
ein geflecktes oder gegittertes Ansehen erhält. Die Flossen mit Ausnahme der
Rückenflosse besitzen eine blassrothe Färbung, die Schwanzflosse ist immer
von einem feinen schwärzlichen Saume eingefasst, die Rückenflosse dagegen
erscheint gleichmässig dunkelgrau. Die Verbindungshäute der Strahlen aller
Flossen zeigen öfter schwärzliche, unregelmässige Marmorflecke; am häufig-
sten nimmt man dergleichen Flecke an der Rückenflosse wahr.
Sowohl in den Seen wie in den Flüssen der verschiedenen mitteleuro-
päischen Wasser-Gebiete kömmt die Barbe allgemein verbreitet vor. Die-
selbe nährt sich theils von animalischen, theils von vegetabilischen Substan-
zen. Als Laichzeit der Barbe wird der Monat Mai und Juni angegeben. Zur
Zeit der Brunst erheben sich auf dem Scheitel der männlichen Individuen eine
Menge kleiner Körner, welche sich nach dem Rücken hin zu vielen kurzen
Längsreihen ordnen und auf den Schuppen des Rückens selbst innig mit ein-
ander verschmelzen und so eine Längsleiste darstellen, welche oft noch zwei
kurze Leisten neben sich hat. Es ist auffallend, dass, obgleich von jeher
vor dem Genusse des Rogens der Barbe gewarnt wird und immer wieder neue
unangenehme Erfahrungen über die Erbrechen und Durchfall erregenden Eigen-
schaften dieses Nahrungsmittels gemacht werden1), sich bis jetzt niemand
die Aufgabe gestellt hat, den Rogen dieses gemeinen Fisches wegen seiner
giftigen Wirkung wissenschaftlich zu prüfen.
[111]Gattung: Barbus.
2. Art. B. Petenyi Heck.Semling.
Syn. u. Citate.
Leonhard: Lehrhuch zur Beförderung der Kenntniss von Siebenbürgen. Hermannstadt,
1818. pag. 191.
Heckel: Die Fische Ungarns, in Haidinger’s Berichte über die Mittheilungen von Freunden
der Naturwissenschaften in Wien. Bd. III. 1848. pag. 194, und Nr. 11 h: pag. 29.
Barbus Petenyi.
Bielz: Uebersicht der lebenden Fische Siebenbürgens, in den Verhandlungen und Mitthei-
lungen des siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt, Jahr-
gang IV. 1853. pag. 173 u. 179. Taf. 3. Fig. 1, ferner dessen Fauna der Wirbelthiere
Siebenbürgens, Hermannstadt, 1856. pag. 173, Pseudobarbus Leonhardi,Semling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 78. Fig. 41. Barbus Petenyi1).
Artcharakter:Lippen mässig wulstig, Bartfäden nicht sehr dick;
Körper gestreckt und cylindrisch, Augenklein, Knochen-
strahl der Rückenflosse ungesägt.
D. 3/8, P. 1/14, V. 2/8, A. 3/5, C. 19, Squ. 12/58—60/10.
Diese Barbenart, welche in Siebenbürgen den Namen »Semling« erhalten
hat, scheint den aus den Karpathen entspringenden Gewässern ausschliess-
lich anzugehören. Da dieser Fisch auch bei Krakau in der Weichsel und bei
Teschen in der Olsa, einem von den Karpathen entspringenden Seitenflüss-
chen der Oder vorkömmt, so habe ich diese Art als ein Glied der mitteleuro-
päischen Fischfauna hier nicht übergehen wollen.
Ich kenne diesen Fisch nur aus dem kaiserlichen Naturalien-Cabinete zu
Wien, und weiss daher nur weniges von demselben zu berichten.
Derselbe steht der gemeinen Barbe sehr nahe, bleibt aber um vieles
kleiner als diese, indem er nur die Länge von 7 bis 10 Zoll erreicht. Ausser
den oben angeführten Artcharakteren ist der Semling noch dadurch kenntlich,
dass sein Körper mit grösseren und schwärzeren Flecken besetzt ist und seine
Flossen, mit Ausnahme der Bauchflossen, welche stets ungefleckt sind, deut-
lichere schwarze Flecken an sich tragen als die der gemeinen Barbe. Seine
Afterflosse ist länger gestreckt, und reicht zurückgeschlagen bis zur Basis
der Schwanzflosse, was bei dem Zurückschlagen der kürzeren Afterflosse
der gemeinen Barbe nicht stattfindet.
[112]Familie: Cyprinoidei.
3. Art. B. Mayori Valenc.
Syn. u. Citate.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 138. Pl. 461. Barbus Mayori.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1017. Barbus Mayori.
Bonaparte: Catalogo metodico dei pesci europei Napoli 1846. pag. 27. n. 156. Barbus ple-
bejus (Barbus Mayori?Val.).
Diese Art wurde von Valenciennes nach einem einzigen Exemplare aufgestellt, wel-
ches aus dem Zuger-See durch Herrn Mayor in Genf nach Paris gesendet worden war, und
bedarf daher weiterer Untersuchungen, ehe dieselbe wirklich als selbstständige Art aner-
kannt werden kann, zumal da Bonaparte vermuthet, diese Art möchte mit seinem Barb.
plebejus identisch sein.
VI. Gattung: Gobio (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Mund unterständig mit zwei langen Bartfäden
in den Mundwinkeln. Augen hoch hinauf bis an die ab-
geplattete Stirne gerückt. Die hakenförmig endenden
Schlundzähne in zwei Reihen zu 3 oder 2 und zu 5 stehend.
Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis.
1. Art. G. fluviatilis Cuv.Gressling, Gründling.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 4 a: pag. 162. Taf. 39. Kressen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 10, Descript. spec. pag. 13. n. 5, Syn. nom. pisc.
pag. 11. n. 20.
Linné Nr. 2: pag. 526. n. 3. Cyprinus Gobio.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 57. Taf. 8. Fig. 2. Cyprinus Gobio,Gründling.
Schrank Nr. 23 a: pag. 329. n. 305. Kressling.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 188. Cyprinus Gobio,Grundel.
Agassiz Nr. 6: (Isis, 1828) pag. 1049. Taf. XII. Fig. 2. a—d. Cyprinus Gobio,Kresse.
Gloger Nr. 88: pag. 73. n. 12. Cyprinus Gobio,Kressen, Gründling.
Bujack Nr. 97: pag. 335. Cyprinus Gobio,Gründling.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 300. Pl. 481. Gobio fluviatilis, le Goujon ordinaire und
pag. 311. Gobio obtusirostris.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 194. Gobio fluviatilis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 334. Gobio fluviatilis,Gründling.
Günther Nr. 47: pag. 44. Leuciscus Gobio,Grässling.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Gobio fluviatilis,Fluss-Gründling.
Rapp Nr. 41: pag 10. Gobio fluviatilis,Gründling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 90. Fig. 42 u. 43. Gobio vulgaris,Gressling.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Gobio vulgaris,Gressling.
[113]Gattung: Gobio.
Artcharakter:Körper gestreckt, cylindrisch, Schwanz seit-
lich zusammengedrückt; die bald längere, bald kürzere
Schnauze sehr stumpf und stark gewölbt, die Bartfäden
nicht sehr lang, kaum bis unter die Augen reichend. Rük-
ken- und Schwanzflosse mit mehreren schwarzbraunen
Fleckenbinden1).
D. 3/7, P. 1/14—15, V. 2/8, A. 3/6, C. 19. Squ. 6/40—44/5.
Die Körperform des Gobio fluviatilis ist eine gestreckte, sein Kopf er-
scheint bald mehr, bald weniger in die Länge gezogen. Hierdurch liefern die
Ausmessungen am Kopfe sehr verschiedene Resultate, welche zur Aufstel-
lung von zwei Arten dieses Gresslings Veranlassung gegeben haben, von
denen die langschnauzige Form als G. fluviatilis Cuv. Val. und die kurzschnau-
zige Form als G. obtusirostris Agass. bezeichnet worden ist. Für die extreme
Form des langschnauzigen Gresslings zeigen sich folgende Ausmessungen
charakteristisch. Der Querdurchmesser von dem einen oberen Augenhöhlen-
rande herüber zu dem anderen hat dieselbe Breite wie der Querdurchmesser
des Auges. Die Länge des Gesichts (von dem vorderen Augenhöhlenrande
bis zur Schnauzenspitze gemessen) verhält sich gleich der Entfernung von dem
hinteren Augenhöhlenrande bis zur Mitte zwischen Schnauzenspitze und vor-
derem Nasenloche. Der stumpfschnauzige Gressling besitzt in seiner extre-
men Form eine um vieles breitere Stirne, kleinere Augen und kürzere
Schnauze, wodurch die eben erwähnten Ausmessungen ganz andere Resultate
liefern. Der Querdurchmesser der Stirne nämlich ist länger als der Quer-
durchmesser der Augen und entspricht der Entfernung vom hinteren Augen-
höhlenrande bis zum hinteren Nasenloche, und die Gesichtslänge, von dem
vorderen Augenhöhlenrande bis zur Schnauzenspitze gemessen, trifft zusam-
men mit der Entfernung von dem hinteren Augenhöhlenrande bis zum vor-
deren Nasenloche.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Der Scheitel und Rücken des Gresslings
hat eine graugrüne Farbe und ist mit vielen
schwarzen Puncten und Flecken besetzt.
Seiten und Bauch erscheinen weiss und sil-
berglänzend. Zu beiden Seiten oberhalb der
geraden Seitenlinie erstrecken sich 10 bis
11, oft auch nur 7 bis 8 grosse, schwarze
oder schwarzblaue Flecke von vorne nach
hinten, welche bald mehr, bald weniger zu einer Längsbinde zusammen-
v. Siebold, Fische. 8
[114]Familie: Cyprinoidei.
fliessen. Die Flossen haben eine gelbliche Färbung. Die Strahlen der Rücken-
und Schwanzflosse sind unterbrochen braun gefärbt, wodurch diese Flossen
wie mit mehreren gestrichelten Binden besetzt erscheinen; auch die Strahlen
der beiden Brustflossen sind öfters auf der Oberseite ihrer ganzen Länge
nach, seltener in Unterbrechung, braun gefärbt. Oberhalb und unterhalb der
Nasenlöcher zieht sich ein schwärzlicher Streif nach der Schnauzenspitze hin.
Die beiden Kiemendeckel, sowie die Brust dicht über dem Ursprung der
Brustflossen zeigen sich ebenfalls angeschwärzt. Es kann dieser Fisch eine
Grösse von 6 bis 6½ Zoll erreichen. Derselbe lebt sowohl in stehenden wie
in fliessenden Gewässern und hält sich gern auf dem Grunde der Gewässer
auf, wo er sich von animalischen und vegetabilischen Stoffen zu ernähren
weiss. Ich habe ihn in ganz Deutschland überall sehr häufig angetroffen.
Die Laichzeit desselben fällt in die Monate Mai und Juni, um welche Zeit
er eine sehr viel dunklere Färbung erhält. Zugleich entwickelt sich bei den
brünstigen männlichen Individuen dieses Cyprinoiden ein feinkörniger Aus-
schlag auf dem Scheitel, zu welchem sich noch eine Hautwucherung auf den
Schuppen des Rückens und der Seiten, sowie auf der oberen Seite der Brust-
flossen-Strahlen gesellt. Auf den einzelnen Schuppen bildet dieser Hautaus-
schlag mehrere radiär verlaufende längliche Erhabenheiten, auf den genannten
Flossen-Strahlen dagegen stellt derselbe sehr kleine aber äusserst zahlreiche
und überaus dicht gedrängt stehende Körnchen dar.
Nachdem Agassiz1) zuerst auf die kurzschnauzige Form des Gresslings
unter dem Namen Gobio obtusirostris als auf eine besondere Art aufmerksam
gemacht und Valenciennes2) die langschnauzige Form als Gobio fluviatilis iso-
lirt hatte, gewann es den Anschein, als unterschieden sich diese beiden zu
zwei besonderen Arten erhobenen Gresslingsformen auch durch ihre geogra-
phische Verbreitung, indem der langschnauzige Gobio fluviatilis allen denjeni-
gen Flüssen des europäischen Continents angehören möchte, welche den nörd-
lichen Meeren zufliessen, während der stumpfschnauzige Gobio obtusirostris
nur im Donauflussgebiet mit seinem östlichen Abflusse anzutreffen wäre.
Allein eine Vergleichung sehr vieler Individuen des Gresslings aus den ver-
schiedensten Flussgebieten des mittleren europäischen Continents erweckte
in mir sehr bald die Ueberzeugung, dass zwischen den als G. fluviatilis und
obtusirostris auseinander gehaltenen extremen Formen die mannichfaltigsten
Uebergangsformen vorkommen, durch deren Schwankungen in der Grösse der
Augen, Breite der Stirne und Länge der Schnauze ich in Verlegenheit gesetzt
wurde, ob ich die eine oder die andere der Mittelformen für den langschnau-
zigen G. fluviatilis oder kurzschnauzigen G. obtusirostris halten sollte3).
[115]Gattung: Gobio.
2. Art. G. uranoscopus Agass.Steingressling.
Syn. u. Citate.
Willughby: Historia piscium. pag. 264. Gobius fluviatilis minor,Wapper.
Artedi Nr. 1: Syn. nom. pisc. pag. 11. n. 21. Gobius fluviatilis minor.
Agassiz Nr. 6: Isis, 1828. pag. 1048. Taf. XII. Fig. 1. a—d und ebenda 1829. pag. 44. Cy-
prinus uranoscopus,Steinkresse.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 312. Gobio uranoscopus.
Weber Nr. 27: pag. 39. Taf. 7. Gobio uranoscopus,Steinkressling.
Heckel Nr. 11 i: Fische der Salzach. pag. 191. n. 8. Gobio uranoscopus,Grässling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 93. Fig. 45 u. 46. Gobio uranoscopus.
Artcharakter:Körper sehr gestreckt und cylindrisch, Kopf und
Rücken niedergedrückt, der cylindrische Schwanz sehr
schmächtig, die sehr schräge absteigende breite Schnauze
mit dem abgeplatteten Unterkiefer einen stumpfen Rand
bildend. Die bis fast zur Basis der Brustflossen reichenden
Bartfäden sehr lang. Rücken- und Schwanzflosse mit einer
oder zwei Fleckenbinden.
D. 2/7, P. 1/13, V. 1/6, A. 2/6, C. 19, Squ. 5/40—42/4.
Dieser Gobio, welcher unter dem Namen Steinkresse oder Stein-
gressling nicht selten in Gesellschaft des gemeinen Gressling auf den hie-
sigen Fischmarkt gebracht wird, unterscheidet sich auf den ersten Blick von
dem letzteren sowohl durch seine Körperform, wie durch seine Farbe und
Zeichnung. Sein gestreckter Leib erscheint niedergedrückt und sein Schwanz,
im Vergleich zu dem seitlich zusammengedrückten Schwanz des G. fluviatilis,
cylindrisch. Die starken und langen Bartfäden, welche nach hinten zurückge-
legt, mit ihren Spitzen weit über die Augen hinaus bis zu den grossen Kie-
mendeckeln reichen, geben diesem Gressling ein sehr charakteristisches
Ansehen.
Die Oberseite des sonst weisslichen Körpers schimmert durch die An-
wesenheit einer gleichmässig verbreiteten Pigmentmasse grau, ohne hervor-
stechende Puncte oder Flecke; statt der grossen schwarzen Seitenflecken trägt
dieser Gressling fünf vom Nacken bis zum Schwanze gleichmässig vertheilte
schwarze Halbbinden, welche bis zur Seitenlinie herabreichen, von welchen
aber zuweilen die ersten nur sehr schwach angedeutet sind. Die Flossen zei-
3)
8*
[116]Familie: Cyprinoidei.
gen sich gelblich gefärbt, die Strahlen der Rücken- und Schwanzflosse be-
sitzen nur eine oder zwei braune Fleckenbinden.
Der Steinkressling erreicht nur eine Grösse von 3½ bis 4½ Zoll. Die
Lebensweise hat er mit dem G. fluviatilis gemein. Agassiz entdeckte diesen
Fisch hier zuerst in der Isar1), einen anderen Fundort in Deutschland weiss
ich aus eigener Erfahrung nicht anzuführen; nach Heckel2) kömmt derselbe
nur noch in der Salzach, in der Save und Idria vor. Willughby hat bei seiner
Anwesenheit in Augsburg einen vier Zoll langen Fisch unter dem deutschen
Namen »Wapper« häufig angetroffen, aus dessen kurzer Beschreibung Wil-
lughby den Gobio uranoscopus erkennen lässt3). Ich habe mich in Augsburg
nach diesem »Wapper« erkundigt und durch Herrn Grandauer die Mittheilung
erhalten, dass er niemals den von Heckel und Kner beschriebenen und abge-
bildeten G. uranoscopus in Augsburg gesehen und noch nie von den Augs-
burger Fischern den Namen »Wapper« nennen gehört habe.
VII. Gattung: Rhodeus (nach Agassiz).
Gattungscharakter:Fünf Schlundzähne jederseits in einfacher
Reihe, mit seitlich zusammengedrückten und schräg abge-
schliffenen Kronen, die länglichen Kauflächen mit einer
einfachen Längsfurche; Rückenflosse und Afterflosse mit
mässig langer Basis.
1. Art. Rh. amarus Bl. Bitterling.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 226. Taf. 46. Bliecken.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 52. Taf. 8. Fig. 3. Cyprinus amarus,Bitterling.
Schrank Nr. 23 a: pag. 335. n. 316. Bitterling.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 28. Cyprinus amarus,Bitterfisch.
Bujack Nr. 97: pag. 338. Cyprinus amarus,Bitterling.
Agassiz Nr. 7: pag. 37 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 78. Rhodeus amarus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 201. n. 19. Rhodeus amarus, Bouvière.
[117]Gattung: Rhodeus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. 1844. pag. 81. Rhodeus amarus, la Bouvière.
Schulz Nr. 78: pag. 534. Rhodeus amarus,Bitterling.
Leiblein Nr. 51: pag. 120. Rhodeus amarus,Bitterfisch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 100. Fig. 52 u. 53. Rhodeus amarus,Bitterling.
Krauss: Ueber den Bitterling, in dem 14ten Jahrgange der Würtembergischen naturwis-
senschaftlichen Jahreshefte. 1858. pag. 115.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Rhodeus amarus,der Bitterling.
Artcharakter:Mund endständig; Körper hoch und seitlich zu-
sammengedrückt; die Seitenlinien nur auf die ersten 5 bis
6 Schuppen beschränkt1).
D. 3/9—10, P. 1/10, V. 2/6, A. 3/9, C. 19, Squ. 10—12 u. 34—38.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Der Bitterling erinnert in seiner Ge-
stalt, wie Heckel und Kner (Nr. 13: pag.
101) schon richtig bemerkt haben, ganz
an die Karausche und an den Brachsen.
Seine glatten Schuppen sind auffallend
gross und noch einmal so breit als lang.
Die Länge des Fisches selbst beträgt
gewöhnlich 2 Zoll, doch habe ich in
Würzburg auch viele Bitterlinge von 3
bis 3½ Zoll Länge angetroffen.
Die Bitterlinge lieben vorzugsweise stehendes Wasser und finden sich
in den sogenannten todten Gewässern der verschiedensten Flüsse und Bäche
Deutschlands ziemlich verbreitet vor. Ich kenne das Vorkommen des Bitter-
lings bei München, Augsburg, Erlangen, Würzburg, Heilbronn und Strass-
burg. Die Fischer in Würzburg bezeichnen den Bitterling mit dem sonder-
baren Namen »Bille«; auf dem Strassburger Fischmarkte wurde mir derselbe
Fisch als »Schneiderkärpfchen« bezeichnet. Von Baldner wurde der Bitter-
ling »Blieken« genannt, und auch Hermann (Nr. 43: pag. 320) beschreibt un-
ter dem Namen »Blicklein« ganz deutlich den Bitterling, während ich den von
ihm (Nr. 43: pag. 319) als Schneiderkärpfchen beschriebenen kleinen Fisch
nicht deuten kann, wahrscheinlich sind diese Namen Collectiv-Bezeichnungen,
unter denen man in Strassburg verschiedene kleine karpfenartige Fische ver-
steht; für diese Vermuthung spricht auch ein in dem Strassburger Naturalien-
Cabinet aufgestelltes Glas, in welchem ich unter dem Namen »Blicklein von
Strassburg« verschiedene junge Cyprinoiden aufbewahrt fand.
Die Färbung dieses Fischchens zeigt sich nach Geschlecht und Jahres-
zeit sehr verschieden. Ausser der Laichzeit, welche im Monat April und Mai
eintritt, erscheinen beide Geschlechter gleich gefärbt, nämlich mit graugrünem
[118]Familie: Cyprinoidei.
Rücken und mit silberglänzenden Seiten; sehr charakteristisch ist ein grüner
glänzender Längsstreif, der sich zu beiden Seiten des Leibes von der Mitte
desselben bis zum Schwanzende erstreckt. Die Flossen sind blassröthlich
gefärbt und die Rückenflosse ganz, die Schwanzflosse an der Basis mit
schwärzlichem Pigmente besetzt. Diese einfache Färbung verschwindet zur
Brunstzeit an den männlichen Bitterlingen vollständig und macht einem präch-
tigen Hochzeitskleide Platz, dessen Farbenglanz sich schwer naturgetreu be-
schreiben lässt (Taf. I. Fig. 1). Die ganze Körperoberfläche der brünstigen
Männchen schillert in allen Regenbogenfarben, wobei sich stahlblau und vio-
lett besonders bemerkbar macht, und der smaragdgrüne Seitenstreif am
Hinterleibe noch glänzender hervortritt, während die Brust und Bauchseite
mit einem schönen orangengelben Pigmentüberzuge prangen; auch die Rücken-
und Afterflosse zeigen sich hochroth gefärbt und schwarz gesäumt. Mit der
Entwicklung dieser Farbenpracht beginnt noch ein anderer Geschlechtsunter-
schied hervorzutreten, der sich auf eine Veränderung der Haut dicht über der
Oberlippe bezieht. Hier erhebt sich an den beiden äusseren Enden der Ober-
kiefer allmählich ein rundlicher Wulst, der aus einem Haufen von 8 bis 13
ungleich grossen kreideweissen Warzen besteht. Zwei bis drei diesen ganz
ähnliche Warzen kommen noch an dem oberen Rande der beiden Augen-
höhlen zum Vorschein. Diese Warzen verdienen nicht den Namen »Knochen-
wärzchen«, wie sie von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 102) bezeichnet wor-
den sind, denn sie entsprechen keineswegs Verknöcherungen, sondern jede
Warze ist nichts andres, als eine Anhäufung von dicht über- und aneinander-
gedrängten Epitheliumzellen1). Nach Beendigung des Fortpflanzungsge-
schäfts verlieren sich diese Warzen und hinterlassen bleibende Gruben, aus
denen bei der Wiederkehr der Brunstzeit von neuem jene warzenartigen Ge-
bilde hervorsprossen.
Obgleich die Weibchen der Bitterlinge auch während der Laichzeit ihre
Farblosigkeit behalten und auf diese Weise von ihren prächtig geschmückten
Männchen auffallend abstechen, zeichnen sie sich doch in dieser Zeit durch
ein ganz eigenthümliches äusseres Merkmal aus, das trotz seiner Augenfällig-
keit erst vor kurzem durch Herrn Krauss, Director des königlichen Na-
turalien-Cabinets zu Stuttgart bemerkt wurde2). Es ist dies eine lange, röth-
[119]Gattung: Rhodeus.
liche Legeröhre, welche sich an dem weiblichen Bitterling bei dem Eintritt der
Laichzeit allmählich entwickelt und, sowie die Eier im Eierstocke ihre Reife er-
langt haben, vor der Afterflosse zweizölliger Bitterlinge als ein bis zu 8½ Linien
ausgewachsener wurmförmiger Strang frei am Hinterleibe herabhängt (Taf. I.
Fig. 2). Ich habe diese Legeröhre bei grösseren Individuen 1½ bis 2 Zoll lang
entwickelt gesehen. Dieses Organ ragt bei seiner stärksten Entwicklung mit
seiner Spitze oft über das Ende der Schwanzflosse hinaus, was dem Fischchen
während des Schwimmens ein ganz sonderbares Ansehen verleiht; man möchte
glauben, es hienge dem Thiere ein verschluckter Regenwurm oder der eigene
Darm aus dem After hervor. Dass dieses Organ wirklich eine Legeröhre ist,
davon konnte ich mich bei einem Besuch des Strassburger Fischmarktes über-
zeugen, auf welchem ich am 16ten April 1858 eine ungeheure Menge in den
todten Armen des Rheins gefangener Bitterlinge zum Verkauf ausgeboten fand;
viele Weibchen waren eben im Begriffe ihre gelben Eier abzulegen, wobei die
lange Legeröhre fast einer Perlschnur glich, indem sie von der Wurzel bis zur
Spitze in einfacher Reihe hintereinander von schwefelgelben Eiern angefüllt
und ausgedehnt war. Da die Schalen dieser Eier sehr elastisch sind und die
Legeröhre im Verhältniss zu dem Durchmesser der grossen ovalen Eier des
Bitterling eng ist, so nehmen diese Eier, indem sie durch die Legeröhre hin-
durchgleiten, eine cylindrische Form an, welche augenblicklich wieder ver-
schwindet, sobald die Eier aus der Spitze der Legeröhre hervorgetreten sind.
Sehr interessant erscheint der Umstand, dass diese lange Legeröhre jedesmal,
nachdem sie ihre Function verrichtet hat, sich wieder verkürzt, und so weit
zurückbildet, dass sie zuletzt bis auf eine ganz kurze, 1½ Linie lange, röth-
liche Papille eingeschrumpft erscheint; in diesem verkürzten und einge-
schrumpften Zustande habe ich die Legeröhre vor der Afterflosse an allen
Bitterlings-Weibchen, welche ich den Winter über in dem Aquarium des
hiesigen physiologischen Instituts lebend aufbewahrt hatte, hervorragen sehen.
Der Rhodeus amarus weicht in noch vielen anderen Organisations-Ver-
hältnissen von unseren übrigen Cyprinoiden ab, dass ich nicht umhin kann, zu
den anatomischen Bemerkungen, welche Heckel und Kner über diesen Fisch
bekannt gemacht haben, noch folgendes hinzuzufügen.
Der sehr lange Darm des Bitterlings, welcher nach Heckel und Kner
(Nr. 13: pag. 102) in 5 Umgängen spiralig gewunden ist, zeigt genauer be-
trachtet zwei Paquete von Windungen: das eine Paquet kömmt bei Eröffnung
der Bauchhöhle zu Tage und bildet die weitesten Schlingen, unter diesem
Paquet liegt das zweite verborgen, welches aus nur engen Schlingen besteht,
und in die hinter dem Darme befindliche Leber eingedrückt ist. In die äussere
Spiralwindung des Darms geht der Magen über und aus der innersten Darm-
windung tritt der Mastdarm hervor. Den ganzen Darm fand ich stets von
gründlichen Algen-Trümmern und Diatomeen angefüllt. Die beiden hinter dem
[120]Familie: Cyprinoidei.
Darme, hinter der Leber mit ihrer Gallenblase und der Milz gelegenen Ovarien
bilden einen gemeinschaftlichen Sack ohne Scheidewand, der oben einen
schwachen herzförmigen Einschnitt besitzt. Nur die vordere Wand dieses
Sackes trägt auf der inneren Fläche ein Stroma zur Entwicklung der Eier, die
hintere Wand ist sehr dünnhäutig und wie das Peritonäum mit vielem
schwarzen Pigmente besetzt. Die reifen, von dem Eierstock-Stroma losge-
trennten gelben Eier sind von ovaler Gestalt und haben einen Längsdurch-
messer von 1½ Linie und einen Querdurchmesser von 1 Linie. Die Legeröhre
erscheint während der Brunstzeit gegen die Mitte hin am intensivsten orangen-
gelb gefärbt, über die Mitte hinaus erscheint sie schmutzig roth, und an der
Spitze sowie an der Basis fast ganz farblos. Dieses Organ enthält in seiner Basis
deutliche Blutgefässe und Nerven, ist reizbar und bringt Reflexbewegungen
hervor, an matten Fischchen konnte ich durch einen Stich in die Legeröhre
Muskelzuckungen hervorrufen. Da die herzförmige Harnblase, wie ich mich
ganz bestimmt überzeugte, in die Basis der Legeröhre einmündet, so verdient
dieses Organ mit Recht den Namen »Urogenital-Canal«.
VIII. Gattung: Abramis (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Fünf Schlundzähne jederseits in einfacher
Reihe mit seitlich zusammengedrückten und schräg abge-
schliffenen Kronen, ihre schmalen Kauflächen mit einer
Furche und vor ihrer Spitze mit einem Kerb; Rückenflosse
von oben nach hinten in einem sehr spitzen Winkel steil ab-
gestutzt, ihre Basis kurz; die Afterflosse mit langer Basis;
die Schwanzflosse tief gabelförmig ausgeschnitten, die
untere Spitze derselben länger als die obere; die Beschup-
pung bildet auf dem Vorderrücken einen Scheitel, indem
die Mittellinie des ganzen Vorderrückens, vom Hinterkopfe
bis zum Anfange der Rückenflosse als eine schuppenlose
Längsfurche erscheint, welche jederseits von einer Reihe
kleiner Schuppen eingefasst ist. Der Bauch bildet von der
Basis der Bauchflossen bis zur Aftergrube eine scharfe
Kante, zwischen welcher eine schuppenlose Furche verbor-
gen liegt.
[121]Gattung: Abramis.
1. Art. A. Brama Lin.Brachsen, Bley.
Syn. u. Citate.
a. Erwachsen.
Baldner Nr. 42: pag. 162. Taf. 12. Bresem.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 6. n. 17, Descr. spec. pag. 20. n. 10, Syn. nom. pisc.
pag. 4. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 531. n. 27. Cyprinus Brama.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 75. Taf. 13. Cyprinus Brama,Bley.
Schrank Nr. 23 a: pag. 329. n. 308. Brassem.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 228. Cyprinus Brama,Brachsmen.
Gloger Nr. 88: pag. 74. n. 17. Cyprinus Brama,Brassen.
Heckel Nr. 11 a: I. 2. pag. 230. Taf. 20. Fig. 6. Abramis vetula.
Bujack Nr. 97: pag. 335. Cyprinus Brama,Blei.
Agassiz Nr. 7: pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Abramis Brama, Abramis
microlepidotus, Abramis argyreus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 219. Abramis Brama.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 9, 43, 45 u. 60. Abramis Brama, Brème commune: Abramis
microlepidotus, Abramis argyreus, Abramis vetula.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 369. Abramis Brama,Brassen.
Günther Nr. 47: pag. 96. Abramis Brama,Brachsen.
Leiblein Nr. 51: pag. 124. Abramis Brama,Brachsen.
Rapp Nr. 41: pag. 6. Abramis Brama,Brachsmen.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 104. Fig. 54 u. 55. Abramis Brama,Brachsen u. pag. 108.
Fig. 56. Abramis vetula.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Abramis Brama,Brachsen.
b. Jung.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 4, Descr. spec. pag. 23. n. 12, Syn. nom. pisc. pag. 13.
n. 28. Faren.
Linné Nr. 2: pag. 532. n. 30. Cyprinus Farenus.
Nilsson: Prodromus Ichthyologiae scandinavicae. Lund., 1832. pag 30. Cyprinus Farenus.
Ekström: Die Fische in den Scheeren von Mörkö. Berlin, 1835. pag. 40. Taf. III. Cyprinus
Farenus.
Artcharakter:Mund halb unterständig, Körper seitlich zusam-
mengedrückt und hoch, die lange Afterflosse mit 23 bis 28
weichen zertheilten Strahlen beginnt vor dem Ende der
Rückenflosse1).
D. 3/9, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/23—28, C. 19, Squ. 12—13/51—54/6—7.
Der gemeine Brachsen ist durch seinen stark seitlich zusammengedrück-
ten Leib und durch seine ansehnliche Körperhöhe leicht kenntlich. Er er-
reicht unter allen verwandten Arten den grössten Umfang, indem er bis zu
2 Fuss Länge heranwachsen kann; Brachsen von 1½ Fuss Länge werden
häufig aus dem Chiemsee hieher zu Markte gebracht.
[122]Familie: Cyprinoidei.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Die sehr gestreckten und zerbrechli-
chen Schlundknochen des Brachsen sind
besonders charakteristisch durch die ge-
gen die Symphyse hin sehr verlängerten
vorderen Fortsätze. Ausserdem zeich-
net sich auch der gemeine Brachsen von
allen übrigen hochrückigen Abramiden
durch die blaugraue Farbe aller seiner
Flossen aus. Der Vorderrand der Rücken-
flosse ist sehr hoch und über viermal
länger als ihr Hinterrand, so dass die
Spitze dieser Flosse zurückgelegt die neunte Schuppe des Hinterrückens er-
reicht. Die nach hinten zurückgeschlagenen Brustflossen überragen mit ihrer
Spitze die Basis der Bauchflossen. Die sehr lange untere Spitze des gabel-
förmigen Schwanzes ragt weit über die obere Spitze desselben hinaus.
Es kommen auch Varietäten vor, welche durch eine mehr oder weniger
gewölbte Schnauze und durch einen niedrigeren Rücken und gestreckteren
Leib auffallen. Diese gestrecktere Gestalt ist meistens auch den jüngeren
Individuen eigen, worauf schon Bloch (Nr. 3 a. Th. I. pag. 76 u. 82) aufmerk-
sam gemacht hat. Solche junge Brachsen, welche in Schweden den Volks-
namen Faren erhalten haben, sind von den älteren schwedischen Ichthyolo-
gen verkannt und unter dem Namen Cyprinus Farenus als eine besondere
Fischspecies beschrieben worden. Dies hatte auch mich früher in Danzig
verführt, junge Brachsen als C. Farenus zu deuten und das Vorkommen
dieses kleinen Abramiden für das Weichsel-Gebiet festzustellen1), wozu Krøyer
auch noch das Vorkommen des C. Farenus in Dänemark hinzufügte2). Erst
seitdem Nordmann3) und Valenciennes4) auf den von den schwedischen Ich-
[123]Gattung: Abramis.
thyologen zuerst veranlassten Irrthum aufmerksam gemacht hatten, wurde
der C. Farenus als selbstständige Species beseitigt und auch von den skan-
dinavischen Ichthyologen zu den Synonymen des Abramis Brama verwiesen1).
Von Selys-Longchamps (a. a. O.) wurden ebenfalls verschiedene Varie-
täten-Bildungen des Brachsen hervorgehoben, aus diesem Grunde stehe ich
an, die beiden oben angeführten, von Agassiz aufgestellten und von Valen-
ciennes näher beschriebenen Abramis-Arten, A. microlepidotus und A. argyreus
als besondere Species anzuerkennen. Ich bin durch die Güte des Herrn
L. Coulon, Director des zoologischen Cabinets zu Neuchâtel, welcher mir die
Originale dieser von Agassiz aufgestellten Abramis-Species zur Ansicht über-
schickte, in den Stand gesetzt worden, dieselben mit A. Brama zu vergleichen,
und konnte mich nicht von der Art-Berechtigung dieser beiden Abramiden
überzeugen. Zwischen A. Brama und A. microlepidotus, welche letztere
Abramis-Form nach Agassiz in der Donau vorkömmt, aber nach Heckel und
Kner (Nr. 13: pag. 119) in ihrem, an Donau-Fischen so reichen Material nicht
herausgefunden werden konnte, hat Valenciennes nach einer von Agassiz
eingesendeten colorirten Abbildung nur sehr geringe Unterschiede wahr-
nehmen können, und mir gieng es nicht besser bei der Vergleichung eines
in Weingeist aufbewahrten 12 Zoll langen Exemplars des A. microlepidotus mit
verschiedenen Individuen von A. Brama. Dasselbe stimmte in der Flossen-
strahlen-Zahl der Rücken- und Afterflosse, in der Längs- und Querreihen-
Zahl der Schuppen, sowie in der Form der Schlundknochen mit A. Brama
vollkommen überein. Auch bei dem von Agassiz als A. argyreus bezeichne-
ten Abramiden, von welchem ich ein Exemplar ohne Angabe des Fundortes
in Händen hatte, konnte ich weder an der Flossenstrahlen-Zahl, noch an der
Beschuppung, noch an den Schlundknochen im Vergleich mit A. Brama einen
wesentlichen Unterschied wahrnehmen. Ich zählte an demselben 3/9 Rücken-
flossenstrahlen, 3/24 Afterflossenstrahlen und 12/56/6 Schuppen. Der ganze
Unterschied beschränkt sich nur auf einen weniger hohen Rücken und einen
etwas mehr gestreckten Leib, was doch wohl keinen Ausschlag geben kann,
um darauf eine besondere Art zu gründen, wenn wir uns daran erinnern, wie
stark die Karpfen und Karauschen in ihren Körper-Umrissen variiren.
Dass der Brachsen sogar bis zu einer ganz abenteuerlichen gestreckten
Form durch Verkümmerung ausarten kann, das zeigt die von Heckel (a. a. O.)
als A. vetula beschriebene Abramiden-Form aus dem Neusiedlersee, welche
gewiss nichts anderes ist, als ein verkümmerter Brachsen, und von welcher
Heckel und Kner (a. a. O.) selbst sagen, es stehe diese Art dem A. Brama
zunächst, und theile mit ihm die ganz gleiche Anzahl der Flossenstrahlen und
[124]Familie: Cyprinoidei.
auch die der Schuppen. Drei im Wiener Naturalien-Cabinete aufbewahrte
und von mir verglichene Individuen der A. vetula liessen in der That nur
Kümmerer des Brachsen erkennen.
Der gemeine Brachsen kömmt sowohl in Nord- wie in Süddeutschland
allgemein verbreitet vor, seine Verbreitung erstreckt sich auf die meisten
Flüsse und Seen daselbst mit Ausnahme der Alpenseen.
Die Brachsen leben gern gesellig und laichen auch in Gesellschaft, so
dass hier und dort ein auf Brachsen gerichteter Fischzug ausserordent-
lich ergiebig ausfallen kann; so wurden im Frühjahre 1858 im Bodensee
bei Ermatingen unterhalb Constanz 200 bis 300 Centner Brachsen an einem
Tage gefangen. Auch auf den gefrorenen masurischen Seen fiel in früheren
Zeiten der Brachsenfang ausserordentlich ergiebig aus1), und jetzt noch wer-
den auf dem Spirdingsee mit einem einzigen Zuge des grossen Winterzug-
netzes ab und zu mehrere hundert Tonnen Brachsen gefangen. Ihre Laich-
zeit fällt in den Monat Mai oder Juni, während welcher Zeit diese Fische
seichte mit Wasserpflanzen dicht bewachsene Uferstellen aufsuchen.
Die männlichen Individuen der gemeinen Brachsen erleiden zur Zeit ihrer
Brunst eine auffallende Veränderung, welche bisher zwar nicht übersehen,
aber doch nicht von jedem Beobachter richtig beurtheilt wurde. Es wachsen
nämlich, wenn die Brachsen-Männchen brünstig werden, auf deren Hautober-
fläche eigenthümliche warzenförmige Gebilde von ansehnlicher Grösse hervor,
welche aus nichts anderem bestehen, als aus verdichteten und erhärteten
Haufen von Epitheliumzellen. Diese Warzen haben eine stumpf-kegelförmige
Gestalt und anfangs eine weissliche Färbung, welche später, nachdem die
Warzen vollständig erhärtet sind, sich in Bernsteingelb umwandelt. Die War-
zen stehen unregelmässig gruppirt auf der Schnauze zwischen Oberlippe und
Nasenlöcher, auf dem Scheitel und auf dem Kiemendeckel-Apparat, ferner
auf den meisten Schuppen des Leibes und auf der oberen Seite der paarigen
Flossen, sowie zu beiden Seiten der After- und Schwanzflosse. Auf der Haut
der Schuppen stehen die Warzen entweder einzeln oder paarig oder zu dreien.
An den Flossen bilden sich diese Warzen immer nur auf demjenigen Theil
der Haut aus, welcher die Strahlen überzieht, sie stehen hier meistens in
einer einfachen aber dichtgedrängten Reihe hintereinander. Die Rückenflosse
trägt niemals solche Warzen. Die grössten Warzen (bis zu der Grösse eines
starken Nadelknopfs) entwickeln sich auf der Schnauze und auf dem Scheitel,
die kleinsten Warzen dagegen halten die Flossenstrahlen besetzt. Das Volk
bezeichnet solche brünstige, mit Hautwarzen besetzte Brachsen-Männchen
als Steinbrachsen oder Dornbrachsen.
[125]Gattung: Abramis.
2. Art. A. Vimba Lin.Russnase, Zärthe.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 6. n. 16, Descr. spec. pag. 18. n. 8, Syn. nom. pisc.
pag. 14. n. 32.
Linné Nr. 2: pag. 531. n. 25. Cyprinus Vimba.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 38. Taf. 4. Cyprinus Vimba,Zärthe.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 20. Cyprinus Vimba,Meernase.
Bujack Nr. 97: pag. 336. Cyprinus Vimba,Zärthe.
Koch Nr. 19: pag. 40. n. 19. Leuciscus Vimba,Aessling.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 65. Abramis Vimba.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 400. Abramis Wimba,Nase.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 109. Fig. 57. Abramis Vimba,Blaunase.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Abramis Vimba.
Artcharakter:Mund unterständig, Schnauze sehr weit vorsprin-
gend und conisch abgerundet; Körper seitlich zusammen-
gedrückt und gestreckt; die mässig lange Afterflosse mit
18 bis 20 weichen zertheilten Strahlen beginnt hinter dem
Ende der Rückenflosse; hinter dieser zeigt der Rücken
einen von einer Längsleiste der medianen Schuppen aus-
gehenden Kiel.
D. 3/8, P. 1/15, V. 2/9—10, A. 3/17—20, C. 19, Squ. 9—10/58—60/5—6.
Schlundknochen.
Die Russnase gehört zu den gestreckten
niedrigen Formen der Abramiden und ist
an der sehr stark hervortretenden coni-
schen Schnauze leicht zu erkennen. Die
sehr gedrungenen Schlundknochen dersel-
ben zeichnen sich durch ihren kurzen
vorderen Fortsatz aus, ihr flügelförmiger
Anhang ist breit und bildet nach vorn einen ansehnlichen Vorsprung. Die
zurückgeschlagenen Brustflossen stehen mit ihrer Spitze von der Basis der
Bauchflossen weit ab. Die untere Spitze der gabelförmigen Schwanz-
flosse ist nur um weniges länger als die obere. Dieser Fisch erreicht eine
Länge von 10½ bis 14¼ Zoll und zeichnet sich durch einen merkwürdigen
Farbenwechsel aus, welcher mit der Laichzeit in nächster Beziehung steht,
jedoch von keinem Ichthyologen bis jetzt erwähnt worden ist.
Ausser der Laichzeit sind bei diesem Fische die Schnauze, der Kopf und
Rücken, ebenso die Rücken- und Schwanzflosse graublau, Brust- und Bauch-
flossen nebst Afterflosse dagegen blassgelb gefärbt, die Brustflossen und die
Afterflosse zeigen ausserdem an ihrer Basis einen orangengelben Anflug, und
die letztere einen schwärzlichen Saum. Die Seiten des Leibes, sowie Brust
[126]Familie: Cyprinoidei.
und Bauch glänzen silberweiss. Die graublau gefärbte und weit vorsprin-
gende Nase dieses Abramiden hat die Veranlassung gegeben, dass in Oberöst-
reich dieser Fisch »Blaunase« und in Niederbayern »Russnase« genannt wurde.
Ganz anders und kaum wieder zu erkennen erscheint derselbe Fisch im Hoch-
zeitskleide, welches Ende Mai und Anfang Juni mit dem Eintritt der Laich-
zeit allmählich zum Vorschein kömmt. Der ganze Oberleib, Schnauze, Kopf,
Rücken, Seiten bis weit unterhalb der beiden Seitenlinien ist mit tiefschwar-
zem Pigment bedeckt, wobei die schwarzgefärbten, mit Schuppen bedeckten
Seiten des Leibes einen eigenthümlichen Seidenglanz von sich geben. Gegen
diese schwarze Färbung, welche sich an den Bauchseiten bis fast zu den
Bauchflossen und zu der Afterflosse herabzieht, sticht eine intensiv orangen-
rothe Färbung prächtig ab, mit welcher die beiden Lippen, die Kehle, die
Brust, sowie die Bauchkante und ein schmaler Streif unterhalb des Schwan-
zes geschmückt sind. Auch die paarigen Flossen und die Basis der Afterflosse
zeigen sich schön orangenroth gefärbt, während Rücken- und Schwanzflosse
so wie der Oberrand der Brustflossen und der Unterrand der Afterflosse breit
geschwärzt sind. Diese Farbenveränderung der Russnasen hält gleichen
Schritt mit der Entwicklung ihrer Fortpflanzungswerkzeuge und ist nicht
etwa abhängig von dem mit der Brunstzeit eintretenden Wechsel ihres Auf-
enthaltsortes1).
Ausser diesem schönen Farbenkleide, welches während der Laichzeit
beide Geschlechter tragen, lässt sich bei genauerer Untersuchung an den
männlichen Individuen als Zeichen ihres brünstigen Zustandes noch ein Haut-
ausschlag erkennen, der den oben erwähnten warzenförmigen Hautauswüch-
sen der Steinbrachsen entspricht. Dieser Ausschlag besteht aus vielen winzig
kleinen weisslichen körnchenartigen Erhöhungen, welche den Scheitel, den
oberen Theil des Kiemendeckel-Apparats, die Ränder der Schuppen und die
Strahlen auf der inneren Fläche der paarigen Flossen besetzt halten. Einzelne
Körnchen lassen sich auch hier und da auf dem Spiegel der Rückenschuppen
erkennen.
Das Vorkommen dieses Fisches, welcher in Norddeutschland unter dem
Namen »Zärthe« ein sehr bekannter und verbreiteter Fisch ist, scheint sich in
Süddeutschland nur auf die Donau und auf die derselben von Norden her
zufliessenden Ströme zu beschränken; ich fand den A. Vimba am achten Juni
1855 auf dem Fischmarkte zu Regensburg aus dem Regen und aus der Naab
unter dem Namen »Nase« in grosser Anzahl zum Verkauf ausgeboten; da ge-
[127]Gattung: Abramis.
rade die Laichzeit dieses Fisches eingetreten war, musste ich über die pracht-
volle Färbung dieses Fisches, von der ich bis dahin keine Ahnung hatte,
wahrhaft überrascht sein. Die ebenfalls auf dem Regensburger Fischmarkte
sehr zahlreich ausgestellte gemeine Nase führt dort den Namen »Weissfisch«.
Es ist auffallend, dass Hartmann1) das Vorkommen dieses Abramiden
bei Basel so bestimmt ausspricht, und dabei erwähnt, dass dieser Fisch aus
der Nordsee, um zu laichen, in den Rhein gehe und bis nach Basel hinauf-
gelange, während alle anderen Ichthyologen, welche der Fischfauna des
Rheins und seiner Nebenflüsse grosse Aufmerksamkeit zugewendet haben,
den A. Vimba gänzlich mit Stillschweigen übergehen. Gmelin (Nr. 4: pag. 374)
sagt ausdrücklich von der Zärthe: »Dieser Fisch, welcher in unseren rheini-
schen Gegenden nicht vorkommt, muss nicht mit der Nase verwechselt wer-
den, mit der er nichts, als den nasenförmigen stumpfen Oberkiefer gemein
hat«. Gesner2), auf den sich Hartmann beruft, kennt den A. Vimba, den er
Capito Anadromus nennt, nur als Elbfisch; offenbar hat Hartmann eine Ver-
wechslung begangen, und den Volksnamen »Aelzeln« oder »Elzer«, mit wel-
chem in Basel die Alosa vulgaris bezeichnet wird, unrichtiger Weise auf A.
Vimba bezogen, wie ich weiter unten nachweisen werde. In ganz Nord-
deutschland ist der A. Vimba als ein Wanderfisch gekannt, indem derselbe
zur Laichzeit aus der Nord- und Ostsee die Flüsse hinaufsteigt. Ob die in
der oberen Donau gefangenen Russnasen ebenfalls eingewanderte, von dem
schwarzen Meere aufgestiegene Individuen des A. Vimba sind, muss für jetzt
noch unentschieden gelassen werden.
3. Art. A. melanops Heck.Seerüssling.
Syn. u. Citate.
Agassiz Nr. 6: in der Isis 1828. pag. 1047. Cyprinus Vimba,See-Rüssling, und Nr. 7
pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Abramis elongatus.
Perty Nr. 24: pag. 719. Cyprinus Vimba,See-Rüssling.
Heckel Nr. 11 b: Bd. II. 1. 1840. pag. 154. Taf. 9. Fig. 3, Abramis melanops.
Koch Nr. 19: pag. 40. n. 17. Abramis media,Halbfisch.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 61 u. 75. Abramis melanops u. elongatus
Weber Nr. 27: pag. 38. Taf. 30. Leuciscus Vimba,Seerüssling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 112. Fig. 58. Abramis melanops.
Artcharakter:Mund unterständig, Nase etwas vorspringend und
stumpf abgerundet. Körper seitlich zusammengedrückt
und sehr gestreckt; die mässig lange Afterflosse mit 18 bis
[128]Familie: Cyprinoidei.
20 weichen zertheilten Strahlen beginnt hinter dem Ende
der Rückenflosse; hinter dieser erscheint der Rücken ge-
kielt.
D. 3/8, P. 1/15, V. 2/9—10, A. 3/17—21, Squ. 9—10/58—60/5—6.
Aus der oben angeführten Diagnose des Rüsslings geht hervor, dass die-
ser Fisch mit der Russnase sehr leicht verwechselt werden kann, indem der-
selbe fast nur durch geringere Dimensionen der bei A. Vimba hervorgehobenen
Charaktere verschieden ist. Es ist daher verzeihlich, dass Agassiz, Perty
und Weber diese beiden Fischarten mit einander verwechselt haben. Die
Schnauze des Seerüssling springt viel weniger hervor, sein Rücken ist weni-
ger hoch und sein ganzer Körper um vieles länger gestreckt als bei der Russ-
oder Blaunase. Durch die lange hervorragende Schnauze erhält also der
ganze Kopf von A. Vimba ein viel längeres Ansehen, wogegen durch den we-
niger gestreckten Körper desselben Fisches der Schwanz gedrungener und
höher erscheint als bei A. melanops. Wäre es mir in Bayern möglich gewesen,
Uebergänge von der einen Form in die andere herauszufinden, so hätte ich
keinen Anstand genommen, beide zu einer Art zu verschmelzen, und zwar
schon um deshalb, weil ich nicht im Stande war, in den Schlundknochen und
deren Zähnen, in der Färbung und Zeichnung des Leibes einen Unterschied
zwischen beiden Arten ausfindig zu machen. Auch in der Pracht und in dem
Glanze des Hochzeitskleides beider Geschlechter stimmt A. melanops mit
A. Vimba überein, wovon ich mich Ende Mai und Anfang Juni an vielen fri-
schen Exemplaren des Seerüssling überzeugen konnte, während diese Farben-
veränderung den bisherigen Beobachtern dieses Fisches gänzlich entgangen
zu sein scheint. Der von Weber (a. a. O.) colorirt abgebildete Seerüssling er-
scheint ganz blass und entfärbt, wie er im Herbst und Winter vorkömmt.
Die durch Nordmann1) veranlasste colorirte Abbildung dieses Abramiden
zeigt schon eine etwas dunklere Färbung, da der Fisch, nach welchem die
Abbildung gefertigt wurde, im Anfang Mai, also schon ziemlich nahe vor dem
Eintritt seiner Laichzeit, gefangen worden war. Der weissliche, feinkörnige
Hautausschlag liess sich auf dem Scheitel und auf den Schuppen der männ-
lichen Seerüsslinge während der Laichzeit ganz in derselben Weise wie bei
der Russnase unterscheiden. Wenn Nordmann2) von kleinen warzenartigen
schwarzen Puncten spricht, womit er ein männliches Individuum von A. me-
lanops bedeckt gefunden hat, und dieselben mit den von Heckel3) erwähnten,
die schwärzliche Schattirung veranlassenden schwarzbraunen Pünctchen ver-
[129]Gattung: Abramis.
gleicht, so geht aus diesem Vergleich hervor, dass derselbe nur die
schwarzen Pigmentflecke und nicht die weisslichen Epithelial-Verdickungen
gesehen hat.
Der Seerüssling hat mit der Russnase in dem Donau-Flussgebiet die
gleiche Verbreitung und wird vielfach mit diesem verwandten Fische
verwechselt, kömmt aber auch in einigen oberbayrischen und östreichi-
schen Seen vor, in denen die Russnase fehlt; so wird der Seerüssling all-
jährlich in sehr grossen Mengen aus dem Starenberger See unter dem
Namen »Seerüssling« oder »Halbrenke« hieher zu Markte gebracht, ebenso
wird dieser Fisch nicht selten im Ammersee, Staffelsee und Chiemsee, so-
wie im Atter- und Traunsee gefangen. Derselbe kömmt meistens mit einer
Länge von 7 bis 10 Zoll auf den hiesigen Markt, doch habe ich auch schon
einzelne Individuen von 13 Zoll Länge erhalten. Wäre vielleicht A. melanops
nur eine Jugendform von A. Vimba, so muss es auffallen, dass niemals
A. Vimba im ausgewachsenen Zustande auf dem hiesigen Fischmarkte ange-
troffen wird. Diese Zweifel, welche über die Artberechtigung des A. melanops
immer wieder von Zeit zu Zeit in mir aufstiegen, erhielten neue Nahrung
durch die ichthyologischen Erfahrungen, welche ich auf einer vor zwei Jahren
im Herbste durch Norddeutschland unternommenen Reise gesammelt habe.
Ich fand nämlich auf den Fischmärkten von Naumburg, Magdeburg, Stettin,
Danzig und Elbing viele 7 bis 10 Zoll lange Abramiden, welche von den
Fischern als Zärthen bezeichnet wurden, die sich aber von dem hiesigen See-
rüssling. in nichts unterschieden; es fehlte ihnen durchaus jener für A. Vimba
so charakteristische conische und langgestreckte Rüssel, an dessen Stelle nur
eine kurze, stumpf und gleichmässig abgerundete Schnauze zu bemerken war.
Nur mit der grössten Aufmerksamkeit liessen sich einzelne wenige Individuen
herausfinden, welche eine etwas längere und schmächtigere Schnauze be-
sassen und gleichsam eine Uebergangsform von dem kurznasigen A. melanops
zu dem langnasigen A. Vimba darstellten. Eine Sendung mehrerer Zärthen,
welche mir aus Bremen zugekommen war, enthielt ebenfalls eine vollständige
Reihenfolge von Uebergängen des kurznasigen A. melanops in die langnasige
Form des A. Vimba. Aus diesen Beobachtungen geht zunächst hervor, dass
das Vorkommen des A. melanops in Mitteleuropa nicht mehr auf das Donau-
Gebiet allein beschränkt ist, sondern sich auch auf das Gebiet der Weser,
Elbe, Oder und Weichsel ausdehnt. Als weiteres Resultat dieser Beobach-
tungen drängt sich mir die Frage auf, ob nicht A. melanops als eine nicht
wandernde Varietät des A. Vimba zu betrachten sei, welche sich dem Ein-
flusse des Meerwassers entzogen haben könnte.
v. Siebold, Fische. 9
[130]Familie: Cyprinoidei.
4. Art. A. Ballerus Lin.Pleinzen, Zope.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 5, Descr. spec. pag. 23. n. 11, Syn. nom. pisc. pag. 12.
n. 24 (zum Theil).
Linné Nr. 2: pag. 532. n. 31. Cyprinus Ballerus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 62. Taf. 9. Cyprinus Ballerus,Zope.
Siemssen Nr. 79: pag. 81. Cyprinus Ballerus,Zope.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 19. Cyprinus ballerus,Zupe.
Bujack Nr. 97: pag. 336. Cyprinus Ballerus,Zope.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 45. Abramis ballerus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 411. Abramis Ballerus.
Heckel und Kner: Nr. 13: pag. 113. Fig. 59. Abramis Ballerus,Pleinzen.
Artcharakter:Mund endständig mit schräg aufwärts gerichteter
Spalte; Körper seitlich sehr zusammengedrückt und ge-
streckt, die sehr lange Afterflosse mit 36 bis 39 weichen,
zertheilten Strahlen beginnt etwas vor dem Ende der Rük-
kenflosse.
D. 3/8, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/36—39, C. 19, Squ. 14—15/69—73/8—9.
Schlundknochen.
Die Zope macht sich auf den ersten Blick
durch ihr endständiges Maul und durch ihre
sehr lange Afterflosse kenntlich. Einen sehr
scharfen anatomischen Unterschied bietet
die Beschaffenheit der Schlundknochen dar,
welche einen noch viel schlankeren Bau als
die Schlundknochen des A. Brama besitzen.
Die vorderen Fortsätze derselben sind ausser-
ordentlich in die Länge gestreckt, ihre hinteren aufsteigenden Fortsätze bil-
den einen sehr flachen Bogen, und die flügelförmigen Anhänge besitzen nur
eine geringe Ausdehnung. Die Brustflossen ragen zurückgeschlagen mit ihrer
Spitze über die Basis der Bauchflossen hinaus.
In der Färbung bietet die Zope nichts sehr auffallendes. Ihr Rücken ist
bläulich gefärbt, Seiten und Bauch glänzen silberig mit einem Stich ins Gelbe.
Die paarigen Flossen erscheinen gelblich, die übrigen weisslich, alle sind mit
einem schwärzlichen Rande gesäumt.
Es erreicht dieser Fisch meistens eine Länge von 1 Fuss, doch kommen
auch einzelne Individuen mit 13 und 13½ Zoll vor.
Die Zope scheint allen Hauptflüssen Mitteleuropa’s anzugehören. Dieselbe
hält sich aber mehr in den unteren, den Ausflüssen näher gelegenen Gegen-
den jener Gewässer auf und begiebt sich vielleicht zur Laichzeit nur vorüber-
gehend in die von den Meeren weiter entfernten Regionen der Flüsse. Im
[131]Gattung: Abramis.
Donau-Gebiet steigt dieser Fisch nicht über Oberöstreich hinauf, denn in
Bayern weiss man nichts von seinem Vorkommen. Im Rhein-Gebiet scheint
die Zope nicht über Holland hinauszukommen, da ausser Bennet und Olivier
(Nr. 65: pag. 89), welche ihn als holländischen Flussfisch aufführen, kein
einziger der vielen Faunisten des Rhein-Gebiets den A. Ballerus erwähnt. In
Bezug auf das Weser-Gebiet habe ich nur allein von Heineken (Nr. 69: pag. 148)
das Vorkommen der Zope in der Weser bei Bremen in Erfahrung bringen
können. Auch im Elbe-Gebiet gehört die Zope nur dem unteren Theile der
Elbe an, was mir zwei aus Magdeburg eingesendete Exemplare dieses Fisches
bewiesen haben. An der ganzen Ostseeküste entlang wird die Zope, welche
in Meklenburg und Pommern auch »Schwuppe« genannt wird, in den dem
Meere ganz nahe gelegenen und mit demselben unmittelbar in Verbindung
stehenden Süsswasserseen, sowie in den grossen, unter dem Namen »Haff«
bekannten seeartigen Ausbreitungen der grossen Flüsse sehr häufig ange-
troffen, von wo aus dieser Fisch dann auch die Flüsse Oder, Weichsel und
Pregel hinaufsteigt.
Als Laichzeit der Zope wird der Monat April und Mai angegeben.
5. Art. A. Sapa Pall.
Syn. u. Citate.
Pallas: Zoographia rosso-asiatica. Petropoli, 1831. Tom. III. pag. 328. Cyprinus Sapa.
Heckel: Nr. 11 a: pag. 227. Taf. 20. Fig. 4. Abramis Schreibersii.
Agassiz: Nr. 7: pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Abramis Balleropsis.
Nordmann: Observations sur la Faune pontique. a. a. O. pag. 506. Tab. 21. Fig. 2. Abramis
Sapa.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 49. Leuciscus Sapa.
Heckel und Kner Nr. 43: pag. 115. Fig. 60. Abramis Sapa.
Artcharakter:Mund halb unterständig, Schnauze sehr stumpf,
hoch und dick; Körper seitlich sehr zusammengedrückt und
gestreckt; die sehr lange Afterflosse mit 38 bis 45 weichen
zertheilten Strahlen beginnt vor dem Ende der Rücken-
flosse.
D. 3/8, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/38—45, C. 19. Squ. 9—10/50—52/6—7.
Es hat dieser Abramide ein äusserst charakteristisches Ansehen; um
so mehr muss es auffallen, dass diese ausgezeichnete Cyprinoiden-Form von
den Fischern keinen besondern Namen erhalten hat und auch von den Ich-
thyologen, welche auf die Fischfauna Bayerns aufmerksam gewesen sind, un-
beachtet geblieben ist.
Von allen Abramiden besitzt A. Sapa die längste Afterflosse, und die
längste untere Spitze der gabelförmigen Schwanzflosse, sowie den am mei-
9*
[132]Familie: Cyprinoidei.
sten seitlich zusammengedrückten Leib. Die Schnauze dieses Fisches erscheint
sehr stumpf und hochgewölbt, seine beiden Augen fallen durch ihre Grösse
auf und die beiden Brustflossen desselben ragen zurückgeschlagen mit ihren
Spitzen, wie bei A. Ballerus, über die Basis der Bauchflossen hinaus.
Schlundknochen.
Die Schlundknochen von A. Sapa halten in ihrer
Form die Mitte zwischen den Schlundknochen des
Brachsen und denen der Russnase und des See-
rüssling. Ihre vorderen Fortsätze sind nicht so
lang wie bei jenem, aber auch nicht so kurz und
gedrungen wie bei diesen Abramiden. Ausserdem
besitzt ihr Flügelfortsatz nur eine geringe Ausdehnung.
Der Rücken dieses Fisches ist kaum etwas dunkler gefärbt als der übrige
Körper, der ganze Fisch zeigt vielmehr eine silberweisse, atlasartig glänzende
Färbung, alle Flossen, selbst die Rücken- und Afterflosse besitzen eine weiss-
liche Färbung, die beiden letzteren sind wie die Brustflossen am Oberrande
und die Afterflosse am Unterrande schwärzlich gesäumt.
Die Laichzeit des A. Sapa beginnt Anfang April, um diese Zeit sah ich
wenigstens auf den brünstig werdenden Milchnern den charakteristischen
Hautausschlag zur Entwicklung kommen. Derselbe besteht auch hier aus
kleinen weisslichen Körnchen, welche in einfacher Reihe aber zahlreich den
freien Hinterrand aller Schuppen, mit Ausnahme der Bauchschuppen und zu-
gleich in dichten Längsreihen die Strahlen der Brust- und Bauchflossen auf
ihrer inneren Fläche besetzt halten, während auf dem Kopfe der Scheitel, die
Seiten des Kiemendeckel-Apparates, das Gesicht und die Schnauze mit klei-
nen runden, in der Mitte erhabenen Scheibchen bedeckt werden. Häufig
stehen auch mehrere vereinzelte Körnchen auf dem Spiegel der Rücken-
schuppen.
In der Grösse steht dieser Fisch der Zope sehr zurück, da er selten et-
was über einen Fuss lang wird; er kömmt auf dem hiesigen Fischmarkte
gewöhnlich in der Länge von 8 bis 10 Zoll vor und zwar vermengt mit kleinen
Brachsen und Blicken, welche alle unter dem Namen Halbbrachsen verkauft
werden. Die auf dem hiesigen Fischmarkte zum Verkauf ausgestellten Indi-
viduen von A. Sapa sind immer aus der Donau von Donauwörth hieher ge-
bracht. Da in den früheren Jahren, als Agassiz den hiesigen Fischmarkt zu
seinen ichthyologischen Studien benutzte, wegen Mangel an Eisenbahnen von
Donauwörth noch keine Fische regelmässig, wie das jetzt der Fall ist, nach
München transportirt wurden, so mag dies wohl die Veranlassung sein, wes-
halb jener aufmerksame Naturforscher A. Sapa als hiesigen Marktfisch gar
nicht gesehen hat. Aber auch von Koch und Fürnrohr ist dieser Fisch über-
sehen worden, den ich am 8ten Juni 1855 auf dem Fischmarkte zu Regens-
burg in mehreren Exemplaren bemerkt habe. Dennoch fehlte aber dieser
[133]Gattung: Abramidopsis.
interessante Abramide unter den Fisch-Abbildungen nicht, welche Agassiz
dem französischen Ichthyologen Valenciennes zur Benutzung überlassen hatte.
Letzterer1) fand darunter einen von Agassiz als A. balleropsis, ohne Angabe
des Fundorts bezeichneten Abramiden und erkannte an der dicken Schnauze,
an der langen Afterflosse und der sehr verlängerten unteren Spitze der
Schwanzflosse desselben den von Pallas (a. a. O.) zuerst beschriebenen Cy-
prinus Sapa, welcher später von Nordmann (a. a. O.) sehr schön abgebildet
worden ist; aus den Beobachtungen dieser beiden Naturforscher geht hervor,
dass A. Sapa dem Osten von Europa, nämlich der Wolga, dem Dniester und
Dnieper angehört, welcher Fisch ausserdem nach Heckel’s und meinen Unter-
suchungen seine westliche Verbreitung in der Donau findet.
IX. Gattung: Abramidopsis (nach Siebold).
Gattungscharakter:Schlundzähne in einer Reihe, rechts 5 und
links 5 oder 6, mit seitlich zusammengedrückten und schräg
abgeschliffenen Kronen, ihre schmalen Kauflächen mit
einer Furche, und vor ihrer Spitze mit einem Kerb; die
Rückenflosse von oben nach hinten in einem spitzen Winkel
schräg abgestutzt, ihre Basis kurz; die Afterflosse mit
mässig langer Basis; an der gabelförmigen Schwanzflosse
die untere Spitze etwas länger als die obere; die Mittellinie
des Vorderrückens bald mit grösseren, bald mit kleineren
unpaarigen Schuppen dachziegelförmig bedeckt; der Bauch
von der Basis der Bauchflossen gegen die Aftergrube hin
eine scharfe, mit Schuppen bedeckte Kante bildend.
[134]Familie: Cyprinoidei.
1. Art. A. Leuckartii Heck. (Bastard).
(nach Heckel und Kner.)
Syn. u. Citate.
Heckel Nr. 11 a: pag. 229. Taf. 20. Fig. 5. Abramis Leuckartii.
Nordmann: Observations sur la Faune pontique a. a. O. pag. 508. Abramis Leuckartii.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 217. Pl. 8. Abramis Heckelii.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 53 u. 59. Leuciscus Buggenhagii u. Abramis Leuckartii.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 117. Fig. 61. Abramis Leuckartii.
Artcharakter:Mund endständig, Schnauze abgestumpft; Körper
nur wenig hoch und mässig seitlich zusammengedrückt;
die Afterflosse enthält 15 bis 18 weiche, zertheilte Strah-
len und beginnt dicht unter dem Ende der Rückenflosse;
10 bis 11 Längs-Schuppenreihen oberhalb und 4 bis 5
Längs-Schuppenreihen unterhalb der Seitenlinie.
D. 3/10, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/15—18, C. 19, Squ. 10—11/45—54/5.
Es ist dieser Fisch bisher zu der Gattung Abramis gezählt worden, allein
da die Charaktere, welche für diese Gattung aufgestellt worden sind, nur
sehr unvollständig auf den Fisch passen, welchen Heckel als Abramis Leu-
ckartii beschrieben hat, so habe ich mich veranlasst gesehen, für denselben
eine besondere Gattung zu errichten. Es weicht diese von mir mit dem Na-
men Abramidopsis bezeichnete Gattung von Abramis besonders dadurch ab,
dass derselben die für Abramis so charakteristische schuppenlose Längsnath
am Vorderrücken fehlt, und dass der Bauchkiel derselben keine nackte Furche
[135]Gattung: Abramidopsis.
in sich schliesst. Ferner besitzt A. Leuckartii von allen Abramiden die nie-
drigste Rückenflosse, welche zugleich am wenigsten steil von ihrer vorderen
Spitze nach hinten abgestutzt ist. Die Spitze ihres Vorderrandes, welcher
nur 2½ mal so lang ist als ihr Hinterrand, überragt, zurückgelegt, nur die
zweite Schuppe des Hinterrückens. Nicht ohne Werth ist auch als Gattungs-
merkmal das sehr häufige Vorhandensein von sechs Zähnen auf dem linken
Schlundknochen. Ich zählte bei 45 Individuen 24 mal auf dem linken Schlund-
knochen 6 Zähne. Rechnet man noch die sehr kurze Afterflosse hinzu, und
bringt man den weniger seitlich zusammengedrückten Leib und den niedri-
gen Rücken in Anschlag, so wird man Anhaltepunkte genug gegeben finden,
Abramidopsis Leuckartii von Abramis Brama und Blicca Björkna zu unterschei-
den, mit denen dieser Fisch häufig von den Fischern verwechselt wird.
Der Körper von A. Leuckartii ist ziemlich in die Länge gestreckt, die
Schnauze erscheint zwar abgestumpft aber durchaus nicht geschwollen. Das
Auge dieses Fisches kann im Vergleich mit den Augen anderer Abramiden
als klein bezeichnet werden. Die Brustflossen erreichen zurückgeschlagen
nicht die Basis der Bauchflossen. Die untere Spitze des Gabelschwanzes ist
kaum länger als die obere Spitze.
Schlundknochen.
Die Schlundknochen kommen in den Um-
rissen der Knochen und in der Form und Stel-
lung der Zähne mit den Schlundknochen von
Abramis Vimba ziemlich überein. Ich kann es
nicht unterlassen, besonders darauf auf-
merksam zu machen, dass die beiden vor-
deren Fortsätze der Schlundknochen von A. Leuckartii von ihrer Basis aus an
ihrem äusseren Rande gerade verlaufen und dem ersten Zahn gegenüber
keine Spur von einer buckelförmigen Wölbung erkennen lassen. Es ist dies
ein Charakter, der auch den Schlundknochen aller Abramis-Arten zukömmt.
Die Farbe dieses Fisches, der eine Länge von 7 bis 12 Zoll erreichen
kann, zeigt sich auf dem Rücken grüngrau, an den Seiten und am Bauche sil-
berglänzend; die paarigen Flossen, sowie die Afterflosse besitzen entweder
eine einfarbig hellgraue oder schmutzig gelbe Färbung mit einem bald stär-
keren bald schwächeren schwarzen Anflug, die Rücken- und Schwanzflosse
sind immer schwärzlich gefärbt.
Unsere Kenntniss über die Verbreitung des A. Leuckartii war bis jetzt
eine sehr beschränkte. Heckel, welcher diesen Fisch zuerst beschrieben
hat, kannte denselben nur aus dem unteren Donau-Gebiete, von Selys-
Longchamps wurde derselbe in der Somme und Mosel, von Nordmann im
Dniester entdeckt. Die Verbreitung dieses Cyprinoiden scheint in Bayern eine
ebenfalls sehr beschränkte zu sein. Ich habe denselben bis jetzt immer nur
in einzelnen Exemplaren aus der Donau, theils von Regensburg, theils von
[136]Familie: Cyprinoidei.
Donauwörth erhalten, nur einmal fand ich ein Exemplar auf dem hiesigen
Fischmarkte, welches in der Brenz, einem linken Seitenarme der oberen
Donau, gefangen war. Auch den Seen von Oberbayern fehlt dieser Fisch
nicht, wie mir einige im Kochelsee und Starenberger See gefangene Exem-
plare bewiesen haben. In Bezug auf das Flussgebiet des Rheins kann ich
versichern, dass A. Leuckartii nicht blos den niederrheinischen Gewässern
angehört, sondern dass sich dieser Fisch auch in den Seitengewässern des
Mittelrheins vorfindet, indem ich mir Exemplare davon in Bamberg aus dem
Main-Gebiet verschaffen konnte und andere Exemplare aus dem Neckar-
Gebiet durch Herrn Krauss von Stuttgart eingesendet erhalten habe. Auf
dem Magdeburger und Berliner Fischmarkte gelang es mir, bei dem Durch-
suchen der Vorräthe von Rothaugen und Plötzen, einzelne grössere und klei-
nere Exemplare des A. Leuckartii herauszufinden. In dem zoologischen Cabinete
zu Greifswald sah ich mehrere Exemplare dieses Fisches, welche in dem
Bodden, der weiten Mündung des Ryckflusses, gefangen waren. Sehr grosse,
im Frischen Haffe herangewachsene Individuen dieses Fisches wurden mir zu
Tolkemit von Fischern als sogenannte »Leiter« übergeben. Hiernach ist also
das Vorkommen des A. Leuckartii auch für das Gebiet der Elbe, Oder und
Weichsel festgestellt.
Während der Laichzeit dieses Fisches, welche nach meinen Beobach-
tungen Ende April beginnt, kömmt auch bei den Milchnern dieses Abramiden
ein Hautausschlag zum Vorschein, der aus sehr kleinen runden, in der Mitte
conisch erhabenen Scheibchen von weisslicher Farbe besteht. Dergleichen
Scheibchen stehen vereinzelt auf dem Scheitel und dem Kiemendeckel-
Apparat, auch bemerkte ich auf dem Spiegel der Schuppen vom Kopf bis zum
Schwanze und vom Rücken bis unterhalb der Seitenlinie ein solches Scheib-
chen, selten zwei bis drei Scheibchen hervorgewachsen. Aehnliche Scheib-
chen halten auf der inneren Fläche der Brustflossen in einfachen aber dichten
Reihen die Flossenstrahlen besetzt.
Da bei der Charakterisirung der Cyprinoiden von den Ichthyologen nicht
immer die gleichen Unterscheidungsmerkmale berücksichtigt worden waren,
so hielt es schwer, A. Leuckartii, welche Fisch-Art mit anderen Cyprinoiden
so leicht verwechselt werden kann, unter den bisherigen Beschreibungen der
Karpfenformen herauszufinden. Von Heckel, der diesen Fisch zuerst in das
System einführte, wurde bei diesem Cyprinoiden das Fehlen der Rücken-
furche gänzlich übersehen, wie ich mich an den im Wiener Cabinete aufbe-
wahrten und von Heckel selbst etiquettirten Exemplaren habe überzeugen
können. Valenciennes ist bei der Beschreibung dieses Fisches Heckel ge-
folgt, hat aber daneben noch einen Leuciscus Buggenhagii (a. a. O.) beschrie-
ben, den er als eine Blicca aus der Somme erhalten hatte, und in welchem
ich A. Leuckartii um so mehr erkännt habe, als Valenciennes ausdrücklich
[137]Gattung: Abramidopsis.
hervorgehoben, dass er an dem einen von ihm untersuchten Exemplare sechs
Schlundzähne beobachtet habe1). Wenn Valenciennes den Abramis Heckelii von
Selys-Longchamps als eine Varietät seines Leuciscus Buggenhagii betrachtet2),
so muss ich demselben in so fern beistimmen, als ich ein Exemplar dieses
Abramis Heckelii, welches ich durch die Güte des Herrn Selys-Longchamps aus
Belgien erhalten hatte, und vier Exemplare desselben Fisches aus der Maas,
welche im Wiener Naturalien-Cabinete aufbewahrt werden, vollkommen mit
Abramidopsis Leuckartii übereinstimmend fand. Zwar giebt Selys-Longchamps3)
als Gattungscharakter von Abramis eine Doppelreihe der Schlundzähne an
und demnach müsste auch sein A. Heckelii eine Doppelreihe von Zähnen auf
jedem Schlundknochen besitzen, da aber bei der Beschreibung dieses Fisches
von Selys-Longchamps die Beschaffenheit der Schlundzähne gar nicht erwähnt
worden ist und auch der mit einreihigen Schlundzähnen versehene Brach-
sen als Abramis Brama neben dem mit doppelreihigen Schlundzähnen ausge-
statteten Abramis Blicca von demselben Ichthyologen4) aufgeführt wird, so
gebe ich der Vermuthung Raum, dass Selys-Longchamps nicht bei allen von
ihm als Abramiden beschriebenen Fischen die Schlundzähne untersucht hat.
Ich kann es hier übrigens nicht verschweigen, dass ich unter den 45
von mir verglichenen Exemplaren des Abramidopsis Leuckartii an dem Zahn-
systeme zweier Individuen eine sehr auffallende Abweichung angetroffen
habe; das eine Exemplar aus dem Frischen Haff bot nämlich die Zahnformel
dar: links 1.6 und rechts 5 Zähne, während das andere im Wiener Cabinet
aufbewahrte Exemplar aus der Maas die Zahnformel: links 1.5 und rechts
5 Zähne enthielt. Auf die Bedeutung dieser abweichenden Zahnformeln werde
ich bei der Besprechung der Gattung Bliccopsis zurückkommen. Hier will ich
nur vorweg bemerken, dass, obschon ich, dem Beispiele anderer Ichthyolo-
gen folgend, Heckel’s A. Leuckartii als besondere Art angenommen, ja sogar
zu einer besonderen Gattung erhoben habe, in mir Zweifel aufgestiegen sind,
ob dieser Fisch die ihm zugestandene Artberechtigung wirklich verdient. Je
mehr Individuen dieses A. Leuckartii aus den verschiedensten Gegenden von
Mitteleuropa durch meine Hände gegangen sind, um desto mehr will es mir
scheinen, dass diese Cyprinoiden-Form nichts anderes ist, als eine von einem
Abramis und einem Leuciscus erzeugte Bastardbildung.
[138]Familie: Cyprinoidei.
X. Gattung: Blicca (nach Heckel).
Gattungscharakter:Schlundzähne in zwei Reihen zu 2, selten zu
3 und zu 5 stehend, die Zahnkronen der inneren Reihe mit
schräg abgeschliffenen schmalen und einfach gefurchten
Kauflächen und mit einem Kerb vor ihrer Spitze; die Rük-
kenflosse von oben nach hinten in einem sehr spitzen Win-
kel steil abgestutzt, ihre Basis kurz; die Afterflosse mit
langer Basis; die Schwanzflosse tief gabelförmig ausge-
schnitten, die untere Spitze derselben länger als die obere;
die Schuppen stehen auf dem Vorderrücken gescheitelt
und lassen eine schuppenlose Längsfurche als Mittellinie
zwischen sich; der Bauch von der Basis der Bauchflossen
bis zur Aftergrube eine scharfe Kante bildend, zwischen
welcher eine schuppenlose Furche verborgen liegt.
1. Art. B. Björkna Lin. Blicke, Güster.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 202. Taf. 34. Meckel.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 3, Descr. spec. pag. 20. n. 9, Syn. nom. pisc. pag. 13.
n. 27.
Linné Nr. 2: pag. 532. n. 29. Cyprinus Björkna.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 65. Taf. 10. Cyprinus Blicca, Güster.
Schrank Nr. 23 a: pag. 329. n. 307. Güster.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 233. Cyprinus Blicca, Blick.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 18. Cyprinus Blicca, Güster.
Bujack Nr. 97: pag. 336. Cyprinus Blicca, Blicke.
Agassiz Nr. 7: pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Abramis Blicca, Abramis mi-
cropteryx und Abramis erythropterus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 218. Abramis Blicca, Bordelière.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 31. 44 u. 58. Leuciscus Blicca, Cyprinus bjoerna, Abramis
micropteryx, Abramis erythropterus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 389. Abramis Blicca.
Günther Nr. 47: pag. 93. Abramis Blicca.
Leiblein Nr. 51: pag. 124. Abramis Blicca.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 120. Fig. 62 u. 63. Blicca argyroleuca, Zobelpleinze,
pag. 123. Fig. 64. Blicca laskyr.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Blicca argyroleuca.
Artcharakter:Mund halb unterständig, Schnauze stumpf; Körper
seitlich sehr zusammengedrückt und hoch; Afterflosse mit
[139]Gattung: Blicca.
19 bis 23 weichen, zertheilten Strahlen beginnt unter dem
Ende der Rückenflosse1)
D. 3/8, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/19—23, C. 19, Squ. 9—10/45—48/5—6.
Die Blicca Björkna, welche nur eine Grösse von 8 bis 12 Zoll erreicht,
sieht in ihrer Körperform dem Abramis Brama sehr ähnlich, daher in vielen
Gegenden Mitteleuropa’s dieser Fisch keinen besonderen Namen führt, indem
derselbe für einen noch nicht ausgewachsenen Brachsen gehalten und als
»junger Brachsen« oder »Halbbrachsen« bezeichnet wird; es führen zwar
Schrank, Perty, Koch, Fürnrohr und andere in ihren verschiedenen Faunen
Blicca Björkna unter dem Namen »Güster« auf, allein dieser norddeutsche,
von Bloch entlehnte Name ist hier in Süddeutschland gänzlich unbekannt.
Die Bezeichnung »Frauenfisch«, welche Schrank (a. a. O.) ausserdem noch für
diesen Fisch hervorhebt, beruht jedenfalls auf einer Verwechslung. Ebenso
ist der von Bujack (a. a. O.) für die preussische Güster aufgeführte Name
»Blicke« unrichtig dem Klein (Nr. 93: V. pag. 62) nachgeschrieben, schon
Bock (Nr. 95: IV. pag. 683) hat es hervorgehoben, dass der Name »Blicke«
in Preussen niemals gehört werde, was ich bestätigen kann. Bock (a. a. O.
pag. 681) beschreibt die Blicca ganz richtig unter dem schon von Wulff
(Nr. 94: pag. 50. n. 67) gekannten Volksnamen »Gieben«, den auch ich bei
meinem letzten Aufenthalt in Preussen aus dem Munde einiger Fischer ver-
nommen habe.
Die kürzere Afterflosse und die verhältnissmässig grösseren Augen des
Halbbrachsen verrathen auf den ersten Blick, dass dieser Fisch nicht blos als
ein junger Brachsen anzusehen ist, sondern zu einer besonderen Abramiden—
Form gerechnet werden muss. Der Körper des Halbbrachsen ist sehr stark
seitlich zusammengedrückt, variirt aber in der Höhe des Rückens, indem bei
manchen Individuen die Rückenkante unmittelbar hinter dem Scheitel durch
ihre plötzliche Erhebung einen Absatz gegen die von der mässig gewölbten
Schnauze fast geradlinig aufsteigende Stirne bildet, während bei anderen das
Stirnprofil ohne Absatz in den nur wenig gewölbten Rücken übergeht.
Auch in der Färbung lässt sich ein constanter Unterschied zwischen dem
Halbbrachsen und dem gemeinen Brachsen auffinden. Der Rücken des er-
steren ist mehr bräunlich, der des letzteren mehr bläulich gefärbt, wobei die
Seiten des Halbbrachsen um vieles silberglänzender erscheinen als die des
gemeinen Brachsen. Ferner besitzen die Afterflosse und die paarigen Flossen
des Halbbrachsen, welche wie alle seine übrigen Flossen, dunkelgrau gefärbt
sind, eine röthliche Basis, und zeichnet sich sehr häufig die Afterflosse noch
durch eine schwarze Färbung aus, welche theils die vordere Spitze derselben
[140]Familie: Cyprinoidei.
isolirt einnimmt, theils von da sich an dem Unterrande bis gegen die Mitte
der Afterflosse hinzieht. Es ist mir bisher an den verschiedenen colorirten
Abbildungen der Blicca Björkna, welche ich habe vergleichen können, diese
schwarze Färbung der vorderen Spitze der Afterflosse nicht aufgefallen, nur
auf der Abbildung, welche Baldner für sein Manuscript hat besorgen lassen,
ist jener schwarze Fleck an der Afterflosse zu erkennen, und ich möchte fast
vermuthen, dass der Name »Mackel«, womit am Rhein und Main der Halb-
brachsen bezeichnet wird, sich auf diesen schwarzen Flossenfleck desselben
bezieht. Zuweilen verbreitet sich die rothe Färbung der paarigen Flossen so
stark über die ganze Fläche der Flossen aus, dass diese fast ganz roth er-
scheinen.
Sehr charakteristisch zeichnen sich die Schlundknochen des Halbbrach-
sen aus; dieselben besitzen einen um vieles gedrungeneren Knochenbau als
die der übrigen Abramiden; ihr vorderer Fortsatz ist kurz und an der äusse-
Schlundknochen
(nach Heckel und Kner).
ren Seite dem vordersten unthätigen Zahne
gegenüber stark angeschwollen. Ich kann
hier die Bemerkung nicht unterdrücken,
dass mir Halbbrachsen vorgekommen sind,
welche auf den Schlundknochen nicht 2
sondern 3 kleine Zähne vor der Hauptzahn-
reihe trugen, so dass also die Zahnformel:
3.5—5.3, welche Heckel der Gattung
Blicca mit 2.5—5.2 Zähnen gegenüber für
die Gattung Bliccopsis festgestellt hat,
sich nicht als zuverlässig erweist.
Der Halbbrachsen, welcher im Juni an seichten, mit Wasserpflanzen be-
wachsenen Stellen in grossen Gesellschaften beisammen sein Laichgeschäft
verrichtet, ist ein in allen Flussgebieten Mitteleuropa’s sehr verbreiteter
gemeiner Fisch, er bewohnt sowohl Flüsse wie Seen und findet sich da-
her ausser in der Donau und in deren Nebenflüssen auch in den verschie-
denen Seen Südbayerns mit Ausnahme der eigentlichen Alpenseen nicht sel-
ten vor. Auch im Rhein und Main wird derselbe häufig gefangen. Ueber das
Vorkommen des Halbbrachsen im Bodensee schweigen alle Faunisten. Hart-
mann (a. a. O. pag, 234) sagt sogar ausdrücklich, dass Blicca Björkna im Bo-
densee fehle, da ich mich aber selbst bei meinem Aufenthalte in Constanz
von dem Vorhandensein dieses Fisches im Bodensee überzeugt habe, so ver-
muthe ich, dass man bisher unter dem Namen »Blicken« auch die Halbbrach-
sen des Bodensees als junge Brachsen mit inbegriffen hat, und ich nehme da-
her keinen Anstand, den von Mangolt (Nr. 33: pag. 21) abgebildeten »Blick«,
der ein junger Brachsen sein soll, für Blicca Björkna zu erklären.
Die Fortpflanzungsfähigkeit stellt sich bei den Halbbrachsen ziemlich
[141]Gattung: Blicca.
früh ein; ich sah unter denselben 5 Zoll lange Milchner und Rogener, deren
Geschlechtsthätigkeit in vollem Gange war. Männchen und Weibchen erhalten
während der Laichzeit durch Anhäufung von schwarzkörnigem Pigment ein
dunkleres Ansehen auf dem Rücken, die schwarze Pigmentirung zieht sich
an den Seiten des Leibes bis fast zur Bauchkante herab und macht so den
Silberglanz matter. Zugleich tritt auch an den Flossen eine intensivere Fär-
bung auf; die Brust- und Bauchflossen erscheinen auf der ganzen Fläche
und die Afterflosse an der Basis tief orangenroth gefärbt, sogar an der Rük-
ken- und Schwanz-Flosse schimmert durch die schwärzliche Pigmentirung
der Grund röthlich hindurch. Bei den männlichen Individuen sind ausserdem
noch die Rückenschuppen an ihrem Hinterrande mit äusserst kleinen, sehr
schwer erkennbaren Hautkörnern besetzt, dieselben lassen sich mit Mühe
auch auf dem Kiemendeckel-Apparat und auf der inneren Seite der vorderen
Strahlen des Brustflossen-Paares wahrnehmen.
Eine Vergleichung des Abramis micropteryx und Abramis erythropterus,
welche mir durch Coulon’s gefällige Zusendung von Originalexemplaren die-
ser durch Agassiz als neu aufgestellten Abramis-Arten gestattet war, hat
mich zu der Ueberzeugung gebracht, dass diese Abramiden nur Varietäten der
Blicca Björkna sind, deren Schlundknochen und Zahnsysteme (2.5—5.2) voll-
kommen mit denen der genannten Blicca übereinstimmten. Auch die von
Güldenstaedt1) zuerst als Cyprinus Laskyr beschriebene und später von
Heckel und Kner als Blicca Laskyr festgehaltene Fischspecies glaube ich ein-
gehen lassen zu müssen, nachdem Nordmann2) diesen Fisch in grosser An-
zahl aus den dem Schwarzen Meere zufliessenden Flüssen zu vergleichen Ge-
legenheit hatte, und darin nichts als eine Varietät der Blicca Björkna mit
sehr entwickelten Flossen hat erkennen können. Eine mit den beiden von
Nordmann an das Wiener Naturalien-Cabinet übersendeten Exemplaren des
Laskyr vorgenommene Prüfung hat mich zu demselben Resultate geführt.
Dass ich dem von Artedi und Linné zuerst eingeführten systematischen
Species-Namen Björkna den übrigen Artbezeichnungen des Halbbrachsen
den Vorzug gegeben habe, hierin glaubte ich den neueren schwedischen Ich-
thyologen 3) folgen zu müssen, welche sämmtlich eingestehen, dass Artedi
unter Björkna nichts anderes als den Cyprinus Blicca verstanden habe, bei
dessen Beschreibung Bloch (a. a. O. pag. 68) selbst die Frage aufgeworfen
hat: »sollte wohl der Björkna des Artedi und Linné unsere Güster sein?«
Da Bloch ausdrücklich die Entscheidung dieser Frage den schwedischen
[142]Familie: Cyprinoidei.
Naturforschern überlassen hat, so wird der Herstellung des älteren Namen
Björkna nichts im Wege stehen. Jeder Unbefangene wird zugleich Ekström’s
Vermuthung (a. a. O. pag. 49) beistimmen, dass Linné die von Artedi für den
Björkna aufgestellte Diagnose: »pinna ani ossiculorum 25« wahrscheinlich durch
einen Schreibfehler in 35 umgewandelt und auf diese Weise zu Verwechs-
lungen Veranlassung gegeben hat, welche selbst die erfahrensten Fischer zu
vermeiden nicht im Stande waren.
XI. Gattung: Bliccopsis (nach Siebold).
Gattungscharakter:Schlundzähne in zwei Reihen zu 2 oder 3 und
zu 5 stehend, die mehrmals schwach gekerbten Zahn-Kro-
nen der inneren Reihe mit schräg abgeschliffenen schmalen
und einfach gefurchten Kauflächen; die Rückenflosse von
oben nach hinten in einem spitzen Winkel abgestutzt, ihre
Basis kurz; die Afterflosse mit mässig langer Basis; die
gabelförmige Schwanzflosse fast gleichlappig; die Schup-
pen decken die Mittellinie des Vorderrückens gleichmässig
dachziegelförmig. Der Bauch von der Basis der Bauch-
flossen gegen die Aftergrube hin eine scharfe, mit Schup-
pen bedeckte Kante bildend.
1. Art. B. abramo-rutilus Hol. (Bastard).
[143]Gattung: Bliccopsis.
Syn. u. Citate.
Holandre Nr. 56 b: pag. 246. Abramis abramo-rutilus, Brême rosse.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 216. Abramis Buggenhagii.
Schaefer Nr. 59: pag. 315. Bliccopsis abramo-rutilus.
Artcharakter:Mund endständig und schief nach aufwärts ge-
richtet, Schnauze sehr abgestumpft; Körper hoch und
mässig seitlich zusammengedrückt; die Afterflosse ent-
hält 14 bis 16 weiche, zertheilte Strahlen und beginnt dicht
unter dem Ende der Rückenflosse; 8 Längs-Schuppenreihen
oberhalb und 4 Längs-Schuppenreihen unterhalb der
Seitenlinie.
D. 3/8, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/14—16, C. 19. Squ. 8/41—46/4.
Um das System nicht unnütz mit neuen Namen zu belasten, habe ich
den von Heckel aufgestellten Gattungsnamen Bliccopsis beibehalten, ich
musste aber die Charaktere dieser Gattung umändern, weil die von Heckel
für diese Abramiden-Gattung angenommenen Charaktere auf Bliccopsis abramo-
rutilus gar nicht gepasst haben würden. Da Heckel selbst, wie mir Herr
Kner brieflich mitgetheilt hat, diese Art, welche das kaiserliche Museum in
Wien aus Belgien besitzt, mit eigener Hand als Bliccopsis abramo-rutilus eti-
quettirt hat, nahm ich um so weniger Anstand, dieselben Namen beizube-
halten 1), muss aber vor Allem bemerken, dass ich nicht die von Heckel2) für
Bliccopsis angegebene Zahnformel 3.5—5.3 festhalten konnte, indem ich unter
23 von mir untersuchten Exemplaren des B. abramo-rutilus nur fünfmal auf
beiden Schlundknochen zugleich 3 Zähne als äussere Reihe vorfand, dagegen
viermal links 2 und rechts 3 äussere Zähne, dreimal links und rechts 2 äussere
Zähne und sechsmal links 3 und rechts 2 äussere Zähne zählte. Andere Ab-
weichungen in der Zahl der Zähne waren durch Abbrechen einzelner Zähne
zu Stande gekommen.
Es verhält sich übrigens B. abramo-rutilus zu Blicca wie Abramidopsis
zu Abramis, auch der Gattung Bliccopsis fehlt die für Blicca so charakteristische
Vorderrücken-Nath, und in dieser Beziehung wäre der von Bloch zuerst be-
schriebene Cyprinus Buggenhagii kein Bliccopsis, da Kner an diesem Abramiden
eine Vorderrücken-Nath beobachtet hat 3), sondern vielmehr eine Blicca.
[144]Familie: Cyprinoidei.
Dass übrigens die 23 Exemplare, auf die ich die folgende Beschreibung
des B. abramo-rutilus gründe, mit dem Abramis abramo-rutilus des Holandre
identisch sind, das glaube ich deshalb versichern zu können, weil drei der-
selben von Herrn Kner mit dem B. abramo-rutilus in Wien verglichen worden
sind und ein viertes Exemplar mir unter diesem Namen von Herrn Selys-
Longchamps aus Belgien übersendet worden ist, welche sämmtlich unterein-
ander übereinstimmten.
Der Totalhabitus des B. abramo-rutilus erinnert an einen hochrückigen
Leuciscus rutilus oder an einen Scardinius erythrophthalmus; es wird derselbe
auch in der That von den hiesigen Fischhändlern in Gemeinschaft mit diesem
Leuciscus als Rothauge oder Rothfeder verkauft. Seine Schnauze ist ange-
schwollen, ragt aber nicht über die Mundspalte hinaus, sein Auge ist grösser
als das der Rothaugen und Rothfedern; die Schuppen sind mittelgross, ober-
halb der Seitenlinien können 8 Längs-Schuppenreihen und unterhalb der-
selben 4 Längs-Schuppenreihen gezählt werden.
Dieser Fisch, der nach meinen Beobachtungen die Länge von 7 bis
10 Zoll erreicht, besitzt einen olivengrünen, etwas abgerundeten Rücken und
messinggelbe glänzende Seiten. Seine Afterflosse, seine Brust- und Bauch-
flossen sind dunkelgrau, wie die übrigen Flossen gefärbt, zeigen aber ausser-
dem an ihrer Basis eine röthliche Färbung, zuweilen erscheint das Bauch-
flossen-Paar einfach roth und die dunkle Schwanzflosse auf ihrem Grunde
geröthet. Die Schlundknochen desselben, obgleich sie die Zähne nach der
Schlundknochen.
Zahnformel der Blicca Björkna tragen,
sind von den Schlundknochen dieses Abra-
miden sehr verschieden gebildet; sie er-
scheinen dem ganzen Knochenbaue nach
schwächer und schlanker, ihr vorderer Fort-
satz ist mehr in die Länge gestreckt und
besitzt, dem vordersten Zahne gegenüber,
eine weniger auffallende Verdickung, während der hintere Fortsatz stärker
umgebogen erscheint. Aber auch die Zähne sind wesentlich verschieden von
denen der Blicca, indem ihre schräg abgestutzten Kronen mehrmals schwach
aber deutlich gezähnt erscheinen, was bei Blicca niemals der Fall ist.
Die Laichzeit dieses Fisches scheint mit dem Ende des Aprils zu be-
ginnen, denn um diese Zeit bemerkte ich an einem männlichen Individuum
einen in der Entwicklung begriffenen Hautausschlag, der in Form von winzig
kleinen, halbkugelförmigen weissen Knötchen vereinzelt den Scheitel ein-
nahm und in einfachen aber dichten Reihen auf der inneren Fläche der
Brustflossen die Strahlen besetzt hielt.
Es gehört dieser Abramide in Bayern zu den Seltenheiten, bis jetzt er-
hielt ich immer nur einzelne Exemplare aus der Donau von Donauwörth, aus
[145]Gattung: Bliccopsis.
der Würm von Dachau, aus der Amper und aus dem Chiemsee. Dieser Fisch
ist aber noch weiter nach Osten verbreitet, da ich denselben auch einmal auf
dem Salzburger Fischmarkte aus dem Wallersee angetroffen habe. Nach einem
Exemplare, welches ich von Basel aus dem Rhein erhalten habe, zeigt es sich,
dass die Verbreitung dieses Fisches sich bis zu dem Mittelrhein hinaufer-
streckt und nicht bloss zufolge der Beobachtungen von Holandre, Selys-
Longchamps und Schaefer auf den Niederrhein, auf die Mosel und Maas be-
schränkt ist. Aber auch in den Flussgebieten der Weser, Elbe, Oder und
Weichsel fehlt diese Fischform nicht, wie ich mich auf meiner im Jahre 1860
und 1861 durch Norddeutschland unternommenen ichthyologischen Reise
überzeugt habe. Zu meiner grössten Ueberraschung wurde mir auch dieser
Fisch theils als Bastard, theils als »Leiter« bezeichnet, so dass ich auf diese
Weise den seit lange gesuchten »Leitfisch« des Buggenhagen sogar in zwei ver-
schiedenen Formen als Abramidopsis Leuckartii und als Bliccopsis abramo-
rutilus in die Hände bekam. Diese Gelegenheit liess ich daher nicht unge-
nützt, um endlich einmal über die Existenz und Verbreitung des von so vielen
Ichthyologen besprochenen und stets zweifelhaft gelassenen Cyprinus Buggen-
hagii des Bloch nähere Auskunft zu erhalten. Bloch wurde bekanntlich die-
ser Fisch unter dem Namen »Leiter« durch Herrn v. Buggenhagen aus Pom-
mern zugesendet; leider hat Bloch in seiner Naturgeschichte der Fische
Deutschlands (Th. III. pag. 137) diesen Fisch unvollständig beschrieben und
auf Tafel 95 noch unkenntlicher abgebildet.
Da von Bloch die Beschaffenheit der Schlundknochen und Schlundzähne
des Leiters ganz unbeachtet geblieben sind, so hat es derselbe den späteren
Ichthyologen unmöglich gemacht, darüber zu entscheiden, ob dieser Fisch den
Abramiden mit einreihigen oder den Abramiden mit zweireihigen Schlundzähnen
angehöre. Jedenfalls wird der Leiter zu den Abramiden mit mässig langer
Afterflosse gerechnet werden müssen, da von Bloch ausdrücklich angegeben
worden ist, dass der Leiter in seiner Afterflosse nur 19 Strahlen enthalte.
Nachdem später zwei andere Abramiden bekannt geworden sind, nämlich
Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo-rutilus, welche sich, wie Cypri-
nus Buggenhagii, durch eine kürzere Afterflosse auszeichnen, so frägt es sich,
ob nicht der Leitfisch des Bloch mit einem der genannten Abramiden identisch
sei. Um mir hierüber Aufschluss zu verschaffen, habe ich in Berlin die ich-
thyologische Sammlung des dortigen zoologischen Cabinets, welches die
Original-Exemplare der Bloch’schen Fischsammlung enthält, gemustert und
mit Erlaubniss des Directors jenes Cabinets, des Herrn Professor Peters das
dortselbst aufbewahrte Original-Exemplar von Cyprinus Buggenhagii einer
genaueren Untersuchung unterworfen. Es war das einzige vorhandene Exem-
plar des Leiters 8 Zoll lang und sehr ausgebleicht, die Schwanzflosse erschien
sehr beschädigt und abgestossen, auch fehlten auf beiden Seiten des Körpers
v. Siebold, Fische. 10
[146]Familie: Cyprinoidei.
dieses Fisches sehr viele Schuppen, dennoch überzeugte ich mich, dass auf
dem Vorderrücken desselben die für die Gattung Abramis und Blicca so cha-
rakteristische schuppenlose Nath nicht vorhanden war, ferner erkannte ich
oberhalb der Seitenlinie 10 Schuppenreihen und unterhalb derselben 5 Schup-
penreihen; wegen der vielen fehlenden Schuppen konnte ich bei der Zählung
der Schuppen der Seitenlinie nur approximativ die Zahl 46 herausbringen. Die
Rückenflosse war bei demselben Abramiden steil zugespitzt und enthielt 9 weiche
zersplitterte Strahlen, während ich in der Afterflosse 14 solche weiche, zer-
splitterte Strahlen auffand. Das Maul war fast unterständig angebracht, der
Scheitel stieg in einem sanften Bogen an und gieng ohne besonderen Absatz
in den mässig hohen Rücken über. Die Schlundknochen und Schlundzähne
waren ganz wie bei Abramidopsis Leuckartii gebildet, der linke Schlund-
knochen trug sechs, der rechte Schlundknochen fünf schräg abgeschliffene
Zähne in einer Reihe geordnet. Dieser Kauapparat, sowie der Mangel einer
Rückennath, die geringe Anzahl der Afterflossen-Strahlen, sowie die Anord-
nung der Schuppen gaben mir die Ueberzeugung, dass Bloch’s Cyprinus Bug-
genhagii, wie ich ihn vor mir hatte, mit Heckel’s Abramis Leuckartii und also
mit meinem Abramidopsis Leuckartii identisch sei.
Sehr auffallend war es mir, dass Heckel, welcher vor mir dieselbe ich-
thyologische Sammlung in Berlin gemustert hatte, den dort aufbewahrten
Cyprinus Buggenhagii nicht als seinen Abramis Leuckartii erkannt hatte, son-
dern diesen Leitfisch zu einer besonderen Gattung erhoben und als Bliccopsis
Buggenhagii in seinem System der Cyprinen aufgeführt hat. Derselbe hat auch
auf der Etiquette des Glasses, in welchem Bloch’s Cyprinus Buggenhagii auf-
bewahrt wird, eigenhändig den Gattungsnamen »Bliccopsis« hinzugeschrieben.
Offenbar muss Heckel, als er die Gattung »Bliccopsis« in seiner »Dispositio
systematica familiae Cyprinorum« aufstellte, andere von ihm für Cyprinus Bug-
genhagii gehaltene Cyprinen vor sich gehabt haben, nach denen er die Zahn-
formel 3.5—5.3 für Bliccopsis feststellte und sogar abbildete 1). Ich habe
schon vorhin darauf aufmerksam gemacht, dass die von Heckel aufgestellten
Gattungscharaktere für Bliccopsis nicht stichhaltig sind; indem Heckel von
Bliccopsis sagt 2): »Dentes prehensiles 3.5—5.3, in reliquis cum genere Blicca
congruit«, kömmt man leicht in die Lage, Individuen der Blicca Björkna
für Bliccopsis erklären zu müssen, da es Blicken giebt, welche, statt der Zahn-
formel 2.5—5.2, genau die Zahnformel von Heckel’s Bliccopsis an sich tragen.
Sollte Heckel bei seiner Anwesenheit in Berlin vielleicht noch andere Indivi-
duen von Cyprinus Buggenhagii vorgefunden haben, von welchen er seine Be-
[147]Gattung: Bliccopsis.
schreibung entnommen und welche wirklich doppelte Zahnreihen auf den
Schlundknochen besassen? Jedenfalls ist das jetzt noch im Berliner Cabinet
vorhandene Exemplar von Cyprinus Buggenhagii nicht das Original zu der
von Bloch gelieferten Abbildung des Leiters, namentlich fehlt an demselben
die Einschnürung dicht hinter der Schnauze, welche die Abbildung in so auf-
fallender Weise erkennen lässt.
Da HeckelBliccopsis abramo-rutilus kannte, und ein im Wiener Cabinete
aus Belgien stammendes Exemplar dieses Abramiden mit eigener Hand als
»abramo-rutilus« bezeichnet hat, so kann man nicht annehmen, obgleich der
Gedanke nahe liegt, dass Heckel an dem mit doppelreihigen Zähnen ausge-
statteten Cyprinus Buggenhagii die Identität mit Bliccopsis abramo-rutilus
übersehen haben sollte. Unter diesen Verhältnissen bleibt es also zweifelhaft,
was Heckel unter Bliccopsis Buggenhagii verstanden wissen will. Kner hätte
dies Räthsel lösen können, indem derselbe in der Bukowina zwei Exemplare
eines Abramiden sammelte, welche Bloch’s Cyprinus Buggenhagii nach Heckel’s
Angaben entsprachen 1); leider sind diese Fische zu Grunde gegangen, jedoch
hatte sich Kner über ihre Beschaffenheit soviel aufgemerkt, dass er von ihnen
bestimmt sagen konnte, sie hatten eine Rückennath wie bei Abramis, welches
Merkmal bei dem Wiener Exemplar von Bliccopsis abramo-rutilus, das ich
selbst in den Händen gehabt habe, bestimmt fehlt.
Nachdem mir das zoologische Cabinet zu Berlin eine so ungenügende Aus-
kunft über Bloch’s Cypr. Buggenhagii gewährt hatte, begab ich mich nach
Greifswald, indem ich in dem dortigen zoologischen Cabinete ebenfalls Exem-
plare des Bloch’schen Leiters aufbewahrt zu finden hoffte, auf welche ich
durch folgende Notiz des Dr. Schilling aufmerksam gemacht worden war.
Schilling war nämlich am zoologischen Museum der Universität zu Greifs-
wald angestellt, und hatte zwanzig Jahre lang vergebens nach dem in Pom-
mern entdeckten Cypr. Buggenhagii gesucht, bis er in den dreissiger Jahren
einige Exemplare des Leiters in seine Hände bekam 2). Bei der Musterung
der Greifswalder ichthyologischen Sammlung, welche mir von dem Vorstande
des Cabinets, Herrn Münter mit grösster Bereitwilligkeit gestattet wurde, fand
ich mehrere Exemplare von Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo-
rutilus vor, theils getrocknet, theils in Weingeist aufbewahrt. Die Exemplare
des ersteren Abramiden waren als Abramis Leuckartii etiquettirt, zeigten sich
aber in dem Accessionskataloge unterm December 1836 und unterm Februar
1837 als Cypr. Buggenhagii eingetragen. Diejenigen Abramiden aber, welche
ich als Bliccopsis abramo-rutilus erkannt hatte, und welche bei Eldena im
10*
[148]Familie: Cyprinoidei.
Ryckfluss gefangen waren, sind von Hornschuch und Schillincg als Leuciscus
Hyldensis bezeichnet worden. Ich traf also zum zweiten Mal Abramidopsis
Leuckartii unter der Bezeichnung »Cypr. Buggenhagii an, und halte es daher
für sehr wahrscheinlich, dass dieser Abramide wirklich Bloch’s Cypr. Bug-
genhagii ist, welcher aber nicht bloss in Pommern, sondern auch in Ost-
preussen unter dem Namen »Leiter« oder »Leitfisch« bekannt ist. Bei meinem
Besuche der Orte Frauenburg und Tolkemit am Frischen Haff erfuhr ich von
den dortigen Fischern, dass sie Leitfische nur in Gesellschaft von Brachsen
fangen, deren Züge von jenen Fischen wie von Anführern gleichsam geleitet
werden. Ich erhielt acht solche, bei Tolkemit im Haff gefangene Leitfische,
in welchen ich wieder nichts anderes erkannte als Abramidopsis Leuckartii,
nur ein Individuum stellte sich als Bliccopsis abramo-rutilus heraus 1), so dass
ich hiernach schliessen muss, dass auch in die Sammlung Bloch’s zweierlei
Cyprinen-Formen als pommersche Leiter gekommen waren, welche Bloch
unter dem gemeinschaftlichen Namen Cypr. Buggenhagii beschrieben hat.
Heckel hat wahrscheinlich nach einem Leiter mit doppelten Schlundzahn-
Reihen die Gattung Bliccopsis aufgestellt, welcher Umstand mich zweifelhaft
macht, ob der alte Bloch’sche Artname Buggenhagii beizubehalten sei. Auch
auf den Fischmärkten zu Berlin, Dresden und Magdeburg traf ich einzelne
Exemplare von Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo-rutilus aus dem
Elbe- und Oder-Gebiet an; sie wurden aber dort für Bastarde gehalten und
mit keinem besonderen Namen bezeichnet. Dass Bliccopsis abramo-rutilus
auch dem Weser-Gebiet nicht fremd ist, davon überzeugten mich zwei Exem-
plare, welche unter dem Namen: Cypr. Buggenhagii aus der Göttinger Um-
gegend stammend, auf dem zoologischen Cabinete zu Göttingen aufbewahrt
werden, ferner zwei andere Exemplare, welche Blasius aus der Ocker bei
Braunschweig eingesammelt und an Heckel eingesendet hatte; von letzterem
wurden sie unter dem Namen Abramis Blasii im Wiener Naturalien-Cabinete
aufgestellt.
Aus den oben mitgetheilten Erfahrungen, welche ich bei meinen Ver-
suchen, den echten Cypr. Buggenhagii aufzufinden, gemacht habe, geht her-
[149]Gattung: Bliccopsis.
vor, dass sowohl von Naturforschern wie von Fischern zwei verschiedene
Fische unter dem Namen »Leiter« durcheinandergemengt worden sind. Es ist
aber diese Verwechslung durch besondere Umstände veranlasst worden, über
die ich hier, wie ich glaube, Auskunft zu geben im Stande bin. Bei der Be-
schreibung der beiden Cyprinen: Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo-
rutilus habe ich mich an solche Individuen gehalten, welche die oben ange-
gebenen Gattungs- und Art-Charaktere scharf ausgeprägt an sich trugen. Ich
darf es nicht verschweigen, dass mir verschiedene Individuen dieser beiden
Fische vorgekommen sind, welche in ihren äusseren Umrissen, in ihrer Be-
schuppung, in der Bildung der Schlundknochen, in der Form, Zahl und An-
ordnung der Schlundzähne die Mitte hielten zwischen Abramidopsis und Blic-
copsis, so dass es mir schwer wurde, darüber zu entscheiden, ob ein solcher
Leitfisch als Abramidopsis Leuckartii oder als Bliccopsis abramo-rutilus zu be-
trachten sei (s. oben pag. 137). Ich musste zuletzt wirklich daran denken,
Bastarde vor mir zu haben. Am meisten machte mich eine mehrmalige Lie-
ferung von Leitfischen aus dem Chiemsee stutzig, welche mir unter dem
Volksnamen »schwarzfederige Grasblecken« zugeschickt worden waren 1).
Dem äusseren Ansehen nach schienen diese Abramiden mit verkürzter After-
flosse zu Abramidopsis Leuckartii zu gehören, da sie oberhalb der Seitenlinie
die Schuppen in 10 Längsreihen an sich trugen, bei näherer Untersuchung der
Schlundknochen fand ich aber ganz unerwartet die Zähne mehrmals wie bei
Bliccopsis abramo-rutilus zweireihig geordnet, jedoch mit so vielen Abwei-
chungen, dass sich ein bestimmter Gattungs-Typus nicht herausstellte.
Unter den 13 von mir untersuchten Leitfischen des Chiemsee, welche
fast durchgängig eine Länge von 10 bis 11 Zoll besassen, sah ich die Schlund-
zähne in folgender Weise angeordnet:
Schlundknochen.
Bei allen diesen Schlundknochen ist trotz
der an Bliccopsis erinnernden Zahnformel
der Charakter der Schlundknochen von
Abramidopsis vorhanden, namentlich zeigt
sich an dem vorderen Fortsatze den vorde-
ren Zähnen gegenüber der äussere Rand
[150]Familie: Cyprinoidei.
in seinem Verlaufe ganz gerade, während derselbe Rand an allen Schlund-
knochen von Bliccopsis abramo-rutilus mit einer sanften Wölbung verläuft.
Dass diese Chiemsee-Leitfische wahrscheinlich aus der Vermischung
eines Abramiden mit irgend einem anderen Cyprinoiden hervorgegangen sein
mögen, vermuthe ich noch aus der besonders unregelmässigen Anordnung
der Schuppen, die sich bei den meisten dieser Leitfische auf dem Vorder-
rücken wahrnehmen liess; die Schuppen sind hier nämlich auf der Mittellinie
des Vorderrückens zum Theil sehr klein und unvollkommen entwickelt, und
zum Theil gegen die Rückenflosse hin scheitelförmig geordnet. Aber nicht
bloss diese aus dem Chiemsee erhaltenen Leitfische riefen in mir den Gedanken
an eine Bastardbildung hervor, auch unter den vielen Leitfischen, die ich in
Norddeutschland gesammelt hatte, erweckten einzelne abweichende Formen
bei mir den Verdacht, dass ich es hier mit keiner reinen Art, sondern mit
einem Bastarde zu thun hätte. So fand ich auf dem Fischmarkte zu Magde-
burg einen Abramiden ohne Rückennath und mit 15 weichen, zertheilten
Strahlen in der Afterflosse, welchen ich nach der Zahnformel 2.5—5.2 und
nach den oberhalb der Seitenlinie angebrachten acht Schuppen-Längsreihen
für Bliccopsis abramo-rutilus hätte halten müssen, wenn derselbe nicht
Schlundknochen besessen hätte, welche in ihrer Form ganz mit den Schlund-
knochen von Abramidopsis Leuckartii übereinstimmten. Unter sieben im Fri-
schen Haff bei Tolkemit gefangenen Leitfischen, welche nach Beschuppung,
Zahnformel und Bildung der Schlundknochen vollkommen mit Abramidopsis
Leuckartii übereinstimmten, stellte sich ein Individuum als Ausnahme heraus,
indem seine Zahnformel 1.6—5 an Bliccopsis erinnerte. Unter zwei von Selys
aus der Maas an das Wiener Naturalien-Cabinet übersendeten Exemplaren
von Abramis HeckeliiSel., welche sich nach der Beschuppung und Schlund-
knochenbildung als Abramidopsis Leuckartii zu erkennen gaben, besass das
eine Individuum die Zahnformel 6—5, während das andere Individuum die
störende Zahnformel 1.5—5 aufzuweisen hatte.
Aus diesen Mittheilungen geht hervor, dass bei einer solchen Wandelbar-
keit und Unbeständigkeit der Hauptunterscheidungs-Merkmale die mit einer
verkürzten Afterflosse ausgestatteten Abramiden, welche ohne nähere Be-
schreibung der Schlundknochen und ohne Angabe der Zahnformel von den
Ichthyologen als Cypr. Buggenhagii bezeichnet wurden, eigentlich kaum richtig
gedeutet werden können. Daher wage ich kein Urtheil zu fällen über den mit
neun oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten Cypr. Buggenhagii, wel-
chen Thompson1) aus dem Flusse Lagan bei Belfast erhalten hatte, und halte
es aus denselben Gründen für bedenklich, eine Entscheidung über jenen aus
[151]Gattung: Bliccopsis.
Dagenham in Essex stammenden Abramiden auszusprechen, welchen Yarrell1)
gleichfalls als einen mit eilf oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten
Cypr. Buggenhagii beschrieben und abgebildet hat.
Einmal auf die Möglichkeit einer Bastardbildung aufmerksam geworden,
konnte ich nicht umhin, noch zwei andere 12 und 13 Zoll lange, 3 und 3¼ Zoll
hohe Cyprinoiden, die ich aus dem Starenberger See erhalten hatte, als Ba-
starde zu verdächtigen, indem beide mit 15 weichen, zertheilten Afterflossen-
Strahlen versehen sind und eine Zahnformel, nämlich 6—5 nebst Zahnbil-
dung wie Abramidopsis Leuckartii besitzen, aber ausserdem von diesem Abra-
miden durch folgende Organisations-Verhältnisse auffallend verschieden er-
scheinen. Ihr fast unterständiges Maul wird von einer sehr angeschwollenen
Schnauze überwölbt, die Beschuppung verhält sich wie bei Bliccopsis, das
heisst, die Schuppen stehen oberhalb der Seitenlinie in acht und unterhalb
derselben in vier Längsreihen. Die Rückennath fehlt bei beiden Individuen,
bei dem einen Individuum zeigen sich die Schuppen auf dem Vorderrücken
sehr klein und unvollständig entwickelt und zugleich sehr unregelmässig ge-
ordnet. Zwischen Bauchflossen und After ist eine von Schuppen bedeckte
stumpfe Kante vorhanden. Die Rückenflosse erscheint weniger steil abge-
stutzt und weniger hoch als bei den eigentlichen Abramiden, daher dieselbe
zurückgelegt mit ihrem vordern Winkel den hinteren Winkel nicht überragt.
Die Schlundknochen besitzen einen sehr derben Knochenbau und halten
in ihrer Form die Mitte zwischen Abramidopsis und Bliccopsis. Der sehr nie-
drige und zugleich sehr langgestreckte Leib trägt mit am meisten bei, diesen
Fischen eine von Abramidopsis und Bliccopsis so sehr abweichende Form zu
verleihen, die vielleicht durch eine Bastardirung des Abramis melanops ent-
standen sein könnte.
Wenn ich diejenigen Cyprinoiden näher bezeichnen soll, welche zu
den als Abramidopsis und Bliccopsis beschriebenen Bastardbildungen mit-
gewirkt haben mögen, so glaube ich die Vermuthung aussprechen zu
müssen, dass auf der einen Seite Abramis Brama oder Blicca Björkna und auf
der anderen Seite Scardinius erythrophthalmus oder Leuciscus rutilus zu be-
schuldigen sein werden, an diesen Kreuzungen Antheil genommen zu haben.
Dem Einfluss der zuletzt genannten beiden Cyprinoiden hat die für Abramis
und Blicca charakteristische Vorderrücken-Furche und hintere Bauch-Furche
weichen müssen; durch denselben Einfluss musste die denselben Abramiden
eigenthümliche vielstrahlige Afterflosse einen Theil ihrer Strahlen einbüssen,
und durch denselben Einfluss musste ferner an diesen Abramiden die Rüc-
kenflosse ihre steile Spitze verlieren und die untere Schwanzflossen-Spitze
sich verkürzen. Auch die Zahl der Längs-Schuppenreihen wird sich unter
dem Einflusse von Scardinius oder Leuciscus an den genannten Abramiden
[152]Familie: Cyprinoidei.
vermindert haben. Das Schwanken in der Form der Schlundknochen sowie
die Unregelmässigkeit und Unbeständigkeit der Zahnformeln bei den verschie-
denen Individuen von Abramidopsis und Bliccopsis deuten besonders darauf
hin, dass diese Fische als Blendlinge von Brachsen oder Blicken und Scar-
dinius oder Leuciscus aufzufassen sind. Die gedrungene Form und Verkür-
zung des vorderen Fortsatzes der Schlundknochen, welche an vielen dieser
Blendlinge bemerkt wird, mag von dem Einflusse des Leuciscus rutilus her-
rühren. Die bei Bliccopsis sehr deutlich wahrzunehmenden Einkerbungen der
Zahnkronen konnten von Scardinius erythrophthalmus hervorgerufen worden
sein. Die Kreuzung zwischen Abramis und Scardinius oder zwischen Blicca
und Leuciscus hatte gewiss auch die Folge, dass die einreihigen Zähne von
Abramis und Leuciscus und die zweireihigen Zähne von Blicca und Scardinius
sich gegenseitig in Unordnung brachten, wodurch die Feststellung einer be-
stimmten Zahnformel für Abramidopsis und Bliccopsis fast eine Unmöglichkeit
ist. Ich kann natürlich für die Richtigkeit aller dieser Behauptungen nicht
einstehen, glaube aber diese Hinweisung auf eine Bastardbildung um so we-
niger verschweigen zu dürfen, weil durch die künstliche Fischzucht die Mög-
lichkeit gegeben ist, solchen Bastardbildungen näher nachzuforschen und sich
darüber Gewissheit verschaffen zu können, auf welche Weise die durch
Kreuzung erzeugten Blendlinge ihre Formen wechseln, je nachdem die beiden
bei einer Kreuzung betheiligten reinen Fischspecies die Thätigkeit des Männ-
chens oder des Weibchens übernommen haben.
XII. Gattung: Pelecus (nach Agassiz).
Gattungscharakter:Schlundzähne in zwei Reihen zu 2 und 5 stehend
und mit einem Haken an der comprimirten, tief sägeförmig
gekerbten Krone endigend; der mit einem vortretenden
Kinne versehene Unterkiefer greift in eine Vertiefung der
Zwischenkiefer ein; die kurze Rückenflosse steht weit nach
hinten über dem Anfang der langen Afterflosse; der Bauch
eine scharfe Kante bildend; Schuppen mit sehr undeut-
lichen Radien und leicht abfallend.
1. Art. P. cultratus Lin. Sichling, Ziege.
Syn. u. Citate.
Linné Nr. 2: pag. 531. n. 28. Cyprinus cultratus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 255. Taf. 37. Cyprinus cultratus, Ziege.
Schrank Nr. 23 a: pag. 333. n. 313. Cyprinus cullratus, Sichling.
[153]Gattung: Pelecus.
Cuvier: Règne animal, nouv. édit. T. II. 1829. pag. 277. Chela cultrata.
Agassiz Nr. 7: pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Pelecus cultratus.
Bujack Nr. 97: pag. 339. Cyprinus cultratus, Ziege.
Creplin Nr. 90: pag. 84. Cyprinus cultratus, Ziege.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 330. Leuciscus cultratus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 126. Fig. 65. 66. Pelecus cultratus, Sichling1).
Artcharakter:Mundöffnung nach oben gerichtet, Mundspalte fast
senkrecht; Körper langgestreckt, sehr stark seitlich zu-
sammengedrückt; Rücken geradlinig, Bauch mit convexer
Schneide. Die beiden Brustflossen sehr lang, spitz und
etwas säbelförmig gebogen; die Afterflosse mit 26 bis 29
weichen, getheilten Strahlen; die Seitenlinie wellenför-
mig gebogen.
D. 3/7, P. 1/15, V. 2/7, A. 3/28, C. 19, Squ. 14—15/100—108/5—6.
Schlundknochen und
Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Der Sichling, welcher eine Länge von 6 bis 16 Zoll
erreichen kann, gehört zu den am auffallendsten gebil-
deten Fischen der mitteleuropäischen Fischfauna, da-
her die Berücksichtigung der erwähnten Gattungs- und
Artcharaktere allein schon ausreicht, um diesen merk-
würdigen Cyprinoiden, der seinem Habitus, seiner Be-
schuppung und Färbung nach den Alburnen angehört,
auf den ersten Blick zu erkennen; ich halte deshalb
eine specielle Beschreibung dieses Fisches für überflüssig.
Die geographische Verbreitung des Sichling ist in so fern eine eigen-
thümliche, indem derselbe sowohl salziges wie süsses Wasser zu seinem
Ausenthalte auswählt. Er bewohnt in grosser Anzahl das schwarze Meer und
steigt von dort aus die Flüsse hinauf, auf welchem Wege einzelne Sichlinge
wahrscheinlich durch Verirrung bis zur oberen Donau hinaufgelangen. Für
die östreichische Donau gehört nach Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 129) der,
Sichling bereits zu den seltenen Vorkommnissen, eine noch seltenere Er-
scheinung ist derselbe in der bayrischen Donau. Perty (Nr. 24: pag. 720)
sagt zwar, dass der Sichling alljährlich auf dem Münchner Fischmarkt anzu-
treffen wäre, ich muss jedoch dieser Angabe widersprechen, da ich seit mei-
nem zehnjährigen Hiersein, während welchem ich regelmässig den hiesigen
Fischmarkt besuche, den Sichling auch nicht ein einziges Mal daselbst wahr-
genommen habe. Die beiden einzigen Exemplare dieses Fisches, welche mir
als bayerische Fische zu Gesicht gekommen waren, sind in der Donau bei
[154]Familie: Cyprinoidei.
Passau gefangen worden. Im Norden von Mitteleuropa bewohnt der Sichling
nur die Ostsee und die mit ihr zusammenhängenden grossen Süsswasser-
Becken, welche unter dem Namen Oder-Haff, Frisches und Kurisches Haff
hekannt sind. Aus diesen Gewässern steigt der Sichling, welcher in Pommern
und Preussen »Ziege« genannt wird, die Mündungen der grösseren Flüsse hin-
auf. Im Kurischen Haff scheint die Ziege keine Seltenheit zu sein, da ich
diesen Fisch auf dem Fischmarkte in Memel ziemlich häufig bemerkt habe.
Ueber die Fortpflanzung dieses Fisches habe ich bis jetzt keine eigenen
Erfahrungen sammeln können, daher ich mich nur auf Heckel und Kner be-
rufen will, welche (a. a. O. pag. 129) den Monat Mai als Laichzeit dieses Fisches
angeben.
XIII. Gattung: Alburnus (nach Rondelet).
Gattungscharakter:Die Schlundzähne in zwei Reihen zu 2 und 5
stehend, die vier hinteren Zähne der inneren Reihe mit
einer hakenförmig umgebogenen Spitze an der seitlich zu-
sammengedrückten Krone; der mit einem vorstehenden
Kinne versehene Unterkiefer greift in eine Vertiefung der
Zwischenkiefer ein; die kurze Rückenflosse steht hinter
den Bauchflossen, die Afterflosse mit langer Basis beginnt
hinter oder unter dem Ende der Rückenflosse; der Bauch
bildet zwischen den Bauchflossen und dem After eine
Kante; die sehr stark silberglänzenden und leicht abfal-
lenden Schuppen mit deutlichen aber sehr wenig erhabe-
nen Radien.
1. Art. A. lucidus Heck.Laube, Uckelei.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 206. Taf. 36. Laucken.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 6. n. 18, Descr. spec. pag. 17. n. 7, Syn. nom. pisc. pag. 10.
n. 19.
Linné Nr. 2: pag. 531. n. 24. Cyprinus Alburnus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 54. Taf. 8. Fig. 4. Cyprinus alburnusUckelei.
Schrank Nr. 23 a: pag. 337. n. 319. Cyprinus alburnus.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 206. Cyprinus alburnus, Agöne, Lagune.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 27. Cyprinus alburnus, Uckelei.
Bujack Nr. 97: pag. 337. Cyprinus alburnus, Uckelei.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 214. Aspius alburnoides, Ablette.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 250 u. 272. Leuciscus alburnoides u. alburnus, Ablette.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 485. Aspius Alburnus, Weissfisch.
[155]Gattung: Alburnus.
Günther Nr. 47: pag. 86. Abramis alburnus, Silberling, Lang-Bleck.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Aspius alburnus, Schneiderfisch.
Rapp Nr. 41: pag. 9. Leuciscus alburnus, Laugele.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 131. Fig. 67. 68 u. pag. 69. Alburnus lucidus, Laube und
Alburnus breviceps.
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Alburnus lucidus.
Artcharakter:Mundöffnung nach oben gerichtet, Mundspalte sehr
schief, das Kinn nur wenig verdickt und etwas vorstehend;
der mehr oder weniger gestreckte Leib seitlich zusam-
mengedrückt; die Kronen der inneren Zahnreihe mehrmals
gekerbt; die lange, nach hinten sehr niedrige Afterflosse
mit 17 bis 20 weichen und getheilten Strahlen beginnt un-
ter dem Ende der Rückenflosse.
D. 3/8, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/17—20, C. 19, Squ. 8/47—53/3.
Die gemeine Laube, welche meistens in der Grösse von 4 bis 5 Zoll vor-
kömmt, aber auch eine Länge von 7 Zoll erreichen kann, ist in ihrer äusseren
Form und ihrer Färbung ungemein vielen Abänderungen unterworfen, wes-
halb ich behaupten möchte, dass fast in jedem Flusse, in jedem See dieser
Fisch ein anderes Ansehen erhält. Es sind verschiedene dieser Varietäten als
besondere Species bezeichnet und beschrieben worden, von deren Art-
Berechtigung ich mich aber nicht habe überzeugen können, da es mir möglich
war, stets Uebergänge von der einen zu der anderen Form dieser fraglichen
Species aufzufinden. Es ist deshalb aber auch schwer, eine durchgreifende
Schlundknochen
(nach Heckel und Kner).
für alle Varietäten gültige Beschreibung des A. lucidus
zu liefern. Der Körper desselben ist mehr oder weni-
ger gestreckt, seine Körperhöhe ist bald höher, bald
niedriger. Schon von Agassiz waren diese Verschie-
denheiten bemerkt und auf Varietäten bezogen worden,
indem er (Nr. 6: pag. 1048) von ihnen sagte: »Von
Cyprinus alburnus kenne ich zwei ausgezeichnete Va-
rietäten, 1) eine mit sehr schmalem, langgezogenem Leib und 2) eine mit
breitem, dabei aber kürzerem Leib«. Das Kinn ragt bei manchen Formen fast
gar nicht, bei anderen ziemlich stark hervor. Der Unterkiefer steigt bei
einigen sehr steil in die Höhe und bildet alsdann an seinen beiden Gelenken
zwei stark hervorspringende Winkel, während bei anderen der Unterkiefer
nur wenig ansteigt und kaum einen Vorsprung an seinen Gelenken bemerken
lässt. Bei dieser Veränderung in der Richtung des Unterkiefers erscheint die
Schnauze bald kürzer, bald länger. Auch die Grösse der Augen schwankt bei
den verschiedenen Form-Abänderungen dieses Fisches. Die Afterflosse be-
ginnt unter dem Ende, zuweilen aber auch vor dem Ende der Rückenflosse.
Die Länge der paarigen Flossen varürt scheinbar, je nachdem der Leib mehr
[156]Familie: Cyprinoidei.
oder weniger in die Länge gestreckt ist. Die zarten Schuppen zeigen kaum
eine Spur von Radien und erscheinen daher fast ganz glatt.
Die blaugrüne Farbe des Rückens varürt vielfach und geht zuweilen in
Grasgrün über, sticht in allen Fällen gegen die ausgezeichnet schön silber-
glänzenden Seiten ungemein ab. Die Rücken- und Schwanzflosse erscheinen
graulich, die übrigen Flossen dagegen farblos, doch zeigt sich zuweilen die
Basis der Bauchflossen und der Afterflosse orangengelb gefärbt.
Es kömmt dieser Fisch in allen fliessenden und stehenden Gewässern
von Mitteleuropa mit Ausnahme der höher gelegenen Gebirgsseen und Ge-
birgsbäche, sehr häufig vor. Er führt im eigentlichen Bayern den Namen
»Laube« oder »Lauge«, in Würzburg heisst er »Schneiderfisch« oder »Läge«, in
Aschaffenburg »Albele«; in Norddeutschland ist dieser Fisch unter dem Na-
men »Uckelei« allgemein gekannt.
Eine von mir in der Isar aufgefundene Varietät entspricht ihrer Form
nach fast vollständig dem von Heckel und Kner beschriebenen Alburnus bre-
viceps; ich fand zugleich an dieser Varietät ein hervorstehendes Kinn und die
Basis der Bauchflossen und der Afterflosse orangengelb gefärbt. Die Lauben
des Würm- und Bodensee’s besitzen einen sehr steil aufsteigenden Unterkiefer
und viel grössere Augen als die Lauben der Isar und der Donau. Aspius al-
burnoides, welchen mir Selys-Longchamps aus Belgien gefälligst mittheilte,
stimmte mit gewissen Formen des Alburnus lucidus vollkommen überein, so
dass ich in dieser Beziehung Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 133) beitrete,
welche den Aspius alburnoides nur für eine Varietät des Alburnus lucidus
erklären.
Die Laichzeit der Laube fällt in den Monat Mai. Es halten sich die Lauben
sehr gern in grossen Gesellschaften zusammen und schwimmen oft ganz ober-
flächlich im Wasser, wobei sie es verstehen, wenn ein raubgieriger Barsch
sich unter sie stürzt, sich ausserhalb des Wassers eine Strecke weit fortzu-
schnellen und so den Verfolgungen ihres Feindes zu entschlüpfen. Viel häu-
figer und sicherer werden sie durch ihr oberflächliches Schwimmen den See-
schwalben und Möven zur Beute, dafür behaften sich aber auch diese Wasser-
vögel mit einem Bandwurm, der als Ligula simplicissima frei in der Leibeshöhle
der Lauben ungemein häufig vorkömmt und durch die verschluckten Lauben
in den Darm jener Vögel übergepflanzt wird.
Im vorigen Jahrhundert wurde die sonst ganz werthlose Laube bekannt-
lich sehr stark verfolgt und in ungeheuren Massen eingefangen, um aus dem
Silberglanz ihrer Schuppen die sogenannte Essence d’Orient zu bereiten,
welche zur Anfertigung von falschen Perlen verwendet wurde. Seit den
letzten Jahren wird der Fang der Lauben auf dem Mittelrhein von neuem sehr
stark betrieben und die von diesen Fischen gewonnene Perlessenz nach Paris
gesendet, indem von dort aus diese falschen Perlen jetzt wieder in die Mode
[157]Gattung: Alburnus.
gebracht werden 1). Die Erfindung, den Glasperlen mit Hülfe des Silber-
glanzes der Fischschuppen einen den orientalischen Perlen nahe kommenden
Glanz zu verleihen, ist vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts von einem
französischen Paternostermacher Namens Jaquin ausgegangen 2). Die Benützung
des Silberglanzes der Schuppen von Alburnus lucidus zur Anfertigung falscher
Perlen 3) beruht auf der Eigenschaft der mikroskopischen Silberglanz-Plätt-
chen, in Ammoniak keine Veränderung zu erleiden. Mittelst dieser Eigen-
schaft lassen sich von dem Silberglanze der Fischschuppen die übrigen in
Ammoniak löslichen thierischen Substanzen entfernen, so dass auf diese Weise
der Silberglanz als Essence d’Orient ganz rein gewonnen werden kann,
welche Perlessenz aus nichts anderem besteht, als aus den in Ammoniak
suspendirten und unverändert glänzenden mikroskopischen krystallinischen
Plättchen von oblonger Gestalt mit schräg abgestutzten Enden. Reaumur war
der erste, welcher diese oblongen Elementar-Gewebstheile, von welchen der
Silberglanz der Schuppen des Alburnus lucidus ausgeht, mikroskopisch unter-
sucht und beschrieben hat 4). Nach ihm ist dieser krystallinische Silberglanz
der Fische wieder gänzlich unbeachtet geblieben, bis Ehrenberg, ohne Reaumur’s
Beobachtungen zu erwähnen von neuem die Aufmerksamkeit auf diesen Ge-
genstand lenkte5). Die an Ehrenberg’s mikroskopische Untersuchungen sich
anschliessenden chemischen Untersuchungen dieses silberglänzenden Beleges
der Fischschuppen stimmten so wenig miteinander überein, dass ich schon
lange die Absicht hegte, diese Perlessenz einer abermaligen chemischen Ana-
lyse unterwerfen zu lassen; immer wurde aber diese Absicht dadurch ver-
[158]Familie: Cyprinoidei.
eitelt, dass ich mir, trotz aller meiner Bemühungen, keine solche Perlessenz
habe verschaffen können; um so freudiger wurde ich vor kurzem durch eine
Probe ächter Essence d’Orient überrascht, welche mir Herr Kaufmann
Diss dahier aus einer sehr beschäftigten Pariser Perlfabrik gütigst hatte zu-
kommen lassen. Herr Professor Voit hat die Gefälligkeit gehabt, diese Perl-
essenz einer genaueren chemischen Prüfung zu unterwerfen, deren Resultat
von Herrn Voit selbst hier wörtlich mitgetheilt wird:
»Herr Prof. v. Siebold hat mir die sogenannte Perlenessenz, eine Flüssigkeit, welche
die von den Fischschuppen entnommenen irisirenden Krystalle suspendirt enthält, zur
chemischen Untersuchung übergeben. Ich habe, ehe ich von der Note M. Barreswil’s
(Compt. rend. 1861. T. 53. p. 246) Kenntniss hatte, gefunden, dass diese Krystalle zum
grössten Theil aus einer organischen Materie, die in allen ihren Eigenschaften dem Guanin
gleicht, bestehen.
Ueber die Natur der in den Fischschuppen und andern Theilen der Fische, z. B. im
Peritonäum und dem Tapetum des Auges in Zellen enthaltenen und den Metallglanz dieser
Theile hervorrufenden Krystalle liegen schon mehrere Untersuchungen vor. — Ehrenberg
(Ueber normale Krystallbildung im lebenden Thierkörper, Poggendorff’s Annal. 1833. Nr. 7.
Bd. 28. S. 465) liess zuerst diese Krystalle durch einen Chemiker, nämlich durch Heinr.
Rose untersuchen; sie lösten sich nach dessen Bericht leicht in verdünnter Salpetersäure
auf; die Lösung wurde durch Ammoniak nicht getrübt und in der ammoniakalischen Flüs-
sigkeit brachte Oxalsäure nur einen ganz unbedeutenden Niederschlag hervor; salpeter-
saures Silberoxyd erzeugte in der salpetersauren Lösung eine durch Ammoniak nicht ver-
schwindende Trübung; die Krystalle wurden durch kochende Kalilauge ohne Ammoniak-
entwicklung gelöst, ebenso durch Alcohol in der Siedhitze; auf dem Platinblech verflüch-
tigten sie sich ohne zu verkohlen oder eine Asche zu hinterlassen; es schien ihm daher
aus diesen Reactionen hervorzugehen, dass die Krystalle aus einer flüchtigen eigenthüm-
lichen organischen Substanz bestehen und keine Kalkerde enthalten. — Drei weitere
Beobachter weichen von diesen Angaben wesentlich ab, indem sie die betreffende Sub-
stanz für anorganischer Natur erklären. Nach Schnitzlein (Pharmazeut. Centralblatt
1837. S. 398) besteht der Fischschuppenglanz oder die Krystalle in der Perlenessenz aus
phosphorsaurem Kalk, nach Mathias (Tromsdorff’s Journal, 1843. Bd. 10. St. 2. S. 3) aus
phosphorsaurer Magnesia. — Brücke (Ueber das Tapetum der Thiere, in Müller’s Arch. 1845.
S. 403) schliesst sich den beiden vorigen an, indem nach ihm die in den Zellen des Tape-
tum’s der Fische abgelagerten Krystalle folgende Eigenschaften zeigen. Sie sind in Wasser,
Alcohol und Aether unlöslich; beim Glühen hinterlassen sie einen in Wasser unlöslichen,
aber in Salzsäure löslichen Rückstand; Kali greift sie nicht an; Salzsäure löste sie ohne
Gasentwicklung auf und aus der etwas eingedampften Lösung fielen die ursprünglichen
Krystalle durch Ammoniak wieder heraus; Brücke hält darnach die Krystalle für eine
Verbindung einer anorganischen Basis. — Die Angaben von v. Wittich (Ueber den Metall-
glanz der Fische in Müller’s Archiv, 1854. S. 265) nähern sich mehr denen von Rose. Er
isolirte zuerst die Krystalle in grösserer Menge, indem er die Schuppen mit Wasser abspülte,
und mit Alcohol in einer Porzellanschale zusammenrieb, bis derselbe von den suspen-
dirten Krystallen bleigrau war; beim Filtriren durch feine Leinwand giengen die Krystalle
mit durch, setzten sich im Filtrat zu Boden und konnten durch Alcohol gewaschen und
dann in Wasser suspendirt werden, in welchem sie sich aber nach und nach wahrschein-
lich unter dem Einfluss von noch vorhandenen Epidermiszellen und andern fein vertheilten
Gewebsmassen zersetzten. Wie schon Brücke angab, war die Substanz in Wasser, Alcohol
und Aether unlöslich; sie verlor beim Kochen mit Wasser und Alcohol ihre Krystallform;
[159]Gattung: Alburnus.
anorganische Säuren lösten dieselbe, aber auch Alkalien, während sie nach Brücke in
letztern unlöslich ist. Neutralisirte Wittich die Lösungen in Säuren und Alkalien, so ent-
stand wohl ein flockiger Niederschlag, er bekam aber nie, wie Brücke, die Krystalle als
solche wieder. Er hielt daher dafür, dass eine organische Verbindung in den Krystallen
eine nicht unbedeutende Rolle spiele; sie können aber nach ihm nicht ausschliesslich aus
organischer Substanz bestehen, denn sie lösten sich in Säuren unter Kohlensäureentwick-
lung und gaben beim Einäschern einen aus phosphorsaurem Kalk, Kochsalz und Eisen be-
stehenden Rückstand; in den Krystallen ist also nach Wittich eine organische stick-
stoffhaltige Substanz mit anorganischen Salzen verbunden. — Darauf folgte nun endlich
die schon oben citirte Notiz von M. Barreswil, nach der die Perlensubstanz nur aus einer
organischen Materie zusammengesetzt ist, die sich in Wasser, Ammoniak und Essig-
säure nicht löst, aber in Schwefelsäure, Salpetersäure und Salzsäure löslich ist, mit wel-
chen Säuren sie krystallisirbare Salze bildet. Alle Reactionen stimmen genau mit denen
des Guanin’s überein; mit Salpetersäure abgeraucht entstand ein gelber, mit Kali roth
werdender Rückstand, die salpetersaure Lösung wurde durch salpetersaures Silber gefällt,
die Lösung in Schwefelsäure durch Wasser zersetzt. —
Es lagen also ganz verschiedene Angaben über das chemische Verhalten der betreffen-
den Krystalle vor und es war nöthig, dieselben genau zu prüfen. Ich habe dabei Folgendes
gefunden.
Erhitzt man den Krystallbrei der Perlenessenz auf dem Platinblech, so verbrennt er
unter Horngeruch und lässt schliesslich eine weisse, nicht schmelzende Asche zurück. Die
Masse besteht also aus organischen und anorganischen Stoffen. Die Krystalle sind in
Aether, Alcohol und Wasser nicht löslich; dampft man die Flüssigkeit ab, in der sie ent-
halten sind, und versetzt sie hierauf mit Wasser, so ist die Reaction neutral; dampft man
das Wasser ab, so behalten die Krystalle nicht ihre ursprüngliche Form, sondern zerfallen
in kleine Fragmente. Mit dem Millon’schen Reagens etwas erwärmt färben sie sich nicht
roth, enthalten also kein Eiweiss. Mit concentrirter Salzsäure befeuchtet schiessen schöne
Krystallgruppen an; in verdünnter Salzsäure lösen sie sich ohne Brausen leicht auf und
bilden beim Abdampfen eine krystallinische Verbindung; ebenso ist das Verhalten gegen
Schwefelsäure und Salpetersäure. Die Lösung in Salzsäure giebt beim Versetzen mit Am-
moniak einen weissen flockigen Niederschlag, der unter dem Mikroskop aus kleinen Körn-
chen besteht, die sich später gruppenweise aneinanderreihen. Das Verhalten der Sub-
stanz gegen Säuren und die Eigenschaft, krystallisirbare Salze damit zu bilden, wiesen bald
auf Guanin hin; dies wurde dann noch durch andere Reactionen, die alle mit denen reinen
Guanins genau verglichen wurden, zur Evidenz erhoben und so Barreswil’s Angabe be-
stätigt. Beim Uebergiessen mit concentrirter Salpetersäure färbt sich die Masse nicht und
beim Verdampfen derselben bleibt ein citronengelber Rückstand, der mit Ammoniak oder
Kalilauge versetzt intensiv rothgelb wird; in der alkalischen Lösung des Rückstandes
bringt Salmiak einen gelben, unter dem Mikroskop aus amorphen Körnchen bestehenden
Niederschlag hervor. Durch Alkalien werden die irisirenden Krystalle bis auf einen flocki-
gen Niederschlag, auf den ich noch zu sprechen kommen werde, aufgelöst; in Ammoniak
sind sie nicht löslich. —
Nach dem Allem kann kein Zweifel mehr sein, dass Guanin in obigen Krystallen ent-
halten ist, es frägt sich aber, ob sie ausschliesslich daraus bestehen? Es spricht zwar
nicht dagegen, dass wir bis jetzt das Guanin nicht in irisirenden Krystallen darstellen
können; aber die beim Glühen zurückbleibende Asche schien mir im Verhältniss zur orga-
nischen Substanz so bedeutend, dass sie unmöglich von zufälligen Beimischungen her-
rühren konnte, denn die Perlenessenz bestand beinahe nur aus den schönen Krystallen
und die sie enthaltende Flüssigkeit liess nur Spuren unverbrennlicher Substanz zurück. Die
Aschenbestandtheile mussten demnach in Verbindung mit der organischen Substanz ge-
[160]Familie: Cyprinoidei.
bracht werden. Die nicht schmelzende Asche löste sich nicht völlig in Wasser auf, das
Wasser reagirte stark alkalisch, die nicht verbrannte in Wasser aufgenommene Substanz
war dagegen, wie oben angegeben, neutral, ein Beweis, dass das Alkali erst bei der Ver-
brennung aus der organischen Substanz frei wurde; der in Wasser nicht ganz lösliche
Antheil der Asche löste sich in Säuren unter Brausen, während dies die ursprüngliche
Substanz nicht that. Versetzte man die salzsaure Lösung mit Ammoniak, so entstand kein
Niederschlag, aber auf nachherigen Zusatz von Essigsäure und oxalsaurem Ammoniak eine
starke Fällung, es war also Kalk in der Asche vorhanden; in der salpetersauren Lösung
konnte mit molybdänsaurem Ammoniak nur eine geringe Spur von Phosphorsäure ent-
deckt werden, deren Abwesenheit schon aus dem Ausbleiben eines Niederschlags durch
Ammoniak aus der sauren Lösung bei Gegenwart von Kalk hervorgeht. Ich glaube daher,
dass dieser Kalk nothwendig zu den Krystallen gehört und darin mit Guanin in Verbin-
dung ist, wesshalb sich auch dieselben mit Hinterlassung eines flockigen Rückstandes in
Kali lösen.
Strecker (Annalen der Chemie u. Pharm. 1861. Bd. 108. S. 154) hat bekanntlich eine
Verbindung von Guanin mit Baryt beschrieben, die sich beim Kochen von Guanin in Ba-
rytwasser bildet und beim Erkalten abscheidet. Reines Guanin löst sich in Kalkwasser
auch in der Siedhitze nur wenig auf und das Gelöste fällt beim Erkalten nicht heraus;
engt man das Filtrat ein, so bleibt ein weisser krystallinischer Brei zurück, der zwar
Guanin, aber auch ziemlich viel kohlensauren Kalk enthält und mit Säuren braust. Man
kann nun durch Zusatz von verdünnter Essigsäure den kohlensauren Kalk auflösen und
es bleibt dann eine krystallinische Verbindung von Guanin und Kalk zurück, die sich in
ihren chemischen Eigenschaften genau so wie die irisirenden Krystalle der Perlenessenz ver-
halten. Die Verbindung verbrennt unter Verkohlung zu einer weissen Asche, die sich in
Wasser nicht ganz löst, alkalisch reagirt und mit Säuren braust. Setzt man concentrirte
Salzsäure zu, so bilden sich ohne Gasentwicklung die schönen Krystalle des salzsauren
Guanins; mit Salpetersäure abgeraucht und mit Ammoniak befeuchtet, tritt die charak-
teristische Reaction hervor. Ich war leider nicht im Stande, trotz längerer Bemühungen
die Verbindung des Guaninkalks in den schönen irisirenden Krystallen zu erhalten; im
Organismus des Thiers sind offenbar Bedingungen zur Krystallisation, die ich bis jetzt
nicht nachahmen konnte; es ist daher eine weitere Aufgabe, diesem Guaninkalk die eigen-
thümliche Krystallform zu ertheilen, um die Perlenessenz wohlfeiler, als man es bisher
konnte, darzustellen. — Ich habe auch Guanin in kochenden sauren phosphorsauren Kalk
eingetragen; es blieb aber immer reines Guanin ungelöst zurück und die Lösung enthielt
nur phosphorsauren Kalk. —
In der Perlenessenz befinden sich die Krystalle in einer Flüssigkeit suspendirt, die
allen Reactionen nach kaustisches Ammoniak ist. Sie riecht ammoniakalisch, reagirt stark
alkalisch, braust mit Säuren nicht, giebt mit salpetersaurem Silber einen in Salpetersäure
löslichen Niederschlag, und bringt im Nessler’schen Reagens (Lösung von Iodquecksilber
in Iodkalium) einen starken braunen Niederschlag hervor. Dampft man die Flüssigkeit ab,
so bräunen die Dämpfe Curcumapapier, und die Krystalle bleiben unverändert zurück.
Das Ammoniak, in dem sich Guanin und Guaninkalk nicht lösen, wird offenbar zugesetzt,
weil sich die Substanz in Wasser nach und nach zersetzt, wie Wittich gesehen hat. —
Es wäre noch zu untersuchen, ob die kleinen Kryställchen in den Interferenzzellen der
Haut und der Iris vom Frosch, die Wittich (Müller’s Archiv, 1854. S. 46) beschreibt, eben-
falls aus Guanin bestehen oder nicht. Das Vorkommen von Krystallen einer organischen
Substanz, die zu den Zersetzungsproducten des Eiweisses gehört, innerhalb von Zellen, ist
jedenfalls von grosser Wichtigkeit«. —
Karl Voit.
[161]Gattung: Alburnus.
2. Art. A. Mento Agass. Mai-Renke.
Syn. u. Citate.
Perty Nr. 24: pag. 720. Aspius Mento.
Fitzinger Nr. 32: pag. 355. Aspius Heckelii.
Heckel Nr. 11 a: pag. 225. Taf. 19. Fig. 3. Aspius Mento.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 271. Leuciscus Mento.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 139. Fig. 73. Alburnus Mento.
Artcharakter:Mundöffnung nach oben gerichtet, Mundspalte
schief, das verdickte Kinn sehr stark hervorragend; der
sehr lang gestreckte Körper nur wenig seitlich zusammen-
gedrückt; die Kronen der innern Zahnreihe mehrmals ge-
kerbt; die nach hinten sehr niedrige Afterflosse mit 14 bis
16 weichen, getheilten Strahlen beginnt hinter dem Ende
der Rückenflosse.
D. 3/8, P. 1/15, V. 2/8—9, A. 3/14—16, C. 19, Squ. 10/65—67/4.
Es ist diese Alburnus-Art von Agassiz hier in München zuerst entdeckt
und unter dem Namen Aspius Mento verschiedenen Ichthyologen mitgetheilt
worden. Der Unterschied dieses Silber- oder Weissfisches in Vergleich zu
Alburnus lucidus ist ein so charakteristischer, dass man keinen Augenblick
Anstand nimmt, denselben als besondere Art gelten zu lassen. Alburnus
Mento erreicht eine viel bedeutendere Grösse als Alburnus lucidus, seine ge-
wöhnliche Länge beträgt 6 bis 7 Zoll, doch kömmt derselbe auch in einer
Länge von 9 bis 10 Zoll vor. Der Leib der Mai-Renke ist sehr gestreckt, und
die Schuppen derselben besitzen etwas erhabenere Radien als die der
gemeinen Laube. Ich konnte bei der gemeinen Laube nie mehr als 47 bis
53 Schuppen auf der Seitenlinie zählen, während ich bei A. Mento die Sei-
tenlinie mit 65 bis 67 Schuppen besetzt fand. Die hinter dem Ende der Rücken-
flosse beginnende Afterflosse giebt ebenfalls ein gutes Unterscheidungs-
merkmal für diesen Weissfisch ab. Die paarigen Flossen desselben erscheinen
im Verhältniss zur Körperlänge mehr in die Länge gestreckt als bei der gemei-
nen Laube. Auch die Schlundknochen des A. Mento bieten den Schlund-
knochen des A. lucidus gegenüber einen specifischen Unterschied, indem die-
selben durch ihre sehr verlängerten vorderen Fortsätze eine um vieles
schlankere Gestalt besitzen.
Der Rücken des A. Mento zeigt eine blaugrüne Farbe, ihre silberweissen
Seiten geben einen eigenthümlichen Atlasglanz von sich, der von den zarten
fast ganz glatten Schuppen ausgeht; alle paarigen Flossen, sowie die After-
flosse erscheinen blassröthlich gefärbt, während Rücken- und Schwanzflosse
einen schwärzlichen Anflug besitzen.
v. Siebold, Fische. 11
[162]Familie: Cyprinoidei.
Der Alburnus Mento bewohnt den Ammersee, Starenberger See und Chiem-
see, in welchen Gewässern auch A. lucidus sehr häufig vorkömmt. Ausser-
halb Bayern findet sich der A. Mento, welcher am Chiemsee »Schiedling« ge-
nannt wird, nur noch im Attersee und Traunsee, hat aber gegen Osten von
Europa noch eine weitere Verbreitung, indem Kessler diesen Weissfisch in
verschiedenen Flüssen der Krim entdeckt hat. Kessler1) hat diesen Krimfisch
Alburnus Mentoides genannt, würde denselben aber als A. Mento bezeichnet
haben, wenn nicht Heckel für den letzteren Fisch das Fehlen des Zwischen-
deckels als charakteristisch und sogar als Artkennzeichen hervorgehoben
hätte. Ich habe mich niemals von dem Fehlen der Zwischendeckel bei dieser
Alburnus-Art überzeugen können, und nachdem ich im Jahre 1860 Gelegen-
heit hatte, Herrn Kessler in der hiesigen zoologischen Sammlung den echten
A. Mento des Agassiz zu zeigen, erkannte derselbe, dass sein A. mentoides
nichts anderes als A. Mento sei. Auch gestand mir Herr Kner später zu, dass
sich Heckel in Bezug auf das Fehlen des Zwischendeckels bei A. Mento jeden-
falls getäuscht habe.
Die Laichzeit des A. Mento fällt in den Monat Mai und Juni, um welche
Zeit dieser Weissfisch in grosser Menge gefangen und auf dem Münchener
Fischmarkte unter dem Namen »Mai-Renke« feil geboten wird, jedoch um einen
viel niedrigeren Preis als die beliebte echte Renke (Coregonus Wartmanni), so
dass Perty (a. a. O.) unrecht hat, wenn er behauptet, dieser Fisch würde hier
betrüglicherweise als Renke verkauft.
Während der Brunstzeit bildet sich auf der Haut der männlichen Indivi-
duen des A. Mento ein Ausschlag, wie er um dieselbe Zeit noch bei vielen
anderen männlichen Cyprinoiden zum Vorschein kömmt. Derselbe besteht bei
der Mai-Renke aus einzelnen zerstreuten kleinen Warzen von flach conischer
Gestalt und weisslicher Farbe, welche den Scheitel, den Obertheil des Vor-
derdeckels und den Hauptdeckel der Kiemen besetzt halten. Diese Warzen
erstrecken sich auf dem Scheitel sehr weit nach vorn, sie finden sich nicht
blos zwischen den Augen und den Nasenlöchern, sondern auch auf der Ober-
lippe vor, ja sogar auf der Unterlippe machen sich einzelne solche Warzen
bemerkbar. Ausserdem fassen einzelne noch kleinere Warzen den Rand der
vor und hinter der Rückenflosse befindlichen Rückenschuppen ein, werden
aber gegen den Schwanz hin immer kleiner und verschwinden zuletzt ganz.
[163]Gattung: Alburnus.
3. Art. A. bipunctatus Lin.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 216. Taf. 41. Riemling.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 50. Taf. 8. Fig. 1. Cyprinus bipunctatus, Alandblecke.
Schrank Nr. 23 a: pag. 336. n. 318. Cyprinus bipunctatus.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 219. Cyprinus bipunctatus, Bambeli.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 215. Aspius bipunctatus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 259 u. 262. Pl. 497. Leuciscus bipunctatus u. Baldneri.
Günther Nr. 47: pag. 83. Abramis bipunctatus, Breitbleck.
Leiblein Nr. 51: pag. 123. Aspius bipunctatus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 135. Fig. 70. Alburnus bipunctatus.
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Alburnus bipunctatus.
Artcharakter:Mundöffnung endständig, Mundspalte etwas
schief; das Kinn kaum verdickt und sehr wenig vorstehend:
der Körper seitlich zusammengedrückt, aber nur wenig
gestreckt; die Kronen der inneren Zahnreihe ohne Einker-
bungen; die nach hinten nicht auffallend verjüngte After-
flosse mit 15 bis 17 weichen, getheilten Strahlen beginnt
hinter dem Ende der Rückenflosse; Seitenlinie mit schwar-
zem Pigmente eingefasst, darüber eine breite, schwarze
Binde vom Auge bis zur Schwanzflosse.
D. 3/7—8, P. 1/14, V. 2/7—8, A. 3/15—17, C. 19, Squ. 9/47—50/4.
Der Alburnus bipunctatus, welcher in manchen Gegenden von Bayern und
Oestreich »Schusslaube« genannt wird, kömmt gewöhnlich in der Grösse von
3½ bis 4 Zoll vor, doch habe ich auch Exemplare von fast 6 Zoll Länge an-
getroffen. Die Schusslaube liebt dieselben fliessenden und stehenden Ge-
wässer wie die gemeine Laube, aber während die letztere sich stets auf der
Oberfläche des Wassers aufhält, zieht erstere den Grund der Gewässer vor.
Es ist dieser Fisch von allen Alburnen am wenigsten in die Länge ge-
streckt. Am meisten zeichnet sich dieser Fisch durch seine Färbung aus. Die
Seitenlinie ist nämlich oben und unten durch einen schmalen schwärzlichen
Pigmentsaum eingefasst, wodurch dieselbe auf dem Grunde der silberglän-
zenden Seiten gleich einer Nath in die Augen fällt; in vielen Gegenden
Deutschlands hat diese auffallende Zeichnung dem Fische den Volksnamen
»Schneider« verschafft. Zu beiden Seiten des bräunlichen Rückens verläuft
vom Auge an bis zur Schwanzflosse ein breites, gerades, schwarz gefärbtes
Band. Zwischen diesem und der Seitenlinie ist oft noch ein dreifacher, aus
dreieckigen schwarzen Pigmentflecken gebildeter Streifen sichtbar, der sich
zuweilen auch unterhalb der Seitenlinie in dreifacher Reihe wiederholt. Solche
dreieckige schwarze Pigmentflecke zeigen sich bisweilen auch auf dem
11*
[164]Familie: Cyprinoidei.
schwarzen Bande ausgeprägt. Die Basis der Afterflosse, sowie aller paarigen
Flossen sind orangengelb gefärbt. Alle diese Färbungen treten während der
Brunstzeit, welche im Anfang Mai beginnt, besonders intensiv hervor, wo-
durch dieser Fisch im Hochzeitskleid ein recht schönes Ansehen erhält. Solche
intensiv gefärbte Individuen hat Valenciennes (a. a. O.) zu Ehren Baldner’s
als eine besondere Art bezeichnet, ich war aber nicht im Stande, an den im
Naturalien-Cabinete zu Strassburg aufbewahrten Exemplaren des Alburnus
bipunctatus und Baldneri einen specifischen Unterschied herauszufinden. Es
können sich aber auch nach verflossener Laichzeit diese Farben fast ganz ver-
lieren, so dass kaum an den Seitenlinien die für den A. bipunctatus sonst so
charakteristische schwarze Pigment-Einfassung wahrgenommen wird; bei sol-
chen entfärbten Individuen müssen die Umrisse des Fisches allein benützt
werden, um dieselben von den übrigen Alburnus-Arten zu unterscheiden.
Obwohl dieser Alburnus ziemlich weit in Mitteleuropa verbreitet ist, so
wird er doch nur von wenigen norddeutschen Faunisten aufgeführt. Im
Donau- und Rhein-Gebiet ist sein Vorkommen allgemein gekannt. Dem
Weser-Gebiet fehlt derselbe ebenfalls nicht, wie aus Bloch’s Mittheilung
hervorgeht, bekanntlich wurde ihm dieser Fisch als »Alandblecke« von Minden
eingesendet; ich selbst habe denselben in der Werra bei Meiningen zahlreich
beobachtet. Für das Vorkommen des A. bipunctatus im Elb-Gebiet dient
mir Fritsch (a. a. O.) als Gewährsmann, dagegen konnte ich über die Ver-
breitung dieses Fisches im Oder- und Weichsel-Gebiet keine Erfahrungen
einsammeln. Bei meinem letzten Aufenthalte in Ostpreussen erhielt ich diese
Fischchen in Heilsberg aus der Alle und in Tilsit aus der Memel; dass dieser
Alburnus auch in Ostpreussen einheimisch ist, wird nicht überraschen, da
Dybowski den A. bipunctatus in Livland ebenfalls aufgefunden hat.
4. Art. A. dolabratus Hol. (Bastard).
[165]Gattung: Alburnus.
Syn. u. Citate.
Holandre Nr. 56 b: pag. 248. Leuciscus dolabratus, Hachette.
Selys-Longchamps Nr. 59: pag. 207. Pl. 5. Fig. 5. Leuciscus (Squalius) dolabratus.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1041. Squalius (vielleicht Scardinius) dolabratus.
Schaefer Nr. 59: pag. 309. Leuciscus (Sqalius) dolabratus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 248. Leuciscus dolabratus.
Günther Nr. 47: pag. 90. Abramis dolabratus, Silberling und in den Würtembergischen
naturwissenschaftlichen Jahresheften, Jahrgang XIII. Stuttgart, 1857. pag. 50. Taf. II.
Abramis dobuloides.
Kessler in dem Bulletin de la société impériale des Naturalistes de Moscou. Ann. 1859.
Nr. II. (Auszüge aus dem Reise-Berichte a. a. O.) pag. 534. Alburnus tauricus.
Artcharakter:Mundöffnung endständig, Mundspalte schief, das
etwas verdickte Kinn wenig hervortretend: der langge-
streckte Körper auf dem Rücken abgerundet, hinter den
Bauchflossen zusammengedrückt; die Kronen der inneren
Zahnreihe mehrmals gekerbt; die nach hinten sehr wenig
verjüngte Afterflosse hoch und 11 bis 16 weiche, getheilte
Strahlen enthaltend, beginnt hinter dem Ende der Rücken-
flosse. Die Schuppen mit sehr deutlichen und erhabenen
Radien.
D. 3/8—9, P. 1/15, V. 2/8—9, A. 3/10—16, C. 19, Squ. 7—8/45—54/3—4.
Dieser Cyprinoiden-Form, welche von Holandre zuerst im Jahre 1836
beschrieben worden ist, wurde von den Ichthyologen eine sehr verschiedene
Stelle im Systeme angewiesen, indem dieselbe bald als Alburnus, bald als
Squalius oder Scardinius aufgefasst wurde. Obwohl dieser Fisch in mancher
Hinsicht von dem Typus der Alburnen abweicht, so giebt sich derselbe in der
Bildung seines Kopfes und seiner Schlundknochen als ein Alburnus sehr deut-
lich zu erkennen. Die Form des Maules mit seiner Vertiefung in der Mitte des
Oberkieferrandes, sowie mit seiner Verdickung am Kinnwinkel des Unterkie-
fers verräth auf den ersten Blick die Verwandtschaft dieses Fisches mit den
Alburnen.
Schlundknochen und Schlundzähne.
Auch die Beschuppung erinnert, namentlich
bei jüngeren Individuen, an die der Alburnen,
nur mit dem Unterschied, dass bei keiner
anderen Alburnus-Species die Radien so deut-
lich erhaben an den Schuppen hervortreten,
als bei A. dolabratus. Die Afterflosse dieses
Fisches enthält viel weniger Strahlen als die
der übrigen Alburnen; in der Mehrzahl habe ich
10 bis 12 weiche, zertheilte Strahlen in seiner
Afterflosse gezählt, nur ein einziges Mal habe ich unter 26 Exemplaren
[166]Familie: Cyprinoidei.
16 weiche Strahlen in der Afterflosse angetroffen; da ausserdem die After-
flosse des A. dolabratus nach hinten nur äusserst wenig verjüngt ist und an
ihrem unteren Rande etwas convex erscheint, während die übrigen Alburnen
einen seicht concaven Unterrand an ihrer Afterflosse besitzen, so erhält dieser
Alburnus durch die Umrisse seiner Afterflosse ein ganz auffallendes Ansehen.
In Bezug auf Färbung macht sich an allen Schuppen des A. dolabratus ein
eigenthümlicher Saum von einzelnen punctförmigen schwarzen Pigmentflecken
am Hinterrande aller Schuppen bemerkbar, welchen Günther auf der von ihm
gelieferten sehr guten Abbildung dieses Fisches getreu dargestellt hat; eine
Pigmentirung dieser Art hat sich bis jetzt bei keinem anderen Alburnus wahr-
nehmen lassen. Die paarigen Flossen, sowie die Afterflosse haben eine
schmutzig blassrothe Farbe, Rücken- und Schwanzflosse sind dagegen grau
gefärbt und besitzen einen schwärzlichen Saum.
Der A. dolabratus kömmt meistens in einer Grösse von 8½ bis 9½ Zoll
vor, doch habe ich auch Individuen angetroffen, welche bis zu 12 Zoll ausge-
wachsen waren.
Die Verbreitung dieses Fisches schien anfangs nach den Beobachtungen
von Holandre, Selys-Longchamps und Schaefer nur auf die Mosel beschränkt
zu sein, durch spätere Untersuchungen hat es sich aber herausgestellt, dass
derselbe auch im Neckar und in einigen Seitengewässern der Donau vor-
kömmt. Zwar hat Günther (a. a. O.) seinen Abramis dobuloides des Neckar,
den er früher für Holandre’s Leuciscus dolabratus erkannt hatte, in jüngster
Zeit wieder ganz von diesem getrennt, allein nachdem ich durch die Güte des
Herrn Selys-Longchamps aus Belgien und des Herrn Schnur aus Trier Exem-
plare des A. dolabratus der Mosel mit Exemplaren desselben Fisches, welche
mir Herr Krauss vom Neckar gefälligst eingesendet hatte, zu vergleichen im
Stande gewesen bin, habe ich mich von der Identität aller dieser Fische über-
zeugt, und muss ich die Unterschiede in den Maass-Bestimmungen, welche
Günther zwischen A. dolabratus der Mosel und des Neckar bemerkt haben
will, nur für ganz unerhebliche, von den verschiedenen Alterszuständen der
untersuchten Exemplare herrührende Abweichungen erklären. Auch be-
zweifle ich nicht das Vorkommen des A. dolabratus im Mittelrhein, denn
jener spannenlange Alburnus, welcher an Hermann (Nr. 43: pag. 327) unter
dem Namen »grosse Lauge« überbracht wurde und welcher nur höchst selten
bei Strassburg im Rhein gefangen wird, war gewiss ein A. dolabratus; ich
schliesse dies aus den wenigen Strahlen, welche derselbe in der Afterflosse
besessen haben soll, und aus Hermann’s Frage 1), ob dieser Fisch nicht ein
[167]Gattung: Alburnus.
Jeses gewesen sei, unter welcher Bezeichnung jedenfalls ein Cyprinus mit
kurzer Afterflosse zu verstehen ist. Aus dem Donau-Gebiete habe ich den
A. dolabratus hier kennen gelernt, indem derselbe auf dem hiesigen Fisch-
markte zwischen den sogenannten Rothaugen der Donau, Isar, Würm und
Amper, und zwischen den Mai-Renken des Ammer- und Starenberger Sees
hier und da, aber immer ganz einzeln vorkömmt. Einen besondern Namen
führt dieser Fisch hier nicht. Einmal wurde mir von einem Fischer ein
grösseres Exemplar dieses Fisches als ein Schied (Aspius rapax) übergeben.
Andere erfahrene Fischer gaben mir auf die Frage, was der A. dolabratus
für ein Fisch sei, die auffallende Antwort: dies sei kein richtiger Fisch.
Die Laichzeit dieses Fisches fällt in den Monat Mai, um diese Zeit wenig-
stens bemerkte ich in den weiblichen Individuen desselben reifen Rogen.
Wenn ich die verschiedenen schwankenden Ansichten erwäge, nach
welchen die Stellung dieses Fisches im Systeme beurtheilt wird, so kann ich
mich des Gedankens nicht erwehren, dass auch diese Fischform als ein Ba-
stard aufgefasst werden müsse. Es wird aber bei diesem Fische schwer zu
unterscheiden sein, welche reinen Fische durch Kreuzung den A. dolabratus
erzeugt haben könnten; dass ein Alburnus dabei betheiligt gewesen, dürfte
wohl als sicher anzunehmen sein, da die Kopfform, sowie die Schlund-
knochen und die Schlundzähne dieses Fisches so bestimmt auf einen Alburnus
hinweisen. Im Widerspruch damit steht aber die ganz abweichende After-
flossen- und Schuppen-Bildung.
Die Frage, ob vielleicht Scardinius erythrophthalmus mit einem Alburnus
zur Erzeugung des A. dolabratus beigetragen haben hönnte, liesse sich da-
durch rechtfertigen, dass Heckel (a. a. O.) in dem Cyprinus dolabratus des
Holandre einen Scardinius erkennen wollte und Dybowski1) denselben wirk-
lich als Scardinius dolabratus aufgeführt hat. Ich kann indessen dieser An-
schauungsweise nicht beitreten, da diejenigen Organisations-Verhältnisse des
A. dolabratus, welche an Scardinius erinnern könnten, auch der Gattung
Alburnus eigenthümlich sind. Ganz anders verhält es sich mit Squalius, zu
welcher Gattung Selys-Longchamps den A. dolabratus gestellt. Die strah-
lenarme ziemlich hohe Afterflosse mit ihrem etwas convexen Unterrande, die
groben Radien und die eigenthümliche Pigmentirung der Schuppen, sowie der
ganze Körperumriss dieses Fisches erinnern an den Squalius Cephalus (Do-
[168]Familie: Cyprinoidei.
bula); die Aehnlichkeit des A. dolabratus in der Färbung mit dem eben ge-
nannten Squalius haben Günther sogar veranlasst, denselben Fisch in seiner
zweiten Abhandlung als Abramis dobuloides zu bezeichnen. Aus diesen Grün-
den glaube ich, wenn sich mit der Zeit der A. dolabratus wirklich als ein
Bastard herausstellen sollte, jetzt schon die Vermuthung aussprechen zu
können, dass diese Bastardform durch Kreuzung eines Alburnus lucidus mit
einem Squalius Cephalus zu Stande gekommen ist.
Alburnus lucidus scheint übrigens noch mit anderen Cyprinoiden Bastard-
bildungen erzeugen zu können. Ich schliesse dies aus einer Cyprinoiden-
Form, welche ich im zoologischen Cabinete zu Greifswald als Aspius marga-
ritaceus aufbewahrt fand. Bei der ersten oberflächlichen Betrachtung machte
mir dieser Fisch den Eindruck eines A. dolabratus, allein bei genauerer
Prüfung stellte er sich als etwas anderes heraus. Die Mundspalte, welche
ziemlich steil aufsteigt, öffnete sich nach oben, die Schnauze war dadurch
um vieles kürzer als bei A. dolabratus, der Oberkieferrand besass in der Mitte
einen schwachen Ausschnitt, das Kinn des Unterkiefers war nur sehr wenig
verdickt. Der nicht sehr langgestreckte Körper erschien auf dem Rücken
eher abgerundet als comprimirt. Der Bauch besass hinter den Bauchflossen
eine deutliche Kante. Die Schlundknochen und Zähne glichen denen des
A. dolabratus, letztere bildeten aber die Formel: links 3.5 u. 5.2 rechts. Die
Flossenstrahlen, nämlich D. 3/8, V. 2/8, A. 3/13 und die Beschuppung 7/45/3
konnten auf A. dolabratus bezogen werden, ebenso die Umrisse der ziemlich
hohen Afterflosse und die sehr deutlich ausgeprägten Radien der Schuppen,
auch an dem Hinterrande der Schuppen konnte, obgleich der ganze Fisch sehr
ausgebleicht war, eine Andeutung schwarzer Pigmentirung noch erkannt
werden. Im Hinblick auf die Zahnformel, auf die kurze Schnauze und den
kurzen Körper war es mir nicht möglich, diesen im Ryckflusse gefangenen
Fisch, welcher eine Länge von 7¼ Zoll und eine Höhe von 4¾ Zoll besass,
mit A. dolabratus zu identificiren; da ausserdem dieser Fisch mit keinem
anderen Alburnus übereinstimmen wollte, durfte ich ihn wohl als einen Ba-
stard ansprechen.
Ebenso gieng es mir mit einem auf dem Fischmarkte zu Königsberg im
September 1860 zwischen Rothaugen und Güstern vorgefundenen Fisch von
5½ Zoll Länge und 1¼ Zoll Höhe, den ich als Bliccopsis alburniformis be-
zeichnen will; sein enges Maul ist endständig und sehr wenig schief gestellt,
in der Mitte des Oberkieferrandes befindet sich keine Vertiefung, und am Kinn
macht sich keine Verdickung bemerklich; der hochrückige kurze Leib er-
scheint sehr comprimirt; dem Vorderrücken fehlt die nackte Furche, während
die hinter den Bauchflossen befindliche Kante eine schuppenlose Furche be-
sitzt; die Schlundknochen und Zähne mit der Formel 2.5—5.2, sowie die
Beschuppung 8/47/4 erinnern an Bliccopsis abramo-rutilus, während die
[169]Gattung: Aspius.
Strahlen der Flossen nämlich: D. 3/8, V. 2/8 und A. 3/19, sowie die Umrisse
der nach hinten sehr verjüngten Afterflosse und die Schuppen mit äusserst
schwach angedeuteten Radien auf Alburnus lucidus hinweisen. Alle diese
Verhältnisse rufen in mir die Vermuthung hervor, dass auch dieser Fisch
nichts anderes als ein Bastard sei, bei dessen Erzeugung sich eine Blicca und
ein Alburnus betheiligt haben.
XIV. Gattung: Aspius (nach Agassiz).
Gattungscharakter:Die Schlundzähne in zwei Reihen zu 3 und 5
stehend, mit conisch verlängerten und hakenförmig umge-
bogenen Kronen ohne Einkerbungen; der mit einem vor-
stehenden Kinne versehene Unterkiefer greift in eine Ver-
tiefung der Zwischenkiefer ein; die kurze Rückenflosse
steht hinter den Bauchflossen, die Afterflosse mit langer
Basis beginnt hinter dem Ende der Rückenflosse; der Bauch
bildet zwischen den Bauchflossen und dem After eine Kante.
1. Art. A. rapax Agass.Schied, Rapfen.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 6. n. 19, Descr. spec. pag. 14. n. 6, Syn. nom. pisc. pag. 14.
n. 31.
Linné Nr. 2: pag. 530. n. 22. Cyprinus Aspius.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 48. Taf. 7. Cyprinus Aspius,Rapfen.
Nau Nr. 45: pag. 95. Cyprinus Aspius,Mulbe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 331. n. 311. Cyprinus Aspius,Schied.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 23. Cyprinus Aspius,Rappe.
Bujack Nr. 97: pag. 337. Cyprinus Aspius,Raapfen.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 500. Aspius rapax,Rape.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 265. Leuciscus Aspius.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Aspius vulgaris.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 142. Fig. 74 u. 75. Aspius rapax,Schied.
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Aspius rapax.
Artcharakter:Mundöffnung nach oben gerichtet, Mundspalte sehr
weit; der gestreckte Leib etwas seitlich zusammenge-
drückt; Augen und Schuppenklein, die letzteren mit deut-
lichen erhabenen Radien; die Afterflosse besitzt 14 weiche
getheilte Strahlen1).
D. 3/8, P. 1/16, V. 2/8—9, A. 3/14, C. 19, Squ. 11—12/67—70/4—5.
[170]Familie: Cyprinoidei.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Es ist der Schied gleichsam die Rie-
senform unter den Alburnen, mit denen
Agassiz1) diesen Fisch in einer und
derselben Gattung Aspius vereinigt
hatte. Die Anordnung und der Bau
der Schlundzähne ist aber so eigen-
thümlicher Art, dass sich die Trennung
der beiden Gattungen Aspius und Al-
burnus sehr gut rechtfertigen lässt.
Die kleinen Augen des Schied, sowie
die kleinen Schuppen desselben geben diesem Fische ein so charakteristisches
Ansehen, dass derselbe auch in ganz jungen Entwicklungsstadien leicht von
den grossäugigen und grossschuppigen Alburnen unterschieden werden kann.
Ausserdem zeichnet sich dieser Fisch vor allen Alburnen noch durch seine
tief ausgeschnittene Afterflosse aus, welche nach hinten zurückgeschlagen
zweispitzig erscheint. Es kann der Schied eine Länge von 2 bis 3 Fuss er-
reichen. Sein sehr weites Maul verräth auf den ersten Blick die räuberische
Lebensweise, durch welche der Schied von den übrigen Cyprinoiden auffal-
lend abweicht.
Die Seiten und der Bauch des A. rapax erscheinen weiss gefärbt, der
Rücken sowie die Rücken- und Schwanzflosse desselben haben eine blau-
graue Färbung, die hellen paarigen Flossen und die Afterflosse besitzen einen
röthlichen Anflug.
Der Schied bewohnt die grösseren Flüsse und Seen von Mitteleuropa.
In der Donau und im Chiemsee wird derselbe nicht selten von sehr bedeu-
tender Grösse gefangen. Die jüngeren Individuen bis zu einer Länge von 14
oder 15 Zoll werden am Chiemsee »Rothschiedel« genannt. Wenn Schrank
(a. a. O.) bei der Beschreibung des C. Aspius ausser »Schied« noch die Namen
»Nervling« und »Schwarznervling« hinzufügte, welche beiden Namen in Bayern
ebenfalls für diesen Fisch gebräuchlich sein sollen, so beruht diese Angabe
gewiss nur auf einer Verwechslung, welche auch, wahrscheinlich durch
Schrank dazu verleitet, von Perty, Reuss, Weber, Reider und Hahn begangen
worden ist. Nach meinen Erfahrungen verstehen die bayrischen Fischer un-
ter »Nervling« niemals Aspius rapax, sondern immer nur den Idus melanotus.
In allen der Nord- und Ostsee zufliessenden Stromgebieten ist der
A. rapax ebenfalls einheimisch, auch in den grossen mit der Ostsee zusam-
menhängenden und unter dem Namen »Haff« bekannten Seen fehlt derselbe
nicht. Am Kurischen Haff wird dieser Fisch »Salat« genannt, während der-
selbe in ganz Norddeutschland den Namen »Rapfen« führt.
[171]Gattung: Leucaspius.
Die Laichzeit des Schied fällt in den Monat April und Mai, zu welcher
Zeit dieser Fisch aus den Seen in die Flüsse hinaufsteigt. Die männlichen
Individuen zeigen alsdann einen sehr auffallenden Hautausschlag. Der Rücken
des Cephalothorax, die Unterkieferäste, sowie die Wangen und der Kiemen-
deckel-Apparat bedecken sich mit kleinen, dichtstehenden halbkugelförmigen
Körnern, ähnliche, dicht aneinander gereihte Körner fassen den Hinterrand
der Rückenschuppen ein. Ganz merkwürdig nehmen sich die Schuppen des
Schwanzes aus, deren freie Fläche mit einer Schwarte von ganz dichtstehen-
den Körnern überzogen ist, während die Schuppen der Brust nur am Hinter-
rande mit einer dichten Körnerreihe und auf der freien Fläche mit einzelnen
Körnern besetzt sind; auch auf der inneren Fläche der Brustflossen-Strahlen
stehen dichte mehrreihige Körnermassen.
XV. Gattung: Leucaspius (nach Heckel und Kner).
Gattungscharakter:Die Schlundzähne bald in einfacher, bald in
doppelter Reihe; die innere Reihe rechts mit vier, links mit
fünf Zähnen, selten auf beiden Seiten mit fünf Zähnen. Vor
der linken inneren Zahnreihe steht häufig ein kleiner ein-
facher Zahn, nur äusserst selten ein doppelter Zahn, zu-
weilen steht auch vor der rechten inneren Zahnreihe ein
kleiner Zahn; die Kronen der innern Zahnreihe sind com-
primirt, sägeförmig gekerbt und an der Spitze hakenför-
mig umgebogen; das etwas verdickte Kinn greift in eine
schwache Vertiefung der Zwischenkiefer ein; die Rücken-
flosse mit kurzer Basis; die Afterflosse mit etwas verlän-
gerter Basis; die radienlosen Schuppen ungemein leicht
abfallend; der Bauch bildet zwischen Bauchflossen und
After eine Kante.
1. Art. L. delineatus Sieb.
(nach Heckel und Kner).
[172]Familie: Cyprinoidei.
Syn. u. Citate.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1041. Squalius delineatus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 295. Pl. 498. Leuciscus stymphalicus.
Czernay: in dem Bulletin de la société imp. des Naturalistes de Moscou. Année 1850,
Tom. 23. Nr. 2. pag. 634, Année 1851. Tom. 24. Nr. 1. pag. 281. Tab. VII, Tom. 24.
Nr. 3. pag. 259. Aspius Owsianka.
Maslowsky: Neue Beiträge zur Bestätigung der Fischart Owsianka und neue Beobachtungen
über dieselbe, in dem Bulletin de Moscou a. a. O. Année 1854. Tom. 27. Nr. 2. pag. 442.
Kessler: ebenda. Année 1856. Tom. 29. Nr. 2. pag. 375 u. Année 1857. Tom. 30. Nr. 2.
pag. 473. Aspius Owsianka.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 145. Fig. 76. Leucaspius abruptus u. pag. 193. Fig. 107. Squa-
lius delineatus.
Dybowski:Cyprinoiden Livlands. pag. 147. Owsianka Czernayi, pag. 146. Leucaspius
abruptus u. pag. 115. Squalius delineatus.
Artcharakter:Mund endständig mit steil aufwärts gerichteter
Spalte; der mehr oder weniger gestreckte Leib etwas seit-
lich zusammengedrückt; Seitenlinie nur auf die ersten
acht bis zwölf Schuppen beschränkt; die Afterflosse 11 bis
13 weiche, getheilte Strahlen enthaltend, beginnt unter
dem Ende der Rückenflosse.
D. 3/8, P. 1/13, V. 2/8, A. 3/11—13, C. 19, Squ. 7—8/48/4.
Dieser kleine Fisch, auf den man erst in neuerer Zeit aufmerksam ge-
worden ist, kann seine Verwandtschaft mit den Alburnen nicht verläugnen,
hat aber doch so viel eigenthümliches an sich, dass seine Erhebung zu einer
besonderen Gattung durchaus nicht ausbleiben konnte.
Sein mehr oder weniger gestreckter Körper erscheint am Rücken kaum
comprimirt. Sein breiter Scheitel geht ohne auffallenden Absatz in den fast
geraden Rücken über. Sehr charakteristisch ist der Unterkiefer gebildet.
Derselbe steigt von vorn ganz abgeflacht und breit in steiler Richtung auf
und passt mit seinem schwach hervorragenden Kinne in eine schwache Aus-
randung, welche die Mitte des Oberkieferrandes erkennen lässt. Die kurze
Seitenlinie erinnert an die verkümmerte Seitenlinie des Bitterling. Die ra-
dienlosen, sehr stark silberglänzenden Schuppen liegen ebenso dicht an den
Leib gedrückt, wie bei den Alburnen und gehen auch ebenso leicht, wie bei
diesen, verloren.
Schlundknochen und
Schlundzähne.
Die Schlundknochen sind gleich denen der Alburnen
von schwachem, schlankem Baue, variiren aber in der
Zahl und Anordnung der Zähne ausserordentlich, so
dass sich weder Einreihigkeit noch Doppelreihigkeit
der Zähne als ein bestimmtes Gattungsmerkmal hin-
stellen lässt. Bei 36 Individuen kam mir acht Mal auf
beiden Seiten eine doppelte Zahnreihe vor, zehn Mal
fand ich nur links allein und sechs Mal nur rechts allein eine doppelte Zahn-
[173]Gattung: Leucaspius.
reihe. Vorherrschend bilden vier Zähne rechts und fünf Zähne links die in-
nere Zahnreihe, vor welcher bei zwölf Individuen weder auf der rechten noch
linken Seite die Spur eines Zahnes zu erkennen war. Drei Mal zählte ich auf
beiden Seiten an der inneren Zahnreihe fünf Zähne. Ein Individuum bot eine
besonders abweichende Zahnformel dar, indem vor der rechten inneren fünf-
zähnigen Reihe ein einziger kleiner Zahn und vor der linken inneren eben-
falls fünfzähnigen Reihe zwei kleine Zähnchen zu erkennen waren. Die paa-
rigen Flossen sind sehr kurz, die Rücken- und Afterflosse ziemlich niedrig,
während die Schwanzflosse lang und tief eingeschnitten erscheint.
Der Rücken dieses Fischchens ist grünlichgelb gefärbt, an den schön sil-
berglänzenden Leibesseiten desselben springt ein stahlblauer Längsstreifen in
die Augen, welcher auf der hinteren Körperhälfte besonders stark ausgeprägt
ist und von einer unter der Haut angebrachten Anhäufung schwarzen Pigmen-
tes herrührt. Die Flossen zeigen sich sämmtlich farblos.
Der Leucaspius delineatus, welcher meistens eine Länge von 2½ bis 3 Zoll
und selten bis 3½ Zoll erreicht, ist ein Bewohner des südöstlichen Europa’s,
er kömmt aber auch im mittleren Europa vor und dürfte in den westlichen
Gegenden Europa’s ebenfalls nicht fehlen, wo er vielleicht bis jetzt nur über-
sehen worden ist. Nach den Erfahrungen russischer Faunisten findet sich die-
ses Fischchen unter dem Namen »Owsianka« in den Flüssen Südrusslands all-
gemein verbreitet. Von Virlet wurde derselbe Cyprinoide in dem griechischen
See Zaraco (dem alten stymphalischen See) entdeckt 1), Heckel erhielt diesen
kleinen Fisch von Datschitz in Mähren, von Aderkla bei Wien und aus der
Umgebung von Lemberg. Ich fieng denselben in einem sehr kleinen Sumpfe
bei Braunsberg, auch wurde derselbe in meiner Gegenwart bei Nikolaiken im
Spirdingsee und bei Danzig im Heubuder See gefangen. In Berlin wurde mir
derselbe zwischen mehreren Bitterlingen und Giebeln überbracht, welche in
der Nähe der Havel gefangen waren. Blasius traf denselben sehr zahlreich
bei Braunschweig in einem kleinen Nebenflusse der Ocker an.
Zur Zeit der Brunst, welche nach den Angaben von Czernay und Mas-
lowsky2) im April einzutreten scheint, macht sich bei diesem Fische hinter dem
After eine aus drei Wülsten zusammengesetzte Urogenital-Papille bemerkbar.
Es variirt dieser Fisch in seiner Form und Färbung nach den verschiede-
nen Aufenthaltsorten ebenso sehr wie die gemeine Laube, daher es gekommen
sein mag, dass diese je nach den verschiedenen Fundorten verschieden gestal-
teten Varietäten für ebenso viele Arten genommen worden sind. Auch Mas-
[174]Familie: Cyprinoidei.
lowsky1) hat auf die Schwankungen in den Körperverhältnissen bei der Owsianka
hingewiesen. Heckel hat sich sogar durch die verschiedenen Abweichungen,
welchen die Formel der Schlundzähne bei diesem Fischchen unterworfen ist,
verleiten lassen, diejenigen Individuen mit doppelreihigen Zähnen als Squalius
delineatus und diejenigen mit einreihigen Zähnen als Leucaspius abruptus zu
beschreiben. Zwar scheinen Maslowsky2) und Kessler3) nur Individuen der
Owsianka mit doppelten Zahnreihen vor sich gehabt zu haben, deren Formel
letzterer ebenfalls variiren sah, doch müssen demselben auch Individuen die-
ses Fisches mit einreihigen Zähnen vorgekommen sein, da derselbe von den
sehr kleinen äusseren Zähnen dieses Zahnsystems angiebt, dass sie bei dem
Reinigen der Schlundknochen sehr leicht verloren gehen. Ich habe die mit
einreihigen Zähnen besetzten Schlundknochen dieser Fischchen genau darauf
angesehen und nicht bemerkt, dass die fehlenden vorderen Zähne etwa durch
Abbrechen verloren gegangen waren. Aus dem Vergleichen der Abbildungen,
welche Heckel und Kner (a. a. O.) von den beiden Fischen Leucaspius abruptus
und Squalius delineatus geliefert haben, wird man sich von deren Zusammen-
gehörigkeit auf den ersten Blick überzeugen. Auch die Original-Exemplare
von beiden Fischen, welche ich im Wiener Naturalien-Cabinete zu vergleichen
Gelegenheit hatte, boten mir keine Unterschiede dar; bei vier in dieser Samm-
lung aufbewahrten Individuen des Squalius delineatus fand ich das Schlund-
zahn-System noch unberührt, nach dessen näherer Untersuchung ich rechts
4 und links 5 Zähne einreihig geordnet antraf, nur bei einem einzigen Indivi-
duum war noch vor den vier Zähnen der rechten Seite ein kleiner isolirter
Zahn wahrzunehmen. Da ich ausserdem noch die Kronen fast aller Zähne die-
ser Fische mehrfach gekerbt fand, so nahm ich keinen Anstand, die von Heckel
und Kner in zwei verschiedenen Gattungen auseinander gehaltenen Fische un-
ter dem Namen Leucaspius delineatus zu verschmelzen. Dybowski, welcher
(a. a. O.) nach Heckel’s Angabe für dessen Squalius delineatus die Zahnformel
2. 5—5. 2 und für dessen Leucaspius abruptus die Zahnformel 5—5 beibehal-
ten hat, sah sich veranlasst, die im Düna-Flussgebiet aufgefundenen Indivi-
duen des Leucaspius delineatus als besondere Gattung und Art unter dem Na-
men Owsianka Czernayi hinzustellen, weil er an denselben die Zahnformel
2. 5—4. 2 beobachtet hat; da aber Dybowski die von Czernay, Maslowsky und
Kessler beschriebenen und mit sehr verschiedenen Zahnformeln ausgestatteten
südrussischen Owsianken seiner neuen Gattung Owsianka beizählt, so giebt er
dadurch stillschweigend zu, dass die Zahnformel seiner Gattung Owsianka
ebenso variirt wie die Zahnformel von Leucaspius delineatus.
[175]Gattung: Leucaspius.
Die an das Wiener Naturalien-Cabinet im Jahre 1855 eingesendeten Exem-
plare des Leucaspius delineatus, welchen Blasius bei Braunschweig so zahl-
reich aufgefunden hatte, waren von Heckel als Squalius delineatus bestimmt
worden, diejenigen Exemplare, welche mir Herr Blasius gütigst überlassen
hatte, besassen zum Theil einfache zum Theil doppelte Zahnreihen.
Obgleich Czernay1) den Leuciscus stymphalicus des Valenciennes (a. a. O.)
der Owsianka nur als sehr nahe stehend betrachten möchte, so glaube ich doch,
dass dieser Fisch, den Valenciennes selbst für einen kleinen Alburnus erklärt hat,
mit dem Leucaspius delineatus identisch ist. Auch die von Arendt2) als Cypri-
nus Fischeri bezeichneten Fische, welche derselbe unter dem Namen Owsianka
aus dem Flusse Beresofka (Gouvernement Perm) erhalten hatte und welche Va-
lenciennes als Brut von Haseln und Rothaugen erkannt haben wollte, dürften
vielleicht eine Varietät des Leucaspius delineatus gewesen sein.
Da dieser Fisch in Niederöstreich und Mähren vorkömmt, so wäre es nicht
unmöglich, dass sich derselbe noch in anderen Gegenden von Süddeutschland
vorfindet, wo er bis jetzt vielleicht nur übersehen worden ist. Es scheint, dass
der Leucaspius delineatus in früheren Zeiten bekannter gewesen ist und dass
derselbe nach und nach mit der Brut anderer Cyprinoiden verwechselt wurde.
In älteren ichthyologischen Schriften ist hier und da von sehr kleinen Fischen
die Rede, welche vom Volke »Mutterloseken« oder »Moderliesken« genannt
werden, von denen man glaubte, sie fänden mutterlos aus Schlamm und Moder
ihre Entstehung. Ob diese Sage eine Wiederholung dessen ist, was Aristo-
teles3) von den Aphyen mitgetheilt hat, muss ich dahin gestellt sein lassen,
nur darauf will ich aufmerksam machen, dass Artedi und Linné unter ihrem
Cyprinus Aphya etwas anderes als den Leucaspius delineatus verstanden haben.
Ganz anders verhalten sich Schonevelde’s und Wulff’s Angaben über Aphya.
Ersterer (Nr. 81: pag. 16) bezeichnete mit dem Namen Aphyae kleine zwei
Zoll lange Fische, welche in Schleswig-Holstein »Mutterloseken« genannt wer-
den und durch Urzeugung entstehen sollen. Seine kurze Beschreibung dieser
Fischchen lässt freilich keine specielle Cyprinen-Form erkennen. Wulff (Nr. 94:
pag. 44) giebt von Cyprinus AphyaLinné’s Beschreibung und fügt hinzu, dass
dieser Fisch in Preussen »Moderliesken« genannt werde, sich in allen kleinen
Gewässern vorfinde und dem Stinte (Osmerus Eperlanus) ähnlich sei. Auch
Bock (Nr. 95: pag. 662) erwähnt das Moderliesken als preussischen Fisch,
das in Gesellschaft des Stintes gefangen werde, lässt aber in seiner Be-
schreibung dieses Fisches den Leucaspius delineatus nicht mit Sicherheit er-
[176]Familie: Cyprinoidei.
kennen. Bujack (Nr. 97: pag. 339) führt ebenfalls den Cyprinus Aphya mit
dem Provincial-Namen »Mutterloseken« in seiner preussischen Fauna auf,
aber nur mit der mangelhaften Beschreibung, welche die schwedischen Fau-
nisten von dem Cyprinus Aphya gegeben haben, woraus hervorgeht, dass der-
selbe keine preussischen Mutterloseken als Muster vor sich gehabt hat. Von
Rathke) Nr. 98 b: pag. 22) erfahren wir, dass er diese Fische aus den Gewäs-
sern Preussens noch nicht habe erhalten können; bei meiner letzten Anwesen-
heit in Königsberg im Jahre 1860 fand ich in dem dortigen zoologischen Cabi-
nete noch immer keine Moderliesken aufbewahrt, auch konnte mir ein Königs-
berger Fischer, den ich nach diesem Fische befragte, im Pregel nichts anderes
als gewöhnliche Rothaugen-Brut zeigen, die er für Moderlieskens erklärte. Um
so überraschender war es mir, als mich mein Freund Liévin in Danzig darauf
aufmerksam machte, dass in dem Heubuder See ohnweit Danzig ein kleiner
Fisch vorkomme, der von den Fischern »Modke« genannt werde. Da mir die-
ser Name eine Abkürzung von Moderlieske zu sein schien, liess ich in dem ge-
nannten See nach diesen Modkes fischen und erhielt glücklicherweise einige
Individuen davon, in denen ich zu meiner grössten Freude den Leucaspius de-
lineatus wieder erkannte, den ich bereits von Braunsberg und Nikolaiken aber
ohne deutschen Namen erhalten hatte. Von ganz besonderem Interesse war es
mir endlich, dass mir bei meinem Aufenthalte in Braunschweig mitgetheilt
wurde, der Leucaspius delineatus, welchen Blasius in einem Nebenflüsschen
der Ocker entdeckt hatte, komme auch bei Gifhorn (fünf Stunden von Braun-
schweig) in Torfstichgräben vor, und führe dort den Namen »Moderliesken«.
XVI. Gattung: Idus (nach Heckel).
Gattungscharakter:Die Schlundzähne in zwei Reihen zu 3 und 5
stehend, mit seitlich zusammengedrückten und an der
Spitze hakenförmig umgebogenen Kronen; Rückenflosse
und Afterflosse mit kurzer Basis.
1. Art. I. melanotus Heck.Nerfling, Aland.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 172. Taf. 17. Rottel.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 5. n. 14, Descr. spec. pag. 6. n. 1, Syn. nom. pisc. pag. 14.
n. 30 und pag. 7. n. 11.
Linné Nr. 2: pag. 529. n. 17. Cyprinus Idus und pag. 530. n. 20. Cyprinus Jeses.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 45. Taf. 6. Cyprinus Jeses,Aland.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 210. Cyprinus Idus.
[177]Gattung: Idus.
Perty Nr. 24: pag. 719. Cyprinus Jeses,Schwarznervling.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 22. Cyprinus Jeses,Aland.
Bujack Nr. 97: pag. 337: Cyprinus Jeses,Aland.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 209. Leuciscus Idus u. neglectus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 160. Leuciscus Jeses.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 447. Leuciscus Idus.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Idus Idus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 135. Fig. 147. Fig. 77. 78. Idus melanotus,Gängling.
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Idus melanotus.
Varietät: Goldnerfling.
Baldner Nr. 42. pag. 231. Taf. 49. Goldgelbe Rottel.
Meyer Nr. 48: Th. I. pag. 31. Tab. 43. Rothe Orfe.
Artedi Nr. 1: Syn. nom. pisc. pag. 6. n. 8.
Linné Nr. 2: pag. 530. n. 18. Cyprinus Orfus.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 138. Taf. 96. Cyprinus Orfus,Orfe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 330. n. 310. Cyprinus Orfus,Goldnervling.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 224. Leuciscus Orphus.
Leiblein Nr. 51: pag. 121. Leuciscus Orfus,Rothorfe.
Heckel u. Kner Nr. 13: pag. 150. Idus melanotus, Varietät Orfe u. pag. 151. Idus miniatus.
Artcharakter:Mundöffnung endständig, die nicht sehr weite
Mundspalte etwas schief gestellt; Leib mässig gestreckt
und nur wenig zusammengedrückt; Augen und Schuppen
klein; die Afterflosse mit 9 bis 10 weichen getheilten Strah-
len1).
D. 3/8—9, P. 1/15—16, V. 2/8, A. 3/10—11, C. 19, Squ. 9—10/56—59/4—5.
Der Nerfling gehört in die Reihe der grösseren Cyprinoiden, da er eine
Grösse von 12 bis 15 Zoll und darüber erreichen kann. Im Verhältniss zu sei-
ner Grösse sind die Augen und das endständige Maul nur klein, auch die klei-
nen Schuppen und die grössere Anzahl der Längs-Schuppenreihen machen
diesen Fisch leicht kenntlich. Noch sicherer lassen die starken Fangzähne in
ihrer Zahl und Anordnung, sowie die sehr gedrungen gebauten Schlundkno-
chen den Nerfling unterscheiden.
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Dieser Fisch kömmt in zwei sehr auf-
fallend verschiedenen Färbungen vor,
von welchen die eine, die orangengelbe
Färbung Veranlassung gegeben hat,
den so gefärbten Idus melanotus unter
der älteren Bezeichnung Cyprinus Orfus
für eine besondere Art zu halten, für
welche der Volksname »Orfe« allgemeine
Verbreitung gefunden hatte. Die nahe
Verwandtschaft der rothen Orfe und des
v. Siebold, Fische. 12
[178]Familie: Cyprinoidei.
schwarzblauen Nerfling ist aber schon von dem Volke errathen worden, da
Idus melanotus in seiner ursprünglichen schwarzblauen Färbung von den Fi-
schern wenigstens hier in Bayern den Namen »Schwarznerfling« erhalten hat,
während die rothe oder orangengelbe Varietät dieses Fisches mit dem Namen
»Goldnerfling« bezeichnet wurde.
Die Farbe des Schwarznerfling ist nach dem Alter sehr verschieden. Im
erwachsenen Zustande schimmert der ganze Oberrücken vom Scheitel bis zum
Schwanzende schwarzblau, während die Seiten und der Bauch weisslich ge-
färbt sind, alle Flossen besitzen eine röthliche Grundfarbe, über welche sich
ein bläulicher Duft ausbreitet. Im jüngeren Alter tritt die rothe Färbung der
Flossen besonders an der Afterflosse und den paarigen Flossen greller hervor,
wobei dann auch die weisslichen Schuppen des auf dem Rücken nur wenig
dunkel gefärbten Leibes einen bald stärkeren bald geringeren Messingglanz
von sich geben. Bei der Goldorfe ist an die Stelle der schwarzblauen Farbe
ein schönes Orangengelb getreten und die sämmtlichen Flossen zeigen ohne
Beimischung eines bläulichen Duftes eine einfache orangengelbe Farbe.
Der Nerfling kömmt am häufigsten als Schwarznerfling vor und findet
sich in dieser Färbung in allen grösseren Flüssen und Seen von Mitteleuropa.
In den Teichen von Dinkelsbühl hat sich dieser Fisch schon seit vielen Jahren
constant in die Goldorfe verwandelt, mit welcher Varietät von Dinkelsbühl
aus ein starker Handel unterhalten wird, indem man es liebt, Weiher und
Springbrunnen-Bassins mit diesem Goldnerfling zu schmücken, ja die jünge-
ren Individuen desselben gelangen sogar als unechte Goldfische bis in die jetzt
so beliebten Zimmer-Aquarien. Obwohl der Goldnerfling in der Umgegend
von Dinkelsbühl recht eigentlich zu Hause ist, so kommen doch auch ander-
wärts an dem Nerfling Ausartungen in der Farben-Entwicklung vor, welche
den Nerfling zu einem Goldnerfling stempeln, ich erkenne wenigstens in der
obenerwähnten Abbildung einer goldgelben Rottel, welche nach Baldner’s
Aussage im Jahre 1668 in der III bei Strassburg gefangen worden 1), ganz
deutlich eine Goldorfe, auch Nau (Nr. 45 a: pag. 80) meldet, dass die rothe
Varietät des Nerfling sowohl im Rhein wie im Main vorkomme. Dass auch
in Norddeutschland die Goldorfe vorkommen soll, möchte ich bezweifeln, es
[179]Gattung: Idus.
beruht diese Angabe, wie ich weiter unten nachweisen werde, auf einer Ver-
wechslung der Goldorfe mit einer rothgefärbten Varietät des Leuciscus rutilus.
Es ist das Fehlen der Goldorfe in Norddeutschland um so auffallender, als der
Schwarznerfling dort überall verbreitet ist und unter den verschiedensten Na-
men auf den Fischmärkten Norddeutschlands angetroffen wird. Im Elbe-Ge-
biet hörte ich ihn »Aland, Alander« nennen, in Pommern führt er den Namen
»Hartkopf«, in Preussen wird er »Göse, Gesenitz« und an den masurischen Seen
»Rohrkarpfen« genannt. Eine ganz eigenthümliche Abart des Nerfling erhielt
ich ganz kürzlich aus der Donau in zwei Exemplaren, welche sich durch einen
fast vollständigen Mangel des schwarzkörnigen Pigmentes auf der Rückenseite
des Körpers auszeichneten, ohne dass rothes Pigment an die Stelle getreten
war, wodurch mich diese beiden Fische an jene ganz blass colorirte Abbil-
dung erinnerten, in welcher Meidinger1) seinen Cyprinus Idbarus dargestellt
hat. Eine ähnliche blassrothe Varietät, welche von Heckel unter dem Namen
Idus miniatus zu einer besonderen Art erhoben wurde, lebt in dem Teiche
des kais. Hofgartens der Burg in Wien. Ich fand wenigstens zwischen den
im Wiener Naturalien-Cabinete aufbewahrten Individuen dieses I. miniatus
und dem I. melanotus keinen anderen Unterschied, als dass an denselben eine
blassrothe Farbe die normale blauschwarze Färbung verdrängt hatte und
diese letztere sich nur noch als verwaschene unregelmässige Binden oder
Flecke geltend machte.
Die Laichzeit des Nerfling beginnt im April und währt bis Ende Mai. Um
diese Zeit kömmt an den männlichen Individuen jener Hautausschlag zum
Vorschein, der bei den meisten Cyprinoiden-Männchen die Brunstzeit anzeigt.
Bei Idus melanotus bedeckt derselbe in Form von vielen kleinen weisslichen
Wärzchen die ganze Oberseite des Kopfes bis nach vorne zwischen den bei-
den Nasenlöchern, auch der Hautüberzug des Kiemendeckel-Apparates ist
von solchen kleinen Wärzchen dicht übersät, ebenso sind alle Schuppen des
Rückens und der Leibes-Seiten bis weit hinter der Rückenflosse an dem Hin-
terrande mit einer einfachen Reihe solcher Wärzchen dicht eingefasst und auf
der Fläche derselben mit einigen solchen Wärzchen besetzt, während zugleich
auf der inneren Seite der Brustflossen der erste bis neunte Strahl dichtge-
drängte Wärzchen-Reihen trägt, die auf den einzelnen Radien der getheilten
Strahlen in ebenso viele einzelne Wärzchen-Reihen auslaufen.
Ich muss hier noch bemerken, dass die Bezeichnungen Cypr. Idus, Cypr.
Jeses, Cypr. Dobula, Cypr. Idbarus, Cypr. Cephalus vielfältig von den Ichthyo-
logen untereinander verwechselt worden sind, und dass Idus melanotus zu
denjenigen Fischen gehört, für welche fast alle die eben erwähnten Namen
von den verschiedenen Autoren verbraucht worden sind. Man muss es daher
12*
[180]Familie: Cyprinoidei.
dem verstorbenen Heckel1) besonders danken, dass er sich der Mühe unter-
zogen hat, durch eine sehr umsichtige Zusammenstellung und Berichtigung
der Synonyme dieser mit einander verwechselten Cyprinoiden Klarheit in diese
Verwirrung zu bringen, freilich konnte die Verwechslung nicht überall er-
kannt und nachgewiesen werden, weil die mangelhafte Beschreibung oder
die ganz ungenügende Abbildung des Fisches gar keine Anhaltspunkte für
die richtige Deutung desselben zuliess. Aus diesem Grunde war es mir bei
den verschiedenen Fischfaunen, die nur Namens-Verzeichnisse darboten, nur
dann möglich die betreffende Fisch-Species herauszufinden, wenn der Volks-
name beigefügt war.
XVII. Gattung: Scardinius (nach Bonaparte).
Gattungscharakter:Die Schlundzähne in zwei Reihen zu 3 und 5
gestellt, mit seitlich zusammengedrückten an der Innen-
seite tief gesägten Kronen; die Basis der Rücken- und Af-
terflosse kurz.
1. Art. S. erythrophthalmus Lin.Rothfeder, Rothauge.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 170. Taf. 16. Rothaug.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 2, Descr. spec. pag. 9. n. 2, Syn. nom. pisc. pag. 4. n. 3.
Linné Nr. 2: pag. 530. n. 19. Cyprinus erythrophthalmus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 28. Taf. 1. Cyprinus erythrophthalmus,Plötze.
Schrank Nr. 23 a: pag. 330 n. 309. Cyprinus erythrophthalmus,Rothauge.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 225. Cyprinus rutilus,Rothflosser, Rotten.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 24. Cyprinus erythrophthalmus,Rothfeder.
Bujack Nr. 97: pag. 338. Cyprinus erythrophthalmus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 213. Leuciscus erythrophthalmus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 107. Leuciscus erythrophthalmus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 421. Leuciscus erythrophthalmus.
Günther Nr. 47: pag. 80. Leuciscus erythrophthalmus,Rothauge.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Scardinius erythrophthalmus,Rothauge.
Rapp Nr. 41: pag. 8. Leuciscus erythrophthalmus,Rothauge.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 153. Fig. 79. 80. Scardinius erythrophthalmus,Rothauge
und pag. 160. Fig. 85. Scardinius macrophthalmus (Kümmerer).
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Scardinius erythrophthalmus.
[181]Gattung: Scardinius.
Artcharakter:Mundöffnung endständig mit steil nach aufwärts
gerichteter Spalte; der Körper etwas seitlich zusammen-
gedrückt und bald mehr bald weniger hoch; der Bauch von
der Basis der Bauchflossen bis zum After eine scharfe mit
dachförmigen Schuppen bedeckte Kante bildend1).
D. 3/8—9, P. 1/15—16, V. 2/8, A. 3/10—12, C. 19, Squ. 7/40—42/3—4.
Der Scardinius erythrophthalmus hat das Schicksal gehabt, sehr oft mit
dem Leuciscus rutilus verwechselt zu werden2), selbst die Fischer, welche
sonst ein gutes Auge für gewisse Unterscheidungszeichen nahe verwandter
Fische besitzen, unterscheiden nicht immer diese beiden Fische und gebrau-
chen häufig die Volksnamen »Rothauge«, »Rothfeder«, »Rothflosser« für beide
Fischarten zugleich, und doch sind bei beiden Cyprinoiden so scharfe und be-
stimmte Gattungscharaktere vorhanden, dass wenigstens von Seiten eines
Ichthyologen keine Verwechslung dieser beiden Cyprinoiden möglich erscheint.
Zwar ist der Scard. erythrophthalmus mancherlei Abänderungen unterworfen,
wobei jedoch der steil aufsteigende Unterkiefer sowie die zwischen den Bauch-
flossen und dem After befindliche scharfe Bauchkante, welche bei allen Va-
rietäten bemerkbar bleiben, allein schon ausreichen dürften, diesen Cypri-
noiden von dem Leuciscus rutilus zu unterscheiden: fasst man nun gar die
charakteristischen doppelreihigen Schlundzähne des Scard. erythrophthalmus
ins Auge, deren lange seitlich zusammengedrückte Kronen so scharf und regel-
mässig gesägt sind, wie bei keinem anderen unserer Cyprinoiden, so hat man
[182]Familie: Cyprinoidei.
Anhaltspunkte genug, um diesen Fisch ganz sicher zu bestimmen. Auf die
Körperhöhe kann bei Scard. erythrophthalmus kein sehr grosses Gewicht ge-
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
legt werden, da neben sehr hochrücki-
gen Individuen, besonders im jüngeren
Alter, auch Individuen mit mehr oder
weniger niedrigem Rücken vorkommen.
Auch die Grossschuppigkeit giebt zur
Erkennung des Scard. erythrophthalmus
keinen Anhaltspunkt, da bei den hoch-
rückigen Formen des Leucisc. rutilus die
Schuppen sich ebenfalls sehr gross ent-
wickelt haben.
In der Färbung ist der Scard. erythrophthalmus ebenfalls vielen Schwan-
kungen unterworfen. Es hängen diese Farben-Veränderungen gewiss von
den Einflüssen der verschiedenen Gewässer ab, in denen sich diese Fisch-
art aufhält. Die normale Färbung dieser Karpfen-Species besteht in Folgen-
dem. Der Rücken erscheint braungrün, die Seiten glänzen messinggelb, die
Bauchflossen sowie die After- und Schwanzflosse prangen mit einem präch-
tigen Roth und stechen von den Brustflossen und der Rückenflosse, an wel-
chen die rothe Färbung durch dunkle Pigmentirung getrübt ist, auffallend ab;
in einem solchen Farbenkleide hat sich dieser Fisch mit Recht den Volks-
namen: »Rothflosser« oder »Rothfeder« erworben, da an keinem anderen un-
serer rothflossigen Fische eine so intensive rothe Farbe der Flossen zum Vor-
schein kömmt. Den Namen »Rothauge« verdankt dieselbe Fischart dem rothen
Flecke, mit welchem die goldgelbgefärbte Regenbogenhaut der beiden Augen
geschmückt ist, da aber die Augen noch vieler anderen Cyprinoiden ganz ähn-
lich gefärbt sind, so ist der obige Name für die in Rede stehende Karpfen-
Species nicht glücklich gewählt.
Als Abweichung von der normalen Färbung des Scard. erythrophthal-
mus kommen häufig sehr helle Individuen vor, bei denen die charakteristische
rothe Farbe der Flossen mehr oder weniger erblasst, zuweilen sogar bis zur
Farblosigkeit zurückgetreten ist. Eine durch äusserst dunkle Färbung sich
auszeichnende Varietät, bei welcher alle Farben des Körpers und der Flossen
sich in ein dunkles Schwarzblau umgewandelt haben, wurde früher von
Heckel (Nr. 11 c: pag. 1037) als eine besondere Art unter dem Namen Scar-
dinius hesperidicus aufgeführt, aber später (Nr. 13: pag. 156) als blosse Far-
ben-Varietät des Scard. erythrophth. erkannt. Heckel und Kner (ebenda) be-
trachten diese Varietas hesperidica als eine südliche Spielart dieses Fisches,
als deren nördlichstes Vorkommen der Garda-See von ihnen angeführt wird.
Es ist aber das Vorkommen dieser Spielart nicht bloss auf die transalpinischen
[183]Gattung: Leuciscus.
Gewässer beschränkt, da ich dieselbe auch in dem herrlich tiefblau gefärbten
Achen-See angetroffen habe.
Dieser Fisch, welcher nur selten die Grösse von 12 Zoll erreicht, kömmt in
allen Fluss-Gebieten von Mitteleuropa sehr häufig vor; als Lieblings-Aufent-
halt wählt sich derselbe aber gern stilles Wasser aus, daher man ihn in den
sogenannten Altwässern am häufigsten antrifft, aber auch die meisten mittel-
europäischen Seen werden von diesem Fische bewohnt.
Es hält sich der Scardinius erythrophthalmus, dessen Laichzeit in die Mo-
nate April und Mai fällt, gern auf dem Grunde der Gewässer auf, wo sich
derselbe nach Art der Schleihen und Gareiseln im Schlamme seine Nahrung
sucht. Während der Laichzeit werden alle Farben dieses Fisches um vieles
dunkler; als Hautausschlag machen sich um diese Zeit an den männlichen
Individuen der Rothfeder eine Menge kleiner und sehr dicht stehender Körner
bemerkbar, welche den Scheitel und die Schuppen des Rückens einnehmen,
zugleich aber auch die innere Seite der vordern Brustflossenstrahlen besetzt
halten.
XVIII. Gattung: Leuciscus (nach Rondelet).
Gattungscharakter:Die Schlundzähne stehen in einfacher Reihe,
auf dem linken Schlundknochen zu 6 oder 5, auf dem rech-
ten Schlundknochen immer zu 5. Die vorderen Zahnkronen
haben eine conische Gestalt, die hinteren dagegen sind
seitlich zusammengedrückt, mit einer schräg abgeschlif-
fenen und nach innen in einen Haken auslaufenden Kau-
fläche; Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis.
Die Gattung Leuciscus steht der von Heckel (Nr. 11 c: pag. 1038) aufge-
stellten Gattung Leucos ausserordentlich nahe und unterscheidet sich nur durch
die Zahl der Schlundzähne von der letzteren, indem nämlich Leucos auf bei-
den Seiten fünf Schlundzähne besitzt, trägt nach HeckelLeuciscus auf dem
linken Schlundknochen sechs Zähne und auf dem rechten Schlundknochen
fünf Zähne. Ich muss hiergegen einwenden, dass ich bei vielen Individuen
des Leuciscus rutilus auf beiden Schlundknochen fünf Zähne angetroffen habe,
welche demnach zu der Gattung Leucos hätten gerechnet werden müssen.
Ich bemerke ausdrücklich, dass ich an solchen der Gattung Leucos entspre-
chenden Leuciscen nicht etwa einen abgebrochenen sechsten Zahn übersehen
habe. Aus diesem Grunde kann ich mich nicht entschliessen, die Gattung
Leucos von Leuciscus zu trennen, sondern schlage vielmehr vor, dieselbe mit
[184]Familie: Cyprinoidei.
Leuciscus wieder zu vereinigen, zumal da Heckel selbst sagt (Nr. 11 c:
pag. 1038. Anmerk.), dass fast alle Leucos-Arten das Aussehen von Leuciscus
rutilus haben. Es mögen dann diejenigen Arten, in welchen constant die bei-
den Schlundknochen fünf Zähne oder links sechs und rechts fünf Zähne tragen,
als eine besondere Gruppe oder Untergattung zusammengestellt werden. Dass
das Aufstellen und Festhalten dieser Gattung Leucos zu Irrungen und Ver-
wechslungen führen musste, liess sich voraussehen, Heckel selbst hat sich
denselben nicht entziehen können. Die durch Heckel als Leucos von den
übrigen Leuciscen getrennten Cyprinoiden mit constanter Zahnformel 5—5 ge-
hören dem südlichen Europa an; so bewohnt Leucos aula und rubella die ita-
lienischen Gewässer und Leucos adspersus die dalmatinischen Gewässer.
Diesseits der Alpen fehlen diese Leuciscus-Formen gänzlich, dennoch führt
Heckel (Nr. 13: pag. 165) Leucos rubella als einen Innfisch auf; ich habe mir
vergebens die grösste Mühe gegeben, diesen Fisch, welcher an Heckel von
Brixlegg aus eingesendet worden war, gleichfalls aus dem Inn zu erhalten, aber
weder in Kufstein, in Brixlegg, noch in Innsbruck wollte es mir gelingen, eines
Leucos rubella habhaft zu werden. Ich möchte daher vermuthen, dass Heckel
unter den aus Brixlegg eingesendeten Cyprinoiden Individuen von Leuciscus
rutilus vorfand, welche zufällig die Zahnformel 5—5 enthielten und um so
leichter für Leucos rubella gehalten werden konnten, als gerade bei diesem
letzteren Cyprinoiden die ihm sonst eigenthümliche bleigraue Seitenbinde zu-
weilen gänzlich fehlen kann. Wie hoch Heckel für seine Gattung Leucos die
Zahnformel 5—5 als Gattungscharakter angeschlagen hat, dies lehrte mich
eine nähere Untersuchung seines Leucos basak (Nr. 13: pag. 166) aus Dalma-
tien, von welchem acht Exemplare im Wiener Naturalien-Cabinet aufbewahrt
werden. In sieben dieser Exemplare fand ich die Schlundknochen noch ganz
unberührt in den Kiemenhöhlen verborgen, nach Herausnahme und näherer
Besichtigung derselben ergab es sich, dass vier Individuen die Zahnformel
5—5 an sich trugen, während bei drei Individuen der linke Schlundknochen
mit 6 und der rechte mit 5 Zähnen besetzt war, so dass ich nach dem übri-
gen Aussehen und Verhalten dieser Cyprinoiden den Leucos basak überhaupt
für nichts anderes als für einen Leuciscus rutilus mit gestrecktem niedrigem
Leibe habe halten müssen.
1. Art. L. rutilus Lin.Rothauge, Plötze.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 1, Descr. spec. pag. 10. n. 3. Syn. nom. pisc. pag. 10. n. 18.
Linné Nr. 2: pag. 529. n. 16. Cyprinus rutilus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 32. Taf. 2. Cyprinus rutilus, Rothauge.
Hermann Nr. 43: pag. 323. Cyprinus rutilus.
[185]Gattung: Leuciscus.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 221. Cyprinus erythrophthalmus, Furn, Schwall.
Perty Nr. 24: pag. 719. Cyprinus rutilus, Rothauge.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 25. Cyprinus rutilus, Rothauge.
Agassiz Nr. 7: pag. 38 oder Nr. 8: pag. 79. Leuciscus rutilus, prasinus und decipiens.
Bujack Nr. 97: pag. 337. Cyprinus rutilus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 210—212. n. 27—30. Leuciscus SelysiiHeck., Leuciscus Je-
sesJur., Leuciscus rutilusLin., Leuciscus rutiloidesSel. Pl. 6. Fig. 1 u. 2. Pl. 7. Fig.
1 u. 2.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 130. Leuciscus rutilus, pag. 149. Pl. 493. Leuciscus ru-
tiloidesSel., pag. 153. Leuciscus prasinusAgass, pag. 198. Leuciscus SelysiiHeck.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1038. Leucos Selysii u. rutiloides, und pag. 1039. Leuciscus rutilus,
Pausingeri u. prasinus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 435. Leuciscus rutilus.
Günther Nr. 47: pag. 74. Leuciscus rutilus, Rothauge.
Leiblein Nr. 51: pag. 121. Leuciscus rutilus, Rothflosser.
Rapp Nr. 41: pag. 8. Leuciscus rutilus, Rothauge.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 169. Fig. 91. Leuciscus rutilus, pag. 172. Fig. 92. Leuciscus
Pausingeri.
Fritsch Nr. 75: pag. 203. Leuciscus rutilus, Plötze.
Artcharakter:Maul endständig, Körper etwas seitlich zusammen-
gedrückt und mehr oder weniger gestreckt; die seitlich
comprimirten Kronen der hinteren Schlundzähne auf der
noch nicht abgeschliffenen Kaufläche mehrmals gekerbt;
Schuppen gross.
D. 3/10—11, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/9—11, C. 19, Squ. 7—8/42—44/3—4.
Obwohl das Rothauge zu den verbreitetsten und häufigsten Fischen in
Mitteleuropa gehört, so ist derselbe dennoch vielfach verkannt worden, indem
dieser Fisch in seinen Körperumrissen und Färbungen mancherlei Abände-
rungen unterworfen ist, auf welche man ebensoviel Artformen gründen zu
müssen glaubte. Es kommen hier wie bei dem Gareisel (Carassius vulgaris)
und bei der gemeinen Laube (Alburnus lucidus) kurze hochrückige und lang-
gestreckte niedrige Individuen vor. Dergleichen Formabweichungen verdan-
ken wahrscheinlich den verschiedenen Eigenschaften der Gewässer, des Auf-
enthaltsortes und der Nahrung ihre Entstehung, wodurch sich ganz bestimmte
mit immer wiederkehrenden Charakteren ausgestattete Varietäten ausprägen.
Bei allen diesen verschiedenen Formen behält aber der Kopf seine eigenthüm-
lichen Grössenverhältnisse, das heisst, er bleibt kurz und gedrungen, wobei
sich jedoch der Umfang der Augen bald etwas vergrössern bald etwas verklei-
nern kann, die Schnauze bald mehr bald weniger gedunsen erscheint und die
Unterseite derselben durch zwei Vorsprünge am Unterkiefergelenk mehr oder
weniger uneben gemacht wird. In der am häufigsten vorkommenden Form,
welche daher als Grundform angesehen werden kann, zeigt das Rothauge einen
nur mässig hohen Rücken und einen nur wenig seitlich zusammengedrückten
[186]Familie: Cyprinoidei.
nicht langgestreckten Leib, die Schnauze desselben ist gedunsen und die Augen
haben einen grösseren Umfang.
Von den verschiedenen, mit besonderen Artnamen in das Fischsystem
eingeführten Varietäten ist mir hier in Bayern eine Abart ganz besonders auf-
gefallen, welche mit dem oben angeführten Leuciscus rutiloides des Herrn
Selys (Nr. 58: pag. 212) übereinstimmt, und wegen ihres hohen Rückens und
ihres kürzeren, seitlich ziemlich zusammengedrückten Leibes, ferner wegen
ihrer mageren Schnauze und ihrer kleineren Augen mich längere Zeit irre
geleitet hat, indem auch ich in dieser Abart, an welcher ausserdem noch das
Unterkiefergelenk keine hervorspringenden Ecken bildet, anfangs eine beson-
dere Species habe erkennen wollen. Aus denselben Gründen kann ich auch
Heckel’s Leuciscus Pausingeri (s. Nr. 13: pag. 172) nur für eine hochrückige
Varietät des gemeinen Rothauges erklären. Auch der von Agassiz als Leuciscus
decipiens bezeichnete Weissfisch, von dem ich ein Exemplar im Wiener
Naturalien-Cabinet vorfand, ist mir als eine hochrückige Rothaugen-Form
erschienen.
Aus der Zahnformel 5—5, welche ich bei mehreren Individuen dieser
Rothaugen-Form angetroffen habe, glaubte ich sogar Heckel gerechtfertigt zu
sehen, welcher (Nr. 11 c: pag. 1038) diesen Leuciscus rutiloides des Selys mit
einem Fragezeichen zu seiner Gattung Leucos gestellt hatte. Kirschbaum (Nr. 54:
pag. 19) ist auf ähnliche Weise verleitet worden, diese Rothaugen-Form als
Leucos rutiloides aufzuführen, wie ich mich an zwei von demselben als
Leucos rutiloides gedeuteten und mir gütigst überlassenen Rothaugen des Rheins
überzeugt habe. Das eine Exemplar enthielt die Zahnformel 6—5, während
das andere Exemplar wirklich mit der Leucos-Zahnformel 5—5 ausgestat-
tet war.
Eine andere in Bayern vorkommende Varietät mit langgestrecktem, mehr
cylindrischem Leibe und mit niedrigem Rücken, entspricht der von Selys
(Nr. 58: pag. 210) in Belgien aufgefundenen und von Heckel anfangs als Leu-
ciscus Selysii bezeichneten Rothaugen-Form. Heckel, welcher durch Selys
verschiedene Rothaugen aus Belgien zur Untersuchung eingesendet erhalten
hatte, muss zufällig Individuen mit der Zahnformel 5—5 in die Hände be-
kommen haben, wodurch sich derselbe (Nr. 11 c: pag. 1038) veranlasst fand,
aus ihnen die neue Species Leucos Selysii zu errichten. Bei dieser Rothaugen-
Form hat der Kopf ganz das Aussehen eines gewöhnlichen Rothauges be-
wahrt, die Schnauze ist wulstig und gedunsen, die Augen sind gross, das
Unterkiefer-Gelenk springt eckig hervor. Zu derselben gestreckten und we-
niger comprimirten Rothaugen-Form muss auch der Leuciscus prasinus des
Agassiz gezählt werden, von dem ich im Wiener Naturalien-Cabinete mehrere
Exemplare aus dem Neuchâteler und Genfer See habe näher untersuchen
können. Sie waren gerade zur Brunstzeit eingefangen worden und besassen
[187]Gattung: Leuciscus.
daher eine sehr intensive Färbung und einen gut genährten, abgerundeten
Körper.
Es dürfte vielleicht auffallen, dass ich es wage, so viele Arten zu einer
einzigen Species zu verschmelzen, ich muss aber bemerken, dass ich nicht
willkürlich eine solche Verschmelzung vorgenommen, sondern durch Ver-
gleichung möglichst vieler Original-Exemplare mich veranlasst gesehen habe,
die Arten L. Selysii, L. Jeses, L. rutiloides, L. prasinus und L. decipiens als
gute Species in Zweifel zu ziehen. Durch Güte des Herrn Selys-Longchamps
erhielt ich seinen L. Selysii und den in seiner Fauna aufgeführten und be-
schriebenen L. Jeses, in welchem letzteren ich L. rutiloides erkannte. Ich
wurde in meinen Ansichten noch mehr bestärkt, da Selys selbst auch seine
Zweifel über die genannten Leuciscen als gute Arten in folgenden Worten
brieflich gegen mich aussprach: »En rapprochant L. Selysii, L. Jeses et L. ru-
tilus j’ai la plus grande difficulté à séparer plusieurs exemplaires, qui sem-
blent intermédiaires, j’ajoute la même observation pour L. rutiloides. J’aurais
regardé ces 4 poissons comme des variétés de la même espèce, si M. M. Heckel,
Agassiz et Bonaparte n’avaient pas été d’un autre avis«. An dem L. prasinus,
von welcher Art ich ein Weingeistexemplar und eine getrocknete Haut zur
näheren Untersuchung aus dem Neuenburger Naturalien-Cabinete der Güte
des Herrn Director Coulon in Neuchâtel verdanke, konnte ich im Vergleich
mit L. rutilus durchaus keinen bestimmten specifischen Charakter heraus-
finden und nur die Ueberzeugung gewinnen, dass auch in den Schweizer Ge-
wässern der L. rutilus in verschiedenen Varietäten auftritt, denn das über-
sendete Weingeistexemplar stimmte ganz mit dem langgestreckten L. Selysii,
während die übersendete getrocknete Haut von einem hochrückigen L. ruti-
loides herrührte.
Nachdem ich mir es hatte angelegen sein lassen, von diesen extremen
Formen eine grosse Anzahl von Individuen zur Untersuchung in die Hände zu
bekommen, und nachdem ich dieselben mit der gewöhnlichen Rothaugen-
Form zusammengehalten und nach allen Seiten hin verglichen hatte, ohne
dass ich im Stande war, einen stichhaltigen bestimmten specifischen Unter-
schied zwischen denselben herauszufinden, denn immer stellten sich mir da,
wo ich abgrenzende Charaktere gefunden zu haben glaubte, Uebergänge ent-
gegen, so brachte mich bei diesen verschiedenen Rothaugen-Formen die voll-
ständige Uebereinstimmung ihrer Schlundknochen und Schlundzähne immer
wieder dahin, alle diese Rothaugen-Formen nur als Abarten einer und der-
selben Species zu betrachten. Anfangs wurde ich durch das Schwanken in
der Anzahl der Schlundzähne irre geleitet und zu der Vermuthung veranlasst,
dass sich unter den vielen von mir gesammelten und untersuchten Rothaugen
nicht bloss mehrere Leuciscus-Arten, sondern auch noch Leucos-Arten befin-
den möchten, da ich häufig auf Individuen stiess, welche jederseits 5 Schlund-
[188]Familie: Cyprinoidei.
zähne besassen; ich überzeugte mich aber bald, dass die bereits erwähnten
Gattungscharaktere, wie sie Heckel für Leuciscus und Leucos hingestellt hat,
nur zu Verwechslungen führen können und dass bei Leuciscus rutilus bald 5,
bald 6 Zähne auf dem linken Schlundknochen vorkommen können. Im nord-
östlichen Deutschland scheinen die Rothaugen oder Plötzen eine constantere
Form zu besitzen, auch habe ich an ihnen immer nur dieselbe Zahnformel 6—5
wahrgenommen.
Schlundknochen und Schlundzähne.
a. Vorderseite des Zahnkronen-Scherben
eines hinteren Zahnes.
b. Hinterseite desselben.
Die Schlundknochen der Rothaugen ha-
ben, wie bei allen Leuciscus-Arten, immer
eine sehr gedrungene Form, indem an
ihnen der vordere wie der hintere Fort-
satz kurz und stark gebildet ist. Von den
5 oder 6 Zähnen besitzt der vorderste
Zahn stets eine conische Gestalt, die übri-
gen erscheinen seitlich zusammenge-
drückt, mehrmals seicht gekerbt1) und
werden nach und nach abgeschliffen.
Von den Einkerbungen der Zahnkronen
ist die oberste die tiefste, wodurch die
Spitze dieser Zähne stets etwas haken-
förmig umgebogen erscheint, und in diesem Zustande auch bei dem Ab-
schleifen noch längere Zeit kenntlich bleibt, während die übrigen Einkerbun-
gen sich durch Abschleifen der Kaufläche sehr bald verlieren und ihre frühere
Anwesenheit nur durch die Furchen verrathen, welche sich als Fortsetzung
dieser Einkerbungen an der Vorderseite der Zahnkronen herabziehen. Am
deutlichsten springen diese Einkerbungen an den noch in der Entwicklung
begriffenen Zahnkronen-Scherben der Ersatzzähne in die Augen, auf denen
[189]Gattung: Leuciscus.
noch keine Kaufläche angeschliffen ist (s. Fig. 30. a. b.). Unter 36 Rothaugen
von gewöhnlicher Form aus den verschiedenen Seen des bayrischen Gebirgs
befand sich nur 1 Individuum, dessen linker Schlundknochen 5 Zähne trug.
Unter 42 Rothaugen aus der Donau, welche der Varietät L. rutiloides ange-
hörten, traf ich 17 Individuen mit nur 5 Zähnen auf dem linken Schlund-
knochen, bei 13 Rothaugen aus der Amper, welche derselben Varietät ange-
hörten, zeigten 6 Individuen den linken Schlundknochen mit 5 Zähnen besetzt,
während 13 Rothaugen von der Varietät L. Selysii nur 1 Individuum darboten,
dessen linker Schlundknochen 5 Zähne trug.
Das Rothauge, welches meistens in einer Grösse von 7 bis 9 Zoll vor-
kömmt, aber auch die Grösse von 10 bis 12 Zoll erreichen kann, zeigt in der
Färbung gleichfalls viele Abänderungen. Bei der gewöhnlichen Form er-
scheint der Rücken blaugrün, die Seiten glänzen silberweiss, die Brust- und
Bauchflossen, sowie die Afterflosse tragen eine rothe Färbung an sich, die auch
der Rücken- und Schwanzflosse nicht fehlt, hier aber durch schwarze Pig-
mentirung getrübt ist. Zuweilen tritt die rothe Farbe an den zuerst genann-
ten Flossen so intensiv auf, dass sie den rothen Flossen des Scardinius ery-
throphthalmus an Schönheit nichts nachgeben und dem Rothauge mit Recht
auch den Namen »Rothfeder« verschafft haben; sehr häufig zeigt sich aber
auch das Roth an den Flossen der Rothaugen bis zum Weissgelb erblasst, so
dass der Name »Rothfeder« nicht im geringsten auf einen solchen entfärbten
Fisch passt. Eine noch stärkere Entfärbung macht sich an den als Varietät
L. Selysii auftretenden Rothaugen bemerkbar, bei denen ausser der After-
flosse und den paarigen Flossen auch der Rücken fast ganz ausgebleicht er-
scheint, so dass an solchen Fischen nur die Augen mit ihrer goldgelben und
rothgefleckten Iris allein gefärbt sind, wodurch der Name dieser Fische
»Rothauge« vollkommen gerechtfertigt wird. Eine artige Färbung und Zeich-
nung bietet das Rothauge als Varietät L. rutiloides dar. In dieser Form ist
der Rücken schön stahlblau gefärbt, welche Färbung sich nach den Leibes-
seiten ziemlich weit herabzieht und den Schuppen einen schönen stahlblauen
Glanz verleiht. An allen Schuppentaschen ist die Basis schwärzlich gefärbt,
wodurch die Seitenflächen des Fisches ein rautenförmig geflecktes Ansehen
erhalten. Die Flossen sind sämmtlich intensiv orangengelb gefärbt, welche
Farbe selbst durch die schwärzlich pigmentirte Rücken- und Schwanzflosse
hindurchschimmert, bei der Schwanzflosse wird diese gelbe Farbe durch
einen schwarzen Flossensaum noch besonders gehoben. Es kommen aber
auch bei dieser Varietät bedeutende Abweichungen von der eben beschrie-
benen Färbung vor, wobei die paarigen Flossen und die Afterflosse sich bis
fast zur Farblosigkeit erblasst oder durch Anhäufung von schwarzem Pig-
mente bald grau, bald braun gefärbt zeigen.
Eine sehr interessante rothe Varietät des L. rutilus kömmt in Nord-
[190]Familie: Cyprinoidei.
deutschland vor, die ich deshalb hier erwähne, weil sie mit der rothen Orfe
von Süddeutschland verwechselt worden ist. Sie findet sich nach meinen
Erfahrungen in der Weichsel bei Danzig und im Frischen Haffe. Ich sah
zwei Exemplare dieser Varietät auf dem zoologischen Cabinete zu Königsberg
unter dem Namen Cyprinus Orfus aufbewahrt1), beide gaben sich mir bei
näherer Untersuchung durch die Form ihrer gedrungenen Schlundknochen
und durch die einfache Zahnreihe auf denselben als L. rutilus zu erkennen.
Ueber die Verbreitung des Rothauges mit seinen verschiedenen Varietä-
ten in Südbayern habe ich folgende Erfahrungen gemacht. In den bayrischen
Gebirgsseen und ihren Zu- und Abflüssen ist das Rothauge mit der gewöhn-
lichen Form und Färbung allgemein verbreitet, jedoch nach der Varietät
L. Selysii sich hinneigend, nämlich mit weniger hohem Rücken und mit ge-
ringer Pigment-Entwicklung. Am Schliersee und Chiemsee heisst dieser
Fisch »Hasel« nnd nicht »Rothauge«, welcher letztere Name sich dort für den
Scardinius erythrophthalmus geltend gemacht hat. Die Rothaugen des Ammer-
sees und Würmsees sind sehr langstreckig und blass, und repräsentiren ganz
die Varietät L. Selysii. Aus der Donau, theils von Donauwörth, theils von
Regensburg erhielt ich fast immer die sehr schön gefärbte hochrückige Va-
rietät L. rutiloides, dieselbe Form kam mir auch aus der Amper öfters zu,
aber mit viel weniger entwickelten rothen Farben. Das Aussehen der Roth-
augen des Bodensees erinnerten mich ebenfalls an die Varietät L. rutiloides.
Dass dieser Cyprinoide an den verschiedenen Aufenthaltsorten auf ver-
schiedene Nahrung angewiesen ist, deren Beschaffenheit, wie ich oben an-
deutete, zur Erzeugung von dieser oder jener Varietät gewiss etwas beiträgt,
geht aus der schwarzen, von gewissen Futterstoffen herrührenden Incrustirung
der Schlundzähne hervor, welche ich bei gewissen Rothaugen regelmässig
angetroffen habe. Bei den Rothaugen aus der Donau in der Gestalt von L. ru-
tiloides erscheinen die Kronen der Schlundzähne durch solche Krusten fast
immer schwarz gefärbt, unter 42 Individuen dieser Rothaugen fehlte nur an 7
diese schwarze Zahnrinde, während ich dieselbe weder an den gewöhnlichen
Formen des Rothauges aus den Bächen und Seen des bayrischen Gebirgs noch
an dem L. Selysii aus dem Ammer- und Würmsee antraf; dagegen beobach-
tete ich dergleichen schwarzgefärbte Zähne an 5 Individuen von 6 Rothaugen
aus dem Bodensee und an 3 Individuen von 13 Rothaugen aus der Amper,
welche sämmtlich der Varietät L. rutiloides angehörten.
Die Laichzeit der Rothaugen beginnt im April und währt bis Ende Mai,
während welcher Zeit auf der Haut der männlichen Individuen, und zwar auf
[191]Gattung: Leuciscus.
dem Scheitel und auf den Schuppen des Rückens vereinzelte kleine conische
Knötchen von weisslicher Farbe zum Vorschein kommen, die auch auf der
inneren Fläche der Brustflossen an den Strahlen in einfachen Reihen hervor-
treten.
2. Art. L. Virgo Heck. Frauen-Nerfling.
Syn. u. Citate.
Willughby: Historia piscium. 1686. pag. 253. Vrowfisch Ratisbonae dictus.
Marsigli Nr. 28: pag. 13. Tab. 5. Orfus Germanorum.
Meidinger Nr. 30: Dec. IV. n. 36. Cyprinus Idus.
Schrank Nr. 23 a: pag. 334. n. 315. Cyprinus Jeses, Aland (ohne Citate), ferner in dessen
Sammlung kleiner Abhandlungen, Heft I. Landshut, 1809. n. VIII. Zusätze zur Fauna
boica. pag. 105. n. 9. Cyprinus Idus, Kühling (ohne Citate).
Heckel Nr. 11 g: pag. 69. Taf. 11 u. 12. Leuciscus Virgo, Fraufisch.
A. Wagner: Systematische Bestimmung der zur Laichzeit bedornten Cyprinen aus den süd-
bayerischen Gewässern, in den gelehrten Anzeigen der k. bayr. Akademie. Bd. 39.
1854. n. 9. pag. 69. Leuciscus Virgo, Frauenfisch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 175. Fig. 94—96. Leuciscus Virgo, Donau-Nerfling.
Artcharakter:Maul unterständig, Schnauze etwas vorspringend
und stumpf abgerundet; Körper seitlich zusammenge-
drückt und gestreckt; Schlundknochen auffallend plump
und eckig; die seitlich comprimirten Kronen der hinteren
Schlundzähne auf den noch nicht abgeschliffenen Kauflä-
chen mehrmals gekerbt; Schuppen gross und herrlich me-
tallisch glänzend.
D. 3/9—12, P. 1/16 — 17, V. 2/8—9, A. 3/11, C. 19, Squ. 7/46—49/4.
Es ist der Frauen-Nerfling, auch Frauenfisch in Bayern genannt, einer
unserer schönsten Fische, der durch den prächtigen Metall-Glanz seiner
grossen Schuppen und durch seine sehr lebhaft gefärbten Flossen sogleich
auffallen muss; um so weniger lässt es sich begreifen, wie dieser L. Virgo
erst in neuester Zeit seine wohl berechtigte Stellung als besondere Art im
System hat angewiesen erhalten können; hier muss wieder Heckel gerühmt
werden, dessen Verdienst es ist, diesen Fisch nach Art und Form zuerst voll-
ständig und genau beschrieben und dargestellt zu haben.
Der Frauen-Nerfling ist ein Leuciscus von so eigenthümlicher Art, dass
er mit keiner anderen Leuciscus-Species verwechselt werden kann. An den
langgestreckten und seitlich zusammengedrückten Leib fällt der Kopf durch
seine verhältnissmässige Kleinheit und Schmächtigkeit auf. Die gleichmässig
abgerundete Schnauze, welche die Mundspalte überragt, erscheint nie ge-
dunsen, was bei L. rutilus so häufig bemerkt werden kann. Die Augen ha-
[192]Familie: Cyprinoidei.
ben stets einen sehr geringen Umfang; die Scheitelwölbung geht mit einem
niedrigen Bogen immer unmittelbar in die Rückenwölbung über, ohne einen
Absatz am Hinterhaupte zu bilden. Die sehr grossen und derb entwickelten
Schuppen geben einen prächtigen, dem polirten Stahle ähnlichen Glanz
von sich.
Schlundknochen und Schlundzähne.
a. Vorderseite und b. Hinterseite eines hinteren
unabgeschliffenen Zahnes.
Die Schlundknochen und Schlund-
zähne des L. Virgo sind ungemein
derb und stark entwickelt; der
nach vorn gerichtete Fortsatz der
Schlundknochen ist sehr kurz, um
vieles kürzer als bei L. rutilus, und
der nach oben umgebogene Fortsatz
derselben Knochen besitzt an seiner
Basis nach aussen einen scharfen,
vorspringenden Winkel, welcher bei
dem Rothauge abgestumpft erscheint.
Die Einkerbungen der vier hintersten
Zähne werden durch Abschleifung
undeutlich oder ganz verwischt.
Der Rücken des Fisches zeigt eine grünliche Färbung, Seiten und Bauch
sind farblos, überall macht sich aber der Metallglanz der Schuppen geltend,
welcher dem Fische bald eine apfelgrüne, bald eine himmelblaue Farbe ver-
leiht. Die Brustflossen erscheinen meistens ungefärbt, dagegen besitzen
Bauchflossen, Afterflosse und Schwanzflosse eine schöne orangengelbe Färbung,
die Rückenflosse ist über und über geschwärzt, die Schwanzflosse dagegen
schwarz gesäumt. Zur Zeit der Brunst treten alle diese Farben noch viel
glänzender hervor. Der Frauen-Nerfling kann eine Länge von 15 Zoll er-
reichen, kömmt aber meistens in der Länge von 10 bis 12 Zoll auf den hiesi-
gen Fischmarkt. Sein Vorkommen beschränkt sich nur auf die Donau und
deren grössere Seitenflüsse. Dass dieser Fisch auch oberhalb Ulm in der
Donau angetroffen wird, ist erst in neuerer Zeit durch Rapp1). und Veesen-
meyer2) erkannt worden, nach deren Angabe der Frauenfisch in Würtemberg
auch »Halbfisch« genannt wird. Sein Fleisch wird wenig geschätzt und nur
um einen geringen Preis verkauft.
Die Laichzeit des Frauen-Nerfling fällt in den April und Mai, während
welcher Zeit die männlichen Individuen einen ausgezeichneten Hautausschlag
erhalten. Es entstehen auf der Mitte verschiedener Schuppen, zuerst einzelne
[193]Gattung: Leuciscus.
grosse milchweisse, rundliche Flecke, in deren Centrum sich nach und nach
eine kegelförmige Spitze erhebt; gegen Ende der Entwicklung nehmen diese
dornigen Hautgebilde eine harte Beschaffenheit und wachsgelbe Färbung an.
An der Seite des Leibes stehen diese Dornen zwischen Rückenkante und Sei-
tenlinie in fünf bis sechs weitläuftigen Querreihen; auf der Stirn und dem
Hinterhaupte, zwischen den Augen und den Nasenlöchern sind sie von ge-
ringerem Umfange aber etwas dichter gestellt, und zu beiden Seiten des
Kopfes über den Augen und den Hauptkiemendeckeln bemerkt man zwei ge-
rade übereinanderstehende Längsreihen von dicht aneinander gedrängten
Dornen. Auch an der Rücken- und Schwanzflosse findet man die Haupt-
strahlen auf beiden Seiten mit vielen solchen kleineren Dornen besetzt. Auf
der inneren Fläche der Brustflossen bildet sich gleichzeitig ein Hautausschlag
aus, welcher in Form von kleinen, dicht aneinander gereihten Warzen die
Strahlen, sowie deren Verästelungen besetzt hält. In diesem Entwicklungs-
stadium haben die männlichen Frauen-Nerflinge auch die Namen »Perlfisch«,
»Dornling« erhalten.
Dass schon ältere Ichthyologen diesen Fisch vor sich gehabt haben, kann
man aus dem von ihnen erwähnten Ausschlag dieses Fisches errathen. Die
älteste Notiz über den Frauen-Nerfling befindet sich in Gesner’s Fischbuch1),
wo von dem unter dem Namen »Orff«, »Nörffling« u. s. w. sehr unkenntlich abge-
bildeten Frauen-Nerfling gesagt wird, dass aus den Schuppen desselben, wie
bei dem Dornbrachsen, zu gewissen Zeiten des Jahres nagelartige Spitzen her-
vorwachsen. Die erste gute Abbildung eines männlichen bedornten Frauen-
Nerflings machte Marsigli (Nr. 28: a. a. O.) bekannt. Die beste Darstellung
des Frauen-Nerflings haben wir Heckel (Nr. 11 g: a. a. O.) zu verdanken, wel-
cher diesen Fisch im Zustande ausser der Laichzeit und während der Laich-
zeit vortrefflich abbildete. Da vor Heckel dieser Frauen-Nerfling von den
übrigen Weissfischen noch nicht unterschieden wurde, so ist es kaum mög-
lich, mit Sicherheit anzugeben, ob der Name »Frauen-Nerfling«, welcher in
verschiedenen Fischfaunen mit sehr unvollständiger Beschreibung oder ohne
alle Beschreibung aufgeführt wird, sich wirklich auf »Leuciscus Virgo« bezieht,
zumal da gewöhnlich neben dem Namen »Frauen-Nerfling« noch verschiedene
andere Volksnamen als Synonyme erwähnt werden, welche sich auf ganz an-
dere Fischarten beziehen. Die Verwirrung ist noch dadurch um so grösser
geworden, dass man versucht hat, bald diesen, bald jenen von Bloch be-
schriebenen Cyprinoiden als Frauenfisch zu deuten, obgleich Bloch diesen
Fisch durchaus nicht gekannt hat. Hätte Schrank (a. a. O.) von seinem »Aland«
(Cyprinus Jeses) und »Kühling« (Cyprinus Idus) nicht die Mittheilung gemacht,
v. Siebold, Fische. 13
[194]Familie: Cyprinoidei.
dass zur Laichzeit das Männchen an Stirne und Schuppen sehr feste harte
Dornen erhielte, ich würde, da Schrank den hiesigen Volksnamen »Frauen-
fisch« nicht erwähnt hat, es kaum gewagt haben, aus der übrigen mangel-
haften Beschreibung dieser beiden Donaufische, welche keineswegs, wie
Schrank annahm, mit Cyprinus Jeses und Idus des Bloch identisch sind, den
Leuciscus Virgo herauszudeuten. Ganz zweifelhaft erschien mir der »Frauen-
Nörfling« (Cyprinus Idus) des Agassiz, denn von diesem Fische sagt Agassiz
(Nr. 6: pag. 1047) weiter nichts, als dass derselbe auf dem hiesigen Fisch-
markte im Sommer sehr häufig vorkomme und dass Cyprinus Idbarus nur
eine Farbenvarietät von Cyprinus Idus sei, was die ungemein grossen Schup-
pen auf das Deutlichste bewiesen. Die letztere Bemerkung passt allerdings auf
L. Virgo, der fast von allen Weissfischen die grössten Schuppen besitzt, allein
da von L. Virgo keine Farbenvarietäten vorkommen, so wird durch den von
Agassiz als Varietät des Cypr. Idus herbeigezogenen L. Idbarus die Deutung
seines »Frauen-Nörfling« wieder unsicher gemacht, indem Heckel (Nr. 11 g:
pag. 134) den L. Idbarus auf den Idus melanotus zurückgeführt hat. Dass aber
Agassiz unter Cypr. Idus den L. Virgo doch auch gemeint haben könnte,
geht aus einem in Weingeist auf dem hiesigen zoologischen Cabinete aufbe-
wahrten Exemplare dieses Frauenfisches hervor, welches Agassiz mit eigener
Hand als Cypr. Idus bezeichnet hatte. Welche unvollständigen Kenntnisse
man überhaupt zu jener Zeit, als Agassiz hier in München seine ichthyologi-
schen Studien anstellte, über den L. Virgo hatte, das ersieht man aus Perty’s
Verzeichnisse der bayrischen Fische, von welchem derselbe (Nr. 24: pag. 719)
mittheilt, dass Agassiz dasselbe durchgesehen und berichtigt habe. In diesem
Verzeichnisse findet sich zwar ein »Frauenfisch« als L. Idus und Idbarus auf-
geführt, der jedoch als Bewohner des Chiemsees und nicht als Donaufisch be-
zeichnet wird; offenbar hat Perty unter jenem L. Idus den L. Meidingerii ver-
standen, welcher alljährlich ebenfalls unter dem Namen »Frauenfisch« vom
Chiemsee hieher zu Markte gebracht wird, Perty muss aber auch über diesen
Fisch nicht ganz im Klaren gewesen sein, sonst würde er denselben nicht
noch zum zweiten Male als Chiemsee-Fisch unter dem Namen L. Gris-
lagine in seinem Verzeichnisse aufgezählt haben. Noch schwieriger und un-
zuverlässiger lässt sich die Frage lösen, ob in den Verzeichnissen späterer
Faunisten des L. Virgo Erwähnung geschehen ist oder nicht. In der von
Reider und Hahn herausgegebenen Fauna boica (Nr. 25: n. 32. Fig. a) wird
der Frauen-Nerfling mit dem Namen L. Jeses, Aland erwähnt, ich
muss aber hinzufügen, dass ich denselben als L. Virgo weder aus der man-
gelhaften Beschreibung, noch aus der ganz abscheulichen Abbildung, sondern
aus der Mittheilung erkannt habe, welche die Verfasser über den Dorn-Aus-
schlag des brünstigen männlichen Frauen-Nerfling aus Schrank’s Fauna boica
wörtlich abgeschrieben haben. Der von Reuss (Nr. 21: pag. 474) ebenfalls als
[195]Gattung: Leuciscus.
Cyprinus Jeses, Aland sehr unvollständig beschriebene Donaufisch wird auf
den L. Virgo bezogen werden können, da derselbe hervorhebt, dass das
Männchen dieses Fisches zur Laichzeit an der Stirne und an den Schuppen
sehr feste, harte Dornen erhalte und deshalb »Dörnling« genannt werde.
Von Fürnrohr (Nr. 20: pag. 9) wird L. Idus als »Frauen-Nerfling« aufgeführt,
ohne dass aus der beigefügten Beschreibung der L. Virgo erkannt werden
kann. Wie unsicher die bisherigen Kenntnisse über diesen L. Virgo gewesen
sind, beweisen noch die Bemerkungen, welche Weber seinen Abbildungen
der Fische von Bayern beigegeben hat. Derselbe stellt den Leuciscus Virgo
als Leuciscus Idus, und den Idus melanotus als Leuciscus Jeses mit Bei-
fügung der hier gebräuchlichen Namen »Frauennörfling« und »Schwarznörfling«
ziemlich unkenntlich dar, und begeht zugleich in der Beschreibung beider
Fische eine arge Verwechslung, indem er dem Schwarznörfling die während
der Laichzeit entstehenden festen und harten Hautdornen zuschreibt (vergl.
Nr. 27: pag. 14. Taf. 35 und pag. 37. Taf. 32). Dass Weber den L. Virgo
wirklich mit L. Jeses gemeint hat, geht aus den sehr grossen Schuppen her-
vor, welche Weber der Abbildung eingezeichnet hat. Da Grandauer (Nr. 16:
pag. 22) in seinem Fisch-Verzeichnisse von seinem als »Frauenfisch« bezeich-
neten L. Idus sagt, dass das Männchen dieses Fisches zur Laichzeit knöcherne
Auswüchse auf Stirn und Schuppen erhalte, so darf man wohl diesen Lech-
fisch als L. Virgo nehmen.
Noch muss ich hier einer Curiosität gedenken, da dieselbe ebenfalls das
Vorkommen des Frauen-Nerfling im Lech beweist und ausserdem schon einige
Male die Aufmerksamkeit der Ichthyologen auf sich gezogen hat, ich meine
nämlich jenen Kupferstich, welchen schon Schrank (Nr. 23 a: pag. 335) er-
wähnt hat, und welcher eine Karpfenart mit ähnlichem Hautausschlage dar-
stellt, wie ihn der männliche Frauen-Nerfling an sich trägt. Auf diesem co-
lorirten Kupferstich, dessen Ansicht ich der Güte des Herrn Dr. Körber in
Augsburg verdanke, befindet sich die Ueberschrift: »Ein ausserordentlich
rarer Fisch, welcher den 6ten April 1786 im Lechflusse, ohnweit Kloster
Thierhaupten gefangen worden«. Der Fisch selbst ist nach einer colorirten
Zeichnung gestochen, welche, wie die Unterschrift besagt, von einem Klo-
sterbruder zu Thierhaupten angefertigt war, dessen Hand aber keine sehr
grosse Geschicklichkeit kund gab, da von demselben weder der Fisch
selbst, noch dessen Hautausschlag kenntlich dargestellt worden ist.
Schrank beklagte sich daher mit Recht, dass wegen dieser so schlecht
ausgefallenen Abbildung der Fisch gänzlich unkenntlich und unbestimm-
bar sei. Allerdings haben die Hautauswüchse auf diesem Bilde nicht
das Ansehen von conischen Dornen, sondern vielmehr das Aussehen von
Kugeln mit einer aufsitzenden Spitze, dennoch nehme ich keinen Anstand.
diesen Fisch für einen bedornten männlichen Frauen-Nerfling zu halten,
13*
[196]Familie: Cyprinoidei.
da die unterhalb der Abbildung angebrachte Beschreibung des Fisches 1)
mancherlei enthält, woraus ein solcher Frauen-Nerfling erkannt werden kann.
Valenciennes (Nr. 5: T. XVII. pag. 184), welchem ebenfalls jene Abbildung
zu Gesicht gekommen ist, hat den dargestellten Fisch für einen brünstigen
aber krankhaft entwickelten Squalius Cephalus erklärt, weil der erste Rücken-
flossenstrahl desselben hypertrophisch verdickt und gezähnelt gewesen. Ich
halte diese Darstellung der Rückenflosse für eine vom Zeichner verschuldete
Unrichtigkeit, welcher den ersten vielleicht durch einen Einriss der Flossen-
haut isolirten Rückenflossenstrahl übertrieben und unnatürlich aufgefasst zu
haben scheint. Heckel (Nr. 11 g: pag. 77) hat, ohne jenen Kupferstich ge-
sehen zu haben, diesen von Valenciennes für einen »Chevaine« (Squalius) ge-
haltenen Fisch viel richtiger gedeutet, indem er die Frage aufwarf: ob nicht
dieser Fisch derselbe Nerfling sei, welchen Marsigli Taf. V unter dem Namen
»Orfus germanorum« beschrieben hat und der von Herrn Valenciennes (Nr. 5:
T. XVII. pag. 227) mit der wahren Orfe für identisch gehalten worden ist, aber
nichts anderes als Leuciscus Virgo darstellt.
3. Art. L. Meidingeri Heck. Frauenfisch.
Syn. u. Citate.
Meidinger Nr. 30: Dec. IV. n. 40. Cyprinus Grislagine.
Agassiz Nr. 6: pag. 1047. Cyprinus Grislagine, Frauenfisch.
Perty Nr. 24: pag. 719. Leuciscus Idus, Frauenfisch und Leuciscus Grislagine.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 221. Leuciscus Grislagine (nur die Farbe nach einer Ab-
bildung des Agassiz).
Weber Nr. 27: pag. 16. Taf. 28. Leuciscus Grislagine, Grau-Nörfling, Frauenfisch.
Heckel Nr. 11 g: pag. 88. Taf. 14. Leuciscus Meidingeri, Perlfisch.
A. Wagner: Systematische Bestimmung der zur Laichzeit bedornten Cyprinen aus den
südbayrischen Gewässern, in den gelehrten Anzeigen der k. bayr. Akademie. Bd. 39.
1854. n. 9. pag. 66, Cyprinus Meidingeri, Frauenfisch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 178. Fig. 97 u. 98. Leuciscus Meidingeri, Perlfisch.
Artcharakter:Maul fast unterständig, Schnauze aufgetrieben;
Körper cylindrisch und sehr langgestreckt; die Schlund-
zähne mit sehr grossen Kronen und convexen Kauflächen;
Schuppen klein.
D. 3/8—9, P. 1/16—17, V. 2/8—9, A. 3/9—11, C. 19, Squ. 9—10/62—67/5—6.
[197]Gattung: Leuciscus.
Der Frauenfisch, dessen genauere Kenntniss wir hauptsächlich Heckel1)
zu verdanken haben, weicht von den anderen Leuciscus-Arten auffallend ab,
indem derselbe einen niedrigen Rücken besitzt und sein Körper sehr langge-
streckt und cylindrisch erscheint. Der Kopf desselben zeigt sich vorn abge-
stumpft, die Nase ist aufgetrieben und die Stirne sehr breit. Von der stum-
pfen Nase erhebt sich das Profil des Vorderendes dieses Fisches über die
Stirne hinweg bis gegen die Rückenflosse hin in einem sanften und ununter-
brochenen Bogen. Die beiden Augen sind klein. Die Schuppen fallen durch
ihre Kleinheit besonders auf; sie stehen oberhalb der Seitenlinie in zehn Längs-
reihen, während bei L. Virgo und rutilus in derselben Gegend nur sieben
Längs-Schuppenreihen gezählt werden können.
Schlundknochen und Schlundzähne. a. Vorderseite eines hinteren unabgeschliffenen Zahnes.
Die Schlundknochen des Frauenfisches sind zwar kräftig entwickelt, be-
sitzen aber doch im Vergleich zu den Schlundknochen des Frauen-Nerfling
einen weniger gedrungenen Bau. Keiner der Schlundzähne besitzt Einker-
bungen, nur hier und da wird an der Krone des letzten und vorletzten Zahnes
ein stumpfer Haken bemerkt. Die Zähne sind sämmtlich sehr plump und wul-
stig gebildet, von denen die drei bis vier Vorderzähne eine kugel- oder eiför-
mige Krone besitzen.
Die Färbung des Frauenfisches bietet nichts auffallendes dar. Der Rücken
erscheint schwärzlichgrün, welche Farbe an den Seiten herab nach und nach
erblasst und der weissen Farbe Platz macht; die Brustflossen, die Rücken-
und Schwanzflosse sind grau gefärbt, Afterflosse und Bauchflossen mehr oder
weniger blassroth.
An Grösse übertrifft der Frauenfisch, dessen Fleisch nicht eben sehr ge-
schätzt wird, alle übrigen Cyprinoiden. Er kann eine Länge von 26 Zoll und
[198]Familie: Cyprinoidei.
darüber, sowie ein Gewicht von 8—10 Pfund erreichen, und wird meistens
20—24 Zoll lang auf den hiesigen Fischmarkt gebracht. Es bewohnt dieser
Fisch in Bayern einzig und allein den Chiemsee 1), wo derselbe sich das ganze
Jahr hindurch in den grossen Tiefen verborgen hält. Nur einmal im Jahre,
im Mai verlässt der L. Meidingeri seine Schlupfwinkel und begiebt sich
aus dem See in den Ausfluss desselben, in die Alz, um hier ¼ bis ½ Stunde
vom See entfernt, zu laichen. Das Laichen findet an flachen, kiesigen Stellen
statt, wobei der Rogen von den Weibchen an den grösseren Kiessteinen ab-
gestreift wird. Ausserhalb Bayern ist dieser interessante Cyprinoide nur noch
in den oberöstreichischen Seen, Traunsee, Attersee und Mondsee anzutreffen.
Bei den Anwohnern der genannten drei Seen führt der L. Meidingeri, den ich
auf dem hiesigen Fischmarkte meist »Frauenfisch«, »Maifisch« oder »Perlfisch«
habe nennen hören, den Namen »Weissfisch«.
Während der Laichzeit erhalten die männlichen Frauenfische, ähnlich wie
die männlichen Frauen-Nerflinge einen sehr auffallenden Hautausschlag, der
aus harten, dornartigen bernsteinfarbigen Auswüchsen besteht. Die ausge-
zeichnet grossen Dornen, welche den Scheitel, den Rücken und die Seiten
der männlichen Frauenfische besetzt halten, stimmen in der Anordnung mit
denen des Frauen-Nerflings so ziemlich überein, nur kommen sie bei jenen
Fischen noch zahlreicher und sogar auf der Schnauze und Oberlippe dicht ge-
drängt zum Vorschein. Ausser den um vieles kleineren Dornen, welche auf
beiden Seiten der Rücken- und Schwanzflosse hervorwachsen, kommen an
der inneren Fläche der Brustflosse auf den einfachen und verästelten Strahlen,
wie bei dem Frauen-Nerfling, sehr kleine, in einfacher Reihe dicht aneinander
gedrängte Dornauswüchse zur Entwicklung.
Nach einer Mittheilung, welche mir bei meinem Besuche des am Aus-
fluss der Alz gelegenen Seebruck von den dortigen Fischern gemacht wurde,
währt die Laichzeit des Frauenfisches ohngefähr vierzehn Tage, während wel-
cher Zeit nur allein dieser Fisch in grösserer Menge gefangen wird. Die weib-
lichen Individuen des Frauenfisches, welche, wie die weiblichen Frauen-
Nerflinge, nicht bedornt sind, werden von den bedornten Männchen an Zahl
ausserordentlich übertroffen, daher die meisten nach München zum Verkaufe
gebrachten Frauenfische wirklich Perlfische, das heisst bedornte Milchner
sind, wenigstens habe ich fast alle auf dem hiesigen Fischmarkte angetroffenen
und von mir untersuchten Individuen des L. Meidingeri als Männchen
erkannt; es mag sich daher Heckel getäuscht haben, indem er sowohl den
männlichen wie weiblichen Individuen des L. Meidingeri jenen Dornausschlag
[199]Gattung: Leuciscus.
zuschreibt 1). Aus der kurzen Laichzeit des Frauenfisches, welche ziemlich
regelmässig in der ersten Hälfte des Mai eintritt, erklärt es sich, warum die-
ser Fisch nur einmal im Jahre nach München zum Verkauf abgeliefert wird.
Ich habe seit einigen Jahren bei meinen regelmässigen Besuchen des hiesigen
Fischmarktes auf die Ankunft des L. Meidingeri genau geachtet und folgende
Erfahrungen darüber gemacht. Im Jahre 1855 wurde dieser Chiemsee-Fisch
am 11ten Mai, im Jahre 1856 am 2ten Mai, im Jahre 1857 am 15ten Mai und
im Jahre 1858 und 1860 am 14ten Mai auf dem hiesigen Markte verkauft. In-
dem Agassiz (Nr. 6: a. a. O.) von dem Frauenfisch des Chiemsee sagt, dass
derselbe nicht sehr häufig sei, so findet das seltene Vorkommen dieses Fisches
in dem eben Mitgetheilten seine Erklärung; wenn derselbe aber hinzufügt,
»dieser Fisch sei so zart, dass er nie lebendig auf den Markt kömmt«, so muss
ich gegen diese Bemerkung einwenden, dass nach meinen Erfahrungen die
meisten Maifische des Chiemsee lebendig hier angelangt waren, und dass auch
Heckel (Nr. 11 g: pag. 92) dem L. Meidingeri ein zähes Leben zuschreibt.
Zu den vielfachen Verwechslungen, denen der L. Meidingeri bis auf die
neuste Zeit ausgesetzt gewesen ist, hat auch Schrank das Seinige beigetragen,
indem derselbe, wie aus seinen Reise-Notizen hervorgeht 2), unbegreiflicher
Weise diesen Fisch mit der Lachs- oder Seeforelle des Chiemsee zusammenwarf,
wahrscheinlich weil die sterile Lachsforelle der östreichischen Seen mit dem
Namen »Mailachs«, »Maiforelle« bezeichnet wird. Derselbe wollte nämlich in
Seebruck über den Silberlachs des Chiemsee Erkundigungen einziehen und
glaubte herausgefunden zu haben, »dass der Fisch, der am Chiemsee seiner
Farbe wegen Weissfisch, in der Ostsee aus eben derselben Ursache Silber-
lachs, und in Oestreich von der Zeit, zu welcher man ihn fängt, Mayfisch und
Mayforelle heisst, einerlei sei«. Von diesem Silberlachs des Chiemsee theilte
Schrank unter anderen fälsclich mit, dass zur Laichzeit, welche in den An-
fang des Maimonates falle, die Schuppen bei dem Männchen rauh werden und
zu dieser Zeit dieser Fisch aus dem See in die Alz gehe, um hier zu laichen,
was der Silberlachs niemals thut, aber von dem L. Meidingeri, wie ich bereits
erwähnt habe, regelmässig um die genannte Zeit geschieht.
[200]Familie: Cyprinoidei.
XIX. Gattung: Squalius (nach Bonaparte).
Gattungscharakter:Die Schlundzähne stehen in doppelter Reihe
zu 2 und 5. Die Zahnkronen seitlich zusammengedrückt
und an der Spitze hakenförmig umgebogen. Rücken- und
Afterflosse mit kurzer Basis, die erstere gerade über den
Bauchflossen beginnend.
1. Art. S. Cephalus Lin. Aitel, Dickkopf.
Syn. u. Citate.
Schwenckfeld Nr. 84: pag. 446. Squalus major, Dübel.
Baldner Nr. 42: pag. 166. Taf. 14. Furn.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 5. n. 12, Syn. nom. pisc. pag. 7. n. 10.
Linné Nr. 2: pag. 527. n. 6. Cyprinus Cephalus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 253. Taf. 36. Cyprinus Idus, Kühling.
Schrank Nr. 23 a: pag. 334. n. 314. Cyprinus Dobula, Altl.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 194. Cyprinus Cephalus, Elte, Alet.
Nenning Nr. 39: pag. 27. Cyprinus Cephalus, Alat.
Bujack Nr. 97: pag. 337. Cyprinus Dobula, Döbel.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 206. Leuciscus Dobula, Meunier Chevanne.
Schaefer Nr. 59: pag. 307. Leuciscus Dobula, Mienen.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 172. Leuciscus dobula, Chevaine, Meunier und pag. 234.
Leuciscus frigidus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 482. Leuciscus Cephalus.
Günther Nr. 47: pag. 69. Leuciscus Dobula, Schuppfisch, Dickkopf.
Leiblein Nr. 51: pag. 121. Squalius Dobula, Schuppfisch, Dickkopf.
Rapp Nr. 41: pag. 7. Leuciscus Dobula, Alet.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 180. Fig. 99 u. 100. Squalius Dobula, Altel.
Fritsch Nr. 75: pag. 203. Squalius Dobula.
Artcharakter:Kopf breit, Schnauze niedergedrückt, Maul end-
ständig, in die Breite gezogen und sehr weit nach hinten ge-
spalten; Körper cylindrisch; Afterflosse mit 7 bis 9 wei-
chen, getheilten Strahlen und mit convexem Unterrande;
Schuppen gross1).
D. 3/8, P. 1/16—17, V. 2/8, A. 3/7—9, C. 19, Squ. 7—8/44—46/3—4.
Der Aitel, welcher zu den gemeinsten Fischen unserer Gewässer gehört,
ist von allen ihm verwandten Cyprinoiden durch sein sehr weites und sehr
schief stehendes Maul, dessen Winkel bis unter die hinteren Nasenlöcher
reichen, leicht zu unterscheiden, auch sein grosser Kopf, sein abgerundeter
[201]Gattung: Squalius.
Rücken und seine grossen, starken Schuppen machen denselben leicht kennt-
lich. Die Augen desselben sind verhältnissmässig klein, der Oberkiefer ragt
nicht über den Unterkiefer hervor. Die Form des Maules und der Schlund-
zähne lassen errathen, dass der Aitel sich von animalischer Kost nährt. Sein
weites Maul erlaubt ihm sogar Mäuse und Frösche zu verschlingen, weshalb
dieser Fisch in manchen Gegenden Norddeutschlands auch »Mausefresser« ge-
nannt wird 1).
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Die beiden Schlundknochen des Aitel,
deren nach vorn gerichteter Fortsatz
ziemlich in die Länge gestreckt er-
scheint, sind mit ausgezeichneten Fang-
zähnen bewaffnet. Alle Zähne der-
selben erscheinen sehr lang und com-
primirt und endigen mit einem starken,
nach oben umgebogenen Haken; unter-
halb dieses Hakens ist die nach oben
gerichtete Schneide zuweilen schwach
gekerbt. Abgeriebene Kauflächen habe ich nur ganz vereinzelt und in sehr ge-
ringem Grade an einem oder dem anderen hinteren Zahne wahrnehmen können.
Der Rücken des Aitel besitzt eine schwarzgrüne Färbung, die Seiten
desselben glänzen entweder silberweiss oder goldgelb; alle Schuppen sind
an ihrer Basis und ihrem Hinterrande durch eine schwarze Pigmentirung ein-
gefasst, wodurch die ganze, mit Schuppen bedeckte Hautoberfläche ein netz-
artiges Ansehen erhält. Sämmtliche Flossen, mit Ausnahme der Brustflossen,
besitzen mehr oder weniger eine rothe Färbung, welche an der Rücken- und
Schwanzflosse durch schwarze Pigmentirung stark getrübt ist. Die Brust-
flossen haben eine orangengelbe Färbung, die auch durch schwarzes Pigment
mehr oder weniger verwischt sein kann.
Der Aitel kömmt fast in allen Seen, Flüssen und Bächen von Mitteleuropa
ziemlich häufig vor, kann eine ansehnliche Grösse und ein Gewicht von
8 Pfund und darüber erreichen, wird aber wegen seines sehr grätigen Flei-
sches nirgends sehr geachtet.
Die Laichzeit des Aitel fällt in die Monate Mai und Juni, während welcher
Zeit die Männchen, ähnlich wie bei Idus melanotus, einen feinkörnigen Haut-
ausschlag erhalten.
Der Aitel ist einer von denjenigen Cyprinoiden, welche zu unzähligen
Verwechselungen Veranlassung gegeben haben. Es musste daher der Ver-
[202]Familie: Cyprinoidei.
such Heckel’s (Nr. 11 g), die Gattungen Idus, Leuciscus und Squalius, sowie
die dazu gehörigen Arten kritisch zu beleuchten und fest zu begründen, von
den Ichthyologen mit grösstem Danke aufgenommen werden; bei aller Sorg-
falt und Umsicht, welche Heckel auf diesen Versuch verwendet hat, war es
ihm aber nicht gelungen, die grenzenlose Verwirrung, welche die Autoren
bis dahin durch ihre Verwechslungen der allerwärts verbreiteten und im Volke
sehr wohl gekannten Cyprinoiden angerichtet hatten, vollständig zu beseiti-
gen. Eine Hauptursache, durch welche Heckel verhindert wurde, in diesem
Chaos von Namen-Verwechslungen klar zu sehen, lag wohl darin, dass Heckel
gewissen unwesentlichen Formabweichungen, welche derselbe an einzelnen
Cyprinoiden-Arten je nach ihrer verschiedenen geographischen Verbreitung
herausgefunden haben wollte, ein zu grosses Gewicht beilegte, wodurch er
verführt wurde, den deutschen Aitel, den französischen Meunier, den
englischen Chub und den italienischen Squaglio für ganz verschiedene und
selbstständige Arten zu erklären, während sie sich höchst wahrscheinlich,
bei näherer Vergleichung und genauerer Prüfung möglichst vieler Individuen,
nur als die verschiedenen Rassenformen einer und derselben Cyprinoiden-
Species herausstellen werden. Ich habe für diese Species von den vielen
Synonymen die älteste Bezeichnung Cephalus ausgewählt oder vielmehr wie-
der herzustellen gesucht und Heckel’s Artnamen Dobula fallen lassen, weil
dieser letztere Name auch auf den Hasel bezogen wurde und eben dadurch
so viele Verwirrung hervorgerufen hat.
Hätte man die Beschreibung des Aitel, wie sie zuerst von dem ältesten
Systematiker Artedi ausgegangen ist, festgehalten, so würde ein grosser
Theil von Namens-Verwechslungen vermieden worden sein. Artedi hat so-
wohl in den Genera piscium (a. a. O.) durch seine kurze Beschreibung, als
auch in der Synonymia nominum piscium (a. a. O.) durch die Aufführung der
Namen: Capito des Ausonius, Cephalus fluvialilis des Gesner, sowie durch
Erwähnung der Volksnamen: Chub, Squaglio, Chevin, Munier, Alet,
Alte, Diebel klar zu erkennen gegeben, dass er unter seinem Cyprinus ob-
longus macrolepidotus, pinna ani ossiculorum undecim nichts anderes verstan-
den wissen wollte, als den oben von mir als Squalius Cephalus bezeichneten
Cyprinoiden, dessen Kennzeichnung Linné (a. a. O.) dadurch trübte, dass er
zu Artedi’s Diagnose des Cyprinus Cephalus unbegreiflicher Weise die Be-
schreibung eines ganz anderen, gar nicht einmal den Cyprinoiden angehöri-
gen, americanischen Fisches (eines Erythrinus), den er in dem Museum
Adolphi Friderici dargestellt hatte, als Synonym hinzufügte. Obgleich wegen
dieses Versehens Heckel (Nr. 11 g: pag. 63) und vor ihm schon Valenciennes
(Nr. 5: Tom. XVII. pag. 171) und Nilsson1) den alten Species-Namen Ce-
[203]Gattung: Squalius.
phalus nicht mehr gelten lassen wollten, so glaube ich doch, es Artedi, dem
Gründer der systematischen Ichthyologie, schuldig zu sein, den von ihm ein-
geführten Namen Cyprinus Cephalus, wie es auch Linné beabsichtigte, fest-
zuhalten; am wenigsten konnte ich mich entschliessen, den Linné’schen Na-
men Cyprinus Dobula für den Aitel auszuwählen, da die kurze Beschreibung,
welche Linné (Nr. 2: pag. 528. n. 13) von jenem Fische gegeben, eben so gut
auf den Hasel bezogen werden kann, wie dies von Artedi (Nr. 1: Synon.
pag. 10. n. 17), aus den von ihm citirten Namen »Hassle, Hessling, Schnotfisch«
auch wirklich geschehen ist.
2. Art. S. Leuciscus Lin. Hasel, Häsling.
Syn. u. Citate.
Schwenckfeld Nr. 84: pag. 446. Squalus minor, Hessling.
Baldner Nr. 42: pag. 200. Taf. 33. Schnottfisch und pag. 204. Taf. 35. Urban.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 5. n. 13, Descr. spec. pisc. pag. 12. n. 4. Stämm, Syn.
nom. pisc. pag. 5. n. 4. Stämm (ohne Grislagine Augustae), pag. 9. n. 16. Vandoise,
pag. 10. n. 17. Hasel, Schnot.
Linné Nr. 2: pag. 529. n. 14. Cyprinus Grislagine (ohne das Citat aus Act. upsal.), pag. 528.
n. 12 u. 13. Cyprinus Leuciscus und Dobula.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 42. Taf. 5. Cyprinus Dobula, Döbel und Th. III. pag. 141.
Taf. 97. Fig. 1. Cyprinus Leuciscus, Lauben.
Schrank Nr. 23 a: pag. 337. n. 320. Cyprinus Leuciscus.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 202. Cyprinus Dobula, Häseli.
Römer-Büchner Nr. 52: pag. 68. Taf. II. Cyprinus simus.
Agassiz Nr. 7: pag. 38, 39 u. 43. Leuciscus argenteus, rostratus, rodens (Ronzon) u. majalis
(Poissonnet). Tab. VI.
Nenning Nr. 39: pag. 28. Cyprinus Dobula, Hasel.
Bujack Nr. 97: pag. 339. Cyprinus Leuciscus.
Yarrell: A history of british fishes. London, 1841. Vol. I. pag. 397. Leuciscus dobula,
pag. 404. Leuciscus vulgaris, Dace, pag. 406. Leuciscus lancastriensis, Graining.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 205. Leuciscus argenteus, Meunier argenté.
Schaefer Nr. 59: pag. 308. Leuciscus argenteus, Hasel.
Valenciennes Nr. 5: Taf. XVII. pag. 301. Leuciscus rostratus, pag. 302. Leuciscus vulgaris
siv. Leuciscus, Vandoise, pag. 213. Leuciscus rodens, Ronzon, pag. 216. Leuciscus lan-
castriensis, Poissonnet.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 472. Leuciscus Grislagine u. pag. 463. Leuciscus Dobula,
Hassel, Hessling.
Günther Nr. 47: pag. 65. Leuciscus vulgaris, Springer, Hasel.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Squalius argenteus, Weissfisch.
Rapp Nr. 41: pag. 9. Leuciscus vulgaris, Hasel.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 186. Fig. 102. Squalius lepusculus, Hasel, pag. 188. Fig. 103.
Squal. chalybaeus, pag. 189. Fig. 104. Squal. rodens, Ronzon, pag. 191. Fig. 105.
Squal. leuciscus, pag. 192. Fig. 106. Squal. rostratus, Märzling.
Fritsch Nr. 75: pag. 203. Squalius lepusculus, Hasel.
[204]Familie: Cyprinoidei.
Artcharakter:Kopf und Leib etwas seitlich zusammengedrückt;
Maul unterständig und eng; die über der Mundspalte her-
vorragende Schnauze mehr oder weniger gewölbt; After-
flosse mit 8 bis 9 weichen getheilten Strahlen und mit
einem schwach ausgeschnittenen Unterrande; Schuppen
mittelgross.
D. 3/7, P. 1/16—17, V. 2/8, A. 3/8—9, C. 19, Squ. 7—8/47—52/4.
Der Hasel, ein in den Gewässern von Mitteleuropa allgemein verbreiteter
Fisch, ist von den Ichthyologen vielfach verkannt worden, derselbe kömmt
bald mehr bald weniger gestreckt vor, das Profil seiner Schnauze wechselt
ebenfalls sehr ab; solche blosse Varietäten gaben Veranlassung, neue Arten
darauf zu gründen, obgleich man nicht in Abrede stellen konnte, dass alle diese
Arten unter sich und zugleich mit dem Hasel selbst sehr nahe verwandt seien.
Von seinem nächsten Verwandten, dem Aitel, lässt sich der Hasel sehr
leicht unterscheiden. Seine Körperform ist gestreckter und seitlich mehr zu-
sammengedrückt, seine Schuppen sind kaum etwas kleiner als die des Aitel.
Der Kopf des Hasel erscheint im Verhältniss zu seinem Körper-Umfang schmäch-
tiger und namentlich an der Stirne schmäler als bei dem Aitel. Die Augen
des Hasel sind klein, sein nur wenig schief stehendes kleines Maul reicht mit
seinen Winkeln nicht bis unter die Nasenlöcher; dasselbe wird von der Schnauze
etwas überragt, daher der Hasel in Passau mit dem Namen »Nösling« und in
München mit dem Namen »Rüssling« bezeichnet wird. Die Schnauze des Hasel
ist bald mit einem mehr spitzen, bald mit einem mehr stumpfen Bogen
abgerundet, ja zuweilen ganz abgestutzt, wodurch dieser Fisch ein bald mehr
spitznasiges oder bald mehr stumpfnasiges Profil erhält. Auch in der Länge
der paarigen Flossen kann der Hasel variiren. Die Schlundknochen desselben
Schlundknochen.
sind weniger schlank als die des Aitel, indem sich
der nach vorn gerichtete Fortsatz derselben kür-
zer und gedrungener zeigt. In Bezug auf die Zahl
der Zähne will ich es nicht unerwähnt lassen, dass
ich einige Male an dem rechten Schlundknochen
statt zwei Zähne der zweiten Reihe drei Zähne und
bei zwei Individuen an beiden Schlundknochen drei Zähne der zweiten Reihe
zählte.
Auf dem Rücken des Hasel macht sich eine schwarzblaue Färbung
bemerkbar, die oft einen schönen stahlblauen Glanz von sich giebt. Seiten
und Bauch erscheinen bald gelblich bald weissglänzend. Zuweilen macht sich
an der Basis der Schuppen eine bald mehr bald weniger sich ausbreitende
schwarze Pigmentirung bemerkbar. Die Rücken- und Schwanzflosse ist im-
mer durch schwarzes Pigment dunkel gefärbt, die Afterflosse sowie die paa-
[205]Gattung: Squalius.
rigen Flossen zeigen eine blassgelbe, zuweilen orangenrothe Färbung, bei eini-
gen Individuen ist der Vorderrand der Brustflossen durch körniges Pigment
mehr oder weniger angeschwärzt.
Als Aufenthaltsort liebt der Hasel nicht bloss Flüsse und Bäche sondern
auch grössere und kleinere Seen. Derselbe erreicht niemals die Grösse des
Aitel, die gewöhnlichste Grösse, in welcher derselbe zu Markte gebracht wird,
ist 7 bis 8½ Zoll. Das Fleisch des Hasel wird in den Küchen wenig geachtet,
dagegen in der Angelfischerei sehr geschätzt, da sich der Hasel als Köderfisch
für die grösseren Salmoneer ganz besonders bewährt hat; die Fischverkäufer
des Münchner Fischmarktes bieten den Angelfreunden diesen Fisch auch ge-
wöhnlich unter dem Namen »Angelfisch« als Köderfisch an. Seine Laichzeit
fällt in die Monate März und April, während welcher Zeit die Milchner einen
weissen feinkörnigen Hautausschlag erhalten. Die feinen sehr dicht stehenden
Körner erstrecken sich vom Scheitel über die Stirne bis zur Schnauzenspitze
und halten zugleich die Ränder aller Schuppen, auch die der Bauchschuppen
besetzt, zuweilen bemerkt man auch solche Körner strahlig geordnet auf der
Fläche der Schuppen. Der Kiemendeckel-Apparat ist ebenfalls mit solchen
kleinen Körnern rauh besetzt. Die innere Fläche der Brustflossen trägt auf
den Strahlen eine doppelte und mehrfache Reihe solcher weisser dichtstehen-
der Körner, die sich mit der Strahlentheilung ebenfalls theilen und zuletzt in
einfacher Reihe bis zu den Strahlenenden sich hinziehen. Auch die Bauch-
flossen zeigen sich auf ihrer inneren Fläche mit denselben Körnerreihen, jedoch
nicht ganz so dicht besetzt.
Durch die vielen verschiedenen Volksnamen, welche der Hasel als Be-
wohner der verschiedenen Flussgebiete von Mitteleuropa erhalten hat, ist man
bei der Feststellung der Species-Charaktere dieses Fisches in grosse Verwir-
rung gerathen, welche dadurch noch gesteigert wurde, dass man die Varie-
täten und Rassen-Bildungen, denen der Hasel in den verschiedenen Wasser-
gebieten unterworfen ist, für ebensoviele verschiedene Artformen nehmen zu
müssen glaubte. Zwar hat sich Heckel besonders viele Mühe gegeben, diese
Arten, deren Vorkommen sich auf bestimmte Wassergebiete beschränken sollte,
abzugrenzen und zu charakterisiren 1), allein derjenige, welcher sich die Mühe
nimmt, mit unbefangenem Auge diese Squalius-Arten Heckel’s herauszufin-
den, wird zu der Ueberzeugung gelangen, dass dieselben keine Art-Berechti-
gung verdienen. Ich habe es mir sehr angelegen sein lassen, möglichst viele
Formen des Hasels aus den verschiedensten Gewässern in die Hände zu be-
kommen, und habe anfangs, als ich noch wenig Individuen zur Vergleichung
beisammen hatte, den Squalius lepusculus des Donau-Gebiets, den Squalius
[206]Familie: Cyprinoidei.
Leuciscus des Rhein-Gebiets, und den Squalius rodens des Bodensees sicher
herausfinden zu können geglaubt, nachdem ich mir aber eine grössere Menge
Haseln vom Mittelrhein (aus Basel und Freiburg) und vom Niederrhein (aus
Belgien), von der Mosel (aus Trier), vom Neckar, vom Main und von der Reg-
nitz, ferner von der Donau, der Isar, der Würm, der Amper und dem Lech,
aus dem Neuchâteler See, dem Bodensee und dem Chiemsee verschafft hatte,
war ich nicht mehr im Stande, diese vielen Squalius-Individuen nach ihren
verschiedenen Fundorten als ebensoviele verschiedene Arten auseinanderzu-
halten, denn ich fand zwar unter den Haseln des Donau-Gebietes Sq.
lepusculus vorherrschend, doch befanden sich darunter auch mehrere In-
dividuen, die ich wegen ihrer stumpferen und gewölbteren Nase nach Heckel’s
Angabe für Sq. rodens oder Sq. Leuciscus hätte halten müssen, während unter
den Haseln des Mittelrheins sich mehrere dünnschnauzige Individuen als Sq.
lepusculus zu erkennen gaben.
Nach solchen Ergebnissen nehme ich keinen Anstand, die Arten Sq.
Leuciscus, lepusculus, rodens, rostratus und chalybaeus nur für Varietäten und
Rassenformen zu erklären. Ich finde mich hierzu um so mehr bewogen, als
Heckel selbst (Nr. 11 g: pag. 105) sich über diese Arten dahin geäussert hat,
dass dieselben dem Typus Cyprinus Leuciscus des Linné angehörten, und der-
selbe in Gemeinschaft mit Kner (Nr. 13: pag. 186) noch einmal und noch
bestimmter auf die nahe Verwandtschaft dieser Squalien unter einander hin-
weist, indem er sagt: dass dieselben »in Strahlen- und Schuppenzahl, wie
auch in den meisten übrigen Verhältnissen nahezu oder völlig übereinstim-
men und sich vorzüglich nur durch ihre verschiedenen Profile und damit zu-
sammenhängende abweichende Dimensionen charakterisiren.«
In ähnlicher Weise konnte ich an den Haseln des Weser-, Elb-, Oder-,
Weichsel- und Pregel-Gebietes keine Art-Unterschiede sondern immer nur die
eine Art Sq. Leuciscus wiederfinden. Bei diesen Untersuchungen habe ich mich
überzeugt, dass überall in den eben genannten Wassergebieten die Fischer
mit dem Sq. Leuciscus sehr gut bekannt sind und denselben unter dem Na-
men »Häsling« von dem Sq. Cephalus, den sie als »Dickkopf« oder »Döbel«
bezeichnen, sehr wohl unterscheiden, um so mehr muss es auffallen, dass
die Faunisten den Häsling jener Gegenden entweder ganz übersehen oder mit
dem Döbel zusammengeworfen haben 1).
Ich habe bei den Beschreibungen des Cyprinus Carpio, Carassius vulga-
ris, Alburnus lucidus und Leuciscus rutilus bereits darauf aufmerksam gemacht,
[207]Gattung: Squalius.
in wie hohem Grade durch den Einfluss der verschiedenen Gewässer sowie
der verschiedenen Nahrung die Umrisse des Fischleibes und die Dimensionen
seiner einzelnen Körperabschnitte verändert werden können, es kann daher
nicht auffallen, wenn auch der Sq. Leuciscus, der die verschiedenartig-
sten Gewässer von Mitteleuropa bewohnt, mannichfachen Abänderungen un-
terworfen ist. Im Allgemeinen betrachtet zeigen sich die verschiedenen For-
men des Sq. Leuciscus auf folgende Weise verbreitet. Die mehr spitz-
nasige Form, von Heckel als Sq. lepusculus bezeichnet, gehört den Gewässern
des Donau-Gebiets an, doch kommen in denselben Gewässern auch Haseln
mit ganz stumpfer und hochgewölbter Nase vor, auf welche ganz und gar die
von Heckel gegebene Beschreibung und Abbildung des Sq. rodens, Leuciscus
und chalybaeus passt; ich besitze aus der Amper sogar ein stumpfnasiges In-
dividuum, dessen Schnauze so stumpf gewölbt ist und so steil in die Höhe
steigt, wie bei keinem Sq. Leuciscus oder chalybaeus. Die mehr stumpf-
nasige Form des Hasel findet sich vorzüglich in den Gewässern des Rhein-Ge-
biets vor, obwohl auch die spitznasige Form dort nicht ganz ausgeschlossen
ist, denn ich erkannte unter den Haseln, die ich aus dem Rhein und dem
Neckar, aus dem Main und der Regnitz gesammelt hatte, nicht bloss Sq. Leu-
ciscus sondern auch Sq. lepusculus; aber auch sehr stumpfnasige Formen fehl-
ten nicht, auf welche kaum die Beschreibungen des Sq. Leuciscus und chaly-
baeus passen wollten. Dergleichen Haseln mit ganz stumpfer und hochgewölb-
ter Schnauze aus dem Maine hat Römer-Büchner (Nr. 52: pag. 68) als Cypri-
nus simus beschrieben und abgebildet; dass derselbe wirklich einen Squalius
vor sich gehabt, geht aus der genaueren Beschreibung hervor, welche Römer-
Büchner von den mit einer doppelten Zahnreihe besetzten Schlundknochen
seines Cyprinus simus geliefert hat. Ganz übereinstimmend mit dieser stumpf-
nasigen Squalius-Form nahmen sich einige Haseln aus, welche ich als Sq.
rodens vom Neuchâteler See erhalten hatte. Nach Agassiz kömmt der
Sq. rodens in den verschiedenen Seen der Schweiz vor, Heckel und Kner
führen ebenfalls den Sq. rodens als Bewohner des Bodensees auf. Ich
muss gestehen, dass ich die Mehrzahl der am Bodensee von mir gesammelten
Haseln nicht von Sq. Leuciscus habe unterscheiden können, und ein In-
dividuum davon sogar mit Heckel’s Sq. lepusculus vollkommen übereinstim-
mend fand.
Noch muss ich eines Umstandes erwähnen, der ebenfalls darauf hinweist,
dass die von Agassiz und Heckel aufgestellten verschiedenen Hasel-Arten
bei einer näheren Vergleichung untereinander nicht recht Stich halten. Va-
lenciennes hat nämlich unter den bereits erwähnten colorirten Abbildungen
von Donaufischen, welche ihm Agassiz zur Benutzung überlassen hatte, den
Sq. rostratus dargestellt gefunden, welcher nach Agassiz’s Angabe (Nr. 7
pag. 41) den Sq. argenteus (Leuciscus) des Rhein-Gebiets im Donau-Gebiet ver-
[208]Familie: Cyprinoidei.
treten soll. Es bezog sich diese Abbildung, wie aus der Beschreibung des
Valenciennes1) hervorgeht, auf einen dünnschnauzigen Hasel, dessen Rücken
sich dicht hinter dem Nacken etwas erhob und dann in gerader Linie weiter
verlief, welche Form auch Heckel veranlasst hat, diesen Hasel als besondere Art
unter dem Namen Sq. rostratus beizubehalten. Da Heckel (a. a. O.) von die-
ser Species ausgesagt hat, dass dieselbe im Inn vorkomme und bei den Be-
wohnern des Innthals den Namen »Märzling« führe, habe ich mir besondere
Mühe gegeben, diesen Märzling zu Gesicht zu bekommen, jedoch in Innsbruck
wie in Brixlegg und Kufstein nichts anderes als Haseln (Sq. Leuciscus) er-
halten, von denen einzelne einen am Hinterkopfe mit einer Verdickung oder
Aufquellung beginnenden Rücken besassen. Dergleichen Erhöhungen des
Rückens dicht hinter dem Nacken kommen übrigens bei den verschiedensten
Cyprinen vor und geben als Artcharakter durchaus keinen Anhaltspunkt,
indem diese Formverschiedenheit die Folge von guter Ernährung und starker
Fleischentwickelung zu sein scheint. Ich besitze auch unter den dünnschnau-
zigen Haselformen aus dem Main (von Würzburg) Individuen mit einem hinter
dem Nacken erhöhten und gerade verlaufenden Rücken, die ich demnach
für Sq. rostratus erklären müsste; auch die Squalius-Form, welche Va-
lenciennes durch Selys als Sq. argenteus (Leuciscus) aus Belgien erhalten hatte,
muss hoch- und geradrückig gewesen sein, da sie von Valenciennes (a. a. O.
pag. 202) mit Sq. rostratus des Donau-Gebietes zusammengestellt wurde. Als
Beweis, dass die Haseln sich schon sehr früh mit verschiedenem Profil ent-
wickeln, kann ich anführen, dass ich ganz junge Haseln von 2 bis 2½ Zoll
Länge besitze, welche in der Isar gefangen wurden und zum Theil stumpf-
schnauzig, zum Theil dünnschnauzig sind, mithin als Sq. Leuciscus und lepus-
culus unterschieden werden müssten. Die schwarzen Flecke, welche nach
Angabe des Agassiz (a. a. O. pag. 41) im Frühjahre auf den männlichen Indi-
viduen des Sq. rodens zum Vorschein kommen und nach Beendigung der Laich-
zeit wieder verschwinden, hängen nicht mit den Geschlechtsfunctionen die-
ses Fisches zusammen, wie auch Heckel und Kner (a. a. O. pag. 190) dies zu
glauben scheinen, und ist diese Erscheinung nicht etwa als ein specifischer
Charakter des Sq. rodens zu betrachten, sondern als etwas zufälliges und pa-
thologisches aufzufassen, wie ich das bereits bei verschiedenen anderen Ge-
legenheiten zur Sprache gebracht habe2).
[209]Gattung: Squalius.
Obgleich ich es mir bei dem vorliegenden Werke zur Aufgabe gemacht
habe, die Besprechung der Synonymen nicht zu weit auszudehnen, so kann
ich es hier doch nicht unterlassen, auf eine nordeuropäische Fischform hinzu-
weisen, welche durch eine unserer ersten ichthyologischen Autoritäten un-
verdienter Weise zu einer besonderen Art gestempelt worden ist. Ich meine
den schwedischen »Stämm«, welcher von den skandinavischen Ichthyologen
den Namen Cyprinus oder Leuciscus Grislagine erhalten hat. Dieser Fisch ist
von Fries und Ekström sehr genau beschrieben und von Wright sehr sauber
abgebildet worden1). Heckel (Nr. 11 g: pag. 101) rügte mit Recht, dass Ar-
tedi2), welcher zuerst des »Stämm« Erwähnung gethan, zu diesem Fische
Willughby’s Grislagine fälschlich als synonym citirte, welcher letztere der Telestes
Agassizii, mithin ein ganz anderer Fisch sei, und fügte hinzu, dass der schwe-
dische Stämm mit unserem Perlfische, Leuciscus Meidingeri eine Aehnlichkeit
habe. Worauf Heckel diese letztere Behauptung gründet, ist mir durchaus un-
klar geblieben, jedenfalls hat Heckel durch dieselbe viel dazu beigetragen, das
wahre Wesen des Stämm unkenntlich zu machen, was um so auffallender ist,
da die skandinavischen Ichthyologen ihren Stämm immer als einen Squalius cha-
rakterisirt haben. Zuerst gab Linné3) die Beschreibung und Abbildung eines
Stämm, den er unter dem Namen »Naddi« aus Helsingfors erhalten hatte.
Heckel (Nr. 11 g: pag. 101) erkannte in dieser Beschreibung ganz richtig den
»Chub« der Engländer, nämlich seinen Sq. Cephalus, der nach meiner
Ueberzeugung mit Heckel’s Sq. Dobula zusammenfällt. Nilsson4) konnte
in Linné’s Beschreibung jenes finnischen Fisches ebenfalls nur den Sq.
DobulaHeck. wieder erkennen, erfuhr aber aus Helsingfors, dass kein Fisch
unter dem Namen »Naddi« dort bekannt sei. Linné hat demnach bei seinem
Versuch, den schwedischen Stämm in das System einzuführen, verschiedene
Fehler begangen. Er hat einen finnländischen Fisch fälschlich für einen
Stämm genommen, in seinem Systema naturae zu dem Cyprinus Grislagine
ganz unrichtig seine Beschreibung des Naddi citirt und überhaupt versäumt,
den Cyprinus Leuciscus von Mitteleuropa mit dem Cyprinus Grislagine von
Schweden zu vereinigen. Von Fries und Ekström sowie von Nilsson sind
2)
v. Siebold, Fische. 14
[210]Familie: Cyprinoidei.
diese Fehler ausgeglichen worden. Da Heckel die Erklärung des Fries und
Ekström1) kennen musste, nach welcher Cyprinus LeuciscusLin. u. Arted.
mit deren Cyprinus Grislagine zusammenfällt, so ist es unbegreiflich, wie
Heckel (Nr. 11 g: pag. 98) später die Identität dieser beiden Fische bezwei-
feln und ausserdem sein Bedauern darüber ausdrücken konnte2), dass weder
Artedi, Linné noch Fries und Ekström der Schlundzähne des Cyprinus Gris-
lagine erwähnt und es daher unentschieden gelassen hätten, ob dieser wahre
Stämm des Fries und Ekström dem Cyprinus LeuciscusLin. oder dem Leu-
ciscus MeidingeriHeck. näher stehe. Ich kann hiergegen einwenden, dass
nicht bloss Fries und Ekström sondern auch andere skandinavische Ichthyo-
logen sich über das Zahnsystem des Stämm als das eines Squalius deutlich
genug ausgesprochen haben. Von Fries und Ekström3) wird (nach der latein.
Uebersetzung des schwedischen Textes) über die Schlundzähne des Cyprinus
Grislagine ausgesagt: »Ossa pharyngea denticulis, per ordines duos dispositis
armata; superiores 5, longi recti, apice introrsum paullum curvati; inferiores
curti, recti et conici, plerumque tres; saepe tamen variant.« Auch Krøyer,
welcher den Cyprinus Grislagine mit einer Copie nach »Skandinaviens Fiskar«
unter dem Namen »Stämskallen« als dänischen Fisch aufführt, giebt die Zahn-
formel als 2+5, mithin als die eines Squalius an. Derselbe spricht sich zu-
gleich darüber aus, dass dieser Cyprinus Grislagine mit Cyprinus Leuciscus
Lin. sowie mit Leuciscus vulgarisFlem. identisch sei. Da der letztere Fisch
nichts anderes als Squalius Leuciscus ist, so haben wir hiermit ein Zeugniss
mehr, wodurch die Identität des Stämm mit unserem Hasel festgestellt wird.
Nilsson4) beschreibt den Stämm unter dem Namen Leuciscus Grislagine, ohne
das Zahnsystem desselben zu erwähnen, lässt aber aus den herbeigezogenen
Synonymen Leuciscus DobulaYarrell’s und Cyprinus DobulaBloch’s deut-
lich erkennen, dass er den Stämm als Squalius aufgefasst hat. Bringt man
nun noch in Anschlag, dass in den skandinavischen Gewässern der Sq.
Leuciscus ebenso verbreitet sein wird, wie in allen übrigen Flüssen und Seen
von Nord- und Mitteleuropa, und dass die skandinavischen Zoologen Linné,
Retzius, Nilsson und Krøyer in ihren schwedischen und dänischen Fischfau-
nen ohne Ausnahme den Cyprinus Grislagine, nicht aber den Cyprinus Leu-
ciscus aufgeführt haben, so giebt uns. dies ebenfalls einen Wink, den Stämm
und Hasel für identisch zu halten, denn dass der Stämm eine selbstständige
[211]Gattung: Squalius.
dem Hasel nur nahe verwandte Art sei, diesen Gedanken wird man aufgeben
müssen, so wie man sich mit den oben citirten Beschreibungen dieses Fisches
und zugleich mit der Neigung der meisten skandinavischen Zoologen, den
Cyprinus Grislagine mit dem Cyprinus Leuciscus zu vereinigen, näher vertraut
gemacht hat. Betrachtet man die Abbildung des Cyprinus Grislagine in »Skan-
dinaviens Fiskar« genauer, so wird man in derselben die stumpfnasige Form
des Hasel nicht verkennen, dennoch muss ich gestehen, dass an dieser
colorirten Abbildung die sehr schlanke Gestalt des Schwanzes und der gelbe
Glanz, welcher von der ganzen Oberfläche dieses Fisches ausgeht, mich an-
fangs stutzig machte, indessen erinnerte ich mich, dass ich auf unseren Fisch-
märkten öfters ausgelaichte Haseln mit ebenso schlankem Hinterleibe und
ähnlichem gelbem Glanze gesehen habe. Dass der Stämm gleich unserem Ha-
sel silberglänzende Färbung besitzt, geht aus der Beschreibung des Fries und
Ekstöm1) hervor, in welcher sie von dem Cyprinus Grislagine aussagen: »ar-
genteus, tempore coïtus paullum flavescens«.
Ich glaube hiermit hinreichend nachgewiesen zu haben, dass der Leu-
ciscus Grislagine des Heckel als eine nicht in der Natur begründete Art aus
dem System der Cyprinoiden gestrichen werden müsse. Ich bin zu meiner
Freude in dieser Behauptung noch ganz kürzlich durch eine Fischsendung be-
stärkt worden, welche ich der Güte des Herrn Sundevall in Stockholm zu ver-
danken hatte. Diese Sendung enthielt ausser verschiedenen anderen schwe-
dischen von Sundevall sehr genau terminirten Fischen auch drei Exemplare
des echten Stämm unter der Bezeichnung Cyprinus Grislagine aus dem Mälar-
See und einem anderen See des mittleren Schweden. Eine Vergleichung die-
ser Stämms und ihrer doppelreihigen Schlundzähne mit unserem Hasel und
seinen ebenfalls doppelreihigen Schlundzähnen stellte auf den ersten Blick
die Identität zwischen Cyprinus GrislagineArted. von Schweden und Squalius
LeuciscusLin. von Mitteleuropa heraus. Heckel wäre gewiss die Identität
dieser beiden Fische nicht entgangen, wenn er Gelegenheit gehabt hätte, den
Cyprinus Grislagine zu untersuchen, aber weder in dem Wiener noch Berliner
Cabinete, deren Material Heckel zu seinen Untersuchungen benutzt hatte,
wurde bisher ein Cyprinus Grislagine aufbewahrt, wie ich mich selbst über-
zeugt habe. Die Musterung der im Wiener Cabinete vorräthigen Cyprinoiden
erleichterte mir übrigens die Deutung der verschiedenen Squalien ausser-
ordentlich. Ich konnte durch eine Vergleichung des Sq. argenteus von
Teschen, des Sq. chalybaeus von Unteröstreich, des Sq. lepusculus von
Wien, des Sq. rostratus von Brixlegg, des Sq. lancastriensis von Eng-
land, des Sq. Leuciscus von Paris, von Belgien und Böhmen, des Sq. rodens
von Neuchâtel die Ueberzeugung gewinnen, dass alle diese Squalien der
14*
[212]Familie: Cyprinoidei.
von mir als Squalius Leuciscus des Linné geschilderten Cyprinoiden-Form an-
gehören, zu welcher ich auch noch den im Wiener Cabinet vorgefundenen Leu-
ciscus majalis von Neuchâtel hinzufügen muss. Dieser von Agassiz (a. a. O.) be-
schriebene und abgebildete Leuciscus majalis, von welchem durch Coulon aus
dem Neuchâteler Museum zwei Exemplare nach Wien gesendet waren, wurde
von Heckel (Nr. 11 g: pag. 105 u. 115) als ein Leuciscus festgehalten, weil er in
demselben die Zahnformel 6—5 angetroffen habe. Ich fand in diesen Wiener
Exemplaren des Leuciscus majalis noch einen einzigen Schlundknochen vor,
welcher wie bei Squalius eine doppelte Zahnreihe trug, woraus ich vermuthe,
dass Heckel die beiden kleinen Zähne der inneren Zahnreihe dieser beiden
Fische, welche vielleicht unvollständig vorhanden waren, übersehen haben
mag. Ich konnte wegen dieser Doppelreihigkeit der Zähne und wegen des
übrigen Habitus den Leuciscus majalis, ebenso wie den Sq. lancastriensis,
welche beiden Fische Agassiz selbst (a. a. O. pag. 45) für identisch erklärte,
nur als einen Sq. Leuciscus anerkennen. Zwar werden der Sq. rodens
als »Ronzon« und der um einige Zoll kleinere Leuciscus majalis als »Poi-
sonnet« mit ihrer verschiedenen Laichzeit von den Fischern des Neuchâteler
See für zwei verschiedene Fische gehalten, es kann mich dies um so weniger
abhalten, beide Fische miteinander zu vereinigen, weil von den Fischern
ältere und jüngere Individuen einer und derselben Fischspecies sehr oft mit
verschiedenen Namen bezeichnet werden und weil die Laichzeit bei älteren
und jüngeren Individuen gewisser Fischspecies um einige Wochen früher oder
später eintreten kann.
XX. Gattung: Telestes (nach Bonaparte).
Gattungscharakter.Die Schlundzähne stehen in doppelter Reihe
zu 2 und 5 auf der einen und zu 2 und 4 auf der anderen Seite.
Die Zahnkronen seitlich zusammengedrückt und an der
Spitze hakenförmig umgebogen. Rücken- und Afterflosse
mit kurzer Basis, die erstere gerade über den Bauchflossen
beginnend.
1. Art. T. Agassizii Heck. Strömer.
Syn. u. Citate.
Willughby: Historia piscium. pag. 263. Tab. Q. 1. Fig. 1.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 200. Cyprinus aphya, Rissling.
Agassiz Nr. 6: pag. 1048. Cyprinus aphya, ferner Nr. 7: pag. 8 und Nr. 8: pag. 79.
Leuciscus aphya.
[213]Gattung: Telestes.
Perty Nr. 24: pag. 719. Leuciscus aphya.
Reider \& Hahn Nr. 25: n. 35. Taf. 29. Fig. b. (schlecht) Leuciscus aphya, kleine Laube.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 254. Pl. 495. Leuciscus Agassizii.
Weber Nr. 27: pag. 25. Taf. 5. (gute Abbildung.) Leuciscus Leuciscus, Laube, Nestling.
Heckel Nr. 11 f: pag. 386 und Nr. 11 g: pag. 100. Telestes Agassizii und Rysela, Lauge, Ry-
serle, ferner Nr. 11 i: pag. 193. Telestes Agassizii, gemeine Laube.
Günther Nr. 47: pag. 57. (Abbildung sehr gut). Leuciscus muticellus, Hasel, Gangfisch.
Grandauer Nr. 16: pag. 22. Aspius Leuciscus, Grieslaugel.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 206. Fig. 116. Telestes Agassizii, Laugen.
Artcharakter:Maul klein und unterständig, die über der Mund-
spalte hervorragende Schnauze mässig gewölbt, Leib cy-
lindrisch; Afterflosse mit 8 bis 9 weichen getheilten Strah-
len und mit convexem Unterrande; Schuppen mittelgross.
(Ueber der Seitenlinie eine breite schwarze Binde vom Auge
bis zur Schwanzflosse).
D. 2/8, P. 1/13—14, V. 2/8, A. 3/8—9, C. 19, Squ. 8—9/50—56/4—5.
Obgleich der Strömer ein sehr charakteristisches Ansehen hat, und be-
sonders durch seine Färbung sich vor allen anderen verwandten Cyprinoiden
auszeichnet, so ist er doch der Aufmerksamkeit der meisten Ichthyologen ent-
gangen und zum Theil mit anderen Cyprinoiden verwechselt worden, mit
denen er auch nicht die geringste Aehnlichkeit hat, was in Bezug auf diesen
Fisch als Bewohner bayrischer Gewässer um so mehr auffallen muss, da der-
selbe von den Fischern hier zu Lande als besondere Fischart recht gut ge-
kannt ist und auf dem hiesigen Fischmarkte nie anders als mit dem Namen
»Strömer« oder »Rüssling« bezeichnet wird.
Der Körper des Strömer ist gestreckt und cylindrisch, seine Schuppen
sind etwas kleiner als die des Hasel, auf der Fläche derselben zeigen sich
die fächerförmig gestellten Radien nur wenig erhaben. Die Augen erscheinen
Kopf von
unten.
mittelgross. Die Mundspalte ist eng und steht fast horizontal. Die
etwas hervorstehende Schnauze ist nur mässig gewölbt und erin-
nert an das Profil der Haseln. Die Schlundknochen des Strömer
haben eine etwas gedrungene Form und tragen eine doppelte Reihe
von Zähnen, von denen die mittleren Zähne der äusseren Reihe
unterhalb der hakenförmigen Spitze zuweilen gezähnelt sind. Die
sogenannten Flügel der Schlundknochen besitzen oben und unten
Schlundknochen.
einen Winkel, von denen der untere einen starken Vor-
sprung bildet, vor welchem der Aussenrand des vorde-
ren Fortsatzes den beiden ersten Zähnen gegenüber flach
gewölbt erscheint. Durch diese Form der Schlundkno-
chen so wie durch die Form und Anordnung der Zähne
selbst stehen die Strömer den Squalien sehr nahe. Auch
[214]Familie: Cyprinoidei.
in den Flossen-Umrissen stimmen die Strömer mit den meisten Squalien
überein.
Der Rücken der Strömer besitzt nur wenig schwarzes Pigment, daher
derselbe durch seine graue Färbung gegen den dunkeln Rücken anderer Cy-
prinoiden auffallend absticht. Um so stärker dagegen ist das schwarze Pig-
ment an den Seiten des Strömer angehäuft, indem hinter den Augen eine
breite schwarze Binde beginnt, welche den Anfang der Seitenlinie kreuzend
oberhalb derselben sich bis zur Schwanzwurzel erstreckt. Der Bauch und die
Seiten des Leibes glänzen rein weiss, auf welchen letzteren die Seitenlinie
durch ihre orangengelbe Färbung grell absticht. Die gelbe Farbe umgiebt hier
hauptsächlich die auf den Schuppen angebrachten Mündungen der Seitenlinie,
wird aber zuweilen durch das Hinzutreten von schwarzkörnigen Pigment-
flecken mehr oder weniger gedeckt. Dieselbe orangengelbe Färbung tritt noch
an der Basis der paarigen Flossen, der Rücken- und Afterflosse auf, und
nimmt auch die Näthe des Kiemendeckel-Apparats, den Oberkieferrand und
den Pupillarrand der Iris ein. Rückenflosse und Schwanzflosse erscheinen
durch schwarzkörniges Pigment grau gefärbt, die übrigen Flossen sind da-
gegen farblos.
Hinsichtlich dieser Färbung der Strömer darf ich es nicht unerwähnt las-
sen, dass nicht selten nach der Laichperiode das schwarze Seitenband dersel-
ben nur schwach angedeutet ist oder fast ganz verschwunden zu sein scheint.
Aus diesem Grunde habe ich es vermieden, auf die Anwesenheit dieser
schwarzen Längsbinde sowohl bei der Gattung Telestes wie bei der Art Tel.
Agassizii Gewicht zu legen. Auf diese Weise tritt aber als Hauptcharakter
für die Gattung Telestes die Beschaffenheit des Schlund-Zahnapparates beson-
ders hervor, der allerdings durch seine Asymmetrie von dem Schlund-Zahn-
apparate der nächst verwandten Gattung Squalius wesentlich verschieden an-
gegeben worden ist. Leider muss ich aber gestehen, dass dieser Charakter
nicht stichhaltig erscheint, wenn man glaubt, durch denselben die beiden
Gattungen Squalius und Telestes sicher auseinander halten zu können. Ich
habe von Tel. Agassizii 72 Individuen genau untersucht und gefunden, dass
sich nur bei 33 Individuen als diagnostisches Gattungsmerkmal die Zahn-For-
meln 5. 2 links und 4. 2 rechts und bei 2 Individuen 4. 2 links und 5. 2 rechts
vorfanden, während 37 Individuen auf beiden Seiten 5. 2 Schlundzähne be-
sassen, mithin in Betreff der Zahl und Anordnung der Schlundzähne sich nicht
von den Squalien unterschieden.
Es dürfte demnach die Gattung Telestes nur als eine Unterabtheilung der
Gattung Squalius zu betrachten sein, wie sie auch vor einiger Zeit von Heckel
(Nr. 11 c: pag. 1041) selbst aufgefasst wurde, indem er die kleinschuppigen
Squalien mit Bonaparte’s Telestes-Arten als Untergattung Telestes vereinigte,
und für dieselbe das diagnostische Untergattungs-Merkmal »squamae minutae«
[215]Gattung: Telestes.
feststellte. Heckel hat aber diese Eintheilung später wieder aufgegeben,
wahrscheinlich weil gerade Tel. Agassizii und seine nächsten Verwandten
Tel. Savignyi und muticellus gar nicht als kleinschuppig betrachtet werden
können. Bonaparte1) sagt zwar von seiner Gattung Telestes, dass sie »squame
piccolissime« besitze, allein weder auf der Abbildung von Tel. muticellus noch
auf der von Tel. Savignyi sieht man die Schuppen klein, geschweige winzig
klein dargestellt2). Wegen der Unhaltbarkeit dieses Gattungscharakters
sehen wir daher, dass Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 206), indem sie Bona-
parte’s Gattung Telestes beibehielten, als diagnostisches Merkmal für diese
Gattung die »Schuppen mittelgross« angaben, indessen sind sich beide
Ichthyologen nicht consequent geblieben, denn indem sie auf diese Weise die
sehr kleinschuppigen Squalius-Arten Sq. Turskyi, microlepis, tenellus von Te-
lestes getrennt, haben sie auf der anderen Seite diese kleinschuppigen Squa-
lien wieder mit grossschuppigen Squalien vereinigt, so dass der von ihnen für
Squalius festgestellte Gattungscharakter (Nr. 13: pag. 180) »Schuppen ziem-
lich gross« auf die eben genannten Squalius-Arten durchaus nicht passt. Ein
anderes Gattungsmerkmal, welches Bonaparte für seine Telestes-Gattung gel-
tend machte, nämlich ein »unterständiges Maul« haben Heckel und Kner
(Nr. 13: pag. 206) mit Stillschweigen übergangen, was ich nur billigen kann,
da die verschiedene Stellung des Maules als endständig und unterständig bei
den Cyprinoiden viel besser für Artkennzeichen als für Gattungskennzeichen
berücksichtigt zu werden verdient; es springt dies sogleich in die Augen,
wenn wir Bonaparte’s Gattung Squalius betrachten, für welche als Gattungs-
charakter unter anderen ein »endständiges Maul« angegeben ist3), ob-
wohl dieses von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 180) beibehaltene Gattungs-
merkmal auf viele Squalius-Arten, nämlich auf Sq. Leuciscus und dessen nächste
Verwandte ganz und gar nicht anwendbar ist.
Der Strömer wird gewöhnlich in der Grösse von 5 bis 5½ Zoll auf den
hiesigen Markt gebracht, doch sind mir auch schon 7 bis 9 Zoll lange Indivi-
duen zu Gesicht gekommen. Es wird übrigens dieser Fisch hier sehr gern
als Futter- und Köderfisch für die Salmoneer verwendet.
Die Laichzeit des Strömers fällt in die Monate März und April, um welche
Zeit sich dieser Fisch in seiner hochzeitlichen Färbung sehr schön ausnimmt.
Das Vorkommen des Strömer beschränkt sich in Bayern nur auf die
schnell fliessenden Seitenströme der Donau; ich erhielt Exemplare dieses Fi-
sches aus der Iller, dem Lech, der Amper, der Würm, der Isar, der Mangfall
und dem Inn. Auch im Oestreichischen kömmt der Strömer nach Heckel und
[216]Familie: Cyprinoidei.
Kner’s Angaben (a. a. O. pag. 207) nur in den Nebenflüssen und nicht im
Hauptstrom der Donau vor. Mit den Strömern des Rhein-Gebiets scheint es
sich ebenso zu verhalten, da bis jetzt im Rhein selbst kein Strömer bemerkt
wurde, während derselbe Fisch seit Gesner als Bewohner der Sihl, eines
Seitenflusses der Limmat gekannt ist und von Günther als Bewohner des
Neckar beschrieben und abgebildet worden ist1). Ob der Tel. Agassizii
noch anderen Stromgebieten der Nord- und Ostsee angehört, möchte ich be-
zweifeln, da bei meinen verschiedenen Nachforschungen, die ich in dieser
Beziehung im Weser-, Elbe-, Oder-, Weichsel-, Passarge-, Pregel- und
Memel-Gebiet angestellt habe, mir niemals ein Tel. Agassizii aufgestossen
ist. Jedenfalls ist unter der Fisch-Species Cyprinus aphya der älteren Ichthyo-
logen, welche nach Hartmann und Agassiz mit dem Tel. Agassizii identisch
sein soll, ein ganz anderer Fisch zu verstehen.
Der erste, welcher die Aufmerksamkeit der Ichthyologen in neuerer Zeit
auf den Strömer lenkte, war Agassiz, durch welchen Valenciennes einige
Exemplare aus München erhalten hatte. Agassiz hatte diesen Fisch als Leu-
ciscus aphya bezeichnet und denselben mit dem Cyprinus aphya des Linné
vereinigt, wie dies aus der bereits erwähnten Abhandlung des Agassiz (Nr. 7:
[217]Gattung: Telestes.
pag. 38) hervorgeht. Dass hiermit Agassiz den Strömer bezeichnen wollte,
konnte ich auch an einem zwei Strömer enthaltenden Glase der hiesigen zoo-
logischen Staats-Sammlung erkennen, indem dasselbe von der Hand des
Agassiz mit »Leuciscus aphya« etiquettirt war. Auch Reider und Hahn müssen
durch Einsicht in die Bilder-Mappe des Agassiz Kenntniss von dessen Leu-
ciscus aphya erhalten haben, da sie, wie ich oben angeführt habe, unter dem-
selben Namen den Strömer freilich nach ihrer Weise sehr schwer kenntlich
abgebildet haben. Mit Recht erklärte aber Valenciennes (Nr. 5: a. a. O.
pag. 255) den von Agassiz aus München eingesendeten Leuciscus aphya als
verschieden von Cyprinus aphya des Linné, denn nach der Beschreibung,
welche Linné1) von Cyprinus aphya in seiner Fauna suecica gegeben hat und
in welcher es heisst: »color dorsi caesius, cum maculis fuscis ut in Perca,
squamae vix conspicuae«, kann nur Phoxinus laevis gemeint sein, wie denn
auch Nilsson2) zu dem Leuciscus Phoxinus ganz richtig Linné’s Cyprinus aphya
citirt hat. Agassiz muss übrigens in der ersten Zeit, als er in München auf
den Strömer aufmerksam geworden, mit demselben nicht sogleich ins Klare
gekommen sein, sonst würde er in seinen Zusätzen zu Schrank’s Verzeichniss
der bayrischen Fische den Strömer nicht als »Pfrille« bezeichnet und nicht
von seinem Cyprinus aphya gesagt haben (Nr. 6: pag. 1048): »Dieser Fisch
ist’s, der unter dem Namen Pfrill bei den bayrischen Fischern bekannt ist
und nicht Cyprinus Phoxinus, wie Schrank angiebt; letzterer ist hier viel
seltener«. Hierin hat Agassiz unre[ch]t, denn unter Pfrille versteht man in
ganz Bayern den allgemein verbreiteten und sehr häufigen Phoxinus laevis.
Wahrscheinlich ist Weber durch diese Behauptung des Agassiz irre geführt
worden, indem er unter dem Namen »Spierling (Leuciscus aphya)« einen
Fisch abbildete, dem er die auf den Strömer und die Pfrille sich beziehenden
Volksnamen »Ryssling, Pfrille, Budd« beifügte3). Ein Fisch, der in Süd-
deutschland den Namen »Spierling« führen soll, existirt aber nirgends;
welchen bayrischen Fisch Weber mit diesem Spierling überhaupt hat darstel-
len wollen, ist schwer zu errathen, da diese Abbildung ein Gemisch von
Strömer und Pfrille an sich trägt; in den Umrissen erkennt man an der Ab-
bildung eine Pfrille, die Färbung der Flossen erinnert an die des Strömers, der
seitliche Goldstreif, den man an diesem abgebildeten Fisch bemerkt, ist der
Pfrille entnommen, auf welche wieder die sehr deutliche Beschuppung, wel-
che diese Abbildung erkennen lässt, gar nicht passen will.
Der Strömer hat übrigens das Schicksal gehabt, schon einmal von älte-
[218]Familie: Cyprinoidei.
ren Ichthyologen beschrieben und dann wieder ganz vergessen worden zu
sein; es geht dies aus Gesner’s kurzer Beschreibung und dürftiger Abbildung
des Ryserle oder Ryssling hervor1), der nach seiner Angabe bei Zürich
in der Sihl angetroffen wird. Dieser Ryserle der Sihl ist in der That ein Te-
lestes. was Heckel2) an Exemplaren dieses Fisches nachgewiesen hat, die
derselbe aus der Sihl erhalten hatte. Heckel hielt anfangs (Nr. 11 f: pag. 386
und 388) diesen Ryserle als Tel. Rysela von Tel. Agassizii getrennt, erst spä-
ter vereinigte er sie miteinander (Nr. 13: pag. 206), womit ich vollkommen
einverstanden bin, da ich Gelegenheit hatte, mich in Zürich an mehreren In-
dividuen des Ryserle aus der Sihl von der Identität dieses Telestes mit Tel.
Agassizii zu überzeugen. Der Ryserle blieb übrigens bis auf die neueste Zeit
unbeachtet, nur Hartmann (Nr. 38 b: pag. 200) beschrieb denselben in sei-
ner helvetischen Ichthyologie ziemlich kenntlich, begieng aber den Fehler,
den Ryserle mit Bloch’s räthselhaftem Cyprinus aphya (Spierling Bl.) zu ver-
einigen, wodurch sich der Ryserle, noch dazu unter dem ganz fremden Na-
men »Spierling« nicht dauernd geltend machen konnte, obgleich Hartmann auf
eine weitere Verbreitung des Ryserle in der Schweiz hingewiesen hatte.
Hartmann hat nämlich zu diesem Ryserle der Sihl den von Cysat beschriebe-
nen »Aertzele« der Reuss citirt, in welchem Fisch ich nach der Beschrei-
bung Cysat’s (Nr. 35: pag. 93) den Tel. Agassizii deutlich erkenne. Indem
Agassiz (Nr. 7: pag. 38 und Nr. 8: pag. 80) den Ryserle des Gesner irriger-
weise mit seinem Chondrostoma Rysela zusammenwarf, machte er nicht bloss,
wie schon Heckel (Nr. 11 f: pag. 377) bemerkte, seine neue Chondrostoma-
Art unkenntlich, sondern er trug auch dazu bei, dass der Strömer oder Ry-
serle von den Ichthyologen wieder vergessen wurde.
Dem Strömer oder Tel. Agassizii Bayerns ergieng es nicht viel besser
als dem Ryserle der Schweiz, denn bald, nachdem ihn Willughby3) bei sei-
nem Aufenthalte in Augsburg an das Licht gezogen hatte, ist derselbe durch
Vermischung und Verwechslung mit anderen Fisch-Arten ebenfalls wieder
aus den Fisch-Systemen verschwunden. Niemand wird in der Beschreibung,
welche Willughby von »Grislagine Augustae dictus« gegeben hat, den Tel.
Agassizii verkennen, von dem Willughby unter anderen sagt: »supra lineas
citrinas ductus hinc inde niger ab oculis ad caudam continuus«. Noch heute
führt der Strömer in Augsburg den Volksnamen »Grieslaugele«, den Wil-
lughby in unrichtiger Auffassung zu Grislagine umgeschaffen hat. Diesen ver-
stümmelten Namen Grislagine übertrug Artedi4) auf den schwedischen Fisch
[219]Gattung: Telestes.
Stämm, der wie oben (pag. 209) gezeigt wurde, mit Squalius Leuciscus zu-
sammenfällt, keineswegs aber, wie Artedi fälschlich glaubte, mit dem Gris-
lagine Augustae dictus identisch ist. Heckel1) gebührt das Verdienst, diese
verschiedenen Missgriffe, welche sich die Ichthyologen durch Verkennung des
Tel. Agassizii haben zu Schulden kommen lassen, durch seinen von rich-
tiger Kritik geleiteten Scharfblick aufgedeckt zu haben. Es ist nur zu be-
dauern, dass Heckel mit seinem sicheren kritischen Blicke sich nicht näher
über den Cyprinus aphya der Autoren ausgesprochen hat, über welchen Cy-
prinoiden bis auf den heutigen Tag die Ichthyologen noch nicht ganz ins Klare
gekommen sind. Dass Linné mit seinem Cyprinus aphya keinen Telestes son-
dern nur einen Phoxinus laevis gemeint haben kann, wurde schon vorhin
(pag. 217) erwähnt. Auch der von Meidinger2) schuppenlos abgebildete
Cyprinus aphya ist nichts anderes als ein Phoxinus laevis, was schon von
Heckel und Kner3) richtig erkannt worden ist. Artedi und Linné haben
die erste Verwirrung über diesen Cyprinus aphya hervorgebracht, indem
sie den schwedischen und den im übrigen Europa einheimischen Phoxi-
nus laevis als zwei ganz verschiedene Fische auseinander hielten4), obgleich
Linné in seiner Fauna suecica5) sogar die Frage aufgeworfen hatte, ob nicht
Artedi’s Cyprinus phoxinus mit seinem Cyprinus aphya identisch sei. O. F.
Müller6), Retzius7), und Nilsson8) folgten dem Beispiele Artedi’s und Lin-
né’s und behielten den Cyprinus phoxinus und aphya als zwei verschiedene
Arten bei; Retzius und Nilsson vermehrten die Verwirrung noch dadurch,
dass sie mit Linné’s Cyprinus aphya den Cyprinus aphyaBloch’s zusammen-
warfen, wie Bloch9) selbst vor ihnen dasselbe gethan hatte. Es frägt sich
nun, welchen Fisch Bloch unter seinem mit ziemlich grossen Schuppen be-
deckten Spierling oder Cyprinus aphya verstanden haben mag. Soviel geht
aus den neueren ichthyologischen Studien der skandinavischen Zoologen Ek-
ström10), Nilsson11) und Krøyer12) hervor, dass sich weder auf der skandina-
vischen Halbinsel noch in Dänemark bis jetzt ein Fisch vorgefunden hat, der
[220]Familie: Cyprinoidei.
mit Bloch’s Cyprinus aphya identisch sein könnte. Die Beschreibung, welche
Bloch von diesem Fische geliefert hat, ist sehr kurz, und von keinem der späte-
ren Ichthyologen ergänzt worden, da diese es vorgezogen haben, die Beschrei-
bung des Cyprinus aphya immer wieder aus Bloch’s Naturgeschichte abzu-
schreiben. Ebenso wurde auch die Abbildung zu diesem Fische aus Bloch’s
Werken immer wieder copirt. Es geht theils aus Bloch’s Beschreibung
theils aus seiner Abbildung des Cyprinus aphya hervor, dass dieser Fisch
einen unterständigen Mund und mittelgrosse Schuppen besessen, und in so
fern könnte derselbe ein Telestes gewesen sein; aus diesem Grunde mag sich
Hartmann (Nr. 38 b: pag. 200) veranlasst gefühlt haben, zu seinem Cyprinus
aphya, welcher zuverlässig Tel. Agassizii ist, Bloch’s Beschreibung und
Abbildung des Spierling zu citiren. Auf der anderen Seite will aber die Fär-
bung dieses Fisches, wie sie auf Bloch’s colorirter Abbildung zu sehen und
aus seiner Beschreibung zu entnehmen ist, auf keinen Telestes passen, indem
Bloch von seinem Cyprinus aphya sagt: »der Bauch ist bei einigen roth bei
anderen weiss, sämmtliche Flossen sind am Grunde grünlicht am übrigen
Theil grau«. Auch Heckel muss später über die Deutung von Bloch’s Cypri-
nus aphya zweifelhaft geworden sein, indem er1) anfangs Linné’s Cyprinus
aphya bei Telestes aufführte und dazu Bloch’s Abbildung des Spierling citirte,
nachher aber in Gemeinschaft mit Kner (Nr. 13: pag. 206) bei der genaueren
Beschreibung des Tel. Agassizii dieses Citat wieder gänzlich fallen liess.
Was den Namen Spierling betrifft, den nach Bloch’s Angabe der Cyprinus
aphya in Deutschland führen soll, so habe ich nicht in Erfahrung bringen
können, in welcher Gegend Deutschlands dieser Fischname im Munde des Vol-
kes geführt wird. In Süddeutschland ist nirgends ein Fisch unter dem Namen
»Spierling« gekannt und auch in Norddeutschland scheint dieser Fischname
als auf einen Cyprinoiden bezüglich gänzlich unbekannt zu sein. Zwar findet
man den Namen »Spierling« von verschiedenen Faunisten erwähnt, bei nähe-
rer Untersuchung überzeugt man sich aber bald, dass derselbe nur aus
Bloch’s Werken nachgeschrieben ist. Weder von Birkholz2) noch von J. H.
Schulz3) wird unter den Fischen der Churmark der Spierling aufgeführt,
ebensowenig erwähnt Siemssen4) den Spierling als mecklenburgischen Fisch,
auch Schonevelde5) übergeht in seinem Nomenclator der schleswig-holstei-
[221]Gattung: Telestes.
nischen Fische den Spierling mit Stillschweigen. Nach Leske1), Bujack2) und
Gloger3) existirt weder in Sachsen, Preussen noch in Schlesien ein karpfen-
artiger Fisch mit dem Provincialnamen »Spierling«. Dagegen kömmt für den
Salmoneer Osmerus eperlanus statt des bekannten Trivialnamens »Stint« in
gewissen Gegenden von Norddeutschland die Bezeichnung »Spiering« oder
»Spierling« vor, welche Namen in dieser Bedeutung schon von Gesner er-
wähnt werden; es wäre daher möglich, dass Bloch durch irgend eine Ver-
wechslung verleitet den Namen »Spierling« von einem Salmoneer auf einen
Cyprinoiden übertragen habe. Ich hoffte übrigens über die Verwirrung,
welche durch Bloch’s Cyprinus aphya veranlasst wurde, mir dadurch einige
Klarheit zu verschaffen, dass ich die in dem zoologischen Cabinete zu Ber-
lin aufbewahrten Original-Exemplare der Fischsammlung Bloch’s einer ge-
naueren Musterung unterwarf. Ich benutzte den Spätsommer von 1860 zu
dieser Musterung, welche mir von Seiten des Directors jenes Cabinets,
des Herrn Professor Peters auf eine sehr zuvorkommende Weise gestattet
worden war, und erkannte bald, dass diese Verwirrung von Bloch selbst
ausgegangen war, indem er verschiedene aus Süddeutschland an ihn ein-
gesendete Exemplare von zwei bis drei unter einander verwandten Cypri-
nus-Arten nicht gehörig auseinander gehalten hatte. In dem erwähnten Cabi-
nete befinden sich nämlich drei Gläser, welche nach der Aufschrift der Eti-
quetten und nach dem verbleichten Ansehen des Inhalts von der Bloch’schen
Sammlung herrühren und welche mir über die fraglichen Fische folgenden
Aufschluss gaben. Das eine Glas enthielt unter der Bezeichnung (Cyprinus
aphya L. Deutschland) ein Exemplar von Phoxinus laevis, auf der Etiquette
war bereits von Agassiz eigenhändig die richtige Bestimmung dieses Fisches
vorgenommen worden. Ein zweites Glas enthielt einen Tel. Agassizii und
einen Phoxinus laevis zugleich und war mit dem Namen (Cyprinus Leuciscus L.
Deutschland) etiquettirt. In einem dritten Glase war ein Squalius Leuciscus
und zwei Individuen des Tel. Agassizii enthalten mit der Aufschrift (Cy-
prinus Leuciscus L. Deutschland). Es wird hierdurch wahrscheinlich, dass
Bloch und sein Maler jene drei verschiedenen Cyprinoiden bei Anfertigung
ihrer Beschreibungen und Abbildungen durcheinander gemengt haben, und
zwar durch eine Fischsendung veranlasst, welche Schrank aus Burghausen
an der Salzach nach Berlin gemacht hatte. Letzterer wollte Bloch mit dem
nur in Süddeutschland einheimischen Tel. Agassizii bekannt machen und
sendete ihm mehrere Exemplare dieses Salzach-Fisches unter dem Volks-
[222]Familie: Cyprinoidei.
namen »Laube«1), hatte aber, vielleicht zufälliger Weise, der Sendung noch ein
Paar Pfrillen und einen Hasel beigefügt, ohne dieselben besonders zu erwäh-
nen. So mag es nun gekommen sein, dass Bloch gerade jenen Hasel ausge-
wählt und ganz richtig als Cyprinus Leuciscus beschrieben hat, jedoch mit der
unrichtigen Notiz2), dass dieser Fisch in Burghausen (an der Salzach) den
Namen »Laube« führe. Auf der anderen Seite begieng Bloch einen zweiten
Fehler, indem er den eingesendeten grossschuppigen Tel. Agassizii als Cy-
prinus aphya abzeichnen und der Zeichnung das rothe Hochzeitskleid der zu-
fällig beigefügten kleinschuppigen Pfrille geben liess. In dieser Entstellung
konnte Schrank seine »Laube« (Telestes Agassizii) um so weniger erkennen,
als es Bloch zugleich unterlassen hatte, in der Beschreibung des Cypr.
aphya zu erwähnen, was für Exemplare von Fischen derselbe zur Anfertigung
der Abbildung des Cypr. aphya benutzt habe. Auf diese Weise musste Tel.
Agassizii unerkannt bleiben. Selbst Schrank liess sich durch Bloch irre
führen, indem er (Nr. 23 a: pag. 337) in seiner Fauna boica von dem Alburnus
bipunctatus, Alburnus lucidus und von dem Squalius Leuciscus (statt Tel.
Agassizii) aussagt, dass diese drei Fische von unseren Fischern unter dem
Namen »Lauben« begriffen würden.
XXI. Gattung: Phoxinus (nach Agassiz).
Gattungscharakter:Die Schlundknochen stehen in doppelter Reihe,
auf der einen Seite zu 2 und 5, auf der anderen Seite zu 2 und
4, seltener auf beiden Seiten zu 2 und 4. Die Zahnkronen
seitlich zusammengedrückt und an der Spitze hakenförmig
umgebogen. Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis, die
erstere hinter den Bauchflossen beginnend.
1. Art. Ph. laevis Agass. Pfrille, Elritze.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 208. Taf. 37. Glatte Bampel und pag. 218. Taf. 42. Milling.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 9, Descr. spec. pisc. pag. 30. n. 16. Mudd, Syn. nom.
pisc. pag. 13. n. 29. Mudd, pag. 12. n. 23. Elritz, Minow, Veron.
Linné Nr. 2: pag. 528. n. 11. Cyprinus Aphya und Nr. 10. Cyprinus Phoxinus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 60. Taf. VIII. Fig. 5. Cyprinus Phoxinus, Elritze.
[223]Gattung: Phoxinus.
Schrank Nr. 23 a: pag. 336. n. 317. Cyprinus Phoxinus,Pfrille.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 197. Cyprinus Phoxinus,glatte Bambeli.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 29. Cyprinus phoxinus,Ellritze.
Bujack Nr. 97: pag. 338. Cyprinus Phoxinus,Elritze.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 203. Phoxinus laevis, Véron.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 363. Leuciscus Phoxinus, Véron.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 524. Phoxinus Aphya,Elritze.
Günther Nr. 47: pag. 53. Leuciscus phoxinus,Pfelle.
Leiblein Nr. 51: pag. 121. Phoxinus laevis,Pfrille.
Rapp Nr. 41: pag. 10. Phoxinus laevis,Pfelle, Butt.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 210. Phoxinus laevis,Pfrille.
Fritsch Nr. 75: pag. 203. Phoxinus laevis.
Artcharakter:Maulklein und endständig, Schnauze stumpf und
stark gewölbt; Leib cylindrisch, Seitenlinie anfangs
deutlich, hinter der Mitte unregelmässig unterbrochen;
Schuppen ausserordentlich klein.
D. 3/7, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/7, C. 49, Squ. 80—90.
Die Pfrille besitzt einen gestreckten, cylindrischen Körper, und zeichnet
sich durch ausserordentlich kleine Schuppen aus, welche an vielen Stellen
des Körpers, ohne sich dachziegelförmig zu decken, neben einander liegen.
Auf der Rücken- und Bauchseite ist die Haut in der Umgebung der Mittellinie
von Schuppen gänzlich entblösst. Diesen Eigenschaften verdankt die Pfrille
in manchen Gegenden den Volksnamen »glatte Bambel«. Die beiden Seiten-
linien sind nur sehr selten vollständig entwickelt. Sie erscheinen in den mei-
sten Fällen hinter der Leibesmitte unregelmässig unterbrochen und ver-
schwinden auf dem Schwanztheile des Leibes gewöhnlich vollständig. Heckel
hatte früher geglaubt, die Pfrillen mit vollständigen Seitenlinien als eine be-
sondere Art betrachten zu müssen, für die er den Namen Phoxinus Marsilii
vorschlug (Nr. 11 a: pag. 232): später hat derselbe mit Recht diese Species
wieder fallen lassen (Nr. 13: pag. 210).
Die Schnauze der Pfrille erhebt sich über dem endständigen Maule in
einem etwas steilen Bogen. Mit der Angabe des Heckel und Kner über die
Schlund-
knochen.
Zahnstellung der Schlundknochen der Pfrille stimmen meine Erfah-
rungen nicht überein. Ihre Angaben lauten nämlich (Nr. 13: a. a. O.):
Fangschlundzähne in zwei Reihen, gewöhnlich beiderseits zu 2.4,
seltner zu 2.5 auf der einen und zu 2.4 auf der anderen Seite. Ich
fand unter 51 Individuen 45 Mal 2.5 Zähne links und 2.4 Zähne
rechts, und nur zweimal 2.4 Zähne links und 2.5 Zähne rechts und
nur viermal auf beiden Seiten 2.4 Zähne, so dass sich mir für das
Zahnsystem der Pfrille die unter den Gattungscharakteren oben auf-
geführte Formel 2.5—4.2 als die gewöhnlichste geltend machte.
In der Färbung variirt die Pfrille ausserordentlich. Die Grundfarbe ihres
Rückens erscheint bald olivengrün, bald schmutziggrau, und ist durch viele
[224]Familie: Cyprinoidei.
kleine schwarzkörnige Pigmentflecke mehr oder weniger getrübt. Diese
schwarzen Pigmentflecke stehen oft so dicht, dass sie verschiedene Zeich-
nungen darstellen; am häufigsten macht sich auf der Mittellinie des Rückens
ein schwarzer Längsstreif bemerklich, der vom Nacken bis zur Schwanz-
flosse verläuft, zuweilen durch Unterbrechungen nur einzelne Flecke dar-
stellt oder fast ganz erloschen ist. Auf dem übrigen Rücken der Pfrille kann
durch stärkere Entwicklung jener Pigmentflecke eine schwarze Marmorirung
hervortreten. Bei sehr vielen Individuen sind auch die Seiten des Leibes
mehr oder weniger schwarz pigmentirt; entweder tritt diese Pigmentirung
gleichmässig verbreitet auf oder sie stellt eine breite Fleckenbinde dar, deren
Flecke nicht selten zu einer ununterbrochenen schwarzen Seitenbinde ver-
flossen sein können. Sehr charakteristisch für die Pfrille ist ein goldglänzen-
der Längsstreif, welcher aus der Tiefe der Haut zu beiden Seiten des Rückens
hervorschimmert und hinter den Augen beginnend, sich bis zur Schwanz-
wurzel erstreckt. Die Körperseiten, sowie der Bauch dieses Fisches geben
einen Silberglanz, noch häufiger aber einen Messingglanz von sich, der stets
gegen die beiden vorhin erwähnten goldglänzenden Rücken-Seitenbinden
deutlich absticht.
Alle Flossen besitzen eine blassgelbe Grundfarbe, welche auf der Rük-
kenflosse, auf der After- und Schwanzflosse, sowie am Aussenrande der bei-
den Brustflossen durch schwarzes Pigment verdunkelt ist. Die Lippen, die
Basis der paarigen Flossen und der Afterflosse sind oft glänzend purpurroth
gefärbt. Diese prächtige Farbe breitet sich nicht selten von der Basis der
genannten Flossen auf dem Bauche nach vorn bis gegen die Kehle und nach
hinten bis zum Schwanzende aus, wodurch zuweilen die ganze Unterseite der
Pfrillen in purpurglänzender Farbe prangt. Diese Farbenpracht ist bei der
Pfrille nicht von der Laichzeit abhängig, die in den Monat Mai fällt, sondern
kömmt auch ausser der Laichzeit sowohl bei männlichen wie weiblichen In-
dividuen zum Vorschein, wovon ich mich mitten im Winter, im Januar über-
zeugt habe. Die Laichzeit verräth sich bei beiden Geschlechtern durch den
bekannten Hautausschlag, der sich in Form von spitzen Höckern auf der Haut-
oberfläche des Scheitels ausbreitet. Eine solche am Kopfe bedornte, brün-
stige Pfrille hat Meidinger1) als Cyprinus aphya abgebildet. Ausserdem er-
scheinen zur Laichzeit sämmtliche Schuppen der männlichen und weiblichen
Pfrillen an ihrem Hinterrande mit einer einfachen Reihe sehr kleiner aber
dicht gedrängt stehender Körnchen gesäumt, auch die Innenseite der Brust-
flossen-Strahlen trägt solche Reihen dicht stehender Körnchen.
Das Vorkommen der Pfrille, welche sich meistens von kleinen Wasser-
insecten und Gewürm ernährt, ist ein sehr verbreitetes. In allen Flüssen und
[225]Gattung: Chondrostoma.
Bächen von Mitteleuropa ist dieser niedliche Fisch anzutreffen. Ebenso be-
wohnt derselbe auch gern grössere und kleinere Seen und scheut selbst sehr
hochgelegene Gebirgsseen nicht, zu welchen er in den rauschendsten Bächen
hinaufsteigt. Merkwürdig ist das Vorkommen der Pfrille in dem oberhalb des
Königssees über 6000 Fuss hoch gelegenen Funtensee, während derselbe
Fisch in dem weniger hoch gelegenen Grünsee fehlt 1). In dem neben dem
Eibsee gelegenen kleinen Pfrillensee habe ich keine einzige Pfrille, sondern
nur Rothfedern (Scardin. erythrophth.) mit ganz blassgefärbten Flossen an-
getroffen.
Es gehört die Pfrille zu unseren kleinsten Fischen, derselbe erreicht nur
selten eine Grösse von 5 Zoll, am häufigsten wird er zwischen 3 und 4 Zoll
gross auf den Münchener Markt gebracht. Er dient in hiesiger Gegend den
Anglern als beliebter Köderfisch, und wird von den Fischern in Menge
eingefangen, um den in den Wasserbehältern aufbewahrten Salmoneern als
Futter vorgeworfen zu werden.
Ueber die unter dem Namen Cyprinus aphya vorgekommenen Verwechs-
lungen des Phoxinus laevis mit anderen Cyprinoiden habe ich mich bereits bei
Telestes Agassizii ausgesprochen.
XXII. Gattung: Chondrostoma (nach Agassiz).
Gattungscharakter:Fünf, sechs oder sieben Schlundzähne in ein-
facher Reihe mit sehr stark seitlich zusammengedrückten
langen Kronen, deren eine Seite fast ihrer ganzen Länge
nach abgeschliffen wird; die knorpelige Schnauze bald
mehr bald weniger hervorragend; die Mundspalte unter-
ständig und vollkommen quer mit scharfkantigen, von einer
gelben, hornartigen Epidermis überzogenen Kieferrän-
dern; Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis.
1. Art. Ch. Nasus Lin. Nase.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 168. Taf. 15. Naass.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 5. n. 15, Syn. nom. pisc. pag. 6. n. 9. Nasus.
Linné Nr. 2: pag. 530. n. 21. Cyprinus Nasus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 35. Taf. III. Cyprinus Nasus,Nase.
v. Siebold, Fische. 15
[226]Familie: Cyprinoidei.
Siemssen Nr. 79: pag. 76. Cyprinus Nasus,Nase.
Schrank Nr. 23 a: pag. 333. n. 312. Cyprinus Nasus,Nase.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 212. Cyprinus Nasus,Nase.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 26. Cyprinus Nasus,Nase, Asche.
Bujack Nr. 97: pag. 338. Cyprinus Nasus,Nase.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 204. Chondrostoma Nasus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 384.
Günther Nr. 47: pag. 99. Chondrostoma Nasus,Nase, Weissfisch.
Leiblein Nr. 51: pag. 123. Chondrostoma Nasus,Speier.
Rapp Nr. 41: pag. 11. Chondrostoma Nasus,Nase.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 217. Chondrostoma Nasus,Näsling.
Artcharakter:Schnauze sehr stark und conisch hervorragend, die
quere Mundspalte fast gerade, kaum etwas gebogen; auf
jeder Seite 6 Schlundzähne, seltener auf der einen Seite 7
und auf der anderen Seite 6 Zähne; der am Vorderende sehr
breite Flügel der Schlundknochen ohne Vorsprung in den
vorderen Fortsatz übergehend; Körper sehr langgestreckt.
D. 3/9, P. 1/15—16, V. 2/9, A. 3/10—11, C. 19, Squ. 8—9/57—62/5—6.
Die Bezeichnung »Nase« ist vom Volke für diesen Fisch sehr gut gewählt,
da fast bei keinem anderen Cyprinoiden die Mundspalte soweit von der
Schnauzenspitze ab nach hinten gerückt erscheint, nur die bereits erwähnte
»Russnase« (Abramis Vimba) übertrifft die »Nase« in der stärkeren Hervorra-
gung der Schnauze, wesshalb in manchen Gegenden an der Donau die Russ-
nase schlechtweg auch »Nase« genannt wird, wobei dem Chrondrostoma Nasus
alsdann der Trivialname »Weissfisch« zufällt. Die Unterseite der conisch über
die Mundspalte hervorragenden Schnauze zeigt sich schräge abgestutzt und
auf der unteren Seite stark abgeflacht. Die scharfen Kieferränder des quer
Kopf von
unten.
stehenden Maules sind gewöhnlich durch einen erhärteten Epithe-
lium-Ueberzug bernsteingelb gefärbt. Hinter dem Rande des
Unterkiefers, an welchem jede Spur eines Kinnwinkels ver-
schwunden ist, befindet sich eine vollständig ebene Fläche. Der
nur mässig seitlich zusammengedrückte Körper der Nase hat eine
sehr gestreckte Gestalt, daher auf der Seitenlinie meist über
60 Schuppen gezählt werden können; mit dieser Körperlänge
steht die Länge der paarigen Flossen nicht im Verhältniss, denn sie erschei-
nen ziemlich kurz, so dass, wenn man die Brustflossen gegen den Bauch zu-
rücklegt, man den Raum zwischen ihren Spitzen und den Wurzeln der Bauch-
flossen von 10 bis 12 Querreihen Schuppen ausgefüllt findet. Die vorderen
Strahlen der Rückenflosse überragen, wenn diese zurückgelegt wird, die
hintersten Strahlen derselben, an der zurückgelegten Afterflosse dagegen
decken die vordere und hintere Spitze derselben sich gegenseitig.
[227]Gattung: Chondrostoma.
In Bezug auf die Schlundzähne herrscht bei den gemeinen Nasen die
gleiche An ahl von 6 Zähnen auf beiden Seiten vor 1); unter 51 Nasen fand
ich bei 45 Individuen die Zahnformel 6—6, und nur bei 6 Individuen zählte
ich auf dem linken Schlundknochen 7 und auf dem rechten 6 Zähne. Da zu
der Fischfauna von Süddeutschland noch eine zweite und dritte Chondrostoma-
Species gehört, welche mit der gemeinen Nase verwechselt werden könnten,
halte ich es für nöthig, den Schlundzahn-Apparat von Ch. Nasus noch etwas
näher zu besprechen, indem die verschiedene Beschaffenheit der Schlundkno-
chen mit ihren Zähnen ein wichtiges Hülfsmittel abgiebt, um die verschiedenen
Chondrostoma-Arten sicher von einander zu unterscheiden. Bei Ch. Nasus ist
der hintere obere Fortsatz der beiden Schlundknochen an seinem Gelenk-
ende sehr stark entwickelt und häufig mit einer beilförmigen Verbreiterung
versehen; ferner erheben sich die vorderen Zähne aus dem Boden der
Schlundknochen und Schlundzähne
(nach Heckel und Kner).
Schlundknochen in sehr schräger Rich-
tung, so dass der vorderste Zahn mit
dem zahnlosen Innenrande des unteren
vorderen Schlundknochen-Fortsatzes
einen sehr spitzen Winkel bildet. Von
dem vorderen Winkel des zahntragen-
den Mitteltheils (des Flügels) der
Schlundknochen geht der Aussenrand
des letzteren ohne Unterbrechung und
ohne Vorsprung fast gerade in den vor-
deren Fortsatz über.
Ausser der Laichzeit treten die Färbungen an der Nase nur sehr blass
hervor. Der Rücken erscheint schwärzlichgrün, während die Seiten und der
Bauch silberweiss glänzen. Sämmtliche Flossen, mit Ausnahme der schwärz-
lichen Rückenflosse zeigen sich mehr oder weniger geröthet, wobei die
Schwanzflosse an ihrem oberen und hinteren Rande schwarz gesäumt ist.
Nähert sich dieser Fisch der Laichzeit, so nehmen alle seine pigmentirten
Körpertheile eine intensivere Färbung an, auch stellt sich in den beiden
Mundwinkeln, sowie an den Näthen des Kiemendeckel-Apparates und an den
Brustflossen-Gelenken eine orangengelbe Pigmentirung ein, mit welcher sich
zugleich vom Hinterkopfe bis zum Schwanzende an den beiden Leibesseiten
eine schwarze Pigmentmasse ausbreitet, wodurch die Seiten der Nase einen
schönen schwarzen Atlasglanz erhalten. Ausser dieser oberflächlichen Schwär-
zung der Körperseiten häuft sich vom Rücken aus nach und nach in den un-
terhalb der Schuppen gelegenen Hauttheilen soviel schwarzkörniges Pigment
15*
[228]Familie: Cyprinoidei.
an, dass dadurch der Leib des Fisches, in einer gewissen schrägen Richtung
betrachtet, ein schwarzstreifiges Ansehen erhält, indem jenes schwarze Pig-
ment durch die Längsreihen der Schuppen in Längsstreifen hindurch-
schimmert.
Die Nase kann eine Länge von 18 Zoll und eine Schwere von 1½ Pfund
erreichen, kömmt aber gewöhnlich in der Länge von 9 bis 12 Zoll auf den
hiesigen Fischmarkt, wo dieselbe fast allwöchentlich in grossen Quantitäten,
jedoch als wenig geschätzter Fisch zum Verkauf ausgeboten wird. Ihr Vor-
kommen ist in Süddeutschland, wie es scheint, ein verbreiteteres und häufi-
geres als in Norddeutschland; sowohl im Donau- wie Rhein-Gebiet bevöl-
kern die Nasen einen grossen Theil der Flüsse und Seen. Zur Laichzeit,
welche in die Monate April und Mai fällt, versammeln sich die Nasen in
grossen Schaaren und suchen schnellfliessende Stellen und kiesigen Boden
der Gewässer auf, daher um diese Zeit die in Seen lebenden Nasen sich in
die Ausflüsse der Seen begeben. In manchen Gegenden giebt dies Gelegen-
heit, den Nasenfang in so grossartiger Weise zu betreiben, dass derselbe hun-
derte von Centnern dieser Fische einträgt 1).
Als Nahrung dienen den Nasen meist Pflanzenstoffe, namentlich verschie-
dene Wasseralgen, welche als sogenannte vegetabilische Schleimmassen
Steine und andere im Wasser liegende feste Gegenstände überziehen und
von den scharfen, harten Kieferrändern der Nasen leicht abgelöst werden
können. In Würzburg haben die Nasen von den Fischern den Namen »Speier«
erhalten, weil sie, frisch eingefangen, stets vielen Schlamm ausspeien; es ist
dies wahrscheinlich jener vegetabilische Schleim, den sie im Moment des
Gefangenwerdens noch zwischen den Schlundzähnen festgehalten haben.
Während der Laichzeit schmücken sich die Nasen nicht allein mit dem
bereits erwähnten Hochzeitskleid, sondern die männlichen Individuen erhalten
auch um diese Zeit den bekannten eigenthümlichen Hautausschlag, der bei
ihnen aus kleinen runden, in der Mitte mit einer kurzen conischen Erhaben-
heit versehenen Scheibchen oder aus halbkugeligen Knötchen von weisslicher
Farbe besteht. In Form von Scheibchen hält dieser Ausschlag den Scheitel
und den oberen Theil des Kiemendeckel-Apparats, sowie die Seitentheile der
Schnauze und des Gesichts besetzt; in Gestalt von 12 bis 17 Knötchen säumt
[229]Gattung: Chondrostoma.
dieser Hautausschlag den Hinterrand der Schuppen des Rückens vom Hinter-
kopfe bis zum Schwanzende der männlichen Nasen, und auch auf der inneren
Fläche der Brustflossen derselben stehen dergleichen Knötchen längs der
Flossenstrahlen in dichten Reihen. Bei den laichenden weiblichen Nasen fin-
det sich dieser Hautausschlag nur auf dem Scheitel und auf den Seitentheilen
der Schnauze in Form sehr kleiner Scheibchen angebracht.
Ich kann es hier nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, dass
auch bei den aussereuropäischen Cyprinoiden zur Brunstzeit sich warzen- oder
perlen-artige Hautauswüchse entwickeln, welche als vergängliche, meistens
den männlichen Individuen eigenthümliche Hautgebilde nicht zu Gattungs-
oder Art-Merkmalen erhoben werden dürfen. Letzteres ist freilich von meh-
reren Ichthyologen geschehen, wodurch es gekommen sein mag, dass brün-
stige und mit Hauttuberkeln besetzte männliche Individuen gewisser Cypri-
noiden von den nicht brünstigen oder weiblichen Individuen derselben Cypri-
noiden als specifisch verschiedene Arten auseinandergehalten worden sind.
Ein auffallendes Beispiel dieser Art liefert die Gattung Varicorhinus, für welche
Rüppell1) als Gattungscharakter unter anderen eine mit kleinen Knorpelwar-
zen besetzte fleischige Schnauze hervorhebt. Bei genauerer Untersuchung
konnten aber Varicorhinus Beso (Rüppell) aus dem Nil, Varicorhinus diplosto-
mus (Heckel) aus Caschmir 2) und Varicorhinus Bobree (Sykes) aus Dekkan 3)
nicht als zu einer und derselben Gattung gehörend festgehalten werden, und
so wurden dieselben von Heckel4) in die drei Gattungen Systomus, Tylognathus
und Gibelion vertheilt. Schon Valenciennes5) hatte darauf hingewiesen, dass
Rüppell bei Aufstellung seiner Gattung Varicorhinus sich wahrscheinlich nicht
daran erinnert habe, dass die Bildung von Tuberkeln ein bei allen Cyprinoiden
sehr allgemein verbreitetes Hautproduct sei. Bei Varicorhinus diplostomus
kömmt zugleich ein solcher Hautauswuchs auch auf den Schuppen in Form
von sehr kleinen, perlartigen Erhabenheiten vor, den ich für eine mit der Ge-
schlechtsfunction in Beziehung stehende und daher ebenfalls vorübergehende
Hautwucherung halten möchte. Die von Hamilton6) bei Cyprinus Curmuca
und Chagunio, sowie von Sykes7) bei Barbus Mussullah und Kolus als diagno-
[230]Familie: Cyprinoidei.
stische Merkmale hervorgehobenen Hauttuberkeln (tuberculated nose, callous
tubercles on the head) sind gewiss nichts anderes als vergängliche Hautaus-
schläge brünstiger Individuen, mit welchen wahrscheinlich verschiedene an-
dere Cyprinoiden, welche wegen Mangels dieser Tuberkeln von den Faunisten
für besondere indische Cyprinen-Arten gehalten und beschrieben worden sind,
als die nicht brünstigen oder weiblichen Individuen jener Cyprinoiden ver-
einigt werden müssen. Wenn man die nur auf einen Theil der Schnauze
sich beschränkenden Hauttuberkeln, wie sie Sykes1) bei Cyprinus Abramoides
und Varicorhinus Bobree dargestellt hat, mit den Tuberkeln auf der Schnauze
der brünstigen Männchen von Rhodeus amarus (s. oben pag. 118 u. Taf. I.
Fig. 1) vergleicht, so wird man über die Aehnlichkeit beider Gebilde über-
rascht sein. Dass auch die von Hamilton2) für weite Poren gehaltenen Ge-
bilde auf der Schnauze des Cyprinus Boga, ferner die von Valenciennes3) als
Warzenhöcker mit einer mittleren Vertiefung beschriebenen Schnauzen-Ge-
bilde des Labeo niloticus, sowie die von M’Clelland4) an Cyprinus pangusia
und die von Heckel5) an Labeo Forskalii abgebildeten Schnauzenhöcker hie-
her gehören, scheint mir bei der Betrachtung der Abbildungen dieser Fische
sehr wahrscheinlich.
2. Art. Ch. Genei Bonap.
Syn. u. Citate.
Bonaparte: Iconografia della Fauna italica a. a. O. Fol. 126*. Tav. 114. Fig. 2 und Tav. 116.
Fig. 1. Leuciscus Genei, ferner: Catalogo metodico dei pesci europei a. a. O. pag. 28. n. 78.
Chondrostoma Genei.
Filippi: Cenni sui pesci d’aqua dolce. Milano, 1844. pag. 11. Chondrostoma jaculum.
Heckel Nr. 11 f: pag. 377. Taf. VII. Fig. 7—11. Chondrostoma Genei.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 220. Fig. 126 u. 127 (zum Theil).
Artcharakter:Schnauze wenig hervorragend und sehr stumpf
abgerundet, Mundspalte einen flachen Bogen bildend; auf
jeder Seite 5 Schlundzähne, sehr selten auf der einen
Seite 6 und auf der anderen 5 Zähne; der am Vorderende
sehr breite Flügel der Schlundknochen ohne Ausschnitt und
ohne Unterbrechung in den vorderen Fortsatz übergehend;
Körper sehr gestreckt.
D. 3/8, P. 1/14—15, V. 2/8, A. 3/8—9, C. 19, Squ. 8—9/52—56/5—6.
[231]Gattung: Chondrostoma.
Obgleich Heckel und Kner (a. a. O.) Chondrostoma Genei mit Chondrostoma
Rysela zu einer Art vereinigt haben, sehe ich mich dennoch genöthigt, Heckel’s
früherer Ansicht treu zu bleiben und diese beiden Chondrostoma-Arten vor
der Hand noch auseinander zu halten, muss aber ausdrücklich bemerken,
dass ich mich zu diesem Schritte nicht etwa durch Bonaparte’s ungenügende
Darstellung seines Ch. Genei, sondern durch eine Vergleichung habe
drängen lassen, welche ich mit Ch. Rysela des Donau-Gebiets und mit
mehreren Exemplaren des Ch. Genei von Lyon, Verona, Mailand und Turin
habe vornehmen können.
Bei der Vergleichung beider Nasen-Arten untereinander zeigte sich eine
fast gleiche Flossenbildung mit dem Unterschiede, dass Ch. Genei statt 10
bis 11 nur 8 bis 9 zerfaserte Strahlen in der Afterflosse besitzt. Ausser-
dem stellen sich noch folgende Unterschiede heraus. Der Leib des Ch. Genei
ist länger gestreckt als der von Ch. Rysela, enthält aber doch nur 54 bis 56
Schuppen in der Seitenlinie. Die nach hinten gegen den Leib zurückgelegten
Brustflossen lassen zwischen ihren Spitzen und den Wurzeln der Bauchflossen
einen Raum übrig, welcher von 8 bis 10 Schuppen-Querreihen ausgefüllt
wird, und mithin länger ist als bei Ch. Rysela. Die Schnauze ist sehr abge-
stumpft, und ragt nur sehr wenig hervor, indem sie concentrisch mit der
Kopf von
unten.
Mundspalte zu einem flachen Bogen abgerundet ist. Aus dieser
Schnauzenform geht hervor, dass Ch. Genei in dieser Beziehung
dem Ch. Rysela sehr nahe steht, und dass beide Arten leicht mit-
einander verwechselt werden können, wie dies auch wirklich von
Heckel und Kner geschehen ist; ich würde auch auf das Auf-
rechthalten dieser beiden Nasen-Arten gar nicht bestehen, da viel-
leicht durch Uebergangsformen die äusseren Körperumrisse des
Ch. Genei und Ch. Rysela bis zu blossen Varietäten abgeschwächt werden
könnten, wenn nicht die Bildung der Schlundknochen mir ganz bestimmte
Schlundknochen. a. Nicht ausgeschnittener
Vorderrand des Flügels.
specifische Unterschiede zwischen Ch.
Genei und Ch. Rysela dargeboten hätte.
Ich überzeugte mich nämlich, dass
die Schlundknochen und Schlund-
zähne des Ch. Genei abgesehen von
der geringeren Anzahl der Zähne in
den Umrissen und in der Richtung der
Knochenfortsätze, sowie in der sehr
schiefen Stellung der Zähne mit den-
selben Organen des Ch. Nasus voll-
ständig übereinstimmen. In Bezug
auf die Zahnformel selbst habe ich
unter 26 Exemplaren des Ch. Genei
[232]Familie: Cyprinoidei.
bei 24 Individuen jederseits 5 Zähne und nur bei 2 Individuen eine Abwei-
chung angetroffen, indem das eine rechts und das andere Individuum links
6 Schlundzähne besass.
Was die Färbung des Ch. Genei betrifft, welches eine Grösse von 8 Zoll
erreichen kann, so bin ich nicht im Stande, aus eigenen Erfahrungen etwas
genaues anzugeben, da ich bis jetzt nur ausgebleichte Weingeistexemplare
dieser Nasen-Art zu untersuchen Gelegenheit hatte, an denen ich einen von
schwarzkörnigem Pigmente herrührenden Seitenstreif noch deutlich wahr-
nehmen konnte, welcher schwarze Seitenstreif mir übrigens bei allen Nasen-
Arten vorzukommen scheint.
Aus dem Donau-Gebiet ist mir bis jetzt noch kein Individuum des
Ch. Genei zu Gesicht gekommen, dagegen erhielt ich ein einziges bei Basel im
Rhein gefangenes aber sehr schlecht erhaltenes Exemplar, welches mir den
Beweis lieferte, dass diese dem Po und der Rhone angehörige Nasen-Art auch
im Rhein-Gebiete einheimisch ist. Ob jene goldfarbige Varietät des Chondro-
stoma Nasus, welche Schaefer (Nr. 59: pag. 305) als Goldnase bezeichnete
und welche unter dem Volksnamen »Goldmakrele« zu Trier als Moselfisch
bekannt ist, nicht etwa zu einer besonderen Nasen-Art gehört, die vielleicht
mit Ch. Genei identisch wäre, muss der Entscheidung besonderer Unter-
suchungen vorbehalten bleiben.
3. Art. Ch. Rysela Agass. (Bastard).
Syn. u. Citate.
Agassiz Nr. 7: pag. 38 u. Nr. 8: pag. 80. Chondrostoma Rysela.
Reider und Hahn Nr. 25: n. 44. Taf. 35 (gänzlich verfehlt). Chondrostoma Rysela,Nöst-
ling.
Fürnrohr Nr. 20: pag. 9. Chondrostoma Rysela,Nöstling.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 395. Chondrostoma rysela.
Heckel Nr. 11 f: pag. 377 u. 378. Taf. VIII.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 220 (zum Theil). Chondrostoma Genei.
[233]Gattung: Chondrostoma.
Artcharakter:Schnauze wenig hervorragend und sehr stumpf
abgerundet, Mundspalte einen flachen Bogen bildend;
Schlundzähne auf der linken Seite 6 und auf der rechten 5,
seltener 5 Zähne auf beiden Seiten; der vorderste Zahn un-
abgeschliffen; der Flügel der Schlundknochen vorn meist
mit einem bogenförmigen Ausschnitt; Körper wenig ge-
streckt.
D. 3/8—9, P. 1/15, V. 2/8, A. 3/9—10, C. 19, Squ. 8—9/50—60/3—6.
Diese zweite, im Donau-Gebiete einheimische Nasen-Form ist lange Zeit
ganz übersehen worden, bis sie zuerst durch den Scharfblick des Agassiz bei
seinen in München vorgenommenen ichthyologischen Untersuchungen an das
Licht gezogen wurde. Von den Fischern wird diese Nasen-Form noch heute
unbeachtet gelassen, daher dieselbe auch keinen besonderen Volksnamen
führt. Ich möchte für dieselbe den deutschen Namen »Näsling« vorschlagen.
Es ist Ch. Rysela nicht bloss in der Flossenbildung, sondern auch in der
Kopf von
unten.
Sch nauzen- und Mundbildung dem Ch. Genei sehr ähnlich. An
der zurückgelegten Rückenflosse überragen die vorderen Strahlen
die hintersten durchaus nicht, während an der zurückgelegten 10
bis 11 zerfaserte Strahlen enthaltenden Afterflosse die vordere
Spitze die hintere Spitze nicht erreicht.
Der Körper des Näsling ist im Vergleich zum Körper des
Ch. Genei bei weitem weniger gestreckt, so dass, obgleich die Sei-
tenlinien 50 bis 60 Schuppen enthalten, die nach hinten gegen den Leib zu-
rückgeschlagenen Brustflossen zwischen ihren Spitzen und den Wurzeln der
Bauchflossen einen Raum übrig lassen, in welchem nur 5 bis 7 Schuppen-
Querreihen Platz finden.
An den Schlundknochen und ihren Zähnen lassen sich zwar deutliche
Artcharaktere auffinden, welche eine Verwechslung des Näsling mit einer an-
deren Species unmöglich machen, allein es zeigen sich gerade an diesem
wichtigen Skelettheile so mancherlei Schwankungen und Abweichungen, auf
die ich weiter unten näher eingehen will, welche mich bedenklich machen,
den Näsling als besondere Chondrostoma-Species festzuhalten. Der hintere
obere Fortsatz der beiden Schlundknochen von Ch. Rysela ist an seinem Ge-
lenkende nicht verbreitert. Der Flügel beider Schlundknochen besitzt an
seinem Vorderende einen bald mehr, bald weniger starken, bogenförmigen
Ausschnitt, welcher bei keinem Schlundknochen der übrigen mir bekannten
Nasen-Arten wahrzunehmen ist. Der darauffolgende Aussenrand dieses
[234]Familie: Cyprinoidei.
Schlundknochen.
b. Ausgeschnittener Vorderrand des Flü-
gels. (An dem einen Schlundknochen ist
der hintere nach oben umgebogene Fort-
satz weggelassen, um die Zähne nicht zu
verdecken.)
Schlundknochentheils geht nicht gerade,
sondern mit einer buckelförmigen Aus-
biegung in den vorderen Knochenfortsatz
über. Die vorderen Zähne ragen aus den
Schlundknochen in einer nur wenig schrä-
gen Richtung hervor, wobei der vorderste
Zahn, der sich selten angeschliffen zeigt,
mit dem zahnlosen Innenrande des vor-
deren Knochenfortsatzes statt, wie bei
den übrigen Chondrostoma-Arten einen
sehr spitzen Winkel zu bilden, einen fast
rechten Winkel darstellt. Unter den acht-
zehn Exemplaren des Näsling, die mir
aus der Donau, dem Inn und der Isar zur
Untersuchung vorlagen, habe ich nur fünf Individuen gezählt, auf deren bei-
den Schlundknochen die gleiche Anzahl von fünf Zähnen angebracht war.
In der Färbung erinnert der Näsling auffallend an Telestes Agassizii.
Sein Rücken zeigt eine schmutzig hellgraue Farbe, Seiten und Bauch sind
dagegen weiss gefärbt. Ein Silberglanz breitet sich über den ganzen Körper
aus, derselbe nimmt jedoch auf dem Rücken einen Stich ins Blaue und gegen
den Bauch hin einen Stich ins Messinggelbe an. Eine schwarzpigmentirte
Seitenbinde verläuft vom Hinterkopfe bis zum Schwanze. Sämmtliche Flossen
sind an ihrer Einlenkung orangengelb gefärbt und besitzen in ihrer Mitte einen
röthlichen Spiegel, welcher an der Rücken- und Schwanzflosse durch
schwarzkörniges Pigment etwas getrübt ist. Die Ränder dieser beiden Flossen
besitzen einen schwarzen Saum, während der Aussenrand der beiden Brust-
flossen nur schwach geschwärzt erscheint. Mundwinkel und Näthe des Kie-
mendeckel-Apparats haben eine orangengelbe Färbung. Es kommen aber
auch Individuen vor, bei denen diese orangengelbe Färbung und die schwarze
Seitenbinde wie bei Telestes Agassizii fast ganz verloschen sind.
Der Näsling, über dessen Laichzeit mir nichts sicheres bekannt gewor-
den ist, wurde bisher in einer Länge von 8 bis 14 Zoll angetroffen. Derselbe
scheint ein sehr beschränktes Vorkommen zu haben, da er bis jetzt nur in der
Donau und dessen beiden Nebenflüssen Inn und Isar aufgefunden und auch in
diesen Flüssen immer nur ganz einzeln gefangen wurde. Aus dem Inn, aus
welchem Flusse Heckel ein einziges, bei Brixlegg in Tyrol gefangenes Exem-
plar erhalten hatte, habe ich mir trotz aller Mühe, die ich mir deshalb gege-
ben habe, bis jetzt auch nur einen Näsling verschaffen können.
Nachdem Agassiz diesen Fisch in den Donau-Gewässern entdeckt und
eine Abbildung desselben hatte anfertigen lassen, besass man immer nur eine
sehr unvollständige Kunde über diesen von Agassiz als Chondrostoma Rysela
[235]Gattung: Chondrostoma.
bezeichneten Fisch. Valenciennes1) lieferte von diesem Fische eine ganz
kurze und unvollkommene Beschreibung nach jener Abbildung, welche ihm
Agassiz zur Benutzung überlassen hatte. Reider und Hahn (a. a. O.) haben
ebenfalls den Näsling nur aus den Abbildungen des Agassiz gekannt und
hiernach, aber gewiss mehr noch aus ihrem Gedächtnisse eine Beschreibung
und bildliche Darstellung des Ch. Rysela bekannt gemacht, die so mangelhaft
und fehlerhaft ausgefallen, dass niemand den interessanten Fund des Agassiz
darin wieder erkennen konnte. Nach der Angabe von Reider und Hahn soll
Ch. Rysela den Namen »Nöstling« führen, was ich nicht bestätigen kann. Von
Fürnrohr (a. a. O.) ist nachher der Näsling nach Reider und Hahn’s Angaben
als Regensburger Donaufisch aufgeführt worden und zwar mit folgenden Wor-
ten: »nach Agassiz in der Donau, ob auch bei uns?« Hierbei hat sich aber
Fürnrohr getäuscht, denn Agassiz hat nirgends einen bestimmten Fundort
für sein Ch. Rysela angegeben; dass aber Agassiz wirklich einen dem
Donau-Gebiet angehörigen Fisch mit obigem Namen bezeichnet hat, geht
aus Reider und Hahn’s Versuch hervor, diese von Agassiz wahrschein-
lich in München gemachte Entdeckung als eine Bereicherung der Fauna
boica bekannt zu machen. Wie wenig dieselben aber durch ihre mis-
glückte Darstellung des Näsling ihren Zweck erreicht haben, lässt sich
daraus ermessen, dass seit dem Erscheinen jener Fauna es eigentlich nur
traditionell bekannt war, dass das Donau-Gebiet noch eine Nasen-Art
besitze, welche Agassiz entdeckt und Ch. Rysela genannt habe. Niemand
hatte seither diesen seltenen Fisch in Bayern auffinden können, in keiner
Sammlung, auch nicht in der hiesigen zoologischen Sammlung, welcher
Agassiz so manchen interessanten Fund hinterlassen hatte, wurde derselbe
aufbewahrt. Zwar liest man in einem von Herrn Forstmeister Drexel ange-
fertigten Verzeichnisse 2) der in der Naab und ihren Nebenbächen vorkom-
menden Fische einen Cypr. rysela aufgeführt, allein diejenigen Fische,
welche mir Herr Drexel unter diesem Namen gütigst auf meinen Wunsch ein-
gesendet hat, waren gar keine Nasen, sondern stellten sich als Abramis me-
lanops heraus 3). Erst durch Heckel’s Bemühungen wurde die Existenz des
Ch. Rysela bestimmter festgestellt. Derselbe (Nr. 11 f: pag. 377)
[236]Familie: Cyprinoidei.
bemerkte ganz richtig, dass Agassiz seine schöne neue Nasen-Art dadurch
unkenntlich gemacht, dass er (a. a. O.) Ch. Rysela mit Gesner’s »Ryserle« aus
der Sihl vermengte, welcher Fisch, wie Heckel1) ebenfalls nachgewiesen hat
(s. oben pag. 218), gar kein Chondrostoma, sondern ein Telestes ist. Es ist
nur zu bedauern, dass durch Heckel von neuem die Geschichte dieses Fisches
getrübt worden ist, indem er später (Nr. 13: pag. 220) denselben wieder mit
Ch. Genei zu einer Art vereinigt hat.
Ich selbst habe zwar auch angedeutet, dass es mir schwer fällt, den
Näsling als besondere Art festzustellen; bei meinen deshalb angestellten Un-
tersuchungen haben mich aber ganz andere Motive geleitet, die mich zu ganz
anderen Resultaten, als sie Heckel erhalten, geführt haben.
Nach Aussage verschiedener Fischer soll sich der Näsling gern in Ge-
sellschaft der Strömer aufhalten, weshalb man von ihm glaubt, er sei ein
Bastard des Strömers und der gemeinen Nase.
Ich muss nun gestehen, dass die Aeusserung hiesiger Fischer, der Näsling
sei ein Bastard, mich ganz stutzig gemacht hat, weil ich unter den von mir
untersuchten 18 Exemplaren dieses Fisches sechs Individuen angetroffen habe,
deren Zahnformel mich in grosse Verlegenheit setzte. Es zeigte sich nämlich
bei derselben folgende Abweichung:
Schlundknochen mit der Zahnformel 1. 6.
Bringt man nun noch die von den Schlundknochen der übrigen Chondro-
stoma-Arten so sehr abweichende Form der Schlundknochen des Ch. Rysela
in Anschlag, welche in der That den Umrissen der Schlundknochen von Te-
lestes Agassizii sehr ähnlich sehen, und erinnert man sich dabei, dass Ch. Ry-
sela und Tel. Agassizii auch in Färbung und Zeichnung einander gleich sehen,
so möchte man wirklich der Vermuthung Raum geben, es sei Ch. Rysela aus
der Vermengung von Ch. Nasus und Tel. Agassizii als Bastardform hervor-
gegangen.
Heckel konnte auf eine solche Vermuthung nicht kommen, da er nur
nach einem einzigen Individuum seine erste Beschreibung des Ch. Rysela ent-
worfen hatte. Dieses Individuum hatte ein Paar Schlundknochen bei sich,
deren Flügel, wie ich mich durch eigene Anschauung in Wien überzeugt habe,
keine Ausschnitte besassen, sondern wie bei den übrigen Chondrostoma-Arten,
[237]Gattung: Chondrostoma.
ohne Unterbrechung unmittelbar in den Aussenrand des vorderen Fortsatzes
übergiengen. Ich darf es nicht verschweigen, dass auch mein in Brixlegg aus
dem Inn erhaltenes, und ein anderes aus der Isar stammendes Exemplar des
Näsling ganz ähnlich geformte Schlundknochen enthielten. Mit diesen drei
Individuen allein in der Hand hätte auch ich mich verleiten lassen, diese
Chondrostoma-Form dem Ch. Genei einzuverleiben, indessen lassen die übri-
gen von mir verglichenen 15 Näslinge, von denen 13 in der Isar und 2 in
der oberen Donau gefangen waren, den erwähnten bogenförmigen Ausschnitt
am Vorderrande des Flügels der beiden Schlundknochen in den verschieden-
sten Abstufungen erkennen. Zugleich tritt unterhalb des Flügelausschnittes
dieser Schlundknochen an der Aussenseite des vorderen Fortsatzes den bei-
den vordersten Zähnen gegenüber jene Wölbung bald mehr bald weniger
hervor, welche den Schlundknochen der reinen Chondrostoma-Arten durchaus
fehlt und an den Schlundknochen des Tel. Agassizii stets vorhanden ist. Bei
dieser Unbeständigkeit in den Umrissen der Schlundknochen, verbunden mit
der Unbestimmtheit und Schwankung in Zahl und Anordnung der Zähne und
bei der sonstigen Aehnlichkeit des Näsling mit dem Strömer kann ich mich
nicht enthalten, noch einmal die Frage aufzuwerfen, ob Ch. Rysela nicht als
ein Bastard von Ch. Nasus und Tel. Agassizii zu betrachten? Es liegt diese
Frage ziemlich nahe, da, wie ich bereits erwähnt habe, dieser Fisch immer
nur selten und stets einzeln zwischen den in grossen Mengen beisammen
lebenden Strömern gefangen wird, daher ihn die meisten hiesigen Fischer von
dem Strömer kaum zu unterscheiden wissen und auch die Fischer am Inn,
welche den Strömer mit dem Namen »Lauge« belegen, den Näsling, wie ich
mich in Brixlegg überzeugt habe, ebenfalls als »Lauge« bezeichnen 1). Der
Umstand, dass bis jetzt nur in denjenigen Flüssen, welche von Ch. Nasus und
Tel. Agassizii zugleich bewohnt werden, sich Ch. Rysela vorgefunden hat,
dürfte meiner Vermuthung, der Näsling sei aus einer Vermischung jener bei-
den Cyprinoiden hervorgegangen, noch einen besonderen Nachdruck geben.
[238]Familie: Salmonoidei.
Familie der Lachse,
Salmonoidei.
Die Zwischenkiefer- und Oberkiefer-Knochen bilden den Rand
der Oberkinnlade. Hinter der Rückenflosse befindet sich eine strahlen-
lose sogenannte Fettflosse. Die Kiemenöffnungen bis zur Kehle ge-
spalten. Magen mit Blindsack, Darmanfang mit sehr vielen Blinddär-
men. Die Schwimmblase einfach. Die Eierstockssäcke der Länge
nach offen und ohne Eierleiter.
Die Salmoneer, welche sämmtlich ihres zarten und gräthenlosen Flei-
sches wegen sehr beliebte Tafelfische sind, machen eine sehr scharf abge-
grenzte natürliche Familie der Physostomen aus, die sich äusserlich durch die
Fettflosse auf den ersten Blick von allen übrigen Fischen unserer Süsswasser-
Fauna unterscheiden. Ausserdem besitzen sie meistens sehr kleine Schuppen
und bilden so einen Gegensatz zu den sehr grossschuppigen Cyprinoiden. Von
unseren Fischern wird diese Verschiedenheit der Beschuppung benutzt, um
die Cyprinoiden und Salmoneer in Bezug auf ihren gastronomischen Werth zu
unterscheiden, indem sie sagen, dass alle diejenigen unserer Fische, welche
kleine Schuppen besitzen, eine angenehmere und schmackhaftere Speise lie-
fern als die grossschuppigen Fische.
Aber auch in ihrem anatomischen Baue zeichnen sich die Salmoneer durch
mehrere eigenthümliche Organisations-Verhältnisse aus, von welchen vor allen
die vielen kleinen Blinddärmchen (appendices pyloricae) hervorzuheben
sind, die in bald grösserer bald geringerer Anzahl die Pylorus-Gegend und
den Anfang des Dünndarms besetzt halten. Bei den vielen Schwierigkeiten,
welche sich in dieser Familie der scharfen Abgrenzung gewisser Gattungen
und Arten entgegenstellen, hat man sich nach verschiedenen Hülfsmitteln um-
gesehen, mit denen sich die Gattungen und Arten der Salmoneer sicherer be-
stimmen lassen könnten, und unter anderen auch die Mägen und Blinddärme
[239]Gattung: Coregonus.
derselben dazu benutzen wollen, allein nach Kner’s 1) darüber angestellten
Untersuchungen hat sich ergeben, dass den Verhältnissen der Mägen und
Blinddärme für sich allein ebenfalls kein höherer Werth für die Terminirung
der verschiedenen Salmoneer-Formen zuzuerkennen sei, als anderen Organisa-
tions-Verhältnissen dieser Fische.
Eine andere anatomische Eigenthümlichkeit der Salmoneer bieten die
offenen, mit der Bauchhöhle in directer Verbindung stehenden Eierstocks-
säcke dar, wodurch die von den Eierstöcken sich lostrennenden reifer Eier
Gelegenheit finden, unmittelbar in die Bauchhöhle zu gelangen. Dieser Um-
stand ist es vornehmlich, der bei der künstlichen Befruchtung der Salmoneer-
Eier das Ausstreifen der letzteren aus der hinter dem After gelegenen Ge-
schlechtsöffnung so ungemein erleichtert. Die Geschlechtsreife giebt sich bei
den Salmoneern gleichfalls wie bei den Cyprinoiden durch auffallende Wuche-
rungen des allgemeinen Hautüberzugs zu erkennen, die bei gewissen Salmo-
neern sich durch ganz besondere Beschaffenheit auszeichnen.
A. Maulklein, unbewaffnet oder mit sehr feinen Zähnen be-
setzt; Oberkiefer ragt bis unter den vorderen Augenrand;
Schuppen mittelgross, fast kreisrund, fein concentrisch ge-
streift ohne fächerförmig verlaufende Radien.
I. Gattung: Coregonus (nach Artedi).
Gattungscharakter: Das enge Maul mit sehr feinen, vergänglichen
Zähnen besetzt oder zahnlos; Körper etwas seitlich zusam-
mengedrückt; die mittelgrossen Schuppen leicht abfal-
lend; die Rückenflosse beginnt dicht vor den Bauchflossen;
der Vorderrand der Rückenflosse länger als die Basis der-
selben.
Im südlichen Theile von Mitteleuropa beschränkt sich das Vorkommen
der Coregonus-Arten auf die Binnenseen, welche theils in den Alpen, theils
am nördlichen Fusse der Alpenkette gelegen sind 2), während im Norden von
[240]Familie: Salmonoidei.
Mitteleuropa Coregonus-Arten theils die Binnenseen bewohnen, theils aber
auch als Meerbewohner zur Laichzeit die Flüsse hinaufwandern.
Alle hieher gehörigen Salmoneer leben immer in grossen Gesellschaften
beisammen und ernähren sich von kleinen Insecten, Schnecken, Gewürme
und winzigen Entomostraceen, von welchen letzteren ihr Magen und Darm
von Anfang bis zu Ende oft ganz vollgestopft ist. Die Blinddärme sind bei
den Coregonen in der Pförtner-Gegend äusserst zahlreich vorhanden und hal-
ten auch noch eine längere Strecke am Dünndarm entlang besetzt. Ihr Fleisch
liefert eine sehr beliebte Speise, daher auf den grösseren Seen von den
Fischern der Fang dieser Coregonus-Arten oft sehr grossartig betrieben wird,
während dieselben Fische, da sie nicht an die Angel zu gehen pflegen, den
Freunden der Angelkunst gar kein Interesse gewähren.
An den meisten Coregonus-Arten, namentlich aber an der gemeinen
Renke zeigt sich die merkwürdige Erscheinung, dass sie, auch mit der gröss-
ten Vorsicht aus dem Wasser gehoben, an der Luft fast augenblicklich ab-
sterben.
Mit dem Eintritt der Laichzeit schwillt bei denjenigen Coregonen, deren
Oberkiefer sich über den Unterkiefer erhebt, die Schnauze der männlichen
Individuen mehr oder weniger an 1), ferner entwickelt sich bei allen Arten
während der Laichzeit an den Seiten des Leibes sowohl der männlichen wie
der weiblichen Individuen ein milchweisser Hautausschlag, der bei näherer
Untersuchung sich auf den einzelnen Schuppen als flache Erhabenheit erhebt
und den Längsreihen der Schuppen entsprechend ebenfalls in Längsreihen
angeordnet erscheint. Jede Schuppe erhält in ihrer Mitte nur eine einzige Er-
habenheit, welche mit keiner Spitze, wie bei den meisten Cyprinoiden, son-
dern mit einer Längsleiste endigt, aber auch wie bei diesen aus nichts an-
derem besteht, als aus einer Verdichtung des Epitheliums. Meistens sind
die drei bis vier Schuppenreihen oberhalb der Seitenlinie und die vier bis
fünf Schuppenreihen unterhalb derselben mit solchen Erhabenheiten besetzt,
wodurch die Seiten dieser laichenden Fische, indem alle Erhabenheiten mit
ihren Längsleisten eine gleiche Richtung einnehmen von sieben bis acht
weissen erhabenen Längsstreifen besetzt erscheinen. Auch auf den Schuppen
der Seitenlinie bilden sich bald oberhalb, bald unterhalb des Ausführungs-
ganges derselben ähnliche Erhabenheiten aus, die aber niemals zu einer voll-
2)
[241]Gattung: Coregonus.
ständigen Entwicklung gelangen; ausserdem sind auch von den sieben bis
acht Längsstreifen die Erhabenheiten des obersten und untersten Streifen am
schwächsten entwickelt, sowie auch die Erhabenheiten an den vorderen und
hinteren Enden der übrigen sehr stark entwickelten Längsstreifen immer
etwas schwächer zur Entwicklung kommen. Es ist auffallend, dass dieser
Hautausschlag bisher von den Ichthyologen fast gänzlich unbeachtet geblieben
ist; meines Wissens hat nur Rapp (Nr. 41: pag. 14) von Coregonus Wart-
manni und Ascanius1), Ekström2) und Nilsson3) von Coregonus oxyrhynchus
diesen Hautausschlag erwähnt. Ueberhaupt sind die Renken- und Felchen-
Arten von den Ichthyologen höchst ungenügend untersucht und beobachtet
worden; die meisten haben sich damit begnügt, einzelne Individuen der dem
Genus Coregonus angehörenden Renken oder Felchen, die sie aus diesem oder
jenem See erhalten haben, als besondere Arten hinzustellen, ohne sie vorher
genauer mit verwandten Formen aus anderen Fundorten verglichen zu haben.
Auf diese Weise ist die Gattung Coregonus mit verschiedenen unsicheren Ar-
ten belastet, welche die Uebersicht der wirklich von der Natur begründeten
Arten ausserordentlich erschwert, indem zugleich alle jene Abänderungen
ausser Acht gelassen wurden, welche durch die mannichfaltigen Einflüsse der
verschiedenen Seen, in denen die einzelnen Coregonus-Arten hier und dort
heranwuchsen, bedingt sind.
Ein anderer Umstand, der das Herausfinden der natürlichen Coregonus-
Arten ausserordentlich erschwert, ist die Eigenthümlichkeit der Renken und
Maränen immer in Gesellschaft beisammen zu leben, wobei sich die gleichalte-
rigen Individuen stets zusammenhalten, und diese verschiedenen Gesellschaf-
ten von älteren und jüngeren Coregonus-Arten je nach den Jahreszeiten, den
Witterungsverhältnissen und den verschiedenen Zuständen des Fortpflan-
zungsgeschäftes sowohl ihren Aufenthaltsort, ihre Lebensweise, sowie ihr
ganzes Benehmen verändern. Schinz, welcher in den Schweizerseen vier bis
fünf Coregonus-Arten erkannt haben will, muss von den eben erwähnten
Lebensverhältnissen dieser Fische gar keine Notiz genommen haben, sonst
hätte er sich gewiss nicht in folgender Weise ausgesprochen 4): »es ist merk-
würdig, dass alle Arten unserer Coregonen jede nur eine bestimmte Grösse
annehmen und bei weitem weniger abweichen als andere Fische; so findet
v. Siebold, Fische. 16
[242]Familie: Salmonoidei.
man unter mehreren hundert Maränen oder Felchen kaum eine, welche
mehrere Zoll länger wäre als eine andere«. Aus dieser Aeusserung geht offen-
bar hervor, dass Schinz die gleichalterigen und mit besonderen Volksnamen
belegten Renken-Individuen für eigenthümliche Coregonus-Arten genommen
hat. Man sieht hieraus, wie leicht Ichthyologen, die sich die Mühe nahmen,
bei Fischern über Renken und Maränen Erkundigungen einzuziehen, durch
Verwechslungen und Missverständnisse verleitet werden konnten, statt die
Coregonus-Arten schärfer abzugrenzen, sie nur noch mehr zu verwirren.
Diese Verwirrungen wurden um so leichter hervorgerufen, da die Fischer an
allen grösseren Seen in der französischen und deutschen Schweiz, in Süd-
bayern und Oberöstreich die verschiedenen Alterszustände der Coregonen mit
besonderen und zwar fast an jedem See mit anderen Namen belegen. Schon
Heckel1) hat auf die Widersprüche aufmerksam gemacht, welche sich Valen-
ciennes bei der Bearbeitung der Coregonus-Arten zu Schulden kommen liess,
ist aber selbst nicht so glücklich gewesen, über die Abgrenzung der alpinen
Renken-Arten vollkommen genügende Auskunft zu geben, wie ich später
nachweisen werde. Ich habe seit mehreren Jahren diesen Salmoneern grosse
Aufmerksamkeit geschenkt und mir aus den verschiedensten Seen der Alpen
und Voralpen Coregonen in älteren und jüngeren Wachsthumszuständen ver-
schafft und bin nach vieler Mühe und sorgfältiger Vergleichung zu dem Re-
sultate gelangt, dass sich aus den genannten Gewässern mit Sicherheit nur
die drei folgenden Coregonen-Arten feststellen lassen, wobei mir hauptsäch-
lich die Verschiedenheit in der Art und Zeit zu laichen als Prüfstein für die
Richtigkeit dieser drei aufgestellten Renken-Species gedient hat.
Bei aller Mühe, die ich mir gegeben habe, die drei alpinen Coregonus-
Arten unterscheiden zu lernen, wird es mir auch heute noch nicht leicht, die
Coregoni aus den verschiedenen Alpenseen auf den ersten Blick zu unterschei-
den, indem die Profile und Grössen-Verhältnisse der einzelnen Körpertheile
dieser Fische nach Alter und Aufenthaltsort ausserordentlich variiren. Noch
schwerer wird es mir aber, wenn ich entscheiden soll, ob die Coregoni der
alpinen Seen von Mitteleuropa mit gewissen nordischen Coregonen-Formen
als Rassen einer und derselben Species zu vereinigen sind oder von denselben
als vollkommen specifisch verschiedene Species getrennt gehalten werden
müssen.
[243]Gattung: Coregonus.
1. Art. C. Wartmanni Bl. Renke.
Syn. u. Citate.
Mangolt Nr. 33: pag. 25. Blauwling, Blauwfelchen, pag. 40. Gangfisch, Stüben,
Seelen.
Artedi Nr. 1: Synon. nom. pisc. pag. 19. n. 2. Coregonus. α. Lavaretus, γ. Bezola, δ. Al-
bula parva.
Linné Nr. 2: pag. 512. n. 15. Salmo Lavaretus (zum Theil).
Wartmann Nr. 37 a: pag. 184. Blaufelchen, Halbfelch, Ränke, Gangfisch,
Stuben, Heuerling.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. Salmo Wartmanni, Blaufelchen.
Schrank Nr. 23 a: pag. 324. n. 298. Salmo Wartmanni, Renke, ferner dessen briefliche
Mittheilung an Bloch, in den Schriften der Berlinisch. Gesellsch. naturforsch. Freunde.
Bd. IV. 1783. pag. 427. Salmo Renke.
Hartmann Nr. 23 b: pag. 148. Salmo maraenula, Gangfisch, Albule, pag. 152. Salmo
albula, Hägling, pag. 154. Salmo Wartmanni, Blaufelchen.
Nenning Nr. 39: pag. 22. Salmo Maraenula, Gangfisch und Salmo Wartmanni, Blau-
felchen. Unter denselben Namen in der Iconographie abgebildet.
Schinz Nr. 40 b: pag. 162. Coregonus Albula, Hägling und pag. 163. Coregonus Wart-
manni, Blaufelchen.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. 1848. pag. 466. Pl. 627. Coregonus Lavaretus, pag. 477.
Pl. 628. Coregonus Palea, pag. 496. Coregonus Reisingeri1).
Rapp Nr. 41: pag. 12. Taf. I. (Vortreffliche Abbildung.) Coregonus Wartmanni, Felchen,
Blaufelchen.
Heckel Nr. 11 f: pag. 375. Coregonus Wartmanni und Palea.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 235. Fig. 134. Coregonus Wartmanni, Rheinanken,
Blaufelchen.
Artcharakter:Schnauze gestreckt und senkrecht abgestutzt; die
Oberkinnlade kaum länger als die Unterkinnlade; sehr
dünne, hinfällige Hautzähne auf der Innenseite der Zwi-
schenkiefer, feine Zähne auf einer zarten Knochenplatte der
Zunge; Körper in die Länge gestreckt, von der Rücken-
flosse an sich nach vorn und hinten gleichmässig verjün-
gend; Schwanzstiel gestreckt und dünn.
D. 4/10—11, P. 1/14—15, V. 2/10—11, A. 4/11—12, C. 19, Squ. 9—10/83—95/8—9.
Die Renke besitzt von allen unseren Coregonus-Arten die gestreckteste
Leibesform, wobei sich ihr Körper von der Rückenflosse aus gegen den Kopf
sowohl wie gegen den Schwanz hin gleichmässig verjüngt. Ihr Kopf ist im
Verhältniss zum Körper schlank zu nennen und läuft in eine dünne Schnauze
aus, welche an der Spitze senkrecht aber niedrig abgestutzt ist. Die Länge
der über den Unterkieferrand kaum hervorragenden Schnauze, vom Vorder-
16*
[244]Familie: Salmonoidei.
rande der Augen bis zum queren Theil des Oberkieferrandes gemessen fällt
mit der Breite der Stirne, zwischen beiden Augen gemessen, zusammen. Der
Kopf von der Seite.
abgestutzte und ziemlich niedrige Schnauzentheil der ge-
meinen Renke wird von den senkrecht stehenden Zwi-
schenkiefern gebildet, welche sehr beweglich sind und bei
dem weiten Oeffnen des Maules ihren freien Unterrand so
nach vorn erheben können, dass sich, von der Seite be-
trachtet, das Profil der Stirne ohne Unterbrechung auf
den Zwischenkiefern bis zu ihrem freien Rande fortsetzt.
Die beiden länglichen Oberkiefer, welche, wie bei allen Coregonen-Arten, mit
den Zwischenkiefern eine scharfe Ecke bilden und die Seiten der Schnauze
einnehmen, ragen mit ihrem abgerundeten Hinterrande bis unter den Vorder-
rand der grossen Augäpfel. Die mittelgrossen Schuppen stehen oberhalb der
Seitenlinie in 9 bis 10 Längsreihen und unterhalb derselben in 8 bis 9 Längs-
reihen. Auf der Seitenlinie selbst lassen sich 83 bis 95 Schuppen zählen.
Die Länge des Kopfes (Cephalothorax) ist in der übrigen Länge des Körpers
4 Mal enthalten. Die Flossen sind meistens nur mässig lang entwickelt. Nach
vorn umgeschlagen erreichen die Brustflossen mit ihren Spitzen nicht die
Querspalte des Mauls.
Ich muss hier ausdrücklich bemerken, dass diese Formen-Verhältnisse
durchaus nicht immer so constant ausgeprägt sind; am meisten stimmen die
jüngeren Individuen der gemeinen Renke mit obiger Beschreibung überein.
Bei grösserem Auswachsen dieser Fische bleiben sich die angegebenen Verhält-
nisse der Maasse und Umrisse nicht gleich, namentlich verändern sich die For-
men der Schnauze und des Schwanzes in der Art, dass beide im höheren Al-
ter der Renke bei weitem nicht mehr so schlank und dünn erscheinen, wie an
jüngeren Individuen. Bei manchen Renken erscheint der Hautüberzug des
Schnauzenendes mehr oder weniger angeschwollen und gedunsen, wodurch
dasselbe nicht wie sonst eine eckig abgestutzte, sondern eine abgerundete
Form erhält. Ich glaube, dass sogar diese abgerundete Schnauzenform als
der gewöhnliche normale Zustand der Renke anzusehen ist, indem an den aus
dem Wasser genommenen Renken durch Verdunstung und Einschrumpfung
die abgerundete Schnauze später die bekannte eckige Gestalt erhält.
Auch in der Färbung variiren die Renken nach Alter und Aufenthaltsort.
Der Rücken derselben, sowie die sämmtlichen Flossen zeigen eine blau-
schwarze Pigmentirung, während die Leibesseiten und der Bauch silberweiss
glänzen; es tritt aber nur bei grösser ausgewachsenen Individuen die dunkel-
körnige Pigmentirung in stärkerer Ausbreitung und Intensität auf, weshalb
solchen grossen, dunkelgefärbten Renken am Bodensee der Volksname »Blau-
felchen« beigelegt wird. An halberwachsenen Individuen ist die Basis der
Flossen pigmentlos und an noch jüngeren Individuen zeigen sich die Flossen
[245]Gattung: Coregonus.
ganz farblos oder höchstens die Spitzen und Ränder derselben etwas ange-
schwärzt.
Die Renke wird als beliebte Delicatesse in der verschiedensten Grösse von
9 Zoll an bis 28 Zoll Länge und je nach ihrer Grösse unter sehr verschiede-
nen Namen zu Markte gebracht. Ich sah hier Exemplare aus dem Starenber-
ger See von 3 und 4 Pfund Schwere. Die Fischverkäufer verwechseln ge-
wöhnlich die grösseren Individuen von Coreg. Wartmanni mit Coreg. Fera und
bieten beide Arten unter demselben Namen »Bodenrenken« zum Verkauf aus.
Am Bodensee werden die ziemlich erwachsenen Renken »Felchen« genannt,
im dritten Jahre dagegen heissen sie »Gangfische«, im zweiten Jahre »Stuben«
und im ersten Jahre »Seelen« oder »Heuerlinge«. Am Zürichsee heissen die gross-
ausgewachsenen Felchen »Bläulinge«, die halberwachsenen dagegen »Albule«,
während die sechszölligen Individuen »Häglinge« genannt werden. Ebenso
verschiedene Namen führen die Renken am Chiemsee, wo die ziemlich ausge-
wachsenen Individuen »Rheinanken« genannt werden, die jüngeren Individuen
aber »Riedlinge« oder »Sterzlinge« und die jüngsten »Kreuzele« heissen.
Der Coreg. Wartmanni bevölkert die meisten grösseren schweizerischen,
bayrischen und östreichischen auf der Nordseite der Alpen und Voralpen ge-
legenen Seen. Von den östreichischen Seen besitzen der Traunsee, Atter-
see, Mondsee, Wolfgangsee, Hallstadtersee und Fuschelsee den Coreg. Wart-
manni, welcher von den östreichischen Fischern Rheinanke genannt wird.
In der Schweiz werden der Zürichsee, Vierwaldstädtersee, Brienzersee,
Thunersee, Hallwylersee, Sempachersee und Neuenburgersee von dem Coreg.
Wartmanni bewohnt. Ich kenne denselben in Bayern als Bewohner des Bo-
densees, Riegsees, Staffelsees, Ammersees 1), Starenberger Sees (Würmsees),
Chiemsees, Tegernsees, Kochelsees, Walchensees und Eibsees. Im Königssee
fehlt die Renke 2), ebenso im Schliersee, wird aber im letztgenannten See
durch Coreg. Fera ersetzt.
Die Nahrung der Renken besteht hauptsächlich aus sehr kleinen Wasser-
thieren 3), sowie aus den niedrigsten Gebilden der Pflanzen- und Thierwelt,
[246]Familie: Salmonoidei.
deren erste Entwicklungszustände als sogenannter vegetabilischer oder thieri-
scher Schleim den Grund der Seen und die dort befindlichen festen Gegen-
stände überwachsen 1). Ich kann es hier nicht mit Stillschweigen übergehen,
dass man bei der Untersuchung und Beschreibung des Verdauungsapparates
der Salmoneer es bisher ganz unbeachtet gelassen hat, dass diese Fische vor
und während ihrer Laichzeit wochenlang nichts fressen und nur dem Fort-
pflanzungsgeschäfte nachgehen, wobei sich ihr leerer Magen ungemein eng
zusammenzieht und die Appendices pyloricae, sowie der Darm selbst sich nur
mit den verschiedenen Secreten der Verdauungswerkzeuge anfüllen. In
einem solchen Zustande der Unthätigkeit der Verdauungswerkzeuge nehmen
sich die Dimensionen und Zustände der einzelnen Abschnitte derselben ganz
anders aus als zu anderen Zeiten, in welchen diese Salmoneer ihrem Frass
nachgehen.
Ueber die Laichzeit der Renken findet man in den ichthyologischen
Schriften die verschiedensten Angaben. Nach Hartmann sollen die Renken
vom October bis December laichen, nach Rapp dagegen fällt die Laichzeit der
Renken in die zweite Hälfte des November oder in den December. Von Heckel
und Kner werden die Monate Februar und März und von Weber die Monate
März, April bis Anfang Mai als Laichzeit der Renken angegeben. Nach den
Erkundigungen, welche ich in Bezug auf die Fortpflanzungszeit der Renken
bei den Fischern des Bodensees und Chiemsees eingezogen, und nach meinen
eigenen, aus den Zergliederungen der Renken geschöpften Erfahrungen lai-
chen diese Fische von der Mitte des November an bis in den December hinein
etwa drei Wochen lang 2). Es bleibt sich der Eintritt der Laichzeit jedoch
nicht gleich, indem sich derselbe je nach den Witterungsverhältnissen etwas
verfrühen oder verspäten kann. Um zu laichen erheben sich die Renken in
grossen Gesellschaften vereinigt aus der Tiefe der Seen und nähern sich je
nach den Witterungszuständen mehr oder weniger der Wasseroberfläche, in-
dem sie Schneewasser sowie kaltes Wasser überhaupt scheuen. Haben sich
nun die brünstigen Renken in grossen Massen zusammengefunden, so lassen
sie dicht aneinander gedrängt Samen und Eier in das freie Wasser austreten
und von da zu Boden sinken. Der Hautausschlag, welcher sich zur Zeit der
Brunst sowohl an den männlichen wie weiblichen Renken entwickelt, und
[247]Gattung: Coregonus.
bisher nur von Rapp allein beobachtet und beschrieben worden ist, besteht
aus den bereits erwähnten weissen und länglichen Erhöhungen, welche sich
ober- und unterhalb der beiden Seitenlinien auf den einzelnen Schuppen
entwickeln und später wieder verschwinden, indem sie, wie alle diese
Epithelium-Verdichtungen leicht abfallen; wenn daher Heckel und Kner
(Nr. 13: pag. 237) beschreiben, wie sich die Renken zur Laichzeit in grossen
Schaaren dicht aneinanderdrängen und derart ihre Schuppen gegenseitig ab-
reiben, dass diese weite Strecken des Wasserspiegels überdecken, so können
damit wohl nicht die Schuppen selbst, sondern wohl nur abgeriebene Theile
jener Epithel-Verdichtungen gemeint sein, da Schuppen vermöge ihrer
Schwere im Wasser schnell zu Boden sinken. Es behalten die Renken, nach-
dem sie ausgelaicht, noch eine zeitlang an ihren Körperseiten ein eigenthüm-
liches, querstreifiges Aussehen, indem die abgefallenen Hautverdichtungen
an den Schuppen, auf denen sie aufgesessen, einen matten Glanz zurücklassen.
Aus den von mir aufgeführten Synonymen wird man entnehmen können,
dass die verschiedenen, die Seen der Alpen und Voralpen bewohnenden For-
men des Coreg. Lavaretus in den ichthyologischen Schriften als besondere
Arten abgehandelt worden sind. Zuerst muss hervorgehoben werden, dass
der Coreg. Albula (Salmo Maraenula des Bloch) der Seen des nordöstlichen
Deutschlands in den Seen von Süddeutschland und der Schweiz ganz fehlt,
dass aber dennoch mehrere Ichthyologen einen Coregonus aus diesen Seen mit
Bloch’s kleiner Maräne identificirt haben, wodurch die erste Veranlassung
zur Verwirrung der Coregonus-Arten gegeben wurde, während Bloch selbst
die kleine Maräne (seinen Salmo Maraenula) und den Blaufelchen (seinen
Salmo Wartmanni) als zwei besondere Arten sehr gut auseinandergehalten
hat. Aus Hartmann’s Beschreibung von S. Maraenula geht hervor, dass er
die Renke von 8½ Zoll als Gangfisch mit der kleinen Maräne verwechselt hat,
worin ihm Nenning und sogar Schinz gefolgt ist, welcher letztere in seiner
europäischen Fauna 1) den Coreg. Maraenula als Bewohner der Schweizerseen
ganz ebenso wie Hartmann beschreibt, ohne überhaupt Bloch’s norddeutsche
kleine Maräne in der genannten europäischen Fauna aufzuführen. Auch
Schinz schreibt wie Hartmann und Nenning diesem schweizerischen Coreg.
Maraenula einen etwas vorragenden Unterkiefer zu, obgleich es gar keine
Coregonus-Form im südlichen Theile von Mitteleuropa giebt, deren Unter-
kiefer auch nur in etwas vor dem Oberkiefer hervorragt. Durch den von
Gesner2) zuerst erwähnten »Hägling« des Zürichsee sind die Coregonus-Arten
[248]Familie. Salmonoidei.
in eine weitere Verwirrung gerathen, indem jener Fisch, welcher nichts an-
deres ist als eine junge 6 bis 7zöllige Renke, unter dem Namen S. Albula
oder Coreg. Albula von den oben erwähnten Schriftstellern 1) als eine beson-
dere Art höchst mangelhaft beschrieben wurde. Man befolgte dabei die An-
sicht der älteren schwedischen Naturforscher Artedi’s und Linné’s, welche
zuerst Gesner’s Hägling mit ihrem in den schwedischen Seen einheimischen
S. Albula vereinigten 2). Dieser nordische Coreg. Albula darf aber mit dem
schweizerischen Coreg. Albula nicht verwechselt werden; alle jene Coregonen,
welche mir vom Zürichsee und Neuchâtelersee als Coreg. Albula eingesendet
worden waren, erkannte ich für junge weissflossige Individuen des Coreg.
Wartmanni. Schon die Unsicherheit, mit der sich die Ichthyologen über die
Laichzeit dieses kleinen Coregonus aussprachen, deutet darauf hin, dass unter
»Hägling« nur ein junger, noch nicht fortpflanzungsfähiger Coregonus begriffen
ist. Gesner bezeichnet nämlich in der lateinischen Ausgabe seines Fisch-
buchs 3) den Juli als Laichzeit des Hägling, während Hartmann (Nr. 38 b:
pag. 153), der Gesner’s Beschreibung des Hägling sehr unbefriedigend findet,
dessen Laichzeit gegen das Ende des Juni und dann wieder in den November
fallen lässt. Statt dieser doppelten Laichzeit, wie sie von keinem Salmoneer
bekannt ist, setzte Schinz (Nr. 40 a: pag. 275) für den Hägling den Monat
December als Fortpflanzungszeit fest, ohne bestimmte Gründe dabei anzuge-
ben. Auch der Name Salmo Lavaretus ist für die gemeine Renke, zugleich aber
auch für andere Coregonen-Arten verwendet worden, wodurch neuen Ver-
wechslungen Raum gegeben wurde. Mit dem Namen »Lavaret« bezeichneten
die älteren Naturforscher Bellon4), Rondelet5) und Gesner6)Coregonen der
südlichen Binnenseen von Mitteleuropa mit verkürztem Unterkiefer und ab-
gestutzter Schnauze, in diesem Sinne fassten nachher die schwedischen Na-
turforscher denselben Namen auf, fügten aber dem Coreg. Wartmanni und
Fera noch den nordischen »Schnäpel« (Coreg. oxyrhynchus) hinzu, so dass also
der S. Lavarelus des Linné7) drei Coregonus-Arten enthielt, bis Bloch8) den
aus dem Meere in die Flüsse wandernden Schnäpel allein als S. Lavaretus
beschrieb und so neue Verwirrung veranlasste, indem Valenciennes (a. a. O.)
diesen Artnamen für den Coreg. Wartmanni des Bloch, welchen Cuvier be-
reits angenommen hatte, wieder hervorsuchte, aber daneben die gemeine
[249]Gattung: Coregonus.
Renke des Neuenburgersees als besondere Art unter Cuvier’s Bezeichnung
Coreg. Palea beibehielt. Jurine1) beschreibt den »Lavaret« des Lac Léman
und Lac du Bourget in einer Weise, die den Coreg. Wartmanni deutlich er-
kennen lässt. Er selbst 2) erklärte den »Lavaret« als identisch mit dem »Blau-
felchen« oder »Gangfisch« des Bodensee, worin ich ihm beistimme, nachdem ich
durch Güte des Herrn Filippi in Turin ein Exemplar des »Lavaret« aus dem
Lac du Bourget zur Vergleichung übersendet erhalten habe. Jurine fand ferner
den »Lavaret« von Bourget mit dem »Palée blanche« vom Neuchâtelersee
übereinstimmend, nicht aber mit dem »Palée noire« desselben Sees. Heckei3)
hatte Gelegenheit, Exemplare von Renken aus Bourget, Genf und Neuchâtel
welche Jurine selbst nach Wien gesendet hatte, zu untersuchen, und sich
überzeugt, dass der »Lavaret« von Bourget und Genf dem Coreg. Wartmanni
des Cuvier oder dem Coreg. Lavaretus des Valenciennes entsprechen,
während der »Palée noire« von Neuchâtel als Cuvier’s Coreg. Palea unterschie-
den werden müsse, fügte aber doch hinzu, dass diese Art (mit 10/88 bis 91/9
Schuppen) und Coreg. Wartmanni (mit 9/85 bis 88/8 Schuppen) als die näch-
sten Verwandten zu betrachten seien, indem beide Arten eine niedere, dünne
und scharf abgestutzte Schnauze besitzen und nur durch die Formel der
Schuppenreihen verschieden seien. Letzterer Umstand ist wohl kaum
zu benutzen, um darauf Species-Unterschiede zu gründen, ich sah we-
nigstens bei den gemeinen Renken aus einem und demselben Fundorte die
Schuppenzahl über die eben angeführten Formeln hinaus schwanken und auch
Heckel selbst gab später für die Schuppenzahl des Coreg. Wartmanni einen
weiteren Spielraum zu, indem er mit Kner (Nr. 13: pag. 237) für dieselben
die Formel 10—9/85—91/9—8 festsetzte, wodurch er die früher ausgespro-
chenen Unterscheidungs-Merkmale für Coreg. Wartmanni und Palea ver-
wischte. Indem aber Heckel und Kner (a. a. O. pag. 235) den Coreg. Wart-
manni aus dem Bodensee und den östreichischen Seen mit Jurine’s »Palée
noire« und Cuvier’s Coreg. Palea identificirten, und Rapp zwischen Coreg. Wart-
manni, Coreg. Palea und Coreg. Lavaretus keinen Unterschied fand, so stellt
es sich aus allen diesen sich scheinbar sehr widersprechenden Angaben immer
deutlicher heraus, dass trotz Heckel’s und Kner’s 4) Widerspruch die Renke
[250]Familie: Salmonoidei.
des Neuenburgersees, die als »Palée blanche« von Jurine für den »Lavaret«,
als »Palée noire« aber für eine besondere Coregonus-Art gehalten wurde, nur
eine durch besondere Localeinflüsse bedingte Abart des Coreg. Wartmanni
ist, die an Ort und Stelle, wie Rapp (Nr. 41: pag. 18) angedeutet, nach den
verschiedenen Jahreszeiten, in welchen sie gefangen, als »Palée blanche«
oder »noire« unterschieden wird. Auch ich konnte zwischen vier frisch ein-
gefangenen und durch die Güte des Herrn Professor Vouga unterm 28. Nov.
1858 aus Neuchâtel eingesendeten Exemplaren des Coreg. Palea und zwischen
dem Coreg. Wartmanni aus Constanz und Starenberg keinen Unterschied her-
ausfinden. Dass der von Valenciennes beschriebene und angeblich aus der
Donau stammende Coreg. Reisingeri nichts anderes als ein Coreg. Wartmanni
aus dem Traunsee gewesen, ist bereits von Heckel (Nr. 11 f: pag. 376) be-
richtigt worden. Um die Verwirrung über die Coregonen noch zu vermehren,
hat Valenciennes1) den Coreg. Nilssoni aus Schweden mit dem Coreg. Wart-
manni aus Schwaben verwechselt, indem er die von Herrn v. Mertens (sic)
nach Paris gesendeten Exemplare dieses Coregonen, sowie die von demselben
mitgetheilten Namen: Seelen, Gangfisch, Renken, Blaufelchen, womit dieser
Fisch in seinen verschiedenen Altersstufen am Bodensee bezeichnet wird, auf
den schwedischen Coreg. Nilssoni bezog 2). Eine andere schwedische Core-
gonus-Form könnte aber wirklich mit Coreg. Wartmanni verwechselt werden,
ich meine nämlich Coreg. La Cepedei, unter welchem Namen Sundevall mehrere
Coregonen aus dem lappländischen See Gråträsk an das hiesige zoologische
Cabinet eingesendet hat. Diese Form entspricht dem Coreg. Lavaretus des
Nilsson, welcher zu dieser Renke den Salmo Wartmanni des Bloch und den
Coreg. Lavaretus des Valenciennes citirt hat 3). Ich finde zwischen diesem
Coreg. La Cepedei4) und dem Coreg. Wartmanni eine so grosse Aehnlichkeit,
dass auch ich dieselben wegen ihrer gestreckten und senkrecht abgestutzten
Schnauze als ein und dieselbe Species betrachten möchte.
[251]Gattung: Coregonus.
Auch Nilsson1) fand seinen Coreg. Lavaretus aus den smaaländischen
Seen mit Valenciennes’ Beschreibung des Lavaret (Coreg. Wartmanni) aus
dem See Bourget so übereinstimmend, dass er kaum die Identität dieser Ar-
ten bezweifeln konnte.
2. Art. C. Fera Jur. Bodenrenke.
Syn. u. Citate.
Mangolt Nr. 33: pag. 26. Sandfelchen, Adelfelchen, pag. 40. Sandgangfisch.
Artedi Nr. 1: Synon. nom. pisc. pag. 19. n. 2. Coregonus, β. Albula nobilis (zum Theil),
ε Ferra.
Linné Nr. 2: pag. 512. n. 15. Salmo Lavaretus (zum Theil).
Wartmann Nr. 37a: pag. 185. 202. u. 210. Weissfisch, Adelfisch, Weissfelchen.
Bloch Nr. 3a: Th. III. pag. 148. u. 164. Weissfelchen, Weissgangfisch, Adel-
fisch.
Gmelin Nr. 4: pag. 305. Salmo Maraena Ferra, weisse Maräne, Weissfelchen, Adel-
fisch.
Jurine: Hist. des poissons du lac Léman, in den Mém. de la soc. de phys. et d’hist. nat. de
Genève. T. III. 1825. pag. 190. Pl. VII. Corregonus Ferra, la Féra.
Hartmann Nr. 23b: pag. 139. Salmo Maraena, Adelfisch, Adelfelchen, Sandfel-
chen, Weissfelchen.
Martens Nr. 14b: pag. 37. Salmo Maraena, Adelfisch, Adelfelchen, Sandfelchen,
Weissfelchen.
Nenning Nr. 39: pag. 20. Salmo Maraena, Sandfelchen, Weissfelchen. Unter dem-
selben Namen in der Iconographie abgebildet.
Schinz Nr. 60b: pag. 161. Coregonus Maraena, Adelfisch, Adelfelchen, Sandfel-
chen, Weissfelchen.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 472. Coregonus fera.
Rapp Nr. 41: pag. 18. Taf. II. (vortreffliche Abbildung). Coregonus fera, Sandfelchen.
Heckel Nr. 11f: pag. 375. Coregonus fera.
Heckel u. Kner Nr. 13: pag. 238. Fig. 135. Coregonus fera, Kröpfling, Riedling,
Sandfelchen.
Artcharakter:Schnauze kurz, dick und schräge nach unten und
hinten abgestutzt; Oberkinnlade über den Unterkiefer
hervorragend; sehr dünne hinfällige Hautzähne auf der
Innenseite der Zwischenkiefer, feine Zähne auf einer zar-
ten Knochenplatte der Zunge; Körper in die Länge gestreckt,
vor und hinter der Rückenflosse eine Strecke weit gerad-
rückig; Schwanzstiel gedrungen.
D. 4/11, P. 1/15, V. 2/10, A. 4/11—12, C. 19, Squ. 9—10/80—98/8—9.
Die Bodenrenke, welche mit der gemeinen Renke verwechselt werden
könnte, unterscheidet sich von derselben durch die kürzere und stumpfere
[252]Familie: Salmonoidei.
Schnauze, sowie durch den kürzeren gedrungeneren Schwanzstiel. Die Länge
Kopf von der Seite.
ihrer Schnauze, vom Vorderrande der Augen
bis zum queren Theil des Oberkieferrandes ge-
messen ist kürzer als die Breite ihrer Stirne
zwischen den beiden Augen gemessen; durch
die schräge Abstutzung der Schnauze erscheint
die Mundspalte etwas nach hinten gerückt. Die
beiden beweglichen Zwischenkiefer, welche
nicht wie bei der gemeinen Renke senkrecht
nach unten, sondern schräge nach hinten ragen,
können sich bei dem weiten Oeffnen des Maules
mit ihrem freien Unterrande nur so weit erheben, dass das Profil der Stirne,
von der Seite betrachtet, sich unter einem stumpfen Winkel auf den Zwischen-
kiefern bis zu ihrem freien Rande fortsetzt. Die beiden Oberkiefer reichen mit
ihrem abgerundeten Hinterende nicht bis unter den Vorderrand der Augäpfel.
Die Schuppen stehen oberhalb der Seitenlinie in 9 bis 11 und unterhalb dersel-
ben in 8 bis 9 Längsreihen. Auf der Seitenlinie lassen sich 80 bis 94 Schup-
pen zählen. Die Kopflänge ist in der übrigen Körperlänge 3¾ bis 4 mal ent-
halten. Die Flossen erscheinen meistens lang entwickelt, so dass die Brust-
flossen nach vorn umgeschlagen mit ihren Spitzen die Querspalte des Maules
erreichen.
In der Färbung stimmt die Bodenrenke mit der gemeinen Renke ziem-
lich überein, nur tritt die blauschwarze Farbe des Rückens nicht so intensiv
und nicht so nach den Seiten herab ausgebreitet auf, auch zeigen sich die
Flossen meistens nur grau oder an den Spitzen dunkler gefärbt. Wegen die-
ser geringeren Ausbreitung des schwarzkörnigen Pigments hat die Bodenrenke
am Bodensee zum Unterschiede des dunkler gefärbten Blaufelchen den Na-
men »Weissfelchen« erhalten.
Die Bodenrenke kömmt bei weitem nicht so verbreitet vor als die ge-
meine Renke. In der Schweiz bewohnt die Bodenrenke oder der Sandfelchen
ausser dem Genfersee nach Schinz’ Angaben auch den Neuenburgersee, Murt-
nersee, Sempacher- und Hallwylersee, Vierwaldstädtersee, Zugersee und Zü-
richsee. In Oestreich findet sich derselbe nur im Attersee und Traunsee nach
Angabe Heckel’s (Nr. 13: pag. 239). In Bayern kenne ich nur den Bodensee,
den Würmsee und Schliersee als Aufenthaltsort der Bodenrenke.
Als Nahrung nimmt die Bodenrenke dieselben animalischen und vegeta-
bilischen Stoffe zu sich, von denen sich auch die gemeine Renke ernährt.
Coreg. Fera übertrifft den Coreg. Wartmanni an Grösse und kann eine Länge
von 2 Fuss und darüber so wie eine Schwere von 4 bis 6 Pfund 1) und darüber
[253]Gattung: Coregonus.
erreichen, dagegen wird derselbe nie in so grosser Anzahl als der Coreg.
Wartmanni gefangen, was die Fischer um so weniger zu bedauern haben,
als die Bodenrenke in Güte und Zartheit des Fleisches der gemeinen Renke
bei weitem nachsteht und deshalb auch minder geschätzt wird.
Die Laichzeit des Coreg. Fera tritt gegen Ende des November ein 1). Um
diese Zeit nähert sich die Bodenrenke, welche sich gewöhnlich in sehr grosser
Tiefe aufhält, den flacheren Uferstellen, um auf steinigem oder kiesigen
Boden den Laich abzusetzen. Aus diesem Grunde hat diese Renke die Na-
men »Bodenrenke« oder »Sandfelchen« erhalten. Auch Jurine giebt an, dass
der Coreg. Fera an seichten Stellen laicht, mag sich aber darin geirrt haben,
dass er seine Laichzeit in den Monat Februar versetzt 2).
Die während der Fortpflanzungsperiode auf den Schuppen der Leibes-
seiten sich erhebenden Epithelium-Verdichtungen verhalten sich bei den
Bodenrenken ganz ebenso wie bei den gemeinen Renken. Bei der Verglei-
chung der colorirten Abbildungen in der schon mehrmals erwähnten und für
Nenning’s Bodensee-Fische bestimmt gewesenen Iconographie war ich sehr
überrascht, an dem Sandfelchen jenen Hautausschlag durch sieben weisse
Längsstreifen angedeutet zu finden.
Indem der Coreg. Fera mit Senknetzen zuweilen aus sehr grosser Tiefe
herausgefischt wird, zeigt sich an einem solchen Individuum eine Erschei-
nung, welche in Oestreich die Veranlassung gegeben hat, diesen Fisch mit dem
passenden Namen »Kröpfling« zu bezeichnen. Bei dem Heraufziehen der sehr
tief gefangenen Bodenrenken dehnt sich nämlich die in ihrer Schwimmblase
eingeschlossene Luft, welche in der Tiefe des Wassers unter einem sehr star-
ken Druck comprimirt war, ungemein aus, wodurch die Bauchhöhle dieser
Fische, besonders der geräumigere und nachgiebigere Vordertheil derselben
sich kropfartig erweitert. Auf diese Erscheinung, die ich an Bodenrenken
des Schliersee deutlich wahrgenommen habe, mag sich auch jener Unter-
schied gründen, den bereits Mangolt (a. a. O. pag. 27) zwischen Blaufelchen
und Sandfelchen hervorhebt, indem er sagt: »dann so der Sandfelch geschla-
gen wird, so schwebt er empor, wenn aber der Blaufelch geschlagen wird;
so fällt er zu Boden«.
Nicht bloss Mangolt hatte den Bodenrenken oder Sandfelchen als beson-
deren Salmoneer des Bodensees erwähnt, sondern auch von Rondelet3) wurde
bereits derselbe Fisch unter dem Namen »Ferra« oder »Farra« als besonderer
[254]Familie: Salmonoidei.
Salmoneer des Genfer Sees unterschieden, dennoch verschwand diese Ren-
ken-Art später wieder aus den Fisch-Systemen, weil Bloch (a. a. O. pag. 148)
dieselbe nur als eine Abänderung der berühmten norddeutschen Madui-Ma-
räne (Coreg. Maraena) betrachtet wissen wollte. Erst durch die Bemühungen
Jurine’s in Vereinigung mit Cuvier und Valenciennes (a. a. O.) wurde Coreg.
Fera als besondere Species wieder zur Anerkennung gebracht, während
Schinz der Ansicht Bloch’s hartnäckig zugethan blieb. Rapp hatte daher
Grund genug, noch einmal auf die Art-Berechtigung des Coreg. Fera und den
Unterschied zwischen diesem Coregonus und Coreg. Maraena aufmerksam zu
machen.
3. Art. C. hiemalis Jur. Kilch.
Syn. u. Citate.
Mangolt Nr. 33: pag. 41. Kirchlin.
Wartmann: briefliche Mittheilung in den Schriften der Berlinisch. Gesellsch. naturforsch.
Freunde. Bd. IV. 1783. pag. 431. Kropffelchen.
Gmelin Nr. 4: pag. 305. Salmo Maraena gutturosa, Kropf-Maräne, Kropffelchen.
Jurine: Hist. d. poiss. du lac Léman a. a. O. pag. 200. Pl. VIII. Corregonus hiemalis, la
Gravenche.
Hartmann Nr. 23b: pag. 145. Salmo maraena media, Kilchen, Kirchfisch, Kropf-
felchen.
Nenning Nr. 39: pag. 21. Salmo Maraena media, Kilch, Kropffelchen. (In der Icono-
graphie nicht abgebildet).
Schinz Nr. 60b: pag. 162. Coregonus Maraena media, Kilchen, Kirchfisch, Kropf-
felchen.
Rapp Nr. 41: pag. 22. Coregonus acronius, Kilch.
Heckel u. Kner Nr. 13: pag. 240. Fig. 136. Coregonus acronius, Kilch.
Artcharakter:Schnauze kurz, dick und schräge nach unten und
hinten abgestutzt; Oberkinnlade über den Unterkiefer
hervorragend; sehr dünne hinfällige Hautzähne auf der In-
nenseite der Zwischenkiefer, feine Zähne auf einer zarten
Knochenplatte der Zunge; Körper wenig in die Länge ge-
streckt, vor der Rückenflosse bis gegen die Schnauze einen
stark gewölbten Bogen bildend.
D. 4/9—13, P. 1/15—16, V. 2/10—11, A. 4/9—13, C. 19, Squ. 8—9/78—90/8—9.
Der interessante Kilch, auf welchen man erst in neuerer Zeit gehörig
aufmerksam geworden ist, besitzt von allen mitteleuropäischen Coregonen
den kürzesten Leib und kann daher mit Coreg. Fera, mit welchem er die
kurze stumpfe und schräg abgestutzte Schnauze gemein hat, nicht verwech-
selt werden. Alles, was über die Form-Verhältnisse der Schnauze von Co-
reg. Fera gesagt wurde, passt daher auch auf Coreg. hiemalis, jedoch mit dem
Unterschied, dass die etwas gestreckteren beiden Oberkiefer mit ihrem ab-
[255]Gattung: Coregonus.
gerundeten Hinterende bis unter den Vorderrand der Augäpfel reichen. Die
Kilche lassen an ihren sehr silberglänzenden Schuppen das concentrische
Gefüge deutlicher erkennen als die beiden vorhergehenden Coregonen. Ihre
Kopf von der Seite.
Schuppen stehen oberhalb der Seitenlinie in 8 bis 9
Längsreihen und unterhalb derselben in 8 Reihen.
Die Zahl der Schuppen schwankt auf den beiden
Seitenlinien zwischen 78 und 90. Die Länge des
Kopfes ist in der übrigen Körperlänge nur 3¼ bis
3¾ mal enthalten. Die Flossen zeigen eine ver-
schiedene Entwicklung, bei den Kilchen des Boden-
sees erscheinen sie länger ausgebildet, so dass ihre
nach vorn umgebogenen Brustflossen mit den Spitzen den queren Theil der
Mundspalte erreichen, während bei den mit kürzeren Flossen versehenen Kil-
chen des Ammersees die Spitzen der nach vorn umgebogenen Brustflossen
kaum das Hinterende der Mundspalte berühren.
Ein sehr charakteristisches Kennzeichen für den Kilch bildet die blasse
Färbung desselben. Der Rückentheil seines Leibes zeigt sich stets braungelb
gefärbt; nirgends lässt sich mit unbewaffnetem Auge dunkelkörniges Pigment
wahrnehmen und nur mit der Lupe erkennt man auf dem Rücken und den
Rückenseiten einzeln zerstreute winzige schwarzkörnige Punkte. Auch die
Flossen des Kilchs zeichnen sich durch eine fast gänzliche Farblosigkeit aus,
da nur die Ränder der Rücken- und Schwanzflosse desselben sowie zuweilen
auch die äussersten Spitzen der übrigen Flossen etwas angeschwärzt sind.
Der Kilch ist bisher nur als Bewohner des Bodensees bekannt gewesen;
ich kenne jetzt auch den Ammersee als Aufenthalt des Kilch und bin über-
zeugt, dass wenn man sich die Mühe nehmen wollte, man den Kilch auch
noch in anderen Alpen-Seen entdecken würde, freilich muss man zu einem
Kilchfang mit ganz besonderen Werkzeugen ausgerüstet sein 1), da der Kilch
Jahr aus Jahr ein sich in einer Tiefe von 35 bis 45 Klafter aufhält. Der Magen-
und Darm-Inhalt der Kilche stimmt vollkommen mit dieser Lebensweise über-
ein, denn ich fand in diesen Grundfischen nichts als kleine Muscheln, Schnecken
und schlammige Erdtheile, die sie als Nahrung nur vom Grunde der Seen in
sich aufgenommen haben konnten, während die gemeinen Renken sich ihre
Nahrung sehr gern im freien Wasser wegfangen.
In der Grösse wird der Kilch von den beiden vorhergehenden Renken
bei weitem übertroffen; es scheint als ob die Kilche des Bodensees eine an-
sehnlichere Grösse erreichten als die des Ammersees. Die kleinsten Boden-
see-Kilchen hatten eine Länge von 9 bis 10 Zoll, die grössten dagegen eine
[256]Familie: Salmonoidei.
Länge von 14½ Zoll. Von Ammersee erhielt ich nur Kilche von 8½ bis 9½
Zoll Länge.
Die Laichzeit des Kilch beginnt gegen Ende des September und währt
bis in den October hinein. Um diese Zeit bedecken sich die Schuppen der
Milchner und Rogener dieses Fisches mit demselben Hautausschlag, den ich
bereits von dem laichenden Coreg. Wartmanni beschrieben habe 1).
Da der Kilch, wie es scheint, unter allen unseren Renken, die tiefsten
Stellen der Seen bewohnt, so wird derselbe auch am leichtesten trommelsüch-
tig (Taf. II), wenn er aus der Tiefe seines Aufenthalts mit Netzen an das Tages-
licht gezogen wird 2). Wegen dieser Eigenschaft hat derselbe am Bodensee
auch den Namen »Kropffelchen« erhalten. Es beschränkt sich aber diese
Trommelsucht nicht blos auf den Coreg. hiemalis, sie kann sich in jedem mit
einer Schwimmblase versehenen und in grosser Tiefe lebenden Fische ent-
wickeln, je nachdem die Wandungen der Schwimmblase oder die Bauchwan-
dungen des Fisches der in der Schwimmblase sich ausdehnenden Luft mehr
oder weniger Widerstand leisten, wie sich dies aus folgenden Wahrnehmun-
gen 3) ergiebt. »In einer Tiefe von 40 Klafter haben die Kilche und ihre mit
Luft gefüllte Schwimmblase einen Druck von ungefähr 7½ Atmosphären aus-
zuhalten. Werden diese Fische nun aus ihrem natürlichen Aufenthaltsorte
hinauf an die Wasseroberfläche gebracht, wo der Druck von nur 1 Atmosphäre
von aussen auf sie einwirkt, so wird die in ihrer Schwimmblase eingeschlos-
sene Luft, welche bisher unter dem Drucke von 7½ Atmosphären gestanden
hat, bei dem Heraufziehen der gefangenen Fische allmählich eine Druckvermin-
derung um 6½ Atmosphären erleiden und sich in gleichem Verhältnisse aus-
dehnen; indem aber einer solchen Ausdehnung die dünnen Wände der
Schwimmblase, sowie die nachgiebigen Bauchwandungen des Kilch nicht wi-
derstehen können, muss der Bauch des Fisches auf diese Weise sich ausdeh-
nen und die obenerwähnte unförmliche Gestalt annehmen, wodurch eine so
starke Zerrung und Verschiebung der Baucheingeweide veranlasst und zu-
gleich ein so heftiger Druck auf die Blutgefässe derselben ausgeübt wird, dass
der baldige Tod eines solchen trommelsüchtig gewordenen Fisches unausbleib-
lich erfolgen muss.« Der Kilch des Ammersees muss übrigens zarter gebaut
sein, als der Kilch des Bodensees, da bei ersterem der ausgedehnte Bauch,
[257]Gattung: Coregonus.
sowie der Fisch aus dem Wasser gehoben wird, gewöhnlich mit einem Knall
berstet. Dass auch Bodenrenken, wenn sie aus grosser Tiefe herausgefischt
werden, einer ähnlichen Trommelsucht ausgesetzt sind, habe ich bereits er-
wähnt. Da aber diese Coregonen eine festere Schwimmblase und derbere
Bauchwandungen besitzen, so kann die Trommelsucht bei ihnen nicht den
hohen Grad erreichen wie bei den Kilchen. Dass auch die Madui-Maräne
(Coreg. Maraena) der Gefahr ausgesetzt ist, durch Trommelsucht aufgetrieben
zu werden, wenn sie unvorsichtig aus der Tiefe ihres gewöhnlichen Aufent-
haltsortes auftaucht, geht aus einer Mittheilung Bloch’s 1) hervor, nach wel-
cher dieser Fisch, wenn er im Sommer entweder beim Haschen nach einem
Insect, oder auf der Flucht vor dem Hechte der Oberfläche des Wassers zu
nahe kommt, durch Windsucht und tödtliche Abzehrung zu Grunde geht 2).
An den aufgeblähten Kilchen erscheint die Gegend des Bauchs hinter den
Brustflossen am stärksten ausgedehnt, wobei alle Bauchschuppen auseinander-
gerückt sind. Schon unterhalb der Seitenlinie macht sich die eingetretene
Auftreibung der Bauchhöhle bemerkbar, indem die oberen Längsschuppen-
reihen durch Furchen schärfer abgegrenzt erscheinen und die unteren Längs-
schuppenreihen durch gleichbreite dünnhäutige nackte Streifen auseinander
gehalten werden. Auf der Mitte des Bauches, welche von innen durch die
ausgedehnte Luft am stärksten hervorgetrieben wird, treten die ganz ausein-
ander gerückten und sich nicht mehr deckenden Schuppen gegen die weit
ausgedehnten und nackten Hautstellen fast ganz in den Hintergrund. Ob-
gleich die Kilche ihres zarten und feinen Fleisches wegen sehr geschätzt zu
werden verdienen, so werden sie doch nirgends zu Markte gebracht, wahr-
scheinlich weil dieselben durch ihren aufgetriebenen oder geborstenen Bauch
ein ungewöhnliches Aussehen erhalten und dem Verderben leichter ausge-
setzt sind. Aus diesem Grunde geben sich auch nur wenige Fischer mit die-
sem mühsamen und geringen Lohn einbringenden Kilchfang ab.
Ausser Mangolt scheint von den älteren Ichthyologen nur Gesner den
Coreg. hiemalis gekannt zu haben. Derselbe 3) sagt in der lateinischen Aus-
gabe seines Fischbuchs: »Constantiae ’Kirchlin٬ vocant albulae genus candi-
dum, et simile iis quos ’Gangfisch٬ vocant, ventribus magnis. — Degunt in
profundo et pariunt aestate — Alii ’Kilchen٬ vocant, et ventre candido infla-
toque, dorso fusco describunt, in locis profundis morari addunt.« Alles dies
passt auf den Coreg. hiemalis;Gesner hat noch die Vermuthung hinzugefügt,
v. Siebold, Fische. 17
[258]Familie: Salmonoidei.
ob nicht der »Alpken« des Lucerner Sees und der »Buz« des Züricher Sees
ebenfalls hieher gehörten. Noch hat kein schweizer Zoolog durch genauere
Untersuchung sich hierüber Auskunft zu verschaffen gesucht, und auch
Schinz1) lässt es zweifelhaft, ob der Kilch des Bodensees sich noch in ande-
ren Seen findet. Rapp (Nr. 41: pag. 24) hat anfangs geglaubt, dass Jurine’s 2)
Coreg. hiemalis (la Gravenche) mit seinem Coreg. acronius identisch sei, bis
ihm hierüber Heckel eine andere Meinung beibrachte, die ihn veranlasste, den
Kilch des Bodensees als Coreg. acronius von dem Kilch des Genfer Sees zu
trennen. Ich muss gestehen, dass auch mir von Anfang an die »Gravenche«
des Genfer Sees und der »Kilch« des Bodensees als ein und dieselbe Species
erschienen waren, obgleich Heckel ein von Jurine selbst bestimmtes Exem-
plar des Coreg. hiemalis mit Rapp’s Coreg. acronius vergleichen und zwischen
beiden einen Unterschied finden konnte; mir blieb immer die Frage aufzu-
werfen übrig, ob nicht die Unterschiede, welche Heckel zwischen diesen bei-
den Coregonen erkannt haben will, sich auf solche Formabweichungen bezo-
gen, welche vielleicht nur durch eigenthümliche von den verschiedenen Auf-
enthaltsorten abhängige Localeinflüsse an dem Kilch hervorgerufen waren,
wie ich ja selbst die Kilche des Ammersees in mancher Beziehung von den
Kilchen des Bodensees etwas verschieden gebildet gefunden habe. Ich würde
in der That schon früher bei der Betrachtung der von Jurine gelieferten Ab-
bildung der »Gravenche« keinen Anstand genommen haben, den Coreg. hie-
malis mit Coreg. acronius zu vereinigen, hätte nicht Jurine über die Lebens-
weise der »Gravenche« so auffallende Mittheilungen gemacht, die mit der Na-
tur des Kilch ganz und gar im Widerspruch stehen. Jurine3) behauptete näm-
lich von der »Gravenche«, dass dieser Fisch eilf Monate in der Tiefe des Gen-
fer Sees verborgen lebe, aber im December um zu laichen sich in Gesell-
schaften dem Ufer nähere, wobei er dicht an der Oberfläche des Wassers
durch abwechselndes Oeffnen und Schliessen des Maules ein dem Enten-Ge-
schnatter ähnliches Geräusch erzeuge.
Jetzt, nachdem ich durch die Güte des Herrn Dr. Schleiss v. Löwen-
feld mehrere Exemplare der »Gravenche« des Genfer Sees erhalten hatte und
eine genaue Vergleichung derselben mit den Kilchen des Bodensees habe an-
stellen können, bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, dass zwischen die-
sen beiden Coregonen kein eigentlicher specifischer Unterschied zu finden ist.
In Bezug auf Jurine’s abweichende Angaben über die Laichzeit der »Gravenche«
muss ich der Vermuthung Raum geben, dass Jurine wahrscheinlich die Laich-
[259]Gattung: Coregonus.
weise und Laichzeit des »Lavaret« (Coreg. Wartmanni) für die der »Gravenche«
genommen hat
Ich habe schon bei Coreg. Fera darauf hingewiesen, dass auch dieser
Coregonus aus grosser Tiefe heraufgezogen trommelsüchtig aufgebläht und
wahrscheinlich deshalb in Oberöstreich »Kröpfling« genannt wird. Ob aber
der Name »Kröpfling« von den oberöstreichischen Fischern nur allein auf Co-
reg. Fera und nicht auch auf Coreg. hiemalis bezogen wird, darüber fehlt es
noch an einer genaueren Feststellung, denn Heckel (Nr. 11f: pag. 376) giebt
nur an, dass die Fischer an den grösseren oberöstreichischen Seen die dort
vorkommenden Coregonen mit den drei verschiedenen Namen »Rheinankel«,
»Kröpfling« und »Riedling« bezeichnen, von denen er die »Rheinankel« als Co-
reg. Wartmanni und den »Kröpfling« als Coreg. Fera deutet, während er die
Bedeutung des »Riedlings« unentschieden lässt, welcher Fisch nach einigen Fi-
schern mit der »Rheinankel« nach anderen mit dem »Kröpfling« gleichbedeutend
sein soll; hiernach erschien es mir wahrscheinlich, dass auch in den oberöst-
reichischen Seen drei Renken-Arten leben, von denen die dritte Art der Co-
reg. hiemalis sein könnte. Um mir hierüber einen näheren Aufschluss zu ver-
schaffen, habe ich mich im September vorigen Jahres an die östreichischen
Seen begeben, erhielt aber am Wolfgangsee, Mondsee, Hallstadtersee, Atter-
see und Traunsee auf meine Fragen über das Leben und die Laichzeit der
Coregonen dieser Seen von den dortigen Fischern so widersprechende Mitthei-
lungen, dass auch ich eben so wenig wie Heckel über diesen Gegenstand ins
Klare kommen konnte. Den Namen »Kröpfling« kannte man nur am Attersee,
während an den anderen Seen die Fischer mit der Erscheinung des kropfför-
migen Aufblähens der aus der Tiefe heraufgezogenen Coregonen vollkommen
vertraut waren, ohne auf solche trommelsüchtig aufgetriebene Coregonen den
Namen »Kröpfling« anzuwenden. Es sind mir an jenen Seen nur »Rheinanken«
und »Riedlinge« zu Gesicht gekommen, die ich beide für Coreg. Wartmanni
erklären musste, indem die östreichischen Fischer die jungen Renken von 1/10
bis 1/12 Pfund Gewicht als »Riedlinge« und die grösseren Renken von ¼ Pfund
Gewicht und darüber als »Rheinanken« bezeichnen.
4. Art. C. oxyrhynchus Lin. Schnäpel.
Syn. u. Citate.
Schonevelde Nr. 81: pag. 12. Tab. I. Fig. Albula nobilis, Snepel.
Baldner Nr. 42: pag. 159. Taf. 10. Elbel.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 10. n. 4, Syn. nom. pisc. pag. 19. n. 2. β. Coregonus Albula
nobilis (zum Theil) und pag. 21: n. 4. Coregonus Oxyrhynchus.
Linné Nr. 2: pag. 512. n. 18. Salmo oxyrhynchus.
17*
[260]Familie: Salmonoidei.
Bloch Nr. 3a: Th. I. pag. 163. Taf. 25. Salmo Lavaretus, Schnepel und pag. 170. Taf. 26.
Salmo Thymallus latus, breite Aesche.
Nau Nr. 45b: pag. 132 und Nr. 45c: pag. 33. Salmo Lavaretus, Rheinank.
Siemssen Nr. 79: pag. 58. Salmo Lavaretus und latus, Schnepel.
Heineken Nr. 69: pag. 148. n. 39. Salmo Lavaretus, Schnepel.
Bujack Nr. 97: pag. 321. Coregonus oxyrhynchus, Schnäpel.
Creplin Nr. 90: pag. 83. Salmo oxyrhynchus, Schnäpel.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 222. Coregonus oxyrhynchus, Houting und in den Bulletins
de l’Académie royale de Belgique. T. IX. 1842. pag. 510.
Schulz Nr. 522: pag. 78. Coregonus oxyrhynchus, Schnäpel.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 76. Coregonus oxyrhynchus, Schnepel.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 488. Pl. 630. Coregonus oxyrhynchus.
Artcharakter:Oberkinnlade über den Unterkiefer sehr weit her-
vorragend und nach vorn in eine weiche conisch verlän-
gerte Schnauze übergehend; sehr dünne hinfällige Haut-
zähne auf der Innenseite der Zwischenkiefer, feine Zähne
auf einer zarten Knochenplatte der Zunge; Körpergestreckt:
Schwanzstiel gedrungen.
D. 4—10, P. 1/15—16, V. 2/10—11, A. 4/10—13, C. 19, Squ. 9—10/80—88/9.
Der Coreg. oxyrhynchus, welcher in Norddeutschland unter dem Namen
»Schnäpel« allgemein gekannt ist, gehört zu jenen wandernden Fischen der
Ost- und Nordsee, welche, um zu laichen, das Meer verlassen und die Flüsse
hinaufsteigen.
Von den Renken Mitteleuropa’s unterscheidet sich der Schnäpel auf den
ersten Blick durch seine lange conische und weiche Schnauze. In Färbung
Kopf von der Seite.
und Grösse gleicht er der gemeinen Renke,
kann sie aber auch in Länge und Gewicht
übertreffen. Die gewöhnliche Länge des-
selben ist 16 bis 18 Zoll. Seine Laich- und
Wanderzeit beginnt Ende October oder An-
fang November. Um diese Zeit erhält auch
der Schnäpel, wie seine übrigen Verwandten
einen Hautausschlag, den bis jetzt Ekström1)
allein erwähnt und in folgender Weise be-
schrieben hat: »während der Laichzeit haben die Männchen 5 erhabene, milch-
weisse Knotenreihen aussen an jeder Seite, 2 über der obern und 3 unter der
untern Seite der Seitenlinie, welche gerade Linien bilden. Die Seitenlinie hat
auch eine ähnliche, wenn gleich minder deutliche und oft unbemerkbare Knöt-
chenreihe. Die Knötchen stehen auf dem Rücken der Schuppen in der Form
erhabener Linien«. Nach dem Abfallen dieser Hautverdichtungen werden auch
[261]Gattung: Coregonus.
hier wie ich es bei der gemeinen Renke beobachtet habe, Längsstreifen wahr-
zunehmen sein und zwar bei beiden Geschlechtern; in der That hat Bloch1)
sowohl an den Männchen als an den Weibchen seines Salmo Thymallus latus
diese Längsstreifen beobachtet, welche aber nicht nach Bloch’s Annahme als
Species-Charaktere einer besonderen Coregonus-Art, sondern nur als Zeichen
der Brunst des Schnäpels zu betrachten sind.
Schon Rondelet2) hat das häufige Vorkommen des Coreg. oxyrhynchus
zu Antwerpen gekannt, aber eine so unrichtige Abbildung von diesem Fische
geliefert, dass Gesner3) sich nicht veranlasst fand, den Schnäpel mit den
übrigen Coregonen vereinigt zu besprechen. Hierdurch wurde wahrscheinlich
Schonevelde (a. a. O.), der zuerst eine gute Abbildung des Schnäpel lieferte
nicht bloss abgehalten, diesen Fisch in Gesner’s Fischbuch unter seinen »Oxy-
rhynchis piscibus« zu suchen, wo derselbe mit dem deutschen und holländi-
schen Volksnamen »Schnepel« und »Hautin« erwähnt ist, sondern auch zu dem
Fehler verleitet, Gesner’s (Nr. 34a: pag. 37) »Albula nobilis« mit dem Schnä-
pel zu verwechseln, welche Verwechslung auch Artedi (a. a. O.) begieng,
indem er Schonevelde’s »Albula nobilis« (den echten Schnäpel der Nord- und
Ostsee) nicht mit dem Coreg. oxyrhynchus sondern mit dem Coreg. Lavaretus
(C. Fera) zusammenstellte. Aus demselben Grunde mag auch Baldner
(a. a. O.) irre geführt worden sein und die den »Albelen« (Coreg. Wartmanni
und Fera) betreffenden Mittheilungen Gesner’s auf den Schnäpel bezogen ha-
ben, über welchen derselbe folgende Notizen niedergeschrieben: »Diese Fische
(»Elbel«) werden bei uns gar selten gefangen, deshalb sie fast unbekannt. Ihr
Laich ist im Christmonat in den strengen Wassern auf dem Steinboden. Am
besten sind sie in Mai und Juni. Nach Dr. Gesner heisst der Elbel zu Zürich
Miling, zu Bern Elblen, zu Lindau Buchfisch oder Meydel-Fisch«. Die Abbil-
dung, welche Baldner von diesem »Elbel« geliefert hat, lässt nur eine etwas
weniges hervorragende stumpfe Schnauze erkennen, wodurch der dargestellte
Fisch eher an einen Coreg. Fera als an einen Coreg. oxyrhynchus erinnert. Es
wäre deshalb möglich, dass Baldner wirklich einen Coreg. Fera zur Darstellung
vor sich gehabt hat, obgleich meines Wissens oberhalb Strassburg im Rhein
noch niemals ein Coreg. Wartmanni oder Fera gefangen worden ist, während
das Vorkommen des Coreg. oxyrhynchus in Holland und Belgien nicht bloss auf
die Ausflüsse des Rheins, der Maas und der Schelde beschränkt bleibt 4), son-
[262]Familie: Salmonoidei.
dern sich in diesen Flüssen auch weiter aufwärts ausdehnt 1), so dass dieser
Zugfisch bereits bei Cöln im Rhein angetroffen worden ist 2), was Veranlas-
sung genug ist, anzunehmen, dass der Schnäpel bei seinen Wanderungen im
Rhein sich auch ab und zu bis Strassburg verirren könne. Wenn Baldner
diesen Fisch nicht gehörig erkannte und mit dem Albelen der Schweizer-Seen
verwechselte, so ist das um so verzeihlicher, da ja Baldner selbst sagte, die-
ser Fisch sei für Strassburg eine sehr grosse Seltenheit. Höchst wahrschein-
lich war ausserdem noch an dem todten Exemplare, welches Baldner für
seine Abbildungen benutzen liess, durch längeres Verweilen ausserhalb des
Wassers die weiche Hervorragung der Schnauze verschrumpft und zusam-
mengetrocknet, wodurch, wie ich mich selbst in Danzig und Hamburg an
solchen trocknen Schnäpeln überzeugt habe, dieser Coregonus der Bodenrenke
sehr ähnlich und eine Verwechslung beider Coregonen um so leichter möglich
wird. Auch Nilsson hat an Coreg. oxyrhynchus die starke Einschrumpfung
der Schnauze beobachtet 3). Ein solches Exemplar des Schnäpels mit vertrock-
neter Schnauze mag auch jener »Elbel« gewesen sein, welchen Dr. Reisseisen
aus Strassburg an Valenciennes gesendet hat und in welchem der letztere
(Nr. 5: T. XXI. pag. 458) einen »Lavaret« vom lac du Bourget erkannt haben
will. Ich muss es noch einmal hier wiederholen: die in den Alpenseen woh-
nenden Coregonen scheinen an ihren Aufenthaltsort so festzuhalten, dass ich
die Deutung des Baldner und Valenciennes, nach welcher die bei Strassburg
gefangenen Coregonen alpine Renken-Arten gewesen sein sollen, so lange zu
bezweifeln geneigt bin, ehe nicht dergleichen verirrte Salmoneer unter Be-
rücksichtigung des Coreg. oxyrhynchus einer genaueren Untersuchung un-
terworfen worden sind. Man könnte meine Zweifel durch die Einwendung
beseitigen, dass so gut wie aus den östreichischen Alpenseen Coregonen in die
Donau übergehen könnten, auch Coregonen der Schweizer-Seen in den Rhein
austreten werden. Allerdings sagt Kramer4) von der gemeinen Renke: »ha-
bitat in Danubio«, was aber schon von dem vielerfahrenen Meidinger5) für eine
[263]Gattung: Coregonus.
unrichtige Angabe erklärt worden ist. Dass auch jener von Schreibers als an-
geblicher Donaufisch nach Paris eingesendete Coregonus, welchen Valencien-
nes1) unter dem Namen Coreg. Reisingeri beschrieben hat, nicht aus der Do-
nau, sondern aus dem Traunsee stammte, ist schon oben (pag. 250) hervor-
gehoben worden.
Für die Richtigkeit meiner Annahme, dass der Schnäpel sich wirklich bis
zum Mittelrhein hinauf verirren könne, spricht ferner noch eine Notiz, die mir
in Speyer von Fischern über einen mit langer Schnauze versehenen Salmoneer
des Rheins mitgetheilt wurde. Ich erkannte aus der mir gemachten Beschrei-
bung dieses Fisches, der in Speyer »Schmalzfeder« genannt wird, ganz deut-
lich den Coreg. oxyrhynchus.
In die Weser- und Elbe-Mündungen sowie in die Ausflüsse der der Ost-
see zuströmenden Gewässer und in die mit diesem Meere zusammenhängen-
den Haffe treten die Schnäpel zur Laichzeit ebenfalls oft sehr zahlreich ein,
scheinen aber auch von hier aus nicht sehr weit die Flüsse hinaufzuwandern,
da die Faunisten diesen Wanderfisch als Besucher der oberen Gegenden der
genannten Wassergebiete gänzlich unerwähnt lassen. Nur Schulz (a. a. O.)
theilte mit, dass der Schnäpel zuweilen bis in die Gegend von Stendal in der
Elbe und bis Schwedt in der Oder hinauf gelangt sei. Nach meinen in Nord-
deutschland eingezogenen Erkundigungen soll der Schnäpel bei seinen Wan-
derungen in der Weser den Zusammenfluss der Fulda und Werra bei Münden
und in der Elbe die Magdeburger und Torgauer Gegend erreichen können.
5. Art. C. Maraena Bl. Grosse Maräne.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 10. n. 2, Descript. spec. pisc. pag. 37. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 512. n. 15. Salmo Lavaretus (zum Theil) und Fauna suecica. Stockholm
1761. pag. 125. n. 352. Salmo Lavaretus (ohne Citate).
Bloch Nr. 3a: Th. I. pag. 172. Taf. 27, und Nr. 3b: pag. 64. Salmo Maraena, Maräne,
Madui-Maräne.
Siemssen Nr. 79: pag. 59. Salmo Maraena, grosse Maräne.
Schulz Nr. 78: pag. 520. Coregonus Maraena, grosse Maräne.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 55. Coregonus Lavaretus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 481. Pl. 629. Coregonus Maraena.
Artcharakter:Schnauze kurz, dick und etwas schräg nach unten
und hinten abgestutzt; Oberkinnlade über den Unterkiefer
hervorragend; sehr dünne hinfällige Hautzähne auf der In-
nenseite der Zwischenkiefer, feine Zähne auf einer zarten
Knochenplatte der Zunge; Körper in die Länge gestreckt;
Schwanzstiel gedrungen.
D. 4/10—11, P. 1/16—17, V. 2/9—10, A. 4/10—12, C. 19, Squ. 9—10/95—98/8—9.
[264]Familie: Salmonoidei.
Aus den diagnostischen Merkmalen, die ich für die grosse Maräne aufzu-
stellen versucht habe, geht hervor, dass dieselbe dem Coreg. Fera sehr nahe
Kopf von der Seite.
steht. Die vier Exemplare, welche ich zur
Vergleichung aus Pommern und Mecklen-
burg hier vor mir habe, unterscheiden sich
nur in den Umrissen der Schnauze um
etwas von der Bodenrenke Süddeutsch-
lands. Die Schnauze der grossen Madui-
Maräne, wie sie gewöhnlich genannt wird,
ist um vieles gedrungener und breiter, die
beiden Zwischenkiefer steigen nicht so
schräg nach unten und hinten hinab wie
bei der Bodenrenke, auch erscheinen die
beiden seitlichen Oberkieferknochen etwas länger.
Die grosse Maräne lebt, wie die Bodenrenke, stets in sehr grosser Tiefe
der Seen und verlässt diesen verborgenen Aufenthalt nur, um ihr Fortpflan-
zungsgeschäft an seichten Stellen zu verrichten. Es tritt diese Laichzeit Mitte
November ein und soll dieselbe ohngefähr nach drei Wochen beendigt sein.
Es erreicht dieser Coregonus eine sehr bedeutende Grösse, zwei Fuss lange
Individuen sind nichts ungewöhnliches, doch sollen nach Bloch’s Angaben
auch vier Fuss lange Individuen gefangen werden.
Die Verbreitung der grossen Maräne scheint sich in Norddeutschland nur
auf einige grössere Seen von Pommern und Mecklenburg zu beschränken; als
leckere Speise sind diese Fische seit lange berühmt aus dem Maduisee bei
Stargard in Pommern und aus dem Schaalsee im Lauenburgschen.
Sehr auffallend und bedenklich muss dem Systematiker die Ansicht Nils-
son’s 1) entgegentreten, nach welcher der Coreg. Maraena nur eine stumpf-
schnauzige Varietät des Schnäpel sein soll. Derselbe 2) will zwischen dem Co-
reg. oxyrhynchus und Coreg. Maraena deutliche Uebergänge vor sich gehabt
haben. Ich kann es nicht wagen, einen Widerspruch gegen diese Behauptung
zu erheben, da ich nicht Gelegenheit gehabt habe, durch eigene Anschauung
und Vergleichung möglichst vieler Individuen von verschiedenen Alters- und
Entwicklungs-Zuständen des Coreg. Maraena mir über die Art-Berechtigung
dieser Maräne vollkommene Gewissheit zu verschaffen. Ich habe schon oben
(pag. 262) hervorgehoben, dass ein Schnäpel unter gewissen Umständen seine
lange spitze Schnauze einbüssen kann. Ein solcher Schnäpel dürfte allerdings
dem stumpfschnauzigen Coreg. Maraena nahe treten, allein die längeren seit-
[265]Gattung: Coregonus.
lichen Oberkiefer des Coreg. oxyrhynchus würden doch wohl den Schnäpel
als solchen erkennen und von der Madui-Maräne unterscheiden lassen, da letz-
tere, nach meinen Erfahrungen wenigstens, kürzere seitliche Oberkiefer be-
sitzt. Ob sich aber in dieser Beziehung nicht auch allmähliche Uebergänge
von dem Coreg. oxyrhynchus mit langen Oberkieferknochen zu dem Coreg.
Maraena mit kurzen Oberkieferknochen herausfinden lassen, muss dahin ge-
stellt bleiben. Vor der Hand möchte ich mich eher dahin neigen, den Coreg.
Maraena Norddeutschlands und Coreg. Fera Süddeutschlands für zwei nahe
stehende Rassenformen einer Coregonus-Species zu erklären. Was mich be-
sonders abhält, den Coreg. oxyrhynchus und Coreg. Maraena als spitzschnau-
zigen und stumpfschnauzigen Schnäpel nach dem Beispiele Nilsson’s zu ver-
einigen, ist die so sehr verschiedene Lebensweise bei der Coregonen. Erste-
rer ist ein Wanderfisch, welcher aus dem Meere, um zu laichen, die Flüsse
hinaufsteigt, letzterer dagegen ein stationär in Seen Jahr aus Jahr ein verwei-
lender Fisch. Eine solche Verschiedenheit in der Lebens- und Fortpflanzungs-
weise verbunden mit Abweichungen in der Körperform giebt doch wohl Ver-
anlassung genug, diese beiden Coregonen als zwei besondere Arten auseinan-
der zu halten.
6. Art. C. Albula Lin. Kleine Maräne.
Syn. u. Citate.
Schonevelde Nr. 81: pag. 46. Marena, Marene
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 9. n. 1, Descript. spec. pisc. pag. 40. n. 2, Syn. nom. pisc.
pag. 18. n. 1. Coregonus Albula minima.
Linné Nr. 2: pag. 512. n. 16. Coregonus Albula.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 176. Taf. 28. Fig. 3 und Nr. 3 b: pag. 84. Salmo Maraenula,
kleine Maräne.
Siemssen Nr. 79: pag. 60. Salmo Maraenula, kleine Maräne.
Gloger Nr. 88: pag. 73. n. 8. Salmo albula, kleine Maräne.
Bujack Nr. 97: pag. 321. Coregonus Maraenula, kleine Maräne.
Schulz Nr. 78: pag. 521. Coregonus Maraenula, kleine Maräne.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 93. Coregonus Albula, Maräne.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 520. Pl. 633. Coregonus albula.
Artcharakter:Die beiden sehr niedrigen zahnlosen Zwischenkie-
fer veranlassen einen Ausschnitt im Oberkieferrande, in
welchen das mehr oder weniger vorstehende Kinn des auf-
steigenden Unterkiefers hineinpasst; feine Zähne auf einer
zarten Knochenplatte der Zunge; Körper und Schwanzstiel
gestreckt.
D. 4/8—9, P. 1/14—15, V. 2/10, A. 4/11—12, C. 19, Squ. 7—9/82—84/8.
Die kleine Maräne bietet durch ihre niedrigen Zwischenkiefer und ihren
vorstehenden Unterkiefer, wodurch das Kinn desselben fast die Spitze der
[266]Familie: Salmonoidei.
keilförmigen Schnauze dieses Fisches bildet, ein so auffallendes Ansehen dar,
dass dieselbe auf den ersten Blick von allen übrigen Renkenrten-AMitteleuro-
Kopf von der Seite.
pa’s zu unterscheiden ist. Wegen dieser Kieferbildung
ist das Profil des Kopfes der kleinen Maräne schon oft
mit dem Kopfe eines Härings oder eines Ukeley ver-
glichen worden.
Die Färbung der kleinen Maräne ist ebenso einfach
wie bei den übrigen Coregonus-Arten. Der Rücken
erscheint blaugrau, Seiten und Bauch sind silberglän-
zend gefärbt, die Rücken- und Schwanzflosse besitzen
eine graue, die übrigen Flossen dagegen eine weissliche Färbung.
Die gewöhnliche Grösse dieses Coregonen beträgt nur 6 bis 8 Zoll, doch
kann derselbe auch bis zu 10 Zoll und etwas darüber heranwachsen.
Das Vorkommen der kleinen Maräne erstreckt sich in Mitteleuropa fast
auf alle grössere stehende Gewässer jenes Complexes von Seen, welche sich
von den masurischen Seen an durch Ost- und West-Preussen, durch Polen,
Pommern, Niederschlesien, Brandenburg, Mecklenburg bis nach Holstein hin-
ziehen.
Ausser der Laichzeit halten sich die kleinen Maränen stets in der Tiefe
der Seen auf; um ihr Fortpflanzungsgeschäft zu betreiben tauchen sie aus
ihrer Verborgenheit auf und lassen, nach Art des Coreg. Wartmanni, ihren Laich
in das freie Wasser fallen. Es geschieht dies in den Monaten November und
December, zu welchem Zwecke die Maränen oft schaarenweise von einem See
in den anderen überwandern, indem sie die grössere Wasserfläche gewisser
Seen als Laichplatz ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsorte vorziehen. Bekannt-
lich beginnen in den masurischen Seen diese Wanderungen der Maränen be-
reits im September und October aus dem Mauer- und Löwentin-See nach
dem Spirdingsee, aus welchem sie erst im nächsten Frühjahre nach ihrem
Sommerquartier zurückkehren. Bei diesen Wanderungen und gesellschaft-
lichen Vereinigungen wird diesen Salmoneern von den Fischern hauptsächlich
nachgestellt, da ihr Fleisch ein sehr gesuchtes Nahrungsmittel ist.
[267]Gattung: Thymallus.
II. Gattung: Thymallus (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Mundspalte eng; die Kieferknochen, der Pflug-
scharknochen und die Gaumenbeine mit vielen feinen Zäh-
nen besetzt; die Rückenflosse beginnt weit vor den Bauch-
flossen; die mittelgrossen Schuppen festsitzend; der Vor-
derr and der Rückenflosse kürzer als die Basis derselben.
1. Art. Th. vulgaris Nils. Asch, Aesche.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 157. Taf. 9. Aeschen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 10. n. 3. Thymallus, Descript. spec. pisc. pag. 41. n. 3, Syn.
nom. pisc. pag. 20. n. 3. Coregonus Thymallus.
Linné Nr. 2: pag. 512. n. 17. Salmo Thymallus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 158. Taf. 24. Salmo Thymallus, Aesche.
Schrank Nr. 23 a: pag. 325. n. 299. Salmo Thymallus, Asch.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 133. Salmo Thymallus, Aesche.
Gloger Nr. 88: pag. 73. n. 9. Salmo thymallus, Aesche.
Bujack Nr. 97: pag. 320. Salmo Thymalus, Aesche.
Agassiz Nr. 9: Tab. 16 [...], 17 ♁, 17, bis. Thymallus vexillifer, Aesche.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 222. Thymallus vexillifer, Ombre.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 35. Thymallus Thymallus, Aesche.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 438. Thymalus vexillifer und pag. 445. Pl. 626. Thyma-
lus gymnothorax.
Günther Nr. 47: pag. 117. Thymallus gymnothorax, Asch.
Leiblein Nr. 51: pag. 117. Thymallus vexillifer, Aesche.
Rapp Nr. 41: pag. 25: Thymallus gymnothorax, Asch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 242. Fig. 137. Thymallus vexillifer, Aesche.
Fritsch Nr. 75: pag. 204. Thymallus vexillifer, Aesche.
Artcharakter:Der Oberkieferrand über den Unterkieferrand vor-
stehend: die Basis der Rückenflosse doppelt so lang als die
Basis der Afterflosse.
D. 5—7/14—17, P. 1/14—15, V. 1/10, A. 3—4/9—10, C. 19, Squ. 7—8/86—88/9—10.
Unter allen unseren Salmoneern ragt die Aesche durch ihre auffallend
grosse Rückenflosse und durch das prächtige Farbenspiel dieser letzteren als
ein besonders schön geschmückter Fisch hervor. Gegen den langgestreckten
und im übrigen nur mässig comprimirten Leib sticht der eine fast schneidende
[268]Familie: Salmonoidei.
Kante bildende Vorderrücken auffallend ab. Der Scheitel ist abgeflacht und
der Kopf nach vorn ganz niedergedrückt. Der mittlere Theil der mässig
kleinen Mundspalte steht quer, die seitlich zurückgebogenen Mundwinkel
ragen nur bis unter den Vorderrand der Augäpfel. Die Ränder der Zwischen-,
Ober- und Unterkiefer sind mit einer einfachen Reihe schwacher und spitzer
Zähne besetzt, auch auf dem Vomerknochen und auf den Gaumenbeinen steht
eine Gruppe ähnlicher Zähne; die dünne Knochenplatte der Zunge dagegen
ist zahnlos. Die mittelgrossen Schuppen der Aesche sind derber gebildet und
sitzen fester als bei den Coregonen. Sie sind auf der Unterseite des Schwan-
zes von den Bauchflossen bis zur Caudalflosse am grössten entwickelt, und
zeigen dagegen auf der Brust- und Bauchseite eine ausserordentliche Klein-
heit. Die Kehle und Umgebung der beiden Bauchflossen-Gelenke erscheinen
immer ganz nackt; von hier aus zieht sich sehr häufig ein nackter Hautstrei-
fen zu beiden Seiten der beschuppten Mittellinie in bald längerer, bald kür-
zerer Ausdehnung nach hinten. Die Beschuppung dieser Mittellinie auf Brust
und Bauch besteht aus einer Längsreihe von grösseren Schuppen, welche
nach hinten allmählich grösser werden, während die Seitentheile des Bauchs
von sehr kleinen, ja bis zum Verschwinden kleinen Schuppen bedeckt wer-
den. Valenciennes hat diejenigen Individuen, welche zwischen den Brust-
flossen sehr ausgebreitete nackte Hautstellen besitzen, unter dem Namen
Thymallus gymnothorax zu einer besonderen Art vereinigt. Es ist diese Art,
welche Valenciennes in Berlin angetroffen und aus Russland erhalten hatte 1),
aber unhaltbar und nicht einmal als eine klimatische nordische Abänderung
zu betrachten, da Günther (a. a. O.) diesen Thymallus gymnothorax auch im
Neckar, also in Mitteleuropa angetroffen hat, und ich an den Aeschen des hie-
sigen Fischmarktes alle Uebergänge von den sehr nackten Individuen bis zu
den ziemlich vollständig beschuppten Individuen habe herausfinden können.
Ich muss daher Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 244) beistimmen, welche den
Th. gymnothorax als besondere Aeschen-Art nicht anerkennen, indem sie
allen Exemplaren des Th. vexillifer nackte Stellen zwischen und hinter den
Brustflossen zuschreiben, die nach dem Alter bald eine etwas grössere, bald
eine etwas geringere Ausdehnung zeigen. Mir hat es scheinen wollen, als ob
die geringere Beschuppung an den jüngeren Aeschen besonders häufig anzu-
treffen wäre 2).
[269]Gattung: Thymallus.
Die Afterflosse, Brust- und Bauchflossen tragen weder in Form noch
Grösse eine besondere Auszeichnung an sich, dagegen erscheint die Rücken-
flosse durch ihre Länge und Höhe sehr charakteristisch gebildet. Sie enthält
5 bis 6 einfache und 16 bis 17 gegliederte Strahlen, während die Rücken-
flosse unserer übrigen Salmoneer aus drei einfachen und 10 bis 12 geglie-
derten Strahlen zusammengesetzt wird. Die gegliederten Strahlen der Rücken-
flosse sind bei der Aesche sehr lang, nehmen aber der Reihe nach von vorn
nach hinten an Länge ab, so dass der Hinterrand der Flosse viel niedriger
erscheint als ihr Vorderrand, welche Dimensionsverhältnisse sich aber nach
dem Alter dieses Fisches ändern können; bei grösserem Auswachsen der
männlichen Aeschen nehmen die hinteren Strahlen der Rückenflosse an Länge
so zu, dass die hintere Spitze der zurückgelegten Rückenflosse bald mehr,
bald weniger von der Fettflosse absteht oder dieselbe wirklich berührt.
Solche Individuen werden von den hiesigen Fischern mit dem passenden und
dem Th. vexillifer des Agassiz entsprechenden Namen »Federäsche« bezeichnet.
Die ausgeschnittene Schwanzflosse ist auf den Hauptstrahlen bis weit über
die Hälfte ihrer Länge mit kleinen langgestreckten Schuppen belegt 1).
Die Farbe des Rückens der Aesche ist graugrün, die Leibesseiten und
die Bauchseite glänzen silberweiss; derjenige Theil der allgemeinen Haut-
bedeckung, welcher die Schuppen überzieht, erscheint durch bald weniger,
bald mehr dicht stehende kleine runde Pigmentflecke grau oder schwärzlich
gefärbt. An den meisten Individuen beschränkt sich diese Pigmentirung auf
die Rückenseite des Körpers, zuweilen zieht sie sich auch an den Körperseiten
herab und nimmt bei einzelnen Individuen sogar die ganze Bauchseite ein.
Ausserdem macht sich auf den Seiten des Leibes noch eine längsstreifige Fär-
bung geltend, welche von unter den Schuppen angebrachten schwarzen,
rothen und gelben Haut-Pigmentflecken herrührt. Bei manchen Aeschen ist
das schwarze Pigment zu einzelnen grösseren rundlichen oder rhombischen
Flecken dicht aneinandergedrängt. Die paarigen Flossen erscheinen schmutzig
gelbroth, die Rücken-, After- und Schwanzflosse, sowie die Fettflosse vio-
lett. Die Rückenflosse trägt einen purpurrothen Spiegel, durch welchen sich
drei bis vier schwarze Fleckenbinden hinziehen. Ueber die ganze Hautober-
fläche des Körpers der Aeschen ist ein goldgrüner und zugleich irisirender
Glanz ausgegossen, der von eigenthümlichen, in die Haut eingebetteten Ge-
webtheilen herrührt. Auch von der Rückenflosse, von der Fettflosse und von
der oberen Fläche der paarigen Flossen geht ein ähnlicher irisirender Glanz
aus. Alle diese Färbungen ändern sehr ab, und zwar nach dem Alter, dem
Aufenthaltsort und den Jahreszeiten, wobei die jüngeren Individuen am
[270]Familie: Salmonoidei.
schwächsten gefärbt erscheinen, während die älteren brünstigen Individuen
in dem schönsten und glänzendsten Hochzeitskleide prangen.
Das Vorkommen der Aesche, welche eine Grösse von 12 bis 18 Zoll er-
reichen kann, beschränkt sich auf klare und schnell fliessende Bäche und
Flüsse mit steinigem Grunde; auch unsere Alpenbäche liebt die Aesche, steigt
aber nicht so hoch hinauf wie die Forelle. Im Bodensee, sowie im Chiemsee
ist die Aesche eine grosse Seltenheit. Obgleich die Aesche, mit deren Fang
sich die Angelkünstler in Süddeutschland ganz besonders gern beschäftigen,
keinem norddeutschen Flussgebiete fehlt, ist sie dort bei weitem seltener als
in den klaren, den nördlichen Alpenabhängen enteilenden Gewässern.
Die Nahrung dieses sehr gefrässigen Fisches besteht hauptsächlich aus
Insecten, Mollusken, Gewürm und Fischbrut. Die Aesche verschlingt aber
nicht bloss Wasserinsecten, sondern eben so gern auch Landinsecten, die zu-
fällig auf das Wasser fallen oder mit dem Wasser fortgerissen werden, daher
sich in ihrem Magen ausser Phryganiden und Ephemeriden auch Käfer, Land-
wanzen, Cicadellinen, Heuschrecken, Wespen und Ameisen vorfinden.
Die Laichzeit dieses Fisches beginnt im März und kann bis in den April
hinein dauern, während welcher Zeit die Aesche ihren Aufenthaltsort nicht
verlässt. Die Haut der männlichen und weiblichen Aeschen zeigt während
dieser Brunstzeit eine vermehrte Thätigkeit, indem sich die Epitheliumschicht
der hinteren mit den Schuppen verwachsenen Fläche der Schuppentaschen
zu einer festen, ziemlich gleichmässigen Schwarte erhebt, wobei jedoch die
Umrisse des hinteren Schuppenrandes nicht verwischt werden. Es findet
diese Hautwucherung am auffallendsten auf dem Rücken und an den Schwanz-
seiten dieser Fische Statt.
Während der Laichzeit machen sich den brünstigen Individuen gegen-
über die gleich grossen, steril bleibenden Formen der Aesche besonders be-
merkbar, indem diese letzteren nicht bloss eine weniger intensive Färbung
und kleinere Flossen besitzen, sondern indem ihnen auch die eben erwähnte
Hautwucherung auf den Schuppen abgeht. Eierstöcke und Hoden sind zwar
deutlich vorhanden, erscheinen aber auf einer sehr niederen Stufe der Ent-
wicklung stehen geblieben, was sich äusserlich schon durch die kleine un-
scheinbare Urogenital-Papille verräth. Das Fett, welches die Verdauungs-
werkzeuge der Aeschen zu umgeben pflegt, ist bei diesen sterilen Aeschen
im Vergleich zu den fruchtbaren brünstigen Individuen besonders reichlich
vorhanden.
[271]Gattung: Osmerus.
B. Maul weit gespalten, die Oberkiefer ragen bis unter die
hinteren Augenränder; alle Kieferknochen, sowie die Gaumen-
beine, das Pflugscharbein und der vordere Zungenknochen
tragen Zähne; die Schuppen meistens klein, von verschiedener
Form, fein concentrisch gestreift, ohne fächerförmig verlau-
fende Radien.
a. An der Gaumendecke sind auch die beiden Flügelbein-
Blätter auf ihrem inneren Rande mit einer Zahnreihe bewaffnet;
die Zähne des Maules besitzen eine sehr ungleiche Beschaffen-
heit; den Schuppen fehlt der Silberglanz-Beleg.
III. Gattung: Osmerus (nach Artedi).
Gattungscharakter:Die Zwischen- und Oberkiefer sind mit einer
einfachen Reihe sehr feiner Zähne besetzt, die Unterkiefer
tragen eine äussere Reihe sehr feiner Zähne und eine in-
nere Reihe grösserer derber Zähne; das rudimentäre Pflug-
scharbein stellt einen ganz kurzen, mit einem Paar star-
ken, spitzen Zähnen besetzten bogenförmigen Knochen dar;
die Gaumen- und Flügelbeine, sowie der vordere Zungen-
knochen sind ebenfalls mit starken, spitzen Zähnen be-
waffnet; die Schuppen der Leibes-Seiten sind mittelgross
und queroval; die Rückenflosse beginnt dicht hinter den
Bauchflossen.
1. Art. O. Eperlanus Lin. Stint.
Syn. u. Citate.
Schonevelde Nr. 81: pag. 70. Tab. VII. Spirinchus, Stindt.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 10. n. 1, Descr. spec. pisc. pag. 45. n. 1, Synon. nom. pisc.
pag. 21. n. 1. Osmerus Eperlanus.
Linné Nr. 2. pag. 511. n. 13. Salmo Eperlanus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 179. Taf. 28. Fig. 2 (sehr mangelhaft). Salmo Eperlanus, Stint
und pag. 182. Taf. 28. Fig. 1. Salmo eperlano-marinus, Seestint.
Siemssen Nr. 79: pag. 57. Salmo Eperlanus, Stint, β major, Seestint.
Bennet und Olivier Nr. 65: pag. 62. Salmo Eperlanus.
Heineken Nr. 69: pag. 148. Salmo Eperlanus, Stint.
Bujack Nr. 97: pag. 321 u. 322. Salmo Eperlanus, Stint u. Salmo Spirinchus, Seestint.
Schulz Nr. 78: pag. 518. Osmerus Eperlanus, Stint.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 1. Osmerus Eperlanus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 371. Pl. 620. Osmerus eperlanus u. pag. 387. Osmerus
spirinchus.
[272]Familie: Salmonoidei.
Artcharakter:Der Unterkiefer vorstehend; die Zähne des Pflug-
scharbeins und des vorderen Zungenbeins die stärksten
und längsten; das hinter dem letzteren gelegene mittlere
Zungenbein trägt eine mit vielen Zähnen bewachsene läng-
liche Knochenplatte; die Seitenlinie nur auf die ersten acht
bis zehn Schuppen beschränkt.
D. 3/7—8, P. 1/9—10, V. 2/7, A. 3/11—13, C. 19.
Der Stint zeichnet sich von allen mitteleuropäischen Salmoneern durch
mehrere Eigenthümlichkeiten ganz besonders aus. Seine Totalgestalt ist sehr
in die Länge gestreckt, und nur wenig zusammengedrückt. Der Rücken ver-
Kopf von der Seite mit
geschlossenem Maule.
läuft fast ganz gerade, der Unterkiefer ragt sehr
weit über den Oberkieferrand hervor, so dass sein
Kinn die Spitze des etwas zugespitzten Kopfes bil-
det. Die Zähne der beiden Zwischen- und Ober-
kiefer sind sehr fein und dicht gestellt; auf dem
Unterkiefer stehen einzelne grössere, nach innen ge-
krümmte Zähne, vor welchen auf der vorderen
Hälfte der beiden Unterkieferäste noch eine dichte
Reihe feiner, nach oben gerichteter Zähne ange-
bracht ist. Von der Gaumendecke ragen dicht hinter den Zwischenkiefern
zwei starke, lange, spitze Zähne herab, welche dem rudimentären Pflugschar-
Kopf von der Seite mit
geöffnetem Maule.
bein angehören. Die beiden Seiten der Gaumendecke
werden von je zwei Reihen starker Zähne durchzogen,
welche den beiden Gaumenbeinen und dem inneren
Rande der beiden Flügelbeine aufsitzen. Von dem Bo-
den der Mundhöhle erheben sich einige starke und
nach hinten gekrümmte Zähne in zwei Reihen, welche
von dem vorderen Zungenbeine ausgehen und vor
welchen noch ein unpaariger sehr starker Zahn
desselben Knochens sich ganz besonders auszeichnet. Hinter diesen grösseren
Zähnen macht sich noch ein etwas schwächerer Zahnapparat in mehreren
längeren Reihen auf einer gestreckten Knochenplatte bemerkbar, welche dem
mittleren Zungenbein aufgewachsen ist. Von den Flossen, welche schwach
entwickelt sind, erscheint die Schwanzflosse tief ausgeschnitten.
Die Beschuppung der Stinte verhält sich ganz eigenthümlich, indem keine
einzige Schuppe derselben mit dem bekannten Silberglanz belegt ist. Sämmt-
liche Schuppen sind ungemein zart, haben meistens eine querovale Gestalt,
und sitzen in ihrem ganzen Umfange lose in den äusserst verletzbaren Schup-
pentaschen. Die beiden Seitenlinien erstrecken sich nur auf die acht bis zehn
ersten Schuppen des Rumpfes. Diese Verkümmerung der Seitenlinien ist bis-
[273]Gattung: Osmerus.
her gänzlich ausser Acht gelassen worden. Die zarte Haut der Stinte ist nur
theilweise mit Silberglanz belegt, und da auch den Schuppen der Silberglanz
fehlt, so erscheinen diese Fische an vielen Stellen ihres Körpers durchsichtig
und von dem durchscheinenden Fleische röthlich gefärbt 1). Einen Silber-
glanz besitzen am Stint nur die Iris, der Unterkiefer, die Wangen hinter den
Augen, der Kiemendeckel-Apparat, die Schulterknochen, ein Streifen vor den
beiden Brustflossen und die Seiten des Leibes, welche letzteren ganz beson-
ders prächtig glänzen. Gänzlich silberglanzlos und durchsichtig sind der
Scheitel, der ganze Rücken des Leibes, die Unterseite des Schwanzes und die
Mitte des Bauches, an welcher letzteren Stelle jedoch das silberglänzende
Peritonäum aus der Bauchhöhle hindurchschimmert.
Schwarzkörnige Chromatophoren liegen an vielen Stellen in der Haut der
Stinte eingebettet; durch Anhäufung und Ausbreitung derselben erscheint
bei vielen Stinten die Schnauze, der ganze Kopf und der Rücken blaugrau
gefärbt. Rückenflosse, Schwanzflosse und Vorderrand der Brustflossen sind
stets graulich pigmentirt, während die übrigen Flossen ungefärbt bleiben.
Eine Gruppe schwarzkörniger Pigmentflecke liegt an den Seiten des Leibes
tiefer in der Haut unterhalb der Silberglanz-Schicht verborgen. Durch das
Hindurchschimmern dieser schwarzen Pigmentschicht wird der blaugrüne
metallisch-glänzende oder irisirende Seitenstreif erzeugt, welcher den Stinten
ein so hübsches Ansehen verleiht.
Es variirt der Stint in der Grösse, der Färbung, sowie in dem Profil
seines Leibes und Kopfes ausserordentlich. Bloch hat zwei extreme Formen
dieser Varietäten unter dem Namen »kleiner Stint« und »grosser Stint« oder
»Seestint« als zwei Arten unterschieden. Einige Faunisten sind hierin Bloch
gefolgt, dagegen haben aber weder Ekström, Nilsson, Krøyer noch Yarrell
und Valenciennes diese beiden Arten Bloch’s angenommen. Auch ich habe
mich nicht entschliessen können, den kleinen und grossen Stint als zwei ver-
schiedene Arten festzuhalten, indem ich bei der Vergleichung vieler Stinte
aus den verschiedensten Fundorten, nämlich aus der Nordsee und Weser, aus
der Ostsee, aus der Havel in Brandenburg und aus dem Spirdingsee in Masu-
ren zwar jene von Bloch beschriebene kleine und grosse Stintform heraus-
finden konnte, jedoch in Verbindung mit so allmählichen Uebergängen, dass
es mir nicht möglich wurde, unter diesen verschiedenen Varietäten eine
scharfe Abtrennung vorzunehmen. Der Leib des kleinen Stintes, meistens in
der Grösse von 3 bis 5¼ Zoll, erscheint gestreckter, niedriger und weniger
comprimirt, ist mit dichter stehenden schwarzen Pigmentflecken besetzt und
enthält schwächere Zähne und eine kürzere Zunge, welche letztere mit ihrem
v. Siebold, Fische. 18
[274]Familie: Salmonoidei.
vordersten Zahne bei geschlossenen Kiefern weit von den Vomerzähnen zu-
rücksteht. Der Leib des grossen oder Seestintes, der mir bis zu einer Länge
von 9¾ Zoll in die Hände gekommen ist, zeigt sich etwas höher und mehr
comprimirt, das schwarze Pigment ist in der Haut desselben sparsamer und
in kleineren Flecken vorhanden, seine Zähne erreichen eine kräftigere Ent-
wicklung und seine Zunge ragt weiter hervor, so dass bei geschlossenen Kie-
fern der vorderste Zahn der Zunge zwischen den Vomerzähnen oder sogar vor
denselben den Gaumen berührt.
Der Stint lebt immer in sehr grossen Gesellschaften beisammen, theils in
der Nord- und Ostsee, theils in den Haffen und denjenigen grösseren Seen,
welche sich von Masuren durch Preussen, Pommern, Brandenburg und Mek-
lenburg bis nach Holstein bald in geringerer bald in grösserer Unterbrechung
ausbreiten. Sie halten sich ausser der Brunstzeit in der Tiefe der genannten
Gewässer verborgen, kommen aber im März und April aus ihrer Verborgen-
heit hervor, und suchen in dichten, zahllosen Schaaren beisammen vom Meere
aus die Mündungen der Ströme und von den Seen aus die mit diesen zusam-
menhängenden Flüsse auf, um in deren Strömungen an sandigen Stellen ihren
Laich abzusetzen. Bei diesen Wanderungen werden diese Fische massenhaft
und gewöhnlich des Nachts unter Feuerschein gefangen, da sie der niederen
Volksclasse eine wohlfeile und beliebte Speise gewähren, welche indessen
noch viel gesuchter wäre, wenn diese Thiere nicht einen so höchst unange-
nehmen Geruch verbreiteten, der in manchen Gegenden Norddeutschlands
längst sprichwörtlich geworden ist. In den Haffgegenden werden diese Stinte
zuweilen in so grossen Mengen gefangen, dass sie sogar als Viehfutter verwen-
det werden müssen. Am Kurischen Haff werden diese Fische in neuester Zeit
auch zur Anfertigung von Guano verwendet.
Ich habe leider bis jetzt nicht Gelegenheit gehabt, frische brünstige Stinte
zu untersuchen, glaube aber aus der Beschaffenheit einiger unvollkommener
Weingeist-Exemplare dieser Fische die Vermuthung aussprechen zu können,
dass höchst wahrscheinlich auch bei diesen Salmoneern während der Laich-
zeit gewisse Hautwucherungen zur Entwicklung kommen.
[275]Familie: Salmonoidei.
b. Die Flügelbein-Blätter an der Gaumendecke sind zahn-
los; alle Zähne des Maules von kräftiger Entwicklung; die
Schuppen besitzen Silberglanz-Beleg.
Die hierher gehörigen Salmoneer verzehren trotz ihres weiten und mit
starken Zähnen bewaffneten Maules oft nur ganz kleine Insecten und winziges
Gewürm, manche füllen ihren Magen, ähnlich wie die zahnlosen Renken, aus-
schliesslich mit den kleinsten Entomostraceen an.
Die Jungen aller dieser Salmoneer zeichnen sich durch eine schwarze
Fleckenbinde aus, welche die Seiten des Leibes einnimmt und aus 8 bis
12 grossen schwarzen, querovalen Flecken besteht. Das Pigment dieser
Fleckenbinde ist unterhab der Schuppen angebracht, und schwindet erst im
zweiten Lebensjahre dieser Fische, kann aber unter gewissen Verhältnissen
der Haut auch noch länger fortbestehen bleiben 1). Auch der Leib der jungen
Aeschen erscheint an den Seiten mit einer solchen schwarzen Fleckenbinde
besetzt. Ob auch die jungen Coregonen eine ähnliche Färbung und Zeich-
nung besitzen, weiss ich nicht, da mir noch keine ganz jungen Renken zu Ge-
sicht gekommen sind.
Ein anderes Zeichen des jugendlichen Alters dieser bezahnten Salmoneer
ist die gabelige Schwanzflosse, welche sich im höheren Alter allmählich ver-
liert, indem der scharfwinkelige Ausschnitt durch einen halbmondförmigen
Ausschnitt ersetzt wird, der bei gewissen Arten späterhin auch noch schwin-
det, so dass zuletzt die Schwanzflosse senkrecht abgeschnitten oder sogar
abgerundet erscheint.
Bei den männlichen Individuen dieser Salmoneer verräth sich das höhere
Alter durch eine auffallende Veränderung des Profils ihres Kopfes, indem sich
die Kieferknochen desselben etwas mehr in die Länge strecken, und der Un-
terkiefer oberhalb des Kinnwinkels vor den Zähnen einen aufsteigenden
stumpfen Fortsatz erhält, welcher bei weiterem Fortwachsen sich haken-
18*
[276]Familie: Salmonoidei.
förmig nach hinten umbiegt und anfangs in eine am Gaumen sich entwickelnde
Grube passt, wodurch dem Fische das gänzliche Schliessen der Mundhöhle
noch möglich wird; später nimmt aber jener hakenförmige Fortsatz an Um-
fang so zu, dass derselbe das Anschliessen der Kieferränder durchaus ver-
hindert.
Bei keinem unserer einheimischen Fische findet je nach den verschie-
denen Einwirkungen der Nahrung, des Wassers, des Lichts und der Tem-
peratur eine so grosse Farbenverschiedenheit der Haut statt, wie bei den be-
zahnten Salmoneern, sogar die Farbe des Fleisches, welche bei gewissen
Arten rosenfarben oder orangenroth auftreten kann, variirt innerhalb einer
und derselben Species in allen Abstufungen je nach den verschiedenen Auf-
enthaltsorten der Fische.
Vor Eintritt der Laichzeit, während welcher diese Salmoneer nur sehr
wenig oder gar keine Nahrung verzehren, nehmen sowohl die Milchner wie
Rogener an Fleisch und Fett ausserordentlich zu, so dass sie alsdann dem
Menschen ein köstliches Nahrungsmittel gewähren. Nach vollendetem Fort-
pflanzungsgeschäfte, wobei sie meistens als Wanderfische die schwierigsten
Hindernisse mit vieler körperlicher Anstrengung zu überwinden haben, er-
scheinen dieselben in einem so abgemagerten und ausgehungerten Zustande,
dass sie kaum wieder zu erkennen sind.
Während der Laichzeit zeichnen sich die männlichen Individuen der hie-
her gehörigen Salmoneer durch eine ganz eigenthümliche Hautwucherung aus,
welche wie eine Art Schwarte den Hinterrücken und gewöhnlich auch die
Unterseite des Schwanzes überzieht. Da diese Wucherung auf dem Theil der
Haut ausbleibt, welcher mit dem Hinterrande der Schuppen fest verwachsen
und innig verschmolzen ist, so entstehen auf diese Weise der Zahl der Schup-
pen entsprechende Gruben, welche der Haut das Ansehen geben, als seien
hier die Schuppen ausgefallen, zumal bei sehr dicker Schwarten-Bildung die
Schuppen gänzlich unsichtbar werden. Es ist diese Schwarte nichts anderes
als eine Wucherung und eigenthümliche Verdichtung des Epithelüberzugs,
und bisher von den Ichthyologen gänzlich übersehen worden oder unerwähnt
geblieben, nur Jardine macht eine Ausnahme, welcher in seinem grossen
Salmoneer-Werke, das nur in sehr wenige Hände gelangt zu sein scheint,
diese Hautveränderung besprochen hat. Die Eier werden von den Weibchen
in Gesellschaft und nächster Nähe der Männchen lose in den kiesigen Grund
der Gewässer versenkt und vergraben, zu welchem Zwecke von ihnen tiefe,
muldenförmige Gruben mit dem Schwanze aufgewühlt werden.
Ein anderer höchst merkwürdiger Umstand, welcher das Interesse des
Studiums dieser Salmoneer-Abtheilung sehr erhöhen muss, aber bis jetzt ganz
unbeachtet geblieben ist, besteht in dem Auftreten von sterilen Formen,
welche in einer von den geschlechtlich sich entwickelnden Individuen sehr
[277]Familie: Salmonoidei.
abweichenden Gestalt heranwachsen und die Ichthyologen veranlasst haben,
dieselben unter gänzlicher Verkennung ihres sterilen Zustandes als besondere
Salmoneer-Arten hinzustellen. Man hat diese Sterilität noch in einer anderen
Weise aufgefasst und angenommen, dass einzelne Individuen in einem oder
dem anderen Jahre gar nicht laichen, allein da mit der Sterilität gewisser
Salmoneer sich an denselben eine ganz veränderte Körperform ausgeprägt hat,
so wird diese nicht bloss vorübergehend für das eine oder andere Jahr, in
welchem der Fisch nicht laicht, vorhanden sein können, sondern eben-
so beständig wie die Sterilität von Jahr zu Jahr fortdauern müssen. Hier-
nach dürfte eine Angabe jenes Ungenannten, welcher über die lachsartigen
Fische sehr viel lehrreiches in Loudon’s Magazin 1) niedergelegt hat, eine an-
dere Deutung erhalten. Derselbe sagte nämlich: »Weder Lachs noch Forelle
laiche jedes Jahr, denn man fange im Januar oft von beiden Individuen, deren
Rogen kleiner als Senfkörner sei, die mithin in dem Jahre nicht gelaicht ha-
ben könnten«. Solche Individuen dürften nach meinem Dafürhalten sterile
Formen gewesen sein.
Valenciennes hat die zu dieser Abtheilung gehörenden vielzähnigen Salmoneer
in mehrere Gattungen zerfällt und als Unterscheidungsmerkmale dieser Gat-
tungen hauptsächlich die Zahl und Stellung der Zähne des Pflugscharknochens
hervorgehoben. Auf diese Weise sind die drei Gattungen Salmo, Fario und
Salar entstanden 2), welche auch von Heckel und anderen deutschen Ichthyo-
logen angenommen worden sind. Es lassen sich aber bei genauerer Ver-
gleichung möglichst vieler Individuen namentlich aus verschiedenen Alterszu-
ständen diese Salmoneer-Arten durchaus nicht in dieser Gattungsabgrenzung
festhalten.
Ehe ich mich über diese systematische Eintheilung dieser vielzähnigen
Salmoneer näher ausspreche, muss ich einiges über die Beschaffenheit des
Pflugscharbeins (Vomer) dieser Fische vorausschicken, da man auf die An-
ordnung der Zähne dieses Knochens einen so grossen Werth gelegt hat.
Es zerfällt der den mittleren Theil der Gaumendecke bildende Vomer-
knochen der vielzähnigen Salmoneer in zwei Platten, in eine vordere und hin-
tere, von denen die vordere Platte meistens den kleineren Theil des ganzen
Knochen ausmacht. Denken wir uns am lebenden und schwimmenden Sal-
moneer den Vomerknochen in seiner natürlichen Lage, so steht die vordere
Platte desselben stets tiefer als die hintere Platte, welcher höher gelegene
und bald mehr, bald weniger langgestreckte Theil des Vomer als Körper oder
Stiel dieses Knochen bezeichnet werden kann. Von diesen beiden Thei-
len des Pflugscharbeins kann die vordere Platte allein mit Zähnen besetzt
[278]Familie: Salmonoidei.
und die hintere Platte (chevron nach Valenciennes) zahnlos sein, es können
aber auch beide Vomerplatten zugleich mit Zähnen bewaffnet sein. Der erste
Fall gilt als Hauptkennzeichen der Gattung Salmo (Valenc.), im zweiten Falle
können die Zähne auf dem Stiel des Vomer, entweder in einer einfachen
Längsreihe stehen, wodurch die Gattung Fario gebildet wird, oder sie kön-
nen in doppelter Längsreihe stehen, woraus die Gattung Salar hervorgehen
soll. Ich habe mir vergeblich die grösste Mühe gegeben, nach diesen Unter-
scheidungsmerkmalen die verschiedenen vielzähnigen Salmoneer zu bestim-
men, worüber ich mich nicht wundern konnte, da auch Heckel1) eingestand.
dass Fario und Salar von Salmo scharf verschieden sei, dass aber der Unter-
schied zwischen Fario und Salar weniger scharf hervortrete. Indem ich nun
diese Eintheilung der vielzähnigen Salmoneer fallen lasse, stehe ich in dieser
Beziehung nicht allein da, denn sowohl schwedische und dänische, sowie
englische Ichthyologen haben jene Gattungen des Valenciennes als unhaltbar
zurückgewiesen 2). Sie berufen sich auf die längst bekannte Erfahrung,
welche von Valenciennes und Heckel gänzlich unbeachtet geblieben ist, dass
nämlich bei denjenigen Lachsformen, deren Vomerstiel mit Zähnen besetzt
ist, junge Individuen eine viel grössere Zahl von Vomerzähnen und viel voll-
ständigere Zahnreihen auf dem Vomerstiel tragen als die älteren Individuen,
bei denen die Zähne des Vomerstiels von hinten nach vorn allmählich ver-
loren gehen und im höheren Alter nicht selten sämmtlich verschwinden.
Aus diesen Umständen ist es erklärlich, dass das Bestimmen und Feststellen
dieser Lachsarten nach der Zahl und Anordnung der Vomerzähne durchaus
unmöglich ist. In späterer Zeit hat Heckel diese Unsicherheit in der Ab-
grenzung der vielzähnigen Salmoniden-Gattungen ebenfalls empfunden und
(Nr. 13: pag. 247) auf die Täuschungen aufmerksam gemacht, welche die
längs des Vomerstiels aufsitzenden Zähne hervorrufen können, indem sie in
gewissen Fällen, obwohl einreihig gestellt, abwechselnd nach rechts und
links gebogen sein können und so in einer Doppelreihe zu stehen scheinen,
oder indem sie in einer Zickzacklinie stehend es zweifelhaft machen, ob sie
in einer solchen Stellung als doppelreihig oder einreihig genommen werden
sollen, oder endlich indem die vorderen Zähne des Vomerstiels in einer
einfachen Reihe, die hinteren Zähne desselben dagegen in einer Doppelreihe
stehen können, wodurch die Entscheidung, ob eine Art der Gattung Salar
oder Fario beizuzählen sei, sehr schwierig werde. Ich gehe noch weiter und
füge hinzu, dass bei dieser Bestimmungsweise sogar Salmo von Salar und
Fario nicht gehörig hat unterschieden werden können, da, wie ich später zei-
[279]Familie: Salmonoidei.
gen werde, der gemeine Lachs ganz unrichtig zur Gattung Salmo gestellt
worden ist, indem man wahrscheinlich nur die Vomerzähne von erwachsenen
Individuen des Salmo Salar beachtete, dessen Vomerzähne im höheren Alter
gewöhnlich bis auf einige wenige Vorderzähne vom Vomerstiel gänzlich
verschwinden, wobei man noch das Versehen begieng und diese wenigen
Zähne als Zähne der vorderen Platte des Pflugscharbeines betrachtete1). Um
solche Schwierigkeiten zu vermeiden, habe ich mir Nilsson’s Eintheilung der
Salmoniden als Vorbild genommen. Derselbe2) hatte schon in seinem Prodro-
mus vorgeschlagen, die Gattung Salmo, welche die vielzähnigen Salmoniden
umfasst, in die beiden Abtheilungen Truttae und Salvelini zu zerfällen; für
die Truttae stellte er als Hauptunterscheidungsmerkmal die Beschaffenheit
der Vomerzähne in folgender Weise hin: »dentes in serie flexuosa per totam
vomeris longitudinem«, während als Hauptcharakter der Salvelini die Be-
zahnung des Vomer von ihm in folgender Weise angegeben wurde: »vomeris
antica tantum parte dentata«. Später wurden diese Charaktere von Nilsson
noch schärfer hervorgehoben, indem er als Unterscheidungsmerkmal der
Truttae angab3): »längs des Vomer stehen entweder Zähne, oder ein mehr
oder weniger bemerkbarer Kiel (welcher nicht eher sichtbar wird, als bis die
Gaumenhaut weggenommen ist)«, und für die Salvelini als diagnostisches
Kennzeichen aussprach4): »der Vomer hat nur am vorderen Theil Zähne, ist
im übrigen glatt, ohne alle Zähne oder Kiel«. Ich schlage vor, diese beiden
Salmoniden-Abtheilungen als Gattungen Trutta und Salmo zu betrachten, für
welche ich in Bezug auf die Bezahnung des Pflugscharbeins den Gattungs-
charakter noch etwas schärfer auszudrücken gesucht habe. Nilsson5) hat
auch die Verschiedenheit der Farbe, welche an den Flecken der schwedi-
schen Salmoneer wahrzunehmen ist, als Eintheilungsprincip benutzt, indem
bei den Truttae die Flecken dunkler, und bei den Salvelini dieselben heller
als die allgemeine Hautbedeckung sein sollen. Dieses Unterscheidungs-
merkmal passt allerdings für die schwedischen Salmoneer, ist aber für die
mitteleuropäischen Salmoneer nicht anwendbar, da der zu den Salvelinen ge-
hörige Huchen nicht mit hellen, sondern mit schwarzen Flecken besetzt ist.
[280]Familie: Salmonoidei.
IV. Gattung: Salmo (nach Valenciennes und Siebold).
Gattungscharakter: Der Pflugscharknochen kurz; die vordere
kurze Platte desselben allein mit Zähnen besetzt; die hin-
tere, etwas längere Platte (der Stiel) sowohl in der Jugend
wie im höheren Alter stets zahnlos; alle Schuppen klein
und längsoval; die Rückenflosse beginnt vor den Bauch-
flossen.
1. Art. S. Salvelinus Lin. Saibling.
Syn. u. Citate.
Mangolt Nr. 33: pag. 38. Rötelen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 13. n. 10, Syn. nom. pisc. pag. 26. n. 11.
Linné Nr. 2: pag. 511. n. 9. Salmo Salvelinus.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 149. Taf. 99. (♂) Salmo Salvelinus, Salbling und pag. 154.
Taf. 101. (♀) Salmo Umbla, Ritter.
Schrank Nr. 23 a: pag. 322. n. 296. Salmo Salvelinus, Salbling, Nr. 23 b: pag. 297.
Salmo alpinus, schwarzreuterische Bergforelle, Nr. 23 d: Bd. I. pag. 313.
Salmo alpinus, Salmling, Nr. 23 e: pag. 90. Salmo Salvelinus, Salbing, Rötel.
Hartmann in der Alpina. Bd. I. 1806. pag. 91. Naturgeschichte der Rothforelle, u. Nr. 38 b:
pag. 123. Salmo Salvelinus, Rothforelle, Rötheli und pag. 130. Salmo umbla,
Ritter.
Nenning Nr. 39: pag. 18. Salmo Salvelinus, Rothforelle. (Unter demselben Namen in
der Iconographie abgebildet.)
Schinz Nr. 40 b: pag. 161. Salmo Salvelinus, Rothforelle.
Agassiz Nr. 9: Tab. IX, X ♂, Xa, XI ♀, Salmo Umbla, Salmling, Ritter, Rötheli.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 233. Salmo Umbla, Ombre Chevalier, pag. 246. Salmo
Salvelinus.
Heckel Nr. 11 f: pag. 357: Salmo Salvelinus, distichus, monostichus und Umbla.
Rapp Nr. 41: pag. 32. Taf. V. Salmo Umbla, Rothforelle, Rötheli.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 280. Fig. 155. Salmo Salvelinus, Salbling, und pag. 285.
Fig. 156. Salmo Umbla.
Artcharakter:Körper gestreckt und etwas seitlich zusammenge-
drückt; die vordere Platte des Pflugscharknochen an ihrem
hinteren Theile mit 5 bis 7 gekrümmten Zähnen besetzt, in
der Jugend zuweilen in einer queren Stellung, im höheren
Alter immer in dreieckiger Stellung; der Vomerstiel seit-
[281]Gattung: Salmo.
lich zusammengedrückt und tief kahnförmig ausgehöhlt;
das hinter dem grob bezahnten vorderen Zungenknochen
gelegene mittlere Zungenbein trägt eine mit vielen kleinen
Zähnen bewachsene längliche Knochenplatte. (Die Seiten
des Leibes häufig mit vielen runden weisslichen oder
blassrothen Flecken besetzt, der Bauch oft orangenroth
gefärbt, die paarigen Flossen und die Afterflosse am Vor-
derrande milchweiss).
D. 3/9—10, P. 1/12—14, V. 1/8, A. 3/8—9, C. 19.
Die Körpergestalt des Saiblings ist nach Alter, Geschlecht und Aufent-
haltsort desselben ausserordentlich wandelbar; es treten besonders die Um-
risse des Kopfes in sehr verschiedener Gestalt auf, daher man sich nicht wun-
dern kann, dass die Ichthyologen bald die eine bald die andere Form des
Saiblings zu einer besonderen Art haben erheben wollen. In sehr jugend-
lichem Alter des Saiblings, bei einer Grösse von 5 Zoll, erscheint das Profil
des Kopfes nach vorn sehr abgestumpft, wobei der Oberkieferrand den Un-
terkieferrand etwas überragt. Diese Kopfform verschwindet allmählich, in-
dem bei weiterem Fortwachsen der jungen Saiblinge die Kieferknochen län-
ger auswachsen und so die Schnauze derselben ihre Stumpfheit verliert. Bei
gewissen Saiblingsrassen bleibt aber auch im weiter vorgerückten Alter, die
stumpfe Schnauze bestehen, es ist dies z. B. bei den Saiblingen des Schlier-
sees und Walchensees der Fall, deren Profil an der Schnauzenspitze meistens
sehr steil abfällt; auch besitzen die weiblichen Individuen der verschiedenen
Rassen des Saiblings gewöhnlich eine stumpfere Schnauze im Vergleich zu
den männlichen Individuen1), bei welchen letzteren zugleich im höheren Alter
häufig am Kinnwinkel sich ein stumpfer Fortsatz erhebt, dem gegenüber an
der Verbindungsstelle der beiden Zwischenkiefer sich eine Auskerbung ent-
wickelt, in welche bei dem Schliessen der Kiefer jener Fortsatz einge-
drückt wird.
Die Zähne des Maules sind verhältnissmässig klein, ganz besonders klein
und schwach erscheinen aber diejenigen Zähne, welche in bald grösserer bald
geringerer Anzahl neben und hintereinander gestellt eine lange schmale auf
dem mittleren Zungenbeinknochen aufgewachsene Knochenplatte besetzt hal-
[282]Familie: Salmonoidei.
ten1). Die Zähne des schwachen dünnen Vomerknochen können sehr ver-
schieden gestellt sein, ihre Zahl kann zwischen 5 und 9 schwanken, doch
kommen häufig auch weniger Vormerzähne vor, in welchen Fällen vorhandene
Lücken darauf hinweisen, dass hier und dort einzelne Zähne verloren gegan-
gen sind. Bei den meisten Saiblingsrassen stehen die Vomerzähne in einem
Dreiecke, wobei die mittleren Zähne mit ihren geschwungenen Spitzen die
eine Ecke jenes Dreiecks bilden und als ein hinterer Fortsatz der vorderen
Vomerknochen eines alten Saibling.
Vomerplatte über die kahnförmige Aushöh-
lung des Vomerstiels hinwegragen. Bei der-
jenigen Saiblingsrasse, welche den Königs-
see und Christsee in Bayern und den Gosau-
see in Oestreich bewohnt, stehen die Vomer-
zähne in einer einfachen Querreihe, was
Heckel2) veranlasst hatte, diese Saiblinge
unter dem Namen S. monostichus zu einer besonderen Art zu erheben, später
liessen Heckel und Kner3) diese Species wieder fallen, wobei sie sich mit
Recht dahin aussprachen, dass die verschiedene Gruppirung der Vomerzähne
zu keiner Trennung der Saiblinge in zwei oder drei Species berechtige, in-
dem die auffallend verschiedenen Zahnstellungen durch zahlreiche Ueber-
gangsstufen untereinander verbunden werden. Ich kann diesem Ausspruch
noch hinzufügen, dass bei vorrückendem Alter innerhalb einer und derselben
Saiblingsrasse sehr auffallende Veränderungen mit der Zahnstellung auf dem
Vomerknochen mancher Saiblinge vorgehen, und dass bei den jüngeren Saib-
lingen des Königssees allerdings, wie Heckel angiebt, die Vomerzähne in
einer einfachen Querreihe stehen, wogegen ich bei älteren Individuen der-
selben Rasse die Vomerzähne deutlich in einem Dreiecke stehen sah.
Die paarigen Flossen entwickeln sich bei den männlichen Saiblingen län-
ger und kräftiger als bei den weiblichen Individuen, an denen sie oft im Ver-
hältniss zur Körpergrösse auffallend klein erscheinen, während die Schwanz-
flosse bei beiden Geschlechtern selbst im höheren Alter den halbmondförmi-
gen Ausschnitt erkennen lässt, welcher allen jüngeren Salmoneern eigen ist,
bei gewissen Salmoneer-Arten aber mit ihrem fortschreitenden Wachsthum
mehr oder weniger verschwindet.
In der Färbung variiren die Saiblinge ungemein; am häufigsten zeigt sich
der Rücken derselben blaugrau gefärbt, diese Farbe verliert sich nach den
Seiten herab allmählich und macht einer weisslichen oder gelblichen Färbung
Platz. Sehr häufig erscheint der Bauch orangenroth gefärbt, welche Farbe
[283]Gattung: Salmo.
zur Brunstzeit besonders intensiv hervortritt. Gewöhnlich sind es die männ-
lichen Individuen, deren Bauch in einem prächtigen Roth prangt, doch kommen
auch häufig rothbauchige Weibchen vor. An der Seite des Leibes, sowohl
oberhalb als unterhalb der Seitenlinie stehen häufig runde helle Flecke, wel-
che in der Nähe des Bauches je nach der Farbe des letzteren bald weisslich,
bald gelblich oder orangenroth gefärbt sind. Solche weissliche oder orangen-
rothe Flecke lassen sich zuweilen auch an der Basis der Rückenflosse älterer
Individuen wahrnehmen. Bei sehr jungen Saiblingen zeigen diese hellen Flecke
einen im Verhältniss zur Kleinheit des Körpers viel grösseren Umfang, welche
nicht selten einander berühren und auf diese Weise gleichsam ineinander
fliessen, wodurch diese Fische ein marmorirtes Aussehen erhalten. Diese
marmorirte Färbung habe ich bei einzelnen weiter herangewachsenen Indivi-
duen fortbestehen sehen. Die Rücken- und Schwanzflosse erscheinen dunkel-
grau, die paarigen Flossen und Afterflosse dagegen gelblich oder orangenroth
gefärbt; oft ist der Spiegel der letzteren Flossen durch angehäuftes schwarz-
körniges Pigment mehr oder weniger getrübt, immer aber erscheint der Vor-
derrand dieser Flossen schön milchweiss gesäumt, was dem Saibling ein ganz
besonderes und charakteristisches Aussehen verleiht, zu welchem nicht gar
selten eine weisse Färbung des oberen und unteren Randes der Schwanzflosse
noch hinzukömmt. Bei älteren Individuen entwickelt sich zuweilen auf der
Bauchseite und in der Umgebung des Kiemendeckel-Apparates eine schwarze
Pigmentirung1), deren Vorhandensein oder Abwesenheit durchaus nicht zu
einem Art-Unterscheidungsmerkmal benutzt werden kann.
Der Saibling kann zu einer ansehnlichen Grösse heranwachsen. Am häu-
figsten trifft man denselben in den bayrischen Seen bis zur Grösse eines Fusses
an, Saiblinge von zwei Fuss Länge gehören schon zu den Seltenheiten, und
werden hier zu Lande als »Wildfang-Saiblinge« bezeichnet. In früheren Zei-
ten, während welcher unsere Seen noch mit Schonung der jüngeren Fisch-
generationen befischt wurden, fanden die Saiblinge soviel Zeit und Ruhe, dass
sie zu einer sehr bedeutenden Grösse heranwachsen konnten; es geht dies aus
jenen alten Portraits sehr grosser im Königssee gefangener Saiblinge hervor,
welche noch heute in dem Jagdschlosse zu St. Bartholomä aufgehängt sind2).
[284]Familie: Salmonoidei.
Das Vorkommen des Saiblings ist nur auf die Alpenseen und auf einige
vor den Alpen gelegenen Seen beschränkt; ich besitze denselben aus den
meisten Gebirgsseen der durch Bayern sich hinziehenden Alpenkette, aus dem
Bodensee, Christsee, Walchensee, Tegernsee, Schliersee, Hintersee und Kö-
nigssee, ferner aus dem vor den Alpen gelegenen Ammersee und Starenber-
ger See. Der nach Angabe Nau’s (Nr. 45 b: pag. 130) im Altwasser des Mit-
telrheins bei Mainz beobachtete Saibling hatte sich gewiss aus einem der mit
dem Rhein zusammenhängenden schweizer Seen dorthin verirrt. Obgleich
der Saibling als Raubfisch betrachtet werden muss und derselbe vermöge sei-
ner Gefrässigkeit in grösseren künstlichen Weihern sich mit Fischen sehr gut
mästen lässt, so scheint derselbe in seinen natürlichen Aufenthaltsorten nicht
immer Fische als Nahrung zu bedürfen; ich habe wenigstens in fast allen von
mir untersuchten frisch eingefangenen Saiblingen den Magen und Darm nur
allein mit kleinen Entomostraceen (Daphnoiden und Cyclopiden) vollgestopft
gefunden; wenn daher Linné nicht begreifen konnte1), wie die Saiblinge in
den Seen Lapplands, in welchen sie die einzigen Fische sind, Nahrung fänden,
so hatte Schrank (Nr. 23 b: pag. 306) ganz richtig darauf erwidert, dass sich
in solchen Gewässern immer eine grosse Menge Insecten aufzuhalten pflegen,
von welchen jene Fische leben können. Die Laichzeit der Saiblinge beginnt
gegen Ende des Octobers und währt bis gegen Ende des November, um wel-
che Zeit dieselben, ohne die Seen zu verlassen, kiesigen Grund zum Ablegen
der Eier aufsuchen. Bei den brünstigen Saiblings-Männchen, an denen die
oben erwähnten rothen Färbungen besonders schön hervortreten, breitet sich
sowohl auf dem ganzen Rücken wie am Bauche eine schwartenförmige Haut-
verdickung aus, welche der Oberfläche dieser Körpergegenden ein sammet-
artiges Aussehen giebt.
Dass unter den Saiblingen auch sterile Individuen vorkommen, geht aus
den Aussagen verschiedener Fischer hervor. Durch Hartmann2) erfahren wir,
dass die Fischer am Egerisee behaupten, es gebe unter den Rothforellen
(Saiblingen) nicht gar selten geschlechtslose Individuen bis zu drei Pfund
schwer. Auch die Fischer von Oberbayern finde ich mit dieser Erscheinung
bekannt. Dass es auch unter den schwedischen Saiblingen, (welche Linné mit
dem Namen Salmo alpinus bezeichnet hat, sterile Individuen giebt, geht aus
einer Notiz hervor, welche sich in Gissler’s »Anmerkungen von der Sikfische-
rei in den nordländischen Elben und Scheeren« vorfindet3). Hier erzählt näm-
[285]Gattung: Salmo.
lich Gissler: dass die gelte Fische (sterile Individuen) von den Fiäll-Rör
zum Laichen kommen, und ihrer Kameraden Rogen auffressen1).
Durch die von mir vorgenommene Vereinigung des die bayrischen und
östreichischen Alpenseen bewohnenden S. Salvelinus mit S. Umbla, welcher
nur in den Seen der Alpen der Schweiz und Savoyens einheimisch sein soll,
bin ich noch weiter gegangen als Heckel und Kner, welche die erstgenannte
Saiblingsform als eine besondere nur dem östlichen Theile der Alpenkette an-
gehörige Species erhalten wissen wollen. Ich habe mir die grösste Mühe ge-
geben ein stichhaltiges Unterscheidungsmerkmal für diese beiden Saiblings-
formen aufzufinden, um darauf einen sicheren Speciesunterschied gründen
zu können; ich habe zu diesem Zwecke, ausser den Saiblingen des Bodensees
auch Exemplare dieser Fische aus dem Zürichsee, Zugsee, Egerisee, Genfer-
See und lac de Bourget (in Savoyen) mit den Saiblingen der bayrischen Alpen
sowie mit verschiedenen Saiblingsexemplaren aus dem Fuschelsee, Mondsee
und Almsee der östreichischen Alpen sorgfältig verglichen, konnte mich aber
von der Artberechtigung dieser beiden Saiblingsformen nicht überzeugen.
Auch aus den Merkmalen, durch welche Heckel und KnerS. Salvelinus und
S. Umbla von einander unterscheiden wollen, geht hervor, dass diese beiden
Ichthyologen ebenfalls keine wesentlichen Unterscheidungszeichen zwischen
beiden Saiblingsarten haben auffinden können, denn von S. Umbla wird nur
hervorgehoben, dass diese Art in Vergleich zu S. Salvelinus einen höheren
Körper, bedeutend stärkere Zähne im Zwischen- und Oberkiefer, grössere
Schuppen und nie einen rothen Bauch besitze. Die Grössenverhältnisse der
genannten Körpertheile variiren aber auch nach Alter, Grösse und Wohnort
innerhalb jener Saiblingsrassen, welche die Gebirgsseen der östlichen Alpen-
kette bewohnen und als S. Salvelinus gelten sollen, so dass sich Individuen
dieser Saiblinge herausfinden lassen, welche in den eben erwähnten Grössen-
verhältnissen ihres Körpers, ihrer Zähne und Schuppen mit S. Umbla der west-
lichen Alpenkette vollkommen übereinstimmen.
Was endlich die rothe Färbung betrifft, welche bei S. Umbla der west-
lichen Alpen fehlen soll, so fand ich allerdings den Bauch der Saiblinge vom
Genfer See und Bodensee nicht so intensiv roth wie z. B. bei den Saiblingen
der bayrischen Alpenseen, aber doch orangengelb gefärbt. Wenn Rapp (a. a. O.
pag. 34) von dem Saibling des Bodensee sagt, dass er »nie die rothe Fär-
bung wie S. Salvelinus« zeigt, so hat derselbe damit jenem Fische gewiss
nicht die orangengelbe Färbung absprechen wollen, auf welche selbst die
schweizerischen Volksnamen des Saiblings: »Rothforelle, Röthel, Rötheli« hin-
weisen. Ich habe oben schon darauf aufmerksam gemacht, dass nach den
[286]Familie: Salmonoidei.
verschiedenen Jahreszeiten sowie nach der verschiedenen Thätigkeit der Fort-
pflanzungsorgane die Saiblinge in einem bald dunkleren bald bleicheren Far-
benkleide erscheinen, daher auch bei den Saiblingen der Westalpen der Bauch
intensiv roth und ausser der Laichzeit ganz blassgelb oder fast farblos er-
scheinen kann, wie dies aus der Beschreibung hervorgeht, welche Hartmann
(Nr. 38 b: pag. 124) von den als S. Salvelinus bezeichneten Saiblingen der
Schweiz gegeben hat, deren Bauch bei den Winterrötheln orangengelb, bei
den Sommerrötheln dagegen weiss gefärbt sein soll. Dass auch der Aufent-
haltsort der Saiblinge den grössten Einfluss auf deren Färbung ausübt, geht
aus einer Beobachtung hervor, welche ich mit anderen Ichthyologen überein-
stimmend gemacht habe und nach welcher bei den Saiblingen die eigentlichen
Alpenseen eine dunklere Färbung, die ausserhalb der Alpen gelegenen Seen
dagegen eine hellere oder ganz blasse Färbung erzeugen. Schon Schiffer-
müller theilte in dieser Beziehung an Bloch1) die Notiz mit, »dass die Saib-
linge aus dem mit weniger Gebirgen umgebenen Kammer- oder Attersee nur
blassgelb sind, die aus dem zwischen zweien Gebirgen versunkenen Gosau-
see aber haben nicht nur am Bauche sondern auch auf den Seiten eine feuer-
rothe Farbe«. Daher sind auch die Saiblinge des Bodensees, Neuenburger Sees
und Genfer Sees blasser als die Saiblinge der eigentlichen Alpenseen der
Schweiz, von welchen letzteren auch Hartmann (a. a. O. pag. 130) die blass-
gefärbten Formen als besondere Art mit der Speciesbezeichnung S. Umbla
unterscheidet, während Agassiz die rothe oder ganz blasse Färbung der schwei-
zerischen Saiblinge nur als eine Altersverschiedenheit auffasst, wie dies aus
seinen schönen Darstellungen eines jungen rothbauchigen Saiblings des Zü-
richer Sees und zweier alten ganz blassen Saiblinge des Neuenburger Sees
hervorgeht2).
Ob die nordischen Saiblinge von Schottland, Schweden und Lappland zu
S. Salvelinus gehören oder als eine besondere Art betrachtet werden müssen,
kann ich nicht entscheiden, da ich bis jetzt keine Gelegenheit hatte, Exem-
plare jener nordischen Saiblinge mit den unsrigen zu vergleichen, ich berufe
mich daher in dieser Hinsicht auf Yarrell und Nilsson, welche die Identität
der süd- und nordeuropäischen Saiblinge annehmen, indem ersterer3) zu dem
schottischen Saibling und letzterer4) zu dem schwedischen Saibling Bloch’s
S. Salvelinus (Taf. 99) und S. Umbla (Taf. 101) citiren, von welchen die Taf. 99
[287]Gattung: Salmo.
einen langflossigen rothbauchigen männlichen Saibling aus Oestreich und
Taf. 101 einen kurzflossigen blassen weiblichen Saibling vom Genfer See dar-
stellt. Auf keinen Fall kann ich es aber als richtig gelten lassen, dass Yar-
rell1)Bloch’s S. alpinus (Taf. 104) als Saibling citirt, da dieser schwarzge-
fleckte S. alpinus des Bloch gar keinen Saibling sondern eine Forellen-Varie-
tät darstellt, welche von Wartmann und Bloch mit dem Namen »Alpforelle«
bezeichnet wurde. Bloch hat das Versehen begangen, und diese Alpforelle
mit Linné’s S. alpinus, welcher letztere wirklich eine besondere den lapplän-
dischen Alpenseen angehörige Saiblingsart ist, zusammengeworfen, obgleich
Wartmann2), von welchem Bloch die Abbildung seines S. alpinus erhalten
hatte, mit diesem S. alpinus nur eine Appenzeller Alpforelle hat darstellen
wollen, von welcher er ausdrücklich sagte3), dass diese schweizerische Alp-
forelle von dem schwedischen S. alpinus des Linné ganz verschieden sei.
Aus der Beschreibung sowohl wie aus der Abbildung, welche Wartmann von
diesem S. alpinus gegeben hat, erkennt man deutlich eine Forelle, da Kopf
und Rücken dieses abgebildeten Fisches schwarze Flecke tragen, die Fett-
flosse desselben roth gefärbt und seine Schwanzflosse nicht gabelförmig aus-
geschnitten ist. Ganz anders verhält es sich dagegen mit Schrank’s und Mei-
dinger’s S. alpinus, unter welchem Namen ersterer4) den Saibling des Kö-
nigssees beschrieben und letzterer5) den Saibling der oberöstreichischen Seen
sehr kenntlich dargestellt hat.
Eine andere arge Verwechslung hat sich Bloch zu Schulden kommen
lassen, durch welche den Ichthyologen grosse Verlegenheit bereitet wurde,
indem es schlechterdings durch Bloch’s unvollkommene Beschreibung und
fehlerhafte Angaben des Vorkommens von S. Goedenii6) unmöglich geworden
war, diesen Fisch richtig zu deuten. Agassiz7) hatte denselben für einen
jungen S. Salar erklärt, Yarrell8) betrachtete ihn als einen S. Fario; da
Rathke (Nr. 98 b: pag. 18) den S. Goedenii als bei Danzig nicht selten vor-
kommend angegeben hatte, war ich begierig die im zoologischen Cabinete zu
[288]Familie: Salmonoidei.
Königsberg aufbewahrten Exemplare dieses Fisches näher zu untersuchen.
Ich fand im Jahre 1860 in der genannten Sammlung zwei kleine Salmoneer
mit der Bezeichnung S. Goedenii aufbewahrt, von welchen ich das eine Exem-
plar als Trutta Trutta (Meerforelle) und das andere als Trutta Fario (gemeine
Forelle) erkannte. Höchst wichtig war für mich die Gelegenheit, im zoologi-
schen Cabinete zu Berlin das Bloch’sche Original-Exemplar seines S. Goede-
nii kennen zu lernen. Ich fand in dem Glase, welches noch die alte Auf-
schrift »S. Goedenii Bl.« trug jedoch ohne Angabe eines Vaterlands oder Fund-
orts, jenen Fisch vor, den Bloch als S. Goedenii abgebildet hatte, an dem
freilich die rothen Körperflecke ganz ausgebleicht waren, dennoch konnte ich
denselben zu meiner grössten Ueberraschung als ein sehr stumpfschnauziges
Weibchen das S. Salvelinus erkennen. Vergleicht man Bloch’s Abbildung
dieses S. Goedenii (Taf. 102) mit seinem S. Salvelinus (Taf. 99), so überzeugt
man sich auf den ersten Blick von der völligen Uebereinstimmung der rothen
Flecke beider Fische. Wie Bloch dazu gekommen ist, einen Saibling unter
dem Namen S. Goedenii als Bewohner der Ostsee auszugeben, ist mir völlig
räthselhaft geblieben.
2. Art. S. Hucho Lin. Huchen.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 12. n. 6. Syn. nom. pisc. pag. 25. n. 8.
Linné Nr. 2: pag. 510. n. 5. Salmo Hucho.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 152. Taf. 100. Salmo Hucho, Heuch.
Schrank Nr. 23 a: pag. 320. n. 295. Salmo Hucho, Huche.
Martens Nr. 14 b: pag. 37. Salmo Hucho, Rothfisch.
Agassiz Nr. 9: Tab. XII und XIII. Salmo Hucho, Huchen jung und erwachsen.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 226. Salmo Hucho.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 277. Fig. 154. Salmo Hucho, Huch.
Artcharakter:Körper gestreckt und cylindrisch; die vordere
Platte des Pflugscharknochen an ihrem hinteren Theile mit
5 bis 7 Zähnen in einer queren Stellung besetzt; der fast
flache Vomerstiel auf der oberen convexen Fläche ihrer
ganzen Länge nach mit einer starken Mittelleiste, auf der
unteren concaven Fläche dagegen mit einer kurzen dünnen
Mittelleiste; das mittlere Zungenbein zahnlos. (Die Seiten
des Leibes mit schwarzen Flecken mehr oder weniger be-
setzt).
D. 4/9—10, P. 1/14—16, V. 1/8—9, A. 4—5/7—9, C. 19.
Der Huchen zeichnet sich vor allen unseren Salmoneern durch seine sehr
gestreckte und cylindrische Körperform aus. Die Zähne desselben sind an
[289]Gattung: Salmo.
den Gaumenbeinen, an dem Vomer und Unterkiefer im Vergleich zu denen der
Zwischen- und Oberkiefer um vieles stärker entwickelt. Das Pflugscharbein
des Huchen besteht aus einem sehr derben festen Knochen, während der Vo-
mer der Saiblinge einen schwachen dünnen Knochenbau besitzt. Die Zähne
Vomerknochen eines alten Huchen mit zwei Zahnlücken.
des Vomer trifft man, selbst bei jüngeren Huchen, sehr selten vollzählig an;
es sind meistens drei bis vier Zahnlücken an diesem Knochen vorhanden, in
welchen sich gewöhnlich ein Nachwuchs von Ersatzzähnen auf den verschie-
densten Stufen der Entwicklung vorfindet. Die Schwanzflosse des Huchen
besitzt einen gabelförmigen Ausschnitt, der sich im höheren Alter dieses Fi-
sches nicht verliert.
Der Rücken des Huchen ist grau, der Bauch desselben silberweiss ge-
färbt, welche beiden Farben an den Seiten des Leibes allmählich ineinander
übergehen. Rücken und Körperseiten zeigen sich bald mehr bald weniger
mit schwarzen eckigen Flecken besetzt, welche unterhalb der Seitenlinien
gewöhnlich sehr blass oder fast verwischt erscheinen. Bei älteren Individuen
kommen auch auf dem Kopfe und an der Basis der Rückenflosse runde schwarze
Flecke zum Vorschein. Die graue und silberweisse Färbung der grösser aus-
gewachsenen Individuen wird in der Regel durch eine röthliche Färbung un-
terbrochen, welche zwischen den Schuppen aus der Tiefe der Haut hervor-
schimmert und dem ganzen Körper solcher Huchen ein röthliches Ansehen
verleiht. Der Volksname »Rothfisch«, den der Huchen in manchen Gegenden
des Donau-Gebiets führt, hängt gewiss mit dieser röthlichen Färbung der älte-
ren Huchen zusammen. Die Flossen dieses Fisches sind ungefleckt und
schmutzig weiss gefärbt, welche Färbung an der Rücken- und Schwanzflosse
durch schwarze Pigmentirung getrübt ist.
Unter den wenigen Abbildungen, welche den Huchen colorirt darstellen,
ist die von Agassiz gelieferte die naturgetreuste, während die von Bloch ge-
gebene Darstellung des Huchen, welche gewöhnlich citirt wird, in der Farbe
gänzlich verfehlt ist. Auf Bloch’s Abbildung hat der Maler nicht bloss den
v. Siebold, Fische. 19
[290]Familie: Salmonoidei.
ganzen Leib des Huchen mit zu vielen runden schwarzen Flecken bedeckt,
sondern sogar auch sämmtliche Flossen, die Brustflossen ausgenommen, mit
ähnlichen Flecken besät. Heckel (Nr. 11 f: pag. 351) hat zuerst auf Bloch’s
unrichtige Abbildung des Huchen aufmerksam gemacht, ist aber jedenfalls
zuweit gegangen, indem er Bloch den Vorwurf machte, dass er auf Taf. 100
unter dem Namen S. Hucho einen Silberlachs (S. Schiffermülleri) und auf
Taf. 103 statt des letzteren Fisches einen Huchen abgebildet habe. Die Taf.
103 des Bloch stellt ganz richtig einen Silberlachs dar, was noch besonders
aus den auf diesen Tafeln beigefügten Umrissen des Querdurchschnitts des
Leibes hervorgeht, nach welchen auf Taf. 103 der Leib des Silberlachses seit-
lich etwas zusammengedrückt und auf Taf. 100 der Leib des Huchen cylin-
drisch erscheint. Ein weiterer unbegründeter Vorwurf wurde Bloch von
Heckel (a. a. O. pag. 352) dadurch gemacht, dass er in dem Texte bei an-
fangs richtiger Beschreibung weiterhin ungeschickter Weise statt des Huchen
den Silberlachs und umgekehrt statt des Silberlachses den Huchen beschrie-
ben habe. Bloch hat meiner Ansicht nach nur zu Anfang des Textes den
Huchen unrichtig beschrieben, indem er (a. a. O. pag. 153) von ihm sagt:
»die braunen und runden Flecke, womit sowohl der Rumpf als die sämmt-
lichen Flossen, nur die an der Brust ausgenommen, besetzt sind, scheinen mir
ein Unterscheidungszeichen für diesen Fisch zu sein«. Diese Angabe ist allein
unrichtig, im übrigen hat Bloch sowohl den Huchen wie den Silberlachs rich-
tig beschrieben und besonders bei der Angabe der Anordnung der Zähne des
Gaumens beider Fische deutlich genug bewiesen, dass er sich keine Verwechs-
lung dieser zweien verschiedenen Gattungen angehörigen Fische zu Schulden
kommen liess, denn er erwähnt von dem Huchen, welchem eine Bezahnung
an der hinteren Vomerplatte abgeht, ganz richtig: »in jeder Kinnlade ist eine,
im Gaumen und auf der Zunge aber sind zwei Reihen spitzer Zähne befind-
lich«. Dass Bloch auch die auf der hinteren Vomerplatte des Silberlachses
anwesenden Zähne und mithin die charakteristische dritte Zahnreihe am
Gaumen dieses Salmoneer nicht entgangen sind, beweist der von ihm ange-
stellte Vergleich (a. a. O. pag. 157), nach welchem die Kinnladen, Gaumen
und Zunge des Silberlachses wie bei den übrigen Forellenarten bewaffnet sind.
Der Huchen erreicht von allen unseren Salmoneern die ansehnlichste Grösse,
20 bis 60 Pfund schwere Huchen kommen nicht selten vor.
Die Verbreitung des Huchen ist nur allein auf das Donau-Gebiet beschränkt.
Ausser der Donau selbst liebt er vorzugsweise dessen von Süden aus den Al-
pen herabströmende Zuflüsse, und zwar in Bayern namentlich die Iller, den
Lech, die Isar, den Inn und die Salzach; die von Norden her der Donau zu-
strömenden Flüsse dagegen vermeidet der Huchen; einzelne hier und dort in
der Naab, im Regen oder in der Ilz gefangene Individuen mögen zufällig durch
Verirrung oder durch Verscheuchung bei Hochwasser in diese Flüsse gelangt
[291]Gattung: Salmo.
sein; die wenigen Huchen, welche von Zeit zu Zeit in gewissen Seen Ober-
bayerns z. B. im Ammersee und Chiemsee gefangen werden, mögen ebenfalls
durch Zufall aus den grösseren Seitenflüssen der Isar und des Inn, nämlich
aus der Amper und Alz, welche die Ausflüsse der genannten Seen sind, sich
in diese verirrt haben.
Als Raubfisch zeichnet sich der Huchen durch seine ausserordentliche
Gefrässigkeit aus. Von hiesigen Fischern ist mir mitgetheilt worden, dass sie
bei dem Ausweiden grosser Huchen schon einige Male sogar eine Wasser-
Ratte in deren Magen angetroffen hätten.
Die Laichzeit des Huchen fällt merkwürdiger Weise und ganz gegen die
Gewohnheit der übrigen Salmoneer in den April, doch kann sich der Eintritt
derselben wegen günstiger oder ungünstiger Witterungsverhältnisse bis in
den März verfrühen oder bis in den Mai verspäten. Der Huchen ist nicht in
dem Sinne, wie der eigentliche Lachs, Wanderfisch, er vertauscht zu keiner
Zeit des Jahres das süsse Wasser mit dem Meerwasser, sondern verlässt nur
zur Laichzeit seinen Standort, um andere seichtere und kiesige Flussstellen
zum Absetzen des Laichs aufzusuchen, während welcher Zeit sich die Haut
der männlichen Individuen mit dem bereits erwähnten schwartenartigen Aus-
wuchs überzieht.
Von den stets zu Anfang des Winters laichenden nächsten verwandten
Salmoneern unterscheiden sich die Huchen nicht bloss durch die während des
Frühlings sich in ihnen entwickelnde Geschlechtsthätigkeit aus, sondern sie
weichen von ihnen auch dadurch ab, dass die Thätigkeit ihrer Fortpflanzungs-
organe in einem auffallend späten Lebensalter erwacht. Kein Huchen wird
geschlechtsreif, bevor er nicht ein Gewicht von vier Pfund erreicht hat. Es ist
daher in der bayrischen Landesverordnung von 15531) sowie in den übrigen
späteren bayrischen Fischordnungen die brittelmässige Grösse des Huchen
unrichtig zu klein angegeben, indem das Huchen-Maass nach der jenen Poli-
zeiverordnungen beigefügten Abbildung als 10½ Zoll festgesetzt ist; mit die-
ser Länge hätte der Huchen, wie schon Schrank (Nr. 23 a: pag. 322) ganz
richtig bemerkt hat, kaum das Gewicht eines Pfundes. Schrank hat (a. a. O.)
für den Huchen die brittelmässige Länge von 15 Zoll vorgeschlagen, sein Vor-
schlag ist aber gänzlich unbeachtet geblieben, da auch in den erst vor kurzem
revidirten Fischordnungen für Bayern dieselben Brittelmaasse, wie sie in den
älteren bayrischen Verordnungen niedergelegt sind, in unveränderter Weise
wieder angenommen worden sind2).
19*
[292]Familie: Salmonoidei.
V. Gattung: Trutta (nach Nilsson und Siebold).
Gattungscharakter.Der Pflugscharknochen lang; die vordere
kurze Platte desselben entweder mit Zähnen besetzt oder
ohne Zähne; die hintere sehr lange Platte (Stiel) auf ihrer
ganzen Länge mit vielen Zähnen besetzt, welche im höhe-
ren Alter bald mehr bald weniger verloren gehen; alle
Schuppen klein und längsoval; die Rückenflosse beginnt
vor den Bauchflossen.
1. Art. T. Salar Lin. Lachs.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42. pag. 145. Taf. 3. Salmen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 11. n. 1, Descr. spec. pisc. pag. 48. n. 1, Syn. nom. pisc.
pag. 22. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 509. n. 1. Salmo Salar.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 128. Taf. 20. (♀) und Th. III. pag. 146. Taf. 98 (♂) Salmo Sa-
lar, Lachs.
Siemssen Nr. 79: pag. 51. Salmo Salar, Lachs.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 87. Salmo Salar, Lachs.
Heineken Nr. 69: pag. 148. n. 37. Salmo Salar, Lachs.
Gloger Nr. 88: pag. 72. n. 5. Salmo Salar, Lachs.
Bujack Nr. 97: pag. 317. Salmo Salar, Lachs.
Creplin Nr. 90: pag. 83. Salmo Salar, Lachs.
Agassiz Nr. 9: Tab. I ♂, Ia, Ib ♀, II ♀, Salmo Salar, Lachs.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 221. Salmo Salar.
Krøyer Nr. 82: Bd. II. 1843—45. pag. 540. Salmo Salar.
Schulz Nr. 78: pag. 515. Salmo Salar, Lachs.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 169. Pl. 614 (♀). Salmo Salmo und pag. 212. Pl. 615 (♂).
Salmo hamatus, Bécard.
Günther Nr. 47: pag. 111. Salmo Salar, Lachs.
Leiblein Nr. 51: pag. 116. Salmo Salar, Lachs.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 273. Fig. 152 u. 153. Salmo Salar, Lachs und pag. 276.
Salmo hamatus, Hakenlachs (♂).
Fritsch Nr. 75: pag. 204. Salmo Salar, Lachs.
Artcharakter:Körper sehr in die Länge gestreckt und seitlich
mehr oder weniger zusammengedrückt; Schnauze schmäch-
tig und lang hervorgezogen; die vordere kurze Vomerplatte
[293]Gattung: Trutta.
fünfeckig und stets zahnlos; der sehr lange Vomerstiel
dünnknochig, abgeflacht und mit einer niedrigen bezahn-
ten Längsleiste versehen; die einreihig gestellten Zähne
des Vomerstiels schwach, sehr früh von hinten nach vorne
fast gänzlich verloren gehend. (Der blaugraue Rücken und
die silberigen Seiten mit wenigen schwarzen Flecken be-
setzt, zuweilen ganz ungefleckt, die Unterseite mit silber-
weissem Glanze.)
D. 3—4/9—11, P. 1/13, V. 1/8, A. 3/7—8, C. 19.
Unter den Trutta-artigen Salmoneern besitzt der gemeine Lachs die ge-
streckteste Körperform und einen am meisten seitlich zusammengedrückten
Leib. Der Kopf des Lachses, welcher im Verhältniss zu dem übrigen Körper
unter allen bezahnten Salmoneern den geringsten Umfang besitzt, fällt immer
durch seine schmächtige lang hervorgezogene Schnauze auf, welche bei den
älteren männlichen Individuen den höchsten Grad der Gestrecktheit erreicht,
aber auch bei den älteren weiblichen Individuen immer gestreckt genug er-
scheint, um dieselben auf den ersten Blick von den übrigen stumpfschnauzi-
gen Trutta-Arten unterscheiden zu können. Die Verlängerung der Schnauze
des Lachses hängt hauptsächlich von der gestreckteren Form der beiden Zwi-
schenkieferknochen ab, was sich noch dadurch zu erkennen giebt, dass der
Zwischenraum hinter den Zwischenkieferzähnen bis zu dem Vorderende der
beiden Gaumenbein-Zahnreihen sehr in die Länge gezogen ist im Vergleich
zu derselben Stelle an der Gaumendecke anderer Trutta-Arten. Dieser Zwi-
schenraum ist es auch, der sich bei den alten Lachsmännchen grubenartig
vertieft, um die nach oben und hinten sich hakenartig umbiegende Kinnspitze
des Unterkiefers aufzunehmen. Die Krümmung dieses Hakens erreicht mit
dem zunehmenden Alter der Lachsmännchen eine solche Höhe, dass dadurch
die Ober- und Unterkieferränder nicht mehr aneinander gedrückt werden
können und das Maul solcher sogenannten »Hakenlachse« seitlich weit offen
bleiben muss 1). Die beiden hinteren Winkel der Mundspalte reichen nur bis
unter die Augen. Die Zähne der Zwischenkiefer und Unterkiefer überwiegen
an Umfang und Stärke die übrigen Zähne der Oberkiefer der Gaumenbeine
und des Vomer. Der letztere ist in seiner Form sowie in der Anordnung der
Zähne bisher ganz verkannt worden. Sein ganzer Knochenbau ist schwächer und
dünner als bei anderen Trutta-Arten. Die stets zahnlose vordere Vomerplatte
des Lachses, welche bei den Forellen und Lachsforellen ein fast gleichseitiges
[294]Familie: Salmonoidei
Dreieck darstellt, streckt sich bei der allmählichen Verlängerung der Schnauze
desselben ebenfalls in die Länge, wodurch dieselbe von ihrer Basis aus zwei
a. b.
Vordere Vomerplatte a. des gemeinen
Lachses, b. der übrigen Trutta-Arten.
(Schematisch).
Seitenränder erhält, und auf diese Weise
zuletzt ein Fünfeck darstellt. Von der Rück-
seite der vorderen Vomerplatte aus zieht sich
eine sehr erhabene scharfe Kante eine kurze
Strecke weit auf der Mittellinie des Vomer-
stiel entlang. Dieser Vomerstiel, oder was
dasselbe ist, die hintere Vomerplatte ist sehr
lang und während der Jugendzeit auf der Mittellinie von vorne bis hinten mit
einer einfachen Reihe schwacher Zähne besetzt, nur an der Basis des Vomer-
stiels stehen häufig zwei Zähne nebeneinander. Im höheren Alter fallen alle
a. b.
Vomerknochen eines alten Lachses,
a. von unten gesehen, b. von der
Seite gesehen.
a. b.
Durch Alter ganz zahnlos gewordener
Vomerknochen eines Lachses, a. vom
Rücken aus gesehen, b. von unten ge-
sehen.
diese Zähne der Reihe nach von hinten nach vorn allmählich aus, ohne durch
Nachwuchs ersetzt zu werden, indem auch die von den ausgefallenen Zähnen
zurückgelassenen Zahnhöhlen gänzlich schwinden, so dass zuletzt sämmtliche
Zähne am Vomerstiele fehlen und nur noch eine niedrige Leiste auf der Mittel-
linie der unebenen mehrfach ausgehöhlten unteren Fläche dieser Knochen-
platte die Stelle der früher hier vorhanden gewesenen Zähne errathen lässt« 1).
[295]Gattung: Trutta.
Das Ausfallen der Vomerzähne beginnt übrigens bei dem gemeinen Lachs
schon sehr früh. Ich habe einen 17½ Zoll langen Lachs vor mir, auf dessen
Vomerstiel nur noch die vier vordersten Zähne vorhanden sind. Die Flossen
des Lachses zeigen sich lang entwickelt, von denen die nach hinten zurück-
geschlagenen Brustflossen scharf zugespitzt und etwas säbelförmig ge-
krümmt erscheinen. Die Schwanzflosse des Lachses wird durch einen tiefen
Ausschnitt in zwei spitze Lappen getheilt; dieser Ausschnitt verliert sich erst
in höherem Alter. Bei 17 bis 19 Zoll langen Individuen habe ich die Schwanz-
flosse noch deutlich zweilappig gesehen, während bei gleich langen Individuen
anderer Lachsarten die Schwanzflosse keinen Ausschnitt mehr zeigt, sondern
bereits senkrecht abgestutzt erscheint.
Auf dem Rücken besitzt der Lachs eine blaugraue Färbung, während
Seiten und Bauch silberweiss gefärbt sind, nur wenige theils eckige theils
runde schwarze Flecke halten den Rücken und die Seiten desselben besetzt.
Rücken-, Fett- und Schwanzflosse zeigen sich dunkelgrau gefärbt, die übri-
gen Flossen sind im jüngeren Alter blass, im höheren Alter dagegen bald
mehr bald weniger grau pigmentirt. Nur selten kommen bei erwachsenen
Individuen auf der Rückenflosse einzelne runde schwarze Flecke zum Vor-
schein. Diese Färbung und Zeichnung verändert sich auffallend, wenn der
Lachs seinen Meeresaufenthalt verlässt und in die Flüsse hinaufsteigt, um dem
Fortpflanzungsgeschäfte nach zu gehen. Während dieses Aufenthaltes im
süssen Wasser und unter allmählichem Reifwerden der Geschlechtsabsonde-
rungen färben sich die Lachse dunkler und erhalten die männlichen Indivi-
duen an den Leibesseiten sowie auf den Kiemendeckeln häufig rothe Flecke.
Bei ganz alten Männchen entwickelt sich zur Brunstzeit ein prachtvolles Far-
benkleid, indem sich nicht bloss der ganze Bauch purpurroth färbt, sondern
indem auch an den Seiten des Kopfes die rothen Flecke ineinander fliessen
und unregelmässige Zickzacklinien auf bläulichem Grunde darstellen, wäh-
rend die Basis der Afterflosse, der Vorderrand der Bauchflossen so wie der
Ober- und Unterrand der Schwanzflosse ebenfalls einen rothen Anstrich er-
halten 1). Aller dieser Farbenschmuck schwindet wieder, wenn die Laichzeit
vorüber ist und die stark abgemagerten Lachse ihre Rückreise nach dem Meere
antreten. Eine andere Veränderung, welche die Haut des männlichen Lachses
um dieselbe Zeit erleidet, ist von den Ichthyologen fast gänzlich übersehen,
und meines Wissens bis jetzt nur von Jardine erwähnt worden; aus diesen
Beobachtungen geht hervor 2), dass an den Lachsmännchen zugleich mit der
1)
[296]Familie: Salmonoidei.
Veränderung der Hautfarben eine auffallende, schwartenartige Verdickung
der Haut des Rückens und der Flossen eintritt, welche sich nach vollbrachtem
Laichgeschäfte sehr schnell wieder verliert.
In der Grösse giebt der Lachs dem Huchen nichts nach,- indem er eine
Länge von einigen Schuhen und eine Schwere von 20 bis 50 Pfund und dar-
über erreichen kann.
Da der Lachs ein Bewohner der Nord- und Ostsee ist, aber die Be-
stimmung hat, seinen Laich im süssen Wasser abzusetzen, so sehen wir die-
sen Seefisch zur Erreichung passender Laichplätze weite Wanderungen die
Flüsse hinauf vornehmen. Auf solchen Reisen gelangen sehr viele Lachse in
den Mittelrhein, streichen aber an Mainz, Speyer und Strassburg vorüber,
ohne hier zu laichen, weil sie höher gelegene Gegenden des Rhein-Gebiets zu
diesem Zwecke aufsuchen müssen. Früher zogen auch Lachse den Main bis
Bamberg und den Neckar bis Heilbronn hinauf, was gegenwärtig nicht mehr
geschieht 1); dagegen wissen noch jetzt viele Lachse bis zu den Quellen der
aus den schweizerischen Alpen herabkommenden Nebenflüsse des Rheins zu
gelangen, indem sie unterwegs die schwierigsten Hindernisse überwinden,
sogar die brausenden, zwischen steilen Felswänden eingeklemmten Katarak-
ten des Rheins bei Laufenburg mit Hülfe ihrer Körperkraft durchsetzen und
nur von dem grossen Rheinfall bei Schaffhausen sich aufhalten lassen 2), wes-
halb es in dem oberhalb des Bodensees fliessenden Oberrhein niemals Lachse
giebt, während diese Fische bis in die dem Vierwaldstädter See, dem Züricher
See und Wallenstädter See zuströmenden Bäche hinaufzudringen wissen.
Von den Nordsee-Lachsen wird aber auch die Weser aufgesucht, bis zu
deren Quellen dieselben hinaufzudringen im Stande sind, was in früheren
2)
[297]Gattung: Trutta.
Zeiten besonders zahlreich von ihnen ausgeführt wurde. Diese Abnahme von
Lachsen wird übrigens in allen mit der Nord- und Ostsee zusammenhängen-
den Stromgebieten Deutschlands wahrgenommen 1) und hängt zum Theil mit
der Errichtung von Wasserbauten, von Wehren und Schleusen zusammen,
durch welche die Wanderungen jener Fische erschwert oder fast ganz gehindert
werden. Von jenen Lachsstiegen, welche in England mit so vielem Nutzen
angewendet werden, und mit deren Hülfe die Lachse auf ihren Wanderungen
Wasserfälle und Wehre so leicht überwinden können, um die für ihre Brut
passenden Laichplätze zu erreichen, hat man in Deutschland noch keinen Ge-
brauch zu machen verstanden 2). Im Weser-Gebiete gelangen die Lachse
heute noch bis weit in die Fulda und Werra und in deren Seitengewässer
hinauf 3). Ebenso wandern die Nordsee-Lachse von der Elbe aus durch deren
Seitenflüsse bis nahe zum Fichtelgebirge hinauf, so dass in der Eger bei
Weissenstadt, einer kleinen Stadt in Oberfranken, und in der Saale bei Hof
einzelne Lachse bis zu einer Schwere von 18 Pfund jetzt noch hin und wieder
gefangen werden.
[298]Familie: Salmonoidei.
Die aus der Ostsee in die Oder eintretenden Lachse steigen gleich-
falls bis zu den Quellen dieses Stroms hinauf, so dass sogar in Mähren und
Oestreich-Schlesien ein Lachsfang betrieben werden kann 1). Die Ostsee-
Lachse erreichen ferner bei ihren Durchwanderungen des Weichsel-Ge-
biets die in Galizien fliessenden Nebenflüsse der Weichsel, den Dunajec
und San, wo sie noch jetzt häufig gefangen werden 2). Ein von den Ostsee-
Lachsen fortwährend sehr besuchter Strom ist die Memel, in welche diese
Wanderfische von dem Kurischen Haff aus alljährlich in grosser Anzahl ein-
treten. Sie benutzen zur Einwanderung hauptsächlich denjenigen Arm der
Memel, welcher bei Russ vorbeiströmt und Skirwick genannt wird. Ich war
über die Grossartigkeit erstaunt, mit welcher dort auf der Skirwick der
Lachsfang mittelst eines quergestellten Sperrnetzes betrieben wird, welches
den ganzen ziemlich breiten Strom absperrt. Im Jahre 1826 und 1827 wur-
den an dieser Stelle die Lachse in solchen Massen gefangen, nämlich an einem
Tage oft mehr als 1000 Stück, dass sie als ungenützt und werthlos vergraben
werden mussten. Da das Stellnetz zum Durchlassen der Flösse täglich zwei
Stunden lang geöffnet werden muss, so finden auf diese Weise doch viele
Lachse Gelegenheit, an dieser für sie so gefährlichen Stelle unangefochten
vorbeizuwandern, manche durchbrechen auch das Stellnetz am Grunde oder
überspringen dasselbe an der Oberfläche, und gelangen so zu ihrem ersehn-
ten, weit hinter Grodno gelegenen Ziel. In dem Jahre meines Besuchs, im
September 1860 wurde der Lachsfang bei Russ ohngefähr auf 3500 Stücke
geschätzt, von denen im Durchschnitt das Stück 30 Pfund wiegt, doch kom-
men auch 75 bis 93 Pfund schwere Individuen vor. Der Fang beginnt nach
Ablauf des Frühjahrs-Wassers gegen Ende Mai und hört mit dem ersten
October auf. Nach Aussage der mit diesem Lachsfang beschäftigten Fischer
treten die weiblichen Individuen zuerst in den Fluss ein, später folgen erst
die Männchen, auch kommen die kleineren Individuen früher als die grösseren.
Die kleinsten Individuen, welche sich in den Netzen fangen lassen, sind 3 bis
4 Pfund schwer.
Indem die Lachse nicht gleichzeitig innerhalb einer bestimmten kürzeren
Frist Reise und Laichgeschäft abzumachen haben, sondern je nach ihrem ver-
schiedenen Alter zu sehr verschiedenen Zeiten ihre Wanderungen aus dem
Meere in die Flüsse antreten, und dabei ziemlich langsam reisen, kommen
fast das ganze Jahr hindurch im Rhein Lachse vor, von welchen ein Theil auf
der Hinreise, ein anderer Theil auf der Rückreise begriffen ist. Es scheint,
als wenn in diesen Fischen nur erst nach einem längeren Aufenthalte im
süssen Wasser die Fortpflanzungswerkzeuge sich gehörig entwickeln und zur
[299]Gattung: Trutta.
Reife gelangen könnten. Es ist bekannt, dass die meisten unserer essbaren
Fische kurz vor Eintritt der Laichzeit am fettesten und schmackhaftesten sind,
und dass sie während der Laichperiode nicht fressen, daher diese Fische nach
Vollendung des Laichgeschäftes abgemagert und als Speise wenig geeignet
sind. Ganz ähnliche Verhältnisse finden bei dem Lachs statt, welcher zu
Berg gehend als fetter Fisch mit rothem Fleische ausserordentlich geschätzt
wird und in diesem Zustande unter dem Namen »Rheinlachs« ein berühmter
Handelsartikel ist, während derselbe Fisch, zu Thal gehend, wegen seines
abgemagerten und blassen Fleisches wenig geachtet und mit dem Namen
»Rheinsalm« bezeichnet wird. In solchen abgemagerten Zuständen verändert
der Lachs seine äussere Körperform in so hohem Grade, dass er kaum wieder
zu erkennen ist.
Die Wanderungen zu Berge beginnen bei dem Rheinlachs im Mai und
dauern bis zum November fort; die kleinsten Rheinlachse, welche den Rhein
hinaufwandern, haben, nach Aussage der Rheinfischer, eine Schwere von
zwei Pfund. Die jungen Lachse, nachdem sie die Eihäute verlassen, bleiben
fast ein ganzes Jahr an ihrer Geburtsstätte und wandern erst zu Thale nach
dem Meere hin, wenn sie fingerslang ausgewachsen sind. In diesem Alters-
zustande tragen die Lachse dasselbe Jugendkleid, womit die meisten übrigen
jungen Salmoneer bekleidet sind, das heisst, ihr Körper ist an den Seiten mit
den bereits erwähnten 8 bis 12 grossen schwarzen und ovalen Flecken be-
setzt, welche in der Tiefe ihrer Haut angebracht sind und welche unterhalb
der Seitenlinie gegen die silberglänzenden Bauchseiten auffallend abstechen,
während die vielen auf dem dunkeln Rücken angebrachten kleinen schwar-
zen Flecke weniger in die Augen springen. In diesem Jugendkleide hat schon
Gesner den Lachs gekannt und abgebildet 1), daher man sich wundern muss,
wie man in England bis auf die neuere Zeit den jungen seitenfleckigen Lachs
unter dem Namen »Parr« für eine besondere Lachsart hat ansehen können 2).
[300]Familie: Salmonoidei.
Ist der junge Lachs oder Sälmling in das zweite Jahr getreten, so schickt er
sich zu seiner ersten Reise nach dem Meere an, zu welchem Zwecke der-
selbe sein Jugendkleid ablegt und in der gewöhnlichen Färbung und Zeich-
nung des Lachses erscheint; in diesem Reisekleide haben die Engländer den
jungen Lachs »Smolt« genannt, während derselbe Fisch, wenn er zum ersten
Male aus der See in die Flüsse aufsteigt, den Namen »Gilse« oder »Grilse«
erhalten hat.
Ich muss hier noch einmal hervorheben, dass der Lachs nur im jugend-
lichen Zustande den Vomerstiel seiner ganzen Länge nach mit Zähnen be-
setzt zeigt, und dass sich daher der oben angegebene Gattungscharakter nur
an dem jungen Lachse herausfinden lässt; da es aber äusserst schwer hält,
jüngere Lachse von Fischern zu erhalten, indem diese sich nur mit dem Fange
älterer Lachse abgeben, so mag dies Veranlassung gewesen sein, dass die
wahre Stellung des Lachses im Systeme so lange verkannt werden konnte,
obwohl Nilsson bereits im Jahre 1832 in seinem Prodromus Ichthyologiae
scandinavicae die Verwandtschaft des Lachses mit der Forelle und Lachs-
forelle nachgewiesen hatte 1). Später machte Nilsson2) darauf aufmerksam,
dass man schon vor hundert Jahren gewusst habe, dass der Lachs seine
Vomerzähne im Alter verliere. Nilsson fügte zu dieser Erfahrung noch die
hinzu, dass das Ausfallen der Vomerzähne bei dem Lachs schon beginnt, be-
vor dieser Fisch die Länge von 20 Zoll erreicht hat. Auch Jardine3) hat sich
überzeugt, das der Lachs, wenn er zum ersten Mal, um zu laichen, aus dem
Meere in die Flüsse aufsteigen will, bereits den grössten Theil seiner Zähne
auf der Vomerplatte verloren hat.
Nach solchen vorausgegangenen Darlegungen der wahren Verhältnisse
des Zahnsystems von Trutta Salar bleibt es unbegreiflich, wie diese Lachs-
Art in ihrer Stellung im Systeme bis jetzt verkannt und als nächster Ver-
wandter des Saiblings und des Huchens hat angesehen werden können. Va-
2)
[301]Gattung: Trutta.
lenciennes muss diese Beobachtungen von Nilsson und Jardine ganz über-
sehen haben, sonst würde er die Zahnstellung am Gaumen des Lachses nicht
so durchaus falsch angegeben haben, indem er (a. a. O. pag. 172) behauptete,
dass der Lachs nur an dem Vorderende seines Vomer (chevron) zwei bis
drei Zähne besitze. Diese unrichtige Auffassung ist noch unrichtiger auf
der von Valenciennes gelieferten Abbildung (a. a. O. Pl. 14) des Zahnsystems
eines weiblichen Lachses hingestellt, indem man hier zwischen den beiden
Vorderenden der Gaumenbein-Zahnreihen eine Doppelreihe von je vier quer
stehenden Vomerzähnen erblickt, die sich in dieser Weise niemals weder bei
alten noch bei jungen Lachsen vorfinden.
Durch die unrichtige Annahme, dass der gemeine Lachs wegen seines
nur vorn mit Zähnen besetzten Vomer mit dem Saibling und Huchen zusam-
mengestellt werden müsse, konnte es nicht ausbleiben, dass jüngere Lachse
mit vollständiger Bezahnung des Vomers verkannt wurden. Auf diese Weise
lässt es sich erklären, warum Rathke (Nr. 98: pag. 18) den Salmo Eriox
Lin. für die Fauna Preussens als nicht selten bezeichnete. Derselbe hat, wie
ich mich an einem im zoologischen Cabinete zu Königsberg aufbewahrten
Exemplare überzeugte, einen jüngeren Lachs (Trutta Salar) als Salmo Eriox
genommen. Ich vermuthe sogar, dass dieses Individuum ein steriler Lachs
gewesen war, da dasselbe ausser einer sehr schmächtigen, langgestreckten
Schnauze und einem an der hinteren Hälfte zahnlosen Vomerstiel auf dem
silberigen Leibe nur wenige schwarze Flecke und eine tief ausgeschnittene
Schwanzflosse besass und viele Schuppen verloren hatte.
2. Art. T. lacustris Lin. Seeforelle.
Syn. u. Citate.
a. Fortpflanzungsfähige Form.
Mangolt Nr. 33: pag. 15. Sefährin, Inlancke, Grundfährin.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 12. n. 4, Syn. nom. pisc. pag. 25. n. 9.
Linné Nr. 2: pag. 510. n. 6. Salmo lacustris.
Wartmann Nr. 37 b: pag. 55. Salmo Illanca, Rheinanke, Illanke.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 180. Salmo lacustris, Rheinanke, Illanke. (Ist ein wört-
licher Abdruck des vorhergehenden Aufsatzes von Wartmann.)
Schrank Nr. 23 a: pag. 319. n. 292. u. Nr. 23 d: Bd. I. pag. 312. Salmo Trutta, Lachs-
forelle.
Hartmann Nr. 38 a: pag. 146 u. 147. Salmo Trutta, Rheinlanke, Grundforelle, u.
Nr. 38 b: pag. 101. Salmo lacustris, Grundforelle, Lachsforelle, Illanke.
Nenning Nr. 39: pag. 16. Salmo lacustris, Grundforelle. (Unter diesem Namen auch
in der Iconographie abgebildet.)
Agassiz Nr. 9: Tab. VI juv. VII ♂. VIIa. VIII ♀. Salmo Trutta, var. Salmo Lemanus, Lachs-
forelle, Seeforelle.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 300. Pl. 617 (nicht deutlich, die ganze Abbildung er-
innert an ein männliches Individuum des gemeinen Lachses). Fario Lemanus.
Weber Nr. 27: pag. 24. Taf. 45. Salmo Trutta, Seeforelle, Lachsforelle.
[302]Familie: Salmonoidei.
Heckel Nr. 11 f: pag. 348 u. 354. Taf. III. Fig. 6—8. Fario Marsilii, Lachsforelle.
Rapp Nr. 41: pag. 29. Taf. IV. Fario Trutta, Lachsforelle, Grundforelle.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 267. Fig. 149 u. 150. Fario Marsiglii, Lachsforelle.
b. Sterile Form.
Mangolt Nr. 33: pag. 16. Schwebfährin.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 157. Taf. 103. Salmo Schiefermülleri, Silberlachs.
Schrank Nr. 23 a: pag. 323. n. 297. Salmo Schiffermülleri, Silberlachs.
Hartmann Nr. 38 a: pag. 147. Schweebforelle u. Nr. 38 b: pag. 111. Seeforelle,
Schwebförne.
Nenning Nr. 39: pag. 17. Salmo Trutta, Schwebforelle. (Unter demselben Namen
auch in der lconographie abgebildet.)
Agassiz Nr. 9: Tab. XIV. XV. Salmo lacustris, Silberlachs, Rheinlanke, Grund-
forelle.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 344. Salar Schiffermülleri.
Weber Nr. 27: pag. 33. Taf. 40. Salmo lacustris, Silberlachs.
Heckel Nr. 11 f: pag. 349 u. 354. Taf. III. Fig. 1—3 u. Nr. 11 i: pag. 194. Salar Schiffer-
mülleri, Maiforelle, Mailachs.
Rapp Nr. 41: pag. 27. Taf. III. Fario lacustris, Silberlachs, Schwebforelle.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 264. Fig. 145 u. 146. Salar Schiffermülleri, Maiforelle
u. pag. 265. Fig. 147 u. 148. Salar lacustris, Illanken.
Artcharakter:Körper mehr oder weniger gestreckt und fast cy-
lindrisch; Schnauze kurz und abgestumpft; die vordere
kurze Vomerplatte dreieckig und am queren Hinterrande
mit 3 bis 4 Zähnen besetzt; der sehr lange derbe Vomer-
stiel auf der Gaumenfläche seicht ausgehöhlt und mit
einer starken, hohen bezahnten Längsleiste versehen, auf
der Rückenfläche gewölbt. Die Zähne des Vomerstiels
sehr stark, meistens vorn in einfacher, hinten in doppel-
ter Reihe stehend, selten durchweg einfach, noch selte-
ner durchweg doppelt stehend; die hinteren Vomerzähne
im höheren Alter häufig verloren gehend. (Der grün- oder
blaugraue Rücken und die silberigen Seiten mit bald mehr
bald weniger runden oder eckigen schwarzen Flecken, Un-
terseite mit silberweissem Glanze.)
D. 3—4/8—10, P. 1/13, V. 1/8, A. 3/7—8, C. 19.
Die den Binnenseen der mitteleuropäischen Alpenländer angehörige See-
forelle ist von den Ichthyologen vielfach mit der Lachsforelle (Salmo Trutta
des Linné) der Nord- und Ostsee verwechselt worden. Auch sind verschie-
dene Alters- und Geschlechtszustände derselben als besondere Arten ge-
nommen worden. Da ausserdem diese Lachsart nach den verschiedenen
Aufenthaltsorten und verschiedenen Jahreszeiten sowohl in den Körperum-
rissen, wie in der Färbung und Zeichnung ungemein variirt, so erklären sich
hieraus die vielen verschiedenen Namen, unter welchen die Seeforelle von
den Ichthyologen meistens ziemlich unkenntlich beschrieben worden ist.
[303]Gattung: Trutta.
Die geschlechtlich entwickelte Form der Seeforelle, welche am Chiemsee
den Namen »Lachsforelle« und am Bodensee den Namen »Grundforelle« führt,
macht sich durch ihre plumpere, dickere Körpergestalt kenntlich. Ihr Kopf
besitzt im Vergleich zu den übrigen Körperverhältnissen einen bedeutenden
Umfang. Ihre Schnauze ist weniger gestreckt und stumpfer, was besonders
durch die kürzer entwickelten Zwischenkiefer veranlasst wird, daher auch
bei alten, sehr gross ausgewachsenen männlichen Individuen die hakenartige
Unterkiefer-Spitze weder so lang noch so auffallend gekrümmt auswächst,
wie bei dem gemeinen Lachse. Die Mundspalte ragt nach hinten über die
Augen hinaus. Die Zähne der T. lacustris sind schwächer als bei T. Salar,
mit Ausnahme der Vomerzähne, welche bei der Seeforelle im Vergleich zu
den hinfälligen Vomerzähnen des gemeinen Lachses eine sehr derbe Beschaf-
fenheit annehmen. Der ganze Knochenbau des Vomer ist bei der Seeforelle
ein sehr massiver und derber. Sowohl die am Hinterrande der dreieckigen
vorderen Vomerplatte, wie die auf der ganzen Mittellinie der langen, hinteren
Vomerplatte angebrachten Zähne haben eine conische Gestalt mit dick ange-
schwollener Basis und mit bald nach hinten, bald nach rechts oder links ge-
krümmter Spitze. Diese Zähne fallen bei weitem nicht so frühe ab wie bei
dem gemeinen Lachs. Ich habe an sehr grossen, 15 bis 20 Pfund schweren
Seeforellen die Vomerzähne noch ziemlich vollzählig gefunden, während ich
auf dem Vomerstiel gleich grosser Lachse fast keinen einzigen Zahn mehr
antraf. Die Flossen der Seeforelle zeigen sich in die Länge gestreckt, na-
mentlich erscheinen die paarigen Flossen im zurückgeschlagenen Zustande
schmal und scharf zugespitzt. Die Schwanzflosse besitzt im Jugendzustande
der Seeforellen einen tiefen Ausschnitt, der einen rechten Winkel darstellt;
dieser Ausschnitt verliert sich viel früher als bei dem gemeinen Lachs, so
dass Seeforellen von 16 Zoll Länge bereits eine fast gerade, abgestutzte
Schwanzflosse besitzen.
Der Rücken der Seeforellen ist bald grüngrau, bald blaugrau gefärbt
und mit vielen runden, schwarzen Tupfen besetzt, die Seiten erscheinen sil-
berig mit bald mehr, bald weniger zahlreichen runden oder eckigen schwar-
zen Flecken bestreut, welche zuweilen einen verwischten orangengelben Saum
besitzen; an vielen jungen Individuen nimmt man an den Seiten auch ein-
zelne orangengelbe Flecke wahr. Von den Flossen erscheinen die Brust-
und Bauchflossen, sowie die Afterflossen im jüngeren Alter ganz blass und
nur bei älteren Individuen bald stärker, bald schwächer grau pigmentirt,
während Rücken- und Schwanzflosse stets dunkelgrau gefärbt sind. Die er-
stere trägt immer viele runde, schwarze Flecke, wogegen die Schwanzflosse
nur zuweilen mit einzelnen verwischten schwarzen Flecken besetzt ist.
Ganz verschieden von der fruchtbaren Seeforelle entwickeln sich die
steril bleibenden Individuen, welche am Bodensee als »Schwebforellen«, sowie
[304]Familie: Salmonoidei.
an den Seen Oberöstreichs als »Maiforellen« bezeichnet werden. Ihr Körper
bleibt viel mehr seitlich zusammengedrückt und schlanker, indem derselbe
weniger Fleisch ansetzt als die Grundforelle. Ihre Schnauze streckt sich in
die Länge, ihr Maul erscheint tiefer gespalten und bei weiterem Heranwach-
sen des Fisches verliert die Schwanzflosse nicht sobald ihren Ausschnitt. Im
höheren Alter kömmt die Schnauzenverlängerung als äusseres Kennzeichen
der männlichen Individuen nicht zur Entwicklung, auch bildet sich an der
Unterkieferspitze derselben kein Haken aus. Am auffallendsten weicht die
sterile Seeforelle durch ihre Färbung ab. Ihr grün- oder blaugrauer Rücken
erhält nie so dunkelschwarze Flecken, wie der Rücken der fruchtbaren See-
forelle, auch kommen diese Rückenflecke nie so zahlreich, sondern meist in sehr
geringer Menge vor; an den Seiten stehen nur sehr wenige ganz vereinzelte ver-
wischte schwarze Flecke, welche auch oft ganz ausbleiben, so dass alsdann der
Kiemendeckelapparat und die Körperseiten einen wunderschönen, durch nichts
unterbrochenen silberweissen Glanz von sich geben, in welchen Fällen der
hier und dort gebräuchliche Volksname »Silberlachs« recht eigentlich auf diese
Seelachsform passt. Die länger und spitzer ausgezogenen paarigen Flossen,
sowie die Afterflosse sind farblos und nur selten bei älteren Individuen etwas
angeschwärzt, die Rücken- und Afterflosse erscheinen dunkelgrau, von denen
die erstere meistens mit weniger schwarzen, runden Flecken besetzt ist als an
den fruchtbaren Individuen. Alle diese Abweichungen sind nicht von solchem
Gewicht, um die Schweb- oder Maiforelle als besondere Art von der frucht-
baren See- oder Grundforelle abzuscheiden. Wie wenig Artunterschiede diese
beiden Forellen-Formen darbieten, haben Heckel und Kner recht gut empfun-
den, da sie (Nr. 13: pag. 268) von der fruchtbaren Seeforelle (Fario Marsiglii)
sagen: »die Messungsverhältnisse der Körperhöhe zur Kopflänge, dieser zur
Totallänge, ferner der Dicke zur Höhe u. s. w. stellen sich aber fast genau wie
bei unsrer Maiforelle heraus; auch in Grösse und Zahl der Schuppen, in
Stellung und Bau der Flossen stehen sich diese beiden Arten so nahe, dass
der Unterschied zwischen beiden überhaupt bisher oft in Frage gestellt wurde«.
In ihrem Wachsthum weichen die geschlechtlich entwickelten Seeforellen
von den übrigen Lachsarten nicht ab, auch sie gelangen zu einer bedeuten-
den Grösse, indem 25 bis 30 Pfund schwere Individuen nichts seltenes sind.
Ganz anders verhalten sich aber die sterilen Seeforellen, welche viel lang-
samer als die fruchtbaren Individuen wachsen und auch nicht so leicht die
Grösse der letzteren erreichen. Die Schwebforelle des Bodensees wird ge-
wöhnlich mit einer Länge von 15 bis 18 Zoll und einem Gewichte von ½ bis
1 Pfund gefangen, auch aus dem Kochelsee erhielt ich keine sterile Seeforelle
über 17 Zoll lang und über ¾ Pfund schwer. Schon Hartmann1) hebt hervor,
[305]Gattung: Trutta.
dass die Schwebforelle nicht oft über zehn Pfund schwer und sehr selten bis
zu zwanzig Pfund schwer vorkomme. Auch Heckel u. Kner (Nr. 13: pag. 264
u. 269) machen darauf aufmerksam, dass die Maiforelle der östreichischen
Seen (Salar Schiffermülleri), welche nach meiner Ueberzeugung mit der
Schwebforelle des Bodensees identisch ist, gewöhnlich nur 10 bis 15 Pfund
schwer gefangen werde, während die Lachsforelle (F. Marsiglii), welche
einer fruchtbaren Seeforelle entspricht, sehr gewöhnlich ein Gewicht von 25
bis 30 Pfund erreicht 1).
Die fruchtbaren Seeforellen verlassen, um zu laichen, ihren Seeaufent-
halt und wandern durch die Einmündungen der Flüsse und Bäche weite
Strecken in diesen hinauf. Nur die Seeforellen solcher Seen, deren Zuflüsse
zu wasserarm sind oder aus Sturzbächen bestehen, mögen sich genöthigt
sehen, ihr Fortpflanzungsgeschäft in den Seen selbst abzumachen. Es be-
ginnen die Wanderungen der Seeforellen mit Ende September, welche bis in
den December hinein fortdauern, wobei die jüngsten den Anfang machen,
unter denen sich Individuen von kaum einem Pfunde befinden. Es haben die
Seeforellen, ganz wie die Lachse, zur völligen Entwicklung und Reife ihrer
Geschlechtsorgane einen längeren Aufenthalt in den fliessenden Gewässern
nöthig, während welcher Zeit die männlichen Individuen in ihrer Färbung und
an ihrer Hautbedeckung auffallende Veränderungen erleiden. Sie nehmen
nämlich eine sehr dunkle Färbung an und erscheinen auf der Unterseite vom
Kinn bis zum Schwanzende oft ganz schwarz pigmentirt, auch leuchten die
tiefer gelegenen Hautschichten sehr häufig orangengelb gefärbt hindurch,
weshalb solche Individuen am Chiemsee mit dem Namen »Goldlachse« be-
zeichnet werden. Die Schwartenbildung nimmt in ansehnlicher Dicke den
Rücken und Bauch der Milchner ein und erstreckt sich von da aus auch auf
die Flossen, so dass namentlich an der Afterflosse und am Ober- und Unter-
rande der Schwanzflosse kaum die knöchernen Flossenstrahlen hindurchge-
fühlt werden können.
Durch die Angabe Heckel’s 2), dass die Maiforelle (die sterile Form der
Seeforelle) bei der Berührung sehr leicht ihre Schuppen fahren lasse 3), wähn-
v. Siebold, Fische. 20
[306]Familie: Salmonoidei.
rend bei der Lachsforelle (der fruchtbaren Form der Seeforelle) die Schuppen
zu jeder Zeit fest in der Haut sitzen, sehe ich mich veranlasst, darauf auf-
merksam zu machen, dass, wenn sich an den brünstigen weiblichen Seefo-
rellen auch keine eigentliche Hautschwarte entwickelt, die Haut derselben bei
Annäherung der Brunstzeit dennoch in Wucherung geräth und die Schuppen
von ihr stärker eingehüllt und festgehalten werden. Nach vollbrachtem Fort-
pflanzungsgeschäfte schwindet sowohl bei den Milchnern wie bei den Rog-
nern der Seeforelle die erwähnte Hautwucherung wieder, und sitzen alsdann
ihre Schuppen in der zarten und dünnen Haut ebenso lose wie bei den steri-
len Maiforellen der östreichischen Seen und den sterilen Schwebforellen des
Bodensees das ganze Jahr hindurch.
Die Verbreitung der Trutta lacustris, welche nur die Seen der Alpen
und Voralpen bewohnt, ist eine sehr ausgedehnte, da sich dieser Salmoneer
von Genf und Neuchâtel bis Gmund fast in allen innerhalb oder vor der
schweizerischen, bayrischen und östreichischen Alpenkette gelegenen grösse-
ren Seen findet.
In Bezug auf die bayrischen Alpen- und Voralpen-Seen kenne ich das
Vorkommen des Seelachses, ausser im Bodensee und Chiemsee, noch im
Christsee, Walchensee, Kochelsee, Würmsee, Tegernsee, Königssee, Ober-
und Hintersee, unter denen mir sterile Formen aus dem Bodensee, Kochelsee,
und Tegernsee durch die Hände gegangen sind.
Seitdem Bloch die sterile Maiforelle der östreichischen Seen als beson-
dere Art unter dem Namen Salmo Schiffermülleri beschrieben und Agassiz
die sterile Schwebforelle des Bodensee’s als Salmo lacustris von der frucht-
baren Seeforelle getrennt hatte, sind die Begriffe der Ichthyologen in Bezug
auf die Unterscheidungsmerkmale der unsere Binnenseen bewohnenden See-
forellen in die grösste Verwirrung gerathen, welche noch besonders durch die
vielen verschiedenen Namen vermehrt wurde, womit die Fischer diesen Sal-
moneer, je nachdem derselbe im Frühling oder Herbst, an dieser oder jener
Localität, mit oder ohne Hochzeitskleid gefangen wird, zu bezeichnen pfle-
gen. Ich lege zwar grossen Werth auf die Mittheilungen verständiger Fischer,
da man von ihnen über die Lebensweise und Fortpflanzung der Fische viel
lernen kann, zur Unterscheidung und Abgrenzung von Arten und Abarten
der Salmoneer geben aber selbst die erfahrensten Fischer den Ichthyologen
keine Hülfsmittel an die Hand. Heckel hat jedenfalls zu viel Gewicht auf die
Aussagen des vielerfahrenen Fischers Schmoller gelegt, welcher ihm (Nr. 11e:
pag. 286 u. 287) die Maiforelle und Lachsforelle des Attersees als zwei ver-
schiedene Arten schilderte, sonst hätte der sonst so umsichtige Wiener Ich-
thyolog auf den Gedanken kommen müssen, dass die Maiforelle nur eine ste-
rile Abart der Lachsforelle jenes Sees sei, zumal da einige Notizen, welche
Heckel bei seinem Besuche der östreichischen Alpenseen einsammelte, ganz
[307]Gattung: Trutta.
dazu geeignet waren, auf die Sterilität der Maiforelle hinzuweisen. Zuerst
erwähnt Heckel ausdrücklich, dass die Laichzeit der Maiforelle keinem Fischer
bekannt sei (ebenda: pag. 288), alsdann hebt er hervor (ebenda: pag. 287),
dass die Eier in der Maiforelle niemals grösser wie Hirsekörner gefunden
würden, was ihn veranlasst habe (Nr. 13: pag. 264), die Angabe des erfah-
renen Fischzüchters Aigner in Salzburg zu bezweifeln, als seien die Monate
April und Mai die Laichzeit der Maiforelle1), da die Eier der im Monat Mai
gefangenen weiblichen Maiforellen kaum die Grösse eines Hirsekornes über-
treffen. Ich lege auf diese Beobachtungen grosses Gewicht, indem die Jahr
aus Jahr ein gleich gross erscheinenden Eier für den stets unreif bleibenden
Entwicklungszustand der Eierstöcke dieser Fische sprechen, denn bekanntlich
erlangen die reifen Eier aller unserer bezahnten Salmoneer eine Erbsen-
grösse. Die Sterilität der Maiforelle wird noch durch folgenden dritten Um-
stand bestätigt. Heckel (Nr. 11 i: pag. 194) fand an einer Maiforelle, die er
im Monat December aus dem Fuschlsee erhalten hatte, »einen neuen Beweis
gegen die Meinung mancher Fischer, welche glauben, dass Lachsforellen, die
im Herbste am Laichen verhindert sind, dann im Frühjahr laichen, die Farbe
etwas verändern, die Schuppen leicht fallen lassen und so als Maiforellen er-
scheinen. Die im December gefangene Maiforelle verliert die Schuppen aber
ebenso leicht und hat dieselbe Farbenzeichnung, wie die im Mai gefangenen«.
Ich sehe hierin nur noch einen neuen Beweis, dass die Maiforellen sterile See-
forellen sind, indem ihre Haut sich niemals mit hochzeitlichen Farben
schmückt, zu keiner Zeit durch brünstige Wucherungen sich verdickt und so
die Schuppen nie fest an sich hält. Bedeutungsvoll ist ausserdem noch die
Mittheilung Heckel’s (Nr. 11 e: pag. 287), dass einige Fischer in Oberöstreich
die Meinung hegen, aus der Maiforelle werde bei zunehmendem Alter eine
Lachsforelle.
Es ist bei der Beschreibung des Huchen (s. oben pag. 290) von mir
schon erwähnt worden, dass Heckel der Bloch’schen Abbildung des Salmo
Schiffermülleri (der sterilen Seeforelle aus Oberöstreich) mit Unrecht den
Vorwurf gemacht hat, sie sei mit der Abbildung des Salmo Hucho verwech-
selt worden. Die Maiforelle, wie sie Bloch hat darstellen lassen (a. a. O.
Taf. 103) ist als sterile Seeforelle deutlich zu erkennen. Die Schlankheit des
ganzen Körpers, sowie die silberweisse Farbe der Leibesseiten springen an
dieser Abbildung ebenso in die Augen, wie an der freilich ungleich schöne-
20*
[308]Familie: Salmonoidei.
ren Abbildung, welche Agassiz (a. a. O. Tab. XV) von Salmo lacustris (der
sterilen Seeforelle aus dem Bodensee) geliefert hat. Ungleich gegründeter ist
dagegen Heckel’s Vorwurf (Nr. 11 f: pag. 351), dass Bloch in der Beschrei-
bung des Salar Schiffermülleri den Seelachs unserer Alpenseen mit dem Meer-
lachs der Ost- und Nordsee zusammengeworfen habe.
Heckel wollte übrigens zwischen seinem Salar Schiffermülleri und Fario
Marsiglii auch einen anatomischen Unterschied gefunden haben, auf den er wie-
derholt hingewiesen1), nämlich einen vorn einreihig, hinten zweireihig bezahn-
ten Vomerstiel bei ersterem, und einen durchweg einreihig bezahnten Vomer-
stiel bei letzterem; ich habe aber diesen Unterschied nicht bestätigt gefunden,
sondern die Stellung der Zahnreihen auf dem Vomerstiel beider Seelachsfor-
men sehr wandelbar angetroffen, was ich mit folgenden Erfahrungen belegen
kann. Von 33 Vomerknochen, welche ich aus männlichen und weiblichen
brünstigen Seeforellen des Chiemsees von 8 bis 20 Pfund Gewicht heraus-
präparirt habe, zeigten 17 einreihig geordnete Zähne am Vorderende des
Stiels, auf dem hinteren Ende desselben waren bereits die Zähne wegen des
vorgerückten Alters der Fische gänzlich verschwunden, auf 6 Vomerstielen
standen die Zähne vorn einreihig hinten zweireihig, auf 3 Vomerstielen stan-
den dagegen die Zähne vorn und hinten einreihig und in der Mitte zweireihig,
auf 2 Stielen sah ich die Zähne von vorn bis hinten einreihig geordnet, auf
2 anderen Stielen waren nur hinten die Zähne einreihig, vorn und in der
Mitte aber zweireihig geordnet, auf zwei anderen erkannte ich ebenfalls vorn
die Zähne doppelreihig gestellt, auf dem übrigen Theile des Vomerstiels aber
wegen vorgerückten Alters völlig verschwunden, nur ein grösserer Vomerstiel
bot vorn einreihig und in der Mitte doppelreihig gestellte Zähne dar, während
hinten alle Zähne spurlos verschwunden waren. Es befand sich unter diesen
von mir untersuchten Seelachsen bestimmt keine sogenannte Maiforelle, die
ich etwa unrichtig bestimmt hätte; an allen diesen Chiemsee-Lachsen waren
die Fortpflanzungsorgane bis zur vollkommenen Brünstigkeit entwickelt, auch
waren sie sämmtlich in der Achen gefangen worden, in welche sie vom
Chiemsee aus, um zu laichen, eingewandert waren. Dennoch muss ich glau-
ben, dass die sterile Seeforelle auch im Chiemsee vorkömmt, da mir von den
Chiemsee-Fischern die Mittheilung gemacht wurde, dass im Chiemsee, aber
nie in der Achen eine schlanke, silberfarbige Lachsforelle mit wenig kleinen,
schwarzen Tupfen das ganze Jahr hindurch an der Angel gefangen werde,
welche weder Rogen noch Milch enthalte. Es ist dies offenbar die sterile Mai-
forelle der östreichischen Seen, welche aber am Chiemsee keinen besonderen
Namen erhalten hat, obwohl der Name »Maifisch« am Chiemsee gekannt ist.
[309]Gattung: Trutta.
Dieser Name bezieht sich aber auf einen ganz anderen Fisch des Sees, nämlich
auf den Leuciscus Meidingeri, der von Schrank, wie ich bereits angeführt
habe (s. oben pag. 199) mit der Seeforelle verwechselt worden ist.
In derselben Weise, wie im Osten der Alpen die sterilen und fruchtbaren
Formen des Seelachses theils von Ichthyologen, theils von Fischern als zwei
besondere Arten betrachtet werden, sind auch in den westlichen Alpengegen-
den diese beiden Seelachsformen als zwei Arten bisher auseinandergehalten
worden, aber nur mit dem Unterschiede, dass am Bodensee die fruchtbare
Form den Namen »Grundforelle« und die sterile Form den Namen »Schweb-
forelle« führt. Es muss auffallen, dass von älteren Ichthyologen über die Le-
bensweise und die verschiedenen Namen der Bodensee-Lachse viel überein-
stimmendere und genauere Notizen gegeben worden sind als von den neuern
Ichthyologen, welche sich oft in ihren Angaben widersprechen und beide
Lachsformen nach Namen und Lebensweise meist durcheinandergemengt ha-
ben. Mangolt, von dem wir über Natur und Eigenschaften der Bodensee-
Fische die ältesten zuverlässigen Nachrichten besitzen, hebt ganz klar hervor
(a. a. O. pag. 16), dass es im Bodensee zweierlei »Sefärhinen« gebe, »nämlich
Grundfärhinen und Schwäbfärhinen. Diser vnderscheid aber ist nit am visch
sonder an der weid: dann die Grundfärhin jr weid hatt im grund vnnd in der
tieffe, dahär sy dann auch den namen hatt vnnd ein Grundfärhin genennt wirt.
Die Schwäbfärhinen aber schwäbt oben embor, weidet vnnd neret sich der
muckenn ob dem wasser. Wie nun das vych auff ein gute feisste weid ge-
schlagenn leybhaffter, feisster vnnd am fleisch besser ist, dann das auff dürre
vnnd magere weid getriben wirt: Also hatt es auch aller ding ein gstallt mit
den vischen. Nun ists aber gwüss dass der lättächtig grund bessere narung
vnnd weid gibt, dann die mucken: so volget auch, dass die Grundfärhinen
besser sind dann die Schwäbfärhinen, dass dann alle schleckmeuler wol
wüssend«. Noch heute wird am Bodensee die stets mager bleibende Schweb-
forelle weniger geschätzt als die im Laufe des Sommers bis gegen den Herbst
hin immer feister und fetter werdende Grundforelle.
Ausser Mangolt und Gesner1) berichtet auch Wartmann (Nr. 37 b:
pag. 59) von der Grundforelle, dass sie, um zu laichen, in den Oberrhein und
in die Ill hinaufsteige und alsdann den Namen »Rheinanke« oder »Illanke« er-
halte. Wartmann unterscheidet von dieser geschlechtlich sich entwickelnden
Form der Trutta lacustris noch eine andere Lachsform des Bodensees, die er
schlechthin »Seeforelle« nennt (a. a. O. pag. 66). Offenbar hat er damit die
sterile Form der Trutta lacustris gemeint, denn er sagt von dieser Seeforelle,
dass kaum eine Spur von Haken an ihrem Unterkiefer wahrzunehmen sei,
während an der Rheinanke der Haken des Unterkiefers stark sei und schon
[310]Familie: Salmonoidet.
im zweiten Jahre sich zu entwickeln beginne (a. a. O. pag. 56). Noch be-
stimmter unterscheidet Hartmann (Nr. 38 b: pag. 101 u. 111) die Grundforelle
von der Schwebforelle, indem derselbe die erstere als Salmo lacustris be-
schreibt und von ihr meldet, dass sie auch Rheinlanke, Illanke oder Inlanke
genannt werde, dass ihre Laichzeit vom September bis November dauere,
und dass das Männchen, wenn es einige Jahre alt ist, an dem Unterkiefer
einen Haken bekomme. Für die Seeforelle, worunter Hartmann die Schweb-
förne oder Schwebforelle versteht, hat derselbe keinen systematischen Na-
men aufgeführt, indem er angiebt, dass sich dieselbe dem äusseren Ansehen
nach von der Grundforelle kaum unterscheide und das Männchen derselben
nie einen Haken am Unterkiefer bekomme. Er betrachtet dieselbe als Spiel-
art der Grundforelle, welche sich wahrscheinlich mit der letzteren in allen
Schweizerseen vorfinde. Dann fügt derselbe aber noch hinzu: »Die Seefo-
relle (Schwebforelle) geht nie in die Flüsse um zu laichen, sondern legt ihren
Laich, zwischen Mitte Novembers bis Mitte Decembers, in der Tiefe des Sees
ab«. Die erste Hälfte dieses Satzes wird von allen Bodensee-Fischern be-
stätigt, nicht aber die zweite Hälfte desselben Satzes, ich habe wenigstens
von keinem Bodensee-Fischer mit Sicherheit erfahren können, wo und wann
die Schwebforelle im Bodensee laiche. Alle stimmten aber darin miteinan-
der überein, dass die Schwebforelle immer im See verbleibe und dass noch
niemals reife Eier in den weiblichen Schwebforellen von ihnen beobachtet
worden wären. Offenbar beruht also Hartmann’s Angabe über die Laichzeit
der Schwebforelle auf einer blossen Vermuthung, während Rapp1), welcher
sowohl durch Beschreibung, wie durch Abbildung die Schwebforelle und
Grundforelle vortrefflich charakterisirt, jedenfalls eine Verwechslung began-
gen hat, indem derselbe die Schwebforelle auch Illanke nennt und sie im
Spätsommer, um zu laichen, vom Bodensee in den Rhein und in die Ill ziehen
lässt, die Laichzeit der Grundforelle dagegen gar nicht erwähnt. Von Schinz,
welcher sich in verschiedenen Schriften über die Fischfauna der Schweizerseen
ausgesprochen hat, haben wir nur sehr unbefriedigende Auskunft über die
Seeforelle erhalten; er hat die fruchtbaren und sterilen Formen dieses Fisches
noch dazu mit der Meerforelle (Salmo Trutta) verwechselt, was weder Wart-
mann nach Hartmann gethan haben; letzterer (Nr. 37 b: pag. 110) hat sich
sogar mit bestimmten Worten gegen die Vereinigung der Seeforelle (Salmo
lacustris) mit der wandernden Lachsforelle des Meeres (Salmo trutta) ausge-
sprochen. In der Bearbeitung von Cuvier’s Thierreich sagt Schinz2) von der
Seeforelle, die er als Salmo TruttaLin. bezeichnet, dass sich dieselbe vor-
züglich in Seen und besonders auch in der Schweiz finde und zu allen Jahres-
[311]Gattung: Trutta.
zeiten gefangen werde, am meisten wenn sie laicht, welches im November
auf sandigem und steinigem Boden, an den Ausflüssen der Flüsse und Bäche
geschieht, in deren Mündung sie steigt. Da Schinz gleich hinterher die See-
forelle als Bewohner des Bodensees, des Rheins oberhalb des Sees und der
Ill unter dem Namen »Rheinlanken« (Salmo Illanca) aufführt, so geht hieraus
hervor, dass Schinz die Seeforelle des Bodensees von den Seeforellen der
übrigen Schweizerseen als besondere Art getrennt wissen will. Gleiche An-
sichten befolgt Schinz später in seiner Fauna helvetica1), sowie in seiner
europäischen Fauna2), nur mit dem Unterschiede, dass er in letzterer Schrift
nach Agassiz’s Beispiel die Bodensee-Forelle nicht mehr Salmo Illanca, son-
dern Salmo lacustris nennt. Agassiz (a. a. O.) hat übrigens die fruchtbare und
sterile Form der Seeforelle vortrefflich abgebildet, unterscheidet aber beide,
ohne ihre nahen Beziehungen zu einander errathen zu haben, als zwei beson-
dere Arten, von denen er die fruchtbare Form mit dem Namen Salmo Trutta
des Linné bezeichnete, unter welchem Namen letzterer3) eigentlich nur die
in die Flüsse aufsteigende Meerforelle hat verstehen wollen. Darin muss ich
aber Agassiz beistimmen, dass derselbe4) die von Jurine5) als Salmo Trutta
beschriebene und von Cuvier6) als Salmo lemanus für eine besondere Art aus-
gegebene fruchtbare Seeforelle des Genfersee mit der Seeforelle des Neuen-
burgersees vereinigt hat, da ich an der schönen Abbildung einer weiblichen
Lachsforelle des Genfersees, wie sie Agassiz (a. a. O. Tab. VIII) geliefert, auf
den ersten Blick die fruchtbare Seeforelle in ihren Umrissen, ihrer Färbung
und Zeichnung wieder erkenne. Auch die von Jurine (a. a. O. Pl. 4) abgebil-
dete Salmo Trutta des Genfersees stellt deutlich genug eine fruchtbare See-
forelle dar, um so auffallender weicht dagegen die von Valenciennes (a. a. O.
Pl. 617) gelieferte Darstellung des Salmo lemanus ab; die lange, schmächtige
und niedrige Schnauze auf diesem Bilde deutet eher auf einen männlichen
gemeinen Lachs (T. Salar) als auf eine Seeforelle (T. lacustris) hin, noch mehr
aber der lange Zwischenraum, welcher an dem auf derselben Tafel abgebil-
deten Gaumen zwischen der Schnauzenspitze und dem bezahnten Vorderrande
des Vomerknochen wahrzunehmen ist. Anders verhält es sich mit der Ab-
bildung eines Salmo lacustris des Agassiz (a. a. O. Tab. XV), von welcher es
heisst: »Taf. XV ist ein alter Milchner, gefangen im December, im Bodensee«,
[312]Familie: Salmonoidei.
und welcher Agassiz die deutschen Namen giebt: »Silberlachs, Rheinlanke,
Illanke, Grundforelle«. Ich sehe in ihr nichts anderes als eine schlanke, ga-
belschwänzige sterile Seeforelle, welche durch den gänzlichen Mangel eines
Kinnhakens von einer alten fruchtbaren männlichen Seeforelle aus dem Neuen-
burgersee, wie sie Agassiz (a. a. O. Tab. VII) dargestellt hat, um so mehr
absticht, als die letztere nicht bloss einen sehr gedrungenen Körperbau und
eine abgestutzte Schwanzflosse besitzt, sondern auch ihr Geschlecht durch
einen deutlichen Kinnhaken verräth.
Auch für seinen Salar lacustris wollte Heckel1) ein anatomisches Merk-
mal gefunden haben, um diese Schwebforelle des Bodensees, die er fälschlich
»Illanke« und »Rheinlanke« nennt, und die er unrichtig mit Wartmann’s und
Bloch’s Salmo Illanca für identisch hält, von der Grundforelle des Bodensees
unterscheiden zu können. Aber dieses Unterscheidungsmerkmal, nämlich die
durchaus in doppelter Reihe aufsitzenden Zähne des Vomerstiels, hält ebenso
wenig Stich, wie die oben erwähnte Zahnstellung auf dem Vomerstiel von Sa-
lar Schiffermülleri, worüber schon Rapp (Nr. 41: pag. 28 u. 29) Erfahrungen
gesammelt hatte, denn derselbe sagte von den Vomerzähnen der Schwebfo-
relle: »nicht immer stehen die Zähne nach der Länge des Pflugscharbeins in
einer geraden Linie, oft sind einige im Zickzack, aber eine doppelte Zahnreihe,
wie sie nach Heckel bei Salmo lacustris vorkommt, findet sich bei meinen
Skeleten von F. lacustris aus dem Bodensee nicht«, auch spricht sich derselbe
bei der Beschreibung der Grundforelle an drei verschiedenen Stellen dahin aus,
dass die Zähne auf dem Körper des Pflugscharbeins der Länge nach eine ein-
fache Reihe bilden, jedoch nicht regelmässig, indem zuweilen nach einem
Zahne zwei neben einander stehen. Meine Untersuchungen über diesen Gegen-
stand haben folgendes Resultat geliefert: unter 15 Individuen der sterilen Bo-
densee-Schwebforelle von mittlerer Grösse war der Vomerstiel bei fünf Indi-
viduen vorn mit einer Reihe, hinten mit zwei Reihen Zähnen besetzt, bei neun
Individuen fand ich die Zähne des Vomerstiels durchweg einreihig gestellt,
bei einem Individuum standen die Zähne des Vomerstiels vorn doppelreihig,
während hinten die Zähne verschwunden waren; unter 10 Individuen der
fruchtbaren Bodensee-Grundforelle von mittlerer Grösse zeigten sich sechs
Mal die Zähne des Vomerstiels durchweg einreihig gestellt, an einem sieben-
ten Individuum sah ich diese Vomerzähne vorn einreihig und hinten ver-
schwunden, bei einem achten Individuum standen die Zähne des Vomerstiels
durchweg doppelreihig, bei einem neunten dagegen vorn und in der Mitte
doppelreihig, hinten einreihig, und bei einem zehnten Individuum vorn einrei-
hig, hinten zweireihig.
Wenn Heckel und Kner (a. a. O. pag. 265) bei der Schwebforelle des
[313]Gattung: Trutta.
Bodensees noch auf das diagnostische Merkmal: »die Schuppen festsitzend«
Gewicht legen, so muss ich hiergegen einwenden, dass ich von den Schweb-
forellen die Schuppen sich ebenso leicht lostrennen sah, wie dies Heckel an
der Maiforelle beobachtet hat.
Auch die verschiedene Form und Stellung der Kiemendeckel-Stücke
suchte Heckel bei seinem Salar Schiffermülleri, Salar lacustris und Fario Mar-
siglii festzustellen, um darauf die Art-Unterschiede dieser Lachsforellen zu
stützen1). Ich habe anfangs sehr sorgfältig auf diese von Heckel hervorge-
hobenen Unterscheidungsmerkmale geachtet, bin aber bald gewahr gewor-
den, dass die Umrisse dieser Deckel-Stücke durchaus keinen so constanten
Charakter bieten, um darnach Species unterscheiden zu können, was mich
nicht überraschen konnte, da sich die drei vorhin genannten Lachsforellen-
Formen als ganz nahe verwandt herausgestellt haben. Aber auch bei weiter
von einander entfernten Trutta-Arten war ich nicht im Stande, den Artcha-
rakter derselben in einer ganz bestimmten sich immer gleichbleibenden Ab-
grenzung ihrer Kiemendeckel-Stücke ausgeprägt zu finden, weshalb ich das
Gewicht, welches von Yarrell2) zur Unterscheidung der Trutta-Arten, und
von Richardson3) zur Unterscheidung der Salmoneer-Arten überhaupt auf die
Kiemendeckel-Stücke gelegt wird, ebenfalls nicht so hoch anschlagen kann.
Wollte man die Untersuchungen, welche Kner4) über die Verschieden-
heit der Mägen und Blinddärme bei den Salmoneern angestellt hat, dazu be-
nutzen, um etwa noch andere Unterschiede für Heckel’s Lachsforellen-Arten
ausfindig zu machen, so wird man gewahr, dass Kner’s Versuch, die Salmo-
neer nach den Organisations-Verhältnissen der Verdauungswerkzeuge zu cha-
rakterisiren, eben nicht dazu beigetragen hat, den von Heckel aufgestellten
Lachs- und Forellenarten eine festere Stellung im System zu verschaffen.
Kner5) fand nämlich zwischen Lachsforellen und Maiforellen bezüglich der
Blinddärme die meiste Uebereinstimmung unter allen bisher untersuchten Ar-
ten, was ihn zu dem Ausspruch veranlasste: »die Lachsforelle (F. Marsiglii)
und Maiforelle (S. Schiffermülleri) sind in Beziehung ihrer Blinddärme kaum
spezifisch von einander zu trennen«; ebenso bedeutungsvoll ist Kner’s6)
Aeusserung, dass Salar Schiffermülleri in Hinsicht seines Verdauungscanals an
Salar lacustris seinen nächsten Verwandten besitze. Vergleicht man die An-
[314]Familie: Salmonoidei.
gaben Kner’s mit den Zahlen, welche Rapp bei den Untersuchungen der Blind-
därme der Bodensee-Lachsforellen erhalten hat, so ergiebt es sich, dass beide
Ichthyologen ganz entgegengesetzte Zahlen-Verhältnisse gewonnen haben.
Rapp (Nr. 41: pag. 28 u. 31) fand bei F. lacustris 60 bis 74 Blinddärme, wäh-
rend Kner1) an einer (sterilen) Seeforelle des Bodensees nur 50 Blinddärme
zählte, dagegen gab Rapp (a. a. O. pag. 31) für die Blinddärme des F. Mar-
siglii die Zahl 48 an, welche Zahl gegen diejenigen Zahlen sehr zurücksteht,
die Kner2) bei seinen Zählungen herausfand. Derselbe sagte nämlich von F.
Marsiglii: »die Zahl der Blinddärme steigt hier über 80, ja, diese Species über-
trifft an Zahl der Blinddärme alle echten Arten der Gattung Salmo, indem
diese zwischen 90 bis 100 beträgt«. Aus diesen sich widersprechenden Zah-
len-Angaben darf man wohl mit Recht schliessen, dass die Menge der Blind-
därme bei einer und derselben Salmo-Art eine sehr wandelbare ist und jeden-
falls zwischen zwei weit auseinander liegenden Zahlen hin und her schwankt.
Es hat mich daher nicht überrascht, dass ich bei den Zählungen, welche ich
in dieser Beziehung vorgenommen habe, wieder zu ganz anderen Resultaten
gekommen bin, und für die Blinddärme steriler Seeforellen des Bodensees,
mehr in Uebereinstimmung mit Kner, die Zahl 55 bis 59 und für die Blind-
därme fruchtbarer Seeforellen des Bodensees, mehr in Uebereinstimmung mit
Rapp, die Zahl 43 bis 55 erhalten habe.
3. Art. T. Trutta Lin. Meerforelle.
Syn. u. Citate.
a. Erwachsen.
Baldner Nr. 42: pag. 153. Taf. 7. Weissforelle.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 12. n. 3, Syn. nom. pisc. pag. 24. n. 5.
Linné Nr. 2: pag. 509. n. 3. Salmo Trutta.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 143. Taf. 21. Salmo Trutta, Lachsforelle.
Nau Nr. 45 a: pag. 17. Salmo Trutta, Lachsforelle.
Siemssen Nr. 79: pag. 54. Salmo Trutta, Lachsforelle.
Heineken Nr. 69: pag. 148. n. 38.
Gloger Nr. 88: pag. 72. n. 6. Salmo Trutta, Lachsforelle.
Holandre Nr. 56 b: pag. 255. Salmo Trutta.
Bujack Nr. 97. pag. 320. Salmo Trutta, Lachsforelle.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 221. Salmo Trutta.
Schulz Nr. 78: pag. 516. Salmo Trutta, Lachsforelle.
Krøyer Nr. 82: Bd. II. pag. 582. Salmo Trutta.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 294. Pl. 616. Fario argenteus.
b. Jung.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 155. Taf. 102. Salmo Goedenii, Seeforelle.(?)
Bujack Nr. 97: pag. 322. Salmo Goedenii, Seeforelle. (?)
Jardine: British Salmonidae. London 1839. Pl. XI. Fig. 1 u. 2. Young states of Salmo Trutta.
Rathke Nr. 98: pag. 18. Salmo Goedenii, Seeforelle.
[315]Gattung: Trutta.
Artcharakter:Körper weniger gestreckt und fast cylindrisch;
Schnauze kurz und abgestumpft; die vordere kurze Vomer-
platte dreieckig, am queren Hinterrande mit 3 bis 4 Zähnen
besetzt; der sehr lange Vomerstiel auf der Gaumenfläche
seicht ausgehöhlt und mit einer starken hohen bezahnten
Längsleiste versehen; die Zähne des Vomerstiels von mitt-
lerer Stärke, von vorn bis hinten in einfacher Reihe, zu-
weilen nur einzelne derselben doppelt stehend, bald frü-
her bald später von hinten nach vorn verloren gehend.
(Der blaugraue Rücken und die silberigen Seiten mit sehr
wenigen schwarzen Flecken, Unterseite mit silberweissem
Glanze.)
D. 3/9 — 11, P. 1/12—13, V. 1/8, A. 3/8—9, C. 19.
Die Meerforelle führt in Norddeutschland gewöhnlich den Namen »Lachs-
forelle«; dies mag die nächste Veranlassung gewesen sein, dass die Seeforelle
der mitteleuropäischen Alpenländer, welche ebenfalls häufig »Lachsforelle«
genannt wird, mit der Meerforelle verwechselt worden ist. Es ist übrigens
schwer, scharfe Unterscheidungsmerkmale für beide Lachsarten anzugeben,
und daher kein Wunder, dass selbst Ichthyologen es nicht verstanden haben,
die Meer- und Seeforelle voneinander getrennt zu halten. Der Kopf der Meer-
forelle ist im Vergleich zu dem gedrungenen fast cylindrischen Körper nur
klein zu nennen. Ihr Maul zeigt sich nicht weiter als bis unter die Augen ge-
a. b.
Vomerknochen einer alten
Meerforelle mit Zahnlücken.
a. von unten gesehen,
b. von der Seite gesehen.
spalten. Die Schuppen der Meerforelle sind grösser
als die der Seeforelle, dagegen sind ihre Zähne
schwächer als die der letztern. Ferner gehen die
Vomerzähne an der Meerforelle früher verloren als
an der Seeforelle, was auch an dem von Valencien-
nes dargestellten Gaumen seines Fario argenteus an-
gedeutet ist. Ich habe bei 14 Zoll langen Meer-
forellen der Ostsee einen grossen Theil der hinte-
ren Vomerzähne schon nicht mehr angetroffen.
Die paarigen Flossen der Meerforellen stimmen
in ihrer zugespitzten Form ziemlich mit denen der
Seeforelle überein, sind aber nicht so lang ausge-
zogen. Die Schwanzflosse, welche bei jungen Meer-
forellen ebenfalls gabelig und spitz ausgeschnitten
ist, verliert diesen Ausschnitt viel früher als die
Schwanzflosse des gemeinen Lachses. Ich sah bei
14 bis 17 Zoll langen Meerforellen der Ostsee den
Ausschnitt der Schwanzflosse nur noch seicht vor-
[316]Familie: Salmonoidei.
handen, und bei 18 bis 19 Zoll langen Individuen die Schwanzflosse schon
fast gerade abgestutzt, während bei gleich langen Individuen von T. Salar
die Schwanzflosse einen noch ganz tiefen Ausschnitt besass.
In der Färbung erinnert die Meerforelle an die sterile Seeforelle. Ihr
blaugrauer Rücken sowie ihre silberigen Seiten sind nur mit wenigen schwar-
zen Flecken besetzt und zuweilen ganz ungefleckt; da auch die ganze Unter-
seite dieses Fisches silberweiss gefärbt ist, so wird derselbe an der Ostsee
gewöhnlich »Silberlachs« genannt. Die paarigen Flossen nebst der Afterflosse
zeigen sich farblos, bei älteren Individuen färben sich aber die Brustflossen
allmählich grau. Von der dunkelgrauen Rücken- und Schwanzflosse ist nur
die erstere mit einzelnen wenigen schwarzen Flecken besetzt.
So lange die jungen Meerforellen noch nicht fortpflanzungsfähig gewor-
den sind, erscheinen ihre Flossen weingelb gefärbt, auch zeigen sich an den
Körperseiten verschiedene orangengelbe Flecke, wodurch diese Fische an die
gemeine Forelle erinnern. In diesem Jugendkleide hat Jardine1) die Meerfo-
relle sehr schön abgebildet. Die Meerforelle in ihren verschiedenen Kleidern
hat ebenfalls wie der gemeine Lachs das Schicksal gehabt, verkannt zu wer-
den; sie erhielt namentlich in England in ihren verschiedenen Entwicklungs-
zuständen besondere Namen, wodurch mancherlei Verwechslungen hervorge-
rufen wurden. Auch hierüber hat Shaw2) mit Hülfe der künstlichen Befruch-
tung zuverlässige Beobachtungen angestellt und das gehörige Licht verbreitet,
indem er aus den Embryonen der Meerforelle bei dem allmählichen Wachs-
thum derselben die eine Form dieser für besondere Arten gehaltenen
Alterszustände in die andere übergehen sah. Auch von Bloch ist die
Meerforelle in ihrem Jugendzustande und Jugendkleide, wie es scheint,
verkannt worden, indem derselbe (a. a. O.) jugendliche Meerforellen als
eine besondere Salmoneer-Art unter dem Namen Salmo Goedenii beschrieben
und abgebildet hat, wenigstens erkannte ich, wie ich bereits (s. oben pag.
288) erwähnt habe, in einem als S. Goedenii bezeichneten kleinen Sal-
moneer, der im zoologischen Cabinete zu Königsberg aufbewahrt wird, eine
junge Trutta Trutta. Freilich enthielt ein zweites Glas mit der Aufschrift: Salmo
Goedenii in derselben Sammlung etwas ganz anderes, nämlich eine ausge-
bleichte Forelle. Da auch von Yarrell3)Bloch’s Salmo Goedenii zu Salmo Fa-
rio citirt worden ist, und Agassiz4) denselben Fisch für einen jungen Salmo
Salar erklärt hat, so geht jedenfalls hieraus hervor, dass Bloch’s Salmo Goe-
denii, der so vielen verschiedenen Deutungen unterlegen ist, gewiss keine
[317]Gattung: Trutta.
scharf ausgeprägte Salmoneer-Form gewesen sein konnte1). Um über das
wahre Wesen dieses verkannten Salmo Goedenii näheren Aufschluss zu erhal-
ten, benutzte ich die Gelegenheit, einen in dem Berliner zoologischen Cabinete
unter jenem Namen aufbewahrten Salmoneer, der von der Sammlung Bloch’s
herzurühren und mithin ein Original-Exemplar seines Salmo Goedenii zu sein
schien. Wie erstaunte ich aber, in diesem Salmoneer nach der Zeichnung und
Färbung des Leibes, nach der Bezahnung und Form des Vomer ein sehr ausge-
bleichtes Exemplar von Salmo salvelinus zu erkennen. Da Bloch ausdrück-
lich angiebt, dass er diesen Salmo Goedenii unter dem Namen »Seeforelle«
verschiedene Male aus der Ostsee erhalten habe und Salvelinen in der See
nicht vorkommen, so muss eine Verwechslung des Objects hier Statt gefun-
den haben2), was ich um so eher zu glauben geneigt bin, weil Bloch die
Rückenflosse seines Salmo Goedenii als mit braunen Flecken besetzt dargestellt
hat, und von diesen Flecken auch nicht eine Spur an der Rückenflosse jener
Seeforelle, welche von Bloch herrühren soll, wahrgenommen werden konnte.
Auf der anderen Seite muss es auch wieder auffallen, dass Bloch selbst
(a. a. O. pag. 156) sagte, die im Marsigli auf der 29ten Tafel unter Fig. 1
befindliche Zeichnung, welche einen Saibling darstellt, möchte er auf seinen
Salmo Goedenii beziehen.
In dem Wachsthume erreicht die Meerforelle nicht ganz den gemeinen
Lachs, indem dieselbe gewöhnlich eine Schwere von 10 Pfund erlangt und
nur selten bis zu einer Schwere von 25 bis 30 Pfund heranwächst.
In ihrer Verbreitung und Fortpflanzungsweise dagegen stimmt die Meer-
forelle so ziemlich mit dem gemeinen Lachse überein. Auch sie muss als Be-
wohnerin der Nord- und Ostsee, um zu laichen, die Mündungen der grösse-
ren Flüsse aufsuchen, in welche sie jedoch nicht so hoch hinaufwandert wie
der Lachs, daher dieselbe im Mittelrhein und in dessen Nebenflüssen, z. B.
im Main nur als grosse Seltenheit gekannt ist; bis in schweizerische Neben-
flüsse des Mittelrheins scheint die wandernde Meerforelle gar nicht zu ge-
langen. Ich berufe mich hier auf das Zeugniss des Ichthyologen Hartmann,
welcher (Nr. 38 b: pag. 110) die Seeforelle und Meerforelle gut unterscheidet
[318]Familie: Salmonoidei.
und das Vorkommen der letzteren in der Schweiz bezweifelt. Die Seiten-
flüsse des Niederrheins dagegen steigt die Meerforelle ziemlich weit hinauf,
denn Holandre (Nr. 56 a: pag. 325) meldet in seiner Moselfauna von der
Meerforelle, dass sie in der Umgegend von Metz sehr selten sei, während
Schaefer (Nr. 59: pag. 319) mittheilt, dass die Meerforelle (Salmo Trutta) in
der Mosel bei Trier oft gefangen werde. In der Weser und Elbe scheint die
Meerforelle nicht so weit wie der Lachs hinaufzuwandern, da dieser Fisch in
den Quellen-Gebieten der Fulda, Werra und Elbe nicht gekannt ist, die Meer-
forelle der Ostsee soll dagegen nach den Mittheilungen Heinrich’s (Nr. 89:
pag. 23) mit dem Lachs bis zu den oberen Gewässern der Oder und Weichsel
hinaufsteigen.
Die Meerforelle verlässt, um zu laichen, etwas später als der gemeine
Lachs das Meer, indem ihre Brunstzeit auch etwas später eintritt. Es hat die
Meerforelle, wie der Lachs, zur Reifung der Fortpflanzungsorgane eines län-
geren Aufenthalts im fliessenden süssen Wasser nöthig, daher dieselbe eben-
falls mehrere Monate vom Sommer bis zum Spätherbst in den Flüssen
verweilt.
Nach den verschiedenen Formen von Meerforellen zu urtheilen, die ich
aus dem Oder- und Frischen Haff, aus der Ostsee, von Schleswig und Island
erhalten habe, ist in mir die Vermuthung rege geworden, dass auch unter
den Meerforellen sterile Individuen vorkommen. Schon die Angabe Bloch’s
(a. a. O. pag. 157), dass der Silberlachs (Salmo Schiffermülleri) sowohl in der
Ostsee als auch in verschiedenen Landseen Oestreichs vorkommen soll, erregt
den Verdacht, dass die von Goeden unter dem Namen »Silberlachs« aus der
Ostsee an Bloch eingesendeten Salmoneer sterile Meerforellen waren, welche
durch ihre silberhelle Farbe, durch ihre tief ausgeschnittene Schwanzflosse
und durch ihre leicht abfallenden Schuppen mit dem östreichischen Mailachs
eine gewisse Aehnlichkeit gehabt haben und deshalb von Bloch mit letzterem
zu einer Art vereinigt worden sind. Eine Mittheilung Home’s1), nach welcher
kleine Meerforellen, welche in England »Silver-Whites« genannt werden, un-
gemein leicht ihre silberglänzenden Schuppen bei der Berührung fahren las-
sen, erinnert ebenfalls an eine sterile Form der Trutta Trutta. Noch eine an-
dere Mittheilung, die mir von verschiedenen Seiten bei meinem Aufenthalte
an der preussischen Ostseeküste gemacht wurde, weist auf das Vorhanden-
sein von sterilen Meerforellen hin. Es soll nämlich in der Ostsee eine Art
Seelachs oder Silberlachs geben, welcher »unechter Lachs« oder »Strandlachs«
genannt wird, und weder in die Haffe noch in die Weichsel oder Memel
eintritt, derselbe soll im ersten Frühjahre (im Mai) am Strande erscheinen und
längs der Küste hinziehen. Von diesem Strandlachse behaupten die Fischer,
[319]Gattung: Trutta.
dass er im Meere laiche, obgleich sie dessen Laich oder Brut niemals aufge-
funden haben. Nur wenn durch anhaltende Seewinde eine starke Meeres-
strömung in die Haffe hinein Statt findet, tritt mit dem Seewasser auch dieser
Strandlachs in die Haffe ein. Eine nähere Untersuchung dieses Strandlachses
wird denselben höchst wahrscheinlich als die sterile Form von Trutta Trutta
oder Trutta Salar erkennen lassen.
4. Art. T. Fario Lin. Forelle.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 155. Taf. 8. Waldt-Forell.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 12. n. 4, Descr. spec. pisc. pag. 51. n. 4, Syn. nom. pisc.
pag. 23. n. 3.
Linné Nr. 2: pag. 509. n. 4. Salmo Fario.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 148. Taf. 22 u. pag. 157. Taf. 23. Salmo Fario, Teichforelle,
Wald- oder Steinforelle, ferner Th. III. pag. 158. Taf 104. Salmo alpinus, Alp-
forelle.
Siemssen Nr. 79: pag. 54. Salmo Fario, Steinforelle.
Schrank Nr. 23 a: pag. 320. n. 293 u. n. 294. Salmo saxatilis u. Fario, Steinforelle,
Teichforelle.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 113. Salmo Fario u. alpinus, Bachforelle, Alpforelle.
Gloger Nr. 88: pag. 72. n. 7. Salmo Fario, Forelle.
Bujack Nr. 97: pag. 319. Salmo Fario, Forelle.
Agassiz Nr. 9: Tab. III. IIIa. IIIb. IV. IVb. V. Salmo Fario, Bachforelle, Flussforelle.
Bergforelle, Steinforelle, Goldforelle, Weissforelle, Schwarzforelle.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 221. Salmo Fario.
Krøyer Nr. 82: Bd. II. pag. 625. Salmo Fario.
Valenciennes Nr. 5: T. XXI. pag. 319. Pl. 618. Salar Ausonii.
Günther Nr. 47: pag. 113. Salmo Fario, Forelle.
Leiblein Nr. 51: pag. 116. Salmo Fario, Forelle.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 248. Fig. 138. Salar Ausonii, Forelle.
Fritsch Nr. 75: pag. 204. Salar Ausonii, Forelle.
Artcharakter:Körper gedrungen und mehr oder weniger seitlich
zusammengedrückt; Schnauze kurz und sehr abgestumpft;
die vordere kurze Vomerplatte dreieckig, am queren Hinter-
rande mit 3 bis 4 Zähnen besetzt, der sehr lange Vomerstiel
auf der seicht ausgehöhlten Gaumenfläche mit doppelreihi-
gen, sehr starken Zähnen besetzt. (Der olivengrüne Rücken
und die gelbgrünen Seiten mit mehr oder weniger schwar-
zen Flecken besetzt, zwischen welchen verschiedene oran-
genrothe, zuweilen bläulich umrandete Flecken eingestreut
sind; Unterseite mit messinggelbem Glanze.)
D 3—4/9—10, P. 1/12, V. 1/8, A. 3/7—8, C. 19.
[320]Familie: Salmonoidei.
Von allen bezahnten Salmoneern besitzt die Forelle die gedrungenste Ge-
stalt, welche sie trotz ihrer grossen Neigung, die verschiedenartigsten Varie-
täten zu bilden, stets beibehält. Die fruchtbaren Forellen erhalten zur Zeit
der Brunst einen nach den Seiten hin etwas mehr gewölbteren Rücken, ma-
gern aber bei dem Laichgeschäfte so ab, dass ihr ganzer Leib kurz nachher
bis zur Schmächtigkeit seitlich zusammengedrückt erscheint. An dem grossen
Kopfe der fruchtbaren Forellen zeigt sich die Schnauze der Milchner etwas
mehr in die Länge gestreckt, bei jüngeren Milchnern ist der Haken am Kinn
nur wenig angedeutet, aber auch bei den älteren Individuen erreicht der Kinn-
haken keinen so hohen Grad der Entwicklung wie bei anderen Lachsarten.
Das bis hinter die Augen gespaltene Maul enthält derb entwickelte Zähne, von
denen die auf der hinteren Vomerplatte angebrachten Zähne eine vollständige
Doppelreihe bilden, welche bis ins höhere Alter der Forellen den Vomerstiel
in ihrer Vollständigkeit besetzt halten. Nur bei sehr wenigen Individuen be-
ginnt vorn die doppelte Zahnreihe des Vomerstiels mit ein Paar einzeln stehen-
den Zähnen.
Die Bauch- und Brustflossen der Forellen sind im Vergleich zu den paa-
rigen Flossen der übrigen bisher betrachteten Trutta-Arten am wenigsten in
die Länge gezogen, sie sind vielmehr in die Breite gestreckt und abgerundet.
Der Ausschnitt an der Schwanzflosse jüngerer Forellen erscheint auffallend
seicht und verliert sich überdies um vieles früher als bei den jungen Seelach-
sen. An Forellen von 12 Zoll Länge lässt sich kaum noch ein Ausschnitt der
Schwanzflosse erkennen, und bei noch grösseren Individuen erscheint die
Schwanzflosse senkrecht abgeschnitten oder sogar etwas convex abgerundet.
Die Rückenfarbe der Forellen ist gewöhnlich olivengrün, welche Farbe je
nach dem Aufenthaltsorte, nach dem Lichteinflusse und nach der Jahreszeit
bald heller bald dunkler auftritt. Die Seiten des Leibes schimmern messing-
gelb, welche Färbung sich bis zum Bauche herabzieht. Kopf, Rücken und
Seiten sind mit schwarzen, runden Flecken oder Punkten besetzt, zwischen
welchen an den Seiten hellrothe, runde Flecke eingestreut sind, die zuweilen
einen hellblauen Hof besitzen. Die paarigen Flossen und die Afterflosse zei-
gen stets eine weingelbe Färbung, die aber häufig durch schwarze Pigmen-
tirung bald mehr, bald weniger getrübt sein kann. An den Bauchflossen und
der Afterflosse fällt der Vorderrand oft durch eine milchweisse Färbung auf.
Die dunkle Rückenflosse trägt viele schwarze Flecke, denen oft auch rothe
Flecke beigemengt sind; auch die Fettflosse ist meistens mit schön rother
Farbe geschmückt; zuweilen erscheint auch die dunkle Schwanzflosse schwarz
und roth gefleckt. Die schwarzen und rothen Flecke der Forellen variiren in
Zahl und Anordnung ausserordentlich; es können an einzelnen Individuen
die schwarzen Flecke, an anderen die rothen Flecke sogar gänzlich ver-
schwunden sein. Die messinggelbe Farbe des Leibes kann sich mehr oder
[321]Gattung: Trutta.
weniger verloren haben oder in einem herrlichen Glanze über den ganzen
Körper ausbreiten, während bei anderen Individuen eine gleichmässige
schwarze Pigmentirung die ganze Körperoberfläche überzieht. Für alle diese
verschieden gefärbten und gezeichneten Forellen hat das Volk eben so verschie-
dene Namen ausgedacht, nämlich die Bezeichnungen: Bachforelle, Bergfo-
relle, Alpenforelle, Steinforelle, Waldforelle, Weissforelle, Goldforelle,
Schwarzforelle u. s. w. Auch das Fleisch der Forellen ist je nach den ver-
schiedenen Wohnorten und Geschlechtsverhältnissen in seiner Färbung sehr
wandelbar und kann von einer intensiven Rosenfarbe bis zur Farblosigkeit
variiren. Sehr oft sind mir in den Alpen Forellenformen zu Gesicht gekom-
men, an deren Haut der messinggelbe Glanz völlig verschwunden war und
einem weissen Silberglanze Platz gemacht hatte; solchen verfärbten Forellen
gegenüber habe ich mir die Frage nicht vorenthalten können, ob diese ab-
weichende Färbung nicht unter dem Einflusse von Seeforellen durch Ba-
stardirung zu Stande gekommen sein sollte.
Unter den Forellen kommen sterile Formen häufig vor, welche niemals
laichen und deren innere Geschlechtsorgane zwar deutlich als Hoden und Eier-
stöcke vorhanden sind, aber im Zustande der Unreife verharren; zu jeder Zeit
des Jahres zeigen sich die Eier in den Ovarien solcher Forellen niemals grösser
wie Hirsekörner, auch sieht man es den Eierstöcken an, dass sie niemals reife
Eier von sich gegeben haben. Aufmerksame Fischer kennen solche sterile
Forellen sehr gut und rühmen an ihnen, dass sie ein viel zarteres Fleisch be-
sitzen, als die fruchtbaren Forellen; um so mehr ist es zu verwundern, dass
dieselben den Ichthyologen bisher gänzlich entgangen sind. Es lassen sich die
sterilen Forellen von den fruchtbaren Forellen auch ausser der Laichzeit der
letzteren durch folgende Merkmale unterscheiden: der Körper ist kürzer, der
Rücken an den Seiten herab gewölbter, und die Flossen sind weniger breit
und werden von schwächeren Strahlen gestützt, das weniger weite Maul ist
nur bis unter die Augen und nie bis über die Augen hinaus gespalten; der
Kopf der sterilen Forellen ist klein und steht mit dem gedrungenen dicken Kör-
per in keinem rechten Verhältnisse, indem die Kieferknochen, die Knochen
des Kiemendeckel-Apparats, sowie die Augen im Wachsthum zurückgeblieben
zu sein scheinen. An den männlichen sterilen Forellen wächst der Kinnwin-
kel niemals stärker aus und giebt daher keinen Geschlechtsunterschied ab,
ferner zeigt sich die Hautbedeckung und Beschuppung Jahr aus Jahr ein un-
verändert, auch bleibt die Urogenital-Papille stets in der hinter dem After
gelegenen Grube verborgen, indem die Seitenränder der letzteren niemals
durch die angeschwollene und sich aus der Tiefe erhebende Papille ausein-
andergetrieben wird. In der Färbung und Zeichnung habe ich an den frucht-
baren und sterilen Forellen keinen auffallenden Unterschied wahrnehmen
können.
v. Siebold, Fische. 21
[322]Familie: Salmonoidel.
Da sich die Forellen am liebsten in kleineren schnell fliessenden Bächen
aufhalten und dabei sich oft mit sehr wenigem Wasser begnügen, so ist die
Grösse, zu welcher dieselben in den verschiedenen Gewässern heranwachsen,
ebenfalls eine sehr verschiedene. In den kleineren, reissenden aber zugleich
nahrungsarmen Gebirgsbächen erreichen sie kaum die Grösse von 12 bis
15 Zoll und kaum das Gewicht von 1 bis 1½ Pfund, während sie in grösseren
Gewässern, sowie in Seen und Teichen bei reichlichem Futter einen um vieles
grösseren Umfang erhalten und zuweilen sogar ein Gewicht von 15 bis
20 Pfund annehmen können. Solche ungewöhnlich grosse Forellen werden
von den Fischern sehr gern für Lachsforellen ausgegeben, was leicht zu Ver-
wechslungen und Missverständnissen Veranlassung geben kann.
Das Vorkommen der Forelle ist ein sehr ausgebreitetes; sie findet sich
fast in allen klaren, schnell fliessenden Bächen und kleineren Flüssen aller
mitteleuropäischen Wasser-Gebiete, sie kömmt aber auch in grösseren Flüssen
und in Seen hier und da vor, scheint jedoch in diese Gewässer nur durch Zu-
fall oder Verirrung gelangt zu sein.
Die Fortpflanzungsthätigkeit der Forellen, welche in der Mitte des Octo-
bers beginnt und sich unter gewissen Verhältnissen bis in den December hin-
ziehen kann, kömmt schon in frühem Alter zur Aeusserung, indem die meisten
Forellen bereits im Stande sind, mit 9 bis 10 Zoll Länge und mit ⅓ Pfund
Schwere das Laichgeschäft zu vollziehen. Welchen Einfluss der Aufenthalts-
ort auf die Entwicklung der Geschlechtsthätigkeit bei den Forellen ausübt,
zeigt die Alp- oder Steinforelle, welche als Bewohnerin der Alpenbäche
im December, ja in manchen Fällen erst im Januar laicht, während die ge-
meine, ausserhalb der Alpen lebende Bachforelle schon mit Anfang November
das Laichgeschäft beginnt.
Während der Laichzeit machen sich ausser der starken Anschwellung der
Urogenital-Papille auch eigenthümliche Hautveränderungen an den Forellen,
und zwar an den Milchnern und Rognern sehr bemerkbar. Die Schuppen der
männlichen Forellen, zumal auf dem Rücken und am Bauche, werden von
einer schwartigen Hautwucherung gänzlich überwachsen; eine ähnliche
Hautschwarte überzieht die Basis und den Vorderrand der Afterflosse, sowie
den Ober- und Unterrand der Schwanzflosse. Diese schwartige Verdickung
der After- und Schwanzflosse lässt sich auch an den laichenden Forellen-
weibchen wahrnehmen, während deren Schuppen nur zum Theil von der
Basis der Schuppentaschen aus mit einer schwächeren Hautwucherung über-
wachsen sind. Durch die Verdickung der genannten Flossen werden gewiss
die laichenden Forellen befähigt, mit ihrem Schwanze sehr kräftig um sich
zu schlagen und so den steinigen Grund ihrer Laichplätze zur Bergung der
erbsengrossen Eier auszuhöhlen.
Von diesen laichenden Forellen stechen die sterilen Forellen, wenn man
[323]Gattung: Trutta.
sie in gleicher Grösse gegeneinander hält, nicht bloss durch die geringere
Entwicklung der Flossen, sowie durch die magere und zurückgezogene Uro-
genital-Papille ab, sie unterscheiden sich auch noch besonders durch die
scheinbar grösseren Schuppen, weil die letzteren von keiner Hautwucherung
überdeckt werden, und durch die nur schwach entwickelten Strahlenmus-
keln, welche in der Basis der Afterflosse versteckt sich durch die allgemeine
Hautbedeckung hindurch in keiner Weise bemerkbar machen, während die-
selben Muskeln bei den fruchtbaren Forellen sehr fleischig entwickelt sind und
ihre Anwesenheit dadurch verrathen, dass sie die allgemeine Hautbedeckung
an der Basis der Afterflosse zu einem länglichen Hautwulste erheben, der an
den nach vollendetem Laichgeschäfte sehr stark abgemagerten Individuen
ganz besonders auffällt.
Ich kann die Familie der Salmoneer nicht verlassen, ohne noch einmal
darauf hinzuweisen, dass die Abgrenzung der einzelnen hieher gehörigen Ar-
ten zu den schwierigsten Aufgaben der Ichthyologen gehört. Wir können uns
daher nicht wundern, wenn selbst ausgezeichnete Zoologen in dieser Be-
ziehung ihre Ansichten wechselten und bald eine geringere, bald eine grössere
Anzahl von Salmoneer-Arten aufstellten. Indem ich mich zu der Ansicht hin-
neige, dass die wenigen in Europa einheimischen Salmoneer-Arten je nach
ihrer verschiedenen geographischen Vertheilung ausserordentlich variiren,
muss ich bekennen, dass Agassiz gewiss der Wahrheit sehr nahe getreten
war, als er1) im Jahre 1835 den Satz aussprach, dass die bezahnten Salmo-
neer des europäischen Continents, von denen jedes Land Europa’s besondere
Arten besitzen sollte, zu vielen localen Varietäten abänderten und sich nur
auf die folgenden sechs Arten beschränkten, nämlich auf S. Umbla, S. Fario,
S. Trutta, S. lacustris, S. Salar, S. Hucho. Wie ich bereits gezeigt habe, ist
Agassiz von dieser Specieseintheilung später wieder abgewichen, indem er
von dem Seelachs (S. lacustris) eine zweite Art abtrennte.
In noch auffallenderer Weise hat Nilsson seine Ansicht über die schwe-
dischen Salmoneer dreimal gewechselt. Nachdem derselbe2) im Jahre 1832
zwölf in Schweden einheimische Arten der Gattung Salmo beschrieben hatte,
überzeugte sich derselbe3) durch seine späteren Untersuchungen, dass alle
21*
[324]Familie: Salmonoidei.
für jene zwölf Arten aufgestellten Charaktere sich in einem hohen Grade ver-
änderlich zeigten, und fühlte sich sogar versucht, es in Frage zu stellen, ob
es in Schweden mehr als die zwei Species von Lachsfischen S. Trutta und
S. Salvelinus gebe, entschloss sich aber zuletzt die fünf als am meisten geson-
derten und am wenigsten in einander übergehenden Arten, nämlich: S. Salar,
S. Eriox, S. Trutta (mit S. Fario), S. Salvelinus und S. carbonarius hin zu
stellen. Von dieser Eintheilung ist Nilsson im Jahre 1855 wieder abgewi-
chen, indem er in seiner schwedischen Fauna1) die zehn Arten: S. Salar,
S. Eriox, S. Ocla, S. Trutta, S. ferox, S. Fario, S. salvelinus, S. alpinus,
S. carbonarius und S. rutilus aufgenommen hat.
Die Widersprüche, welche über die Abgrenzung der europäischen Lachs-
arten unter den Ichthyologen bis heute noch bestehen, erregen jedenfalls den
Verdacht, dass die Lachsarten, namentlich die Lachsformen der nordeuropäi-
schen Gewässer, noch nicht klar erkannt worden sind. Ich bin aber über-
zeugt, dass in dieser schwierigen Sache durch die Berücksichtigung der ste-
rilen Formen der Lachsarten ein Schritt vorwärts geschehen könne, zu wel-
chem sich die englischen und skandinavischen Ichthyologen um so mehr auf-
gefordert fühlen dürften, als noch immer nicht das wahre Wesen der unter
dem Namen Salmo ErioxLin., Salmo OclaNils., Salmo TruttulaNils. be-
kannt gemachten Meerforellen gehörig aufgeklärt ist und noch immer ein
Zweifel darüber herrscht, in welcher Weise die als Salmo feroxJard. in das
System eingeführte Seeforelle der nordischen Gebirgsseen von der in den
mitteleuropäischen Alpenseen einheimischen Trutta lacustris zu unterschei-
den ist.
[325]Gattung: Esox.
Familie der Hechte,
Esocini.
Die Zwischenkiefer- und Oberkiefer-Knochen bilden den Rand der
Oberkinnlade; hinter der Rückenflosse keine Fettflosse; Kiemenspalten
weit und bis zur Kehle herabreichend; Magen ohne Blindsack; Darm-
anfang ohne Blinddärme; Schwimmblase einfach.
I. Gattung: Esox (nach Linné).
Gattungscharakter:Körper sehr gestreckt, Rückenflosse weit nach
hinten der Afterflosse gegenüberstehend; Kopf niederge-
drückt; Maul weit gespalten, oben am Gaumen mit vielen
Hechelzähnen, unten auf dem Unterkiefer mit einzelnen
grossen Zähnen.
1. Art. E. lucius Lin. Hecht.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 148. Taf. 4. Hecht.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 14. n. 1, Descr. spec. pisc. pag. 53. n. 1, Syn. nom. pisc.
pag. 26. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 516. n. 5. Esox Lucius.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 229. Taf. 32. Esox lucius, Hecht.
Schrank Nr. 23 a: pag. 326. n. 300. Esox lucius, Hecht.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 162. Esox lucius, Hecht.
Gloger Nr. 88: pag. 73. n. 10. Esox lucius, Hecht.
Bujack Nr. 97: pag. 328. Esox Lucius, Hecht.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 223. Esox lucius.
Valenciennes Nr. 5: T. XVIII. 1846. pag. 279. Esox lucius.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 236. Esox Lucius.
Günther Nr. 47: pag. 107. Esox lucius, Hecht.
Leiblein Nr. 51: pag. 117. Esox luc, us, Hecht.
Rapp Nr. 41: pag. 11. Esox lucius, Hecht.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 287. Fig. 157. Esox lucius, Hecht.
Fritsch Nr. 75: pag. 204. Esox lucius, Hecht.
[326]Familie: Esocini.
Artcharakter:Unterkiefer weit hervorstehend. (Rücken dunkel-
grau, Bauch weiss, Seiten gelb und olivengrün marmorirt.)
D. 7—8/13—15, P. 1/13, V. 1/8, A. 4—5/12—13, C. 19.
Der Hecht ist durch seinen langgestreckten, niedergedrückten Kopf und
durch seine eigenthümliche Rückenflossen-Stellung so kenntlich, dass eine
nähere Beschreibung desselben kaum nöthig erscheint. Die zahlreichen Zähne
seines weiten Maules sind sehr verschieden gebildet. Am oberen Theile des
Maules tragen die beiden Zwischenkiefer und Gaumenbeine viele hinterein-
anderstehende grössere Hechelzähne, während der Vomerknochen und das
Zungenbein mit feinen Bürstenzähnen ausgestattet sind und der Unterkiefer
derbe conische, nach rückwärts gebogene Zähne von ungleicher Grösse enthält.
Die Schuppen des Hechtes zeigen ein sehr auffallendes Verhalten, das
nach den bisher gelieferten Beschreibungen zu urtheilen von den Ichthyolo-
gen nicht ganz richtig aufgefasst worden ist. Die Schuppentaschen des Hechts
umfassen lose den grössten Theil der einzelnen Schuppen und sind nur mit
einer kleinen Fläche am Hinterrande derselben verwachsen, daher die Schup-
pen des Hechts, wenn diese Verbindungsstelle einreissen sollte, wegen des
zu engen Einrisses der Schuppentasche, nicht so leicht aus derselben heraus-
fallen können. Besonders auf dem Rücken des Hechts zeigen die mit dem
hinteren Schuppentheile verwachsenen Stellen der Schuppentasche einen so
geringen Umfang, dass dadurch die Rückenhaut mit diesen vertieften harten
Schuppenstellen ein gegittertes Ansehen erhält. Auch die Seitenlinien des
Hechts bieten eine besondere Abweichung dar, welche bisher ziemlich ausser
Acht gelassen wurde, was sich schon aus der Betrachtung der meisten von
den verschiedenen Ichthyologen gelieferten Abbildungen dieses Raubfisches
ergiebt, auf welchen die Seitenlinie wie bei den meisten übrigen beschupp-
ten Knochenfischen in gewöhnlicher, nicht abweichender Weise dargestellt
erscheint. Das Auffallende an den beiden Seitenlinien des Hechts ist aber,
dass nicht alle Schuppen, welche in den Verlauf der beiden Seitenlinien fal-
len, von den bekannten Canälen in ununterbrochener Reihenfolge hintereinan-
der durchbohrt sind, sondern dass in vielen kurzen und unregelmässigen
Zwischenräumen eine oder zwei Schuppen der Seitenlinie keinen Canal
besitzen. Für diesen Mangel so vieler canalisirter Schuppen innerhalb der
beiden Seitenlinien ist aber dem Hecht ein Ersatz gegeben, indem eine fast
gleich grosse Schuppenanzahl an anderen Stellen der Körperseiten, theils
oberhalb, theils unterhalb der beiden vielfach unterbrochenen Seitenlinien
mit ganz ähnlichen Canälen ausgestattet ist. Bloch hat auf seiner Abbil-
dung des Hechts die unterhalb der Seitenlinie zerstreuten canalisirten Schup-
pen ziemlich kenntlich angedeutet, die Seitenlinie aber selbst nicht unter-
brochen dargestellt. Ich muss noch bemerken, dass nur die canalisirten
[327]Gattung: Esox.
Schuppen des Hechts allein an ihrem Hinterrande einen tiefen Ausschnitt, alle
übrigen Schuppen desselben dagegen einen unversehrten Hinterrand besitzen.
Hieraus erklärt sich die zum Theil richtige, zum Theil unrichtige Angabe,
welche Heckel und Kner1) über die Beschaffenheit der Hechtschuppen in
folgender Weise gemacht haben: »Die Schuppen sind zwar ganzrandig, die
meisten aber von den am Rücken und an den Seiten liegenden, durch eine
tiefe längliche Furche getheilt, als wären sie gleich jenen der Seitenlinie von
einem Porencanale durchzogen«. — »Die Seitenlinie verläuft parallel dem
Rücken und ihm um ⅓ näher als dem Bauchrande, sie ist zwar deutlich, aber
nicht stark markirt«. Richtiger finde ich diese Organisationsverhältnisse in
dem schönen schwedischen Fischwerke2) aufgefasst, indem es hier heisst:
»Linea lateralis recta, dorso propior, squamis apice fissis notata, rarius tamen
squamis apicibus integris interrupta. Ad lineam lateralem utrimque adest
series squamarum, formam lineae lateralis fere referens, paululum tamen va-
riabilis«. In ähnlicher Weise hat auch Richardson3) vom gemeinen Hechte die
unterbrochene Seitenlinie mit den ober- und unterhalb derselben ange-
brachten Nebenseitenlinien beschrieben; um so mehr muss es auffallen, dass
Valenciennes4) von demselben Hechte angiebt, dass jede seiner Schuppen
hinten ganzrandig sei.
In Farbe und Zeichnung variirt der gemeine Hecht ausserordentlich. Sein
Rücken erscheint immer schwärzlich, die Seiten desselben besitzen auf gelb-
lichem Grunde schwärzliche oder olivengrüne Pigmentirung, theils in Form
von Marmorflecken, theils in Form von Querbändern. Sein weisser Bauch ist
bald mehr bald weniger grau punctirt. Die rothgelben Brust- und Bauch-
flossen sind häufig grau angeflogen. Die unpaarigen Flossen tragen auf roth-
braunem Grunde mehr oder weniger ausgebreitete unregelmässige, schwarze
Flecke.
Der gemeine Hecht kann zu einer ungeheuren Grösse heranwachsen,
Hechte bis zu 25 Pfund Gewicht sind keine Seltenheit.
Das Vorkommen desselben ist ein sehr verbreitetes, indem er sowohl in
allen grösseren und kleineren Flüssen, sowie in den meisten grösseren und
kleineren Seen Mitteleuropa’s anzutreffen ist, doch schlägt er im Allgemeinen
seinen Wohnsitz lieber in stehenden als in fliessenden Gewässern auf, wo er
[328]Familie: Clupeoidei.
durch seine Gefrässigkeit zum Verdrusse der Fischer unter den übrigen Fi-
schen oft grosse Verheerungen anrichtet. Seine Verbreitung in den verschie-
denen Seen Bayerns, mit Ausnahme der höchsten Alpenseen, ist eine so all-
gemeine, dass ich nur den Schliersee und den Hintersee mit Bestimmtheit
als solche bezeichnen kann, in welchen der Hecht gänzlich fehlt.
Die Laichzeit des Hechtes fällt in die Monate April und Mai, während wel-
cher Zeit dieser Fisch die seichteren, mit Schilf und Binsen bewachsenen
Uferstellen der Gewässer aufsucht, um zwischen den genannten Pflanzen sei-
nen Laich auszustreifen und abzusetzen.
Familie der Häringe,
Clupeoidei.
Die Zwischenkiefer- und Oberkiefer-Knochen bilden den Rand der
Oberkinnlade; hinter der Rückenflosse keine Fettflosse; die sehr wei-
ten Kiemenspalten reichen bis zur Kehle; Schuppen gross, dünn und
sehr leicht abfallend; der Magen mit Blindsack; der Darmanfang mit
Blinddärmen; die Schwimmblase einfach.
I. Gattung: Alosa (nach Cuvier).
Gattungscharakter:Die Zwischenkiefer in der Mittellinie durch
einen tiefen Ausschnitt von einander getrennt; die Zwi-
schen- und Oberkiefer mit sehr feinen, spitzen und leicht
abfallenden Zähnen besetzt, Unterkiefer, Vomer, Gaumen-
beine und Zungenbein ohne Zähne; der seitlich zusammen-
gedrückte Leib mit schneidender und sägeförmig gezäh-
nelter Bauchkante.
1. Art. A. vulgaris Cuv. Maifisch.
Syn. u. Citate.
Schonevelde Nr. 81: pag. 13. Alosa, Meyfisch, Alsen (zum Theil).
Baldner Nr. 42: pag. 160. Taf. 11. Meyfisch, Eltzen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 7. n. 3, Descript. spec. pisc. pag. 34. n. 3, Syn. nom. pisc.
pag. 15. n. 2 (zum Theil).
[329]Gattung: Alosa.
Linné Nr. 2: pag. 523. n. 3. Clupea Alosa (zum Theil).
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 209. Clupea Alosa, Alse (zum Theil).
Hartmann Nr. 38 b: pag. 169. Clupea Alosa, Alse.
Cuvier: Règne animal. T. II. 1829. pag. 319. l’Alose proprement dite.
Yarrell: History of british fishes: II. 1841. pag. 213. Alosa communis.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 220. n. 38. Alosa vulgaris.
Schaefer Nr. 59: pag. 321. Alosa vulgaris, Maifisch, Mutterhäring.
Valenciennes Nr. 5: T. XX. 1847. pag. 394. Pl. 604. Alosa vulgaris (zum Theil).
Troschel in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. 1852. Bd. 1. pag. 228, und Lehrbuch
der Zoologie. 1859. pag. 229. Alausa vulgaris, Maifisch.
Günther Nr. 47: pag. 121. Clupea Alosa, Maifisch.
Leiblein Nr. 51: pag. 117. Alosa vulgaris, Maifisch.
Kirschbaum Nr. 54: pag. 8 u. 23. Alausa vulgaris, Maifisch.
Fritsch Nr. 75: pag. 203. Alausa vulgaris, Alse. (?)
Artcharakter:Die Augen werden von einem knorpelartigen halb-
mondförmigen vorderen und hinteren Augenlide theilweise
bedeckt; die Mundspalte reicht fast bis hinter die Augen;
die Kiemenbögen sind an ihrer concaven Seite mit sehr vie-
len dichtstehenden langen und dünnen Lamellen besetzt.
(Dicht hinter der Kiemenspalte, auf der Schulter, ein ver-
wischter dunkler Fleck.)
D. 4—5/15—16, P. 1/14—15, V. 1/8, A. 3/20—24, C. 19.
Der Maisisch wird nicht leicht mit einem anderen unserer Süsswasser-
fische verwechselt werden, indem er als naher Verwandter des Härings nicht
zu verkennen ist. Sein Körper ist seitlich zusammengedrückt, sein Vorder-
und Mittelleib kann im Vergleich zu seinem mehr gestreckten Schwanzende
als hoch bezeichnet werden. Die Kiefer sind besonders stark seitlich zusam-
mengedrückt. Das Kinn ragt bei geschlossenem Maule ziemlich weit hervor.
Die Ränder der Zwischen- und Oberkiefer besitzen nur im jüngeren Alter
dieses Fisches eine äusserst feine Bezahnung, die allmählich verloren geht,
so dass bei älteren Maifischen die genannten Knochen gleich den übrigen die
Mundhöhle umschliessenden Knochen zahnlos erscheinen. Es darf aber die
Zahnlosigkeit, auf welche Cuvier1) als Artcharakter seiner Clupea Alosa, zum
Unterschied seiner bezahnten Clupea Finta einen besonderen Werth legt, nur
als ein Zeichen des vorgerückten Alters des Maifisches betrachtet werden,
wie dies bereits Valenciennes2) sehr ausführlich auseinandergesetzt hat. Die
Artunterschiede des Maifisches und der Finte sind, wie dies Troschel (a. a. O.)
zuerst sehr genau auseinandergesetzt hat, hauptsächlich in den verschiedenen
Lamellen oder Dornen der Kiemenbögen ausgeprägt. Troschel zählte am
ersten Kiemenbogen 99 bis 118 lange, schlanke und dünne Lamellen, auf
[330]Familie: Clupeoidei.
dem zweiten Bogen zählte er 96 bis 112, auf dem dritten 74 bis 88 und auf
dem vierten Bogen 56 bis 65 Lamellen. Ausserdem wird die Schwimmblase
des Maifisches von Troschel als weit angegeben.
Ganz eigenthümlich verhalten sich zwei augenlidartige Membranen von
knorpeliger Beschaffenheit, welche von beiden Seiten die vordere Fläche der
Augäpfel bedecken. Beide Membranen sind halbmondförmig ausgeschnitten,
wodurch der mittlere Theil des Augapfels in Form eines verticalen oben und
unten zugespitzten Ovals frei und unbedeckt bleibt. Von diesem vorderen und
hinteren Augenlid, wenn man es so nennen darf, greift oben und unten eines
über das andere hinweg, auch setzt sich die Basis des vorderen Augenlides
über das Gesicht bis zu den Nasenlöchern fort, während das hintere Augen-
lid die Einlenkung des Kiemendeckel-Apparats überzieht.
Im Verhältniss zur Körpergrösse des Maifisches sind die paarigen Flossen
sehr kurz und die Rücken- und Afterflosse sehr niedrig. Die Schwanzflosse
ist dagegen ziemlich lang und wird durch einen sehr tiefen Einschnitt in zwei
ansehnliche Spitzen getheilt.
Die Schuppen, welche an diesem Fische sehr zahlreich vorhanden sind
und leicht abfallen, haben eine sehr verschiedene Grösse, von denen die
grössten die Seiten des Körpers einnehmen. Ihr Hinterrand ist meistens fein
und unregelmässig eingekerbt. An der Basis der Rücken- und Afterflosse
haben die Schuppen eine rautenförmige Gestalt angenommen und eine lange
und hohe Kante gebildet, wodurch eine Art Rinne entstanden ist, in welche
sich ein Theil der genannten Flossen verbergen kann. Von der Basis der
Schwanzflosse aus setzt sich die Beschuppung bis weit über die Hälfte auf
dieser Flosse fort. Die Schuppen sind hier aber sehr klein und länglich oval
und fehlen in der Mitte des Schwanzes gänzlich. Diese nackte Stelle wird
oben und unten durch eine ganz eigenthümliche, sehr lange Schuppe abge-
grenzt, welche genauer betrachtet, aus mehreren kleineren, dachziegelförmig
aneinanderklebenden Schuppen zusammengesetzt ist. Diese langen Schwanz-
schuppen, welche schon Valenciennes1) unter der Bezeichnung Ȏcailles imbri-
quées« erwähnt hat, sind von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 228) genauer
beschrieben und abgebildet worden2). Die Farbe des Rückens ist ein me-
tallisch glänzendes olivengrün; der Kiemendeckel-Apparat, sowie die Schuppen
[331]Gattung: Alosa.
der Körperseiten geben einen schönen Goldglanz von sich; der grosse dunkle
verwischte Schulterfleck am oberen Winkel der sehr weiten Kiemenspalten
besitzt einen olivengrünen Schimmer, ebenso die auf diesen folgenden drei
bis fünf kleineren Flecke, welche aber allmählich von vorn nach hinten an
Deutlichkeit abnehmen und bei älteren Individuen gänzlich verschwinden.
Das Fehlen oder Vorhandensein dieser Flecke also wie die fehlende oder vor-
handene Bezahnung der Kieferknochen ist nicht als Art-Unterschied sondern als
Alters-Unterschied aufzufassen. Die Flossen des Maifisches erscheinen durch
dunkelkörniges Pigment mehr oder weniger schwärzlich gefärbt.
Der Maifisch kann eine ansehnliche Grösse erreichen: Maifische von 2 Fuss
Länge und 2¾ Pfund Gewicht sind nichts ungewöhnliches, doch kommen
Individuen vor, welche 5 Pfund und darüber wiegen.
Alle Meere, welche die europäischen Küsten bespülen, werden, wie es
scheint, von dem Maifische bewohnt; derselbe ist zugleich Wanderfisch und be-
giebt sich im Frühjahre in die Flüsse, um in denselben zu laichen. Zu diesem
Zwecke wandert der Maifisch im Mai den Rhein hinauf bis Basel und Laufen-
burg und tritt auch in dessen Seitenflüsse, namentlich in den Main und Neckar
ein. Wegen seines regelmässigen Erscheinens im Mai hat dieser Fisch am
Rhein ziemlich allgemein den Namen »Maifisch« erhalten. Von diesem Fische
erzählt Baldner1), dass sie sich an der Oberfläche des Wassers versammeln,
wobei ihre Rückenflosse aus dem Wasser hervorragt und sie selbst ein sol-
ches Geräusch machen, als wäre eine Herde Schweine im Wasser. Auch
über das geräuschvolle Eintreten des Eltzelen (des Maifisches) aus dem Rhein
in die Birs bei Basel wird von einem Ungenannten2) ähnliches berichtet. Die
ziemlich ungenauen Angaben dieses Ungenannten sind übrigens die Veran-
lassung gewesen, dass Hartmann (s. oben pag. 127) den bei Basel unter dem
Namen »Aelzeln« oder »Elzer« bekannten Maifisch mit Abramis Vimba ver-
mengt hat. Obwohl die Faunisten über das Vorkommen des Maifisches im
Weser-Gebiet keine Nachricht gegeben haben, so habe ich in Münden und
Cassel aus dem Munde der Fischer wenigstens so viel in Erfahrung gebracht,
dass der Maifisch dort als Weser- und Fulda-Fisch gekannt ist, ohne dass
ich jedoch darüber Aufschluss hätte erhalten können, ob dieser Maifisch der
Alosa vulgaris oder der Alosa Finta angehört. An der Elbe und Saale fand
ich die Fischer ebenfalls mit dem Maifisch bekannt, konnte aber auch hier
aus Mangel an Objecten nicht erfahren, welche Alosa-Art die Fischer des
Elbe-Gebiets unter ihrem Maifisch verstehen. Nach den Beobachtungen der
Faunisten und Aeusserungen der Fischer scheinen die aus der Ostsee in die
[332]Familie: Clupeoidei.
Gewässer von Norddeutschland aufsteigenden Alosen der A. Finta anzugehören.
Da der Maifisch nach Heckel und Kner1), auch im schwarzen Meer (bei Odessa)
vorkommen soll, so muss es auffallen, dass nach den Angaben derselben
Wiener Ichthyologen2) dieser Wanderfisch bisher nur bis Pesth die Donau
hinaufgewandert ist. Ich kenne in der That kein Beispiel von Vorkommen
einer Alosa-Art in der mittleren und oberen Donau. Es bedarf hiernach das
Vorkommen von Alosa vulgaris in der unteren Donau noch einer genaueren
Bestätigung, zumal da weder Eichwald3) noch Nordmann4) diesen Fisch als
Bewohner des schwarzen Meeres aufführen, und Kessler5) denselben in sei-
nen Berichten über die Fische des südlichen Russlands ebenfalls unerwähnt
lässt, während er von der Clupea ponticaEichw. mehrfach angiebt, dass
dieser Wanderfisch alljährlich im Frühjahre sehr zahlreich aus dem schwar-
zen Meere den Dniester, Bug und Dnieper hinaufsteige.
2. Art. A. Finta Cuv. Finte.
Syn. u. Citate.
Schonevelde Nr. 81: pag. 13. Alosa, Meyfisch, Alsen (zum Theil).
Artedi Nr. 1: Syn. nom. pisc. pag. 5. n. 2. (zum Theil).
Linné Nr. 2: pag. 523. n. 3. Clupea Alosa (zum Theil).
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 209. Clupea Alosa, Alse.
Cuvier: Règne animal. T. II. pag. 320. Alosa Finta.
Bujack Nr. 97: pag. 326. Clupea Finta, Perpel.
Creplin Nr. 90: pag. 84. Clupea Alosa, Alose.
Yarrell: History of british fishes. II. 1841. pag. 208. Alosa Finta.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 220. n. 39. Alosa Finta.
Schaefer Nr. 59: pag. 322. Alosa Finta, Finte.
Valenciennes Nr. 5: T. XX. pag. 391. Alosa vulgaris (zum Theil).
Boll Nr. 80: pag. 145. Alausa vulgaris, Maifisch, Goldfisch, Alse.
Troschel in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. 1852. Bd. I. pag. 228, und Lehrbuch
der Zoologie. 1859. pag. 229. Alausa Finta, Finte.
Kirschbaum Nr. 54: pag. 8 u. 23. Alausa Finta, kleiner Maifisch, Finke.
Fritsch Nr. 75: pag. 203. Alausa vulgaris, Alse. (?)
Artcharakter:Die Augen werden von einem knorpelartigen halb-
mondförmigen vorderen und hinteren Augenlide theilweise
bedeckt; die Mundspalte reicht fast bis hinter die Augen;
[333]Gattung: Alosa.
die Kiemenbögen sind an ihrer concaven Seite mit nicht
sehr zahlreichen einzeln stehenden kurzen und dicken Fort-
sätzen besetzt. (Dicht hinter der Kiemenspalte auf der
Schulter ein verwischter dunkler Fleck, dem oft noch 5 bis
6 ähnliche Seitenflecke folgen.)
D. 4—5/15—16, P. 1/14—15, V. 1/8, A. 3/20—24, C. 19.
Erst seitdem Troschel (a. a. O.) durch genauere Untersuchungen der
von Cuvier auseinander gehaltenen Alosa vulgaris und Alosa Finta bestimmte
Charaktere für dieselben festgestellt hat, ist es möglich geworden, die Finte
von dem Maifisch sicher zu unterscheiden. Obwohl schon vorher verschie-
dene Ichthyologen und Faunisten nach Cuvier’s Schilderung diese beiden
Alosa-Arten von einander gesondert hatten, so konnte man sich auf diese An-
gaben nicht verlassen, weil weder die Bezahnung der Kiefer noch die Anwe-
senheit und Zahl der Seitenflecken, auf welche man die Unterschiede dieser
beiden Alosa-Arten gründen wollte, nach Troschel’s Erfahrung als specifische
Merkmale gelten können. Da Valenciennes (a. a. O.) auch an den Flossen, an
der Beschuppung und im inneren anatomischen Baue nicht den geringsten
Unterschied zwischen diesen beiden Alosen hatte auffinden können, so war
also ohne Troschel’s Untersuchungsmethode die Feststellung des Maifisches
und der Finte nicht möglich gewesen, deshalb muss ich befürchten, dass die
von mir aufgeführten Citate als Belege für die geographische Verbreitung der
beiden Alosa-Arten nicht ganz zuverlässig sind.
Gegen den Maifisch sticht die Finte durch die Zahl und Form der Bezah-
nung ihrer Kiemenbogen ausserordentlich ab, indem dieselbe auf dem ersten
und zweiten Bogen 39 bis 43 kurze und dicke Dornen trägt, welche auf dem
dritten Bogen nur in der Zahl von 33 bis 34 und auf dem vierten Bogen nur
in der Zahl von 23 bis 27 vorhanden sind. Auch die Schwimmblase fällt bei
der Finte durch ihre geringere Weite auf.
In Grösse und Gewicht steht die Finte dem Maifische bei weitem nach,
indem dieselbe nur die Länge von 16 Zoll und die Schwere von 2 Pfund er-
reichen kann.
Die Finte ist ebenfalls ein Wanderfisch und steigt, um zu laichen, aus
der Nord- und Ostsee die Flüsse hinauf. Diese Reise wird aber von der Finte
erst vier Wochen nach der Einwanderung des Maifisches angetreten.
Obwohl auch die Finten wie die Maifische bei diesen Wanderungen Gegen-
stand des Fischfangs sind, so werden doch die letzteren wegen ihrer Wohl-
genährtheit und Schmackhaftigkeit besonders geschätzt und die ersteren sogar
als übelriechend, mager und nicht wohlschmeckend verachtet. Hier möchte
ich aber doch die Frage aufwerfen, ob diese Verschiedenheit des Fleisches
der Finte und des Maifisches, auf welche Schaefer und Troschel besonders
[334]Familie: Acanthopsides.
aufmerksam gemacht haben, wirklich mit der specifischen Verschiedenheit
dieser beiden Fische zusammenhängt, oder nicht vielmehr durch individuelle
Verschiedenheiten dieser Thiere hervorgerufen wird. Es ist nämlich von den
Maifischen bekannt, dass sie während der Laichzeit ausserordentlich abma-
gern und nach beendigtem Fortpflanzungsgeschäft ganz abgemattet oder sogar
todt von dem Wasser stromabwärts getrieben werden1). Solche von den
Fischern aufgefangene im Absterben begriffene Alosen mögen freilich keine
angenehme Speise gewähren. Dergleichen abgemagerte Individuen dürften
aber ebensogut der Alosa vulgaris wie auch der Alosa Finta angehören.
Familie der Schmerlen,
Acanthopsides.
Die Zwischenkieferknochen bilden allein den Rand der Oberkinn-
lade; der Kopf bis zur engen Kiemenspalte von einer zusammenhän-
genden schuppenlosen Haut überzogen; Augen klein; der Suborbital-
knochen mit einem oder mehreren beweglichen Dornen bewaffnet; die
beiden unteren Schlundknochen mit schwachen Zähnen besetzt; die
Schwimmblase wenn vorhanden durch eine Einschnürung in eine rechte
und linke Hälfte getheilt.
I. Gattung: Cobitis (nach Linné).
Gattungscharakter:Mund mit wulstigen Lippen und Bartfäden um-
geben. Schlundknochen mit zahlreichen spitzen Zähnen
einreihig besetzt. Die Kiemenöffnungen nur bis zur Basis
der Brustflossen gespalten; Körper mit sehr kleinen Schup-
pen bedeckt. Schwimmblase von einer mit dem ersten
Rückenwirbel zusammenhängenden Knochenkapsel einge-
schlossen.
[335]Gattung: Cobitis.
Die Gattung Cobitis weicht von den Cyprinoiden, mit denen man sie frü-
her vereinigt hatte, sowohl in ihrer äuseren wie in ihrer inneren Organisation
so auffallend ab, dass ich gerne dem Beispiel von Heckel und Kner gefolgt
bin und diese Gattung als besondere Familie hingestellt habe. Selbst die
Schlundknochen von Cobitis mit ihren beiden nach unten gerichteten Fort-
sätzen sind im Vergleich zu den Schlundzähnen der Cyprinoiden nach einem
ganz anderen Typus geformt 1).
1. Art. C. fossilis Lin. Bissgurre, Schlammpitzger.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 189. Taf. 26. Muer-Grundel.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 2. n. 3, Syn. nom. pisc. pag. 3. n. 3.
Linné Nr. 2: pag. 500. n. 4. Cobitis fossilis.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 216. Taf. 31. Fig. 1. Cobitis fossilis, Schlammpitzger.
Schrank Nr. 23 a: pag. 318. n. 289. Cobitis fossilis, Bissgurre.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 79. Cobitis fossilis, Moorgrundel.
Martens Nr. 14 b: pag. 36. Cobitis fossilis, Moorgrundel.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 32. Cobitis fossilis, Schlammbeisser.
Bujack Nr. 97: pag. 341. Cobitis fossilis, Schlammpitzger.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 193. Cobitis fossilis.
Valenciennes Nr. 5: T. XVIII. pag. 46. Cobitis fossilis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 553. Cobitis fossilis.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Cobitis fossilis, Schlammbeisser.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 298. Fig. 161. Cobitis fossilis, Schlammbeisser.
Fritsch Nr. 75: pag. 204. Cobitis fossilis, Schlammbeisser.
Artcharakter:Mund mit zehn Bartfäden umgeben; Augenstachel
lang und von der allgemeinen Hautbedeckung überzogen;
Körper sehr gestreckt, nach vorn walzenförmig und nach
hinten comprimirt; 12 bis 14 seitlich zusammengedrückte
Schlundzähne mit abgestumpften Spitzen.
D. 3/5—6, P. 1/10, V. 1/5, A. 3/5, C. 16.
Die Bissgurre besitzt ein kleines unterständiges aber sehr bewegliches
Maul. Die Schnauze ist dicht über der Oberlippe mit vier fast gleichweit von
einander entfernten ziemlich langen Bartfäden besetzt, die fleischige Oberlippe
geht in beiden Mundwinkeln in einen längeren Bartfaden über, und an der
ebenso fleischigen Unterlippe ist zu beiden Seiten des Kinnwinkels ein kürze-
[336]Familie: Acanthopsides.
rer und ein sehr kurzer Bartfaden angebracht. Die beiden beweglichen Subor-
bitalknochen tragen einen derben und spitzen Stachel, der nach hinten gerichtet
a. Schlundknochen von oben
gesehen. b. Rechter Schlund-
knochen von der äusseren Seite
aus gesehen.
und von der Hautbedeckung überwachsen ist, eine
leicht zu übersehende seichte Längsgrube dicht un-
ter den kleinen sehr hoch stehenden Augen deutet
die Stelle an, wo die Spitze des Stachels ver-
steckt liegt. Der sehr langgestreckte Körper ist
ebenso beweglich und schlüpfrig wie der eines
Aals. Die Flossen der Bissgurre sind im Verhält-
niss zur Körpergrösse schwach und kurz ent-
wickelt; die Rücken- und Afterflosse werden nur von fünf bis sechs weichen
Strahlen gestützt, beide sowohl wie die Afterflosse besitzen einen abgerunde-
ten Rand. Der ganze Körper mit Ausnahme des Kopfes ist mit kleinen rund-
lichen Schuppen bedeckt, welche dachziegelförmig übereinanderliegen. Nach
Heckel und Kner (a. a. O. pag. 300) soll die Mittellinie des Rückens und
Bauches unbeschuppt sein, ich habe immer nur hinter der Rücken- und After-
flosse auf der Mittellinie des Hinterrückens und des Schwanzes eine nackte
Hautfalte wahrnehmen können, während zuweilen am Vorderrücken und am
Bauche die Mittellinie sich mir einfach als eine Längsfurche darstellte. Die
kleinen Schuppen lassen mit dem Mikroskope betrachtet nicht bloss concen-
trische sondern rund herum auch radiäre Streifung erkennen 1). Von einer
Seitenlinie, wie sie von Heckel und Kner (a a. O. pag. 299) angenommen
wird, habe ich keine Spur erkennen können.
Der Rücken und die Seiten des Kopfes und Leibes der Bissgurre sind
ledergelb, der Bauch dagegen ist orangengelb gefärbt, Kopf und Kiemendeckel-
Apparat, sowie der Rücken und die Seiten des Körpers sind mit schwarz-
braunen Puncten dicht besät, diese rücken oft so nahe aneinander, dass sie zu
grösseren Flecken verschmelzen und alsdann eine marmorirte Zeichnung dar-
stellen. An den Seiten des Leibes zieht sich eine hinter den Augen beginnende
schwarzbraune breite Binde bis zum Schwanzende hin, ober- und unterhalb
dieser breiten Binde hat sich die schwarzbraune Punctirung sehr häufig zu
einem schmalen Längsstreifen vereinigt. Der Bauch erscheint bald mehr bald
weniger schwarzbraun punctirt. Rücken- und Schwanzflosse tragen immer
eine grosse Anzahl schwarzbrauner runder Flecke, die Afterflosse sowie die
paarigen Flossen sind nur zuweilen schwarzbraun punctirt.
Dieser Fisch, welcher eine Länge bis zu 12 Zoll erreichen kann, zeigt
[337]Gattung: Cobitis.
eine sehr grosse Verbreitung, hält sich aber nur in stehenden schlammigen
Gewässern auf, in deren Grund er sich meistens verborgen hält. Es besitzt
die Bissgurre oder der Schlammpeitzger, wie er an vielen Orten genannt
wird, ein äusserst zähes Leben verbunden mit der merkwürdigen Eigenschaft,
ausserhalb des Wassers sehr lange ausdauern zu können; selbst wenn das
Wasser der Moräste und Gräben, in denen sich dieser Fisch so gerne aufhält,
längst verdunstet ist, kann man denselben im Schlamm und Moder vergraben,
aber noch frisch und munter antreffen.
Das Fortpflanzungsgeschäft vollbringt die Bissgurre während der wärme-
ren Frühlingszeit, nachdem sich die stehenden Gewässer, Sümpfe und Mo-
räste wieder mit frischem Wasser gefüllt haben.
2. Art. C. barbatula Lin. Bartgrundel, Schmerle.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 222. Taf. 44. Grundel.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 2. n. 2, Syn. nom. pisc. pag. 2. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 499. n. 2. Cobitis barbatula.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 224. Taf. 31. Fig. 3. Cobitis barbatula, Schmerl.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 74. Cobitis barbatula, Grundel.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 30. Cobitis barbatula, Schmerle.
Bujack Nr. 97: pag. 340. Cobitis barbatula, Schmerle.
Koch Nr. 19: pag. 42. n. 31. Cobitis barbatula, Grundel.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 193. Cobitis barbatula.
Valenciennes Nr. 5: T. XVIII. pag. 14. Pl. 520. Cobitis barbatula.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 539. Cobitis barbatula.
Günther Nr. 47: pag. 104. Cobitis barbatula, Grundel.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Cobitis barbatula, Bartgrundel.
Rapp Nr. 41: pag. 11. Cobitis barbatula, Grundel.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 301. Fig. 162. Cobitis barbatula, Bartgrundel.
Fritsch Nr. 75: pag. 204. Cobitis barbatula, Bartgrundel.
Artcharakter:Mund mit sechs Bartfäden umgeben; Augenstachel
sehr kurz und stumpf und unter der allgemeinen Hautbe-
deckung verborgen; Körper wenig gestreckt und walzen-
förmig; 8 bis 10 schlanke und scharf zugespitzte Schlund-
zähne.
D. 3/7, P. 1/12, V. 1/7, A. 3/5, C. 18.
Die Bartgrundel unterscheidet sich in ihrer Körperform wesentlich von
den beiden anderen bei uns einheimischen Cobitis–Arten, indem sie viel we-
niger gestreckt ist und einen walzenförmigen Körper besitzt. An ihrem un-
terständigen Maule befinden sich sechs mässig lange Bartfäden, von denen
vier gleichweit von einander entfernt die Schnauze dicht über der Oberlippe
besetzt halten, während die übrigen beiden Barteln an den Mundwinkeln da
angebracht sind, wo die fleischige Oberlippe in die ebenfalls fleischige Unter-
lippe übergeht. Unter den ziemlich hochstehenden kleinen Augen ist an der-
v. Siebold, Fische. 22
[338]Familie: Acanthopsides.
jenigen Stelle, an welcher unter der Haut der stumpfe Fortsatz des Suborbital-
knochen verborgen liegt, äusserlich keine Andeutung vorhanden. Die Flossen
der Bartgrundel zeigen sich im Verhältniss zur Körpergrösse stärker und brei-
ter entwickelt als bei unseren beiden anderen langgestreckten Cobitis-Arten.
Die Afterflosse erscheint übrigens sehr flach abgerundet, während die Rücken-
flosse einen geraden Rand besitzt. Der Körper der Bartgrundel ist im Ganzen
sehr kümmerlich mit Schuppen belegt. Auf dem Rücken und Bauche fehlen
sie gänzlich, nur die Körperseiten mit Ausnahme der beiden Seitenlinien sind
mit vereinzelten sehr kleinen runden Schuppen besetzt, die gegen den Schwanz
hin zwar dichter stehen, aber sich auch hier niemals dachziegelförmig decken.
Die beiden von Schuppen entblössten Seitenlinien lassen sich mit einzelnen
kurzen Unterbrechungen vom Vorderrumpfe bis zum Schwanzende verfolgen.
Die Körperseiten sowie der Bauch besitzen eine schmutziggelbe oft sehr
blasse Färbung, auf dem Rücken sind sehr dicht stehende schwarzgrüne Pig-
mentpunkte angebracht, welche sich auch an den Seiten bis nahe zum Bauche
heraberstrecken und an vielen Stellen zu grösseren Marmorflecken zusam-
menfliessen. Die graue Rücken- und Schwanzflosse tragen viele oblonge
schwarze Flecke, die blassen Brustflossen sind nur zuweilen an ihrer oberen
Seite schwarz gefleckt, während die blassgelben Bauchflossen und die ebenso
gefärbte Afterflosse stets ungefleckt erscheinen. An der Wurzel der Schwanz-
flosse zeichnet sich fast immer ein senkrecht stehender schwarzer Bandstrei-
fen aus.
Die Verbreitung der Bartgrundel, welche nur höchstens eine Länge von
5½ Zoll erreicht, ist eine ebenso allgemeine, wie die der Bissgurre, nur mit
dem Unterschiede, dass sich die Bartgrundel klares und meistens fliessendes
Wasser zu ihrem Wohnorte aussucht. Sie findet sich in den meisten Bächen
und Flüssen, aber auch an den Ufern vieler Seen. Sie schwimmt gerne im
freien Wasser umher, hält sich aber dabei immer auf dem Grunde auf.
Es wird dieser Fisch seines schmackhaften Fleisches wegen überall ge-
schätzt und daher sehr häufig zu Markte gebracht. Seine Laichzeit fällt eben-
falls, wie bei der Bissgurre, in die Frühlingsmonate.
3. Art. C. taenia Lin. Dorngrundel, Steinpitzger.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 220. Taf. 43. Steinbeisser, Dorngrundel.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 2. n. 1, Deser. spec. pisc. pag. 4. n. 1, Syn. nom. pisc.
pag. 3. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 499. n. 3. Cobitis taenia.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 221. Taf. 31. Fig. 2. Cobitis taenia, Steinpitzger.
Schrank Nr. 23 a: pag. 318. n. 290. Cobitis taenia, Dorngrundel.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 77. Cobitis taenia, Steinbeisser.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 31. Cobitis taenia, Steinbeisser.
Agassiz Nr. 7: pag. 36 oder Nr. 8: pag. 76. Acanthopsis taenia.
Bujack Nr. 97: pag. 340. Cobitis taenia, Steinpitzger.
[339]Gattung: Cobitis.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 192. Acanthopsis taenia.
Valenciennes Nr. 5: T. XVIII. pag. 58. Cobitis taenia.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 564. Botia taenia.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Acanthopsis taenia.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 303. Fig. 163. Cobitis taenia, Steinbeisser.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Cobitis taenia, Steinbeisser.
Artcharakter:Mund mit sechs Bartfäden umgeben; Augenstachel
jederseits doppelt und aus einer Hautspalte nackt hervor-
streckbar; Körper gestreckt und seitlich sehr stark zusam-
mengedrückt; 8 bis 10 schlanke und scharf zugespitzte
Schlundzähne.
D. 3/7, P. 1/6—8, V. 1/5, A. 3/5, C. 15—16.
Der gestreckte und schlüpfrige Leib des Steinbeissers, der in seinen Be-
wegungen ganz an den Aal erinnert, ist ausserordentlich comprimirt, auch
sein Kopf erscheint an Scheitel und Stirn so stark zusammengedrückt, dass
diese Theile nur eine schmale Kante bilden, welche im Profil betrachtet gegen
das unterständige Maul ziemlich steil absteigt. Von den sechs Bartfäden, wel-
che das sehr bewegliche Maul umgeben, halten vier dicht über der Oberlippe
in gleichweiter Entfernung von einander das untere Ende der Schnauze um-
geben, während der fünfte und sechste Bartfaden in den Mundwinkeln da
angebracht ist, wo die Oberlippe in die sehr fleischige zweilappige Unterlippe
übergeht. Die beiden kleinen Augen sind bis oben gegen den schmalen Stirn-
rand hinaufgerückt, wodurch die Physiognomie des Steinbeissers einen ganz
besonderen Ausdruck erhält. Dicht unter den Augen lässt die allgemeine
Hautbedeckung eine deutliche Querspalte erkennen, aus welcher, wenn der
Fisch berührt oder sonst gereizt wird, der sehr bewegliche doppelte Augen-
dorn sich erhebt und fest stellt. Diese Waffe, welche dem Steinbeisser auch
den Namen »Dorngrundel« verschafft hat, liegt bei ungereiztem Zustande des
Fisches von vorn nach hinten zurückgeschlagen in der Tiefe der Hautspalte
verborgen 1). Sie besteht aus einem vorderen kleineren und einem hinteren
grösseren Stachel, welche an ihrer Basis innig miteinander verschmolzen sind.
Die paarigen Flossen sind sowohl in Breite wie in Länge sehr wenig ent-
wickelt, die drei unpaarigen Flossen bieten dagegen etwas mehr Fläche dar
und besitzen einen sehr flach abgerundeten freien Rand. Der Körper des
Steinbeissers ist vollständig mit sehr kleinen runden Schuppen bedeckt, wel-
che ganz dicht und dachziegelförmig übereinander liegen; die beiden sehr
kurzen Seitenlinien, welche sich nicht über die Spitzen der zurückgeschlage-
nen Brustflossen hinauserstrecken, haben allein keine Beschuppung erhalten.
22*
[340]Familie: Acanthopsides.
Die Zeichnung des Steinbeissers ist sehr auffallend und giebt dem Fische
ein sehr artiges Ansehen. Die Grundfarbe ist blassgelb oder weisslich, der
Rücken und die obere Hälfte der Seiten erscheinen sehr fein braun punctirt,
über die Mittellinie des Rückens erstreckt sich eine grossfleckige braune Binde
bis zum Schwanze, welche zu beiden Seiten von einer kleinfleckigen braunen
Binde begleitet wird. Die Körperseiten zeichnen sich durch eine Binde von
12 bis 17 sehr grossen schwarzen Flecken aus, nach oben wird diese Flecken-
binde an der Stelle der Seitenlinie durch einen geraden durch die Haut hin-
durchschimmernden bläulichen Längsstreif abgegrenzt. Am Kopfe treten sehr
häufig durch das Zusammenfliessen vieler brauner Puncte drei schmale braune
Streifen jederseits hervor, welche alle von den Augen ausgehen und von wel-
chen der eine sich bis zum Mundwinkel herabzieht, der andere sich schräge
über den Kiemendeckel-Apparat hin erstreckt und der dritte nach oben bis
zum Hinterkopf hinaufsteigt. Die graue Rücken- und Schwanzflosse sind fein
schwarz punctirt, während die übrigen blassen Flossen ungefleckt bleiben.
An der Basis der Schwanzflosse und zwar an deren oberen Hälfte macht sich
ein senkrecht stehender tiefschwarzer Streifen bemerkbar.
Der Steinbeisser ist die kleinste unter unseren Cobitis-Arten, da er höch-
stens die Länge von 4 Zoll erreicht. Seine Verbreitung hat er mit der Biss-
gurre gemein, auch lebt er ebenso verborgen wie diese, nur mit dem Unter-
schiede, dass er sich nicht so stark wie die Bissgurre vermehrt und ausser
stehendem Gewässer auch Bäche und Flüsse zu seinem Aufenthalte auswählt.
Die Laichzeit tritt auch bei dieser Cobitis-Art in den wärmeren Frühlings-
monaten ein.
Die drei oben beschriebenen Cobitis-Arten zeichnen sich durch eine Eigen-
schaft aus, die bis jetzt bei keinem anderen Fische wahrgenommen wurde.
Es sind nämlich diese drei Cobitis-Arten unter gewissen Verhältnissen im
Stande, statt der Kiemen sich des Darms als Athmungswerkzeug zu bedienen.
Sie begeben sich zu diesem Zwecke an die Wasseroberfläche, verschlucken.
indem sie die Schnauze aus dem Wasser hervorstrecken, eine gewisse Menge
atmosphärischer Luft, die sie unter starkem Zusammenpressen ihres Kiemen-
deckel-Apparates in den kurzen und ganz gerade verlaufenden Verdauungs-
canal hinabdrängen, während sie gleichzeitig aus dem After eine Anzahl Luft-
perlen unter Geräusch hervorpressen. Dass diese Einnahme und Ausgabe von
Luft mit einem Darmathmungsprocesse zusammenhängt, wurde zuerst von
Professor Erman in Berlin erkannt 1). Erman hatte hauptsächlich Cobitis fossi-
lis zu seinen Untersuchungen benutzt, welche mit um so grösserem Interesse
[341]Gattung: Cobitis.
aufgenommen wurden, als bis dahin die Darmrespirations-Bewegungen der
Bissgurre nur sehr unvollkommen aufgefasst worden waren. Von den älteren
Ichthyologen ward einfach gemeldet, dass dieser Fisch, wenn man ihn be-
rühre, einen pfeifenden Ton von sich gebe 1). Bloch2) erzählt, dass er öfters
Luftblasen aus dem After des Schlammpitzger habe hervortreten sehen. Schnei-
der3) widersprach dieser Angabe und wollte nur gesehen haben, dass dieser
Fisch aus der Mundöffnung Luftblasen mit Geräusch ausspeie. Durch die von
Erman vorgenommene chemische Prüfung der Luft, welche durch den Darm-
canal der Cobitis fossilis hindurchgegangen, stellte sich heraus, dass diese Luft
dieselben Veränderungen erlitten, welche mit ihr vorgeht, wenn sie mit wirk-
lichen Respirationsorganen in Berührung gekommen. Nachdem auch G. Bi-
schoff4) dieselben Untersuchungen wiederholt und dieselben Resultate erhal-
ten hatte, wurden erst in neuster Zeit diese Untersuchungen auf meine Veran-
lassung von Dr. Baumert5) wieder aufgenommen, um mit Anwendung der
durch Bunsen’s Scharfsinn verbesserten eudiometrischen Methoden noch ge-
nauere Resultate zu gewinnen, als sie Erman und Bischoff vor 30 Jahren zu er-
reichen im Stande waren. Erman hatte seine Beobachtungen 6) nur mit Cobitis
fossilis vorgenommen, vermuthete aber, dass es sich mit Cobitis barbatula und
taenia ganz ähnlich verhalte. Nach meinen Beobachtungen können die beiden
letzteren Cobitis-Arten wirklich in derselben Weise, wie Cobitis fossilis, ihren
Verdauungscanal als Respirationsorgan benutzen. Aus den Beobachtungen,
welche ich schon im Jahre 1827 hierüber an Cobitis taenia angestellt habe
und welche in Baumert’s Schrift 7) abgedruckt worden sind, will ich nur her-
vorheben, dass diese Fische in frischem an Sauerstoff reichem Wasser sich
nur selten der Darmrespiration bedienen, und dass sie dieselbe statt der Kie-
menrespiration nur dann eintreten lassen, wenn es dem Wasser, das sie um-
giebt, aus irgend einem Grunde an Sauerstoff gebricht. Ich habe draussen im
Freien an den verschiedenen Cobitis-Arten niemals eine Darmrespiration wahr-
nehmen können, welche so leicht zu beobachten ist, wenn man diese Fische
in der Gefangenschaft aufbewahrt. Es ist daher zu vermuthen, dass sich die
Cobitis-Arten an ihren natürlichen Aufenthaltsorten nur dann der Darmrespi-
ration bedienen, wenn sich in ihrer Umgebung das Wasser verloren hat und
sie genöthigt werden, sich in Schlamm und Moder zu vergraben.
[342]Familie: Muraenoidei.
Familie der Aale,
Muraenoidei.
Die Zwischenkiefer bilden allein den Rand der Oberkinnlade; die
Oberkiefer sind verkümmert; der Schultergürtel ist entfernt vom Kopfe
an der Wirbelsäule aufgehängt; Körper schlangenförmig gestreckt ohne
Bauchflossen; der Magen mit Blindsack; die Schwimmblase einfach;
die Geschlechtswerkzeuge ohne Ausführungsgänge.
I. Gattung: Anguilla (nach Thunberg).
Gattungscharakter:Vor den Brustflossen sehr enge Kiemenspal-
ten; Rücken- und Afterflosse unmittelbar in die spitze
Schwanzflosse übergehend; in der Haut längliche sich
nicht deckende Schuppen in zweierlei Richtungen schräge
angebracht; Maul mit vielen kleinen dicht stehenden Zäh-
nen (Bürstenzähnen) besetzt.
1. Art. A. vulgaris Flem. Aal.
Syn. u. Citate.
Mangolt Nr. 33: pag. 24. Al.
Baldner Nr. 42: pag. 181. Taf. 22. Aall.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 24. n. 1, Descript. spec. pisc. pag. 66. n. 1, Syn. nom. pisc.
pag. 39. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 426. n. 4. Muraena Anguilla.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 4. Taf. 73. Muraena Anguilla, Aal.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 42. Muraena Anguilla, Aal.
Gloger Nr. 88: pag. 78. n. 40. Muraena Anguilla, Aal.
Bujack Nr. 97: pag. 384. Anguilla fluviatilis, Aal.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 225. Anguilla acutirostris, latirostris, mediorostris.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 616. Anguilla migratoria.
Günther Nr. 47: pag. 128. Anguilla vulgaris, Aal.
Leiblein Nr. 51: pag. 125. Muraena Anguilla, Aal.
Rapp Nr. 41: pag. 38. Anguilla vulgaris, Aal.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 319. Fig. 167. Anguilla fluviatilis, Flussaal.
Rosenhauer Nr. 50: pag. 186. Anguilla fluviatilis, Aal.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Anguilla fluviatilis, Flussaal.
[343]Gattung: Anguilla.
Artcharakter:Unterkieferlänger als die Oberkinnlade; Rücken-
flosse weit hinter dem Kopfe beginnend; Afterflosse um
eine Kopfeslänge hinter dem Anfang der Rückenflosse be-
ginnend; Körper bis zum After cylindrisch, von diesem ab
bis zur Schwanzspitze seitlich zusammengedrückt.
Der Aal nimmt in seinen verschiedenen Alters- und Lebenszuständen
mancherlei Formen und Farben an, welche zur Aufstellung von mehreren
Aalarten Veranlassung gegeben haben. Eine grosse Verschiedenheit bietet die
Länge und Form der Schnauze des Aales, worauf Risso1) und Yarrell2) die
drei Species Anguilla acutirostris, latirostris und mediorostris gründeten.
Ekström3) gab der Vermuthung Raum, dass sich zwei Aalarten unterschei-
den lassen, die er als spitznasigen und plattnasigen Aal (Muraena oxyrrhina
und platyrrhina) bezeichnete. Es verstehen sich gewöhnlich die Fischer sehr
gut darauf, diese verschiedenen Aalformen herauszufinden. Nach Cuvier’s
Angaben scheinen es hierin die Fischer in Frankreich am weitesten gebracht
zu haben, indem sie sogar vier verschiedene Aalarten unterscheiden 4). Ich
muss aus weiter unten anzuführenden Gründen die Art-Berechtigung dieser
verschiedenen Aalformen durchaus in Zweifel ziehen.
Das bis zu den kleinen Augen gespaltene Maul ist bei allen diesen Aalfor-
men von fleischigen Lippen bedeckt; die Bürstenzähne halten nicht bloss die
Zwischenkiefer und den Unterkiefer, sondern auch den Vomer besetzt. Die
hinteren Nasenlöcher stehen dicht vor den Augen, die vorderen Nasenlöcher
sind von diesen weit entfernt dicht über den Oberlippen als zwei kurze Röh-
ren angebracht. Der etwas verkümmerte Kiemendeckel-Apparat wird von
der allgemeinen Hautbedeckung vollständig eingehüllt, so dass die einzelnen
Deckelstücke ebenso wenig wie bei Cobitis unterschieden werden können. Die
beiden engen Kiemenspalten sind weit nach hinten gerückt und stehen dicht
unter der Basis der ebenfalls sehr weit nach hinten gerückten abgerundeten
Brustflossen. Die in der sehr schleimigen Haut schräge eingebetteten dünnen
Schuppen des Aals haben eine längliche Gestalt und sind abwechselnd unter
einem rechten Winkel gegeneinander gelagert, wodurch diese Beschuppung
viele Zickzacklinien darstellt. Die Seitenlinie ist deutlich zu erkennen und
[344]Familie: Muraenoidei.
besitzt in Ermangelung der Schuppenporen kurze weiche, in grösseren Zwi-
schenräumen von einander entfernte Röhrchen.
Die Färbung des Aals ist dunkelgrün, spielt aber auch ins blauschwarze
oder ins graugelbe, der Bauch erscheint dabei immer heller und nimmt bald
eine blauweisse bald eine gelbweisse Färbung an. Die Rückenflosse sowie
die beiden Brustflossen tragen die Farbe des Rückens, die Afterflosse dagegen
stimmt mit der Farbe des Bauchs überein.
Der Aal kann bis zu einer Schwere von 8 Pfund und darüber heranwach-
sen, und dabei die Länge von 34 Zoll überschreiten. Trotzdem, dass der Aal
als ein sehr gefrässiger Raubfisch gekannt ist, wird noch immer wieder die
alte Sage von ihm wiederholt, dass er des Nachts sich gern auf das Land be-
gebe, um den Erbsen in den Erbsenfeldern nachzugehen 1). Ich habe mich
sogar mehrmals überzeugt, dass diese Fabel sogar von Fischern geglaubt
wurde, indem sie ihren Aalen in den Fischbehältern Erbsen als Futter vor-
warfen. Wenn ich meine Zweifel darüber aussprach und solche Fischer be-
fragte, ob denn wirklich die Erbsen von den Aalen gefressen würden, antwor-
tete man mir, letzteres müsse wohl geschehen, da ja nach einiger Zeit die
Erbsen aus den mit engen Gittern an der Ausflussöffnung versehenen Fisch-
behältern verschwunden wären. Sie dachten aber nicht daran, dass die Erb-
sen mit der Zeit im Wasser aufquellen, durch Fäulniss zerfallen und so aus
den Behältern fortgespült werden. Nilsson2) hat die Lust der Aale, Erbsen-
felder aufzusuchen, dahin zu deuten gesucht, dass sie dort nicht den Erbsen
sondern den Schnecken und Würmern nachgiengen. Obgleich die Aale theils
ihrer engen Kiemenspalten theils ihrer ganzen Organisation wegen eine unge-
wöhnliche Lebenszähigkeit besitzen, so möchte ich es doch bezweifeln, dass
dieselben freiwillig das Wasser verlassen und berufe mich auf den erfahrenen
Fischer Baldner, der seiner oben citirten Aal-Abbildung folgende Erläuterung
beifügt: »Fressen Fisch, kommen nicht aufs Land und fressen nicht Erbsen
sondern bleiben im Wasser und sind Nachtthiere«. Auch Spallanzani3) machte
darauf aufmerksam, dass bei Comacchio, wo seit langer Zeit ein grossartiger
Aalfang betrieben wird, die Fischer noch niemals Aale auf dem Lande beo-
bachtet haben, und dass, als einmal die Aale in den Lagunen von Comacchio
wegen Verdorbenheit des Wassers zu vielen tausenden umgekommen waren,
[345]Gattung. Anguilla.
auch kein einziger Aal vorher den Versuch gemacht, sich über Land in das
nahe gelegene Meer oder in den benachbarten Po zu retten.
Die geographische Verbreitung des Aals in Mitteleuropa ist eine höchst
eigenthümliche. Er wird in allen denjenigen Flüssen und stehenden Ge-
wässern angetroffen, welche mit der Ost- und Nordsee, mit dem atlantischen,
mit dem Mittel- und adriatischen Meere zusammenhängen, fehlt aber in den-
jenigen Seen und Flüssen, welche ihr Wasser dem schwarzen Meere zusen-
den. Daher findet sich der Aal nirgends im Flussgebiete der Donau, und fehlt
derselbe auch im Dnjestr, Bug, Dnjepr und Don. Pallas1) machte bereits auf
die Abwesenheit des Aals in den dem kaspischen und schwarzen Meere zu-
fliessenden Gewässern aufmerksam; auch Eichwald2) und Nordmann3) lassen
den Aal in ihren Faunen des Caucasus und Pontus unerwähnt. Hiermit stim-
men auch die Forschungen des Czernay4), Tchihatcheff5) und Kessler6) über-
ein, welche in keinem der südrussischen Flüsse Aale antrafen. Um so mehr
muss es auffallen, dass nach der Angabe verschiedener Zoologen die Donau
und ihre Nebenflüsse Aale besitzen sollen. Ich habe es mir angelegen sein
lassen, diesen Angaben näher nachzuspüren und bin zu der Ueberzeugung
gekommen, dass dieselben auf Missverständnissen oder Verwechslungen be-
ruhen.
Schon Albertus Magnus7) hat sich über das Fehlen des Aals im Donau-
Gebiet mit folgenden Worten deutlich ausgesprochen: »Es ist ein gross wun-
derwerck, das inn der Thonaw kein Aal gefangen odder gefunden wirdt, dess-
gleichen inn den neben wassern so hinein fliessen, man spricht auch, wa man
ihn in Thonaw wasser setz, soll er sterben und darvon nit leben mögen, sunst
findet man in allen wassern durch gantz Teutschland, auss solchem Fisch den
Aal«. Es sind diese Mittheilungen des Albertus Magnus von Gesner8), Wil-
lughby9) und anderen Naturforschern wiederholt worden, was Marsigli ver-
anlasst hat, die Meinung, dass die Aale im Donauwasser sterben zu bestreiten
nicht aber das Fehlen derselben in der Donau zu läugnen, wie dies aus sei-
nen eigenen Worten, wie folgt, entnommen werden kann 10): »Verum contra-
[346]Familie: Muraenoidei.
rium testabitur Vienna, Lincium, Cremsium aliaeque urbes Danubio adjacen-
tes. Quamvis enim, quantum hucusque indagare licuit, in Danubio non orian-
tur, attamen ex aliis fluminibus 1) in eundem invectae non emoriuntur, imo
inter alios etiam, qui in Danubio nascuntur, longissimo tempore piscariis clau-
stris inclusae conservari possunt atque dum incaute pertrectantibus evadunt,
ut persaepe accidit (nam vix satis caute ob lubricitatem tractari possunt) et in
liberum flumen insiliunt ad supra memoratam magnitudinem adolescunt«. Ge-
wiss war es seit lange herkömmlich, die an der Donau gelegenen Städte von
anderen Flussgebieten her mit Aalen zu versorgen, von denen hier und da ein
Individuum zufällig in die Donau entschlüpft ist, um später wieder gefangen
zu werden 2). Heckel und Kner (a. a. O. pag. 324) bemerken ganz richtig,
dass solche Aale als verirrte Fremdlinge betrachtet werden müssen.
Wenn Reisinger3) den Aal als ungarischen Donaufisch aufführt, so ist
das eine von den vielen Unrichtigkeiten, durch welche sich Reisinger’s Fisch-
fauna von Ungarn überhaupt auszeichnet 4). Dass Kramer5) und Meidinger6)
den Aal als Bewohner der Donau und verschiedener östreichischer Seen be-
zeichnen, spricht für die Ungenauigkeit, mit der man im achtzehnten Jahr-
hundert bei solchen faunistischen Zusammenstellungen zu Werke gieng. Wie
aber Fitzinger (Nr. 32: pag. 332) dazu gekommen ist, dergleichen Ungenauig-
keiten noch in neuerer Zeit zu wiederholen, und den Aal als Bewohner der
[347]Gattung: Anguilla.
Donau, der March und Traun, sowie des Hallstädter und Traunsee aufzu-
führen, das ist völlig unbegreiflich. Worauf Schrank (Nr. 23: pag. 307) seine
irrige Angabe, nach welcher der Aal in der Traun bei Traunstein vorkommen
soll, und Perty (Nr. 24: pag. 717) die seinige gründet, nach welcher nicht
bloss die Traun, sondern auch die Isar von Aalen bewohnt werden soll, ist
mir ebenfalls räthselhaft geblieben. Haben sich die eben aufgeführten Fauni-
sten Ungarns, Oestreichs und Bayerns über das Vorkommen des Aals in ihrer
eigenen Heimath so viele Irrthümer zu Schulden kommen lassen, so kann man
sich nicht wundern, dass diese Irrthümer durch auswärtige Faunisten z. B.
durch Nordmann1), Tchihatcheff2) u. a. fortgepflanzt wurden. Sehr unvor-
sichtig war der Engländer Widdrington3), als er bei seiner Anwesenheit in
Wien auf dem Fischmarkte lebende Aale verkaufen sah, welche, wie man ihm
versicherte, theils aus Ulm, theils aus Böhmen bezogen wurden, und darauf
hin die Gründe auseinandersetzte, warum die Donau oberhalb Ulm und die
Elbe Aale ernähren könnte, während die untere Donau nach Aufnahme so vie-
ler Alpenströme nicht mehr zur Ernährung der Aale geeignet wäre. Obgleich
ich überzeugt war, dass auch oberhalb Ulm die Donau mit ihren Seitenflüssen
keine Aale enthält, so suchte ich mich doch über die von Ulm ausgehende
Aalausfuhr näher zu unterrichten und erfuhr aus zuverlässiger Quelle, dass
allerdings noch vor 26 bis 30 Jahren durch Ulmer Fischer und Schiffsleute
Aale nach Wien gebracht worden sind, dass diese Aale aber nicht aus dem
Donau-Gebiete, in welchem es keine Aale giebt, sondern aus der Rhein- und
Neckar-Gegend herstammten.
Ich bin demnach in Bezug auf die Verbreitung der Aale in Bayern durch
meine Untersuchungen ganz zu denselben Resultaten gelangt, wie vor mir
Andreas Wagner (Nr. 26: pag. 678), welcher in seinen Beiträgen zur Kennt-
niss der bayerischen Fauna sagt: »das Maingebiet hat überall den Aal aufzu-
weisen, während er dem Donaugebiet abgeht«. Wenn aber Wagner (a. a. O.
pag. 679) aus den von der Oberpfalz eingesammelten Nachrichten angiebt,
dass ihm der Zottbach und Wendenabfluss als aalführende Nebenflüsse der
Naab bezeichnet worden seien und dass die Aale in diese Gewässer nicht an-
ders als eingesetzt sein könnten, so bin ich hierin mit ihm nicht einverstan-
den, da dieser scheinbar anomale Umstand sich auf ganz andere Weise er-
klären lässt. Zuerst muss ich hervorheben, dass der von Wagner als »Wen-
[348]Familie. Muraenoidei.
denabfluss« bezeichnete Bach, in dem an Wagner abgestatteten und etwas
undeutlich geschriebenen Berichte, (welcher vor mir liegt), als »Wondreb-
fluss« gelesen werden muss. Da die Wondreb ein Nebenflüsschen der Eger
ist, so kann dieselbe als zum Flussgebiet der Elbe gehörend, recht gut Aale
enthalten. Wenn aber in dem Zottbach, als Nebenfluss der Naab, sich wirk-
lich Aale gezeigt haben sollten, so dürfte dies darin seine Erklärung finden,
dass Seitenbäche der Naab aus dem Pfreimtweiher entspringen, welcher mit
anderen Weihern zusammenhängt, die ihre Gewässer durch die Mins der
Moldau zuführen, wodurch also die Wasserscheide zwischen Elbe und Donau
in der Umgebung des Pfreimtweiher als verschwunden zu betrachten 1), und
an dieser Stelle ein Uebertreten der Aale aus dem Flussgebiet der Elbe in das
der Donau für möglich zu halten ist.
Die Fortpflanzungsgeschichte des Aals, welche von jeher für ein grosses
Räthsel gegolten hat, ist bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt. Indessen
haben es die Bemühungen der neueren Zootomen doch dahin gebracht, dass
man den vielen Fabeln, die über die Entstehung des Aals seit Aristoteles
von Mund zu Mund sich im Volke bis auf die heutige Zeit fortpflanzten, mit
bestimmten Thatsachen entgegentreten kann, aus welchen sich erkennen lässt,
dass die Aale gleich den übrigen Fischen, Eierstöcke besitzen, aus deren Eiern
sie ihre Brut erzeugen. Indem ich die von Aristoteles zuerst angeregte und
noch jetzt hier und dort geglaubte Erzählung, dass die Aale durch Urzeugung
aus dem Schlamm entstehen, nicht weiter zu widerlegen für nöthig erachte,
will ich einer anderen Sage gedenken, mit der ich auf meinen Reisen am
Main, am Rhein und Neckar bekannt wurde. In diesen Gegenden behaupten
nämlich die Fischer, dass die blaue Kresse die Mutter der Aale sei und junge
Aale von sich gebe. Sie berufen sich darauf, dass man im Frühjahr in der
Leibeshöhle der blaugefleckten Kressen wirklich junge Aale vorfände. Es
beruhen diese Angaben nach meinen Untersuchungen auf folgenden unrichtig
aufgefassten Erscheinungen. Blaue Kressen werden von den Fischern jener
Gegenden die im Frühjahr mit sehr dunklen, schwarzblauen Seitenflecken ge-
schmückten brünstigen Individuen des Gobio fluviatilis genannt, welche um
diese Zeit häufiger als sonst von einem Fadenwurm geplagt werden, der in
der Bauchhöhle dieser Fische die Eingeweide derselben umschlungen hält.
Es erreicht dieser weissgefärbte Fadenwurm eine Länge von 3 bis 4 Zoll und
ist den älteren Helminthologen unter dem Namen Filaria ovata bereits be-
kannt gewesen, gegenwärtig führt er den Namen Agamonema ovatum. Mit
diesen jungen Aalen hat es also eine ähnliche Bewandniss, wie mit jenen,
[349]Gattung: Anguilla.
welche der Aal selbst, wie man eine lange Zeit hindurch geglaubt, lebend
gebären sollte; auch diese letztere Aalbrut ist längst als ein den Darm des
Aales bewohnender Spulwurm (Ascaris labiata) erkannt worden 1).
Es bedurfte übrigens einer sehr langen Zeit, bis man sich überhaupt nur
von der Gegenwart der Fortpflanzungsorgane und von deren Form bei den
Aalen die gehörige Rechenschaft geben konnte. Die früheren Versuche von
Leeuwenhoek und Vallisneri, in den Aalen Geschlechtswerkzeuge nachzuwei-
sen, waren gänzlich missglückt, indem ersterer 2) die Urinblase des Aals für
den Uterus und letzterer 3) eine krankhafte Geschwulst in der Bauchhöhle eines
Aals für den Eierstock hatte ausgeben wollen. Später hatte C. Mundinus4)
ein ganz ähnliches aus vielen kleinen Cysten zusammengesetztes pathologi-
sches Gebilde in der Leibeshöhle eines Aales gefunden, und wollte dasselbe
als die in einen Scirrhus umgewandelte Schwimmblase erkannt haben. Von
Mundinus5) wurden fast gleichzeitig mit O. F. Müller6) und unabhängig von
diesem jene beiden manschettenförmigen Blätter, welche sich am ganzen
Rücken der Leibeshöhle des Aales herabziehen und bis dahin für blosse Fett-
schichten gehalten worden waren, als die Eierstöcke dieses räthselhaften
Fisches erklärt. Allein weder Müller noch Mundinus war es gelungen, der
Deutung dieser manschettenförmigen Blätter als Eierstöcke der Aale Eingang
zu verschaffen. Erst Rathke7) blieb es vorbehalten, in den beiden manschet-
tenartigen Organen der Aale die Eierstöcke mit Sicherheit zu erkennen, in-
dem von ihm zwischen den Fettzellen dieser Organe die eigentlichen Eier,
[350]Familie: Muraenoidei.
obgleich von ausserordentlicher Kleinheit, nachgewiesen wurden. Durch
Hohnbaum-Hornschuch1) wurden diese Untersuchungen nicht bloss bestätigt,
sondern noch dadurch zu erweitern versucht, dass derselbe viele Aale auch
als männliche Individuen erkannt haben wollte 2), weil dieselben in jenen
manschettenförmigen Organen statt der Eier kugelförmige, kleine Körnchen
einschliessende Körperchen enthielten, die von ihm für hodenartige Organe
angesehen wurden. Von einem solchen Geschlechtsunterschied hat sich je-
doch weder Schlueser3) noch Stannius4) überzeugen können, so dass also
bis jetzt männliche Geschlechtswerkzeuge der Aale mit Bestimmtheit noch
nicht nachgewiesen sind 5). Zwar soll nach Owen’s Ansicht der Aal mit Pe-
tromyzon eine gleiche Organisation der männlichen Geschlechtswerkzeuge
besitzen 6), indessen erinnere ich mich nicht, dass Owen den Versuch ge-
macht hat, die Richtigkeit seiner Ansicht durch einen genaueren Nachweis
der Beschaffenheit der Elementartheile des Aalsperma’s zu begründen. Wenn
Schlueser7) aus seinen Untersuchungen die Vermuthung schöpft, dass die
männlichen Aale entweder ausserordentlich selten sein, oder vielleicht eine
von den weiblichen Aalen ganz verschiedene Gestalt besitzen müssen und
wenn derselbe zuletzt an die Beobachtung Brongniart’s 8) erinnert, nach wel-
cher sich unter 1000 Individuen der Limnadia Gigas kein einziges Männchen
vorfand, so sind wir bei der Frage angelangt: ob nicht etwa auch bei dem
Aale eine Parthenogenesis statt finden dürfte? Zur Untersuchung dieser Frage
kann natürlich nicht eher geschritten werden, als nicht vorher mit vollkom-
mener Gewissheit das wirkliche Fehlen der männlichen Geschlechtswerk-
zeuge bei den Aalen nachgewiesen ist. Es lässt sich immer noch annehmen,
dass die samenbereitenden Organe der Aale bisher nur übersehen worden
sind, denn genau betrachtet, hat man bisher nur die unreifen Geschlechts-
werkzeuge der Aale untersucht. Wie schwer aber in früheren Entwicklungs-
zuständen Hoden und Eierstöcke zu unterscheiden sind, da alsdann in beiden
[351]Gattung: Anguilla.
nur gleiche einfache Zellenelemente zu erkennen sind, dies ist allen mit
dergleichen mikroskopischen Untersuchungen vertrauten Naturforschern eine
nur zu bekannte Sache. Es wäre daher doch möglich, dass man die unreifen
Hoden der Aale mit unreifen Ovarien verwechselt hätte, ja es könnten viel-
leicht, wie schon Spallanzani1) und Nilsson2) vermuthet haben, auch männ-
liche und weibliche Geschlechtsorgane so mit einander vereinigt sein, dass
die Aale jenen hermaphroditischen Fischen zugezählt werden müssten, mit
deren wirklichem Vorhandensein wir erst in neuster Zeit genauer bekannt
geworden sind 3). Ueber alles dies würde man entscheiden können, wenn
sich nicht die Aale während ihrer Brunstzeit unseren Untersuchungen gänz-
lich entzögen, indem sie, noch ehe ihre Brunstzeit beginnt, die süssen Ge-
wässer verlassen und in das Meer hinauswandern, um dort in tiefer Verbor-
genheit ihr Fortpflanzungsgeschäft zu vollziehen. Schon Aristoteles wusste,
dass der Aal, um zu laichen, aus den Seen und Flüssen in das Meer ziehe 4),
konnte sich aber nicht enthalten, über die Entstehung der Aale aus Schlamm,
feuchter Erde und aus Regenwürmern die sonderbarsten Fabeln zu ver-
breiten 5).
Die Wanderungen der erwachsenen Aale sind seit lange gekannt, und
eine Menge Fangmethoden sind darauf eingerichtet, der zu Thale wandern-
den Aale auf ihrer Reise habhaft zu werden. Seit Jahrhunderten sind viele
Fischer in Italien an den Mündungen der Flüsse mit dem Aalfang beschäftigt,
wodurch alljährlich grosse Massen von Aalen, welche im Begriffe waren, in
das Meer hinauszuwandern, in den Handel gebracht werden. Ein solcher
höchst ergiebiger Aalfang findet in den bereits erwähnten Lagunen von Co-
macchio 6) und auch am Orbitello-See statt, wo alljährlich vom October bis
December den wanderlustigen Aalen der Austritt in das Meer dadurch abge-
schnitten wird, dass man sie mit Hülfe von besonderen Canälen in ringsum
verschlossene Kammern hineinzuleiten weiss. Diese Auswanderung der er-
wachsenen Aale, welche immer während sehr stürmischer und finsterer
Nächte vor sich geht, wird von den Italienern die »Calata« genannt 7). Von
[352]Familie: Muraenoidei.
Spallanzani1) wurde an den genannten beiden Localitäten diese Calata be-
nutzt, um sich über die Geschlechtsverhältnisse der Aale Aufschluss zu ver-
schaffen, ohne dass es ihm gelungen war, den berühmten Streit über die
Fortpflanzungsweise der Aale auch nur um einen Schritt der Entscheidung
näher zu bringen. Es ist dies ein Beweis mehr, dass die Aale nicht im
geringsten für das Fortpflanzungsgeschäft vorbereitet in das Meer hinaustreten.
Mit ähnlichem Erfolge, wie in Italien 2), wird auch in Skandinavien an
den Meeresküsten den, während der dunkeln Nächte der Herbstmonate in das
Meer hinabwandernden Aalen nachgestellt, wobei man, wie Nilsson3) ver-
sichert, niemals bemerkt hat, dass die aus den Binnenseen und Flüssen in
die Ostsee hinabsteigenden erwachsenen Aale während irgend einer Jahres-
zeit schaarenweise aus dem Meere die Flüsse wieder hinaufwandern, mithin
niemals mehr in die Flüsse und Seen zurückkehren, sondern einmal im Meere
angelangt, dort bleiben. Ganz dasselbe wird auch von Yarrell4) berichtet.
Ich habe schon oben erwähnt (pag. 343), dass die Fischer nach den Um-
rissen des Kopfes und der Färbung des Leibes verschiedene Aalformen unter-
scheiden, welche von einigen Ichthyologen zu eben so vielen Aalarten erho-
ben wurden, womit ich nicht übereinstimmen kann. Von der einen dieser
Aalformen wird behauptet, dass dieselbe, wenn sie auch ausgewachsen sei,
niemals wandere, sondern Sommer und Winter in Seen und Flüssen zurück-
bleibe. Als ein solches Beispiel führe ich Risso’s Anguilla acutirostris an, von
welcher dieser Ichthyologe aussagt 5): »cette anguille ne va jamais dans la
mer«. Nilsson, welcher die drei Aalformen, den gemeinen oder Reusen-Aal,
den Gras-Aal (wegen seiner grünen Farbe so genannt) und den Raub-Aal in
seiner skandinavischen Fauna aufführt 6), ohne jedoch dieselben als besondere
Arten zu betrachten, behauptet 7) von dem Gras-Aal, dass derselbe nie in den
Strom hinabgeht. Wenn sich die Richtigkeit dieser Aussagen bestätigen sollte,
so liegt alsdann die Frage nahe, ob diese niemals wandernden Aale nicht
steril gebliebene Individuen sein könnten, während vielleicht die anderen
Formen bei genauerer Untersuchung sich als die weiblichen, sowie als die
bis jetzt unerkannten männlichen Individuen herausstellen dürften.
[353]Gattung: Anguilla.
Dass die zur Herbstzeit in das Meer hinausgewanderten Aale wirklich
dort ihr Fortpflanzungsgeschäft vollziehen, darüber kann kein Zweifel mehr
herrschen, indem das Product dieses Geschäfts, die Aalbrut in der darauf
folgenden Frühjahrszeit zu Milliarden aus dem Meere in die Mündungen der
süssen Gewässer eintritt, die Flüsse hinaufwandert und sich in die verschie-
denen vom Meere oft weit entfernten fliessenden und stehenden Gewässer
zertheilt. Es wurden über diese Wanderungen der jungen, bindfadendicken
und nur ein Paar Zoll langen, braungelben Aale aus den verschiedensten Ge-
genden Europa’s Berichte erstattet, die ich hier gesammelt habe, um zu zei-
gen, dass diese beobachteten Wanderungen der Aalbrut als keine vereinzelte
etwa durch besondere Localitätsverhältnisse hervorgerufene Erscheinung in
der Lebensgeschichte der Aale zu betrachten sind, wobei es freilich noch im-
mer unausgemacht bleibt, ob die jungen Aale von oviparen oder viviparen
Eltern zur Welt gekommen sind. Schon Franciscus Redi erzählte, dass von
Ende Januar bis Ende April alljährlich die Aalbrut den Arno hinaufwandert
und dass im Jahre 1667 bei Pisa an einer Stelle des genannten Flusses inner-
halb fünf Stunden über drei Millionen Pfund dieser Aale gefangen worden
seien. Redi1) bildete zugleich diese jungen Aale in der natürlichen Grösse
von 1 ½ bis 5 Zoll Länge ab und fügt hinzu, dass die drei kleinsten Sorten die
grösste Zahl dieser bergaufwandernden Aale ausmachten. Zur Bevölkerung
der in Teiche abgetheilten Lagunen von Comacchio werden nach den Mitthei-
lungen Spallanzani’s 2) und Coste’s (a. a. O. pag. 20) vom Februar bis April ge-
wisse Schleussen geöffnet, um den jungen haardünnen Aalen den Eintritt aus
dem Meere in diese Teiche zu gestatten. Dieser Eintritt der Aalbrut wird
die Montata genannt; die auf diese Weise in die Lagunen von Comacchio ein-
getretenen Aale verweilen nun hier fünf bis sechs Jahre und suchen alsdann,
je nach der in geringerer oder grösserer Menge dargebotenen Nahrung bis zu
drei, acht, zehn Pfund und darüber herangewachsen, vom October bis De-
cember durch die Calata wieder in’s Meer zu gelangen, bei welcher Aus-
wanderung durch eigenthümliche labyrinthartige Vorrichtungen der Fang der
ausgewachsenen Aale von Statten geht 3). Spallanzani berichtet ferner 4),
dass die Aale des Orbitello-See so fein wie ein Haar in den Monaten März, April
und Mai besonders bei trübem und stürmischem Wetter millionenweise aus
v. Siebold, Fische. 23
[354]Familie: Muraenoidei.
dem Meere in den See kommen und dass dieselben nach Verlauf von zwei
bis drei Jahren bis zu drei Pfund und darüber herangewachsen, durch ihren
Instinct im November angetrieben werden, sich wieder in das Meer zu be-
geben.
Von den in den Monaten März und April zu Myriaden während der Nächte
flussaufwärts wandernden jungen Aalen meldet C. Vogt1), dass in Frank-
reich, wo man diese Erscheinung la Montée nennt, diese jungen, kaum
2 Zoll langen Aale in den französischen Flüssen fast compacte Massen bilden,
die man mit Sieben und Schöpfern ausschöpft und meist mit Eiern als Pfann-
kuchen gebacken verspeist. Mit dieser Erzählung stimmt eine interessante
aber wenig beachtete Beobachtung überein, welche Crespon2) in seiner: »Faune
méridionale« vor einigen Jahren niedergelegt und in folgender Weise beschrieben
hat: »Les Bouyeiroûns, ou les jeunes anguilles, se réunissent à l’embouchure
du Rhône, ou plutôt elles sortent de la mer, en se tenant attachés les uns les
autres en si grande quantité, que j’en vai vu formant une masse sphérique de
la grosseur d’un fort tonneau; cette masse monte et redescend dans l’eau
continuellement, et, au fur et à mesure, les individus se détachent en formant
une corde, de sorte qu’ils ressemblent à un peloton de laine qu’on déploierait
par un seul bout. Ces milliers de petites anguilles se dirigent aussitôt de
chaque côté du fleuve et le remontent sans jamais quitter ses bords, afin de
s’introduire dans toutes les issues qu’elles rencontrent; c’est de cette ma-
nière qu’elles s’en vont peupler toutes les eaux douces. Cette espèce de pro-
cession dure plus de 15 jours sans interruption«. Auch an der Küste des
atlantischen Meeres kennt man in Frankreich die jungen Aale, welche sich
dort nach Mauduyt’s 3) Aussage an den Mündungen der Loire, Charente und
anderer Flüsse in Menge ansammeln und unter dem Namen cives oder pibales
als Aalbrut bekannt sind.
Dass das in den englischen Flüssen statt findende Aufsteigen zahlloser
junger Aale eine bekannte Sache ist, geht aus den darüber gemachten Mit-
theilungen Yarrell’s 4) hervor. Von Couch5) wurde aus Cornwallis mitge-
theilt, dass er mit eigenen Augen gesehen habe, wie die gegen den Strom
wandernden jungen Aale bisweilen ungewöhnliche Hindernisse überwinden
können und wie sich dieselben an einem Wasserfalle in das überhängende
Moos gegraben und durch die Fasern desselben gleich Würmern fortgearbeitet
[355]Gattung: Anguilla.
haben. Davy1) beschreibt in seiner berühmten Salmonia eine solche merk-
würdige in Irland beobachtete Aalbrut-Wanderung in folgender Weise: »Ich
befand mich gegen Ende Julis zu Ballyshannon, an der Mündung des Flusses,
der die ganzen vorigen Monate her hohes Wasser gehabt hatte. Wo er seinen
Fall macht, war er ganz schwarz von Millionen kleiner etwa fingerlanger
Aale, die fortwährend den nassen Felsen an den Ufern des Wasserfalls zu er-
klimmen suchten. Sie kamen dabei zu Tausenden um, aber ihre feuchten,
schlüpfrigen Körper dienten den übrigen gleichsam zur Leiter, um ihren Weg
fortzusetzen; ich sah sie sogar senkrechte Felsen erklimmen, sie wanden sich
durch das feuchte Moos oder hielten sich an die Körper anderer an, die bei
dem Versuche ihren Tod gefunden hatten. Ihre Ausdauer war so gross, dass
sie doch in ungeheuren Mengen ihren Weg bis zu Loch Erne erzwangen.
Dasselbe geschieht an dem Falle des Bann, wo sie dann den Loch Neah be-
völkern; selbst der mächtige Rheinfall bei Schaffhausen kann sie nicht ver-
hindern, ihren Weg nach dem Constanzersee fortzusetzen, in welchem letz-
tern ich viele sehr grosse Aale gesehen habe«. Wenn aber Davy hierauf be-
hauptet 2), dass die jungen Aale den Rhonefall nicht überwinden könnten, und
dass es deshalb im Genfersee keine Aale gebe, so ist dies unrichtig, da die
jungen Aale je nach dem Wasserstande die Hindernisse am Rhonefall bald
leichter bald schwieriger zu überwinden wissen, wie dies aus den Worten
Jurine’s 3) hervorgeht: »On trouve rarement ce poisson dans le lac de Genève,
à cause de la perte du Rhône, qu’il ne peut franchir que lorsque les eaux
recouvrent ce gouffre«.
Ueber das im Mai und Juni aus der Nord- und Ostsee in die skandinavi-
schen Flüsse statt findende Aufsteigen der jungen Aale von 2 bis 3 Zoll Länge
und von der Dicke eines Segelgarnfadens giebt Nilsson4) Auskunft, und fügt
derselbe hinzu, dass die Aaljungen auf den Trollhättafall nicht vorwärts
hätten dringen können und deshalb diese Fischart nicht oberhalb dieses
mächtigen Wasserfalls in dem Wenern oder in einem der Wasserläufe, welche
sich in das Becken dieses grossen Binnensees ergiessen, sich vorgefunden
hätte, und dass erst, als die Trollhättaschleussen einige Jahre nach dem An-
fange dieses Jahrhunderts geöffnet waren, Aaljunge in den Wenern gekom-
men seien, worauf innerhalb eines Jahrzehends ganz unvermuthet grosse Aale
nicht allein im Göthaelf oberhalb des Falles, sondern auch im Wenern und den
in denselben sich ergiessenden Wassern angetroffen worden wären. Auch an
23*
[356]Familie: Muraenoidei.
der dänischen Küste hat sich für Drewsen1) und Krøyer2) die Gelegenheit
geboten über die im Mai und Juni vor sich gehenden Wanderungen von vielen
Millionen junger Aale aus dem Kattegat in das süsse Wasser Beobachtungen
anzustellen.
Es ist auffallend, dass von solchen Einwanderungen der jungen Aale aus
der Nord- und Ostsee von deutschen Ichthyologen und Faunisten nirgends
eine Erwähnung geschieht, obwohl Aale vom Rhein bis zur Memel in allen
Flussgebieten der Nord- und Ostseeküsten Deutschlands angetroffen werden.
Um so weniger will ich hier eine Beobachtung unerwähnt lassen, welche
Herr Dr. Ehlers aus Hannover mir kürzlich mitgetheilt hat und welche die
oben erwähnte Lücke sehr gut auszufüllen im Stande ist, indem sich dieselbe
auf das Einwandern von Aalbrut in die Elbe bezicht. Da Herr Ehlers selbst
Augenzeuge einer solchen Aalwanderung war, möge er mir gestatten, die
von ihm beobachtete Erscheinung mit seinen eigenen Worten, wie hier folgt,
mitzutheilen. »Die Angaben, welche ich über eine beobachtete Wanderung
junger Aale geben kann, basiren auf einer Beobachtung, die gleichzeitig mit
mir von vielen Augenzeugen constatirt wurde. Schriftliche Aufzeichnungen
wurden damals nicht gemacht, und kann ich leider über die Zeit und sonstige
Verhältnisse keine so genauen Angaben machen, wie sie wünschenswerth
wären. Die ganze Erscheinung steht aber, da sie eine so wunderbare war
und so lange beobachtet werden konnte, mir lebhaft noch vor der Seele. Es
war vor ungefähr zehn Jahren, im Dorf Drennhausen, Amts Wiesen, im Kö-
nigreich Hannover, als wir eines Morgens Ende Juni oder Anfang Juli auf den
dort unmittelbar an die Elbe stossenden Deich tretend sahen, dass sich am
ganzen Ufer entlang ein dunkler Streif fortbewegte. Wie für die Bewohner
der dortigen Elbmarsch alles, was sich auf und in der Elbe ereignet, von In-
teresse ist, so zog auch diese Erscheinung sofort die Aufmerksamkeit auf sich
und es ergab sich, dass dieser dunkle Streif von einer unzähligen Menge jun-
ger Aale gebildet wurde, die dicht aneinandergedrängt an der Oberfläche
des Flusses stromaufwärts zogen und sich dabei stets so nahe und unmittel-
bar am Ufer hielten, dass sie alle Krümmungen und Ausbuchtungen desselben
mitmachten. Die Breite dieses aus Fischen gebildeten Streifens mochte an
der Stelle, wo er beobachtet wurde und wo die Elbe eine bedeutende Tiefe
hatte, etwa einen Fuss breit sein, wie gross die Mächtigkeit desselben nach
unten sei, wurde nicht beobachtet. So dicht gedrängt aber schwammen hier
die jungen Aale, dass man bei jedem Zuge, den man mit einem Gefässe
durch’s Wasser that, eine grosse Menge der Fische erhielt, und diese für die
Anwohner der Elbe insoweit lästig wurden, als sie, so lange der Zug der
[357]Gattung: Anguilla.
Fische dauerte, kein Wasser aus der Elbe schöpfen konnten, das nicht von
den kleinen Fischen gefüllt war. Die Grösse der einzelnen jungen Aale be-
trug durchschnittlich wohl 3 bis 4 Zoll, die Dicke der Körper erreichte unge-
fähr die eines Gänsekiels. Vereinzelt schwammen Aale von bedeutender
Grösse dazwischen, doch möchte wohl keiner über 8 Zoll lang gewesen sein.
Alle Thiere, auch die kleinsten, waren völlig dunkel gefärbt. Dieser wunder-
bare Zug der Fische dauerte ununterbrochen in gleicher Stärke den ganzen
Tag hindurch, an dem er zuerst beobachtet wurde und setzte sich auch noch
am folgenden fort. Am Morgen des dritten Tages war aber nirgends mehr
einer der jungen Aale zu sehen. Auf mein Nachfragen bei der dortigen Be-
völkerung, ob dergleichen Züge häufiger vorkämen, wollte keiner je einen
solchen gesehen haben. Irgend welche Verhältnisse, welche die Fische ver-
anlasst haben könnten, hier in solcher Masse zusammengedrängt, hart am
Ufer hinzuziehen, konnten nicht aufgefunden werden. Ob auch am jenseitigen
Ufer, wo das Wasser am Ufer seicht ist, oder sonst an seichten Uferstellen
der Zug sich in gleicher Weise fortsetzte, wurde nicht beobachtet«.
Nach allen diesen über die Einwanderung der Aalbrut gemachten Mit-
theilungen muss es den Ichthyologen ein dringender Wunsch sein, irgendwie
Gelegenheit zu finden, die in das Meer hinausgewanderten erwachsenen Aale
einer Untersuchung unterwerfen zu können.
[[358]]
Ordnung der Schmelzschupper,
Ganoidei.
Skelet knöchern oder knorpelig; Kiemenblätter an ihren Spitzen
frei, einfache Kiemenspalte von einem Kiemendeckel-Apparat und einer
Kiemenhaut bedeckt; viele Klappen im Aortenbulbus; Darm mit einer
Spiralklappe; die einfache Schwimmblase mit einem Luftgange.
Familie der Störe,
Acipenserini.
Skelet-Axe knorpelig, Kiemendeckel-Apparat die Kiemenspalte
unvollständig bedeckend, die Kiemenhaut ohne Kiemenstrahlen; das
Maul unterständig; die Schnauze gestreckt und unbeweglich, wird
durch die über die beweglichen Kieferknochen weit hervorragenden
übrigen Gesichtsknochen gebildet; die knorpelige Wirbelsäule setzt
sich bis zur Spitze des oberen längeren Lappen der Schwanzflosse fort.
I. Gattung: Acipenser (nach Linné).
Gattungscharakter:Kopf von Knochenplatten dicht und vollstän-
dig eingehüllt; der gestreckte Leib mit fünf Längsreihen
grösserer und kleinerer Knochenplatten besetzt; das Maul
quer und zahnlos; zwischen Schnauzenspitze und Maul
vier quergestellte Bartfäden; über dem Kiemendeckel je-
derseits ein Spritzloch.
Durch die fünf Reihen Knochenplatten erhält der Leib der Störarten ein
fünfkantiges Ansehen, welches sich im höheren Alter mehr oder weniger ver-
[359]Gattung: Acipenser.
liert, indem sich mit der Zeit die Spitzen und Kanten jener Platten abstum-
pfen. Die Knochen des Schädels sind nichts weiter als Hautknochen oder so-
genannte Belegknochen. Die nicht mit Knochen belegten Hautstellen zeigen
sich rauh, indem dieselben mit bald kleineren, bald grösseren Knochenkernen
und Knochenspitzen besetzt sind. Auf dem nach aufwärts gebogenen, den
oberen Lappen der Schwanzflosse bildenden Schwanzende besteht diese harte
Hautbedeckung aus gestreckten, zugespitzten Platten, welche nach Art der
Schuppen vieler Knochenfische dachziegelförmig übereinander liegen. Eine
Seitenlinie macht sich nirgends bemerkbar. Die Kiemen sind wie bei den
Knochenfischen angeordnet; die beiden Hauptkiemendeckel, welche nach
hinten die Kiemen nicht vollständig bedecken, tragen auf ihrer inneren Fläche
eine kammförmige Nebenkieme. Die zwei Flossenpaare, sowie die drei un-
paarigen Flossen werden von gegliederten biegsamen Knochenstrahlen ge-
stützt, nur die beiden Brustflossen besitzen ausserdem noch einen sehr star-
ken, unbiegsamen Knochen als ersten Flossenstrahl. Die kurze Rückenflosse
ist stets so weit nach hinten gerückt, dass unter ihrem Ende die Afterflosse
beginnt.
Alle unsere Störarten bewohnen das Meer, verlassen aber während der
wärmeren Jahreszeit auf mehrere Monate diesen Aufenthalt, um die grösseren
Flüsse hinaufzusteigen und in denselben ihr Laichgeschäft abzumachen. Die-
selben gelangen aber nicht, wie andere aus dem Meere aufsteigende Wander-
fische, so weit gegen die Quellen der Flüsse hinauf, so dass sie daher für die
Fauna von Mitteleuropa und Mitteldeutschland nur zu den Seltenheiten ge-
hören und mehr als verirrte Fremdlinge betrachtet werden müssen.
Von den sieben Störarten, welche dem schwarzen Meere angehören und
regelmässig die Donau bis Ungarn hinauf wandern, gelangen die meisten, ob-
wohl selten auch bis Oestreich, und einige höchst selten bis Bayern. Leider
sind über diese seltenen Gäste fast immer nur sehr unzureichende Notizen
bekannt gemacht worden, so dass sich bei dem Versuche, diese Störe syste-
matisch zu bestimmen, verschiedene Schwierigkeiten in den Weg stellen.
Da der reife Rogen der verschiedenen Störarten als beliebte Delicatesse
einen theuren Handelsartikel ausmacht, so werden diese Wanderfische durch
die Gewinnsucht des Menschen bei ihrem Fortpflanzungsgeschäfte so stark
verfolgt, dass man sich nicht wundern kann, wenn von allen Seiten über die
bedeutende Abnahme dieser Thiere geklagt wird.
1. Art. A. glaber Heck.Glatt-Stör.
Syn. u. Citate.
Fitzinger und Heckel Nr. 12: pag. 270. Acipenser glaber.
Heckel u. Kner Nr. 13: pag. 332. Fig. 169 bis 171. Acipenser glaber,Glattdick.
[360]Familie: Acipenserini.
Artcharakter:Die Rückenschilde vorn niedrig, nach hinten am
höchsten und mit einer Spitze endigend; die kleinen Sei-
tenschilder von einander gesondert stehend; die Schnauze
kurz und abgerundet; die Bartfäden nach innen gefranzt;
die sehr wulstige Ober- und Unterlippe vollständig und in
der Mitte eingebuchtet.
Diese von Heckel zuerst unterschiedene Störart, welche eine Länge von
6 bis 7 Fuss erreichen soll, bewohnt das schwarze Meer, steigt die Donau hin-
auf, gelangt jedoch höchst selten bis nach Oestreich. Der Glatt-Stör soll sich
aber doch noch weiter aufwärts verirren können, da höchst wahrscheinlich
nach Fitzinger’s und Heckel’s 1) Meinung jener 12 Pfund schwere, bei Regens-
burg gefangene Stör, von welchem Hohberg2) berichtet, ein Glatt-Stör ge-
wesen sei. Hohberg hat übrigens nicht ein Wort zur näheren Charakteri-
sirung dieses Fisches hinzugefügt, so dass ich nicht begreife, was jene Ich-
thyologen veranlasst hat, diesen Stör als A. glaber zu deuten, und ich deshalb
das Vorkommen dieser Störart in der bayrischen Donau noch als zweifelhaft
erklären muss.
2. Art. A. Ruthenus Lin.Sterlet.
Syn. u. Citate.
Linné Nr. 2: pag. 403. n. 2. Acipenser ruthenus.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 98. Taf. 89. Acipenser ruthenus,Sterlet.
Schrank Nr. 23 a: pag. 305. n. 277. Acipenser Sturio,Stör.
Martens Nr. 14 b: pag. 35. Acipenser Huso.
Perty Nr. 24: pag. 720. Acipenser Ruthenus.
Reuss Nr. 21: pag. 444. Acipenser Sturio,Stör.
Fitzinger und Heckel Nr. 12: pag. 279. Acipenser Ruthenus.
Koch Nr. 19: pag. 43. n. 39. Acipenser Sturio,Stör.
Heckel Nr. 11 i: pag. 196. Acipenser Ruthenus,Stör.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 337. Fig. 172 bis 174. Acipenser Ruthenus,Sterlet.
Artcharakter:Die Rückenschilde vorn niedrig, nach hinten am
höchsten und mit einer Spitze endigend; die kleinen Sei-
tenschilde dicht aneinandergereiht; die Schnauze langge-
streckt, schmal und spitz zulaufend; die ziemlich langen
Bartfäden nach innen gefranzt; die Oberlippe schmal und
schwach eingebuchtet, die Unterlippe in der Mitte getheilt.
[361]Gattung: Acipenser.
Der Sterlet, welcher vielfach mit dem gemeinen Stör verwechselt worden
ist, giebt sich durch seine langgestreckte dünne Schnauze leicht zu erkennen.
Die Zahl der dichtstehenden Rückenschilde beträgt 13 bis 17, die Seiten-
schilder erreichen die Zahl 60 und darüber, die weitauseinanderstehenden
Bauchschilde sind nur in der Zahl 13 bis 15 vorhanden. Die nicht von Kno-
chenschilden bedeckte Haut ist mit vielen kleinen, nach hinten gestachelten
Knochenkernen dicht besetzt.
Die Farbe des Rückens ist dunkelgrau, die des Bauches erschien heller.
Die Rückenschilde haben die dunkle Farbe des Rückens, die Seiten- und
Bauchschilde dagegen besitzen eine weissliche Farbe. Die Brustflossen,
ebenso die Rücken- und Schwanzflosse sind grau gefärbt, die Bauch- und
Afterflosse, sowie der erste Knochenstrahl der Brustflossen erscheinen
schmutzig weiss.
Die Heimath des Sterlets, welcher nicht über 3 Fuss lang wird, ist
ausser dem kaspischen Meere das schwarze Meer, aus welchem derselbe im
Mai und Juni, um zu laichen, die Donau hinaufwandert; bei diesen Wande-
rungen hat derselbe schon öfters Passau erreicht 1), auch ist derselbe schon
mehrmals über Passau hinausgelangt, einige Male in die Isar eingetreten, ist
er sogar bis Landshut gekommen. Ein solches 1 ½ Fuss langes Individuum
wurde im Herbste 1861 von Landshut lebendig hiehergebracht. Ein bei Lau-
fen vor mehreren Jahren in der Salzach gefangenes Exemplar des Sterlet fand
ich im Museum von St. Peter zu Salzburg aufbewahrt. Ein anderes, 25 Zoll
langes Exemplar erhielt das hiesige zoologische Cabinet vor ein Paar Jahren
aus Bogen, wo es in der Donau gefangen ward. Zwei kleine, in der Donau
bei Regensburg gefangene und in der Naturaliensammlung des zoologisch-
mineralogischen Vereins dortselbst aufbewahrte Störe habe ich als A. Ruthenus
erkannt. Der im Jahre 1673 bis Stepperg oberhalb Neuburg die Donau hin-
aufgewanderte Stör, welchen Schrank in seiner Fauna boica als A. Sturio
aufführt, ist auch wohl ein Sterlet gewesen. Die weiteste Donau-Reise hat
offenbar derjenige Sterlet unternommen, welcher am 13ten December 1822
zwischen Günzburg und Ulm in der Donau gefangen wurde. Derselbe hatte
ein Gewicht von 2½ Pfund und eine Länge von 22 Zoll. Martens (a. a. O.)
hat diesen Fisch unrichtig als A. Huso bezeichnet, nach einer mir gemachten
gefälligen Mittheilung des Herrn Director Kraus, welcher diesen in der Samm-
lung des Vereins für vaterländische Naturkunde in Würtemberg noch heute
zu Stuttgart ausgestopft aufbewahrten Fisch genauer untersuchen konnte,
ist derselbe aber nichts anderes als A. Ruthenus.
[362]Familie: Acipenserini.
3. Art. A. stellatus Pall.Stern-Hausen.
Syn. u. Citate.
Perty Nr. 24: pag. 720. Acipenser stellatus.
Fitzinger und Heckel Nr. 12: pag. 287. Acipenser stellatus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 343. Fig. 178 bis 180. Acipenser stellatus,Scherg.
Artcharakter:Die Rückenschilde vorn niedrig, nach hinten am
höchsten und mit einer Spitze endigend; die Seitenschilde
von einander gesondert stehend; die Haut zwischen den
Knochenschilder-Reihen mit sternförmigen Knochenschild-
chen unregelmässig belegt; die Schnauze sehr lang und
spitz; die Bartfäden einfach; die Oberlippe eingebuchtet
und die Unterlippe nur rudimentär in den Mundwinkeln
vorhanden.
Der Stern-Hausen bewohnt das schwarze Meer, wächst bis zu 6 Fuss her-
an und steigt regelmässig die Donau hinauf. In Oestreich wird derselbe nur
selten gefangen. Dass der Stern-Hausen bei seinen Wanderungen sich auch
einmal bis Bayern verirrt hat, darüber liegt nur eine einzige Notiz vor, die
von Perty herrührt, welcher in seiner Fauna monacensis anführt, dass der
A. stellatus höchst selten in der Isar vorkomme.
4. Art. A. Schypa Güldenst.
Syn. u. Citate.
Fitzinger und Heckel Nr. 12: pag. 293. Acipenser Schypa.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 346. Fig. 181 bis 183. Acipenser Schypa,Dick.
Artcharakter:Die Rückenschilde vorn und hinten niedrig, in der
Mitte am höchsten; die Seitenschilde von einander geson-
dert stehend; die Haut zwischen den Knochenschilder-Rei-
hen mit sternförmigen Knochenschildchen unregelmässig
belegt; die Schnauze kurz und abgerundet; die Bartfäden
einfach; die Oberlippe nicht eingebuchtet, die Unterlippe
nur rudimentär in den Mundwinkeln vorhanden.
5. Art. A. Güldenstädtii Brandt.
Syn. u. Citate.
Fitzinger und Heckel Nr. 12. pag. 297. Acipenser Güldenstädtii.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 349. Fig. 184 bis 186. Acipenser Güldenstädtii,Waxdick.
[363]Gattung: Acipenser.
Artcharakter:Die Rückenschilde vorn und hinten niedrig, in der
Mitte am höchsten; die Seitenschilde von einander geson-
dert stehend; die Haut zwischen den Knochenschilder-
Reihen mit sternförmigen Knochenschildchen unregel-
mässig belegt; die Schnauze kurz und abgerundet; die
Bartfäden einfach; die Oberlippe eingebuchtet, die Unter-
lippe rudimentär in den Mundwinkeln vorhanden.
Diese beiden einander sehr nahe stehenden Störarten, von welchen der
erstere eine Grösse von 4 Fuss, der letztere eine Grösse von 12 Fuss errei-
chen kann, sind für die mittlere Donau äusserst seltene Gäste, während sie
von dem schwarzen Meere aus die untere Donau regelmässig besuchen. Von
Fitzinger u. Heckel (a. a. O. pag. 297) wird berichtet, dass der A. Schypa sich
ausserordentlich selten bis Oestreich verliert. Ob derselbe sich schon bis
Bayern hinauf verirrt hat, muss ich zweifelhaft lassen, indem ich an einem
jungen und trocken in der Sammlung des zoologisch-mineralogischen Vereins
zu Regensburg als A. Sturio aufbewahrten Exemplare des A. Schypa die
nähere Bezeichnung des Fundorts vermisste. Weniger zweifelhaft erscheint
das Vorkommen eines A. Güldenstädtii in Bayern, indem Hohberg1) berichtet,
dass im Anfang August 1679 zu Regensburg ein 36 Pfund schwerer Stör ge-
fangen worden sei, welchen man für einen Stern-Hausen gehalten, weil er
über dem Rücken und Leib allenthalben viele Sterne gehabt hat. Die von
Hohberg beigefügte rohe Figur eines solchen Stern-Hausen lässt sich als
A. Güldenstädtii erkennen, und ist auch schon von Fitzinger und Heckel2)
ebenso gedeutet worden.
6. Art. A. Sturio Lin.gemeiner Stör.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 141. Taf. 1. Stör.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 65. n. 1, Syn. nom. pisc. pag. 91. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 403. n. 1. Acipenser Sturio.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 89. Taf. 88. Acipenser Sturio,Stöhr.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 38. Acipenser Sturio,Stör.
Gloger Nr. 88: pag. 70. n. 4. Acipenser Sturio,Stör.
Fitzinger und Heckel Nr. 12: pag. 307. Acipenser Sturio.
Bujack Nr. 97: pag. 313. Acipenser Sturio,Stör.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 185. Acipenser Sturio.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 747. Acipenser Sturio.
Leiblein Nr. 51: pag. 126. Acipenser Sturio,Stör.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 363. Fig. 194 bis 196. Acipenser Sturio,Stör.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Acipenser Sturio,Stör.
[364]Familie: Acipenserini.
Artcharakter:Die Rückenschilde vorn und hinten niedrig, in der
Mitte am höchsten; die grossen Seitenschilde dicht anein-
andergereiht; die Schnauze ein mässig langes gleich-
schenkliges Dreieck darstellend; die Bartfäden einfach;
Oberlippe schmal, Unterlippe wulstig und in der Mitte ge-
theilt.
Der gemeine Stör, welcher von vielen süddeutschen Faunisten mit dem
Sterlet verwechselt worden ist, weicht durch seine kürzere Schnauze, sowie
durch seine ganz anders gebildeten Knochenschilder-Reihen wesentlich von
dem Sterlete ab. Die Zahl seiner Rücken- und Bauchschilder schwankt zwi-
schen 11 und 13, die seiner grossen Seitenschilder zwischen 30 und 33; die
Hautstellen, welche nicht von den Knochenschilder-Reihen bedeckt sind,
zeigen sich mit vielen kleinen, rauhen Knochenkernen besetzt.
Seine Färbung ist heller als die des Sterlets; an Grösse übertrifft der
gemeine Stör den Sterlet um ein beträchtliches, indem derselbe gewöhnlich
eine Länge von 5 bis 6 Fuss erreicht, aber auch bis zu 18 Fuss heranwach-
sen kann.
Die Heimath des gemeinen Störs ist der atlantische Ocean, die Nord-
und Ostsee, sowie das mittelländische und adriatische Meer, von wo aus der-
selbe mit dem beginnenden Frühjahre in alle diesen Meeren zufliessenden
Ströme aufsteigt, um in denselben das Fortpflanzungsgeschäft zu vollziehen,
wobei derselbe den norddeutschen Fischern, namentlich den Elbfischern, all-
jährlich einen ansehnlichen Beitrag zum Anfertigen des sogenannten klein-
körnigen Caviars liefert.
Die Bergreise des gemeinen Störs im Rhein erstreckt sich selten über
den Niederrhein hinaus, daher sein Erscheinen im Mittelrhein schon eine
Seltenheit ist. Noch seltner versteigt sich dieser Stör bis Basel, wo nach
Angabe Hartmann’s 1) ein solcher von 70 Pfund Schwere gefangen wurde.
Ein im Jahre 1859 Ende Juli bei Speyer im Rhein gefangener Stör von 5½ Fuss
Länge wird im hiesigen zoologischen Cabinete aufbewahrt.
7. Art. A. Huso Lin.Hausen.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 65. n. 2, Syn. nom. pisc. pag. 92. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 403. n. 3. Acipenser Huso.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 79. Taf. 129. Acipenser Huso,Hausen.
Schrank Nr. 23 a: pag. 306. nr. 278. Acipenser Huso,Hausen.
Reuss Nr. 21: pag. 445. Acipenser Huso,Hausen.
Fitzinger und Heckel Nr. 12: pag. 320. Acipenser Huso.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 365. Fig. 197 bis 199. Acipenser Huso,Hausen.
[365]Gattung: Acipenser.
Artcharakter:Die Rückenschilde vorn und hinten niedrig, in der
Mitte am höchsten; die kleinen Seitenschilde von einander
gesondert stehend; die Schnauze ein kurzes Dreieck dar-
stellend; die Bartfäden platt; die Oberlippe in der Mitte
wulstig und etwas eingebuchtet, die Unterlippe in der Mitte
getrennt.
Unter allen Stören des schwarzen Meeres trat in früheren Zeiten der
Hausen am häufigsten in die Donaumündungen ein, von wo er schaarenweise
bis Oestreich hinaufgelangt ist. Durch die starke Verfolgung, welcher der
bis zu einer Länge von 24 Fuss heranwachsende Hausen in der unteren Do-
nau stets ausgesetzt war 1), hat seine Menge so bedeutend abgenommen,
dass derselbe in Oestreich gegenwärtig eine Seltenheit geworden ist. Aus
einer Notiz von Schrank2), nach welcher am 27ten November 1692 bei Strau-
bing ein Hausen, der mehr als Mannslänge hatte, in der Donau gefangen wor-
den ist, geht hervor, dass diese Störart schon früher nur höchst selten die
bayrische Donau besuchte, um so weniger kann es uns wundern, dass sich
dieser Fremdling gegenwärtig in diesem höheren Theile der Donau gar nicht
mehr sehen lässt.
[[366]]
Ordnung der Rundmäuler,
Cyclostomi.
Skelet knorpelig; Kiemen festgewachsen und ohne Kiemen-
deckel-Apparat; Saugmund kreis- oder halbkreisförmig mit fleischiger
Lippe und ohne Kiefer; der aalförmige cylindrische Leib ohne Brust-
und Bauchflossen; nur eine einzige Nasenöffnung; im Aortenbulbus
zwei Klappen.
Familie der Lampreten,
Petromyzonini.
Das einfache Nasenloch führt in einen blindendigenden Canal;
sieben Kiemenspalten jederseits am Halse; der Körper nur mit ver-
ticalen Flossen besetzt, welche von vielen knorpeligen Strahlen ge-
stützt werden.
I. Gattung: Petromyzon (nach Linné).
Gattungscharakter:Runder Saugmund; das Innere der Mundscheibe
mit verschiedenen hornigen Zähnen belegt; zwei Rücken-
flossen, die zweite Rückenflosse unmittelbar an die
Schwanzflosse sich anschliessend; der gerade Darm mit
einer Spiralklappe versehen.
Die Lampreten, auch Neunaugen oder Pricken genannt haben in neuster
Zeit durch die merkwürdige Metamorphose, welche an ihnen erkannt worden
ist, die Aufmerksamkeit der Ichthyologen im hohen Grade auf sich gezogen.
[367]Gattung: Petromyzon.
Es ist nur zu bedauern, dass Herr Professor August Müller, von welchem die
Metamorphose des Petromyzon Planeri zuerst erkannt worden ist, noch immer
nicht seine speciellen Untersuchungen darüber der Wissenschaft durch den
Druck übergeben hat, denn die kurzen Notizen1), die wir ihm über diese Ent-
deckung zu verdanken haben, reichen nicht aus, um diejenigen, welche diese
Metamorphose bezweifeln wollen, von der Richtigkeit der gemachten Ent-
deckung zu überführen. Ich muss gestehen, dass ich mich selbst anfangs zu
denjenigen zählen musste, welchen die Behauptung, dass der Ammocoetes
branchialis nur der Larvenzustand von Petromyzon Planeri sei, so auffallend
erschien, dass man dabei die Empfindung eines gewissen Misstrauens nicht
unterdrücken konnte. Erst nachdem vor zwei Jahren bei meinem Besuche in
Berlin Herr A. Müller mich mit Hülfe seiner Präparate und äusserst instructi-
ven Zeichnungen die allmähliche Verwandlung des augenlosen Ammocoetes
branchialis in den grossäugigen Petromyzon Planeri verfolgen liess, sind in mir
alle Zweifel über diese so höchst merkwürdige Verwandlungsgeschichte ver-
schwunden.
Die Formen der verschiedenen Lampreten-Arten stehen sich sehr nahe;
Hauptunterschiede der fertig gebildeten Arten bieten die Zähne des Saug-
mundes sowie die Umrisse der Flossen. Die Zähne der Lampreten bestehen
aus weichen Wülsten von verschiedener Gestalt, auf welchen mehrere Epi-
thelium-Schichten aufliegen. Von diesen ist die äusserste Schicht die här-
teste und gelbbraun gefärbt und stellt eine hornige Zahnscheide dar, welche
leicht abfällt, aber durch die darunter versteckte Epithelium-Schicht in kür-
zester Zeit wieder ersetzt wird2). Die Lippen des Saugmundes legen sich
gern seitlich aneinander, so dass sich der dadurch geschlossene Mund wie
eine Längsspalte ausnimmt. Die Augen besitzen bei allen Arten nach vollen-
deter Metamorphose eine mässige Grösse und stehen weiter vom Vorderrande
des Saugmundes entfernt als von dem rechten Athemloche; auch liegen die
Augen bei den fertig ausgebildeten Lampreten-Individuen gehörig zu Tage,
indem sie nur von einer sehr dünnen und vollkommen durchsichtigen Schicht
der allgemeinen Hautbedeckung überzogen sind. Zwischen beiden Augen ist
auf dem Scheitel des Kopfes das unpaarige Nasenloch angebracht, hinter wel-
chem bei allen Lampreten-Arten ein eigenthümlicher weisser Fleck ange-
bracht ist, der gegen den übrigen stets dunkel gefärbten Rücken dieser Fische
sehr auffällt. Die sieben Kiemenlöcher sind jederseits weitläufig auseinander
gestellt, ohne durch eine Längsfurche untereinander verbunden zu sein. Sie
[368]Familie: Petromyzonini.
sowohl wie die ihnen angehörenden Kiemenhöhlen sind von einem sehr com-
plicirten und sehr beweglichen Knorpelgerüste1) umgeben, durch deren Be-
wegungen der Aus- und Eintritt des Respirationswassers vermittelt wird.
Diese Athembewegungen sieht man besonders lebhaft und kräftig vor sich
gehen, wenn sich die Lamprete mit ihrem Saugmunde fest angesogen hat,
wobei sowohl das Ausathmen wie das Einathmen des Wassers durch die Kie-
menöffnungen statt findet2).
Die Haut der Lampreten erscheint glatt und schlüpfrig ohne Hautcon-
cremente und ohne Seitenlinie; vielleicht wird die letztere durch die ver-
schiedenen Reihen von Hautporen, die auf der Kopfhaut angebracht sind,
ersetzt. Die Nahrung der Lampreten besteht theils aus abgestorbenen thie-
rischen Körpern theils aus lebenden Wasserinsecten und Gewürme so wie aus
schlammigen Niederschlägen des Wassers, in welchen viele organische Stoffe
suspendirt sind; sie sollen sich aber auch an lebende Fische festsaugen
und alsdann durch Benagung mit Hülfe ihrer hornigen Zähne sich tief in
den Körper solcher Fische einbohren können. In Bezug auf die innere Orga-
nisation der Lampreten lässt sich noch hervorheben, dass denselben eine
Schwimmblase fehlt, und dass die Geschlechtswerkzeuge als Hoden oder Eier-
stock nicht doppelt sondern immer einfach vorhanden sind. Bei beiden Ge-
schlechtern vermisst man die Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane, der
Same sowohl wie die Eier gelangen unmittelbar in die Leibeshöhle und von
da durch eine hinter dem After angebrachte Urogenitalpapille nach aussen3).
1. Art. P. marinus Lin.Seelamprete.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 183. Taf. 23. Lampreth.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 64. n. 2, Syn. nom. pisc. pag. 90. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 394. n. 1. Petromyzon marinus.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 38. Taf. 77. Petromyzon marinus,Lamprete.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 27. Petromyzon marinus,Lamprete.
Bujack Nr. 97: pag. 314. Petromyzon marinus,Lamprete.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 226. Petromyzon marinus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 1025. Petromyzon marinus.
Günther Nr. 47: pag. 131. Petromyzon marinus,grosses Neunauge.
Leiblein Nr. 51: pag. 127. Petromyzon marinus,Lamprete.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 374. Fig. 200 u. 201. Petromyzon marinus,Pricke.
Rosenhauer Nr. 50: pag. 186. Petromyzon marinus,Meerpricke.
Fritsch Nr. 75. pag. 205. Petromyzon marinus,Pricke.
[369]Gattung: Petromyzon.
Artcharakter:Die Saugscheibe trägt in ihrer Mitte verschiedene
grössere Zähne, welche nach aussen von mehreren Reihen
kleiner Zähne eingefasst sind; an der Stelle des Oberkie-
fers befindet sich ein grosser zweispitziger Zahn; statt des
Unterkiefers ist eine bogenförmige sieben- bis achtspitzige
Zahnleiste vorhanden; die zweite Rückenflosse ist von der
ersten durch einen weiten Zwischenraum getrennt.
Die Seelamprete besitzt von allen unseren Arten den gestrecktesten Leib;
ihre wulstige Lippe ist nach innen von einem Kranze dichtstehender und zer-
faserter Cirrhen eingefasst. Die Saugscheibe trägt in ihrer Mitte mehrere
grössere ein- oder zweispitzige Zähne, welche nach aussen von mehreren
Reihen sehr kleiner Zähne umstellt sind; einer dieser zweispitzigen Zähne
a. Oberkiefer-Zähne.
b. Unterkiefer-Zähne.
vertritt die Stelle eines Oberkiefers; als Unterkiefer
wirkt eine halbmondförmig gebogene sieben- bis acht-
spitzige Zahnleiste1). Die Zunge trägt drei grössere
Zähne, von welchen der mittlere eine dreieckige Platte
darstellt, deren eine Spitze mit gezähnelten Seiten-
rändern nach hinten gerichtet ist, während die beiden
äusseren Zähne zwei sehr stark gebogene ungleich-
schenkelige Leisten darstellen, welche einen scharf
gezähnelten Rand besitzen.
Die erste Rückenflosse beginnt hinter der Mitte des
Rückens und besteht aus einem gestreckten und flach
bogenförmigen Hautlappen. Die bei weitem längerge-
streckte zweite Rückenflosse beginnt nach einem be-
deutenden Zwischenraume und erhebt sich anfangs
ziemlich rasch und hoch, um sich alsdann sehr all-
mählich zu erniedrigen, an ihrem Hinterende etwas steil absteigend geht sie
unmittelbar in die Schwanzflosse über, die anfangs als ein ganz niedriger
Hautsaum verläuft, dann etwas höher wird und als breiter abgerundeter Haut-
lappen die seitlich zusammengedrückte Schwanzspitze umgiebt. Auf der Un-
terseite verliert sich die Schwanzflosse immer niedriger werdend zu einem
einfachen Längswulste, der sich bis zum After erstreckt. Dieser befindet
sich unter dem Vorderende der zweiten Rückenflosse und ist in einem kurzen
Längsspalt angebracht, aus welchem die Urogenitalpapille als eine kurze
dicke Röhre kaum hervorragt.
v. Siebold, Fische. 24
[370]Familie: Petromyzonini.
Die Färbung der Seelamprete ist dadurch sehr charakteristisch, dass der
Rücken und die Seiten des Körpers auf weisslichem Grunde schwarzbraun oder
dunkelolivengrün marmorirt erscheinen, während die Bauchseite einfach weiss
bleibt. Es erreicht die Seelamprete oder Meerpricke von allen Petromyzon-
Arten die ansehnlichste Grösse, indem dieselbe gewöhnlich in einer Länge von
20 bis 25 Zoll vorkömmt, aber auch bis zu einer Länge von 3 Fuss aus-
wachsen kann. Das Fleisch dieses Fisches wird als sehr wohlschmeckend ge-
schätzt, aber auch für sehr schwer verdaulich gehalten. Die meiste Zeit ihres
Lebens bringt die Seelamprete im Meere zu, nur im Frühjahre bemerkt man
einzelne Individuen die Flüsse hinaufsteigen, bei welcher Gelegenheit dieser
Fisch schon bis Strassburg, ja bis Basel den Rhein und bis Heilbronn den Neckar
hinaufgelangt ist. Man findet mit Ausnahme des schwarzen Meeres alle, die Küsten
Europa’s bespülenden Meere von der Seelamprete bewohnt. Fast alle Ichthyo-
logen und Faunisten stimmen in der Angabe überein, dass die Seelampreten
im Frühjahre das Meer verlassen und die Flüsse hinaufwandern, um in diesen
zu laichen, wobei dieselben zum Ablegen der Eier Gruben anfertigen, indem
sie an einer gewissen Stelle vom Boden des fliessenden Wassers alle Steine
mit dem Saugmunde forttragen. Ich berufe mich vor allen auf den erfahrenen
Baldner, welcher (a. a. O.) von den Seelampreten erzählt: »Kommen im
Mertzen das Wasser herauf, sind dann zum besten und voll Rogen. Laichen
im April im strengen Wasser auf Steinboden. Machen Gruben, tragen mit
den Mäulern zweipfündige Stein um die Gruben herum«. Allen diesen Angaben
gegenüber könnte man einwenden, dass, wenn wirklich die Seelamprete dazu
bestimmt ist, in den Flüssen zu laichen, dieser Fisch immer nur selten und
vereinzelt an diesen vermeintlichen Laichstellen angetroffen wird, und dass
überhaupt noch keine Brut und keine Jungen der Seelamprete weder in grösse-
rer Anzahl noch einzeln in den oberen Theilen der Flussgebiete, wo die See-
lampreten laichen sollen, beobachtet worden sind. Hiernach erscheint es mir
nicht unangemessen, einige Bemerkungen zu wiederholen, welche Günther
(Nr. 47: pag. 133) über die Wanderung und Fortpflanzung der Seelamprete
in folgender Weise ausgesprochen hat: »Beinahe jedes Jahr fängt man diesen
Fisch im Frühjahre bei Heilbronn und sogar in der Enz, zum Theil von be-
trächtlicher Grösse. Allgemein behauptet man, dass das (See-)Neunauge um
diese Zeit in die Flüsse steige, um zu laichen. Es schwimmt jedoch zu schlecht,
als dass man begreifen könnte, wie es in so kurzer Zeit den bedeutenden Weg
zurückzulegen vermag. Ich halte es daher für nicht unwahrscheinlich, dass
die so hoch in den Flüssen gefangenen (See-)Neunaugen sich an andere Meer-
fische angesaugt haben, und mit diesen heraufgekommen sind. Dafür spricht,
dass das (See-)Neunauge immer zugleich mit dem Lachse und dem Maifische
ankommt und dass man meines Wissens noch nie eine Brut von ihm im Neckar
angetroffen hat«. Ich glaube, dass diese Aeusserungen nicht unbeachtet blei-
[371]Gattung: Petromyzon.
ben dürfen und zu der Annahme berechtigen: die in weit vom Meere entfern-
ten Theilen eines Flussgebiets als seltene Erscheinungen vorkommenden See-
lampreten sind nichts anderes als verirrte Fremdlinge. Von solchen aus der
Elbe in die Saale bis Halle und in die Havel bis Spandau verirrten Seelam-
preten hat Bloch (a. a. O. pag. 39), von einem anderen aus dem Rhein in den
Main und von da in die Regnitz bis Erlangen verirrten Individuum hat Rosen-
hauer (a. a. O.) Bericht erstattet. Es scheint daher Nau’s Aussage wirklich
Rücksicht zu verdienen, indem derselbe angiebt1), dass die Seelampreten zur
Laichzeit im Mai und noch früher die Mündungen der an die See grenzenden
Flüsse besuchen, aber nur selten bis an ihren Ursprung aufsteigen. Dass diese
Fische alsdann die Gelegenheit finden und benutzen, sich an die um dieselbe
Zeit in die Flussmündungen eintretenden Lachse und Maifische anzusaugen
und so eine Strecke der Reise dieser Wanderfische mitzumachen, dies scheint
mir in der That nicht unwahrscheinlich zu sein, wenigstens stimmen hiermit
manche Angaben älterer Naturforscher überein; so sagt Gesner2), dass die
Seelampreten mit dem Maule an den aus dem Meere aufsteigenden Salmen
festgesogen diese begleiten, und durch Pennant3) erfahren wir, dass die See-
lampreten in Gesellschaft der Lachse und Maifische gefangen werden. Aus
diesem Grunde mag auch die Excursion, welche A. Müller4) zur Auffindung
der Jugendzustände des Petromyzon marinus längs der Elbe unternommen,
ohne Resultat geblieben sein.
Wenn ich die vorhandenen Beschreibungen und Abbildungen des Petro-
myzon marinus ins Auge fasse, so scheint in der That mit Ausnahme von Pa-
nizza keinem der bisherigen Beobachter der Seelampreten ein brünstiges Indi-
viduum derselben zu Gesicht gekommen zu sein; die verschiedenen Darstel-
lungen des Petromyzon marinus beziehen sich alle mehr oder weniger auf noch
nicht ganz geschlechtsreife Individuen, weil die im Laichen begriffenen Indi-
viduen, wie es scheint, nicht bis in die oberen Seitenflüsse der Hauptströme
hinaufsteigen, sondern mehr in den unteren Theilen der Hauptströme ihr Fort-
pflanzungsgeschäft vollbringen und sich so leichter der Aufmerksamkeit der
Fischer entziehen. Solche wirklich im Laichen begriffenen Seelampreten,
welche bei Pavia im Po und Ticino während des Frühjahres gefangen worden
waren, hat Panizza zu seiner Beschreibung des Petromyzon marinus benutzt5),
daher dieselbe von jenen Beschreibungen, welchen nicht brünstige Seelam-
24*
[372]Familie: Petromyzonini.
preten zum Grunde gelegen haben müssen, in mancher Beziehung auffallend
abweicht. Folgendes darf ich aus dieser Beschreibung Panizza’s als beson-
ders bedeutungsvoll nicht unerwähnt lassen. Bei den männlichen brünstigen
Seelampreten erkannte Panizza1) eine gallertartige Hautfalte, welche sich
vom Nacken bis zum Anfang der ersten Rückenflosse auf der Mittellinie des
Rückens erstreckte, während bei den weiblichen brünstigen Individuen sich
vom After aus die allgemeine Hautbedeckung als eine weiche geschwol-
lene Hautfalte bis gegen die Schwanzflosse hinzog2). Die Angabe Panizza’s,
dass diese Seelampreten nach beendigtem Laichgeschäfte stets todt im Flusse
aufgefischt werden3), muss besonders überraschen, da sie mit weiter unten
zu erwähnenden ganz ähnlichen Beobachtungen des A. Müller genau über-
einstimmt.
2. Art. P. fluviatilis Lin.Fluss-Neunauge.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 185. Taf. 24. Perel oder Prickh.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 64. n. 1, Descr. spec. pisc. pag. 99. n. 1. Syn. nom. pisc.
pag. 89. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 394. n. 2. Petromyzon fluviatilis.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 41. Taf. 78. Fig. 1. Petromyzon fluviatilis,Neunauge.
Schrank Nr. 23 a: pag. 304. n. 274. Petromyzon fluviatilis,gemeines Neunauge.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 32. Petromyzon fluviatilis,Neunauge.
Gloger Nr. 88: pag. 70. n. 1. Petromyzon fluviatilis,Fluss-Neunauge.
Bujack Nr. 97: pag. 314. Petromyzon fluviatilis,Neunauge.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 226. Petromyzon fluviatilis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 1042. Petromyzon fluviatilis.
Günther Nr. 47: pag. 134. Petromyzon fluviatilis,kleines Neunauge.
Leiblein Nr. 51: pag. 127. Petromyzon fluviatilis,Flusspricke.
[373]Gattung: Petromyzon.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 377. Fig. 202. Petromyzon fluviatilis,Neunauge.
Rosenhauer Nr. 50: pag. 187. Petromyzon fluviatilis,Neunauge.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Petromyzon fluviatilis,Neunauge.
Artcharakter:Die Saugscheibe trägt in ihrer Mitte einen einfa-
chen Kreis grösserer Zähne, von denen je drei die innere
Mundöffnung jederseits umgebende Zähne die grössten
und zugleich zweispitzig sind; den Rand der Saugscheibe
hält eine einfache Reihe sehr kleiner Zähne besetzt; statt
des Oberkiefers ist eine halbmondförmige jederseits mit
einem starken spitzen Zahne endigende Hornleiste vorhan-
den; die Stelle des Unterkiefers vertritt eine bogenförmige
mit sieben sehr spitzigen Zähnen bewaffnete Hornleiste,
deren Endzähne die übrigen fünf an Grösse überragen;
die zweite Rückenflosse ist von der ersten durch einen wei-
ten Zwischenraum getrennt.
Von unseren drei Pricken-Arten ist das Fluss-Neunauge die bekannteste
Form. Der Körper des Fluss-Neunauges erscheint ziemlich lang gestreckt.
Die wulstige Lippe ist nach innen durch eine dichte Reihe comprimirter fin-
a. Oberkie-
fer-Zähne.
b. Unterkie-
fer-Zähne.
gerförmig gelappter Cirrhen eingefasst. Die Bezahnung der Saug-
scheibe zeichnet sich durch die halbmondförmige beiderseits mit
einem starken spitzigen Zahne versehene Oberkieferleiste aus;
hinter der mit sieben sehr spitzen Zähnen bewaffneten Unterkiefer-
leiste, deren Endzähne zuweilen zweispitzig sind, befindet sich eine
kleine vierzähnige Querleiste, auf welche die Zungenleiste folgt. Diese
besteht aus einer halbmondförmigen Hornleiste, auf welcher sich
in der Mitte ein sehr grosser spitzer Zahn erhebt, während zu bei-
den Seiten desselben je sechs kleine spitze Zähne angebracht sind.
Die erste Rückenflosse, welche etwas vor der Mitte des Rückens
beginnt, besteht aus einem gestreckten flach bogenförmigen Haut-
lappen, die zweite Rückenflosse dagegen, welche in einiger Entfer-
nung hinter der ersten beginnt, erhebt sich anfangs in schräger Richtung ziem-
lich hoch, fällt dann in einem stumpfen Winkel nach hinten ab, und zieht sich
immer niedriger werdend ziemlich lang hin, bis sie zuletzt ohne besonderen
Absatz in die abgerundete Schwanzflosse übergeht. Diese letztere verhält
sich fast ganz wie die Schwanzflosse der Seelamprete. Aus der engen After-
spalte, welche unter dem Vorderende der zweiten Rückenflosse angebracht
ist, erhebt sich eine kurze dicke nach hinten gerichtete Urogenitalpapille.
Die Rückenseite des Fluss-Neunauges besitzt eine gleichmässige blau-
[374]Familie: Petromyzonini.
grüne Färbung, wogegen die Seiten desselben schmutziggelb und die Unter-
seite silberglänzend gefärbt erscheint.
Im ausgewachsenen Zustande erreichen diese Neunaugen eine Länge von
meistens 12 bis 15 Zoll selten bis 18 Zoll.
Sie bewohnen wie die Seelampreten das salzige Wasser und finden sich
ohne Ausnahme in allen Meeren, welche die Küsten von Europa bespülen. Auch
die Fluss-Neunaugen verlassen, wie die Seelampreten, das salzige Wasser
und steigen im Frühjahre die meisten europäischen Flüsse hinauf, um in die-
sen zu laichen. Aus den nordischen Meeren, aus der Nord- und Ostsee tre-
ten sie jedoch in zahlreicheren Schaaren in die Flüsse ein, als aus dem schwar-
zen und Mittelmeer. Auch unternehmen die Fluss-Neunaugen viel weitere
Wanderungen als die Seelampreten, indem sie bis zu den entferntesten klei-
nen Seitenflüssen der verschiedenen Flussgebiete hinaufdringen. Im Herbste
findet ein allgemeines Hinabsteigen der Fluss-Neunaugen nach dem Meere hin
statt, wobei sie nicht wie die zum Meere rückkehrenden Lachse und Maifische
verschrumpfte Geschlechtsorgane enthalten und ganz abgemagert erscheinen,
sondern wohlgenährt und mit ziemlich entwickelten Hoden oder Eierstock
ausgestattet sind, daher der Fang der Neunaugen ihres beliebten Fleisches
wegen an den in die Nord- und Ostsee ausmündenden Flüssen sowohl im
Frühjahre wie im Herbste betrieben wird.
Dass auch die Fluss-Neunaugen nach vollendetem Laichgeschäfte abster-
ben, scheint aus gewissen Andeutungen älterer Naturforscher hervorzugehen.
Bomare1) sagt von diesem Fische, er lebe nicht über zwei Jahre und Statius
Müller2) fügt hinzu, dass das Fluss-Neunauge, wenn es ausgelaicht habe,
langsam abnehme und sterbe. Obwohl A. Müller3) diese merkwürdige Er-
scheinung an dem Fluss-Neunauge nicht mit Bestimmtheit hat bestätigen kön-
nen, so hat er sie doch auch nicht in Abrede stellen wollen.
A. Müller4) fand auch die Larvenform, das heisst die Ammocoetes-Form
des Fluss-Neunauges, die aber der Larvenform des Petromyzon Planeri so
ähnlich sah, dass es ihm erklärlich wurde, warum bis jetzt nur eine einzige
Querderform, nämlich die des Ammocoetes branchialis beschrieben worden ist.
[375]Gattung: Petromyzon.
3. Art. P. Planeri Bl.kleines Neunauge.
Syn. u. Citate.
a.Vollendete Petromyzon-Form.
Baldner Nr. 42: pag. 187. Taf. 25. Dreyerlei sehende Neunhockhen. (Darunter
ein doppelschwänziges Individuum.)
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 47. Taf. 78. Fig. 3. Petromyzon Planeri,kleines Neunauge.
Gloger Nr. 88: pag. 70. n. 3. Petromyzon Planeri,kleines Neunauge.
Koch Nr. 19: pag. 43. Petromyzon Planeri,kleines Neunauge.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 226. Petromyzon Planeri.
Rathke Nr. 98: pag. 19. Petromyzon Planeri,kleine Pricke.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 1052. Petromyzon Planeri.
Günther Nr. 47: pag. 135. Petromyzon Planeri.
Leiblein Nr. 51: pag. 127. Petromyzon Planeri,kleine Pricke.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 380. Fig. 203. Petromyzon Planeri,kleines Neunauge.
Rosenhauer Nr. 50: pag. 187. Petromyzon Planeri,Neunauge.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Petromyzon Planeri,kleines Neunauge.
b.Jugendliche Ammocoetes-Form.
Baldner Nr. 42: pag. 187. Taf. 25. Blinder Neunhockhen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 64. n. 3, Syn. nom. pisc. pag. 90. n. 3.
Linné Nr. 2: pag. 394. n. 3. Petromyzon branchialis.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 45. Taf. 78. Fig. 2. Petromyzon branchialis,Querder. (sehr
unkenntlich.)
Schrank Nr. 23 a: pag. 304. n. 275. Petromyzon branchialis,Uhle.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 35. Petromyzon branchialis,kleines Neunauge.
Gloger Nr. 88: pag. 70. n. 2. Petromyzon branchialis,Querder.
Bujack Nr. 97: pag. 315. Petromyzon branchialis,Querder.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 227. Ammocoetes branchialis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 1060. Ammocoetes branchialis.
Günther Nr. 47: pag. 135. Ammocoetes branchialis,kleines Neunauge.
Leiblein Nr. 51: pag. 127. Ammocoetes branchialis,Querder.
Heckel und Kner Nr. 13. pag. 382. Fig. 204. Ammocoetes branchialis,Uhlen.
Rosenhauer Nr. 50: pag. 187. Ammocoetes branchialis,Neunauge.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Ammocoetes branchialis,Querder.
Artcharakter:Die Saugscheibe trägt in ihrer Mitte einen einfachen
Kreis grösserer Zähne, von denen je drei die innere Mund-
öffnung jederseits umgebende Zähne die grössten und zu-
gleich zweispitzig sind; den Rand der Saugscheibe hält
eine einfache Reihe sehr kleiner Zähne besetzt; an Stelle
des Oberkiefers befindet sich eine halbmondförmige an
beiden Enden mit einem dicken stumpfen Zahne versehene
Hornleiste; dem Unterkiefer entspricht eine bogenförmige
mit sieben stumpf abgerundeten Zähnen versehene Horn-
leiste, deren Endzähne die übrigen an Grösse überragen;
die zweite Rückenflosse beginnt unmittelbar hinter der
ersten Rückenflosse.
[376]Familie: Petromyzonini.
Das kleine Neunauge steht dem Fluss-Neunauge in Bezug auf die wul-
stige kreisrunde Lippe und auf die Zahl und Anordnung der hornigen Zähne
des Mundnapfes und der Zunge ausserordentlich nahe, jedoch mit dem Unter-
a. Oberkie-
fer-Zähne.
b. Unterkie-
fer-Zähne.
schiede, dass alle Zähne, namentlich die der Ober- und Unterkie-
ferleiste sowie der Zungenleiste ganz stumpf abgerundet sind; ich
muss aber darauf aufmerksam machen, dass weder Yarrell1) noch
Heckel und Kner2) den Zahnapparat des Petromyzon Planeri rich-
tig abgebildet haben. Die Angabe der beiden letzteren Ichthyolo-
gen, dass bei den kleinen Neunaugen die dem Unterkiefer entspre-
chende halbbogenförmige Zahnleiste 12 gleichstarke Zähne trage,
kann ich durchaus nicht bestätigen.
Der Körper dieses Fisches ist im Vergleich zu dem Petromyzon
fluviatilis um vieles weniger in die Länge gestreckt. Die erste
Rückenflosse beginnt auf der Mitte des Rückens und stellt einen
flach bogenförmigen Hautlappen dar. Unmittelbar hinter ihr beginnt die
zweite Rückenflosse, welche sich in schräger Richtung ziemlich hoch erhebt
und noch vor ihrer Mitte in einem stumpfen Winkel nach hinten allmählich
abfällt. Aus ihr geht ohne merklichen Absatz die anfangs niedrige Schwanz-
flosse hervor, die am Schwanzende einen breiteren abgerundeten Saum bildet
und bei den männlichen Individuen sich auf der Unterseite als ein kaum merk-
licher Hautwulst bis zum After hinzieht, während bei den weiblichen Indivi-
duen diese Schwanzflosse, nachdem sie ebenfalls auf der Unterseite ganz
niedrig geworden, sich nach vorn hinziehend immer höher wird und in eine
deutliche aber strahlenlose Afterflosse übergeht, welche dicht hinter dem
After einen abgerundeten Hautlappen darstellt. Aus der Afterspalte, welche
unter dem Vorderende der zweiten Rückenflosse angebracht ist, ragt bei den
Milchnern eine sehr lange dünne Urogenitalpapille gerade nach unten her-
vor, eine ähnliche aber etwas kürzere Papille ist bei den Rognern vorhanden.
Bei beiden Geschlechtern zeigen sich die Seitenlippen der Afterspalte mehr
oder weniger geschwollen.
Die blaugrüne Färbung des Rückens und der Silberglanz des Bauches ist
bei den kleinen Neunaugen ganz von derselben Beschaffenheit wie bei dem
Fluss-Neunauge.
In der Grösse variirt der Petromyzon Planeri ausserordentlich, ich habe
Individuen von 4½ Zoll bis zu 10 und selbst bis zu 13 Zoll vor mir.
[377]Gattung: Petromyzon.
Sein Vorkommen ist ein ausserordentlich verbreitetes; in allen Flussge-
bieten Deutschlands ist das kleine Neunauge bis zu den kleinsten Nebenbächen
hinauf anzutreffen, jedoch ungleich seltner als seine Larven, welcher Umstand
mit der ganz eigenthümlichen von A. Müller zuerst aufgedeckten Verwand-
lungs- und Fortpflanzungsgeschichte dieses Fisches in enger Beziehung steht.
Das kleine Neunauge verharrt in seinem Larvenzustande, nämlich in der Form
des Ammocoetes drei bis vier Jahre, wogegen nach den Beobachtungen A.
Müller’s1) die Lebensdauer des ausgebildeten Thieres nur eine kurze ist, kein
Wunder also, dass Ammocoetes branchialis trotz seines versteckten Aufent-
halts den Fischern und Ichthyologen viel häufiger in die Hände geräth als der
Petromyzon Planeri, der von manchen Faunisten gänzlich übersehen wurde,
während ihm seine Larvenform, der Ammocoetes branchialis nicht entgangen
war. Das seltenere Vorkommen des fertigen Petromyzon Planeri mag auch
die Veranlassung gewesen sein, dass die Ichthyologen mit diesem Fische we-
niger vertraut geworden sind und weder in Abbildungen noch in Beschrei-
bungen, die sie nur zu häufig von einander entlehnten, die wahre Form die-
ses Fisches wiedergegeben haben. Die Afterflosse der geschlechtsreifen
Weibchen des kleinen Neunauges finde ich nirgends erwähnt, auch sind die
Rückenflossen desselben nur von wenigen Ichthyologen richtig aufgefasst wor-
den; selbst Bloch, welcher dieses kleine Neunauge zuerst beschrieb, hat
dasselbe mit weit von einander getrennten Rückenflossen so unkenntlich
dargestellt, dass Günther (a. a. O.) sich veranlasst sah, diese Abbildung für
einen jungen Petromyzon fluviatilis zu erklären. Da die meisten übrigen bild-
lichen Darstellungen des Petromyzon Planeri nur Copien dieser Bloch’schen
Figur sind, so halte ich es nicht für unangemessen auf folgende Abbildungen
aufmerksam zu machen, welche wenigstens die beiden Rückenflossen dieses
Fisches in einem richtigen Verhältniss zu einander erkennen lassen. Als solche
gute Abbildungen des Petromyzon Planeri empfehle ich die von Lacépède2)
und von Yarrell3), welche letztere von Krøyer4) copirt worden ist.
Die Laichzeit des kleinen Neunauges findet im Frühjahre statt und be-
ginnt mit den ersten warmen Tagen des April. A. Müller5) hat das Glück
gehabt in der Panke, einem kleinen innerhalb Berlin sich in die Spree er-
giessenden Bache den Petromyzon Planeri bei seinem Laichgeschäfte sehr ge-
nau zu beobachten. Er sah von diesen kleinen Neunaugen zehn und mehr
Stücke in Schwärmen beisammen, von welchen einzelne Milchner sich am
Nacken der Rogner festsogen und in einer halben Windung nach der Unter-
[378]Familie: Petromyzonini.
seite desselben hinabbogen, um die abgehenden Eier zu befruchten, ohne
dass eine Immissio der Urogenitalpapille vorgenommen wurde. Nach dieser
Beobachtung A. Müller’s erhält eine bisher wenig beachtete Notiz, welche
von Baldner herrührt und sich auf Petromyzon Planeri bezieht, ein besonde-
res Gewicht. Dieser erfahrene Fischer berichtet von den kleinen Neunaugen
unter anderen1): »Dieser Neunhocken oder Neunaug hatt seinen Leych im
Mertzen und Aprill. Sie hangen an den Steinen hauffecht beyeinander, wo
das Wasser starkh laufft, da machen sie dieffe grüblein, darin thut sich das
paar mit den Bauchen zusammen, ihre geylheit zu verrichten, welches ich
sonsten von keinem Fisch also gesehen, alss von den Neunhocken, dieweil
sie in den Wassern, da es nicht dieff, leychen, dass mans wohl sehen kann«.
Eine höchst interessante Thatsache, welche A. Müller2) bei diesen Beo-
bachtungen noch erkannt hat, ist das vollständige Verschwinden der kleinen
Neunaugen nach überstandener Laichzeit. Aller Nachsuchungen ungeachtet
hatte A. Müller keine Spur mehr von ihnen auffinden, sondern nur einige ihrer
Leichname im Wasser wahrnehmen können. Da ausserdem die Ovarien die-
ser Neunaugen nie Eier von verschiedenen Entwicklungsstadien als Vorberei-
tung zu einer künftigen Fortpflanzungszeit enthalten, wie bei anderen Thieren,
und da sie kurz nach der Laichzeit nichts weiter als die leeren Kelche enthal-
ten, so durfte A. Müller mit Recht hieraus schliessen, dass diese kleinen
Neunaugen mit ihren gänzlich erschöpften Geschlechtswerkzeugen nach der
Laichzeit untergehen. Ich habe mich ebenfalls von dem vollkommen eier-
losen Zustande der Ovarien bei ausgelaichten kleinen Neunaugen überzeugen
können, und muss noch einmal darauf zurückkommen, dass aus bereits oben
angeführten Gründen (pag. 372. u. pag. 374.) die Vermuthung Müller’s
nahe liegt, dass bei Petromyzon marinus und fluviatilis ähnliche Verhältnisse
statt finden. Ja, ich gehe noch weiter und werfe die Frage auf, ob nicht auch
eine solche nur einmal im Leben erwachende Fortpflanzungsthätigkeit mit
nachfolgendem Tode die Ursache sein mag, dass die in das Meer hinausge-
wanderten Aale von dort (s. pag. 352) nie mehr zurückkehren?
Die Entwicklung der befruchteten Eier des Petromyzon Planeri, welche
im Mai vollendet ist, versetzte A. Müller in neues Erstaunen, indem die
daraus hervorschlüpfenden jungen Fische vollkommen jungen Querdern gleich-
sahen3), welche bei weiterem Heranwachsen von Ammocoetes branchialis nicht
[379]Gattung: Petromyzon.
zu unterscheiden waren. Diese Entdeckung musste den eifrigen Beobachter
auf den Gedanken bringen, dass Ammocoetes branchialis die Larve des Petro-
myzon Planeri sei und dass sich diese Larven in ihren verschiedenen Meta-
morphosen bis zum vollkommenen Petromyzon Planeri draussen im Freien
finden müssen. In der That gelang es A. Müller, die verschiedenen Ver-
wandlungszustände der kleinen Neunaugen vom blinden Ammocoetes bran-
chialis bis zum ausgebildeten grossäugigen Petromyzon Planeri aufzufinden.
A. Müller1) überzeugte sich, dass die Jungen der kleinen Neunaugen zu
Querdern von mehreren Zoll Länge auswachsen, wozu sie drei bis vier Jahre
Zeit gebrauchen, und dass sie sich nicht vor dem vierten Jahre in Petromyzon
Planeri verwandeln. Es ist eine bekannte Sache, dass Ammocoetes branchialis
eine Länge von 6 bis 7 Zoll erreicht, ohne dass sich auch die Spur einer an-
gefangenen Metamorphose an ihm wahrnehmen lässt. Es müssen aber in die-
ser Beziehung grosse Ungleichheiten statt finden, manche Querderlarven
scheinen sich schon ziemlich früh in Neunaugen umzuwandeln, während an-
dere Individuen um vieles grösser auswachsen, ehe sie in die Neunaugenform
übergehen. Eine Sendung von mehreren Individuen des P. Planeri aus Hol-
stein, welche ich Herrn Professor Behn in Kiel zu verdanken hatte, enthielt
neben einem 4½zölligen männlichen Individuum ein 10¼zölliges männliches
und sogar ein 13zölliges weibliches Individuum.
Im vollständig ausgewachsenen Larven- oder Ammocoetes-Zustande bie-
tet P. Planeri folgende Körperform dar. Der Kopf ist sehr klein, so dass das
vorderste der sieben Kiemenlöcher dem Mundnapfe jederseits sehr nahe
steht, der Mundnapf wird von einer sehr grossen Oberlippe und einer sehr
kleinen Unterlippe umgeben. Die Oberlippe ragt über die letztere weit her-
vor und schliesst dieselbe von beiden Seiten her fast vollständig ein. Der
Eingang zur zahnlosen Mundhöhle ist hinter den Lippen von mehreren grösse-
ren verästelten Bartfäden rund herum besetzt, vor ihnen zeigt sich die innere
Fläche der Oberlippenmitte mit kleinen zerfaserten Papillen dicht bewach-
sen. Unmittelbar hinter der Oberlippe befindet sich das unpaarige Nasenloch
auf der Mittellinie der Stirn, und zu beiden Seiten desselben die winzigen
Augäpfel, welche in einer seichten Grube von der allgemeinen Hautbedeckung
überzogen, tief verborgen liegen. Ueber die sieben Kiemenöffnungen jeder
Seite zieht sich eine tiefe Längsfurche hin. Die Rückenflosse beginnt auf der
Mitte des Rückens und zieht als ein niedriger, strahlenloser Hautsaum bis
zum Schwanze hin, wobei sich dieser Hautsaum zweimal, das zweite Mal et-
was mehr als das erste Mal flach bogenförmig erhebt und so eine erste und
zweite Rückenflosse andeutet. An dem Schwanzende bildet die Fortsetzung
dieses Hautsaumes einen etwas breiteren oberen und unteren Lappen als An-
deutung einer Schwanzflosse. Unter der zweiten Erhebung der Rückenhaut-
[380]Familie: Petromyzonini.
falte ist eine kurze enge Afterspalte angebracht, aus welcher keine Papille
hervorragt.
Die Farbe dieser Ammocoetes-Larve ist schmutziggelb, auf dem Rücken
zu beiden Seiten der gelben Mittellinie mit einem dunkelbraunen Längsstreif,
der sich nach vorn über die Oberlippe hinzieht. Silberglanz ist nirgends in
der Haut wahrzunehmen.
In diesem Zustande lebt diese Larve stets im lehmigen Schlamme ver-
borgen, und verlässt nur gezwungen ihren Versteck. Ihren Mundnapf benutzt
dieselbe niemals zum Ansaugen. Den Trieb sich im Schlamm verborgen zu
halten, zeigen die jungen Ammocoetes von Anfang an, wie ich mich an den 6
Linien langen, von A. Müller selbst gezogenen jungen Ammocoetes-Larven
mit eigenen Augen überzeugte.
Da Petromyzon Planeri nur einmal in seinem Leben laicht und dann ab-
stirbt, so tritt eine Zeit ein, nämlich im Juli und August, während welcher
dieses kleine Neunauge in den Gewässern gänzlich fehlt. Erst mit dem Ende
August beginnt die Entstehung neuer Individuen durch die Metamorphose des
Ammocoetes branchialis, welche, nach einer mündlichen Mittheilung von
A. Müller, vom August bis Januar währt.
Bei dieser Umwandlung des Ammocoetes branchialis in Petromyzon Planeri,
wie ich sie theils an den von A. Müller mir gütigst mitgetheilten Weingeist-
Präparaten theils an verschiedenen in den Eger- und Nab-Gewässern ge-
sammelten Exemplaren habe verfolgen können, beginnen die verschiedenen
Organe des Kopfes und Brustkorbes zuerst ihre Metamorphose, während die
Flossen und die Afterspalte erst später mit ihren Veränderungen nachfolgen.
Das erste, wodurch äusserlich der Anfang der Metamorphose eingeleitet wird,
ist eine seitliche Einschnürung der Oberlippe, durch welche die Seitentheile
derselben stark nach innen gedrängt und der Vorderrand derselben nach un-
ten gezogen wird. Die nächste Folge dieser Einschnürung der Oberlippe ist
die Verwachsung und Verschmelzung der Unterlippe mit den Seitenlappen
der Oberlippe. Durch diese Verwachsung entsteht eine runde aber auch sehr
enge Mundöffnung, welche zugleich von einem conischen Hervortreten des
Kopfendes begleitet wird. Durch das weitere Hervorwachsen des Kopfendes
rückt das Nasenloch mit den vordersten Kiemenlöchern weiter zurück, wo-
bei zugleich die beiden Augäpfel grösser und grösser werden und immer
mehr aus der Tiefe an die Oberfläche der Haut treten. Innerhalb der Mund-
höhle gehen jetzt auch grosse Veränderungen vor sich; die Bartfäden schwin-
den, ebenso die Papillen unter der Oberlippe, dagegen erheben sich an ver-
schiedenen Stellen aus dem Boden des Mundnapfes mannichfaltig geformte
Wülste, welche den künftigen Zahnleisten zur Grundlage dienen. Jemehr
sich später diese Zahnleisten ausbilden und mit Hornschichten überziehen,
um so mehr erweitert sich die bisher eng zusammengezogene ringförmige
[381]Gattung: Petromyzon.
Verwandlung des Ammocoetes branchialis in Petromyzon Planeri.
a. Kopfende einer augenlosen Larve, von der Seite gesehen.
b. Dasselbe von unten gesehen.
c. Kopfende einer Larve, deren kleine Augen aus der Tiefe an die Hautoberfläche hinauf-
zurücken beginnen.
d. Kopfende einer Larve mit nach unten und rückwärts gezogener Oberlippe.
e. Kopfende einer Larve, deren Oberlippe mit der Unterlippe zu verwachsen beginnt,
deren an die Hautoberfläche gerückten Augen grösser zu werden anfangen und deren
Kiemenlöcher die sie verbindende Längsfurche bereits verloren haben.
f. Dasselbe von unten gesehen.
g. Kopfende einer Larve, deren Lippen zu einer engen, ovalen Mundöffnung verwach-
sen sind.
h. Dasselbe von unten gesehen.
i. Kopfende einer Larve, deren enge Mundöffnung sich zu erweitern anfängt.
k. Dasselbe von unten gesehen.
l. Kopfende einer am Ende der Verwandlung befindlichen Larve, deren erweiterte Mund-
öffnung sich zu einer runden Saugscheibe abzuschnüren anfängt und deren Augen fast
ausgewachsen sind.
m. Dasselbe von unten gesehen.
n. Kopfende eines vollkommen entwickelten Neunauges mit fertiger Saugscheibe.
o. Dasselbe von unten gesehen.
[382]Familie: Petromyzonim.
Lippe des Maules, auf deren inneren Rande zugleich gelappte Cirrhen in dich-
ter Reihe allmählich zum Vorschein kommen. Das weitgeöffnete Maul steht
zuletzt auf einem langen, cylindrischen Rüssel, der fast die Dicke des Leibes
angenommen hat. Mit dieser Metamorphose des Kopfes verändert sich auch
der Brustkorb, was sich äusserlich durch das allmähliche Schwinden der bei-
den Furchen zu erkennen giebt, welche während des Larvenzustandes jeder-
seits die sieben Kiemenlöcher untereinander verbunden haben. Erst mit dem
Beginne der Erweiterung der ringförmigen Lippe nimmt die Neunaugenform
immer stärker überhand, indem sich von jetzt ab der Silberglanz unter der Haut
entwickelt und die bis dahin strahlenlosen Flossen höher auswachsen und durch
knorpelige Strahlen steifer werden. Zuletzt tritt zwischen den Lippen der
Afterspalte die Urogenitalpapille hervor, durch deren kürzere oder längere
Gestalt nun auch äusserlich über das Geschlecht des zum Neunauge gewor-
denen Querders entschieden wird, nachdem schon früher, ehe noch die
eigentliche Metamorphose des Petromyzon begonnen, im Innern des Ammo-
coetes Hode und Eierstock zur Ausbildung gekommen waren. Diese frühe
Ausbildung der inneren Geschlechtswerkzeuge, welche man schon lange ge-
kannt hatte war die Hauptveranlassung, weshalb man den Ammocoetes
branchialis als besondere Cyclostomen-Gattung hingestellt hatte, obwohl man
sich von der vollständigen Reife dieser beiden Geschlechtsorgane im Ammo-
coetes branchialis niemals überzeugt hatte. Die Metamorphose der inneren
Organisation, welche mit der äusseren Umwandlung des Ammocoetes in einen
Petromyzon Hand in Hand geht, ist von A. Müller (a. a. O.) bis jetzt nur kurz
angedeutet worden; hoffen wir, dass derselbe seine darüber angestellten
höchst interessanten Untersuchungen der Wissenschaft nicht länger vorent-
hält. Ich war übrigens ausserordentlich überrascht, als ich aus den von
Baldner gemachten und auf das kleine Neunauge sich beziehenden Angaben
die Ueberzeugung schöpfen musste, dass dieser aufmerksame Beobachter mit
der Metamorphose dieses Fisches, welche erst jetzt von A. Müller wissen-
schaftlich nachgewiesen wurde, bereits bekannt war, wie man sich aus fol-
gender Mittheilung Baldner’s überzeugen wird. Zur Erläuterung der oben
angeführten 25ten Tafel, auf welcher dreierlei sehende Neunaugen (P. Planeri)
und ein blindes Neunauge (A. branchialis) dargestellt sind, sagt Baldner un-
ter anderen: »Von August bis den letzten Christmonat, so werden dieser
Gattung (sehende Neunaugen) nicht viel gesehen oder gar wenig gefangen,
aber der Blind Neunhocken gibt es ein gantzes Jahr genung. Die gesehenden
und blinden sind sonst einerley art, dann die Jungen von anfang alle blind
sein, und verschlieffen sich gleich in den Muhr, sobald Sie vom Rogen leben-
dig werden. Die Blinden bekommen keinen Rogen biss Sie gesehendt werden«.
Appendix A Systematische Uebersicht
der mitteleuropäischen Süsswasser-Fische.
(Diese Uebersicht kann zum Bestimmen der Fische benutzt werden, indem zugleich für die Ordnungen, Unterord-
nungen, Familien, Gattungen und Arten derselben die Hauptunterscheidungsmerkmale hervorgehoben worden sind).
Appendix B Seite
- A. Ordnung. Teleostei, Knochenfische43
- Skelet knöchern, die kammförmig gestellten Kiemenblätter an ihrer Spitze frei,
jederseits eine einfache Kiemenspalte mit Kiemendeckel-Apparat.
a. Unterordnung. Acanthopteri, Stachelflosser 43 - Vordere Strahlen der Rückenflosse, Afterflosse und der Bauchflossen kräftig
entwickelt, einfach und stachelförmig endend.
a. I. Familie. Percoidei, Barsche43 - Kiemendeckel und Vordeckel gezähnelt oder bedornt, Schuppen am Hinter-
rande gezähnelt. (Bauchflossen unter den Brustflossen.)
I. Gattung. Perca Lin. 44 - Zwei Rückenflossen, Vordeckel gezähnelt, Hauptdeckel mit einem Dorne, alle
Zähne des Maules hechelförmig.
(1.) 1. Art. P. fluviatilis Lin. Flussbarsch 44 - Mehrere schwärzliche Querbinden auf dem Körper und ein blauschwarzer
Augenfleck am Ende der vorderen Rückenflosse.
II. Gattung. Lucioperca Cuv. 51 - Zwei Rückenflossen, Vordeckel allein gezähnelt, zwischen den Bürstenzähnen
des Maules einzelne grössere conische Zähne.
(2.) 1. Art. L. Sandra Cuv. Amaul, Zander 51 - Vom Rücken ziehen sich verwaschene Querbinden herab, Rückenflossen
schwarz punctirt.
III. Gattung. Aspro Cuv. 52 - Zwei getrennte Rückenflossen, Schnauze über den Unterkiefer hervorragend,
Vordeckel schwach gezahnt, Hauptdeckel mit einem Dorne.
(3.) 1. Art. A. Zingel Cuv. Zingel 53 - Erste Rückenflosse mit dreizehn, zweite Rückenflosse mit neunzehn Strah-
len, Schwanz kurz und gedrungen. - Seite
- (4.) 2. Art. A. Streber Sieb. Streber 54
- Erste Rückenflosse mit acht bis neun, zweite Rückenflosse mit dreizehn Strah-
len, Schwanz lang und sehr schmächtig.
IV. Gattung. Acerina Cuv. 58 - Eine einfache Rückenflosse, Vordeckel und Hauptdeckel mit Stacheln, Gruben
an den Kopfknochen.
(5.) 1. Art. A. cernua Lin. Schroll, Kaulbarsch 58 - Körper kurz, Schnauze stumpf, die ersten 12 bis 14 Strahlen der Rückenflosse
sind Stachelstrahlen.
(6.) 2. Art. A. Schraetser Lin. Schrätzer 60 - Körper langgestreckt, Schnauze verlängert, die ersten 18 bis 19 Rücken-
flossen-Stacheln sind stachelförmig.
a. II. Familie. Scleroparei, Panzerwangen62 - Die Knochen des Unteraugenrand-Ringes nach unten verbreitert und mit dem
Vordeckel verbunden.
I. Gattung. Cottus Lin. 62 - Kopf mit Stacheln bewaffnet, zwei dicht hintereinander stehende Rückenflossen,
Bauchflossen zwischen den Brustflossen.
(7.) 1. Art. C. Cobio Lin. Koppen, Kaulkopf 64 - Die Bauchflossen kurz, den After nicht erreichend, Bauchflosse ungebändert.
(8.) 2. Art. C. poecilopus Heck. 64 - Die Bauchflossen lang, bis zum After reichend, Bauch- und Afterflosse ge-
bändert.
a. III. Familie. Scomberoidei, Makrelen65 - Kiemendeckel-Apparat ohne Stacheln und Zähnelung, Haut mit Knochenschie-
nen oder gekielten Knochenplatten gepanzert.
I. Gattung. Gasterosteus Lin. 65 - Vor der Rückenflosse freie Stachelstrahlen, statt der Bauchflossen jederseits
einen Stachelstrahl.
(9.) 1. Art. G. aculeatus Lin. Stichling 66 - Drei Stacheln vor der Rückenflosse.
(10.) 2. Art. G. pungitius Lin. kleiner Stichling 72 - Neun bis eilf Stacheln vor der Rückenflosse.
b. Unterordnung. Anacanthini, Weichflosser73 - Alle Flossenstrahlen weich, gegen die Spitze hin zertheilt und gegliedert,
Schwimmblase, wenn vorhanden, immer ohne Luftgang.
b. I. Familie. Gadoidei, Schellfische73 - Zwei bis drei Rückenflossen, Bauchflossen unter der Kehle, Schwimmblase
vorhanden.
I. Gattung. Lota Cuv. 73 - Eine kurze und eine lange Rückenflosse, einen Bartfaden am Kinn.
- Seite
- (11.) 1. Art. L. vulgaris Cuv. Rutte, Quappe 73
- Unterkiefer kaum kürzer als der Oberkiefer, Zähne alle klein.
b. II. Familie. Pleuronectae, Schollen77 - Körper unsymmetrisch, beide Augen auf einer und derselben Seite, Brustflos-
sen an der Kehle.
I. Gattung. Platessa Cuv. 77 - Zähne in einfacher Reihe in beiden Kiefern.
(12.) 1. Art. P. Flesus Lin. Flunder. (Verirrt.) 77 - Seitenlinie fast gerade und von dornigen Warzen-Reihen eingefasst.
c. Unterordnung. Physostomi79 - Alle Flossen-Strahlen weich, gegen die Spitze hin zertheilt und gegliedert,
Schwimmblase mit der Speiseröhre durch einen Luftgang verbunden.
c. I. Familie. Siluroidei, Welse79 - Die Zwischenkiefer-Knochen bilden allein den Rand der Oberkinnlade, Körper
ohne Schuppen, erster Brustflossen-Strahl einen starken Knochen dar-
stellend.
I. Gattung. Silurus Lin. 79 - Hechelzähne im Maule, Rückenflosse sehr klein, Afterflosse sehr lang.
(13.) 1. Art. S. Glanis Lin. Waller, Wels 79 - Zwei lange Oberkiefer-Bartfäden, vier kurze Bartfäden am Unterkiefer.
c. II. Familie. Cyprinoidei, Karpfen81 - Die Zwischenkiefer-Knochen bilden allein den Rand der Oberkinnlade, alle
Knochen des Maules zahnlos, die beiden unteren Schlundknochen mit Zäh-
nen, Schwimmblase mit einer Einschnürung.
I. Gattung. Cyprinus Lin. 84 - Mund mit vier Bartfäden, Schlundzähne in der Formel 1. 1. 3—3. 1. 1 ge-
stellt, Rückenflosse mit langer, Afterflosse mit kurzer Basis.
(14.) 1. Art. C. Carpio Lin. Karpf 84 - Bartfäden stark und lang, Schwanzflosse tief ausgeschnitten.
II. Gattung. Carpio Heck. 91 - Mund mit vier Bartfäden, Schlundzähne häufig in der Formel 1. 4—4. 1 ge-
stellt, Rückenflosse mit langer, Afterflosse mit kurzer Basis.
(15.) 1. Art. C. Kollarii Heck. Karpf-Gareisl, Karpf-Karausche (Bastard) 91 - Bartfäden dünne und sehr kurz, oft ungleich entwickelt.
III. Gattung. Carassius Nils. 98 - Mund ohne Bartfäden, Schlundzähne in der Formel 4—4 gestellt, Rückenflosse
mit kurzer Basis.
(16.) 1. Art. C. vulgaris Nils. Gareisel, Karausche 98 - Schwanzflosse nur schwach ausgeschnitten.
IV. Gattung. Tinca Cuv. 106 - Mund mit zwei Bartfäden, Schlundzähne in der Formel 5—4; Rücken- und
Afterflosse mit kurzer Basis. - Seite
- (17.) 1. Art. T. vulgaris Cuv. Schleihe 106
- Die beiden Bartfäden kurz; alle Flossen abgerundet.
V. Gattung. Barbus Cuv. 109 - Mund mit vier Bartfäden, Schlundzähne in der Formel 2. 3. 5—5. 3. 2. ge-
stellt, Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis.
(18.) 1. Art. B. fluviatilis Agass. Barbe 109 - Erster Knochenstrahl der Rückenflosse grob gesägt.
(19.) 2. Art. B. Petenyi Heck. Semling 111 - Erster Knochenstrahl der Rückenflosse ungesägt.
VI. Gattung. Gobio Cuv. 112 - Mund mit zwei langen Bartfäden, Schlundzähne in der Formel 2 oder 3. 5—5.
3 oder 2 gestellt. Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis.
(20.) 1. Art. G. fluviatilis Cuv. Gressling, Gründling 112 - Bartfäden kaum bis unter die Augen reichend, Schwanz seitlich zusammenge-
drückt.
(21.) 2. Art. G. uranoscopus Agass. Steingressling 115 - Bartfäden bis fast zur Basis der Brustflossen reichend, Schwanz cylindrisch.
VII. Gattung. Rhodeus Agass. 116 - Schlundzähne in der Formel 5—5 gestellt, Rücken- und Afterflosse mit mässig
langer Basis.
(22.) 1. Art. Rh. amarus Bl. Bitterling 116 - Körper hoch und seitlich zusammengedrückt, Seitenlinie nur auf die ersten
5 bis 6 Schuppen beschränkt.
VIII. Gattung. Abramis Cuv. 120 - Schlundzähne in der Formel 5—5 gestellt, Rückenflosse mit kurzer Basis, After-
flosse mit sehr langer Basis, die Schuppen des Vorderrückens gescheitelt.
(23.) 1. Art. A. Brama Lin. Brachsen, Bley 121 - Mund halb unterständig, Afterflosse mit 23 bis 28 weichen getheilten Strahlen.
(24.) 2. Art. A. Vimba Lin. Russnase, Zärthe 125 - Mund unterständig, Schnauze sehr weit vorspringend und conisch, Afterflosse
mit 18 bis 20 weichen getheilten Strahlen.
(25.) 3. Art. A. melanops Heck. Seerüssling 127 - Mund unterständig, Schnauze etwas vorspringend und stumpf abgerundet,
Afterflosse mit 18 bis 20 weichen getheilten Strahlen.
(26.) 4. Art. A. Ballerus Lin. Pleinzen, Zope 130 - Mund entständig mit schräg aufwärts gerichteter Spalte, Afterflosse mit 36
bis 39 weichen getheilten Strahlen.
(27.) 5. Art. A. Sapa Pall. 131 - Mund halb unterständig, Schnauze sehr stumpf, Afterflosse mit 38 bis 45
weichen getheilten Strahlen. - Seite
- IX. Gattung. Abramidopsis Sieb. 133
- Schlundzähne in der Formel 5 oder 6—5, Rückenflosse mit kurzer Basis, Af-
terflosse mit mässig langer Basis, die Schuppen des Vorderrückens nicht
gescheitelt.
(28.) 1. Art. A. Leuckartii Heck. (Bastard.) 134 - Mund endständig, Afterflosse mit 15 bis 18 getheilten Strahlen, 10 bis 11 Längs-
Schuppenreihen oberhalb der Seitenlinie.
X. Gattung. Blicca Heck. 138 - Schlundzähne in der Formel 2 oder 3. 5—3 oder 2 stehend, Rückenflosse mit
kurzer Basis, Afterflosse mit langer Basis, die Schuppen des Vorderrückens
gescheitelt.
(29.) 1. Art. B. Björkna Lin. Blicke, Güster 138 - Mund halb unterständig, Schnauze stumpf, Afterflosse mit 19 bis 23 getheilten
Strahlen.
XI. Gattung. Bliccopsis Heck. Sieb. 142 - Schlundzähne in der Formel 2 oder 3. 5—5. 3 oder 2 stehend, Rückenflosse
mit kurzer Basis, Afterflosse mit mässig langer Basis, die Schuppen des
Vorderrückens nicht gescheitelt.
(30.) 1. Art. B. abramo-rutilus Hol. (Bastard.) 142 - Mund endständig, Schnauze sehr abgestumpft, Afterflosse mit 14 bis 16 ge-
theilten Strahlen, 8 Längsschuppenreihen oberhalb der Seitenlinie.
XII. Gattung. Pelecus Agass. 152 - Schlundzähne in der Formel 2. 5—5. 2 stehend, die vorstehende Spitze des
Unterkiefers in eine Vertiefung der Zwischenkiefer eingreifend, die kurze
Rückenflosse steht über dem Anfang der langen Afterflosse, der Bauch eine
scharfe Kante bildend.
(31.) 1. Art. P. cultratus Lin. Sichling, Ziege 152 - Mundöffnung nach oben gerichtet, die Brustflossen sehr lang und säbelför-
mig, Seitenlinie wellenförmig gebogen.
XIII. Gattung. Alburnus Rond. 154 - Schlundzähne in der Formel 2. 5—5. 2 oder 2. 5—4. 2 stehend, die vor-
stehende Spitze des Unterkiefers in eine Vertiefung der Zwischenkiefer ein-
greifend, die kurze Rückenflosse steht hinter den Bauchflossen, Afterflosse
mit langer Basis.
(32.) 1. Art. A. lucidus Heck. Laube, Uckelei 154 - Mundöffnung nach oben gerichtet, das Kinn mehr oder weniger vorstehend,
Afterflosse beginnt unter dem Ende der Rückenflosse.
(33.) 2. Art. A. Mento Agass. Mai-Renke 161 - Mundöffnung nach oben gerichtet, das Kinn sehr stark hervorragend, After-
flosse beginnt hinter dem Ende der Rückenflosse.
(34.) 3. Art. A. bipunctatus Bl. Schneider 163 - Schlundzähne in der Formel 2. 5—4. 2, Mundöffnung endständig, das Kinn
sehr wenig vorstehend, Afterflosse beginnthinter dem Ende der Rücken-
flosse, Seitenlinie schwarz eingefasst.
(35.) 4. Art. A. dolabratus Hol. (Bastard.) 164 - Mundöffnung endständig, das Kinn wenig vorstehend, die Afterflosse kurz
und hoch, hinter dem Ende der Rückenflosse beginnend. - Seite
- XIV. Gattung. Aspius Agass. 169
- Schlundzähne in der Formel 3. 5—5. 3 stehend, die vorstehende Spitze des
Unterkiefers in eine Vertiefung der Zwischenkiefer eingreifend, die kurze
Rückenflosse steht hinter den Bauchflossen, Afterflosse mit langer Basis.
(36.) 1. Art. A. rapax Agass. Schied, Rapfen 169 - Mundspalte nach oben gerichtet und sehr weit, Schuppen klein.
XV. Gattung. Leucaspius Heck. 171 - Die Schlundzähne bald in einfacher bald in doppelter Reihe, das etwas ver-
dickte Kinn in eine schwache Vertiefung der Zwischenkiefer eingreifend,
die Rückenflosse mit kurzer Basis, die Afterflosse mit etwas verlängerter
Basis.
(37.) 1. Art. L. delineatus Sieb. 171 - Mund endständig, Seitenlinie nur auf die ersten acht bis zwölf Schuppen be-
schränkt, Afterflosse beginnt unter dem Ende der Rückenflosse.
XVI. Gattung. Idus Heck. 176 - Die Schlundzähne in der Formel 3. 5—5. 3 stehend, Rückenflosse und After-
flosse mit kurzer Basis.
(38.) 1. Art. I. melanotus Heck. Nerfling, Aland 176 - Mundöffnung endständig, Mundspalte nicht sehr weit und etwas schief.
XVII. Gattung. Scardinius Bonap. 180 - Die Schlundzähne in der Formel 3. 5—5. 3, und an der Innenseite tief gesägt,
die Basis der Rücken- und Afterflosse kurz.
(39.) 1. Art. S. erythrophthalmus Lin. Rothfeder, Rothauge 180 - Mundöffnung endständig mit steil aufsteigender Spalte, der etwas seitlich zu-
sammengedrückte Körper mehr oder weniger hoch.
XVIII. Gattung. Leuciscus Rond. 183 - Schlundzähne in der Formel links 6 oder 5 und rechts 5; Rücken- und Af-
terflosse mit kurzer Basis.
(40.) 1. Art. L. rutilus Lin. Rothauge, Plötze 184 - Maul endständig, Körper etwas seitlich zusammengedrückt.
(41.) 2. Art. L. Virgo Heck. Frauen-Nerfling 191 - Maul unterständig, Schnauze etwas vorspringend, Körper seitlich zusammen-
gedrückt.
(42.) 3. Art. L. Meidingeri Heck. Frauenfisch 196 - Maul fast unterständig, Schnauze aufgetrieben, Körper cylindrisch und sehr
lang gestreckt.
XIX. Gattung. Squalius Bonap. 200 - Schlundzähne in der Formel 2. 5—5. 2, Rücken- und Afterflosse mit kurzer
Basis.
(43.) 1. Art. S. Cephalus Lin. Aitel, Dickkopf 200 - Kopf breit, Schnauze niedergedrückt, Maul endständig, sehr weit nach hin-
ten gespalten, Körper cylindrisch, Afterflosse mit convexem Unterrande. - Seite
- (44.) 2. Art. S. Leuciscus Lin. Hasel, Häsling 203
- Kopf und Leib etwas seitlich zusammengedrückt, Maul unterständig und eng,
Schnauze etwas hervorragend, Afterflosse mit ausgeschnittenem Unterrande.
XX. Gattung. Telestes Bonap. 212 - Schlundzähne in der Formel 2. 5—4. 2, Rücken- und Afterflosse mit kurzer
Basis, die erstere gerade über den Bauchflossen beginnend.
(45.) 1. Art. T. Agassizii Val. Strömer 212 - Maul klein und unterständig, Schnauze etwas hervorragend, Leib cylindrisch,
Afterflosse mit convexem Unterrande.
XXI. Gattung. Phoxinus Agass. 222 - Schlundzähne in der Formel 2. 5—4. 2, Rücken- und Afterflosse mit kurzer
Basis, die erstere hinter den Bauchflossen beginnend.
(46.) 1. Art. Ph. laevis Agass. Pfrille, Elritze 222 - Maul klein und endständig, Leib cylindrisch, Schuppen ausserordentlich klein.
XXII. Gattung. Chondrostoma Agass. 225 - Schlundzähne zu 5—7 in einfacher Reihe, Mundspalte unterständig, voll-
kommen quer und mit scharfkantigen Kieferrändern; Rücken- und After-
flosse mit kurzer Basis.
(47.) 1. Art. Ch. Nasus Lin. Nase 225 - Schnauze sehr stark und conisch hervorragend, Mundspalte fast gerade,
Schlundzähne in der Formel 6—6, seltener 7—6, der Flügel der Schlund-
knochen ohne Ausschnitt.
(48.) 2. Art. Ch. Genei Bonap. 230 - Schnauze wenig hervorragend und sehr stumpf abgerundet, Mundspalte einen
flachen Bogen bildend, Schlundzähne in der Formel 5—5, seltener 6—5,
der Flügel der Schlundknochen ohne Ausschnitt.
(49.) 3. Art. Ch. Rysela Agass. (Bastard.) 232 - Schnauze wenig hervorragend und sehr stumpf abgerundet, Mundspalte einen
flachen Bogen bildend, Schlundzähne in der Formel 6—5, seltener 5—5,
der Flügel der Schlundknochen mit einem Ausschnitt.
c. III. Familie. Salmonoidei, Lachse238 - Die Zwischenkiefer- und Oberkiefer-Knochen bilden den Rand der Oberkinn-
lade; hinter der Rückenflosse eine Fettflosse; Schwimmblase einfach.
A. Maul klein, unbewaffnet oder mit sehr feinen Zähnen besetzt; die
Oberkiefer ragen bis unter den vorderen Augenrand; Schuppen mittel-
gross.
I. Gattung. Coregonus Arted. 239 - Maul mit sehr feinen vergänglichen Zähnen besetzt oder zahnlos; Rücken-
flosse beginnt dicht vor den Bauchflossen, der Vorderrand der Rücken-
flosse länger als die Basis derselben.
(50.) 1. Art. C. Wartmanni Bl. Renke 243 - Schnauze gestreckt und senkrecht abgestutzt, die Oberkinnlade kaum länger
als die Unterkinnlade, Körper gestreckt, Schwanzstiel dünn. - Seite
- (51.) 2. Art. C. Fera Jur. Bodenrenke 251
- Schnauze kurz, dick und schräg nach unten und hinten abgestutzt; Ober-
kinnlade länger als die Unterkinnlade, Körper gestreckt, Schwanzstiel ge-
drungen.
(52.) 3. Art. C. hiemalis Jur. Kilch 254 - Schnauze kurz, dick und schräg nach unten und hinten abgestutzt; Ober-
kinnlade länger als die Unterkinnlade, Körper wenig gestreckt.
(53.) 4. Art. C. oxyrhynchus Lin. Schnäpel 259 - Oberkinnlade über den Unterkiefer sehr weit hervorragend und nach vorn in
eine weiche conisch verlängerte Schnauze übergehend; Körper gestreckt,
Schwanzstiel gedrungen.
(54.) 5. Art. C. Maraena Bl. Grosse Maräne 263 - Schnauze kurz, dick und etwas schräg nach unten und hinten abgestutzt;
Oberkinnlade über den Unterkiefer hervorragend; Körper gestreckt,
Schwanzstiel gedrungen.
(55.) 6. Art. C. Albula Lin. Kleine Maräne 265 - Das mehr oder weniger vorstehende Kinn des aufsteigenden Unterkiefers passt
in einen mittleren Ausschnitt des Oberkieferrandes; Körper und Schwanz-
stiel gestreckt.
II. Gattung. Thymallus Cuv. 267 - Maul mit feinen Zähnen besetzt, Rückenflosse beginnt weit vor den Bauch-
flossen; der Vorderrand der Rückenflosse kürzer als die Basis derselben.
(56.) 1. Art. Th. vulgaris Nils. Asch, Aesche 267 - Der Oberkieferrand über den Unterkieferrand vorstehend.
B. Maul weit gespalten; die Oberkiefer ragen bis unter die hinteren Augen-
ränder; alle Kieferknochen, sowie die Gaumenbeine, das Pflugscharbein
und der vordere Zungenknochen tragen Zähne; die Schuppen meistens
klein.
a. An der Gaumendecke sind auch die beiden Flügelbein-Blätter auf ihrem
inneren Rande mit einer Zahnreihe bewaffnet; den Schuppen fehlt
der Silberglanz-Beleg.
III. Gattung. Osmerus Arted. 271 - Die Zwischen- und Oberkiefer sind mit einer einfachen Reihe sehr feiner
Zähne besetzt, die Unterkiefer tragen eine äussere Reihe grösserer derber
Zähne; das rudimentäre Pflugscharbein mit einem Paar starken spitzen
Zähnen; die Schuppen der Leibes-Seiten mittelgross.
(57.) 1. Art. O. Eperlanus Lin. Stint 271 - Der Unterkiefer vorstehend; die Zähne des Pflugscharbeins und des vorderen
Zungenbeins sind die stärksten und längsten; die Seitenlinie nur auf die
ersten Schuppen beschränkt.
b. An der Gaumendecke sind die Flügelbein-Blätter zahnlos; die Schup-
pen besitzen Silberglanz-Beleg.
IV. Gattung. Salmo Val. Sieb. 280 - Der Pflugscharknochen kurz; die vordere kurze Platte desselben allein mit
Zähnen besetzt; die hintere etwas längere Platte desselben (Vomerstiel) stets
zahnlos; Schuppen klein und längsoval. - Seite
- (58.) 1. Art. S. Salvelinus Lin. Saibling 280
- Körper gestreckt und etwas seitlich zusammengedrückt; die vordere Platte
des Pflugscharknochen an ihrem hinteren Theile mit 5 bis 7 Zähnen besetzt,
die hintere Platte desselben (Vomerstiel) seitlich zusammengedrückt und
tief kahnförmig ausgehöhlt, das mittlere Zungenbein trägt eine mit vielen
kleinen Zähnen bewachsene Knochenplatte.
(59.) 2. Art. S. Hucho Lin. Huchen 288 - Körper gestreckt und eylindrisch, die vordere Platte des Pflugscharknochen
an ihrem hinteren Theile mit 5 bis 7 Zähnen immer in einer queren Stel-
lung besetzt, die hintere Platte desselben (Vomerstiel) fast flach, das mitt-
lere Zungenbein zahnlos.
V. Gattung. Trutta Nils. Sieb. 292 - Der Pflugscharknochen lang, die hintere sehr lange Platte (Vomerstiel) des-
selben auf ihrer ganzen Länge mit vielen Zähnen besetzt, welche im höhe-
ren Alter verloren gehen; Schuppen klein und längsoval.
(60.) 1. Art. T. Salar Lin. Lachs 292 - Schnauze gestreckt, Körper mehr oder weniger seitlich zusammengedrückt,
die vordere kurze Vomerplatte fünfeckig und stets zahnlos, der blaugraue
Rücken und die silberigen Seiten mit wenigen schwarzen Flecken besetzt.
(61.) 2. Art. T. lacustris Lin. Seeforelle 301 - Schnauze kurz und abgestumpft, die vordere kurze Vomerplatte dreieckig
und am Hinterrande mit 3 bis 4 Zähnen, die Zähne des Vomerstiels sehr
stark, meistens hinten in doppelter Reihe stehend, der grün- oder blaugraue
Rücken und die silberigen Seiten mit bald mehr bald weniger schwarzen
Flecken.
(62.) 3. Art. T. Trutta Lin. Meerforelle 314 - Schnauze kurz und abgestumpft, die vordere kurze Vomerplatte dreieckig
und am Hinterrande mit 3 bis 4 Zähnen besetzt, die Zähne des Vomerstiels
von mittlerer Stärke, und in einfacher Reihe stehend, der blaugraue Rücken
und die silberigen Seiten mit sehr wenigen schwarzen Flecken.
(63.) 4. Art. T. Fario Lin. Forelle 319 - Schnauze kurz und sehr abgestumpft, der Körper gedrungen und seitlich zu-
sammengedrückt, die vordere kurze Vomerplatte dreieckig und am Hin-
terrande mit 3 bis 4 Zähnen besetzt, die Zähne des Vomerstiels doppel-
reihig, der olivengrüne Rücken und die messinggelb-glänzenden Seiten mit
schwarzen und orangenrothen Flecken.
c. IV. Familie. Esocini, Hechte325 - Die Zwischen- und Oberkiefer bilden den Rand der Oberkinnlade, Magen
ohne Blindsack und Darm-Anfang ohne Blinddärme, Schwimmblase ein-
fach, Schuppen klein und sehr festsitzend.
I. Gattung. Esox Lin. 325 - Rückenflosse weit nach hinten der Afterflosse gegenüber stehend; Maul weit
oben am Gaumen mit vielen Hechelzähnen, auf dem Unterkiefer einzelne
grosse Zähne.
(64.) 1. Art. E. lucius Lin. Hecht 325 - Unterkiefer weit hervorstehend.
- Seite
- c. V. Familie. Clupeoidei, Häringe328
- Die Zwischen- und Oberkiefer bilden den Rand der Oberkinnlade, Magen mit
Blindsack, Darm-Anfang mit Blinddärmen, Schwimmblase einfach, Schup-
pen gross und sehr leicht abfallend.
I. Gattung. Alosa Cuv. 328 - Die Zwischenkiefer in der Mittellinie durch einea tiefen Ausschnitt getrennt,
Unterkiefer, Vomer und Zungenbein, Gaumenbeine und Zungenbein ohne
Zähne, die schneidende Bauchkante sägeförmig gezähnelt.
(65) 1. Art. A. vulgaris Cuv. Maifisch 328 - Die Kiemenbögen an ihrer concaven Seite mit sehr vielen dichtstehenden lan-
gen und dünnen Lamellen besetzt.
(66.) 2. Art. A. Finta Cuv. Finte 332 - Die Kiemenbögen an ihrer concaven Seite mit einzeln stehenden kurzen und
dicken Fortsätzen besetzt.
c. VI. Familie. Acanthopsides, Schmerlen334 - Die Zwischenkiefer bilden allein den Rand der Oberkinnlade, der Kopf bis zur
Kiemenspalte von einer zusammenhängenden Haut überzogen, der Subor-
bitalknochen mit einem oder mehreren beweglichen Dornen bewaffnet; die
beiden unteren Schlundknochen mit Zähnen, die Schwimmblase in eine
rechte und linke Hälfte abgetheilt.
I. Gattung. Cobitis Lin. 334 - Mund mit Bartfäden umgeben, Schlundknochen mit zahlreichen Zähnen ein-
reihig besetzt, Schwimmblase in einer Knochenkapsel versteckt.
(67.) 1. Art. C. fossilis Lin. Bissgurre, Schlammpitzger 335 - Mund mit zehn Bartfäden, Augenstachel unter der Haut versteckt, 12 bis 14
Schlundzähne.
(68.) 2. Art. C. barbatula Lin. Bartgrundel, Schmerle 337 - Mund mit sechs Bartfäden, Augenstachel unter der Haut versteckt, 8 bis 10
Schlundzähne.
(69.) 3. Art. C. taenia Lin. Dorngrundel, Steinpitzger 338 - Mund mit sechs Bartfäden, Augenstachel aus einer Hautspalte nackt hervor-
streckbar, 8 bis 10 Schlundzähne.
c. VII. Familie. Muraenoidei, Aale342 - Die Zwischenkiefer bilden allein den Rand der Oberkinnlade, Körper schlan-
genförmig, ohne Bauchflossen, Magen mit Blindsack, Schwimmblase
einfach.
I. Gattung. Anguilla Thunb. 342 - Rücken- und Afterflosse unmittelbar in die spitze Schwanzflosse übergehend,
Maul mit vielen kleinen dicht stehenden Zähnen.
(70.) 1. Art. A. vulgaris Flem. Flussaal 342 - Unterkiefer länger als die Oberkinnlade, Rückenflosse weit hinter dem Kopfe
beginnend. - Seite
- B. Ordnung. Ganoidei, Schmelzschupper358
- Skelet knorpelig, die kammförmig gestellten Kiemenblätter an ihrer Spitze
frei, jederseits eine einfache Kiemenspalte mit Kiemendeckel-Apparat.
a. I. Familie. Acipenserini, Störe358 - Skeletaxe knorpelig, Maul unterständig.
I. Gattung. Acipenser Lin. 358 - Kopf von Knochenplatten dicht eingehüllt, Leib mit 5 Längsreihen Knochen-
platten.
(71.) 1. Art. A. glaber Heck. Glatt-Stör. (Verirrt.) 359 - Rückenschilde hinten mit einer Spitze, Seitenschilde klein und von einander
getrennt stehend, Schnauze kurz und abgerundet.
(72.) 2. Art. A. Ruthenus Lin. Sterlet 360 - Rückenschilde hinten mit einer Spitze, Seitenschilde klein und dicht an ein-
ander gereiht, Schnauze langgestreckt schmal und spitz zulaufend.
(73.) 3. Art. A. stellatus Pall. Stern-Hausen. (Verirrt.) 362 - Rückenschilde hinten mit einer Spitze, Seitenschilde von einander getrennt
stehend, Schnauze sehr lang und spitz.
(74.) 4. Art. A. Schypa Güldenst. (Verirrt.) 362 - Rückenschilde in der Mitte mit einer Spitze, Seitenschilde von einander ge-
sondert stehend, Schnauze kurz und abgerundet, Oberlippe nicht einge-
buchtet.
(75.) 5. Art. A. Güldenstädtii Brandt. (Verirrt.) 362 - Rückenschilde in der Mitte mit einer Spitze, Seitenschilde von einander ge-
sondert stehend, Schnauze kurz und abgerundet, Oberlippe eingebuchtet.
(76.) 6. Art. A. Sturio Lin. Gemeiner Stör 363 - Rückenschilde in der Mitte mit einer Spitze, Seitenschilde dicht aneinander
gereiht, Schnauze ein mässig langes gleichschenkliges Dreieck darstellend.
(77.) 7. Art. A. Huso Lin. Hausen. (Verirrt.) 364 - Rückenschilde in der Mitte mit einer Spitze, Seitenschilde von einander ge-
trennt stehend, Schnauze ein kurzes Dreieck darstellend.
C. Ordnung. Cyclostomi, Rundmäuler366 - Skelet knorpelig, Kiemen festgewachsen und ohne Kiemendeckel-Apparat,
nur ein einziges Nasenloch.
a. I. Familie. Petromyzonini, Lampreten366 - Sieben Kiemenspalten jederseits, sämmtliche Flossen unpaarig.
I. Gattung. Petromyzon Lin. 366 - Runder Saugmund, Mundscheibe mit hornigen Zähnen belegt, zwei Rücken-
flossen. - Seite
- (78.) 1. Art. P. marinus Lin. See-Lamprete 368
- Saugmund trägt an Stelle des Oberkiefers einen grossen zweispitzigen Zahn,
und an Stelle des Unterkiefers eine 7 bis 8 spitzige Zahnleiste, zweite
Rückenflosse von der ersten weit getrennt.
(79.) 2. Art. P. fluviatilis Lin. Fluss-Neunauge 372 - Saugmund trägt an Stelle des Oberkiefers eine zweispitzige Zahnleiste, und
an Stelle des Unterkiefers eine siebenspitzige Zahnleiste, zweite Rücken-
flosse von der ersten weit getrennt.
(80.) 3. Art. P. Planeri Bl. Kleines Neunauge 375 - Saugscheibe trägt an Stelle des Oberkiefers eine Leiste mit zwei stumpfen
Zähnen und an Stelle des Unterkiefers eine Leiste mit sieben stumpfen Zäh-
nen, zweite Rückenflosse beginnt unmittelbar hinter der ersten Rücken-
flosse.
[[395]]
Appendix C Tabellarische Uebersicht
der
mitteleuropäischen Süsswasser-Fische
nach ihrer geographischen Verbreitung.
Da, wo das Vorkommen nicht bestimmt nachgewiesen sondern nur als sehr wahrscheinlich
vermutbet werden konnte, ist statt des Zeichens = ein ? gesetzt. Das Fehlen einer Fisch-Species ist in
den Flussgebiet-Rubriken durch .... angedeutet.
⇄ bedeutet solche Fische, welche um zu laichen aus dem Meere die Flüsse thalaufwärts
wandern, und
⇆ bedeutet solche Fische, welche um zu laichen nach dem Meere die Flüsse thalabwärts
wandern.
[396]Tabellarische Uebersicht der mitteleuropäischen
[402]Tabellarische Uebersicht der mitteleuropäischen
[[404]][[405]]
Appendix D Tabellarische Uebersicht
der
in einigen schweizerischen, bayrischen und östreichischen
Alpen-Seen einheimischen Fische mit Angabe der
Höhenlage der Seen.
Die Fische sind mit den in den betreffenden Gegenden gebräuchlichen Volksnamen
aufgeführt.
[406]Tabellarische Uebersicht der in einigen schweizerischen, bayrischen und
Appendix E Tabellarische Uebersicht
der Laichzeit
der mitteleuropäischen Süsswasser-Fische.
Die Laichzeit ist durch Zickzack-Striche angedeutet.
Es versteht sich wohl von selbst, dass diese Tabelle nur annäherungsweise über den
Termin der Laichzeit Auskunft geben kann, indem in dem einen oder anderen Jahre und
an der einen oder anderen Localität unter gewissen äusseren Einflüssen sich das Erwachen
der Fortpflanzungsthätigkeiten der Fische verfrühen oder verspäten kann.
Bei denjenigen Fischen, welche im Meere laichen, oder nur als verirrte seltene Gäste
die mitteleuropäischen Flussgebiete besuchen oder als Bastarde bis jetzt keine Fortpflan-
zungsthätigkeit haben wahrnehmen lassen, ist eine Angabe der Laichzeit weggeblieben.
[410]Tabellarische Uebersicht der Laichzeit der mitteleuropäischen Süsswasser-Fische.
Appendix F Zusätze.
Zu pag. 52:
2. Art. L. volgensis Pall.
Syn. u. Citate.
Pallas: Anhang zur Reise durch verschiedene Provinzen des russischen Reiches. Peters-
burg, 1771. Th. I. pag. 461. Perca volgensis und: Zoographia Rosso-Asiatica. Vol. III.
pag. 247. Perca asper.
Nordmann: Observations sur la Faune Pontique a. a. O. pag. 363. Tab. I. Fig. 2. Lucio-
perca volgensis.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 12. Fig. 3. Lucioperca volgensis.
Jeitteles: Prodromus Faunae Vertebratorum Hungariae superioris. Wien, 1862 (vergl.
die Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Bd. XII.
1862. pag. 290.) Lucioperca volgensis.
Artcharakter:Rücken und Seiten des Leibes grünlichgrau, Bauch
weisslich; vom Rücken ziehen sich an den Seiten her-
ab scharf abgegrenzte schwärzliche Querbinden; beide
Rückenflossen mit schwarzen Längsbinden und nebst der
Schwanzflosse schwärzlich gesäumt, die übrigen Flossen
weisslich.
1. D. 13—14, 2. D. 2/20—22, P. 14—15, V. 1/15, A. 2/9, C. 17, Squ. 10/70—72/17—18.
Diese von Pallas unter dem Namen Perca volgensis zuerst beschriebene
Lucioperca unterscheidet sich von dem gemeinen Amaul durch einen weniger
gestreckten Leib, durch einen kürzeren und höheren Kopf, sowie durch eine
engere Mundspalte. Heckel und Kner (a. a. O.) heben noch hervor, dass bei
der Lucioperca volgensis der aufsteigende Ast des Kiemen-Vordeckels nicht
senkrecht stehe, wie bei Lucioperca Sandra, sondern stark nach vorn ge-
neigt sei.
v. Siebold, Fische. 27
[418]Zusätze.
Die Luc. volgensis, welche die Grösse des gemeinen Amaul erreichen
kann, war bis jetzt innerhalb der östreichischen Monarchie nur im Dniester
(nach Heckel) und in der Theiss (nach Jeitteles) gefunden worden. Erst seit
kurzem hat Jeitteles1) einige Exemplare derselben erhalten, welche in der
March bei Marchegg gefangen waren, wodurch das Vorkommen dieses ost-
europäischen Fisches auch für Mitteleuropa festgestellt wäre. Da dem uner-
müdlich thätigen Heckel, dem grössten Ichthyologen Oestreichs, das Vorkom-
men dieses Fisches bei Wien unbekannt geblieben war, so stimme ich Herrn
Jeitteles bei, wenn derselbe annimmt, dass diese Percoiden-Form erst in der
letzten Zeit aus den östlichen Gegenden Europa’s in die mittleren Regionen
unseres Erdtheils einzuwandern angefangen habe.
Zu pag. 164.
Den von Nordmann (in der Faune Pontique a. a. O. pag. 497. Tab. 23.
Fig. 2) beschriebenen und abgebildeten Aspius fasciatus habe ich stets mit
mistrauischem Auge angesehen; es ist mir dieses Fischlein von Anfang an als
ein Alburnus bipunctatus erschienen, der gerade im schönsten Hochzeitskleide
prangt, in welchem derselbe freilich von dem im einfachen Kleide dargestell-
ten Cyprinus bipunctatus des Bloch ausserordentlich absticht. Nachdem nun
Jeitteles (Prodrom. Faun. Vertebrat. Hungar. a. a. O. pag. 302) diesen Al-
burnus fasciatus auf dem Fischmarkte zu Olmütz in Mähren aufgefunden hat,
handelt es sich darum, festzustellen, dass dieser Alburnus wirklich nichts an-
ders ist, als ein Alb. bipunctatus, zumal da Jeitteles von demselben aus-
sagt, dass sein Zahnsystem aus 2.5 linken und 2.4 rechten Schlundzäh-
nen bestehe, während für die Gattung Alburnus sich bisher die Zahnformel
2.5—5.2 geltend gemacht hatte. Nach Steindacher’s Wahrnehmungen2) ist
der Alburnus fasciatusNordm., wie er von Jeitteles im Hernadflusse Ober-
ungarns aufgefunden wurde, zweifellos Alburnus bipunctatus Bl. Nach diesen
Mittheilungen stellt sich weiter heraus, dass die Zahnformel des Alb. bipunc-
tatus hier und da variirt. Steindacher2) hat an 44 von Heckel selbst
als Alb. bipunctatus bestimmten Individuen die meisten mit der Zahnformel
2.5—4.2 ausgestattet gesehen, während drei sehr kleine Individuen die
Zahnformel 2.3—3.2 und vier grosse Individuen die Zahnformel 2.4—4.2
besassen. Der von Kessler3) als neu beschriebene Alb. maculatus, welcher
[419]Zusätze.
aber nach seiner eigenen Aussage1) mit Nordmann’s Aspius fasciatus identisch
ist, enthält die Zahnformel 2.5—4.2; dieser Befund weicht freilich von den
Angaben Nordmann’s ausserordentlich ab, da letzterer an seinem Aspius fas-
ciatus (a. a. O. pag. 499) bald 3.5—5.3, bald 4.5—5.4 Zähne gefunden
haben will. Ob diese sich widersprechenden Zahlenverschiedenheiten nicht
vielleicht durch ein Versehen bei der Auffassung der Zahnstellung des Alb.
bipunctatus zu Stande gekommen sind, wage ich nicht zu entscheiden; dass
aber zu einem solchen Versehen gerade bei Alb. bipunctatus leicht Gelegenheit
gegeben ist, davon glaube ich mich überzeugt zu haben, indem ich bei einer
wiederholten Revision meiner Vorräthe von Schlundknochen dieses Weiss-
fisches an den meisten so viele Zahnlücken wahrnahm, dass ich auf den rech-
ten Schlundknochen ein Vorherrschen der Stellung der Zähne mit der Formel
4.2 nur durch die grösste Mühe und Aufmerksamkeit habe herauszählen
können. Um über diese abweichende Zahnformel des Alburnus bipunctatus
eine ganz sichere Auskunft geben zu können, habe ich noch kürzlich an
174 Exemplaren dieses Weissfisches die Schlundknochen untersucht und mit
Ausnahme von 4 Individuen an allen übrigen die Zahnformel 2.5—4.2 an-
getroffen, von diesen 170 Individuen waren 81 mit vollständigen Zähnen aus-
gestattet, die übrigen 86 besassen sehr lückenhafte Schlundzähne, welche
um so schwerer die wahre Anordnung ihres Zahnsystems erkennen liessen,
als die ausgefallenen Zähne nur sehr seichte und sehr leicht zu übersehende
Gruben auf den Schlundknochen zurückgelassen hatten. Von den 4 Indivi-
duen mit abweichender Zahnstellung besass ein Individuum die Zahnformel
2.4—4.2, ein anderes die Zahnformel 2.4—5.2 und bei zweien derselben
standen die Zähne zu 2.5—5.2 auf den beiden Schlundknochen.
Hiernach muss aber jedenfalls der Charakter der Gattung Alburnus fol-
gende Modification erleiden:
Die Schlundzähne in zwei Reihen, entweder zu 2 und 5 auf
beiden Seiten oder auf der linken zu 2 und 5 und auf der rech-
ten Seite zu 2 und 4.
Nach dieser Modification wird alsdann den Artcharakteren des Alb. bi-
punctatus noch hinzuzufügen sein:
Auf der linken Seite immer 2 und 5 Zähne und auf der rech-
ten Seite meistens 2 und 4 Zähne.
Zu pag. 299. Anmerkung 1.
Der sogenannte Rümpchen-Fang ist ein anderer am Niederrhein seines
alten Herkommens wegen geduldeter Misbrauch, in Folge dessen unzählige
27*
[420]Zusätze.
Fischbrut aus der Ahr weggefangen und als Delicatesse genossen werden.
Von Troschel (Nr. 61. b.) wurde diese Fischbrut, welche unter dem gemein-
samen Namen »Rümpchen« in den Handel gebracht werden, einer genaueren
Untersuchung unterworfen. Derselbe erkannte in dem »Lutter-Rümpchen«
oder »süssen Rümpchen« eine Cobitis barbatula L., in dem »Riedlingchen« oder
»Bitter-Rümpchen« den Phoxinus laevisAg., in dem »Güwchen« den Gobio
fluviatilis C. und in dem »Kaulkopf« den Cottus Gobio L., während die unter
dem Namen »Gesäms« in den Handel gelangenden Rümpchen nach Troschel’s
Untersuchungen aus der kleinsten Brut aller in der Ahr lebenden Fische be-
stehen. Derselbe bemerkte unter diesen Gesäms nicht bloss die Brut der vor-
hin erwähnten Fische, sondern auch noch die Brut von Alburnus lucidus H.,
Squalius Cephalus L., Leuciscus rutilus L., Barbus fluviatilisAg. und Trutta
Fario L. In Bezug auf die Frage, ob der Rümpchenfang der grossen Fischerei
schädlich sei, spricht sich Troschel zu Gunsten der Rümpchen-Liebhaber
aus, weil die meisten dieser Rümpchen für die Fischerei durchaus werthlose
Fische seien. Da aber ein grosser Theil dieser werthlosen Fische den edlen
Fischen zur unentbehrlichen Nahrung dienen, so möchte sich doch der
Rümpchenfang keineswegs vertheidigen lassen.
[[421]]
Appendix G Alphabetisches Verzeichniss
der
systematischen und lateinischen Gattungs- und Art-Namen der
mitteleuropäischen Süsswasser-Fische.
(Die Synonymen und Varietäten sind cursiv gedruckt.)
- AbramidopsisSieb.133.
- — Leuckartii Heck.134. (20.) 145 f. 148.
- AbramisCuv.120.
- — abramo-rutilus Hol.143.
- — alburnus Günth.155.
- — argyreus Agass. Val.121. 123.
- — Balleropsis Agass.131.
- — Ballerus Lin.130.
- — bipunctatus Günth.163.
- — Blasii Heck.148.
- — Blicca Agass. Sel.138.
- — Brama Lin.121. (135. 151.)
- — Buggenhagii Sel.143.
- — dobuloides Günth.165 f. 168.
- — dolabratus Günth.165. 167.
- — elongatus Agass. Val.127.
- — erythropterus Agass. Val.138. 141.
- — Heckelii Sel.134. 137. 150.
- — Leuckartii Heck.134. 146.
- — media Koch127.
- — melanops Heck.127. (151. 235.)
- — microlepidotus Agass. Val.121. 123.
- — micropteryx Agass. Val.138. 141.
- — Sapa Pall.131.
- — Schreibersii Heck.131.
- — vetula Heck.121. 123.
- — Vimba Lin.125. (129. 226.)
- — Wimba Kr.125.
- Acanthopsides334.
- Acanthopsis Agass.339.
- — taenia Agass.338 f.
- Acanthopteri43.
- AcerinaCuv.58.
- — cernua Lin.58.
- — Schraetser Lin.60.
- — Schraitzer Heck. Kn.60.
- — vulgaris Cuv. Val.58.
- AcipenserLin.358.
- — glaben Heck.359.
- — Güldenstädtii Brandt362.
- — Huso Lin.364.
- — Huso Bl.364.
- Acipenser Huso Mart.360 f.
- — Ruthenus Lin.360. (18.)
- — Ruthenus Bl.360.
- — Schypa Güldenst.362 f.
- — stellatus Pall.362.
- — Sturio Lin.363.
- — Sturio Bl.363.
- — Sturio Schrank, Reuss, Koch360 f.
- Acipenserini358.
- Alausa Finta Trosch. (Kirschb.)332.
- — vulgaris Trosch. (Kirschb.)329.
- — vulgaris Fritsch329. 332. Boll332.
- Albula nobilis Gesn.261.
- — nobilis Schonev.259. 261.
- AlburnusRondel.154. 419.
- — bipunctatus Bl.163. (222.) 418.
- — breviceps Heck. Kn.155 f. (12.)
- — dolabratus Hol. Sieb.164. (20.)
- — fasciatus (Nord.) Jeitt.418.
- — lucidus Heck.154. (12. 49. 168. 222. [420.)
- — maculatus Kessl.418.
- — Mento Agass.161.
- — Mentoides Kessl.162.
- — tauricus Kessl.165.
- AlosaCuv.328.
- Alosa Schonev.332. 328.
- — communis Yarr.329.
- — Finta Cuv.332. (329. 331.)
- — vulgaris Cuv.328. (127.)
- — vulgaris Val.332.
- Ammocoetes branchialis (Cuv.) Sel.375.
(367. 374.) - Anacanthini73.
- AnguillaThunb.342.
- — acutirostris Sel.342 f. 352. Riss. Yarr.
343. - — fluviatilis Buj. Heck. Kn.342.
- — latirostris Sel.342 f. Riss. Yarr.343.
- — mediorostris Sel.342 f. Riss. Yarr.343.
- — migratoria Kr.342.
- — vulgaris Flem.342.
- — acutirostris Sel.342 f. 352. Riss. Yarr.
- Aphya Schonev.175.
[422]Alphabetisches Verzeichniss
- Asper Gesn.57.
- — pisciculus Rondel.57.
- — pisciculus I. Marsigl.53.
- — pisciculus II. Marsigl.54. 57.
- — verus Schaeff.54.
- Asperulus Schaeff.53.
- AspiusAgass.169.
- — alburnoides Sel.154. 156.
- — Alburnus Kr.154.
- — alburnus Leibl.155.
- — bipunctatus Sel.163.
- — fasciatus Nordm.418.
- — Heckelii Fitz.161.
- — Leuciscus Grand.213.
- — margaritaceus Mus. Gryph.168.
- — Mento Perty Heck.161.
- — Owsianka Czernay Kessl.172.
- — rapax Agass.169. (167.)
- — vulgaris Leibl.169.
- AsproCuv.52.
- — Apron Sieb.55.
- — Streber Sieb.54. 56.
- — vulgaris (Cuv.) Heck. Kn.54.
- — vulgaris Cuv. Val.55.
- — Zingel Cuv.53. (16. 57.)
- Balagrus Aristot.90.
- BarbusCuv.109.
- — communis Heck.109.
- — fluviatilis Agass.109. 420.
- — Mayori Val.112.
- — Petenyi Heck.111.
- — plebejus Bonap.112.
- BliccaHeck.138.
- — argyroleuca Heck. Kn.138.
- — Björkna Lin.138. (135. 146. 149. 151.)
- — Laskyr Heck. Kn.138. 141.
- BliccopsisSieb.142. (148.)
- — abramo-rutilus Hol.142. (20.)
- — alburniformis Sieb.168.
- — Buggenhagii Heck.143. 146 f.
- Botia taenia Kr.339.
- Capito Auson.202.
- — Anadromus Gesn.127.
- CarassiusNils.98.
- — Gibelio Leibl. Heck. Kn.99. (95.)
- — humilis Heck.99.
- — Moles (Agass.) Heck. Kn.99. 104.
- — oblongus Heck. Kn.99. 105.
- — vulgaris Nils.98. (95.)
- var. Gibelio104.
- var. humilis102.
- var. Moles104.
- var. oblongus105.
- CarpioHeck.91.
- — Kollarii Heck.91.
- var. striatus91.
- — Regina (Bonap.) Heck. Schaef.92.
- — striatus Heck.91.
- — vulgaris Rapp84.
- — Kollarii Heck.91.
- Cephalus fluviatilis Gesn.202.
- Chela cultrata Cuv.153.
- ChondrostomaAgass.225.
- — Genei Bonap.230. (19.)
- — Genei Heck. Kn.230. 232. (236.)
- — jaculum Fil.230.
- — Nasus Lin.225. 232. 236.
- — Rysela Agass.232. (20. 218. 231.)
- Chondrostomus Nasus Heck.227.
- Clupea Alosa Crepl.332.
- — Alosa Lin. Bl.329. 332.
- — Alosa Cuv.329.
- — Finta Cuv.332. (329.)
- — pontica Eichw.332.
- Clupeoidei328.
- CobitisLin.334.
- — barbatula Lin.337. (340. 17 ff.) 420.
- — barbatula Bl.337.
- — fossilis Lin.335. (340.)
- — fossilis Bl.335.
- — taenia Lin.338.
- — taenia Bl.338.
- CoregonusArted.239.
- — acronius Rapp, Heck. Kn.254. 258.
- — Albula Lin.265. (248.)
- — Albula Schinz243. 247 f.
- — Albula minima Arted.265.
- — Albula nobilis Arted.251. 259.
- — Albula parva Arted.243.
- — Bezola Arted.243.
- — Fera Jur.251. (245. 261. 265.)
- — Ferra Arted.251.
- — Heglingus Schinz248.
- — hiemalis Jur.254.
- — La Cepedei Parnell, Sundev.250.
- — Lavaretus Arted.243.
- — Lavaretus Val.243. 247 f.
- — Lavaretus Kr.263.
- — Lavaretus Nils.250.
- — Maraena Bl.263. (240. 257.)
- — Maraena Schinz251. 254.
- — Maraena media Schinz254.
- — Maraenula Buj. Schulz265. (247.)
- — oxyrhynchus Lin.259. (241. 248. 264.)
- — Oxyrhynchus Arted.259.
- — Palea Val. Heck.243.
- — Palea Cuv. Val.249.
- — Reisingeri Val.243. 250. 263.
- — Thymallus Arted.267.
- — Wartmanni Bl.243. (241. 261.)
- Corregonus Ferra Jur.251.
- — hiemalis Jur.254.
- CottusLin.62.
- — Gobio Lin.62. (16. 65. 420.)
Gobio Bl.62. - — poecilopus Heck.64.
- — Gobio Lin.62. (16. 65. 420.)
- Cyclostomi366.
- Cyprinoidei81.
- CyprinusLin. (82.) 84.
- — acuminatus Heck. Kn.84. 87.
- — Alburnus Lin.154.
- — alburnus Bl.154.
- — amarus Bl.116.
- — amarus Koch99. 105.
- — angulatus Heck.87.
[423]der systematischen und lateinischen Gattungs- und Art-Namen.
- CyprinusAphya Arted. Lin.175.
- — aphya Lin.216 f. 219. 222.
- — aphya Bl.218 ff. 221.
- — aphya Hartm.212. 220.
- — aphya Meiding.224.
- — aphya Wulff175.
- — Aspius Lin. Bl.169.
- — Ballerus Lin. Bl.130.
- — Barbus Lin. Bl.109.
- — Björkna Lin.138.
- — bjoerna Val.138.
- — bipunctatus Bl.163.
- — Blicca Bl.138.
- — Brama Lin. Bl.121.
- — Buggenhagii Bl.143. 145. 148.
- — Carassius Lin. Bl.98.
- — Carpio Lin.84. 95.
- — Carpio Bl.84.
- var. acuminatus87.
- var. alepidotus85.
- var. angulatus87.
- var. coriaceus85.
- var. elatus87.
- var. hungaricus86.
- var. lacustris87.
- var. macrolepidotus85.
- var. nudus85.
- var. Regina86. 88.
- var. Rex Cyprinorum85.
- var. specularis85.
- var. thermalis87.
- — Cephalus Arted. Lin.179. 188. 200. 202.
- — Cephalus Fries Ekstr.203.
- — cirrosus Schaeff.84.
- — clupeoides Bl.153.
- — cultratus Lin. Bl.152.
- — Dobula Schrank Buj.200. (179.)
- — Dobula Lin.203. Bl.203.
- — dobula Glog.206.
- — elatus Bonap.87.
- — elatus Val.84.
- — erythrophthalmus Lin. Bl.180 f.
- — erythrophthalmus Schinz181.
- — erythrophthalmus Hartm.185.
- — Farenus Lin.121 f.
- — Fischeri Arendt175.
- — Gibelio Bl.99.
- — Gibelio Val.99.
- — Gobio Lin. Bl.112.
- — Grislagine Meid.196. Agass.196.
- — Grislagine Arted.211. (209. 219.)
- — Grislagine Lin.197. 203. 209.
- — humilis Heck.105.
- — hungaricus Val.84.
- — hungaricus Heck.86.
- — Idbarus Meiding.179.
- — Idus Lin.176. 179.
- — Idus Agass.191.
- — Idus var. Idbarus Agass.194.
- — Idus Meiding. Schrank.191. 193.
- — Idus Bl.200.
- — Jeses Lin. Bl.176. 179.
- — Jeses Schrank191. 193.
- CyprinusJeses Reuss195.
- — Jeses Fries Ekstr.203.
- — Kollarii Heck.91.
- — Laskyr Güldenst.141.
- — Leuciscus Lin.203. 206. 210 f. (10.)
- — Leuciscus Bl.203. (222.)
- — macrolepidotus Hartm.84.
- — Meidingeri Wagn.196.
- — Moles Val.99.
- — Nasus Lin. Bl.225.
- — nudus Bl.84.
- — Orfus Lin.177.
- — Orfus (Mus. Regiomont.)190.
- — phoxinus Arted.219.
- — Phoxinus Lin. Bl.222.
- — Phoxinus Schrank217.
- — Regina Val.84.
- — Regina Bon.86. 92.
- — Regina Sel.88.
- — Rex Cyprinorum Bl.84.
- — rutilus Hartm.180.
- — rutilus Schinz181.
- — rutilus Lin. Bl.184.
- — Sapa Pall.131.
- — simus Römer-B.203. 207.
- — striatus Hol.91.
- — thermalis Heck.87.
- — Tinca Lin. Bl.106.
- — uranoscopus Agass.115.
- — Vimba Lin. Bl.125.
- — Vimba Agass. Perty127.
- Esocini325.
- EsoxLin. Bl.325.
- — lucius Lin.325.
- Fario Val.277.
- — argenteus Val.314.
- — lacustris Rapp302.
- — Lemanus Val.301.
- — Marsiglii Heck. Kn.302. 304.
- — Marsilii Heck.302. 308. 313.
- — Trutta Rapp302.
- Farra Rondel.253.
- Ferra Rondel.253.
- Gadoidei73.
- Gadus Lota Lin. Bl.74.
- Ganoidei358.
- GasterosteusLin.65.
- — aculeatus Lin.66. (16.)
- — aculeatus Bl.66.
- — aculeatus var. trachurus Heck. Kn.66.
- — gymnurus Cuv.66.
- — gymnurus Leibl.66.
- — leiurus Cuv. Val.66.
- — leiurus Günth.66.
- — pungitius Lin.72.
- — pungitius Bl.72.
- — semiarmatus Cuv. Val.66.
- — semiloricatus Cuv. Val.66.
- — Spinachia Lin.70.
- — trachurus Cuv. Val.66.
[424]Alphabetisches Verzeichniss
- Gasterosteustrachurus Leibl.66.
- GobioCuv.112.
- — fluviatilis Cuv.112. (13. 348. 420.)
- var. obtusirostris112 ff.
- — obtusirostris (Agass.) Val.112 ff.
- — uranoscopus Agass.115. (22.)
- — vulgaris Heck. Kn.112.
- — fluviatilis Cuv.112. (13. 348. 420.)
- Gobius fluviatilis minor Willughb. Arted.
115. - Grislagine Augustae dictus Willughb.218.
- Gymnocephalus Schraetser Bl.60.
- Helmichthyden (19.)
- IdusHeck.176.
- — Idus Leibl.177.
- — melanotus Heck.176. (18.)
- — miniatus Heck. Kn.177. 179.
- LeucaspiusHeck. Kn.171.
- — abruptus Heck. Kn., Dyb.172. 174.
- — delineatus Sieb.171.
- LeuciscusRondel.183. (137.)
- Leuciscus Heck.183. 188.
- — Agassizii Val.213.
- — alburnoides Val.154.
- — alburnus Val.154.
- — alburnus Rapp155.
- — aphya Agass.212. 216. Perty213.
- — aphya Weber217.
- — argenteus Agass.203. 207 f.
- — argenteus Sel. Schaef.203.
- — Aspius Val.169.
- — Baldneri Val.163 f.
- — bipunctatus Val.163.
- — Blicca Val.138.
- — Buggenhagii Val.134. 136.
- — Cephalus Kr.200. (188.)
- — cultratus Val.153.
- — decipiens Agass.185 ff.
- — dobula Val.200.
- — Dobula Sel. Schaef. Günth. Rapp200.
- — Dobula Kr.203.
- — dobula Yarr.203.
- — dolabratus Hol. Sel. Val.165. 167.
- — erythrophthalmus Sel. Val.180.
- — frigidus Val.200.
- — Genei Bonap.230.
- — Gobio Günth.112.
- — Grislagine autor. boreal.209. 219.
- — Grislagine Heck.211.
- — Grislagine Kr.203.
- — Grislagine Nils.210.
- — Grislagine Perty194. 196. Val. Weber
196. - — Hyldensis Hornsch. Schill.148.
- — Idbarus Perty194.
- — Idus Perty194. 196.
- — Idus Fürnr.195.
- — Idus Weber, Grandauer195.
- — Idus Sel.177.
- — Jeses Val.177.
- — Jeses Jur.185. 187. (Weber195.)
- — lancastriensis Yarr. Val.203. 211.
- Leuciscuslatifrons Nils.203.
- — Leuciscus Val.203.
- — Leuciscus Weber213.
- — majalis Agass.203. 212.
- — Meidingeri Heck.196. 194. 199. 209.
309. - — Mento Val.161.
- — muticellus Günth.213. 216.
- — neglectus Sel.177.
- — Orfus Leibl.177.
- — Orphus Val.177.
- — Pausingeri Heck.185 f.
- — Phoxinus Nils.217.
- — Phoxinus Val.223.
- — prasinus Agass.185 ff.
- — rodens Agass. Val.203. 207 f. 212.
- — rostratus Agass. Val.203. Agass. Heck.
207. - — rutiloides Sel.185. 186 f. 189 f.
- — rutilus Lin.184. (18. 144. 151. 179.
181. 420.) - — Sapa Val.131.
- — Selysii Heck.185.
- — stymphalicus Val.172. 175.
- — Tinca Günth.106.
- — Vimba Koch125.
- — Vimba Weber127.
- — Virgo Heck.191.
- — vulgaris Val.203.
- — vulgaris Yarr.203.
- — vulgaris Günth. Rapp203.
- — vulgaris Flem.210.
- Leucos Heck. (183. 188.)
- — adspersus Heck.184.
- — aula Bonap.184.
- — basak Heck.184.
- — rubella Heck.184.
- — rutiloides Heck.185 f. Kirschb.186.
- — Selysii Heck.185 f. 189 f.
- LotaCuv.73.
- — communis Rapp74.
- — fluviatilis (16.)
- — vulgaris Cuv.73. (19.)
- LuciopercaCuv.51.
- — Sandra Cuv.51.
- — volgensis Pall.417.
- Mallotus arcticus (273.)
- Marena Schonev.265.
- Muraena Anguilla Lin. Bl.342.
- — oxyrrhina Ekstr.343.
- — platyrrhina Ekstr.343.
- Muraenoidei342.
- Nagemulus (Willughb.)53.
- Nasus Arted.225.
- Orfus Germanorum Marsigl.191. 196.
- OsmerusArted.271.
- — Eperlanus Lin.271. (175. 221.)
- — eperlanus Val.271.
- — spirinchus Val.271.
[425]der systematischen und lateinischen Gattungs- und Art-Namen.
- Owsianka Dyb.174.
- — Czernayi Dyb.172. 174.
- Passer fluviatilis78.
- PelecusAgass.152.
- — cultratus Lin.152.
- PercaLin.44.
- — Asper Arted. Lin.55.
- — asper Bl.54.
- — asper Pall.417.
- — cernua Lin. Bl.58.
- — flavescens Cuv. Val.49.
- Perca fluviatilis Lin.44. (17.)
- — fluviatilis Bl.44 f.
- — fluviatilis (Schrank)45.
- — italica Cuv. Val.47.
- — Lucioperca Lin. Bl.51.
- — Schraetser Lin.60.
- — volgensis Pall.417.
- — vulgaris Schaeff. Schrank44 f. 47.
- — Zingel Lin. Bl.53.
- Percoidei43. 46.
- PetromyzonLin.366.
- — branchialis Lin. Bl.375.
- — fluviatilis Lin.372. (378.)
- — fluviatilis Bl.372.
- — marinus Lin.368. (378.)
- — marinus Bl.368.
- — Planeri Bl.375. (307.)
- Petromyzonini366.
- PhoxinusAgass.222.
- — Aphya Kr.223.
- — laevis Agass.222. (16. 217. 219. 420.)
- Phoxinus Marsilii Heck.223.
- Physostomi79.
- PlatessaCuv.77.
- — Flesus Lin.77.
- Pleuronectae77.
- — Flesus Lin. Bl.77.
- Pseudobarbus Leonhardi Bielz111.
- RhodeusAgass.116.
- — amarus Bl.116.
- Salar Val.277.
- — Ausonii Val. Heck. Kn.319.
- — lacustris Heck. Kn.302. 312.
- — lacustris Heck.313.
- — Schiffermülleri Bl.308.
- — Schiffermülleri Heck.302. 305. 308. 313.
- — Schiffermülleri Val.302.
- Salmo(Val.) Sieb.280. (279.)
- Salmo Val.277.
- Salmo Nils.279.
- — albula Lin.265.
- — albula Hartm.243. 248.
- — albula Glog.265.
- — alpinus Lin.284. 287.
- — alpinus Bl.287. 319.
- — alpinus Schrank Meiding.280. 287.
- — alpinus Nils.324.
- — carbonarius Nils.324.
- — distichus Heck.280.
- — Eperlanus Lin. Bl. Siemss.271.
- SalmoEperlanus β. major Siemss.271.
- — eperlano-marinus Bl.271.
- — Eriox Lin.301. 324.
- — Fario Lin. Bl.319.
Fario Agass. (323.) - — ferox Jard. (324.)
- — Goedenii Bl.287 f. 314. 316.
- — hamatus Val. Heck. Kn.292.
- — Hucho Lin.288. (275. 279.)
- — Hucho Bl.288.
- — Hucho Agass. (323.)
- — Illanca Wartm.301.
- — Illanca Schinz311.
- — lacustris Lin. Bl. Nenn.301.
- — lacustris Agass. Weber302. 306. (323.)
- — lacustris Hartm.310.
- — latus Siemss.260.
- — Lavaretus Lin.243. 248. 251. 263.
- — Lavaretus Bl.248. 260.
- — Lavaretus Nau Heinek.260. 262.
- — lemanus Cuv.311.
- — Lemanus Agass.301.
- — Maraena Bl.263.
- — Maraena Hartm. Mart. Nenn.251.
- — Maraena Ferra Gmel.251.
- — Maraena gutturosa Gmel.254.
- — maraena media Hartm.254.
- — Maraena media Nenn.254.
- — Maraenula Bl.247. 265.
- — Maraenula Hartm. Nenn.243. 247.
- — monostichus Heck.280. 282.
- — Ocla Nils. (324.)
- — oxyrhynchus Lin.259.
- — Renke Schrank243.
- — rutilus Nils.324.
- — Salar Lin. Bl.292. (17.) (Agass.323.)
- — Salmo Val.292.
- — Salmulus Willughb.300.
- — Salvelinus Lin.280.
- — Salvelinus Bl., Schrank, Hartm.,
Nenn., Schinz, Val.280. Heck.280.
Heck. Kn.285. Nils.324. - — saxatilis Schrank319.
- — Schiefermülleri Bl.302. 306. 390.
- — Schiffermülleri Schrank302.
- — Spirinchus Buj.271.
- — Thymallus Lin., Bl., Schrank, Hartm.
267. - — thymallus Glog.267.
- — Thymallus latus Bl.260.
- — Thymalus Buj.267.
- — Trutta Lin. Bl.314. (302. 310 f.)
- — Trutta Schrank, Hartm., Weber301.
- — Trutta Nenn.302.
- — Trutta Agass. (323.)
- — Trutta Jur.311.
- — Trutta, var. Salm. Lemanus Agass.301.
- — Truttula Nils. (324.)
- — Umbla Bl. (Hartm. Val.)280. 286.
- — Umbla Agass.280. 323.
- — Umbla Heck.280. (Heck. Kn.285.)
- — Wartmanni Bl.243. 247.
- — Wartmanni Schrank, Hartm.243.
[426]Alphabetisches Verzeichniss der systemat. u. latein. Gattungs- und Art-Namen.
- Salmonoidei238.
- Salvelini Nils.279.
- Sandat53.
- ScardiniusBonap.180.
- — dolabratus (Heck.) Dyb.165. 167.
- — erythrophthalmus Lin.180. (12. 15.
151. 167. 190. 225.) - — erythrophthalmus var. hesperidica Heck.
182. - — hesperidicus Heck. (15.) 182.
- — macrophthalmus Heck. Kn.180. (12.)
- Schilus53.
- Scleroparei62.
- Scomberoidei65.
- Siluroidei79.
- SilurusLin.79.
- Silurus (cirro unico mento) Arted.73.
- — Glanis Lin.79. (16.)
- — Glanis Bl.79.
- Spirinchus Schonev.271.
- SqualiusBonap.200. (214.)
- — argenteus Leibl.203. 211.
- — Cephalus Lin.200. (19. 167. 420.)
- — Cephalus Heck.209.
- — Cephalus Val.196.
- — chalybaeus Heck. Kn.203. 211.
- — delineatus Heck. Dyb.172. 174.
- — Dobula Leibl., Heck. Kn.200. (12.
188. 202. 209.) - — dolabratus Heck.165. (Sel.) 167.
- — lepusculus Heck. Kn.203. 205. 211.
(11.) - — Leuciscus Lin.203. (10. 12. 219.)
- — leuciscus Heck. Kn.203. 206. 211.
- SqualiusLeuciscus Schrank222.
- — microlepis Heck.215.
- — rodens (Agass.) Heck. Kn.203. 206 f.
211. (11.) - — rostratus Heck. Kn.203. 211. (12.)
- — tenellus Heck.215.
- — Turskyi Heck.215.
- Squalus major Schwenckf.200.
- — minor Schwenckf.203.
- Teleostei43.
- TelestesBonap.212. (214.)
- — Agassizii Val.212. (209. 234 ff.)
- — muticellus Bonap.215 f.
- — Rysela Heck.213. 218.
- — Savignyi Bonap.215 f.
- ThymallusCuv.267.
- Thymallus Arted.267.
- — gymnogaster Val.268.
- — gymnothorax Günth. Val. Rapp267 f.
- — Thymallus Kr.267.
- — vexillifer Val.267.
- — vexillifer Agass.267.
- — vulgaris Nils.267. (275.)
- TincaCuv.106.
- — chrysitis Sel.106. (18.)
- — vulgaris Cuv.106.
- Trutta(Nils.) Sieb.292. 279.
- — Fario Lin.319. (15 ff. 19. 288. 420.)
- — lacustris Lin.301. (275.)
- — Salar Lin.292. (275.)
- — Trutta Lin.314.
- Truttae Nils.279.
[[427]]
Appendix H Alphabetisches Verzeichniss
der
verschiedenen aufgeführten trivialen Fischnamen.
(Die ausser Deutschland gebräuchlichen Volksnamen sind cursiv gedruckt.)
- Aal 342. (19. 378.)
- Aale, Fam. der 342.
- Aall 342.
- Aalraupe 74.
- Aalruppe 74.
- Aalrutte 74.
- Abenteuer 12.
- Ablette154.
- Adelfelchen 251.
- Adelfisch 251.
- Aelzeln 127. 331.
- Aertzele 218.
- Aesche 267.
- Aesche, breite 260.
- Aeschen 267.
- Aessling 125.
- Agöne 154.
- Aitel 200. 202.
- Al 342.
- Aland 176. 179. 191. 193 f.
- Alandblecke 163 f.
- Alander 179.
- Alat 200.
- Albele 156.
- Albelen 261.
- Albule 243. 245.
- Alet 200. 202.
- Alose 332.
- l’ Alose propr. dite329.
- Alpforelle 287. 319. 321 f.
- Alpken 258.
- Alse 329. 332.
- Alsen 328. 332.
- Alte 202.
- Altel 200.
- Altl 200.
- Amaul 51.
- Anbeiss 49.
- Angelfisch 205.
- Anguillaci353.
- Anguille long bec, plat bec,
pimperneaux, verniaux343. - Apron 55.
- l’ Apron55.
- Asch 267.
- Asche 226.
- Baarsch 44.
- Bachforelle 319. 321.
- Bärsch 49.
- Bärschling 49.
- Bambeli 163.
- Bambeli, glatte 223.
- Bampel, glatte 222 f.
- Barbe 109.
- Barbeau commun109.
- Barben 109.
- Barsch, gemeiner 44.
- — kleiner 99.
- Barsche, Fam. der 43.
- Barschig 44.
- Bartgrundel 337. (18.)
- Bastardfische 20. 91. (94.)
100. 134. 142. (148. 151.)
164. (168.) 232. (236.) 321. - Bauernkarpfe 98.
- Bécard292.
- Bergforelle 319. 321.
- Bergforelle, schwarzreuteri-
sche 280. - Bersich 49.
- Bezola243.
- Bille 117.
- Bissgurre 335.
- Bitterfisch 116.
- Bitterling 116.
- Bitter-Rümpchen 420.
- Bläuling 245.
- Blaufelchen 243 f.
- Blaunase 125 f.
- Blauwfelchen 243.
- Blauwling 243.
- Blecke 149.
- Blei 121.
- Bley 121.
- Blick 138. 140.
- Blicke 138 ff.
- Blicklein 117.
- Bliecken 116.
- Blieken 117.
- Bodenrenke 245. 251. 253.
- Bordelière138.
- Bouvière116.
- Bouyeiroûn354.
- Brachsen 121.
- Brachsen, junger 139.
- Brachsmen 121.
- Brassem 121.
- Brassen 121.
- Breitbleck 163.
- Brème commune121.
- Brême rosse143.
- Bresem 121.
- Buchfisch 261.
- Budd 217.
- Bürschling 49.
- Bürstel 44. 49.
- Bürstling 44. 49.
- Burretschel 98.
- Butt 223.
- Buz 258.
- Calata351.
- Capito202.
- Carousche blanche91.
- Carpe91.
- — blanche91.
- — bréhaigne90.
- — carassin98.
- — commune84.
- Carpeau90.
- Carreau91.
- Chabot de rivière62.
- — Têtard62.
- Chevaine196. 200.
- Chevin202.
- Chub202. 209.
- Cingle53.
- Cives354.
- Dace203.
- Dick 362.
- Dickkopf 200. (206.)
- Diebel 202.
- Döbel 200. 203. (206.)
- Dörnling 195.
- Donaukarpfe 84.
- Donau-Nerfling 191.
- Dornbrachsen 124.
- Dorngrundel 338 f.
- Dornling 193.
[428]Alphabetisches Verzeichniss der trivialen Fischnamen.
- Dörnling 195.
- Dübel 200. 206.
- Egli 49.
- Elbel 259. 261 f.
- Elblen 261.
- Ellritze 223.
- Elritz 222.
- Elritze 222.
- Elte 200.
- Eltzelen 331.
- Eltzen 328.
- Elzer 127. 331.
- Epinoche66.
- — petite72.
- — à queue nue et queue
armée66.
- Epinochette72.
- Epitragien90.
- Faren 121 f.
- Federäsche 269.
- Felchen 243. 245. (241 f.)
- Féra251.
- Fiäll-Rör285.
- Finke 332.
- Finte 332.
- Flunder 77.
- Flussaal 342.
- Flussbarbe 109.
- Flussbarsch 44.
- — ungebänderter 46.
- Flussforelle 319.
- Fluss-Gründling 112.
- Flusskarpf 85.
- Fluss-Neunauge 372.
- Flusspricke 372.
- Forelle 319.
- Frauenfisch 139. 191. 194 ff.
196. 198. - Frauen-Nerfling 191. 193.
- Frauen-Nörfling 194 f.
- Fraufisch 191.
- Furn 181. 185. 200.
- Gängling 177.
- Gangfisch 213. 243. 245. 257.
- Gareis 99.
- Gareisel 98.
- Gesäms 420.
- Gesenitz 179.
- Giebel 99 f.
- Gieben 139.
- Gilse300.
- Glattdick 359.
- Glatt-Stör 359.
- Göse 179.
- Goldfisch 332.
- — unechter 178.
- Goldforelle 319. 321.
- Goldkarausche 99. 105.
- Goldlachs 305.
- Goldmakrele 232.
- Goldnase 232.
- Goldnerfling 177 f.
- Goldnervling 177 f.
- Goldorfe 18.
- Goldschleihe 107.
- Goujon ordinaire112.
- Grässling 112. 115.
- Graining203.
- Gras-Aal 352.
- Grasblecke, rothfederige
149. - Grasblecken, schwarzfede-
rige 149. - Grastaschel 149.
- Gravenche254. 258.
- Grau-Nörfling 196.
- Grémille commune58.
- — Gougeonnière58.
- Gressling 112.
- Grieslaugel 213.
- Grieslaugele 218.
- Grilse 300.
- Grislagine218.
- Gropp 62.
- Groppe 62.
- Gründling 112.
- Grundel 112. 337. (19.)
- Grundfährin 301. 309.
- Grundforelle 301 ff. 309.
(312.) - Gruppe 62.
- Güster 138 f.
- Güwchen 420.
- Hachette165.
- Hägling 243. 245. 247.
- Hälverling 94. (98.)
- Hängling 245.
- Häringe, Fam. der 328.
- Häseli 203.
- Häsling 203. 206.
- Hässling 206.
- Hakenlachs 292 f.
- Halbbrachsen 132. 139.
- Halbfelch 243.
- Halbfisch 127. 192.
- Halbgareis 99.
- Halbgareisel 100.
- Halbkarausche 94. 100.
- Halbrenke 129.
- Hartkopf 171.
- Hasel 190. (202.) 203. 213.
- Hassel 203.
- Hassle 203. 206.
- Hausen 364.
- Hautin 261.
- Hecht 325. (297.)
- Hechte, Fam. der 325.
- Herbstlachs 307.
- Hessling 203.
- Heuch 288.
- Heuerling 49. 243. 245.
- Houting260.
- Hürling 49.
- Huch 288.
- Huche 288.
- Huchen 288.
- Illanke 301. 309 f. 312.
- Illanken 302.
- Inlancke 301.
- Inlanke 310.
- Karass 98.
- Karausche 98 f.
- — gemeine 98.
- — kleine 100.
- Karauschen-Karpf 94.
- Karpf 84.
- — gemeiner 84.
- Karpfe 84.
- Karpfen, Fam. der 81.
- Karpfen 84.
- — gelte, güste 90.
- — gemeiner 84.
- Karpf-Gareisl 91. 94.
- Karpf-Karausche 91. 94.
- Karsch, kleiner 99.
- Karschkarpfen 95.
- Karutsche 98.
- Kaulbarsch 58.
- Kaulkopf 62. 420.
- Kautzenkopf 62.
- Kilch 254. 257.
- Kilchen 254. 257.
- Kirchfisch 254.
- Kirchlin 254. 257.
- Knochenfische, Ordn. der
43. - Koppe 62.
- Koppen 62.
- Kothbuckel 100.
- Kothkarpfe 100.
- Kothscheberl 99 f. 105.
- Kresse 112.
- — blaue 348.
- Kressen 112.
- Kressling 112.
- Kretzer 49.
- Kreuzele 245.
- Kröpfling 251. 253. 259.
- Kropffelchen 254. 256.
- Kropf-Maräne 254.
- Kühling 191. 193. 200.
- Kümmerer 12 f. 180.
- Kurretschel 98.
- Kutt 58.
- Kutz 54. 59.
- Lachs 275. 292.
- — unechter 318.
- Lachse, Fam. der 238.
- Lachsferche 303. 305.
- Lachsforelle 301. 303. 305 f.
314 f. (322. 199.)
[429]Alphabetisches Verzeichniss der trivialen Fischnamen.
- Läge 156.
- Läufer 13.
- Lagune 154.
- Laimer 90.
- Lamprete 368.
- Lampreten, Fam. der 366.
- Lampreth 368.
- Lang-Bleck 155.
- Lau 237.
- Laube 154 ff. 213. 222.
- — gemeine 213.
- — kleine 213.
- Lauben 203.
- Laucken 154.
- Lauge 156. 213. 237.
- — grosse 166.
- Laugen 213.
- Laugele 155.
- Lavaret (241.) 248 f. 262.
- Lederkarpf 85.
- Lederkarpfe 84.
- Leiter 136. 145. 148 f.
- Leitbrassem 148.
- Leitfisch 145. 148.
- Lutter-Rümpchen 420.
- Mackel 140.
- Madui-Maräne 263.
- Märzling 203. 208.
- Maifisch 198. 308. 328. 331 f.
- — kleiner 332.
- Maiforelle (199.) 302. 304 ff.
- Mailachs (199.) 302. 307.
- Mai-Renke 161 f.
- Makrelen, Fam. der 65.
- Maräne 263. 265. (241 f.)
- — grosse 263.
- — kleine 265.
- — weisse 251.
- Marene 265.
- Mausefresser 201.
- Maussesser 201.
- Mayfisch 199.
- Mayforelle 199.
- Meckel 138.
- Meerforelle 314. (310.)
- Meernase 125.
- Meerpricke 368.
- Meunier200. 202.
- — argenté203.
- — Chevanne200.
- Meydel-Fisch 261.
- Meyfisch 328. 332.
- Mienen 200.
- Migliorumenti353.
- Miling 261.
- Milling 222.
- Minow 222.
- Moderliesken 175 f.
- Modke 176.
- Möllitz 317.
- Montata353.
- Montée354.
- Moorgrundel 335.
- Mudd 222.
- Muer-Grundel 335.
- Müsiggänger 90.
- Mulbe 169.
- Munier202.
- Musebyter 201.
- Mutterhäring 329.
- Mutterloseken 175 f.
- Naass 225.
- Naddi 209.
- Näsling 226. 233.
- Nagemaul 51.
- Nase 125 f. 225. 237.
- Nerfling 176.
- Nervling 170.
- Nestling 213.
- Neunauge 366. 372. 375.
- — gemeines 372.
- — grosses 368.
- — kleines 372. 375.
- Neunhockhen, blinder 375.
- — sehender 375.
- Nörffling 193.
- Nösling 204.
- Nöstling 232. 235.
- Ombre267.
- — Chevalier280.
- Orfe 18. 177.
- — rothe 177. (190.)
- Orff 193.
- Owsianka 172 f.
- Palée blanche249.
- — noire249.
- Panzerwangen, Fam.
der 62. - Parr299.
- Perche commune44.
- — de rivière44.
- Perel 372.
- Perlfisch 193. 196. 198. (209.)
- Perpel 332.
- Persing 44.
- Pfaffenlaus 58.
- Pfelle 223.
- Pfrill 217.
- Pfrille 217. 222.
- pibales354.
- Pleinzen 130.
- Plötze 180 f. 184 f.
- Poissonnet203. 212.
- Powan250.
- Pricke 366. 368.
- — kleine 375.
- Prickh 372.
- Priscetti353.
- Quappe 73 f.
- Querder 375.
- Raapfen 169.
- Ränke 243.
- Rape 169.
- Rapfen 169 f.
- Rappe 169.
- Raub-Aal 352.
- Renke 162. (241 f.) 243. 262.
- Rerling 49.
- Reusen-Aal 352.
- Rheinank 260.
- Rheinanke 259. 301. 309.
- Rheinankel 259.
- Rheinanken 243. 245.
- Rheinlachs 299.
- Rheinlanke 301 f. 310. 312.
- Rheinlanken 311.
- Rheinsalm 299.
- Rhingau 245.
- Riedling 245. 251. 259.
- Riedlingchen 420.
- Riemling 163.
- Rissling 212.
- Ritter 280.
- Roche353.
- Rötel 280.
- Rötelen 280.
- Röthel 285.
- Rötheli 280. 285.
- Röthling 317.
- Rohrkarpfen 179.
- Ronzon203. 212.
- Rothaug 180.
- Rothauge 144. 180 ff. 184.
189. - Rothfeder 144. 180 ff. 189.
- Rothfisch 288 f.
- Rothflosser 180 ff. 185.
- Rothforelle 280. 285.
- Rothkehl 178.
- Rothorfe 177.
- Rothschiedel 170.
- Rotte 181.
- Rottel 176.
- Rottel, goldgelbe 177 f.
- Rottelen 181.
- Rotten 180 f.
- Rümpchen 420.
- Rüssling 204. 213.
- Ruffolk 74. (19.)
- Ruffolkh 73.
- Rundmäuler, Ordn. d. 366.
- Russnase 125 f. (226.)
- Rutte 73 f.
- Ryserle 213. 218. 236.
- Ryssling 217 f.
- Sälmling 299 f.
- Saibling 280. (257.)
- Salat 170.
- Salbing 280.
- Salbling 280.
- Salmen 292.
[430]Alphabetisches Verzeichniss der trivialen Fischnamen.
- Salmling 280.
- Sand-Barsch 51.
- Sanddobel 206.
- Sandfelch 253.
- Sandfelchen 251. 253.
- Sandgangfisch 251.
- Sandre51.
- Schaiden 80.
- Scheid 79.
- Schellfische, Fam. d. 73.
- Scherg 362.
- Schied (167.) 169.
- Schiedling 162.
- Schiel 51.
- Schill 51.
- Schlammbeisser 335.
- Schlammpitzger 335.
- Schlei 106.
- Schleihe 106.
- Schleihen 106.
- Schley 106.
- Schmalzfeder 263.
- Schmelzschupper, Ordn.
der 358. - Schmerl 337.
- Schmerle 337.
- Schmerlen, Fam. d. 334.
- Schnäpel (248.) 259 f.
- Schneider 163.
- Schneiderfisch 155 f.
- Schneiderkärpfchen 117.
- Schnepel 260 f.
- Schnot 203.
- Schnotfisch 203.
- Schnottfisch 203.
- Schollen, Fam. d. 77.
- Schrätser 60.
- Schrätz 60.
- Schrätzer 60.
- Schraitser 60.
- Schratz 49.
- Schratzen 49.
- Schrazen 60.
- Schroll 58.
- Schuppfisch 200.
- [Schusslaube]163.
- Schwäbfärhin 309.
- Schwal 181.
- Schwall 185.
- Schwarzforelle 319. 321.
- Schwarznerfling 178.
- Schwarznervling (170.) 177.
- Schwarznörfling 195.
- Schwarzreuterische Berg-
forelle 280. - Schwebfährin 302.
- Schwebförne 302. 310.
- Schwebforelle 302 f. 305. 309.
- Schweebforelle 302.
- Schwuppe 131.
- Seeforelle 301 f. 309. 314.
(199.) - Seekarpf 85 f.
- Seekarausche 98. 100. 104.
- Seelachs 318.
- Seelamprete 368.
- Seelen 243. 245.
- See-Neunaugen 370.
- Seepinkl 86.
- See-Rüssling 127. 129.
- Seestichling 70. 72.
- — kleiner 72.
- — fünfzehnstacheliger 70.
- Seestint 271. 273.
- Sefährin 301.
- Sefärhin 309.
- Semling 111.
- Serben 12.
- Sichling 152.
- Silberfisch 161.
- Silberlachs 302. 304. (312.)
316. (318.) (199. 290.) - Silberling 155. 165.
- Silure d’ Europe80.
- Silver-Whites318.
- Sittigkarpfen 95.
- Smolt300.
- Snepel 259.
- Speier 226. 228.
- Spiegelkarpf 84 f.
- Spiegelkarpfe 84.
- Spiegelkarpfen 84. (96.)
- Spiering 221.
- Spierling 217 f. 220.
- Springer 203.
- Springkarpf 84.
- Squaglio202.
- Stachelfisch 66.
- Stachelflosser, Unterordn.
der 43. - Stämm203. 209. (219.)
- Stämskallen210.
- Stechbüttel 66.
- Steinbeisser 338.
- Steinbrachsen 124.
- Steinforelle 319. 321 f.
- Steingressling 115.
- Steinkarausche 99 f.
- Steinkresse 115.
- Steinkressling 115.
- Steinpitzger 338.
- Sterlet 360. (18.)
- Stern-Hausen 362.
- Sterzling 245.
- Stichling (16.) 49. 66.
- — dreistacheliger 66.
- — kleiner 72.
- Stickleback70.
- Stindt 271.
- Stint (221). 271.
- Stint, grosser 273.
- — kleiner 273.
- Stirr300.
- Stöhr 363.
- Stör 360. 363.
- — gemeiner 363.
- Störe, Fam. der 358.
- Strandlachs 318.
- Streber 57. 54 f.
- Strever 55. 57.
- Ströber 54. 57.
- Strömer 212 f. (236.)
- Stuben 243. 245.
- Stüben 243.
- Tanche vulgaire106.
- Teichforelle 319.
- Teichkarausche 99 f.
- Teichkarpf 85.
- Teichkarpfen 84.
- Treische 74.
- Trische 74.
- Trüsche 74.
- Uckelei 154. 156.
- Uhle 375.
- Uhlen 375.
- Urban 203.
- Vandoise203.
- Véron222 f.
- Vrowfisch191.
- Wälin 79.
- Waldforelle 319. 321.
- Waldt-Forell 319.
- Waller 79 f.
- Wapper 115 f.
- Waxdick362.
- Weichflosser, Unterordn.
der 73. - Weissfelchen 251 f.
- Weissfisch 127. 154. 161.
198 f. 203. 226. 251. - Weissforelle 314. 319. 321.
- Weissgangfisch 251.
- Weller 80.
- Wels 79 f.
- Welse, Fam. der 79.
- Wildfang-Saibling 283.
- Zängel 49.
- Zärthe 125 f. (129.)
- Zander 51.
- Ziege 152. 154.
- Zindel 53. 57.
- Zingel 53.
- Zobelpleinze 138.
- Zope 130.
- Zupe 130.
[]
Appendix I Erklärung der beiden Tafeln.
- Tafel I.Rhodeus amarus Agass. Bitterling.
Fig. 1. Männchen im Hochzeitskleide.
Fig. 2. Weibchen zur Laichzeit mit seiner langen Legeröhre.
- Tafel II.Coregonus hiemalis Jur. Kilch oder Kröpfling, dessen Bauchhöhle durch Luft
der geplatzten Schwimmblase ausgedehnt ist, indem dieser Fisch in sehr
grosser Wassertiefe lebend an der Oberfläche des Wassers eine zu starke
Ausdehnung der in der Schwimmblase eingeschlossenen Luft erleidet.
Appendix J Verbesserungen.
- Seite 10 letzte Zeile lies Squalius statt Sqalius.
- „ 58 Z. 14 v. oben lies äusseren statt äussereren.
- „ 64 Z. 2 v. oben lies Ekström statt Eckström.
- „ 99 Z. 5 lies Karsch statt Barsch.
- „ 118 Z. 6 v. unten lies Nasus statt nasus.
- „ 163 Z. 1 v. oben lies A. bipunctatus Bl. statt Lin.
- „ 199 Z. 5 v. unten lies fälschlich statt fälsclich.
- „ 212 Z. 6 v. unten lies Val. statt Heck.
- „ 222 Z. 20 lies Schlundzähne statt Schlundknochen.
- „ 225 Z. 5 lies 4000 paris. Fuss statt 6000 Fuss.
- „ 260 Z. 10 lies Nr. 78: pag. 522 statt Nr. 522 pag. 78.
- „ 265 Z. 18 v. unten lies Salmo Albula statt Coregonus Albula.
- „ 266 Z. 2 v. oben lies Renken-Arten statt Renkenrten-A.
- „ 289 Von Fig. 55 muss der Vomerknochen rechts umgekehrt stehen.
- „ 325 Z. 4 v. unten lies lucius statt luc, us.
[]
Appendix K
Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig.
[]
Männchen im Hochzeitskleid.
Weibchen zur Laichzeit
[][]
[][][][]
wasserfische werden in dem hiesigen zoologischen Cabinete des Staates aufbewahrt.
pag. 148) unterm 11ten August 1860 erlassene Bekanntmachung lautete: »Der Professor
v. Siebold aus München, welcher der hier bevorstehenden Naturforscher-Versammlung
beizuwohnen gedenkt, beabsichtigt von Ende dieses Monats ab während einiger Wochen
sich mit Forschungen über die preussischen Fische in der hiesigen Provinz zu beschäftigen,
im wissenschaftlichen Interesse werden die resp. Kreiseingesessenen ersucht, ihm, falls er
den hiesigen Kreis besuchen sollte, bei seinen Studien eine entgegenkommende Unter-
stützung gefälligst zu gewähren«.
noch heute in den Archiven zu Berlin aufbewahrt.
und bestimmt somit die vorschriftsmässige Grösse, unter welcher die verschiedenen Fisch-
arten nicht gefangen werden sollen. Durch solche Brittelmaasse, welche aus gestempelten
Brettchen bestanden, wurde in den älteren Fischerei-Ordnungen die Maschenweite der grossen
und kleinen Netze festgesetzt, indem sie als die Modelle für jene Brettchen galten, mit wel-
chen die Fischer ihr verschiedenes Fischzeug strickten. Vergl. H. Peetz: Die Fischwaid
in den bayerischen Seen. München, 1862. pag. 9, 22, 56 u. 62.
Gattungen Salar und Fario, sowie auf die durch Heckel von Leuciscus abgetrennte Gattung
Leucos, deren Unhaltbarkeit ich weiter unten nachweisen werde.
fisch führe ich beispielsweise den Sqalius Leuciscus (Cyprinus Leuciscus des Linné) an, der
welcher die Beschreibung und Abbildung zweier Instrumente zur mathematischen Be-
stimmung der Fisch-Profile enthält.
einer Monographie der Cyprinoiden Livlands (Dorpat, 1862) auf pag. VII. beschrieben.
riiren der Artkennzeichen der Süsswasserfische in der Umgegend von Charkow (in dem
Bulletin de la société imp. des Naturalistes de Moscou 1857. pag. 227.).
Reise an den Peipus, im Bulletin de la Classe phys. mathém. de l’Académie imp. des scien-
ces de St. Pétersbourg. Tom. IX. 1851. pag. 360.
den Gewässern Mitteleuropas allgemein verbreitet erscheint. Dieser Squalius tritt in den
Schweizer-Seen mit einer ganz besonders stumpfen Schnauze auf und hat Agassiz veranlasst,
diese Form als besondere Art unter dem Namen Squalius rodens bekannt werden zu lassen,
während derselbe Fisch mit weniger abgestumpfter Schnauze, wie er sich in der Donau
vorfindet, von Heckel als Squalius lepusculus ebenfalls zu einer besonderen Art erhoben
wurde. Ich kann versichern, dass ich unter einer grösseren Zahl von Squalius lepusculus des
Donau-Gebiets stets einzelne abweichende Formen herausfand, die sich als Sq. rodens oder
Sq. Leuciscus deuten liessen, und dass ich umgekehrt unter vielen Individuen des Squalius
Leuciscus des Rhein-Gebiets einzelne dem Sq. lepusculus entsprechende Formen unterschei-
den konnte.
ein eben solcher hinter dem Kopfe angeschwollener Alburnus lucidus als A. breviceps be-
schrieben und abgebildet. S. dessen: Süsswasserfische der östreich. Monarchie pag. 192
u. 134.
kümmerten Form des Scardinius erythrophthalmus bietet Heckel’s Sc. macrophthalmus dar
(vergl. dessen Süsswasserfische der östreich. Monarch. pag. 160. Fig. 85.). Solche soge-
nannte Kümmerer können zuweilen durch das Missverhältniss ihres dicken knochigen
Kopfes im Vergleich zu dem übrigen abgemagerten Körper eine so auffallend veränderte
Leibesform erhalten, dass sie vom Volke mit besonderen Spottnamen bezeichnet werden.
Eine solche krankhaft veränderte Forellenform, welche man in Oberöstreich mit dem Na-
men »Abenteuer« zu belegen pflegt, wurde von Heckel sehr gut dargestellt (s. dessen Reise-
bericht, Anhang II, in den Sitzungsberichten der mathemat. naturwissensch. Classe der
k. Akademie der Wissenschaften Bd. VIII. Wien 1851. pag. 356. Taf. IV.). Aehnlich
abenteuerlich geformte Kümmerer des Squalius Dobula werden im Salzburgischen »Serben«
genannt (vergl. Heckel und Kner: Süsswasserfische, pag. 183.).
und Aerzte in Königsberg im September 1860. pag. 75.
schlechtlicher Beziehung verhalten, das ist mir noch nicht klar geworden. Soviel steht in-
dessen fest, dass bei den sterilen Fischen die Geschlechtswerkzeuge nicht aus Mangel an
Nahrung in ihrer Entwicklung zurückgeblieben sind. Aus diesem Grunde möchte ich auch
jene von Kessler (in dem Bulletin de la soc. imp. des Naturalistes de Moscou, 1859.
pag. 248.) erwähnte schwarze Varietät des Gobius fluviatilis, welche im Bug und Dnjestr
bisweilen mit ganz eingeschrumpften Backen und schmächtigem zusammengedrücktem Kör-
per vorkömmt und von den Fischern »Läufer« genannt wird, nicht als eine sterile Form be-
trachten, wie dies Kessler (vergl. den amtl. Bericht über die 35te Naturforscher-Versamml.
a. a. O. pag. 85.) gethan hat, sondern für einen Kümmerer halten.
teristischen Färbungen und Zeichnungen immer nur als ein untergeordnetes Merkmal in Pa-
renthese den Art-Diagnosen beigefügt.
und 99.
Pigmentirungen unserer Fische wohl unterschieden werden, welche von nichts anderem,
als von unregelmässigen Ansammlungen röthlicher Fetttropfen herrühren.
kannt gewordene Varietät des messinggelbglänzenden rothflossigen Scardinius erythroph-
thalmus, welche jenseits der Alpen in den südeuropäischen Gewässern mit schwärzlichen Flos-
sen vorkömmt. Eine ähnliche schwarzflossige Varietät des Sc. erythrophthalmus mit über und
über schwärzlich gefärbtem Leibe bewohnt den diesseit der Alpen gelegenen Achensee. Da
dieser See ebenso tief ultramarinblau gefärbt ist, wie die transalpinischen Seen, während
alle übrigen benachbarten Alpenseen eine meergrüne Farbe besitzen, so ist es wahrschein-
lich, dass diese Farbenverschiedenheit des Wassers auf Erzeugung dieser Fischvarietät
irgend einen Einfluss geübt hat.
gen, durch Kratzen und Schaben mit dem Rücken eines Messers deren Bauch roth zu
färben.
history. Vol. III. 1830. pag. 329, oder in Froriep’s Notizen. Bd. 28. pag. 193.
par divers savants à l’Académie de sciences. Tom. 1848. pag. 585.
übersetzt in der Isis 1832. pag. 923: über den Farbenwechsel bei Fischen.
1838. pag. 6.
einer Stelle verhielten, sie immer ziemlich dieselbe Farbe hatten, wie der Grund des Was-
sers und dass, wenn sie an eine andere Stelle schwammen, sie allmählich eine dem anders
gefärbten Grunde entsprechende Färbung annahmen.
änderlich zeigt, dauert diese Reizbarkeit der schwarzen Chromatophoren auch nach dem
Tode noch sehr lange fort. Sehr dunkelgefärbte frisch getödtete Forellen, welche ich in
einem groben Fischnetze längere Zeit getragen habe, hatten allmählich einen vollständigen
weissen Abdruck dieses Netzes auf ihrer Haut derjenigen Seite des Körpers erhalten, welche
von den Maschen und Knoten des Netzes gedrückt worden war, indem sich hier durch den
ausgeübten Druck die schwarzen Chromatophoren auf ein Minimum zusammengezogen hatten.
Abgeschlachtete und in Körbe verpackte sehr dunkelfarbige Fische bekommen nach einiger
Zeit immer ein sehr buntscheckiges Ansehen, weil auch hier alle gedrückten Hautstellen sich
durch das scheinbare Verschwinden der schwarzen Chromatophoren weisslich färben.
matique de l’Académie imp. des sciences de St. Pétersbourg. Tom. X. 1852. pag. 13.
Fig. 1.
der zoologischen Section der Königsberger Naturforscher-Versammlung. Vergl. den amtli-
chen Bericht dieser Versammlung a. a. O. pag. 76.
Augen, so dass man in Zweifel bleibt, ob diese Fische auch wirklich echte Kakerlaken ge-
wesen sind. Hieher rechne ich den weissen Ruffolk (Lota vulgaris) und die helle Grundel
(Cobitis barbatula), welche Baldner in seiner: Recht natürlich. Beschreibung u. Abmahlung
der Wasser-Vögel, Fischen u. s. w. (Casseler Manuscript) pag. 179. Taf. 21 u. pag. 222.
Taf. 44 beschrieben und abgebildet hat. Auch jener von Meunier (in d’Orbigny’s Diction-
naire d’hist. naturelle Tom. I. 1841. pag. 249) beschriebene Aal dürfte hieher gehören,
welcher bei Paris gefangen wurde und mit Ausnahme der Schnauze und des Schwanzes
nankinggelb gefärbt war.
Theil I—III. Berlin, 1782—84. — Dieser Naturgeschichte liess Bloch zwei kleinere auf
einzelne deutsche Fische sich beziehende Aufsätze vorausgehen, nämlich:
b. Naturgeschichte der Maräne, in den Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft
naturforschender Freunde, Bd. IV. 1779. pag. 60. und:
c. Oekonomische Naturgeschichte der Fische in den Preussischen Staaten, besonders
der Märkschen und Pommerschen Provinzen, in den Schriften der Berlin. Gesellsch.
naturforsch. Freunde. Bd. I. 1780. pag. 231.
Mannheim, 1818.
1828—49.
in der Isis, Jahrgang 1828. pag. 1046. Tab. XII. — Oken legte den im Jahre 1821 zu Berlin
versammelten Naturforschern diese von Agassiz in der Isar entdeckte und als Gobio ura-
noscopus bezeichnete neue Cyprinus-Art vor, deren Beschreibung in der Isis 1829, pag. 414
noch einmal wiederholt wurde.
Journal 1848—49. pag. 6.
während der im Jahre 1830 zu Hamburg abgehaltenen Naturforscher-Versammlung. Vergl.
Isis 1831. pag. 918.
in einer Anmerkung heisst: »Voyez pour l’ostéologie de la carpe les belles planches IX, X,
et XI de l’histoire des poissons de l’Europe centrale par. M. Agassiz«, und Tom. 17. 1844.
pag. 87. 89. u. 272.
sont encore inconnues aux naturalistes, in den Mémoires de la société des sciences natu-
relles de Neuchatel. Tom. I. 1835.
Uebersetzung in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte, 1838. Bd. I. pag. 73.
chatel, 1839.
europäische Fischfauna:
a. Ueber einige neue oder nicht gehörig unterschiedene Cyprinen nebst einer syste-
matischen Darstellung der europäischen Gattungen dieser Gruppe,
in den Annalen des Wiener Museums der Naturgeschichte. Bd. I. Wien, 1835. pag. 219.
b. Ichthyologische Beiträge zu den Familien der Cottoiden, Scorpaenoiden, Gobioiden
und Cyprinoiden,
in denselben Annalen. Bd. II. 1840. pag. 143.
c. Abbildungen und Beschreibungen der Fische Syriens nebst einer neuen Classifica-
tion und Charakteristik sämmtlicher Gattungen der Cyprinen, Stuttgart, 1843,
abgedruckt aus Russegger’s Reisen. Bd. I. Th. 2.
In dem Februarhefte des Jahrganges 1854 pag. 189 der Sitzungsberichte der mathema-
tisch-naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften befindet
sich von Heckel ein Aufsatz:
d. Ueber die in den Seen Ober ‒ Oesterreichs vorkommenden Fische.
In dem Juli-Hefte des Jahrganges 1854 derselben Sitzungsberichte. Bd. VII. pag. 281.
gab Heckel einen
e. Bericht einer auf Kosten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften durch
Ober ‒ Oesterreich nach Salzburg, München, Innsbruck, Botzen, Verona, Padua,
Venedig und Triest unternommenen Reise,
in welchem über die Fische des Attersee, der Lambathseen, des Königssee, der Salzach und
des Inn Nachrichten mitgetheilt werden.
In dem IIten Anhange zu diesem Reiseberichte (in denselben Sitzungsberichten.
Bd. VIII. 1851. pag. 347.) lieferte Heckel:
f. Beiträge zu den Gattungen Salmo, Fario, Salar, Coregonus, Chondrostoma und Te-
lestes.
In dem IIIten Anhange zu diesem Reiseberichte (in denselben Sitzungsberichten.
Bd. IX. 1852. pag. 49.) gab Heckel wichtige Erörterungen:
Monographische Darstellung der Gattung Acipenser, in den Annalen des Wiener Mu-
seums der Naturgeschichte. Bd. I. 1835. pag. 261.
Rücksicht auf die angränzenden Länder. Leipzig, 1858.
In den Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereins in Wien (Bd. II. Wien, 1853.
pag. 28.) werden in einem
h. Verzeichniss der Fische des Donaugebiets in der ganzen Ausdehnung des öster-
reichischen Kaiserstaates
von Heckel 77 Fischspecies aufgeführt, und ebenda (Bd. IV. Wien, 1854. pag. 189. werden
von demselben
i. Die Fische der Salzach
untersucht und systematisch verzeichnet.
ser Reise pag. 47 hat der Verfasser Gelegenheit genommen, die Fauna von Ulm zu be-
sprechen, auch wurde von demselben
b. »über Würtembergs Fauna« für das Correspondenzblatt des würtembergischen
landwirthschaftlichen Vereins (Bd. 17. Stuttgart, 1830) eine Abhandlung ausgearbeitet, in
welcher mehrere Fische aus dem Ulmer Donaugebiet aufgeführt sind.
schen Fauna. Memmingen, 1860. pag. 38.
Bericht des naturhistorischen Vereins in Augsburg, veröffentlicht im Monat März 1853.
pag. 21.
bonae, 1759.
der Stadt Regensburg. Regensburg, 1787. pag. 207.
Hof, 1847.
Museums Carolino-Augusteum der Landeshauptstadt Salzburg für das Jahr 1859. pag. 72.
a. Fauna boica, durchgedachte Geschichte der in Bayern einheimischen und zahmen
Thiere. Nürnberg, 1798. Bd. I.
In der zweiten Abtheilung des ersten Bandes dieser Fauna hat Schrank 47 in den bay-
rischen Flüssen und Seen sich vorfindende Fische aufgeführt.
b. Beitrag zur Naturgeschichte des Salmo alpinus Lin., der schwarzreuterischen Berg-
forelle.
Dieser in den Schriften der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde, Bd. II.
Berlin 1781, pag. 297 von Schrank niedergelegte Aufsatz enthält eine sehr genaue Beschrei-
bung des Saibling aus dem Königssee.
c. Nähere Bestimmung dreier Barscharten.
Dieser Aufsatz wurde von Schrank in den Abhandlungen einer Privatgesellschaft von
Naturforschern und Oekonomen in Oberdeutschland, München 1792, pag. 98 abgedruckt
und ist in Meyer’s zoologischen Annalen, Bd. I. 1794, pag. 174 im Auszuge wiedergegeben.
d. Naturhistorische Briefe über Oestreich, Salzburg, Passau und Berchtesgaden, von
F. v. Paula Schrank und Carl Ehrenbert v. Moll. Salzburg, 1785.
e. Bayrische Reise von F. v. P. Schrank. München, 1786.
f. Reise nach den südlichen Gebirgen von Bayern, unternommen von F. v. P. Schrank.
München, 1793.
In diesen Briefen und Reisen giebt Schrank viele interessante Notizen über die Fische
des Starenberger See, Staffelsee, Kochelsee, Walchensee, Tegernsee, Chiemsee, Ferchensee,
Königssee, Obersee, Hintersee, Grünsee, Funtensee und anderen bayrischen Gebirgsseen.
pag. 712.
schichte der Thiere Bayerns. Nürnberg, 1830—34.
lehrten Anzeigen der königl. bayerisch. Akademie der Wissenschaften. Jahrgang 1846.
nr. 81 — 84 und 87.
Bayern vorkommen. München, 1851.
vatorum. Viennae Pragae et Tergesti, 1756.
b. Reisen durch Oberösterreich in den Jahren 1794—1808. Tü-
bingen, 1809.
nebst einer systematischen Aufzählung der in diesem Lande vorkommenden Säugethiere,
Reptilien und Fische als Prodrom einer Fauna derselben, vergleiche die Beiträge zur Lan-
deskunde Oesterreichs unter der Ens. Bd. I. Wien, 1832. pag. 280.
gefangen werdend im Bodensee, und gemeinlich auch in anderen seen und wassern, durch
den wohlgeleerten Gregorium Mangolt beschrieben, vormals nie gesähen. Item ein ander
büchlin, wie man visch und vögel fahen sölle, mit dreyssig neuwen und bewärten Re-
cepten. Auch zu was zeyten im gantzen jar ein yeder visch am besten sye. Getruckt zu
Zürich (ohne Jahreszahl).
Hartmann hat in seiner helvetischen Ichthyologie (pag. 23) bei Anführung dieses
Schriftchens die Jahreszahl 1557 hinzugefügt. Es ist dieses seltene Fischbüchlein noch in
verschiedenen anderen Ausgaben gedruckt worden, wobei ausser der Jahreszahl auch der
Name des Verfassers und die dem Texte der eben angeführten Züricher Ausgabe eingedruck-
ten Holzschnitte weggelassen sind. So liegt dasselbe Büchlein vor mir unter dem Titel:
Fischbüchlein, von Natur vend Eigenschafft der Fischen. Item wie man Fisch vnd
Vögel fahen soll. Zu welcher zeit auch jeder Visch am besten sey. Zu Cöllen, bey Heinrich
Nettessen (ohne Jahreszahl, ohne Name des Verfassers und ohne Holzschnitte).
Ein anderer Nachdruck der Mangolt’schen Schrift führt den Titel:
Das edle Fisch-Büchlein, das ist: Ein sehr nützlicher Bericht, von der Fischerey über-
aus grosser Nutzbarkeit; von der Fische Natur und Eigenschaft; item, wie sie bequemlich
zu fahen, und zu welcher Zeit man sie am besten halte, und von anderm mehr dergleichen.
Zu finden in Nürnberg, bey Johann Andreas Endter (ohne Jahreszahl). Dieser Schrift
schliesst sich mit fortlaufender Paginirung von pag. 139 bis pag. 176 der Text des Mangolt’-
schen Fischbuchs unter dem Titel an:
Ein anders kurtz-gefastes Fisch-Büchlein so vor hunder Jahren herausgewest, und
diesem ersten gantz beyzufügen beliebt hat, in Hoffnung, der günstige Leser werde es ihme
auch nicht lassen zuwider sein (ohne Jahreszahl, ohne Name des Verfassers und ohne ein-
gedruckte Holzschnitte).
ich fo gende benutzt:
a. Historiae animalium Liber IV., qui est de Piscium et Aquatilium animantium na-
tura. Tiguri, 1558.
b. Fischbuch. Zürich, 1575.
c. Nomenclator aquatilium animantium. Heidelbergae, 1606.
1661. pag. 20 bis 101.
sel, 1750, pag. 554: Von dem Nasenfange an der Birsbrücke, Stück VI, 1751, pag. 632:
Von dem Lachsfange, und pag. 648: Die Fische, so bei Basel im Rheinflusse gefangen
werden.
Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde. Bd. III. 1777.
pag. 184.
b. Von den Rheinanken oder Illanken, vergl. die Schriften der Berlinischen Gesellschaft
naturforschender Freunde. Bd. IV. 1783. pag. 55.
c. Von dem Fischbrod, und
d. Fernere Nachricht vom Fischbrod, vergleich. den Naturforscher, Stück 21, 1785,
pag. 113 und Stück 22, 1787, pag. 113.
b. Helvetische Ichthyologie oder ausführliche Naturgeschichte der in der Schweiz sich
vorfindenden Fische, Zürich, 1827.
Constanz, 1834.
Für diese Schrift waren wahrscheinlich jene sechs grossen Blätter mit 26 lithographir-
ten und colorirten Abbildungen bestimmt gewesen, welche in Constanz angefertigt aber
nicht in den Buchhandel gekommen sind. Rapp (vergl. dessen Fische des Bodensees,
pag. 2) hat sich über diese Abbildungen in folgender Weise ausgesprochen. »Die zum Theil
unrichtige Nomenclatur von Nenning ist beibehalten, einige Bilder scheinen unvollendet
geblieben zu sein, so findet man bei dem Barsch, bei der Schleihe, beim Gangfisch und
einigen anderen die Schuppen gar nicht angedeutet, auf einige wichtige Merkmale ist nicht
Rücksicht genommen, so vermisst man bei der Barbe die Angabe des knöchernen Strahls
in der Rückenflosse. Das Colorit lässt vieles zu wünschen übrig«. Trotz dieser Mängel war
es mir sehr erwünscht gewesen, noch ein Exemplar dieser Abbildungen in Constanz er-
halten zu haben, da ich nur mit Hülfe dieser Iconographie mehrere von Nenning unrichtig
bestimmte Fische zu deuten im Stande gewesen bin.
versehen. Stuttgart u. Tübingen, 1822. Bd. II.
b. Fauna helvetica oder Verzeichniss der in der Schweiz vorkommenden Wirbel-
thiere, vergl. die neuen Denkschriften der allgemeinen Schweizerischen Gesellschaft für
die gesammten Naturwissenschaften. Bd. I. Neuchatel und Solothurn, 1837.
wissenschaftlichen Jahreshefte. Jahrgang X. Heft 2. 1854. pag. 137 mit sechs Tafeln Ab-
bildungen (diese Abhandlung ist auch separat im Druck erschienen).
Recht natürliche Beschreibung und Abmahlung der Wasser-Vögel, Fischen, vierfüssi-
gen Thier, Insekten und Gewirm, so bey Strassburg in den Wassern sind die ich selber ge-
schossen und die Fisch gefangen, auch alles in meiner Hand gehabt. Leonhard Baldner,
Fischer undt Hagmeister in Strassburg gefertigt worden 1666.
Die Abtheilung dieses Manuscripts, welche die Fische enthält, hat Baldner über-
schrieben:
Das Fischbuch, darin 45ley Gattung Fisch und Krebs, so nach ihrer Art und eigen-
schaft beschrieben zu finden.
nium terrae regionum inservientium Historiae naturalis Helvetiae prodromus etc. (Tiguri
1716. pag. 19) über dieses Manuscript dahin aus: »Leonhardus Baltner, Piscator et Auceps
dargestellt. Zürich, 1842. pag. 302.
Rajus. Londini, 1676. Praefatio.
Joh. Rajus. Oxonii, 1686. Praefatio.
reperiuntur. Manuscriptum coëmit Eques Willoughby, et passim inseruit Ornithologiae et
Ichthyographiae«.
Warum in Willughby’s Historia piscium der Name Baldner stets als Baltner citirt
wird, worin auch Scheuchzer und Hermann gefolgt sind, ist mir unverständlich geblieben;
sowohl in dem Manuscripte von Strassburg wie in dem von Cassel ist ganz deutlich »Bald-
ner« zu lesen.
Argentorati Parisiis XII. (1804).
forscher, Stück 15. 1781. pag. 163.
Mainz, vergl. Beiträge zur Naturgeschichte des Mainzer Landes, Heft I. Mainz, 1787.
b. Nachtrag zur Naturgeschichte der Fische nebst den Amphibien und Vögeln des
Mainzer Landes. Mainz, 1788.
c. Bemerkungen zu des Herrn Sander’s Beiträgen zur Naturgeschichte der Fische im
Rhein, vergl. den Naturforscher, Stück 25. 1791. pag. 24.
sechszehnten und siebenzehnten Jahresbericht der Pollichia, eines naturwissenschaftlichen
Vereins der Rheinpfalz. Neustadt a/H., 1859. pag. 26.
schaftlichen Jahresheften, Jahrgang IX. Stuttgart, 1853 besonders abgedruckt.
allerhand kriechender, fliegender und schwimmender auf dem Land und im Wasser sich
befindender und nährender Thiere sowohl nach ihrer Gestalt und äusserlichen Be-
schaffenheit als auch etc. nach der Natur gezeichnet, gemahlet und in Kupfer gestochen
von J. D. Meyer. 3 Thle. Nürnberg, 1748.
beobachteten Thiere. Erlangen, 1840. pag. 8.
b. Von demselben wurden in der vierten Beilage zu der von Lochner der 23ten Natur-
forscher-Versammlung gewidmeten Erinnerungsschrift: Nürnbergs Vorzeit und Gegenwart
(Nürnberg, 1845. pag. 364) die zoologischen Verhältnisse der Umgegend von Nürnberg
bearbeitet und 29 in Mittelfranken einheimische Fische aufgezählt.
vergl. die wissenschaftlichen Mittheilungen der physikalisch-medicinischen Societät zu Er-
langen. Heft I. Erlangen, 1858. pag. 165.
Correspondenz-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg. Jahrgang VII.
Regensburg, 1853. pag. 97.
biete der freien Stadt Frankfurt und deren nächster Umgebung gefunden werden. Frank-
furt a/M., 1827. pag. 68.
aus dem Gebiete der Wetterau. Eine Festgabe der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte
Naturkunde zu Hanau bei ihrer 50jährigen Jubelfeier. Hanau, 1858. pag. 231.
kündigung der öffentlichen Prüfung des Herzogl. Nassauisch. Gelehrten-Gymnasium zu
Wiesbaden. Wiesbaden, 1859.
vorzüglich die Ausgabe von L. Tross (Hamm, 1824) benutzt. Die Deutung der Mosel-Fische
des Ausonius ist vielfach versucht worden. Eine richtige Bestimmung derselben hat Schaefer
in seiner Moselfauna (pag. VII) und Oken in der Isis (1845. pag. 5) niedergelegt.
ptiles, Poissons, et Mollusques. Metz, 1836. pag. 368.
Regierungsbezirke Trier beobachteten Thiere mit Berücksichtigung der Angrenzung des
Moseldepartements und Belgiens. Trier, 1844. pag. 273.
her von mir aufgefundenen Reptilien, Fische und Mollusken, vergl. den Jahresbericht der
Gesellschaft für nützliche Forschungen pro 1847. Trier. pag. 70.
mann’s Archiv für Naturgeschichte, 18ten Jahrg. 1852. Bd. I. pag. 228.
b. Ueber die Rümpchen, vergl. die Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der
preuss. Rheinlande und Westphalens, 8ten Jahrg. Bonn, 1851. pag. 563. Aus diesem
Aufsatze lernen wir verschiedene kleine Fische der Ahr kennen, welche unter dem Namen
»Rümpchen« in den Handel gebracht werden.
gen und Duisburg, vergl. Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin.
Bd. IX. 1789. pag. 195. Hier zählt Merrem 26 Fische aus der Gegend um Duisburg mit
ihren Provincialnamen auf.
bis jetzt beobachteten wildlebenden Wirbelthiere, vergl. Jahrbücher des Vereins für Natur-
kunde im Herzogthum Nassau. Heft 3. Wiesbaden, 1846. pag. 126. Es werden in diesem
Verzeichnisse 21 Fische namhaft gemacht.
observatorum Catalogus, vergl. Acta societatis reg. scientiarum Upsaliensis ad ann. 1741.
pag. 67. et ad ann. 1742. pag. 79.
b. Museum ichthyologicum sistens piscium indigenorum et quorundam exoticorum
etc. Lugd. Batav., 1754.
c. Centuria animalium secunda in Belgio a me observatorum, vergl. Acta Helvetica.
Vol. IV. Basileae, 1760. pag. 256.
d. Zoophylaceum Gronovianum. Lugd. Batav., 1781.
Libraire à Metz, pour l’an 1825. Metz. pag. 324.
b. Faune du Département de la Moselle. Animaux vertébrés. Metz, 1836. pag. 231.
Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen te
Haarlem. X. Haarlem, 1824. Es werden hier 40 holländische Süsswasserfische beschreiben.
lem, 1862. In dieser Schrift, welche einen Theil der Natuurlijke Historie van Nederland
ausmacht, hat der Verfasser 37 Süsswasserfische als Bewohner der Niederlande beschrieben
und zum Theil bildlich dargestellt.
Eschwege, vergl. die Schriften der Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwis-
senschaften zu Marburg. Bd. VII. 1849. pag. 117.
Hier werden 33 Fischarten aufgezählt.
Fischverzeichniss dieser Schrift enthält 34 Süsswasser- und Wander-Fische.
vergl. Meyer: zoologische Annalen. Bd. I. Weimar, 1794. pag. 309. Von den in diesem
lateinischen Verzeichnisse aufgeführten 49 Arten Süsswasser- und Wander-Fische werden
sich bei genauerer Prüfung jedenfalls mehrere als unrichtig bestimmt herausstellen.
Liber I. Caput 52—57. De piscibus Bohemiae etc.
ten Thiere, vergl. dessen Sammlung physikalisch-ökonomischer Aufsätze. Bd. I. Prag, 1795.
pag. 64.
zige, was mir von den angeführten Schriften unzugänglich geblieben ist.
tralstockes des Böhmerwaldes, vergl. Lotos, Zeitschrift für Naturwissenschaften. Jahrg. VIII.
1858. Juli-September.
schrift etc. Jahrg. IX. 1859. October.
Gewässern der Churmark gefunden werden. Berlin und Stralsund, 1770.
der Naturgeschichte in Meklenburg. Jahrg. 13. Neubrandenburg, 1859. pag. 143.
fluviatilium, lacustrium, quae in Ducatibus Slesvici et Holsatiae et Emporio Hamburgo oc-
currunt triviales. Hamburgi, 1624.
Silesiae.
tischen Gesellschaft in Schlesien neue ökonomische Nachrichten auf das Jahr 1781. Bd. II.
Breslau. pag. 187.
Fische. Breslau, 1815.
Brünn, 1856.
1839. pag. 81.
1840. pag. 162.
de fluminibus et piscibus \& pag. 153: de lacubus, piscibus etc.
reich Ost- und Westpreussen. Bd. IV., welcher die inländischen Säugethiere, Vögel, Am-
phibien und Fische beschreibet. Dessau, 1784. pag. 522.
bien und Fische Preussens. Königsberg, 1834.
tigung der Fauna Prussica. Königsberg, 1837. pag. 300.
der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Bd. I. Heft 3. Halle, 1824. pag. V.
b. Verzeichniss der in Ost- und Westpreussen vorkommenden Wirbelthiere, vergl.
neue preussische Provinzial-Blätter. Bd. II. Heft 1. Königsberg, 1846. pag. 17.
habe ich auf das natürliche System, welches Joh. Müller für die Fische festgestellt hat,
besonders Rücksicht genommen.
deutsche und der zweite Name eine niederdeutsche Bezeichnung des Fisches.
Cuvier und Valengiennes, Heckel und Kner habe ich von den vielen faunistischen Schrift-
stellern nur eine ganz beschränkte Zahl ausgewählt, und dabei die Auswahl so getroffen,
dass die citirten Faunisten zugleich als Zeugen gelten sollen für das Vorkommen der ver-
schiedenen Fischspecies in den einzelnen Flussgebieten: Donau, Rhein, Elbe, Oder, Weich-
sel und Pregel. Für das Weser-Gebiet habe ich bis jetzt keinen zuverlässigen Faunisten auf-
finden können. Die Citate selbst sind nach der Zeitfolge geordnet, in welcher die Schriften
bekannt geworden sind.
auf die in der Einleitung aufgeführte Literatur, dasselbe gilt auch von den im Texte hinter
einem Autor-Namen von einer Parenthese eingeschlossenen Nummern und Buchstaben.
ganz die Methode Heckel’s eingehalten (s. dessen Süsswasserfische der östreich. Monar-
chie). D bedeutet die Rücken- oder Dorsalflosse, P bedeutet die Brust- oder Pec-
toralflosse, V die Bauch- oder Ventralflosse, A die After- oder Analflosse und C die
Schwanz- oder Caudalflosse. An den Zahlenformeln, welche hinter den Flossen folgen
und welche sich auf die Flossenstrahlen beziehen, zeigen die hinter einem Bruchstriche
befindlichen Zahlen immer pinselförmig zersplitterte Strahlen an. Ist der zersplitterte
letzte Strahl einer Flosse bis auf den Grund in zwei Bündel abgetheilt, wie das häufig bei
dem letzten Strahl der Afterflosse vorkömmt, so wird derselbe doch nur als ein einfacher
Strahl gezählt. An der Zahlenformel der Schuppen (Squamae) drückt die vor dem ersten
Bruchstriche befindliche Zahl die oberhalb der Seitenlinie gelegenen Schuppen-Längsreihen
aus, während die Zahl hinter dem zweiten Bruchstriche die unter der Seitenlinie gelegenen
Schuppen-Längsreihen anzeigt. Die zwischen den beiden Bruchstrichen aufgeführten Zah-
len dagegen sollen die Schuppenzahl bezeichnen, auf welcher die Seitenlinie hinläuft. Die
Zählung der Schuppenreihen wird immer an der breitesten Stelle des Fischleibes, also ge-
wöhnlich am Anfange der Rücken- und Bauchflosse vorgenommen.
Roma, 1832—41. Fol. 79.
Meidinger: Icones piscium Austriae indigenarum. Decuria I. nr. V.
Jurine: Histoire abrégée des poissons du lac Léman, in den Mémoires de la société de
physique et d’histoire naturelle de Genève. Tom. III. 1825. Pl. 3.
Bonaparte: Iconografia della Fauna italica. Tom. III. Tav. 87 (2) Fig. 1.
für Naturgeschichte. Jahrg. 1855. pag. 198.
Yarrel: A history of british fishes, sec. edit. 1841. Vol. I. pag. 1.
Wright, Fries och Ekström: Skandinaviens fiskar. Stockholm, 1836. 1 Heft. Pl. I. Fig. 1.
Kay: Zoology of New-York. Part. IV. Fishes. Albany, 1842. pag. 3. Plate I. Fig. 1.
physique et d’histoire naturelle de Genève. T. III. 1825. pag. 153.
nensibus in Gallia Apron, Ratisbonae Strever. Linné Nr. 2: pag. 482. n. 3. Perca Asper.
persimilem Apron vocant ab asperitate squamarum. In Rhodano tantum invenitur, sed non
quovis ejus loco, verum ea fere in parte quae inter Viennam et Lugdunum est interjecta.
Est igitur pisciculus Rhodano peculiaris, capite latiore quam Gobio, in acutum desinente« etc.
Nomenclator a. a. O. pag. 310: »Asper Danubii, quem hic proponimus piscis apelletur,
propter similitudinem ejus cum Aspero Rhodani, quamquam multo major«.
1649. pag. 141. Tab. XXVI. Fig. 18 \& 19.
tet: »Asper pisciculusRondel. Gobioni persimilis; Gesn. p. 478. Aldrov. lib. 5. cap. 27.
Ratisbonae Strever«. Tab. S. 15. Fig. 4 (nach Rondelet).
Fisch treffen wir in Frankreich in der Rhone und in Bayern in verschiedenen Flüssen und
Seen an.«
für Naturgeschichte. Jahrg. 1855. Bd. I. pag. 199.
Oberlande«.
und Heilkunde. Bd. X. 1825. pag. 259.
ich, dass in den dortigen Seen ein Fisch weder existire noch existirt habe, welcher Schrät-
zer genannt werde, und dass überhaupt dieser Fischname in der dortigen Gegend gänzlich
unbekannt sei.
turus, quam nidum.«
(Naucrates ductor Cuv.), Gasterosteus canadus (Elacate atlantica Cuv., Gasterosteus saltatrix
(Temnodon saltator Cuv.), Gasterosteus ovatus (Trachinotus mookalee Cuv.).
Gesellschaft aufgestellten Sammlungen. Vierte Abtheilung. Frankfurt a/M., 1852. pag. 12.
Pl. 4. Fig. 1 a (im Winterkleid), Fig. 1 b (im Sommerkleid).
Tom. 22. 1846. pag. 814. Note sur la manière dont les Épinoches construisent leur nid et
soignent leurs oeufs; par Coste.
avoir complétement rempli mon devoir d’historien impartial, en reproduisant dans mon
Mémoire la Note tout entière de M. Lecoq«.
1848. pag. 575. Nidification des Epinoches et des Epinochettes; par Coste.
1739. pag. 88. Pl. VIII. Fig. 2.
lings, v. L.
pag. 398.
of the fifteen-pined Stickleback. Dieser Aufsatz, welcher von Hardy (On the Nidification of
Fishes) in: the Zoologist, Vol. III. 1845. pag. 885 noch einmal mitgetheilt wird, ist aus den
Transactions of the Berwickshire Naturalist’s Club abgedruckt und befindet sich in Fro-
riep’s neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, Band XIV, 1840. pag. 119
übersetzt. Vergl. ferner: the Naturalist’s Library by Jardine. Vol. 36. (1843) Ichthyology.
British Fishes by Hamilton. Part. I. pag. 71. Plate 6.
Vol. II. London, 1844. pag. 795. Notes on the Nidification of Fishes by R. Q. Couch.
sterosteus Spinnachia, in: the Annals of natural history, Vol. X, 1852. pag. 241 oder in: the
Zoologist, Vol. XII. 1854. pag. 4409.
gist. Vol. X. 1852. pag. 3526.
pag. 330. Observations on the habits of the Stickleback.
Fürth, 1802. pag. 3.
VIII. Jahrg. 1854. pag. 112.
Cap. VIII. Passer fluviatilis. Tab. F. 5. Vergl. endlich Raji Synopsis avium et piscium.
Londini, 1713. pag. 32.
teren Abhandlung über die Panzerwelse in den Denkschriften d. mathemat. naturwissensch.
Classe der Akademie der Wissensch. Bd. VI. Wien, 1854. pag. 68.
VI. Basel, 1844. pag. 72.
neuen Classifikation und Karakteristik sämmtlicher Gattungen der Cyprinen. Stuttgart,
1843. Es ist diese Abhandlung aus dem I. Bande und 2. Theile von Russegger’s Reisen be-
sonders abgedruckt. In dem beigegebenen Atlas hat Heckel auf Tafel I die Schlundzähne
der meisten unserer Karpfen-Gattungen nach Form, Zahl und Stellung sehr schön abgebildet.
Mém. de la soc. de phys. et d’hist. nat. de Genève. T. I. 1821. pag. 19.
nicht übersehen werden, dass oft ein oder der andere Zahn fehlen kann, der entweder ab-
gefallen oder abgebrochen sein kann; man wird bei genauerer Untersuchung die zurück-
gelassenen Spuren des vorhanden gewesenen Zahnes erkennen; solche Lücken werden
später durch einen nachwachsenden Zahn wieder ausgefüllt. (Siehe oben pag. 82.)
Bd. I. a. a. O. pag. 222. Tab. XIX. Fig. 1. (c. Schlundknochen mit den Schlundzähnen) und
dessen: Dispositio systematica familiae Cyprinorum in den Abbildungen und Beschreibun-
gen der Fische Syriens a. a. O. pag. 1012 u pag. 1003. Taf. 1. (Cyprinus hungaricus, Mahlzähne),
s. ferner dessen Verzeichniss der Fische des Donaugebiets in der ganzen Ausdehnung des
östreichischen Kaiserstaates (Nr. 11 h) pag. 29, vergl. endlich Heckel u. Kner Nr. 13: pag. 60.
Fig. 23. 24. 25 (Schlundknochen mit den Schlundzahnen).
und dessen: Catalogo metodico dei pesci europei. a. a. O. pag. 26. Nr. 141.
naturali e civili sulla Lombardia, Vol. I. Milano, 1844 besonders abgedruckt). Durch Ver-
gleichung zweier Individuen des Cyprinus Regina aus Turin, deren Besitz ich Herrn De Fi-
lippi zu verdanken habe, bin ich in den Stand gesetzt, letzterem in Bezug auf die Gleichar-
tigkeit des C. Carpio und C. Regina vollkommen beizustimmen.
torum. 1756. pag. 390. Nr. 4. γ.
lacustris.
positio system. famil. Cyprin. a. a. O. pag. 23 aufgeführt.
Catalogo metod. a. a. O. pag. 26. Nr.. 146.
dans la Meuse, car un individu que j’avais envoyé au prince Ch. Bonaparte qui a décou-
vert cette espèce en Italie, a été reconnu par lui à sa surprise pour être de la même espèce.
Cependant M. Heckel qui a reconnu notre Regina pour le même que son hungaricus doute
que ce soit le Regina de Bonaparte, qui aurait la tête moins longue et la dorsale commen-
cant plus en avant«.
mann’s Observations sur la Faune pontique, pag. 476 und 477.
XI. 4, übersetzt von Strack, pag. 203.
nicht entschieden werden können.
pag. 3. 81. 300. 448. In dieser Zeitung hat man zugleich versucht, die Ursachen der Un-
fruchtbarkeit solcher gelte Karpfen zu erklären, wobei man aber auch junge, noch nicht
geschlechtsreife Individuen, welche in guten Streck-Teichen bei reichlicher Nahrung sehr
stark ausgewachsen waren, für gelte Karpfen genommen zu haben scheint.
»es gibt auch deren, so kein Milch oder Rogen haben, die heisset man »müsiggänger«, die
werden vor allen gelobt«.
servir à l’histoire naturelle des Provinces de Lyonnois, Forez et Beaujolois, Tom. I. Lyon,
1765. pag. 122) in folgender Weise aus: »Le carpeau, que l’on trouve dans le Rhône et dans
la Saône, et qui, au jugement de tous les connoisseurs, est peut-être le poisson le plus
délicat qui soit en France, n’est pas encore connu. Le genre de ce poisson est un mystere
de la nature où la sagacité de l’homme n’a pu encore pénétrer. Doit-on le ranger dans la
classe des carpes? En est-il le mâle? ou bien forme-t-il une espece particuliere? C’ est ce
qu’on ignore. Cet étrange poisson offre un vaste champ aux recherches des Naturalistes«.
Observations sur la physique, sur l’histoire naturelle et sur les arts. Tom. VI. 1775. P. 2.
pag. 271. Ausserdem hat auch Duhamel (Traité général des Pêches, Vol. II. Sect. 3. 1772.
pag. 513) und Bonnet (Considérations sur les corps organisés, in seinen Oeuvres d’histoire
naturelle et de philosophie, Tom. III. 1779. pag. 506) diesen »Carpeau de Lyon« erwähnt.
Nachdem Vallot (Ichthyologie française, Dijon, 1837. pag. 103) noch einmal auf den steri-
len Karpfen aufmerksam gemacht hatte, ist dieser Fisch von den späteren französischen
Ichthyologen ganz ausser Acht gelassen worden.
werden.
werden.
Cyprinus Regina Bon. freilich nur vermuthungsweise betrachtet, wodurch es gekommen
sein dürfte, dass Schaefer (Nr. 59: pag. 297) diesen Karpfen ebenfalls unrichtiger Weise
der Gattung Carpio beizählte.
striatus übersehen, und deshalb diese Cyprinoiden-Form zu den bartlosen Karauschen ge-
stellt, konnte aber doch nicht umhin, von der einen Varietät des C. striatus anzugeben:
»un rudiment de barbillon à la commissure des lèvres«.
»M. Heckel qui a examiné un de mes striatus trouve qu’il a en effet de grands rapports avec
son Kollarii par ses barbillons courts, mais qu’il en est distinct par son front bombé et son
dos peu élevé.
aus einem bei Braunschweig gelegenen Teiche eingesendet erhielt, wurden von den dorti-
gen Fischern »Hälverlinge« genannt, und ebenfalls als Bastarde des Karpfen und der Ka-
rausche angesehen.
Schwenckfeld Nr. 84: pag. 424.
Schonevelde Nr. 81: pag. 34.
Willughby: Ichthyographia. pag. 250. Cap. V. § 3.
Rzaczynski Nr. 92: pag. 151.
Klein Nr. 93: Miss. V. pag. 59. Nr. 3.
nie die Schwere von drei Pfund erreiche.
crassior, longior.
verdanke, hat derselbe einen Streckteich mit einer grösseren Anzahl des C. Kollarii be-
setzen lassen, um beobachten zu können, ob diese sogenannten Hälverlinge sich unter ein-
ander fortpflanzen. Hoffentlich wird dieser Naturforscher, der die zoologische Wissen-
schaft schon so vielfach bereichert hat, die Resultate jener Beobachtungen den Ichthyologen
nicht vorenthalten.
Abhandlungen der schwedischen Akademie für das Jahr 1838, von Creplin übersetzt in
Oken’s Isis 1840. pag. 145. Man vergleiche auch das von Wright, Fries und Ekström her-
ausgegebene vorzügliche Werk: Skandinaviens Fiskar (6tes Heft, Stockholm, 1840) Pl. 31.
Cyprinus Carassius und Pl. 32. Variet. B. Cyprinus Gibelio und pag. 71 des latein. Textes.
pag. 356.
selzähne.
den der Seitenlinien am häufigsten bei denjenigen Varietäten der Karausche wahrgenom-
men werden kann, welche in kleinen Tümpeln und sumpfigen Gewässern zur Entwicklung
kommen.
die darin vorhandenen Karauschen verkriechen sich alsdann in den schlammigen Grund,
und können auf diese Weise eingegraben mit Hülfe ihrer Lebenszähigkeit, wie es scheint,
eine längere Zeit ausdauern.
à dos peu arqué ressemblent tellement au Gibelio qu’il est difficile d’établir une ligne cer-
taine de démarcation«.
Beschreibung in Cuvier’s Uebersetzung (pag. 364 C. amarus) passt auf das hiesige Fisch-
chen nicht recht. Dieses hat 20 Strahlen in der Rücken-, 9 in der Afterflosse und einen
schwarzen Fleck vor der Schwanzflosse. Die innere Bauchhaut ist russartig schwarz. Er
wird kaum fingerslang.
(a. a. O. Taf. III) ein männliches Individuum von Carassius oblongus hat darstellen wollen.
(Nr. 44: pag. 177) war diese Eigenthümlichkeit nicht entgangen, da derselbe sagt: »an den
Bauchflossen sitzt ein starker Knorpel, fast wie ein Bein«. Abgebildet findet sich dieser
verdickte Bauchflossenstrahl bei Meidinger (Nr. 30. Dec. II. Tab. 13), Ekström (Skandina-
viens Fiskar. a. a. O. des latein. Textes pag. 123: »In mare radius secundus crassissimus et
latus«. Pl 52) und bei Cuvier (Règne animal, nouv. 3e édit. Les poissons, Atlas, Pl. 94.
Fig 1).
found in bones of some recent and fossil species of Frogs and Fishes, in den Annals of na-
tural history. 3. Ser. Vol. III. 1859. pag. 385. Pl. 16. A. B. Uebrigens war es der brave
Baldner, welcher diesen Geschlechtsunterschied der Schleihen zuerst erkannt hatte, indem
er in seinem Manuscripte pag. 176 sagt: »Die gemilchten (Schleihen) haben im Leych ein
gebogene Schwummfedern«. Man vergleiche ferner: Willughby: Historia piscium pag. 251:
»In hoc pisce sexus facile distinguuntur: mares enim pinnas ventris multo majores habent,
quarum radius primus magnus, crassus, deorsum reflexus, et transversim striatus. Ossa
etiam quibus innascuntur hae pinnae magna sunt, crassa, et ad branchias fere extensa:
secus ac in faeminis«.
im Juni. Nach den Angaben hiesiger Fischer soll die Laichzeit der Schleihen nur einmal
im Jahre eintreten, nämlich im Juli.
des Barben-Rogens bekannt. Ueber mehrere vor einigen Jahren im Nassauischen vorge-
kommene, nach dem Genusse von Barben-Eiern eingetretene Vergiftungsfälle berichtete
Dr. A. v. Franque in der deutschen Klinik, 1858. pag. 133.
Semling festhalten möchte, muss ich bemerken, dass zwar Bielz diesen Fisch als B. Leon-
hardi zuerst genauer beschrieben hat, dass aber dennoch Heckel’s B. Petenyi als der ältere
Name vorgezogen werden muss, indem Heckel unter diesem Namen ein Jahr früher als
Bielz den Semling mit Angabe einer kurzen Diagnose in den Verhandlungen des zoolog.
botanisch. Vereins (Nr. 11 h) bekannt gemacht hat.
Resultaten gelangt. Siehe des letzteren Bericht über eine an die nordwestlichen Küsten des
schwarzen Meeres und durch die westliche Krym unternommene Reise, in: Bulletin d. l.
soc. imp. des Naturalistes de Moscou, 1859. pag. 528.
und Kner a. a. O. pag. 94 unrichtig mitgetheilt wird, entdeckte Agassiz diesen Fisch.
Donaugebiets und der Fische der Save in Krain, in den Verhandlungen des zoologisch-
botanischen Vereins in Wien. Bd. II. 1853. pag. 30 u. pag. 131.
albidiore, corpore ad caudam contractiore et angustiore, qua praecipue nota a priore (Gob.
fluviat.) differt; dorsum pallidius; rostrum longius, acutius; maxilla superior productior;
oculi minores.«
als Merkmal der Brunst an denselben Hautstellen hervor, was ich weiter unten bei Chon-
drostoma nasus ausführlich besprochen habe.
Naturforscher-Versammlung zu Königsberg im Jahre 1860 in der zoologischen Section von
Kessler aus Kiew auf die Legeröhre des weiblichen Bitterlings aufmerksam gemacht, und
neuerdings hat auch Dybowski (Cyprinoiden Livlands. pag. 87. Taf. IV) dasselbe Organ er-
wähnt und abgebildet, ohne die früheren Beobachtungen von Krauss gekannt zu haben.
Jahrg. 1836. I. pag. 327. Schon ein Jahr darauf war ich zweifelhaft geworden, ob obiger
Fisch von mir auch richtig bestimmt worden sei. Vergl. Preuss. Provinzial-Blätter. Kö-
nigsberg, 1837. pag. 443. S. auch Bujack Nr. 97. pag. 340. Das Herausfinden des C. Fa-
renus war eine um so schwierigere Aufgabe, als von Linné selbst in die erste Beschreibung,
welche Artedi von dem Faren gegeben, eine Verwirrung dadurch gebracht worden war,
dass er in der von Artedi für den Faren aufgestellten Diagnose: »iride flava, pinna ani ossi-
culorum viginti septem« die Zahl 27 in 37 umgewandelt hat. Vergl. Artedi Nr. 1: Gen. pisc.
pag. 3. n. 4, Linné Nr. 2: pag. 532. n. 30 und dessen Fauna suecica. Stockholm, 1761.
Pag. 130. n. 369. Hierdurch konnte diese Diagnose: »pinna ani triginta septem, iridibus flavis«,
auch auf Abramis Ballerus bezogen werden. Vergl. Skandinaviens Fiskar (a. a. O. latein.
Text) pag. 57 u. 97 und Nilsson: Skandinavisk Fauna. IV. Lund, 1855. pag. 324.
Jahrg. 1837. I. pag. 393.
und Skandinaviens Fiskar a. a. O. pag. 97.
pag. 111) von diesen Fischen behaupten. »Die auf Schottergrund (Kiesgrund) laichenden
nehmen eine dunkle, oft schwarze Färbung an, die sich aber nach der Laiche wieder
verliert«.
Russie méridionale. T. III. 1840. pag. 510. Pl. XXII. Fig. 2.
les yeux a six dents pharyngiennes«.
Abramis Laskyr.
Prodromus Ichthyologiae skandinavicae, 1832. pag. 31 u. dessen: Skandinavisk Fauna IV.
1855. pag. 328, ferner: Skandinaviens Fiskar a. a. O. Tab. 12. latein. Text pag. 36.
demselben ändern, weil er einem Fische gegeben ist, dessen Selbstständigkeit überhaupt in
Frage gestellt werden muss.
Greifzähne.
merkung.
Greifzähne.
sammler. Bd. I. 1859. pag. 289.
weichender Form und fremdartigem Aussehen, welche sich bei ihren Fischzügen zwischen
den gefangenen Brachsen vorfinden, als sogenannte glückbringende Leitfische bezeichnen,
denn ausser den oben erwähnten Abramidopsis- und Bliccopsis-Formen wurden mir von
den Fischern aus Frauenburg und Tolkemit verschiedene im Frischen Haff gefangene Brach-
sen unter dem Namen »Leitfische« eingesendet, von denen der eine ein ganz verkrümmtes
Rückgrat besass und ein anderer durch eine sehr unvollkommen entwickelte nur auf wenige
Strahlen reducirte Afterflosse besonders auffiel. Auch Schonevelde (Nr. 81: pag. 33) er-
zählt, dass die Fischer an der Schley Brachsen mit verkrüppeltem Schwanze (caudam in-
curvatam vel sinuatam gerentes, ac si ea bis fracta esset) Leitbrassem nennen. Einen solchen
Krüppel mit verdrehtem Schwanze hat Klein (Nr. 93. V. pag. 62. Tab. 13. Fig. 1) als Leit-
brassem abgebildet.
genannt, von diesem rothflossigen Abramiden unterscheiden die dortigen Fischer den in
seinem äusseren Ansehen an die Blicca erinnernden Leitfisch durch die dunkle Färbung
seiner paarigen Flossen.
the zoological society of London. Part V. 1837. pag. 56.
(s. dessen Naturgeschichte der ausländischen Fische. T. IX. pag. 49. Taf. 408. Fig. 2) gehört
dem indischen Meere an, was schon von Valenciennes (Nr. 5: T. XVII. pag. 342) hervor-
gehoben worden ist.
4 Pfund Schuppen. Zur Auswaschung von 1 Pfund Silberglanz sollen 18 bis 20,000 Fische
erforderlich sein.
pag. 325 oder Krünitz: Oekonomisch-technologische Encyklopädie. Th. 108. Berlin, 1808.
pag. 560.
auf Bourguignon bezieht, der im Jahre 1806 zu Paris eine Perl-Fabrik gegründet hat.
in: Histoire de l’Académie royale des sciences. Année 1716. Paris, 1741. pag. 229. Seine
Beschreibung der in der Perlessenz suspendirten silberglänzenden Plättchen lautet (p. 232):
»Si on l’observe au Microscope, ou avec une Loupe forte, il est aisé de la distinguer du
liquide, dans lequel elle (essence) nage, et de s’assurer qu’elle n’est point liquide elle-même.
Mais on est surpris en même temps de voir que cette matière n’est qu’un amas d’une in-
finité de petits corps d’une figure très réguliere. Ce sont autant de lames, dont la plus
grande partie sont taillées très quarrément. Elles forment des rectangles environ quatre
fois plus longs que larges. Quelques-unes ont pourtant leurs extremités arrondies, et quel-
ques autres les ont terminées en pointe. Elles sont toutes extrêmement minces, et à tel
point, qu’on ne peut appercevoir leur épaisseur«.
per, abgedruckt in Poggendorff’s Annalen der Physik und Chemie. Bd. 28. Leipzig, 1833.
pag. 468. Taf. VI. Fig. 14. Krystalle der Chorioidea aus dem Auge des Hechtes.
des schwarzen Meers und durch die westliche Krim unternommene Reise, in dem Bulletin
de la société imp. des Naturalistes de Moscou, Ann. 1859. pag. 531.
14 aut 15. Pinnae, maxime pectorales, analis, caudalisque basi virescentes. Linea lateralis
in ordine squamarum nono. An hic Jeses?«
(ebenda pag. 159) Günther’s Abramis dolabratus des Neckar als Alburnus dolabratus von
Holandre’s Leuciscus dolabratus der Mosel getrennt gehalten, weil der letztere Fisch nach
Angabe von Selys-Longchamps eine andere Form des Unterkiefers besitzen soll als Alburnus
lucidus. Dass diese Trennung nicht gerechtfertigt werden kann, habe ich schon oben
erwähnt.
einer mir gemachten mündlichen Mittheilung dieser Fisch vom April bis Ende Mai bei
Braunschweig im Laich angetroffen.
auf der Illen gefangen worden«, was Valenciennes (Nr. 5: T. XVII. pag. 226) ganz unrich-
tig mit den Worten übersetzt hat: »Ce poisson fut pris dans l’Inn en 1688«. Valenciennes
hat auch den Namen »Rottel« in Baldner’s Manuscript unrichtig aufgefasst und in »Roth-
kehl« verwandelt. Da Baldner’s goldgelbe Rottel in den Umrissen des Körpers und der
Flossen ganz mit dem von ihm als »Rottel« bezeichneten Fisch übereinstimmt, so habe ich
keinen Anstand genommen, beide Fische als identisch und den schwarzblau gefärbten »Rot-
tel« als die Grundform des Idus melanotus zu betrachten, während Valenciennes (Nr. 5:
T. 17. pag. 114 und 122) den Rottel gewiss mit Unrecht als Varietät zu Scardinius erythroph-
thalmus gezogen hat.
zähne.
haben Hartmann, Nenning und Schinz das Zurechtfinden in der Synonymie dieser beiden
Fische ausserordentlich erschwert, obgleich am Bodensee und am Züricher See diese bei-
den Fische als »Rotten« oder »Rottelen« (Scard. erythrophth.) und als Furn oder Schwal
(Leucisc. rutilus) deutlich unterschieden werden. Schinz hielt in seiner Fauna helvetica
(a. a. O. pag. 155) den Schwal des Züricher See und den Furn des Bodensee mit Unrecht
für die Plötze von Norddeutschland (Cypr. erythrophth. des Bloch); derselbe verbesserte
den Fehler in seiner europäischen Fauna (1840. Bd. II. pag. 323), wo er den Scardinius
erythrophthalmus beschreibt und demselben ganz richtig den schweizerischen Volksnamen
Rotte und Rottelen beifügt; er verfällt aber bald darauf in seiner naturgeschichtlichen
Darstellung des Kanton Zürich (1842. pag. 314) wieder in den früheren Fehler, indem er
den Rotten (Scard. erythrophth.) unter dem Namen Cypr, rutilus und den Schwal (Leu-
ciscus rutilus) unter dem Namen Cypr. erythrophth.) beschreibt, womit die Bezeichnungen
der Züricher Fische, welche auf zwei grossen Oelgemälden im Rathhause zu Zürich seit
vielen Jahren zur Schau und Belehrung aufgestellt sind, gänzlich im Widerspruch stehen,
denn man wird bei Betrachtung dieser Oelgemälde in dem Rottelen den Scard. erythro-
phthalmus und in dem Schwal den Leuciscus rutilus auf den ersten Blick erkennen. Auch
Bloch hat die Volksnamen »Plötze« und »Rothauge« ebenfalls verwechselt, auf den Berliner
Fischmärkten heisst Scardinius erythrophthalmus Rothauge und Leuciscus rutilus Plötze.
L. rutilus behauptet: »aucune de ces dents n’a le bord dentelé etc., les germes des dents
n’ont aussi aucune dentelure«. Ich habe mich oft genug vom Gegentheil überzeugt. Auch
Heckel hat auf diese Einkerbungen der Schlundzähne von Leuciscus aufmerksam gemacht
(s. dessen Fische Syriens a. a. O. pag. 1006. Taf. I. Nr. 14). Hier muss ich eines Wider-
spruchs gedenken, der sich dem Beschauer dieser sonst so schönen und lehrreichen
Heckel’schen Tafel aufdrängt. Heckel hat nämlich (ebenda pag. 1039) zu der Gattung
Leuciscus unter anderen auch die Species Cyprinus CephalusLin. gerechnet und dazu die
Taf. 13 der Skandinaviens Fiskar citirt. Später wurde aber Heckel gewahr, dass dieser
C. Cephalus nichts anderes als sein Squalius Dobula sei, und verbesserte seinen Fehler da-
durch, dass er dasselbe Citat bei Squalius Dobula unterbrachte (s. dessen Reise-Bericht.
Anhang III. pag. 68), muss sich aber nicht erinnert haben, dass er auf jener Tafel von einem
Leuciscus Cephalus ein einreihiges und von einem Squalius Dobula ein zweireihiges Zahnsy-
stem abgebildet hat. Es frägt sich jetzt, von welcher Leuciscus-Art Heckel das Zahnsystem
zu seiner Abbildung genommen hat, denn jedenfalls beruht der oben erwähnte Name Leu-
ciscus Cephalus auf einer unrichtigen Bestimmung.
und Westpreussen vorkommenden Wirbelthiere, in den neuen preussischen Provinzial-
Blättern. Bd. II. 1846. pag. 18. Nr. 36.
pag. 47.
stichs bezüglichen Worte: »Zu haben bei der gemeinschaftlichen akademischen Handlung
in Augsburg mit allergnädigster Freyheit und Verbot nicht nachzustechen«. Mit Recht be-
merkt Schrank (a. a. O.), dass ein so schlechtes Machwerk kein kaiserliches Privilegium
verdient hätte.
L. Meidingeri erkannt und die ältere Bezeichnung Leuciscus Grislagine für diesen Fisch zu-
rückgewiesen, da dieser Name mit Linné’s Cyprinus Grislagine verwechselt werden könnte.
Mit der Deutung dieses letzteren Cyprinus ist jedoch Heckel, wie weiter unten bei Be-
sprechung des Squalius Leuciscus gezeigt werden wird, nicht so glücklich gewesen.
dass der L. Meidingeri vielleicht auch m Staffel- und Riegsee vorkomme.
pag. 355.
in Magdeburg fand ich den Aitel ebenfalls unter diesem Namen gekannt.
(Skandinaviens Fiskar a. a. O. Pl. 13) als Cyprinus Jeses vortrefflich abgebildet und (ebenda
pag. 36 lat. Text) als Cyprinus Cephalus beschrieben worden war.
dem Reisebericht. Anhang III. Taf. XVI bis XVIII.
gangen, und von Gloger (Nr. 88: pag. 75. n. 21) wurde der Sanddobel oder Dübel in Ver-
bindung mit dem Hassle oder Hässling als ein und dieselbe Art (Cyprinus dobula) aufgeführt,
während der alte Schwenckfeld diese beiden Fische als schlesische Bewohner sehr kenntlich
auseinandergehalten hat.
museau est peu arrondi; les deux mâchoires presque égales; le dos soutenu derrière la nu-
que, et ensuite rectiligne jusqu’à la queue«.
wurms her, der unter dem Namen Holostomum cuticola von Nordmann (Mikrographische
Beiträge. I. pag. 49. Taf. IV. Fig. 1—4) zuerst bekannt gemacht wurde. Nachdem diese
jungen Würmer sich in die Haut der verschiedenen Cyprinoiden eingenistet und sich mit
bung solcher eingekapselter Würmer eine auffallende Menge schwarzkörnigen Pigments,
welches nach dem Absterben der Würmer sich wieder verliert. Man vergleiche hierüber
meine Vorträge im Münchener Fischer-Club (Abendblatt zur neuen Münchener Zeitung 1858.
nr. 69. pag. 274) und in der anatomisch-physiologischen Section der Königsberger Natur-
forscher-Versammlung (Tageblatt der 35ten Versammlung deutscher Naturforscher und
Aerzte. pag. 55. vgl. auch den amtl. Bericht dieser Versammlung a. a. O. pag. 138.
»Eum a Cyprino Leucisco Linnaei et Artedii non differre perspicuum nobis videtur«.
Jahre früher (Nr. 11 c: pag. 1040) den Cyprinus Leuciscus und Grislagine des Linné wirk-
lich zu einer einzigen Squalius-Species vereinigt hatte.
weise als Tel. muticellus bezeichnet, wie dies schon von Heckel (Nr. 11 i: pag. 193 und
Nr. 13: pag. 208) richtig bemerkt worden ist. Ich kann übrigens die Unterschiede zwischen
Tel. Agassizii und muticellus, auf welche diese Ichthyologen sich berufen, nicht gelten las-
sen, denn weder die Analflosse, welche einen Strahl weniger besitzen soll, noch die Schup-
pen, welche nur eine geringe Anzahl von Radien zeigen sollen, geben ein auf den Tel. muti-
cellus beschränkt bleibendes Artkennzeichen ab. So fand ich bei genauer Untersuchung
der Afterflossen-Strahlen unter zwölf Individuen des Tel. Agassizii aus der Isar eilf Indivi-
duen mit 3 einfachen und 8 gespaltenen Strahlen, und ein Individuum mit 3 einfachen und
9 gespaltenen Strahlen, während ich unter sechs Individuen des Tel. muticellus aus Mai-
land vier mit 3 einfachen und 8 zersplitterten Afterflossen-Strahlen, und zwei Individuen
mit 3 einfachen und 9 zersplitterten Afterflossen-Strahlen antraf.
Um meine Ansicht näher zu begründen, dass Günther’s Leuciscus muticellus des Neckar
von dem Tel. Agassizii des Donau-Gebiets nicht verschieden ist, muss ich noch die Bemer-
kung hervorheben, dass ich den Aeusserungen von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 209)
entgegen und in Uebereinstimmung mit Filippi (Cenni sui pesci della Lombardia. pag. 19)
Bonaparte’s Leuciscus (Telestes) muticellus und Savignyi für identisch halte. Ich habe Ge-
legenheit gehabt das vom Prinzen Bonaparte an das Wiener Naturalien-Cabinet gesendete
und von Rom stammende Exemplar seines Leuc. muticellus mit mailändischen Exemplaren
seines Leuc. Savignyi zu vergleichen, wobei ich keinen wesentlichen Unterschied zwischen
diesen Fischen herausfinden konnte; beide besitzen dieselbe stumpfe Schnauze, denselben
nur wenig gestreckten Leib, bei beiden berühren die Spitzen der nach hinten zurückge-
schlagenen Brustflossen beinahe die Basis der Bauchflossen und bilden so eine von Tel.
Agassizii wesentlich verschiedene Artform, denn der Tel. Agassizii besitzt eine viel weniger
stumpfe Schnauze, und einen gestreckteren Leib, so dass die zurückgeschlagenen Brust-
flossen desselben einen auffallenden Zwischenraum vor der Basis der Bauchflossen unbe-
deckt lassen und der Schwanzstiel länger erscheint als bei Tel. muticellus; alle diese zuletzt
erwähnten Merkmale finden sich in der von Günther gelieferten Beschreibung und Abbil-
dung seines Leuciscus muticellus deutlich genug ausgesprochen.
hat Weber, wie ich es schon oben citirt habe, den Strömer als Leuciscus Leuciscus mit Bei-
fügung von ganz unrichtigen deutschen Namen ziemlich kenntlich dargestellt.
prinen-Gattungen. pag. 186 (288).
Ferner Linné: Nr. 2: pag. 528. nr. 10. Cyprinus Phoxinus und nr. 11. Cyprinus Aphya.
nr. 8.
Agassizii verstanden wissen wollte, geht aus Heckel’s eigenen Angaben in seinem Reisebe-
richte (Nr. 11 f: pag. 388) hervor.
gefunden werden. 1770.
lacustrium, quae in Ducatibus Slesvici et Holsatiae et Emporio Hamburgo occurrunt. 1624.
nannt. S. Heckel’s Fische der Salzach. a. a. O. pag. 193.
burg etc. Bd. I. pag. 288.
Nasus.
Mai in der Wertach bei Augsburg alljährlich innerhalb 2 bis 3 Wochen 300 Centner Nasen
und darüber gefangen werden. Auch in den von Bruckner herausgegebenen Merkwürdig-
keiten der Landschaft Basel (Stück V. Basel, 1750. pag. 554) geschieht von einem grossen
Nasenfang Meldung, welcher an der Mündung der Birs in den Rhein alljährlich im April
Statt findet. Sehr bekannt ist der äusserst reiche Nasenfang, welcher alljährlich am Eintritt
der Glatt in den Rhein bei Rheinfelden Statt findet (s. Hartmann’s helvet. Ichthyologie.
pag. 215).
Nil entdeckt, in Museum Senckenbergianum. Bd. II. 1837. pag. 20. Taf. III. Fig. 2.
society of London. Vol. II. 1849. pag. 355. Pl. 61. Fig. 3.
pag. 294 u. 295.
Pl. 62. Fig. 1.
pag. 361. Pl. 42. Fig. 1.
beigefügt hat, erkennt man übrigens, dass Agassiz den Telestes Agassizii (Gesner’s Ryserle)
von seinem Chondrostoma Rysela nicht scharf auseinandergehalten hat.
Anzeigen der k. bayrisch. Akademie der Wissenschaften. Bd. 22. 1846. Nr 84. pag. 679.
(s. den dritten Jahresbericht dieses Vereins. Passau, 1860. pag. 6 u. 7) als Geschenke auf-
bewahrten getrockneten Fische, welche als Chondrostoma Rysela bestimmt sind und zum
Theil von Drexel herrühren, habe ich bei näherer Untersuchung als Abr. melanops erkannt.
Classification der Cyprinen-Gattungen (aus Russegger’s Reisen) pag. 186 (288).
Rysela aus Brixlegg mit anderen Exemplaren des gewöhnlichen Ch. Nasus unter dem Namen
»Nase« eingesendet war, späterhin von diesem Fisch aussagt (Nr. 13: pag. 221), es werde
derselbe in Tyrol »Lau« genannt, so kann ich dieses letztere nicht bestätigen und nur ver-
muthen, dass dieser Name nichts anderes als den durch Missverständniss abgekürzten
Namen »Lauge« bedeutet.
und desselben Abhandlung über die Mägen und Blinddärme der Salmoniden (in den Sitzungs-
berichten der math. naturw. Classe der k. Akademie d. Wissensch. in Wien. Bd. VI. 1851.
pag. 240 u. Bd. VIII. 1852. pag. 176).
Alpen Coregonen, dagegen fehlen diese Fische den an den südlichen Gehängen der Alpen
Skandinavisk Fauna. IV. 1855. pag. 456 oder die Zeitschrift für die gesammten Naturwis-
senschaften, 1860, Juli August, pag. 32, in welcher sich Nilsson’s Artikel über Coregonus
aus jener Fauna von Creplin übersetzt findet.
halten soll, welche von Bujack (Nr. 97: pag. 324) mitgetheilt und von Schulz (Nr. 78:
pag. 524) nachgeschrieben worden ist, als gänzlich unrichtig von der Hand zu weisen.
»Le Lavaret est en saison, dans les trois derniers mois de l’année, et alors le mâle porte des
écailles pointues en plusieurs lignes sur les côtes, qui disparoissent ensuite«. Auf der colo-
rirten Tafel sind die einzelnen Auswüchse der Schuppen nur durch schwarze Striche dar-
gestellt.
Naturwissenschaften, 1860, Juli August, pag. 38 (Creplin’s Uebersetzung).
Arten mit geöffnetem Maule dargestellt hat, indem hierdurch die für die Art-Unterscheidung
der Coregonen wichtigen gegenseitigen Längenverhältnisse des Ober- und Unterkiefers ganz
undeutlich geworden sind.
freilich, wie so viele andere deutsche Fischnamen, unrichtig auffasste und in »Rhingau«
umwandelte. (S. dessen Histor. piscium. pag. 183.)
wurde bei Aufzählung der Fische des Königssees die Renke unerwähnt gelassen, wie er
überhaupt nur 6 Fischarten namhaft macht, welche im Königssee und in den benachbarten
Ober- und Hintersee einheimisch sind. Ich habe diese Angaben vollkommen bestätigt ge-
funden und bin daher fest überzeugt, dass sich Weber (in seinen Abbildungen der Fische
von Bayern pag. 46) geirrt hat, indem er 17 Fischarten des Königssees aufzählt.
schon öfters den Vortheil, verschiedene kleine Wasserthiere ausfindig zu machen, welche nur
in der Tiefe unserer Seen leben und bisher ganz unbeachtet geblieben sind, namentlich wa-
ren es mehrere höchst eigenthümlich gestaltete Daphnoiden, welche ich aus dem Magenin-
halte der Renken als ganz neue Thier-Formen unserer Süsswasserfauna kennen gelernt habe.
genannt. Ich erkenne in diesem Fischbrod, dessen Untersuchung von Wartmann (in dem
Naturforscher. Stück 21. pag 113 und Stück 22. pag. 113. Taf. VI) zu verschiedenen Malen
versucht wurde, abgestorbene Bryozoën-Gehäuse, welche von verschiedenen anderen nie-
deren Thieren und von Algen zum Wohnort benutzt werden.
Beschreibung des Blaufelchen von Wartmann (Nr. 37 a: pag. 205), welcher überhaupt die
Geschichte dieses Fisches am zuverlässigsten auseinander gesetzt hat.
Stuttgart, 1840. Bd. II. pag. 355.
(Zürich, 1575) pag. 189.
(Bd. II. pag. 275) sogar mit dem Namen Coreg. Heglingus.
physique et d’histoire naturelle de Genève. Tom. III. 1825. pag. 196.
merksam machen, dass Heckel den Coreg. Wartmanni von Jurine auch aus dem Genfer
See erhalten hat, obgleich der eben genannte Genfer Ichthyologe in seiner Geschichte der
Fische des Genfer Sees den Coreg. Wartmanni als Bewohner dieses Sees nicht aufführt,
was darauf hindeutet, dass Jurine zu jener Zeit, als er die Fische dieses Sees bearbeitete,
den Coreg. Wartmanni wahrscheinlich noch nicht gehörig unterscheiden gelernt hatte.
gangene Verwechslung befragte, hatte die Güte, mir folgendes darüber mitzutheilen: »Mein
Vater (G. v. Martens) stand mit Valenciennes nicht in Briefwechsel, hat aber früher an
Cuvier den Blaufelchen vom Bodensee geschickt, ohne Zweifel mit Angabe der betreffenden
Namen. Die fragliche Stelle von Valenciennes enthält offenbar eine Confusion zwischen
meinem Vater und dem Pariser Ch. Martins, welcher die französische Expedition nach
Island, Norwegen und Spitzbergen unter Paul Gaimard in den Jahren 1835—1840 begleitete«.
und Skandinavisk Fauna IV. Fiskarna. Lund, 1855. pag. 458.
gelieferten Abhildung des von Parnell unter dem Namen Coregonus La Cepedei zuerst be-
schriebenen schottischen »Powan« erinnert mich an den Coreg. Wartmanni.
Heckel selbst sich früher überzeugt hatte, dass Jurine’s Lavaret mit dem auch in östreichi-
schen Seen einheimischen Coreg. WartmanniCuv. identisch ist.
ten Naturwissenschaften, 1860, Juli, August pag. 38, in welcher Creplin den Artikel über
Coregonus aus jener Fauna übersetzt hat.
immer 14 Tage früher als die gemeine Renke laichen. Schon Mangolt (a. a. O. pag. 27)
machte hierüber ganz dieselbe Mittheilung.
befindet sich auf pag. 156).
wissenschaftliche Zoologie. Bd. IX. 1858. pag. 295.) und über den Kilch des Ammersees
(in der neuen Münchner Zeitung. Jahrg. 1860. nr. 67. pag. 265).
ten Punktreihen spricht, welche dieser Fisch statt einer einfachen Seitenlinie besitzen soll,
so beruht dies gewiss auf einer unrichtigen Auffassung des eben erwähnten Hautausschlags,
der in regelmässigen mit der Seitenlinie parallel verlaufenden Reihen die Schuppen besetzt
hält.
ringsten mit der Laichzeit zusammen, wie dies Wartmann (a. a. O. p. 431) unrichtig aus-
gesprochen hat.
schnell an die Wasseroberfläche gezogen wird, trommelsüchtig aufgetrieben werden, wie
ich das selbst an Saiblingen des Bodensees und Ammersees beobachtet habe und wie dies
von Hartmann (Nr. 23 b: pag. 130) schon früher mitgetheilt wurde.
Pl. VIII.
bus. Auf der Abbildung sind unbegreiflicher Weise, wie bei einem Schellfische, drei
Ruckenflossen dargestellt.
1770. pag. 266) giebt vom Schnäpel an: »reperitur in fluminum ostiis«.
Flüsse (s. dessen Faune belge. pag. 222 und 243), hat sich später überzeugt, dass dieser
Fisch über Antwerpen hinaus bis Dendermonde die Schelde hinaufsteigt (s. Bulletins de
l’Acad. roy. de Belgique a. a. O.).
Rhein gefangen worden.
Naturwissenschaften 1860, Juli August (Creplin’s Uebersetzung), wo es pag. 35 heisst:
»Wenn der Fisch trocken wird, so verkürzt sich die Schnauze bedeutend und wird quer-
stumpf«.
rum. 1756. pag. 389. nr. 1.
Lavaretus. Hier sagt Meidinger wörtlich: »Habitat in lacu Gmundano \& Kamerano Austriae
sup. unde omnes adsportantur, ideo numquam captus in Danubio, ut Kramerus statuit.«
pag. 32.
in welchem Valenciennes (ebenda. pag. 446. Pl. 626) eine besondere Art erkannt haben
wollte, wird nichts anderes sein, als eine noch im höheren Grade von Schuppen entblösste
Abart der gemeinen Aesche.
Aesche eben so wenig wie bei dem Kaulbarsch (s. oben pag. 59) als eine Artverschiedenheit
betrachtet werden.
geformten Schuppen sehr gut abgebildet.
zweiten Gattung dieser Salmoneer-Gruppe, an Mallotus (arcticus) ganz in derselben norma-
len Weise zu erkennen.
Edinburgh new philosophical Journal. Vol. XXIV. 1838. pag. 171. Fig. 3 bis 5, (s. auch
Froriep’s neue Notizen. Bd. VI. 1838. Fig. 4 bis 6), vergl. ferner: Shaw’s experimental obser-
vations on the development and growth of Salmon-fry, abgedruckt in the transactions of
the roy. society of Edinburgh. Vol. XIV. 1840. Pl. II. Fig. 3 bis 6. Drei junge Seeforellen mit
seitlicher Fleckenbinde stellte Jardine auf der Vignette der eilften Tafel seines Prachtwerkes
der »british Salmonidae« dar. Von Yarrell wurden in seiner »History of british fishes«
(Vol. II. 1841. pag. 36. Fig. 1. 2. 3) ein junger Lachs, eine junge Seeforelle und eine junge
Bachforelle mit seitlicher Fleckenbinde abgebildet. Von einem jungen Huchen mit seit-
licher Fleckenbinde lieferte Agassiz in seiner: Histoire nat. des poissons d’eau douce Tab. XII.
eine sehr hübsche Abbildung.
zuge in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. 1835. Bd. II. pag. 267.
Jardine, Yarrel u. a.
der durch nachwachsende Zähne ersetzt, was sich dadurch bestimmt zu erkennen giebt,
dass da, wo solche Zähne ohne Nachwuchs verschwinden, auch die Gruben sich verlieren,
aus welchen sonst an Stelle der im jüngeren Alter verloren gegangenen Zähne die Ersatz-
zähne hervorwachsen.
den’s in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. 1849. I. pag. 308 u. 310.
das auf pag. 121 dargestellte Individuum wegen der stumpfen Schnauze und der schwach
entwickelten Flossen als Weibchen und das auf pag. 124 dargestellte Individuum wegen der
hervorragenden Schnauze und der stärker entwickelten Flossen als Männchen erkenne.
Der Unterschied ist ganz derselbe wie bei den Abbildungen auf Taf. 101 und 99 von Bloch
oder auf Tafel XI und X von Agassiz.
im Jahre 1660 wurde ein 5½ Pfund schwerer weiblicher Saibling gefangen, am 9. Juli 1676
wurde ein 10 Pfund schwerer Saibling gefangen, am 5. Juli 1723 wurde ein 8pfündiger
Saibling gefangen (dieses Gemälde ist vor ein Paar Jahren abhanden gekommen), am
6. August 1792 ist ein 8 Pfund schwerer weiblicher Saibling gefangen worden; dass auch
jetzt noch in der Tiefe des Königssees einzelne grössere Saiblinge verborgen leben, geht aus
zwei neu hinzugefügten Oelgemälden hervor, auf welchen ein am 24. Juni 1849 gefangener
11 Pfund schwerer männlicher Saibling und ein im Jahre 1855 gefangener 10pfündiger
männlicher Saibling abgebildet ist.
forelle, in der Alpina, Bd. I. pag. 97.
Jahr 1753 (Bd. 15. 1756. pag. 208).
len Schwedens unter Fiäll-Rör allgemein der Salmo alpinus des Linné verstanden wird.
jungen rothba uchigen Rogner darstellt, und Tab. X u. XI, auf welchen ein ganz blasser
alter Milchner und Rogner abgebildet ist.
S. alpinus eine Forelle zu sein schiene. Dass auch Heckel und Kner Bloch’s Taf. 104.
als Saibling (a. a. O. pag. 280) citiren, geschah wohl nur aus Versehen, da sie dieselbe
Tafel bereits (pag. 248) als Forelle citirt hatten.
ten der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde. Bd. IV. 1783. pag. 69.
schwarzreuterischen Bergforelle.
oder Wiegmann’s Archiv. 1835. Bd. II. pag. 266. S. auch Valenciennes: Hist. d. poissons.
Tom. XXI. pag. 187.
betreffende Ausschreibung der königl. Regierung von Oberbayern vom 13. Juli 1855.
Bloch (a. a. O. Taf. 98), von Agassiz (a. a. O. Tab. 1) und von Valenciennes (a. a. O.
Pl. 615).
der Osteologie des Rheinlachses (Mainz 1861) auf Taf. IV. Fig. 6 f. abgebildet, während die
zeitskleide hat Jardine auf Taf. VII seines grossen Werkes (British Salmonidae) abgebildet.
merknochen am Vorderende noch einige Zähne erkennen lassen.
in anderen Nebenflüssen des Rheins zuzuschreiben ist, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden.
Sehr häufig wird die Dampfschifffahrt angeklagt, welche diese Fische verscheuchen soll;
es ist aber auch möglich, dass eingetretene Versandungen, Correcturen des Flussbettes,
welche an den Mündungen der Nebenflüsse des Rheins vorgenommen worden sind, die
Lachse veranlasst haben, solche Einmündungsstellen zu umgehen.
Angabe im Bodensee«, so ist dies nicht richtig; in keiner anderen Fischfauna findet sich
der Bodensee als Wohn- oder Fundort des Lachses erwähnt, und von Hartmann (Nr. 38 a:
pag. 146) sowohl wie von Nenning (Nr. 39: pag. 16) wird es bestimmt verneint, dass der
Rheinlachs bei seinen Wanderungen den Rheinfall bei Schaffhausen übersteigen und in den
Bodensee gelangen könne.
back to shew a more arched outline, from the deposition of a kind of cartilaginous sub-
stance, which at the full development in a fish of the size of our specimen would reach from
half to three quarters of an inch in depth upon the back, and gives that rounded and
sharp appearance peculiar to this season. — In the Salmon it is very quickly absorbed af-
ter the process of spawning has been accomplished, and is a provision to supply the loss
from exhaustion during a period when little food or nourishment can be obtained«.
schiedenen der Nord- und Ostsee zufliessenden Gewässern gelegen sind, dieselbe Ge-
schichte erzählt, dass nämlich früher wegen der Häufigkeit und Wohlfeilheit der Lachse die
Dienstboten bei der Annahme eines Dienstes sich ausbedungen hätten, nicht öfter als zwei-
mal in der Woche Lachs essen zu dürfen.
d’exploration sur le littoral de France et de l’Italie (Paris, 1861). Appendice. IV. De la
pêche du saumon en Écosse. pag. 254.
kenberg in der Edder, einem Nebenflüsschen der Fulda, viele Lachse gefangen würden, dass
aber dieser Lachsfang, wie in allen oberen Gegenden des Weser-Gebietes, gegen früher
sehr abgenommen habe, seitdem bei Hameln ein grosses Wehr in der Weser errichtet sei.
In welcher massenhaften Anzahl von den Lachsen die oberen Gewässer der Weser in frü-
heren Jahrhunderten aufgesucht worden sind, geht aus den von verschiedenen Chroniken-
schreibern darüber gemachten Aufzeichnungen hervor. So meldet Winkelmann (Wahrhafte
Beschreibung der Fürstenthümer Hessen und Hersfeld. Bremen, 1697. pag. 58) folgendes:
Dieser Fluss (die Fulda) ist auch sehr Fischreich an Hechten, Karpen, Barben, Ahlen, und
sind im Jahr 1506 so viel Hechte darin gefangen worden, dass man 50 oder 60 vor einen
Gulden kauffen können, wie es dan auch viele Lachse darin gibt, deren im Jahr 1443 auf
Bonifacii Tag bei der Neuen Mühle (eine Stunde von Cassel flussaufwärts) von H. Landgr.
Ludwig II in einem Zug 802 Stück gefangen worden, wie solches zu Cassel in dem Statt-
Weinkeller auf dem Markt vorn am Eingang an einem Pfeiler mit einer alten eingehauenen
und vergüldeten Schrift solcher Gestalt zu lesen ist: »Anno Domini MCCCCXLIII auf Boni-
facien Tag hand unser gnädiger Herr von Hessen 800 Lässe gezogen mit einem Zuge un
2 Lässe un ein Hecht also guth als der Lässe einer«. Diese Inschrift ist mit dem vor mehre-
ren Jahren Statt gehabten Abbruche des alten Casseler Rathhauses wahrscheinlich zu
Grunde gegangen.
Ein Fischer in Meiningen hat mir noch kürzlich aus den Geschäftsbüchern seiner El-
tern nachgewiesen, dass vom 18ten November bis 12ten December 1770 zwischen Salzun-
gen und Behlrieth in der Werra 114 Stück Lachse im Gewichte von 16 Centner 59½ Pfund
gefangen worden seien.
Auch Sander (Beiträge zur Naturgeschichte der Fische im Rhein. a. a. O. pag. 174) war mit
den Jungen des Rheinlachses sehr wohl bekannt und berichtete von ihnen, dass sie im
Rheinstrom in ungeheurer Menge gefangen werden. Diese Sälmlinge werden leider noch
jetzt am Rhein verspeist, ich selbst überzeugte mich vor fünf Jahren in Strassburg, dass
auf dem dortigen Fischmarkte im Monat April diese Lachsbrut mit einer Länge von 4 Zoll
als Leckerbissen feil geboten wurde. Wenn auf diese Weise schon die Brut des Lachses der
Habgier und Genusssucht des Menschen verfällt, kann man sich alsdann wundern, dass die
Menge der Lachse im Rhein von Jahr zu Jahr abnimmt?
lichen Befruchtung den Beweis zu liefern, dass der »Parr« nichts anderes als die Brut des
Lachses ist, wodurch diesem bisher als besondere Salmoneer-Species verfolgten jungen
Lachs Schutz und Schonung verschafft wurde. Vergleiche Shaw: an Account of some Ex-
periments and Observations on the Parr, and on the Ova of the Salmon, proving the Parr
to be the young of the Salmon (in the Edinburgh new philosophical Journal. Vol. 21. 1836.
schweren jungen, unter dem Namen »Gilse« in England bekannten Lachs abgebildet, der
zum ersten Mal das Meer verlassen wird, um zu laichen. Von diesem noch nicht völlig ge-
schlechtsreif gewordenen Lachs sagte Jardine in der Kupfererklärung: The Vomer has now
lost its teeth upon its longitudinal surface, but retains one or two more on its anterior
part etc.
ciety of Edinburgh. Vol. 14. 1840. pag. 547. Pl. II. Fig. 1—8. Diese Abhandlungen sind
übersetzt in Froriep’s Notizen. Bd. 50. 1836. pag. 177 u. in dessen neuen Notizen. Bd. 6.
1838. pag. 1 u. Bd. 14. 1840. pag. 97. Die in diesen Abhandlungen mitgetheilten Beobachtun-
gen haben durch Young (in the Annals of nat. hist. Vol. XI. 1843. pag. 157 u. Vol. XIV. 1844.
pag. 146 übersetzt in Froriep’s neuen Notizen. Bd. 25. pag. 277 u. Bd. 31. pag. 312) u. durch
Fries (Om Stirren, Salmo Salmulus, in Kongl. Vetenskaps—Academiens Handlingar för 1837,
Stockholm, 1838. pag. 1. Tab. I) ihre Bestätigung gefunden.
St. Bartholomae aufgehängten Porträts von verschiedenen, im Königssee gefangenen Lachs-
ferchen (Lachsforellen), von denen die beiden am 13ten Mai 1847 und am 28ten Aug. 1725
gefangenen Stücke 19 Pfund und 19½ Pfund wogen, während die am 10ten Sept. 1714, am
15ten Sept. 1718, am 11ten October 1718 und am 8ten Sept. 1717 gefangenen Stücke im
Gewicht von 21, 22, 23 und 24 Pfund besassen, und ein am 1ten December 1719 gefangenes
Thier sogar die Schwere von 52 Pfund erreicht hatte.
a. a. O. pag. 351.
nommen.
setzen, bezweifeln, obgleich derselbe (Nr. 22: pag. 85) später dieselbe Angabe noch einmal
wiederholt hat; mir hat am Attersee und Mondsee, wo die sterile Seeforelle als Mailachs
und die im Herbst laichende Seeforelle als Herbstlachs gekannt sind, kein Fischer, nach-
dem ich ihn auf sein Gewissen darum befragt hatte, die Zeit und den Ort des Laichens von
dem Mailachs anzugeben sich getraut.
pag. 268. Fig. 146 u. 150.
mein und sehr geschätzt. Sie kommt aber in die Flüsse und geht bis in’s Meer«.
et d’hist. nat. de Genève. Tom. III. 1825. pag. 158. Pl. 4.
265 u. 268.
dem Sitzungsberichte der math. naturw. Classe d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien,
Jahrg. 1851. pag. 240 und dessen Abhandlung: über die Mägen und Blinddärme der Sal-
moniden, ebenda, Jahrg. 1852. pag. 176.
Bd. 29. pag. 119.
pag. 620 oder Wiegmann’s Archiv. 1835. Bd. II. pag. 266.
müssen, von welchem Bock (Nr. 95: pag. 601) angegeben hat, dass er etwas röthliche
Flecke und die Länge eines Fusses besitze und in der Gegend um Danzig »Möllitz« genannt
werde. Nach meinen darüber eingezogenen Erkundigungen ist den Danziger Fischern noch
jetzt ein Salmoneer unter dem Namen »Möllitz« bekannt, der nach ihrer Beschreibung nichts
anderes als eine junge Meerforelle sein kann.
lung, welche dem zoologischen Cabinete zu Berlin einverleibt worden ist, nicht mit der
ihnen gebührenden Pietät zu conserviren gesucht. In einigen Gläsern sieht man deutlich,
dass die alten Originale mit frischeren Exemplaren vertauscht worden sind, von mehreren
Arten sind gar keine Bloch’schen Typen mehr vorhanden.
quent the various Rivers and Lakes of Europe, in dem Report of the fourth meeting of the
british association. London, 1835. pag. 617. S. auch Wiegmann’s Archiv. 1. Jahrg. 1835.
Bd. II. pag. 265.
dens, welcher Brief vom letztern in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften daselbst
am 12ten April 1848 mit der Bemerkung vorgetragen wurde, dass unläugbar von allen zur
skandinavischen Fauna gehörenden Fischen die Lachsfische am schwersten zu erforschen
seien. (Öfversigt af k. Vetenskaps-Academiens Förhandlingar. 1848. pag. 59, übersetzt in
Wiegmann’s Archiv. 15ten Jahrg. 1849. Bd. I. pag. 305.)
and rather nearer to the back than to the belly; it is formed by a deep notch in every
third or forth scale, and a groove in the subjacent one: there are several rows of these
emarginated scales on the back and sides, resembling lateral lines«.
à bord libre, entier, arrondi, et elle a trois festons sur le bord radical«.
daher schwer sagen, ob bei anderen Häringsformen dergleichen schienenartige Schwanz-
schuppen ebenfalls vorkommen, da sich an den in Museen aufbewahrten Clupeoiden die
Beschuppung fast immer sehr defect zeigt. Dass aber solche auffallende Beschuppung bei
anderen Clupeoiden nicht fehle, geht aus einer Abbildung der Sardinella aurita hervor,
welche Valenciennes (Hist. d. poissons. T. 20. Pl. 594) geliefert hat, ohne dass er jedoch
des dargestellten eigenthümlichen Schwanzbeleges in der Beschreibung dieses Fisches Er-
wähnung gethan.
pag. 538.
tin de la société impériale des naturalistes de Moscou. 1856. II. pag. 385 und 1857. II.
pag. 475; vergl. ferner dessen Auszüge aus dem Berichte über eine an die nordwestlichen
Küsten des schwarzen Meeres und durch die westliche Krym unternommene Reise, in dem
Bulletin a. a. O. 1859. IV. pag. 456.
ten hin: »Un grand nombre de pêcheurs croient que les aloses meurent dans l’eau douce
après y avoir frayé«. Auch Nau (Nr. 45: pag. 100) machte von dem Maifisch die Mitthei-
lung: »Er hat ein sehr zartes Leben, und stehet nicht allein gleich ab, wenn man ihn aus
dem Wasser bringt, sondern auch im Wasser findet man ihn nach der Laichzeit sehr oft
todt«.
bildeten Schlundknochen der Cobitis fossilis nicht herauszufinden. Vergl. dessen: Observa-
tiones ad Cobitidem barbatam in den: Miscellanea Berolinensia. Tom. VI. 1740. pag. 119.
scheinlich haben dieselben bei ihrer Untersuchung sich nur der Lupe bedient, mit stärke-
ren Vergrösserungsmitteln betrachtet lassen die Schuppen unserer drei Cobitis-Arten ausser
den concentrischen Streifen rundherum auch radiäre Streifen erkennen.
dener Entwicklung und Beweglichkeit zukommen, so konnte die Gattung Acanthopsis, für
welche Agassiz (a. a. O.) den scharfen, gabligen und beweglichen Suborbitalknochen als
wichtigen Charakter hingestellt hatte, nicht beibehalten werden.
die Mitwirkung des Darmkanals zum Respirationsgeschäfte der Fischart Cobitis fossilis
Schlammpitzger), in Gilbert’s Annalen der Physik. Bd. 30. 1808. pag. 140.
für Anatomie. 1857. pag. 261 u. 267.
giebt, in Schweigger’s neuem Journal für Chemie und Physik. Bd. 22. 1818. pag. 78.
(Cobitis fossilis). Heidelberg. 1852.
Tom. III. 1826. pag. 198.
men die folgenden Namen aufgeführt: Anguille verniaux, long bec, plat bec \& pimperneaux.
(Frankfurt a. M. 1545. Von den Fischen) erzählt: »Der Aal soll auch ettwan des nachts
auss dem wasser schlieffen auff dem feldt, da er linsen, erbsen oder bonen gesehet findet«.
lin: Aufenthalt, Lebensweise, Nahrung und Fortpflanzung des Süsswasser-Aales (in der
Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. 1860. nr. VII. VIII. pag. 20).
pra le anguille dove singolarmente si ragiona di quelle che si pescano nelle valli di Co-
machio. pag. 518.
schen und den anliegenden Gouvernements, in dem Bulletin de la société impériale des
Naturalistes de Moscou. Tom. 23. 1850. pag. 627.
et du Danube, in den Comptes rendus. Tom. 42. 1856. pag. 442.
imp. des Nat. de Moscou. Tom. 29. 1856. pag. 386.
Gebiete nicht angehören.
botanischen Vereins in Wien (Bd. II. 1853. Sitzungsberichte. pag. 29) folgende wichtige
Bemerkung: »Der Aal wird zwar zuweilen wirklich in der Donau gefangen; allein es ist er-
wiesene Thatsache, dass alle diese einzelnen Fälle nur davon herrühren, dass den Fisch-
händlern, welche diese Thiere aus andern, nord- und südwärts ablaufenden Flüssen zum
Verkaufe hierher bringen, manchmal ein oder das andere Stück, ja sogar wie es sich ein-
stens in Nussdorf bei Wien zutrug, eine bedeutende Anzahl entweichet, die dann in der
Donau ihre Freiheit suchen, sich aber nie darin vermehren, und selbst absichtlich an ge-
sicherten Orten eingesetzt, binnen kurzem spurlos verschwinden«. Eine in der Sammlung
des zoologisch-mineralogischen Vereins zu Regensburg als Donaufisch aufbewahrte Mu-
raena Anguilla (vergl. das Correspondenz-Blatt dieses Vereins. Jahrgang XI. 1857. pag. 16.
nr. 33.) wird auch wohl ein solcher fremder und entschlüpfter Aal gewesen sein. Zu Inns-
bruck wird Jahr aus Jahr ein in der dortigen Stadtfischerei eine grosse Anzahl lebender
vom Garda-See herüber transportirter Aale feil geboten, von denen schon einige Male, wie
mir mitgetheilt wurde, einzelne Individuen aus der Fischverkaufs-Anstalt in den nahe ge-
legenen Inn entkommen und später in demselben wieder gefangen worden sind.
pag. 2.
(in seinem Reisebericht a. a. O. Anhang II. pag. 352 und in seiner Vorrede zu den Süss-
wasserfischen der östreich. Monarchie pag. VI.)
vatorum. 1756. pag. 387.
est riche en anguilles d’une très forte taille«.
pag. 442 in einer Tabelle den Aal als Donaufisch auf, nachdem er vorher erklärt, dass in
Bezug auf Donaufische Reisinger sein Gewährsmann sei. Wie wenig diesem letzteren Ver-
trauen geschenkt werden darf, habe ich vorhin nachgewiesen.
Auszuge in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. 1842. II. pag. 183.
dergelegten Angaben über die Verschmelzung zweier Wassergebiete haben freilich jetzt,
seitdem der Pfreimtweiher trocken gelegt worden ist, ganz und gar ihre Geltung verloren.
und wieder selbst bei Naturforschern auf, wenn der freiwillige Abgang von Spulwürmern
an irgend einem Aale beobachtet wird, wie dies aus einer Mittheilung hervorgeht, welche
De Joannis im Jahre 1839 an die Pariser Akademie der Wissenschaften gemacht hat. Da
De Joannis nur das berichtete, was er aus dem Munde eines Bauern vernommen hatte, so
kann ich für meinen Theil die in diesem Falle zu hunderten von einem Aale abgegangenen,
2 Zoll langen weissen und wie Zwirnsfaden dicken jungen Aale nur für Ascariden halten,
obgleich der als vollkommen glaubwürdig geschilderte Beobachter dieses Falls, ein schlich-
ter Bauer, die Augen dieser jungen Aale als zwei deutliche schwarze Puncte erkannt haben
will. Vergl. Comptes rendus de l’Acad. d. sciences. Tom. 8. 1839. pag. 301 oder Revue Zoo-
logique. 1839. pag. 48. Oken und Creplin hatten schon früher über diesen Fall eine ganz
ähnliche Meinung geäussert. Vergl. Oken’s Jsis. 1839 und Wiegmann’s Archiv für Natur-
geschichte. 1841. I. pag. 231.
Centur. I u. II. 1712. Appendix pag. 153. Fig. h. h.
scientiar. et artium academia Tom. VI. 1783. pag. 410. Fig. 7—11.
linisch. Gesellsch. naturf. Freunde. Bd. I. 1780. pag. 204.
Wiegmann’s Archiv. 1838. I. pag. 299 und dessen: »Bemerkungen über einen hochträchtigen
Aal« in Müller’s Archiv 18 [...]0. pag. 203.
gekommen sein will, eine dunkelgelbe, ölartige Feuchtigkeit, womit er im Juni die man-
schettenartigen Organe der Aale überzogen fand, nur nach dem Augenscheine und nicht
nach einer genaueren mikroskopischen Untersuchung für Samenfeuchtigkeit erklärte (s. des-
sen Fische in den Scheeren von Mörkö. 1835. pag. 150), so ist auf Ekström’s Angabe, dass
er bis jetzt nur männliche Aale unter Händen gehabt habe, wohl kaum ein Gewicht zu
legen.
animals. I. Fisches. 1846. pag. 286.
turelle. Tom. VI. 1820. pag. 89.
relles. Tom. V. 1856. pag. 295) bei den drei Seebarschen Serranus scriba, cabrilla und he-
patus nachgewiesen.
ist von Coste (Voyage d’exploration sur le littoral de France et de l’Italie 1861. pag. 3. In-
dustrie de la lagune de Comacchio) sehr ausführlich beschrieben worden.
mehrere hundert Centner Aale gefangen. S. dessen Op. due sopra le anguille. Op. I. Cap. 1.
pag. 509.
Viaggi alle due Sicilie, ebenda Tom. III. Cap. 33. pag. 143, in welchen Reisen Spallanzani
seine Beobachtungen über die Aale des See Orbitello niedergelegt hat.
in Italien vergleiche man G. v. Martens: Italien. Bd. II. 1844. pag. 334.
und 26.)
that these parent fish never return up the rivers«.
malium vivorum reperiuntur, observationes. Edit. Lugdun. Batav. 1729. pag. 100. Tab. 14.
Fig. 1—7.
ausgewachsenen Alterszuständen die bestimmten Namen: priscetti, anguillaci, roche, mig-
liorumenti, nach denen der Werth dieses sehr gesuchten Handelsartikels abgeschätzt wird.
Vergl. Coste a. a. O. pag. 49.
etc. dans la plus grande partie du midi de la France. Nimes, 1844. Tom. II. pag. 307.
in den Transactions of the Linnean society. Tom. XIV. 1825. pag. 69—92.
nève. T. III. pag. 147.
Tidskrift. Bd. I. 1837. pag. 21.
selbst alljährlich drei bis vier Sterlete gefangen.
seums der Naturgeschichte. Bd. I. Abth. 2. 1836. pag. 297.
derselbe kaum verwerthet werden konnte. Vergl. Olahus: Hungaria et Atila. Vindob.
1763. pag. 86 und Grossinger: Historia physica regni Hungariae.
Archiv. 1856. pag. 325.
über den Zahnbau der Fische, vergl. Heusinger’s Zeitschrift für die organische Physik.
Bd. I. 1827. pag. 183. u. 194. Taf. VI. Fig. 5 u. 9.
Bd. I. pag. 171. Taf. VI. Fig. 6.) sehr gut beschrieben und dargestellt.
pag. 271.) nach meinem Dafürhalten ganz richtig auseinandergesetzt.
classes d’animaux vertébrés, in den Mémoires présentés par divers savants à l’Académie
des sciences. Tom. XIV. 1856. pag. 152. Pl. XV.
Fig. 5.
naturforsch. Freunde zu Berlin. Bd. VII. 1787. pag. 466.
bardo di scienze lettere ed arti. Vol. II. Milano. 1845. pag. 25.
ist mir sehr aufgefallen und lässt mich zweifeln, ob die Artcharaktere für die Seelamprete,
wie sie die meisten Ichthyologen hingestellt haben, wirklich als die richtigen aufgefasst
worden sind. Panizza, welcher auf der hier angeführten Tafel (Fig. I.) ein geschlechtsrei-
fes männliches Individuum der Seelamprete von der Seite dargestellt hat, so dass sich die
beiden Rückenflossen vollständig übersehen lassen, giebt auf diese Weise ein ganz anderes
Bild von der Anordnung der beiden Rückenflossen der Seelamprete. Dieselben stehen näm-
lich nicht von einander getrennt, sondern schliessen dicht aneinander. Eine andere eben-
falls von der Seite dargestellte Seelamprete findet sich von Bellon (de aquatilibus Libri II.
1553. pag. 76) abgebildet, auf welcher die beiden Rückenflossen ebenfalls dicht hinterein-
ander stehen. Auf anderen Abbildungen der Seelamprete stehen diese Rückenflossen weit
von einander getrennt, wie ich das auch wirklich an den von mir verglichenen Weingeist-
Exemplaren der Seelamprete gesehen habe, die ich aber auch alle für noch nicht ganz ge-
schlechtsreife Individuen halten zu müssen glaube.
pesci, che cioè tanto i maschi che aveano già evacuato l’umo seminale, come le femine che
si erano già sgravate delle nova, furono sempre pescati morti«.
pag. 205.
falls unrichtigen Abbildungen des Zahnapparats von Petromyzon marinus und fluviatilis
desselben Autors hat Krøyer in seinen Danmarks Fiske (Bd. III. pag. 1041. 1042 u.
1052) copirt, zu welchen derselbe aber eine sehr genaue und ausführliche Beschreibung
des Zahnapparats dieser Fische hinzugefügt hat.
de historia piscium, pag. 105 folgenden kurzen Auszug gegeben: Lampetrae fluviatiles mi-
nores praeter morem aliorum piscium ventribus commissis coeunt, cum enim hoc tempore
locis vadosis versentur, earum actiones facile possunt observari.
Planeri. Haarlem 1856.
Verhandlungen der zoolog. botan. Gesellschaft in Wien. 1862. pag. 113.
1863. pag. 489.
1863. pag. 489.
schwarzen Meeres etc. unternommene Reise, in dem Bulletin de Moscou. A. a. O. 1859.
pag. 535.
- License
-
CC-BY-4.0
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- Citation Suggestion for this Edition
- TextGrid Repository (2025). Siebold, Carl Theodor Ernst von. Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bj3s.0