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Fried-erfreuete
TEUTONIE.
von dem
Teutſchen Friedensvergleich/
was bey Abhandlung deſſen/ in des H. Roͤm.
Reichs Stadt Nuͤrnberg/ nachdem ſelbiger von
Oſnabrügg dahin gereiſet/ denkwuͤrdiges
vorgelauffen;
mit allerhand Staats- und Lebenslehren/
Dichtereyen/
darein gehoͤrigen Kupffern gezieret/
In Verlegung Jeremiaͤ Duͤmlers/
im 1652. Chriſtjahr.
[]
Denen
Durchleuchtigen/ Hochgebor-
nen Fuͤrſten und Herren/
Herrn ANTHON-ULRICHEN/
Herrn FERDINAND-ALBRECH-
TEN/ Gebrůdern/
Hertzogen zu Braunſchweig und Luͤneburg/
Meinen Gnaͤdigen Fuͤrſten und Herren.
[]
ES iſt unnoͤtig/ Durchleuchtige/ Hochgeborne
Fuͤrſten/ Gnaͤdige Herren/ viel Gruͤnde und Urſachen
hervor zu ſuchen/ uͤm/ bey EE. FF. GG. meine Kuͤn-
heit zu entſchuͤldigen/ daß vor Deroſelben ich mit dieſer Zu-
ſchrifft erſcheinen doͤrfen. Die Prinzeſſin Teutonie kom-
met ſelber zu Dero/ als begierig/ Dieſelbe mit jhrer
neuen Friedensfreude zu erfroͤlichen. Sie hat/ unter allen jhren Soͤhnen/
zu EE. FF. GG. zu kommen/ am meiſten Luſt gehabt/ weil jhr wolwiſſend/
daß Sie nirgend willkommener ſeyn koͤnne/ und weil Dieſelbe jhr vor andern
lieb ſind. Dero Hochfuͤrſtliches Haus iſt das aͤltſte und erſte/ das von Ihr/ und
von welchem viel andere/ entſprungen. Ja ſie glaͤubet/ ſelber aus demſelben
entſprungen zu ſeyn/ und erkennet EE FF. GG. vor jhꝛe naͤchſte Anverwand-
ten. Dann/ wann ſie auf jhre An- und Herkunfft zuruͤcke denket/ befindet Sie/
daß Sie in dem alten Koͤnigl. Hauſe Sachſen/ EE. FF. GG. Stamm-
und Sitzhauſe/ wo nicht geboren/ doch erzogen/ und der Welt erſtlich bekannt/
worden. Von demſelben ward Sie zu Kriegeszeiten geſchuͤtzet/ und zu Frie-
denszeiten gezieret; weil EE. FF. GG. hochbelobte Ahnen jederzeit ſowol von
Waffen- als Friedenskuͤnſten beruͤhmet geweſen. Welche Zeitgeſchichtbuͤcher
reden nicht von dem dapfren Prinzen Arminius? der von ſeinen Feinden
den Roͤmern ſelber/ fuͤr einen Erloͤſer Teutſchlands ausgeruffen/ (Tac.
lib. 2. Annal.) und jhm dieſes zu unſterblichem Lobe nachgeredet wird/ daß er
das ewige Rom/ die Goͤttin der Erden/ und den Trutz aller Voͤlker/ nicht in
jhrer Bluͤt/ wie andre Heer-Fuͤrſten/ ſondern in jhrem hoͤchſten
Wachstum/ getrutzet und angefochten. EE. FF. GG. fuͤhren billich
Loͤwen in dero Fuͤrſtlichem Stammſchilde/ weil ſich allemal unter
Dero loͤblichſten Voreltern dapfere Loͤwen (auch wol dieſes Zunamens*)
befunden. Sie fuͤhren aber auch annoch das uralte weiſſe
Sachſenpferd/ anzudeuten/ daß es Dero Hochfuͤrſtlichem Hauſe nie-
mals/ wie an ſiegreichen Degen und Helden/ alſo auch an weiſen und klu-
gen Kuͤnſteprintzen/ nicht ermangelt: deſſen der theure Julius/ und ſein loͤb-
lichſt-geſtiffteter nunmehr-weitberuͤhmter Elmen-Pindus genugſamer
Zeuge waͤre; wann nicht an EE. FF. GG Herrn Vatern/ dem Teutſchen
Auguſtus/ wir ein viel neuers und (Gott gebe lang!) noch lebendes Beyſpiel
haͤtten. Daher man wol ſagen koͤnde/ erwaͤhntes auf EE. FF. GG. Stamm-
Wappen befindliches Pferd ſeye der Pegaſus/ von deſſen Hufſchlage die
Kunſtbaͤche aufquellen/ und unſer Teutſchland/ ja das gantze Europa/
durchrinnen. Zumal auch der hoͤchſtgeehꝛte Befreyende/ unſerer wehrten
Mutterſprach ſeine hohe Feder/ als Fluͤgel/ angeſetzet/ vermittelſt welcher ſie
† 3nunmehr
[] nunmehr frey und ſelbmaͤchtig ſich uͤber die andern aufſchwinget/ und bis an
die Sternen flieget. Dieſer Urſachen halber ſuchet die Prinzeſſin Teutonie/
nach dem ſie nun eine lange Zeit im Feld unter den Zelten der Helden/ jhrer
Soͤhne/ wie dann auch vornemlich EE. FF. GG. hoher Anverwandten/ leben
und ſchweben muͤſſen/ nach erlangter Friedensruhe/ bey EE. FF. GG. Schutz
Wohnung/ und Aufenthalt/ ſo ſie nirgend beſſer zu finden weiß. Demnach
EE. FF. GG. Ihr ſolche gerne vergoͤnnen/ und dieſe Geſchichtſchrifft/
auf mein unterthaͤniges Bitten/ zu Gnaden auf- und annehmen wollen. Alſo
werden EE. FF. GG. durch das Beyſpiel Dero hohen Gewogenheit/ die-
ſem Werk jederman wol gewogen/ und durch Dero Beliebung/ es recht be-
liebt machen. Mich aber werden dieſelbe dadurch/ als maͤchtige Schilde/ ſchuͤtzẽ
und verthaͤdigen wider die Schwerder der laͤſterenden Laſterzungen/ die mich
etwan antaſten moͤchten/ uͤm/ daß ich ſo hohe Sachen mit ſo nidrer Feder be-
ſchrieben. EE. FF. GG. die hinkuͤnfftig der Welt/ zum Geſchichtſchreiben/
ſelber Materi und Inhalt geben werden/ geruhen in deſſen die Muſen/ wie
ſchlecht ſie auch reden und erzehlen/ in Dero Gnadenſchutz zu nehmen und ſich
mit jhnen bey zeiten bekannt zu machen. Maſſen dann das Vaterland von
Dero hoher Tugend mehr Ruhms erwartet/ als es Deroſelbẽ gegeben: welcher
wegen zu hoffen/ die Nach-Welt werde von EE. FF. GG. Lobthaten
genug zuſchreiben bekommen. Wozu Deroſelben ich den Beyſtand des Him-
mels/ nebenſt allem Fuͤrſtlichen hohen Wolergehen/ von grund der Seelen
wuͤnſche/ in Deroſelben fernere hohe Gnadgewogenheit mich hiemit demuͤtig
empfehlend. Nuͤrnberg/ am 1. Maj/ im 1652 Chriſt Jahꝛ.
EE. FF. GG.
unterthaͤniger
Sigiſmundus Betulius.
M. P.P.
[]
M. P. P.
Selenianum.
ÆTERNITATI.
SACRUM.
DICATUM.
DOMUI. AUGUSTÆ.
A.
DEA. MNEMOSYNE.
REVELATVM.
A.
SIGISMUNDO. BETULIO.
J. C. C. P.
[]
ILLVSTRISSIMO, CELSISSIMO
Principi ac Domino,
Dn. FERDINANDO AL-
BERTO, Duci Brunſuicenſi \& Lu-
næburgenſi, Principi Juventutis.
EMbryonem Tibi ſiſto, Celsissime Princeps, quem
Clementia Tua fovendo poterit perficere. indig-
num quidem, qui in conſpectum Tuum veniat: ſed no-
lui non offerre Tibi, quæ debui. Altiora quidem debu-
eram: ſed à me altiora non poteras exſpectare; nec ego
tàm tenuia poteram exhibere, quæ non maximum mo-
menti à magnitudine Tua acciperent. Patrem, quem
nactus ſit, non quæris, quum meum fœtum eſſe, prima
prodat facies. Si eâ cauſa Tibi diſplicet, aliâ ſane non
placere non poteſt: Minerva enim, quamvis fortaſſis in-
vitâ, matre gaudet. Eam Tuamas, ſcio, \& illa te. quidni
ergò \& me amabis, \& ea, quæ ipſa mihi peperit. Patri-
am ſcire aves? Rus eſt, \& quas (Virg. Ecl. 2, 60.)
maximè quidem hîc, ubi (Ovid. Faſt. 1,10.)
Quum enim, hâc ſuperiori bruma, planè verna ejus ac
æſtiva intervalla ad exſpaciandum me invitarent, dum
comparebam, otii fugâ, Muſarum oves, quod ajunt,
paſcere, \& Parergo huic aliàs-perituras horas donare
conſtitui. tibiverò, Princeps Florentissime, à primo
ſtatim conceptu deſtinabatur hic fœtus: ne nullum
apud poſteros exſtaret monumentum cultûs mei; quem
ſi tibi non ſat antea conteſtatum ivero, eâ injuriâ in-
vitus moriar. Quomodo autem mortalis manusimmor-
tale monumentum exſtruxiſſet, niſi Heroas inſcribſiſ-
ſem
[]ſem, quorum æternitate ſimul perennaret? A quâ au-
tem domo certiùs manſuros peterem, quàm à Tuâ?
adeoq; ut, dignè à me coli poſſes, Domus Tualaudanda
erat, quæ tantum inter ceteras caput extulit, (Virg.
Ecl. 1, 26.)
Igitur gratiæ agendæ Tibi Tuisq́ue, quod conatui ma-
teriam, dictioni pondus, autori vigorem addidiſtis, \&
quod gratias agere me docuiſtis. Accipe ergò Tua,
quæreddo, \& meis, quæ addidi, lucis aliquid de Sereni-
tate Tua adſperge, (Ovid. Faſt. 1, 5.)
A magnis Veſtro ſplendori propioribus Vos coli, quo-
tidianum eſt: hoc ſingulare ſit, rivum aliquem, juxta
amnes iſtos, in Laudum Veſtrarum mare ſeſe effundere.
Cogita, Te Artaxerxemeſſe, (Ælian. 1, 32.) me Sinetam.
Hunc, cum nemo ſine munere Regem ſalutaturus ad-
mitteretur, \& nihil eſſet, quod daret, utraque manu
aquam è rivo proximo offerentem non adſpernatuseſt
ſummus Monarcha. Sic nec tu rus hocaverſare. quam-
vis etiam, (Virg. Ecl. 4, 3.)
Vale, Illustrissime Princeps, \& quo tua te Virtus,
Majorumq́; Exemplum vocat, ſtrenuè enitere. Dabam
Auguſtæ Noricorum, proprid. Kal. Apr. a. æ.C ∞ Iↄ CL.
Iluſtriſs. Tuæ Celſitud.
Devotiß. Cliens
Sigiſmundus Betulius
Aurai
[]
cum, tædio Urbis actus, agros peterem; quamvis \& ipſos tæ-
dioſos, ob brumales injurias, nemorum calvitiem, \& in ſegetis
ſpeciem albicantia jugera. Tempus erat, quo (Ovidius de Ront. 1,
Eleg. 4.
Nullus tam telluris riſus, ſed juges cœli lacrumæ; non anni læ-
ta juventus, ſed triſtiſſimum ſenium. nec floribus, ſed ſtirijs,
gravidus terræ ſinus, rigebat magis, quàm vigebat. Segnior
amnis decurſus, ob glaciales compedes: \& quæ nuper freta ve-
lis turgebant, trabeq́; Cybeleia ſecabantur, ea nunc ſub molis
frigore concretæ jugo gemebant, domorum natalitium domus
\& carcer, ipſa incarcerata, \&, in vinculis vincula, puppibus
aptantia.
II. Ingens amœnitatum ſtrages, Viciſſitudinis mundanæ
\& rerũ Inconſtantiæ exemplum. Nibilſemper floret. (Cie. Phil. 2.)
alia ætas oritur ex alia. ſic ſibi invicem cedunt humana omnia,
\& informes hyemes reducit lupiter idem Summovet (Horat. 1. Od. 10.)
Muſcæ volucris in morem, inconſtantia res rotat humanas.
Non annorum, non anni, nec menſis vices mirare. Una dies
fert multas viciſſitudines (Eurip. Oed.) quandoq́ pareus, quandoq́
noverca. Neſcis, quid optes aut fugias; ita ludunt dies \& ἐφήμερα/
τύχα/. Sæpè (Sen. Thyeſt.)
Nein horas quidem ſatis cautum homini, cùm ſimul parta de-
cora unius horæ fortuna evertereſoleat, Horaq́ non ulli ſimilis
producitur horæ. Imò uno \& codem temporis momento aliæ
eæq́;
[]eæq́; diverſæ ſpirant auræ. Noli huic tranquillitati confidere. mo.
mento mare vertitur: eodem die, ubi luſerunt navigia, ſorbentur (Sen.
Ep. 4.)
III. Hic rebus cunctis ineſt quidam velut Orbis \& cir-
culus in ſe recurrens. Κύκλος τά ἀνθρώπινα, velut æſtuario quo-
dam fluxu refluxuq́ue accedunt \& recedunt. (Sen. Thyeſt.)
Supera, infera, jucunda, triſtia exiguo fine diſcernes. etenim
(Horat. 1, Od. 34.)- hinc apicem rapax Fortuna cum ſtridore acuto
Suſtulit: heic poſuiſſegaudet. Nunquam ſanè diu eodem faſtigio
ſtat fortuna; \& habet has vices conditio mortalium, ut adverſa ex ſe-
cundis, ſecunda ex adverſis naſcantur (Plin. Paneg) Hinc appoſitè
vitę iter κάπνȣ σκίαν imò σκίας ὄναρ nuncupaveris. Ibit autem
hic rerum in ſe renaſcentium Orbis quam diuerit Orbis. (Lipſ. de Conſt.
1. 16.
interitura, ſimul
pomifer Autumnus fruges effuderit: mox
Bruma recurret iners.(Hor. 1. Od. 34.)’
IV. Imò, ſi tollas iſtas rerum vices, omnem gaudii ſenſum
rolles. Non me reficient tepidæ Veris auræ, niſi recentem â
tempeſtatibus Hyemis. Continuitatis comes, ſatias \& faſtidiũ.
Malaciæ ſint \& Alcedonia: non ſentiam, niſi procelloſis tur-
binibus prius \& tempeſtatis intem perie vexatus.
† † 2ſic
[]
V. Talia tacitè volutanti lucus imminebat, Harpocrati
ſacer, quippe ſilentii delubrum; jam non Zephyri amoribus
perſtrepens, nec frondoſus avium paranymphus, nec grami-
neus hoſpes hoſpitum ad coloratos ceſpites divertentium.
Rarus ibi Sol, verùm tum non comati palmitis umbraculo im-
peditus, ſed medii aëris ninguido pluvioq́; ſipario interceptus.
Luſtrare libuit teſqua inhoſpita, animi colloquio in mediam
ſolitudiem me concomitante. Sed nec mihi ſoli ſeceſſus re-
motior placuerat, Paſtorum quoque Muſa ibi confines ripas
ac rupes provocante,
V I. Genus hominum dives otio, eaq́ue propter pangen-
dis carminibus vacantius; cui etiam ideò primas \& rudes Ar-
tis metricæ natales rectè adſcribi veroſimile eſt. Ante enim
quàm lapis ferrum pateretur \& ædificem ſylva horreret, ar-
menta, quæ iis temporibus ſolæ opes habebantur (Iuſtin. l. 44.) optimi
cujuſq́; cura erant. Sic per rura excubias agentibus amor, nudi-
tate corporum accenſus, ac animus innocentiæ \& libertatis
hoſpes canendi, materiam, oſcinum aëra perſtrepentium ex-
emplum, libidinem dedit, ac docuit (Lucr. l. 5.)
non
[]
VII. Hincipſæ Muſæ montem ſuum biverticem, \& fon
tes \& floreta Pindi, poſthabitis ‒ Pallas quas condidit arces (Virg-
Ecl. 2, 66.) incolunt \& coli volunt; \&, niſi qui (Perſ. Prol.) fonte labra.
proluit caballino, Aut in bicipiti ſomniavit Parnaſſo, nemo prodibit
clarus Poëta: quicquid alii cavillẽtur, Carmen non tam fonte, quám
fronte ſudari (Sidon. XII. Ep. 3.) Necalio nomine notari debue-
runt montes iſti Artium hoſpitales, quàm quod otioſæ am-
bulationis \& paſcuorum*voluptatem connotaret. Ita Aſcræ-
um ſenem (Heſiod.) Muſę carmen edocuerunt, ut ipſe de ſe lo-
quitur, Agnos paſcentem ſub divino Helicone. Hæ innocuæ vo-
luptates Vatem Andinum (Virg.)hæ Venuſinum Olorem (Hor.)
Diis miſcebant. Nempè iſtud Diis immortalibus æquat, ſe-
cedere à mortalibus. Rus tanto propius cælo, quanto remo-
tius ab urbe, malitiarum orbe: ſibi vacans, quia à vanitatibus
magis vacuum; nec parum beatum, quia liberum: Libertas
enim eſt res inæſtimabilis (Iuſtin. Inſt. 1, 6, 7.)
†† 3IIX.
[]
IIX. Ejus farinæ duo, ut conſpicabar, Poetæ Paſtorales
auribus meis delicias parabant. Conſtiti, poſt carecta latitans;
cum alter tibia arrepta ϖροάυλιον luderet, alter nablio accingi
videretur. Dum moror, poſterior hic ſic infit:
IX. Nulla ibi locorum, vocis repercuſſio, atque inde Pa-
ſtoris ſilentium. Indignabar, jam libatas delicias auribus meis
eripi. Mox autem, ne plane obmuteſceret Poëta, voce mea Echo
ſimulandam cenſui. Et jam immugiebant auræ voce Paſtoris
clamitantis: Vbi es tu? cum ego eadem verba remitterem.
mox ille: Adſum veni! ‒ \& totidem, quot dixit, verba recepit (O-
vid. Metam. 3, 384) Nec mora: ipſi, de Deę præſentia, ut reban-
tur, gaviſi, barbiton \& cicutas repetere; ego, de fraude mea
mihi gratulatus, aures arrigere: illi provocare, ego reſponſare
(Virg. Ecl. 9, 45.) numerosmemini, ſi verba tenerem! ſed recondere
tentabo, fida fave Mnemoſyne!
Nec
[]
Ille
[]
Fila
[]
X. Ita luſeram novarum rerum avidos: ſed voce dunta-
xat, non verbis, in quibus nihil me ementitum, nihil luſiſſe,
Pacifici hujus tem poris intuitu animadveres. Illiverò, ſpe no-
va exhilarati, \& mœrore ad Garamantas \& Indos ire juſſo, arundi-
neis luſibus denuò accingi videbantur: cum ſubito cœlum im-
bre liquefactum, inſolitâ anni tempeſtate, Ver Hyemimiſce-
ret, Tepebat aër pluviis agitatus, quod exſpiraverant animas ſu-
as venti (Apul. Metam. 1.) ferociores, jam inanimes, dum flante
Zephyrorum plebe, eriperent ſubito nubes cœlumq́ diemq (Virg.
Æ [...]. 1. 92.) Conſtiti adtonitus; ſed ſtare diu, non conſultum ra-
tus, ob undantesin caput meũ cæli lacrumas, tectumq́; aliquod
ſubiturus, nullum ſub dio ibi conſpicabar. Quocunq́ ieram,
eodem reverſus (Petron. Sat.) tandem non unis ambagibus deven-
tum eſt ad aliquod ſcopulis pendentibus antrum; Intus aquæ dulces,
vivoq́ ſedilia ſaxo: Nymfarum domus (Virg. Æneid. 1. 170.) Huc
divertebar, exſpectaturus ibi, donec miteſcat cœlum, colle-
ctasq́ fuget noctes, Solemq́ reducat. (Virg. Æneid. 1, 147.)
XI. Interea neſciebam, utrum Ectaſi, an ſomno, mihi ab-
riperer: in alium tamen orbem videbar mihi translatus. Sed
eram, ubi extra raptum fueram, nempe in ſpecu aliqua caver-
noſa, in quam dies, artis an naturæ rupturis pervia, ſuperè de-
labens, locum, ipſam noctis regiam, illuſtrabat. Ridebant ibi
ceſpites ſemper-vivo gramine: non enim per tot frigora jam
immitis aěris emarcuerant, ſed florulenta varietate etiam re-
centem à partu tellurem loquebantur. Penitius apto quincunce
alternatæ Laurus ‒ \& huic proxima Myrtus (Virg. Eclog. 2, 54.) fru-
ctus in umbras exſpirando frondoſam porticum aperiebant,
†††qua
[]qua duce ad rupem pertendi, in delubri ſpeciem ſurgentem, na-
tam ita, uterebar, non manu fabrili effictam. Ad radicem arcu-
atæ formæ janua patebat, ſpargens errantes hederas \& ‒ raris
labruſcæ racemis. (Virg. Ecl, 5, 71)
XII. In fronte liminis ſuperioris, muſcoſis anfractibus di-
ſtincta verba legebantur talia: m. p. p. ſelenianum. æterni-
tati. ſacrum. dicatum. domui. auguſtæ. a. dea. mnemo-
ſyne. Subtus in tabella è Pario lapide ſequentes numeri,
creſcentem bicorni charactere Lunam, ſubierant:
XIII. Putes, me gaudio totum exſiliiſſe, quod introeundi
ultima verba licentiam facerent; ſecus enim ne quidem intro-
ſpicere auſus fuiſſem. Exterius convexum, præter rupem, nil
ſpecioſum jactabant: At àomus interior, regali ſplendtda luxu (Virg.
Æneid. 1, 650.) ebore \& laquearibus aureis diſtincta renituit,
ac ibi. trabes Hymettiæ Premunt columnas, ultima reciſas Africa-
(Horat. 2. Od. 18.) Præterea oculos mihi nunc huc nunc illuc di-
videbant parietes Brenno Gueificis Heroibus inſignes ‒ cela-
taq́ in auro (Virg. 1. 653.)
* Prin-
[]
XIV. Præ ceteris vultum meum, magis tamen mentis
oculum perſtringebat media in æde erectum columen, in quo
de marmore totus Puniceo ſtabæt. proceræ ſtaturæ Heros, quem cani
verendi ſenem, vultus artuumq́; viror in profecta ætate juve-
nem arguebant. Oris Majeſtatẽ frontis ſerenitas, rigorem de-
cor temperabat; \& ambiguum erat utra horũ magis alteram
commendaret. Illa Deum, hâc hominem dixiſſes; nec amare
hanc ſine veneratione, nec venerari iſtam ſine amore potu-
iſſes. Auguſta facies, auguſta membrorũ ſtructura Augustum,
inclitum Vici Brunonii \& Selenopyrgi Ducem, etiam abſq́ue no-
mine loquebantur. Nec aliud nomen, aliusve Princeps aptari
poſſe videbatur tanti cultus ſimulacro; quamvis adhuc tan-
tam Celſitudinem parum quidem exprimenti, qualis ſola ſui-
ipſius datur ectypus, digna quidem, quam ‒ nemo præter Apellem
Pingeret, aut alius Lyſippo duceret ære. Verum cum ſtatuæ \& ima-
gines non animorum ſimulacra; ſed corporum; ac ſimulacræ
vultûs, ut vultus hominum, imbecilla ac mortalia ſi [...]t, forma autem
mentis æterna: (Tac. Agr. 46.) hujus ſuam imaginem tantus Princeps
poſteris relinquet. (Id. Annal. 15, 62.) Ita quicquid ex co amaverunt,
quicquid mirati ſunt, manebit in animis eorum, in æternitate tempe-
rum, famarerum; (Id. Agr. 16.) famamq́ ipſi ac figuram animi ma-
gis quam corporis complectentur. Hæe in corum animis templa, hæ pul-
cherrimæ effigies \& manſuræ (Id. Annal. 4. 38.)
XV. Stabam adtonitus \& in unis Heroinis oculis diu
oculos figebam: donec demiſſis iis, in anteriore baſis latere, nu-
meros animadverterem, quos hîc adſcribam:
††† 2Ponè
[]
Ponè, in alterius lateris planitie ſequentes legebantur:
XVI. Habebat autem baſis formam tetragoni, cujus
quamlibet aciem Dea claudebat: dextra parte poſt Prudentiam
Fortitudo, lævâ Pallas cum Teutillide. Prudentia, ſceptro aureo
inſignis, cujus apicem oculus pervigil inſederat, quia ipſa men-
tis oculum ‒ nune huc, nunc dividit illuc, In partesq́ rapit varias,
perq́ omnia verſat. (Virg. Æn, 4. 280.) \& ſpeculum manu tenens,
cujus adminiculo præterita corrigit, præſentia dirigit, \& fu-
tura ex cauſis ſuis proſpicit, utrumque Principi porrectura ad-
ſtabat. In adverſa parte ſpeculi auro inciſæ literæ in hunc ſen-
ſum coïerant:
XVII. Conſilio rem gerere, prudentiæ eſt; vi ſuperare,
roboris. illa ducit, hæc trahit; prior tentat, altera perficit. Pre-
mebat igitur iſtius tergum Fortitudo, clavam humeris, leonis
exuvias cervice trahens. at in dextro illo Stylobatæ latere lem-
ma Deæ tale legebatur:
XIIX.
[]
XIIX. Alterum latus Caſia virgo, ægide achaſtâ formida-
bilis, fæmineo pectore viriles animos tegens, eingebat. Nec
ſatis audenter in eam me ſpectabundum vidiſſes, dum verebar,
ut facies mihi Gorgone conſpectâ, ſaxo concreſcat oborto (Ovid. Me-
tam. 5, 202.) In haſtæ ſummitate pendebat appluſtre ſericum,
cærulei coloris, cui intexta quoque erat, quæ in frontiſpicio
ædis, Selenes figura, diſerimine ſecta bicorni. (Virg. Epigr.) cum hac
Epigraphâ:
nam \& Noctua ibi erat acu appicta. Ea avis ſacra Palladi fer-
tur, Vigilantiæ Symbolum. In hujus enim Divæ caſtris ſtipen-
dia meriturus, ſomni parcus eſt \& ‒ nocturno exſomnis olivo Im-
moritur. (Caſſ. Parm. Epigr.) Sed \& in læva iſtâc baſis planitie ex-
arata erant vorſa quædam, hujus tenoris:
XIX. Succedebat Teutillis ſive Patrii Sermonis Genius-
viridi habitu inſignis, Os humerosq́ Deæſimilis (Virg. Æn. 1, 602.)
cincinnis in orbem fractis circa ejus lacteas, ſed \& purpuratas,
genas liberè luxuriantibus: adeò in Statuâ effinxerat, augeſcen-
tem indies \& jam liberiorem Vernaculæ venuſtatem, ingenio-
ſus artifex. Præterea caput obſidebat corolla, laureis myrteisq́;
frondibus inter ſequaces hederas, contexta. Vultus autem
rectà in vultum Principis, tanquam ad cynoſuram ſuam de-
votiſſimè converſus, ‒ obtutu hærebat defixus in uno. (ibid, v. 509.)
Nec Elogium deerat, quod Schedæ oblongæ inſcribtum dextera
ſuper caput elevabat, hoc argumento:
† † † 3Ach
[]
XX. E ſuperiori loco, capiti Principis imminebat vela-
brum, aulæa pandens precioſiſſima \& planè Attalica. Hoc ab
utroque latere ſuſtinebat Pietas \& Iustiria, virtutum illa regina,
hæc complementum. Et illa quidem adaperto pectore, ſan-
ctiſſimũ Dei nomen Tetragrammaton, cordi inciſum; hęc lan-
ces \& ultorem gladium, manibus, exhibebat, ceterum aureo
diademate inſignis. Aderant quoque lemmata; \& in hac qui-
dem lancis utriusque oram, ut \& gladium, cujus capulo vin-
dex oculus loco ſphærulæ inſidebat, ſingula hæc diſticha no-
tabam:
XXI. Divam Euſebien, innuendo devotæ mentis ardori,
palla rutila ſive ignea, \& flammeum, quale olim Flaminica as-
ſiduè gerebat, circumfluebat; cuius quoque in orâ infima hoc
Hexaſtichon legebatur:
XXII. Erat autem baſi è diametro oppoſita Menſa ebur-
nea, periſtromate holoſerico, cujus picturam textilem artifici-
oſa acus aureolo filo mirè diſtinxerat, inſtrata. Huic impoſiti
erant bracteis aureis \& purpura induti duo Libri, uterque alter
Harmoniæ Evangelicæ, alter XPiſobiotitoc titulo, incli-
tum Autorem jactantes Principem. Pientiſſimam operam, hiſce
navatam, Pietas ipſa. ut conjicere erat, ϖροσφονȣ῀σα commenda-
verat, hâc, in membranâ, inſcribtione:
Divo-
[]
XXIII. Ex transverſo horum, in menſa eâdem, alia duo
ſeſe laxabantvolumina, ipſa quoque bracteata \& auro veſtita.
Alterum Schachiographiæ, alterum ΚΡϒΠΤΤΟΓΡΑΦΙΑΣ ru-
brica, utrumque vero Gustavo Seleno,illuſtriſſimo Seribtore
gaudebat. Aderat quoque tale Elogium:
XXIV. Subtus quaſi pedibus Menſæ incumbebat Subſel-
lium, ad medietatem ejus uſque erectum, eodem ebore \& ſtra-
gula precioſum. Huic, ceu aræ, litaminis loco, impoſiti erant
duo quoque Libelli, ut apparebat, Epænatici: quorum prior ex
Auguſta Virtute ſpeculum Principis adornaverat; alter Famam
Principis calamo revocaverat. Sed uterque tantas laudes de-
cantando, ſui Autoris quoque eruditam Famam, tanquam in
ſpeculo, orbi literario exhibuerat innuente hoc Epigrammate,
quod in Scheda ſcribtum adjacebat:
Aderat \& adhuc aliud meletema, ſub Schemate Porticus
ſeſe Augusto inſinuans, multis Emblematibus variegatæ,
quæ, à Ludentis calamo fuſa, ſeriam eruditionis ſeriem præ fe
ferebant, \& Solem non carbone pinxerant.
XXV.
[]
XXV. Iniquum fuiſſet, Heroinum huncce ſanguinem
non in poſteros derivari, \& virtutem, cujus famam miramur,
non in heredibus coli etiam poſſe; virtutem, inquam, quam
aliàs ‒ incolumem odimus, Sublatam ex oculis quærimus.[.] (Horat. 3.
Od. 24.) Equidem tantus Princeps, ut ſerus in cœlum redeat diuq́
Lætus interſit populo. (Id. 2. Od, 2.) votis omnibus \& precibus opta-
mus; quem è vivis, vel potiùs à vitiis noſtris ſublatum ‒ deſide-
riis icta fidelibus Quæret Patria (Id. 4. Od.) Non autem fruſtra quæ-
ret tum, cum fortes ercentur fortibus \& bonis (Ibid. Od. 4.) \& in pa-
trisſante Prole excelſæ mentis ſemina reviviſcant, novusq́ue
Phœnix quaſi è mortui favillis prodeat. Exſtabant igitur ad
parietes ter tria Intercolumnia, in quibus ζω[ϰ]αφία [...] \& ad vi-
vum expreſsę Heroidum Uxorum \& utriuſque ſexús Sobolis ima-
gines pendebant. Ex horum verò vultibus liquidò conſtabat,
non imbelles ferocem Progenerâſſe Aquilam columbas (ibid.) Valdè
autem mihi placebat omen numeri Ternarii, quem Ordines
hi toties præ ſe ferebant. Hic enim ab omni ævo ſacer \& vene-
rabilis habitus. in hoc contemplamur Divinitatis veræ my-
ſterium, quòd falsò ad ſuos Deaſtros, Jovem cœli, Neptunum
maris, Plutonem inferni, pręſides, gentiles transtuliſſe viden-
tur.
XXVI. Erant autem tres ordines, quorum medius, Prin-
cipis vultui oppoſitus, tres ejus ſucceſſivè Conjuges, Sereniſſima
proſapiâ oriundas, exprimebat. Primam Junonem, alteram
Palladem, tertiam Venerem dixiſſes, niſi in ſingularum cultu
\& vultu tres ſimul Deæ emicuiſſent. Subjiciebantur etiam cui-
libet harum, ut \& ceteris imaginibus, diſtlcha aliquot, quæ â
memoria mea, niſi mefallit, ita repeto:
Sereniſſima Princeps
CLARA. MARIA-POMER.
Duciſſa Btunſv. \& Lunæb.
Sic
[]
Sereniſſima Princeps
DOROTHEA. ANHALT.
Duciſſa Brunſv. \& Lunæburg.
Sereniſſima Princeps
SOPHIA ELISABETHA. MEGAPOL.
Duciſſa Brunſv. \& Lunæburg.
XXVII. Altero, quod à dextris erat, intercolumnio, tres
Juventutis Principes, certiſſima Heroum ſpes, Auguſta Soboles,
ſpectabantur. Geryona nuncupaveris, quem (luſtin. l. 44.) non
triplicis naturæ, ut fabulis proditur, fuiſſeferunt, ſed tres fratres tantæ
concordiæ exſtitiſſe, ut uno animo omnes regi viderentur. Quod Dii
omen felix, fauſtum, fortunatumq́; faxint! Epigraphas ad-
ſcribtas ita notavi:
Illuſtriſſimus Princeps
Dn. RUDOLPHUS. AUGUSTUS.
Dux Brunſv. \& Lunæburg.
††††Huic
[]
Illuſtriſſimus Princeps
Dn. ANTHONIUS. UDALRICUS.
Dux Brunſv. \& Lunæb.
Illuſtriſſimus Princeps
Dn. FERDIN ANDUS. ALBERTUS.
Dux Brunſv. \& Lunæburg.
XXIIX. Jamq́; tertius ordo â ſiniſtris ſupererat, quem ipſa-
rum Charitum Trigam eſſe jurâſſes, ſi in eadem tabella jun-
ctim omnes pictæ exſtitiſſent ‒ \& implicitis brachia nexa modis
(Epigr. Vet.) In unamentis excelſæ januam, in altera majeſtatis
formoſam ſedem, in tertia virtutis teſtem, vultũ, vel in omni-
bus omnia ſimul, adorâſſes. Addita erant, in tantarum dotium
commendationem, hęc breviaria:
Sereniſſima Princeps
SIBYLLA, URSULA.
Duciſſa Brunſv. \& Luneburg
Sic
[]
Sereniſſima Princeps
CLARA. AUGUSTA.
Duciſſa Brunſv. \& Lunæburg
Sereniſſima Princeps,
MARIA. ELISABETHA.
Duciſſa Brunſv. \& Lunæb.
XXIX. Appendebat quidem, dextra ſerie, adhuc alia tabel-
la, ſed minutula, repræſentans in puertia exſtinctos duos Prin-
cipes, quorum natalibus accinere illud potuiſſes: Oſtendent ter-
ris hos tantum fata, nec ultra Eſſe ſinent ‒ (Virg. Æneid. 6. 868.) Sci-
licet hæc mortalitatis lex eſt, morti naſci; Propter cunas capulum
poſitum est, Nutrix tradit Pollinctori. quod \& lemma ſequens
quodammodo innuebat:
†††† 2Illuſtris-
[]
Illuſtriſſimi Principes
HENRICUS. AUGUSTUS.
\&
CHRISTIANUS. FRANCISCUS.
Fratres, Duces Brunſ. \& Lunæb.
XXX. Hæc omnia cum avidis oculis iteratò luſtraſſem \&
altâ mente repoſuiſſem, ad mea reverti, \& quà me- pes \& via
ducat ad urbem (Virg. Ecl. 9, 1.) ſemitam diſquirere ſtatui. Ea igi-
tur, qua par eſt, reverentia ſalutatis \& valere juſſis hiſce ſacris,
ad januam, quæ me intromiſerat, repedabam; in cujus interio-
ri, quod ſupra eſt, limine, ſequens, duplici ſerie inciſum, Epos
domuitionem meam morabatur:
Ad
Auguſtiſſimum Guelforum Principem
AUGUSTUM
in Octavum Ejus Climactericum
Plauſus Mnemoſynes
Fas
[]
†††† 3vide-
[]
Iamq́
[]
XXXI. Pellectis hiſce \& memori palimpſeſto inſcribtis,
inſtans crepuſculum abitum ſolicitabat; quem maturandum
ratus, illicò per veſtibulum iſtud arboreum, \& ſemitam, quæ
ingreſſum aperuerat, remeabam. Ne autem planè ἀσύμβολος
abirem, Epigrammata quædam, quorum in tranſitu recordabar,
Serenis-
[]SereniſſimisDn. Anthonio Udalrico, \& Dn. Ferdinando
Alberto,Iuventutis Principibus olim inſcribta, ad fores delubrt
in delibrata arbore, velut ſatura, litabam, quæ ita ſe habent:
Anagramma Symbolicum.
Nominis omen.
Nominis Anagrammatiſmus.
Alius.
Anagram-
[]
Anagramma Symbolicum.
Nominis omen.
Nominis Anagrammatiſmus-
Alius.
XXXII. Poſt pedum aliquot progreſſum, ad antri illud
oſtium reverſus ſum, quod contra pluviarum inſultus tectum
mihi præbuerat. Egreſſus inde, quo proxima ad urbem via vo-
cabat, ſequebar. Ut autem per otinm ad delubrum iſtud reditus
eſſet, locum notaturus ubi reſpexi, nihil eorum, quæ pede
preſſeram, ſupererat, cum ex oculis meis omnia ſubitò evanu-
iſſent, eorumq; vice pendulæ rupes, detonſis arborib. \& palu-
doſo confinio circumſeptę, apparerent, nam nõ (Virg. Æn. 6, 638)
†† †† †amæ-
[]amœna vireta Riparumq́ toros, \& prata recentia rivis, ſed vaſtam
ſolitudinem \& informem limo terram, im brium abluvia ape-
ruerant. Ne igitur viſarũ rerum, quas domi in charta deſcrib-
turus erat, oblivia calamum anticiparent, acriùs perrexi.
XXXIII. Euntis animum divinæ Poëſeos tacita mentio
oblectabat, quam divinam rectè dici, cauſæ non unæ evincunt.
Hæc D[e]orum cultui, Hymnorum decantatione, quibus \& ipſa
primam originem debet, multum magmenti dedit (Horat. ad
Piſon.) Diſceret unde preces, Vatem nî Muſa dediſſet? Hanc, ſoli
mentis viribus excitati, \& divino quodam Spirituafflati, (Cic. Orat.
pro Arch.) rectè expediunt. Non arte illa dicunt, ſed divina Vir-
tute: imò non ipſi ſunt Poetæ, quippe quibus mens abest, ſed DEVS
est, qui hæc dicat. (Plato in Ione) Socratem pridie, quam ſu-
prema dies ipſi illuceſceret, monebat aliquoties Genius, ut
Muſicam experiretur. Volebat videlicet ſanctum ſenem prius
ſcire, quid Poëta eſſet, quàm, quid Deus; quia ſine gradu pro-
ximo ad divinitatem non pervenitur. Paruit ille, hymnum
conſcribſit; faſſusq́ue eſt ſuo exemplo, plus eſſe Poëtam, quam
Socratem, ſicut minus eſt Poeta, quàm Deus. Ego ſummam fe-
licitatem Socratis fuiſſe exiſtimo, quod prius Poeta eſſet, quam
è terra excederet: ſicut maximam calamitatem quorundam,
quod prius homines eſſe deſinunt, antequam ſapere incipiunt.
Hinc duo, antiquiſſimi Philoſophi, conſtituerunt, ad quæ re-
ferrent reliqua, Deum \& Poetam; alterius munus exiſtima-
bant, quotidiè agere, aterius. quotidie imitari.
XXXIV. Excluduntur ergò ab hiſce ſacris-curvæ in terra[s]
animæ \& cœleſtium inanes (Perſ. Sat. 1.) Multos enim carmen decepit,
\& ut quiſque verſum pedibus inſtruxit, ſenſumq́ teneriorem verborum
ambitu intexuit, putavit ſe continuo in Heliconem veniſſe. (Petron.
Sat.) Hi ſanè numeris ſine numeris ſine ſale miſerrima Epi-
grammata \& Carminum quisquilias edunt, pro quîs, ſi in
auctione venirent, neque Aranius nauci daret. Qui, tantum
abeſt,
[]abeſt, ut in numero Poetarum, ut ne in um bra quidem numeri
exiſtimentur. Exſunto Suffeni, Bavii, mævii, ſecli incommoda, peſ-
ſimi Poëtæ! (Catull. C. 14.) quorum frigidi numeri, ut plus ſatis ca-
leſcant, ad rogum damnandi \& invitandi: ‒ venite in ignem Ple-
ni ruris \& inficetiarum Vates illepidi, cacata charta! (Id. C. 37.) Etſi
flammæ has ſordes non puriores efficiant, ſed illæ potius flam-
mam im puriorem. Tales infelicis ingenii fœtus ἐφήμεροι ſunt,
\& naturæ beneficio hoc conſequuntur, ut cum Sole ſimul
oriantur \& occidant, \& illis cum ſemel occidit brevis lux, Nox eſt
perpetuò una dormienda. (Catull. Parod.) Sumendæ ſunt voces à Plebe
ſummotæ, ut fiat Odi profanum vulgus \& arceo (Pet. Sat.) Neqgenero-
ſior ſpiritus vanitatem amat, neq́ eoncipere aut edere partum mens pot-
eſt, niſi ingenti flumine literarum inundata. (Id.)
XXXV. Talia autem Carminificum carcinomata aliis etiam
optimis Poetis maculam affricant: ubi tamen ſapientis eſt,
curvum diſeernere recto. In quantâ olim hęc Diva adoratione
exſtirerit, antiquitatis monumenta loquuntur. Romanus Virgi-
lius teſtis, \& Horatii curioſa felieitas (Petron. ib.) Illius effigiem, cum
unius Aritotelis, in Muſarum ſuarum ſacrario veneratur Prin-
ceps Literarum Scaliger. Hic ipſe etiam ipſi digniſſimus Lau-
dator contigit, cuius ſtupendo Epigrammate ne Phœbus qui-
dem elegantius concinnaturus eſſet. En (Petron. ib.) mellitos ver-
borum globulos \& metra ſeſamo ae papavere ſparſa!
††††† 2Adde
[]
Adde Naſonem, Equitem Romanum, ſolo hoc infelicem, quod
teneri Doctor amoris erat (Angel. Polit.) Adde \& optimum peſ-
ſimi Principis magiſtrum, Senecam; quem dum ille hom inum
numero eripere voluit, immortalium concilio ad jecit; cujus
ex fortiſſimis vulneribus plus gloriæ quam ſanguinis manavit.
Et aliter quidem, quàm hodiè ſentitur, de his æternitatis can-
didatis ſenſit, in ipforum libris æternum victurus, Divus Au-
guſtus, ob flagrans eorum ſtudium Aulicorum ſuorum prover-
bium factus:
XXXVI. Hos \& alios ῶολλȣ´ςε ἀγαθȣ´ςε ſecula priſca ama-
verũt, foverunt, coluerunt. Hinc coronæ, imò \& Statuæ vete-
rum Poetarum, de quibus teſtatur vetus inſcribtio, in oppido
Hiſcanio ab Onuphrio Pannino reperta: (Smet. antiq. Inſcribt.
æppend.) L. VALERIO, L. F. PVDENTI. Hic, cum eſſet annorum
XIII. Romæ, cereamine Iovis Capitolini, luſtro ſexto, claruate ingenii,
coronatus eſt inter Poetas Latinos, omnibus ſententiis judicum. Huic
plebs univerſa Hiſconienſium ſtatuam ære collato decrevit. Coronæ
quidem, quibus hodiè parum credendum eſt, cum eas \& ad impe-
ritos deferre gratia ſoleat, (Petr, ib.) noſtris quoque temporibus
uſque antehac obtinuerunt. Sed Fautorum hoc ſeculo vix to-
tidem, quot Thebarum portæ vel àivitis oſtia Nili, \& fortaſſis unus,
duo tres, quartus autem ubi? (Plat. in Tim.)
XXXVII. Quidam, quibus non ſatis eſt, non amare inno-
centes has Muſas, eas etiam convitiis proſcindunt, linguæ ſuæ
virus alieno dolori locantes (Apul. Apol.) \& verba atroci ſtilo confodi-
entes. (Petron. ib.) Hos ignorantia oſores facit, ubi plerumque
ὄνος λύρας η῎κȣσε, ϗα [...] σάλπιγγος ὕς. quorum quidem rictus adſe
latrantes, ut Luna, non pavet magnanimus Poeta. culpent au-
dacter, dum imitari nequeunt. Sed \& aliis veritatis religio
imponit, qui- ſolas tribuunt fabellas vætibus; ac ſi Veraloqui fædum q́
foret vetitumq́ Poetis; (Paling. ♍.) imò mendaeium Poeſeos materi-
am proclamant. Sed hi fallunt \& falluntur, dum timent falli.
Solebant enim Poetæ fabulis, quaſi nubeculis quibusdam ſua
\& myſteria \& præcepta Philoſophiæ naturalis \& moralis ope-
rire atque involvere: ſicut Medicus acerbiora Pharmaca exhi-
biturus, ‒ prius oras pocula circum Conſpergit mellis dulci flavoque
liquore. Poetæ vitia ſub involucro perſtringunt \& vel invitos
ad virtutis adſensum trahunt. Quis hoc illis dabit vitio? quæ
etiam
[]etiam inſania, odiſſe illos, qui ‒ loquendopoſſunt Vitam reddere
mortuis? (Beza in luvenil.) Vereor autem, ut, dum laudari ineptum
putamus, deſinamus laudanda facere (Plin. Ep. 3, 21)
XXXIIX. Mihi ſanè μισόμȣσοι imo ἄμȣσοι videntur, qui-
bus humaniora hęc ſordent. Acutiſſimè quoddam noſtro ſe-
culo literarium jubar ſcribit, unam particulam Sine haut pau-
cos maculare. Ita Imperator ſine juſtitia, eſt fluvius ſine aqua;
doctus ſine opere, eſt nubes ſine imbribus; dives ſine liberali
manu, eſt arbor ſine fructu: \& qui reliqui in Ceritum tabulâ
veniunt. Unum adhuc videtur mihi deeſſe ibi, quod ſupplebo:
Literæ ſine Poeſi ſunt Muſæſine plectris, \& Apollo ſine Cythara. Sed
\& hoc moneo: ad Muſarum harum caſtra excurſorem agas, nõ
transfugam. Deguſtandum hiſce, non ingurgitandum. Cetera
negotium fac tuum; in his otiare. Sic actionum quoque ratio
tibi conſtabit, cum nihil egeris, \& vitam tuam immortalitati
emancipabis, dum nullum ejus momentum mors habebit.
adeoque cum nec otio tempus tibi perierit, omne illud poſt te
vivet, quod te vivente non eſt mortuum ‒ multaq́ pars tui Vita-
bit Libitinam (Horat. Od. 3. 30.) Ita quod temporis alit ambulatio-
nibus, comeſſationib. \& id genus jacturis perdunt, Poeta quaſi
aliud agendo ad uſum acommodat, \& Muſarum ferias agit.
XXXIX. Inter hæcad urbem pertendi, \& in Muſeum meum
me recepi, dum cælum condidit umbra luppiter, \& rebus nox abs-
tulit atra colorem. (Virg. Æn. 6, 271.) Ibi jam dicta omnia in me-
moriam revocabundus, non poteram mihi temperare, quin au-
guſtiſſimæ ſpei PrincipiFerdinando Alberto, cultùs mei mo-
numentum aliquod erigerem. Has igitur ſtrophas in ceram di-
ctitabam:
Non
[]
Epiſtola
[]
EPISTOLA
ad
Illuſtriſſimum, Celſiſſimum Principem ac Dominum
Dn. ANTHONIUM UDAL-
RICUM
Ducem Brunſv. \& Lunæb. Principem Iuv.
in commendationem huius meletematis ſcribta.
Creſcere \& corroborari! Repeto dulciſſimum Lite-
rarũ commercium, cui quod Tua pace, Celſiſſime
Princeps, indulgere licet, eſt, quo beatũ me deprædicem.
Si enim toto Hybla ſuavius mihi debet eſſe, ut certè eſt,
de Te cogitare; cum quo mellis favo comparabo, poſſe
ad Te ſcribere. Acceſſit etiam nuper mellitiſsima occa-
ſio, Te videndi: ſed in ære, non ab ore. Mirabantur qui-
dam cęlatam Tui imaginem; magis miraturi archetypũ,
ſi coram videndi copia fuiſſet. Verùm cum, me Apelle,
animi etiam Tui lineamenta, tàm celſę mentis lineam
antea ex ipſo ſtatim vultu edocti, diſcerent, ea res mi-
randi finem, venerationis initium fecit apud ipſos. Vis
ſcire, Deliciæ Heroum, ubi te viderim? Seleniana Au-
gustalia adi, quæ magnus ille è longinquo Doctor
\& Ductor veſter* veſtræ æternitati dica vit. Intimè gavi-* J.V.A.
ſusmihi ſum de libello, qui eruditionẽ \& virtutes tuas,
ſimul \& Celſiß. Dnnn. Fratrum \& Sororis (Sieyllæ illius
Guelficæ) tàm apertè loquebatur. Et ut, quod res eſt,
dicam, tam placuit vox illa Selenianum, ut ſub ea ru-
bricâ Meletema quoddam, cujus ſibi, Celſiſſ. Principis
Fer dinandi Alberti Dn. Fratris tui præſcribſit ja-
nua nomen, ad vos mitterem. In eo, ſi, quæ te ſpectant
Epigrammata, Tuæ Celſit placeredebent, indigni Auto-
ris nomen demas oportet. Sic enim, demto præcone
non ingrata leges pręconia, \& tantas laudes culpâ in-
genii
[]genii aut tenuitatis meæ non detritas comperies. nec
Leſſus ille, quem in Glorioſiſſimæ Dn. Imper atric is beatis-
ſimum abitum \& obitum planxi \& panxi, à Tuâ Virtute
alienus eſt: cujus lectioni dum quadrantem unum vel
duos im penderis, tantarum quidem virtutum laudatio-
nem illaudatæ \& craßiori meæ Minervæ invidere, nõ Te
autem illarũ amori, poteris. Has ſolas capax aliàs urna
non capit, edax tempus non depaſcit, rapax cippus non
abſcondit, furax ſandapila non ſurripit. Virtus vivit
poſt funera, nec buſtum experitur. Hæc mortalitatem
enecat, \& de morte ſola triumfat. Tu quoque macte
iſta, florentißime Princeps! Ita qui mortem naturę, vi-
tam huic debebis. Da Te illi, quod facis; \& illa Te Ti-
bi reddet, quando Fueris.
ut famæ Tuæ ego quoq; os qualecunq́; exſiſtam, \& Le-
onem, cujus ſpem ungues faciunt, hiſce oculis uſurpem.
quam felicitatem guſtâſſe ſemel, poſtea mori dulce
erit. Interim hâc per Te fruar, patere, ut colere te \& a-
mare non prohibear: illud magnitudo, hoc humanitas,
tua poſcit. quare officio meo probè fungier, utrinq́; li-
ceat. Vale.
Norimb. XII. Kal. Maij, A. Æ C. cIↄ IↄcL.
Illuſtr. T. Celſitud.
Devotiſſimus
Cliens
Sigiſmundus Betulius.
Noht-
[]
Nohtwendiger Vorbericht
an den Leſer.
EIne lange Zeit iſt es/ ſeit dz unſer liebes Teutſches
Vaterland ein betruͤbter Schauplatz der Kriegeriſchen
Jammerwaffen/ und alſo der gantzen Welt ein erbaͤrm-
liches Beyſpiel/ geweſen/ wie uͤbel es mit dem Leibe eines
Staates oder Reiches ablauffe/ wann deſſen Glieder durch inner-
liche Zweytracht truͤnnig werden. Seine Threnenwuͤrdige Blut-
geſchichten wurden/ an ſtat der Dinte/ mit blutigen Threnen auf-
geſchrieben/ ja mit der Spitze deß Degens in das Ertz der Ewigkeit
eingegraben. Nach dem aber nunmehr/ durch Goͤttliche Gnaden-
fchickung/ das Schauſpiel ſich mit einem Fried-erfreulichen
Ausgang geendet; iſt es billich/ daß die Nachwelt/ die unſre Kriege
liſet/ auch zu wiſſen bekomme/ welcher geſtalt dieſelbe zu einem be-
ſtaͤndigen Anſtand vermittelt worden. Daher allbereit viel treu-
Teutſche Patrioten und Landsleute jhre Federn in das Oel deß
Friedens eingetunket/ oder vielmehr ſie dem Geruͤchte als Fluͤgel
angemachet/ uͤm/ dieſe theurwehrte Zeitung durch alle Welt und
Welt-Alter zu ſenden.
Unter denſelben mag ich villeicht der geringſte/ aber nicht der
letzte ſeyn. Ja ich meyne/ ich ſey in dieſem Tuhn der erſten einer ge-
weſen dazumal/ als ich in oͤffentlicher Verſammlung den Krieg
und Frieden mit einer Teutſchen Rede ausbildete/ vnd in Bil-
dern redend machete: welche Krieges und Friedensbildung/
nebenſt beygedruͤcktem Schaͤfergedicht/ allbereit in des Leſers
Haͤnden ſeyn wird. Nachgehends ward auch mir Unwuͤrdigem/
bey deme/ auf der Roͤm. Kaiſ. Majeſt. allergnaͤdigſten Erlaub-
Befehl von Ihr Fuͤrſil Gn. dem Herrn Hertzog von Amalfi
gehaltenem/ Fried- und Freudenmahl/ die Erfind- und Auf-
fuͤhrung etlicher Poetiſchen Aufzuͤge/ auch anders/ anbefohlen/
ſo ebenmaͤſſig dem Leſer durch oͤffentlichen Druck mitgetheilet wor-
den. Weil ſelbige/ wiewol mehr durchs Gluͤck/ als nach Wehrt und
Verdienſt/ von jederman wol beliebet/ und genehm gehalten wor-
den; hab ich mich Jahrs hernach leichtlich bereden laſſen/ das
Vergnuͤgte/ Bekriegte und Wider befriedigte Teutſch-
land/ unter dem Titel der Verliebten/ Betruͤbten und Wi-
der erfreuten Teutonie/ in einem Schauſpiele gleichfals oͤf-
Afentlich
[] fentlich vorznſtellen und auszufuͤhren. Wann zu hoffen/ daß es ſo
geneigte Leſer antreffen ſolte/ als gewogeue Zuſchauer es gefunden/
doͤrffte man vielleicht in kurtzem/ vieler Verlangen/ die es in den
Druck wuͤnſchen/ ein genuͤgen zu thun/ im fall ſich ein Verleger
faͤnde/ damit vor den Tag kommen.
Der Leſer empfahe in deſſen hiemit/ zwar eben dieſelbe Teu-
tonie/ aber nit in einem Schauſpiel/ ſondern in einer Geſchicht-
ſchrifft. Dieſe laſſe er jhm erzehlen/ welcher geſtalt ſie aus einer
Kriegbeleidten eine Fried- erfreute Teutonie worden. Ein
guͤtiges Verhaͤngniß begluͤckſeligte mich ſoviel/ daß ich aus Nider-
Teutſchland an meine liebe Pegnitz eben dazumal wiedergekeh-
ret/ als auch Teutſchland/ nach dem es darunten im Niederkreiß
eine froͤliche Mutter worden/ und auf langes und banges kreiſten/
endlich den Frieden zur Erden geboren/ dieſes Himmelſchoͤne Kind
zu Nuͤrnberg (welche alt-adel- und loͤbliche Reichsſtadt/ billich
Teutſchlands Hertze genennet wird) an ſeine Bruſt zu legen/
und an das Hertze zu druͤcken/ mit jhrer gantzen Reichsverſamlung
dahin reifete. Demnach ich darvorhielte/ ich koͤnde mich dem allge-
meinen Vaterland nicht bedienter machen/ als wann ich deſſen Be-
ruhigung mit jhren Umſtaͤnden/ nach dem ich das Gluͤck gehabt/
alles ſelber mit Augen anzuſehen/ inn einer ſothanen Geſchicht
ſchrifft der Welt zu leſen gaͤbe; und ich koͤnde gegen der edlen No-
risburg/ die zwar nicht meine Mutter/ doch faſt von Mutterleib an
meine Erzieherin und Pflegmutter geweſen/ nicht dankbarer wer-
den/ als wann ich/ was maſſen ſie vor allen andern Staͤdten alleine
wuͤrdig worden/ den Frieden vollends auf die Beine zu bringen/
aufgezeichnet hinderlieſſe.
Keinen
[]
Keinen Ruhm ſuche ich hierunter/ weil ich wol weiß/ daß ich
hierinnen nichts Preißwuͤrdiges geleiſtet: es ſey dann/ daß jemand
den guten Willen lobbar achten wolte. Gleichwol verſichere ich dich/
mein Leſer/ daß du/ wo nicht lauter/ doch gleichwol etwas/ gutes hier-
innen finden werdeſt. Wann du gut biſt/ ſo mache dich nicht an das/
was dich allhier ſchlimm und ſchlecht zu ſeyn duͤnket. Iſſe du von den
Kraͤutern und Blumen/ und laß dem groben Eſel die Diſteln/
dann fuͤr jhn ſind ſie hierinn gewachſen. Es iſt kein Acker ſo gut/ er
traͤgt auch etliches Unkraut/ Treſp und Dornen. Sey du eine Bie-
ne/ und ſauge das beſte heraus: uͤber das uͤbrige mag das tolle Hum-
melgeſchmeiß immer brummen und ſummen.
Dieſes erinnere ich dich noch: Es ſind alle Namen theils ver-
buchſtabwechſelt/ theils in andern Sprachen gegeben: beydes andern
zur Nachfolge/ und eine deſto freyere Rede zu fuͤhren. Sie ſind zwar
an ſich ſelber leicht zu errahten: doch/ damit dir die Thuͤr zu der
Geſchicht und meinen Gedanken gantz unverſchloſſen ſey/ ſo kanſt
du dich folgenden Schluͤſſels zur Eroͤffnung gebrauchen:
- Adlerprinz. Die Roͤm. Kaiſ. Majeſt.
- Edler von Bilſchenapp. H. Obriſter Schlippenbach/
damaliger Hofmarſchalk deß Prinzen Vaguſto. - Brunkoſa. Die Biſtuͤmliche Stifftſtadt Oſnabruk.
- Hertzog von Bryan. Seine Churf. Durchl. in Bayrn.
- Buſchalza. Pfaltz Sulzbach.
- Derven. Stifft Verden.
- Deuſien. Cron Sueden.
- Elſiſien. die Landgrafſchafft Elſas.
- Fraͤulein von Falkabrunn. Fraͤulein von Braunfalk.
- Hertzog von Filama. Seine Fuͤrſtl. Gn. Duca d’ Amalfi,
General Lieutenant. - Firanca. Cron Frankreich/Francia.
- Granlew. S. Excell. H. General Feldmarſch. Wrangel.
- Guͤrne. die Inſel Ruͤgen.
- Heptemie. die vereinigten Niderlande.
- Jaſpina. Cron Spanien.
- Prinz Lidiwugan von Buſchalza. Pfaltzgraf Johan
Ludwig von Sulzbach/ hochſeel. Gedaͤcht. - Meibohma. Cron Boͤhmen.
- Fuͤrſt von Myrtilleto. Churf. Durchl. H. Pfaltzgr. Carl
Ludwig.
A 2Nembre
[]
- Nembre. Ertzſtifft/ Bremen.
- Neporme. das Hertzogthum Pomern.
- Noris/ Norisburg. Staat und Stadt Nuͤrnberg.
- Swiram. die Herrſchafft Wismar.
- Tanuma. das Hochfuͤrſtl. Haus Mantua.
- Teſping. der Fluß Pegnitz zu Nuͤrnberg.
- Prinzeſſin Teutonie. Teutſchland.
- Prinz Vaguſto. Seine Hochfuͤrſtl. Durchl. H. Pfaltzgraf
Carl Guſtav/Generaliſſimus. - Vindebon. die Kaiſ. Sitzſtadt Wien.
Im uͤbrigen wolleſt du/ mein Leſer/ gebeten ſeyn/ ehe und
dann du diß Werklein liſeſt/ nach folgende Druckfehler/ zu deren
Vermeidung auch deß Argus hundert Angen ungenugſam
waͤren/ darvon und heraus zu tuhn. Doch benenne ich dir nur
die vornehmſten/ ſo in das Latein eingeſchl ichen/ die geringern
deiner Beſcheidenheit heimſtellend.
§ 1. lin. 2. lege, Aurora. l. 5. Matuta. l. 11. de Pont. § 2. l. 4, Iuppiter
§ 3. l. 17. \& mox. § 11. l. 12. ut rebar. § 13. l. 4. jactabat.
§ 20. l. 7. hâc. l. 10. notabant § 25. l. 8. Od. 5. § 31. l. 41. Alber-
tus § 34. l. 7. Afranius. § 35. l. 6. venerabatur. § 36. l. 6. cer-
tamint.
Erſtes[1]
Erſtes Buch.
Inhalt.
Der Prinzeſſin Teutonie Kriegsbedraͤngniß/
2. Sie beredet ſich mit jhrem geheimen Raht/ dem Eu-
bulus/ 4. deſſen Rede von den Hindernuſſen der Frie-
denshandlungen/ 6. Sie bekoͤmmt Zeitung von dem
Friedenſchluß/ 11. denſelben werkſtellig zu machen be-
gibt ſie ſich in die Norisburg/ 15. Ihre und deß Eubu-
lus Reden von der Teutſchen Sprach-Arbeit/ 16. und
Poeterey/ 21. Sie laͤſſet die Teſping Schaͤfer vor ſich
kom̃en/ 25. Floridan/ deren einer/ uͤberreichet Ihr ſeine
Friedensrede/ 24. Eubulus Rede/ zu Lob dem Kriege/
26. deſſen Bedenken von den Duellen oder Zweykaͤmpf-
fen/ 29. die Schaͤfer erfinden/ auf Befehl der Prinzeſſin/
eine Emblematiſche Seule/ welche Sie dem Frieden zu
Ehren ſetzen laͤſſet/ 33. die beſinget Floridan/ 39.
DEr Durchleuchtigſten Prinzeſſin Teu-
tonie Wunden hoͤreten noch nicht auf zu
bluten/ weil das ungůtliche/ und auf ſo langes
Bitten unerbittliche Verhaͤngniß nicht er-
můdete/ mit ſeinem Zornſchwerd dieſelben
zu friſchen. Sie hatte mit jhrer allbereit dreyſſigjaͤhrigen
Hoffnung noch nichts erhoffet/ daß Sie alſo gaͤntzlich ver-
zweiffelte/ immermehr wunſchſeelig zu werden. Ihre Be-
ſtreiter belaͤſtigten und bedraͤngten Sie unablaͤſſig/ durch-
Bzogen
[2] zogen jhr Land jhres gefallens/ und muſte Sie jhr in dem jh-
rigen von andern Geſetze fuͤrſchreiben laſſen. Den einen
hatte die Rache/ den andern die Ehre an derſelben Theil
zu haben/ den dritten etwas anders wider Sie gewaffnet.
Unter ſo manchem Vorwand ward jhr gantzes Land ein
erbaͤrmlicher Schauplatz blutiger Siegszeichen. Die
meiſten hielten es bey den meinſten fuͤr eine Liebes-an-
ſuchung/ welche/ weil ſie bey der Prinzeſſin/ deren Gemuͤte
keiner andern als der Begierde zur Freyheit faͤhig/ kein Ge-
hoͤr fande/ ſich/ verſchmaͤhter Liebe gewonheit nach/ in einen
aͤuſſerſten Haß verwandlete.
2.
Dazumal als die auslaͤndiſchen Buhler uͤm Sie/
a iſt das
Koͤnigreich
Boͤhmen/
in welchem
der Krieg
angangen.
b der Co-
metſtern/
welcher A.
1618. 30?
Tage nach
einander
am Him̃el
geſtanden.
in welchem
Jahr der
Teutſche
Krieg an-
gefangen.als uͤm ein andere Penelope/ zu werben angefangen; dazu-
mal ſag ich/ als kurtz hernach die verderbliche Kriegesflam-
me uͤber das Sudetiſche Gebirg a geflogen/ drohete und
zuͤndete eine erſchroͤckliche Wolkenfackel/ b als ein ſtummer
Prophet/ jhro ſoviel Jammerjahre an/ als viel Tage ſie
am Himmel geſtanden. Von derſelben Zeit an hatte Sie ſich
zwar gegen jhre Feinde unuͤberwindlich erzeiget/ und einen
nach dem andern deß Wegs/ daher er kommen/ wider fort ge-
wieſen/ auch dem mehrerntheil ſich durch Ihre ſiegreiche
Waffen furchtſam gemacht. Nach dem aber der jetzt-er-
wehnte grauſame Feuerbeſen Sie zu ſteupen/ und jhr einen
Brand nach dem andern anzurichten nicht ablieſſe/ uͤm das
Maß ſeiner harten Weiſſagung zu erfüllen; wurden zu letzt
durch ſo unaufhoͤrliche Anlaͤuffe jhre Kraͤfften erſchoͤpffet/
und alſo Ihrem theuren Adler eine Feder nach der andern
ausgerauffet/ auch Ihre Soͤhne uͤm Land und Sand ge-
bracht. Sie muſte auch noch mit betruͤbten Augen anſehen/
wie etliche der Ihrigen/ den Degen nicht fuͤr Sie/ als jhre
Landesmutter/ ſondern vielmehr wider Sie/ jhren Feinden
zum Beyſtand/ ausgezogen. Er/ der Feind/ bekriegete
Sie
[3] Sie nun mehr mit jhren eigenen Kriegsmitteln/ weil Ihre
meinſten und beſten Staͤnde und Staͤdte entweder in ſeiner
Gewalt/ oder in ſeiner Pflicht und Schatzung waren. Mit
den uͤbrigen hatte er es dahin gebracht/ daß ſie jhr entweder
aus Armut nicht helffen konden/ oder aus Foꝛcht nicht dorff-
ten. Solcher geſtalt wurde jhre Renterey geſchmaͤlert/ jhr
Land verwuͤſtet und entfremdet/ jhre getreue Unterthanen
ausgemaͤrgelt/ und/ welches das aͤrgſte/ durch dieſes Unwe-
ſen alle Laſter eingeführet. Ihre Feldereyen ſchwummen im
Blut/ jhre ſchoͤnſte Palaͤſte lagen in der Aſche/ jhre beſte
Schaͤtze waren verloren/ und deß Feinds Beute worden.
3.
Das dreyſigſte c und letzte von den angedrohetenc das Jahr
nach C. g.
1648.
Jammerjahren/ ware nun herbey: noch niemals aber hatte
es ſich mit dieſem Traurſpiel zu verlangtem froͤlichen Ende
ſo ſchlecht angelaſſen. Beyderſeits Abgeordnete handleten
nunmehr in das fuͤnffte Jahr/ d wegen eines guͤtlichen Ver-d die Frie-
den shand-
lungen ha-
ben ſich an-
gefangẽ zu
Hamburg/
An. 1643
15 Decem.
und ſich ge
endet zu
Oſnabꝛuck
Ann. 1648.
14 Octob.
trags: es ware aber ſo wenig geſchaffet/ als wann man al-
lererſt angefangen. Die befindlichen Hinderniſſen aus dem
Wege zu thun/ ſchiene unmůglich; laͤnger fortzukriegen/ ge-
faͤhrlich; nach deß Feindes Bedingungen aufzuhoͤren/
ſchimpfflich. Die Hoffnung ſelber/ die ſonſten die allerun-
gluͤckſeligſten begleitet/ verlieſſe dieſe hochbedrangte Fuͤrſtin.
Hundert Augen waren zu wenig/ ein einiges Huͤlffmittel zu
erſehen. Das gewiſſeſte ware/ daß mit dem aͤuſſerſten Un-
tergang eines oder andern Theils jhre Noht endlichen auf-
hoͤren wuͤrde/ weil Sie bis auf den letzten Blutstropffen jhre
Hoheit zu verfechten/ beſtaͤndig geſinnet ware.
4.
Sie hatte einen betrauten Raht/ Namens Eubu-
lus/ einen Mann von hohem Verſtande und vieler Erfah-
rung/ auch wol beleſen in den alten und neuen Zeitgeſchich-
ten. Mit dieſem erſprachete Sie ſich zuweilen/ uͤm jhres
Kummers zuvergeſſen/ und beluſtigte ſich mit ſeinen verſtaͤn-
B 2digen
[4] digen Unterredungen. Sie befahle eines Tags jhn zu
beruffen. Er erſchiene unſaͤumig; und als Sie ſich mit
jhm an ein Fenſter geſteuret/ fragte Sie/ was er guts neues
mitbraͤchte? Von ſo boͤſen Zeiten/ ſagete er/ kan man nichts
gutes hoͤren. Ich mag E. Durchl. nicht mehr betrůben mit
Zeitungen von dem Staat der unſteligen Waffen in dero
Landen. Ich bitte euch auch/ fiele Sie jhm ein/ ſaget mir
nichts mehr darvon. Ich habe dißfals meine Sache und
Sorge zu voͤrderſt GOtt/ hernach meinen treuen Soͤhnen
übergeben. Der Himmel mache es mit mir/ wie es mein
Geſchicke/ und ſein allweiſer Wille iſt; wider die laͤſt es ſich
nicht murren. Kleinmuͤtigs Graͤmen thut auch nichtszur
Sachẽ. Froͤliche Gedult bietet dem Trotz deß Ungluͤckes
trotz/ und ſitzet mitten unter dem Zeitſturm unbeweglich.
Großmuht iſt den wider wertigkeiten gewachſen genug/
ſie zu uͤberkommen. Unterdeſſen vermeidet ſie das zu
hoͤren/ was ſie betruͤben kan. Aber wiſſet jhr ſonſt nichts
neues? Genugſam/ Durchleuchtigſte Prinzeſſin/ antwor-
tete er. Und wolte Gott/ daß E. Durchl. ein ſolches Gluͤck/
als dero Nachbarin der ſtreitbaren Heptemie/ widerfahren
ſolte. doch wird es villeicht E. Durchl ſchon bewuſt ſeyn.
5.
Mir nichts/ antwortete ſie/ Mein Kummer leidet
es nicht/ viel Leute in mein Zimmer zu laſſen. Ihr ſehet/ wie
ich von Kraͤfften vnd Gliedern kommen bin. Einer ſolchen
Fuͤrſtin wie ich bin/ gebuͤrt es nit/ ſich in ſothaner bewandniß
viel ſehen zu laſſen. Das Ungluͤck/ das man heimlich haͤlt
traͤgt man am leichteſtẽ. Der Fůrſten Unmuht/ macht die
Unterthanen bloͤde. Schwer aber iſt es/ unter einer froͤ-
lichen Stirn ein verwirrtes Gehirn tragen koͤnnen. Das
Angeſicht iſt ein Buch/ darinn die Natur die Gedanken
der Menſchen/ gleichſam Sinnbildsweiß vorſtelliget.
Aber ſaget mir doch/ was iſt das fuͤr ein Glůck/ das andern
wider-
[5] widerfahren und mir zu wůnſchen iſt? Es iſt ein ewiger
Friede/ ſagte er/ welchen gedachte dapffere Amazonin/ nach
einem ſiebenzig- und mehr-jaͤhrigen Kriege/ e mit dem Koͤ-
nig aus Jaſpina beſtaͤtiget. Gott/ wie geſchicht mir! rieffe Die ver-
einigten
Niderland
haben An.
1581. dem
K. in Hi-
ſpanien
erſtlich den
Gehorſam
aufgekuͤn-
det/ wiwol
ſich der
Krieg 14
Jahr vor-
her/ nem-
allhier die Prinzeſſin. Hat mich doch dieſe Zeitung ſo hertz-
lich erfreuet/ als wann ſie mich ſelber angienge. Nun/ ich
weiß der gnaͤdige Himmel wird die Reihe ſeiner Erbarmung
auch an mich kommen/ und die ſo lang verlangte Ruh ein-
mal in mein Land wiederkehren laſſen. Und ich halte mir es
fuͤr ein gutes Zeichen/ daß dieſer Vergleich eben an dieſem
Orte getroffen worden/ woſelbſt meine Abgeordnete zu glei-
chem Ende in ſtarken Handlungen begrieffen. Was dtin-
ket euch? Und wie lautet es zu Brunkoſa mit unſerm
Frieden?
6.
Garſchlecht/ Durchl. Prinzeſſin/ antwortete Eu-
bulus. Wie die Briefe melden/ ſo doͤrffte der Ausgang die-
ſes ſeyn/ daß man unverrichtir ſachen wieder voneinander
ziehe. Jedoch will E. Durchl. ich dero gefaſte Hoffnung
nicht abſprechen. Die Goͤttliche Verleihung kan das wol
moͤglich machen/ was vor menſchlichen Augen unmoͤglich
ſcheinet. Dem anſehen nach davon zu reden/ ſo iſt E. Durchl.
Verhaͤngniß jederzeit zu den Waffen mehr/ als zu dem Ru-
heſtand geneigt geweſen/ niemals aber ungluͤckſeeliger/ und
mit widrigern Erfolg/ als zu dieſer Zeit. E. Durchl. Land iſt
gleichſam deß Gottes der Waffen Vaterland/ in welchem er
ſich jederzeit wacker getummelt. Muſte nicht vor deſſen das
von aller Welt angebetete Rom vor E. D. die Knie beu-
gen/ und/ da es ſovielen maͤchtigen Cronen Trotz bote/ von
B 3dero
[6] dero ſich trotzen laſſen. E. Durchl. kond auch aus angeborner
Großmůtigkeit nicht eher raſten/ als bis dero deſſen abge-
nommene Hoheit/ und die hoͤchſte Cron zutheil wurde. E.
Durchl. haben durch dero Hh. Soͤhne/ und jhrer Untertha-
nen Dapfferkeit ſich ſo Weltgefuͤrcht gemacht/ daß alle dero
Nachbarn ein neidiſches Aug auf dieſelbe haben. Deꝛo allzu-
weit begraͤntzte Macht iſt jhnen viel zu verdaͤchtig worden.
E. Durchl. wiſſen/ wie ſie/ bey Gelegenheit dieſer Kriege/ un-
ter mancherley Vorwand/ jhren heimlichen Haß wider Sie
ausgelaſſen.
7.
Der ſo mancherley Abſehen zu geſchweigen/ welche
„einen und den andern in die Waffen zu kriechen/ veran-
„laſſet. Viele wollen/ was ſie ſo lang bey ſich bedacht/ bey
„dieſer Unruh zu Werk bringen. Etliche beſorgen ſich/
„wie geſagt/ E. Durchl. Anſehen und Macht moͤchte der
„jhrigen ſchaͤdlich ſeyn. Die meiſten gedenken ſich in die-
„ſen Rohren Pfeiffen zu ſchneiden/ und mit E. Durchl.
„Schaden jhren Nutzen zu ſuchen. Die andern/ die das
„Spiel angefangen/ wollen entweder gewinnen/ oder alles
„verlieren; und ehe ſie zu dem/ was ſie wuͤnſchen/ nicht kom-
„men ſolten/ ehe wollen ſie das/ was ſie haben/ in die ſchan-
„ze ſchlagen. So ſind auch deren nicht wenig/ die andern
„zu lieb dem Kriege nachziehen/ entweder aus Freund-
„ſchafft/ oder aus Pflicht. Andere/ die ſich etwan an jhrer
„vermeinten Andacht/ oder ſonſten an entzogenen Ein-
„künften verkůrtzt befinden/ ſuchen durch Vorſchub der
„Waffen wider in deren Beſitz zukommen. Viele ver-
„ſtecken jhre Ungerechtigkeiten unter die Larye deß Krie-
„ges/ und beſchweren unter dieſem Titel das Volk mit
„neuen Auflagen und Schatzungen.
8.
Uber dieſes iſt noch eine Hinderniß/ gegen welcher
„alle jetztbeſagte noch gar gering ſcheinen. Der leidige
Kriegs-
[7] Krieges-Staat hat durch ſeine Subjecta oder Mit-„
telsperſonen ſeinen Thron in E. Durchl. Landen dermaſ-„
ſen befaͤſtiget/ daß/ denſelben uͤmzuſtoſſen/ unmoͤglicher„
iſt/ als die Unmoͤglichkeit ſelber. Sein Gewalt herrſchet„
uͤber die Geſetze. Die Zeiten ſind viel zu eiſern/ als daß„
Golt daraus werden ſolte. Der Soldat iſt frech/ muhtig/„
und hat ſeine Roſſe mehrentheils an E. Durchl. Krippen„
angebunden/ und bekrieget dieſelbe auf dero eignen Un-„
koſten. Er wagt es deſto kuͤhner/ weil er wenig zu verlieren„
hat. Die meinſten ſeynd im Kriege zum Kriege geboren/„
baben auch ſonſt nichts gelernet. Ihre Faͤuſte/ die an dem„
Haͤfft deß Degens/ und an dem Schafft deß Spieſſes er-„
krum̃et/ ſind anderer Arbeit und Werkzeugs ungewoh-„
net. Sie ſchaͤmẽ ſich/ daß ſie/ die dem Lande vorhin Geſetze„
gegeben/ ſich nun unter deſſen Geſetze begeben; daß ſie/ die„
Stadt und Feld verwuͤſtet/ ſelbige wider bauẽ helfen ſollen.
9-
Mancher/ wanner zu dem Stand und Ort/„
darinn er geboren/ widerkehren ſolte/ wuͤrde an ſtatt der„
Wehr den Pflug oder Hammer in die Hand nemen muͤſ-„
ſen. Vielen hat man/ oder ſie haben ſelber jhr Vaterland„
in die Aſchen gelegt. Ihr Land/ im fall ſie ja eines im Land„
gehabt/ finden ſie zwar in einer alten Landkarte/ aber nicht„
mehr im Lande/ vnd etwan an deſſen ſtatt ein verwildetes„
Gehecke/ oder ein verfallenes Gemaͤuer. Solches wider an„
und aufzubauen/ iſt kein Geld in jhren Haͤnden/ weil/ was„
der Degen errungen/ der Spieß wider verzehret. Andern„
hat der Ehrgeitz das Eiſen in die Hand gegeben/ durch„
welches ſie ſich gedenken gꝛoß zu machen. Die/ die es ſchon„
gewordẽ/ begeren ſich eben hiedurch darbey zu handhaben.„
Und weil ſie ſich beſorgen/ jhre Hoheit/ als der Waffen„
Creatur/ moͤchte zugleich mit den Waffen aufhoͤren/ und„
das Eiſen/ das zuvor empor geſchwummen/ wider unter-„
ſinken/
[8] „ſinken/ gebrauchen ſie ſich aller nur erſinnlichen Mittel/
„den Frieden zu behindern. Zu ſolchem Ende haben ſie hier
„und dar/ auch bey den Friedenshandlungen/ ihre verpflich-
„tete/ die ſie in ge heimer beſtallung haltẽ/ welche dann/ jhres
„eigenen Nutzens halber und jenen zu Dienſt/ der gemeinen
„Wolfart im wege ſtehen.
10.
Zwar/ wie vor erwaͤhnet/ die Goͤttliche Allmacht
iſt maͤchtiger als alle dieſe Umſtaͤnde. Hoffen laͤſt es ſich/
weil die Zahl der Jahr/ auf welche ehmals der aus der Luft
weiſſagende feurige Schwantzſtern gedeutet/ nunmehr
am Ende; weil die Waffen ſich eben wider an dem Ort
befinden/ daſelbſt ſie entſtanden/ nemlich in der Haubtſtatt
der E. Durchl. leider zu dero Ungluͤck benachbarten und
anverwandten Koͤnigin Meibohma; weil auch die Er-
ſchoͤpfung der Schatzhaͤuſer/ der mangel an Mannſchaft
und die Wuͤſteney der Laͤnder/ die Fortſtellung deß Krie-
ges allerſeits faſt unthunlich machen.
11.
Er hette mehr geredet/ wann nicht ein Edelknab
hineingetreten/ und ein Schreiben ausgeliefert/ welches
eben jetzund ein Reitbote von Brunkoſa eingebracht daß
doch dieſes die von ſo langen Zeiten erwünſchte Zeitung
waͤre! rieffe die Prinzeſſin/ und erbrach das Schreiben.
Es befand ſich/ wie ſie gewuͤnſcht. Dann jhre Abgeſandten
Sie darinnberichteten/ wie daß man/ nach ſo langer ver-
zoͤgerung/ durch Gottes Gnade endlichen eines allgemei-
nen und ewigen Friedens eins geworden/ deſſen Verfaſ-
ſung nach etlichen Tagen von jeden Theils Gevolmaͤch-
tigten unterſchrieben/ auch folgends die Haubtſchrifften
derſelben von denen Obern ſelber namentlich unterzeich-
net/ beſigelt/ und gegeneinander ausgewechſelt werden
ſolten; deren Abſchrifft ſie hiemit zu leſen mitſendeter.
12. Es
[9]
12.
Es hatte wenig gefehlet/ die Prinzeſſin waͤre vor
hertzlichen Freuden todt dahin geſunken. Sie fiele ſtraks auf
jhre Knie nider/ und dankete/ theils mit ſtummer/ theils mit
redender Andacht/ dem Himmel fuͤr dieſe Gnade. Darnach
lieſſe Sie ihr durch den Eubulus die Friedensverfaſſung võ
Anfang bis zũ End vorleſen/ betrachtete alle Saͤtze fleiſſig/
redete mit jhm davon/ und lieſſe tauſenderley Freudenzeichen
von ſich merken/ gleich einem Gefangenen/ der/ an ſtatt be-
ſorgten Bluturtheils/ unverhofft aus dem Kerker geführet/
und auf freyen Fuß geſtellet wird. Folgends beriete ſie ſich
mit jhme/ wie/ und wo der Vertrag am fůglichſten ins
Werk zu ſetzen. Er vermeinete/ man ſolte die Verſam-
lung zu Brunkoſa das Werk gar auskochen laſſen. Die
Prinzeſſin aber hielte den Ort/ weil er faſt an den Graͤnzen
jhres Reichs/ zu ſotahnem Werke nicht allerdings wol gele-
gen. Solche Handlungen/ die zu beruhigung deß gantzen„
Reichs gereichten/ muͤſten mitten in demſelben angeſtellet„
werden/ damit alle deſſen einverleibte Laͤnder deſto fuͤgli-„
chern Zu- und Abtritt haben koͤnden. Hierzu aber wuͤſte„
ſie keinen bequemern Ort/ als die Weltbekannte Noris-
burg/ als welche beydes jhrer Situation und Gelegenheit/
und ihres woleingerichten Staats/ auch alten Stand- und
Verſtand-Adelshalber verdienet/ das Hertz des Reichs ge-
nennet zu werden. Sie waͤre geſonnen in eigner Perſon da-
hin zuverrucken/ auch die Intereſſenden oder Theilhabenden
dahin zu verſchreiben.
13.
Eubulus/ der dieſes Bedenken nicht zu verbeſſern
hatte/ hielte deßwegen hoch von der Prinzeſſin/ und ſetzete
hinzu/ daß von noͤhten waͤre/ dieſen hochvernunfftigen Ent-
ſchluß foͤrderſamſt zu beſchleunigen. Demnach ward er von
Ihr beurlaubet/ mit dem Befehl/ die Ladungsbriefe in der
Cantzley/ und zwar aufs allerfreundlichſte abfaſſen zulaſſen.
CUnter
[10]Unterdeſſen lieſſe ſie jhren Hofmeiſter beruffen/ und befahl
jhme/ zu vorhabender Reiſe alle Anſtalt zu machen.
14.
Nach etlichen Tagen/ als nun alles in bereitſchaft
ware/ kame es zur Abreiſe. Sie lieſſe jhr einen Wagen/ mit
Gold vnd Edelgeſteinen reichlich bekleidet/ vorziehen/ deſſen
Himmel/ an ſtatt der Stangen/ an den Ecken von 6 Liebchen
gehalten wurde. Ihre Hoffarbe ware rot/ mit Silb er bele-
get. Sie ſelber hatte einen Oberrock an von Silbern Stuͤck/
mit grůnen Oelzweigen eingewürket. Der Unterrock ware
roter Satin/ zerhaͤkelt auf einem güldenen Boden: Ihre
Halskette aber von kleinen Hertzlein zuſammen gegliedert/
welches lauter in Gold geſetzte Edelgeſteine waren/ wor-
auf jhrer Reichsſoͤhne Wappen mit gehoͤrigen Farben ein-
geſchmaͤlzet. Unten an derſelben hienge als ein Kleinod ein
koͤſtlicher Demant/ auf welchem ein ſchwartzer Adler mit
künſtlicher Arbeiterhaben ſich vorſtellete. Die Haare/ die ſie
bisher unter einer Trauermuͤtzen verſtekt/ und gleichſam ge-
fangen getragen/ flatterten ihr nun wider frey uͤm die roͤſe-
lichten Wangen/ oben mit einem hochſchaͤtzbaren Kroͤnlein
eingefangen. In ſolcher Himmelſchoͤnen Zierde ſetzte dieſe
irdiſche Goͤttin ſich zu Wagen; wiewol jhre eigene Schoͤn-
heit dieſes Zuſatzes nicht beduͤrfig/ und jhme mehr Zier mit-
theilete/ als ſie von jhm bekame. Eubulus muſte zu jhr hinein
ſitzen/ mit deme Sie die Laͤnge deß Wegs kürtzen wolte. Alſo
fuhre ſie davon/ von einem anſehnlichen Hofſtaat mit dem
Leihe/ von den hinderbleibenden Ihrigen aber mit tauſen-
derley Gluͤckwůnſchungen begleitet.
15.
Das Gerůchte floge voran/ und verkuͤndigte der
Nymfe Noris jhre Ankunfft. die ſchickete jhre Abgeſandten/
Sie einzuholen und willkomm zu heiſſen/ Ihr ein halbe Meil
Wegs entgegen. Sie ſelber begegnete jhr unten am Thore/
Ihr die Haͤnde zu küſſen. An ſtatt der Worte ſahe man all-
da
[11] da Threnen flieſſen/ weil die Freude jhnen das Reden ver-
bote. Das Volk draͤngete ſich hinzu/ begierig/ jhre Prinzeſſin
zu ſehen/ die ſie faſt ſchon als todt betrauert hatten. Alle
Stuͤcke wurden jhr zu Ehren loß gebrannt. Alle Gaſſen ruf-
feten im Vorbeyziehen: Es lebe unsre Prinzeſſin Teuto-
nie! Sie ward auf die Burg/ in das fuͤr Sie verordnete
Zimmer gefuͤhrt. Es fielen allerley Reden/ nach dem die Er-
holung die zuvor-gebundnen Zungen wieder loß gemacht.
Man gebrauchte ſich aller nur-erſinnlichen Mittel/ dieſer
wuͤrdigſten Fuͤrſtin gebürlich aufzuwarten; maſſen keine
ſo hohe Bedienungen konden erdacht werden/ daß eine ſo
Weltgeehrte Prinzeſſin nicht ſolte einer hoͤhern wehrt ge-
weſen ſeyn.
16.
Deß andern Tags/ als man die zeit mit allerhand
Geſpraͤchen kuͤrtzete/ fienge die Prinzeſſin unter andern an/
und ſagete/ wie dz jhr in verwichenẽ jhren Bedraͤngnißjahꝛn
zu ſonderbarem Troſt unterſchidlich fuͤr Ohren und zu Ge-
ſichte kommen/ der ſchoͤne Fleiß etlicher aus jhrem Lande bür-
tiger Muſenſoͤhne/ in Ausuͤb- und Erhebung jhrer Mutter-
ſprache/ welche/ das zu verwundern/ mitten unter den Zerruͤt-
tungen deß allgemeinen Staats/ und gleich als eine ſchoͤ-
ne Roſe/ unter den ſtechenden Kriegsdornen reich hervor zu
blühen angefangen. Darbey haͤtte ſie auch mit ſonderm be-
lieben verſpuͤret/ wie die ſo genannten Teſping Schaͤfere in
dieſem Lob- und Liebwuͤrdigen Tuhn nicht die letzten und ge-
ringſtẽ geweſen; denen ſie auch deswegen mit hohen Gna-
den gewogen/ und begierig waͤre/ jhren Schaͤferſpielen bey
dieſer Gelegenheit Gehoͤr und Lob zu geben.
17.
Hurtige Gemuͤter wuͤrden durch Lob und Lieb
mehr aufgemannet. Hohe Verdienſte waͤren auch hoher
Gunſte wehrt. Gunſt und Ehre waͤren die Sporen der
Tugend/ welche zum oͤftern entweder von dem Neid/ oder
C 2von
[12]von der Unwiſſenheit untergedruͤkt wuͤrden. Sie wuͤſte
wie vor zeiten die maͤchtige Auſonie jhre Sprachfreunde er-
hoben und geliebet. Wie ſie derſelben an Gewalt/ alſo wolte
ſie jhr auch an Erkenntniß der Verdienſten nichts be-
„vor geben. Sprach und Staat bluͤheten miteinander.
„Man leſe in den Geſchichtbuͤchern/ daß jederzeit/ wann die
„Sprache eines Reichs oder Landes/ ſo ſey auch deſſen
„Macht und Staatweſen in Ab- oder Anfnemen kommen.
Was haltet jhr davon? ſagte ſie zu dem Eubulus.
18.
Was E. Durchl. antwortete er/ von dem Sprach-
weſen hochvernuͤnftig erwaͤhnet/ hat ſeine unfehlbare Ge-
wißheit/ wiewol jhrer viel/ zwar mit Ungrund/ die Sprach-
„uͤbung für eine kaale Schulfuchſerey/ und alſo mehr
„Hon- als Lohn- und Lobwürdig halten. Die Urſach iſt/
„weil man ſich leider nur zuviel in fremde Sprachen ver-
„liebet/ auch oͤfters mit denſelben ſich befreundet. Alſo gar
„iſt der Hunger nach fremden Brod uns eingenatuͤret/
„gegen welche das jenige/ was uns zu Hauſe waͤchſt bit-
„ter ſchmecket. E. Durchl. iſt auch bewuſt/ wie eben
„durch dieſes Ubel in unsre Sprach ſo unzaͤhlich auslaͤn-
„diſche Flick- und Lappwoͤrter eingeſchlichen/ daß ſie nun
„jhr ſelber nicht mehr gleich ſihet. Sie/ die eine von den vier
„vornehmſten Haubtſprachen iſt/ muß von denen/ aus an-
„dern zuſammen gebettelten Sprachen noch Woͤrter bet-
„teln/ ungeacht ſie an deren Anzahl ſelbſt reicher iſt/ als alle
„andre. Wir reiſen mit groſſem Unkoſten/ und kauffen
„gleichſam der Fremden jhre Reden/ Kleider und Laſter
„ins Land/ jhnen dargegen unsre Treu und Dapfferkeit
„laſſende. Was wunder iſt es dañ/ daß ſie auch zu uns kom-
„men/ und uns ſolche/ zu ſamt dem Lande/ mit Gewalt wi-
„der abnehmen?
19. Es
[13]
19.
Es iſt aber/ ſagen ſie/ jhre Fremdgierigkeit zu ent-
ſchuldigen/ nit alles in Teutoniſcher Sprach beſchrieben/„
was zum Staat und gemeinen Leben zu wiſſen von noͤten.„
Ein nichtiges Vorgeben! Das Stattweſen belangend/f das abſe-
hen iſt aufs
Sachſen-
recht.
* Iura mu-
nicipalia.
Hat nicht unſer Sonaxienf ſein eigenes Landrecht in dieſer
Sprach? Haben nicht auch alle andere Reichs Staͤnde
und Staͤdte jhre abſonderliche Staatsordnung * in derſel-
ben? Waruͤm ſolte man dann nicht die allgemeinen Rechte
ebenmaͤſſig darinn haben koͤnnen? In was fuͤr einer Spra-
che werden alle dieſes Reichs Grundgeſetzt i verfaſſet/ allei leges funda
mentales
Imperii, als
die guͤldne
Bull/
Reichsab-
ſchiedeꝛc.
Verſamlungstaͤge verabſchiedet/ alle Vortraͤge und Ge-
richtſtritte abgehandelt? Iſt es nicht die Teutoniſche? Die
ernehret/ die lehret uns auch/ ſo wol auf den Cantzeln/ als in
den Cantzleyen/ ſowol zu- als auſſer Hauſe. Was die Philo-
ſophey anbetrifft/ ſo gehoͤret dieſelbe in die Schul/ wird auch
darinn gelernet; iſt derhalben unnoͤtig/ daß man ſie in unsre„
Sprach uͤberſetze. Man verwirft die andern/ inſonderheit die„
drey Haubtſprachen nicht/ in welchen alle Kuͤnſte und Leh-„
ren der Weißheit beſchrieben: Man ſoll aber jhrentwegen„
die edle Teutoniſche nicht verwerffen/ die wir von der Mut-„
ter geſogen/ die uns erzogen hat/ und noch immeꝛ erhaͤlt.„
20.
Wiederum wenden ſie ein/ man ſpanne die Seiten
gar zu hoch/ man wolle ein gantz neue Schreib- und Redart„
einfůhren/ da man es viel mehr bey dem alten verbleiben laſ-„
ſen ſolte. Ein unvernůnfftiger Einwurff! Wann ſie ſo auf„
die alten Reden dringen/ waruͤmb bekuͤmmern ſie ſich nicht„
auch uͤm die alten Sitten? So ſolte demnach keine neue„
Kunſt/ kein neues Geſetz was gelten/ weil die Alten nichts da-„
von gewuſt oder aufgeſchrieben? Was iſt jemals zugleich„
geboren und vollkommen geweſen? Welche Dinge ſtei-„
gen nicht Staffelweiß zu ihrer hoͤchſten Fuͤrtreflichkeit?„
Wie redete damals Rom/ ehe der ſinnreiche Virgil/ aus des„
C 3Ennius
[14] „Ennius Kohte Gold laſe? Wann Cicero nicht ſeine
„Sprache/ die er arm und ſchlecht gefunden/ ſo reich und
„rein gemacht und hinderlaſſen haͤtte/ wir wuͤrden jetzt ein
„ſchlechtes Latein haben. Wie iſt es demnach ſo ungereimt
„daß ein Teutonier einen Teutonier darům verdenket/
„der ſeine Sprach/ die bißher gleichſam noch in den Eyern
„geſchlaffen/ ſchoͤn und wol eingerichtet hervoꝛ zuziehen ſich
„bemuͤhet; nicht aus begier/ etwas neues einzufuͤhren/ ſon-
„dern das alte zu verbeſſern. Man weiß/ wie ſich nun ein
„zweyhundert Jahr her die Sprach veraͤndert. Was ſich
„aber aͤndert und beſſert/ das iſt noch nicht in ſeiner Voll-
„kommenheit. Das Latein ware zu zeiten deß groſſen Au-
„guſtus am hoͤchſten geſtiegen; von dar an fienge es wider
„an zu fallen. Unsre Sprach aber iſt noch im ſteigen/
„weil ſie nun ein Zeit her durch jhre Veraͤnderungen nicht
„ſchlimmer/ ſondern beſſer worden iſt.
21.
Zwar/ daß heutiges Tages etliche überwitzige
„Koͤpffe jhre ungegruͤndte Einfaͤlle fuͤr lauter Geſetze hal-
„ten/ und/ da ſie doch niemand zu Sprachrichtern geſetzet/
„nach der Unrichtigkeit jhres Gehirns eine neue/ von denẽ
„Sprachverſtaͤndigen ins geſamt noch nicht beglaubte
„Sprachrichtigkeit einfuͤhren wollen/ das iſt nit zu loben:
„und machet ein ſolcher unzeitiger Schwindelhirn den gan-
„tzen Sprachfleiß verdaͤchtig. Wiewol ein Verſtaͤndiger
„nit alle Koͤpfe unter einen Hut bringen/ noch nach Be-
„findung deß einẽ von den andern allen urtheilen ſol. Ei-
„ne loͤbliche Sach machet deren Misbrauch nicht ſtraf-
„bar.Und eben das iſt es auch/ was die Goͤttliche Poeſy
„bey vielẽ ſoveraͤchtlich machet; weil nemlich ein jedweder
„deren Wiſſenſchafft ſich anmaſſet/ und alſo offtmals
„gantze Boͤgen ohne Kunſt und Nachdruck voll geſchmie-
„ret werden. Mancher/ wann er etwan etliche Zeilen uͤber
Hals
[15] Hals und Kopf zuſammen geleimet und gereimet/ nennet„
ſolche ſtraks ein Gedicht und ſich einen Poeten/ ruͤhmet/„
er habe es mit einer Schwansfeder geſchrieben/ die er in„
dem Brunnen der Muſen eingetaucht. Wie aber ein Aff„
kein Menſch iſt/ ob er wol jhm unter allen Thieren am„
gleichſten; Alſo ſind auch ſoͤlche Reimenſchmied mit jhren„
Ganskielen nichts weniger/ als was ſie ſich duͤnken laſſen.„
Wer kein Midas iſt/ wird die gelehrte Leyer deß Apollo võ„
einem groben Lüdel- und Duͤdelſack wol zu unterſcheiden„
wiſſen. Bauren aber ſind/ die ein gutes Lied deswegen ver-„
achten/ weil es auch ein ungeſchikter Bauer ſinget.
22.
Ich kan demnach nicht ſehen/ waruͤm man dieſe
ſo ruͤhmliche Spracharbeit nicht loben und lieben ſolte. Und
thun E. Durchl. ein dero wolanſtaͤndig- und hochloͤbliches
Werk/ in dem ſie die hierunter-bemůhete wackere Geiſter mit
dero hochgewogenheit zu begnaͤdigẽ/ und alſo nochmehꝛ auf-
zumuntern/ geruhen. Ich weiß/ die Poeten/ welche ohne das
ein dankbares Volk ſind/ werdẽ/ Dero ſolche hohe Gnaden
mit jhrer ewigen Kunſt zu erwiedern/ unvergeſſenſeyn/ und
dero Tugendtreflichkeiten/ zu unvergaͤnglichen Andenkẽ/ in
die Tafel der Unſterbligkeit einzutragen/ ihre Sorge ſeyn laſ-
ſen. Die Prinzeſſin lieſſe jhr Wolgefallen ob dieſen deß Eu-
bulus Reden mit einem freundlichen Laͤchlen vermerken/
bey ſich ſelber ſchwerende/ zu erwaͤhnter Verewigung jhres
Ehrenruhms die Teutoniſchen Muſen jhro mit tauſender-
ley Gnaden genugſam zu verbinden. Was ſagt aber ihr mir
ſagte ſie zu der Noris/ von euren Schaͤfern? Habt jhr keine
Nachricht von jhnen?
23.
Genugſam/ Durchleuchtigſte Princeſſin/ gab ſie
zur Antwort. Dann wie ſolten mir dieſe Leut unbekannt
ſeyn/ [durch] die ich eine Zeit hero ſo Weltbekannt worden.
Der Anfaͤnger jhrer Genoßſchaft heiſt Strefon/ welcher
ſonſt
[16] ſonſt ein edles Mitglied iſt/ der zu der Teutoniſchen Sprach
und alten Vertreulichkeit Aufnehmen geſtifteten hochloͤb-
lichen Fruchtbringenden Geſellſchafft/ und unter dem Na-
men deß Spielenden viele leſwuͤrdige Schriften der Welt
mitgetheilt. Ein andrer/ Namens Montano/ hat jůnſthin die
* der Nim
fe Noris
Herlichkeit
eine pegnitz
Schaͤferey
zu finden
bey dem H.
Verleger
dieſes ge-
genwerti-
gen BuchsHerꝛlichkeit * dieſer Gegend in zweyen Tagen gar herrlich
beſungen. Was der Clajus fuͤr ſchoͤne Lieder dem Himmel
zu Ehren auf ſeiner ſuͤßſpielenden Pfeiffen erſchallen laſſen/
weiß und liſet die gelehrte Welt mit Nutzen und Beluͤſten.
Wollen E. Durchl. jhrer etlichen hieher zukommen befehlen
laſſen? Ich weiß/ ſie werden dero gehorſamiſt aufzuwarten
ſich hoͤchſt verpflichtet/ und die Ehre ſothaner Aufdienung
fuͤr jhre groͤſte Glückſeeligkeit achten. Ich moͤchte ſie gerne
ſehen/ antwortete die Prinzeſſin/ und jhre Beſuchung wol
leiden.
24.
Demnach gienge die Noris hin/ ſie beruffen zu
laſſen. Sie fand aber allbereit vor der Thůr ſtehen den
Schaͤfer Floridan/ welcher hin und wider bey der Hofburſch
ſich befragte und Gelegenheit ſuchte/ der Prinzeſſin eine in
k Iſt in oͤf-
fentlichem
Druck bey
Wolfgang
Endtern zu
findẽ/ beti-
teltꝛ Krie-
ges und
Friedens-
bildung.Teutoniſcher Sprache verfaſſte Friedensrede/k die er un-
langſt in oͤffentlicher Verſamlung hoͤren/ und nun/ nebenſt
einem Schaͤfergedicht/ in Druck kom̃en laſſen/ mit fug zu
hinderbringen. Die Noris/ als ſie nach denen andern einẽ
Laggeien abgeſendet/ name das Werklein von jhme/ brachte
es hinein/ und: ſehet/ ſagete ſie/ Durchleuchtigſte Fuͤrſtin/ wie
unſer Schaͤfer einer E. D. zu der neu-erlangten Friedens-
ruhe Gluͤck wuͤnſchet/ und mit deroſelben ſich freuet/ eben wie
er auch nebenſt ſein Weidgenoſſen uͤber dero bisherige Krie-
gesbedraͤngniß ein hertzliches Mitleiden vernehmen laſſen.
„Das ſind getreue Gemůter/ die mit dem Vaterlande
„trauren und froͤlich ſeyn/ unterredete Eubulus: Indeſſen
die Prinzeſſin das Werklein empfienge und durchblaͤtterte.
Als
[17] Als ſie ſich etwas darinn erſehen/ gab ſie es dem Eubulus/ ſol-
ches durch zuleſen/ und folgends jhr deſſen Inhalt/ und was
er davon urtheilete/ mit kurtzem zu eroͤffnen.
25.
Laſſt den Verfaſſer herein kommen/ ſagte Sie zuꝛ
Noris/ daß ich ſehe/ wer mich mit dieſem erſten Glůck-
wunſch geehret. Alſo ward der Schaͤfer hinein gelaſſen; der
ſich alſobald nach Ehrerbietigſter Verneigung vor der
Prinzeſſin auf das eine Knie niederlieſſe/ das unterſte jhres
Rocks kuͤſſete/ und ſagete: Durchl. Prinzeſſin/ die Teuto-
niſche Sprach/ als E. Durchl. verpflichtete/ wůnſchet dero-
ſelben hiemit durch Mund und Hand jhres Dieners/ zu
dero neuen Friedenſtand ein ewiges hochfuͤrſtliches Wol-
weſen/ und empfihlet ſich in dero hohe Gnaden/ begierig/
zu dero Lob forthin oft redend zu werden. Schaͤfer/ ant-
wortete die Prinzeſſin/ jhr und die Sprache/ vor die jhr
ſprechet/ ſeit mir allbereit gantz wol empfohlen; maſſen ich/
wie ich den Wunſch und das Lob in Gnaden erkenne/ euch
zu erkennen geben werde. Fuͤrſten/ die ſich loͤblich zu verhal-
ten wiſſen/ wiſſen auch Lohn fůr Lob zu geben. Undank
ſtehet jhnen deſto uͤbler an/ ſoviel faͤhiger ſie ſind/ dankbar
zu ſeyn. Damit hieſſe ſie jhn aufſtehen/ und fienge an/ aller-
ley von der Teutoniſchen Sprache Ankunfft/ Alter und
Fortgang/ u. d. g. mit jhme und vorbeſagten dreyen/ welche
inzwiſchen auch ankahmen und vorgelaſſen wurden/ zu
reden.
26.
Unterdeſſen hatte Eubulus des Floridans Fridens-
werklein hinaus geleſen/ welchem er deßwegen vil Lobs nach-
ſagte. Allein duͤnkete jhn/ die Waffen würden darinn ſchier
zuvil geſcholten/ welche doch an ſich ſelber nicht/ ſondern viel
mehr deren boͤſer Gebrauch/ ſcheltbar. Der Krieg/ fienge er
an/ wie ſchaͤdlich er zuweilen iſt/ ſo iſt er doch dem gemeinen
Staat unentbaͤrlich. Zwar kein weiſer Staatregierer iſt
Dſo
[18] „ſo thoͤricht/ daß er einen Krieg anfahe/ wann er Frieden ha-
„ben kan. Ausgeforderte Waffen ſind die gerechteſten:
„auſſer dieſen iſt ein gewiſſer Friede beſſer/ als der ungewiſſe
„Sieg: der unbillichſte Fried iſt auch einem billichen Krieg
„vorzuziehen. Man ſoll ehe von ſeinem Recht etwas
„ſchwinden/ als die Waffen darumb rechten laſſen. Der
„Fried iſt gleichſam die Geſundheit eines Staats/ der als-
„dann krank und ſchwach darnider ligt/ wann er die Artzney
„der Waffen/ zu hinderkommung ſeines Verderbens/ gebrau-
chen muß.
27.
Jedoch aber/ weil niemand laͤnger Frieden haben
kan/ als ſein Nachbar wil/ iſt in allen ſo Goͤtt- als Weltlichẽ
„Rechten zugelaſſen/ das Unrecht/ das entweder ſchon gefuͤh-
„let oder noch gefuͤrchtet wird/ mit gerechtẽ Waffen/ und alſo
„Gewalt mit Gewalt abzuleinen. Die Thiere hat die Natur/
„den Menſchen ſeine Vernunfft/ wider den Gewalt gewaff-
„net. Wehꝛloſe Bloͤſſe waffnet das Unrecht und den Frefel
„wider ſich: Kriegsbereitſchafft aber zwinget den Feind/
„Fried zu halten. Er faͤhet an ſich zu fůrchten/ wann er
„ſihet/ daß man jhn nicht fuͤrchtet. Lorbeerlaub machet
„den Oelzweig gruͤnen. Eiſen ſchuͤtzet das Gold deß Frie-
„dens. Soll der Zepter faͤſt ſtehen/ ſo muß das Schwerd
„bey jhm liegen. Kronen werden mit Lorbeerzweigen an
„das Haubt befaͤſtiget. Wann der Krieg die Waffen ab-
„leget/ ſo kreucht der Friede darein. Er ſtehet in den Waf-
„fen/ daß er den Waffen wiederſtehe; und zeiget/ daß er
„kriegen koͤnne/ damit er nicht kriegen muͤſſe.
28.
Der Friede muß auf den Krieg/ und der Krieg
„auf den Frieden bedacht ſeyn/ wann dieſer ſich gerecht/ und
„jener ſicher wiſſen will. Ich will ſagen: Der Krieg ſey deß
„Friedens/ und der Friede deß Kriegs Bereitſchafft. Ja
„der Krieg ſelber iſt allezeit ein Friede/ wann du ſeine gerechte
Endur-
[19] Endurſach und den Zweck/ der jhn treiben ſoll/ betrachteſt.„
Ruhet er/ ſo iſt er deſſen Trutz und Voꝛmaur; deſſen Schutz„
und Verfechter aber iſter/ wann er fuͤr jhn zu Feld liget. Die„
Teutoniſche Sprach gibt uns dieſer beyden Verwandſchaft„
artig zu verſtehen/ in dem ſie jhnen ſolche Namen gegeben/„
die einerley Laut und Stimmer* oder Vocalen/ aber unter-Fried
Krieg
ſchiedene Mitſtimmer oder Conſonanten: einerley Hertz-
aber unterſchiedliche Anfangs- [und] Endbuchſtaben haben.„
Schoͤner hette nicht koͤnnen jhrer beyder Einſtimmung und„
Unterſcheid angedeutet werden. Im innerlichen Vorſatz„
ſind ſie eins/ im aͤuſſerlichen Werk aber ſind ſie gezweyet.„
Deß Kriegs Ende iſt deß Frieds Anfang/ eben wie jener„
anfaͤhet/ wann dieſer aufhoͤret. Der Fried iſt ſelber Heer-„
fuͤhrer/ wann eine ausgefoderte Kriegsmacht ins Feld růk-„
ket: der vertheidigt ſich mit den Waffen wider den Belei-„
diger/ und wenn er deſſen Gewalt uͤberwaͤltiget/ ſetzt er ſich„
wider zu Ruhe. Woraus erſcheinet/ daß allein dieſes gerechte„
Waffen ſind/ die um den Frieden kriegen. Waffen/ die der„
Grauſamkeit/ dem Frevel/ der Regierſucht und Begierde„
mehr Lands zu gewinnen/ u. d. g. gewidmet/ kriegen nicht/„
ſondern morden/ rauben/ brennen; welches Laſter ſind/ die die„
Gerechtigkeit ſonſt mit Feuer und Schwerdt gerichtlich„
ſtraffet.
29.
Wierechtmaͤſſig aber ein Schutzkrieg von einem„
gantzen Staat/ ſo unrechtmaͤſſig wird ein Duell oder Zwey-„
kampf von einer demſelben unterworfenen einzelen Perſon„
gefuͤhret. Die Gerechtigkeit hat jhr Schwerd nicht einem„
jeden/ ſondern nur denen/ die an jhrer Stelle ſitzen/ zugebrau-„
chen erlaubet Ein erlidtenes Unrecht ſol mit dem Gericht-„
ſchwerd/ nicht mit dem Fechtdegen; vor dem Richter/„
nicht vor der Fauſt/ gerochen werden. Was iſt es doch fuͤr
D 2eine
[20] eine naͤrriſche Großmut/ uͤber ein krummes Wort/ das et-
„wan von dem Wein/ oder ſonſt in Schertz geredet worden/
„Degen bloͤſſen und Piſtole loͤſen? oder/ ſo ja die Ehre ſchimpf
„gelidten/ ſein Recht auf den ungerechten und zweifelhaftigen
„Ausſpruch deß kalten Eiſens bauen? Das waͤre eine Dapf-
„ferkeit ſich ſelber uͤberwinden/ und in Rettung ſeiner Ehre
„nicht wider Ehre und Erbarkeit handeln.
30.
Zweene/ die wol zuvor die vertrauteſten Brüder ge-
weſen/ drohen einander die Haͤlſe zu brechen; gleich als wann
„ſolche jhr und nit vielmehr Gottes waͤren/ der ſie geſchaffen.
„Mit Ausforderungszetteln oder Carteln laden ſie einander
„zum Tode; in welchem Augenblick die Hoͤlle jhren Rachen
„aufſperret/ uͤm jhre Seele zu verſchlingen/ vnd daß die einen
„deſto fettern Biſſen bekomme/ muͤſſen auch Secunden oder
„Beyſtaͤnde kommen; welche/ ob ſie wol niemals einig andere
„Feindſchafft einander angetahn/ als daß ſie andern zur
„Freundſchafft auf dem Balgplatz erſcheinen/ feindlich zu-
„ſammen gehen. Man machet Weg zum Tode/ und bloͤſſet
„den Leib/ damit man deſto eher ermordet werde. Sie binden
„an/ und ein jeder gedenket dem andern das Hertz abzuſtoſſen.
„GOtt ſihet zu/ und kan ſich Seufzens nicht enthalten/ über
„dieſem verdam̃lichen Schauſpiel. Die Engel verlaſſen jhre
„getreue Hut/ und weichen mit Weinen von dieſen Zankboͤckẽ:
„die hoͤlliſchen Geiſter aber lachen darob von Herzen/ machen
„einen Kreiſ um die Balger/ lenken das Eiſen oder Bley/
„damit jhnen die Beut nicht entgehe. So bald dann der Stoß
„oder Schuß nach ihrem Willen geſchehen/ fleuſt der Zorn
„mit dem Blut in den Sand/ der Leib ſinket lebloß zur Erde/
„die Seele aber/ ach die armt Seele/ wird von den hoͤlliſchen
„Steckenknechten vor das Goͤttliche Halsgericht geführet/ da
„jhr eigen Gewiſſen das Urtheil der Verdamniß ſpricht/ in
welche ſie zu unendlicher Qual alſobald geſchleppet wird.
31. Das
[21]
31.
Das heiſt ja ſchaͤndlich und ſchaͤdlich uͤm Ehre„
gefochten/ und wegen einer zeitlichen Schmach in die ewige„
gefallen. Gerne wuͤrden ſolche Zaͤnker alsdann unter jeder-„
mans Fuͤſſen ligen/ und alle Schmach erdulden wollen/„
wann ſie ſich aus jhrer ſchroͤklichen Ewigkeit wider in die„
Zeit wuͤnſchen koͤnden. Geſchicht es/ daß der eine noch mit„
dem Leben darvon kommt/ ſo toͤdtet jhn doch taͤglich ſein ver-„
wundtes Gewiſſen/ und muß er mit oͤffentlicher Schande„
Landfluͤchtig werden/ da er zuvor eine Privat-ſchmach nicht„
leiden wollen. Verlieret alſo die zween beſten Schaͤtze deß„
Lebens/ ohne welche daſſelbe mehr todt als lebendig iſt/ nem-„
lich ein gutes Gewiſſen und ein gutes Geruͤchte. Nicht alſo„
einer der [fuͤr] Herd und Altar krieget. Ein ſolcher ſtirbt froͤ-„
lich in den Waffen/ und lebet ewig in dem Nachruhme/ weil„
die Lorbeerblaͤtter nimmermehr mit zu Grabe gehen.
32.
Es iſt zwar nit ohn/ ſagete hierauf die Prinzeſſin/
daß die Majeſtaͤten und Staatshoheiten nit nur mit Ge-„
ſetzen gewaffnet/ ſondern auch mit den Waffen geſchuͤtzetVide pr-
proœm. Inſt.
Iur. Inſtit.
\& Conſtit.
de Iuſtin.
Cod con-
firm.
ſeyn muͤſſen. Dieweil aber den Krieg gemeiniglich Gewalt
und Unbillichkeit begleiten/ geſchicht es/ daß man vor dem
Klang der Waffen die Stimme der Geſetze nicht hoͤret/ und
alſo allerhand Laſter in eine verderbliche Gewonheit kom-
men. So wird auch durch Feuer und Schwerd das Land„
verwuͤſtet und ausgewuͤrget. Das Recht wird unrecht„
ausgewogen/ wann es in eiſernen Waagſchalen ligt. Wie„
der Magnet das Eiſen/ alſo ziehet das Kriegeriſche Eiſen„
das Gold an ſich/ und friſſet alle Schaͤtze des Landes in ſei-„
nen unerſaͤtlichen Wanſt. So iſt es demnach beſſer/ dem Va-„
terlande zu Hauſe nutzen und rahten/ als drauſſen fuͤr daſſelbe„
in Waffen ſterben. Ich kan eure reden nit misbillichen/ ſagte„
ſie zu dem Eubulus; halte aber darfuͤr/ eine Staat trage„
[fuͤrtraͤglicher] das guͤldene Kleid deß Friedens/ als das„
D 3eiſerne
[22]eiſerne deß Krieges. Ich weiß was mir der Krieg geſchadet.
Nulla ſalus
bello, pacem
te poſcimus
omnes.
Virg.Die Brand- und Blutmaͤhler ſind noch hin und wider dar-
von zu ſehen. Mit einem Wort: Bey den Waffen iſt kein
Heil; dich guͤldner Friede/ wuͤnſchet alle Welt.
33.
Dieſen erwuͤnſchten Gaſt/ welcher ſich dermal
eins auch bey mir/ und in meinem Reich eingeſtellet/ verlan-
get mich/ eine Dank- Denk- und Ehrenſeule zu ſetzen. Ich
kenne eure Erfahrenheit in dergleichen Sachen/ ſagte ſie zu
den Schaͤfern. Ihr werdet mir zu willen ſeyn/ und mein
Verlangen zu erfuͤllen/ eure beſte Erſindungen/ herfuͤrſuchẽ.
* Albrecht
Duͤꝛer/ der
beruͤhmte
Mahler.den Abriß will ich alsdenn ſelber machen/ und mir die Zeit
damit kuͤrtzen; ich habe die Kunſt noch von eurem Důrer *
behalten. Die Schaͤfer bedanketen ſich gegen die Prinzeſſin
für den ertheiltẽ gnaͤdigſten Befehl und die Gluͤckſeligkeit/ ſich
Ihr in Unterthaͤnigkeit bedient zu machen/ erboten ſich auch
zu gehorſam- und moͤglichſter Willfahrung. Hierauf/ nach
genommenem Urlaub/ begaben ſie ſich zuſammen in eine
jhrer Huͤtten/ uͤberlegeten es miteinander/ brachten alſo ge-
ſamter Hand in kurzem einen Entwurf zu Papyr/ und ſchik-
ten den Floridan/ ſolchen der Prinzeſſin zu hinderbringen.
Die ließ jhr den Ausfund wol gefallen/ ſetzete ſich noch den-
ſelben Abend in jhr Beyzimmer/ und brachte ſolchen in ſeine
richtige Stellung/ befahl auch ſtraks folgenden Tags jhrem
Baumeiſter/ denſelben zur Wirklichkeit zu befuͤrdern. Es
ward bald verfertiget/ weil an darzu-benoͤtigten Kunſt-
Werkleuten kein Mangel wart; maſſen die belobte Noris-
burg jederzeit ein Aufenthalt/ und gleichſam ein Zeughaus/
aller Kuͤnſte geweſen.
34.
Es befand ſich aber dieſes Werk folgender maſſen:
An ſtat deß Grundſtuͤks/ worauf das Fusgeſtelle ruhete/ wa-
ren die drey Kriegsgoͤttinen/ die Zweytracht/ Ruchloſig-
keit und Ungerechtigkeit/ auf deren Rücken/ und alſo gleich-
ſam
[23] ſam auf das Grab deß Krieges/ die Friedensſeule geſetzet
wurde. Die erſte keñete man an den verwirreten Schlangen-
Haaren/ Blasbalg/ zerriſſenem Bienenkorb/ und der/ zwar
nunmehr verloſchenen Brandfackel; Die andre an der zer-
trettenen Goͤttlichen Geſetztafel/ und dem zerblaͤtterten
Gottesbuch; Die dritte/ an der zerbrochenen Gerichtswage
und dem hauenden Saͤbel/ den ſie noch in der todten Hand
hielte. Sie ſahen alle drey grauſam aus; auch klebete das
Blut noch an ihren zerlumpeten Kleidern. Und ob ſie wol
todt ſchienen/ ſo macheten ſie doch den Anſchauenden ein
Grauſen. Oben uͤm den unterſten Rand des auf jhnen ru-
henden Seulgeſtelles wurde dieſe Schrifft geleſen:
Diſcordes. Animi. Bellorum. Flebile. Semen.
Impietas. Hac. Atque. Nefas. Sunt. Mole. Sepulta.
Zweytracht/ Gottloſigkeit/ das Unrecht ligt den Raben
zur Speiß/ und aller Sam deß Kriegs/ hier unbegraben.l Das erſte
Bild deutet
auf das In-
ſtrum. paeis
II. das an-
der auf I.
das dritte
auf V. das
vierde auf
XVI. das 5
auf III. das
6. auf X.
\& ſeqq.
35.
Das Fußgeſtelle aber war ſechseckigt/ auf welchem
rund herüm ſechs Bilder/ die vornehmſten Haubtſaͤtze der
Friedensverfaſſung l vorſtelleten. Unter jedwedern Bilde
ſahe man auf den Flaͤchen deß Geſtelles/ ein darzu ſchikliches
Gemaͤhl/ welche zuſammen/ ein ſechsſtaͤndiges Emblema
oder Sinnbild macheten. Die zwey voͤrderſten/ welche uͤber
der untenligenden Zweytracht ſtunden/ waren das Bild der
Amneſtie und der Freundſchaft. Das erſte in ſchwartz
gekleidet/ hielte in der einen Hand eine Tafel/ deren mit Blut
geſchriebene Schrifft/ die andre Hand mit einem Schwam
ausſtriche. das Gemaͤhl ware ein Knab/ der in ein flieſſendes
Waſſer ſchriebe/ mit der Deutſchꝛifft
Odia, Aquæ. Verrunt.
Alle Fehden hinverflieſſen.
Das andere in einem roten Kleid/ truge in der Hand drey
aneinander geſetzte Hertzen/ deren Feuer ſich zuſammen in
eine
[24] eine Flamme aufſpritzete. Sein Gemaͤhl ware/ die drey Gra-
tien/ ſich miteinander uͤmarmende; die Beyſchrifft:
Pax. Autor. Mutui. Amoris.
Fried laͤſſt Wechſellieb entſprieſſen.
36.
Die zwey naͤchſten auf der rechten Seiten uͤber der
* Exancto-
ratio.Ruchloſigkeit/ waren die Religion und die Kriegsabd an-
kung..* Die eine hatte einen blauen ungeguͤrteten Rcko an/
ſtunde mit fliegenden Haaren/ und hielte in der einen Hand
ein Schloͤßlein in Form eines Herzens/ mit dem Nam en
Gottes bezeichnet/ zu welchen die andere Hand den Schluͤſ-
ſel zeigete. In ſeinem Gemaͤhl ware zu ſehen ein Paradeis-
vogel/ aus einer Hand loß und frey gen Himmel fliegend/ mit
der Schrifft:
Libera. ut. ante. Fides.
Macht der Glaubens Freiheit nieſſen.
Die andere gelb bekleidet/ ſteckete ein Schwerd in ſeine
Scheide. Ihr Gemaͤhl bildete einen Pfeiler mit allerhand
Waffen behangen/ hatte dieſes zur Uberſchrifft:
Furiis. in. Poste. repostis.
Nun die Waffen roſten muͤſſen.
Die zwey ůbrigen/ uͤber der Ungerechtigkeit ſtehende/
* Evacuatio
** Satufa-
ctio.waren das Bild der Widereinraͤumung* und der Gnugthu-
ung**. Jene in grůner Kleidung/ hielte einen Zettel von
ſich/ worauf geſchrieben ware das Wort: Tuum. Zum Ge-
maͤhl hatte ſie ein Haus/ woraus eine Hand hervor langend
einen Mann bey der Hand hinein zoge/ mit der Schrifft:
Ad. sua. quisque. redit,
Jeder kan das ſeine gruͤſſen.
Dieſe in Gold gekleidet/ warf einen Klumpen Gold in
ein Alchimie Glas/ das ſie in der einen Hand hielte. Unter
jhr ſtunde gemahlet ein Sack voll Goldſtücke/ mit einem
Oelzweig uͤmgeben/ worunter ein zerbrochenes Schwerd
lage/ mit dieſem Beywort:
Pax
[25]
Pax. aurea. redditur. auro.
Gold das Eiſen tritt mit Fuͤſſen.
37.
Nach dieſem ſtiege je zwiſchen einem Paar dieſer
Bilder eine runde Seule empor/ auf welcher die drey Frie-
densgoͤttinnen/ die Eintracht/ die Gottesfurcht/ und die
Gerechtigkeit und zwar die erſte uͤber dem Bild der Amne-
ſtie und Freundſchaft/ die andere uͤber dem der Religion und
der Waffenabdankung/ die dritte uͤber den zwoen uͤbrigen/
zuſtehen kamen. Die erſte weiß bekleidet/ trug ein Taͤfelein/
worauf der dreybeleibte Geryon gemahlet/ auf der einen/
und eine Laute auf der andern Hand. Die andere rot beklei-
det/ hatte das Hertz offen/ worein der Name des dreyeinigen
Gottes gegraben/ und truge auf dem linken Arm das heilige
Gottesbuch/ und die himliſche Geſetztafel/ worauf ſie mit
der rechten Hand wieſe. Die dritte war an jhrer Wage und
Schwerd leichtlich zu erkeñen. Die Seulen waren ablangs/
jhre Fůſſe aber in die quaͤre/ mit guͤldenen Strichen erha-
ben/ und jhre Haubtſtuͤcke mit dergleichen Laubwerk gezie-
ret. Oben an jhrem Geſimſe ſahe man/ unter jedwedern Bild
eine Schrifft/ und zwar unter der Eintracht dieſe:
Corporibus. mens. una. tribus.
Drey Leiber eine Seel jetzt haben.
Bey der Gottesforcht ware dieſes zu leſen:
Pietatis. amorem. pax. sequitur.
Gott lieben kan mit Frieden laben.
Unter der Gerechtgikeit aber dieſes:
Tribuet. sic. æquum. trutina. recti.
So theilt das Recht recht aus die Gaben.
38.
In der mitten erhube ſich eine kleine Pyramide
oder Spitzſeule/ worauf das Bild deß Friedens ſtunde. Auf
ſeinem Haubt hatte er einen Krantz von Olivenlaub/ mit
ELorbeer
[26] Lorbeer- und Eychenblaͤttern/ auch mit Blumen/ Aehren
und Weinreben unterwunden. Sein Kleid ware guͤlden/
mit Adlern/ Lilien und Loͤwen hin und wider eingewuͤrket.
In der einen Hand hielte er das Horn deß Uberfluſſes/ und
in der andern eine Taube/ die ein Oelblat im Schnabel
truge. Er lehnete ſich gleichſam an die Stangen dreyer
Fahnen/ in welchen uͤber jhm die Wappen der vereinigten
Cronen ſich ſehen lieſſen. Das ganze Seulenwerk ware von
weiſſem Marmor/ mit guͤldnen Schrifften und andern Zier-
den verſchoͤnert. Die Prinzeſſin lieſſe es/ ſobald es verferti-
get/ auf oͤffentlichen Markt ſetzen/ und/ damit es nicht von
den vorbeygehenden verunſchoͤnet wuͤrde/ ein eiſern verguld-
tes Gitter herůmfuͤhren/ mit zweyen Eingaͤngen/ uber deren
jeden eine Uberſchrifft/ und zwar auf der voͤrdern dieſe zu
leſen war:
‘PACI. GERMANÆ.
DEDIT. HANG.
GERMANIA.
MUNUS.
FUNERE. PRO. BELLI
PACIS. IN. URBE.
BASIN.’ ()
Auf dem hindern wurde eben dieſe in Teutoniſcher Sprach
widerholet/ alſo:
‘Diß Bild
TEVTONJE
ſetzt
in der Friedenſtadt
dem Teutſchen Fried
weil er
den Krieg begraben hat:’ ()
39. Nach
[27]
39.
Nach dieſem verlangete die Prinzeſſin/ von dieſer
des Friedens Bildſeule/ zu Erklaͤrung des Ausfunds/ ein
Gedichte zu leſen. Den Schaͤfern ward hievõ Bericht gege-
ben. Demnach ſie dem Floridan/ weil er ſolcher Erfindung
zuvor an die Prinzeſſin Uberbringer geweſen/ auch die Er-
fuͤllung dieſes jhres Verlangens auftrugen. Er name es
gerne auf ſich/ ſetzte ſich ůber und poetiſirte ein Lied auf eine
anmutige Arie oder Singweiſe; welches der Prinzeſſin alſo-
bald eingehaͤndiget wurde. Sie ließ es einen jhrer Capell-
knaben in die Laute ſingen. Sie ſelber/ nach dem ſie es etlich
mal gehoͤret/ ſange es unterweilen/ und ſpielete auf dem
Mandor darein/ mit ſo lieblicher Anmut/ daß die Anhoͤrendẽ
gantz daruͤber entzucket wurden; wie ſie dann eine treffliche
Seitenſpielerin ware/ und in dieſer Kunſt/ gleich wie auch
in andern/ den beruͤhmteſten Kůnſtlern aus Firanca nichts
nachgabe. Es ware aber folgendes Lied.
E 2Ihre
[28]
6. Die
[29]
E 3Ihn
[30]
Ende deß erſten Buchs.
Andres
[31]
Andres Buch.
Inhalt.
Die Gevollmaͤchtigten und Abgeordneten zu den
Frieden vollziehungshandlungen verſammlen ſich in der
Norisburg/ 40. Lob deß Herzogen von Filama/ 41. des
Prinzen Vaguſto/ 42. das Ableiben der Gemahlin deß
Adlerprinzen wird betrauret/ 44. und von Floridan be-
grabmahlet/ 46. Interimsreceß des Friedens/ 47. des
Prinzen Vaguſto Friedensmahl/ 48. Strefons darzu er-
fundene Emblematiſche Schaugerichte/ 49. Floridan
beſinget dieſes Freudenmal/ 58. Bey welchem aus einem
Loͤwen roht und weiſſer Wein unter das gemeine Volk
flieſſt/ 59. des Fuͤrſten Lidiwugan Ableiben und Leichge-
praͤnge/ 63. Zween Schaͤfer halten davon ein Klag- und
Troſtgeſpraͤche/ 64. Eubulus Rede von der Unſterblich-
keit deß Nachruhms/ 66.
INzwiſchen/ als dieſes alles mit der Prinzeſſin
in der Norisburg vorgienge/ gelangeten jhre
Einladungsbriefe zu den Haͤnden derer/ die
haubtſaͤchlich an der Friedensvollziehung theil
hatten; welche alſobald jhre Gevollmaͤchtigte
zu beſchleunigung eines ſo hochnoͤtig- und nutzlichen Wer-
kes/ dahin abfertigten. Der Allerdurchleuchtigſte Adler-
prinz/ dem die Prinzeſſin/ als der Blum jhrer Soͤhne/ die
hoͤchſte Hoheit deß Reichs/ und die groͤſte Staatswuͤrde
durch allgemeine Wahl eingeraͤumet/ wie auch die Groß-
maͤchtigſte Koͤnigin aus Druſien/ ſchicketen beede jhre obriſte
Kriegsſtaatführer/ und machten ſie alſo auch zu Friedens-
fuͤhrern/ damit zu verſtehen gebende/ daß ſie bisher warhaf-
tig uͤm den Frieden gekrieget.
41. Jene
[32]
41.
Jener ſchickte den Herzog von Filama/ einẽ Fuͤrſten/
bey dem das Glůck und die Dapfferkeit in gleicher Waag
ſtunden/ alſo daß er ſeine hohe Unterfahungen eben ſo gluͤck
lich hinausfuͤhrete/ als muhtig und bedachtſam er ſie ange-
gangen. Der Gott Mars ſchiene ſein Vater zu ſeyn/ weil er
ſtraks aus den Windeln in die Waffen gekrochẽ/ und faſt zu
einer zeit das Juͤnglingskleid/ und den Harniſch angezogen.
Sein Verhaͤngniß hatte jhn alſobald anfangs in den Teu-
toniſchen Krieg mit eingeflochtẽ/ und ware jhm von da an ſo
guͤnſtig/ daß er durch 30 folgende Jahr ſich dapffer durch-
ſchmiſſe/ niemals gefangen wurde/ oft ſiegete und ſelten den
kůrtzern zoge. Alle andere ſeines gleichen hohe Generaln oder
Kriegshaͤubter/ die zu einer zeit mit jhme ſich den Waffen ge-
widmet/ ſtarben in denſelben; Ihn allein hatte der Himmel
darzu veroꝛdnet/ daß er nicht allein ſelber einmal die Waffen
ablegen/ ſondern auch ſolche Teutoniẽ ausziehen/ und dieſel-
bige befriedigen helffen ſolte. Siena ruͤhmete ſich/ jhn geborn
zu haben; doch hatte er ſich durchſeine Dapfferkeit groͤſſer/
und den Ruhm ſeiner Ahnen dunkel gemacht/ in dem ihn ſei-
ne Verdienſte uͤber den Stand ſeiner Ankunft erhoben.
42.
Deuſien wuſte keinen hierzu geſchicktern zu ſenden/
als ſeinen Erbfůrſten/ den Prinzen Vaguſto/ der gleichſam
auch darzu verſehen ſchiene/ daß durch jhn Teutonie mit der
Cron Deuſien vertragen wuͤrde/ weil er beyder Anverwand-
ter ware/ als aus einem Ehebette erzeuget/ in welchem das
Koͤnigliche Deuſiſche und das Hochfuͤrſtliche Teutoniſche
Geblüt ſich vermaͤhlet hatten. Er ware ein großmůtiger
Fuͤrſt/ deſſen übertreffliche Angeſchaffenheiten die Hoheit
ſeiner Herkunfft leicht verrieſen. Das Gluͤck ſchiene jhm
allein darinn zu wider zu ſeyn/ daß es jhn nit eher laſſen ge-
boren werden/ damit ſeine Dapferkeit in dieſer dreyſſigjaͤh-
rigen unvergleichlichen Waffenſchule ſich der Welt haͤtte
verwun-
[33] verwunderlich machen koͤnnen. Wiewol er in dieſem ſei-
nem Alter allbereit ſolche Proben erwieſen/ daß man
daraus/ als aus den Klauen/ von dieſem Loͤwen genugſam
urtheilen/ und wol erachten konde/ der Ruhm ſeiner Thaten
würde mit der zeit das Gerůchte der allerberuͤhmteſten Hel-
den ſtumm gemacht haben/ wann ſein Geſchicke jhn nicht
mehr zum Friedẽ als zum Kriege verordnet haͤtte. Maſſen
auch der theure Friedensheld kaum den Fuß auf des Reichs
Boden geſetzt/ da hat auch alſobald ſich alles zum Frieden
angelaſſen: gleich als wann er allein daruͤm Waffen ange-
zogen/ damit er andre ſolche ausziehen machete.
43.
Dieſe zween Helden waren gar neulich faſt zu einer
Zeit von jhren Vollmaͤchtern dero Kriegsſtat zu Oberhaͤub-
tern vorgeſtellet/ und nun auch zu Vollziehern des Friedens
abgeordnet worden. Dieſe Gleichheit jhrer Verhaͤngniſſe/
benebenſt jhꝛer dapfren Gemuͤter/ machete in kurtzem zwiſchen
jhnen beyden eine vertraͤuliche Freundſchaft. Der junge Koͤ-
nig aus Firanca/ als der dritte Haubtſaͤcher/ ſchickte zu den
Handlungen drey ſeiner vornehmſten Raͤthe. Die Reichs-m. H. Henr.
Groulart de
laCourt. h.
H.Franciſc.
Caſet de
Vautorte
und HCa-
volus d’ A-
vangour.
Fuͤrſten und Staͤnde erſchienen theils ſelber/ theils ordneten
jhre Geſandten ab. Die vornehmſten nun wurden auch von
der Stadt mit Loͤſung der Stuͤcke/ und von der Prinzeſſin/
nebenſt den andern/ auf das allerfreundlichſte empfangen
und gewillkommet: da ſie hinwider von jhnen/ zeitwaͤrender
Handlungen/ zum oͤftern beſuchet und bedienet wurde.
44.
Die allgemeine Gluͤckſeligkeit ſchiene nun die
oͤberſte Staffel zu betretten/ und den Gemuͤtern eine volkom-
ment Zufriedenheit zu verſprechen; als die Veraͤnderlich-
keit Menſchlicher Dinge der allwaltenden Freude ein neues
Leid einſchaltete/ in dem der nie erſaͤttliche Menſchenwuͤrger
die Blum aller Blumen/ eine praͤchtige Keiſers Krone/ aus
dem Garten dieſes Lebens mit geſchwinder Hand abpfluͤkkete.
FDieſes
[34] Dieſes ware die trefflichſte Gemahlin deß groſſen Adler-
prinzen/ deren früzeitiges Entwerden nur vil zu zeitlich in
der Norisburg lautmaͤhrig wurde/ und Leiber und Hertzen
in Trauren verhůllete. Die Prinzeſſin Teutonie/ deren der
ploͤtzliche Verluſt dieſer jhrer wehrteſten Tochter zum
ſchmertzlichſten fiele/ legete ſelber jhren Schmuck ab/ und be-
zeugete ſowol mit jhres Kleides ſchwaͤrtze/ als mit Blaͤſſe deß
Angeſichtes/ jhren innerſten Kummer. Und in dem ſie ihr
vorbildete/ was maſſen dieſer Ausbund/ gleich wie an Hoheit/
alſo auch an uͤbertrefflicher Tugend und Schoͤnheit/ ohne
Gleichheit gelebet/ und in warheit ein Auszug aller der Na-
tur Vollkommenheiten/ auch inſonderheit eine treue Frie-
densbefoͤrderin geweſen/ wolte Sie ſich faſt uͤber dieſem To-
desfall nicht troͤſten laſſen; ob wol jhr zu dem Ende nicht we-
niger von den Fürſten/ und andern verſamleten Anweſenden/
als jhren Raͤhten/ zugeſprochen wurde.
45.
Die Troſtreden der meiſten zileten dahin/ die Ver-
ſtoꝛbene hette zwar allein in dieſem jhren letzten Tuhn menſch-
lich gehandelt/ und waͤre in allem andern eine irdiſche Goͤttin
geweſen. Sie waͤre aber auch darzu geboren geweſen/ daß ſie
„einmal ſterben ſolte. So himliſche Seelen würden der
„Erden nur geliehen. Man muͤſte in ſolchen Faͤllen der
„Gedult Opffer bringen/ und dem Himmel das ſeinige
„gerne wieder abfolgen laſſen. Alle Guͤter waͤren uns ja
„nur zum Genieß/ nicht zum Beſitz eingeraͤumet. Man
„erzoͤrnete die Goͤttliche Vorſehung mit uͤbermaͤſſigem
„Trauren/ welche wol weiß/ was ſie uns nehmen oder
laſſen ſoll. Dieſe Unvergleichlichkeit waͤre zwar geſtorben;
doch lebete ſie noch in dem Erben jhrer Vollkom̃enheiten/ den
uns jhr Tod geboren: dem würde der Him̃el jhre abgekuͤrzte
Jahre zulegen/ und in dem Sohne uns gewaͤren/ was er in
der Mutter verſprochen. Sonſten waͤre auch jhre Tugend
mit
[35] mit Stand- und Stammeshoheit verſchweſtert/ viel zu tieff
in die Hertzen der Nachgeblibenen gepflanzet/ als daß durch
einigen Todtesſchnidt/ der ſie in die Unſterblichkeit verſetzet/
dero Nachruhm in dieſer Sterblichkeit ſolte ſterblich ge-
macht werden: welcher durch die ewige Haͤnde deß Lobge-
růchtes in die Gedaͤchtniſſe gepflanzet/ und mit den Threnen
der jhrigen begoſſen/ mit den Zeiten und Jahren in die wette
gruͤnen/ und der Nachkommenheit zu untadelichem Tu-
gendſpiegel vor geſtellet werden wuͤrde.
46.
Dieſe vnd andere Troſtbrůnnlein/ in die brennende
Angſt jhrer Schmerzen nach und nach eingetraͤuflet/ loͤſche-
ten endlich aus die Hitz derſelben/ und macheten/ daß ſie ſich
in etwas zu frieden gabe. Gleiche Mühe hatte man zu Vin-
debon/ dem hoͤchſtbetruͤbten Adlerprinzen/ deſſen Hertz/
nach dem ſein halbes Theil alſo davon geriſſen worden/ un-
aufhoͤrlich blutete/ einen Troſt beyzubringen. Es floſſen da
und dort viel ſchoͤne Klaglieder zu Papyr/ weil das allge-
meine Leid von nichts anders wolte reden laſſen. Floridan
der Schaͤfer/ machete ſich auch daran/ auf Befehl der Prin-
zeſſin/ und ware diß ſeine traurige Schaͤferluſt/ daß er ſotha-
nen hochſeligſten Todshintritt mit folgendem Klagggeſang
begrabmahlete.
F 2Ich
[36]
Der
[37]
F 3Hoͤrt/
[38]
im ho-
[39]
die
[40]
muͤß
[41]
Gein
[42]
wann
[43]
G 2das
[44]
der
[45]
G 3und
[46]
das
[47]
gieng
[48]
Wien
[49]
Der Erzmutter Rahel letzte
Sterbletze.
HAuf
[50]
ins Vaterland aus dieſer Fremde hier/
zum neuen Paradeiſe.
die
[51]
H 2den
[52]
O
[53]
H 3noch
[54]
Printz Carl Joſephs/ ſeiner Allerhochſee-
ligſten Fr. Mutter gen Him̃el nach-
geſchickte/ Klagſeufzer.
Ample-
[55]
47. Unter
[56]
47.
Unter deſſen aber vergaſſen die ſaͤmtlichen Ab-
geoꝛdneten nicht/ das jenige zubehandeln/ weßwegen ſie bey-
ſammen/ [und] hielten taͤglich jhre Rahtſitze/ ům die Werkſtel-
ligung des Friedens zubeſchleunigen. Wegen eines Haubt-
vergleichs kondte man ſo bald nicht einig werden: damit
Interims
Receß der
Executions
Friedens-
handlungẽ.aber inzwiſchen inſo wichtiger Sache etwas getahn wuͤrde/
geriete es zu einem Vorvergleich/ welcher allerſeits beliebet/
und folgends unterſchrieben wurde. Der Inhalt ware/ daß
in gewiſſen Friſten etliche Plaͤtze geraͤumet/ und ein theil des
Kriegsvolks/ das Reich der Beſchwernuſſen in etwas zu
entbuͤrden/ abgedanket werden ſolten/ u.a.m.
48.
Friedens-
mahl.
Printz Vaguſto wolte ſeine hierüberhabende Freude
verſpuͤren laſſen/ und die nunmehr aufgehobenen Feindſee-
ligkeiten mit einem Freud- und Friedensgedaͤchtniß beſtaͤt-
tigen/ lude derhalben die gantze hochanſehliche Verſamlung
zu einem froͤlichen Gaſtmahl/ willens derſelben/ im Namen
der Cron Deuſien/ alle Ehr und Lieb zu erweiſen. Zu ſol-
chem Vorhaben ward ihme von der Noris der groſſe
Rahthausſaal willig eingeraͤumet/ und mit aller Gebuͤhr
und Zier/ inſonderheit aber/ nebenſt unterſchidlichen Wand-
leuchtern/ mit dreyen groſſen kuͤnſtlich- und verguͤlden Kro-
nen/ verſehen/ deren jede zwiſchen zweyen Feſtinen oder
Fruchtgebaͤnden hienge/ welchen/ ob es wol mit dem Jahr
bereits zu dem Herbſt kommen/ dreiſſig Arten friſcher Blu-
men und Fruͤchte eingebunden waren. Der Saal iſt ſon-
ſten an ſich ſelber hoch undſchoͤn aufgewoͤlbet/ und hin und
wider mit guͤldenen Roſen und Laubwerk/ benebenſt mit vie-
len ſinnreichen Gemaͤhlen gezieret. In dieſem erſchiene
die theure Geſellſchafft/ einbegleitet von Liebe/ in Vergefaͤr-
tung der ſelblichen Froͤlichkeit.
49.
ſang! Herꝛ
Gott dich
loben wir.
Der Wirtſchafft ward mit Belobung deß Himmels/
als deme man fuͤr dieſe friedliche Vereinigung voͤrderſt zu
Dank
[]
[57] Dank verbunden/ ein Anfang gemacht/ und darneben Gotto Lob geſang
der Engel/
Ehre ſey
Gott in der
Hoͤhe/ Fri-
de/ ꝛc.
Ehre/ den Menſchen aber Fried und Freude o zugeruffen;
welches an den Ecken deß Saals vier wolbeſtimmte kling-
und Sing Choͤre verrichteten/ und mit Kunſtſpielender U-
berlieblichkeit das Gehoͤr der Anweſenden beluſtigten. Dar-
auf ſaſſe man zur Tafel/ und ſaͤttigte auch den Mund mit
denkoͤſtlichſten Speiſen/ welche in groſſer Anzahl von zwoͤlf
Koͤchen zubereitet/ aus dreyen hierzu erbauten Kuͤchen ein-
geſchicket wurden. Zwo Credentzen oder Schenkſtellen
floſſen unaufhoͤrlich mit allerſüſſeſtem Rebenſafft/ welcher
auf der Tafel herümgebracht/ die Geiſter erfroͤlichte. Es
wareauch ein angenehme Luſt zu ſehen/ und eine herꝛliche
Augenweide/ als der fuͤnfte Gang einen lebendigen Wald
von allerley Baͤumen/ an welchen allen jhre eigene Fruͤchte
hiengen/ auf die Tafel ſetzte. Dem Geruch ebenmaͤſſig eine
Vergnuͤgung zu machen/ ſtunden zwiſchen dieſen Baum-
trachten etliche Rauchberge/ die einen lieblichen Duft und
Luft von ſich gaben.
[58]
50.
Weil nun alle aͤuſſerliche Sinnen bey dieſem Freu-
denmahl ihre Ergoͤtzlichkeit einnamen/ als muſten auch die
innerlichen und das Gemuͤt einen Theil an ſolcher Wolluſt
haben. Zu dem Ende wurden alſobald anfangs zwo Schau-
trachten mit aufgeſetzet mit deren Erfindung der aͤdle Stre-
fon ſeiner Sinnen Kunſtvermoͤgen allen Anſchauenden
verwunderlich gemacht. Die erſte war ein Siegesbogen/
gewidmet der Einigkeit/ welche oben auf ſtunde/ in der einen
Hand einen Zettel haltend/ worauf etliche Nulla oder nichts-
bedeutende Zahlbuchſtaben ſtunden/ mit dieſer Schrifft auf
der andern Seiten:
Unumque necesse est.
Eins iſt noͤtig dieſer Zeit/
nemlich Fried und Einigkeit.
In der andern Hand truge ſie einen Bienenkorb/ auf
welchem dieſe Zeilen zu leſen waren:
Ferrum. et. Flamma. procul. dulcis. labor.
omnibus. idem.
Die nun ferne Flamm und Schwerd
hat gleiche ſuͤſſe Muͤh gefaͤhrt.
Unten zu jhrẽ Fuͤſſen lage auf einer ſeiten die Zweytracht
todt/ auf der andern der Sieg ſchlaffend. Bey jener ware
diß geſchrieben:
Vitium. oiscordia. Semper. excitat.
Entſteht die Zweytracht aus dem Grab/
ſo geht es nicht ohn Jammer ab.
Unter dieſer aber folgende:
Alata. hic. victoria. dormit.
Nun der Fluͤgelſchnelle Sieg
ſchlaͤffet nach geendtem Krieg.
51.
An den Seiten deß Portals oder Schaubogens
waren die ſieben Planeten oder Laufſternen/ und bey jedem
ein Emblema oder Sinnbild gemahlet. Saturnus/ als
der erſte/ welcher von den Alten ein Koͤnig der gůldnen Zeit
benamet wird/ hatte dieſe Schrift:
[59]
Aurea. succedant. secula. ferrigenis.
Nun die Eiſenjahr entwichen
koͤmmt der guͤldne Fried geſchlichen.
Sein Gemaͤhl war ein Magnet oder Nordſtern/ der
ſich allezeit nach Mitternacht lenket/ die Schrifft:
Unum. modo. respicit. astrum.
Unsre Augen ſchauen fern
deß Magnets Nordenſtern.
Ihm folgete Jupiter/ der/ als bey den Heyden ein Gott
deß Himmels/ den Donnerſtral fuͤhrete/ mit dem Wort:
Nunc. rauca. tonitrua. ponam.
Meinen ſchweren Donnerſtral
leg ich in den Friedenstahl.
Zum Gemaͤhl hatte er eine Waage/ in welcher ein Oel-
zweig das Schwerd uͤberwoge; das Beywort:
Sic. trutinat. pietas.
Auf der Waag der Froͤmmigkeit
uͤberwigt der Fried den Streit.
52.
Mars/ vor zeiten der Kriegsgott benamet/ hatte zur
Uberſchrifft dieſe Zeilen:
Gladium. vagina. recondat.
Mein Schwerd hoͤret auf zu ſchneiden
und faͤhrt wider in die Scheiden.
In ſeinem Gemaͤhl ware zu ſehen ein Bogen mit abge-
laſſener Senne/ und dieſe Reimzeilen:
Indulgere. juvat.
Man laͤſſt meine Senne nach/
daß ich nicht werd gar zu ſchwach.
Der Planet Sol oder die Soñe hatte folgendes Beywort:
Post. nubila. Clarior.
Nach dem Wetter insgemein
folget heller Sonnenſchein.
Sein Gemaͤhl aber/ einen Abendregenbogen/ erklaͤrt
dieſe Beyſchrifft:
J 2Dîvi-
[60]
Divinæ. nuncia. pacis.
Dieſes Bogens halbes Rad
weiſet auf deß Hoͤchſten Gnad.
Venns/ von den Alten fuͤr die Goͤttin der Liebe ange-
betet/ gabe dieſes von ſich zu leſen:
Germano. nectantur. pectora. amore.
Lieb iſt treuer Hertzen Freude/
bindet Teutſche Biderleute.
Ihr Gemaͤhl ware drey Hertzen/ ſo von einer Flamme
brenneten/ mit der Deutſchrifft:
Inflammat. nexus. amoris.
Teutſche Liebe wird nun neu/
haltend drey in groſſer Treu.
53.
Mercurius/ ins gemein vor den Boten der Goͤtter
und den Gott aller Boten gehalten/ wurde durch dieſe
Schrifft redend:
Bona. nuncia. pacis. defero.
Gute Zeitung bring ich hier:
Hoͤrt/ der Fried iſt vor der Thuͤr.
Bey jhm ware gemahlet ein runder Dreyfuß/ auf wel-
chen/ dieſe Schrift deutet:
Uno. clauditur. orbe. trias.
Ein gleichrunder Friedenskreis
faſſet drey auf gleiche weiß.
Luna/ der letzte/ von den Teutſchen der Mond benamet/
hatte dieſes zur Beyſchrifft:
Rerum. facies lunata. novatur.
Die Welt und des Mondesſchein
wird nun bald verneuert ſeyn.
Das Gemaͤhl hierbey ware ein Mahlſchloß/ deſſen auf-
ſchlieſſende Buchſtaben dieſe waren:
Pax. grata. resolvit.
Was verwirrt iſt hie und dort
oͤffnet nun des Friedens Wort.
54.
[61]
54.
Inwendig am Schwibbogen war zu ſehen ein Oel-
zweig/ auf einer Weltkugel ligend/ mit dem Beywort:
Pax. cuncta. serenat.
Der beliebte Friedenslauf
klaͤret alles dunckel auf.
Auf dem gantzen Ausfund aber deutete an den Seiten dieſe
Uberſchrifft:
Aurea felici ſociantur ſecula nexu:
illuſtrat Belli nubila temperies.
Pace benignus amor. jungit Concordia corda.
Terra, tropæa gerens, aſtra ſerena refert.
Der Sternen guͤldner Glantz ein Gluͤcksgeſtirne fuͤget:
das Kriegeswetter weicht/ es folget heitre Zeit.
der Fried bringt milde Lieb und Hertzenseinigkeit.
So froher Himmelſchein der Erden Sieg vergnuͤget.
55.
Die andre Schautracht ware ein Berg/ ſechs-
eckigt und in drey Theile abgeſondert/ deren jedes auf eine
von den dreyen vereinigten Kronen deutete. Oben uͤber
ſtunden drey Nymfen/ nach jedwedern Theils Bedeutung
in dero Heroldsfarben gekleidet/ einen dreygewundenen
Oelzweig miteinander haltend/ mit der Beyſchrifft/ ſo am
Rande auf Ebenholtz/ wie auch die andern/ zu leſen ware:
Pax. una. coronis. innumeris. potior.
Dieſe ſchoͤne Friedenskrone
ziert die hoͤchſte Ehrenthrone.
Das Oſttheil/ auf den Adlerprinzen deutend/ ware voller
Fruͤchte; das Nordtheil/ auf das Koͤnigreich Deuſien abſe-
hend/ voller Felſen und Schneeberg/ Das Sudtheil aber/
dem Koͤnig aus Firanka zugeeignet/ voller Blumen. An dem
Oſttheil ware zu ſehen/ erſtlich ein Adler im Neſt ſitzend/
mit dem Wort:
Maiestate. quieta.
Meine hoͤchſte Majeſtaͤt
iſt mir eine Ruheſtaͤt.
J 3Darnach
[62]
Darnach eine Henne/ unter einem Feigenbaum und Wein-
ſtock brutend/ wobey dieſes geſchrieben:
Hæc. umbra. quietem. largitur.
Unſer Feigenbaum und Reben
wird nun ſichern Schatten geben.
56.
An dem Nordtheil ſahe man einerſeits einen Loͤwen/
auf einem Schild und Schwerd ligend/ und dieſes Bey-
wort:
Adamat. concordia. curam.
Einigkeit und Friedensmacht
foͤrdert vieler Sorgen Wacht
Anderſeits aber deß ſtreitbaren Gotteshelden Simſons
Kinbacken/ mit welchem er/ als einem Kriegswaffen/ die
Feinde erleget/ und folgends von dem darausſpringenden
Quellwaſſer/ in ſeinem groͤſten Durſt/ unverhofft erquicket
worden/ die Beyſchrifft war:
Pax. insperata. salus.
Dieſes groſſe Friedensheil
wird uns unerwart zu theil.
An dem Sudtheil zeigete ſich zu foͤrderſt ein Han/ auf
einem Helm ſtehend/ mit der Schrifft:
Vigilantia. felix.
Meine Sorg und Wachſamkeit
hat mir manches Gluͤck bereit.
Hernach ein Oelzweig/ auf einen alten Staͤmmer ge-
pfropffet/ mit der Umſchrifft:
Succrescat. ramus. olivæ.
Nun bekleibe dieſer Zweig
der uns machet Friedenreich.
Ferner ſo blieſſen aus dieſem Berge drey Winde/ als
der Oſt-Sud- und Nordwind/ ebenfalls auff die drey Cro-
nen in geſetzter Ordnung abſehend/ mit der Deutungſchrift:
In. pacem. conspirant. undique. venti.
Nun die Pfeilgeſchwinde Wind
in der Welt zu frieden ſind.
57.
[63]
57.
Zwiſchen dieſe zwey Schaugerichte wurde auch
noch ein Spring- und Roͤhrbrunnen geſetzet/ mit Roſen-
waſſer gefuͤllet/ welches/ durch den Luft in die Hoͤhe getrie-
ben/ mit angenehmen Liſplen wider herab in das Brunnge-
faͤs platſcherte und gleichſam regnete. Sonſten truge ſich
hierbey etwas denkwuͤrdiges zu/ in bem nemlich/ als etliche
Paſteten/ darinn lebendiges Wild und Gefluͤgel verſchloſ-
ſen/ aufgetragen/ und folgends jhre Deckel aufgehoben wur-
den/ eine Taube/ aus deren einer fliegend/ ſich alſobald auf
das Bild der Eintracht/ uͤber der erſten Schautracht/ ſetzete.
Jederman hielt es fuͤr ein gutes Zeichen; weiln auch dazu-
mal/ als der gerechte Himmel/ uͤber die Menſchen erzuͤrnet/
die gantze Erde überſchwemmet hatte/ eine Taube mit ei-
nem Oelblat zu den uͤbrigen acht Menſchen in den Kaſten
widerkehrend/ den Frieden verkuͤndiget.
58.
Nach dem man nun die Trachten deß fuͤnftẽ Gangs
zu genuͤgen gekoſtet/ war das Oberblat der Tafel ſtuͤckweiß
abgenommen/ die dann allbereit mit Tuch/ Tellern/ Ser-
vieten/ u. d. g. aufs neu gedecket/ auch mit allerhand Zucker-
blumen uͤberſtreuet ware; worauf ein koͤſtlicher Confect- oder
Nachtiſch auf das herrlichſte zubereitet/ und unter deſſen
auf beyder Cronen Geſundheit/ auch auf Gedeyen deß ver-
abredeten Friedens vertraͤulich getrunkẽ/ und von der Burg
mit ſechzehen groſſen und kleinen Stucken dapfer darzu ge-
donnert/ auch von den Trompeten und Heerpauken froͤlich
darein geſpielet wurde. Es haͤtte mehr nicht erſonnen wer-
den koͤnnen/ dieſe wehrteſten Gaͤſte zu ergetzen/ und ware
keine Art der Luſt/ die allhier nicht genoſſen ward.
59.
Der Schaͤfer Floridan/ als er dieſe ſchoͤne Verſam-
lung ſo hochloͤblicher Helden/ und treuer Friedensraͤhte mit
anſahe/ konde ſich nicht enthalten/ ſeine Muſa hiervon ſin-Iſt dazn-
mal abſon-
lich gedru [...]e
wordẽ.
gend zu machen. Gienge demnach auf eine Seite/ ſchriebe
ein Lied/ und wieſe ſolches einem jhm-bekannten darbey auf-
wartenden
[64] wartenden Kriegsbefehlshaber; welcher es folgends eben-
maͤſſig einem und andern zeigete/ und durch ſeinen Vor-
ſpruch beliebt machete. Es ware aber nachfolgendes:
Sihe das
Raͤtſel
Simſons/
Jud. 14.
Es
[65]
Kauf
[66]
unſterb-
[67]
K 2daß
[68]
60.
Es wurden auch/ weil der liebe Friede der nohtlei-
denden Armut zu kuͤnfftigem Reichtum und beduͤrftigen
Lebensmitteln gedeyen ſolte/ den armen und breſthaften Leu-
ten zween Ochſen geſchlachtet/ ſelbige unter ſie mit Brod
und Trank ausgetheilet/ und alſo jhnen auf offner Straſſen
ein freyer Tiſch angerichtet. Uber das/ weil der Friede allge-
mein/ und deswegen nit nur dem hoͤhern/ ſondern auch dem
nidern Stande zum Nutzen und Ergoͤtzlichkeit gereichen
ſolte/ wurde in ein Fenſter deß Mahlſaals/ welches auf den
langen Marktplatz ſahe/ ein meſſinger Loͤw geſetzet/ der in
der einen Patten einen Oelzweig/ in der andern ein zerbro-
chenes Schwerd hielte/ und aus ſeinem Rachen/ in die ſechs
Stundenlang/ roten und weiſſen Wein unter das gemeine
Stadt- und Landvolkſprůtzete. Da ware ein Luſt zu ſehen/
wie ſich der Poͤbel hinzudraͤngete/ nicht ſo ſehr aus Durſt/
als/ weil ein jeder dieſen Friedenswein nicht gekoſtet zu ha-
ben für ſeine groͤſte Ungluͤckſeligkeit hielte.
61.
Das Dorf lief in der Stadt/ und mit der Stadt
dem Orte zu/ ſich einbildend/ ſie waͤren vom Frieden zu Gaſt
geladen. Es waren zwo Kufen geſtellet/ darein der Wein
lauffen/ und daraus er von maͤnniglich geſchoͤpfet werden
ſolte. Die Begierde eines jeden aber lieſſe nicht zu/ daß einer
nach dem andern ſchoͤpfete/ ſondern ein jeder wolte der naͤchſt
und voͤrderſte ſeyn. Demnach kehreten ſie die Kufen uͤm/
ſtunden darauf/ hielten Huͤte/ Kannen/ Toͤpffe/ und was die
Eilfertigkeit einem jeden in die Hand gegeben/ an Stangen/
Furken/ u. d. g. in die hoͤhe und unter. Es ware einer/ der ſei-
nen Stiefel auszoge/ und Wein damit auffienge.
Deß lacht der Nordenprintz. Seht/ was man nicht erfindt!
das iſt ein Teutſcher Durſt/ wo Stifeln Glaͤſer ſind.
Vielen
[]
[69]
Vielen wurde jhr Gefaͤß/ ehe ſie es noch herab und zu Mund
brachten/ aus Neid uͤmgeſtuͤrtzt/ alſo daß das meiſte auf die
Erde ſchoſſe und verfloſſe. Etliche/ denen es geworden/ lief-
fen damit nach Hauſe/ lieſſen die Kindheit davon trinken/ daß
das Alter davon ſagen koͤnde; fuͤlleten auch wol damit ein
Glas/ und ſetzeten es zum Gedaͤchtnuß bey. Andere/ wann
ſie zu keinem Trunke kommen konden/ begnügten ſich/ wann
nur jhre Kleider davon naſſ wurden. Andere die namen deß
ſuͤſſen Safftes ſoviel zu ſich/ daß ſie es auf der Stelle wieder
muſten von ſich geben. Den meiſten mangelte es an Gefaͤſſe;
denen die treuhertzigſten von dem/ was ſie bekommen/ weil ſie
es auch uͤmſonſt hatten/ als von einem gemeinen Gut/ mit-
theilten.
62.
Die kluͤgſten ſahen lieber andrer Toꝛheitẽ zu/ als daß
ſie ſolche mitmacheten. Inzwiſchen gabe es allerley ſchoͤne
Geſpraͤche und Ausdeutungen hiervon. Einer ſagete/ das
Blut/ das der leidige Krieg ſo lange Zeit der Teutonien aus-
geſogen und- geſoffen/ fange nun wider an in Wein verwan-
delt/ auß deſſen todtẽ Rachẽ zu flieſſen. Andere neñeten es den
Wein der Freuden/ nach dem Weinen/ welchen die Friedens-
ſonne aus dem Trehnenregen gekochet. Etliche lieſſen ſich
duͤnken/ ſie ſehen das Bild des Wolſtands vor ſich/ der aus
ſeinen beyden Bruͤſten das Friedenoͤl ſpringen lieſſe/ die
neugebornen Jahre der Ruhe damit zu nehren und zu ſaͤu-
gen. Ihrer viele deuteten den rohten Wein auf die neu-ent-
brennende Liebe der Hertzen/ den weiſſen aber auf die wie-
derbluͤhende alte Teutoniſche Treu. Geiſter voll himliſcher
Gedanken betrachteten hierbey der Teutonier Blutrote
Schulden/ welche dem Himmel vormals die Kriegsrute in
die Hand gegeben; und den weiſſ-reinen Vorſatz der beſ-
ſerung/ wodurch er wider beguͤtiget/ das Land zu ſtaͤupen ab-
gelaſſen/ und den Brunn ſeiner Gnaden/ uns mit neuer
Wolfart zu überſchuͤtten/ eroͤffnet.
K 365. Die
[70]
65.
Die Prinzeſſin Teutonie wohnete dieſem Freuden-
mahl nicht bey/ ſchickete aber an jhrer ſtatt vier Fuͤrſten/ und
drey Grafen deß Reichs/ jhre Soͤhne/ unter welchen ſich
auch eines von den acht Durchlaͤuchtigſten Churhaͤubtern/
der Fuͤrſt von Myrtilleto befande. Die Nacht erſetzete die
Luſt dieſer Wirtſchafft/ weil der Tag viel zu kurtz ware/ alle
Froͤligkeiten auszulaſſen. Und zu erweiſen/ daß nun mehr
nicht nur die Leiber/ ſondern auch die Gemůter/ die Waffen
abzulegen geſonnen/ erhuben ſich die ſaͤmtlichen Hh. Gaͤſte
von jhren Stellen/ lieſſenſowol Unter- als Obergewehr in
den Saal bringen/ theilten die Kriegsaͤmter unter ſich aus/
zogen uͤm die Tafel heruͤm/ gaben etliche Salven oder Lo-
ſungen/ und macheten alſo aus jhrem bisherigem Kriegsernſt
einen erfreulichen Friedenſchertz. Printz Vaguſto und der
Fürſt von Filama waren Haubtleute; der Cron Deuſien
Feldmarſchalk Granlew ware Corporal; der Fuͤrſt von
Mirtilleto/ Rottmeiſter: Unter dieſer viere Anfuͤhrung
zogen alle andeꝛe anweſende Kriegsobriſten/ das Gewehr
als Hakenſchützen uͤber der Achſel tragend/ in ſchoͤner Ord-
nung auf die Burg/ brenneten daſelbſt alle Stuͤcke zu vielen
malen los/ und wurden/ als ſie nun lang gnug Soldaten ge-
ſpielet/ in dem Růckzug von des Adlerprinzen aͤlteſten Obri-
H. Obriſt
Ranft.ſten ſchertzweiß abgedanket/ und jhrer Dienſte erlaſſen. Wo-
mit ſich dann dieſes Fried- und Freudenmahl endete.
66.
Printz Vaguſto lude dieſe hochloͤbliche Geſellſchaft
deß andern Tages zu einem koſtbaren Feuerwerk/ welches
nechſt der Stadt verbrennet wurde. Und nahme folgends
die Vertraͤuligkeit in allerſeits Gemuͤtern ſo ſehr zu/ daß
immer einer den andern begaſtete/ und ſie daruͤm zanketen/
welcher dem andern groͤſſer Ehr und Wolgefallen erweiſen
koͤnde. Inzwiſchen wendeten die Friedensraͤhte/ zu Abhelf-
fung der uͤbrigen Strittigkeiten/ taͤg- und moͤglichſtenfleiß
an. Das Gluck aber wolte in dieſem allgemeinen Freuden-
ſpiel
[71] ſpiel auch ſeine Perſon mit vertretten/ und nach ſoviel froͤ-
lichen abermals einen traurigen Aufzug einfůhren/ in dem
es durch die gewaltſame Hand deß Todes der edelſten Glie-
der eines von dem Leibe dieſer wehrten Verſamlung hinge-
riſſen/ nemlich den Fůrſten Lidiwugan von Buſchalza/ ei-
nen Herrn/ deſſen hohes Gemůt jhn über alle ſeines Stan-
des hobe/ und von deſſen vielgeprobter Dapferkeit man
wol ſagen konde/ daß ſie in der Blüte geſtorben/ und daß die
Verhaͤngniſſe ihn allein der Erden gewieſen/ aber nicht lan-
ge goͤnnen wollen.
67.
Er ward mit gewoͤhnlichem Fürſtl. Leichgepraͤnge
von einer hochanſehlichen Traurfolge aus der Stadt/ von
dem Prinzen Vaguſto aber/ als ſeinem Anverwandten/
bis in ſein Erbbegraͤbnuß etliche Meilen/ begleitet/ auch vor
dem Tohr mit zweytauſend Muſqueten/ zweymal beſalvet
und beſchoſſen. Die Prinzeſſin Teutonie/ die das vorige
Leid noch nicht gar verſchmertzet/ fuͤhlete hierůber einen
neuen Unmut/ und wurde jhre kaum noch zugewachſene
Wunde durch dieſe friſche widerumb aufgeriſſen. Ihren
Kummer zu beſaͤnftigen/ begabe ſie ſich hinaus in das Grü-
ne/ welches zwar gleichſam wegen dieſes Todsfals/ auch zu
falben und zu verwelken ſchiene. In dem ſie ſich nun eines
Tags in einem luſtigen Waͤldlein etwas erſpazirt/ hoͤrte ſie
den Tohn einer Schalmeye. Sie konde leicht erachten/ daß
daſelbſt Schaͤfer ſeyn wuͤrden/ deren Lieder anzuhoͤren/ und
damit jhre Gegenwart ſie nicht abſchreckete/ Sie ſich mit
denen bey ſich habenden in einen Buſch verkroche. Sie hoͤ-
rete aber jhrer zweene folgender maſſen von dem Tode hoch-
beſagten Prinzen miteinander ſprechen und anſtimmen:
Virg. V. Eclo.
hieher ver-
teutſcht.
Hylas.
[72]
jhr
[73]
Lund
[75[74]]
ſo ſuͤß
[76[75]]
L 2Ihr
[76]
auch
[77]
L 3kein
[78]
deß Virg. 1.
und 2. Eclo.
ſolches an-
fangs ver-
teutſcht zu
finden in
der/ der Fri-
dens Rede
angehaͤng-
ten Schaͤ-
ferey/ § 5.
41.
68.
Wie gefiele euch dieſes Geſpraͤche/ fragte die Prin-
zeſſin den Eubulus. Mich duͤnket/ dieſe Hirten ſolten auch
den Allerlaſterhafftigſten eine Luſt zur Tugend machen/ in
dem ſie dieſe mit ſo ſchoͤner Belobung/ auch nach dero Abſter-
ben/ verewigen. Mich belangend hat mich dieſes Singen
über dem Tode meines Sohnes hoͤchlichẽ getroͤſtet. Durch-
leuchtigſte Prinzeſſin/ antwortete Eubulus/ wie ſehr mich
dieſe Schaͤfer anjetzt beluſtiget/ kan ich beſſer denken als ſa-
gen. Zwar jhre Reden haben mir beydes gefallen und miß-
fallen: dieſes/ weil ſie eines ſo treflichen Helden Tod; jenes/
weil ſie jhn ſo trefflich betrauret. So hertzbeweglich laſſen
ſich dieſe Muſen hoͤren/ daß man zu einer zeit Freude und
Leid fuͤhlet/ und mitten unter den Trehnen lachen moͤchte/
aus hertzlichem Belüſten. Dieſe Freude aber haben E.
Durchl. mir ergroͤſſert/ mit dero hievon gegebenem hochver-
ſtaͤndigen Bedenken. Gluͤkſelig halte ich ſolche Verſtoꝛbene/
deren Namen von ſolchen Famen nach jhrem Tode mit ſo-
tahnem Lob ausgeblaſen/ und ſie dardurch aufs neue belebet
werden.
69.
Und iſt in Warheit eben dieſes allein das rechte Le-
„ben/ das erſt nach dem Tode anfaͤhet: der Seelen nach/
„an dem Orte der ſeligen Ewigkeit; dem Namen nach/ in
„der Unſterblichkeit deß Nachruhms. Alle andere Guͤter
„in dieſem Leben ſind uns allein zum Gebrauch geliehen/
„nicht aber eygentümlich eingeraͤumet/ haben der Ver-
gaͤnglich-
[79] gaͤnglichkeit gehuldiget/ und ſind den fluͤchtigen Jahren„
zinßbar. Reichtum der verlaͤſſet uns entweder ehe wir„
ſterben/ oder wir muͤſſen jhn verlaſſen/ wann wir ſterben.„
Ehre hoͤret oft vor oder doch mit dem Leben auf/ und iſt„
noch niemand geweſen/ dem ſeine Herꝛlichkeit nachgefah-„
ren. Geſundheit/ Staͤrke/ Schoͤnheit verfallen mit dem„
Leibe/ als deſſen Guͤter. Die einige Tugend iſt den Zeiten„
keinen Zoll ſchuͤldig/ die uͤberlebet uns/ und zaͤhlet jhre„
Jahre mit der Ewigkeit ab. Ein groſſer Mut befleiſſiget„
ſich daruͤm/ rühmlich zu leben/ auf daß er nach dem Ab-„
leiben noch leben/ und abweſend gegenwertig ſeyn moͤge:„
denn ſonſten waͤre es eine Torheit/ ſich durch tauſenderley„
Gefahr und Muͤhe/ der Welt wolverdient zu machen/ da„
man/ auſſer dem/ ſeine Jahr ruhig und ohne Arbeit hin-„
bringen koͤnde. Wir haben zwar ein kurtzes Leben/ aber„
ein langes Nachgedaͤchtniß unsres Lebens. Wackre Ge-„
můter ſtreben demnach in der kuͤrtze der Zeit/ nach der laͤn-„
ge der Ewigkeit/ und ſchreiben durch tugendliche Thaten„
jhre Namen in ein Buch/ daraus ſie weder Zeit noch Neid/„
weder Glut noch Flut ausloͤſchen kan.
68.
Nach dem aberkeinem moͤglich/ dz er ſeine Verdien-„
ſte der gantzen Welt voꝛ Augen ſtelle/ und zuweiln nur eine„
Stadt/ oder ein gewiſſes Land/ auch nur die gegenwerti-„
ge Welt/ ſeine Tahten anſihet; als iſt jhme von noͤhten„
eine gelehrte Feder/ durch welche ſein Lob in alle Laͤnder„
fliege/ und/ gleichſam auf den Wagen deß Geruͤchtes ge-„
ſetzet/ zu der Nachwelt fortwandre. Deßwegen ward zu„
allen (aber gar wenig zu jetzigen) zeitẽ die goͤttliche Poeſy„
oder Dichterey in hohem wehrt gehalten; und iſt aus den„
Jahrbůchern kund/ daß dapfere und wolverdiente Maͤn-„
ner ſich allemal uͤm die Freundſchaft guter Poeten bewor-„
ben/ und jhnen dieſelbige mit vielfaͤltigen Gunſtẽ verbun-„
den/
[80] den/ nicht aber/ wie heutiges Tages geſchiht durch/ Neid
oder Miß belohnung/ zu wider gemacht. Und weil die Mu-
ſen ſowol Satyren oder Schelt- als Lobgedichte ſchreiben
koͤnnen/ haben ſich groſſe Leute vor den Poeten hefftig ge-
foͤꝛchtet/ daß ſie nit etwas ungleiches von jhnen an das Liecht
braͤchten/ und daher ſich ſonderlich befliſſen/ daß ſie jhnen
Dank fuͤr Ehre/ und Lieb fuͤr Lob/ auch nit Urſach gaͤben/ ſich
uͤber Undank zubeklagen/ und ſie alſo ein boͤſer Inhalt jhrer
guten Gedichte wuͤrden. Was freundlicher Wort gebrau-
chet ſich doch deß Roͤmiſchen Adlers andrer Ruhm und
Blum gegen dem Venuſerſchwan? Wiſſe/ ſchreibt er an
jhn/ daß ich zuͤrne/ daß du meiner in deinen Schriften nicht
zum oͤftern erwaͤhneſt. Fuͤrchteſt du/ es werde dir bey den
Nachkommenden eine Schande ſeyn/ daß du dich ſo ge-
mein mit uns gemacht. O eine Leutſeelige Hoheit/ deren
Tugendlicher Ehrendurſt wol verdienet/ daß ſie in dieſes
und anderer Poeten Schrifften noch immer/ und biß an
das Ende dieſer Irdiſchkeit/ mit Ruhm geleſen werde.
69.
Eben deßwegen auch haben ſeine Reichsnachfolgere
die Kroͤnung der Poeten aufgebracht/ welches vorher allein
ſieghafter Helden Haͤubtern widerfuhre. Die dapferſten
Kriegs fuͤrſten haben jederzeit Poeten bey ſich im Lager ge-
habt/ da dann/ was jene gethan/ dieſe aufgeſchriebẽ. Und wie
ſolt es anderſt ſeyn/ weil auch Apollo zugleich der Helden und
Poeten Gott geglaubet worden/ und die Haare ſeiner liebſten
Dafne/ die ewigen Lorbeerblaͤtter/ beyden zugleich gewidmet.
Ja/ wie ſolten die nicht wehrt ſeyn in jhrem Leben gekroͤnet zu
werden/ von welchen andre nach jhrem Tode mit dem unver-
welklichen Krantz der Ehren und deß Nachruhms gekroͤnet
worden. Die Tugend iſt ungluͤkſelig/ die jhren Lohn/ welcher
iſt Ehr und Ruhm/ nicht erlanget. Das iſt ein todtes Tuhn/
das ſeines Lobs ermangelt/ und/ wann es begangen/ ver-
geſſen wird. Iſt derhalben nicht weniger daran gelegen/
wie
[81]wie man daruͤm gelobt werde/ als wie man loͤblich handle.„
Dieſes ſtehet dapfern Maͤnnern/ jenes guten Poeten zu„
Und zwar die/ die ſolcher Leute und jhrer Belobung nicht„
achten/ geben damit an Tag/ daß ſienichts Lobwůrdiges
begehen/ und daher auch nicht begehren gelobet zu werden;
weil der Tugend Eigenſchaft iſt/ deß Lobs begierig ſeyn.
70.
In ſolchen und andern Geſpraͤchen begabe ſich die
Prinzeſſin mit jhrer Geleitſchafft wieder zu ruͤck in das
Landhaus/ welches jhr von der Nymfe Noris/ zu jhrer Be-
lüſtigung/ eingeraͤumet worden. Daſelbſten ſahe ſie unter-
weilen dem muͤhſamen Feldmann zu/ wie er ſeine das Jahr
über gehabte Hoffnung einſamlete/ und mit dem milden Zu-
wachs der Feld-Baum- und Wieſenfrüchte ſeine Scheu-
nen/ Keller und Kammern bereicherte. Alſo verfloſſe der
Herbſt/ den Winter mit ſeinem kalten Eißrock an ſeiner ſtat
hinderlaſſende/ welcher augenblicklich das Land unter
Schnee ſetzete/ und die Prinzeſſin veranlaſſete/ nach dem ſie
ſich zuor genugſam mit dem Vogelfang und Jagt ergetzet/
wieder in die Stadt zu ziehen. Demnach wurde ſie von der
gantzen hochloͤblichen Fridensverſamlung gar ſchoͤn einge-
holt/ und biß in jhr gewoͤnliches Einlager begleitet: allda
Sie ſie mit vieler Bedankung wieder von ſich
lieſſe/ und ihnen die voͤllige Ausoͤrterung
des Friedenwerks treulichſt
empfohle.
Ende deß andern Buchs.
[82]
Drittes Buch.
Inhalt.
Die Friedenshandlungen laſſen ſich gefaͤhrlich an/
71. Der Prinzeſſin Kummer/ 73. Eubulus troͤſtet ſie/
mit vielen Grůnden/ von der weißen Gerechtigkeit des
Goͤttlichen Willens/ 75. Ihre Einwendung von dem
Jammer jetziger zeiten/ 79. Seine Antwort und Ver-
gleichung der alten Zeit mit der gegenwertigen/ 81. Des
Prinzen Vaguſto Laubhuͤttenmahl/ 84. Der Friede
wird beſchloſſen/ 89. unterſchrieben und feyerlich kund
gemacht/ 90. Floridan beſinget die Verſamlung der Frie-
densraͤhte/ 95. Kurtzer Inhalt deß Friedens vergleichs/
100. Deß Adlerprinzen neue Vermaͤhlung wird begluͤk-
wůnſchet von dem Poeten Virgilius/ 104. von Flori-
dan/ 105.
GLeich wie eine Feuerkugel/ wann ſie lang ge-
nug Funken und Schlaͤge ausgeworffen/
zuletzt noch einen ſtarken Knall hoͤren laͤſt/
und damit zerplatzet; Oder/ wie ein ausge-
bronnenes Liecht/ wann es ſchier vollends
ausgehen will/ zuvor noch ein hellen Schein von ſich gibet:
Alſo wolte auch die nunmehr ausbreñende Kriegsfackel/ ehe
ſie von dem Oel deß Friedens gar ausgeloͤſcht wurde/ mit
einer nochmaligen Schrekflamme jhr ſelber zu grabe leuch-
ten. Der Eißkalte Winter machete gleichſam/ nebenſt der
Waͤrme in den Leibern/ auch die Liebe in den Hertzen er-
frieren/ alſo daß jederman ſich beſorgete/ der Friede wuͤrde
in der Geburt/ und die neugepflantzte Treue in jhrer Blüte
ſterben. Die widrigen Zeitenwinde fiengen mit den winte-
riſchen Norden an zu raſen/ willens/ den Bau des Friedens
uͤmzu-
[83] uͤmzureiſſen/ und tauſenderley Sturmwetter uͤber Teuto-
nien aufs neue auszublaſen. Die Rahtſitze waren nebenſt
der Erden unfruchtbar/ und konden/ durch einfallende Strit-
tigkeiten verhindert/ nichts erfreuliches herfür und zu Wer-
ke bringen.
72.
Man begunte faſt die Waffen wieder hervor zu ſu-
chen/ die man kaum abgeleget; oder vielmehr den Stillſtand
derſelbigen aufzuheben/ an ſtat daß er ſolte verewiget werdẽ.
Die Degen und Schwerder/ die man bereits an die Pfluͤge
geſtecket/ ſoltẽ wieder herunter und in jhre alte Gefaͤſſe. In
manchem Helm hatten ſchon die Tauben gebruͤtet/ und die
Bienen Honig geſamlet; die Schilde waren zum Gedaͤcht-
niß in die Kunſtkammern gehaͤnget/ Büchſen und Piſtolen
durch langem Unbrauch verroſtet: noch holete man alles
wider herbey/ uͤm ſich zu einem neuen Ernſt zu ruͤſten. An
ſtat der alten Fahnen/ die denen Abgedankten Preiß gegeben
worden/ lieſſe man neue machen/ vorhabens/ wider Knechte
und Voͤlker darunter zu werben. Den Roſſen/ die nun ſchon
deß Pflugs und Zugs im Feld und uͤber Land gewohnet/ name
man das Geſchirꝛ ab/ und legete jhnen wieder Sattel und
Zeug/ Sack und Pack auf. Viele/ die in gewiſſer Hoffnung
deß Friedens/ der Staͤdte Dienſtbarkeit mit dem freyen
Landleben verwechſelt/ begaben ſich/ aus Furcht der Kriegs
Drangſale/ wider in die Stadt und deꝛen Schutz. Der arme
Feldmann/ der allbereit den ſuͤſſen Vorſchmack der allge-
meinen Ruh zu koſten angefangen/ graͤmete ſich faſt halb zu
todt/ daß er der Ernde ſeiner Muͤh nicht genieſſen ſolte.
73.
Unruhige Gemuͤter hatten ein hertzlliches Wolge-„
fallen hierob/ als die/ gleich dem Salamander/ nicht eher„
hervor und entbor zu kommen pflegen/ als wann es truͤb„
Wetter iſt. Der Prinzeſſin aber fiel es mehr als ſchmerzlich/
daß jhre Hofnungen alſo mitten im Poꝛt Schiffbruch lidten:
M 2weil
[84] weil Sie/ als eine getreue ſorgfaͤltige Mutter/ das Heil jhrer
Soͤhne und Landskinder Ihr ſehr angelegen ſeyn ſeyn lieſſe.
Sie befahl/ ein allgemeines Buß- und Betfeſt anzuſtellen/
und alſo dem Himmel/ der die Stauprute wiedergefaſſet zu-
haben ſchiene/ in die erzuͤrnten Haͤnde zu fallen. Folgends
unterlieſſe ſie auch nicht/ ſelber etwas zum Werke zu thun/
und durch jhre Soͤhne und Raͤhte allerhand Thei[d]igungs-
mittel vorzuſchlagen: welche aber gantz nicht haften wol-
ten. Sie verzweiffelte an aller jhrer verlangten Glůckſeelig-
keit/ und ware die Hoffnung jhres endlichen Untergangs
jhr einiger und letzter Troſt. Unter deſſen thaͤte ſie dem Him-
mel taͤglich Opffer/ und ſuchete jhres Hertzens Erleichte-
rung in den vernuͤnfftigen Einreden deß Eubulus.
74.
Eines mals lieſſe ſie jhn beruffen/ nach dem ſie aber-
mals einen hauffen Kuͤmmerniſſen auf jhrem geaͤngſten
Hertzen geſamlet/ die daſſelbe wie ein ſchwerer Stein
ſchmertzlich druͤkketen. Zu ſeiner Ankunft ſahe ſie jhn lang
und ſtarr an/ und bate jhn gleichſam mit ſtummer Sprache
jhrer Augen/ daß er jhr doch jhres Hertzen Kummer Gedan-
ken abrahten/ und daſſelbige erleichtern wolte/ damit ſie nit
mit Entdeckung derſelben ſich mehr betruͤben můſte. Als er
aber/ vielleicht in gleicher Beſtuͤrtzung vertieffet/ oder aus
hertzlichem Mitleiden nicht zu reden begunte/ fienge ſie end-
lich an/ und: wie nun Eubulus/ ſagte Sie/ ſo ſind dann
meine Truͤbſeeligkeiten ſo groß/ daß ſie auch eure Beredt-
ſamkeit ſtumm gemacht/ daß alle Quellen eures Troſtes
von deren Hitze vertrocknet? Ich ſehe wol/ was es iſt. Euer
weiſer Raht hoͤret auf zu reden/ und ich ſoll anfahen zu ſterbẽ.
Zwar zu ſterben habe ich ſchon langſt angefangen/ und wolte
Gott/ daß ich bald gar aufhoͤrete zu leben/ weil ein elendes
Leben ein lebendiger Tod iſt. Wie ich dann allbereit faſt
keinen Geiſt mehr/ als zum Seufzen/ und keine natürliche
Feuchte
[85] Feuchte/ als zu den Trehnen/ uͤbrig habe/ welche mich mei-
nem ergrimmeten Verhaͤngniß bald vollends aufopfern
werden.
75.
Ich bitte E. Durchl. unterthaͤnigſt/ Durchlaͤuch-
tigſte Prinzeſſin/ antworte er/ die wolle ſich den Schmertz
nicht alſoviel meiſtern/ ſondern der Vernunfft etwas raum
laſſen. Die Goͤttliche Verhaͤngniſſe ſind unergrůndlich/ und
koͤnnen E. Durchl. nicht wiſſen/ was dieſelben uͤber ſie ver-
ordnet. E. Durchl. verzehren ſich mit dero Unmut nur ſel-„
ber/ und gewinnen doch nichts darmit. Wann alle
Menſchmuͤgliche Hůlfmittel zerrinnen/ ſo tritt der gnaͤdige„
Himmel ins Mittel/ damit ſeine Allmacht deſto herrlicher
erſcheine. Er ſtuͤrtzet daruͤm deſto tieffer/ damit er hernach„
deſto hoͤher erhebe. Man muß jhm ſeine Weiſe und Weiß-
heit ablernen/ und ſeinen Willen fuͤr ein Geſetze halten/ de-„
me zu wider woͤllen/ ein hartes Verbrechen iſt. Foͤrdert er/
ſo hindert nichts/ hindert aber er/ ſo foͤrdert auch nichts. Will„
ſeine Miltigkeit E. Durchl. mit Friedensruhe begnaͤdigen/
ſo vermoͤgen alle Maͤchte der Welt nichts darwider. Iſt es
aber ſein gerechter Wille/ das zornige Kriegsſchwerd in E.
Durchl. Landen laͤnger ſchneiden/ und nicht in der Scheiden
zu laſſen/ ſo wird es jhme auch keine Ungedult mit Entgegen-
murren verwehren koͤnnen. Demütigen wir unsren Willen„
unter den Seinigen ſo folgen wir jhme; wollen wir aber ſein
Woͤllen dem unſren unterwerffen/ ſo werden wir jhme zu fol-„
gen gezwungen und gezogen: durch jenes wird er erweichet/
durch dieſes nur mehr erzuͤrnet.
76.
Derſelbige Wille aber iſt allezeit gerecht/ ob er es„
ſchon vor Menſchen- augen nit ſcheinet. Zwar iſt GOtt
nicht gehalten/ uns ſeines Verhaltens Rechenſchafft zuge-„
ben. Eine Goͤttlichkeit glaͤuben/ und jhme einbilden/ daß ſie
irren koͤnne/ ſind zwey dinge/ die nicht beyſammen ſtehen moͤ-„
gen. Wie keine Vollkommenheit iſt auſſer der Goͤttlichkeit/
M 3alſo
[86] „alſo iſt auch keine Goͤttlichkeit ohne die Vollkommenheit.
Wo aber die Vollkommenheit iſt/ da iſt auch die Gerechtig-
„keit/ als eine von den fuͤrnehmſten Tugenden. Daruͤm wer
da ſaget oder denket/ die Gottheit handle unrecht/ der ver-
„laͤugnet ſie. Der aber denket alſo/ der ſich uͤber Weltfaͤllen
zu ſehr betruͤbet/ weil er wiſſen ſoll/ daß alle Dinge von der
„Goͤttlichen Weißheit regieret werden. Dieſelbe/ was ſie
gut zu ſeyn befindet/ hat Macht und Mittel/ ſolches ins werk
„zu befoͤrdern/ eben wie ſie/ was boͤß und ſchaͤdlich iſt/ leichtlich
verhindern kan.
77.
E. Durchl. beliebe zu erwaͤgen/ daß vielleicht wol die
Ubertretungẽ dero Landskinder und Unterthanen dieſe und
noch groͤſſere Straffen verſchuldet/ wodurch ſie als mit ei-
„nem Zaum/ vom boͤſen ab- und angehalten werden. Beſſern
ſich die Leute/ ſo beſſert Gott die Zeiten. Laſtern folget
allezeit die Laſt der Rache auf dem Fuß nach. Ja/ ſie
tragen ſelbſt jhren Henker und das uͤbel mit und bey ſich.
„Jedennoch meynen es die Goͤttlichen Strafverhaͤngniſſen
in ſolcher Bewandnuß gar gut: eben wie die Zuchtrute eines
„Vaters der abartenden Kinder beſtes und nicht boͤſes ſuchet/
und ſie ſtaͤupet/ jhr kuͤnfftiges uͤbel zu verhuͤten/ nit aus Haſſ/
„ſondern aus Liebe: nicht zu toͤdten/ ſondern ſie vom Tode zu
erretten/ darein ſie mit jhrer Boßheitrennen. Wer der Boͤ-
„ſen ſchonet/ der ſchadet den Frommen. Ungeſtraftes Ubel
wurtzelt faͤſt ein/ und Laſter/ die man nicht ſchilt/ bekommen
„allgemach den Namen der Tugend/ daß alſo die Verkehr-
niß in eine ſchaͤndliche Gewonheit kommet/ auf welche das
„Verderben unausbleiblich folget.
78.
Und trifft ſchon die Straffe zu weiln die dem Au-
genſchein nach unſchuldige mit/ ſo iſt es doch nichts unrech-
„tes. Niemand iſt in dieſer Sterblichkeit vollkoͤmlich rein und
unbefleckt. Ein kleiner Flecken aber iſt vor den allerreineſten
„Augen der Gottheit ein groſſes Laſter/ und deßwegen auch
Straf-
[87] Straffaͤllig. Zu dem/ wann ein groſſer Waſſerdamm aus-„
reiſſet/ werden nicht allein die duͤrren und Unkrautvollen/„
ſondern auch die fruchtbare Felder uͤberſchwemmet. Wie„
die Sonne gute und boͤſe beſcheinet/ alſo betriefet und be-„
truͤbet auch dargegen der Regen gute und boͤſe. Wer in der„
Eitelkeit lebet/ muß auch in derſelben leiden. Das iſt das„
Geſetz der Sterblichkeit/ dem Elende derſelben unterworf-„
fen ſeyn. Zu dem/ ſo pfleget der Himmel mit dergleichen ſei-„
nen Zornheimſuchungen der frommen Gedult und Groß-„
mut/ und alſo der Tugendhaften jhr Tugend/ zu průfen und„
zu uͤben. Der iſt elend/ der niemals elend geweſen iſt/ noch„
durch Erfahrenheit gelernet hat/ Widerwertigkeiten zu„
ertragen. Je ſwaͤrtzer die Nacht iſt/ je heller funkeln aus der-„
ſelben die Goldglaͤntzende Sternen: alſo je groͤſſer die Noht„
iſt/ je klaͤrer ſcheinet die Tugend aus derſelben herfuͤr.
79.
Ihr redet zwar weißlich von der Sache/ fiele jhm hier
die Prinzeſſin in die Rede/ und weꝛde ich eure Gruͤnde nicht
leichtlich ümſtoſſen. Ihr koͤndt mir aber auch nit ableugnen/
daß von anfang dieſes groſſen Runds her kein Land oder
Reich alſo hart und beharꝛlich von den Waffen angefoch-
ten worden/ als jetzund das meinige. Nennet mir doch eine
Zeit/ und in derſelbigen ein Volk/ daß ſo unablaͤſſig und zwar
dreyſſig Jahr nacheinander den Krieg ohne ſtillſtand fort-
gefuͤhret/ wie jetziger zeit meine Teutonier habẽ thun muͤſſen.
Es iſt ſchwer auszureden/ noch ſchwerer aber zu leiden. Es
waͤre auch noch ein ſolcher Krieg zu verſchmertzen/ wann es
nit meiſtentheils ein in nerlicher und unter Landsleuten und
Bruͤdern waͤre.
80.
Es hat mir juͤngſthin einer die Zahl der bisher er-
ſchlagenen nachgerechnet/ und derſelben/ ſoviel man nur bey-* Iſt bey
dem H.
Verleger
zu finden.
laͤuffig wiſſen kan/ in die dreymal hundert und fuͤnff und
zwaͤntzig tauſend befunden. * Diß hat allein das Schwerd
getahn/ zugeſchweigen der vil tauſenden/ die der Hunger und
die
[88] die wuͤtende Peſt/ als deß Krieges Begleitere/ hinweggefreſ-
ſen. Es wurdẽ nit allein die Leiber/ ſondern auch die Gemůter
tyranniſirt und begewaͤltiget. Ich will von dem Verluſt der
Plaͤtze und Schaͤtze nicht ſagen/ welche entweder im Brand
aufgeflogen/ oder ſonſten zur Beute worden. Ein gantz es
Meer alles übels ſehe ich vor mir/ da gar kein Hofnung iſt
auszuſchwimmen. Andere Laͤnder haben zu allen zeiten auch
geſuͤndiget/ aber der Himmel iſt gegen jhnen viel barmher-
tziger geweſen. Er iſt zu allen meinem Flehen unerhoͤrlich.
Wie ſolte dann nicht die Verzweiflung in Platz der Hoff-
nung tretten?
81.
Ich ſehe wol/ ſaget Eubulus/ E. Durchl. laſſen
ſich den Schmertz ſo ſehr meiſtern/ daß Die daruͤber alle Ge-
daͤchtniß verlieren. Haben nicht vor deſſen dero Soͤhne/ der
groſſe Karl und der ſtreitbare Wittekind/ auch dreyſſig
fortſetzliche Jahre wieder einander zu Feld gelegen. Ich
ſchweige von andern langen und ſchweren Kriegen/ die nach-
mals von andern in dieſem Reiche ſind geführet worden.
Der gantze Geſchichtslauf E. Durchl. Lebenszeiten iſt
nichts als ein ſtaͤter Krieg geweſen/ deren einer aus und nach
dem andern entſtanden. Was ſoll ich von andern Voͤlkern
Plutarch. de
defect. Orac.ſagen. Von den Griechen ſchreibet jhrer einer/ daß jhr Land
zu einer Zeit dermaſſen durch Krieg erſchoͤpffet worden/ daß
man auch nicht drey tauſend zum Krieg tuͤchtige Leute mehr
unter jhnen aufbringen moͤgen.
82.
Haben die alten Zeiten etwan nicht ſo lange/ ſo haben
ſie doch viel erſchroͤcklicher gekrieget. Unter den Ebreern
haben zu der Zeit/ als es zu jhrem endlichen Untergang ge-
riethe/ nicht gar in ſieben Jahren/ zehenmal hundert tauſend
und druͤber das Leben meiſten theils in Blut ausgegoſſen.
Bey den Roͤmern hat der andere Carthager Kriegkaum in
ſiebenzehen Jahren uͤber funfzchen mal hundert tauſend
Menſchen hingeraffet. Die beyden Urheber deß Roͤmiſchen
Bürger-
[89] Buͤrgerkriegs Caͤſar und Pompei/ haben/ wie ſie ſich ſelber
ruͤhmen/ jener in die zwoͤlffmal/ dieſer in die ein undPlin. lib.
VII. Hiſt.
zwaͤnzigmal hundert tauſend auf die Schlachtbank geliefert.
Das waren ja Bluttriefende Kriege/ gegen welchen die un-
ſern nur fuͤr ein Puppenſpiel zu achten. Sonſten ſaget der
aͤdle Roͤmer Cato an einem Orte von ſich ſelber; er habe in
Hiſpanien mehr Staͤdte eingenommen/ als Tage er ſichapud Plu-
tarch. in vi-
ta Cat.
darinn aufgehalten/ derſelben aber hatte er in die vier hun-
dert darinn zugebracht.
83.
Ich mag E. Durchl. nicht beſchweren mit langer
Erzehlung von den alten Hunger- und Peſtzeiten/ auch
denen Grauſamkeiten und Laͤnder Erſchoͤpffungen/ ſo hin
und wider veruͤbet worden; weil Dieſelbe ſich deren aus den
Zeitbuͤchern/ als darinn wolbeleſen/ zu erinnerm haben.
Und wann E. Durchl. eine Vergleichung zwiſchen den al-
ten und neuen Zeiten anſtellen/ werden Sie befinden/ daß
der Himmel den unsrigen viel gnaͤdiger geweſen. An-
derwerts haben Dieſelbe auch nicht Urſach/ uͤber der Fort-
ſtellung deß Krieges ſich ſo ſehr zu entſetzen. Es kan doch nit
fehlen die Kriegsfaͤuſte müſſen endlich muͤde und der Waf-„
fen uͤberdruͤſſig werden. In abneinung aber deſſen/ vielleicht„
iſt es/ wie bisher allezeit/ E. Durchl. Verhaͤngniß/ daß die-
ſelbe durch Waffen noch groͤſſer werde. Die Waage ſtehet
ja noch gleich; die Wuͤrfel ligen noch auf dem Tiſch. Iſt
bey dem Haubternſt gefahr/ ſo muß man es mit Liſt und
Vortheil anfangen. Der Kriegesgott heiſt und iſt Gradi-à gradi-
endo weil er
ſich von ei-
ner Partey
zur andern
wendet.
vus, er kan ſich ja ſo bald mit ſeinem Sieg auf E. Durchl.
als auf deß Feindes Seiten wenden. Zu dem der Feind
mag deroſelben zwar Land und Sand/ die Hoheit wird er
Ihro doch nimmermehr abgewinnen. E. Durchl. werden
doch bleiben was ſie ſind/ und zwar an Laͤndern aͤrmer/ in
deſſen aber an Lehensleuten reicher/ und ům etliche Glieder
ſtaͤrker werden.
N84.
[90]
84.
Mit dieſem und dergleichen Reden beſaͤnftigte Eu-
bulus das Gemuͤte der Prinzeſſin. Worzu kurtz hernach
noch halfe eine neue Zeitung/ wie daß nemlich der Prinz
Vaguſto abermals die gantze Verſamlung zu einem Ver-
traͤulichkeitsmahl geladen. Dieſes geſchahe im anfang des
Sommers/ weil nebenſt dem Winter auch der Fruͤling in
ſolchen Widerwertigkeiten verfloſſen; wiewol unter der Zeit
auch etliches vergliechen worden. Die Prinzeſſin faſſete eine
neue Hoffnung/ es wůrden durch dieſe neue Freundbegehung
die Feindlichkeiten in den Gemuͤtern ſich wideruͤm verlieren/
und ſich folgends die Handlungen zu gutem Ende ſchicken.
Sie lobete auch in jhrem Hertzen den Prinzen Vaguſto/
als einen treumeinenden Befoͤrderer des Friedens/ wolge-
ſinnet/ mit jhme und ſeiner Cron/ nach Austrag der Sachen
in eine vertraͤuliche Freundſchafft zu tretten/ und dieſelbe
folgends zu verewigen.
85.
Und beſtaͤrkete gleichſam dieſes jhre Hoffnung/ weil
dieſe Bewirtung im Gruͤnen/ und unter einer belaubten
Huͤtten/ welche der Printz zu ſolchem Behuf/ in Form eines
mit Thuͤrmlein gezierten Schloßpalaſtes/ auffuͤhren laſſen/
angeſtellet ware. Sie ware rund herüm verſchraͤnket/ und
die Fenſter mit ſchoͤnen Feſtinen behangen. Zwiſchen den
Schranken ward ein kuͤnſtliches Feurwerk in Ordnung ge-
ſetzet/ welches auf den Abend zu Beluſtigung der Gaͤſte ſolte
verbrennet werden. Tags vorher/ ehe dieſes Laubhuͤtten-
d. 4. Iun.
An. 1650.mahl vorgienge/ ware dem Hof marſchalk deß Prinzen/ ei-
nem Edlen von Bilſchenapp ſeine ſchoͤne Helena/ ein Fraͤu-
lein von Falkabrunn/ hochzeitlich beygelegt worden: deß-
wegen wurde auch dieſen Tag das Frauenzimmer mit hin-
aus genommen/ in deren Geſellſchafft und Begleitung die
Prinzeſſin ſelber mit erſchiene.
86.
Der Freude wurde mit einem laͤcherlichen Turnier-
ſpiel ein anfang gemacht/ in welchem ſechs paar Kuͤbelreuter
mit
[]
[91] mit ſtumpffen Spteren zuſammen renneten. Ihre Küraſer
waren mit Heu dick-ausgefuͤllte Kleider/ mit welchen ſie von
Fus auf gewaffnet/ als lauter Eſopi und Bacchi zu Pferd
ſaſſen. An ſtat der Helme hatten ſie vermahlte Eimer oder
Kuͤbel auf/ und gabe es in jedlichem Ritt ein luſtiges Gepur-
tzel. Die Reuter/ von der Laſt jhrer Kleider überwogen/ fielen
zu weilen/ ehe ſie getroffen wurden: gleichwol giengen etliche
Lantzen zu trůmmern. Es waͤre eine Luſt zu ſehen geweſen/
wann nicht die Wolken aus Mißgunſt jhre Waſſerſchlaͤu-
che eroͤffnet/ einen ſtarken Platzregen faſt Eimer weiß herab
gegoſſen/ und alſo die Zuſeher wider jhren Willen ins Bad
geführt hetten. Der Ort daſelbſten ſchiene gar einen trauri-
gen und ungnaͤdigen Himmel zu haben/ weil er auch vor ei-Das
Gleißhaͤm-
merlein und
die Tullen-
au/ geſcha-
he d. 9. Maj
An. 1649.
nem Jahr von einem urploͤtzlichen Wolkenbruch uͤber-
ſchwaͤmmet worden/ welcher das angelegene Schloß/
und unten angehaͤngte Tahl ſehr beſchaͤdiget/ zerriſſen/
und gar übel zugerichtet. Dem nach wurde dieſes Stechſpiel
aufgehoben/ und eileten die Gaͤſte unter Dach/ als die da lie-
ber innen/ als auswendig naß zu werden begereten.
87.
An koͤſtlichem Getraͤnke/ niedlichen Speiſen und
ſüſſer Muſik ware kein mangel. Solcher geſtalt waͤrete die
Froͤlichkeit ſpat in die Nacht hinein/ da ſie mit einem ſchoͤnen
Dantz beſchloſſen wurde. Die Luſtfeuer zuverbrennen/ ver-
hinderte dieſen Tag der Regen/ daß es alſo auf den folgenden
muſte verſparet werden. Unter demſelben befand ſich ein
Confect- oder Luſttiſch/ auf welchem ſtunde eine Paſtete mit
Schwaͤrmern und Raggeten gefüllet/ und rund heruͤm un-
terſchiedliche Zuckerſchalen/ ebenmaͤſſig voller Schwaͤrmer.
An ſtat deß Leuchters ſtiege in der mitten eine Feurkugel ent-
bor. So zeigete ſich auch in der Luft eine Sonne/ mit drey-
zehen Stralen/ ůber einer Cron/ worunter der Koͤnigin aus
Deuſien/ und deß im Kuͤraß darbey ſtehenden Prinzen Va-
guſto Namen/ zu ſamt dem Wort Vivat, zuſehen waren.
N 2Unten
[92]Unten bildeten dreyſſig Waſſerkugeln den Horizon oder
Theilkreiß der Erden/ gleich den Sternen mit funken in die
hoͤhe ſpielende. Es waren auch drey Ragget- und Schwaͤr-
mertuͤrme/ auch achtzehen Cañarohr oder Pfeilfeuer/ nebenſt
vielen Luſt- und Sprengkugeln/ Kegeln/ Schnurfeuern/ u.
a.m. unter welchen ein Feuerſpeyender Drach auf der Leine
dem Herkules/ der jhn mit einer Funkenſpritzenden Keile
empfienge/ zueilete/ hin und wider geordnet.
88.
Die Prinzeſſin unterlieſſe hiebey nicht/ allerley An-
laß zu nehmen/ uͤm bey einem und andern Theil zum Ver-
trag zu reden, Sie wendete ein/ die gantze Welt wůrde gar
nachruͤchtig davon ſprechen/ wann man den einmal einmuͤ-
tig verglichenen Frieden alſo krebsgaͤngig werden laſſen/ und
den unter Hand und Sigel befaͤſtigten Vertragſchluß bre-
chen und ſchwaͤchen wolte. Mankoͤnde ohne Schandruf/
die zu Brunkoſa aus gewechſelte Verſicherungen nicht wi-
derruffen. Es waͤre auch mit dem Vollziehungsvertrag
nunmehr/ durch Goͤttliche Verleihung/ ſo weit kommen/
daß/ wo es dißmal nicht geſchehe/ nimmermehr forthin etwz
„aus dem Frieden werden wuͤrde. Unter deſſen wuͤrden ſich
„die Theilhabenden durch Fortſtellung deß Kriegs an jhren
„Kraͤfften zu letzt gar bloß geben/ und andern jhren Nachbarn
„einen Luſt machen/ jhnen in die Haare zu kommen; da ſie
„hingegen durch dieſe Verbuͤndniß ſich ſtaͤrcker/ und aller
„Welt furchtſam machen koͤndẽ. Die Zeiten waͤren ohne das
„gefaͤhrlich genug/ und wer laͤnger Luſt zu kriegen haͤtte/ dem
wuͤrde es anderweit an Feinden und Waffen nicht erman-
geln.
89.
Dieſe und andere Einwuͤrffe vermochten gleichwol
bey einem und andren ſoviel/ daß man folgender Tagen die
Sach wieder ernſtlich vor die Hand name. Und weil der
gnaͤdige Himmel die ſtaͤtige Anſchreyungen ſovieler Millio-
nen Seelen nicht laͤnger ohne Erbaͤrmniß anhoͤren konde/
als
[]
[93] als wurde es in dem Raht der Hochheiligen GOttheit be-
ſchloſſen/ den Frieden auf Erden zu ſenden. Und weil dieſes
alſo im Himmel ausgeſprochen/ bekamen auch durch derer
Eingebung/ die Goͤtter der Erden Gedanken deß Friedens/
alſo daß man vier Tage nach dieſem Freudenmahl zu einem
endlichen Haubtſchluß gelangte. So groß bisher das Leid
und die Furcht eines mißlichen Ausgangs geweſen/ ſo groß
ward jetz und die Freude uͤber dieſem unverhofften Schluſſe.
Viele hatten ſich ſchon zu todt gehoffet. Viele wolten gar
nicht mehr hoffen/ und erfuhren alſo dieſe froͤliche Zeitung
wieder verhoffen.
90.
Zu allgemeiner Unterſchreib- und oͤffentlicher Aus-
ruffung dieſes Haubtſchluſſes wurde der achte nechſtfolgen-
de Tag betaget/ zu welchem/ als zu einem groſſen Feſt/d. 20. Iun.
A. 1650.
man alle hochfeyerliche Zubereitungẽ machete. Die Straſſe
von dem Rahthauſe biß auf die Burg wurde zu beyden Sei-
ten mit Majen/ die drey Thůren aber deß Rahthauſes/ und
die zwey Burgtohre mit ſchoͤnen Feſtinen/ und die uͤber den
Thuͤren liegende Bilder mit Roſenkraͤntzen/ gezieret. Die
Reichsgeſandten und Botſchaften verſamleten ſich/ nach
geendigtem Gottesdienſt/ in jhre gewoͤhnliche Rahtſitzſtu-
ben/ da ſich noch einige Strittigkeit mit der Cron Firanca
Abgeoꝛdnete eraͤugete. Nach dem aber jnen angedeutet wor-
den/ daß des Adlerprintzen/ und der Koͤnigin aus Deuſien
Untergevollmaͤchtigte/ jede mit zwoen Gutſchen oder Car-
reten/ auf die Burg zu fahren/ unterwegs begriffen waͤren/
begaben ſie ſich alſobalden herab/ und folgeten jhnen mit ze-
hen Carreten. Daſelbſt wurden ſie alle von der Prinzeſſin
und Nymfe Noris empfangen/ und in drey abſonderliche
Gemaͤcher eingewieſen.
91.
Bald darauf verfügten ſich des Adlerprinzen und
die Koͤnigliche Deuſiſche Abgeordnete zuſammen/ in dasdie Kai-
ſerſtube.
ſonſten jhme/ dem Adlerprinzen gewidmete Gemach/
jene
[94] jene aus dem Nebengemach zur Rechten/ dieſe aus dem zur
Linken/ und lieſſen/ nach dem ſie der Notdurfft nach Un-
terredung gepflogen/ die andern aus der Ritterſtuben auch
hinein fordern. Nach dem ein jeder ſeine Stelle genommen/
thaͤte deß Adlerprinzen voͤrderſter Geſandte q den Vor-
9 H. Iſaac
Volmartrag/ und widerholete mit kurtzem/ was maſſen beyde Cronen
die Teutoniſche und Deuſiſche/ eine geraume Zeit hero an
dieſem Orte durch die jhrigen zu Beruhigung beyderſeits/
und benachbarter Reiche/ in Friedensvollziehunsſachen
Handlungen gepflogen. Ob es nun wol in ſolchen groſſe
Strittigkeiten abgeben/ ſo haͤtte man doch/ vermittels Goͤtt-
licher Verleihung/ und durch eiferige Bemuͤhung/ denſelben
endlich abgeholfen/ alſo daß es zu einem voͤlligen Vergleich
und Haubtſchluß kommen/ und nun an dem waͤre/ daß die
Verfaſſungen derſelben gegeneinander gehalten/ unter-
ſchrieben/ ausgewechselt/ und folgends durch dero Obern
Bekraͤftigung beſtaͤtiget wůrdẽ. Worzu er von Hertzen wuͤn-
ſche/ daß der maͤchtige Him̃el dieſes Vorhaben begnaͤdigen/
und es zu beyder Cronen/ auch der Teutoniſchen Reichs-
ſtaͤnde wuͤrklichem Genieß/ beſtaͤndiger Vereinbarung und
gutem Vernehmen gedeyen laſſen woͤlle.
Erskein R
S. Kriegs
praͤſident.
[...] H. Seer
Sattler.
3. v. H.
Ben. Oxen
ſtirn/
und H. Se-
cretar.Wolfsb.
92.
Welches/ als es auf der andern Seiten der Cron
Deuſien Obriſter Kriegsraht und Abgeſandter r wiederho-
let/ ſetzte man darauf ſich allerſeits nider/ und wurde von des
Adlerprinzen geheimen Oberſchreiber s die jenige deß
Haubtſchluſſes Auswechslungsſchrifft/ ſo der Cron Deuſien
ſolte ausgeantwortet werden/ oͤffentlich abgeleſen/ aber von
dem Deuſiſchen Nebengeſandten t und geheimen Ober-
ſchreiber v die zwo andren/ ſo dem Adlerprinzen und denen
Reichsſtaͤnden ſolten ausgewechslet werden/ dargegen ge-
halten/ und auf aller dreyer Einſtimmung achtung gegeben.
Die zween Geſandte deß Adler Prinzen/ und der eine Deu-
ſiſche hatten auch jeder ein abſonderliches vor ſich; und nach
dem
[]
[95] dem die Ableſung geſchehen/ verfuͤgten ſich der Staͤnde Ab-
geordnete wider in jhr Gemach/ alda fuͤr Sie/ wie auch fuͤr
die der Cronen Gevollmaͤchtigte in obbeſagten beeden Ne-
bengemaͤchern/ eine Tafel zubereitet/ und jhnen allerſeits mit
einer anſehlichen Wirtſchafft von der Nymfe Noris auf-
gewartet wurde. Unter deſſen ſchickete man die Auswechs-
lungsſchrifften/ den beyden Großgeſandten und Oberge-
vollmaͤchtigten dem Herzog von Filama/ und dem Prinzen
Vaguſto/ ſolche zu unterſchreiben.
93.
Sie waren kaum eine halbe Stund an der Tafel
geſeſſen/ da wurde auf gegebenes Zeichen/ daß von den bey-
den Fuͤrſten die Unterſchreibung beſchehen/ aus den Stuͤcken
auf der Burg/ und uͤm die gantze Stadt heruͤm/ benebenſt
von 150 der Noris geworbenen Hakenſchůtzen/ welche hier-
zu auf die Burg verordnet/ eine Loſung oder Salve gegeben.
Bald darauf kamen die Auswechslungsſchrifften unter-
ſchrieben wieder/ und nach dem ſolche ebenmaͤſſig von den
hierzu unter der Staͤnde Abgeſandten ausgeſonderten und
darinn benahmten/ im Namen der andern/ in bemeldter
Ritterſtuben/ auch folgends in jhrem Beyſeyn von deß Ad-
lerprinzen und den DeuſiſchenUntergevollmaͤchtigten un-
terſchrieben/ und/ benebenſt beyder Haubttheilhabenden Ra-
tificationen oder Bekraͤftigungsſchrifften/ gegeneinander
ausgewechselt worden/ wuͤnſchete man allerſeits einander
Gluͤck zum beſtaͤndigen Frieden/ und lieſſe/ nach abermals
wie zuvor gegebener Salve/ auf einem zu deß Rahthauſes
untrem Saalfenſter hinausgerichtetem vertapezereytem/
und mit Majen beſtecktem Geruͤſte oder Schaubuͤhne/ den
Frieden erſtlich von achtzehen Trompeten/ mit einſtimmung
der Heerpauken/ dreymal ausblaſen/ hernach durch einen der
Noris Cantzleybedienten oͤffentlich ausruffen/ und zu letzt
auch mit einem Chor von zehen Seiten- und Pfeiffenſpie-
lern beklingen.
94.
[96]
94.
Es hatten ſich daſelbſt etliche tauſend Menſchen/ ſo
wol fremde als einheimiſche/ verſamlet/ welche/ als ſie den
langgewuͤnſchten Frieden nun endlich beſagter maſſen be-
ſchieſſen/ beblaſen/ beꝛuffen/ auch mit allen Glockẽ der Stadt-
thuͤrme eine Stundlang beleuten hoͤreten/ theils voꝛ Freuden
weineten/ theils zu Haus und in die Kirchẽ lieffen/ auf die Knie
niderfielen/ und dem beguͤtigten Him̃el für dieſe theure Gabe
hertzlich danketen. Es waren etliche darunter/ die/ als ſie die
erſte Loſung oder Salve hoͤreten/ ſich aus einem Poetiſchen
Geiſt duͤnken lieſſen/ es wuͤrffe jetzund der groſſe Jupiter
den Donnerkeil aus der Hand/ mit welchem er bisher die
arm-bedrangten Teutonier erſchroͤcket; nach dem ſein Adler
jhm ſelber eine Feder ausgeraufft/ und Frieden damit ge-
ſchrieben. Andere ſageten/ der Kriegsgott Mars hette
ſich zwar bemuͤhet/ dieſes Werk zu behindern/ und deswegen
Blut in die Schreibgefåſſe gegoſſen/ ob vielleicht noch die
Feder in den Haͤnden der Friedenſtiffter Krieg ſchreiben
moͤchte; weil ſich aber wider ſein Verhoffen das eingegoſſe-
ne Blut in Oel verwandlet/ [und] alſo zur Friedensdinte wor-
dẽ/ ſchmeiſſe er aus Ungedult den Degen mit ſolchem knallen
aus der erzuͤrnten Hand.
95.
Die/ die der Unterſchreibung auf der Burg mit
zuſahen/ bildeten ſich ein ſie ſehen alda die gantze Schaar der
Goͤtter verſamlet/ welche alle einmuͤtig zum Frieden ſtim-
meten. Die Norisburg prieſen ſie fůr gluͤckſelig/ daß ſie wir-
dig geweſen/ dieſer Goͤtter Verſamlung Himmel zu ſeyn/
und gaben jhr bey ſich ſelbſt nun nicht mehr den Nahmen
Norisburg ſondern Friedeburg. Und weil noch nie der
Krieg feindlich zwiſchen jhre Mauren kommen koͤnnen/ hiel-
ten ſie ſie uͤm ſoviel wehrter/ daß ſie jetzund den Frieden ein-
gelaſſen/ welcher vom Himmel kommend/ bey jhr deßwegen
die erſte Einkehr genommen. Sie dachtens aber nicht allein/
ſondern
[97] ſondern ſie ſagtens auch oͤffentlich/ alſo daß es die aͤdle
Nymfe Noris/ zu hoͤchſter jhrer Beluſtigung/ wol verneh-
men konde. Der Schaͤfer Floridan aber wolte hierbey auch
nicht feyren/ [und] beſunge den Tag/ den Ort/ und die hochan-
ſehliche Verſamlung mit folgendem Lied:
O4. O
[98]
die jhr uns den Tag betagt/
was
[99]
hafen/ IC.
Reip. Norib.
\& diverſor.
Imp. Stat.
Conſiliar.
O 2Steure
[100]
96.
Nach Verflieſſung alles deſſen/ namen die ſaͤmt-
lichen Abgeſandten von der Prinzeſſin Abſchied/ welche/ in
unſaͤglichen Freuden ſich befindend/ jhnen mit hertzlichen
Liebesworten vor die angewandte Muͤh Dank ſagete/ ſich
jhnen zu nur erſinlichen Gnaden erbote/ und von jhnen hin-
widerum tauſenderley Beehr- unnd Gluͤckwuͤnſchungen
empfienge. Ich weiß nicht/ ſagte ſie/ wie ich euch eure Ver-
dienſte genugſam vergelten ſoll. Doch wann die Prinzeſſin
Teutonie jemals faͤhig geweſen/ Gnade fuͤr Dienſte zu er-
zeigen/ wird ſie gewißlich an euch/ meine liebe Getreuen/ alle
jhre Moͤglichkeit verwenden. Was nicht in meinen Maͤch-
ten ſtehet/ das werden meine Soͤhne fuͤr mich verrichten/
denen ich euch ſolcher maſſen empfehlen will/ daß euch eure
Bemůhung verſicherlich nicht gereuen ſoll. Ziehet hin/ und
lebet ſo glückſeelig/ als jhr mich hinderlaſſet. Der Himmel/
der durch euch mir gnaͤdig worden/ wolle euch in ſeine ewige
Gnade faſſen. Meine Landskinder werden ſo unartig nicht
ſeyn/ daß ſie euch nicht neben mir alles Wolweſen anwuͤn-
ſchen/ und eure Namen/ zu eurem unſterblichen Nachruhm/
in die Buͤcher der Ewigkeit eintragen ſolten.
97.
Sie hingegen bedankten ſich fuͤr ſo gnaͤdigſte Erbie-
tungen/ zuverſtehen gebend/ daß ſie fuͤr eine ſo wuͤrdigſte
Prinzeſſin viel zu wenig getahn/ und ſich deroſelben zu
viel hoͤhern Dienſten unterthaͤnigſt verbunden/ erkenneten.
Wie ſie ſich dann hiermit verpflichteten/ Ihr Durchl. zu al-
len Befehlen/ womit dero Sie zu begluͤkſeligen ferner gnaͤ-
digſt belieben wuͤrde/ allergehorſamiſt aufzuwarten/ und da-
bey
[101] bey jhren hoͤchſten fleiß und aͤuſſerſtes Vermoͤgen anzuwen-
den. Sie wuͤnſcheten Ihro von nun an ewige Friedensruhe/
und ein unzergaͤngliches hochfuͤrſtliches Wolergehn/ in dero
beharꝛliche hohe Gnaden ſich unterthaͤnigſt empfehlende.
Nach ablegung ſolcher und dergleichen ſchoͤnen Ehrerbie-
tungen/ ſaß ein jedweder auf ſeine Carrete und fuhꝛen alſo/
die Prinzeſſin in der hoͤchſten Zufriedenheit hinderlaſſend/
wieder von der Burg/ da dann jhnen zu Ehren die dritte
Salve gegeben wurde. Unter deſſen ritte der beſagte No-
riſche Cantzleyverwandte mit erwaͤhnten achtzehen Trom-
petern auf fuͤnfzehen unterſchiedliche vornehmſte Plaͤtze in
der Stadt/ inſonderheit aber und zu voͤrderſt vor deß Hertzo-
gen von Filama und deß Printzen Vaguſto Behauſungen/
ruffete daſelbſt mit ebenmaͤſſigen Trompeten- und Heerpau-
kenſchall den Frieden nochmals aus/ bey groſſer Maͤnge deß
vor- nach- und zulauffenden Volks.
98.
Der Ausruffung Inhalt ware/ wie daß durch gnaͤ-
dige Schickung deß Himmels/ der ſo langverlangte Friede
nun endlich/ nach ſo vielen erlidtenen Truͤbſeligkeiten/ ſich
wuͤrklich eingefunden/ und anheute von einer gantzen Ver-
ſamlung der Theilhabendẽ einmuͤtig waͤre unterſchriben und
beſtaͤtiget worden. Die Teutonier ſolten dem Himmel dafuͤr
danken/ es fuͤr eine hohe Gabe erkennen/ derſelben ruhig ge-
nieſſen/ und ſich forthin tugendlich zu leben/ und mit neuen
Ubertrettungen ſich dieſes Gnadengeſchenkes nit verluſtig/
noch eines ſo theuren Gaſtes unwuͤrdig zu machen/ befleiſ-
ſigen. Hiernechſt wurde faſt die gantze Nacht mit Freuden-
ſchieſſen aus den Haͤuſern/ und aushaͤngung der Laternen
und Feuerpfannen (weil die Nacht/ die auf den erſten Frie-
denstag folgete/ nit dunkel ſeyn muſte) feyerlich nachgeſetzet.
Er ſelber der Hertzog von Filama/ lieſſe alle Fenſter ſeines
Einlagers mit hellen vielfaͤrbigen Laternen beſetzen/ und
machete alſo das Haus/ in welchem die erſte Feder den Frie-
O 3den
[102] den geſchrieben/ gleichſam zu einem geſtirnten Himmel: an-
zudeuten/ daß der Fried/ das Himmelkind/ die Erde erleuch-
te/ und ſelbſt zu einem Himmel mache/ welche bisher ein dů-
ſtres Zelt der leidigen Kriegsnaͤchte geweſen.
99.
Es wurden auch denſelbigen Tag von der Noris
alle Gefangene/ und wegen jhrer Untaht verhaffte/ loß ge-
laſſen/ und auf freyen Fuß gefiellet. Und dieweil dieſen Tag
was den Friden deß Adlerprinzen mit der Cron Firanka be-
langet/ noch einige Strittigkeit ſich eraͤuget/ als wurde ſol-
ches in nechſtfolgender Wochen vollends eroͤrtert/ und den
ſechſten Tag hernach auch dieſer Haubtſchluß mit gleichen
Loſungen/ Ausblaſen/ Beleuten/ und andern Feyerlichkei-
ten auf dem Rahthaus unterſchrieben und ausgewechſelt/
auch des andern Tags dem Himmel fůr dieſe Begnaͤdi-
gung mit einem allgemeinen oͤffentlichen Betfeſt hertzlich
gedanket.
100.
Dieſes nun ware der erfreuliche Anfang des Teu-
toniſchen Friedens/ deſſen Verfaſſung/ kurtzes Begriffs/ in
folgenden Haubtſtuͤcken beſtunde. Es ſolle von nun an ein
ewiger Bund und Freundſchafft zwiſchen dreyerſeits Theil-
habenden/ auch jhren An- und Bundsverwandten undjedes
Theil des andern Nutzen/ Ehre und Frommen zu befoͤrdern/
gehalten/ ſeyn. Hingegen ſolten alle Feindſeligkeiten/ Haß
und Widerwill durch eine ewige Amneſtie oder Vergeſſen-
heit/ vergeben/ aufgehaben und begraben/ todt und ab ſeyn.
Alle Plaͤtze/ Frey- unnd Botmeſſigkeiten ſolten durch ein
allgemein Widergifft/ jhren vormaligen darzu berechtigten
Innhabern abgetretten und wieder eingeraumet werden.
Alle Zoͤlle/ Mauten/ Auflagen und Beſchwerungen/ die der
Krieg und deſſen Vorwand und Gelegenheit aufgebracht/
ſolten zugleich mit demſelben aufhoͤren/ und wider abgeſtellt
werden.
101.
[103]
101.
Und weil/ was den Gottesdienſt belanget/ das
Reich ſich von langer Zeit hero zu dreyen unterſchiedenen
Glaubenslehren bekennet/ als ſolten die Gewiſſen nicht ge-
martert/ ſondern einem jedlichen/ von dieſen dreyen einer an-
zuhangen/ freygeſtellt ſeyn; doch daß jede Herꝛſchafft in jhꝛem
Selbgebiete/ die jenigen ſo nicht jhres Glaubens/ jedoch guͤt-
lich und mit Erlaubnuß eines ſtaͤtsfreyen Zutritts zu jhren
Guͤtern/ auszuweiſen Macht habe. Und ſollen alle drey
Glaubensverwandten einerley deß Reichs Freyheiten zu-
gleich genieſſen/ ohne Hindanſetzung zu Wuͤrden erhaben/
und kein Theil von dem andern verfolget/ begwaͤltiget oder
angefeindet werden.
102.
Und weil die beeden Cronen Deuſien und Firanka
ſich in waͤrenden Kriegen unterſchiedlicher deß Reichs
Staͤdte und Plaͤtze bemaͤchtiget/ als wurden/ gegen wider-
abtrettung derſelben/ namentlich die Cron Deuſien mit den
Hertzogtuͤm̃ern Neporme/ Nembre und Derven/ auch dem
Fuͤrſtentum Gurne und der Herrſchafft Swiram; der
Koͤnig aus Firanka aber mit Elſiſien/ u. a m. eigenthuͤm-
lich belehnet/ und dadurch beyde fuͤr Staͤnde deß Reichs an-
und aufgenommen. Den hierdurch verkuͤrtzten Reichsſtaͤn-
den wurde ſatſame Genugthuung geleiſtet/ dem Hertzogen
von Brian ſeine Churwuͤrde beſtaͤtiget/ der verjagte Fuͤrſt
von Myrtilleto wieder in ein gutes Theil ſeines Landes ein-
geſetzt/ und fuͤr jhn und ſeine Nachkommen die achte Chur-
ſtelle deß Reichs benennet. Ferner wurden der Koͤnigin aus
Deuſien/ zu Abfuͤhr- und Bezahlung jhrer Voͤlker/ fůnff
Millionen Gelds von ſieben der Reichskreiſe ausgereichet/
und die uͤbrigen Streitſachen/ die Zeit zu gewinnen/ auf
nechſtkuͤnfftigen Reichstag zu eroͤrtern verſpart.
103.
Dieſe Friedensverfaſſung aber ſolee für ein ewiges
unverbruͤchliches Geſetze des Reichs gehalten/ und wider
deſſen Verletzer mit gebuͤrendem Straf- ernſt verfahren
werden.
[104] werden. Solches alles nun wurde nach und nach vollzogen/
die Voͤlker hin und wider abgedanket/ und von dem Tage
deß Vollziehungsſchluſſes an drey Friſten/ jede vierzehen
Tag lang/ geſetzet/ inner welchen alle Plaͤtze ſolten geraͤumet
werden. Es ward aber die allwaltende Freude mit noch einer
andern vermehꝛet/ weil Poſt kame/ daß der groſſe Adlerprinz
in einer neuen Heyrat begriffen/ und geſinnet waͤre jhme die
junge Hertzogin von Tanuma vermaͤhlen zu laſſen. Jeder-
man wuͤnſchete der Prinzeſſin Gluͤck zu dieſer neuen Be-
freundung mit einem ſo Hoch fürſtlichen Hauſe; die es jhr
auch/ ob ſie wol lieber geſehen hett/ daß jhꝛer Toͤchter eine der
Ehr deß hoͤchſten Ehebettes waͤre gewuͤrdiget worden/ gar
wol gefallen lieſſe/ zumal als ſie von den ſonderbaren Gaben
dieſer trefflichſten Auslaͤnderin verſtaͤndiget wurde/ in anſe-
hen welcher ſie von dem Himmel zu dieſer groͤſten Wuͤrde
verſehen zu ſeyn ſchiene.
104.
Man ſagte/ daß der Adler unter den Latierpoeten/
der unvergleichliche Virgilius/ welcher von Andes einem
Flecken bey Tanuma buͤrtig/ auch ſchon vor anderthalb tau-
ſend Jahren todt geweſen/ ſich daſelbſt in lebhaffter Geſtalt
wider ſehen laſſen/ dieſe Vermaͤhlung mit einem Zurufsge-
dicht in ſeiner Sprache beſungen/ ſolches der Durchleuch-
tigſten Fraͤulein Braut geſchrieben eingehaͤndiget/ und dar-
auf wider verſchwunden. Die Prinzeſſin Teutonie hatte
eine Abſchrifft davon bekommen/ die ſie dem Eubulus zu le-
ſen gabe/ mit Befehl jhr kuͤrtzlich das jenige/ was darinn be-
grieffen/ zu widerholen. Es ware aber folgendes:
jam
[105]
PTu
[106]
Te
[107]
P 2vipere-
[108]
forte
[109]
P 3Patria
[110]
105.
Wie ich ſehe/ ſagte Eubulus/ nach ableſung dieſes
Gedichtes/ ſo hat der Poet hierinnen durchgehend ſeiner
Verſe und Worte/ die er vordeſſen in ſeinen unvergleichlichẽ
Gedichten gefaͤhret/ ſich gebrauchet. Er berichtet/ wie daß
er von den Elyſerfeldern komme/ ſowol aus Begierde ſein
Vaterland zuſehen/ uͤber deſſen Herꝛlichkeit und blůhendem
Wolweſen er ſich veꝛwundert; ſowol auch/ weil das Gerüch-
te von ſeiner jungen Landsfuͤrſtin Trefflichkeiten/ und deren
Vermaͤhlung mit dem Teutoniſchẽ Auguſt/ bey den Unter-
irdiſchen lautmaͤrig worden. Lobet hierauf beyde Hochver-
lobte/ und wuͤnſchet jhnen Glůck: Ihro zwar/ der Fraͤulein
Braut/ wegen der ſo hohen Ehrbeſeeligung/ und zeiget an/
wie ſich jhr Tanuma über jhrem Entwerden betruͤbe; Ihme
aber dem groſſen Haubt der Teutonier/ wegen der Befrie-
digung ſeines Reichs/ welches er darüm zur Dankpflicht er-
mahnet. Bittet zu letzt den Himmel uͤm jhrer beyden langes
Leben und Wolergehn und geſegnet darauf ſein Vaterland.
Ich erinnere mich hierbey eines Lieds/ ſo mir juͤngſthin un-
ſer Floridan ausgehaͤndigt/ ſagte hierauf die Nymfe Noris/
mit welchem er/ unter dem Namen der Teutoniſchen Nym-
fen dieſe Krone aller Nymfen einholet und bewillkommet.
zoge es damit hervor/ und uͤberreichete es der Prinzeſſin/ die
es ablaſe/ und jhr wolgefallen lieſſe. Es ware aber dieſes:
Iſts die Sonne/ die uns winket?
Venus
[111]
laß uns dir aufwaͤrtig ſeyn.
Edles
[112]
Ende deß dritten Buchs.
[113]
Das vier dte Buch.
Innhalt.
Die Freude der Teutonier uͤber den Frieden 106.
Deß Hertzogen von Filama Freudenmahl/ 109. Beſchrei-
bung der Tafelhuͤtten/ 110. der Schaugerichte/ 117.
der Goͤtter Aufzuͤge/ 122. Auftritt und Rede der Diſ-
cordie/ 123. der Concordie 125. deß Friedens/ 127. der
Aſtree oder Gerechtigkeit/ 128. Beſchreibung deß Feur-
werkſchloſſes/ 130. der Friedensſeule/ 131. Auftritt und
Rede eines Soldatẽ und Schaͤfers/ 133. der Fama Zwi-
ſchenkunfft/ 134. Auftritt und Rede deß Mars/ 137. der
Venus/ 139. deß Cupido/ 141. und endlich deß Vulcans/
142. Die Aufzugs Perſonen werden von den Muſen belo-
bet/ 145. Verbrennung eines Feuerwerks bey dieſem
Friedenmahl/ 147. Floridan beſinget die Tafelhuͤtte/ und
das Brandſchloß/ 150. und den Frieden auf der Seule/ 151
Austheilung der Pfenninge unter die Steckenreuter/ 152
Armbruſtſchieſſen auf der Allerwieſen/ 153. Beſchluß 155.
DIe nach ſo langem Leid ſo hoch erfreuten Juwoh-
ner der Teutoniſchen Landen waren zum theil
gantz beſtuͤrtzt uͤber der neuen Zeitung deß Frie-
des/ und meineten/ ſie hoͤreten im Schlaf/ gleich
wie die Traͤumenden. Daher einer jhrer Poeten nicht unge-Iſt der 126
Pſalm.
reimt dieſe Reimen von jhnenſchriebe:
Qkein
[114]
107.
Die reiche Ernde/ die zugleich dieſes Jahr mit ein-
fiele/ verdoppelte die Gnade deß Himmels/ alſo/ daß es ſchie-
ne/ der Brunn Goͤttlicher Erbarmungen haͤtte alle ſeine
Baͤchlein auf einmal ůber die Erde ausgieſſen woͤllen. Zu-
vor hatte man wenig eingefuͤhret/ noch weniger aber genoſ-
ſen: Jetzt aber konde man hoffen/ daß die reichen Gaben deß
Feldes in guter Ruhe zu genieſſen ſeyn wuͤrden. Einer lude
den andern unter den Schatten ſeines Weinſtocks und Fei-
genbaums/ und verzehreten alſo unter demſelben miteinan-
der die Fruͤchte derſelben. Der Landmann truge die Ein-
kunfft ſeines Ackers zu Markt/ und bekame Geld dafůr/ da-
mit er wider bauen konde. Die Kaufmanſchafften giengen
wieder zu Land und Waſſer/ und fuͤhreten ein Land in das
andre. Stadt und Dorf wurde wieder Volkreich/ und das
eingeriſſene wieder aufgebauet. Mit einem Wort/ Zeiten
und Leute verbeſſerten jhren Wolſtand/ und ware aller Or-
ten das Lachen gar wolfeil.
108.
Unter deſſen wurden hin und wider die Plaͤtze ge-
raͤumet/ und in allen Staͤdten offentliche Friedens- und
Dankfeſte angeſtellet/ wobey die Kriegsſpiele/ Stuͤcke/
Trompeten und Heerpauken ſich wacker hoͤren lieſſen/ gleich
als wann man den Waffen damit wolte zu Grab ſingen.
Die Voͤlker wurden nach und nach abgedanket/ und bote die
Prinzeſſin Teutonie den hohen Kriegsbedienten anſehliche
Land-
[115] Landſitze/ den Soͤldnern und Knechten aber ſchoͤne Feld-
guͤter an/ damit es keine muͤſſige Leute gebe/ die auf oͤffent-
lichen Landſtraſſen ſich deß Raubes nehreten. Welche laͤn-
ger zu den Waffen luſt hatten/ die lieſſen ſich in auslaͤndiſche
Kriege werben. Die alten Geſetze/ die der Klang der Waf-
fen ſtumm gemacht/ fiengen wieder an zu reden/ und den
Weg zur Tugend zu weiſen. Die Gottshaͤuſer/ zum theil
wider aus denen Steinhaufen erhoben/ predigten den Leu-
ten neue Gottesforcht/ und die Liebe zur Tugend ins Hertz.
Die alte Teutoniſche Treue/ die bißher unter den Aſchen ei-
nes ſo langen Gezaͤnkes verborgen/ und halb verloſchen gele-
gen/ fienge wider an zu glimmen/ und die Gemuͤter mit neuer
Liebe zu entzuͤnden und zu verbinden.
109.
Der Herzog von Filama/ der/ ob er wol ſonſt ein
dapferer Fůrſt ware/ und dem Kriegt/ als ein Haubt deſſel-
ben/ ſehꝛ wol anſtunde/ doch jhme fuͤr ein groſſes Gluͤck achte-
te/ zu Befriedigung deß Teutoniſchen Reichs vor andern et-
was getahn zu haben/ wolte dem Prinzen Vaguſto/ und der
gantzen Verſamlung der Friedens Botſchafter/ im Namen
und auf Befehl deß Adlerprinzen/ zu guter Letze eine Ehre
erweiſen/ lieſſe ſie demnach ſaͤmtlich zu einem anſehlichen
Freud- und Friedensmahl freundlichſt einladen. Und weiln
eben uͤm dieſe Jahrzeit der ſchoͤnſten Sommer einer einfiele/
gedachte er/ dieſe Bewirtung würde ſo wehrten Gaͤſten viel
ergetzlicher fallen/ wann er die in freyem Feld und im gruͤnen
anſtellete. Lieſſe derhalben auf einer luſtigen Ebene vor der
Stadt/ an welcher unten die Pegnitz zwiſchen anmutigen
Blum- und Kraͤuterwieſen daherſchoſſe/ eine hierzu-behu-
fige dreyfache Laubhůtte aufführen/ worzu jhme die Nymfe
Noris mit notwendigen Gehoͤrniſſen/ Bau- und Werkleu-
ten fleiſſig an die Hand gienge. Er ſelber fuhre hinaus/ und
brachte das Werk in einer ſonderbaren ſchoͤnen Erfindung
hervor.
Q 2110
[116]
110.
Es wurde eine groſſe Baraque oder Huͤtten ge-
bauet/ und zu beyden Seiten eine etwas nidrigre in die quaͤre
und laͤnge daran gehaͤnget. Sie die Mittelhuͤtte ware zim-
lich hoch/ endete ſich oben in eine Rundung/ ruhete auf acht
Pfeilern/ und wurde/ nach dem ſie in Holtzwerk ſtunde/ wie
auch die beyden Nebenhuͤtten/ mit Laub über und uͤber be-
kleidet. Jedwedere hatte eine groſſe Thuͤrpforte/ uͤber wel-
chen unterſchidliche Emblematiſche Bildungen zuſehen wa-
ren; und zwar an der Mittelhuͤtte die Gerechtigkeit und
der Friede ſich miteinander kuͤſſend/ ſamt einer Beyſchrifft:
Hoc.
Sors.inter
MINA. NEXU
PULLU
LET.
Nimmer reiſſe dieſes Band/
ſo wohnt Ehr und Gluͤck im Land.
Oben
[]
[117]
Oben uͤber dieſem Bilde waren drey Fahnen/ mit der drey
vereinigten Cronen Wappen und Heroldsfarben bezeich-
net/ in einem dreyfachen Oliven Krantz eingefangen/ mit der
Unterſchrifft:
Una. coeona. Trium. nullo. marcescat. ab. ævo.
Dreye ſoll in ſtaͤtem Lentzen
ein Oliven Krantz bekraͤntzen.
111.
Uber der Thuͤr der Nebenhuͤtte zur linken Hand
lagen gegeneinander uͤber zween Maͤnner/ einer mit aller-
hand Bauerzeig/ der andere die Waffen zerbrechend/ wor-
zwiſchen dieſe Schrifft:
ARVA
Ligo, posthac, reparet, frang antur. At.
ARMA
Fried zerbricht nun Spieß und Degen/
bringt zu Acker Pflug und Egen.
Uber dem Eingang der Nebenhütte zur rechten Hand lagen
ebenfals gegeneinander uͤber zwo Jungfrawen/ eine einen
Zaum/ die andre ein Buch in der Hand haltend/ nebenſt die-
ſer Deutſchrifft:
A. vigili. sic. Mars. fren abitur arte.
Kunſt und kluger Raht den Degen/
kan Gebiß und Zaum anlegen.
112.
Auf der Mittelhuͤtte acht Pfoſten ſtunden ſoviel
nackichte Knaben/ der acht deß Reichs Churhaͤubter Wap-
penſchilde und jeder eine Fahne haltend. Zu oberſt auf dem
Gipfel ware ein gekroͤnter doppelter Adler uͤber eine Weltku-
gel geſtellet/ auf welcher dieſes zu leſen ware:
Hæc. nos. alarum. protegat. umbra.
Dieſer Fluͤgel Schutz und Schatten
komm uns allezeit zu ſtatten.
Unten üm die Kugel herüm waren ebenmaͤſſig acht Fahnen
worein der uͤbrigen Reichsfuͤrſten: auf den einwarts- ſehen-
Q 3den
[118] den Seiten aber der Mittelhuͤtten zwoͤlffe/ worein der vor-
nehmſten Reichsſtaͤdt Wappen/ gemahlet/ aufgeſtecket.
113.
Uber das waren in der Mittelhůtten rund oben
herum acht guͤldene Schilde mit blauem Felde/ und neben
jedwedern zu beyden Seiten zwey Wappen der Erblaͤnder
deß Adlerprinzen/ aufgehaͤnget/ und auf den Feldern der
Schilde folgende/ ſeiner hoͤchſten Majeſtaͤt zu Ehren von
dem Schaͤfer Floridan (welcher auch zu den Pfortbildern/
Schaugerichten u. a. m. die Schrifften beygetragen) auf-
geſetzte Titulſchrifften/ mit guͤldenen Buchſtaben in folgen-
der Ordnung geſchrieben:
Ferdinando III.
ROM. IMPER. SEMPER AUGUSTO.
Qui Janum clauſere, duos nunc poſterus orbis
Augustos numerat. Romæ olim Octavius, alter
Fernandus jam noſter erit, qui ſecula vivat.
Zween der Auguſten ſind/ die Janus Tempel ſchlieſſen;
Octavius zu Rom; in Teutſchland ſolt du wiſſen/
O Nachwelt/ hats getahn der groſſe Ferdinand/
dem langes Leben wuͤnſcht das Friedbegabte Land.
Ferdinando III.
ROM. IMP. PACIFICO.
Jactârint alii titulos \& ſymbola Belli;
Virtus Pacificum te, Cæſar, in orbe ſalutat.
Hac Tu voce Atavûm ſuperas encomia priſca.
Laß andre mit Gefahr uͤm dapfre Titul kriegen:
der Friedliche/ das ſoll/ O Kaiſer/ ſeyn dein Nam.
So hoͤher hat dein Lob die Ahnen uͤberſtiegen/
ſoviel der Welt der Fried baß/ als der Krieg/ bekam.
Ferdinando III.
ROM. IMP. PATRI PATRIÆ.
Qui
[119]Qui Patriam. Belli ſub tanta mole ruentem,
elevat \& Pacis revocatę munere donat,
dicendus verè Cæſar, mage ſed Pater Orbis.
Dem von der Krieges Laſt bedrangten Teutſchen Land
ſchenkt alte Friedensruh der theure Ferdinand.
Als Kaiſer/ hat er uns den Friede geben koͤnnen;
als Vater/ wolt er jhn dem Vaterlande goͤnnen.
Ferdinando III.
ROM. IMP. PIO.
Involvat cum Pacis amor Pietatis amorem,
inclitus hinc Cæſar benè Divûm jungit honori
Pacis onus, numenque colit, regnumque quietat.
Wem Gottes Lieb iſt lieb/ der hat auch luſt zum Frieden.
Dich/ weil du beydes thuſt/ O Kaiſer/ beydes ruͤhmt.
Du wilſt nicht/ daß/ O Haubt/ die Glieder ſich zerglieden/
ehrſt Gott/ vertraͤgſt die Erd/ als Erdengoͤttern ziemt.
Ferdinando III.
ROM, IMP. FELICI.
Hæc Te Sors, Cæſar, beat, ut nunc Pace fruiſci
perpete nos facias, majoribus ante negatâ.
Hac Te Poſteritas æternùm Sorte notabit.
Gluͤckſeelig iſt/ durch den das Land gluͤckſeelig wird.
O Kaiſer/ das biſt Du. Dir hat die Ehr gebuͤrt/
die andern ward verſagt/ den Frieden uns zu weiſen.
Diß Lob ſoll ewig dein bey aller Nachwelt heiſſen.
Ferdinando III.
ROM. IMP. FORTI.
Pulcrum ab utroq; decus. poſt Laurum cingis Olivo
tempora. in ambiguo eſt, Cæſar, quo nomine vincas.
Nos Armis tueare, regas in Pace, precamur.
Von beyden haſt du Ruhm. Nach Lorbeern ſetzeſt Du
Oliven auf das Haubt. Von welchem unter beyden
du
[120] du hochbenannter ſeyſt/ wird nicht ſeyn zu entſcheiden.
Mit jenen ſchuͤtz dein Volk/ durch dieſe herſch in Ruh.
Ferdinando III.
ROM. IMP. CLEMENTI.
Princeps æquatur ſuperis, ignoscere[culpam]
cui volupe eſt. Tu pacatas, Te numine, terras
hac viruteregis. Sic, Cæſar, Divus haberis.
Verzeihung iſts/ die hier aus Fuͤrſten Goͤtter macht:
Verzeihung hat bey dir uns Ruh zuwegen bracht.
dein ausgeſoͤhntes Hertz gibſt du uns zu erkennen:
wer wolte dich dann nicht/ O Kaiſer/ goͤttlich nennen?
Ferdinando III.
ROM. IMP. JUSTO.
Pœn æ frena malis; magnum ſed Præmia calcar
digna Bonis. lancem prenſat Fernandus utramque:
Cæſare ſed dignum mage ducit, ferre brabeia.
Straf iſt der Boͤſen Zaum; Lohn aber ſport die Frommen
zu mehrer Tugend an. Zwar brauchſt du beyde Schaln/
O Kaiſer; ſelten doch laͤſt du zum Schwerd es kommen/
denkſt/ Kaiſern ſteh nur zu/ Verdienſte zu bezahln.
114.
Man haͤtte dieſe Huͤtte mit recht nennen koͤnnen
einen Tempel der Eintracht und deß Friedens/ welchen aus
zuſchmuͤcken/ gleichſam alle Goͤtter jhre Gaben herzuge-
bracht. Flora fuͤllete/ der/ an den Pfoſten ſtehenden Termin-
oder Graͤntzbilder/ uͤber dem Kopff haltende verſilberte
Koͤrbe/ mit Blumen. Ceres wunde und bunde von jhren
Fruͤchten ſchoͤne Feſtinen oder Feſtgehaͤnge/ und behienge
damit die Fenſterboͤgen. Es ſchiene/ als wann die Venus jh-
ren Stern von dem Nachthimmel herabgebracht/ und mit-
ten in der Mittelhuͤtte aufgehaͤnget haͤtte/ der daſelbſt/ ſilber-
glaͤntzend/ und mit einem Goldflor bekleidet/ mit ſechs Am-
peln/ worein der Friede ſein Oel gegoſſen/ von ſeinen ſechs
Zinken
[121] Zinken zu dieſem Freudenmahle leuchten ſolte. Luna heff-
tete zu gleichem Zweck zwoͤlff jhrer kleinern Sterne oben in
den beyden Nebenhuͤtten auf. Der groſſe Jupiter hatte/ zu
lieb dem Adlerprinzen/ als der daſſelbe/ was er im Himmel/
auf Erden iſt/ ſeinen Adler leb- und leibhafftig in eines
der Angebaͤnde beygeſtellet/ welcher von jederman mit ver-
wunderung beſchauet wurde.
115.
Bachus hatte ſeine baͤſte Weingaben in die Cre-
dentzen oder Schenkſtellen/ deren viere waren/ eingeſchicket.
Der guͤldene Foͤbus/ und nach jhm die ſilberne Foͤbe gaben
hiezu durch jhre klare Angeſichter den allerſchoͤnſtẽ Tag/ und
die allerlieblichſte Nacht/ dergleichen man in langer Zeit
keine denken kunde. Die Nymfen durchhetzeten mit jhren
Boͤgen und Netzen jhre Waͤlder und Waͤſſer/ und ſchickten
eine groſſe Menge Wildpret/ Gefluͤgel und Fiſche zur Ta-
fel. Apollo erſchiene auch mit ſeinen neun Toͤchtern/ und er-
freuete die Gaͤſte mit einer Hertzerquickenden Muſik. Mars
ſelber muſte diß- und jenſeits deß Waſſers mit fuͤnfzig Stuͤ-
cken die Friedensgeſundheiten bedonnern/ auch ſeine Trom-
peten und Heerpauken darbey dapfer erklingen und růhren
laſſen.
116.
Pallas wolte auch nicht davon bleiben/ und ſpeiſete
die Augen der Gaͤſte mit allerhand Kunſtfuͤndigen Schau-
gerichten/ die in groſſer Anzahl auf die Tafeln geſetzt wur-
den. Die vornehmſten zehen waren theils aus gefaltetem
Kammertuch/ theils aus Butter kuͤnſtlich geformet; unter
welchen das erſte ein zweyfacher Adler/ deſſen alte Federn
hinweggefallen/ und jhme an deren ſtat neue gewachſen wa-
ren/ mit der Sinnbildſchrifft:
Sol. Orbis. Pax. mihi. pennas. innovat.
Mich verjuͤngt deß Friedens Wonne/
der da iſt der Erden Sonne.
RBey
[122]
Bey jhme ſtunde die Hochzeitgoͤttin und Gemahlin Jupi-
ters/ die Juno/ eine Brautfakel in der Hand haltend/ ſamt
der Schrifft:
Mitt am. post. tædia. tædas.
Nun ſoll/ nach dem Kriegesſchmauchen/
meine Hochzeitfakel rauchen.
117.
Nach dieſer ware zu ſehen ein Loͤw/ mit aufgereck-
ten Patten/ in der einen Hand ein Schwerd/ in der andern
einen Oelzweig haltend/ mit dem Beywort:
Ob. pacem. robora. belli.
Daß der Friede moͤchte ſiegen/
ließ ich meine Klauen kriegen.
Bey jhme ſtunde die Goͤttin der Sinnkuͤnſte Pallas/ die
nach abgenommenem Lorbeerkrantz jhren Helm mit Oliven-
laub kroͤnete; die Ausdeutung gabe dieſe Unterſchrifft:
Nunc. cedat. laurea. olivo.
Lorbeern weichet den Oliven/
laſſt die Friedenskuͤnſte trieffen.
Hierauf folgete ein Han/ den Hals zum ſchreyen ausſtreckend
und gen Himmel ſehend/ mit dem Beywort:
Vocem. lucis. natalibus. addo.
Meine Stimme ſtimmt mit ein
zu deß Friedens Tagesſchein.
Neben jhm ſtunde die Nachtgoͤttin Luna/ aus deren Ro-
ckes Schwaͤrtze der Mond und die Sternen goldglaͤntzend
hervorblinketen; jhr Beywort ware:
Tristes. cispello. lumine. noctes.
Friede blickt als Mondesſchein/
durch die Kriegesnacht herein.
118.
Dieſe ſechſe auf die 3 Cronen abſehend/ wurdẽ auf
die Haubttafel in der Mittelhuͤtte geſetzet; die vier übrigen
aber auf die Nebentafeln/ und zwar auf die eine ein Pfau/ der
ſeine Spiegelfedern ausbreitete/ mit der Schrifft:
Alſo
[123]
Decorat. sociabilis. ordo.
Alſo ſchoͤn ein Reich ausſihet/
wo der Eintracht Ordnung bluͤhet.
Naͤchſt jhme ſtunde das Bild der Zeit/ in einer guͤldnen Klei-
dung/ mit dem Beywort:
Auri. rediit. venerabilis. ætas.
Nach der Eiſenjahre Leid
wider bluͤht die guͤldne Zeit.
Auf die andere Tafel kam zu ſtehen ein Schwan/ uͤber eine
Weltkugel ſeine ſchneeweiſſe Flügel ausbreitend/ mit der
Beyſchrifft:
Redeat. nunc. candor. in. orbem.
Durch den Fried wird wider neu
die erſtorbne alte Treu.
Neben jhm ſtunde die Fama oder Goͤitin deß Gerüchtes/
deren ſilberne Trompete mit einem Oelzweig umwunden/
ſamt der Schrifft:
Grato. populos. sermone. reple[b]o.
Friedenspoſt die ſoll der Erden
nun die liebſte Zeitung werden.
119.
Die übrigeu waren theils von Zucker/ theils von
Wachs zubereitet/ daran weder Kunſt noch Koſten geſparet
worden/ und deuteten alle ſaͤmtlich auf den neuen Friedens-
wolſtand. Unter andern ware zuſehen ein groſſes ſehr zier-
liches Orlogſchiff/ ſamt aller Zugehoͤr/ mit einer roten und
weiſſen Flagge/ auf welchen zu leſen:
Posthac. merces. portabit. inermis,
Jetzund wollen wir nach Wahren
ohne Krieg zu Waſſer fahren.
Darnach ſahe man eine ſchoͤne Felderey/ und in derſelbigen
fruchtbare Aecker/ Gaͤrteu/ Weinberge/ Wieſen und Trif-
ten/ worbey dieſes geſchrieben:
R 2Bona
[124]
Bona. iam sua. norint. agricolæ.
Nun ſoll ſich der Feldmann laben
mit der Erden reichen Gaben.
Ferner eine froͤliche Jagt bey einem luſtigen Gehoͤltze/ mit
der Schrifft:
Jaculemue. spicula. Pacis.
Forthin wollen nur zum jagen
wir in Frieden Waffen tragen.
Es waren auch in einer Laͤnderey etliche Veſtungen/ mit
Graͤben/ Bruſtwehrn und Wachten wol verſehen/ zuſchau-
en/ und darbey dieſe Schrifft:
Robur. tutela. quietis.
Soll der Fried in Frieden ſitzen
muͤſſen jhn die Waffen ſchuͤtzen. u.a.m
120.
Die Nymfe Noris hatte in der Stadt dem Herꝛn
Mahlhalter/ und ſeinen hochanſehlichen Gaͤſten zu Ehren/
die Straſſen und das Thor/ wordurch man hinaus ziehen
muſte/ mit ſchoͤnen Feſtinen/ Fahnen [und] Gebaͤume behaͤn-
gen und beſtecken/ auch die Wege vor der Stadt mit Spiel-
und Kaufkraͤmen/ auch Eßwahren/ gleich als auf einem
Jahrmarkt/ feyerlich beſetzen laſſen Ihme ſelber dem Hertzo-
gen von Filama/ ſchickete ſie einen ſchoͤnen und wolgeputzten
* Nuͤrnb.
Patritien
geſchahe d.
4. Jul. An.
1650.Tropp von fuͤnfzig Jungen von Adel/ jhren Soͤhnen/ *
vor das Haus/ welche jhn in anſehlicher Folge hinausbe-
gleiteten/ und folgends bey dem Freudenmahl als Truch-
ſeſſen aufwarteten. Worauf alsbald auch die Gaͤſte erſchie-
nen; und nach dem man ſich etwas auf dem Platz erſpa-
zieret/ und alle Bereitſchaften wol beſehen/ ward ein jeder
an ſeinen gehoͤrigen Ort zur Tafel eingewieſen.
121.
Ander groſſen Tafel in der Mittelhuͤtten/ welche
in eine halbe Rundung geſtellet ware/ ſaſſen die ſaͤmtlichen
der Cronen und deß Reichs Botſchaften und Abgeſandte
Die Nebenhuͤtte zur Rechten bewirtete die Fuͤrſten/ und
Her-
[125] Herrenſtands Perſonen/ worunter ſich auch die Prinzefſin
Teutonie bey dem hohen Frauenzimmer mit befande; die
zur linken aber hatte man fuͤr die Nymfe Noris/ auch jhre
vornehmſte Soͤhne und Frauenzimmer/ bereitet. Die
Stüle waren alle mit rotem und weiſſen Tuch uͤberzogen/ ſo
hinden uͤber die Laͤhne hinab hienge/ auf welchen Abhaͤngen/
allen und jeden ein ſchwartzer Adler zu ſehen geweſen. Sol-
cher geſtalt wurde dieſem Friedensmahl ein froͤlicher An-
fang gemacht/ [und] in fuͤnf Gaͤngen eine groſſe Menge koͤſt-
licher Speiſen aufgetragen.
122.
Dieweil dieſe herꝛliche Mahlfreude allernaͤchſt bey
den Schaͤfereyen der Teſpinghirten/ einem ſchoͤnen Luſt-
tahl angeſtellet worden/ wolte der Hirtengott Pan den Gaͤ-
ſten auch eine Freude machen; ſchickete derhalben in Form
eines Zeltes geſchloſſenes Waldgebuͤſche/ welches ohne eini-
ge aͤuſſerliche Huͤlfe fortgieng/ biß es vor der groſſen Pforte
in Angeſicht der Gaͤſte gegen der Haudttafel uͤber/ an wel-
cher alle Herrn allein auf jener Seite ſaſſen/ und keiner den
Rucken gegen der Pforte und den offnen Platz wendet/ ſtehẽ
bliebẽ. Jederman ſahe auf/ was dieſes fůr eine Abentheur ſeyn
wuͤrde. In dem eroͤfnete ſich vornen das Waldgezelt/ und
lieſſen ſich darinn etliche Goͤtterbilder/ mit unverwandten
Augen und Leibern/ auch in unterſchidenen ſeltzamen Poſtu-
ren oder Stellungen ſehen.
123.
Bald darauf wuͤſchete eine heraus*/ welche alſo bald* Johann
Wilhelm
Schluͤſſel-
felder P. N.
fuͤr die Zankgoͤttin Eris oder die Zweytracht erkennet wur-
de. Die Schlangenhaare flatterten jhr ům das Haubt.
Ihr zerriſſner Rock ware hin und wider mit Blut beſpruͤtzet;
und ſchiene ſie eben jetzt aus einem Mord- und Metzelbad
zu kommen/ weil auch jhre Fuͤſſe gantz im Blut gebadet wa-
ren. So ware auch jhr Sebel noch gantz blutig/ den ſie in
der rechten Hand/ in der linken aber eine Fackel/ truge. Sie
lief auf dem Platz vor und an der Tafel auf und ab/ ſahe die
R 3Gaͤſte
[126] Gaͤſte/ einen nach dem andren/ mit zornflammenden Augen
an/ als die jhr dieſe friedliche Verſamlung gar uͤbel gefallen
lieſſe/ brummete wie ein Baͤer/ ſchaumete wie ein Eber/
boltzete aus jhren Augen wie ein Feuerbüchſe/ drehete ſich
hin und wider/ trate mit dem Fus wider die Erde/ ſchlug jhre
hangende Brüſte/ knirſchete mit den Zaͤhnen/ und nach ſo
manchen Ungeberdigkeiten fienge ſie an mit Worten zu
donnern.
124.
Sie ſagte/ ſie waͤre in dem Koͤnigreich Albion ge-
weſen/ und haͤtte daſelbſt die Hertzen mit jhrer Kriegsfackel
angeſtecket: ſie befaͤnde aber bey jhrer wiederkehr in den Teu-
toniſchen Landen alles uͤmgekehrt/ und jhren Brand gantz
verloſchen. Fluchete deßwegen dem Him̃el/ und ruffete alle
hoͤlliſche Furien und Plaggeiſter üm Huͤlffe an. Bedachte
ſich darauf ein wenig/ wie ſie doch diſes neue Friedensweſen
abſtellen moͤchte. Und nach dem ſie ſich erinnerte/ wie ſie vor
der zeit zu Rach jhrer Verſchmaͤhung/ einen Zankapfel unter
die Goͤtter ausgeworfen/ gedachte ſie ſich dieſes Funds auch
dißmal zugebrauchen; zoge derhalb alſo bald einẽ Goldapf-
fel mit eiſerner Fauſt aus dem Rock/ ſchriebe darauf POTI-
ORI, dem Staerkern (eben wie auf dem bey Thetis
Hochzeit ausgeworffenẽ geſtanden ΚΛΛΛΙΣΤΗ/ der Schoͤn-
ſten!) zuverſtehen gebend/ daß dieſer Apffel und die groͤſte
Herrſchaft dem jenigen werden ſolte/ welcher dem andern
mit Waffen uͤberlegen ſeyn wuͤrde.
125.
Eben aber als ſie denſelben unter die Gaͤſte werf-
fen wolte/ kamen aus dem Waldgezelt hervorgetreten die
zwo Goͤttinen/ Concor die und Aſtree/ oder die Eintracht
Sigm Ja-
cob Holtz-
ſchuher/ v.
d. Neuen-
burg/ P. N.und Gerechtigkeit/ welche den Frieden zwiſchen ſich gefaſ-
ſet hatten. Diſcordie erſchrak ůber dieſer [Ankunft]/ und ſtellete
ſich mit zittern und beben auf eine Seite. Concordie* mit
jhren Gefaͤrten vor die Tafel tretend/ ſahe dieſe Unholdin
erſtlich
[127] erſtlich nicht/ biß ſie/ dem Frieden dieſes Vereinigungs
mahl zeigend/ ſich heruͤmwandte. Sie verwunderte ſich/ wie
dieſes Unweib ſich haͤtte erkuͤhnen doͤrfen/ bey dieſem Fried-
und Eintrachtsmahl zu erſcheinen. Erzehlete auch/ wie
von der Welt Anfang her Hohfart/ Neid/ Zorn/ Un- „
zucht/ und alle andre Laſter von dieſem Laſterweib ſeyen „
ausgezettelt worden. Name das Teutoniſche Reich zu einem
elenden Beyſpiel/ und gab jhr alles das ſchuld/ was man biß-
her fuͤr Drangſalen erlidten. Sie waͤre zwar vor dreyhun-
dert Jahren in eben dieſer Stadt auf ewig zur Hoͤlle verban-
bannet und verdammet worden/ haͤtte ſich aber von dannen
leider wieder in das Reich begeben/ und das verwiechene
Jammerſchauſpiel angerichtet.
120.
Hierauf ergrieffe ſie ſie bey jhrem Schlangen-
ſchopff/ riſſe ſie zu Boden/ und trate ſie mit Fuͤſſen. Fienge
folgends an/ mit holdſeligen Worten und Gebaͤrden/ die
Teutonier anzureden/ und ſagete jhnen/ wie daß ſie nun die
Wahl haͤtten unter jhr und der Zwytracht/ welche von jhnen
beden ſie bey ſich behaltẽ wolten. Erinnerte ſie/ dz ſie Men- „
ſchen und keine Woͤlffe/ waͤren/ die doch ſelbſten viel eini- „
ger/ und ſolten einander moͤrdlich zu wider ſeyen. Wieſe „
ſie zu den Bienen in die Schule/ und bewieſe mit dem „
Beyſpiel einer Laute (deren Seiten keinen angenehmen
Tohn von ſich geben/ wann ſie nicht zuſammengeſtimmet)
daß der Himmel kein gefallen an zweytraͤchtigen Sinnen
habe. Sonderlich aber ermahnete ſie die Friedſchlieſſenden
Cronen/ daß ſie hinfort ein dreybeleibter Geryon/ d. i. ein
Siñ in dreyen Leibern/ ſeyn ſolten/ dardurch jhre Macht ver
ſtaͤrket/ und ſiegefuͤrchter werden wuͤrden. Und als die Anwe-
ſenden auf jhr widerholtes Fragen/ welche von jhnen beyden
haben wolten/ ſtillſchwiegen/ ſchloſſe ſie daraus eine ſtum-
me Bejahung/ wuͤnſchete den Teutoniern/ Gluͤck/ uͤbergab
und empfahl jhnen damit jhre Gefaͤrten/ den Frieden vnd
die Gerechtigkeit.
127.
[128]
127.
Die Prinzeſſin Teutonie hoͤrte dieſer Rede mit
hertzlichen Vergnügen zu/ wuͤnſchend/ daß ſelbige bey den
Gemuͤtern etwas moͤchte gefruchtet haben. In dem fienge
* Joh. Hie-
ron. Loͤffel-
holtz von
Colberg.
P. N.auch der Friede* an/ redend zu werden/ gruͤſſete und kuͤſſete
die Prinzeſſin mit vielen freundlichen Worten/ und ſagete
wie er die dreyſſig Jahr her/ ſeither dieſe verfluchte Zwey-
tracht (welcher er zugleich einen Stoß mit dem Fuß gabe)
jhn aus jhren Landen verjaget/ mit ſchmertzlichem Verlan-
gen ſich nach dieſer Widerkunfft geſehnet. Beſchriebe dem-
nach mit einer ſchoͤnen Rede die verneuerte Ruhe der Zeiten/
dankete dem Himmel mit aufgehabenen Augen und Haͤn-
den/ und erinnerte die Teutonier/ ſie ſolten auch alſo thun/
und zu vorderſt dem Himmel/ hernach dem groſſen Adler-
prinzen/ als jhrem Haubte/ denen nunmehr Freundgeſiñten
auslaͤndiſchen Cronen/ denen Fridbemuͤheten Abgeſandten/
und letzlichen auch der Goͤttichen Eintracht/ danken: zu de-
ren er ſich mit einem ſchoͤnen Lobſpruch wendete/ und fol-
gends ſich mit der Gerechtigkeit uͤmfienge und kuͤſſete/ wel-
ches geſchahe mit anmutigen Geberden und hertzlicher Freu-
de der Anſchauenden.
128.
Tob. Oelha
fen von
Schoͤllen-
bach/ P. N.
Die Gerechtigkeit *nach widerholtem ſolchẽ Kuß/
ehrete den Frieden mit vilen Liebeswoꝛten/ als võ welchem ſie
wider in das Teutoniſche Reich eingefůhrt wuͤrde. Befahle
hierauf dem Kriegesſchwerd/ in die Scheide zu fahren/ weil
forthin nur jhr Gerichtſchwerd ſchneiden ſolte; und ruffete
„ nach gehends jbre drey Haubtgeſetze/ daß man nemlich
„ forthin ehrlich leben/ niemand verletzen oder verkürtzen/
„ und Strafe und Belohnung mit gerechter Waage aus-
waͤgen ſolte/ oͤffentlich aus. Und damit alle jhre Befehlsha-
haber und Schutzfreunde deſſen ein Vorſpiel ſehen moͤch-
ten/ fienge ſie erſtlich an/ denen lebenden und verſtorbenen/
an- und abweſenden Helden/ die ſich in dieſem Kriege/ dapfer
und Tugendlich verhalten/ inſonderheit aber dem Prinzen
Vaguſto
[129]Vaguſto/ und dem Hertzogen von Filama/ benebenſt auch
allen Friedensabgeſandten/ unſterbliches Lob nach zuſagen/
und jhnen alſo den verdienten Lohn zuzueignen.
129.
Dieſes beſchehen/ wolte ſie auch ein Beyſpiel der
Beſtraffung ſehen laſſen/ wandte ſich derhalben zu der auf
der Erden ligenden Zweytracht/ zoge ſie bey den Haaren
vor ſich/ verfluchete ſie mit vielen Schelt- und Schmach-
worten/ hiebe jhr endlich mit dem Schwerd ein par Schlan-
gen vom Schedel/ dem Frieden aber name ſie den Oliven-
Krantz vom Haubte/ wuge beydes auf jhrer Waage gegen-
einander ab/ und als ſich die Schlangen der Zwytracht zu
leicht befunden/ verdammete ſie dieſelbe in das Reich Pluto-
nis zu ewigen Flammen/ weil ſie da heraus die Flamme des
Krieges in das Teutoniſche Reich gebracht. Worauf alſo-
bald drey Hoͤllengeiſter erſchienen/ und ſie/ nach dem ſie eine
weil üm ſie heruͤm gebruͤllet und geſprungen/ in das gegenuͤ-
bergeſetzte Feuerwerkſchloß trugen und ſchleppeten.
130.
Dieſes Schloß ware ein hoͤltzern gevierdtes Ge-
baͤude/ mit Leinwat bekleidet/ auch mit Mauerfarb/ unter-
ſchiedlichen Fenſtern und Schießloͤchern/ vermahlet/ daß es
alſo recht einem Caſtell oder Veſtung hauſe gleich ſahe. Es
hatte vier Thuͤrme an den Ecken/ und auf dem Mittelge-
baͤude einen/ die alle mit Flanquen oder Stuͤckloͤchern verſe-
hen/ auch mit Fahnen und guͤldnẽ Knoͤpffen beſteckt waren.
Dieſes ward genennt das Caſtell Martis/ (deſſen Bild un-
ter dem Thor/ in einer wuͤtenden Poſtur oder Stellung/ mit
Schild und Schwerd ſich ſehen lieſſe/) welcher gleichſam auf
dieſem Platz wieder den Frieden zu Feld lage; wie dann das
Schloß mit Stuͤcken/ Feuerroͤhren/ und Haſpelſchranken
auf allen ſeiten ümſchuͤtzet/ auch von einer Beſatzung etlicher
geharniſchter Maͤnner/ ſo mit Rundtartſchen/ Wurfſpieſ-
ſen/ und dergleichen Gewehren verſehen verwachet/ und
uͤmtreten wurde.
S131.
[130]
131.
Dargegen hatte man zwiſchen der Laubhuͤtten und
dem Schloſſe den Frieden auf eine gleichfals hoͤltzerne/ und
wie Marmel vermahlte Seule/ und vor jhme gegen dem
Caſtell viel Feuerwerke/ geſtellet/ welche daſſelbe gleichſam
beſtuͤrmen und in Brand ſetzen ſolten. Er ware mit einem
Krantz von allerley Fruͤchten gekroͤnet/ hielte in der linken
Hand einen Palmzweig/ in der rechten aber eine Lorbeer-
Kron. Bey ſeinen Fuͤſſen an dem oͤberſten Rand der Seu-
len waren geſchrieben dieſe Worte:
Non. simplex. virtutis. opus.
Kriegen und dann Frieden machen/
das ſind dopple Tugendſachen.
Unten auf den vier Flaͤchen des Seulfuſſes ware gemahlet
der friedliche Wolſtand/ nach den vier Jahrzeiten/ mit dieſen
beygeſetzten Deutſchrifften:
Sic ſerere \& vincire, Poli radiante favore,
Vina dar \& fructus, Queis dulci in pace fruemur.
Wol gehaͤfft und ausgeſtreut/
von des Himmels Gunſt erfreut/
machet/ daß man liſt und meyt
nieſt der Frucht und Friedensfreud.
132.
In beſagtes Schloß nun/ welches ſonſten zu Ver-
brennung eines den Gaͤſten zu Ehren angelegtẽ Feurwerks/
womit es theils ſelbſten inwendig beſetzt/ theils auswendig
dauon gleichſam belaͤgert ware/ aufgefuͤhret worden/ wurde
die Diſcordie geſchleppet/ und ůber deſſen Thor geſetzet/ da-
ſelbſt ſie die Worte/ ſo jhr jhren Untergang bevorſtehend an-
kuͤndigten/ geſchrieben fande:
Quæ. tot. busta. dedi. fio. miserabile. bustum.
Durch die ſo mancher Brand entſtanden/
verbrenn jetzt ſelbſt in Teutſchen Landen.
So ward auch an des Thores Oberſchw[e]lle/ und bey dem
Bild
[131] Bild deß Kriegsgottes/ der unter jhm ſtunde/ und mit aus-
gezogenem Degen im Herauslauffen begriffen zu ſeyn ſchie-
ne/ dieſes geleſen:
Ipse. iocus. pacis. post. tristia. seria. Mars. sit.
Der Krieg/ der uns mit Ernſt kond ſchmeiſſen/
ſoll nun deß Friedens Scherzſpiel heiſſen.
Unterdeſſen Diſcordie erwehnter maſſen hinweg geſchleif-
fet wurde/ verlohren ſich die Eintracht und Gerechtigkeit/
auch/ nach dem er zuvor dieſe wehrte Verſamlung zur Froͤ-
lichkeit ermahnet und aufgemuntert/ der Friede/ wider in das
Waldgezelt/ alle Anweſende in hoͤchſter Zufriedenheit hin-
derlaſſend/ die/ ſothaner des Friedens Ermahnung zu Folge/
alſobald eine froͤliche Geſundheit heruͤmgehen/ die Trompe-
ter in die Trompeten ſtoſſen/ und die Stůcke darein donnern
lieſſen.
133.
Bald trate ein Kriegsmann* gar trotzig auf/ ſaheEben der
vorige.
die Gaͤſte nacheinander an/ pralete mit einer aus allerley
Sprachen zuſammen geflickten Macaroniſchen Rede/ der
jetzigen Gewonheit nach/ heraus/ und ſagete/ er waͤre allhier
arrivirt, als ein brav Soldat/ nach dem er von dem Frieden
aviſo bekommen. Verwunderte ſich uͤber die anweſende
Cavaliere, daß ſie alſo den Fridenraͤhten ſich accompaigni-
ret, und fragete/ ob niemand unter dem Haufen waͤre/ der
ſich mit jhm in der auslaͤndiſchen Kriege Eſtat engagiren
wolte/ weil jhm der faule Fried kein plaiſir gaͤbe. In dem kam
auch ein Schaͤfer* aufgetreien/ der/ von dieſem uͤm die Ur-* Hieron.
Schenrl/
P. N.
ſach ſeiner Traurigkeit befraget/ antwortete/ es haͤtte vor et-
lichen Wvchen/ als jhn ein noͤtiges Geſchaͤfft auſſer Lands
geruffen/ ſich alles zu einem neuen Krieg angelaſſen/ deswe-
gen er in dieſer ſeiner Widerkunfft/ den Echo oder Gegen-
hall von dem Fortgang des Friedens zu fragen ſich vorge-
nommen haͤtte.
S 2134.
[132]
134.
Alſo hoͤrete jener zu/ dieſer fragete/ und Echo ant-
wortete aus einem verbůſchten Abſatz der Hůtte; die ver-
kuͤndigte lauter erfreuliches/ berichtete auch zuletzt/ daß er
ſolches anderweit vernehmen wuͤrde von dem allgemeinen
Geruͤchte. Kaum hatte ſie dieſe letzte Wort aus- und nach-
* Georg im
Hof/ P. N.geſprochen/ da eilete das Geruͤchte* oder die Fama aus dem
Waldgezelt geflügelt daher/ nach dem ſie zuvor darinnen in
jhre Trompeten geſtoſſen/ auch mit jhren tauſend Zungen
Frieden geruffen/ und berichtete mit eilſamer Rede/ wie daß
ſie nun uͤber dreyſſig Jahre her nichts als lauter blutige
Kriegszeitungen ausgepoſaunet. Nun ſie aber an dieſem
Orte den endlichen Schluß- erfolg der langgewůnſchten
Friedensvertraͤge mit jhren tauſend Augen angeſehen/ als
wolte ſie ſich in die Welt ſchwingen/ und denſelben in allen
Laͤndern lautmaͤhrig machen. Wandte ſich damit/ und flohe
eilends wider davon/ in dem Waldgezelt/ wie vormals/ bla-
ſend und ruffend.
135.
Die ſchoͤne Friedensausruffung dieſer Goͤttin hatte
des Kriegsmanns Gemuͤhte gantz andere Gedanken gebo-
ren/ alſo/ daß er nach jhrem Abzug viel gedultiger/ und nicht
mehr ſo trotzmuͤtig/ anfienge ſich zu beklagẽ/ wie daß er zwar
gerne wolte die Waffen hinweglegen/ es waͤre aber der Krieg
ſein Acker/ und der Degen ſein Pflug/ Sold und Beute ſeine
Nahrung. Er haͤtte nichts eigenes/ als ſein Kleid/ das waͤre
ſein Haus/ die Erde ſein Bette/ der Himmel ſein Dach. Er
wuͤſte ſonſt keine Kunſt/ haͤtte auch keine gelernet/ damit er
ſich hinbringen koͤnde. Was jhme noch von Geld uͤbrig
waͤre/ das zehre er und ſein Pferd in einer Nacht auf. In
fremden Kriegen ſcheine zwar etwas zu erwerben zu ſeyn/ es
ſtürbe ſich aber auch leichtlich darinn/ und kaͤmen wenig le-
bendig/ die meiſten arm und lahm wider zu haus. Die Land-
leute haͤtten ein frey und frohes Leben/ und ein gutes Aus-
kommen/ in daſſelbe wůnſchete er ſich zu begeben. Warff
damit
[133] damit Blumage/ Charpe/ Degen und Gehaͤnge von und
vorſich/ fragte den Schaͤfer/ ob er jhm ein Feldgut dafur und
damit ſchaffen koͤnde/ er haͤtte noch ein gutes Pferd im
Quartier/ das wolte er auch zu Behuf deſſen verkauffen.
136.
Der Schaͤfer/ nach dem er zuvor die Glůckſeelig-
keit deß Feldlebens uͤmſtaͤndlich gelobet/ und dem Himmel
fuͤr Widerverleihung deſſelben zu danken/ Feld und Wald/
Buſch und Bach/ Schafe und Schaͤfer ermahnet/ bote jhm
freywillig ſeine Trifft an/ daſelbſt er ſich bey jme ſo lang auf-
halten moͤchte/ biß er ſelber etwas eigenes bekaͤme. welches der
Kriegsmann zu Dank anname/ ſein Pferd jhme unter deſſen
zum Pfluͤgen/ und ſein Rohr und Piſtolen zum Voͤgel- und
Wildpürſchen/ auch das Geld/ deſſen er bey der Abdankung
noch gewaͤrtig/ jhme zur Erwiederung verſprache. Und nach
dem er die anweſenden Kriegsbedienten erinnert/ ſie ſolten
auch wie er tuhn/ und jhre Gelder an Landguͤter/ Feld und
Wieſen verwenden/ giengen die beyde/ einander freundlich
bey der Hand fuͤhrend/ wider ab. Hierauf wurde aber mals
von den Gaͤſten/ die dieſem Aufzug mit ebenmaͤſſigem Be-
luͤſten zugeſehen/ ein Zwiſchen-Aufzug mit Glaͤſern ge-
macht.
137.
In ſolchem hatte der guldene Foͤbus/ nach dem er
dieſer Luſt mit Luſt zugeſehen/ und mit ſeinen hellglaͤntzenden
Stralen darzu geleuchtet/ ſein klares Haubt unter das blaue
Zelt der Meereswellen ſchlaffen gelegt/ die Silberweiſſe
Foͤbe an dem Sternenhaus verlaſſend/ weil er derſelben auch
ein Theil von dieſen Froͤlichkeiten anzuſchauen vergoͤnnen
wolte. Jedermans Augen waren auf das Waldgezelt ge-
richtet/ begierig/ von dannen noch etwas neues zu erſehen;* Chriſtoff
Fuͤhrer von
Heimend.
in Wolkes
dorf. P. N.
Als ſich nach einer kurtzen weile daſſelbe eroͤffnete und her-
vortrate der Kriegsgott Mars*/ gantz gewaffnet/ und mit
blankem Degen in der Fauſt/ auch neben jhme die Liebsgoͤt-
tin Venus/ mit jhrem Cupido. Nach dem ſie ebenmaͤſſig
S 3vor
[134] vor der Haubttafel zuſtehen kommen/ fienge Mars mit
dapfrer Stimme an/ und ſagete/ wie jhn der groſſe Jupiter
vor etwan dreyſſig Jahren zu der Teutonie geſandt/ um in
dero Landen eine Ubungsſchul ſeiner Waffen anzurichten.
Welchem er auch fleiſſig nachgekom̃en/ und nach der Hand
ſolchen Kriegen vorgeſtanden/ dergleichen weder die alten
Zeiten gefuͤhret/ noch die nachkommenden fuͤhren wuͤrden.
Weil aber nun/ auf dero inſtaͤndiges Anflehen/ der Himmel
uͤber dieſes Reich einen beſtaͤndigen Frieden geſchloſſen/ als
muͤſſe er nun ſeinen Fuß weiter ſetzen/ (ſteckete damit ſein
Schwerd in die Scheide) und den Staat ſeiner Waffen in
andern Laͤndern einrichten.
138.
Zwar goͤnne er der Teutonie dieſe neue Friedens-
ruhe gerne: muͤſſe aber geſtehen/ daß ihm darbey gar weh ge-
ſchehe/ weil ſeine Waffen nie preißlicher gefuͤhret wuͤrden/
als wann in denſelben jhre dapfere Soͤhne die Teutonier
ſtecketen. Und weil er dann geſinnet/ anjtzt aus dieſem Reiche
zu weichen/ als waͤre er hier ankommen/ beydes die jenigen/
die noch Luſt zur Kriegsuͤbung haͤtten/ in ſeine fernere Dien-
ſte abzufordern/ und jhnen groſſe Belohnungen zu verſpre-
chen; und dann auch denen andern/ die nach ſoviel- und lan-
ger Mühe der Ruh begierig/ fuͤr geleiſtete dapfere Dienſte
Dank zuſagen/ zu deren Erwiderung ſie jhn/ ſo bald ſie ſeiner
benoͤtiget/ zu unverdroſſenen Dienſten haben ſolten. Sie
haͤtten unter ſeiner Anfuͤhrung uͤm den Frieden gekrieget/
deſſen wuͤnſchete er daß ſie forthin nach Hertzensluſt genieſ-
ſen moͤchten. Und hierzu wolle er jhnen hiemit die Venus/
mit deren er zwar zu guter letze noch einmal ſich luſtig zu ma-
chen gedaͤchte/ inſonderheit aber ſeinen beyden Soͤhnen/
dem Prinzen Vaguſto/ und dem Hertzog von Filama/ em-
pfohlen haben. Ihren Mann/ den Vulkan/ muͤſte er zwar
mit ſich haben; doch ſolte er ſie zuvor mit einem Feuerwerk
ergetzen. Sie moͤchten ſich an heute luſtig machen/ und
ſeine
[135] ſeine Cartaunen und Kriegsſpiele in den ſuͤſſen Wein knal-
len und ſchallen laſſen. Gabe damit mit betruͤbten Ange-
ſicht/ weil jhm ſehr ſchwer fiele/ ſo dapfre Helden aus ſeinem
Dienſte zu laſſen/ gute Nacht.
139.
Allen Anweſenden gefiele dieſer hoͤfliche Abſchied
ſehr wol/ und waren jhrer viele/ die dieſen Gottnun nit mehr
fuͤr ſo grauſam hielten/ als jhn die gemeine Sage beſchriebe.
Alle ſeine Geberden warẽ Heldenmaͤſſig/ und aus ſeinen Au-
gen ſchine nichts als Dapfeꝛkeit. Man haͤtte/ wegen ſotahner
ſeiner Verwunderlichkeit/ laͤnger auf jhn geſehen/ wann nit
die neben jhm ſtehende Venus* mit jhrer Holdſeligkeit und* Carl Wel
ſer/ P. N.
buleriſchen Blicken alle Hertzen und Augen/ wie ein Mag-
net/ an ſich gezogen. Sie gienge halb nackicht/ weil ſo eine
Wunderſchoͤnheit nicht muſte verſteckt ſeyn/ auch keines
praͤchtigen Kleides zu jhrer Verſchoͤnerung vonnoͤhten
hatte. Ihre mit freundlichſten Geberden vorgebrachte Re-
den gaben zu verſtehen/ in was Freuden ſie ſich wegen dieſer
neuen Friedensverbindung befaͤnde/ weil ſie/ als eine Goͤttin
der Liebe/ an ſtat deß langgehegten Haſſes/ forthin im Reiche
Fußhalten wuͤrde. Sie bekenne zwar/ daß ſie ſeither dem
Gott Mars in ſeinen Kriegen nicht ungerne nachgezogen;
ſie muͤſſe aber jetzund von jhme/ und bey den Teutoniern
verbleiben; doch wolte ſie jhm etwan wider folgen und be-
ſuchen/ wann ſie im Reiche allen noch uͤbrigen Groll und
Zank in Liebe wuͤrde verwandelt haben.
140.
Sein Krieg haͤtte jetzund ein Ende/ nun ſolte jhrer
anfangen. Sie wolte die Hertzen mit Kertzen der Liebe/ und
nicht mit Zankfackeln anſtecken [und] entzuͤnden. Machete
damit jhren Sohn/ den kleinẽ Cupido/ zum Feldherrn jhres
Kriegs/ und verglieche die Wuͤrkungen beyder/ ſeiner und
des Martis/ Waffen miteinander; frolockete/ daß die Teu-
tonier nunmehr zu jhrem Kriegen beſſer Luſt haͤtten/ als zu
des Martis ſeinen. Befahl darauf dem kleinen Liebesſchuͤ-
tzen/
[136] tzen/ er ſolte jetzt alſobald ſeine Waffen zu Felde führen/ ſeine
neugeboltzte Pfeile verſuchen/ und inſonderheit der beyden
Fuͤrſten/ deß Prinzen Vaguſto und deß Hertzogs von Fila-
ma/ nicht verfehlen/ weil ſo dapfre Helden nicht gaͤntzlich
entwerden/ ſondern jhꝛes gleichen/ in denen jhre fortge-
pflanzte Tugend und wehrtes Abbild zu verewigung jhres
Nachruhms grünen moͤchte/ hinder ſich laſſen muͤſte.
141.
Andreas
im Hof/
P. N.
Dieſe liebreiche Liebesgoͤttin hatte kaum jhre Rede
beſchloſſen/ da fienge jhr kleines Flügelkind* ſo gantz nackicht
erſchiene/ mit anmutig- und hurtigen Gebaͤrden an/ es ſtuͤnde
ſeines gleichen Kindern zu/ den Eltern zu gehorchen. Daruͤm
wolte auch er ſeiner Mutter Befehl/ den er ohne das gerne
thaͤte/ nachkommen/ und ſeine Pfeile alſo brauchen/ daß es
gewiß ohne Wunden nicht abgehen ſolte. Sie moͤchten jhn
zwar jhres gefallens für ein Kind/ und fuͤr einen blinden ach-
ten (es waren jhm dann die Augen mit einem Flor verbun-
den) ſie ſolten aber erfahren/ daß er gewiß und ſtark genug
ſchieſſen koͤnne. Koͤnden jhre Carthaunen barte Mauren/ ſo
ſolten ſeine Geſchoſſe ſteinerne Hertzen faͤllen. Und ob ſie
wol dieſen Tag groſſes Gepraͤnge mit jhrem Frieden ma-
cheten/ ſo wolle er jhnen doch verſicherlich neuen Kriegs ge-
nug erwecken. Gleichwol ſolten ſie ſolche Feinde bekommen/
die man wegen jhrer Freundlichkeit bekriegete. Er wolie aber
ſeine Kunſt zu voͤrderſt an den beyden Hoͤchſten pruͤfen/ und
alsdann etwas mehr ſeyn als ein Kind/ wann er jhr Meiſter
würde. Langete hierauf einen Pfeil nach dem andern aus
ſeinem Koͤcher/ ſchoſſe und trafe mit luſtiger Geſchwindig-
keit die beyden Fuͤrſten/ den Prinzen Vaguſto/ und den
Herzog von Filama/ am erſten/ indeſſen Mars und Venus
fuß fuͤr fuß einander abführeten/ denen er/ nach dem er ſich
verſchoſſen/ nachſprunge/ und ſich hinder jhnen wider in das
Waldgezelt verſtale.
142.
[137]
142.
Es gabe ein froͤliches Gelaͤchter uͤber den freyen
Reden/ undartigen Wolgebaͤrdigkeiten dieſes Schuͤtzens;
jedoch gabe es auch viel heimliches aͤchtzen/ weil ſich etliche
getroffen fuͤhleten. Es waren aber die drey noch nit langſt
abgetreten/ ſihe da kame noch zu guter letze heraus gehunken/
der Schmid der Goͤtter/ Vulkanus *ſo ſchwartz und ruſſig/* J. Wilh.
Schluͤſſelf.
P. N.
als wann er allererſt aus der Schmidte kaͤme. Doch truge
er an ſtat deß Hammers eine Zuͤndrute/ ſahe ſich uͤm/ ſtrich
den Knebel/ machete laͤcherliche Sellungen/ fieng an und er-
zehlete/ was er vor ein hohes Amt unter den Goͤttern/ und
auf Erden haͤtte. Man ſolte jhn nicht auslachen/ daß erſo
krumm gienge; er waͤre/ als jhn der Jupiter zur Ungebuͤhr
aus dem Himmel geſchmiſſen/ alſo zum Kruͤppel worden;
an dem er ſich zwar gnugſam geꝛochen/ und jhm zur ſchmach
auf Erden den Gebrauch der Stůcke erdacht haͤtte/ welche
mit ſeinen Keilen in die Wette donnerten. Zwar waͤre er
ſonſten eines ſchoͤnen Leibes/ wodurch dann die allerſchoͤnſte
Venus bewogen worden/ ſein Weib zu werden. Wiewol
jhme Mars viel toller Poſſen machete/ und/ wann er deſſen
Waffen ſchmidete/ jhm indeſſen Hoͤrner aufſetzete. Er haͤt-
te jhm jetzund von dem Pulver/ das im Kriege uͤbergeblie-
ben/ eine Feuerkurtzweil zu machen anbefohlen/ da er inzwi-
ſchen ſich bey der Venus befinden wuͤrde. Er gedaͤchte jhn
aber/ ſo bald er allhier das ſeine verrichtet/ aus zuſpuͤren/ und/
wann er ſie beyſammen faͤnde/ ſie in ein Netze/ wie vordeſſen/
zu ſchlieſſen/ und vor allen Goͤttern zu beſchaͤmen.
143.
Der gute Schmidegott meinete es gar ernſtlich/ es
wurde aber daꝛuͤber wol gelachet. In ſolchem naͤherte er ſich
dem Prinzen Vaguſto/ neigete ſich und ſagete/ wie dz voꝛaus
Ihme zu ſonderbaren Ehren der Kriegsgott Mars/ und ſein
dapfrer Sohn/ der Hertzog von Filama/ dieſe Freudennacht
angeſtellet/ und haͤtte er von dem Mars Befehl/ das ange-
legte Feuerwerk zu ſeiner Beluſtigung/ zu verbrennen.
TDaran
[138] Daran/ baͤte er/ Er den anfang machen/ und mit dieſer
Zuͤndrute (die er jhm damit uͤberreichete) dem Cupido/ zur
Erwiederung/ daß er jhm auch mit ſeinem Pfeil das Hertz
entzuͤndete/ das Feuer geben wolte. Hierauf/ nach widerhol-
ter Verneigung/ ſteltzete er wider zu ruͤck ſahe in alle Eckẽ her-
ům/ und fragte letzlich/ ob keiner den Mars mit Venus haͤtte
gehen ſehen. Nach dem er aber ſahe/ daß man jhn nur aus-
lachete/ und er den S[p]ott zum Schaden hatte/ ward er un-
willig/ befahl ſeinen Knechten das Luſtfeurwerk/ welches
ohne das/ nach Abſchickung deß Cupido/ ſich ſelber nach
und nach entzuͤnden wuͤrde/ in Brand zu richten; und weil
ſeine Eiferſucht jhm keine Ruhe lieſſe/ als wolte er hingehen
zu ſuchen/ ob er ſein ſchleppſůchtiges Weib bey jhrem Buhler
antreffen moͤchte.
144.
Damit hinkete er dem Waldgezelt zu/ keh-
rete aber bald wider zu ruͤck/ ſagte/ er habe jhnen noch eine
Botſchafft zu tuhn. Die Goͤtter und Goͤttinnen/ die jhnen
zuvor nacheinander erſchienen/ (in ſolchem eroͤfnete ſich aber-
mals das Waldgezelt/ und lieſſen ſich darinn alle vormals-
aufgetretene/ auſſer Diſcordie und Mars/ mit unterſchied-
lichen ſchoͤnen Stellungen/ ohne Verwendung der Augen
und Leiber/ nebeneinander Vortoͤnungsweiß ſehen) erboͤ-
ten ſich den Gaͤſten zu allen vermoͤgſamſten Dienſten/ fuͤr
die Muͤhe/ die ſie zu Eroͤrterung deß Friedens angewandt.
Und als er eines jeden Erbietung inſonderheit erzehlet/ fieng
er an/ ſich ſelber auch jhnen zu Dienſt zuverbinden/ ſagte/ er
wolte jhnen im Winter die Stube warm/ und Feuer auf den
Herd machen/ dabey ſie manches gutes Biſſchen koͤnden zu-
richten laſſen. auch wolle er jhnen jhre Wagen und Roſſe/
ſo waar er ein Schmid ſey/ mit gehoͤrigen Eiſen wol be-
ſchlagen/ und jhnen alles/ nur ſeine Venus ausgenommen/
zu Dienſte gewaͤren. Dankete zu letzt/ daß ſie dem gantzen
Aufzug ſo guͤnſtige Augen/ und gnaͤdige Ohren verleihen
wollen.
145.
[139]
145.
Der Erfinder und Auffuͤhrer dieſer Aufzuͤge ** Dieſe
Aufzuͤge
ſind an vier
unterſchidl.
Orten in 4.
in Holland
in 12. auf-
gelegt wor-
den/ ſind a-
ber incompl.
Nach druͤk.
die beſte E
dition iſt
bey Herrn
Verlegern
zu finden.
ware der Schaͤfer Floridan/ welcher auch nach dem andern
Abtrit/ etliche hundert Abdrůcke derſelben an den Tafeln
austheilete und herůmgabe. Die Perſonen/ ſo die Reden mit
wolgebaͤrdigſter ſtellung unanſtoͤſſig abgelegt/ waren etliche
der Nymfe Noris jüngere Soͤhne/ deren Namen die Fama
oder das Geruͤchte auf den Parnaſſus oder Muſenberg foͤꝛ-
derlichſt eingebracht/ daſelbſt ſie von den Neunen in das
Buch der Ewigkeit mit nachſtehendem Klinggedicht ein-
verleibet wurden:
146.
Nach dem nun Vulkanus/ angezogener maſſen/
ſeine Rede/ nebenſt dem gantzen Schauſpiel/ beſchloſſen/ ver-
lohre ſich das Waldgezelt wider unvermerckt vom Platz
hinweg/ und kame alſo den Gaͤſten an der Haubttafel das
Caſtell oder Feuerwerkſchloß wider ins Geſicht/ auſſen
mit mehr als tauſend brennenden Ampeln behaͤngt und be-
ſetzt/ welches durch die Finſtere der Nacht einem mit viel
tauſend Goldglaͤnzenden Sternlein geziertem Firmament
oder Feuerhimmel ſich verglieche/ und die Augen der An-
ſchauenden wunderſam beluſtigte. Es ware auch den Tag
T 2uͤber
[140] uͤber eine Luſt zu hoͤren geweſen/ wie acht Schalmeyer/ in
eine ſonderliche Farbe gekleidet/ auf dem Thurn deß Mittel-
gebaͤudes unaufhoͤrlich aufgeſpielet. Indeſſen nun das Ca-
ſtell beſagter maſſen ſo luſtig in Augen ſtunde/ erhube ſich die
Prinzeſſin Teutonie mit vier jhren Reichsſoͤhnen und Fuͤr-
ſten/ giengen/ jeder mit einem ſchoͤnen kryſtallinen Glas/ zu
den vier vornehmſten Gevollmaͤchtigten/ trunken es den-
ſelben zu/ zur Dankſagung fůr gehabte Muͤhe bey den
Handlungen; worbey die Prinzeſſin ſich jhrer hohen Bered-
ſamkeit trefflich gebrauchete.
147.
Hierauf haben jene auch alſo fort mit ſchoͤnen Ge-
genbedankungen geantwortet/ folgends einen allgemeinen
Aufdruch an der Tafel gemacht/ und hat alſo die gantze
hochanſehliche Anweſenheit ſich hinausbegeben/ das Feuer-
werk verbrennen zu ſehen. Es war eine kleine Seule/ un-
fern von der Tafelhuͤtten/ woſelbſt ein Cupido/ in welchem
ein Raket verborgen an einer Schnur hienge. Zu derſelben
begabe ſich Prinz Vaguſto in Geſellſchafft der andern/ gabe
angedeuter maſſen mit dem uͤberreichten und nun angeſteck-
ten Zündſtab dem Cupido das Feuer/ welcher alſobald an
der Leine oder Schnur zu obbeſchriebenem Bild deß Frie-
dens fuhre/ und deſſen Lorbterkrantz in der rechten Hand/ in
welchem ebenmaͤſſig eine Raket verborgẽ/ anzundete. Gleich
darauf entzuͤndeten ſich vier kleine auf die Ecken deß Grund-
geſtelles geſetzte Schwaͤrmerthuͤrme/ nebenſt etlichen Feuer-
raͤdern/ und Cannarohren/ welche uͤm die Seule herüm mit
ſchoͤnem Feuer ſpieleten/ Sternbutzen auswarffen/ und ei-
nen Bienſchwarm nach dem andern ausfliegen lieſſen. In-
mittels wuͤſcheten acht Feuerwerker vier und vier nachein-
ander/ mit Feuerſchwerdern aus dem Caſtell/ fochten und
jagten einander eine weil uͤm die Seule.
148.
Es war ein wol ausgeſonnenes Werk/ und ſchiene
es/ als wann der Friede/ nach dem ſich Mars und Diſcordie
gegen
[141] gen das Zeit der Zweytracht gelaͤgert/ ſich auf dieſe Seule
und gleichſam ins Mittel geſtellet/ und mit dem Feuer/ das
er von der Liebe empfangen/ das Werk/ das jene wider jhn
und die Eintracht angeleget/ wider ſie ſelber richtete/ und
gleichſam jhre eigene Pfeile/ ſie zu verderben/ jhnen zu ruͤck
ſendete. Maſſen er dann in kurtzem an der Schnur ein Raket
aus ſeinem Siegskrantz losgeſandt/ durch welches es augen-
blicklich/ nebenſt ſeinen Auſſenwerken in Brand geriethe.
Das Caſtell wehrete ſich dapfer/ warf in die anderthalbtau-
ſend Raketen heraus/ ließ viel Schwaͤrmer/ Kugeln/ Kegel/
und Schlaͤge aus/ willens den Friede von ſeiner Seule
zu ſtuͤrtzen. Auf jedem Thurm lieffe ein groſſes Feuerrad
heruͤm/ mit ſtarken Raketen ſpielend. Es ware aber/ gleich-
ſam durch Hinderliſt deß Friedens/ alles Holtzwerk an dem
Thor und Mittelgebaͤude durchboret/ und uͤber zweytauſend
eiſerne Schlaͤge darein verborgen/ welche nach dem das
Feur zu jhnen kame/ mit erſchroͤcklichem Praſſeln/ Krachen/
und Platzen Thor und Thurm zerſprengten.
149.
Es gabe den Augen und Ohren eine angenehme
Luſt/ weil nicht allein wegen deß grauſamen und unaufhoͤr-
lichen Platzens es ſchient/ als ob viel hundert Mann in und
auſſer dem Caſtell Feuer gaͤben/ ſondern auch die Flamme
und der Rauch deß liechterloh-brennenden Mittelthurms
ſich biß an die Wolken waltzete. Hinder dem Caſtell ſtiegen
immer Raketen/ zu fünfzig/ und zu hundert/ und auf der rech-
ten Seiten wurden vierhundert eiſerne Rohr dreymal loß-
gebrannt. Es half aber alles nichts/ wie dapfer ſich auch
Mars und die Zweytracht wehreten/ ſo muſten ſie doch zu
letzt/ nach dem ſie ſelber unzaͤhliche Schlaͤge und Schwer-
mer ausgeworffen/ im Staub und Aſchen ligend/ jhre Ver-
bannung und Untergang der gantzen Welt zeigen: da hin-
gegen der Friede/ in dem er auf ſeiner Seule unter ſoviel tau-
ſend auf und uͤm jhn herümfliegenden Feuern zu maͤnnig-
T 3lichs
[142] lichs Verwunderung/ von Fuß auf gantz unverſehrt/ und
nicht an einem Haͤrlein verletzt/ ſtehen blieben/ ſeinen Vor-
zug/ Preiß/ und Ehre vor aller Welt Augen behaubtet.
Welchen Sieg zu bejubeln/ am Ende vierzig Doppelhaken/
aus den Schießloͤchern der Schloßmauren/ folgends fünf-
hundert Muſquetenlaͤufe/ nebenſt den fůnfhundert Feuer-
roͤhren/ zu letzt auch alle Stuͤcke diß- und jenſeits deß Waſ-
ſers/ losgebrannt wurden.
150.
Die uͤbrige Nacht wurde mit einem luſtigen Dantz
hingebracht/ biß gegen Morgen/ da dieſe hoch anſehliche Ge-
ſellſchafft/ nach dem ſie alle Arten der Luſt gekoſtet/ ſich wi-
der in die Stadt begaben. Unter deſſen kame Floridan von
ſeinen Schaͤfereyen wider herauf/ den Platz zu beſehen/ und
als er von Diſcordien und Mars nichts als eine flüchtige
Aſche uͤbrig/ den Friedẽ aber noch gantz ſchoͤn und unverletzt/
fand/ gienge er hin/ ſtellete ſich vor die Pforte/ woſelbſt ſich
oben über/ Gerechtigkeit und Friede kuͤſſeten/ und ſange mit
froͤlicher Stimme folgendes Lied:
das Bild/
§. 110
Dieſer
[143]
Schwaͤr-
[144]
151.
Deß dritten Tags hernach lieſſe der Hertzog von
Filama der Nymfe Noris Soͤhnen/ die bey dieſem groſſen
Friedensmahl erzehlter maſſen aufgewartet/ in der Haubt-
huͤtte ein Luſtmahl anrichten/ und darbey auf den Abend
noch
[145] noch etliche hundert Raketen verbrennen. Vor der Huͤtten
muſten acht Schalmeyer/ welche von zwoͤlff Schimmeln/
auf einem groſſen mit Majen beſteckten Frachtwagen/
von deß Hertzogs Hauſe an/ auf den Platz gefuͤhret
worden/ etlichen Paaren junges Bauervolks zu einem lu-
ſtigen Dorf dantz aufſpielen. Dieſen Tag ward das Frie-
dens bild von einem urploͤtzlichen Windſturm auf die Erde
geſchmiſſen und beſchaͤdiget/ worüber ſich jhrer viele vieler-
ley Gedanken macheten. Der Schaͤfer Floridan ſchriebe
die ſeinen hievon/ unten an das Seulgeſtelle/ dieſes Inhalts:
er brennt die Dreye nicht. dich/ goͤttlichs Bild/ ingleichen
kond keine Flamm/ wie ſehr ſie auf dich ſtuͤrmt/ erreichen:
bald kommt ein rauher Wind/ der ſtuͤrtzt dich von dem
Thron.
Zwar ſoll kein Kriegesbrand dich mehr/ O Teutſchland/
ſchmaͤuchen;
der Friedenſtuͤrmer-Sturm gibt nur kein gutes Zeichen.
Was raubt uns fuͤr ein Neid die Ruh/ der Zeiten Kron?
nen heut zn
Tag die
Tuͤrken
Conſtanti-
nopel.
ſoll das verkehrn aufs neu in Waffen unſre Pfluͤg?
Wolan! die Donau ſoll ihm wild entgegen wallen.
bis daß der lezte Sturm dis Gantze wirffet ein.
Steh/ Fried/ du ſolſt nicht eh/ als mit der Welt
zerfallen.
152.
Es wurden auch Kinder und junge Knaben/ an
deß Hertzogs von Filama Fürſtlicher Frey- und Mildge-
bigkeit theil zu ſuchen/ bewogen. Deßwegen ſich von den ge-
meinen Bürgerknaben uͤber tauſend verſammleten/ und alle
auf Steckenpferden reitend vor ſeine Behauſung kamen/
einmuͤtiglich uͤm ein Friedensgedaͤchtniß anhaltend. Der
VHertzog
[146] Hertzog lachete hierob/ lieſſe ſie wider vorbtſcheiden/ und in-
deſſen eine viereckchite Silbermůntze praͤgen/ welche auf be-
ſtimmten Tag unter dieſe Steckenreuter reichlich ausge-
theilet/ und damit auch der kleinen aufblůhenden Jugend
ein ewiges Andenken in das Gedaͤchtniß gleichſam einge-
praͤget wurde/ bey deme ſie ſich dieſer Friedensfeyrlichkeiten
bis in jhr ſpates und letztes Alter erinnern moͤgen.
153
Nach Verflieſſung alles deſſen/ und nach dem die-
ſe theure Friedensverſammlung nochmals von der Nymfe
Noris auf der Burg mit einer anſehnlichen Friedenkoͤſte
begaͤſtet und bewirtet worden/ ware Printz Vaguſto der er
ſte/ der ſeinen Abzug name/ weil man in Deuſien zu Kroͤnung
jhrer Koͤnigin groſſe Bereitſchafft machete. Ehe jhme der
Hertzog von Filama folgete/ wolte jhm die Nymfe Noris
noch eine Luſt machen. Es iſt ein ſchoͤner Baumplatz hart
an der Stadt/ auf einer Seiten mit Gaͤrten belegen/ und
auf der andern von dem Fluß Teſping befloſſen. Den Ort
überſchatten viel hohe Linden/ Reihmaͤſſig geſetzet/ unter
welchen drey kühle Springbrunnen mit lieblichem Liſpeln
die Ohren beluſtigen/ und mit jhrem ſůſſen Waſſer den
Durſt loͤſchen. Man nennet jhn die Allerwieſen/ weil er al-
len der Stadt Inwohnern gemein/ und zu Sommerszei-
zeiten jedermans Spazier-Spiel-un Luſtplan iſt. Man
hatte vor Jahren/ ehe der Krieg ſeine Schantzen dahin ge-
ſetzet/ ein jaͤhrliches Armbruſtſchieſſen daſelbſt gehalten.
Dieſe
[]
[147] Dieſe Friedensübung nun/ weil zumal die Stuͤcke/ Rohre
und Puͤchſen/ als leidige Kriegsſpiele/ nunmehr verhaſſt wa-
den/ wolte die Noris wider erneuren: lieſſe derhalben eine
Staͤte/ viel Zelte und anders hierzunohtwendiges/ fuͤr die
Schuͤtzen und Zuſeher/ aufſchlagen und dahin bringen.
Nach dem der Hertzog von Filama dieſer Luſt/ nebenſt dem
Fürſten von Buſchaltza/ beygewohnet/ kame es auch mit
jhm zur Abreiſe. Die Nymfe Noris lieſſe jhn/ wie zuvor
auch den Prinzen Vaguſto/ durch jhre Soͤhne hinaus be-
gleiten; und die Prinzeſſin Teutonie thaͤte jhnen bey dem
Abſchied tauſenderley Verſicherungen jhrer Huld und
Freundſchaft/ name auch dieſen zu jhrem Reichsſohn auf/
und empfahle jhn deßwegen im Schreiben dem Adler-
prinzen.
154.
Zu letzt machte ſie ſich auch ſelber auf/ vorha-
bens/ das Reich zu durchreiſen/ jhre Gebietſchaften zu be-
ſchauen/ und darinnen Friedensanordnung zuthun. Mit
Threnen ware ſie gewillkom̃et worden; mit Threnen ward
ſie auch geſegnet/ weil die Norisbuͤrger/ wie alle andre jhre
Unterthanen/ ſie hertzlich liebten/ und daher ungerne vermiſ-
ſeten. Sie hinderlieſſe aber etliche jhrer Reichsſoͤhne Abge-
ſandten/ die den uͤbrigen noch einfallenden Strittigkeiten
vollends abhelffen ſolten. Sie reiſete froͤlicher ab/ als ſie an-
kom̃en/ von der Noris und dem Eubulus begleitet. Weil der
Weg vor der Stadt ſie denen Trifften der Teſping Schaͤ-
fer voꝛbey truge/ ſtiegen ſie daſelbſt ab/ hoͤreten und ſahen un-
ter den kuͤlen Lindenſchatten zu/ wie die Hirten miteinander
ſungen/ klungen und ſprungen. Den Floridan fanden ſie
nit bey den andern/ ſondern unter einem Baum ſitzend und
ſchreibend. Gefragt von jhnen/ was er ſchriebe/ ſtund erauf/Sihe das
Titelbild:
neigete ſich/ und zeigete jhnen in den Rinden deß Baums
V 2den
[148] den Inhalt ſeines Vorhabens/ welchen er mit dieſen Wor-
ten darein geſchnidten: Die Fried-erfreuete Teutonie.
Die Prinzeſſin konde aus dieſem Titel leicht abnehmen/ daß
er in Verfaſſung jhrer Friedensgeſchicht begriffen: ermah-
nete ihn derhalben/ ſolche Gedanken ins Werk zu foͤrdern/
jhn jhrer Gnadbeliebung darbey verſicherend. Als ſie wider
aufgeſeſſen/ ſpieleten die Schaͤfer mit zuſam̃en ge-
ſtim̃ten Schalmeyen eine weil neben dem
Wagen her/ und beſchloſſen mit
dieſem Zuruf:
Es leb Teutonie! der Friede ſich nicht wende
von dem erfreuten Reich/ biß an der Welt jhr
ENDE.
videtur dediſſe in ſua, h. e. Phoenicum Linguâ, quæ
ab Ebræa ſolum Dialecto differebat. Veroſimile igi-
tur, Ελικὼν eſſe ab helech, ambulatio, à rad. halach,
vacare: quia, dum vacabant, ibi ambulandi gratia di-
vertebantur. Παρνά[ω]ος autem à Parnas, paſcere,
alere, unde Parnas Paſtor. In montibus verò paſci
ſolitum fuiſſe, præter S. Codicem, fidem facit Virgil.
Ecl. 2. 21. Mille meæ Siculis errant in montibus agnæ, ut
\& alii, quosvide.
Saxonicæ, in qua VI. Imperatores Romani,
\& Reges Electoresq́; aliquot Saxonici.
vertupour quide.
bolum Principis: Fortunam ſuperat Virtus, hanc
Pietas.
Tito Veſpaſiano Rom. Imp. tributum.
adſtudium hunc ſe applicaremuſicum. \& Prol. Phorm. in
medio omnibus palmam eſſe poſitam, qui artem tractant
Muſicam. Unde Poëtæ ἀοιδοὶ, \& Muſæ Camœnæ dictæ.
Camœna enim â cano, quaſi Canimenæ, hinc carmen q.
canimen, ut germen, genimen.
hat gewãret bis An. 1648. da 18 Jan. zwiſchen bey den Partheyen ein
ewiger Friede zu Oſnabrugg geſchloſſen/ und den 16 Maj publieiert
worden. Wiewol ſie unter der zeit An. 1609. einen 12 jaͤhrigen Waffen
ſtillſtand getroffen und gehalten.
- Holder of rights
- Kolimo+
- Citation Suggestion for this Object
- TextGrid Repository (2025). Collection 1. Die Fried-erfreuete Teutonje. Die Fried-erfreuete Teutonje. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bj0w.0