[][][][][][][[I]]
Handbuch
der
Schulgeſetzgebung
Preußens.


Berlin,: 1847.
Verlag von Hermann Schultze.

[[II]][[III]]

Vorwort.


Die wohlwollende Aufnahme, welche das von mir her-
ausgegebene „Handbuch der kirchlichen Geſetzgebung
Preußens“
(Berlin, 1846. Heymann.) erfahren hat, veran-
laßte mich, ein ähnliches Werk über die preuß. Schulgeſetzgebung
zu bearbeiten. Ungeachtet der jenem Werke zu Theil gewordenen
öffentlichen Empfehlungen der hohen Behörden in den Provinzen
Brandenburg, Poſen und Schleſien ꝛc. und der nicht ungünſtigen
Beurtheilungen in theologiſchen Zeitſchriften verkenne ich jedoch
keineswegs die Fehler jener Bearbeitung. Auch das vorliegende
Handbuch, welches ich dem Publicum übergebe, wird von Mängeln
wohl nicht frei ſein. Es erreicht indeſſen mehr als zur Hälfte
ſeinen Zweck, wenn es die vorhandene Lücke in dieſem Zweige der
Literatur einigermaßen auszufüllen, und namentlich den hohen
Behörden das zeitraubende Beantworten vielfacher Anfragen zu
erſparen vermag.


Den Inhalt der einzelnen Abtheilungen giebt das Verzeichniß
genau an. Der „Anhang“, auf welchen im Terte durch fort-
[IV] laufende Nummern hingewieſen iſt, enthält die größeren erläu-
ternden Verordnungen theils in extenso, theils extractweiſe. Die
Zahl aller in dem Handbuche angeführten Cab.-Ordr., Reſcr.,
Public. ꝛc., welche die Geſetzgebung bis zum Schluſſe des Jahres
1846. umfaſſen, beträgt über 600.


Mit aufrichtigem Danke werde ich jeden begründeten Tadel
gegen das Werk, welches dem Wohlwollen des Publicums hiermit
angelegentlich empfohlen ſei, annehmen.


Berlin, im Juli 1847.


A. H.


[[V]]

Inhalts-Verzeichniß.


  • Erſte Abtheilung.
  • Von niedern und höhern Schulen.
    (A. L.-R. Th. II. Tit. 12. nebſt Ergänzungen.)

    Seite
  • Begriff 3
  • Von Privaterziehungsanſtalten 3
  • Von öffentlichen Schulen 6
  • Von gemeinen Schulen.
  • Aufſicht und Direction derſelben 8
  • Aeußere Rechte der Schulanſtalten 15
  • Beſtellung der Schullehrer 18
  • Rechte und Pflichten derſelben 22
  • Unterhalt 30
  • Schulgebäude 34
  • Pflichten der Schulgemeine zur Herbeiholung neuer Schulmeiſter 37
  • Pflichten der Eltern, ihre Kinder zur Schule zu halten 38
  • Pflichten der Schulaufſeher 40
  • Pflichten des Predigers 46
  • Schulzucht 46
  • Von gelehrten Schulen und Gymnaſien46
  • Von Univerſitäten.
  • Innere Verfaſſung 54
  • Gerichtsbarkeit 55
  • Rechte der Lehrer 55
  • Aufnahme der Studirenden 56
  • Aufſicht über ihre Studien und Lebensart 57
  • Von der academiſchen Disciplin 58
  • Rechte der Studirenden in ihren Privatangelegenheiten 64
  • Beſonders in Anſehung des Schuldenmachens 65
  • Von academiſchen Zeugniſſen 71
  • Zweite Abtheilung.
  • Seite
  • Schullehrerſeminarien73
  • Dritte Abtheilung.
  • I.Allgemeine Beſtimmungenüber Unterrichtsgegenſtände,
    Lehrmittel, Schulangelegenheiten ꝛc.
    99
  • II.Verordnungen über Töchterſchulen187
  • Vierte Abtheilung.
  • Das jüdiſche Schulweſen191
  • Fünfte Abtheilung.
  • I.Die Leitung und Beaufſichtigung des öffentlichen
    Unterrichtsweſens
    227
  • II.Die Aufſicht der Jugend außerhalb der Schule258
  • Sechste Abtheilung.
  • I.Das Turnweſen289
  • II.Die Waiſenhäuſer304
  • III.Die Taubſtummenanſtalten338
  • Siebente Abtheilung.
  • I.Der Einkauf in die Königl. Allg. Wittwencaſſe359
  • II.Der Einkauf in die allgem. Wittwen-Penſions- und
    Unterſtützungscaſſe
    (ſogen. Schulenburgſche) 388
  • III.Provinzielle Beſtimmungen über Schullehrer-Witt-
    wen- und Waiſencaſſen
    412
  • Anhang415
  • Sachregiſter616
  • Chronologiſches Regiſter630

[]

Erklärung einiger Abkürzungen.


  • a. a. O. . am angeführten Orte.
  • A. G.-O. . Allgemeine Gerichts-Ordnung.
  • A. L.-R. . . Allgemeines Landrecht.
  • B. . . . Band.
  • betr. . . . betreffend.
  • Bielitz . . Bielitz Commentar zum allgemeinen Landrecht.
  • Cab.-O. . . Cabinets-Ordre.
  • conf. . . conferas.
  • Ergänzungen Ergänzungen und Erläuterungen der preußiſchen Rechtsbücher
    von Gräff, Koch ꝛc.
  • G.-S. . . Geſetz-Sammlung.
  • J.-M.-Bl. . Juſtiz-Miniſterial-Blatt.
  • v. K. Ann. . v. Kamptz’s Annalen der preußiſchen Rechtsverwaltung.
  • v. K. J. . v. Kamptz’s Jahrbücher für die preußiſche Geſetzgebung.
  • Mannk. . . Mannkopf’s Allgemeines Landrecht in Verbindung mit den er-
    gänzenden Verordnungen.
  • M.-Bl. . . Miniſterial-Blatt der geſammten innern Verwaltung.
  • N. C. C. . Novum corpus constitutionum (Edictenſammlung).
  • Neigebaur . Das Volksſchulweſen des preußiſchen Staats von Neigebaur.
  • R. . . . Rabe’s Sammlung preußiſcher Geſetze.
  • Reſcr. . . Reſcript.
  • S. . . . Seite.
  • ſ. . . . . ſiehe.
  • Strombeck . Strombeck’s Ergänzungen des Allgemeinen Landrechts.
  • Th. . . . Theil.
  • Tit. . . . Titel.

[]

Berichtigungen.


  • Seite 52 Zeile 4 von unten ſtatt „938.“ lies 983.
  • - 71 - 15 - oben - „1816.“ - 1819.
[[1]]

Erſte Abtheilung.


Von niedern und höhern Schulen.
A. L.-R. Th. II. Tit. 12.
mit den ergänzenden und erläuternden Geſetzen, Verordnungen,
Reſcripten ꝛc.


1
[[2]][[3]]

Von niedern und höhern Schulen.


Begriff.


§. 1. Schulen und Univerſitäten ſind Veranſtaltungen, welche
den Unterricht der Jugend in nützlichen Kenntniſſen und Wiſſenſchaften
zur Abſicht haben.


  • 1. Generallandſchulen-Reglement v. 12. Auguſt 1763. (N. C. C.
    S. 255. Nr. 51. de 1763.) (ſ. Anhang Nr. 24.)
  • 2. Schulordnung für die Elementarſchulen der Provinz Preußen v.
    11. Decbr. 1845 (G.-S. pro 1846. S. 1.) (ſ. Anhang Nr. 32.)

§. 2. Dergleichen Anſtalten ſollen nur mit Vorwiſſen und Ge-
nehmigung des Staats errichtet werden.


conf. §. 4. 13. 56. 68. d. Tit.


Von Privaterziehungsanſtalten.


§. 3. Wer eine Privaterziehungs- oder ſogenannte Penſions-
anſtalt errichten will, muß bei derjenigen Behörde, welcher die Auf-
ſicht über das Schul- und Erziehungsweſen des Ortes aufgetragen
iſt, ſeine Tüchtigkeit zu dieſem Geſchäfte nachweiſen, und ſeinen Plan,
ſowohl in Anſehung der Erziehung, als des Unterrichts, zur Genehmi-
gung vorlegen.


  • 1. Reglement v. 28. Mai 1812. für Privatlehrer und Erziehungs-
    anſtalten zu Berlin. (Churmärk. Amtsblatt S. 135.) (ſ. Anhang Nr. 34.)
  • 2. Reſcript v. 30. Octbr. 1827. (v. K. Annalen Bd. 11. S. 962.),
    betr. die Verhältniſſe der Hauslehrer und Privatſchullehrer zu den Orts-
    ſchulen. — Wenn die Königl. Regierung in Ihrem Berichte v. 28. v.
    M. auf eine genauere Feſtſtellung des Begriffes eines Hauslehrers
    ꝛc. anträgt, ſo wird derſelben Nachſtehendes eröffnet.
    • a.Hauslehrer (Informator) iſt derjenige, den eine Familie zum Un-
      terrichte ihrer Kinder als Mitglied ihres Hausſtandes bei ſich
      aufgenommen hat.
    • b.Privatlehrer dagegen iſt derjenige, der in Gemäßheit eines Con-
      tracts, gleichviel zwar, ob mit einer Familie oder mehreren derſelben,
      jedoch nur mit beſtimmten einzelnen Familien, die Kinder derſelben
      in ebenfalls feſtgeſetzten Lehrgegenſtänden unterrichtet, wiederum gleich-
      viel, ob in ſeinem eigenen Hauſe oder in dem einer Familie, nur
      daß er letzternfalls nicht, wie zu a. bemerkt, Mitglied des Haus-
      ſtandes iſt.
    • c.Privat-Schullehrer endlich iſt der, welcher auf ſeine eigene
      Rechnung generaliter auf gewiſſe Bedingungen eine dem Publicum
      offenſtehende Unterrichtsanſtalt unterhält.

    Die Zahl der Theilnehmer an der einen oder andern Anſtalt kann
    ihren, nach vorſtehenden Merkmalen ſich ergebenden, innern Character
    niemals ändern. Der Hauslehrer hört nicht auf, Hauslehrer zu ſein,
    wenn auch die Familie, die ihn angenommen hat, die Kinder anderer
    Familien an ihrem häuslichen Unterrichte mit Theil nehmen läßt, und
    der zu b. bezeichnete Privatlehrer wird durch die Zahl der, ſeinen Un-
    terricht beſuchenden, Kinder nicht zum Schullehrer, ſo lange er in ſpe-
    ciellem Contracte mit den Eltern ſteht, dergeſtalt, daß er inſonderheit
    ohne deren beſondere Zuſtimmung keine andern, als die in dem Con-
    tracte eingeſchloſſenen Kinder an den contractsmäßigen Lehrſtunden
    Theil nehmen laſſen darf.
    Irgend eines der vorbezeichneten Inſtitute im Intereſſe der gemeinen
    Ortsſchulen zu verbinden, berechtigt kein Geſetz.
  • 3. Cab.-O. v. 10. Juni 1834. (G.-S. S. 135.), betr. die Aufſicht des
    Staates über Privatanſtalten und Privatperſonen, welche ſich mit dem
    Unterrichte und der Erziehung der Jugend beſchäftigen.
    Nach den Vorſchriften des Landrechts haben Privatanſtalten und
    Privatperſonen, die ſich mit dem Unterrichte und der Erziehung der
    Jugend gewerbsweiſe beſchäftigen wollen, bei derjenigen Behörde,
    welche die Aufſicht über das Schul- und Erziehungs-Weſen des
    Ortes führt, ihre Tüchtigkeit zu dem Geſchäfte zuvor nachzuweiſen
    und das Zeugniß derſelben ſich auszuwirken. Durch die Beſtim-
    mungen des Gewerbe-Polizei-Geſetzes vom 7. Sept. 1811, §§. 83.
    bis 86., ſind die landrechtlichen Vorſchriften zum Theil abgeändert
    worden; da die Erfahrung jedoch ergeben hat, daß hieraus Miß-
    bräuche und weſentliche Nachtheile für das Erziehungs- und Unter-
    richts-Weſen entſtehen, ſo habe Ich Mich bewogen gefunden, die
    Beſtimmungen des Gewerbe-Polizei-Geſetzes, in ſo weit ſie die
    Vorſchriften des Landrechts abändern, wieder aufzuheben, und das
    Erforderniß der nachzuweiſenden Qualification für diejenigen Per-
    ſonen, welche Privatſchulen und Penſions-Anſtalten errichten, oder
    ein Gewerbe daraus machen, Lehrſtunden in den Häuſern zu geben,
    in Gemäßheit der landrechtlichen Vorſchriften §§. 3. und 8., Tit. 12.
    P. II. herzuſtellen, und feſtzuſetzen, daß ohne das Zeugniß der ört-
    lichen Aufſichts-Behörde keine Schul- und Erziehungs-Anſtalt errichtet,
    auch ohne daſſelbe Niemand zur Ertheilung von Lehrſtunden als
    einem Gewerbe zugelaſſen werden darf. Dieſe Zeugniſſe ſollen ſich
    nicht auf die Tüchtigkeit zur Unterrichts-Ertheilung in Beziehung
    auf Kenntniſſe beſchränken, ſondern ſich auf Sittlichkeit und Lauter-
    keit der Geſinnungen in religiöſer und politiſcher Hinſicht erſtrecken.
    Die betreffende Aufſichts-Behörde ſoll indeß nicht befugt ſein, ſolche
    Zeugniſſe für Ausländer auszufertigen, bevor die Genehmigung des
    Miniſteriums des Innern und der Polizei erfolgt iſt. In welcher
    [5] Art hierbei zu verfahren, haben Sie, die Miniſter der Geiſtlichen
    und Unterrichts-Angelegenheiten und der Polizei, gemeinſchaftlich zu
    berathen, und über die den Local-Behörden zu ertheilende Inſtruction
    ſich zu vereinigen. Das Staats-Miniſterium hat dieſe für den ganzen
    Umfang der Monarchie in Anwendung zu bringenden Vorſchriften
    durch die Geſetz-Sammlung bekannt zu machen.
  • 4. Reſcr. v. 24. Febr. 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 997.), betr. die
    Entlaſſungsprüfungen der aus Privatſchulen abgehenden Schüler.
  • 5. Inſtruct. des Staatsminiſt. zur Cab.-O. v. 10. Juni 1834., v.
    31. Decbr. 1839., mitgetheilt durch das Circ.-Reſcr. v. 18. März
    1840. (M.-Bl. S. 94.) (ſ. Anhang Nr. 31.), betr. die Beaufſichtigung
    der Privatſchulen ꝛc.
  • 6. Reſcr. v. 10. Juli 1840. (M.-Bl. S. 97.), denſelben Gegenſtand betr.
  • 7. Reſcr. v. 26. Septbr. 1840 u. v. 30. Januar 1841. (M.-Bl. pro
    1840. S. 355. — 1841. S. 64.), denſelben Gegenſtand betreffend.
  • 8. Reſcr. v. 18. Septbr. 1841. (M.-Bl. S. 279.), betr. die Erlaubniß-
    ſcheine für Hauslehrer.
  • 9. Circ.-Reſcr. v. 12. April 1842. (M.-Bl. S. 119.), betr. die Be-
    aufſichtigung der Privatſchulen ꝛc.
  • 10. Cab.-O. v. 28. Febr. 1842. (Juſt.-M.-Bl. S. 95.), betr. die Erthei-
    lung von Gebührenfreiheit an Kleinkinder-Bewahranſtalten ꝛc.
  • 11. Reſcr. v. 23. Septbr. 1842. (M.-Bl. S. 341.), betr. die Beaufſich-
    tigung der Unterrichtsanſtalten für junge Mädchen in Erlernung weib-
    licher Handarbeiten.
  • 12. Gewerbegeſetz v. 17. Januar 1845. (G.-S. S. 49.) §. 43., daß
    es hinſichtlich der Unternehmer von Erziehungs- und Unterrichtsanſtalten
    ꝛc. bei den beſonderen Vorſchriften bewende.

§. 4. Auch ſolche Privat-, Schul- und Erziehungsanſtalten
ſind der Aufſicht der Behörde unterworfen, welche von der Art, wie
die Kinder gehalten und verpflegt, wie die phyſiſche und moraliſche
Erziehung derſelben beſorgt, und wie ihnen der erforderliche Unterricht
gegeben werde, Kenntniß einzuziehen befugt und verpflichtet iſt.


§. 5. Schädliche Unordnungen und Mißbräuche, welche ſie dabei
bemerkt, muß ſie der, dem Schul- und Erziehungsweſen in der Pro-
vinz vorgeſetzten, Behörde zur nähern Prüfung und Abſtellung an-
zeigen.


§. 6. Auf dem Lande und in kleinen Städten, wo öffentliche
Schulanſtalten ſind, ſollen keine Neben- oder ſogenannte Winkelſchulen,
ohne beſondere Erlaubniß, geduldet werden.


  • 1. conf. zu §. 3. d. Tit.
  • 2. Verordn. v. 11. Auguſt 1818. (v. K. Ann. B. 3. S. 150.), betr.
    die Errichtung von Privatſchulen und Penſionsanſtalten (ſ. Anhang
    Nr. 1.)

§. 7. Eltern ſteht es zwar frei, nach den im zweiten Titel ent-
haltenen Beſtimmungen, den Unterricht und die Erziehung ihrer Kinder
auch in ihren Häuſern zu beſorgen;


[6]

§ 8. Diejenigen aber, welche ein Gewerbe daraus machen, daß
ſie Lehrſtunden in den Häuſern geben, müſſen ſich wegen ihrer Tüchtig-
keit dazu bei der §. 3. bezeichneten Behörde ausweiſen, und ſich von
derſelben mit einem Zeugniſſe darüber verſehen laſſen.


conf. zu §. 3. d. Tit, und II. 2. §. 75. 103.


Von öffentlichen Schulen.


§. 9. Alle öffentliche Schul- und Erziehungsanſtalten ſtehen
unter Aufſicht des Staats, und müſſen ſich den Prüfungen und Viſi-
tationen deſſelben zu allen Zeiten unterwerfen.


  • 1. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 2. §. 74 seq.
  • 2. conf. zu §. 12. 16. 25. 28. 29. 56. d. Tit. und Abtheil. 5. I.
  • 3. Reglement wegen Erhaltung des auf dem platten Lande
    in Preußen eingerichteten Schulweſens
    v. 2. Januar 1743.
  • 4. General-Land-Schulreglement v. 12. Auguſt 1763. (ſ. Anhang
    Nr. 24.)
  • 5. Reſcr. v. 14. Juni 1804. (R. B. 8. S. 87.), betr. die Portofreiheit
    von Rechnungen der Schulen bei ihrer Einſendung an die Regie-
    rungen ꝛc.
  • 6. Reſcr. v. 26. Mai 1819. (v. K. Ann. B. 3. S. 428.), v. 13. Septbr.
    1832. (v. K. Ann. B. 17. S. 405.), daß die Conſiſtorien die Schul-
    programme jährlich im Decbr. an die Königl. Bibliothek zu liefern
    haben.
  • 7. Reſcr. v. 22. April 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 292.), betr. die
    Schulinſpection durch den Superintendenten (ſ. Anhang Nr. 7.)
  • 8. Reſcr. v. 4. Juni 1824. u. 26 Novbr. 1825. (v. K. Ann. B. 8.
    S. 452. B. 10. S. 92.). Reſcr. v. 29. Septbr. 1833. (v. K. Ann.
    B. 17. S. 658.), betr. die Ferien in den Elementar-, Stadtſchulen ꝛc.
  • 9. Reſcr. v. 23. Auguſt 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 827.) über die
    Einrichtung der Programme.
  • 10. Reſcr. v. 19. Febr. 1825., v. 1. Septbr. 1828., v. 11. Novbr. 1830.
    u. v. 8. Octbr. 1832. (v. K. Ann. B. 17. S. 402. 403. 404. 406.),
    denſelben Gegenſtand betreffend.
  • 11. Reſcr. v. 20. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 396.), betr. die
    Einrichtung von Schulſocietäten.
  • 12. Reſcr. v. 7. März 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 699.), betr. die
    Lehrpläne der Elementar- u. Stadtſchulen.
  • 13. Verf. des Gen. Poſtamts v. 2. Juni 1835. (v. K. Ann. B. 19.
    S. 669.), betr. die Portofreiheit der Gymnaſien ꝛc., bei Geldſendungen
    an Königl. Caſſen ꝛc. ꝛc.
  • 14. Reſcr. v. 8. Januar 1836. (v. K. Ann. B. 20. S. 126.), daß über die
    Zutheilung eines Gutes an eine Schulſocietät kein Weg Rechtens ſtattfindet.
  • 15. Reſcr. v. 24. April 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 418.), betr. die
    Einführung neuer Lehrbücher für Volks-, Stadt- und höhere Bürger-
    ſchulen.
  • 16. Circ.-Reſcr. v. 22. Mai 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 354.), betr.
    die Erwerbung tüchtiger Candidaten des höhern Schulamts.
  • 17. Circ-Reſcr. v. 27. Januar 1844. (M.-Bl. S. 34.), betr. die Ver-
    wendung der Ueberſchüſſe bei den Schulgeld-Einnahmen.

[7]

§. 10. Niemandem ſoll, wegen Verſchiedenheit des Glaubens-
bekenntniſſes, der Zutritt in öffentlichen Schulen verſagt werden.


§. 11. Kinder, die in einer andern Religion, als welche in der
öffentlichen Schule gelehrt wird, nach den Geſetzen des Staats erzogen
werden ſollen, können dem Religionsunterrichte in derſelben beizu-
wohnen nicht angehalten werden.


  • 1. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 2. §. 75—85.
  • 2. Declar. v. 21. Novbr. 1803. (N. C. C. T. XI. Nr. 62. S. 1931.
    de 1803.) wegen des den Kindern aus Ehen zwiſchen Perſonen ver-
    ſchiedenen Glaubensbekenntniſſes zu ertheilenden Religionsunterrichts.
    Höchſtdieſelben ſetzen daher hiedurch allgemein feſt, daß eheliche
    Kinder in der Religion des Vaters unterrichtet werden ſollen, und
    daß zu Abweichungen von dieſer geſetzlichen Vorſchrift kein Ehegatte
    den andern durch Verträge verpflichten dürfe. Uebrigens verbleibt
    es auch noch fernerhin bei der Beſtimmung des §. 78. Th. II. Tit. 2.
    A. L.-R., nach welcher Niemand ein Recht hat, den Eltern zu wider-
    ſprechen, ſo lange ſelbige über den ihren Kindern zu ertheilenden
    Religionsunterricht einig ſind. —
  • 3. Cab.-Q. v. 17. Auguſt 1825. (G.-S. S. 221.) wegen Anwendung
    dieſer Declaration auf die weſtlichen Provinzen.
    In den Rheinprovinzen und in Weſtphalen dauert, wie Ich ver-
    nehme, der Mißbrauch fort, daß katholiſche Geiſtliche von Verlobten
    verſchiedener Confeſſion das Verſprechen verlangen, die aus der Ehe
    zu erwartenden Kinder, ohne Unterſchied des Geſchlechts, in der kathol.
    Religion zu erziehen, und darohne die Trauung nicht verrichten zu
    wollen. Ein ſolches Verſprechen zu fordern, kann ſo wenig der
    katholiſchen, als, im umgekehrten Falle, der evangeliſchen Geiſtlich-
    keit geſtattet werden. In den öſtlichen Provinzen gilt das Geſetz,
    daß eheliche Kinder ohne Unterſchied des Geſchlechtes in dem Glau-
    bensbekenntniſſe des Vaters erzogen werden; Declaration v. 21. Novbr.
    1803.; in dieſen Theilen des Staats ſind und werden ebenfalls ge-
    miſchte Ehen geſchloſſen, und von kathol. Geiſtlichen eingeſegnet,
    und es waltet kein Grund ob, daſſelbe Geſetz nicht auch in den
    weſtlichen Provinzen geltend zu machen. Demgemäß verordne Ich
    hiemit, daß die Declaration vom 21. Novbr. 1803. auch in den
    Rhein- und weſtphäliſchen Provinzen befolgt, und mit dieſer Ordre
    in der G.-S. und in den Amtsblättern der betreffenden Regierungen
    abgedruckt werden ſoll. Die zeither von Verlobten dieſerhalb einge-
    gangenen Verpflichtungen ſind als unverbindlich anzuſehen. (G.-S.
    S. 221.)
  • 4. Cab.-O. v. 4. Octbr. 1821., mitgetheilt durch das Reſcr. v. 27. April
    1822. (v. K. Ann. B. 6. S. 381.), betr. die Simultan-Schulen.
    Die Erfahrung hat gelehrt, daß in Simultanſchulen das Hauptele-
    ment der Erziehung, die Religion, nicht gehörig gepflegt wird, und
    es liegt in der Natur der Sache, daß dieſes nicht geſchehen kann. Die
    Abſicht, durch dieſe Schulen größere Verträglichkeit unter den verſchie-
    denen Glaubensgenoſſen zu befördern, wird auch ſelten oder niemals
    erreicht; vielmehr artet jede Spannung, die unter den Lehrern ver-
    ſchiedener Confeſſion, oder zwiſchen dieſen und den Eltern der Schul-
    jugend ausbricht, gar zu leicht in einen Religionszwiſt aus, der nicht
    [8] ſelten eine ganze Gemeine dahinreißt; anderer Uebel, die mit Simultan-
    ſchulen verbunden ſind, nicht zu gedenken. Des Königs Majeſtät haben
    dieſer Anſicht des Miniſterii in der Cab.-O. v. 4. Octbr. pr. ausdrücklich
    beizupflichten geruht. Dergleichen Anſtalten können daher nicht Regel
    ſein. Ausnahmen finden ſtatt, wenn entweder die offenbare Noth dazu
    drängt, oder wenn die Vereinigung das Werk freier Entſchließung
    der von ihren Seelſorgern berathenen Gemeinen iſt, und von den höheren,
    weltlichen und geiſtlichen Behörden genehmigt wird.
  • 5. Cab.-O. v. 23. März 1829. (Neigebaur S. 70.) über Simultan-
    ſchulen.
  • 6. Reſcr. v. 16. April 1830. (Neigebaur S. 71.) über den Beſuch des
    öffentlichen Gottesdienſtes durch die Schuljugend.

Von gemeinen Schulen.


Aufſicht und Direction derſelben.


§. 12. Gemeine Schulen, die dem erſten Unterrichte der Jugend
gewidmet ſind, ſtehen unter der Direction der Gerichtsobrigkeit eines
jeden Orts, welche dabei die Geiſtlichkeit der Gemeine, zu welcher die
Schule gehört, zuziehen muß.


  • 1. conf. zu A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §. 113. 143 seq., zu §. 9. d. Tit.
    und Abthl. 5. I.
  • 2. Städteordnung v. 19. Novbr. 1808.
    Zur Geſchäftsverwaltung in Deputationen ſind geeignet:
    b. Schulſachen.
    Die Organiſation der Behörde zur Beſorgung der innern Angelegen-
    heiten wird beſondern Beſtimmungen vorbehalten. Die äußern Ange-
    legenheiten beſorgt ein Magiſtratsmitglied als Obervorſteher mit den
    nöthigen Vorſtehern der Burgerſchaft.
  • 3. Reſcr. v. 26. Juni 1811. (v. K. Ann. B. 17. S. 661 seq.) Ver-
    ordnung
    für die Schuldeputationen nach der Städteordnung.
    Nach §. 179. Tit. b. der Städteordnung iſt die Organiſation der
    Behörden, welche die Verwaltung der Schulangelegenheiten in den
    Städten übernehmen ſollen, beſondern Beſtimmungen vorbehalten
    worden. Dieſe ſind jetzt, durch eine Verordnung des Departements
    im Miniſterio des Innern für den Cultus und öffentlichen Unterricht
    ergangen, und werden hierdurch zur Ausführung mitgetheilt.
  • I. Organiſation der ſtädtiſchen Schuldeputationen.
    §. 1. Die Schuldeputationen ſollen nach Maaßgabe der Größe
    der Städte und des Umfanges ihres Schulweſens beſtehen 1) aus
    einem bis höchſtens drei Mitgliedern des Magiſtrats, 2) aus eben
    ſo viel Deputirten der Stadtverordneten, 3) einer gleichen Zahl des
    Schul- und Erziehungsweſens kundiger Männer, und 4) aus einem
    beſondern Vertreter derjenigen Schulen, welche, ungeachtet ſie nicht
    ſtädtiſchen Patronats ſind, den Schuldeputationen werden unterge-
    ordnet werden. In der Regel werden daher in den großen Städten
    9, in den mittlern 6, und in den kleinern Städten 3 Perſonen und
    die etwaigen Vertreter derjenigen Schulen, welche nicht ſtädtiſchen
    Patronats ſind, die Schuldeputation bilden. Außerdem ſollen in
    den größern Städten die Superintendenten, in ſo fern ſie nicht ſchon
    zu ordentlichen Mitgliedern der Schuldeputation ernannt ſind, das
    [9] Recht haben, ihre Dioceſen, ſo weit dieſe vor die daſige Schuldepu-
    tation gehören, vorzutragen und darüber ihre Stimme abzugeben.
    §. 2. Bei Errichtung der Schulcommiſſion treten in den großen
    und mittlern Städten zuerſt die vom Magiſtrat und von den Stadt-
    verordneten gewählten Deputirten zuſammen und wählen zu jeder
    mit ſachverſtändigen Mitgliedern zu beſetzenden Stelle (§. 1. Nr. 3.)
    drei Subjecte. Dieſe werden vom Magiſtrate der geiſtlichen und
    Schuldeputation vorgeſchlagen, welche für jede Stelle eins aushebt,
    und nebſt den übrigen Mitgliedern der ſtädtiſchen Schuldeputation
    beſtätigt. In den kleinern Städten, welche nicht über 3500 Ein-
    wohner haben, bedarf es der Wahl eines beſondern ſachkundigen
    Mitgliedes nicht, ſondern der jedesmalige Superintendent, wenn die
    Stadt der Sitz einer Superintendentur iſt, oder ſonſt der erſte Pre-
    diger des Orts ſoll ſchon von Amtswegen, ohne weitere Wahl als
    ſachverſtändiges Mitglied eintreten. Sollten irgendwo Gründe vor-
    handen ſein, welche eine Abweichung hievon nöthig machen, ſo ſind
    dieſe der Königl. Regierung genau und beſtimmt anzuzeigen. Die
    Vertreter der Schulen, welche nicht ſtädtiſchen Patronats ſind, er-
    nennt die Regierung ohne vorhergegangene Wahl der ſtädtiſchen
    Behörden.
    §. 3. In den Städten, wo es Schulen verſchiedener Confeſſionen
    giebt, welche ſtädtiſchen Patronats ſind, iſt bei der Zuſammenſetzung
    der Schuldeputation hierauf Rückſicht zu nehmen, und das gehörige
    Verhältniß zu beobachten.
    §. 4. In Städten, wo es mit der Schuldeputation in Verbin-
    dung ſtehende Gelehrtenſchulen giebt, wird es zweckmäßig ſein, daß
    unter den ſachkundigen Mitgliedern immer ein Rector oder einer der
    erſten Lehrer bei derſelben ſich befinde.
    §. 5. Die mit ſachverſtändigen Mitgliedern zu beſetzenden Stellen
    dürfen zwar nicht ausſchließlich Geiſtlichen, ſondern können auch an-
    dern würdigen und einſichtsvollen Männern übertragen, müſſen jedoch
    ſo viel als möglich mit Geiſtlichen beſetzt werden.
    §. 6. Die ſtädtiſchen Behörden haben bei der Wahl der Mit-
    glieder der Schuldeputationen dahin zu ſehen, daß nur rechtſchaffene,
    verſtändige, für die gute Sache des Schul- und Erziehungsweſens
    erwärmte und von ihren Mitbürgern geachtete Männer in die Schul-
    deputationen geſetzt werden.
    §. 7. Die Verhältniſſe der Mitglieder der Schuldeputationen
    unter einander beſtimmen ſich nach §. 176. der Städteordnung.
    §. 8. Die Stellen in den Schuldeputationen werden, gleich den
    Stellen in den übrigen ſtädtiſchen Deputationen, nach §. 187. der
    Städteordnung immer auf 6 Jahre beſetzt. Nach Verlauf dieſer
    Zeit werden die Deputationen auf dieſelbe Art wie zu Anfang er-
    neuert, und es können zwar die vorigen Mitglieder wieder deputirt
    und gewählt, müſſen aber ſämmtlich der geiſtlichen und Schuldepu-
    tation der Regierung aufs Neue zur Beſtätigung vorgeſchlagen werden.
    Es ſteht jedoch jedem Mitgliede frei, nach drei Jahren abzutreten.
  • II. Wirkungskreis und Amtsverwaltung der ſtädtiſchen Deputationen.
    §. 9. Die Behörden für die innern und äußern Angelegenheiten
    des Schulweſens der Städte im Allgemeinen ſollen nicht abgeſondert
    von einander beſtehen, ſondern es ſoll die ſtädtiſche Schuldeputation,
    um das Ganze unter eine einfache und harmoniſche Leitung zu bringen,
    [10] nur eine einzige Behörde ſowohl für die innern als für die äußern
    Angelegenheiten des Schulweſens ihrer Stadt bilden.
    §. 10. Der Wirkungskreis der ſtädtiſchen Schuldeputation dehnt
    ſich zunächſt auf ſämmtliche Lehr- und Erziehungsanſtalten innerhalb
    der Städte und deren Vorſtädte aus, welche ſtädtiſchen Patronats
    ſind, ohne Unterſchied der Confeſſionen und der verſchiedenen Arten
    und Grade der Schulen. Die ſtädtiſchen Waiſenhäuſer, Armen-
    und milden Stiftungsſchulen ſind mit darunter begriffen, und nur
    in Anſehung der Verwaltung concurrirt bei dieſen die Armendirection.
    Ferner werden ſämmtliche Elementarſchulen in den Städten, welche
    nicht ſtädtiſchen Patronats, und zwar die Königlichen ganz mit Vor-
    behalt der Vermögens-Verwaltung für die Patronen, imgleichen der
    Lehrerwahlen überhaupt, (§. 21.) den ſtädtiſchen Schuldeputationen
    untergeordnet, desgleichen die Schulen der jüdiſchen Gemeinen.
    Schulen gemiſchten ſtädtiſchen und fremden Patronats, ohne Unter-
    ſchied ihres Grades, werden der Aufſicht der ſtädtiſchen Schuldepu-
    tationen ebenfalls übergeben, und nur ein oder zwei Deputirte von
    Seiten des andern Patrons nach Maaßgabe der Wichtigkeit der
    Schulen den Deputationen zugeordnet. Ueber alle Privatſchulen und
    Privatinſtitute führen unter Leitung der Regierung die Schuldepu-
    tationen diejenige Aufſicht, welche der Staat in Anſehung derſelben
    ausübt.
    §. 11. Das den Schuldeputationen zugeſtandene Recht der Auf-
    ſicht erſtreckt ſich dahin, daß ſie auf genaue Befolgung der Geſetze
    und Anordnungen des Staats in Anſehung des ihnen untergebnen
    Schulweſens halten, auf die zweckmäßigſte und den Localverhältniſſen
    angemeſſenſte Art ſie auszuführen ſuchen, darauf ſehen, daß das
    Perſonale derer, die am Schulweſen arbeiten, ſeine Pflicht thut,
    und daſſelbe dazu anhalten, daß ſie das Streben zum Beſſern in
    demſelben anzufachen, und endlich einen regelmäßigen und ordent-
    lichen Schulbeſuch ſämmtlicher ſchulfähigen Kinder des Orts zu be-
    wirken und zu befördern ſuchen. Sie haben deswegen nicht nur die
    Befugniß, den Prüfungen und Cenſuren der Schulen beizuwohnen,
    ſondern ſind auch verpflichtet, dieſe von Zeit zu Zeit außerordentlich
    zu beſuchen und ſich aufs genaueſte in ununterbrochener Kenntniß
    ihres ganzen innern und äußern Zuſtandes zu erhalten. Vorzüglich
    liegt dieſes den ſachkundigen Mitgliedern der Schuldeputationen ob.
    §. 12. In Beziehung auf die Rectoren der größern Schulen
    müſſen aber die Deputationen den Geſichtspunkt faſſen, daß dieſen
    innerhalb des durch die Geſetze und Vorſchriften des Staats zuge-
    zogenen und noch zu beſtimmenden Geſchäftskreiſes die freieſte Wirk-
    ſamkeit zu laſſen ſei, und haben ſich daher einer poſitiven Einmiſchung
    in deren amtlichen Wirkungskreis gänzlich zu enthalten.
    §. 13. Die Specialaufſicht, welche Prediger und Schulvorſteher
    außer den Deputationen ausüben, wird übrigens durch die Einrich-
    tung der letztern nicht aufgehoben, ſondern nur mit der allgemeinen
    Oberaufſicht derſelben in Verbindung geſetzt.
    §. 14. Bei der Aufſicht über die Töchterſchulen werden die Schul-
    deputationen die verſtändigſten und achtbarſten Frauen aus den ver-
    ſchiedenen Ständen zu Rathe ziehen, ihnen weſentlichen Antheil an
    Schulbeſuchen, Prüfung und Beurtheilung der Arbeiten, der Erzie-
    hung und Unterweiſung geben, und die Hausmütter des Orts auf
    alle Weiſe für die Verbeſſerung der weiblichen Erziehung zu inter-
    [11] eſſiren ſuchen. Sie dürfen deshalb zu den Schulbeſuchen nicht immer
    dieſelben Frauen einladen, ſondern können darin abwechſeln. Die
    Specialaufſicht über einzelne Mädchenſchulen dürfen ſie Frauen,
    welche vorzüglich Sinn und Eifer für Beförderung einer guten Er-
    ziehung an den Tag legen, übertragen und ſie zu Mitvorſteherinnen
    derſelben ernennen.
    §. 15. Eben ſo ſehr aber, wie auf Thätigkeit der Schuldepu-
    tationen in der Aufſicht über das Schulweſen, wird auf ihren Eifer
    in der Fürſorge für daſſelbe, um es in guten Zuſtand zu bringen
    und darin es zu erhalten, gerechnet. Sie haben daher dafür zu
    ſorgen, daß jeder Ort die ſeiner Bevölkerung und ſeiner Bedeutſam-
    keit angemeſſene Anzahl und Art von Schulen erhalte, daß das Ver-
    mögen, die Gebäude und ſonſtigen Pertinenzien der Schulen unge-
    ſchmälert, in guter Verfaſſung und in Verlegenheiten ihrer Städte
    möglichſt geſchont bleibe, auch daß ſie nach den Bedürfniſſen ver-
    mehrt, verbeſſert, zweckmäßiger eingerichtet und verwaltet werden.
    Nach den Bedürfniſſen der Schulen in Anſehung des Unterrichts
    und ſeiner Hülfsmittel haben ſie ſich ſorgfältig zu erkundigen, und
    ſo oft ſie dergleichen wahrnehmen, oder ſie ihnen angezeigt werden,
    ihnen nach Möglichkeit entweder ſelbſt abzuhelfen, oder den compe-
    tenten Behörden darüber Anträge zu machen.
    §. 16. Das Anſehen der Schulen und ihrer Lehrer haben ſie
    aufrecht zu erhalten und dahin zu ſtreben, daß dieſen durch eine
    ſorgenfreie Lage die zur Erfüllung der Pflichten ihres verdienſtlichen
    und ſchweren Berufs nöthige Heiterkeit und Muße erhalten werde.
    Das Intereſſe ihrer Mitbürger für das Schulweſen ſollen ſie zu be-
    leben und daſſelbe zu einem der wichtigſten Gegenſtände ihrer Auf-
    merkſamkeit und Pflege zu machen ſich bemühen.
    §. 17. Mit der Fürſorge für die Schulen hängt zuſammen die
    Aufſicht über die Verwaltung ihres Vermögens, welche den Schul-
    deputationen in Betreff der ihnen uneingeſchränkt (§. 10.) übergebenen
    Schulen zuſteht. Wo ein gemeinſchaftlicher Schulfonds in den
    Städten ſchon exiſtirt oder noch gebildet wird, da ſteht dieſer unter
    unmittelbarer Adminiſtration der Schuldeputationen. So wie dieſe
    das Maaß des Schulgeldes für diejenigen Schulen, welche ihnen
    uneingeſchränkt anvertraut worden, nach den Localverhältniſſen der
    geiſtlichen und Schuldeputationen der Regierung vorſchlagen und
    darauf antragen können, welcher Theil deſſelben zum allgemeinen
    Schulfonds zu ziehen, und welcher den Lehrern einer jeden Schule
    zur Vertheilung nach gewiſſen Verhältniſſen zu laſſen ſei: ſo ſorgen
    ſie auch anderer Seits für die pünktliche Ausführung der höhern Orts
    hierüber etwa ſchon getroffenen oder noch zu treffenden Feſtſetzungen.
    §. 18. Auch haben ſie die Einrichtung zu treffen, daß das Schul-
    geld nicht durch die Lehrer, ſondern durch die Vorſteher der einzelnen
    Schulen erhoben und der Schuldeputation nach den in jeder Stadt
    angenommenen Grundſätzen verrechnet werde.
    §. 19. Jede Schule behält aber ihr eigenes Vermögen, und nur
    die Etats ſämmtlicher Schulen werden den Deputirten jährlich vor-
    gelegt, von ihnen revidirt und der geiſtlichen und Schuldeputation
    der Regierung zur Vollziehung eingeſandt. Auch die ſämmtlichen
    Jahresrechnungen werden den Deputationen vorgelegt, welche ſich nach
    §. 183. der Städteordnung von dem Stadtverordneten-Collegium
    dechargiren laſſen. Im Allgemeinen aber finden auch in Abſicht des
    [12] von den Schuldeputationen zu verwaltenden Vermögens die §§. 2.
    183. 184. und 186. der Städteordnung Anwendung.
    §. 20. Jährlich vor dem Jahresſchluſſe erſtatten ſie einen aus-
    führlichen Bericht über die in dem Schulweſen vorgegangenen Ver-
    änderungen und über den gegenwärtigen innern und außern Zuſtand
    deſſelben an die vorgeſetzte geiſtliche und Schuldeputation der Regierung.
    §. 21. Die Lehrerwahlen bleiben bei den Schulen, die rein ſtädti-
    ſchen Patronats ſind, noch bei den Magiſtraten, nur daß das Gut-
    achten der ſachverſtändigen (§. 1. Nr. 3.) Mitglieder der Schuldepu-
    tation jedesmal eingezogen werden muß. An Schulen gemiſchten
    Patronats werden die Lehrer für Stellen, zu denen die Wahl bisher
    nicht ſtädtiſchen Behörden zuſtand, ferner von dieſer gewählt, ohne
    Concurrenz des Magiſtrats und der Schuldeputation.
    §. 22. Die Mitglieder der Schuldeputation halten ihre ordent-
    lichen Zuſammenkünfte alle 14 Tage auf dem Rathhauſe des Orts.
    Außerdem aber verſammeln ſie ſich, ſo oft es nöthig iſt. Es ſteht
    ihnen frei, Geiſtliche oder andere ſachverſtändige Männer außer den
    Deputationen in vorkommenden Fällen zuzuziehen, auch bei außer-
    ordentlichen Veranlaſſungen größere Verſammlungen der Prediger,
    Lehrer oder Schulvorſteher eines Orts zu veranſtalten. Sämmtliche
    Magiſtrate werden angewieſen, unverzüglich die Organiſation der
    ſtädtiſchen Schuldeputationen nach vorſtehenden Beſtimmungen vorzu-
    nehmen, die Wahl der von Seiten ihrer eigenen Collegien zur Schul-
    deputation zu deputirenden Mitglieder zu treffen, die Stadtverord-
    neten zur Wahl der ihrer Seits zu deputirenden Mitglieder aufzu-
    fordern, die Gewählten namentlich zur Beſtätigung zu präſentiren,
    und dem einzureichenden Verzeichniß eine vollſtändige Nachweiſung
    der in ihrem obrigkeitlichen Bezirk vorhandenen Schulen beizufügen
    und darin diejenigen Schulen, welche fremden Patronats ſind, mit
    der namentlichen Angabe der Patrone, beſonders aufzuführen. Die
    Berichte wollen wir zur definitiven Errichtung und Einweiſung der
    Schuldeputationen ſpäteſtens innerhalb acht Wochen erwarten. Den
    Magiſtraten, Stadtverordneten und allen denkenden Städtebewohnern
    wird es einleuchtend ſein, daß auch dieſe Verordnung darauf abzwecke,
    die heilige Angelegenheit der edleren Bildung des aufwachſenden
    jungen Geſchlechts zu einem Gegenſtande allgemeinerer Theilnahme
    zu machen, die Einſichten, Gedanken und Erfahrungen Mehrerer
    für die Veredlung des Unterrichts und der Erziehung in den Bil-
    dungsanſtalten zu benutzen, den immer reger werdenden Eifer für
    die Förderung der guten Sache zu beleben und zu ſtärken, und dem
    edleren Schulweſen ein feſtes Fundament in dem Herzen der Nation
    ſelbſt zu legen. Es bedarf daher keiner weiteren Aufforderung und
    keiner Ermunterung, die vorgeſchriebenen Maaßregeln mit Ernſt und
    gewiſſenhafter Sorgfalt zu treffen. Eben ſo wenig bedarf es aber
    auch für die Lehrer an den Schulen und für die Vorſteher der Er-
    ziehungsanſtalten irgend einer Aufforderung oder Ermunterung, da
    es ihnen einleuchten muß, daß die hier erlaſſene Verordnung auch
    darauf abzwecke, ihnen in der allgemeinern Theilnahme eine Ermun-
    terung zu einer freudigen Amtsführung zu verſchaffen, die Würde
    und die Wirkſamkeit ihres Amtes zu erhöhen und immer mehr gel-
    tend zu machen, ihr und ihres Berufs wahres Verhältniß zum Volke
    und zur Jugend des Volks den Augen und den Herzen des Publi-
    cums näher zu bringen, und dadurch zwiſchen ihnen und denen, mit
    [13] welchen ſie es als öffentliche Lehrer im Staate zu thun haben, ein
    würdevolles und erfreuliches Vernehmen zu vermitteln.
  • 4. Reſcr. v. 22. April 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 292.), betr. die
    von den Superintendenten und Schulinſpectoren über die Schulen zu
    führende Aufſicht.
    Es iſt bisher, wiewohl immer nur als Ausnahme von der Regel,
    nachgelaſſen geweſen, daß die Schul-Inſpection von den übrigen
    Geſchäften der Superintendentur dergeſtalt hat dürfen getrennt werden,
    daß die damit beauftragten Geiſtlichen hinſichtlich der Schulangelegen-
    heiten in ein unmittelbares Verhältniß zu der vorgeſetzten Behörde
    ſind gebracht worden. Dieſe Bewilligung iſt in einigen Fällen durch
    Alter oder Schwächlichkeit der Superintendenten, in anderen jedoch
    dadurch erforderlich geworden, daß nicht immer die Superintendenten
    mit Richtung, Methode und Fortſchritten des Volksſchulweſens der
    neueſten Zeit hinlänglich bekannt waren. Der letzterwähnte Grund
    kann inskünftige wohl nicht mehr oft ſtattfinden, da theils von
    den meiſten der jetzigen Superintendenten, denen die Schul-Inſpection
    belaſſen iſt, vorausgeſetzt werden darf, daß ſie auch dieſem Theile
    ihrer Berufspflichten genügend vorzuſtehen im Stande ſind, theils
    bei den in der Folge einzuſetzenden jederzeit darauf Rückſicht genommen
    werden ſoll, daß ſie auch das Schulweſen dieſes Sprengels zu be-
    aufſichtigen und zu leiten befähigt ſind. Es wird daher von nun
    an eine ſolche Trennung der weſentlich zuſammen gehörenden Aufſicht
    auf Kirchen und Schulen nur dann zuläſſig ſein, wenn Alter oder
    Kränklichkeit des Superintendenten eine Erleichterung ſeiner Geſchäfte
    nöthig machen. In dieſem Falle aber iſt kein Grund vorhanden,
    daß ihm nicht noch diejenige Einwirkung auf das Schulweſen, deren
    er fähig iſt, gelaſſen, und er nicht wenigſtens in fortgeſetzter Kenntniß
    von dem, was darin geſchieht, erhalten werde. Es wird daher hier-
    durch feſtgeſetzt: daß inskünftige, wenn ein Superintendent auf
    ſeinen Wuuſch wegen hinlänglich befundener Gründe von den eigent-
    lichen Geſchäften der Schul-Inſpection dispenſirt wird, der oder
    die alsdann zu beſtellenden Schul-Inſpectoren nur als ſeine Vicarien
    betrachtet werden und verpflichtet ſein ſollen, ihn in fortwährender
    Kenntniß der Schul-Angelegenheiten zu erhalten, ſeines Rathes ſich
    möglichſt zu bedienen und ihre Berichte an die vorgeſetzten Behörden
    eben ſo durch ihn befördern zu laſſen, als ihnen wiederum durch
    denſelben die höheren Verfügungen zukommen ſollen. Hierdurch ſoll
    jedoch nicht verhindert ſein, daß in Diöceſen von großem Umfange,
    oder wo ſolches durch andere Umſtände rathſam wird, einzelne mit
    dem Schulweſen vorzüglich vertraute und dafür thätige Geiſtliche
    als beſondere Schulpfleger für gewiſſe Theile des Sprengels beſtellt
    werden dürfen, nur ſoll dieſes jedesmal unbeſchadet der Wirkſamkeit
    des Superintendenten und in einer Art bewerkſtelligt werden, wo-
    durch demſelben keinesweges ein Theil ſeines Einfluſſes entzogen,
    ſondern vielmehr die Ueberſicht und obere Leitung des Ganzen er-
    leichtert wird. Auch ſoll die gegenwärtige Verfügung in dem Ver-
    hältniſſe der bis jetzt ſchon ernannten und beſtätigten Schul-Inſpectoren
    bis dahin, daß die Diöces, in welcher ſie die Schulaufſicht führen, einen
    neuen Superintendenten erhalten haben wird, keine Veränderung her-
    vorbringen, ſondern nur für die von jetzt anzuſtellenden gültig ſein.
    Die Königl. Regierung hat dieſe Verfügung durch dortige Amts-
    blätter zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.

[14]
  • 5. Reſcr. v. 27. Novbr. 1823. (v. K. Ann. B. 17. S. 659.), betr. die
    Verwaltung der Schulangelegenheiten und die dafür beſtehenden Schul-
    deputationen in den Städten. (ſ. Anhang Nr. 2.)
  • 6. Reſcr. v. 12. Mai 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 367.), betr. die
    Verbeſſerung der Schuleinrichtungen.
  • 7. Reſcr. v. 21. Novbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 960.), betr. die
    Verhältniſſe der Superintendenten zu den ſtädtiſchen Schuldeputationen.
    (ſ. Anhang Nr. 3.)
  • 8. Reſcr. v. 9. Octbr. 1833. (v. K. Ann. B. 17. S. 963.), daß der
    bloße Mangel einer vollſtändigen Schulbildung und der Geübtheit in
    ſchriftlichen Vorträgen keine genügende Veranlaſſung iſt, Jemanden
    von der Zulaſſung als vorſitzendes Mitglied der ſtädtiſchen Schulcom-
    miſſion auszuſchließen; daß vielmehr das techniſche Mitglied leicht die
    nöthige Beihülfe darin leiſten könne.
  • 9. Reſcr. v. 29. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 398.), daß in den-
    jenigen Städten, in welchen außer dem Superintendenten nur der
    Rector der Schule zweiter Geiſtlicher iſt, dem Erſteren die Function
    als techniſches Mitglied der Orts-Schulcommiſſion und auch die Be-
    aufſichtigung der Ortsſchule zu übertragen iſt.
  • 10. Reſcr. v. 13. Mai 1839. (v. K. Ann. B. 23. S. 111.), betr. die
    Aufſichtsführung über die Kleinkinderbewahranſtalten.
  • 11. Reſcr. v. 28. Mai 1845. (M.-Bl. S. 161.), betr. die Mitwirkung
    der Stadtverordneten bei Anſtellung ſtädtiſcher Schullehrer.

§. 13. Die Kirchenvorſteher einer jeden Gemeine, auf dem Lande
und in kleinen Städten, ſowie in Ermangelung derſelben Schulzen
und Gerichte, ingleichen die Polizeimagiſtrate, ſind ſchuldig, unter
Direction der Obrigkeit und der Geiſtlichen, die Aufſicht über die
äußere Verfaſſung der Schulanſtalt, und über die Aufrechthaltung der
dabei eingeführten Ordnung zu übernehmen.


  • 1. conf. §. 47. 48. d. Tit.
  • 2. Reſcr. v. 20. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 396.), betr. die
    Einrichtung und Vertheilung der Schulſocietäten. (ſ. Anhang Nr. 6.)
  • 3. Schulordnung für die Provinz Preußen vom 11. Decbr. 1845.
    (ſ. Anhang Nr. 32.)

§. 14. Alle dabei bemerkten Mängel, Verſäumniſſe und Unord-
nungen müſſen ſie der Obrigkeit und dem Geiſtlichen, zur nähern Unter-
ſuchung und Abſtellung, anzeigen.


§. 15. Die Obrigkeit und der Geiſtliche müſſen ſich nach den
vom Staate ertheilten oder genehmigten Schulordnungen richten; und
nichts, was denſelben zuwider iſt, eigenmächtig vornehmen und ein-
führen.


§. 16. Finden ſie bei der Anwendung der ergangenen allgemeinen
Vorſchriften auf die ihrer Aufſicht anvertraute Schule Zweifel oder
Bedenklichkeiten, ſo muß der geiſtliche Vorſteher der, dem Schulweſen
in der Provinz vorgeſetzten, Behörde davon Anzeige machen.


[15]
  • 1. Reſcr. v. 27. Novbr. 1823. (v. K. Ann. B. 17. S. 659.), betr. die
    Verwaltung der Schulangelegenheiten und die dafür beſtehenden Schul-
    deputationen in den Städten. (ſ. Anhang Nr. 2.)
  • 2. Reſcr. v. 31. Januar 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 154 seq.), betr.
    die Concurrenz der Stadtverordneten bei Feſtſtellung des ſtädtiſchen
    Schulcaſſenetats. (ſ. Anhang Nr. 4.)
  • 3. Reſcr. v. 31. Januar 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 158.), betr. die
    Befugniß der Regierung zur Einforderung der ſtädtiſchen Schuletats
    Behufs der Beſtätigung resp. Superreviſion. (ſ. Anhang Nr. 5.)

§. 17. Eben dieſer Behörde gebührt die Entſcheidung, wenn die
Obrigkeit ſich mit dem geiſtlichen Schulvorſteher über eine oder die
andere bei der Schule zu treffende Anſtalt oder Einrichtung nicht ver-
einigen kann.


  • 1. conf. zu A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §. 113. 114.
  • 2. Reſcr. v. 22. April 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 292.), betr. die
    von den Superintendenten und Schulinſpectoren über die Schulen zu
    führende Aufſicht. (ſ. z. §. 12. d. Tit.)

Aeußere Rechte der Schulanſtalten.


§. 18. Schulgebäude genießen eben die Vorrechte, wie die Kirchen-
gebäude. (Tit. 11. §. 170 seq.)


  • 1. conf. §. 34. 57. 58. d. Tit.
  • 2. conf. A. G.-O. Th. I. Tit. 2. §. 108.
  • 3. Reſcr. v. 13. Auguſt. 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 688.), betr. die
    Erbauung von Elementarſchulhäuſern.
  • 4. Reſcr. v. 3. Decbr. 1833. (v. K. Ann. B. 18. S. 720.), betr. den
    Bau von Scheunen Seitens der Gemeine im Interimiſtico.
  • 5. Reſcr. v. 18. Januar. 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 720.), daß die
    Einholung der Genehmigung des Miniſteriums zur Veräußerung von
    alten Schulhäuſern, welche durch neue Schuletabliſſements ganz ent-
    behrlich werden, ebenfalls in der Ordnung iſt. Die Königl. Regierung
    kann jedoch in den nach ihrer Anſicht bedenkfreien Fällen, da zumal
    zu einer Motivirung des Antrages eine Angabe des zu erwartenden
    Kaufpreiſes von dergl. zu veräußernden Schulhäuſern gehört, das Ge-
    ſchäft bis auf Vorbehalt der Genehmigung des Miniſteriums ſogleich
    abſchließen und in ſolcher Weiſe namentlich mit Licitation der fragli-
    chen Grundſtücke verfahren.
  • 6. Verordnung v. 14. Octbr. 1844. §. 13. (G.-S. S. 601.), betr.
    die anderweite Regulirung der Grundſteuer in der Provinz Poſen.

§. 19. Auch von den Grundſtücken und übrigem Vermögen der
Schulen gilt in der Regel alles das, was vom Kirchenvermögen ver-
ordnet iſt. (Ebend. §. 193. Abſchn. 9.)


  • 1. Reſcr. v. 20. Juli. 1829., betr. die Eintragung des Beſitztitels der
    Grundſtücke einer Kirchengeſellſchaft oder Schulſocietät (Act. des Juſtizm.
    Gen. H. Nr. 22. Vol. 1. fol. 99. — Mannk. a. a. O. S. 381.)
  • 2. Reſcr. v. 15. Juni 1840. (M.-Bl. S. 225.), betr. die Zahlung der
    [16] durch hypothekariſche Berichtigung den Pfarr- und Schuläckern erwach-
    ſenen Koſten.
  • 3. Bankordnung v. 5. Octbr. 1845. §. 21. 23. 25. 26. (G.-S. 1846.
    S. 441.), daß die Bank die Schulcapitalien mit 2½ Prozent verzinſet.

§. 20. Doch ſind Vermögen und Grundſtücke, die zu einer ge-
meinſchaftlichen Schule gehören, von der ordentlichen Gerichtsbarkeit
nicht ausgenommen.


§. 21. Auch ſind inländiſche Schulen, bei Schenkungen und Ver-
mächtniſſen, den Einſchränkungen der Kirchen und geiſtlichen Geſell-
ſchaften nicht unterworfen. (Th. I. Tit. 11. §. 1075.)


  • 1. conf A. L.-R. Th. I. Tit. II. §. 197—216.
  • 2. Reſcr. v. 15. März 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 100.), betr. die
    Ertheilung der Genehmigung zur Erwerbung oder Veräußerung von
    Realitäten der kirchlichen und Schulanſtalten.
  • 3. Geſetz v. 13. Mai 1833. (G.-S. S. 49.), betr. die Schenkungen
    an Kirchen und geiſtliche Geſellſchaften, ſo wie an andere Anſtalten
    und Corporationen.
    Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preu-
    ßen ꝛc., haben für erforderlich erachtet, die geſetzlichen Beſtimmungen
    über Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an Kirchen und
    geiſtliche Geſellſchaften, ingleichen an Lehr-, Erziehungs- und Armen-
    anſtalten und Hoſpitäler, einer Reviſion zu unterwerfen und auf
    ſämmtliche vom Staate genehmigte Anſtalten und ſolche Geſellſchaf-
    ten auszudehnen, welche Corporationsrechte haben.
    Wir verordnen demnach für ſämmtliche Provinzen Unſerer Mo-
    narchie, mit Aufhebung aller dieſen Gegenſtand betreffenden geſetz-
    lichen Vorſchriften, auf Antrag Unſers Staatsminiſteriums und nach
    erfordertem Gutachten Unſers Staatsraths, wie folgt:
    §. 1. Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an inländiſche
    öffentliche Anſtalten oder Corporationen ſollen von deren Vorſtehern
    der vorgeſetzten Behörde angezeigt werden.
    §. 2. Beträgt die Zuwendung mehr als Eintauſend Thaler, ſo
    iſt, zur Gültigkeit derſelben ihrem vollen Betrage nach, Unſere lan-
    desherrliche Genehmigung erforderlich.
    §. 3. Zuwendungen, welche in fortgeſetzt wiederkehrenden Prä-
    ſtationen beſtehen, werden mit Vier vom Hundert zu Capital be-
    rechnet.
    §. 4. Erſt mit dem Tage, an welchem die landesherrliche Ge-
    nehmigung dem Geſchenkgeber oder Erben bekannt gemacht worden,
    nimmt die Verbindlichkeit zur Entrichtung des Geſchenks, oder Ver-
    mächtniſſes, ſo wie zur Uebergabe der Erbſchaft, ihren Anfang. Mit
    der zugewendeten Sache müſſen zugleich die davon in dem Zeitraume
    vom Tage der Schenkung, oder vom Todestage des Erblaſſers an,
    wirklich erhobenen Nutzungen verabfolgt werden.
    §. 5. Unſere landesherrliche Genehmigung iſt ohne Unterſchied
    des Betrages der Zuwendung erforderlich, wenn dadurch eine neue
    öffentliche Anſtalt geſtiftet, oder einer vorhandenen Anſtalt Etwas
    zu einem andern, als dem bereits genehmigten Zwecke gewidmet
    werden ſoll.
    [17] §. 6. Zuwendungen, die zwar einer öffentlichen Anſtalt, oder
    einer Corporation beſchieden, aber zur Vertheilung an Einzelne be-
    ſtimmt ſind, es mag dieſe Vertheilung von dem Geber ſelbſt feſtge-
    ſetzt, oder der bedachten moraliſchen Perſon übertragen werden, ſind
    unter den Beſtimmungen dieſes Geſetzes nicht begriffen. Dahin ge-
    hört auch dasjenige, was für Seelmeſſen, die gleich nach dem Tode
    zu leſen ſind, den katholiſchen Prieſtern entrichtet wird.
    §. 7. Die landesherrliche Genehmigung erfolgt unbeſchadet der
    Rechte jedes Dritten und ändert daher an ſich in den geſetzlichen
    Vorſchriften nichts ab, aus denen Schenkungen und letztwillige Dis-
    poſitionen angefochten werden können.
    §. 8. Würden durch irgend ein Vermächtniß an eine Anſtalt
    oder Corporation Perſonen, welchen der Erblaſſer während ſeines
    Lebens Alimente zu geben nach den Geſetzen verpflichtet war, wegen
    Unzulänglichkeit des Nachlaſſes daran Abbruch erleiden, ſo ſollen
    die Einkünfte des Vermächtniſſes, ſo weit dieſelben dazu erforderlich
    ſind, zur Ergänzung des ſolchen Perſonen zukommenden Unterhalts
    verwendet werden.
    §. 9. Was vorſtehend (§. 8.) von Vermächtniſſen vorgeſchrieben
    iſt, gilt auch von Schenkungen unter Lebendigen oder von Todes-
    wegen, inſofern überhaupt wegen verkürzten Pflichttheils, oder ge-
    ſchmälerter Alimente, Schenkungen widerrufen werden können.
    §. 10. Vorſteher und Verwalter der §. 1. gedachten Anſtalten
    und Corporationen, welche den Vorſchriften dieſes Geſetzes zuwider
    Geſchenke, Erbſchaften und Vermächtniſſe annehmen, ohne ſofort
    bei der ihnen vorgeſetzten Behörde auf die Einholung der erforder-
    lichen landesherrlichen Genehmigung anzutragen (§. 2.), haben fisca-
    liſche Strafe verwirkt, welche jedoch die Hälfte des angenommenen
    Betrages nicht überſteigen darf.
    §. 11. An ausländiſche öffentliche Anſtalten und Corpora-
    tionen dürfen Schenkungen, Erbſchaften und Vermächtniſſe, ohne
    Unterſchied ihres Betrages, nur mit Unſerer unmittelbaren Erlaubniß
    verabfolgt werden, bei Vermeidung einer nach den Umſtänden zu
    beſtimmenden Geldſtrafe, welche jedoch den doppelten Betrag der
    Zuwendung nicht überſteigen darf.
  • 4. Cab.-O. v. 10. April 1836. (v. K. J. B. 47. S. 504.), betr. die
    Erklärung des Geſetzes vom 13. Mai 1833.
    In Beziehung auf die Zweifel, welche gegen die im §. 2. des
    Geſetzes vom 13. Mai 1833. über Zuwendungen an Anſtalten und
    Geſellſchaften enthaltenen Beſtimmungen angeregt ſind, trete Ich
    den hierüber geäußerten Anſichten des Staatsminiſteriums dahin
    bei, daß, wenn in einer Schenkungsurkunde oder in letztwilligen
    Verordnungen Zuwendungen an verſchiedene inländiſche Anſtalten
    oder Corporationen gemacht werden, die unmittelbare landesherrliche
    Genehmigung nur in Betreff derjenigen Zuwendungen erforderlich
    iſt, welche, einzeln genommen, den Betrag von 1000 Thalern über-
    ſteigen, daß es ferner, wenn Jemand zu verſchiedenen Zeiten, in ver-
    ſchiedenen Urkunden, oder durch verſchiedene Handlungen einer und
    derſelben Anſtalt oder Corporation Zuwendungen macht, der landes-
    herrlichen Genehmigung nur inſofern bedarf, als eine einzelne
    Schenkung mehr als 1000 Thaler beträgt, wogegen, wenn in letzt-
    willigen Verordnungen aus verſchiedenen Zeiten und in verſchiede-
    nen Urkunden auf den Todesfall Zuwendungen an Eine und die-

    2
    [18]ſelbe Anſtalt oder Corporation gemacht ſind, dieſe Zuwendungen als
    ein Ganzes und als aus Einer Urkunde hervorgegangen anzuſehen
    ſind, mithin die Summen, die Einer und derſelben Anſtalt hinter-
    laſſen worden, zuſammenzurechnen ſind, um hiernach zu beurtheilen,
    ob die landesherrliche Genehmigung hinzutreten müſſe. Uebrigens
    verſteht es ſich von ſelbſt, daß, wenn mehrere Perſonen in Einer
    und derſelben Urkunde, z. B. Miterben, Einer und derſelben Anſtalt
    oder Corporation Etwas zuwenden, und die Zuwendungen dieſer
    mehrern Perſonen 1000 Thaler überſteigen, nur der Betrag der
    Zuwendungen und nicht die Perſon entſcheidet, von welcher ſolche
    herkommt. Ich überlaſſe den betreffenden Miniſtern, die Provinzial-
    behörden hiernach über den Sinn der Verordnung zu belehren, da
    es einer beſonderen Declaration nicht bedarf.
  • 5. Reſcr. v. 28. Juli 1840. (M.-Bl. S. 290.), betr. die Ertheilung des
    Conſenſes zur Erwerbung und Veräußerung von Realitäten kirchlicher
    und Schulanſtalten.
  • 6. Cab.-O. v. 21. Juli 1843. (G.-S. S. 322.)
    Wir verordnen zur Ergänzung der §§. 1. 2. und 6. des Geſetzes
    v. 13. Mai 1833. über Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an
    Anſtalten und Geſellſchaften, auf den Antrag Unſeres Staatsmini-
    ſteriums und nach vernommenem Gutachten einer aus Mitgliedern
    des Staatsrathes ernannten Commiſſion, was folgt:

    • 1. Soll eine Zuwendung, deren Vertheilung an Einzelne der Geber
      weder ausdrücklich beſtimmt noch ausgeſchloſſen hat, an Einzelne
      vertheilt werden, ſo bedarf es, ſofern die Zuwendung nicht mehr
      als tauſend Thaler beträgt, der im §. 1. des Geſetzes vom 13.
      Mai 1833. vorgeſchriebenen Anzeige an die vorgeſetzte Be-
      hörde nicht.
    • 2. Ueberſteigt die Zuwendung tauſend Thaler, ſo iſt auch in dieſem
      Falle zu deren Gültigkeit Unſere landesherrliche Genehmigung
      erforderlich.
  • 7. Circ.-Reſcr. v. 15. Mai 1844. (M.-Bl. S. 144.), betr. die Er-
    theilung der Staatsgenehmigung zur Erwerbung von Grundſtücken
    für Schulen.

Beſtellung der Schullehrer.


§. 22. Die Beſtellung der Schullehrer kommt in der Regel der
Gerichtsobrigkeit zu.


  • 1. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §. 568—617.
  • 2. Cab.-O. v. 9. Januar 1812. (G.-S. S. 3.), betr. die ferner nicht zu
    geſtattende Mitveräußerung des Patronatrechtes bei dem Verkaufe der
    Domainen.
  • 3. Cab.-O. v. 30. Septbr. 1812. (G.-S. S. 185.), betr. das Recht zur
    Beſetzung der kathol. Pfarrſchulen in Schleſien.
  • 4. Reſcr. v. 12. Novbr. 1812. und v. 18. Januar 1813., betr. die Aus-
    übung des Patronatrechts auf ſolchen Gütern, deren Beſitzer in Con-
    curs verfallen iſt. (Graevell’s Commentar zu den Credit-Geſetzen
    B. 2. Beilage S. 56. 59.)
  • 5. Verordnung v. 30. Auguſt 1816. (G.-S. S. 207.), wegen Ver-
    waltung des Patronatrechts über chriſtliche Kirchen auf ſolchen Gütern,
    [19] die ſich im Beſitzthum jüdiſcher Glaubensgenoſſen befinden. (ſ. An-
    hang Nr. 8.)
  • 6. Reſcr. v. 25. Januar 1821. (v. K. Ann. B. 5. S. 79.) und Reſcr.
    v. 2. Juli 1833. (v. K. Ann. B. 7. S. 678.), betr. die Ausübung
    des Patronatrechtes Seitens der Magiſtrate.
  • 7. Reſcr. v. 22. Juli 1822. (Neigebaur S. 123.), betr. die Beſetzung
    der Küſter- und Schullehrerſtellen.
  • 8. Circ.-Reſcr. v. 3. Novbr. 1824 (v. K. Ann. B. 8. S. 1065.),
    betr. die Wahl und Beſtellung der Schullehrer auf dem Lande.
    Das Miniſterium hat in Erfahrung gebracht, daß in einigen Re-
    gierungsbezirken, wo ſolches auf beſonderen provinzialrechtlichen Feſt-
    ſetzungen nicht beruht, den Landgemeinen bei der Wahl und Beſtellung
    der Schullehrer ein Einfluß zugeſtanden iſt, welcher durch die dies-
    fälligen allgemeinen geſetzlichen Beſtimmungen nicht gerechtfertigt wird.
    Das A. L.-R. Thl. II. Tit. 12. §. 22. ſchreibt vor: „Die Be-
    ſtellung der Schullehrer kommt in der Regel der Ge-
    richtsobrigkeit zu.“
    Auf die Befolgung dieſer Vorſchrift iſt hin-
    ſichtlich der Privatpatronatsſchulſtellen dadurch zu halten, daß, unbe-
    ſchadet der Befugniß der Gutsherren, bei der Anſtellung des Schul-
    lehrers die Wünſche der Gemeine auf erlaubte Art zu erforſchen und
    zu berückſichtigen, doch die Vocation nur von der Gutsobrigkeit aus-
    geſtellt und der Königl. Regierung zur Beſtätigung eingereicht, in kei-
    nem Falle aber den Gemeinen verſtattet werde, förmliche Contracte,
    in welchen wohl gar ein Kündigungsrecht vorbehalten wird, mit dem
    Schullehrer abzuſchließen.
    Hinſichtlich der Schulſtellen landesherrlichen Patronats iſt genau nach
    der Dienſtinſtruction v. 23. Octbr. 1817., §. 18 a. zu verfahren, wonach
    der Königl. Regierung die Beſetzung ſämmtlicher dem landesherrlichen
    Patronate unterworfenen Schulſtellen gebührt, und es darf um ſo mehr
    erwartet werden, daß keine Abweichung von dieſer Vorſchrift ſtatt
    haben werde, als die Königl. Regierung ſich dadurch einer Befugniß,
    in welcher dieſelbe zugleich eine Pflicht erkennen muß, begeben würde,
    welche ihr den wohlthätigſten Einfluß auf wahren Fortſchritt in geiſt-
    licher und ſittlicher Bildung in ihrem Departement ſichert, und zu deren
    Ausübung dieſelbe auch die ſicherſten Mittel in Händen hat, indem
    ihr ſowohl durch die Organe, die Geiſtlichen, die Superintendenten, Land-
    räthe und den Schulrath die Bedürfniſſe aller einzelnen Gemeinen genau
    und zuverläſſig bekannt werden können, als auch eine mannigfaltige
    Auswahl unter denjenigen Individuen zu Gebote ſteht, die dem Lehr-
    ſtande gewidmet ſind, und von denen ſie in jedem einzelnen Falle das-
    jenige mit Sorgfalt auswählen kann, welches ſie, den Localverhält-
    niſſen nach, für das am meiſten geeignetſte hält.
  • 9. Reſcr. v. 17. Januar 1831. (Neigebaur S. 124.), betreffend die will-
    kührliche Annahme und Entlaſſung der von katholiſchen Pfarrern be-
    rufenen Kirchendiener durch die erſteren.
  • 10. Circ.-Reſcr. v. 18. Mai 1840. (M.-Bl. S. 230.)
    Es ſind dem Miniſterium mehrere Fälle bekannt geworden, daß das
    Einkommen der Schulſtellen an Gymnaſien, höheren Bürger-, Stadt-
    und Landſchulen bei Erledigung willkührlich herabgeſetzt und die ge-
    machte Erſparniß zu andern Zwecken, resp. Verbeſſerung anderer Lehr-
    ſtellen an derſelben Schule verwendet worden iſt. Da es nun bei einem
    ſolchen Verfahren nicht fehlen kann, daß nach und nach die Zahl der
    beſſer dotirten Stellen ſich ſehr vermindern und die Ausſicht, ausge-

    2*
    [20]zeichneten und verdienten Schulmännern eine ihren Leiſtungen ent-
    ſprechende und vor der dringendſten Noth ſchützende Stellung zu ver-
    ſchaffen, ganz verſchwinden muß, ſo fordert das Miniſterium die Königl.
    Regierung auf, mit Aufmerkſamkeit darauf zu wachen, daß in ihrem
    Reſſort die Dotationen der Schulſtellen erhalten, und Anträge der
    Privatpatrone, zur Verbeſſerung anderer Schulſtellen ſie zu verkürzen,
    zurückgewieſen werden.

§. 23. Durch wen dieſe Befugniß in Anſehung der auf Domainen-
oder andern Königl. Gütern zu beſtellenden Schulmeiſter, ausgeübt
werde, iſt nach den Verfaſſungen jeder Provinz beſtimmt.


  • 1. Cab.-O. v. 10. Januar 1817. (v. K. Ann. B. 1. Heft 1. S. 157.),
    betr. die Patronatsberechtigung des Staates über die Schulen.
    Auf Ihren Antrag vom 26. v. M. ſetze Ich hiedurch im Allgemeinen
    feſt, daß in allen Fällen, wo der Staat gegen die Schulen die
    Patronatsverpflichtungen durch ſtehende Beiträge aus ſeinen Kaſſen
    erfüllt, er auch an den Rechten des Patronats über alle dieſe Schulen
    und Erziehungsanſtalten Theil nehmen, und dieſes Compatronat
    zunächſt durch Commiſſarien, welche die Patronats- und Curatelcol-
    legien, mit gehöriger Inſtruction verſehen, von den Regierungen
    zuzuordnen, und in höherer Inſtanz aber von den Regierungen ſelbſt
    wahrgenommen werden ſoll, ohne jedoch die bisherige Mitwirkung
    jener Collegien dadurch aufzuheben oder zu vermindern. Hienach iſt
    namentlich dem Gymnaſium zu Frankfurt a. O. ein Rath der dor-
    tigen Regierung als Commiſſarius zuzuordnen, welcher in dem
    Curatorio den Vorſitz zu führen und die Geſchäfte deſſelben zu
    leiten hat.
  • 2. Inſtruction für die Regierungen v. 23. Octbr. 1817. (G.-S.
    S. 259.) §. 18 a. (ſ. Anhang Nr. 9.)
  • 3. conf. zu §. 60. d. Tit.

§. 24. Ueberall aber ſoll kein Schulmeiſter beſtellt und ange-
nommen werden, der nicht zuvor, nach angeſtellter Prüfung, ein Zeugniß
der Tüchtigkeit zu einem ſolchen Amte erhalten hat.


§. 25. Es muß aber jeder neu anzunehmende Schullehrer dem
Kreisinſpector oder Erzprieſter angezeigt, und wenn er noch mit keinem
Zeugniſſe ſeiner Tüchtigkeit verſehen iſt, demſelben zur Prüfung vor-
geſtellt werden.


  • 1. Reſcr. v. 24. April 1815. (v. K. Ann. B. 19. S. 386.), betr. den
    Amtseid der Schullehrer und Geiſtlichen (ſ. Anhang Nr. 33.)
  • 2. Reſcr. v. 20. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 414.)
    Extractweiſe.
    Nach §. 18 a. der Inſtruction v. 23. Octbr. 1817. ſteht den Königl.
    Regierungen die Prüfung und Beſtätigung der von Privat-Patro-
    naten vocirten Lehrer, inſofern ſolche nicht den Königl. Conſiſtorien
    gebührt, ohne Einſchränkung zu, und da durch geſetzliche Vorſchriften
    nicht beſtimmt iſt, wie es hinſichtlich einer abermaligen Prüfung der
    aus andern Regierungsbezirken vocirten, bereits angeſtellt geweſenen
    Lehrer gehalten werden ſoll, ſo muß es lediglich dem Ermeſſen einer
    jeden Regierung überlaſſen bleiben, in welchen Fällen ſie eine ſolche
    [21] für erforderlich, oder ſie zu erlaſſen für unbedenklich halten will.
    Die Frage im Allgemeinen anlangend, iſt es indeſſen rathſam, eine
    abermalige Prüfung jedesmal vorzunehmen:

    • a. wenn der vocirte Lehrer für eine Schule beſtimmt iſt, in welcher
      größere Anforderungen an ſeine Kenntniſſe und Geſchicklichkeit,
      oder Anforderungen anderer Art, als in der bisher von ihm be-
      kleideten Stelle gemacht werden; und
    • b. wenn die über ihn von ſeiner bisherigen Behörde eingezogenen
      Erkundigungen oder andere Umſtände einen Zweifel an ſeiner
      hinlänglichen Qualification begründen.

    Dagegen bedarf es bei den noch nicht angeſtellt geweſenen, aber
    mit dem Zeugniß unbedingter Anſtellungsfähigkeit aus einem Königl.
    Seminar entlaſſenen und in den Amtsblättern der betr. Regierungen
    als wahlfähig bezeichneten Subjecten einer abermaligen Prüfung
    nicht, wenn ſolche aus einer Provinz in die andere ſich begeben und
    dort Schulſtellen derſelben Art, für welche ſie unbedingt anſtellungs-
    fähig ſind, erhalten ſollen.
  • 3. Circ.-Reſcr. v. 28. Febr. 1825, mitgeth. durch Publ. v. 22. März
    1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 109. 386.), über die Verhältniſſe der
    Schulamtscandidaten in Seminarien. (ſ. Anhang Nr. 10.)
  • 4. Circ.-Reſcr. v. 1. Juni 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 358.), betr.
    die Prüfung und Anſtellungsfähigkeit der Schulamtscandidaten und
    das Verhältniß der Schullehrerſeminarien zu dem Schulweſen der
    Provinz. (ſ. Anhang Nr. 11.)
  • 5. Circ.-Reſcr. v. 1. Juni 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 363.) in
    derſelben Angelegenheit an die Königl. Regierungen. (ſ. Anhang Nr. 12.)
  • 6. Circ.-Reſcr. v. 29. März 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 109.),
    betr. die Prüfung ſtudirter Lehrer für Bürgerſchulen. (ſ. Anhang
    Nr. 13.)
  • 7. Reſcr. v. 22. März 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 114.), betr. die
    Mitwirkung der biſchöflichen Behörden für die Wahlfähigkeitsprüfungen
    katholiſcher Schulamtsbewerber.
  • 8. Reſcr. v. 28. Novbr. 1827. u. 14. Febr. 1833. (v. K. Ann. B. 11.
    S. 918. B. 18. S. 710.), betr. die Anſtellung der Schullehrer als
    Organiſten.
  • 9. Reſcr. v. 17. Decbr. 1827. (v. K. Ann. 12. S. 97.), betr. die Be-
    richterſtattung über den Ausfall der Prüfung.
  • 10. Reſcr. v. 15. Juli 1832. u. 3. Dezbr. 1833. (v. K. Ann. B. 17.
    S. 956.), daß ausländiſche Schulamtsbewerber zu den diesſeitigen
    Schulſtellen nur dann zuzulaſſen ſind, wenn ſie vor einer inländiſchen
    Prüfungscommiſſion die Prüfung mit Auszeichnung beſtanden haben.
  • 11. Reſcr. v. 19. Octbr. 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 932.) betr. die
    Prüfung und Anſtellungsfähigkeit der Schulamtscandidaten. (ſ. An-
    hang Nr. 36.)
  • 12. Reſcr. v. 12. Juli 1833. (v. K. Ann. B. 17. S. 393.), ob Literaten
    zur Prüfung zuzulaſſen ſind.
  • 13. Reſcr. v. 29. Febr. 1835. (v. K. Ann. B. 20. S. 113.), betr. die
    Verwendung des Stempelpapiers zu Vereidigungsprotokollen der Geiſt-
    lichen und Schullehrer.
  • 14. Reſcr. v. 24. April 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 386.), betr. die
    Normirung des Dienſteides der Geiſtlichen und Schullehrer.
  • 15. conf. zu §. 59. 60. d. Tit.
  • 16. Reſcr. v. 4. Septbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 700.), daß
    [22] Candidaten des höheren Schulamtes ſich noch einer Prüfung für
    die Volksſchullehrer- oder Lehrerſtellen an den niedern Vürgerſchulen,
    im Falle ſie eine Anſtellung bei denſelben wünſchen, unterwerfen müſſen.
  • 17. Reſcr. v. 6. Novbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 101.), betr. die
    Anſtellung von Ausländern an Elementar- und Bürgerſchulen.
  • 18. Reſcr. v. 2. Febr. 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 361.) Reſcr. v.
    21. Auguſt 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 722.), betr. die Verwendung
    des Stempelpapiers zu den Vereidigungsprotocollen der Schullehrer.
  • 19. Reſcr. v. 11. Mai 1839. (v. K. Ann. B. 23. S. 10.), betr. die Ur-
    laubsertheilung für Elementarlehrer.
  • 20. Reſcr. v. 14. Decbr. 1839. (M.-Bl. S. 418.), betr. die Prüfung der
    Schulamtscandidaten in den Naturwiſſenſchaften.
  • 21. Reſcr. v. 8. Januar 1840. (M.-Bl. S. 51.), daß die definitive An-
    ſtellung der Elementarſchulamtscandidaten von ihrer Qualification wäh-
    der proviſor. Anſtellung abhängig zu machen.
  • 22. Reſcr. v. 2. Decbr. 1842. (M.-Bl. S. 417.), betr. die Prüfung der
    Schulamtscandidaten in den Naturwiſſenſchaften.
  • 23. Circ.-Reſcr. v. 7. April 1843. (M.-Bl. S. 126.), betr. die aber-
    malige Prüfung der Schulamtscandidaten vor ihrer Anſtellung.
  • 24. Circ.-Reſcr. v. 24. Juli 1845. (M.-Bl. S. 220.), betr. die Prü-
    fung und Zulaſſung von Lehrerinnen.

Rechte und Pflichten derſelben.


I.betr. die Frage, ob Schullehrer als öffentliche Beamte
anzuſehen ſind.


  • 1. Reſcr. v. 15. Januar 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 106.), daß Pri-
    vatſchullehrer
    nicht zu den Staatsdienern gehören.
  • 2. Reſcr. v. 4. März 1834. (v. K. J. B. 43. S. 117.), daß Schul-
    lehrer als öffentliche Beamte anzuſehen.
  • 3. Circ.-Reſcr. v. 31. Octbr. 1841. (M.-Bl. 1842. S. 15.), betr. die
    Uebernahme von Staats- und Nebenämtern Seitens der Lehrer.
    (ſ. Anhang Nr. 38.)

II.betr. die Befreiung der Schullehrer von Communal-
laſten, Klaſſenſteuer
ꝛc.


  • 1. Cab.-O. v. 13. Septbr. 1815., vom 11. März 1816. u. v. 30. Januar
    1817., mitgetheilt durch Reſcr. v. 28. Febr. 1817. (v. K. Ann. B. 1.
    S. 138.) wegen Befreiung der Geiſtlichen und Schullehrer von
    Communallaſten.
    Nachdem des Königs Majeſtät über die Ausführung der Cab.-O.
    v. 13. Sptbr. 1815. u. 11. März 1816, durch welche die Wiederher-
    ſtellung der Geiſtlichen in die bis zum Jahre 1806 genoſſenen Im-
    munitäten befohlen worden, die nähere Beſtimmung mittelſt einer
    unterm 30. v. M. an des Herrn Staatskanzlers Excellenz erlaſſene
    Cab.-O. zu ertheilen und ſolche zugleich auf die Schullehrer auszu-
    dehnen geruht haben; ſo wird der Königl. Regierung von den des-
    fallſigen Allerhöchſten Feſtſetzungen vorerſt Folgendes bekannt gemacht:

    • a. Die Geiſtlichen ſollen fernerhin von der Theilnahme an allen Com-
      munallaſten in Anſehung ihrer Amtseinkünfte und Amtswohnun-
      gen befreit ſein.
    • b. Dieſes ſoll, namentlich auf die Vorſpannleiſtung mit dem Zugvieh,
      welches zur Bewirthſchaftung der Dienſtgrundſtücke gehalten wird,
      in eben dem Maaße, wie vor dem Jahre 1806, Anwendung finden.
    • c. Die Befreiung der Geiſtlichen von den Conimunallaſten ſoll ſich
      auf diejenigen Leiſtungen erſtrecken, welche in Folge des Krieges
      von den Communal- und Provinzialbehörden noch etwa ausge-
      ſchrieben werden dürften.
    • d. In denjenigen Provinzen, in denen die Grundſätze des Edicts
      vom 28. October 1810 wegen der Conſumtionsſteuer ausgeführt
      werden, ſollen:
      • 1. die Geiſtlichen, ihre Familien und ihr Geſinde von der Per-
        ſonenſteuer frei ſein; dagegen ſoll
      • 2. die Conſumtionsſteuer zwar von ihnen bezahlt, ihnen ſolche
        jedoch nach Sätzen, welche ſich dem wirklichen Betrage der
        Steuer ſo genau als möglich annähern und von Zeit zu Zeit
        zum Behuf der Abänderung nach dem jedesmaligen Zuſtande
        revidirt werden müſſen, aus der Conſumtionsſteuer vollſtändig
        vergütigt werden.
    • e. In den mit der Monarchie wieder vereinigten Provinzen, in welchen
      ſeit der Trennung durch die vormalige Regierung eine Beſteuerung
      der Grundſtücke der Geiſtlichkeit eingeführt worden, ſoll ſolche, ſo
      bald es noch nicht geſchehen iſt, unverzüglich aufhören; auch den
      Geiſtlichen, die nach dem 10. März 1816 die Steuer zu bezahlen
      noch verpflichtet worden ſind, ſolche erſtattet werden.
    • f. Ueberall, wo Perſonen- und Conſumtionsſteuern in den wieder
      vereinigten und in den neuerworbenen Provinzen bis jetzt ſtatt-
      gefunden haben, ſoll die Beſtimmung unter Nr. d. gleichfalls
      eintreten.
    • g. Was wegen der Geiſtlichkeit angeordnet iſt, ſoll auch den Schul-
      lehrern zu ſtatten kommen.
  • 2. Reſcr. v. 14. April 1819. (v. K. Ann. B. 3. S. 324.), betr. die
    Beſteuerung der Grundſtücke der Geiſtlichen und Schullehrer.
    Das Finanzminiſterium iſt mit der Anſicht der Königl. Regierung
    im Bericht v. 8. v. M. darüber einverſtanden, daß auf diejenigen
    Grundſtücke, welche erſt nach dem Jahre 1806 im vormaligen König-
    reiche Weſtphalen den Geiſtlichen und Schullehrern überwieſen,
    oder von Kirchen, Schulanſtalten, milden Stiftungen erworben wor-
    den, auch wenn ſie im Jahre 1806 unbeſteuert geweſen ſind, die
    Steuerfreiheit nicht ausgedehnt werden kann, indem die Grundſtücke
    zu der Zeit, als ſie überwieſen worden, allgemein der Grundſteuer
    unterlegen haben, und daher ihr Erwerb nur unter der Voraus-
    ſetzung als zuläſſig erſcheint, daß die verfaſſungsmäßig darauf ruhen-
    den Laſten und Verbindlichkeiten auf den Erwerber übergehen, durch
    deſſen Stand an und für ſich eine Exemtion nicht begründet wird.
    Es müſſen daher beſteuerte Grundſtücke, welche nach dem Jahre 1806
    von Geiſtlichen, Schullehrern, Kirchen, Schulanſtalten und milden
    Stiftungen erworben ſind, nach wie vor von den Erwerbern ver-
    ſteuert werden, wie ſie zur Zeit der Erwerbung mit Grundſteuer
    veranlagt waren.
    Auf dieſe erſtreckt ſich alſo auch nicht die in Abſicht der Grund-
    ſtücke den Kirchen, milden Stiftungen und Wohlthätigkeitsanſtalten
    bewilligte Stundung der Grundſteuer.
  • 3. Geſetz v. 11. Juli 1822. (G.-S. S. 184.) Von allen directen Bei-
    trägen zu den Gemeinelaſten bleiben befreit:
    • a. die aus Staatskaſſen zahlbaren Penſionen der Wittwen und die
      Erziehungsgelder für Waiſen ehemaliger Staatsdiener;
    • b. eben dergleichen Penſionen, ingleichen Wartegelder der Staatsdiener
      ſelbſt, ſofern deren jährlicher Betrag die Summe von 250 Thlrn.
      nicht erreicht;
    • c. die Sterbe- und Gnadenmonate;
    • d. alle diejenigen Dienſtemolumente, welche blos als Erſatz baarer
      Auslagen zu betrachten ſind;
    • e. alle Beſoldungen und Emolumente der beim ſtehenden Heer und bei
      den Landwehrſtämmen in Reih und Glied befindlichen activen
      Militairperſonen, ingleichen der auf Inactivitätsgehalt geſetzten
      Offiziere, und
    • f. diejenigen der Geiſtlichen und Schullehrer.
  • 4. Cab.-O. v. 21. April 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 404.), mitge-
    theilt durch das Circ.-Reſcr. v. 28. Mai 1827., betr. die Steuer-
    immunitäten der Geiſtlichen und Schullehrer. (ſ. Anhang Nr. 14.)
  • 5. Geſetz v. 21. Januar 1829. (G.-S. S. 9.) Durch die Beſtimmung
    in §. 10. Buchſt a. des Geſetzes v. 11. Juli 1822 ſind die aus Staats-
    kaſſen zahlbaren Penſionen der Wittwen und die Erziehungsgelder für
    Waiſen ehemaliger Staatsdiener von allen directen Beiträgen zu den
    Gemeinelaſten befreit. Wir finden Uns, auf den Antrag Unſeres
    Staatsminiſteriums und nach erſtattetem Gutachten Unſeres Staats-
    rathes, bewogen, bei völliger Anwendbarkeit der Gründe, weshalb
    Wir die aus Staatskaſſen zu erhebenden Wittwenpenſionen und Waiſen-
    Erziehungsgelder von ſolchen Beiträgen entbunden haben, mittelſt gegen-
    wärtiger Declaration dieſer Vorſchrift, die Befreiung von denſelben auf
    diejenigen Penſionen und Unterſtützungen auszudehnen, welche die Witt-
    wen ünd Waiſen ehemaliger öffentlicher Beamten und Diener aus einer
    der beſondern, mit Unſerer Genehmigung errichteten, Verſorgungs-
    Anſtalten empfangen, wohin namentlich die allgemeine Wittwenver-
    pflegungsanſtalt und die Militairwittwenkaſſe, ſo wie ſämmtliche An-
    ſtalten gehören, die zum Zwecke der Wittwen- und Waiſenverſorgung
    für einzelne Claſſen der öffentlichen Beamten und Diener, beiſpiels-
    weiſe für die Profeſſoren an den Univerſitäten, für Geiſtliche und für
    Schullehrer gebildet ſind.
  • 6. Reſcr. v. 15. Januar 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 106.), daß der
    §. 10. des Geſetzes v. 11. Juli 1822. auf Privatſchullehrer keine An-
    wendung findet, da dieſe nicht zu den Staatsdienern gehören, von
    welchen jenes Geſetz disponirt.
  • 7. Cab.-O. v. 10. Januar 1837. (G.-S. S. 3. u. 5.), betr. die Ent-
    ſchädigung der Geiſtlichen und Schullehrer wegen des durch die Ver-
    änderungen in Anſehung der Grundſteuer ſeit dem Jahre 1806 an
    ihrem Einkommen erlittenen Verluſtes.
  • 8. Reſcr. v. 27. Juli 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 861.), daß Geiſt-
    liche und Schullehrer als Viehbeſitzer zu den Koſten für die Vorkeh-
    rungen Behufs Abwendung oder Unterdrückung der Viehſeuchen bei-
    zutragen verpflichtet ſind.
  • 9. Geſetz v. 21. Januar 1839. §. 8. u. 10. (G.-S. S. 30.) Grund-
    ſteuergeſetz für die weſtlichen Provinzen.
  • 10. Cab.-O. v. 28. April 1843. (v. K. J. B. 62. S. 463) Grundſteuer-
    freiheit der Küſter- und Schulſtellen in den weſtlichen Provinzen.
  • 11. Reſcr. v. 9. April und 15. Juni 1842. (M.-Bl. S. 109. 258.), betr.
    die Heranziehung der Küſter und Kirchendiener zu den Communalſteuern.
  • 12. Circ.-Reſcr. v. 15. Novbr. 1845. (M.-Bl. S. 361.), betr. die
    [25] Klaſſenſteuerfreiheit der bei öffentl. Lehranſtalten beſchäftigten Schul-
    amtscandidaten.

III.betr. die Verpflichtung der Schullehrer bei ihrer
Verheirathung der allgemeinen Wittwenverpflegungsanſtalt
beizutreten.
(ſ. Abthl. 7)


IV.betr. die Militairverhältniſſe der Schulamts-
candidaten und Schullehrer.


  • 1. Reſcr. v. 21. April 1818. (v. K. Ann. B. 2. S. 547.)
  • 2. Reſcr. v. 5. Septbr. 1818. u. 30. März 1819. (v. K. Ann. B. 2.
    S. 1061.)
  • 3. Reſcr. v. 26. Juni 1822. (v. K. Ann. B. 6. S. 439.)
  • 4. Reſcr. v. 4. Dec. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 1028.)
  • 5. Circ.-Reſcr. v. 5. Januar 1829. (v. K. Ann. B. 13. S. 79.)
  • 6. Reſcr. v. 4. u. 20. Febr. 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 162. 191.)
  • 7. Reſcr. v. 17. März 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 194.)
  • 8. Reſcr. v. 29. März u. 24. April 1831. (v. K. Ann. B. 15. S. 177. 429.)
  • 9. Reſcr. v. 7. u. 13. Mai und 10. Juni 1831. (v. K. Ann. B. 15.
    S. 430. 431.)
  • 10. Reſcr. v. 2. Juli und 31. October 1833. (v. K. Ann. B. 17.
    S. 823. 1105.)
  • 11. Cab.-O. v. 14. Januar u. Reſcr. v. 4. Febr. 1837. (v. K. Ann.
    B. 21. S. 259 seq.)
  • 12. Reſcr. v. 1. Juli 1840. (M.-Bl. S. 294.)

§. 26. Gemeine Schullehrer haben keinen privilegirten Gerichtsſtand,
ſondern ſind der ordentlichen Gerichtsobrigkeit des Ortes unterworfen.


  • a. conf. A. G.-O. Anhang §. 11. 27.
  • b.Reſcr. v. 9. Novbr. 1801. (Neues Archiv B. 3. S. 106.), betr.
    den Gerichtsſtand der Schullehrer.

§. 27. Dieſer gebührt, mit Zuziehung des geiſtlichen Schul-
vorſtandes, auch die Aufſicht über ihre Amtsführung, und ſie hat
wegen Ahndung der ſolchen gemeinen Schullehrern in ihrem Amte
zur Laſt fallenden Vergehungen eben die Rechte, welche in Anſehung
der Kirchenbedienten den geiſtlichen Obern beigelegt ſind.


§. 28. Dagegen finden auch in Anſehung der Schullehrer, wenn
dieſelben ihres Amtes entſetzt werden ſollen, die Vorſchriften des vor-
hergehenden Titels Anwendung.


  • 1. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §. 143—151 §. 530 seq.
  • 2. Inſtruction v. 30. Mai 1820. (G.-S. S. 81.), betr. die Verhält-
    niſſe der vormals unmittelbaren deutſchen Reichsſtände.
    Extractweiſe.
    §. 52. Das Kirchenpatronat und die Beſtellung der Schullehrer
    haben die Standesherren, inſoweit als ihnen das eine oder die andere
    vor Auflöſung des deutſchen Reiches zuſtand und darin mittlerweile
    weder zu Gunſten einer Privatperſon noch der Kirchengemeine eine
    Veränderung vorgegangen iſt.
    §. 53. Den Standesherren gebührt überdem im ganzen Umfange
    ihrer ſtandesherrlichen Bezirke die Aufſicht über Kirchen, Schulen,
    Erziehungsanſtalten und milde Stiftungen, inſonderheit über ge-
    [26] wiſſenhafte Verwaltung der dieſen Gegenſtänden gewidmeten Fonds.
    Die Aufſicht wird von ihnen durch beſondere Geiſtliche und Schul-
    inſpectoren geübt.
    Auch iſt ihnen erlaubt, durch Vereinigung derſelben mit dem
    Oberbeamten, welcher die Polizeiverwaltung führt und mit einem
    Mitgliede des ſtandesherrlichen Obergerichts, zu einem collegialen
    Betrieb der dahin einſchlagenden Geſchäfte ein beſonderes Conſiſto-
    rium zu bilden. Letzteres, oder wo ein beſonderes Conſiſtorium nicht
    gebildet wird, der Geiſtliche und der Schulinſpector, darf jedoch

    • a. nichts vornehmen, was nach der Dienſtinſtr. vom 23. Octbr. 1817.
      in den Wirkungskreis Unſerer Conſiſtorien oder, in kathl. Kirchen-
      ſachen, Unſeres Oberpräſidenten gehört. Hierbei können dieſelben
      in Auftrag und auf Anweiſung Unſeres Conſiſtorii oder des
      Oberpräſidenten handeln. Der geiſtliche Inſpector vertritt für
      den ſtandesherrlichen Bezirk die Stelle des Superintendenten.
    • b. Die Befugniſſe der Standesherren und ihrer Conſiſtorialbehörden
      beſchränken ſich einzig auf die Gegenſtände, welche der §. 18. der
      Regier.-Inſtr. v. 23. Octbr. 1817 der beſonderen Kirchen- und
      Schulcommiſſion zuweiſet.
    • c. Auch hierbei ſtehen ſie unter Aufſicht Unſerer Provinzialregierung
      und der obengedachten Commiſſion, an welche die ſtandesherrliche
      Conſiſtorialbehörde zu berichten, und von der ſie Verfügungen
      anzunehmen hat.
    • d. Dieſe Aufſicht trifft beſonders darin ein, daß die Beſetzung ſämmt-
      licher geiſtlichen und Schullehrerſtellen, desgleichen die Beſtätigung
      der von Privatperſonen dazu erwählten Subjecte, inſoweit eine und
      die andere den Standesherren zuſteht, nur unter Zuſtimmung Unſerer
      verfaſſungsmäßig dazu geeigneten Oberbehörden geſchehen kann.

    §. 54. In Abſicht der Kirchen-, Collegial- und Socialrechte bei
    evangeliſchen Kirchengemeinen kommen auch in den ſtandesherrlichen
    Bezirken die Grundſätze in Anwendung, welche künftig durch die
    Synodalordnung werden feſtgeſetzt werden.
  • 3. Inſtruct. für die Conſiſtorien v. 23. Octbr. 1817. (ſ. Anhang
    Nr. 15.)
  • 4. Cab.-O. v. 31. Decbr. 1825. (ſ. Anhang Nr. 16.)
  • 5. Verordnung v. 27. Juni 1845. (ſ. Anhang Nr. 17.)
  • 6. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 20. §. 504.
  • 7. Circ.-Reſcr. v. 18. Febr. 1806. (R. B. 8. S. 475.), daß Geiſtliche
    und Schullehrer, welche in gerichtliche Unterſuchung gerathen, des ab-
    ſolutoriſchen Erkenntniſſes ungeachtet, vom Departementschef entlaſſen
    werden können.
  • 8. Circ.-Reſcr. v. 24. Novbr. 1809. (R. B. 10. S. 192.), betr. die
    Befugniß des Miniſt. des Inn., Geiſtliche und öffentliche Lehrer ihres
    Amtes zu entſetzen.
  • 9. Reſcr. v. 19. Auguſt 1819. (v. K. Ann. B. 3. S. 745.), betr. die
    Verbindlichkeit der Communen bei Penſionirung der Schullehrer.
  • 10. Cab.-O. v. 12. April 1822. (G.-S. S. 105.), betr. das Verfahren
    bei Amtsentſetzung der Geiſtlichen, Lehrer und anderer Staatsbeamten.
  • 11. Circ.-Reſcr. v. 27. Auguſt 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 784.),
    denſelben Gegenſtand betreffend.
  • 12. Cab.-O. v. 8. Decbr. 1824. (G.-S. S. 1825. S. 5.), betr. die Aus-
    zahlung derjenigen Gehaltsrate, welche bei in Unterſuchung geweſenen,
    [27] aber freigeſprochenen öffentlichen Beamten während der Amtsſuspenſion
    einbehalten worden.
  • 13. Circ.-Reſcr. v. 19. Decbr. 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 1058.),
    betr. die Beaufſichtigung der amtlichen und ſittlichen Führung der
    Kirchen- und Schulbedienten.
  • 14. Reſcr. v. 29. Januar 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 99.), betr. die
    Dispoſition über das Gehaltseinkommen der vom Amte ſuspendirten
    oder deſſelben entſetzten Geiſtlichen und Schullehrer.
    Der Königl. Regierung wird hierneben eine Abſchrift des von
    der Königl. Regierung zu Magdeburg erlaſſenen Reſcripts (sub litt. a.)
    mit der Aufforderung zugefertigt, anzuzeigen, welches Verfahren von
    ihr, in den Fällen, wo Geiſtliche und Schullehrer ihres Amtes ent-
    ſetzt worden ſind, von der reſervirten Hälfte ihres Gehaltes, nach
    Abzug der Vertretungs- und Unterſuchungskoſten, noch eine disponible
    Summe übrig geblieben, bisher beobachtet worden, und welchen
    Grundſätzen die Königl. Regierung dabei gefolgt iſt.

    a.
    Wenn auch das Miniſterium mit der Königl. Regierung darin
    übereinſtimmt, daß die in der Cb.-O. §. 221 und 222. wegen der
    Staatsdiener, die in eine Criminal-Unterſuchung verfallen, ausge-
    ſprochenen geſetzlichen Beſtimmungen, analogiſch bei der Suspenſion
    der zur Disciplinar-Unterſuchung gezogenen Geiſtlichen und Schul-
    lehrer angewendet werden können, ſo theilt es doch die Anſicht nicht,
    daß ein jeder, der in Folge einer ſolchen Unterſuchung ſeines Amtes
    für verluſtig erklärt worden, grundſätzlich ſchon vom Anfange der
    Unterſuchung an, und mit der eingetretenen Suspenſion den Anſpruch
    auf ſeinen Gehalt verloren hat. Daſſelbe glaubt vielmehr den gerade
    entgegengeſetzten Grundſatz feſthalten zu müſſen, daß ein jeder Beamte
    des Staats, mithin auch ein Geiſtlicher und Schullehrer, in der
    Regel auf ſein Dienſteinkommen ein Recht habe, bis er ſein Amt
    niedergelegt hat, oder deſſelben rechtskräftig entſetzt worden iſt, und
    daß eine Ausnahme davon, wie z. B. die Beſtimmung, daß einem
    Suspendirten, deſſen Amtsentſetzung ſich vorausſehen läßt, nur der
    nothdürftigſte Unterhalt gereicht werden ſolle, nur auf den Grund
    einer ausdrücklichen geſetzlichen Vorſchrift anzunehmen ſei. Hiernach
    würde in thesi dem ſeines Amtes entſetzten Prediger dasjenige, was
    von der reſervirten Hälfte ſeines vormaligen Dienſteinkommens, nach
    Abzug der Vertretungs- und Unterſuchungskoſten noch übrig iſt, aus-
    gezahlt werden müſſen. Da es jedoch in dem vorliegenden Falle
    hier nicht überſehen werden kann, ob nicht von Seiten des Pfarr-
    lehns, des Patrons oder der Gemeine ein Widerſpruch gegen dieſe
    Maaßregel erhoben wird, ſo hat die Königl. Regierung die Aus-
    zahlung der gedachten Summe nur dann erfolgen zu laſſen, wenn
    ſie die Ueberzeugung hat, daß ein ſolcher Widerſpruch nicht gemacht
    werde, weil auf den Fall der Einwendung der Prediger in den
    Rechtsweg zu verweiſen ſein wird, wobei das Miniſterium vorläufig
    bemerkt, daß die in §. 852. Th. II. Tit. 11. A. L.-R. gegebene
    Bemerkung hier keine Anwendung findet, weil die wirkliche Vacanz
    nicht mit der Suspenſion der Beamten, ſondern mit ſeiner Ent-
    laſſung eintritt ꝛc.
  • 15. Cab.-O. v. 27. April 1830. (G.-S. S. 81.) wegen unfreiwilliger
    Emeritirung und Penſionirung in Unterſuchung geweſener Geiſtlichen
    und Schullehrer.
    [28]Auf Ihren Bericht v. 31. März er. beſtimme Ich, daß gegen
    Geiſtliche und Schullehrer, deren Vergehen nach dem Reſultate einer,
    in Gemäßheit Meiner Ordre v. 12. April 1822 geführten Discipli-
    narunterſuchung nicht mit der Amtsentlaſſung, ſondern nur mit einer
    Strafverſetzung zu ahnden ſein würde, wenn letztere wegen höheren
    Alters oder wegen ſonſt verminderter Dienſtfähigkeit des zu Ver-
    ſetzenden nach Ihrem pflichtmäßigen Ermeſſen für nicht anwendbar
    zu erachten iſt, ſtatt der Strafverſetzung deren unfreiwillige Emeri-
    tirung oder Penſionirung mit einem nach dem Grade ihrer Ver-
    ſchuldung abzumeſſenden geringeren Emeritengehalte oder Penſions-
    betrage, als denſelben außerdem gebühren würde, von Ihnen feſtge-
    ſetzt werden ſoll.
  • 16. Reſcr. v. 21. März 1831. (v. K. Ann. B. 15. S. 47.), betr. das
    das Disciplinarverfahren gegen Geiſtliche und Schullehrer.
  • 17. Reſcript v. 20. April 1831. (v. K. Ann. B. 15. S. 706.), betr. die
    Dispoſition über die Dienſteinkünfte eines zur Unterſuchung gezogenen
    Beamten.
    Mit dem in dem Berichte des Staatsminiſteriums v. 28. Febr.
    d. J. motivirten Antrage einverſtanden, genehmige Ich, daß die
    Dienſtcinkünfte eines zur gerichtlichen oder Disciplinar-Unterſuchung
    gezogenen und mit Entſetzung oder Entlaſſung beſtraften Beamten,
    welche während ſeiner Amts-Suspenſion geſammelt und nicht zu den
    Koſten der Stellvertretung und Unterſnchung, ſowie zum Erſatz des
    etwa verurſachten Schadens verwendet worden ſind, zur Verfügung
    der vorgeſetzten obern Dienſtbehörde geſtellt werden, um ſie nach
    ihrem pflichtmäßigen Ermeſſen zum Beſten und für das dringende
    Bedürfniß des Beamten ſelbſt zu verwenden, ſo daß ſolche erſparte
    Dienſteinkünfte nur dann der Kaſſe anheimfallen, wenn die obere
    Behörde eine Verfügung im Intereſſe des Beamten der Lage der
    Sache nicht gemäß findet.
  • 18. Reſcr. v. 30. Juli 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 646.), betr. die
    Disciplinarunterſuchung gegen Kirchen- und Schulbeamte.
  • 19. Reſcr. v. 2. Mai 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 393.), betr. die einſt-
    weilige Amtsſuspenſion der in Disciplinarunterſuchung gerathenen
    Schullehrer.
    Bei den zur Entſcheidung des unterzeichneten Miniſterii in der
    Recursinſtanz gelangten Disciplinarunterſuchungen, namentlich gegen
    Schullehrer, iſt verſchiedentlich in Bemerkung gekommen, daß unan-
    gemeſſener Weiſe die Denunciaten in der Verwaltung ihres Amts
    noch während des Disciplinarverfahrens, und ſelbſt nach einer ſchon
    auf Entfernung vom Amte lautenden Entſcheidung erſter Inſtanz,
    auch in ſolchen Fällen gelaſſen worden ſind, wo hieraus nach Be-
    ſchaffenheit und Subſtantiirung der Anklagen, wegen grober Ver-
    ſäumniß der Dienſtpflichten, unſittlichen Wandels, Trunklaſters u. ſ. w.
    die Folge einer deſto mehreren Benachtheiligung der amtlichen In-
    tereſſen und Steigerung des ſchon gegebenen Aergerniſſes vorauszu-
    ſehen war, und demnächſt auch eingetreten iſt. Das Miniſterium
    empfiehlt den Königl. Conſiſtorien, Provinzialſchulcollegien und Re-
    gierungen, die Abwendung ſolcher Uebelſtände durch jedesmalige be-
    ſtimmte Prüfung der Frage wegen etwa zu verfügender Amtsſuspenſion
    bei Einleitung der Disciplinarunterſuchungen in Betracht zu nehmen.
    Sollte auch zu einer ſolchen Verfügung die Sachlage bei Anfang
    der Unterſuchung über Anklagen der vorbezeichneten Art ſich noch
    [29] nicht geeignet finden, ſo ſind doch wegen Einbringung der ſachge-
    mäßen Anträge, bei diesfälliger Veränderung der Umſtände im Laufe
    des Verfahrens, die Commiſſarien und zunächſt vorgeſetzten Dienſt-
    behörden mit angemeſſener Inſtruction zu verſehen. Auch iſt dem-
    nächſt bei Abfaſſung der Disciplinarentſcheidung erſter Inſtanz die
    Suspenſionsfrage allemal wieder mit in Erwägung und Beſchluß
    zu nehmen, und mit der abſchriftlichen Einreichung des Disciplinar-
    beſchluſſes an das Miniſterium nach der Vorſchrift der Circ.-Verf.
    vom 4. Juli eine jedesmal ausdrückliche Anzeige deſſen zu verbinden,
    was hinſichtlich der Amtsſuspenſion beſchloſſen und verfügt worden iſt.
  • 20. Cab.-O. v. 29. März 1837. (G.-S. S. 70.), betr. die Uebertragung
    der Entſcheidungen im Recursverfahren wider disciplin. beſtrafte
    Elementarſchullehrer an die Oberpräſidenten ꝛc.
  • 21. Reſcr. v. 8. April 1840. (M.-Bl. S. 135.), nach welchem der Beamte
    im vollen Genuſſe der Hälfte ſeiner Beſoldung zu belaſſen, ſo lange
    nicht in erſter Inſtanz auf Caſſation erkannt iſt.
  • 22. Reſcr. v. 10. April 1840. (M.-Bl. S. 156.), betr. die Penſionirung
    dienſtunfähiger Lehrer.
  • 23. Reſcr. v. 21. u. 29. Juli 1840. (M.-Bl. S. 288.), betr. die unfrei-
    willige Emeritirung und Strafverſetzung der Geiſtlichen und Schul-
    lehrer.
    Extractweiſe.
    • a. Auf die an das unterzeichnete Miniſterium in der Disciplinar-
      Unterſuchungsſache wider den Schullehrer N. erſtatteten Berichte
      der Königl. Regierung v. 16. Mai und 11. Juni d. J., kann das
      Miniſterium im Allgemeinen nur auf dasjenige Bezug nehmen, was
      Ihr bereits in der Verfügung v. 20. Mai d. J. über den Stand
      dieſer Sache bemerklich gemacht worden iſt. Die Gründe, aus welchen
      die Königl. Regierung eine Straf-Emeritirung des N., wegen der
      von Ihr angenommenen Unausführbarkeit ferner Verſetzung in Antrag
      bringt, beſtätigen einerſeits die in der vorerwähnten Verfügung aus-
      geſprochene Bemerkung des Miniſterii, daß der N., wenn man ſeine
      oft wiederholten Ungebührniſſe nach der Strenge beurtheilt, bereits
      ſeine Abſetzung vom Amte verdient hätte, ſowie andrerſeits damit die
      Entſcheidung im Widerſpruche ſteht, welche die Königl. Regierung
      auf eine Strafverſetzung, oder eventuell zu beantragende freiwillige
      Emeritirung des N. gefaßt hat. Die letztere Maaßregel ſoll als
      disciplinariſche Verfügung, nach den Beſtimmungen der Cab.-Ord.
      v. 27. April 1830. (G.-S. S. 81.) nur in ſolchen Fällen gegen Schul-
      lehrer und Geiſtliche eintreten, wo das Ergebniß der disciplinariſchen
      Unterſuchung, an und für ſich betrachtet, keinen ſtrengeren Beſchluß,
      als den einer unfreiwilligen Verſetzung des Angeſchuldigten motivirt,
      dieſe aber wegen hinzutretender anderer Gründe, des bereits vorge-
      rückten Alters oder ſonſt nicht mehr zureichenden Dienſtfähigkeit des
      verurtheilten Individuums, ſich nicht zur Ausführung bringen läßt. —
      Auf die disciplinariſche Maaßregel der Verſetzung kann aber wiederum,
      mit richtigem Grunde, nur in denjenigen Fällen erkannt werden, wo
      das aus den Unterſuchungs-Reſultaten am Tage liegende Hinderniß
      einer ferneren gedeihlichen Amtsverwaltung des Angeſchuldigten ſich
      auf ſeine derzeitige Dienſtſtellung beſchränkt, an einem andern Orte
      aber von ihm eine wieder zufrieden ſtellende Verwaltung des geiſt-
      lichen oder Schulamtes mit Sicherheit, oder doch mit wohlbegründeter
      Hoffnung, erwartet werden darf. (v. 21. Juli 1840.)

    [30]Extractweiſe.
    Das Erkennen einer außerordentlichen Strafe wegen unvollſtän-
    digen Beweiſes über das dem Urtheilsſpruche unterliegende Verbrechen
    gehört allein demjenigen Gebiete der richterlichen Strafjurisdiction
    an, für welches die dahin bezüglichen geſetzlichen Vorſchriften gegeben
    ſind. Strafen hingegen, welche Vergehungen eines Beamten, aus
    Wahrnehmung der beſonderen Intereſſen ſeines Amtes, von der ihm
    vorgeſetzten disciplinariſchen Inſtanz verhängt werden ſollen, erfordern
    zu ihrer Motivirung einen allemal vollſtändigen Beweis ihres ob-
    jectiven ſowohl, als ſubjectiven Thatbeſtandes. — Hätten ſich aber
    die Urſachen eines auf dem Denuncianten zurückbleibenden Verdachts
    nicht in einer ihm zur Verantwortung fallenden eigenen Handlungs-
    weiſe, ſondern in ſeinerſeits unverſchuldeten anderweiten Umſtänden
    gefunden, ſo könnte zwar möglicherweiſe auch in ſolchem Falle ſeine
    etwa nöthige Entfernung von der Amtsſtelle, nach der Beſtimmung
    des §. 531. Tit. 11. Th. II. des Allg. L.-R., in Frage treten, aber
    es hätte alsdann die diesfällige Verfügung nicht als Strafe, ſondern
    nur als eine Maaßregel der amtlichen Nothwendigkeit und nur unter
    hiernach abgemeſſenen Modalitäten der Verſetzung oder der bei all-
    gemeiner Dienſtunfähigkeit des Denunciaten etwa anzuordnenden
    Emeritirung, erfolgen können. (v. Juli 1840.)
  • 24. Reſcr. v. 11. Febr. 1841. (M.-Bl. S. 63.), daß die Entlaſſung
    interimiſtiſch angeſtellter Schullehrer ohne vorgängige Disciplinar-
    unterſuchung zuläſſig iſt.
  • 25. Circ.-Reſcr. v. 20. Decbr. 1841. (M.-B. 1842. S. 16., betr. die
    Reeursinſtanz in Disciplinarunterſuchungen.
  • 26. Circ. Reſcr. v. 11. März 1843. (M.-Bl. S. 75.), daß die Straf-
    reſolute an das geiſtliche Miniſterium einzuſenden.
  • 27. Circ.-Reſcr. v. 19. Jan. 1844. (M.-Bl. S. 13.), betr. die Penſions-
    abzüge und die Penſionsberechtigung der bei den Straf- u. Beſſerungs-
    anſtalten angeſtellten Geiſtlichen und Schullehrer.
  • 28. Geſetz v. 29. März 1844. (G.-S. S. 77.), betr. das gerichtliche und
    Disciplinarverfahren gegen Beamte. (ſ. Anhang Nr. 18.)
  • 29. Cab.-O. v. 29. März 1844. (G.-S. S. 90.) über das Verfahren
    bei Penſionirungen.

Unterhalt.


§. 29. Wo keine Stiftungen für die gemeinen Schulen vorhanden
ſind, da liegt die Unterhaltung der Lehrer ſämmtlichen Hausvätern
jedes Ortes, ohne Unterſchied, ob ſie Kinder haben oder nicht, und
ohne Unterſchied des Glaubensbekenntniſſes ob.


  • 1. conf. Bielitz B. 1. S. 572.
  • 2. Principia regulativa v. 30. Juli 1736. §. 3. (ſ. Anhang Nr. 25.)
  • 3. Cab.-O. v. 18. Juli 1799. (N. C. C. T. X. S. 2591. Nr. 42. de
    1799.), betr. die Verpflichtung der Freiholzdeputanten, Prediger und
    Schullehrer, ihren Holzbedarf zur Hälfte in Torf zu nehmen.
  • 4. Reſcr. v. 5. März 1801. (N. C. C. T. XI. S. 117. Nr. 14. de
    1801.), denſelben Gegenſtand betreffend.
  • 5. Cab.-O. v. 28 Septbr. 1810, daß den ſchlechtern Landſchullehrern
    [31] bei Gemeinheitsauseinanderſetzungen in den Domainengütern 1 — 2
    Morgen Landes zugetheilt werden ſollten.
  • 6. Culturedict v. 14. Septbr. 1811. §. 44. und Cab.-O. v. 5. Novbr.
    1812. (G.-S. S. 194.) ſtellt die Verpflichtung der Gemeinen feſt, den
    Landſchullehrern bei Gemeinheitstheilungen eine beſtimmte Quantität
    Landes zu geben. Dieſe Verpflichtung wird näher feſtgeſtellt durch
  • 7. Gemeinheits-Th.-Ordnung v. 7. Juni 1821. §. 101. 102. —
    Reſcr. v. 17. Juli 1822; 11. und 3. Febr., 5. Juni, 31. Juli 1823,
    10. Septbr. und 12. Novbr. 1824, 25. Juni 1831 und 29. April 1837.
    (conf. Crgänzungen Theil 5. Abthl. 3. S. 100 seq)
  • 8. Reſcr. v. 15. Novbr. 1819. (v. K. Ann. B. 3. S. 934.), daß Schul-
    lehrer, welche durch die Abſchaffung der Zählgelder an ihrem Ein-
    kommen verlieren, von den Communen zu entſchädigen ſind, wenn ſie
    in ihren Vocationen auf dieſelben angewieſen ſind.
  • 9. Reſcr. v. 4. Auguſt 1826 (v. K. Ann. B. 10. S. 750.), betr. die Be-
    freiung der Gensd’armerie von den Beiträgen zur Unterhaltung der
    Ortsſchulen, nicht aber von Entrichtung des Schulgeldes.
  • 10. Reſcr. v. 22. Septbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 675.), betr. die
    Communalbeiträge der Judengemeinen zu den Ortsſchulen. (ſ. Abthl. 4.)
  • 11. Reſcr. v. 30. Juni 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 417.), denſ. Ge-
    genſtand betr. (ſ. Abthl. 4.)
  • 12. Reſcr. v. 30. Auguſt 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 555.), daß aus-
    wärtige Grundbeſitzer zur Unterhaltung der Ortsſchule beizutragen auch
    dann nicht verpflichtet ſind, wenn jene Beiträge wie Communallaſten
    aufgebracht werden.
  • 13. Reſcr. v. 9. Decbr. 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 769.), betr. die
    Aufbringung der Schulbeiträge und die Heranziehung der Geiſtlichen
    bei Repartition derſelben.
  • 14. Reſcr. v. 18. April 1831. (v. K. Ann. B. 19. S. 700.) und Reſcr.
    v. 24. Auguſt 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 705.), betr. die Aufbrin-
    gung und Repartition der Schulbeiträge. (ſ. Anhang Nr 19.)
  • 15. Reſcr. v. 15. Septbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 707.), betr. die
    Nichtbefreiung der Geiſtlichen und Schullehrer zu den Schulbeiträgen.
  • 16. Reſcr. v. 28. April 1836. (v. K. Ann. B. 20. S. 377.), Reſcr. v.
    31. Auguſt 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 685.), Reſcr. v. 20. Octbr.
    1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 688.), betreffend die Heranziehung der
    Königl. Beamten zu den Communal- und Schulbeiträgen.
  • 17. Reſcr. v. 29. Juli und 17. Septbr. 1838. (v. K. Ann. B. 22. S.
    689 und 661.), Reſcr. v. 2. Februar 1843. (M.-Bl. S. 28.), denſ.
    Gegenſtand betr.
  • 18. Reſcr. v. 13. Auguſt 1840. (M.-Bl. S. 293.), betr. die Repartition
    und Erhebung der Schulunterhaltungskoſten.
  • 19. Circ.-Reſcr. v. 24. April 1842. (M.-Bl. S. 196.), betr. die Verpflich-
    tung der Gutsherrſchaft, zur Unterhaltung der Ortsſchulen beizutragen.
  • 20. Reſcr. v. 28. Januar 1842. (M.-Bl. S. 30.), betr. die Verbeſſe-
    rung und Dotirung der Landſchullehrerſtellen.
  • 21. Reſcr. v. 24. April 1843. (M.-Bl. S. 179.), betr. die Regulirung
    einer Landdotation in den dem Domainenfiscus zinspflichtigen Gemeinen.
  • 22. Geſetz v. 3. Januar 1845. §. 5. Nr. 1. (G.-S. S. 25.), betr. die
    Zertheilung von Grundſtücken und die Gründung neuer Anſiedlungen.

§. 30. Sind jedoch für die Einwohner verſchiedenen Glaubens-
bekenntniſſes an einem Orte mehrere gemeine Schulen errichtet, ſo
[32] iſt jeder Einwohner nur zur Unterhaltung des Schullehrers von ſeiner
Religionspartei beizutragen verbunden.


§. 31. Die Beiträge, ſie beſtehen nun in Gelde oder Naturalien,
müſſen unter die Hausväter nach Verhältniß ihrer Beſitzungen und
Nahrungen billig vertheilt und von der Gerichtsobrigkeit ausgeſchrieben
werden.


  • 1. Reſcr. v. 23. Auguſt 1814. (v. K. Ann. B. 3. S. 258.) daß die Re-
    gierungen die ausgeſchriebenen Schulabgaben executiviſch beitreiben
    können.
  • 2. Reſcr. v. 5. Nov. 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 851.), daß jene Bei-
    träge auf Anrufen der Schullehrer von den Gerichten eingezogen
    werden können.
  • 3. Reſcr. v. 8. Novbr. 1833. (v. K. Ann. B. 18. S. 1019.), betr. die
    Schulgeldfreiheit der Lehrer- und Predigerſöhne. (ſ. Anhang Nr. 39.)
  • 4. Cab.-O. v. 18. Juli und Reſcr. v. 15. Octbr. 1835. (v. K. Ann.
    B. 19. S. 711.), betr. die Beitreibung von Schulabgaberückſtänden.
  • 5. Cab.-O. v. 19. Juni 1836. (G.-S. S. 198.), betr. das Verfahren
    bei Einziehung der Kirchen- und Schulabgaben.
    Da bei Einforderung von Kirchen- und Pfarrabgaben ſowohl
    über die Zuläſſigkeit der Execution ohne vorgängigen Prozeß, als
    auch darüber, ob die Execution von dem Richter oder der betreffen-
    den Regierung zu verfügen iſt, Zweifel entſtanden, auch gleichzeitig
    über die Einziehung der Forderungen der Medicinalperſonen nähere
    Beſtimmungen in Antrag gebracht worden ſind, ſo verordne Ich
    hierdurch, nach den Anträgen des Staatsminiſteriums, auf Ihren
    Bericht vom 2. d. M.:

    • 1) Alle beſtändige dingliche oder perſönliche Abgaben und Leiſtungen,
      welche an Kirchen und öffentliche Schulen, oder an deren Beamte,
      vermöge einer allgemeinen geſetzlichen, oder auf notoriſcher Orts-
      oder Bezirksverfaſſung beruhenden Verbindlichkeit zu entrichten
      ſind, desgleichen die Forderungen öffentlicher Schul- und Er-
      ziehungsauſtalten an Schul- und Penſionsgeld, unterliegen bei
      Säumigkeit der Debenten ſowohl hinſichtlich der laufenden als
      der aus den letzten zwei Jahren rückſtändig verbleibenden Beträge
      der executiviſchen Beitreibung durch die betreffende Verwaltungs-
      behörde.
    • 2) Die executiviſche Beitreibung wird gehemmt, wenn der in Anſpruch
      Genommene eine Exemtion behauptet und wenigſtens ſeit zwei
      Jahren, vom letzten Verfalltermine zurückgerechnet, im Beſitze der
      Freiheit ſich befindet.
    • 3) Das rechtliche Gehör bleibt nach Vorſchrift des §. 79 u. f. Tit. 14.
      Th. II. des A. L.-R. der Verordnung vom 26. Decbr. 1808,
      §. 41. und 42., einem Jeden verſtattet, der aus beſondern Grün-
      den die Befreiung von einer ſolchen Abgabe oder Leiſtung geltend
      machen will, oder in der Beſtimmung ſeines Antheils, über die
      Gebühr belaſtet zu ſein, behauptet.
    • 4) In Betreff der, aus beſondern Contracten oder teſtamentariſchen
      Dispoſitionen auf Grundſtücken haftenden jährlichen Abgaben an
      Kirchen und Schulen (§. 430. Tit. 50. der Prozeßordnung) findet
      die Execution nicht ſofort ſtatt, es muß vielmehr, wenn ſie ein-
      [33] getragen ſind, der Mandatsprozeß, und wenn ſie nicht eingetragen
      ſind, der Bagatell- oder ſummariſche Prozeß, nach näherer An-
      leitung der desfallſigen geſetzlichen Beſtimmungen, vorausgehen.
    • 5) Wegen aller andern Forderungen der Kirchen- und Schulbedienten
      findet, wenn ſie mit einem Feſtſetzungsdecrete verſehen ſind, der
      Mandatsprozeß, ſonſt der Bagatell- oder ſummariſche Prozeß,
      nach Vorſchrift der Verordnung vom 1. Juni 1833, ſtatt.
    • 6) Die Forderungen ordnungsmäßig conceſſionirter Privat-Schul-
      und Erziehungs-Anſtalten an rückſtändigem, durch ihren Einrich-
      tungsplan feſtgeſetztem Schul- oder Penſionsgelde aus dem Zeit-
      raume eines Jahres von Einreichung der Klage zurückgerechnet,
      dürfen im Wege des Mandatsprozeſſes eingeklagt werden.
    • 7) Mit gleicher Zeitbeſchränkung ſoll dieſes Vorrecht auch den For-
      derungen der Medizinalperſonen und Apotheker für ihre Beſuche,
      Operationen und Arzneimittel zuſtehen. Die Liquidationen müſſen
      jedoch von den ärztlichen Perſonen aller Claſſen mit ſpecieller
      Angabe der Dienſtleiſtungen und mit Berechnung einer jeden
      Dienſtleiſtung nach den Beſtimmungen der Medizinaltaxe aufge-
      ſtellt, ſo wie die Rechnungen der Apotheker mit den ärztlichen
      Recepten und einem Feſtſetzungsdecrete belegt ſein.
  • 6. Reſcr. v. 8. Juni 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 638.), betr. die Ver-
    pflichtung zu Beiträgen für geiſtliche und Schulbauten.
  • 7. Reſcr. v. 17. Septbr. 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 661.), daß die
    Koſten des Elementarſchulweſens keine Communallaſt, ſondern eine
    Societätslaſt des Schulbezirkes ſind.
  • 8. Circ.-Reſcr. v. 8. und 31. Auguſt 1842. (M.-Bl. S. 346.), betr.
    die Aufbringung der Ausgaben ꝛc. bei Gemeinheitstheilungen Seitens
    der Schulen.
  • 9. Reſcr. v. 26. Febr. 1844. (M.-Bl. S. 82.), betr. die Aufbringung
    der Gemeineabgaben und Laſten.

§. 32. Gegen Erlegung dieſer Beiträge ſind alsdann die Kin-
der der Contribuenten von Entrichtung eines Schulgeldes für
immer frei.


Reſcr. v. 14. Juni 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 398.), betr. die
Verpflichtung zur Anſchaffung von Unterrichtsmitteln für Kinder armer
Eltern. (ſ. Anhang Nr. 20.)


§. 33. Gutsherrſchaften auf dem Lande ſind verpflichtet, ihre
Unterthanen, welche zur Aufbringung ihres ſchuldigen Beitrages ganz
oder zum Theil auf eine Zeitlang unvermögend ſind, dabei nach Noth-
durft zu unterſtützen.


  • 1. Die Gutsunterthänigkeit iſt durch das Edict v. 9. Octbr. 1807. auf-
    gehoben.
  • 2. Reſcr. v. 18. Auguſt 1837., betr. die Verpflichtung der Gutsherr-
    ſchaft zur Unterſtützung ihrer Tagelöhner rückſichtlich der Schulkoſten.
    (ſ Anhang Nr. 21.)
  • 3. Reſcr. v. 2. Novbr. 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 997.), betr. die
    Leiſtungen der Gutsherrſchaft zu Schulzwecken. (ſ. Anhang Nr. 22.)
  • 4. Schreiben des Juſtiz-Miniſt. v. 18. Auguſt 1837. Die Verpflichtung
    der Gutsherrſchaft zur Unterſtützung ihrer Tagelöhner ꝛc. rückſichtlich
    3
    [34] der Schulkoſten iſt auch nach aufgehobener Erbunterthänigkeit als
    beſtehend zu erachten.
    (Juſt.-Miniſt. Gen.-A. I. 3025. — Gen. S. fol. 111.)

Schulgebäude.


§. 34. Auch die Unterhaltung der Schulgebäude und Schul-
meiſterwohnungen muß, als gemeine Laſt, von allen zu einer ſolchen
Schule gewieſenen Einwohnern ohne Unterſchied getragen werden.


  • 1. Cab.-O. v. 18. Januar und Reſcr. v. 28. Febr. 1805. (R. B. 8.
    S. 267.), betr. die Feſtſtellung und Einziehung der Beiträge der Ein-
    gepfarrten zu Kirchen- und Schulbauten.
  • 2. Reſcr. v. 21. Januar 1817. (v. K. J. B. 9. S. 8.), betr. das Reſſort
    des Interimiſtici bei Bauten kathol. Kirchen und Schulen.
  • 3. Reſcr. v. 18. Januar 1822. (v. K. Ann. B. 6. S. 114.), betr. die
    Nichtverpflichtung des Fiscus, wo derſelbe nicht als Patron zu
    Kirchen- und Schulbauten beizutragen hat, als Grundeigen-
    thümer
    dergleichen Beiträge zu leiſten.
  • 4. Reſcr. v. 10. Febr. 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 91.) betr. die Bil-
    dung eines Baufonds für Kirchen- und Schulbauten durch fortlaufende
    Beiträge der Einwohner.
    In mehreren Ortſchaften der Provinz Pommern entrichten die
    zu baaren Beiträgen bei kirchlichen Bauten verpflichteten Einwohner
    eine bei jedem nach Verhältniß ſeiner Beitragspflicht abgemeſſene
    fortlaufende Abgabe, zur beſtändigen Conſervation eines beſondern
    kirchlichen Baufonds, aus welchem demnächſt jene Bauten, wo nicht
    ausſchließlich, doch in vorkommenden Fällen nur mit Zuhülfenahme
    eines mäßigen außerordentlichen Zuſchuſſes beſtritten werden. Ab-
    geſehen von der bedeutenden Erleichterung jener, beim plötzlichen
    Eintritt eines Hauptbaufalles oft für die Gemeinen ſehr drückenden
    Laſt durch dergleichen allmälige Aufbringung, gewährt dieſe zweck-
    mäßige Einrichtung beſonders auch noch den wichtigen Vortheil,
    daß ſie die einmal feſtgeſtellten Vertheilungsgrundſätze immer in
    friſchem Andenken erhält, und den ſonſt häufig darüber entſtehenden
    Streitigkeiten ein- für allemal vorbeugt; und iſt alſo wenigſtens da
    ſehr wünſchenswerth, wo nicht etwa die Exiſtenz eines bedeutenden
    Kirchenvermögens die Baulaſt für die Gemeine in die Ferne ſtellt.
    Wenn gleich ihre Generaliſirung auf dem Wege geſetzlicher oder
    allgemeiner adminiſtrativer Verfügung manche wohl nicht zu beſeiti-
    gende Schwierigkeiten finden würde, ſo kann ſie doch im Wege freier
    Uebereinkunft unter den Patronen und Gemeinen an vielen Orten
    ſehr leicht und ohne alles Bedenken eingeführt werden, und das
    Miniſterium empfiehlt demnach der Königl. Regierung angelegentlich,
    beſonders bei Gelegenheit künftig vorfallender kirchlicher, nicht minder
    auch ſolcher Schulbau-Regulirungen, wo die örtlichen Verhältniſſe
    ähnliche Vortheile erwarten laſſen, auf die Dispoſition der Inter-
    eſſenten zu einer ähnlichen Einrichtung nach Möglichkeit Bedacht
    zu nehmen.
  • 5. Reſcr. v. 25. Mai 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 411.), betr. die
    Zahlung der Feuerſocietätsbeiträge für Kirchen, Schulen ꝛc.
  • 6. Reſcr. v. 23. Auguſt 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 683.), betr. das
    [35] Verfahren in Streitfällen über die Beitragspflichtigkeit zu den kirch-
    lichen und Schulbauten.
  • 7. Reſcr. v. 16. Juli 1829. (v. K. Ann. B. 13. S. 522.), daß bei Feſt-
    ſtellung des Interimiſtici in Streitfällen wegen ſolcher Erweiterungen
    der kirchlichen oder Schulgebäude, für deren Nothwendigkeit ſich die
    Regierung entſchieden hat, die Koſtenvertheilung in gleicher Weiſe an-
    zuordnen ſei, wie bei Reparaturen der Gebäude in ihrem bereits be-
    ſtehenden Umfange.
  • 8. Reſcr. v. 3. Decbr. 1833. (v. K. Ann. B. 18. S. 720.), betr. die
    Scheunenbauten für die Küſter und Schullehrer.
  • 9. Reſcr. v. 8. Januar 1836. (v. K. J. B. 47. S. 306.), daß über die
    Zutheilung eines Gutes zu einer beſtimmten Schulſocietat der Weg
    Rechtens nicht ſtattfindet.
  • 10. Reſcr. v. 25. April 1836. (v. K. J. 47. S. 534. — v. K. Ann.
    B. 20. S. 355.), betr. die Zuläſſigkeit des Rechtsweges über die Bei-
    träge zu Kirchen-, Pfarr- und Schulbauten.
  • 11. Cab.-O. v. 14. Juli 1836. (G.-S. S. 208.) wegen Nichtverpflichtung
    der Gutsherren, von den bäuerlichen Entſchädigungsländereien zu den
    Unterhaltungskoſten der kirchl. und Schulgebäude beizutragen.
    Wir Friedrich Wilhelm ꝛc. erklären, zur Erledigung erhobener
    Bedenken, auf den Antrag Unſeres Staatsminiſteriums und nach
    erfordertem Gutachten Unſeres Staatsraths, für ſämmtliche Landes-
    theile der Monarchie, in welchen das Edict v. 14. Septbr. 1811
    über die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältniſſe
    Geſetzeskraft hat:
    daß, ſofern nicht durch Vertrag oder rechtskräftige Entſcheidung
    ein anderes ausdrücklich feſtgeſetzt worden iſt, nach richtiger Aus-
    legung des vorangeführten Edicts, die Gutsherren nicht ver-
    pflichtet ſind, von den ihnen bei der Regulirung zu ihrer Ent-
    ſchädigung abgetretenen bäuerlichen Grundſtücken zu den Bau-
    und Unterhaltungskoſten der Kirchen-, Pfarr- und Küſtergebäude,
    ſo wie der Schulhäuſer und Schulmeiſtergebäude, Beiträge
    zu leiſten.
  • 12. Reſcr. v. 29. Octbr. 1836. (v. K. Ann. B. 20. S. 814.), betr. das
    Reſſort der Regierungsabtheilungen bei Regulirung eines Inſterimiſtici
    in Kirchen-, Schul- und Baupolizeiangelegenheiten.
  • 13. Reſcr. v. 2. Novbr. 1837. (v. Ann. B. 21. S. 961.) u. v. 26 März
    1839. (v. K. Ann. B. 23. S. 100.), betr. die Unterſtützung zu Kirchen-
    und Schulbauten. (ſ Anhang Nr. 48.)
  • 14. Reſcr. v. 6. März 1840. (M.-Bl. S. 350.) wegen der Reſſortver-
    hältniſſe in Küſterei- und Schulhausbauſachen, ſowie die Vermögens-
    verwaltung der Kirchen und Schulen.
  • 15. Circ.-Reſcr. v. 4. Juli 1842. (M.-Bl. S. 306.), betr. die Reviſion
    und Superreviſion der Koſtenanſchläge zu Neubauten von Pfarr- und
    Schulhäuſern.
  • 16. Circ.-Reſcr. v. 3. April 1843. (M.-Bl. S. 125.) betr. die Ge-
    währung außerordentlicher Zuſchüſſe zu dem etatsmäßigen Patronat-
    baufonds.
  • 17. Reſcr. v. 29. Mai 1843. (M.-Bl. S. 190.), betr. die Licitations-
    termine für Kirchen- und Schulbauten.
  • 18. Circ.-Reſcr. v. 26. Auguſt 1843. (M.-Bl. S. 283.), betr. die Aus-
    führung von Schulbauten, für welche Gnadengeſchenke bewilligt ſind.

3*
[36]
  • 19. Reſcr. v. 12. Decbr. 1843. (M.-Bl. S. 324.), betr. das Verfahren
    bei Regulirung des Interimiſtici in ſtreitigen geiſtlichen und Schulbauten.
  • 20. Circ.-Reſcr. v. 20. Decbr. 1843. (M.-Blatt pro 1844. S. 30.),
    betr. die Einwirkung der Regierung bei Bauten.
  • 21. Circ.-Reſcr. v. 16. Januar 1844. (M.-Bl. S. 30.), betr. die Unter-
    ſtützung abgebrannter Kirchen und Schulen.
  • 22. Reſcr. v. 3. Febr. 1844. (M.-Bl. S. 32.), betr. die Regulirung
    des Interimiſtici bei Schulbauten.
  • 23. Circ.-Reſcr. v. 12. Mai 1844. (M.-Bl. S. 151.), betr. die Auf-
    bringung der Koſten zu Bauten von Schul- und Küſterhäuſern.
  • 24. Reſcr. v. 24. Mai 1844. (M.-Bl. S. 168.), betr. die Entwürfe
    zu Reſtaurationsbauten.
  • 25. Cab.-O. nebſt Verordn. v. 11. Novbr. 1844. (G.-S. S. 697.),
    betr. die Beitragspflicht der Rittergutsbeſitzer und anderer Grundbeſitzer
    in den vormals königl. ſächſiſchen Landestheilen der Provinz Sachſen
    zur Unterhaltung der Kirchen und Schulen.
  • 26. Cab.-O. v. 11. Juli 1845. (G.-S. S. 485.) Nr. 4., betr. die Ver-
    mögensverwaltung der Kirchen, Pfarren und kirchlichen Stiftungen
    nach Märkiſchem Provinzialrechte.
  • 27. Circ.-Reſcr. v. 8. März 1846. (M.-Bl. S. 54.), betr. die Ver-
    wendung der zu Kirchen- und Schulbauten aufkommenden Collectengelder.
    (ſ. Anhang Nr. 49.)
  • 28. Specielle Vorſchriften in Betreff des Verfahrens der Verwal-
    tungsbehörden bei Kirchen- und Schulbauten ꝛc.
    • a. für Oſtpreußen: Publ. der Reg. zu Königsberg v. 18. Octbr.
      1818. (Amtsbl. Beilage Nr. 9.)
    • b. für Weſtpreußen: Publ. der Reg. zu Marienwerder vom
      15. Januar 1818. (Amtsblatt S. 63.)
    • c. für Pommern: Publ. der Reg. zu Stettin v. 4. Juli 1821;
      16. Febr. 1823; 19. Decbr. 1823. (v. K. Ann. B. 5. S. 360. —
      B. 7. S. 75. 832.)
    • d.für das Depart. der Reg. zu Erfurt: Publ. v. 23. Juli
      1824. (Amtsblatt S. 169.)
    • e.für die Mark, Schleſien, Sachſen: Reſcr. v. 30. Decbr.
      1823; v. 18. März 1824. (v. K. Ann. B. 7. S. 831. — B. 8.
      S. 154.) u. v. 21. Mai 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 348.)
      u. Verordn. v. 11. April 1846. (G.-S. S. 164.)
  • 29. conf. zu §. 18. 57. d. Tit.

§. 35. Doch trägt das Mitglied einer fremden zugeſchlagenen
Gemeine zur Unterhaltung der Gebäude nur halb ſo viel bei, als
ein Einwohner von gleicher Claſſe an dem Orte, wo die Schule be-
findlich iſt.


§. 36. Bei Bauen und Reparaturen der Schulgebäude müſſen
die Magiſträte in den Städten, und die Gutsherrſchaften auf dem
Lande, die auf dem Gute oder Kämmereieigenthume, wo die Schule
ſich befindet, gewachſenen oder gewonnenen Materialien, ſoweit ſelbige
hinreichend vorhanden, und zum Baue nothwendig ſind, unentgeltlich
verabfolgen.


[37]
  • 1. Circ-Reſcr. v. 27. März 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 40.), betr.
    die Uebernahme der Koſten für Kirchen- und Schulbauten auf den
    Patronatsbaufonds.
  • 2. Circ.-Reſcr. v. 20. u. 21. Novbr. 1839. (v. K. Ann. B. 23. S.
    804. 834.), betr. die Beſchaffung des vom Fiscus zu Kirchen- und
    Schulbauten zu verabreichenden Holzes.
  • 3 conf. zu §. 34. d. Tit.

§. 37. Wo das Schulhaus zugleich Küſterwohnung iſt, muß in
der Regel die Unterhaltung deſſelben auf eben die Art, wie bei Pfarr-
bauen vorgeſchrieben iſt, beſorgt werden.


  • 1. conf. zu §. 34. 36. d. Tit.
  • 2. Reſcr. v. 10. Novbr. 1832., v. 6. Mai 1833. und v. 15. März 1838.
    (v K. Ann. B. 22. S. 346.) wegen Aufbringung von Koſten zum
    Baue von Küſterhäuſern, die zugleich Schulhäuſer ſind.
  • 3. Reſcr. v. 9. Septbr. 1839. (v. K. Ann. B. 23. S. 616.), betr. die
    Reſſortverhältniſſe in Küſter- und Schulhausbauſachen der evangel.
    Gemeinen.
  • 4. Geſetz v. 21. Juli 1846. (G.-S. S. 392.), betr. den Bau und die
    Unterhaltung der Schul- und Küſterhäuſer.

§. 38. Doch kann kein Mitglied der Gemeine, wegen Verſchie-
denheit des Religionsbekenntniſſes, dem Beitrage zur Unterhaltung
ſolcher Gebäude ſich entziehen.


  • 1. Verordn. v. 30. Novbr. 1840. (G.-S. 1841. S. 11.), betr. die An-
    wendbarkeit der princip. regulat. (ſ. Anhang Nr. 40.)
  • 2. Beſchluß des Geh. O.-Trib. v. 9. Mai 1842. (M.-Bl. S. 259.)
    zu §. 37. ꝛc. A. L.-R. II. 12: Dieſe geſetzliche Vorſchrift findet auch
    auf einen nur der Schulzwecke wegen nothwendig gewordenen Er-
    weiterungsbau
    des Küſter- und Schulhauſes Anwendung.

Pflicht der Schulgemeine zur Herbeiholung neuer Schulmeiſter.


§. 39. Die Gemeinen ſind in der Regel verbunden, einen neuen
Schulmeiſter herbeizuholen.


  • 1. Declar. v. 21. Juni 1790. (R. B. 2. S. 46.), aus welcher dieſe
    und die nachfolgenden Beſtimmungen entnommen ſind.
  • 2. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §. 406. 407.

§. 40. Dieſe Verbindlichkeit erſtreckt ſich auch auf die zur Familie
des Schulmeiſters gehörenden Perſonen, und was derſelbe an Kleidung,
Wäſche, Hausrath und Büchern mitbringt.


§. 41. Doch findet dabei in Anſehung der Entfernung eben die
Einſchränkung auf zwei Tagereiſen, wie bei Abholung der Pfarrer
durch die Kirchengemeine, ſtatt.


conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §. 410. 411.


§. 42. Auch findet die Vorſchrift des eilften Titels §. 525. auf
Schulmeiſter ebenfalls Anwendung.


[38]

Pflichten der Eltern, ihre Kinder zur Schule zu halten.


§. 43. Jeder Einwohner, welcher den nöthigen Unterricht für
ſeine Kinder in ſeinem Hauſe nicht beſorgen kann oder will, iſt ſchuldig,
dieſelben nach zurückgelegtem fünften Jahre in die Schule zu ſchicken.


  • 1. Circ.-Reſcripte v. 1. Januar 1769. u. 15. Januar 1788. (Nei-
    gebaur S. 63.) wegen des Anhaltens der Eltern, ihre Kinder zur
    Schule zu ſchicken.
  • 2. Cab.-O. v. 14. Mai 1825. (G.-S. S. 149.), betr. die Schulzucht
    in den Provinzen, wo das A. L.-R. noch nicht eingeführt iſt.
  • 3. Reſcr. v. 19. März 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 112.), daß Leute, die
    einen Theil des Jahres hindurch wegen Arbeit ſich an einem Orte
    aufhalten, ihre Kinder zur Schule ſchicken müſſen.
  • 4. Reſcr. v. 22. Febr. 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 91.), das ſchul-
    pflichtige Alter der Kinder betreffend.
    Auf den Bericht der Königl. Regierung vom 31. v. M., betr.
    das ſchulpflichtige Alter der Kinder, wird unter den angezeigten Um-
    ſtänden hierdurch genehmigt:

    • ad 1. daß in Städten und geſchloſſenen Dörfern, wo die Schule nicht
      über eine Viertelſtunde von dem ſchulpflichtigen Hauſe entfernt iſt,
      nach dem beſtimmten Geſetze im A. L.-R. Th. II. Tit. 12. §. 43.
      vom beginnenden ſechsten Jahre des Kindes auf deſſen Schul-
      beſuch gedrungen;
    • ad 2. daß aber in Anſehung der Dorfſchaften, welche weiter, als eine
      Viertelſtunde von der Schule entfernt ſind, das vollendete ſechste
      Jahr des Kindes, ſowohl in dem katholiſchen, als in dem evan-
      geliſchen Theile des Regierungsbezirks, als der Anfang des ſchul-
      pflichtigen Alters betrachtet werde.
  • 5. Reſcr. v. 27. April 1827. (v. K. Ann. B. 9. S. 428.), daß in der
    Cab.-O. v. 14. Mai 1825. ein hinlänglicher Anhalt vorhanden, um
    den gröbſten Mißbräuchen bei Benutzung der Kinder in den Fabriken
    zu begegnen.
  • 6. Reſcr. v. 24. April 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 413.), daß in
    Weſtphalen der Schulbeſuch erſt mit vollendetem ſechsten Jahre beginnt.
  • 7. Circ.-Reſcr. v. 23. Auguſt 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 690.),
    betr. die gänzliche Vernachläſſigung des Schul- und Religions-
    unterrichts.
  • 8. Reſcr. v. 15. Decbr. 1828. (Neigebaur S. 67.), betr. die Beaufſich-
    tigung der in den Fabriken arbeitenden Kinder.
    Das Königl. Polizei-Präſidium iſt bereits durch die Verfügung
    des mitunterzeichneten Miniſterii der Geiſtl., Unterrichts- ꝛc. Ange-
    legenheiten vom 27. April pr. zur Ausführung derjenigen Maaßregeln
    veranlaßt worden, welchen gemäß mit Beachtung der angedeuteten
    Modificationen verfahren werden ſoll, um die Mißbräuche im Schul-
    beſuche der, in den hieſigen Fabriken arbeitenden Kinder abzuſtellen.
    Unter Bezugnahme auf die gedachte Verfügung wird das Königl.
    Polizei-Präſidium hierdurch aufgefordert: „die Polizei-Beamten an-
    zuweiſen, ſämmtliche hieſige Fabriken, Manufakturen und ähnliche
    Gewerbe-Anſtalten von Zeit zu Zeit, wenigſtens einmal vierteljährlich,
    in Hinſicht auf den Schulbeſuch der dort arbeitenden Kinder zu revi-
    diren, und Uebertretungsfälle dem Königl. Polizei-Präſidium zur
    [39] weitern Veranlaſſung und Mittheilung an das Königl. Conſiſtorium
    und Provinzial-Schul-Collegium anzuzeigen.“
  • 9. Circ.-Reſcr. v. 20. Octbr. 1828. (Neigebaur S. 65.), betr. die
    Verwendung der Schulſtrafgelder.
  • 10. Reſcr. v. 9. Januar 1831. (Neigebaur S. 65.), betr. die Mitwirkung
    der Polizei in der Controlle des Schulbeſuches.
    Das Königl. Miniſterium der Geiſtlichen und Unterrichts- ꝛc. An-
    gelegenheiten hat mir einen Bericht des hieſigen Provinzial-Schul-
    Collegiums, die polizeiliche Controlle über den Schulbeſuch der hie-
    ſigen Jugend betreffend, mit dem Erſuchen mitgetheilt, mich über die
    Ausführbarkeit des von dem gedachten Collegio gemachten Vorſchlags,
    dieſe Controlle durch die Polizei-Commiſſarien ausführen zu laſſen,
    zu äußern. Nachdem ich, in der Vorausſetzung, daß dabei nur eine
    helfende Mitwirkung der Polizei-Commiſſarien Behufs der Zuſammen-
    ſtellung richtiger Liſten der vorhandenen ſchulfähigen Kinder bezweckt
    werde, dieſe Mitwirkung zugeſichert habe, ſo hat das gedachte Mini-
    ſterium ſich mit dem dieſerhalb von mir gemachten Vorſchlage, „die
    Polizei-Commiſſarien nur etwa in der Art in Anſpruch zu nehmen,
    daß ſie einmal, höchſtens zweimal, jährlich die ihnen zuzuſtellenden
    Formulare an die Hauseigenthümer, Behufs der Ausfüllung, ver-
    theilen, nach erfolgter Ausfüllung wieder einſammeln, und der mit
    der Zuſammenſtellung der einzelnen Notizen beauftragten Behörde
    abliefern, indem ſie ſelbſt mit der Abfaſſung des Haupt-Tableaus
    ſich nicht befaſſen können“, einverſtanden erklärt, auch das Provinzial-
    Schul-Collegium darnach angewieſen. Indem ich das Königl. Polizei-
    Präſidium hiervon in Keuntniß ſetze, beauftrage ich Daſſelbe, wegen
    der Modalitäten ſich mit dem Provinzial-Schul-Collegium zu einigen,
    und dem gemäß die Polizei-Commiſſarien zu inſtruiren.
  • 11. Inſtruction v. 27. Septbr. 1834. zur Ausführung der ſich auf den
    Schulunterricht der Militairkinder beziehenden Beſtimmungen der
    Milit.-Kirch.-Ordn. v. 12. Febr. 1832. (ſ. Anhang Nr. 37.)
  • 12. Regulativ v. 8. Auguſt 1835. (G.-S. S. 244.) §. 14. wegen Schul-
    beſuchs in den von der Cholera befallenen Orten.
  • 13. Reſcr. v. 25. Septbr. 1837. (v. K. Ann. B 21. S. 681.), wonach
    die Schulvorſtände auf die Geiſtlichen und Schullehrer zu wirken
    haben, daß dieſe die Eltern von der Nothwendigkeit des Schulzwanges
    überzeugen.
  • 14. Regulativ v. 9. März und Cab.-O. v. 6. April 1839. (G.-S.
    S. 156.) über die Beſchäftigung jugendlicher Arbeiter in den Fa-
    briken. (ſ. Anhang Nr. 23.)
  • 15. Reſcr. v. 4. April 1841. (M.-Bl. S. 119.), betr. die analoge An-
    wendung jenes Regulat. auf ſolche Kinder, welche bei Bauhandwerken
    Handlangerdienſte thun.
  • 16. Inſtruction v. 6. Febr. 1845. (M.-Bl. S. 62.) über das Ver-
    fahren bei Beſtrafung der Schulverſäumniſſe in den Elementarſchulen
    der Rheinprovinz.
  • 17. In Betreff des Schulzwangs bei Juden ſ. Abthl. 4.

§. 44. Nur unter Genehmigung der Obrigkeit und des geiſt-
lichen Schulvorſtehers kann ein Kind länger von der Schule zurück-
behalten, oder der Schulunterricht deſſelben, wegen vorkommender
Hinderniſſe, für einige Zeit ausgeſetzt werden.


[40]

§. 45. Zum Beſten derjenigen Kinder, welche wegen häuslicher
Geſchäfte die ordinairen Schulſtunden, zu gewiſſen, nothwendiger Arbeit
gewidmeten Jahreszeiten, nicht mehr ununterbrochen beſuchen können,
ſoll am Sonntage, in den Feierſtunden zwiſchen der Arbeit, und zu
andern ſchicklichen Zeiten, Unterricht gegeben werden.


§. 46. Der Schulunterricht muß ſo lange fortgeſetzt werden,
bis ein Kind, nach dem Befunde ſeines Seelſorgers, die einem jeden
vernünftigen Menſchen ſeines Standes nothwendigen Kenntniſſe ge-
faßt hat.


Reſcr. v. 17. Febr. 1821. (v. K. Ann. B. 5. S. 84.), betr. den Unter-
richt der evangel. Jugend im Chriſtenthume als Vorbereitung auf die
Confirmation.


Es haben dieſelben das ganze Jahr hindurch, in ſo fern nicht
örtliche Umſtände eine Unterbrechung nothwendig machen, wöchentlich
2 Stunden den gewöhnlichen Unterricht in der Religion, ſechs Wochen
hindurch aber wöchentlich in 3—4 Stunden den zur Corfirmation
vorbereitenden zu ertheilen, während welcher Zeit da, wo die Pfarrer
mit Geſchäften ſehr beladen ſind, der gewöhnliche Unterricht aus-
fallen kann. Es bleibt jedoch der Beurtheilung des Geiſtlichen über-
laſſen, ob eine Abſonderung der Geſchlechter unter den obwaltenden
Umſtänden erforderlich ſein möchte; in dieſem Falle ſind die Stunden
des Unterrichts zu verdoppeln.


Kein Kind darf confirmirt werden, welches nicht 2 Semeſter hin-
durch den gewöhnlichen Unterricht des Geiſtlichen unausgeſetzt, und
in dem letztern auch den, den Confirmanden beſonders zu ertheilenden,
Vorbereitungsunterricht genoſſen hat.


Pflichten der Schulaufſeher.


§. 47. Die Schulaufſeher müſſen darauf Acht haben, daß der
Schullehrer ſein Amt mit Treue und Fleiß abwarte.


  • 1. Reſcr. v. 22. April 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 292.) [ſ. zu §. 12.
    d. Tit.]
  • 2. Circ.-Reſcr. v. 22. Mai 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 133.),
    betr. die Theilnahme der Schullehrer an den ſogenannten öffentlichen
    Muſikfeſten.
  • 3. Inſtruct. für die Generalſuperintendenten v. 14. Mai 1829.
    (v. K. Ann. B. 13. S. 279.)
    Die ſegensreiche Thätigkeit, welche von den General-Super-
    intendenten, nach der von Sr. Majeſtät dem Könige Allerhöchſtſelbſt
    ihnen ertheilten Beſtimmung erwartet wird, und ihr heilſamer Ein-
    fluß auf die Angelegenheiten der evangeliſchen Kirche hängt zwar
    hauptſächlich davon ab, daß ſie, über die äußerliche Seite ihrer Stel-
    lung ſich erhebend, ihren Beruf mit Geiſt aufzufaſſen und zu behan-
    deln wiſſen, und ergriffen von dem Anerkenntniſſe ſeiner hohen Be-
    deutung und von dem dankbarſten Gefühle des Allergnädigſten Ver-
    trauens, deſſen ſie von Sr. Majeſtät dem Könige gewürdigt worden,
    [41] die wichtigen Aufgaben ihres Amtes mit frommer Gewiſſenhaftigkeit
    zu löſen bereit ſind. Damit jedoch durch eine nähere Bezeichnung
    und Abgrenzung ihrer amtlichen Befugniſſe und Verpflichtungen jeder
    Unſicherheit ihres Wirkens möglichſt begegnet werde, und um ihnen
    eine überſichtliche Kenntniß der Berufsaufgaben, für deren pünktliche,
    zweckmäßige und ungeſäumte Erledigung ſie verantwortlich ſind, zu
    geben, erhalten ſie auf Befehl Sr. Majeſtät des Königs folgende
    nähere Geſchäfts-Anweiſung zu ihrer Nachachtung.
    1. Die General-Superintendenten ſind Geiſtliche, welche als
    Vorgeſetzte mehrerer Superintendentur-Sprengel, neben den Provin-
    zial-Conſiſtorien und den Regierungs-Abtheilungen für das Kirchen-
    und Schulweſen, die Angelegenheiten der evangeliſchen Kirchen ihres
    Bezirks perſönlich zu beaufſichtigen, und auf ſie einzuwirken befugt
    und verpflichtet ſind.
    2. Ihre Beſtimmung im Allgemeinen iſt, ſich eine genaue, auf
    eigene Anſchauung gegründete, und aus Erfahrungen an Ort und
    Stelle geſammelte Kenntniß von der Beſchaffenheit des evangeliſchen
    Kirchenweſens in ihrem Bezirke zu verſchaffen, vornämlich auf dem
    Wege des perſönlichen Verkehrs, wenn auch gleich der Schriftwechſel
    zur Vervollſtändigung und Erleichterung dieſes perſönlichen Einwir-
    kens nicht ganz ausgeſchloſſen werden ſoll, die wahrgenommenen Ge-
    brechen möglichſt ſchnell zu entfernen, die immer gedeihlichere Ent-
    wickelung des Beifallswürdigen zu befördern, nach Befinden jene
    wie dieſes zur Kenntniß der geiſtlichen Behörden zu bringen, und ſo
    die denſelben übertragene Aufſichtsführung zu erleichtern und wirk-
    ſamer zu machen.
    3. Sie bilden keine Zwiſchen-Inſtanz, ſondern ſind den geiſt-
    lichen Provinzialbehörden beigeordnet, und ſtehen, wie dieſe, in ihrer
    Qualität als Geueral-Superintendenten unmittelbar unter dem Mi-
    niſterio der geiſtlichen Angelegenheiten.
    4. Sie ſind Mitglieder der Conſiſtorien, heißen Directoren, und
    nehmen in denſelben nach den Oberpräſidenten die erſte Stelle ein.
    Auch haben ſie, ſo weit es ſich mit ihrer eigenthümlichen, von öftern
    Reiſen abhängigen Wirkſamkeit verträgt, den Directorial-Geſchäften
    und der Stellvertretung des Oberpräſidenten in dem Conſiſtorio ſich
    zu unterziehen.
    5. Sie haben ſich mithin als Organe der geiſtlichen Obern zu
    betrachten, und ſollen als väterliche Pfleger aller Kräfte, welche in
    dem ihnen untergebenen Aufſichtskreiſe für die ehrwürdigen Zwecke
    der evangeliſchen Kirche in Thätigkeit geſetzt werden können, bald an-
    regend, bald nachhelfend, bald vermittelnd auftreten, und durch ihre
    Belehrung, ihren Rath und ihre Fürſprache beitragen, daß die hier
    und da wahrgenommenen Bedürfniſſe auf die kürzeſte und den Local-
    und Perſonal-Verhältniſſen angemeſſenſte Art ihre Befriedigung finden.
    6. Die Gegenſtände, auf welche ſie ihr Augenmerk vorzüglich
    zu richten haben, ſind:

    • a. die Lehrart der Geiſtlichen;
    • b. die Aufrechthaltung und Wiederherſtellung der Reinheit, Ordnung
      und Würde des öffentlichen Gottesdienſtes, wobei ſie insbeſondere
      darüber zu wachen haben, daß in den Kirchen, wo die erneuerte
      Agende bereits angenommen iſt, derſelben auch genau Folge ge-
      leiſtet werde, und dahin zu wirken, daß die Hinderniſſe und Ein-
      [42] wendungen beſeitigt werden, die ſich noch im Einzelnen der Ein-
      führung derſelben entgegenſtellen;
    • c. die Beſchaffenheit, der Gebrauch und die Verwaltung der für die
      kirchlichen Zwecke bei den einzelnen Gemeinden vorhandenen äußer-
      lichen Mittel;
    • d. der bei den Gemeinden herrſchende kirchliche oder unkirchliche Geiſt,
      die in ihnen etwa vorkommenden beſondern Richtungen, vorzüg-
      lich in ſo weit ſolche auf das kirchliche Verhältniß fördernd oder
      ſtörend einwirken, und ſich von einer Gefahr drohenden Seite
      zeigen;
    • e. der Wandel der Kirchen-Beamten, ihr häusliches Leben und das
      Fortſchreiten der Geiſtlichen in ihrer wiſſenſchaftlichen Bildung;
      ingleichen die Führung der in ihrem Sprengel ſich aufhaltenden
      Candidaten und ihre Vorbereitung zum Predigtamte;
    • f. die Beſchaffenheit der Elementar- und niedern Bürgerſchulen, als
      der Vorbereitungs-Anſtalten für die Kirche; und
    • g. die religiöſe und kirchliche Tendenz der gelehrten Schulen und
      höhern Bürgerſchulen.

    7. Zunächſt liegt ihnen das Geſchäft der Kirchen-Viſitationen
    an denjenigen Orten ob, wo Geiſtliche angeſtellt ſind, denen die Ver-
    waltung einer Special-Superintendentur übertragen iſt.
    8. Bis dahin, wo ihnen über den Gang, den die Verhandlun-
    gen dabei zu nehmen haben, eine beſondere Anweiſung zugegangen
    ſein wird, ſoll ihnen überlaſſen bleiben, ſich nach der in der betreffen-
    den Provinz eingeführten Kirchen-Viſitations-Ordnung zu richten.
    Eine Reviſion der Regiſtratur und des Archivs der Superintendentur
    iſt jedoch jedesmal damit zu verbinden.
    9. Dafern die Umſtände nicht die Aufnahme beſonderer förm-
    licher Protocolle und ſchlennige Anzeige nöthig machen, kann es hin-
    reichen, daß ſie ihre dabei gemachten Beobachtungen und Erfahrungen
    nur in das Reiſe-Journal eintragen, um den Behörden daraus zu
    ſeiner Zeit das Erforderliche mündlich, oder vermittelſt einzelner Ex-
    tracte mitzutheilen.
    10. In welcher Reihefolge ſie dieſe Viſitationen, zu welchen ſie
    keinesweges erſt den beſondern Auftrag des vorgeſetzten Miniſteriums
    oder des Provinzial-Conſiſtoriums zu erwarten haben, vornehmen
    wollen, iſt ihnen ebenfalls freigeſtellt, doch haben ſie ſich ſo einzu-
    richten, daß der Cyclus derſelben in ihrem Bezirke nach Beſchaffenheit
    des Umfangs künftig längſtens in einem Zeitraume von 4—6 Jahren
    vollendet ſei. Für den Anfang muß aber, weil es ſo wichtig iſt, daß
    ſie bald die erforderliche Perſonalkenntniß erlangen, dieſe Friſt ſo viel
    als möglich abgekürzt werden.
    11. Nächſtdem, daß ſie über die Qualification der Special-
    Superintendenten, über die Art und Weiſe, wie ſie ihren Pflichten
    nachkommen, und über ihre äußere Lage ſich die nöthigen Aufſchlüſſe
    verſchaffen werden, haben ſie auch auf die wichtigen Fragen einzu-
    gehen: in welchem Vernehmen dieſelben mit den Kirchenpatronen und
    den Unterbehörden ihres Sprengels ſtehen; ob ſie von dieſen in ihrer
    amtlichen Wirkſamkeit die nöthige Unterſtützung erhalten, und ob bei
    eingetretenen Störungen die perſönliche Vermittelung des General-
    Superintendenten von Nutzen ſein könne.
    12. Bei dieſem regelmäßig wiederkehrenden Viſitationsgeſchäfte
    wird ſich ihnen von ſelbſt die Gelegenheit darbieten, der Diöceſan-
    [43] Geiſtlichkeit näher zu treten, und nicht nur über das, was in dem
    Aufſichtskreiſe des Special-Superintendenten nach §. 6. ein Gegen-
    ſtand ihrer Aufmerkſamkeit ſein ſoll, zuverläſſige Erkundigungen ein-
    zuziehen, ſondern auch wohlthätig darauf einzuwirken, und ſie haben
    dieſelbe dazu mit Umſicht und Eifer zu benutzen.
    13. Sie ſind zur Erreichung dieſes Zweckes aber auch berechtigt
    und verpflichtet, einzelne Kirchen- und Schul-Viſitationen, die der
    Special-Superintendent in den Parochien ſeiner Diöces zu halten
    pflegt, beizuwohnen, und dergleichen auch ſelbſt vorzunehmen.
    14. Ueberdies haben ſie neben dieſen gewöhnlichen und vorher
    anzukündigenden Viſitationen auch zuweilen außerordentliche und un-
    vermuthete Unterſuchungen an Ort und Stelle ſowohl auf Anwei-
    ſung des vorgeſetzten Miniſteriums und Requiſition der geiſtlichen
    Provinzial-Behörden, als auch nach eigenem Ermeſſen zu veran-
    ſtalten; doch haben ſie davon, ſo wie überhaupt von allen, in ihrem
    Bezirke vorzunehmenden Dienſtreiſen, den Ober-Präſidenten vorher
    in Kenntniß zu ſetzen.
    15. Zu ihren Obliegenheiten und Befugniſſen gehört ferner die
    perſöuliche Einweiſung der neu ernannten Superintendenten in ihre
    Ephoral-Aemter, wozu ſie die jedesmalige Veranlaſſung von dem
    Provinzial-Conſiſtorio erhalten. Wenn ſie von den Königl. Regie-
    rungen requirirt werden, dieſe Superintendenten zugleich als Pfarrer
    bei ihren Gemeinden einzuführen, ſo haben ſie ſich auch dieſem Ge-
    ſchäfte zu unterziehen.
    16. Bei dieſen Feierlichkeiten werden ſie, neben Beobachtung
    deſſen, was das Herkommen und die Wichtigkeit des Gegenſtandes
    ſonſt mit ſich führt, nicht nur die angehenden Superintendenten zu
    einer pünktlichen und pflichtgetreuen Führung ihres kirchlichen Auf-
    ſeher-Amtes in Gegenwart der verſammelten Geiſtlichen und Schul-
    lehrer des Ephoral-Sprengels auffordern, dieſe aber zu einem folg-
    ſamen und ehrerbietigen Verhalten gegen ihren Vorgeſetzten anweiſen,
    ſondern ſich derſelben auch als Veranlaſſung bedienen, die Bande
    der brüderlichen Gemeinſchaft unter der Diöceſan-Geiſtlichkeit durch
    Einführung eines neuen Vermittlers feſter zu ſchlingen, und die
    nützlichen Einrichtungen, die in ihr entweder noch gar keine Stelle
    gefunden haben, oder mit Lauigkeit behandelt worden ſind, ins Leben
    zu rufen, und eine eifrigere Theilnahme an ihnen anzuregen.
    17. Da es in manchen Superintendentur-Kreiſen gewöhnlich iſt,
    jährliche Wittwen-Caſſen-Convente, oder andere Verſammlungen
    Behufs wiſſenſchaftlicher Zwecke zu halten, ſo wird es angemeſſen
    ſein, wenn ſie dieſen Zuſammenkünften von Zeit zu Zeit beiwohnen,
    ſowohl um mit den vereinigten Mitgliedern in eine genauere Be-
    kanntſchaft zu kommen, und auf dem kürzeſten Wege ihre Wünſche
    und Anträge zu vernehmen, als auch dasjenige zur Sprache zu bringen,
    was den geiſtigen Verkehr unter ihnen beleben, und als wechſel-
    ſeitiges Förderungsmittel einer würdigen Amtsführung wirken kann,
    und um überhaupt dieſe Verſammlungen durch ihre Gegenwart be-
    deutſamer zu machen.
    18. Wo ſolche Verſammlungen der Geiſtlichkeit einzelner Ephoral-
    Sprengel in der Regel nicht ſtattfinden, da können ſie dieſelben, um
    ihnen beizuwohnen und zu dem im vorſtehenden §. angegebenen
    Zwecke, durch den vorgeſetzten Special-Superintendenten veranſtalten
    [44] laſſen. Die Leitung der Verhandlungen wird jedoch dem Letztern
    zu überlaſſen, und das Nöthige vorher mit ihm zu verabreden ſein.
    19. Sie führen bei den Berathungen, zu welchen die ganze Geiſt-
    lichkeit ihres Bezirks ſich verſammelt hat, den Vorſitz, und regeln
    den Geſchäftsgang. Zu Veranſtaltungen ſolcher Zuſammenkünfte
    haben ſie aber, wenn nicht durch die Provinzial-Kirchen-Verfaſſung
    ausdrücklich etwas Anderes feſtgeſetzt iſt, jedesmal die Genehmigung
    des Miniſteriums der geiſtlichen Angelegenheiten einzuholen.
    20. Sie werden als Mitglieder der Conſiſtorien durch ihre Theil-
    nahme an den Prüfungen der Candidaten in den Stand geſetzt
    werden, ſich von der Tiefe und dem Umfange ihrer wiſſenſchaftlichen
    Bildung und von dem Charakter ihrer theologiſchen Richtung eine
    genaue Kenntniß zu verſchaffen, und einen wohlthätigen Einfluß dar-
    auf zu äußern. Es bleibt aber auch außerdem für ſie eine wichtige
    Pflicht, ſich mit dem Bildungsgrade derer, die ſich dem evangeliſchen
    Predigtamte gewidmet haben, ſorgfältig bekannt zu machen und auf
    ihr zweckmäßiges und unabläſſiges Weiterſtreben auf jede andere
    Weiſe hinzuwirken.
    21. Auch bei den bereits angeſtellten Geiſtlichen müſſen ſie dar-
    auf bedacht ſein, den Eifer für gründliche Fortbildung anzuregen,
    zu nähren und zu unterſtützen.
    22. Zu ihren Befugniſſen gehört ferner das Ordinations-Geſchäft.
    23. Es iſt ihre Pflicht, die jährlichen Conduitenliſten über die
    Geiſtlichen und Schullehrer ihres Bezirks, welche die Special-Super-
    intendeuten durch ſie an die Provinzial-Behörden einzureichen haben,
    genau zu prüfen und erforderlichenfalls mit berichtigenden und er-
    gänzenden Anmerkungen zu verſehen. Die dem Miniſterio der geiſt-
    lichen Angelegenheiten von den Conſiſtorien vorzulegenden Conduiten-
    Anzeigen über die Superintendenten ihrer Sprengel müſſen aber von
    ihnen nicht nur in der Reinſchrift vollzogen, ſondern auch im Con-
    cepte gezeichnet werden, wobei es ihnen freiſteht, dasjenige, was ſie
    nach ihrer Perſonalkenntniß für nöthig halten, beizufügen.
    24. Sie ſind gehalten, ſich der Regulirung ſtreitig gewordener
    Verhältniſſe und der Beſeitigung entſtandener Unordnungen und Miß-
    helligkeiten, wenn ſich von ihrem perſönlichen Einfluſſe ein günſtiger
    und ſchneller Erfolg erwarten läßt, auf Requiſition der Conſiſtorien
    und Regierungs-Abtheilungen für das Kirchen- und Schulweſen zu
    unterziehen, und haben in Folge gleicher Veranlaſſung ihr ſchriftliches
    Gutachten an dieſe Behörden in den Fällen abzugeben, in welchen
    die Feſtſtellung der Wahrheit und die darauf zu gründende Entſchei-
    dung hauptſächlich von einer genauen Local- und Perſonalkenntniß
    abhängig iſt. Es verſteht ſich jedoch von ſelbſt, daß dieſes nur aus-
    nahmsweiſe geſchehen darf, und daß in der Regel die nöthigen Er-
    mittelungen durch die Special-Superintendenten geſchehen müſſen.
    25. Sie haben das Recht, den Sitzungen der Regierungs-Ab-
    theilungen für die Kirchen-Verwaltung und das Schulweſen, wenn
    ſie es für nöthig halten, beſonders auch, wenn die von ihnen, in
    der Eigenſchaft als General-[Superintendenten] zur Sprache gebrachten
    Gegenſtände zum Vortrage kommen, ſtimmfähig beizuwohnen, und
    werden ſie den Präſidenten von ihrem diesfälligen Wunſche in Kenntniß
    ſetzen. Auch hat dieſer ſie in wichtigen Angelegenheiten, hauptſächlich
    wenn allgemeine und organiſche Maaßregeln erwogen und beſchloſſen
    werden ſollen, zu den Berathungen einzuladen. Jedenfalls ſind ſie
    [45] zu den denſelben zuzuziehen, wenn über die gegen Geiſtliche zu ver-
    hängende Disciplinar-Unterſuchung, oder über deren Remotion und
    unfreiwillige Verſetzung und Emeritirung entſchieden wird.
    26. Da es den Behörden, welchen das Recht des Vorſchlags,
    oder der Ernennung zu geiſtlichen Stellen, Königl. Patronates, zu-
    ſteht, wichtig ſein muß, und auch zur Pflicht gemacht wird, über
    diejenigen Bewerber, welche ſie auf engere Wahl gebracht haben, das
    Gutachten der General-Superintendenten zu vernehmen, und dieſes
    auch bei Auszeichnungen und Unterſtützungen der Geiſtlichen möglichſt
    berückſichtigt werden ſoll; ſo werden ſie, in Erwägung, daß das
    Gewicht ihrer Anſicht in dem Grade ſich verſtärken muß, in welchem
    ihre Perſonalkenntniß an Genauigkeit und Umfang gewinnt, ſich
    dabei der gewiſſenhafteſten Sorgfalt und Unpartheilichkeit befleißigen,
    und der Menſchenfurcht und Menſchengefälligkeit nicht den geringſten
    Einfluß auf ihr Urtheil geſtatten.
    In allen Fällen, wo ſie ihre Stimme als General-Superinten-
    denten in den Conſiſtorien und Regierungen nach Vorſtehendem ab-
    geben, zählt ihre Stimme nicht nur mit, ſondern es wird auch, wenn
    die Stimmenmehrheit gegen ihre Anſicht und ihren Antrag ausfällt,
    wenn ſie darauf beſtehen, die Sache der höhern Entſcheidung des
    Miniſteriums der geiſtlichen Angelegenheiten vorgelegt. Es wird
    von ihnen erwartet, daß ſie in ſolchen Fällen ihre Anſicht und Mei-
    nung einer beſonders ſtrengen eigenen Prüfung unterwerfen, und
    nichts unverſucht laſſen, ſich, ſo viel es nach Pflicht geſchehen kann,
    zu einem gemeinſchaftlichen Beſchluß zu vereinigen.
    27. Je umſichtiger und pflichtmäßiger ſie bei dieſem Theile ihrer
    Berufsthätigkeit verfahren, deſto gewiſſer wird er ſich in ein Beför-
    derungsmittel ihres Anſehens und Einfluſſes verwandeln, daher ſich
    auch die Art ihrer [Einwirkung] auf perſönliche Rückſprache und Ver-
    handlung, mündliche oder ſchriftliche Belehrung, Ermahnung und
    Zurechtweiſung beſchränken kann. Was ihnen auf dieſem Wege nicht
    gelingt, das werden ſie zur Einleitung eines förmlichen Verfahrens
    zur Kenntniß der betreffenden geiſtlichen Provinzial-Behörden bringen.
    28. Sie haben in einem jährlichen ausführlichen Verwaltungs-
    Berichte, der ſpäteſtens am Schluſſe des Monats Januar an das
    Miniſterium der geiſtlichen Angelegenheiten einzureichen, und dem
    auch eine Abſchrift des von ihnen geführten Reiſe-Journals beizu-
    fügen iſt, ſowohl ihre wichtigſten Erfahrungen und die vorzüglichſten
    Reſultate ihrer perſönlichen Vermittelung, als auch insbeſondere das-
    jenige, was ſie der Entſcheidung der Behörden haben überlaſſen
    müſſen, und ob dieſelbe erfolgt iſt, anzuführen. Dieſer Jahresbe-
    richt iſt zuvörderſt dem Ober-Präſidenten mitzutheilen, und von dieſem
    förderſamſt und urſchriftlich an das Miniſterium abzuſenden.
    29. Da ſie für den Aufwand, den ihnen das Reiſen und die
    Geſchäftsführung verurſacht, eine angemeſſene Entſchädigung aus
    Staatsfonds erhalten werden, ſo haben ſie den Kirchen- und Ge-
    meinde-Caſſen keine ſogenannte Koſten- und Gebühren-Zahlung
    zuzumuthen.
  • 4. conf.Militairkirchenordn. v. 12. Februar 1832. §. 83—92.
  • 5. conf. zu §. 12. d. Tit. und Abth. 5. Nr. I.

§. 48. Jhnen liegt es ob, unter Beiſtand der Obrigkeit, darauf
zu ſehen, daß alle ſchulfähige Kinder, nach obigen Beſtimmungen
[46] (§. 43. seq.) erforderlichen Falls durch Zwangsmittel und Beſtrafung
der nachläſſigen Eltern, zur Beſuchung der Lehrſtunden angehalten
werden.


  • 1. Reſcr. v. 30. Septbr. 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 682.), betr.
    die Competenz zur Vollſtreckung der Schulverſäumnißſtrafen.
  • 2. Reſcr. v. 10. April 1841. (M.-Bl. S. 118.), daß der Schulvorſtand
    bei Schulverſänmniſſen nach den Urſachen derſelben nachforſchen ſoll.
  • 3. conf. zu §. 43. d. Tit.

Pflichten des Predigers.


§. 49. Der Prediger des Ortes iſt ſchuldig, nicht nur durch Auf-
ſicht, ſondern auch durch eigenen Unterricht des Schulmeiſters ſowohl
als der Kinder, zur Erreichung des Zweckes der Schulanſtalt thätig
mitzuwirken.


General-Landſchulreglement v. 1763. (ſ. Anhang Nr. 24.)


Schulzucht.


§. 50. Die Schulzucht darf niemals bis zu Mißhandlungen,
welche der Geſundheit der Kinder auch nur auf eine entfernte Art
ſchädlich werden könnten, ausgedehnt werden.


  • 1. Cab.-O. v. 14. Mai 1825. (G.-S. S. 149.), betr. die Schulzucht
    in den Provinzen, wo das A. L.-R. noch nicht eingeführt iſt.
  • 2. Reſcr. v. 4. März 1834. (v. K. J. B. 43. S. 117.), daß ein
    von einem öffentlichen Schulbeamten begangener Züchtigungsproceß
    ein Dienſtvergehen iſt.
  • 3. Reſcr. v. 8. Decbr. 1844. (M.-Bl. 1845. S. 10.), betr. die Ver-
    hütung der Eingriffe in die Schuldisciplin.

§. 51. Glaubt der Schullehrer, daß durch geringere Züchtigun-
gen der eingewurzelten Unart des Kindes, oder dem überwiegenden
Hange deſſelben zu Laſtern und Ausſchweifungen nicht hinlänglich ge-
ſteuert werden könne: ſo muß er der Obrigkeit und dem geiſtlichen
Schulvorſteher Anzeige davon machen.


§. 52. Dieſe müſſen alsdann, mit Zuziehung der Eltern oder
Vormünder, die Sache näher prüfen, und zweckmäßige Beſſerungs-
mittel verfügen.


§. 53. Aber auch dabei dürfen die der elterlichen Zucht vorge-
ſchriebenen Grenzen nicht überſchritten werden.


Von gelehrten Schulen und Gymnaſien.


§. 54. Schulen und Gymnaſien, in welchen die Jugend zu
höhern Wiſſenſchaften, oder auch zu Künſten und bürgerlichen Ge-
[47] werben, durch Beibringung der dabei nöthigen oder nützlichen wiſſen-
ſchaftlichen Kenntniſſe vorbereitet werden ſoll, haben die äußern Rechte
der Corporationen.


conf. Hoffmanns Repert. B. 1. Cont. 3. S. 135. u. zu §. 25. d. Tit.


§. 55. Dieſe Rechte werden durch die Schulcollegia, nach der
eingeführten Schulordnung jedes Ortes, ausgeübt.


§. 56. Dergleichen Schulen ſtehen unter der nähern Direction
der dem Schul- und Erziehungsweſen vom Staate vorgeſetzten Be-
hörde, welche beſonders darauf ſehen muß, daß der Unterricht zweck-
mäßig eingerichtet und die Schule unter beſtändiger Aufſicht gehalten
werde.


  • 1. Inſtruct. für die Provinzialconſiſtorien v. 23. Octbr. 1817.
    §. 5 seq. (ſ. Anhang Nr. 15.)
  • 2. Cab.-O. v. 31. Decbr. 1825., betr. die veränderte Organiſation in
    den Verwaltungsbehörden. (ſ. Anhang Nr. 16.)
  • 3. conf. zu §. 9. 54. d. Tit.
  • 4. Reſcr. v. 17. Septbr. 1818. (v. K. Ann. B. 2. S. 729.), betr. die
    Gründung von Vereinen zur Unterſtützung hülfsbedürftiger Gym-
    naſiaſten. (ſ. Anhang Nr. 42.)
  • 5. Reſcr. v. 18. März 1824. (v. K. Ann. B. 10. S. 371.), betr. den
    Rechenunterricht auf Gymnaſien.
  • 6. Reſcr. v. 11. April 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 1021.), betr. die
    Privatlectüre auf Gymnaſien.
  • 7. Reſcr. v. 13. Dcbr. 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 113.), betr. die
    Dispenſation von Erlernung des Griechiſchen.
  • 8. Reſcr. v. 14. April u. 26. Mai 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 1026.
    1029.), betr. die philoſophiſche Vorbereitung auf Gymnaſien.
  • 9. Reſcr. v. 18. März 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 371.) und Reſcr.
    v. 13. Septbr. u. 14. Dcbr. 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 415. 419.),
    betr. den Unterricht in der Mathematik auf Gymnaſien.
  • 10. Circ.-Reſcr. v. 2. April 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 417.), betr.
    die Beſetzung der Zeichenlehrerſtellen an Gymnaſien u. höhern Bürger-
    ſchulen.
  • 11. Reſcr. v. 11. Dcbr. 1828. (v. K. Ann. B. 13. S. 101.), betr. den
    Unterricht in der griech. Sprache.
  • 12. Reſcr. v. 18. Octbr. 1830. (v. K. Ann. B. 15. S. 54.) theilt eine
    Inſtruction bei Anwendung des hiſtoriſchen und geographiſchen Un-
    terrichts mit.
  • 13. Reſcr. v. 10. Novbr. 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 767.), betr.
    den Geſangunterricht in den Schulen.
  • 14. Reſcr. v. 15. Januar 1831. (v. K. Ann. B. 15. S. 52.), betr. den
    Unterricht in der hebräiſchen Sprache auf Gymnaſien.
  • 15. Reſcr. v. 14. März u. 23. Juni 1833. (v. K. Ann. B. 17. S. 239.
    549.), betr. den Militairdienſt der Gymnaſiaſten.
  • 16. Reſcr. v. 2. Juli 1833. (v. K. Ann. B. 18. S. 1004.), betr. den
    Rang der kathol. Religionslehrer.
  • 17. Reſcr. v. 8. März 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 421.), betr. den
    Geſchichtsunterricht auf Gymnaſien.

[48]
  • 18. Reſcr. v. 7. Januar 1840. (M.-Bl. S. 50.) daß für die Dirigenten
    der höhern Bürgerſchulen die Dienſtinſtruction für die Directoren der
    Gymnaſien zur Richtſchnur diene.
  • 19. Circ.-Reſcr. v. 18. Juni 1844. (M.-Bl. S. 223.), betr. das Ver-
    hältniß der Mittelſchulen zu den Gymnaſien.
  • 20. Reſcr. v. 20. April 1846. (M.-Bl. S. 56.), betr. die Beförderung
    der Fortbildungsſchulen für die aus Elementarſchulen entlaſſene Jugend.
    (ſ. Anhang Nr. 41.)

§. 57. Von den Gebäuden, Grundſtücken und Vermögen gilt
alles, was in Anſehung der Kirchen und deren Vermögen im vorigen
Titel verordnet iſt.


§. 58. Doch ſind Gymnaſien und Realſchulen, in Anſehung der
Schenkungen und Vermächtniſſe, den Einſchränkungen der Kirchen-
geſellſchaften eben ſo wenig, wie die gemeinen Schulen unterworfen.


  • 1. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §. 197. seq.
  • 2. Reſcr. v. 17. Juli 1806. (R. B. 8. S. 631.), daß der §. 125. des
    Anhangs ſich nicht blos auf kirchliche Anſtalten beziehe, ſondern auf
    alle pia corpora überhaupt anzuwenden ſei.
  • 3. Reſcr. v. 9. Juli 1820. (v. K. Ann. B. 4. S. 534.), betr. die An-
    nahme v. Schenkungen und Vermächtniſſen an milde Stiftungen ꝛc.
  • 4. Geſetz vom 13. Mai 1833. (G.-S. S. 49.), betr. die Schenkungen
    an Kirchen und geiſtliche Geſellſchaften, ſowie an andere Anſtalten
    und Corporationen.
    Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen
    ꝛc. ꝛc. haben für erforderlich erachtet, die geſetzlichen Beſtimmungen
    über Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an Kirchen und
    geiſtliche Geſellſchaften, ingleichen an Lehr-, Erziehungs- und Armen-
    anſtalten und Hoſpitäler, einer Reviſion zu unterwerfen und auf
    [ſämmtliche] vom Staate genehmigte Anſtalten und ſolche Geſell-
    ſchaften auszudehnen, welche Corporationsrechte haben.
    Wir verordnen demnach für ſämmtliche Provinzen Unſerer Mo-
    narchie, mit Aufhebung aller dieſen Gegenſtand betreffenden geſetz-
    lichen Vorſchriften, auf Antrag Unſers Staatsminiſteriums und nach
    erfordertem Gutachten Unſers Staatsraths, wie folgt:
    §. 1. Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an inländiſche
    öffentliche Anſtalten oder Corporationen ſollen von deren Vorſtehern
    der vorgeſetzten Behörde angezeigt werden.
    §. 2. Beträgt die Zuwendung mehr als Eintauſend Thaler, ſo
    iſt, zur Gültigkeit derſelben ihrem vollen Betrage nach, Unſere landes-
    herrliche Genehmigung erforderlich.
    §. 3. Zuwendungen, welche in fortgeſetzt wiederkehrenden Prä-
    ſtationen beſtehen, werden mit Vier vom Hundert zu Capital berechnet.
    §. 4. Erſt mit dem Tage, an welchem die landesherrliche Ge-
    nehmigung dem Geſchenkgeber oder Erben bekannt gemacht worden,
    nimmt die Verbindlichkeit zur Entrichtung des Geſchenks, oder Ver-
    mächtniſſes, ſo wie zur Uebergabe der Erbſchaft, ihren Anfang.
    Mit der zugewendeten Sache müſſen zugleich die davon in dem
    Zeitraume vom Tage der Schenkung, oder vom Todestage des Erb-
    laſſers an, wirklich erhobenen Nutzungen verabfolgt werden.
    §. 5. Unſere Landesherrliche Genehmigung iſt ohne Unterſchied
    [49] des Betrages der Zuwendung erforderlich, wenn dadurch eine neue
    öffentliche Anſtalt geſtiftet, oder einer vorhandenen Anſtalt Etwas
    zu einem andern, als dem bereits genehmigten Zwecke gewidmet
    werden ſoll.
    §. 6. Zuwendungen, die zwar einer öffentlichen Anſtalt, oder
    einer Corporation beſchieden, aber zur Vertheilung an Einzelne be-
    ſtimmt ſind, es mag dieſe Vertheilung von dem Geber ſelbſt feſt-
    geſetzt, oder der bedachten moraliſchen Perſon übertragen werden,
    ſind unter den Beſtimmungen dieſes Geſetzes nicht begriffen. Dahin
    gehört auch dasjenige, was für Seelmeſſen, die gleich nach dem
    Tode zu leſen ſind, den katholiſchen Prieſtern entrichtet wird.
    §. 7. Die landesherrliche Genehmigung erfolgt unbeſchadet der
    Rechte jedes Dritten und ändert daher an ſich in den geſetzlichen
    Vorſchriften nichts ab, aus denen Schenkungen und letztwillige Dis-
    poſitionen angefochten werden können.
    §. 8. Würden durch irgend ein Vermächtniß an eine Anſtalt
    oder Corporation Perſonen, welchen der Erblaſſer während ſeines
    Lebens Alimente zu geben nach den Geſetzen verpflichtet war, wegen
    Unzulänglichkeit des Nachlaſſes daran Abbruch erleiden, ſo ſollen die
    Einkünfte des Vermächtniſſes, ſo weit dieſelben dazu erforderlich
    ſind, zur Ergänzung des ſolchen Perſonen zukommenden Unterhalts
    verwendet werden.
    §. 9. Was vorſtehend (§. 8.) von Vermächtniſſen vorgeſchrieben
    iſt, gilt auch von Schenkungen unter Lebendigen oder von Todes-
    wegen, inſofern überhaupt wegen verkürzten Pflichttheils, oder ge-
    ſchmälerter Alimente, Schenkungen widerrufen werden können.
    §. 10. Vorſteher und Verwalter der §. 1. gedachten Anſtalten
    und Corporationen, welche den Vorſchriften dieſes Geſetzes zuwider
    Geſchenke, Erbſchaften und Vermächtniſſe annehmen, ohne ſofort
    bei der ihnen vorgeſetzten Behörde auf die Einholung der erforder-
    lichen landesherrlichen Genehmigung anzutragen (§. 2.), haben fis-
    caliſche Strafe verwirkt, welche jedoch die Hälfte des angenommenen
    Betrages nicht überſteigen darf.
    §. 11. An ausländiſche öffentliche Anſtalten und Corporationen
    dürfen Schenkungen, Erbſchaften und Vermächtniſſe, ohne Unterſchied
    ihres Betrages, nur mit Unſerer unmittelbaren Erlaubniß verabfolgt
    werden, bei Vermeidung einer nach den Umſtänden zu beſtimmenden
    Geldſtrafe, welche jedoch den doppelten Betrag der Zuwendung
    nicht überſteigen darf.
  • 5. Cab.-O. v. 10. April 1836. (v. K. J. B. 47. S. 504.), betr. die Erklä-
    rung des Geſetzes v. 13. Mai 1833.
    In Beziehung auf die Zweifel, welche gegen die im §. 2. des
    Geſetzes vom 13. Mai 1833 über Zuwendungen an Anſtalten und
    Geſellſchaften enthaltenen Beſtimmungen angeregt ſind, trete Ich den
    hierüber geäußerten Anſichten des Staatsminiſteriums dahin bei, daß,
    wenn in einer Schenkungsurkunde oder in letztwilligen Verordnungen
    Zuwendungen an verſchiedene inländiſche Anſtalten oder Corpora-
    tionen gemacht werden, die unmittelbare landesherrliche Genehmi-
    gung nur in Betreff derjenigen Zuwendungen erforderlich iſt, welche,
    einzeln genommen, den Betrag von 1000 Thalern überſteigen, daß
    ferner, wenn Jemand zu verſchiedenen Zeiten, in verſchiedenen Ur-
    kunden, oder durch verſchiedene Handlungen Einer und derſelben

    4
    [50]Anſtalt oder Corporation Zuwendungen macht, der landesherrlichen
    Genehmigung es nur in ſofern bedarf, als eine einzelne Schenkung
    mehr als die Summe von 1000 Thalern beträgt, wogegen, wenn
    in letztwilligen Verordnungen aus verſchiedenen Zeiten und in ver-
    ſchiedenen Urkunden auf den Todesfall Zuwendungen an Eine und
    dieſelbe Anſtalt oder Corporation gemacht ſind, dieſe Zuwendungen
    als ein Ganzes und als aus Einer Urkunde hervorgegangen anzu-
    ſehen ſind, mithin die Summen, die Einer und derſelben Anſtalt
    oder Corporation hinterlaſſen worden, zuſammenzurechnen ſind, um
    hiernach zu beurtheilen, ob die landesherrliche Genehmigung hinzu-
    treten müſſe. Uebrigens verſteht es ſich von ſelbſt, daß, wenn mehrere
    Perſonen in Einer und derſelben Urkunde, z. B. Miterben Einer
    und derſelben Anſtalt oder Corporation Etwas zuwenden, und die
    Zuwendungen dieſer mehrern Perſonen 1000 Thaler überſteigen,
    nur der Betrag der Zuwendungen und nicht die Perſon entſcheidet,
    von welcher ſolche herkommt. Ich überlaſſe den betreffenden Miniſtern,
    die Provinzialbehörden hiernach über den Sinn der Verordnung zu
    belehren, da es einer beſondern Declaration nicht bedarf.
  • 6. Reſcr. v. 9. März 1834., mitgeth. durch das Publ. vom 5. April ej.
    (v. K. Ann. B. 18. S. 997.), entſcheidet, daß das Geſetz v. 13. Mai
    1833. über das Reſſortverhältniß in Betreff der externa in Kirchen-
    ſachen nichts geändert habe, und daß daher die Anzeige jeder Schenkung
    oder letztwilligen Zuwendung an eine Kirche oder ſonſtige geiſtl. Stelle
    oder dergl. Inſtitut nach wie vor der Regierung zu erſtatten ſei.
  • 7. Reſcr. v. 20. Octbr. 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 930.), daß unter
    der vorgeſetzten Behörde, welcher nach §. 1. des Geſetzes v. 13. Mai
    1833. eine Zuwendung anzuzeigen iſt, die der betr. Anſtalt oder Cor-
    poration zunächſt vorgeſetzte Inſtanz und zwar, was Kirchen und Schulen
    ſowohl evangeliſcher als katholiſcher Seits anbelangt, die Königl. Re-
    gierung verſtanden wird.
  • 8. Reſcr. v. 27. Octbr. 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 931.) verordnet,
    daß das Geſetz v. 13. Mai 1833. wegen der Schenkungen und Ver-
    mächtniſſe an milde Stiftungen ꝛc. in den geſetzlichen Beſtimmungen
    über die Fähigkeit, Verträge abzuſchließen, nichts geändert hat, indem
    der Zweck deſſelben nur dahin geht, feſtzuſtellen, in welchen Fällen die
    landespolizeiliche Erlaubniß zur Annahme der fraglichen Zuwendungen
    einzuholen iſt. Hieraus folgt von ſelbſt, daß, wenn eine Commune noch
    der Genehmigung der Regierung, als der ihr hierin zunächſt vorgeſetzten
    Behörde, bedarf, dieſe auch bei Schenkungs-Verträgen, ohne Rückſicht
    auf den Betrag der geſchenkten Summe, eingeholt werden muß.
  • 9. Reſcr. v. 22. Decbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 1034.) verordnet,
    daß durch das Geſetz v. 13. Mai 1833. die Genehmigung des Staats
    zur Erwerbung von Grundſtücken zur todten Hand nicht ausgeſchloſſen iſt.
  • 10. Cab.-O. v. 21. Juli 1843. (G.-S. S. 322.)
    Wir verordnen zur Ergänzung der §§. 1. 2. und 6. des Geſetzes
    v. 13. Mai 1833. über Schenkungen und letztwillige Zuwendungen
    an Anſtalten und Geſellſchaften, auf den Antrag Unſeres Staats-
    miniſteriums und nach vernommenem Gutachten einer aus Mit-
    gliedern des Staatsraths ernannten Commiſſion, was folgt:

    • 1. Soll eine Zuwendung, deren Vertheilung an Einzelne der Geber
      weder ausdrücklich beſtimmt, noch ausgeſchloſſen hat, nach dem
      Beſchluſſe der bedachten Anſtalt oder Geſellſchaft, an Einzelne
      vertheilt werden, ſo bedarf es, ſofern die Zuwendung nicht mehr
      [51] als tauſend Thaler beträgt, der im §. 1. des Geſ. v. 13. Mai
      1833. vorgeſchriebenen Anzeige an die vorgeſetzte Behörde nicht.
    • 2. Ueberſteigt die Zuwendung tauſend Thaler, ſo iſt auch in dieſem
      Falle zu deren Gültigkeit Unſere landesherrliche Genehmigung
      erforderlich.
  • 11. Circ.-Reſcr. v. 15. Mai 1844. (M.-Bl. S. 144.), betr. die Er-
    theilung der Staatsgenehmigung zur Erwerbung von Grundſtücken
    für Kirchen und Schulen.
  • 12. conf. Hinſchius Wochenſchrift 1836. S. 481.

§. 59. Wo die Beſtellung der Lehrer und Schulaufſeher nicht
etwa gewiſſen Perſonen oder Corporationen, vermöge der Stiftung
oder eines beſondern Privilegii, zukommt, da gebührt dieſelbe dem
Staate.


  • 1. Inſtruction für die Conſiſtorien v. 23. Octbr. 1817. §. 5. 7.
    Nr. 10. (ſ. Anhang Nr. 15.)
  • 2. Cab.-O. v. 31. Decbr. 1825. sub B. 8. (ſ. Anhang Nr. 16.)
  • 3. In Bezug auf die Prüfung der Moralität der Lehrer:
    • a.Reſcr. v. 23. März 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 171.), daß vor
      der Beſtätigung beim Polizeiminiſterio anzufragen, ob die anzuſtel-
      lenden Lehrer auf den Univerſitäten an demagogiſchen Umtrieben Theil
      genommen haben.
    • b.Reſcr v. 25. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 435.)
      Bei Anſtellung im Lehrfache iſt davon auszugehen, daß öffent-
      liche Lehranſtalten weder durch bloße wiſſenſchaftliche Bildung der
      Zöglinge, noch dadurch, daß in ihnen nur keine ſchädlichen und
      verderblichen Geſinnungen und Richtungen erzeugt werden, ihren
      Zweck erreichen, ſondern daß letzterer neben der wiſſenſchaftlichen
      Bildung auch darin beſteht, in den Zöglingen Geſinnungen der
      Anhänglichkeit, der Treue und des Gehorſams am Landesherrn
      und Staat zu erwecken ꝛc.
    • c.Reſcr. v. 12. Juli 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 833.), daß Aus-
      länder, deren Geſinnungen, nicht mit Sicherheit beurtheilt werden
      können, nicht zu häufig angeſtellt werden ſollen.
    • d.Reſcr. v. 20. Juli 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 782.). Einreichung
      der Liſten von Candidaten Seitens der Regierungen.
    • e.Reſcr. v. 3. Mai 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 357.), daß die
      nähere Einwirkung des geiſtl. Miniſt. auf die Anſtellung des ge-
      ſammten Lehrerperſonals an den gelehrten Schulen und Seminarien
      erforderlich ſei.
  • 4. conf. zu §. 60. d. Tit.

§. 60. Auch da, wo die unmittelbare Aufſicht über dergleichen
Schulen, oder die Beſtellung der Lehrer, gewiſſen Privatperſonen oder
Corporationen überlaſſen iſt, können dennoch, ohne Vorwiſſen und
Genehmigung der dem Schulweſen in der Provinz vorgeſetzten Behörde,
weder neue Lehrer beſtellt, noch weſentliche Veränderungen in der
Einrichtung des Schulweſens und der Art des Unterrichts vorgenommen
werden.


4*
[52]
  • 1. conf. zu §. 25. 56. und 59. d. Tit.
  • 2. Edict v. 12. Juli 1810. (Mathis B. 9. S. 235. Abſchn. 1.), betr.
    die Prüfung der Schulamtscandidaten und der zu Schulämtern vorge-
    ſchlagenen Subjecte. (ſ. Anhang Nr. 26.)
  • 3. Reſcr. v. 13. Auguſt 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 835.), betr. die
    Anſtellung der Zeichen-, Geſang- und Schreiblehrer bei den Gymnaſien.
  • 4. Reſcr. v. 21. Auguſt 1826. (v. K. Ann. B. 8. S. 1093.), betr. die
    Prüfung der Schulamtscandidaten in der Philoſophie ꝛc.
  • 5. Reſcr. v. 24. Septbr. 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 1041.), daß
    ſtatt der Probelection der Schulamtscandidaten ein einjähriger practiſcher
    Unterricht ſubſtituirt wird. (ſ. Anhang Nr. 27.)
  • 6. Reſcr. v. 26. März 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 416.), daß die
    evangeliſchen Schulamtscandidaten nur zu einer evangeliſchen, die kathol.
    nur zu einer kathol. gelehrten, höhern Bürgerſchule Behufs ihrer practi-
    ſchen Ausbildung zugelaſſen werden ſollen.
  • 7. Circ.-Reſcr. v. 29. März 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 109.), betr.
    die Prüfung ſtudirter Lehrer für Bürgerſchulen. (ſ. Anhang Nr. 28.)
  • 8. Reſcr. v. 24. Octbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 931.), betr. den
    pädagogiſchen Theil der Prüfungen der evangeliſchen Candidaten pro
    ministerio
    . (ſ. Anhang Nr. 29.)
  • 9. Reſcr. v. 24. Octbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 960.), wodurch
    die kathol. Erzbiſchöfe und Biſchöfe aufgefordert werden, bei Prüfung
    kathol. Aſpiranten zum geiſtlichen Stande eine ähnliche Einrichtung
    (wie die vorſtehende) zu treffen.
  • 10. Reſcr. v. 26. Octbr. 1829. (v. K. Ann. B. 13. S. 828.), betr. die
    Anſtellung von Schulamtscandidaten, die in der Prüfung pro facult.
    doe.
    kein genügendes Zeugniß erhalten.
  • 11. Circ.-Reſcr. v. 18. März 1830. u. 8. Mai 1839. (v. K. Ann. B. 22.
    S. 650. u. B. 23. S. 377.), betr. die Prüfung in den Naturwiſſenſchaften.
  • 12. Reglement wegen einzuführender allgem. Prüfung der Schulamts-
    candidaten v. 20. April 1831. (v. K Ann. B. 15. S. 311.)
  • 13. Reſcr. v. 11. Febr. 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 931.), daß die
    Directoren den Schulamtscandidaten über das Probejahr ein Atteſt
    auszuſtellen haben.
  • 14. Reſcr. v. 19. Mai u. 12. Juli 1833. (v. K. Ann. B. 17. S. 393.
    B. 18. S. 1005.), betr. die Zulaſſung von Literaten zur Prüfung.
  • 15. Reſcr. v. 3. u. 4. Febr. u. 16. Mai 1838. (v. K. Ann. B. 22. S.
    650. 655.), betr. einzelne §§. des Reglem. v. 20. April 1831.
  • 16. Circ.-Reſcr. v. 6. April 1839. (v. K. Ann. B. 23. S. 378.), betr.
    die Prüfung in neuern Sprachen.
  • 17. Circ.-Reſcr. v. 21. Decbr. 1841. (M.-Bl. 1842. S. 14.) und v.
    28. April 1842. (M.-Bl. S. 194.), betr. die Prüfung der Candidaten
    der Theol. pro facult. docendi. (ſ. Anhang Nr. 43.)

§. 61. Zu Aufſehern müſſen Leute von hinlänglichen Kenntniſſen,
guten Sitten und richtiger Beurtheilungskraft gewählt werden.


Inſtruct. für die Gymnaſien v. 24. Octbr. 1837. (v. K. Ann. B. 21.
S. 938.) (ſ. Anhang Nr. 50.)


§. 62. Dieſe müſſen junge Leute, welche ſich einer Lebensart,
die gelehrte Kenntniſſe erfordert, widmen, und zu dem Ende die Uni-
verſität beziehen wollen, gleichwohl aber ſich durch Geiſtesfähigkeiten
[53] und Anlagen zu einer gründlichen Gelehrſamkeit nicht auszeichnen, vom
Studiren ernſtlich abmahnen, und deren Eltern und Vormünder dahin
zu bewegen ſuchen, daß ſie dergleichen mittelmäßige Subjecte zu an-
dern nützlichen Gewerben in Zeiten anhalten.


  • 1. Circ.-Reſcr. v. 26. Decbr. 1825. (v. K. Ann. B. 12. S. 371.),
    betr. die Qualification der Schüler zu den höhern Gymnaſialſtudien.
  • 2. Reſcr v. 1., 12. Mai u. 19. Auguſt 1840. (M.-Bl. S. 230. 352.
    354.) über die den Gymnaſialſchülern zu ertheilenden Zeugniſſe. (ſ. An-
    hang Nr. 44.)

§. 63. Dagegen ſollen junge Leute, welche vorzügliche Fähig-
keiten und Anlagen zeigen, zur Fortſetzung ihrer Studien aufgemun-
tert und unterſtützt werden.


§. 64. Kein Landeseingeborner, welcher eine öffentliche Schule
beſucht hat, ſoll ohne ein von den Lehrern und Schulaufſehern unter-
ſchriebenes Zeugniß über die Beſchaffenheit der erworbenen Kenntniſſe
und ſeines ſittlichen Verhaltens von der Schule entlaſſen werden.


Die ältern Beſtimmungen über die Prüfungen ſind abgeändert worden
durch:


  • 1. Reſcr. v. 8. März 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 104.) v. 28. Juli
    u. 9. Octbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 722. 1012.), betr. die
    Abiturientenprüfung an höhern Bürger- u Realſchulen. (ſ. Anh. Nr.47.)
  • 2. Cab.-O. v. 25. Juni 1834. nebſt Reglement v. 4. Juni ejusd.
    (v. K. Ann. B. 18. S. 375.), betr. die Prüfung der zur Univerſität
    abgehenden Schüler. (ſ. Anhang Nr. 30.)
  • 3. Reſcr. v. 31. Juli 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 1015.), enthält
    einige Ergänzungen zu §. 7. 39. 41. des Reglements.
  • 4. Reſcr. v. 26. Septbr. 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 412.), betr. die
    Abiturientenprüfungen.
  • 5. Reſcr. v. 18. Septbr. 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 660.) und v.
    10 Dcbr. 1840. u. 29. März 1841. (M.-Bl, pro 1840. S. 458. u.
    1841. S. 64.), betr. den §. 4. des Reglements v. 8. März 1832.
  • 6. Verordn. v. 9. Decbr. 1842. (G.-S. 1843. S. 1.), betr. die An-
    ſtellung der Directoren und Lehrer der Gymnaſien.
  • 7. Reſcr. v. 9. Octbr. 1844. (M.-Bl. S. 287.), v. 30. Auguſt 1845.
    (M.-Bl. S. 296.), einige §§. des Prüf.-Reglements betreffend.
  • 8. Circ.-Reſcr. v. 23. März 1846. (M.-Bl. S. 30.), betr. die Prü-
    fungscommiſſion für Inländer, welche auf ausländiſchen Lehranſtalten
    Unterricht genoſſen haben. (ſ. Anhang Nr. 45.)
  • 9. Circ.-Reſcr. v. 5. Mai 1846. (M.-Bl. S. 81.), betr. die Wieder-
    holung der Prüfung pro maturitate.
  • 10. Reſcr. v. 30. Septbr. 1846. (M.-Bl. S. 199.), betr. die Entlaſſungs-
    prüfungen zum einjährigen Militairdienſte.

§. 65. Die Lehrer bei den Gymnaſien und andern höhern Schu-
len werden als Beamte des Staates angeſehen, und genießen der
Regel nach einen privilegirten Gerichtsſtand.


  • 1. conf. A. G.-O. Anhangs §. 11.

[54]
  • 2. conf. zu §. 26—28. d. Tit.
  • 3. conf. Abthl. 7.
  • 4. Reſcr. v. 2. Juli 1833. (v. K. Ann. B. 18. S. 1004.), betr. den
    Rang der kathol. Religionslehrer.
  • 5. Reſcr. v. 27. Febr. 1838. (v. K. Ann B. 22. S. 103.), betr. die
    Ertheilung des Prädicates „Oberlehrer“.
  • 6. Reſcr. v. 12. Novbr. 1839. (v. K. Ann. B. 23. S. 839.), betr. die
    Reiſe- und Umzugskoſten für Lehrer an Gymnaſien.
  • 7. Reſcr. v. 17. März 1840. (M.-Bl. S. 155.), betr. die Titel „Con-
    rector, Subrector
    “.
  • 8. Verordn. v. 28. Mai 1846. (G.-S. S. 214.), betr. die Penſionirung
    der Lehrer an höheren Unterrichtsanſtalten, mit Ausſchluß der Univer-
    ſitäten. (ſ. Anhang Nr. 35.)

§. 66. Rückſtändig gebliebenes Schulgeld, ſo wie bei gemeinen
Schulen der zum Unterhalte des Schullehrers zu leiſtende Beitrag,
genießen, bei einem über das Vermögen der Eltern entſtandenen Con-
curſe, das in der [Concursordnung] näher beſtimmte Vorrecht.


conf. A. G.-O. Th. I Tit. 50. §. 270 357. 404. 430. 488.


Von Univerſitäten.


§. 67. Univerſitäten haben alle Rechte privilegirter Corporationen.


conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 6. §. 42 seq.


Innere Verfaſſung.


§. 68. Die innere Verfaſſung derſelben, die Rechte des academi-
ſchen Senats, und ſeines jedesmaligen Vorſtehers, in Beſorgung und
Verwaltung der gemeinſchaftlichen Angelegenheiten, ſind durch Privi-
legien und die vom Staate genehmigten Statuten einer jeden Uni-
verſität beſtimmt.


  • 1. conf. zu §. 28. u. 86. d. Tit.
  • 2. Edict v. 20. Mai 1699. (R. B. 1. Abthl. 7. S. 513.) für die Aca-
    demie der Künſte und Wiſſenſchaften.
  • 3. Reglement v. 26. Febr. 1790. (R. B. 2. S. 3.) für die Academie
    der bildenden Künſte.
  • 4. Verfüg. des Staatsminiſt. v. 1. Juli 1820. (Strombecks Ergänz-
    zum A. L.-R. §. 3320. d. e. f.), betr. die Seminarien zu Braunsberg,
    Breslau, Cöln, Münſter, Paderborn, Trier ꝛc.
  • 5. Reſcr. v. 14. u. 21. Januar 1822. (v. K. Ann. B. 6. S. 42. 45.),
    betr. die Portofreiheit der Univerſitäten und ihrer Inſtitute.
  • 6. Publ.-Patent v. 31. März 1835., betreffend das Verbot an die Juriſten-
    facultäten, Erkenntniſſe in Polizei- und Criminalſachen, die ihnen
    aus [deutſchen] Bundesſtaaten zugeſendet werden, abzufaſſen.
  • 7. Reſcr. v. 14. März 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 108.), betr. das
    Reglem. für die Eleven der Königl. Academie der Künſte.

[55]

Gerichtsbarkeit.


§. 69. Zur ausdrücklichen Aufrechthaltung der Ruhe und Ord-
nung auf Academien iſt dem academiſchen Senate die Gerichtsbarkeit
über alle ſowohl lehrende als lernende Mitglieder verliehen.


  • 1. conf. A. G.-O. Th. I. Tit. 2. §. 76. und Anhangs §. 24.
  • 2. Reglement v. 28. Decbr. 1810. (G.-S. S. 142.) wegen Einrich-
    tung der academiſchen Gerichtsbarkeit auf den Univerſitäten.
  • 3. Reglement v. 18. Novbr. 1819. (G.-S. S. 238.), betr. die künftige
    Verwaltung der academiſchen Disciplin und Polizeigewalt auf den
    Univerſitäten. (ſ. Anhang Nr. 51.)
  • 4. Für Greifswald die Cab.-O. v. 15. März 1835. (G.-S. S. 41.)
  • 5. Für Bonn das Reſcr. v. 1. Febr. 1819. (v. K. Ann. B. 3. S. 130 ꝛc.)
    u. Cab.-O. v. 31. Decbr. 1836. (v. K. Ann. B. 21. S. 88.)
  • 6. Allerh. Bekanntmachung des Beſchluſſes der deutſchen Bundes-
    verſammlung v. 14. Novbr. 1834., wegen der deutſchen Univerſitäten,
    v. 5. Decbr. 1835. (G.-S. S. 287.) (ſ. Anhang Nr. 52.)
  • 7. conf. zu §. 85. 86. d. Tit.

§. 70. Dieſe Gerichtsbarkeit erſtreckt ſich auch auf die Officianten
der Univerſität, ſowie auf die Familien und das Geſinde aller derer,
die für ihre Perſonen derſelben unterworfen ſind.


§. 71. Sie iſt aber nur eine perſönliche Gerichtsbarkeit, und
kann auf Grundſtücke, welche dieſe Perſonen beſitzen, in der Regel
nicht ausgedehnt werden.


§. 72. Soll ſie auch auf die Grundſtücke ſich erſtrecken, oder
ſollen noch andere, als die vorbenannten Perſonen, derſelben unter-
worfen ſein, ſo muß dergleichen Ausdehnung durch ausdrückliche Privi-
legien, oder aus andern Rechtsgründen beſonders nachgewieſen werden.


Rechte der Lehrer.


§. 73. Alle, ſowohl ordentliche, als außerordentliche Profeſſoren,
Lehrer und Officianten auf Univerſitäten genießen, außer was den
Gerichtsſtand betrifft, die Rechte der Königl. Beamten. (Tit. 10.
§. 104 seq.)


  • 1. conf. zu §. 69. d. Tit.
  • 2. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 10. §. 85 seq. 104. ꝛc.
  • 3. Reſcr. v. 20. Novbr. 1818. (Rumpf S. 63.) u. Reſcr. v. 9. April
    1819. (a. a. O. S. 249.), daß die ordentlichen Profeſſoren den Rang
    der Räthe der Landescollegien, die Rectoren den der Miniſterialräthe
    2ter Claſſe haben.
  • 4. Reſcr. v. 26. April 1819. (v. K. Ann. B. 3. S. 426.), daß die
    Univerſitätslehrer kein Recht auf Steuerfreiheit haben.
  • 5. Hinſichts der Dienſtentlaſſung ꝛc. conf. zu §. 28. d. Tit.

[56]

Aufnahme der Studirenden.


§. 74. Die Aufnahme der Studirenden unter die Mitglieder der
Univerſität geſchieht durch das Einſchreiben in die Matrikel.


  • 1 conf. ad §. 69. d. Tit. Anmerkung 6.
  • 2. Circ.-Reſcr. v. 3. Decbr. 1841. (M.-Bl. S. 326.), betr. die Zu-
    laſſung zu den academiſchen Vorleſungen.

§. 75. Wer einmal eingeſchrieben worden, bleibt ein Mitglied
der Univerſität, ſo lange er ſich am Sitze derſelben aufhält, und da-
ſelbſt keinen beſondern Stand oder Lebensart, die ihn einer andern
Gerichtsbarkeit unterwerfen, ergriffen hat.


§. 76. Wer ſich Studirens halber auf eine Univerſität begiebt,
iſt ſchuldig, bei dem Vorſteher des academiſchen Senates ſich zur
Einſchreibung zu melden.


Anhangs §. 132. Sobald Jemand an dem Orte, wo die
Univerſität ihren Sitz hat, Studirens wegen eintrifft, iſt er ver-
pflichtet, ſich immatriculiren zu laſſen. Wer dies über acht Tage
verſchiebt, muß die doppelten Gebühren entrichten.


Auch ſollen die Vergehungen derer, welche noch nicht einge-
ſchrieben ſind, ebenſo, wie die der andern Studirenden, von den
academiſchen Gerichten geahndet werden.


Auch die Führer und Begleiter der Studirenden, wie auch
ihre Bedienten, müſſen als Perſonen, welche unter academiſchem
Gerichtszwange ſtehen, immatriculirt werden.


Wer von derſelben oder von einer andern Univerſität relegirt
worden, kann ohne vorgängige Genehmigung der den Univerſi-
täten vorgeſetzten Behörden nicht unter die Studirenden aufge-
nommen werden.


  • 1. Die Anhangs §§. 132—140. ſind aus dem Geſetze v. 23. Febr. 1796.
    entnommen. (R. B. 3. S. 280.)
  • 2. conf. ad §. 69. d. Tit.

§. 77. Der Einzuſchreibende muß ſein mitgebrachtes Schulzeugniß
(§. 64.) vorlegen.


§. 78. Wenn er dergleichen, weil er Privatunterricht [genoſſen],
nicht mitgebracht hat, ſo iſt der Rector denſelben an die zur Prüfung
ſolcher neuen Ankömmlinge verordnete Commiſſion zu weiſen ſchuldig.


Cab.-O. v. 25. Juni 1834. nebſt Reglement. (conf. zu §. 64. d. Tit.)


Anhangs §. 133. Inländer müſſen entweder ein auf ein
vorgängiges Examen ſich gründendes Zeugniß, in Rückſicht auf ihre
[57] Reife zu den academiſchen Studien, von der von ihnen beſuchten
öffentlichen Schule mitbringen, oder falls ſie durch Privatunterricht
zur Univerſität vorbereitet worden, oder auch auf der von ihnen
bisher beſuchten Schule wegen beſonderer Umſtände nicht geprüft
worden (worüber alsdann eine Beſcheinigung beizubringen iſt, ohne
welche ſie die Matrikel nicht erhalten können), auf der Univerſität
ſelbſt von der dazu verordneten Commiſſion binnen der erſten Woche
nach ihrer Ankunft noch vor der Immatriculation geprüft werden.


Wer mit dem Zeugniſſe der Unreife die Univerſität bezieht,
kann auf keine Beneficien Anſprüche machen. Ausländer ſind
von dieſer Prüfung ausgenommen.


§. 79. Wer bei dieſer Prüfung noch nicht reif genug, in Anſehung
ſeiner Vorkenntniſſe, befunden wird, muß entweder zurückgewieſen, oder
mit der nöthigen Anleitung zur Ergänzung des ihm noch Fehlenden
verſehen werden.


conf. zu §. 64. d. Tit.


Anhangs §. 134. Ob der Student bei der vorgeſchriebenen
Prüfung reif oder unreif zu den academiſchen Studien befunden
worden, muß in dem bei dem Abgange von der Univerſität einzu-
holenden Facultätszeugniſſe bemerkt werden. Doch ſteht es dem
abgehenden, der ehedem für unreif erklärt worden, frei, auf eine
Prüfung der Facultät, zu welcher er gehört, anzutragen, als in
welchem Falle nur allein der Ausfall dieſer letztern Prüfung in
dem Facultätszeugniſſe bemerkt wird.


§. 80. Der Rector muß einem jeden ankommenden Studenten
die academiſchen und Polizeigeſetze des Orts bekannt machen, und ihn
zu deren gehörigen Beachtung anweiſen.


  • 1. conf. zu § 85. d. Tit. Anhangs §. 137. Nr. 12.
  • 2. Reſcr. v. 19. März 1839. (v. K. Ann. B. 23. S. 104.). Nicht imma-
    triculirte Inländer ſind nicht verpflichtet, ein Abgangszeugniß zu löſen.

Aufſicht über ihre Studien und Lebensart.


§. 81. Nach geſchehener Immatriculation muß der Student ſeine
Matrikel dem Decanus der Facultät vorlegen.


§. 82. Bemerkt der Decanus an einem zu ſeiner Facultät gehö-
renden Studenten Unfleiß oder unordentliche Lebensart, ſo muß er
davon dem academiſchen Senate Anzeige machen.


§. 83. Dieſer muß den Studirenden durch nachdrückliche Ermah-
[58] nungen zu beſſern ſuchen, und wenn dieſelben fruchtlos ſind, ſeinen
Eltern oder Vormündern, wie denjenigen, von welchen ſie Stipendien
genießen, davon Nachricht geben.


Anhangs §. 135. Wer unter dem Namen eines Studirenden
allein ſeinen Vergnügungen nachgeht, und weder die Collegien be-
ſucht, noch ſonſt gelehrte oder doch dem Zwecke der Univerſität
angemeſſene Geſchäfte treibt, ſoll auf der Univerſität nicht gelitten
werden.


Circ.-Reſcr. v. 17. April 1844. (M.-Bl. S. 147.), betr. die Ver-
anſtaltung repetitoriſcher Uebungen mit Studirenden. (ſ. Anhang Nr. 46.)


Von der academiſchen Disciplin.


§. 84. Alle Studirende müſſen den allgemeinen Polizeigeſetzen des
Landes und Ortes ſowohl, als den beſondern, die academiſche Zucht
betreffenden Vorſchriften und Anordnungen die genaueſte Folge leiſten.


  • 1. Cab.-O. v. 21. Mai 1824., mitgetheilt durch das Reſcript v. 16.
    Juni 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 440.), betr. die Ertheilung von
    Päſſen an reiſende Studenten.
  • 2. Reſcr. v. 9. Juni 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 437.), betr. das Ver-
    bot der Beherbergung reiſender Studirenden bei Studenten.
  • 3. Reſcr. v. 16. Juni 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 442.) denſ. Gegen-
    ſtand betr.
  • 4. Reſcr. v. 5. Auguſt 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 833.) dehnt jene
    Verordnungen auf Gymnaſiaſten und Candidaten aus.
    Anhangs §. 136. So weit die academiſchen Vorrechte und
    Geſetze keine Ausnahme machen, ſind die Studenten auf den
    Königl. Univerſitäten, gleich andern Unterthanen, alle Geſetze des
    Staates zu beobachten ſchuldig; doch werden ſie in Abſicht auf die
    aus allgemeinen geſellſchaftlichen, oder aus Familienverhältniſſen
    entſpringenden perſönlichen Rechte, beſonders in Anſehung der
    Großjährigkeit und wegen des Erbrechtes auf ihren Nachlaß, nach
    den Geſetzen ihrer Heimath beurtheilt, wofern ſie nicht den Vorſatz,
    auf der Academie ihren beſtändigen Wohnſitz zu nehmen, aus-
    drücklich oder ſtillſchweigend erklärt haben.
    Auch bei Criminalfällen, beſonders in Anſehung der Duelle,
    ſind die Studenten den allgemeinen Landesgeſetzen unterworfen,
    und es wird deshalb ausdrücklich auf das Allgemeine Landrecht
    verwieſen; doch ſoll kein Arzt oder Wundarzt verpflichtet ſein,
    der Obrigkeit von einem vorgefallenen, zum Behuf der Cur zu
    ſeiner Kenntniß gekommenen Duell, Kenntniß zu geben, vielmehr
    [59] in ſolchem Falle ein gewiſſenhaftes Stillſchweigen beobachten, bis
    daß die Obrigkeit, wenn ſie durch andere Mittel die That entdeckt,
    deren Vernehmung darüber veranlaßt.
  • 1. Geſetz für die preuß. Univerſitäten v. 23. Octbr. 1796. §. 11.
  • 2. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 20. §. 666 seq.

§. 85. Beſonders müſſen Schlägereien, Schwelgereien und andere
zum öffentlichen Aergerniſſe, oder zur Störung der gemeinen Ruhe
und Sicherheit gereichende Exceſſe der Studenten nachdrücklich geahndet
werden.


Anhangs §. 137. 1) Studirende müſſen ſich in jeder Hin-
ſicht anſtändiger Sitten befleißigen. Sittenloſigkeit und Unan-
ſtändigkeiten, beſonders auch in Anſehung der Kleidung, werden
das erſte Mal mit ernſtlichem Verweiſe, im Wiederholungsfalle
mit Carcer und Verluſt der bisher genoſſenen Wohlthaten und
wenn auch dadurch die Beſſerung nicht bewirkt wird, mit Entfer-
nung von der Univerſität beſtraft.


Verordn. v. 23. Juli 1798. (R. B. 5. S. 158.) wegen Verhütung
und Beſtrafung der die öffentliche Ruhe ſtörenden Exceſſe der Stu-
direnden.


2) Das Baden und Schwimmen darf bei Vermeidung einer
achttägigen Carcerſtrafe nicht anders als an den dazu von der
Polizei ſicher befundenen Orten geſchehen.


3) Wer das Hausrecht verletzt, oder ſich in Oerter und Ver-
ſammlungen, welche nur für gewiſſe Perſonen beſtimmt ſind,
namentlich bei Hochzeiten eindrängt, hat dreitägige Carcerſtrafe,
und, im Falle dabei begangener Ausſchweifungen, noch härtere Ahn-
dung zu erwarten. Gleiche Strafe trifft diejenigen, welche bei
Schulprüfungen des Orts Lärm erregen, und ſie durch Unfug ſtören.


4) Wer auf öffentlichen Plätzen und Straßen in Maske
oder ſonſt verkleidet erſcheint, hat eine dreitägige Carcerſtrafe
verwirkt, und werden hiemit alle Schlittenfahrten in Maske bei
gleicher Strafe ernſtlich verboten.


5) Noch härtere Strafe trifft den, welcher liederliche Häuſer
beſucht, oder ſich eines verdächtigen Umgangs mit liederlichen
Weibsbildern ſchuldig macht.


6) Außer dem Falle einer Reiſe, wohin bloße Spazierfahrten
und Spazierritte nicht zu rechnen ſind, ſollen Studenten keine
Waffen oder andere gefährliche Werkzeuge bei ſich tragen.


[60]

7) Gefährliche Rappiere, beſonders die nicht mit Leder über-
zogenen Haurappiere, ſollen nicht gelitten, ſondern da, wo ſie
ſich befinden, weggenommen, und diejenigen, welche ſie bei ſich
haben, und ſonſt davon Gebrauch machen, mit achttägiger Carcer-
ſtrafe belegt werden.


Cab.-O. v. 7. April 1804. und Verordn. v. 12. Juni 1805. (R.
B. 8. S. 303.), betr. das Verbot des Winkelfechtens und die Beſtrafung
derjenigen, welche dazu ein Local hergeben.


8) Die Studirenden müſſen die Acciſe- und Zoll- wie auch
die Polizeigeſetze des Orts, bei Vermeidung der darin beſtimmten
Strafe, genau beobachten, beſonders müſſen ſie ſich des ſchnellen
Fahrens und Reitens in den Städten, auf den Brücken, oder wo
ſonſt ein Schade zu beſorgen iſt, enthalten.


Auch müſſen ſie zur Verhütung des Feuerſchadens die vorge-
ſchriebene Vorſicht gebrauchen; beſonders durch Vermeidung des
Schießens, der Feuerwerke, und des Tabakrauchens an Orten, wo
leicht Schaden zu beſorgen iſt, z. B. in der Nähe von Gebäuden
und andern leicht entzündbaren Gegenſtänden, vornämlich auf
den Straßen, es ſei in Städten oder Dörfern und Wäldern,
wie auch innerhalb der Gebäude in der Nähe der Betten, auf
Böden, oder in Ställen.


9) Studenten, welche ſich zur Zeit des Tumults oder in größerer
Zahl nach Mitternacht auf der Straße finden laſſen, haben die
Vermuthung böſer Abſicht, oder eines liederlichen Lebenswandels
wider ſich; auch muß Niemand nach Zehn Uhr Abends ſich in einem
Wirthshauſe antreffen laſſen.


10) Wer andere zum Tumultuiren oder zu anderm Unfug auffor-
dert oder anreizt, oder ſich bei einem Tumulte als Anführer brau-
chen läßt, wird, wofern nicht durch den Tumult eine noch härtere
Strafe verwirkt worden, wenigſtens mit der Relegation beſtraft.
Alle Theilnehmer an einem Tumulte haben nach dem Verhältniſſe,
wie ſie dabei mitgewirkt, entweder Relegation, oder das consilium
abeundi,
oder angemeſſene Carcerſtrafe zu erwarten.


11) Oeffentliche Aufzüge, mit oder ohne Muſik, zu Wagen,
zu Pferde oder zu Fuß, dürfen von Studenten, ohne beſondere Er-
laubniß der academiſchen Obrigkeit, bei Vermeidung dreitägiger
Carcerſtrafe, nicht unternommen werden. Gleiche Bewandtniß hat
[61] es mit den Verſammlungen auf öffentlichen Plätzen und Straßen,
wenn ſie nicht nach vorgängiger Warnung der academiſchen Obrig-
keit und ihrer Diener, oder der Wache, wieder auseinander gehen.
Auch das Einholen neuer Ankömmlinge, und die Abnöthigung
eines Schmauſes und anderer unnöthiger Ausgaben, wird aufs
ernſtlichſte verboten, und jede Beſchimpfung und Kränkung derſelben
verſchuldet nachdrückliche Beſtrafung.


12) Dauernde Geſellſchaften und Verbindungen zu einem
beſtimmten Zwecke können nicht ohne Vorwiſſen der academiſchen
Obrigkeit errichtet werden, und haben, ohne deren Erlaubniß, die
Vermuthung einer geſetzwidrigen Abſicht wider ſich. Sobald aber
eine mit Vorwiſſen der Obrigkeit beſtehende Geſellſchaft auf irgend
eine Art Andere zum Eintritt, oder zum Beharren in ihr nöthigen
wollte, ſoll die Geſellſchaft nicht länger geduldet werden. Auch
ſind alle diejenigen ſtrafbar, welche Andere zu Collecten nöthigen,
beſonders werden alle Orden und Landsmannſchaften bei Strafe
einer immerwährenden Relegation von allen Univerſitäten in den
Königlichen Landen hiemit ernſtlich unterſagt; wie denn auch
durch neuerliche Reichstagsſchlüſſe die Veranſtaltung getroffen wor-
den, daß diejenigen, welche deswegen relegirt werden, auf keiner
Univerſität in Deutſchland wieder aufgenommen werden.


  • 1. Edict v. 20. Octbr. 1798., betr. das Verbot und die Beſtrafung
    geheimer Geſellſchaften und Verbindungen.
  • 2. Verordnung v. 6. Januar 1816., denſelben Gegenſtand betr.
  • 3. Bekanntmachung v. 18. Octbr. 1819., betr. die Bundesbeſchlüſſe
    v. 20. Septbr. 1819. über die in Anſehung der Univerſitäten zu
    nehmenden Maaßregeln. (G.-S. S. 218.)
  • 4. Cab.-O. v. 7. Juli 1821. (G.-S. S. 107.), betr. die Beſtrafung
    der Studirenden, welche unerlaubte Verbindungen unterhalten.
  • 5. Cab.-O. v. 21. Mai 1824. (G.-S. S. 122.), betr. die Beſtrafung aller ge-
    heimen, beſonders burſchenſchaftlichen Verbindungen auf den Univerſitäten.
  • 6. Publ.-Patent v. 25. Septbr. 1832. (G.-S. S. 216.), betr. die
    Beſchlüſſe der deutſchen Bundesverſammlung ꝛc. über die in Anſehung
    der Univerſitäten zu ergreifenden Maaßregeln.
  • 7. Cab.-O. v. 12. Januar 1833. (v. K. J. B. 43. S. 636.), betr. die
    Beſtrafung geheimer Studentenverbindungen.
  • 8. Bekanntmachung des Beſchluſſes der deutſchen Bundesverſammlung
    v. 14. Novbr. 1834. wegen der deutſchen Univerſitäten ꝛc. v. 5. Decbr.
    1835. (G.-S. S. 287.)
  • 9. Geſetz v. 7. Januar 1838. (G.-S. S. 13.) über die Beſtrafung
    von Studentenverbindungen.
  • 10. Reſcr. v. 22. und 31. Mai 1844. (M.-Bl. S. 194.), betr. den §. 4.
    des Geſetzes v. 7. Januar 1838.

[62]

13) Hohe und alle Hazardſpiele ſind unerlaubt. Welches Spiel
für hoch zu achten, bleibt der Beurtheilung der academiſchen Ge-
richte vorbehalten. Wer das erſtemal eines zu hohen Spiels
ſchuldig befunden wird, muß ernſtlich gewarnt, im Wiederholungs-
falle aber mit dreitägiger Carcerſtrafe belegt werden. Gleiche Strafe
hat der zu erwarten, welcher, obſchon das erſtemal, ſich auf Ha-
zardſpiele einläßt. Wer Bank macht, hat vierzehntägige Carcer-
ſtrafe verwirkt. Verdoppelung der Strafe tritt im Wiederholungs-
falle ein. Wer aus dem Spiele ein Gewerbe macht, erhält das
consilium abeundi, und hat, wenn er des Betruges überführt
wird, ſchimpfliche Relegation zu erwarten.


Aller Gewinn aus unerlaubtem Spiele fällt der Armencaſſe
zu. Auch aus unerlaubtem Spiele und wegen deſſen was dazu
geliehen worden, findet keine Klage Statt.


Hat ein Student dem andern zu Hazardſpielen Geld geliehen,
ſo wird er wie ein Spieler beſtraft.


14) Des lauten Geſanges, des Knallens mit Peitſchen, und des
die Ruhe und Ordnung ſtörenden Getöſes müſſen ſich die Stu-
denten zu jeder Zeit, beſonders in der Nacht, und zur Zeit des
Gottesdienſtes enthalten, oder vier und zwanzigſtündige bis drei-
tägige Carcerſtrafe gewärtigen. Wer den öffentlichen Gottesdienſt
auf irgend eine Art ſtört, wird nach den Landesgeſetzen beſtraft.
conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 20. §. 215. 216.


15) Beleidigung der zur Erhaltungen der öffentlichen Ruhe
und Ordnung beſtimmten Perſonen, beſonders der Pedelle, wie
auch der militäriſchen, Bürger- und Schaarwache, und der Nacht-
wächter, ziehen langwierige Carcer- und nach Bewandniß der
Umſtände, ſelbſt Feſtungsſtrafe nach ſich.


16) Wer die academiſche Obrigkeit ſelbſt, oder einzelne öffent-
liche Lehrer gröblich beleidigt, wird nach ausgeſtandener Gefängniß-
ſtrafe relegirt, oder hat nach Beſchaffenheit der Umſtände noch
härtere Strafe, dem peinlichen Rechte gemäß, zu erwarten. Wer
in einem Collegio oder bei einer öffentlichen Rede, Disputation,
oder Promotion durch unanſtändiges Pochen, Scharren, Lachen,
oder auf andere Weiſe abſichtlich Unruhe erregt, ſoll, nach Be-
ſchaffenheit der Umſtände, mit Carcer, oder wohl gar mit Rele-
gation beſtraft werden.


[63]

17) Wenn Studirende etwas bei der academiſchen Obrigkeit
nachſuchen, ſo muß dies mit Beſcheidenheit und nicht haufenweiſe
geſchehen. Verletzung dieſes Geſetzes zieht verhältnißmäßige Carcer-
ſtrafe, und im Falle eines dabei gehrauchten Ungeſtüms, Rele-
gation nach ſich.


18) Wer den ihm auferlegten weitern Arreſt bricht, wird ſo-
fort ins Gefängniß gebracht; und wer dies ohne Erlaubniß der
academiſchen Obrigkeit verläßt, hat eine vierzehntägige Carcer-
ſtrafe verwirkt.


§. 86. Der Rector oder Prorector iſt vorzüglich, und nach ihm
der academiſche Senat, für alle entſtandene Unordnungen, welche
durch genauere Aufmerkſamkeit und Sorgfalt hätten vermieden werden
können, dem Staate verantwortlich.


  • 1. conf. zu §. 85. Anhangs §. 137. Nr. 12. d. Tit.
  • 2. Inſtruction v. 18. Novbr. 1819. (G-S. S. 233.) für die außer-
    ordentlichen Regierungsbevollmächtigten bei den Univerſitäten.
  • 3. Cab.-O. v. 21. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 419), betr. die
    academiſche Diſciplin.

§. 87. Gefängnißſtrafe muß an Studirenden nur zu ſolchen Zei-
ten und Stunden, wo ſie dadurch an Beſuchen der Collegien nicht
verhindert ſind, vollzogen werden.


Anhangs §. 138. Hierin findet eine Ausnahme dann Statt:


  • 1. wenn die Carcerſtrafe bekanntlich unfleißige Studenten trifft;
  • 2. wenn der Student ohnedies ſchon während der Unterſuchung im
    Gefängniſſe geſeſſen, oder aus Furcht vor der Verhaftung ſich
    während der Zeit, da die Vorleſungen gehalten werden, in oder
    außer dem Bezirke der Univerſität verborgen gehalten hat;
  • 3. wenn auf eine längere als vierwöchentliche Carcerſtrafe erkannt
    worden.

§. 88. Sie muß mit gänzlicher Entfernung aller Geſellſchaft,
und Entziehung der gewöhnlichen Bequemlichkeiten des Lebens, ver-
bunden ſein.


Reſcr. v. 9. Januar 1813. (v. K. J. B. 2. S. 31.), betr. die Voll-
ſtreckung einer wegen gemeiner Vergehen gegen Studirende erkannten
Gefängnißſtrafe im Carcer.


§. 89. Wiederholte grobe Exceſſe, Widerſetzlichkeit gegen den
academiſchen Senat und deſſen zur Ausübung der academiſchen Zucht
verordnete Bediente; Aufwiegeleien, Rottenſtiftungen und Verführung
Anderer müſſen mit Relegation beſtraft werden.


[64]

§. 90. Von der erkannten Relegation muß den Eltern oder
Vormündern des Straffälligen ſofort Nachricht gegeben, er ſelbſt aber
ſo lange in gefänglicher Haft behalten werden, bis dieſelben ſeinetwegen
weitere Verfügungen treffen.


Anhangs §. 139. Bei jedem consilio abeundi muß ein
Gleiches geſchehen; auch muß von jeder Relegation jeder andern
Königlich Preußiſchen Univerſität Nachricht gegeben werden.


  • 1. conf. zu §. 84. d. Tit.
  • 2. Circ.-Reſcr. v. 18. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 86.), betr.
    das Verfahren gegen relegirte und conſiliirte Studenten.

§. 91. Von jeder erkannten Relegation muß dem der Univerſität
vorgeſetzten Departement, mit Beilegung des Erkenntniſſes, Anzeige
geſchehen, damit dieſes, nach Beſchaffenheit der Umſtände, die übrigen
Univerſitäten gegen die Aufnahme eines ſolchen Subjects, vor hin-
länglich nachgewieſener Beſſerung, warnen, auch dem Departement,
von welchem der Relegirte, nach der Facultät, zu welcher er gehört,
eine künftige Beförderung zu erwarten hat, davon Nachricht geben könne.


§. 92. Ein Relegirter ſoll weder am Orte, noch in der Nach-
barſchaft, unter irgend einem Vorwande geduldet werden.


§. 93. Jede angrenzende Gerichtsobrigkeit iſt ſchuldig, ihn auf
Requiſition des Senates aus ihrer Botmäßigkeit fortzuſchaffen.


§. 94. Grobe Exceſſe, wenn ſie ſich auch noch nicht zur Rele-
gation qualificiren, ſollen dennoch mit Gefängniß, niemals aber mit
bloßer Geldſtrafe geahndet werden.


Anhangs §. 140. Grobe und wiederholte [Ausſchweifungen] oder
anhaltender Unfleiß eines Beneficianten ſollen den Collatoren zur
Entziehung der genoſſenen Vortheile angezeigt werden.


§. 95. So wenig die Relegation, als eine nach den Geſetzen
verwirkte Gefängnißſtrafe, kann mit Gelde abgekauft werden.


§. 96. In Anſehung wirklicher Verbrechen der Studirenden hat
es bei den Vorſchriften der Criminalgeſetze ſein Bewenden.


  • 1. conf. ad §. 88. d. Tit.
  • 2. Reſcr. v. 24. Novbr. 1823. (v. K. Ann. B. 8. S. 416) daß bei
    Unterſuchung wegen Verbrechen die Studirenden unter der gewöhn-
    lichen Ortsobrigkeit ſtehen.

Rechte der Studirenden in ihren Privatangelegenheiten.


§. 97. In ihren Privatangelegenheiten bleiben Studirende der
[65] Regel nach den Geſetzen ihres Geburtsortes, oder ihrer Heimath
unterworfen.


§. 98. So lange Studirende noch unter Eltern oder Vormündern
ſtehen, bleibt es, wegen ihrer Unfähigkeit, für ſich allein verbindliche
Verträge zu ſchließen, bei den allgemeinen geſetzlichen Vorſchriften.


Beſonders in Anſehung des Schuldenmachens.


§. 99. Kein Studirender, er mag der väterlichen oder vormund-
ſchaftlichen Gewalt noch unterworfen ſein, oder nicht, kann, ſo lange er
auf Univerſitäten iſt, ohne Vorwiſſen und Conſens des academiſchen
Gerichts, gültig Schulden contrahiren, oder Bürgſchaften übernehmen.


conf. zu §. 103. d. Tit.


§. 100. Koſtgeld, Waſchgeld, Perückenmacher- und Barbierlohn
ſoll nicht über einen Monat; Stubenmiethe, Bettzins und Aufwar-
tung nicht über ein Vierteljahr; Arzeneien und Arztlohn nicht über
ein halbes Jahr; und das Honorar für Collegia höchſtens nur bis
zum Ende des Collegii geborgt werden.


§. 101. Schneider und Schuſter können nur auf zehn, ſowie
Buchhändler nur auf drei Thaler Credit geben; und müſſen dieſen
Credit auf länger als einen Monat nicht ausdehnen.


§. 102. Das Honorar für den Unterricht in Sprachen und
Leibesübungen darf nicht über drei Monate creditirt werden.


§. 103. Alle vorſtehend (§. 100. 101. 102.) benannte Gläubiger
müſſen, wenn die Zahlung mit Ablauf der beſtimmten Friſt nicht er-
folgt, ihre Forderungen längſtens binnen acht Tagen, bei Verluſt der-
ſelben, gerichtlich einklagen.


  • 1. conf. A. L.-R. Th. II. Tit. 12. §. 98; II. 2. §. 127. 129; I. 5.
    §. 21; 13. §. 268 seq.; I. 11. §. 862 seq.
  • 2. Bielitz Commentar B. 7. S. 614.
  • 3. Entſcheid. der Geſetz.-Commiſſion v. 13. März 1790. (R. B. 2.
    S. 28.), betr. die Gültigkeit der außer dem Orte der Univerſität
    contrahirten Studentenſchulden.
  • 4. Verordn. v. 8. Januar 1802. (R. B. 7. S. 5.), betr. die Schulden
    der Studirenden.
    Anhangs §. 141. 1) Die Honorare für die Collegia müſſen
    zur Hälfte von den Studirenden vorausbezahlt, die andere Hälfte
    aber in der Mitte des halben Jahres zu Johannis oder Neujahr
    entrichtet werden. In Fällen, wo Lehrer bei dem, durch ein ge-
    richtliches Atteſt von der Obrigkeit des Geburtsorts beſcheinigten,

    5
    [66]Unvermögen eines Studirenden genöthigt ſind, ihm die Honorare für
    die Collegia ſo lange zu ſtunden, bis er durch Beförderung zu
    einem öffentlichen Amte, oder durch ſonſtige Verbeſſerung ſeiner
    Vermögensumſtände in den Stand gekommen, dieſelben zu be-
    zahlen, verbleibt ihnen bis dahin ihr Anſpruch an ſolchen unge-
    kränkt. Sie müſſen aber dafür beſorgt ſein, daß beim Abgange
    des Studirenden der Betrag der Schuld, gleich andern, von dem
    academiſchen Gerichte regiſtrirt, und zugleich in dem academiſchen
    Zeugniſſe notirt wird.
    2) Repetenten, welche die von Andern gehaltenen Vorleſungen
    in dem Zeitraume, in welchem ſie gehört worden, mit dem Stu-
    direnden wiederholen, haben, in Anſehung des Honorars, mit den
    academiſchen Lehrern gleiche Rechte, wegen anderer Privatſtunden
    aber ſind ſie den Sprach- und Exercitienmeiſtern gleich zu achten.
  • 1. Reſcr. v. 4. Auguſt 1810. (Mathis B. 9. S. 247. 1. Abſchn.) und
    v. 15. Octbr. 1821. (v. K. J. B. 18. S. 278.), betr. die Sicher-
    ſtellung der academiſchen Lehrer wegen der geſtundeten Honorare.
  • 2. Reſcr. v. 21. Septbr. 1827. (v. K. J. B. 30. S. 134.), v. 17. Dcbr.
    1829. (v. K. J. B. 34. S. 467.), v. 16. Juni 1831. (v. K. J. B. 37.
    S. 377.), v. 20. Januar 1837. (v. K. J. B. 49. S. 219.), v. 31. Jan.
    16. März. u. 4. Auguſt 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 88. 679. 673.),
    denſ. Gegenſtand betreffend.
  • 3. Cab.-O. v. 5. Febr. 1844. (G.-S. S. 69.) u. v. 26. Septbr. 1845.
    (G.-S. S. 681.), betr. die Einziehung und Einklagung geſtundeter
    Honorare.
  • 4. Reſcr. v. 20. Octbr. 1841. (Juſt.-M.-Bl. S. 334), betr. die Aus-
    legung des Anhangs §. 141.
    3) Der bisher geſtattete Credit von fünf und zwanzig Thalern
    bei Kaufleuten, welche Materialien zur Kleidung liefern, wird
    wegen des Mißbrauchs, daß dieſe Materialien häufig verkauft
    oder verſetzt werden, ganz aufgehoben; dagegen bleibt den Schnei-
    dern in dem Betracht, daß ein angemeſſenes, fertig gemachtes
    Kleid weniger Gelegenheit zum Mißbrauche giebt, bis auf fünf
    und zwanzig Thaler incluſive der Materialien zu creditiren nachge-
    laſſen. Buchhändler, Schuhmacher, Aufwärter und Aufwärterinnen
    können nur auf zehn Thaler, Buchbinder nur auf drei Thaler
    Credit geben, und zwar nicht über ein Vierteljahr.
    Reſcr. v. 17. Mai 1803. (N. C. C. T. XI. S. 1845. Nr. 35. de
    1805.) wonach, Hutmacher und Beutler Studirenden einen Credit von
    4 Thlrn. geben können.
    4) Koſtgeld, Waſchgeld, Friſeur- und Barbierlohn, Stuben-
    [67] miethe, Bettzins, Aufwartung, Arzeneien und Arztlohn, auch was
    für den Unterricht in Sprachen und Leibesübungen zu bezahlen
    iſt, ſollen ebenfalls nicht über ein Vierteljahr geborgt werden.
    5) Alle dieſe von 1—4. gültige Schulden behalten das Vor-
    recht geſetzlicher Schulden nur, wenn ſie nach dem Ablaufe des Viertel-
    jahres, in welchem ſie contrahirt ſind, in dem unmittelbar darauf
    folgenden Vierteljahr eingeklagt werden.
    6) Wenn alſo ein ſolcher privilegirter Gläubiger binnen dieſer
    feſtgeſetzten Friſt die Schuld bei dem academiſchen Gerichte nicht
    anhängig macht, ſo kann er damit nicht weiter gehört werden.
    7) Sollten die während des letzten Vierteljahres, welches
    der Studirende ſich auf der Univerſität aufhält, in Gemäßheit
    der von 1—4. contrahirten Schulden, wegen Abgangs des Stu-
    direnden, binnen der in Nr. 5. beſtimmten Friſt nicht eingeklagt
    werden, ſo muß der Gläubiger dafür ſorgen, daß ſelbige von dem
    academiſchen Gerichte regiſtrirt werden.
    8) Zu dem Ende ſteht es dem Gläubiger frei, die Perſon
    oder Sachen eines abgehenden Studirenden ſo lange mit Arreſt zu
    belegen, bis die Schuld regiſtrirt worden iſt.
    9) Wenn jedoch der Gläubiger mit dem Schuldner über die
    Richtigkeit oder die Summe der Schuldforderung ſich nicht einigen
    können, ſo iſt es genug, wenn der Gläubiger ſolche beſtimmt
    angiebt, und der Schuldner ſich darüber erklärt, und ſoll die Ab-
    reiſe durch ausführliche Inſtruction ſolcher Schuldſachen nicht
    aufgehalten werden.
  • 1. Reſcr. v. 10. März u. 8. Octbr. 1806. (R. B. 8. S. 492. 683.),
    betr. die Verjährungsfriſt bei dem Creditgeben an Studirende.
  • 2. Indicat des Geh. O.-Trib. v. 22. Dcbr. 1837. (Centralblatt
    pro 1838. S. 299.), daß es auf die eingetretene Verjährung der Stu-
    dentenſchuld dann nicht weiter ankommen könne, wenn ein ſpäteres
    rechtsgültiges Anerkenntniß der Schuld vorhanden iſt.
  • 3. Geſetz v. 31. März 1838 §. 4. über [die] Einführung kürzerer Ver-
    jährungsfriſten, daß erſteres auf den Anhangs §. 141. keinen Einfluß
    hat. (G.-S. S. 249.)
  • 4. conf. Hinſchius Wochenſchrift B. 2. S. 89.

§. 104. Alle andere Privatſchulden eines Studirenden ſind nichtig
und begründen keine Klage.


Entſcheid. der Geſetz.-Commiſſion v. 13. März 1790 (conf.
ad
§. 103. d. Tit.)


5*
[68]

§. 105. Auch die Verträge, wodurch Sicherheit oder Bürgſchaft
dafür beſtellt worden, ſind unkräftig.


conf. A. L.-R. Th. I. Tit. 14. §. 254. 297. 300 seq.


§. 106. Die dafür eingelegten Pfänder müſſen unentgeldlich zurück-
gegeben werden.


Anhangs §. 142. Die Pfänder müſſen auf jeden Fall zurück-
gegeben werden, ſie mögen von den Studirenden ſelbſt, oder
von einem Dritten, oder auch unter dem Scheine eines Verkaufs
den Gläubigern eingehändigt worden ſein. Wegen Betten, Wäſche,
Kleidungsſtücke und Bücher ſoll die Entſchuldigung des Pfand-
gläubigers oder Käufers, wie er nicht gewußt habe, daß ſie einem
Studirenden gehörten, niemals Statt finden.


conf. zu §. 76. u. Anhangs §. 132 seq.


§. 107. Iſt auf eine ſolche ungültige Schuld von dem Stu-
denten etwas bezahlt worden, ſo können die Eltern oder Vormünder
daſſelbe unter fiscaliſcher Aſſiſtenz zurückfordern.


conf.Bielitz B. 7. S. 615.


§. 108. Hat Jemand einem Studirenden Geld oder Geldeswerth
zu unnützen Ausgaben, oder gar zur Ueppigkeit oder Schwelgerei ge-
liehen, oder ſonſt creditirt, ſo ſoll er, außer dem Verluſte der Schuld,
auch noch um den ganzen Betrag derſelben fiscaliſch beſtraft werden.


§. 109. Hat der Schuldner ein ſolches Darlehn ganz oder zum
Theil bezahlt, ſo iſt der Fiscus, außer der Strafe, auch das Gezahlte
von dem Gläubiger beizutreiben berechtigt.


Anhangs §. 143. Wer auf Pfänder, Wechſel oder Handſchriften
den Studirenden Geld leiht, oder Kaufmannswaaren ſtatt baaren
Geldes auf Credit giebt, und ihnen auf dieſe Weiſe das Verſchwen-
den und Schuldenmachen erleichtert, hat zu gewärtigen, daß,
wenn auch ſolche Schulden von den Studirenden bezahlt werden,
doch das Bezahlte entweder auf Anſuchen der Eltern und Vor-
münder, oder wenn dieſe ſich nicht melden, von dem academiſchen
Fiscus wieder eingezogen wird.


§. 110. Wenn aber ein Studirender, durch das Ausbleiben der
ihm zum Unterhalte ausgeſetzten Gelder oder durch andere für ihn
unvermeidliche Zufälle in die Nothwendigkeit, ein Darlehn zu ſeiner
Subſiſtenz aufzunehmen, geſetzt iſt, ſo muß er ſich mit ſeinem Gläu-
[69] biger bei dem academiſchen Gerichte melden, und deſſen Einwilligung
nachſuchen.


conf. zu §. 103. d. Tit.


§. 111. Das Gericht muß die angebliche Nothwendigkeit und
Bedürfniß des Schuldners, ſo wie die übrigen Umſtände der Sache,
genau prüfen, und wenn ſich nichts dabei zu erinnern findet, den
Conſens unter das auszuſtellende Inſtrument verzeichnen.


§. 112. Beſonders muß darauf geſehen werden, daß die Summe
des aufzunehmenden Darlehns das wirkliche gegenwärtige Bedürfniß
des Schuldners nicht überſteige.


§. 113. Der Regel nach darf das academiſche Gericht für einen
Studirenden nicht mehr an Schulden conſentiren, als der vierte Theil
der ihm zu ſeinem jährlichen Unterhalte beſtimmten Summe beträgt.


§. 114. Wenn alſo ein Studirender dergleichen Conſens ſucht,
muß er zuvörderſt glaubhaft angeben, wie viel ihm zu ſeinem Unter-
halte auf der Academie beſtimmt worden.


§. 115. Findet ſich das academiſche Gericht durch beſondere
Umſtände veranlaßt, den Credit des Studirenden auf ein höheres
Quantum zu erſtrecken, ſo muß dieſes, und die Gründe davon in
dem Conſenſe ausdrücklich bemerkt werden.


§. 116. Gleich nach ertheiltem Conſenſe muß das Gericht den
Eltern oder Vormündern des Schuldners davon Nachricht geben.


§. 117. Der Conſens ſelbſt muß allemal nur auf eine gewiſſe
Zeit, und zwar nur auf ſo lange gegeben werden, als nöthig iſt, um
den Eltern oder Vormündern zu Treffung der nöthigen Zahlungs-
anſtalten Raum zu laſſen.


§. 118. Mit dem Ablaufe dieſer Friſt muß der Gläubiger, wenn
er inzwiſchen nicht befriedigt worden, es dem academiſchen Gerichte,
bei Verluſt ſeines Rechtes, anzeigen.


§. 119. Das Gericht muß alsdann die den Eltern oder Vor-
mündern des Schuldners vorgeſetzte Obrigkeit, mit Zufertigung des
Inſtruments, requiriren, dieſe zur Abtragung der Schuld allenfalls
executiviſch anzuhalten.


§. 120. Alle Gerichte in Königlichen Landen ſollen gehalten
ſein, dergleichen Requiſitionen, wegen Beitreibung einer geſetzmäßig
contrahirten Schuld, ohne Geſtattung proceſſualiſcher Weitläuftigkeit,
Folge zu leiſten.


[70]

§. 121. Glauben die Eltern oder Vormünder erhebliche Ein-
wendungen gegen die Schuld zu haben, ſo müſſen ſie den Betrag bei
dem requirirten Gerichte niederlegen, und die Einwendungen gegen
den Gläubiger vor dem academiſchen Gerichte ausführen.


§. 122. Gegen dieſe den conſentirten Gläubigern zu verſchaffende
prompte Rechtshülfe dürfen ſie den Schuldner ſelbſt, während des
Laufes ſeiner Studien, mit Executionen nicht beunruhigen.


§. 123. Steht der Studirende nicht mehr unter Eltern oder
Vormündern, ſo kann der Gläubiger ſich auf die Perſon und das Ver-
mögen des Schuldners ſelbſt der geſetzmäßigen Executionsmittel bedienen.


§. 124. Hat ein ſolcher Schuldner die Univerſität ohne Befriedi-
gung ſeiner conſentirten Gläubiger verlaſſen, ſo ſteht dieſen frei, ihn
überall, wo er ſich betreffen läßt, mit Perſonalarreſt zu verfolgen.


Anhangs §. 144. Hat der Schuldner die Univerſität ohne
Befriedigung der nach 1—4. (§. 100—103.) privilegirten, oder
von dem academiſchen Gerichte conſentirten Gläubiger verlaſſen,
ſo bleibt dieſen zwar der Weg Rechtens gegen ihren Schuldner
unverſchränkt; falls ſie aber aus ſeinem Vermögen ihre Befriedi-
gung nicht erhalten können, kann gegen ihn zum Perſonalarreſt
nicht geſchritten werden, ſondern die Gläubiger müſſen mit der
Zahlung ſo lange in Geduld ſtehen, bis der Schuldner durch
Vermögensanfälle, oder Verſorgung zu beſſerem Vermögen ge-
kommen, und in zahlbaren Stand geſetzt worden.


§. 125. Für die dem academiſchen Gerichte in dergleichen An-
gelegenheiten zufallenden Bemühungen ſoll demſelben eine billige Be-
lohnung in der ihm vorzuſchreibenden Sporteltaxe beſtimmt werden.


§. 126. Dagegen ſoll aber auch das academiſche Gericht, wenn
es pflichtwidriger Weiſe in unnütze und übermäßige Schulden gewilligt,
oder ſonſt, durch Colluſion mit einem Studirenden, Jemand zum
Borgen an denſelben verleitet hat, einem ſolchen Gläubiger für ſeine
Forderung ſelbſt haften.


Anhangs §. 145. 1) Wenn ein Studirender eine Wohnung,
Stallung oder anderes Gelaß miethet, und kein ſchriftlicher Ver-
trag geſchloſſen worden, oder der ſchriftliche Vertrag die Mieth-
zeit nicht näher beſtimmt, ſo iſt anzunehmen, daß der Mieths-
vertrag von Oſtern bis Michaelis oder von Michaelis bis Oſtern
geſchloſſen worden.


[71]

2) Sollte der Miethsvertrag im Johannis- oder Weihnachts-
termine ſeinen Anfang nehmen, ſo gilt derſelbe bis zum nächſt-
folgenden Michaelis- oder Oſtertermine.


3) Die Aufkündigung der Wohnung muß ſpäteſtens in den
drei erſten Tagen des letzten Vierteljahrs geſchehen.


4) Die Wohnung muß beim Ablaufe der Miethszeit inner-
halb dreier Tage, nach Ablauf des Termines, wieder geräumt
werden.


conf. zu A. L.-R. Th. I. Tit. 21. §. 341. 344.


Von academiſchen Zeugniſſen.


§. 127. Jeder Studirende muß, wenn er die Univerſität ver-
laſſen will, bei ſeinen Lehrern Zeugniſſe ſeines Fleißes und ſeiner
Ordnung in Abwartung der Lehrſtunden nachſuchen, und ſelbige dem
Vorſteher des academiſchen Senates zuſtellen.


  • 1. Inſtruction v. 18. Novbr. 1816. (ſ. zu §. 86. d. Tit.)
  • 2. Reſcr. v. 20. Febr. 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 417.), betr. die
    Ausſtellung der Abgangszeugniſſe.
  • 3. Reſcr. v. 4. Juni 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 432.), daß Inländer
    bei ihrem Uebergange von inländiſchen Univerſitäten zu ausländiſchen
    ihr Handgelöbniß abgeben ſollen, nicht in unerlaubte Verbindungen
    zu treten.
  • 4. Cab.-O. v. 16. Auguſt 1834. (v. K. J. B. 44. S. 108.), daß die
    Verbindung zu benennen iſt, in welcher der Inhaber des Abgangs-
    zeugniſſes geweſen.
  • 5. Verordn. v. 5. Dcbr. 1835. Art. 12. (ſ. zu §. 69.)
  • 6. Reſcr. v. 26. Aug. 1840. (M.-Bl. S. 293.) verbietet die Ertheilung
    vorläufiger Abgangszeugniſſe an Theologen behufs Meldung zur
    Prüfung pro licent. concion.
  • 7. Cab.-O. v. 30. Juni 1841. (G.-S. S. 139.), betr. die Verpflichtung
    diesſeitiger Unterthanen, eine Zeit lang auf einer Landesuniverſität
    zu ſtudiren.

§. 128. Dieſer muß die Richtigkeit derſelben unter dem Siegel
der Univerſität bekräftigen, und zugleich bemerken, ob gegen das ſitt-
liche Betragen des Abgehenden, während ſeines Aufenthalts auf der
Academie, etwas Nachtheiliges bekannt geworden ſei.


§. 129. Jeder Landeseingeborne, welcher ſich zur Uebernehmung
eines Amtes, oder ſonſt zur Ausübung ſeiner Wiſſenſchaften qualifi-
ciren will, muß dergleichen Zeugniß von einer inländiſchen Academie
vorlegen.


  • 1. Cab.-O. v. 13. April 1810. (R.-B. 13. S. 903.), betr. das Be-
    ſuchen fremder Schulen und Univerſitäten.

[72]
  • 2. Cab.-O. v. 21. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 420.), betr. das
    Verbot des Beſuches der Univerſitäten zu Tübingen und Baſel.
  • 3. Cab.-O. v. 20. Mai 1833. (G.-S. S. 35.), daß der Beſuch der
    Univerſitäten Erlangen, Heidelberg und Würzburg verboten, die andern
    fremden Univerſitäten aber nur mit Erlaubniß des Miniſt. der Unter-
    richtsangeleg. beſucht werden können.
  • 4. Cab.-O. v. 18. Dcbr. 1834. (G.-S. S. 183.) verbietet den Beſuch
    der Univerſitäten zu Zürich und Bern.
  • 5. Cab.-O. v. 21. Novbr. 1836. (G.-S. S. 312.), betr. die Aufhebung
    des unbedingten Verbots des Beſuchs der Univerſitäten Erlangen,
    Würzburg, Heidelberg.
  • 6. Cab.-O. v. 13. Octbr. 1838. (G.-S. S. 501.), betr. die anderweite
    Modification der Cab.-O. v. 20 Mai 1833.
  • 7. Cab.-O. v. 3. Januar 1842. (G.-S. S. 77.), betr. die Aufhebung
    des unbedingten Verbots des Beſuchs der Univerſitäten Zürich u. Bern.

[[73]]

Zweite Abtheilung.


Schullehrerſeminarien.


[[74]][[75]]

Anmerk. Seminarien ſind hauptſächlich errichtet in Alt-Döbern, An-
gerburg, Berlin, Braunsberg, Breslau, Brühl, Büren,
Bunzlau, Coblenz, Cöslin, Erfurt, Gnadenfeldt, Greifs-
wald, Jenkau, Königsberg, Langenhorſt, Liegnitz, Ma-
rienburg, Mörs, Neuwied, Neuzelle, Ober-Glogau,
Petershagen, Poſen, Potsdam, Siegburg, Söſt, Weißen-
fels, Zabinen.


1. Reſcript vom 29. Decbr. 1824. (Neigebaur S. 334.), betr.
die zwiſchen den Seminariſten und Schulsamtscandidaten zu treffende
Wahl als Elementarſchullehrer.


2. Circ.-Reſcript v. 28. Febr. 1825. (v. K. Ann. B. 9.
S. 386.), betr. die Verhältniſſe der Schulamtscandidaten in den
Königl. Seminarien.


Nach den höheren Ortes eingegangenen Berichten mehrer Königl.
Regierungen mehren ſich die Fälle, wo in Königl. Seminarien ge-
bildete Schulamtscandidaten die ihnen angetragenen Schulſtellen unter
dem Vorwande, daß ſie nicht einträglich genug ſeien, ausſchlagen, und
als Haus- oder Privatlehrer ihr Unterkommen ſuchen. Dies iſt ganz
gegen die Abſicht, in welcher ſie in die Seminarien aufgenommen
werden, und gereicht zum Nachtheil des Schulweſens und auch der
jungen Männer ſelbſt, die dadurch demjenigen Stande, für welchen
ſie eigentlich beſtimmt ſind, entfremdet, und zum Theil an eine Lebens-
weiſe und an Bedürfniſſe gewöhnt werden, welche in der Lage eines
Landſchullehrers, zu der die meiſten dennoch nach einiger Zeit zurück-
kehren müſſen, keine Befriedigung finden können.


Auch liegt es in der Natur der Sache, daß ſo beträchtliche Aus-
gaben, als jährlich zur Erhaltung der Seminarien aus öffentlichen
[76] Mitteln gemacht werden, nicht zur Bildung bloßer Familienlehrer
aufgewendet werden können. Das Miniſterium ꝛc. hat ſich hierdurch
bewogen gefunden, Folgendes feſtzuſetzen:


  • 1. Jeder Seminariſt bleibt drei Jahre hindurch nach ſeinem Austritt
    aus der Anſtalt zur Dispoſition der Königl. Regierungen in dem-
    jenigen Conſiſtorialbezirke, für welchen das Seminar, worin er
    ſeine Bildung erhalten hat, errichtet worden, und iſt verpflichtet,
    jede Stelle, zu welcher dieſe Behörde ihn geeignet findet, anzu-
    nehmen, auch dies ſogleich zu thun, ſobald es von ihm gefordert
    wird. Er muß ſich daher enthalten, Bedingungen einzugehen,
    die ihn an der Erfüllung dieſer Pflicht hindern könnten, und die
    in keinem Falle als Entſchuldigung gelten würden.
  • 2. Wer dieſer Verbindlichkeit nicht, oder nicht ſofort, als es von ihm
    gefordert wird, nachkommt, muß der Seminaranſtalt die auf ihn
    gewandten Koſten zurückzahlen, nämlich:
    • a. zehn Thaler für jedes Halbjahr ſeines Aufenthalts im Se-
      minar und den in dieſer Zeit genoſſenen Unterricht,
    • b. den ganzen Betrag des von ihm genoſſenen Benefizes.
  • 3. Es ſoll zwar den Zöglingen frei ſtehen, Stellen, welche ihnen
    von dem Director des Seminars in Folge der Aufträge, die ihm
    wegen Beſetzung von der Königl. Regierung gegeben worden,
    oder in Folge eines Geſuches von Patronen und Schulinſpectoren
    um Nachweiſung eines Schullehrers angeboten werden, auszu-
    ſchlagen; wenn aber die Königl. Regierung dieſe Ablehnung
    nicht gelten läßt, ſondern den Zögling für eine beſtimmte Stelle
    Königl. oder Privatpatronats angeſtellt wiſſen will, ſo muß der-
    ſelbe ſich dieſer Verfügung entweder unterwerfen, oder die im
    Vorſtehenden beſtimmte Zurückzahlung leiſten.
  • 4. Sowohl die künftig aufzunehmenden, als jetzt in der Anſtalt
    befindlichen Seminariſten müſſen unter Zuſtimmung ihrer Eltern
    und Pfleger ſich erklären, dieſer Anordnung Folge leiſten zu
    wollen, oder die Anſtalt ſofort zu verlaſſen ꝛc.

3. Circ.-Reſcr. v. 1. Juni 1826. (v. K. Ann. B. 10. S.
358.), betr. die Prüfung und Anſtellungsfähigkeit der Schulamts-
candidaten und das Verhältniß der Schullehrerſeminare zu dem Schul-
weſen der Provinz.


Nachdem nunmehr in allen Provinzen der Monarchie für die
[77] nöthige Ausbildung guter Schullehrer durch eine Anzahl von Se-
minaren, welche dem gegenwärtigen Bedürfniſſe nach Maaßgabe der
zu Gebote ſtehenden Hülfsmittel möglichſt entſpricht, für jetzt aus-
reichend geſorgt, auch dieſen Anſtalten faſt ſämmtlich ſowohl durch die
ſorgfältigſte Auswahl bewährter Vorſteher und tüchtiger Lehrer, als
auch durch Feſtſtellung wohlerwogener Lehrpläne, durch äußere Aus-
ſtattung mit Localien und Lehrmitteln und durch angemeſſene Diſci-
plinarverfaſſungen, ſolche Einrichtungen ertheilt ſind, daß ſie ihre
wichtige Beſtimmung nicht unerfüllt laſſen können; ſo bleibt nun noch
übrig, ſie zu dem geſammten Schulweſen derjenigen Provinzen und
Bezirke, für welche zu ſorgen ſie beſtimmt ſind, in eine ſolche nähere
Beziehung zu ſetzen, daß dadurch theils ihr Einfluß auf daſſelbe be-
feſtigt und dauernd geſichert, theils ihnen ſelbſt die beſtändige Rückſicht
auf den Zuſtand und die wahren Bedürfniſſe der Volksbildung er-
leichtert werden muß.


Nachdem durch die Verordnung vom 28. Febr. v. J. die drei-
jährige Verbindlichkeit der abgehenden Seminariſten zur Uebernahme
eines jeden, ihnen von der Königl. Regierung des betr. Bezirks über-
wieſenen Schulamtes feſtgeſtellt worden iſt, erfordert die Billigkeit,
daß ihnen dafür auch ein bevorzugter Anſpruch auf Anſtellung im
Schulfache zugeſtanden werde.


Was in dieſer Beziehung heute an ſämmtliche Königl. Regie-
rungen erlaſſen worden iſt, wird dem Königl. Provinzial-Schul-Collegio
hieneben in Abſchrift mitgetheilt, um auch ſeinerſeits wegen der darin
angeordneten Prüfungen für die nicht in Seminarien vorbereiteten
Schulamtsbewerber das Erforderliche an die Seminardirectoren zu
erlaſſen.


Außerdem wird hiedurch ferner feſtgeſetzt:


  • 1. Es ſollen künftig, wie dies bisher in den meiſten Seminarien
    der Fall geweſen iſt, in allen Hauptſeminarien der Monarchie
    kurz vor den zum Austritt der Zöglinge beſtimmten Terminen
    förmliche Prüfungen der abgehenden angeſtellt werden.
  • 2. Dieſe ſollen gehalten werden von ſämmtlichen Lehrern des Se-
    minars über alle in der Anſtalt behandelten Lehrgegenſtände in
    Gegenwart und unter Leitung, auch nach Gutbefinden Theil-
    nahme eines oder mehrerer von dem Provinzial-Schulcollegio ab-
    zuſendenden Commiſſarien und unter Zuziehung der Schulräthe
    [78] der betreffenden Regierungsbezirke. Auch ſoll den Superinten-
    denten, Erzprieſtern und überhaupt allen Geiſtlichen die Gegen-
    wart bei dieſen übrigens nicht öffentlichen Prüfungen geſtattet ſein.
  • 3. Dieſe Prüfungen ſollen ſich auch über das bereits erworbene Lehr-
    geſchick der Abgehenden, ſoweit ſolches in einer kurzen Probe-
    lection bewieſen werden kann, erſtrecken.
  • 4. Nach dem Ausfalle dieſer Prüfungen und vorzüglich nach der
    von dem Director und ſämmtlichen Lehrern des Seminars über
    die Geprüften noch beſonders zu ertheilenden und zu berückſich-
    tigenden genauen und gewiſſenhaften Auskunft, ſoll einem jeden
    Entlaſſenen ein Abgangszeugniß von dem Director und den Leh-
    rern ausgeſtellt, und von den Königl. Commiſſarien vollzogen
    werden.
  • 5. In dieſem Abgangszeugniſſe ſoll nicht nur das Maaß der erwor-
    benen Kenntniß und Geſchicklichkeit in allen Gegenſtänden der
    Seminar-Unterweiſung und für jedes einzelne Object beſonders,
    durch möglichſt beſtimmte und characteriſirende Prädicate bezeichnet,
    und der Lehrgabe und des Lehrgeſchickes ausdrücklich Erwähnung
    gethan, ſondern auch die moraliſche Befähigung zum Lehramte,
    das Betragen und die Gemüthsart, ſo wie die daraus für die
    künftige Wirkſamkeit des Geprüften ſich ergebende Erwartung
    gewiſſenhaft ausgedrückt, und nach allen Notizen ein allgemeines
    und zuſammenfaſſendes Urtheil über ſeine Geſammt-Qualification
    durch die Ausdrücke Vorzüglich, Gut oder Genügend und
    durch die ihnen entſprechenden Nummern I., II. oder III. ausge-
    ſprochen werden.
  • 6. Ein ſolches Abgangszeugniß ſoll dem Entlaſſenen zwar die An-
    ſtellungsfähigkeit, allein fürs Erſte nur auf 3 Jahre ertheilen,
    nach deren Ablauf der Inhaber ſich zu einer abermaligen Prüfung
    im Seminar zu ſtellen hat. Wer jedoch bei der Entlaſſungs-
    prüfung das Prädicat „Vorzüglich“ und die Nummer I. erhalten
    hat, und innerhalb der erſten 3 Jahre nach ſeinem Abgange an
    einer öffentlichen Schule wirklich angeſtellt worden iſt, ſoll einer
    zweiten Prüfung ſich in der Regel nicht weiter zu unterziehen
    haben; alle übrigen hingegen können nur proviſoriſch ins Amt
    geſetzt werden.
  • 7. Dieſe abermaligen Prüfungen ſollen nicht mit den Abgangs-
    [79] prüfungen zugleich, jedoch ebenfalls in Gegenwart und unter
    Leitung und Theilnahme namentlich der Schulräthe der betr.
    Regierungen zu einer bei jedem Seminar feſtzuſetzenden Zeit
    gehalten werden.
  • 8. Wenn aber die Entlaſſungsprüfungen vorzugsweiſe darauf
    zu richten ſind, ob die Zöglinge den im Seminar empfangenen
    Unterricht auch vollſtändig aufgefaßt, im Zuſammenhange inne
    behalten, richtig verſtanden, und ſoweit ſolches erwartet werden
    kann, wohl anzuwenden gelernt haben; ſo ſoll dagegen bei den
    abermaligen Prüfungen nicht unmittelbare Beziehung auf den
    Gang des früheren Seminarunterrichts genommen, ſondern mehr
    im Allgemeinen Maaß, Zuſammenhang und Gründlichkeit der
    vorhandenen Kenntniſſe erforſcht, auf eigenthümliche Richtung
    und Selbſtſtändigkeit der Anſicht geſehen, und ganz beſonders die
    practiſche Tüchtigkeit und Gewandtheit erprobt werden.
  • 9. Ueber den Ausfall dieſer abermaligen Prüfung ſoll ebenfalls ein
    Zeugniß ausgeſtellt, und dem Abgangszeugniſſe angehängt, auch
    in demſelben, wiefern die früheren Erwartungen gerechtfertigt
    oder übertroffen, oder auch nicht erfüllt worden, zwar ausdrücklich
    bemerkt, jedoch zugleich die gegenwärtige Qualification zum Lehr-
    amte genau angegeben werden.
  • 10. Zugleich mit dieſen abermaligen Prüfungen und ganz nach den
    für ſie gültigen Grundſätzen ſollen dann auch die Prüfungen der-
    jenigen nicht in einem Hauptſeminar gebildeten Schulamts-
    bewerber, welche dazu von der betr. Regierung dem Seminar
    werden zugewieſen ſein, vorgenommen werden, und die Geprüften
    ſollen ebenfalls mit einem Zeugniſſe, worin das Maaß ihrer
    Kenntniſſe und Fertigkeiten im Einzelnen und möglichſt genau
    angegeben, auch ganz beſonders der Grad ihrer practiſchen Tüch-
    tigkeit bezeichnet iſt, verſehen werden.
  • 11. Damit aber auch auf die bereits angeſtellten Schullehrer, welche
    entweder überall der Nachhülfe bedürfen, oder in ihrer Bildung
    und Amtsgeſchicklichkeit nicht fortſchreiten, vielleicht gar zurück-
    gehen, der wohlthätige Einfluß des Seminars ſich verbreite, ſollen
    dergleichen Lehrer auf längere oder kürzere Zeit, je nachdem es
    ihnen Noth thut, in das Hauptſeminar zurückgerufen werden, um
    entweder einen ganzen methodologiſchen Curſus durchzumachen,
    [80] oder ſich in einzelnen Lehrfächern nachzuüben, oder auch in ein
    gewiſſes Diſciplinarverhältniß genommen zu werden, indem ſie
    bei der Uebungsſchule des Seminars beſchäftigt ſind. Wie dieſes
    in dortiger Provinz zu bewerkſtelligen und zu erleichtern ſein
    dürfte, darüber erwartet das Miniſterium die Vorſchläge des
    Königl. Provinzial-Schul-Collegii nach vorgängigem Benehmen
    mit den Regierungen der Provinz.
  • 12. Theils um des oben angegebenen Zweckes willen, theils um über-
    haupt mit der Beſchaffenheit und den Bedürfniſſen des Schul-
    weſens ihres Bezirkes genau bekannt zu werden, ſollen die Se-
    minardirectoren alljährlich während der Ferien einen Theil des
    Regierungsbezirkes oder der Provinz, wofür in ihren Anſtalten
    Lehrer gebildet werden, commiſſariſch zur Unterſuchung der Land-
    ſchulen bereiſen, und von ihren Beobachtungen und Erfahrungen
    der betr. Regierung einen Bericht, der auch abſchriftlich dem
    Provinzial-Schul-Collegio einzureichen iſt, erſtatten, damit danach
    das Nöthige veranlaßt, und namentlich diejenigen Lehrer, auf
    welche die Beſtimmung im vorigen Abſchnitt 11. ſich bezieht, in
    die Seminare einberufen werden können. Für die Koſten dieſer
    commiſſariſchen Reiſen ſind die Provinzialfonds zur Verbeſſerung
    des Elementarunterrichts vorzugsweiſe anzuwenden, aus denen
    auch die Einrichtung der methodologiſchen Curſe, ſoweit ſolche
    thunlich iſt, beſtritten werden kann. Endlich
  • 13. iſt es rathſam, daß nach gewiſſen größeren Kreiſen, etwa von
    2 oder 3 Provinzen, die Ferien der einzelnen Seminarien ſo
    regulirt werden, daß ſie [auf] verſchiedene Monate, wozu der Juni,
    Juli, Auguſt und September zu beſtimmen ſein werden, fallen,
    damit den Lehrern Gelegenheit gegeben werde, andere Anſtalten
    zu ihrer Inſtruction zu beſuchen, und ſie in ihrer Thätigkeit
    kennen zu lernen. In dieſer Beziehung muß jedoch den Pro-
    vinzial-Schul-Collegien die weitere Communication unter ein-
    ander überlaſſen bleiben.

4. Circ.-Reſcr. v. 1. Juni 1826. (v. K. Ann. B. 10. S.
365.), dieſelbe Angelegenheit betreffend.


Die Königl. Regierung erhält hieneben eine Abſchrift des Circ.-
Reſcr., welches unter heutigem dato an ſämmtliche Provinzial-Schul-
Collegia, wegen Prüfung und Anſtellungsfähigkeit der Schulamts
[81] candidaten, und wegen des Verhältniſſes der Schullehrer-Seminare,
zu dem Schulweſen der Provinz erlaſſen iſt, zur Kenntnißnahme und
um ſich danach, ſoweit deſſen Inhalt auch die Regierung angehet, zu
richten. Was den im Eingange des gedachten Reſcripts erwähnten,
an die in den Hauptſeminaren gebildeten Schulamtsbewerber zu er-
theilenden bevorzugten Anſpruch auf Anſtellung anlangt, ſo wird hier-
über Folgendes feſtgeſetzt:


  • 1. Bei allen von der Regierung abhängenden Anſtellungen von
    Schullehrern ſoll vorzugsweiſe auf die aus den Hauptſeminaren
    entlaſſenen und mit Zeugniſſen der Anſtellungsfähigkeit verſehenen
    Seminariſten Rückſicht genommen, und ſo lange, als noch der-
    gleichen für die zu beſetzende Stelle qualificirte Individuen vor-
    handen ſind, kein auf andere Weiſe zum Schulamte vorbereitetes
    Subject genommen werden.
  • 2. Gleiche Verpflichtung ſollen in der Regel diejenigen Gemeinen
    haben, welchen bei Beſetzung von Schulſtellen ein Wahl- oder
    Präſentationsrecht zuſteht.
  • 3. Auch den Privatcollatoren ſoll empfohlen werden, vorzugsweiſe
    Seminariſten zu vociren, jedenfalls aber obliegen, nur auf ſolche
    Subjecte zu reflectiren, die mit einem Prüfungszeugniſſe, wodurch
    ihre Anſtellungsfähigkeit begründet iſt, verſehen ſind.
  • 4. Ein Prüfungszeugniß, wodurch die Anſtellungsfähigkeit in einem
    Schulamte begründet wird, ſoll jederzeit von dem Director und
    den Lehrern des Hauptſeminars ausgeſtellt und von den betreffen-
    den Provinzial-Schulräthen vollzogen ſein.
  • 5. Die Prüfungen, auf deren Grund auch an ſolche, die nicht in
    einem Hauptſeminare gebildet ſind, Zeugniſſe der Anſtellungs-
    fähigkeit ertheilt werden dürfen, ſollen zu gewiſſen, durch die
    Amtsblätter bekannt zu machenden Zeiten in den Hauptſeminaren
    in ſolcher Art vorgenommen werden, wie dies unter Nr. 10 in
    dem heute an die Prov.-Schulcollegien erlaſſenen Reſcripte be-
    ſtimmt worden iſt.
  • 6. Diejenigen, welche, ohne in einem Hauptſeminar vorbereitet zu
    ſein, für das Schulamt geprüft zu werden wünſchen, haben ſich
    deshalb an die Regierung zu wenden, und derſelben
    • a. ein ärztliches Zeugniß über ihren Geſundheitszuſtand,
    • b. einen von ihnen ſelbſt verfaßten Lebenslauf,
    • c. die erforderlichen Nachweiſe und Zeugniſſe über genoſſene Er-
      ziehung und Bildung überhaupt und über die Vorbereitung
      zum Schulamte insbeſondere und
    • d. Zeugniſſe der Ortsbehörde und des Pfarrers über bisherigen
      unbeſcholtenen Lebenswandel und über ihre moraliſche und
      religiöſe Qualification zum Schulamt

    einzureichen.
  • 7. Die Regierung hat dieſe Angaben und Zeugniſſe ſorgfältig zu
    prüfen, erforderlichenfalls darüber genauere Nachforſchungen anzu-
    ſtellen, und nur nach erlangter vollſtändiger Ueberzeugung, daß
    gegen die phyſiſche und beſonders gegen die moraliſche und reli-
    giöſe Qualification der Aſpiranten nichts zu erinnern iſt, dem-
    ſelben die Erlaubniß und dem Seminar die Anweiſung zur Prü-
    fung zu ertheilen.
  • 8. Die ſolchergeſtalt Geprüften und anſtellungsfähig Erklärten ſollen
    jedoch, ohne Ausnahme, nur proviſoriſch auf 1, 2 oder 3 Jahre,
    und zwar ſo, daß für die Vorzüglichern die kürzere Zeit beſtimmt
    wird, ins Amt geſetzt werden dürfen, und nach Ablauf dieſer Friſt
    eine definitive Anſtellung nur alsdann zu gewärtigen haben, wenn
    von den ihnen vorgeſetzten Geiſtlichen und Schulinſpectoren ihre
    Amtstüchtigkeit bezeugt wird. Ob aber eine abermalige Prüfung
    erforderlich ſei, ſoll in jedem Falle der Beurtheilung der Re-
    gierung überlaſſen bleiben.
  • 9. Jeder geprüfte und anſtellungsfähig erklärte Schulamtscandidat,
    welcher nicht ſofort ein Amt antritt, ſoll der Regierung anzeigen,
    wo er ſeinen Aufenthalt zu nehmen gedenkt, und von derſelben
    unter die beſondere Aufſicht des betr. Superintendenten oder
    Schulinſpectors dergeſtalt geſtellt werden, daß von dieſem regel-
    mäßige Berichte über Beſchäftigung, Fortbildung und Lebenswandel
    der ſeiner Aufſicht untergebenen Individuen zu erſtatten ſind.
  • 10. Wer aus einem Seminare verwieſen iſt, oder daſſelbe von nun
    an eigenmächtig und ohne Abgangszeugniß verlaſſen hat, ſoll in
    keinem Falle zur Prüfung, und alſo noch viel weniger ins Schul-
    amt zugelaſſen werden. ꝛc.

5. Circ.-Reſcr. v. 24. März 1827. (v. K. Ann. B. 11.
S. 412.), betr. die Nachbildung ſchon angeſtellter Schullehrer in den
Seminarien.


[83]

In der Circularverfügung an ſämmtliche Conſiſtorien und Pro-
vinzial-Schulcollegien vom 1. Juni v. J., die Prüfung und Anſtellung
der Schulamtscandidaten betreffend, iſt in Art. 11. angeordnet worden:
es ſollten, damit auch die bereits angeſtellten Schullehrer, welche ent-
weder überall der Nachhülfe bedürften, oder in ihrer Bildung und
Amtsgeſchicklichkeit nicht fortſchritten, vielleicht gar zurückgingen, der
wohlthätige Einfluß des Seminars ſich verbreiten möge, ſolche Schul-
lehrer auf längere oder kürzere Zeit, je nachdem es für ſie noth-
wendig, in das Hauptſeminar einberufen werden, um entweder einen
ganzen methodologiſchen Curſus durchzumachen, oder ſich in einzelnen
Lehrämtern nachzuüben oder auch in ein gewiſſes Disciplinarverhältniß
genommen zu werden, indem ſie bei der Uebungsſchule des Semi-
nars beſchäftigt würden. Den Königl. Provinzial-Schulcollegien iſt
aber überlaſſen worden, nach vorgängigem Benehmen mit der Regie-
rung Vorſchläge zu machen, wie dieſer Zweck in jeder Provinz zu be-
werkſtelligen und zu erleichtern ſein dürfte.


Durch die hierauf eingegangenen Berichte, in denen zum Theil
mehrere Bedenken gegen die angeordnete Maaßregel zur Sprache ge-
bracht ſind, findet ſich das Miniſterium zu folgenden allgemeinen Er-
öffnungen veranlaßt.


Daß dieſe Veranſtaltungen zur Nachhülfe in allen Seminarien
auf die nämliche Weiſe und in gleicher Vollſtändigkeit getroffen werden
ſollen, hat ſchon deshalb nicht die Abſicht ſein können, weil ſowohl die
Localität dieſer Anſtalten, als die größere oder geringere Vollzähligkeit
des Lehrperſonals eine Verſchiedenheit der Einrichtungen begründen
müſſen.


Namentlich werden jetzt nur in wenigen dieſer Anſtalten ganz
vollſtändige methodologiſche Lehrcurſe, nämlich ſolche, welche auf
ſämmtliche Hauptlehrgegenſtände der Volksſchulen und deren richtige
Behandlung ſich erſtrecken, gehalten werden können; und wo dieſes
auch möglich ſein ſollte, wird doch die jährliche Wiederholung eines
ſolchen Curſus den Lehrern nicht wohl angeſonnen werden können;
endlich aber bleibt auch der Nutzen dieſer Lehrcurſe ſowohl wegen
der größeren Zahl der Theilnehmer, als wegen der Menge der gleich-
zeitig behandelten Objecte wenigſtens im Anfange noch ſehr zweifelhaft.


Dagegen aber wird es allenthalben dahin gebracht werden können,
daß ein kleinerer Concetus von Lehrern auf den Zeitraum von 3 oder
6*
[84] 4 Wochen verſammelt und mit dieſem einer der Unterrichtsgegenſtände,
z. B. das Rechnen oder der Geſang oder die deutſche Sprachlehre
oder auch der Religionsunterricht methodiſch durchgegangen wird.


Dieſe Einrichtung gewährt den Vortheil, daß man jedesmal ſolche
Subjecte zuſammen einberufen kann, die ungefähr auf gleicher Stufe
ſtehen; daß der Gegenſtand ſelbſt gründlicher und vollſtändiger durch-
genommen wird; daß die Einzelnen beſſer beobachtet und ihren be-
ſondern Bedürfniſſen gemäß behandelt werden können; und daß nicht
alle Seminarlehrer zugleich, zum Nachtheil der eigentlichen Zöglinge
der Anſtalt, ſondern immer nur vorzugsweiſe derjenige, welchem der
zu behandelnde Gegenſtand auch im Seminar zugetheilt iſt, in An-
ſpruch genommen wird.


Auf dieſe Weiſe wird der regelmäßige Gang des Seminars nicht
unterbrochen; mehrere ſolcher Curſe können in dem nämlichen Sommer
auf einander folgen, in jedem wird ein anderer Gegenſtand vorge-
nommen, und jedesmal kommt ein anderer der Semiuarlehrer an die
Reihe, welchem nur auf den kurzen Zeitraum von einigen Wochen
eine Vermehrung ſeiner Geſchäfte zu Theil wird, die noch dazu ihren
Lohn unmittelbar mit ſich führt.


Wenn dann nach mehreren Jahren alle Unterrichtsgegenſtände
durchgenommen, wenn die nämlichen Subjecte zu verſchiedenen Malen
einberufen geweſen ſind, dann iſt es an der Zeit, einen größeren allge-
meinen Lehrcurſus zu veranſtalten. Und auch dies wird ſich dann
ohne außerordentliche Beläſtigung der Lehrer etwa in folgender Art
bewerkſtelligen laſſen.


Wenn in demjenigen Jahre, in welchem ein ſolcher allgemeiner
Curſus abgehalten werden ſoll, der Unterricht in der oberen Klaſſe
des Seminars namentlich in Didactik, Methodik und Pädagogik ſo
eingerichtet wird, daß dieſe Disciplinen ſchon etwa 4 Wochen vor
dem Schluſſe des Seminarlehrganges ganz abſolvirt ſind, und die noch
übrige Zeit nur zur kurzen und zweckmäßigen Wiederholung deſſelben
benutzt werden kann; ſo werden auch die einberufenen Lehrer zu dieſen
Wiederholungen hinzugezogen, und auf dieſe Weiſe die mit ihnen
vorzunehmenden Unterweiſungen zugleich mit einem weſentlichen Nutzen
für die abgehenden Seminariſten verbunden werden können.


Sollte aber auch dies ſich nicht in ſolcher Art bewerkſtelligen
laſſen, ſo werden alle 3 oder 4 Jahre einmal die Ferien zu einem
[85] ſo nützlichen Zwecke angewendet werden können. Auch will das Mi-
niſterium von ſeiner Seite den Eifer der Seminarlehrer dadurch zu
beleben ſuchen, daß es denjenigen, die eine beſondere Thätigkeit dabei
beweiſen, ſeine Zufriedenheit durch angemeſſene Remuneration bezeigen
wird, wie denn auch zum Unterhalt der Bedürftigſten unter den ein-
berufenen Lehrern, inſofern Provinzialfonds dazu nicht ausreichen
ſollten, von Zeit zu Zeit einige Beihülfe gewährt werden wird. Doch
vertraut das Miniſterium den Regierungen, daß ſie Mittel und Wege
finden werden, um für einen Zweck von ſo wichtiger und wohlthätiger
Beſchaffenheit auch die erforderliche pecuniaire Hülfe herbeizuſchaffen.
Werden zugleich die Superintendenten und Schulinſpectoren für dieſe
Sache intereſſirt, ſo kann auch die Sorge für gehörige Stellvertretung
der einberufenen Lehrer keine Schwierigkeit haben. Wo aber auch
eine ſolche in einzelnen Fällen nicht beſchafft werden könnte, wird der
augenblickliche Nachtheil, daß die Schulkinder 4 Wochen ohne Unter-
richt bleiben, hinlänglich durch den Vortheil überwogen, daß der Lehrer
an Geſchick und Einſicht fortgeſchritten iſt.


Der Hauptnutzen dieſer Einrichtung aber wird darin beſtehen, daß
ſich unter den Lehrern ſelbſt Trieb, Eifer und Fortſchritt vermehrt, daß
ſich überhaupt Regſamkeit im Schulweſen verbreitet; daß immer mehr
Uebereinſtimmung in der Behandlung des Unterrichts durch alle Schulen
bewirkt wird; daß das Seminar wirklich der lebendige Mittelpunkt
des Gauzen wird; daß die Seminarlehrer mit dem eigentlichen Zu-
ſtande und den wahren Bedürfniſſen der Schulen ſich vertraut machen,
und daß auch in ihnen ein lebendiges Intereſſe und ein friſcher Eifer
erhalten wird, und endlich, daß die angehenden Lehrer, nämlich die
Zöglinge der Seminare, gleich vom Anfange von dem Gefühle der
Wichtigkeit ihres Berufs durchdrungen werden, und den Ernſt er-
kennen lernen, womit darüber gewacht wird, daß ſie dereinſt ihre Pflicht
redlich erfüllen und nicht läſſig befunden werden.


6. Circ.-Reſcr. v. 6. Juni 1829. (Neigebaur S. 318.) wegen
Ertheilung des Unterrichts in den Seminaren über Wiederbelebung
der Scheintodten, Kenntniß der Giftpflanzen, Verhalten bei dem Biſſe
toller Hunde, Verhütung der Feuersbrünſte ꝛc.


Das Miniſterium findet ſich durch manche in den Sanitäts- und
andern Berichten der Regierungen erwähnte Unglücksfälle veranlaßt,
von dem Provinzialſchulcollegium und dem Conſiſtorium Bericht dar-
[86] über zu erfordern, ob in den Seminaren ſeines Bezirkes auch der
nöthige Unterricht über Wiederbelebung der Scheintodten, Kenntniß
der Giftpflanzen, Verhalten bei dem Biſſe toller Hunde, Verhütung
der Feuersbrünſte und anderer Unglücksfälle ertheilt wird. Das Con-
ſiſtorium und Privinzialſchulcollegium wird hierdurch aufgefordert,
darauf, daß dieſes geſchehe, mit Ernſt zu halten und die Vorſteher
und Inſpectoren der Seminare darauf [aufmerkſam] zu machen, daß
dieſer Unterricht recht eigentlich in dieſe Unterrichtsanſtalten gehöre,
damit dieſe gemeinnützlichen Kenntniſſe aus denſelben in die Elementar-
ſchulen und aus dieſen in das Volk übergehen, weshalb denn auch die
Seminar- und Schullehrerprüfungen weſentlich und unnachläſſig auch
auf dieſen Gegenſtand gerichtet werden müſſen. Das Miniſterium
beabſichtigt, letzterem ſeine beſondere Aufmerkſamkeit zu widmen ꝛc.


7. Cab.-O. v. 10. Septbr. 1829. (v. K. Ann. B. 13. S.
831.), betr. die Verbeſſerung der ſtädtiſchen Bürgerſchulen und den
Lehrplan für die Seminarien.


Aus Ihrem Berichte vom 31. Juli v. J. habe Ich wohlgefällig
erſehen, daß Sie auf die Erweiterung und Verbeſſerung der Bürger-
ſchulen in den Städten Ihre beſondere Vorſorge gerichtet haben, und
mit Ihren hierüber entwickelten Anſichten einverſtanden, genehmige
Ich nicht allein die Errichtung eines Seminars zu Berlin für ſtädtiſche
Schulen, nach dem vorläufig entworfenen Plane, ſondern empfehle
Ihnen auch dringend, dieſem weſentlichen Gegenſtande Ihre Wirk-
ſamkeit zuzuwenden, damit nicht allein das Unterrichtsweſen, vor-
züglich in den mittleren und kleineren Städten verbeſſert, ſondern
hiedurch auch der Andrang zu den Gymnaſien abgeleitet, und die Er-
theilung des höheren wiſſenſchaftlichen Unterrichts in denſelben auf
ſolche Zöglinge beſchränkt werde, die deſſen für ihre künftigen Ver-
hältniſſe bedürfen. Ich werde daher die baldmögliche Erſtattung Ihres
vorbehaltenen weitern Berichts erwarten. Was Sie bei dieſer Ver-
anlaſſung über den Lehrplan für die Seminarien äußern, hat überall
Meinen Beifall, nur wird auch ernſtlich dahin zu ſehen ſein, daß die
Grenzen des Unterrichts ſowohl in demjenigen, was nach Ihrem Be-
richte zur Kenntniß der organiſchen Einrichtung des Vaterlandes ge-
hört, als in demjenigen, was die Kenntniſſe der Natur, deren Be-
handlung und Benutzung betrifft, mit ſtrenger Berückſichtigung des
künftigen Standpunktes der Zöglinge auch feſt beobachtet werden ꝛc.


[87]

8. Neſcr. v. 4. März 1831. (v. K. Ann. B. 15. S. 11.),
betr. die Nichtbewilligung von Amtsblatt-Freiexemplaren für Gymnaſien
und Schullehrerſeminarien.


9. Circ.-Reſcr. v. 28. Febr. 1834. (v. K. Ann. B. 18.
S. 102.), betr. das Verfahren gegen die aus den Schullehrerſemina-
ren entfernten Zöglinge.


In der an die Königl. Regierung über die Prüfung der künftigen
Schullehrer erlaſſenen Verfügung vom 1. Juni 1826. iſt sub Nr. 10.
beſtimmt worden, daß der Seminariſt, der aus einem Seminar ver-
wieſen iſt, oder daſſelbe eigenmächtig und ohne Abgangszeugniß ver-
laſſen hat, in keinem Falle zur Prüfung und alſo noch weniger ins
Schulamt gelaſſen werden ſoll.


Bei dieſer Beſtimmung iſt es darauf abgeſehen geweſen, un-
würdige Subjecte von dem Schulſtande auszuſchließen, und muß die-
ſelbe, inſofern unſittliches Betragen und Unfleiß, ungeachtet vorher-
gegangener Ermahnungen und Beſſerungsverſuche, die Entfernung
eines Präparanden aus dem Seminar nöthig machen, in voller Kraft
erhalten werden.


Die Erfahrung hat indeß gezeigt, daß einzelne Fälle vorkommen
können, wo die Entfernung eines Zöglings aus dem Seminar nicht
umgangen werden kann, ohne daß er mit Rückſicht auf ſein früheres
Betragen, auf ſeine Anlagen und ſeinen Fleiß es zu verdienen ſcheint,
für immer vom Schullehrerſtande ausgeſchloſſen zu werden.


Für ſolche Fälle iſt es billig, eine Modification eintreten zu laſſen,
und wird daher das Provinzial-Schulcollegium autoriſirt, wenn bei
der Beurtheilung der von Seminarien auf Excluſion einzelner Zög-
linge geſtellten Anträge ſich ergeben ſollte, daß der mit der Entfer-
nung aus dem Seminar zu Beſtrafende, hinſichtlich ſeines früher be-
währten Fleißes, ſeines Betragens und Charakters Berückſichtigung
verdient, und Hoffnung vorhanden iſt, daß er unter veränderten Ver-
hältniſſen den Fehltritt vergeſſen machen werde, zu geſtatten, ſeine
Ausbildung zum Lehramt außerhalb des Seminars fortzuſetzen, und
falls er nach Ablauf einer angemeſſenen Zeit durch Zeugniſſe des
Pfarrers und Vorſtandes ſeines Aufenthaltsorts über ſeinen Fleiß
und ſein tadelloſes Betragen ſich gehörig ausweiſen kann, ſich der
vorſchriftsmäßigen Prüfung zu unterwerfen.


10. Circ.-Neſcripte v. 12. Januar und 22. Mai 1835.
[88] (v. K. Ann. B. 19. S. 132. 133.), betr. die Theilnahme der Schul-
lehrer an den ſogenannten öffentlichen Muſikfeſten.


11. Circ.-Reſcr. des Generalpoſtmeiſters v. 23. Mai
1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 376.), betr. verſchiedene Poſtvorſchriften
und Anordnungen.


— 7) Die bisher beſtandenen Verordnungen über Portofreiheit
in Schulſachen, namentlich der Schulen, Gymnaſien und Se-
minare, ſind bei der jetzigen Schulverfaſſung nicht mehr aus-
reichend.


Damit hierunter künftig ein allgemeines gleichmäßiges Ver-
fahren beobachtet werde, iſt im Einverſtändniſſe mit dem Herrn
Miniſter der Geiſtlichen ꝛc. Angelegenheiten beſchloſſen worden,
die Portofreiheit der obengedachten Anſtalten in Betreff der Cor-
reſpondenz- und Packetſendungen von jetzt an nach denſelben
Grundſätzen in Anwendung kommen zu laſſen, welche mittelſt
der Circularverfügung vom 14. Januar 1822. hinſichtlich der
Portofreiheit der Univerſitäten und deren Juſtitute feſtgeſtellt
worden ſind.


In Betreff der Geldſendungen in dieſen Angelegenheiten ſoll
die Portofreiheit dagegen, außer auf Zahlungen aus Königl.
Caſſen an die Anſtalten, auch auf diejenigen von Communen ſich
erſtrecken, für beide Fälle jedoch nur inſofern, als die Gelder für
das allgemeine Intereſſe der Anſtalten und nicht für einzelne
Individuen beſtimmt ſind. Sendungen der letzteren Art bleiben
der Portopflichtigkeit unterworfen ꝛc.


12. Reſcr. v. 10. Januar 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 395.),
betr. den Beitritt der Seminar-Schullehrer zur allgemeinen Wittwen-
verſorgungsanſtalt.


13. Reſcr. v. 22. Novbr. 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 1019.),
betr. die Heranziehung der Seminarien zu den Gemeinelaſten.


Der Königl. Regierung wird auf den Bericht vom 4ten v. M.,
die zwiſchen Ihr und dem Provinzialſchulcollegio obwaltende Meinungs-
verſchiedenheit hinſichtlich der Heranziehung des Seminars zu K. zu
den Communallaſten betreffend, zu erkennen gegeben, daß die An-
wendung des Geſetzes vom 8. Juni 1834. (G.-S. S. 87.) auf den
vorliegenden Fall nicht dem geringſten Bedenken unterliegen kann.
Dieſelbe möge daher hiernach die weiteren Erörterungen anſtellen und
[89] die nöthigen Feſtſetzungen treffen, gegen welche ſowohl dem Seminar,
als der Gemeine der Recurs unbenommen bleibt.


14. Reſcr. v. 2. Januar 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 359.),
betr. die erſte Ausbildung der in den Seminarien gebildeten Elementar-
ſchulamts-Candidaten.


Das Königl. Provinzial-Schulcollegium hat angezeigt, daß die
Beſtimmung der Verordnung vom 18. April 1835, wonach die in den
Seminarien vorbereiteten Elementar-Schulamts-Candidaten ihre erſte
öffentliche Anſtellung in irgend einem Regierungsbezirke der Monarchie
nur unter Zuſtimmung derjenigen Regierung erhalten dürfen, in
und für deren Bezirk ſie als Seminariſten ausgebildet ſind, für die
Provinz Weſtphalen nicht ausreichend ſei, weil in allen drei Regie-
rungsbezirken Seminarien exiſtiren, in welchen die Zöglinge nicht für
einen einzelnen Regierungsbezirk, ſondern für die ganze Provinz ge-
bildet werden. Das Miniſterium nimmt hiervon Veranlaſſung, die
Königl. Regierung aufzufordern, vor Ertheilung der von einzelnen
Candidaten nachgeſuchten Erlaubniß, in eine andere Provinz überzu-
gehen, die beiden andern Königl. Regierungen der Provinz, die zu
einem gleichen Verfahren von hier aus angewieſen ſind, zu befragen,
ob etwa in ihrem Intereſſe das Geſuch zu verſagen ſei.


15. Inſtruction v. 31. Decbr. 1839. (M.-Bl. pro 1840.
S. 94.), betr. die Beaufſichtigung der Privat-Erziehungsanſtalten
und Privatlehrer, ſowie der Hauslehrer, Erzieher ꝛc., beſtimmt, daß
die Zöglinge aus den obern Claſſen der Seminare zum Privatunter-
richte für befähigt und befugt zu erachten ſind. (ſ. Anhang Nr. 31.)


16. Circ.-Reſcr. v. 11. Mai 1840. (M.-Bl. S. 231.) wegen
der von den Kreisphyſikern für Schullehrer-Seminar-Aſpiranten aus-
zuſtellenden Geſundheitsatteſte.


17. Circ.-Reſcr. v. 30. Auguſt 1840. (M.-Bl. S. 358.),
betr. die Bereiſung der Landſchulen durch die Directoren der Schul-
lehrer-Seminare.


In der an ſämmtliche Königl. Provinzial-Schul-Collegien unter
dem 1. Juni 1826. (Annalen S. 358—366.) erlaſſenen Verfügung,
von welcher die Königl. Regierung unter demſelben Datum Abſchrift
erhalten hat, iſt sub Nr. 12. beſtimmt worden, daß die Seminar-
Directoren jährlich während der Ferien einen Theil des Regierungs-
bezirks oder der Provinz, wofür in ihren Anſtalten Lehrer gebildet
[90] werden, commiſſariſch zur Unterſuchung der Landſchulen bereiſen, und
von ihren Beobachtungen und Erfahrungen der betreffenden Königl.
Regierung Bericht erſtatten ſollen. Da dieſe Beſtimmung nicht überall
pünktlich zur Ausführung gekommen iſt, ſo ſieht das Miniſterium ſich
veranlaßt, die genaue Befolgung derſelben um ſo mehr in Erinnerung
zu bringen, als es im weſentlichen Intereſſe der Königl. Regierungen
ſelbſt liegt, daß die Seminar-Directoren fortwährend von dem wirk-
lichen Zuſtande des Elementarſchulweſens in Kenntniß erhalten werden
und Gelegenheit finden, ſich von den Reſultaten der Wirkſamkeit der
Seminare ſelbſt zu überzeugen, damit in dieſen, neben der theoretiſchen
Ausbildung der Zöglinge, auch die praktiſche Fähigkeit derſelben ſtets
die erforderliche Berückſichtigung finde. Zur Erreichung dieſes Zweckes
iſt es nicht nothwendig, daß die Seminar-Directoren jedesmal einen
größeren Theil des Regierungsbezirks, oder einen ganzen Kreis des-
ſelben bereiſen; vielmehr reicht es hin, daß auch nur eine geringere
Anzahl von Schulen beſucht werde, und daß dies, wenn in dem be-
treffenden Seminar für zwei oder drei Regierungsbezirke Schulamts-
Candidaten gebildet werden, in jedem der betheiligten Regierungs-
bezirke alle zwei oder drei Jahre geſchehe. Die Bezeichnung der
Schulen, welche von jetzt ab in den einzelnen Regierungen alljährlich,
respective alle zwei oder drei Jahre von den Seminar-Directoren zu
beſuchen ſind, ſoll, wie das Miniſterium hierdurch beſtimmt, von den
Königl. Regierungen ſelbſt, unter angemeſſener Abwägung der im
Hinblick auf den Zweck zu berückſichtigenden Verhältniſſe, ausgehen.
Die Königl. Regierungen haben darüber den Königl Provinzial-Schul-
Collegien zu einer von dieſen näher zu beſtimmenden Zeit Mittheilung
zu machen, damit danach die Seminar-Directoren Anweiſung erhalten
können. Wegen der von den Directoren zu erſtattenden Berichte
bleibt es bei der sub Nr. 12. der oben angegebenen Verfügung ent-
haltenen Beſtimmung. Die Koſten dieſer im Auftrage der Regierungen
von den Seminar-Directoren unternommenen Reiſen ſind auf den
Diäten- und Fuhrkoſtenfonds der betreffenden Regierung zu über-
nehmen.


18. Cab.-O. v. 20. Mai 1842., publ. durch das Reſcr. v.
29. Mai ej., betr. die Anwendung der deutſchen und polniſchen Sprache
in den Unterrichtsanſtalten des Großherzogthums Poſen. (M.-Bl.
S. 198.)


[91]

Des Königs Majeſtät haben die in der anliegenden, von mir
vollzogenen Inſtruction (Anlage b.) über die Anwendung der deutſchen
und polniſchen Sprache in den Unterrichtsanſtalten des Großherzog-
thums Poſen enthaltenen Grundſätze mittelſt Allerhöchſter Cabinets-
Ordre vom 20. d. M. (Anlage a.) zu genehmigen, und mich zugleich
zu ermächtigen geruht, die Inſtruction den Behörden der Provinz zur
Befolgung zuzufertigen. Indem ich Ew. Hochgeb. ergebenſt erſuche,
dieſelbe nunmehr ſowohl in der Provinz zur öffentlichen Kenntniß zu
bringen, als auch das Königl. Provinzial-Schulcollegium und die
Königl. Regierungen zur genaueſten Beachtung derſelben in dem Maaße,
als deren Ausführung bei dem vorhandenen und künftig nach ihren
Beſtimmungen zu wählenden Lehrerperſonal möglich iſt, gefälligſt an-
zuweiſen, bemerke ich zugleich, daß des Königs Majeſtät meine weiteren
Anträge erwarten, inſofern die Erfahrung bei Anwendung der In-
ſtruction eine Modification einzelner Beſtimmungen angemeſſen er-
ſcheinen laſſen ſollte.


a.


Auf Ihren Bericht vom 4. d. M. genehmige Ich die in der
zurückerfolgenden Inſtruction über die Anwendung der deutſchen und
polniſchen Sprache in den Unterrichts-Anſtalten des Großherzogthums
Poſen enthaltenen Grundſätze, und ermächtige Sie, dieſe Inſtruction
den Behörden der gedachten Provinz zur Befolgung zuzufertigen.
Inſofern die Erfahrung bei Anwendung der Inſtruction eine Modi-
fication einzelner Beſtimmungen angemeſſen erſcheinen laſſen ſollte,
werde Ich hierüber Ihre weiteren Anträge erwarten.


Potsdam, den 20. Mai 1842.


Friedrich Wilhelm.


b.


Inſtruction für das Königl. Provinzial-Schulcollegium und
die Königl. Regierungen der Provinz Poſen, in Beziehung auf die
Anwendung der deutſchen und polniſchen Sprache in den Unterrichts-
Anſtalten der Provinz vom 24. Mai 1842.


Nachdem des Königs Majeſtät Allergnädigſt zu befehlen geruht
haben, daß in den Unterrichts-Anſtalten der Provinz Poſen bei der
Unterweiſung der Jugend von der polniſchen Sprache neben der deut-
ſchen derjenige Gebrauch gemacht werde, welcher Allerhöchſt Ihrer,
in dem Landtags-Abſchiede für die zum ſiebenten Poſenſchen Provinzial-
[92] Landtage verſammelt geweſenen Stände ausgeſprochenen landesväter-
lichen Abſicht entſpreche, ſo wird mit Allerhöchſter Genehmigung dem
Königl. Provinzial-Schulcollegium und den Königl. Regierungen der
Provinz Poſen in Beziehung auf die Anwendung der deutſchen und
polniſchen Sprache in den Unterrichts-Anſtalten der Provinz nach-
folgende Inſtruction ertheilt.


I. Landſchulen.


1) In allen Landſchulen, welche ſowohl von Kindern deutſcher
als polniſcher Abkunft in bedeutender Anzahl beſucht werden, ſollen,
ſoweit die erforderliche Anzahl von Schulamtscandidaten vorhanden
iſt, nur ſolche Lehrer angeſtellt werden, welche ſich bei dem Unterrichte
ſowohl des Deutſchen, als des Polniſchen mit Fertigkeit bedienen
können.


2) Die Lehrer müſſen in dieſen Schulen von beiden Sprachen in
der Weiſe Gebrauch machen, daß jedes Kind den Unterricht in ſeiner
Mutterſprache empfängt.


3) In Schulen, welche vorherrſchend von polniſchen Kindern be-
ſucht werden, iſt die polniſche Sprache, und in Schulen, in welchen
ſich vorherrſchend deutſche Kinder befinden, iſt die deutſche Sprache
Haupt-Unterrichtsſprache.


4) Da die Kenntniß der deutſchen Sprache den polniſchen Ein-
wohnern der Provinz in allen Lebensverhältniſſen faſt unentbehrlich
iſt, und deshalb in vielen polniſchen Gemeinden die Lehrer auch ſchon
bisher auf den Wunſch der Eltern im Deutſchen unterrichtet und die
Kinder im Deutſchſprechen geübt haben; ſo ſoll die deutſche Sprache
in allen Schulen Unterrichtsgegenſtand ſein. Ebenſo ſoll auch in
vorherrſchend deutſchen Gemeinden der Lehrer Unterricht im Polniſchen
ertheilen, wenn es von den Eltern der Kinder gewünſcht wird.


II. Städtiſche Schulen.


1) In den ſtädtiſchen Schulen iſt der Gebrauch der Unterrichts-
ſprache nach der überwiegenden Abſtammung und dem Bedürfniß der
ſie beſuchenden Kinder zu beſtimmen. Auch bei dieſen Schulen ſind,
ſo viel als möglich, ſolche Lehrer anzuſtellen, welche beide Sprachen
verſtehen.


2) In den oberen Klaſſen aller ſtädtiſchen Schulen muß bei dem
hierfür insbeſondere ſprechenden Bedürfniß des Gewerbe- und Handels-
ſtandes der Unterricht in deutſcher Sprache ertheilt, und dafür geſorgt
[93] werden, daß die Schüler bei dem Abgange von der Schule ſich im
Deutſchen mündlich und ſchriftlich geläufig ausdrücken können.


III. Schullehrer-Seminare.


1) An den Schullehrer-Seminaren ſind von jetzt an möglichſt
nur ſolche Lehrer anzuſtellen, welche ſich bei dem Unterricht der deut-
ſchen und polniſchen Sprache mit Fertigkeit bedienen können.


2) Um für die katholiſchen Schullehrer-Seminare der Provinz
die erforderliche Anzahl beider Sprachen kundiger, geiſtig und ſittlich
gehörig vorbereiteter Aſpiranten zu gewinnen, ſollen geeignete Jüng-
linge, welche ſich dem Schullehrerberufe widmen wollen, nach ihrer
Entlaſſung aus der Elementarſchule, zur Aufnahme in die Schul-
lehrer-Seminare von tüchtigen Lehrern vorbereitet werden.


Im Falle der Dürftigkeit erhalten dieſelben während dieſer Zeit
eine Unterſtützung, die Lehrer aber, welche ihre Ausbildung übernehmen,
für ihre Bemühung eine angemeſſene Entſchädigung.


3) Da allen Seminariſten die Kenntniß der deutſchen Sprache
und eine hinreichende Fertigkeit im mündlichen Gebrauche derſelben
für ihren Beruf unentbehrlich iſt, dieſe aber von den Seminariſten
polniſcher Abkunft ohne anhaltende Uebung nicht gewonnen werden
kann; ſo muß der Unterricht in den Seminarien, mit Ausnahme des
Unterrichts in der Religionslehre und bibliſchen Geſchichte, welchen
jeder Zögling in ſeiner Mutterſprache empfängt, wie bisher in deut-
ſcher Sprache ertheilt werden. Indeſſen müſſen die Lehrer bei allen
Unterrichtsgegenſtänden, welche mittelſt der deutſchen Sprache ertheilt
werden, fortwährend auf das ſorgfältigſte darauf achten, ob auch alle
Zöglinge polniſcher Abkunft ihren ganzen Vortrag richtig und voll-
ſtändig verſtanden haben. Wo ihnen dies zweifelhaft iſt, müſſen ſie
ihren Zöglingen das deutſch Vorgetragene nochmals in polniſcher
Sprache wiederholen, und ſie dann veranlaſſen, daſſelbe ſowohl polniſch
als deutſch, wie ſie es aufgefaßt haben, wiederzugeben.


4) Es iſt dahin zu wirken, daß die Lehrbücher, welche bei dem
Unterrichte zu Grunde gelegt werden, in deutſcher und zugleich in pol-
niſcher Sprache abgefaßt werden.


5) Die Seminariſten ſind zu üben und anzuweiſen, den Unterricht
in der Uebungsſchule des Seminars, je nach dem Bedürfniſſe der
Kinder, ſowohl in polniſcher als deutſcher Sprache zu ertheilen.


6) Die Seminarlehrer ſind zu verpflichten, mit den Seminariſten
[94] häufige Wiederholungen in polniſcher Sprache abzuhalten, um ſich die
Ueberzeugung zu verſchaffen, daß dieſe den deutſchen Vortrag richtig
aufgefaßt haben, und im Stande ſind, das vermittelſt der deutſchen
Sprache Erlernte ſowohl in polniſcher, als in deutſcher Sprache klar
und beſtimmt wiederzugeben.


7) Mit dem Seminar zu Paradies ſoll eine kleine Anſtalt für
Waiſen polniſcher Abkunft verbunden werden, damit die Zöglinge dieſes
in völlig deutſcher Gegend liegenden Seminars Gelegenheit erhalten,
ſich vor polniſchen Kindern unter Anwendung der polniſchen Sprache
üben zu können.


IV. Gymnaſien.


1) Das Friedrich-Wilhelms-Gymnaſium zu Poſen und das Gym-
naſium zu Bromberg, ſowie die Realſchule zu Meſeritz, welche faſt
nur von Schülern deutſcher Abkunft beſucht werden, ſind in ihrer bis-
herigen Verfaſſung zu belaſſen.


2) An dem Marien-Gymnaſium zu Poſen, an dem Gymnaſium
zu Trzemeszno und an dem für die ſüdlichen Kreiſe des Großherzog-
thums neu zu errichtenden Gymnaſium gelten folgende Beſtimmungen.


a) Es ſind an dieſen Anſtalten von jetzt an, ſo weit es möglich
iſt, und vorzüglich für die vier unteren Klaſſen ſolche Lehrer anzu-
ſtellen, welche beider Sprachen in hinreichendem Maaße kundig ſind;


b) den Religions-Unterricht erhält jeder Schüler in ſeiner Mutter-
ſprache;


c) in allen übrigen Lehrgegenſtänden bedienen ſich die Lehrer in
den vier unteren Klaſſen bei dem Unterrichte vorzugsweiſe der polniſchen
Sprache, wenden aber die deutſche Sprache neben jener in dem Maaße
an, daß vor allen Dingen der Zweck des Unterrichts, nämlich die klare
und beſtimmte Auffaſſung des Vorgetragenen von Seiten jedes Schü-
lers, ſicher erreicht werde, die Schüler jedoch auch ſpäteſtens bis zu
ihrem Austritt aus Tertia zu dem leichten und richtigen Verſtändniß
der deutſchen Sprache gelangen.


d) Es iſt daher in den vier unteren Klaſſen der Unterricht und
die Uebung im Deutſchen in der Weiſe anzuordnen, daß die Schüler
nicht durch die Unfähigkeit, dem deutſchen Vortrage zu folgen, von
dem Aufſteigen in die beiden oberſten Klaſſen zurückgehalten werden.


e) Von der Secunda an tritt die deutſche Sprache als Haupt-
Unterrichtsſprache ein. Die lateiniſchen und griechiſchen Schriftſteller
[95] werden jedoch abwechſelnd, je nachdem ſich die Lehrer dazu eignen,
polniſch und deutſch überſetzt, und auch mittelſt derſelben Sprache
erklärt. Beim Unterricht in der polniſchen Sprache und Literatur
bleibt das Polniſche Unterrichtsſprache; bei der Mathematik und Phyſik,
ſowie beim Unterricht im Franzöſiſchen, kann daſſelbe auch in den
oberen Klaſſen angewendet werden.


3) In wie weit dieſe Beſtimmungen auch auf das Gymnaſium zu
Liſſa und die Kreisſchule zu Krotoſchin Anwendung finden ſollen, dar-
über wird die Beſtimmung bis dahin vorbehalten, daß die Errichtung
des neuen Gymnaſiums erfolgt, und der Einfluß erkannt ſein wird,
den daſſelbe auf jene Anſtalten äußert. Indeß ſoll einſtweilen auch
bei dem Gymnaſium zu Liſſa und der Kreisſchule zu Krotoſchin mög-
lichſt auf die Anſtellung beider Sprachen kundiger Lehrer Bedacht ge-
nommen werden.


Indem die in vorſtehender Inſtruction enthaltenen Beſtimmungen
von jetzt ab an die Stelle der hierdurch aufgehobenen früher erlaſſenen
Vorſchriften über den Gebrauch der deutſchen und polniſchen Sprache
in den Unterrichts-Anſtalten der Provinz treten, iſt es nicht die Ab-
ſicht, darin eine für immer unabänderliche Regel hinzuſtellen; viel-
mehr bleibt es vorbehalten, dieſe Inſtruction jederzeit nach den bei
ihrer Ausführung zu ſammelnden Erfahrungen, und nach dem wahren
Bedürfniß, wie es die Zeit ergeben wird, im Ganzen oder in einzelnen
Theilen aufzuheben oder zu modificiren.


19. Verordnung v. 9. Decbr. 1842. (G.-S. pro 1843.
S. 1.), betr. die Anſtellung der Directoren und Lehrer an Gymnaſien,
Seminaren ꝛc.


Wir ꝛc. verordnen zur nähern Beſtimmung der Vorſchriften der
Dienſtinſtruction für die Provinzialconſiſtorien v. 23. Octbr. 1817.
§. 6. und 7., der Regierungsinſtruction vom nämlichen Tage §. 18.
lit. a und der Ordre v. 31. Decbr. 1825. lit. B. Nr. 8. wegen An-
ſtellung der Directoren und Lehrer der Gymnaſien, der Schullehrer-
ſeminare
und der zu Entlaſſungsprüfungen berechtigten höheren
Bürger- und Realſchulen, unter Aufhebung der bisher beſtandenen
theilweiſen Suſpenſion dieſer Vorſchriften, auf den Antrag Unſeres
Staatsminiſteriums, was folgt.


§. 1.


Das Recht zur Anſtellung und Beförderung der Lehrer an den
[96] Gymnaſien und Schullehrerſeminaren, und wo dieſe Anſtalten dem
Patronate einer Stadt oder andern Corporation unterworfen ſind,
das Recht zur Beſtätigung der Lehrer ſteht den Provinzial-
Schul-Collegien zu; dieſe müſſen jedoch zur Anſtellung, Beförde-
rung oder Beſtätigung, ſofern ſolche nicht blos einen Hülfslehrer
oder einen auf Kündigung angeſtellten techniſchen Lehrer betrifft, die
Genehmigung des Miniſteriums der geiſtlichen und Unterrichts-An-
gelegenheiten einholen. Auch ſind dieſelben verpflichtet, wenn das
Miniſterium ſich in einzelnen Fällen veranlaßt findet, wegen der An-
ſtellung, Beförderung oder Verſetzung eines Lehrers beſondere Anwei-
ſung zu ertheilen, dieſe Anweiſung zu befolgen. Dem Miniſterium iſt
daher von jeder Erledigung einer Lehrerſtelle ſofort Anzeige zu machen.


§. 2.


Die Beſtimmungen des §. 1. finden auch auf die Anſtellung, Be-
förderung und Verſetzung, ingleichen auf die Beſtätigung der Lehrer
an den zur Entlaſſungsprüfung nach der Inſtruction vom 8. März
1832. berechtigten höhern Bürger- und Realſchulen mit der Maaß-
gabe Anwendung, daß in Beziehung auf dieſe Anſtalten die Regierung
an die Stelle des Provinzial-Schul-Collegiums tritt.


§. 3.


Die Ernennung der Directoren der in den §§. 1. und 2. er-
wähnten Unterrichtsanſtalten, ingleichen die Beſtätigung der Directoren
in den Fällen, wo jene Anſtalten dem Patronate einer Stadt oder
Corporation unterworfen ſind, behalten Wir uns vor.


§. 4.


In den Rechten der Patrone der gedachten Unterrichtsanſtalten
zur Wahl der Directoren und Lehrer wird durch die Beſtimmungen
der §§. 1—3. nichts geändert.


20. Circ.-Reſcr. v. 19. März 1843. (M.-Bl. S. 75.), betr.
die Dispenſirung der Zöglinge des Predigerſeminars zu Wittenberg
vom Beſuche eines Seminars für Elementarſchullehrer.


21. Circ.-Reſcr. v. 22. März 1844. (M.-Bl. S. 103.),
betr. die Ableiſtung der Militairpflicht Seitens der in dem Seminar
zu Gnadenfeldt ausgebildeten Lehrer.


22. Verordnung v. 28. Mai 1846. (G.-S. S. 214.), betr.
die Penſionirung der Lehrer an höheren Unterrichtsanſtalten, mit Aus-
ſchluß der Univerſitäten, §. 1. (ſ. Anhang Nr. 35.)


[[97]]

Dritte Abtheilung.


1. Allgemeine Beſtimmungen über Unter-
richtsgegenſtände, Lehrmittel, Schulange-
legenheiten etc.
2. Verordnungen über Töchterſchulen.


7
[[98]][[99]]

I. Allgemeine Beſtimmungen über Unterrichtsgegen-
ſtände, Lehrmittel, Schulangelegenheiten etc.


1. Conf. zu §. 9. und §. 56. Abthl. I.


2. Anweiſung für die Schullehrer in den Land- und niedern
Stadtſchulen zu zweckmäßiger Beſorgung des Unterrichts der ihnen
anvertrauten Jugend. (Neigeb. S. 71.)


Einleitung.


Jeder chriſtlich geſinnte Unterthan wird aus
dem im Jahr 1788 den 9. Juli erſchienenen Religions-Edict, und
aus den nachmaligen Veranſtaltungen, mit freudigem Dank erkannt
haben, daß es Seiner Königlichen Majeſtät, unſers allergnädigſten
Herrn, ernſtlicher und unabänderlicher Wille iſt, ſo viel Monarchen
dazu thun können, in ſeinem Lande wahre Erkenntniß Gottes in
Chriſto, und ächte Gottſeligkeit auszubreiten. Beſonders müſſen alle
chriſtliche Eltern ihren Landesherrn ſegnen, wenn ſie ſehen, wie ſehr
es ihm anliegt, daß ihre Kinder von der zarteſten Jugend an, ſowohl
zu den für ihren Stand und Beruf nöthigen Kenntniſſen angeführt,
als auch vorzüglich mit der heiligen Schrift und dem in derſelben ent-
haltenen einzigen Weg zu ihrem wahren Heil hinlänglich bekannt
gemacht, und alſo nicht nur zu nützlichen Gliedern der menſchlichen
Geſellſchaft, ſondern auch zu Mitgenoſſen der durch Chriſtum erwor-
benen ewigen Seligkeit erzogen werden. Eben dieſe wahrhaft landes-
väterliche Geſinnung iſt es, welche den Monarchen bewogen hat, die
hier folgende nähere Anweiſung für die Lehrer in ſämmtlichen Evan-
geliſch-Lutheriſchen Land- und niedern Stadt-Schulen, zu zweckmäßiger
Beſorgung des Unterrichts, abfaſſen zu laſſen; in welcher ihnen die-
7*
[100] jenigen Mittel an die Hand gegeben werden, die ſie anwenden müſſen,
um die ihnen anvertraute Jugend ſowohl ſicherer und in kürzerer
Zeit zu den nöthigſten Kenntniſſen zu bringen, als auch ihre Schule
immer in Zucht und guter Ordnung zu halten. Vorläufig aber iſt
Folgendes zu bemerken: 1) Es iſt keinesweges die Abſicht, daß durch
dieſe nähere Anweiſung das im Jahr 1763 den 12. Auguſt erſchienene
General-Land-Schul-Reglement, als nicht mehr gültig, aufgehoben
werden ſolle. Vielmehr werden ſämmtliche Schullehrer auf letzteres,
in Abſicht alles deſſen, was hier nicht entweder im Einzelnen abge-
ändert oder doch näher beſtimmt worden, hiemit aufs neue ausdrücklich
angewieſen, und ihnen vorzüglich die §§. 12. 13. 16. 17. 22. 23. 24.
zur fleißigen Beherzigung und genaueſten Befolgung empfohlen. —
2) Da voraus zu ſehen iſt, daß einige der gegebenen Vorſchriften an
manchen Orten entweder gar nicht, oder doch nicht ſogleich ausge-
führt werden können; ſo wird Ein- für Allemal hier erklärt, daß in
dieſem Fall nach der Abſicht des Monarchen nur das verlangt werde,
was, und wie weit es möglich zu machen iſt. So kann natürlicher
Weiſe in einer allzukleinen und engen Stube das, was von der
nothwendigen Abſonderung der Knaben und Mädchen, der größern
und kleinern, leſenden und buchſtabirenden Kinder vorgeſchrieben wird,
nicht ſo ganz befolgt werden, wie in einer geräumigern Schulſtube.
Ferner kann in mancher Schule, aus mehrern Gründen, das Schreiben
und Rechnen nicht in jedem halben Jahr, nach der hier gegebenen
Vorſchrift getrieben werden (und dergleichen mehr). Man führt
dieſes hier Ein- für Allemal an, und wird es der Klugheit und Treue
der Inſpectoren, Prediger und Schulaufſeher überlaſſen, die Inten-
tion Seiner Königlichen Majeſtät ſo auszuführen, daß bei näherer
Unterſuchung ſich zeige, es ſei alles geſchehen, was, nach den Um-
ſtänden des Orts und der Schule, geſchehen konnte. — 3) Die Er-
fahrung hat hinlänglich gezeigt, daß es unter den Schulhaltern,
beſonders auf dem Lande, viele giebt, denen es nicht an gutem Willen
und an redlicher Geſinnung, wohl aber an Kenntniß einer zweckmäßigen
Lehrmethode, und verſchiedener kleiner Vortheile fehlt, um Aufmerk-
ſamkeit und Ordnung in ihrer Schule zu erhalten. Dieſen gut ge-
ſinnten, aber nicht gehörig unterrichteten Schullehrern hauptſächlich
zu Liebe, ſind die hier gegebenen Vorſchriften zum Theil bis auf das
Einzelne und kleinſte Detail beſtimmt worden.


[101]

§. 1. Wahrer Religions-Unterricht, in welchem die Kinder zur
Erkenntniß deſſen, was zu ihrer Seligkeit und zur chriſtlichen Uebung
ihrer Pflichten in den Verhältniſſen dieſes Lebens gehört, hinlänglich
angeleitet, und zur Benutzung dieſer Erkenntniß in ihren Geſinnungen
und Handlungen gebildet werden, iſt die eigentliche Hauptſache des
Unterrichts in niedern Schulen auf dem Lande und in den Städten.
Der Prediger muß die Kinder aus der Schule in ſeinen nähern Unter-
richt nehmen. Sie müſſen daher aus erſterer folgende Arten der
Tüchtigkeit mitbringen: a) Fertigkeit im richtig und deutlich Leſen.
Hieran fehlt es bisher, allgemein genommen, mehr als man denken
ſollte. — b) Hinlängliche Uebung in dem kleinen Catechismus Lutheri,
den ſie fertig auswendig gelernt haben müſſen. — c) Bekanntſchaft
mit den Hauptſätzen der Glaubens- und Lebenslehre, ſo wie ſie in
dem allgemeinen Catechismus vorgetragen und aus der heiligen Schrift
erwieſen ſind. — d) Gehörige Bekanntſchaft mit der Bibel, ſo daß
ſie die Hauptſtellen zur Erklärung und zum Beweis der Grundwahr-
heiten auswendig anführen können. Auch müſſen ſie geübt ſein, jede
ihnen aufgegebene Stelle in den bibliſchen Büchern ſogleich aufzu-
ſchlagen. — e) Einen Vorrath auswendig gelernter guter Lieder, damit
ihnen im ganzen Leben Erweckungen zur Gottſeligkeit, Abrathungen
vom Böſen, und Ermunterungen zum Guten im Gemüth bleiben. —
Außer dieſen fünf Punkten müſſen ſie ferner f) einige Fertigkeit,
leſerlich und orthographiſch zu ſchreiben, und g) einige Uebung in den
gemeinſten zum Hausweſen nöthigen Rechnungen erlangt haben.


§. 2. Demzufolge müſſen in jeder Land- und niedern Stadt-
Schule die hier genannten Punkte als Hauptſache getrieben werden,
und durchaus keinen andern Nebenarten des Unterrichts nachſtehen.
Am wenigſten wird den Schullehrern geſtattet, mit Zurückſetzung oder
nur nachläſſiger Betreibung dieſer Hauptſtücke, Gegenſtände der Natur-
geſchichte, Geographie ꝛc. mit den Kindern vorzunehmen. Dagegen
wird höchſten Orts für ein Schulbuch geſorgt werden, welches alles
dasjenige enthält, was außer den vorgenannten Punkten, da, wo die
übrigen Umſtände der Schule es zulaſſen, mit den Größern und Ge-
übtern vorgenommen werden kann.


§. 3. Wie nun die §. 1. angeführten Punkte den Lehrern in
allen niedern Schulen auf dem Lande und in den Städten, als der
eigentliche Gegenſtand ihres Unterrichts angezeigt worden; ſo iſt es
[102] auch der Wille Sr. Majeſtät, daß in allen dieſen Schulen ſo viel
als möglich eine gleichförmige Lehrart beobachtet werde. Zu dieſem
Behuf werden den Schullehrern in den folgenden §§. hinlängliche
Vorſchriften gegeben, was ſie I. in Abſicht der allgemeinen Beſchäfti-
gung mit den Schulkindern, im Anfang und Schluß der Lehrſtunden,
(§. 4.), II. in Abſicht des Unterrichts ſelbſt (§. 5.) und III. in
Abſicht der Zucht und Ordnung zu thun haben.


§. 4. Was I. die allgemeine Beſchäftigung betrifft: ſo ſind 1) in
Anſehung der Vorbereitung zur Lehrſtunde, folgende Punkte genau zu
beobachten. a) Der Schullehrer (der ſich zur gehörigen Zeit in der
Schulſtube einfinden muß) ſucht die ſich bei ihm verſammelnde Jugend
ſogleich in Ordnung zu bringen, und ſieht darauf, daß jedes Kind ſich
an ſeinen Ort ruhig hinſetze; daß eine allgemeine Stille herrſche; und
daß ein jedes Kind ſeine Schulbücher bei ſich habe. b) Er ſieht darnach,
ob die Kinder vollzählig ſind, und merkt die Fehlenden an, um ſich
nach dem Grund ihres Außenbleibens erkundigen, und wenn derſelbe
unſtatthaft iſt, bei ſeiner Behörde Anzeige machen zu können. c) Der
Lehrer muß ſeinen Schulunterricht nicht eher anfangen, als bis er
die genaueſte Stille und Ordnung unter ſeinen Kindern bewirkt hat,
und beim Ueberſchauen mit einem ernſthaften geſetzten Blick nichts
mehr findet, was den Unterricht aufhalten kann. — 2) Der Anfang
der Lehrſtunden geſchieht mit Geſang und Gebet, und eben ſo der
Schluß. In Abſicht des Geſangs ſind folgende Regeln zu beobachten:
a) Das für jeden Monat in dem allgemeinen Landes-Catechismus
aufgegebene Lied muß, je nachdem es lang oder kurz iſt, in mehrere
Theile (auch nach dem Inhalt der Verſe) getheilt werden, damit es
in den Vor- und Nachmittagsſtunden beim Anfang und Schluß der
Lection in einen oder zwei Tagen geſungen werden könne, und alſo die
Kinder es auf dieſe Art fertig auswendig lernen. Dieſer Zweck wird
um ſo leichter erreicht werden, wenn der Schulhalter dann und wann
das gelernte Lied aufſagen läßt, und bald dieſen bald jenen Vers, in
und außer der Ordnung, den Kindern abfrägt. b) Der Schullehrer
ſelbſt, oder einer von den älteſten Knaben ſpricht jede Zeile, die ge-
ſungen werden ſoll, (oder wenn der Verſtand es erfordert mehrere
Zeilen) langſam und vernehmlich vor. c) Die Kinder müſſen nur
leiſe ſingen, und der Schulhalter, deſſen Stimme allein vorſchallen
muß, darf nie leiden, daß ein Kind vorſchreie. Denn bei einem
[103] wüſten und lauten Geſchrei lernen die Kinder nie gehörig ſingen.
Wenn eins oder mehrere falſch ſingen, ſo giebt der Schulhalter ein
Zeichen, daß alle einhalten ſollen, und hilft ſodann den falſch ſingenden
in den rechten Ton ein. Dieſes alles wird um ſo leichter gehen, je
mehr der Schullehrer darauf hält, daß langſam und mit gemäßigter
Stimme geſungen wird. Bei dem Gebet muß der Lehrer a) vor allen
Dingen darauf ſehen, daß er durch ſein eignes Beiſpiel die Kinder
zur wahren Ehrfurcht und Andacht erwecke; da er ſonſt durch das
Gegentheil an ihrer Zerſtreuung, Leichtſinn und Gedankenloſigkeit bei
der Gebetsübung Schuld wird. b) Das Gebet ſelbſt muß kurz ſein,
und hauptſächlich die Bitte enthalten: daß der himmliſche Vater um
Jeſu Chriſti ſeines Sohnes willen die Kinder gnädig anſehen, ſie
unter der Leitung des heiligen Geiſtes in ihrer Schularbeit ſegnen,
und zu Menſchen bilden möchte, die in ſeinem Gnadenbund ſtehen,
ihm wohlgefällig und dem Nächſten in dem von Gott ihnen ange-
wieſenen Beruf nützlich werden, damit ihr ganzes Leben eine Vorbe-
reitung zur ſeligen Ewigkeit ſei. c) Im Schlußgebet dankt er im
Namen der Kinder für die Gnade des chriſtlichen Unterrichts, erbittet
für alle Verſündigungen durch Leichtſinn, Ungehorſam ꝛc. die väter-
liche Vergebung durch Chriſtum, und empfiehlt die Kinder der Auf-
ſicht des Geiſtes Gottes auch außer der Schule, damit ſie die Freude
ihrer Eltern werden, und an Gnade bei Gott und den Menſchen zu-
nehmen mögen. — 3) Bei dem Auswendiglernen der monatlich auf-
gegebenen Pſalme und Hauptſprüche zum Beweiſe der im Catechismus
vorgetragenen Lehren, (wozu auch am Sonnabend das Leſen der
evangeliſchen und epiſtoliſchen Texte kommen kann) iſt Folgendes zu
beobachten: a) Der Schulhalter ſpricht entweder ſelbſt, von Vers zu
Vers (oder nach den Hauptabſchnitten des Verſes), den Pſalm oder
Spruch vor, oder er läßt dieſes von einem der fertigſten Knaben thun,
und zwar bald von dieſem, bald von jenem; das auf dieſe Art Vor-
geſprochene müſſen ſämmtliche Kinder, ſogleich, nicht allzulaut, aber
doch verſtändlich, nachſprechen; wobei darauf zu ſehen iſt, daß keines
ſtillſchweigt, oder Wörter verſchluckt. b) Der Schullehrer muß allen
Fleiß daran wenden, daß ſowohl bei dem Vorſprechen, als bei dem
Nachſprechen ſämmtlicher Kinder, Ton und Nachdruck auf die Worte
gelegt werden, auf welche es ankommt; damit der äußerſt widrige,
ſingende und einförmige Mißklang, mit welchem die Kinder gewöhnlich
[104] eine bibliſche Stelle herſagen, ſich aus den Schulen verliere. c) Pſal-
men, längere Sprüche, evangeliſche und epiſtoliſche Texte werden
eben ſo wie die Lieder, in mehrere Abſchnitte vertheilt, damit es den
Kindern leichter werde, ſie auswendig zu lernen. d) Wenn der Schul-
lehrer glaubt, daß die Kinder den aufgegebenen Pſalm ꝛc. wiſſen
können, ſo läßt er ihn, wie vorher bei den Liedern angemerkt worden,
von den Kindern einzeln herſagen. Desgleichen läßt er diejenigen,
welche leſen können, den Pſalm oder die Stelle in der Bibel laut
vorleſen; wobei die übrigen zuhörenden Kinder aufmerken, ob der
Vorleſer überall den Ton recht geſetzt hat, auch wohl, wenn hierin
gefehlt worden, dieſes ſogleich ſelbſt mit deutlicher Stimme, jedoch
ohne Geſchrei, verbeſſern müſſen. — 4) In den allgemeinen Ermah-
nungen, im Anfang oder Schluſſe der Lehrſtunden ſtellt der Schul-
lehrer den Kindern herzlich und liebreich, aber kurz vor: „welche Ehr-
furcht, Liebe und Gehorſam ſie dem Vater im Himmel ſchuldig ſind,
der ſeinen Sohn für ſie Menſch werden ließ und in den Tod dahin
gab; der ſie bei allen ihren Unarten und Verſündigungen liebt, er-
nährt und kleidet; der ſie in ſeinem Wort unterrichten und zu Mit-
genoſſen der unbegreiflichen Herrlichkeit des künftigen Lebens erziehen
läßt.“ Er ſucht den Kindern einzuprägen: „wie unendlich werth ihnen
Jeſus, ihr Heiland, ſein müſſe, der ihre Sünden und deren Strafe
auf ſich genommen, und ihnen mehr erworben habe, als ſie bitten
oder verſtehen können, da ſie alle zeitliche und ewige Glückſeligkeit
nur deswegen erwarten können, weil er am Kreuz für ſie geſtorben;
daß ihnen alſo keine Pflicht heiliger ſein müſſe, als die, daß ſie dieſen
ihren Heiland aufs herzlichſte lieb haben, und ſehnlich darnach trachten,
ihre Liebe durch willigen Gehorſam gegen ſeine Gebote zu beweiſen.“
Er ſtellt ihnen dringend vor: „daß ſie den Geiſt Gottes betrüben
und ihm widerſtreben, wenn ſie ohne an Gott zu denken dahin leben,
wenn ſie das Gebet vernachläſſigen, ihre Eltern durch Ungehorſam,
Müßiggang, Lügen, Zankſucht und Muthwillen beleidigen; und daß
es das größte Unglück ſei, wenn Gott ſeinen Geiſt von ihnen nehmen
muß.“ Ein treuer Schullehrer, der das Chriſtenthum ſich für ſeine
eigene Perſon zur Hauptſache macht, und das wahre Heil der ihm
anvertrauten Kinder auf ſeinem Herzen trägt, wird gern und mit
aller Treue die Gelegenheit benutzen, wo er auf dieſe Art einen
Segen in die Seelen der Kinder legen kann. Dagegen ein Schul-
[105] lehrer, dem dieſes ſchwer fiele, eben dadurch beweiſen würde, daß er
weder für ſeine eigene Seele ſorgt, noch die erſte und wichtigſte
Pflicht ſeines Lehramts kennt.


§. 5. Was nun II. den eigentlichen Unterricht ſelbſt betrifft, ſo
iſt zuvörderſt überhaupt Folgendes anzumerken: a) Der Schullehrer
muß keinen Theil deſſelben für geringfügig halten, und etwa nur
obenhin treiben. Er hat nichts gethan, wenn er nicht in einer jeden
Art des Unterrichts das geleiſtet hat, was geleiſtet werden konnte. —
b) Eben ſo wenig muß eine Art des Unterrichts deswegen, weil etwa
mit erwachſenen Kindern eben jetzt eine andere vorzunehmen iſt, zu-
rückgeſetzt oder auch nur vernachläſſiget werden. Der Lehrer muß
ſich zu gewöhnen ſuchen, ſeine Aufmerkſamkeit auf alle gleich zu ver-
theilen, ſo verſchieden ihre Schularbeiten ſein mögen, und ein jedes
Kind in dem, was es thun muß, gehörig zu beſchäftigen.


§. 6. Der Unterricht in der Buchſtabenkenntniß und im Buch-
ſtabiren erfordert vorzüglichen Fleiß, Unverdroſſenheit und pünktliche
Beobachtung der Vorſchriften, durch welche das Schleppende und Un-
zweckmäßige, welches dieſen Theil des Unterrichts bisher verdarb, und
ohne Noth in die Länge zog, völlig abgeſtellt wird. Man kann mit
Recht gewiſſermaßen ſagen: daß der Schullehrer bei dieſer erſten und
gewöhnlich verachteten Beſchäftigung entſcheidende Proben ſeiner Tüchtig-
keit und ſeines Fleißes ablegt, wenn er die Kinder in ein paar Mo-
naten (wie es in der That in manchen Schulen geleiſtet worden) im
Buchſtabiren zu einer hinlänglichen Fertigkeit bringt, um hernach ohne
viele Mühe leſen zu lernen. Höchſt unzweckmäßig und ſchädlich hin-
gegen iſt es, wenn der Schullehrer kleine Kinder unbeſchäftigt da ſitzen
läßt, und blos dann und wann eines nach dem andern aufruft, um
(wie man es nennt) aufzuſagen: indem dies nur ſelten herum kommt,
und alſo die Kinder in langer Zeit müßig bleiben und nichts lernen.
Anſtatt dieſes in ſo vielen Schulen üblichen nachläſſigen Ganges,
werden hiermit folgende Vorſchriften empfohlen: 1) In jeder zu
dieſem Unterricht beſtimmten Schulſtube muß, wo möglich, eine große
ſchwarze Tafel an der Wand hängen, und zwar ſo, daß ſie von allen
Kindern, welche die Buchſtaben kennen lernen ſollen, völlig geſehen
wird, und daß der Schullehrer nicht in die Höhe ſteigen darf, um
etwas auf dieſelbe zu ſchreiben. — 2) Auf dieſe Tafel ſchreibt nun
der Lehrer (oder wenn ſie, wie unten angezeigt iſt, zum Einſchieben
[106] der Täfelchen eingerichtet iſt, ſchiebt er) einen Buchſtaben, wie er ge-
druckt ausſieht, nebſt der Zahl, die ihn im Alphabet bezeichnet und
den ihm gleichgeltenden geſchriebenen Buchſtaben. Alsdann verſam-
melt er die Kinder, welche den Buchſtaben lernen ſollen, läßt ſie in
ihren ABC-Büchern denjenigen Buchſtaben aufſuchen, der eben ſo
ausſieht, wie der angeſchriebene oder eingeſchobene. Er ermuntert die-
jenigen, die ihn bald finden, zeigt den andern, die ihn falſch angeben,
ihren Irrthum, und verſucht, ob einige unter ihnen den Unterſchied
der Figur des Falſchen von dem Wahren angeben können; läßt dieſe
Zeichen von mehrern, ſonderlich aber von dem irrenden Kinde, wieder-
holen, bis alle denſelben Buchſtaben haben. Nun nennt er ihn laut,
läßt dieſen Namen, bald von allen zuſammen, bald von einem jeden
beſonders, ſo lange wiederholen, bis die Kinder ihn hinlänglich ken-
nen. Hierauf läßt er die Bücher zumachen, verdeckt mit der Hand
den Buchſtaben an der Tafel, fragt nach dem Namen deſſelben, läßt
ſodann die Kinder alle wegſehen, ſchreibt oder ſchiebt einen andern
hin, nennt den vorigen und fragt, ob’s derſelbe ſei, u. ſ. w. Auf
eben dieſe Art macht er den Kindern die Zahl bekannt; und hier-
nächſt zeigt er ihnen in einem Schreibebuch den auf der Tafel neben
der Zahl ſtehenden Schreib-Buchſtaben, bis jedes einzelne Kind auch
dieſen gehörig kennen gelernt hat. Bei dieſer Methode wird der
Lehrer zuverläſſig in ſehr kurzer Zeit auch die kleinſten Kinder, durch
das gemeinſchaftliche Anſehen, Benennen und Errathen, mit den
Buchſtaben und Ziffern hinlänglich bekannt machen. — 3) Sobald
das geſchehen, fängt er an, irgend einen Buchſtaben, der mit mehrern
einige Aehnlichkeit hat (z. E. a, c, e, g, o; ferner n, m ꝛc.) lang-
ſam zu ſchreiben, und läßt, wenn er den erſten Zug gemacht hat, die
Kinder errathen, welcher Buchſtabe das wohl werden würde? wobei
er Gelegenheit hat, die Unterſcheidungskennzeichen eines jeden zu
wiederholen, um die Kinder dahin zu bringen, daß ſie beim erſten
Anblick den Buchſtaben ſogleich kennen. — 4) Endlich läßt er diejenigen
Kinder, welche alles am erſten und beſten gefaßt haben, vortreten,
giebt ihnen Kreide, und führt ihnen die Hand an der Tafel, um einen
Buchſtaben, welchen ſie wollen, hernach einen andern, den er ihnen
aufgiebt, und ſo mit der Zeit alle zu ſchreiben; wobei er auch falſch
ſchreiben, und die andern rathen und verbeſſern laſſen kann. —
5) Sobald die Kinder die Buchſtaben fertig kennen, ſetzt der Lehrer
[107] Vocale und Conſonanten zu Sylben zuſammen (wozu in den ABC-
Büchern Anleitung genug iſt); läßt die Kinder wieder die Buchſtaben
rathen und nennen, die angeſchriebenen Sylben in ihren ABC-Büchern
aufſuchen, und hernach zuſammen ausſprechen. Dieſe Uebung wird
ſo lange fortgeſetzt, bis jedes Kind alle ihm vorgelegten Sylben ſo-
gleich kennt und ausſprechen kann. Und auch dann müſſen dieſe Ue-
bungen, wär’s auch nur jedesmal einige Minuten, erſt täglich, und
hernach, bei zunehmender Fertigkeit der Lernenden, wöchentlich einige-
mal wiederholt werden. — 6) Alsdann iſt es Zeit, die Kinder, zuerſt
in ihrem ABC-Buch, und hernach in der Bibel, im Catechismus, Ge-
ſangbuch ꝛc. ꝛc. im Buchſtabiren zu üben. Dieſes geſchieht auf fol-
gende Art: a) Alle Kinder ſchlagen eine und dieſelbe Stelle in ihrem
Buch auf. b) Der Lehrer theilt die buchſtabirenden Kinder in drei
Abtheilungen. Die eine muß die Buchſtaben, welche eine Sylbe aus-
machen, nennen. Die zweite muß anzeigen, ob alle zuſammengehörenden
Buchſtaben genannt ſind, oder ob einer fehlt, oder zu viel iſt, und
alſo die Sylbe beſtimmen. Die dritte muß die Sylbe ausſprechen.
c) Dieſe Beſchäftigung muß wechſeln, ſo daß jede Abtheilung der
Kinder zum Anzeigen der Buchſtaben, Beſtimmen der Sylben und
Ausſprechen kommt. Ein andermal kann ein Kind aufgerufen werden,
welches die Buchſtaben nennt; ein anderes, welches die Sylben be-
ſtimmt; ein drittes, welches ſie ausſpricht. Durch öfteres und man-
nigfaltiges Abwechſeln bei dieſer Uebung erhält der Lehrer den großen
Vortheil, daß ein jedes Kind beſtändig aufmerkt, indem es nie weiß,
ob es wieder aufgerufen werde. Der Lehrer muß aber genau darauf
halten, daß keins von den Kindern entweder gar nicht ins Buch, oder
auf eine fremde Sylbe ſehe. — 7) Eine höchſtnöthige und oft zu wie-
derholende Uebung iſt das ſogenannte Buchſtabiren aus dem Kopf; da
der Schullehrer eine Sylbe, in der Folge mehrere, und endlich ganze,
auch längere und ſchwere Wörter ausſpricht, und hernach eine Ab-
theilung der Kinder die zu dieſer Sylbe oder dieſem Wort gehörenden
Buchſtaben errathen, die 2te die Sylbe beſtimmen, und alsdann alle
zuſammen ſie ausſprechen läßt. Zu dieſen Uebungen können in der
Folge vorzüglich ſchwere Namen, etwa aus dem 12ten und folgenden
Capiteln des Buchs Joſua, und aus Matth. 1. und Luc. 3. genom-
men werden, wodurch den Kindern das nachmalige Leſen in der Bibel
um ſo mehr erleichtert wird. Der Lehrer kann auch die Buchſtaben,
[108] welche ihm die Kinder zu ſolchen Sylben und Wörtern angeben, ſo
wie ſie geſchrieben werden, an die Tafel malen, damit ſich dieſe Figuren
den Kindern um ſo mehr einprägen, welches ihnen in der Folge, wenn
ſie ſelbſt ſchreiben lernen, ſehr zu ſtatten kommen wird. — 8) Zuletzt
iſt noch anzumerken, daß die größern Schulkinder während der Zeit,
daß der Schulhalter ſich mit den kleinern auf dieſe Art beſchäftigt,
ihre Schreib-Uebungen vornehmen müſſen, weil ſie in dieſer Art der
Arbeit weder von den Buchſtabirenden geſtört werden, noch auch ihnen
Störung verurſachen können.


§. 7. Weil die Kinder gewöhnlich im Frühjahr und Herbſt zum
erſtenmal zur Schule geſchickt werden, ſo iſt mehrentheils der An-
fang im Buchſtabiren und Leſen für jeden halbjährigen Zuwachs der
Schule gleich, und können dieſe neuangekommenen Kinder nach zwei
Monaten (vielleicht noch früher, wenn ſie ordentlich die Schule be-
ſuchen und der Lehrer wahren Fleiß anwendet) ſogleich und zuſammen
zum Leſen angeführt werden. Der Unterricht im Leſen muß nach
folgender Vorſchrift gegeben werden: 1) Alle Schulkinder, die größern
ſo wie die kleinen, müſſen einerlei Stück, welches geleſen werden
ſoll (anfänglich im ABC-Buch, nach einigen Wochen in der Bibel,
und zwar die auswendig zu lernenden Sprüche nach weitern Fort-
ſchritten, im Geſangbuch und Catechismus), aufſchlagen. Dieſes
Aufſchlagen muß ſo lange geübt werden, bis ſie nach einer gegebenen
Pagina alles ohne Zeitverluſt finden können; wobei ihnen die Kenntniß
der Zahlen, die ſie (nach §. 6.) zugleich mit der Buchſtabenkenntniß
empfingen, ſehr zu ſtatten kommt. — 2) Nun wird aus dem Buch,
welches alle Kinder haben, (alſo zuerſt aus dem ABC-Buch, als
welches alle, auch die größern, in der Zeit, da die Leſeübung ange-
fangen wird, mitbringen müſſen) eine gewählte Stelle, anfänglich,
wie §. 5. vorgeſchrieben, von ſämmtlichen in Claſſen eingetheilten
Schulkindern buchſtabirt; wenn das geſchehen, theilt eine Claſſe jedes
Wort in ſeine Sylben ab (bei einſylbigen Wörtern ſagen die Kinder
nichts weiter, als: ganz; bei mehrſylbigen z. E. von A—L; von
L—S ꝛc. ꝛc.); und alle übrigen ſprechen das ganze Wort aus. —
3) Iſt das ganze Stück ſo durchbuchſtabirt, ſo lieſet der Schullehrer
laut, langſam und mit gehöriger Tonſetzung, und alle Kinder ſprechen
es ihm leiſe, doch verſtändlich, nach (wie beim Singen §. 4). —
4) Hiebei muß der Lehrer darauf ſehen, daß ein jedes Kind gerade
[109] das Wort, welches jetzt ausgeſprochen wird, anſieht, und zu dem Ende
bald dieſes, bald jenes auf das Wort hinzeigen laſſen. — 5) Alsdann
ſchweigt der Lehrer, und läßt die Kinder ſämmtlich allein leſen,
(jedoch immer daſſelbe Stück) giebt aber bei jedem Falſchleſen, Ver-
ſchlucken der Sylben, bei falſcher commatiſcher Abtheilung, und un-
rechter Tonſetzung ſogleich ein Zeichen, daß eingehalten werden ſoll;
fragt dabei nach der Urſache, warum er einhalten laſſen; verbeſſert
ſogleich den begangenen Fehler, wenn diejenigen Kinder, welche ihn
gefunden haben, ihn nicht ſelbſt gehörig verbeſſern können, und läßt
nun das Vorhergeleſene noch einmal leſen, bis alles richtig wird. —
6) Eben daſſelbe Stück läßt der Lehrer nun von einem Kinde der
1ſten, 2ten oder 3ten Abtheilung leſen, ruft ſogleich die andern, bald
einzeln, bald alle auf, um fortzufahren: dadurch erreicht er auch hier
den Zweck, daß ſämmtliche Schulkinder zur ununterbrochenen Auf-
merkſamkeit gewöhnt werden. — 7) Nun nimmt der Schullehrer,
nach Belieben, einen Theil des geleſenen Stücks, fängt an, ihn an
die Tafel zu ſchreiben, und läßt die kleinen Kinder erſt rathen, wel-
cher Theil es ſei; ſodann läßt er ſich von ihnen dictiren, ſchreibt
falſch, läßt Worte aus ꝛc. ꝛc. und fragt: ob es recht iſt oder nicht?
läßt auch von denjenigen Kindern, welche ſchreiben können, dieſe
Uebung wiederholen. — 8) Endlich folgt die Uebung im Geſchwind-
leſen. Der Lehrer fängt an, das vorhergeleſene Stück geſchwinder zu
leſen, als gewöhnlich, und bemerkt genau jedes Kind, welches im Buch
zurück bleibt. Nun macht er 1) aus denen, die nicht zurück bleiben,
2) die nicht völlig mit fort kamen, und 3) die den Zuſammenhang ganz
verloren, verſchiedene Abtheilungen, läßt die Kinder einer jeden der-
ſelben ſo geſchwind leſen, als ſie können, da dann dasjenige, welches
zurück blieb, in die nächſt untere Abtheilung kommt u. ſ. w. Eben
dieſe Uebung läßt er die Kinder unter einander anſtellen; da eins,
welches fertig lieſet, ſeine Stelle vertreten muß, bis er’s dadurch ſo-
weit bringt, daß alle das geleſene Stück geſchwinder, als gewöhnlich,
ableſen können, welches bei fortgeſetzter Uebung ſeinen Nutzen bald
zeigen wird. — 9) Sobald alle Kinder wenigſtens richtig (wenn auch
nicht gleich geſchwind) leſen können, wird dieſe Art der Uebung wö-
chentlich nur einigemal vorgenommen; dagegen muß das Leſen des
kleinen Catechismus Lutheri, wie auch das Auswendigherſagen deſſelben
fleißig fortgeſetzt und wiederholt werden, damit alle Kinder denſelben
[110] fertig lernen. — 10) Zuletzt wird der Schullehrer ſehr wohl thun,
wenn er die Eltern der Kinder zu bewegen ſucht, daß ſie ſich von
letztern das monatliche Lied, den Pſalm, oder die in der Schule
geleſenen Hauptſprüche zu Hauſe vorleſen laſſen. Den Größern und
fertig Leſenden kann er ein Capitel aus der Bibel (etwa eine Ge-
ſchichte enthaltend, z. E. 1 Moſ. 22.), ganz oder ſtückweiſe aufgeben,
welches ſie den Eltern vorleſen und ſich ſelbſt bekannt machen müſſen,
damit er es hernach in der Schule bei der Catechiſation zum Grunde
legen könne.


§. 8. Die Catechiſation iſt das vorzüglichſte, was der Schullehrer
in ſeinem Religions-Unterricht thun kann. So leicht manchem dieſe
Beſchäftigung ſcheinen mag, ſo viel gehört dazu, wenn ſie mit wahrem
Nutzen getrieben werden ſoll. Ein nicht genug gekannter und ge-
ſchätzter Vortheil, den daher kein Schullehrer aus der Acht laſſen
muß, iſt dieſer: daß er für ſeine Perſon ſich auf’s allerbeſte mit der
heil. Schrift bekannt mache. Denn da auch der gelehrteſte und ge-
übteſte Prediger ohne gründliche Bekanntſchaft mit der heil. Schrift
keinen wahren Unterricht im Chriſtenthum geben, noch denſelben den
Kindern durchs Catechiſiren hinlänglich nutzbar und faßlich machen
kann; ſo läßt ſich dieſes von einem unſtudirten und im Denken nicht
genugſam geübten Mann noch weit weniger erwarten, wenn ihm die
Wahrheit nicht aus dem göttlichen Wort ſo bekannt geworden iſt,
daß ſie ihm in der Art, wie ſie in der Bibel vorgetragen wird, immer
vorſchwebt. Dagegen lehrt die Erfahrung, daß auch Ungelehrte, wenn
ihnen das göttliche Wort im Munde und Herzen nahe iſt, (Röm.
10, 8.) und ſie demſelben in treuem Gehorſam folgen, mit vielem
Segen andere im Chriſtenthum unterrichten und erbauen können.
Es wird daher allen Schullehrern das fleißige und andächtige Bibel-
leſen als heilige Pflicht ans Herz gelegt; und werden zugleich In-
ſpectoren und Prediger ermahnt, ihre Schullehrer bei jeder ſchicklichen
Gelegenheit dringend dazu anzuhalten: indem ganz unleugbar unter
mehrern Schullehrern von ſonſt gleichen Gaben und Fähigkeiten der-
jenige zum Religionsunterricht der tüchtigſte iſt, der dieſe Pflicht vor-
züglich beobachtet hat.


§. 9. Nächſtdem, was hier vom Bibelleſen überhaupt geſagt
worden, muß ſich der Schullehrer auf den Religionsunterricht des fol-
genden Tages durch Nachſchlagen der im Catechismus angeführten
[111] Schriftſtellen hinlänglich vorbereiten. Kann er eine bibliſche Geſchichte
finden, die mit dem, was im Catechismus folgt, in Verbindung ſteht,
(z. E. bei der Lehre von der Allmacht Gottes, den Durchgang der
Kinder Iſraels durchs rothe Meer; bei der Lehre von der Gottheit
Chriſti, ſeine göttlichen Wunder, die Sättigung der 5000 Mann, die
Auferweckung Lazari ꝛc. ꝛc.; bei dem 4ten Gebot die Geſchichte der
Rehabiten, u. ſ. w.); ſo kann er dergleichen Stellen den Kindern, wie
§. 7. angezeigt worden, zum Durchleſen in Gegenwart der Eltern
aufgeben. Dieſe Stellen läßt er hernach in der Schule leſen, wobei
er jeden Umſtand, der erzählt wird, den Kindern abfrägt; die ihm
dann ſehr leicht antworten werden, wenn er ſeine Fragen ſo einrichtet,
als wiſſe er nicht, was vorgegangen, oder als vermuthe er das,
was ein jeder vermuthen müßte, dem die Erzählung der Bibel nicht
bekannt wäre; desgleichen, wenn er in ſeinen Fragen das Gegentheil
von dem, was erzählt wird, vorträgt ꝛc. ꝛc. Bei einiger Uebung und
bei dem redlichen Sinn nützlich zu werden, wird ihn die Willigkeit
der Kinder, ihn über ſeine Fragen zu belehren, bald zu einer Fertig-
keit bringen, die er vielleicht nie zu erlangen glaubte. Auch wird er
Gelegenheit genug haben, bei ſolchen Unterredungen ſich auf andre
ähnliche Schriftſtellen zu beziehen, einige Verſe aus guten Liedern
anzuführen, den Kindern zu ſagen, wie er zu Gott gebetet haben
würde, wenn er die erzählte Geſchichte erlebt hätte (z. E. wenn er unter
den 5000 Männern geweſen wäre, die im äußerſten Hunger doch immer
bei Jeſu ausharrten, um von ihm Worte des ewigen Lebens zu
hören u. ſ. w.). Dieſes wird zugleich unvermerkt eine Anweiſung
zum Beten ſein, die gewiß nicht ohne Nutzen bleibt. Endlich kann
der Lehrer bei ſolchen Gelegenheiten manche gute Ermahnung an-
bringen, welche die Kinder um ſo weniger bald vergeſſen werden, weil
ſie mit der ihnen lebhaft dargeſtellten Geſchichte verbunden war. —
1) Da die heilige Schrift, ſonderlich im alten Teſtament und in den
Evangeliſten, welche das Leben und die Thaten Jeſu erzählen, ſo viele
merkwürdige Geſchichten enthält; ſo wird nicht leicht eine Religions-
wahrheit übrig dleiben, zu deren Erlernung die Kinder nicht durch
irgend eine bibliſche Geſchichte ſehr nützlich vorbereitet werden könnten.
— 2) Von dieſer Art der Betrachtung muß dann der Lehrer zu den
im Catechismus enthaltenen Lehren ſchreiten; wobei er Folgendes zu
bemerken hat: 1) Er ſelbſt lieſet die Frage, und die Kinder leſen
[112] ſogleich die zu derſelben gehörige Antwort. 2) Nun fängt er an die
Antwort in ihre weſentlichen Beſtandtheile zu zerlegen, z. E.: „Die
chriſtliche Lehre iſt eine Unterweiſung zur Seligkeit durch den Glau-
ben an Jeſum Chriſtum.“ Hier liegen folgende Sätze: a) Die chriſt-
liche Lehre geht dahin, daß der Menſch ſelig werden ſoll. b) Der
Menſch weiß von ſelbſt nicht, wie er ſelig werden ſoll. c) Er muß
alſo dazu angewieſen werden; es muß ihm geſagt werden, was zu
ſeiner Seligkeit nöthig iſt, was er zu dieſem Zweck thun, und was er
meiden muß, wie er ſich eine Hülfe, die ihm dazu angeboten wird,
zu Nutze machen ſoll. d) Die Seligkeit kann nur durch Jeſum
Chriſtum erlangt werden. e) An den ſoll der Menſch glauben. Er
ſoll die Seligkeit nicht bei ſich oder andern ſuchen und erwarten;
ſondern Jeſus Chriſtus ſoll ihm die einzige Urſach der ewigen Seligkeit
ſein (Ebr. 5.). Jemehr der Lehrer auf dieſe Art ſelbſt über jeden
Satz des Catechismus nachdenkt, je beſſer wird ihm dieſe von ſo
vielen für allzu ſchwer ausgegebene Arbeit von ſtatten gehen, und je
mehr wird der Zweck ſeines Religionsunterrichts bei den Kindern er-
reicht werden. — 3) Um die auf ſolche Art ſtückweiſe vorgelegte
Antwort den Kindern deſto mehr einzuprägen, iſt es gut, wenn er zu-
weilen das Gegentheil fragt; z. E.: Geht die chriſtliche Lehre dahin,
daß der Menſch reich werden ſoll? oder geehrt? oder daß er ohne zu
arbeiten, gute Tage auf der Welt haben könne? Ferner: War nicht
der reiche Mann (Luc. 16.) ein recht ſeliger, und Lazarus ein recht
glücklicher Menſch? ꝛc. Die Antworten der Kinder werden ihm ſo-
gleich zeigen, ob ſie die Sache verſtanden haben, oder nicht. — 4) Er
muß die im Catechismus angeführten bibliſchen Beweisſtellen immer
gleich zu Hülfe nehmen, und was auswendig zu lernen aufgegeben
war, ſich herſagen laſſen, vorzüglich aber die Kinder auf diejenigen
Worte aufmerkſam machen, welche eigentlich das, was in der Ant-
wort ſtand, beweiſen. Bei fleißig fortgeſetzter Arbeit dieſer Art, werden
die Kinder unvermerkt mit der heiligen Schrift ſo bekannt geworden
ſein, daß ſie ſogleich weiter fortfahren können, wenn der Lehrer
eine ähnliche bibliſche Stelle mit ihren Anfangsworten anführt.
Und wohl dem Schullehrer, der auf dieſe Art einen Schatz von Wahr-
heiten in das Herz der Kinder gelegt hat, die ihnen noch in ſpäten
Alter zum Troſt und zur Erweckung dienen, und ein Segen für Zeit
und Ewigkeit ſein können. — 5) Das Weſentlichſte von dem, was
[113] bei jeder Frage und Antwort auf dieſe Weiſe abgehandelt worden,
muß ſogleich wiederholt werden. Der Lehrer läßt die Kinder ihr Buch
zumachen, und befragt bald Einen, bald Mehrere, bald Alle, über
das, was vorgetragen war. Am folgenden Tage wird dieſe Wieder-
holung nochmals ſo kurz, wie möglich, erneuert. Wie denn der
Schullehrer überhaupt genau darauf merken muß, daß er bei jeder
neu vorkommenden Lehre das Vorige, welches ſich auf dieſe bezieht,
nicht aus der Acht laſſe.


§. 10. Der Unterricht im Schreiben wird auch den kleinſten An-
fängern um ſo faßlicher ſein, je ſorgfältiger der Lehrer das, was §. 6.
beim Buchſtabiren feſtgeſetzt iſt, beobachtet hatte. Es kommt hiebei
nur noch auf folgende Punkte an, nach welchen der Schullehrer ſich
in dieſer Beſchäftigung richten muß: 1) Die Kinder, welche ſchreiben
lernen, müſſen mehr, als bisher in den meiſten Schulen geſchehen,
beſchäftiget werden. Das gewöhnliche einförmige Vorſchreiben der
einzelnen Buchſtaben, welches oft ſchon allein ſogenannte Schreibe-
Bücher von mehrern Bogen erfordert, verleitet ſie nur allzuleicht zur
Nachläßigkeit und zum Müßigſein. Der Lehrer muß gleich mit Buch-
ſtaben, Sylben und Wörtern, auch Ziffern wechſeln, und das Ver-
ſprechen hinzufügen, daß, wenn die vorgeſchriebenen Buchſtaben ꝛc.
gehörig nachgemacht werden, ihnen alsdann bald ganze Zeilen vorge-
ſchrieben werden ſollen. — 2) Es muß ſorgfältig darauf geſehen
werden, daß die Kinder jedesmal auch wirklich ſchreiben, weil ohne
dieſe genaue Aufſicht gewöhnlich allerlei Ungezogenheiten aus Langer-
weile einreißen. — 3) Wenn einige vorgeſchriebene Zeilen erträglich
leſerlich und mit ſichtbarem Fleiß nachgemacht ſind, ſo legt der Schul-
halter den Kindern eine bibliſche Stelle zum Abſchreiben vor. So
lange aber noch unreinlich und nachläſſig geſchrieben wird, muß die
erſte Vorſchrift immer aufs neue nachgemacht werden, bis die Kinder
zur Ordnung gewöhnt ſind. — 4) Das ſogenannte Corrigiren heißt
gar nichts, wenn der Schullehrer, wie in den meiſten Schulen ge-
ſchieht, ſich bloß die Schreibebücher geben läßt, hie und da einen
Buchſtaben ausſtreicht und ändert, und ſodann den Kindern ihre
Bücher zurück giebt, ohne ſie über ihre Fehler und deren Verbeſſerung
hinlänglich belehrt zu haben. Das, was offenbar nachläſſig geſchrieben
worden, muß ohne weiteres Corrigiren durchgeſtrichen werden. Das
Corrigiren muß bloß eine Belohnung ſein, für diejenigen Kinder,
8
[114] welche die gehörige Sorgfalt auf ihre Arbeit gewandt haben. Dieſe
kann der Lehrer einzeln vornehmen, ſie ſelbſt errathen laſſen, welche
Buchſtaben und auf welche Art ſie fehlerhaft ſind, und nun erſt ändert
er dieſe. Die Kinder ſchreiben alsdann die geänderten Buchſtaben
aufs neue nach, bis ihnen die Züge geläufig werden. Zuweilen kann
der Schulmeiſter dieſes Corrigiren auch den geübtern und fertigern
Kindern, jedoch unter ſeiner Aufſicht, übertragen, nachdem er ſelbſt
den Nachläſſigern ihren Fehler gezeigt hat; welches für jene Geübtern
eine Art von Ermunterung und Belohnung iſt. — 5) Sobald einige
Kinder (ſind es alle, ſo geht es deſto leichter) ſo weit gekommen
ſind, daß ſie das Vorgeſchriebene reinlich und leſerlich nachmachen,
auch aus der Bibel vorgelegte Stellen richtig abſchreiben: muß der
Lehrer ſolchen Kindern zuerſt einzelne Wörter, ſodann nach einiger
Uebung, mehrere und endlich ganze Sätze dictiren. Hauptſächlich
kommt es hiebei darauf an, daß er ſich von den Kindern ſelbſt die
Buchſtaben ſagen laſſe, welche zu dem Worte gehören; wozu vor-
züglich ſolche Wörter zu wählen ſind, die, bei ganz oder doch beinahe
gleichem Klang, ſich nur durch die Buchſtaben unterſcheiden. Z. E.
Pflug, Fluch, Flug ꝛc., hier muß er ſehr genau nachſehen, ob die
Kinder bei dem Hinſchreiben den von ihnen ſelbſt bemerkten Unter-
ſchied beobachten oder vernachläſſigen. Denn das Schreiben iſt eine
Arbeit, bei welcher man die Kinder vorzüglich zur Genauigkeit und
Ordnung in allen ihren Handlungen gewöhnen kann. — 6) Nach
einiger Zeit kann der Lehrer den Kindern kleine Briefe dictiren, bei
welchen zugleich auf die Interpunktion und auf das Schönſchreiben
geſehen wird.


§. 11. Der Unterricht im Rechnen läßt ſich durch die Beobach-
tung folgender Vorſchriften weit kürzer und vortheilhafter einrichten,
als in ſehr vielen Schulen bisher geſchehen iſt. a) Alle Uebung in
den ſogenannten fünf Speciebus muß ſo lange an der Tafel vorge-
nommen werden, bis ein jedes Kind Fertigkeit genug hat, das ihm
Vorgeſchriebene auf dem Papier richtig auszuarbeiten. — b) Bei dem
ſogenannten Numeriren wird nach folgendem Schema verfahren.


Dieſes Schema ſchreibt der Lehrer an die Tafel, zeigt den Kindern,
[115] daß eine jede Zahl, wenn ſie in der Reihe Nr. 1. ſteht, ihren Werth
Einmal hat, daß ſie in der folgenden ihren Werth zehnfach empfängt ꝛc.
Dieſes macht er den Kindern zuerſt durch die in die Reihen geſchrie-
bene Zahl 9 deutlich; ſchreibt nun unter die 9 die Zahl 8; unter
dieſe die Zahl 7 ꝛc., fragt die Kinder, was eine Zahl 8, 7, 6, ꝛc.
in der erſten und 2ten Stelle bedeute? was in der 5ten und 3ten ꝛc.?
wenn ſie das fertig gefaßt haben, läßt er die ganze Reihe ausſprechen;
ſodann verändert er die Zahlen, ſchreibt in jeder Reihe verſchiedene,
und läßt ſie wieder ausſprechen. Nun giebt er erſt kleine, dann immer
größere Summen auf: z. E. Sechs Tauſend und Vier; fragt: in
welche Stelle die Sechs Tauſend gehören? und in welche die Vier?
ſchreibt dieſe zwei Zahlen hin, und füllt die leeren Plätze mit Nullen,
wodurch er zugleich den Kindern den Satz beibringt; „daß jede eigent-
liche Zahl in ihre Stelle, und in die leeren Plätze Nullen geſetzt werden
müſſen. Auf dieſe Art werden die Kinder es mit weniger Mühe in
kurzer Zeit zu einer hinlänglichen Fertigkeit bringen. — c) Gleich bei
dieſem Numeriren kann die erſte Anleitung zum Addiren und Subtra-
hiren angebracht werden, und zwar auf folgende Art: Wenn der Lehrer
eine Reihe Zahlen an die Tafel geſchrieben, und ſich durch gehöriges
Herumfragen verſichert hat; daß die Kinder jede Zahl nach dem Werth,
den ihr ihre Stelle giebt, genau zu beſtimmen wiſſen, ſo verlangt er
daß 10,100, etliche Tauſend ꝛc. weniger genommen, und das Uebrig-
bleibende durch Veränderung der angeſchriebenen Zahl beſtimmt werde.
Eben ſo giebt er 10, 100, 1000 ꝛc. mehr, und läßt gleichfalls dar-
nach die Zahl verändern. Z. B.

weniger. Folglich
verändert ſich obiges Schema auf dieſe Art:

Eben ſo 2103 mehr. Nun hat obiges Schema folgende Geſtalt:

Wenn dergleichen Uebungen zuerſt mit kleinen, dann mit größern Zahlen,
oft und mit allen möglichen Veränderungen angeſtellt werden; ſo
haben die Kinder ſchon vorläufig das Weſentliche der Addition und
Subtraction, ohne es zu wiſſen, gelernt; welches ihnen hernach die
Regeln dieſer Specierum deſtomehr erleichtern wird. Auch werden
ſie vorzüglich dadurch geübt, im Kopf zu rechnen. — d) Bei dem
8*
[116] eigentlichen Vortrag der ſogenannten Specierum, wie auch der Regel
de Tri verſteht es ſich von ſelbſt, daß vorzüglich nur Exempel mit be-
nannten Zahlen und zwar ſo, wie ſie im Hausweſen des Landmanns
und des gemeinen Bürgers am meiſten vorkommen, geübt werden
müſſen, ꝛc. Der Lehrer muß durch viele kleine Exempel in allen Spe-
ciebus die Kinder zum Rechnen im Kopf gewöhnen, und dieſe Uebung
muß mit dem Rechnen auf dem Papier in gleicher Art fort gehen.
Sonderlich kann er das Corrigiren der den Kindern aufgegebenen
Rechenexempel auf dieſe Art nützlich machen, wenn er das Exempel
an der Tafel vornehmen läßt, und nun jedem Kinde auf dem Papier
zeigt, oder es ſelbſt aufſuchen läßt, wo es gefehlt hat. — e) Zuletzt
kann der Schulhalter den geübtern Kindern ein erdichtetes Haushal-
tungsbuch geben, in welchem er auf der einen Seite die Einnahme
für allerlei Producte und Fabricate ſpecificiret, auf die andre Seite
Ausgaben hinſetzt, und nun die Kinder anweiſet, die Summe zu
ziehen, und Ausgabe und Einnahme zu balanciren. Dergleichen er-
dichtete Exempel werden die Kinder hernach bald in wirkliche verwan-
deln können, und dadurch unvermerkt im Stande ſein, die kleinen
Hausrechnungen ihrer Eltern zu führen.


§. 12. Die Anordnung aller dieſer verſchiedenen Schulſtunden
muß der Einſicht der Prediger und Inſpectoren um ſo mehr über-
laſſen werden, da ſich nicht an allen Orten einerlei Ordnung einführen
läßt. Außerdem, was ſchon im General-Schulreglement in Abſicht
dieſer Sache vorgeſchrieben iſt, muß das meiſte hiebei durch die beſon-
dern Umſtände einer jeden Schule beſtimmt werden. Nur wird es
den Schulhaltern hiedurch förmlich unterſagt, ohne Vorwiſſen des
Predigers und Inſpectors, irgend etwas willkürlich einzurichten oder
abzuändern.


§. 13. Was endlich III. die Schulzucht betrifft, ſo werden zu-
vörderſt ſämmtliche Schullehrer auf die in dem General-Landſchulregle-
ment ihnen gegebenen Vorſchriften verwieſen. Und wird ihnen be-
ſonders hiemit von neuem eingeſchärft, daß ſie ſchlechthin ſich weder
Heftigkeit und übertriebne Härte, noch auch irgend eine Parteilichkeit,
aus welcher Abſicht es immer ſein mag, erlauben dürfen. Außerdem
aber ſind folgende nähere Anweiſungen um ſo zweckmäßiger und nöthiger,
jemehr die Erfahrung lehrt, wie wenig ſich viele Schullehrer in Ab-
ſicht der Mittel, Zucht und Ordnung zu erhalten, und inſonderheit
[117] in Abſicht der Arten und Stufen der Beſtrafung, zu helfen wiſſen.
a) Die Hauptkunſt beſteht darin, daß der Lehrer Vergehungen zu
verhüten wiſſe. Es iſt höchſt unrecht, wenn Lehrer nur aufs Beſtrafen
denken. Sie werden Schuld an den Unordnungen, wenn ſie nicht
alles Ihrige gethan haben, um dieſelben zu verhüten. Wenn der
Lehrer dasjenige treu beobachtet, was im §. 4. von der Ordnung, in
welche er die Kinder vor dem Anfang des Unterrichts bringen muß,
geſagt iſt, und wenn er ſie überall in jeder Lehrſtunde gehörig zu be-
ſchäftigen weiß, ſo daß ihnen keine Langeweile übrig bleiben kann; ſo
wird gewiß ſchon dadurch ſehr vieles vermieden. Z. E. Plaudern,
Zanken, Neckereien, ungebührliche Leibesſtellungen, Unachtſamkeit ꝛc.,
was ſonſt bei noch ſo oftmaliger Beſtrafung immer wiederkommt.
In der That iſt die Schule, in welcher viel und oft geſtraft werden
muß, ein Beweis von Ungeſchicklichkeit oder Nachläſſigkeit des Lehrers.
b) Vergehungen, die außer der Schule, beſonders unterwegs, wenn
die Kinder in die Schule kommen und wieder nach Hauſe gehen, vor-
gefallen ſind, können, wenn ſie dem Schullehrer bekannt werden (und
eigentlich ſoll er auf die geſammte Aufführung der Kinder, ſo viel ihm
immer möglich iſt, aufmerkſam ſein), mit Nutzen dadurch beſtraft
werden, daß die ſchuldigen Kinder, als unwerth, unter den andern zu
ſitzen, eine beſondere Stelle haben, bis ſie ihr Vergehen ernſtlich be-
reuen und dieſes durch ein vorzüglich ſtilles und aufmerkſames Betragen
in der Lehrſtunde beweiſen. Die Schullehrer thun wohl, ſich darüber
mit den Eltern des ſchuldigen Kindes auf eine gute Art zu beſpre-
chen. — c) Jedes Vergehen in der Schulſtunde wird zum Erſten-
mal dadurch gerügt: daß der Schulhalter ſtill ſchweigt; auch die
Kinder im Leſen ꝛc. einhalten läßt und alsdann ſagt: Es ſei Eins
unter ihnen, welches dieſe, jene Unordnung begehe. Zum zweiten
Mal behält er das Kind zurück und ermahnt es privatim aufs ernſt-
lichſte; zum dritten Mal läßt ers um eins oder einige herunter rücken;
geht es weiter, ſo läßt ers an die Thüre treten; hilft das nicht, ſo
giebt er Kleinern einige Streiche mit der Ruthe auf die Hand, und
den Größern, ſonderlich bei Bosheiten, Beleidigungen anderer u. ſ. w.
einige Stockſchläge. Die ſchwerſte Strafe, wenn entweder das Ver-
brechen in Beſchädigung Anderer oder offenbar vorſetzlichen Störungen
beſteht, und jene Mittel nicht helfen wollen, würde ſein: daß ein
ſolches Kind hungern müßte, und alſo zu Mittage nicht nach Hauſe
[118] gelaſſen würde. Wäre alles dieſes vergeblich, ſo muß das nicht in
Ordnung zu bringende Kind dem Prediger angezeigt werden, welcher
es, wenn es auch ſonſt Fähigkeiten hätte, in Gegenwart ſeiner El-
tern mit der Ausſchließung von ſeinem Unterricht bedroht, im Fall es
ſich nicht in einer beſtimmten Zeit beſſert. — d) So wie die ſittſamen
und fleißigen Kinder den ungezogenen und nachläſſigen überhaupt bei
jeder Gelegenheit vorgezogen werden müſſen; ſo muß der Schulhalter
die Erſtern auch insbeſondere dem Prediger bei deſſen Schulbeſuch
vorſtellen, deſſen Ermahnung zum Fortfahren auf dem guten Wege
manches von den Andern zur Nacheiferung anſpornen wird. — e) Vor
allen Dingen aber wird den Schullehrern wohl zu bedenken gegeben,
daß ihr eignes Betragen auf das Betragen der Kinder einen unglaub-
lichen Einfluß hat; daß ſie durch ein geſetztes, ernſtes und zugleich
liebevolles Weſen vielen Ungezogenheiten und Vergehungen der Kinder
zuvorkommen, und alſo viele Beſtrafungen erſparen können; dahin-
gegen ſie bei einer leichtſinnigen, oder mürriſchen Behandlung der
Kinder durch alles Ermahnen und Strafen nichts ausrichten werden.
Mancher treue und geſchickte Schulhalter hat es ſo weit gebracht,
daß die Beſtrafung mit Ruthe, Stock, Hunger ꝛc. gar nicht mehr
vorkam, weil er durch Beobachtung alles deſſen, was in dieſem Para-
graph vorgetragen worden, hauptſächlich aber durch ſein geſetztes und
gottesfürchtiges, Liebe und Würde zeigendes Betragen den Ton der
Ehrerbietung, der Ordnung und Sittſamkeit in ſeiner Schule herr-
ſchend zu machen wußte.


§. 14. Schließlich haben Se. Majeſtät ſowohl zu den Inſpectoren,
(Erzprieſtern, Präpoſiten) als zu den Predigern das gnädigſte Ver-
trauen, daß ſie ihrer Pflicht gemäß, um ſo williger die ihnen unter-
gebenen Schullehrer zur Befolgung der hier ertheilten Borſchriften
anhalten, und ihnen in allen Fällen, wo ſie deſſen bedürfen, durch
Rath und Anleitung zu Hülfe kommen werden, je ſchmerzlicher es
ihnen ſelbſt ſein muß, in ihren Diöceſen und Gemeinden eine ver-
nachläſſiigte, unwiſſende und gottloſe Jugend heranwachſen zu ſehen.
Sämmtliche Schullehrer aber in den Land- und niedern Stadtſchulen
werden hiedurch ernſtlich und dringend ermahnt, nicht nur überhaupt
den Zweck und die großen Pflichten ihres Amts ſtets vor Augen zu
haben, ſondern auch inſonderheit die ihnen in dieſer nähern Anwei-
ſung vorgelegten Punkte wohl zu beherzigen, und mit willigem Ge-
[119] horſam zu befolgen. Einem jeden Schullehrer wird die Wichtigkeit
ſeines Amts und ſeine künftige ſchwere Verantwortung gewiß in die
Augen leuchten, wenn er bedenkt, daß Jeſus Chriſtus bei ſeiner letzten
Unterredung mit dem von ihm begnadigten Petrus die Worte zu ihm
ſprach: „Haſt du mich lieb, ſo weide meine Lämmer“; wenn er
bedenkt, daß er derjenige iſt, den der Herr vorzüglich dazu brauchen
will, aus dem Munde der Unmündigen ſich ein Lob und eine Macht
zu bereiten; daß von ſeiner Erziehung oft das ganze Leben und Ver-
halten des Landmanns und gemeinen Bürgers abhängt; daß er alſo
weit mehr Gutes ſtiften, und weit mehr Böſes abwehren kann, als
er ſich vorzuſtellen im Stande iſt; und endlich, daß der Herr, welcher
geſagt hat: Laſſet die Kindlein zu mir kommen; ihn ſchätzt und liebt,
und ihn ſegnen und belohnen wird, wenn er aus Liebe zu ihm das
Seinige thut, damit die ihm anvertrauten Kinder ſowohl nützliche und
wohlgeſittete Mitglieder des Staats, als inſonderheit Pflanzen dem
Herrn zum Preiſe und Bäume der Gerechtigkeit werden.


3. Cab.-O. v. 27. Juni 1800. (Neigeb. Gymnaſien S. 336.),
betr. die Grundſätze zur zweckmäßigern Organiſirung von Kunſt- und
Handwerksſchulen, mit beſonderer Hinſicht auf die Unterweiſung der
Bauhandwerker.


I. Sr. Königl. Majeſtät Allerhöchſte Intention bei Vervollkomm-
nung und Erweiterung des geſammten Provinzial-Kunſt-Schulweſens
geht dahin, daß ſowohl die bereits exiſtirenden, als noch ferner zu
etablirenden Provinzial-Kunſt- und Handwerks-Schulen dergeſtalt ein-
gerichtet werden ſollen, daß, außer der bisherigen Unterweiſung der-
jenigen Fabrikanten, Manufacturiſten und Handwerker, bei denen es
auf eine geſchmackvolle Bearbeitung der Sachen ankommt, vorzüglich
auch auf die Bildung der Bau-Handwerker Rückſicht genommen werde,
damit ſie der Bau-Academie in die Hand arbeiten und das Ihrige zur
Anziehung geſchickter Bau-Handwerker mit beitragen können.


II. Zur Erreichung dieſes Endzweckes iſt es nothwendig, daß bei
ſämmtlichen Provinzial-Kunſt-Schulen nachſtehender Unterricht in den
vorgeſchriebenen Grenzen ertheilt werde.


1) Anfangsgründe in der Arithmetik und Geometrie,
nebſt Unterricht im geometriſchen Zeichnen
.


In der Arithmetik wird das Rechnen mit Brüchen, die Lehre von
den Verhältniſſen und Proportionen und die damit verbundene Regel
[120] de tri und ähnliche Rechnungen erläutert. Die bei dem Bau in den
verſchiedenen Provinzen vorkommenden Maaße und Gewichte werden
erklärt und alle diejenigen Sätze aus Rechnungen auseinander geſetzt,
welche bei der Verfertigung eines Anſchlags erforderlich ſind. Hier-
auf folgt der Gebrauch des Lineals und Triangels, des Cirkels und
der Reißfeder. Es werden gerade Linien und Kreiſe mit der Reiß-
feder gezogen, und wenn der Zögling hinlänglich mit dem Gebrauch
der Werkzeuge bekannt iſt, ſo wird mit dem Zeichnen der rechten und
ſchiefen Winkel nach Graden, der Parallel-Linien und geometriſchen
Figuren, der regulairen Vielecke, Ovale, gedrückten Bogen und anderer
Figuren, welche aus geraden Linien und Cirkelbogen zuſammengeſetzt
ſind, der Anfang gemacht. Bei Gelegenheit des Zeichnens werden
die Bemerkungen der vorzüglichſten Figuren beigebracht, und die Eigen-
ſchaften derſelben, aber ohne ſtrenge mathematiſche Beweiſe, erläutert.
Kann der Anfänger die Figuren zeichnen, ſo wird ihm zugleich die
Berechnung derſelben, nachdem er zuvor einen Maaßſtab zu zeichnen
und zu gebrauchen belehrt worden, durch mehrere Beiſpiele gezeigt.
Hierauf folgt der Uebergang zur Körperlehre, wo ihm durch Vor-
zeigung von Modellen die mathematiſchen Körper erklärt, ihre Zeich-
nung gelehrt und hierauf die vorzüglichſten Eigenſchaften derſelben
und ihre Berechnung erläutert wird. Das Zeichnen der geometriſchen
Körper geſchieht nach guten Vorbildungen, wobei der Schüler auf
Schatten und Licht aufmerkſam gemacht wird und einen leichten Unter-
richt im Zeichnen körperlicher Figuren erhält, bei welchem letztern
jedoch der Lehrer ſeine Schüler zngleich auf die Gründe und Aus-
führung der erſten Regeln der Perſpective aufmerkſam machen muß.


2) Anfangsgründe der Mechanik.


Hier wird durch Vorzeigung von Modellen der beſte und vor-
theilhafteſte Gebrauch der einfachen Rüſtzeuge, welche ſich auf den He-
bel, die Rolle, ſchiefe Fläche, Schraube, Winde, das Räderwerk u. ſ. w.
gründen, gelehrt, wobei das Verhältniß der Kraft gegen die zu über-
wältigende Laſt angeführt und durch Verſuche beſtimmt wird. Eben
ſo gehört die Lehre von denjenigen zuſammengeſetzten Maſchinen hier-
her, welche in der Ausübung am meiſten vorkommen, ſo wie auch ein
beſonderer Unterricht darüber zu ertheilen iſt, unter welchen Umſtänden
man dieſe oder jene Maſchine mit mehrerem Vortheil anbringen kann.


[121]

3) Freie Handzeichnung.


Der Unterricht davon ſoll vorzüglich in der Bildung des Auges
und der Hand beſtehen, wobei beſonders auf Uebungen im Zeichnen
der einfachſten Formen und ſimplen Bau-Verzierungen Rückſicht zu
nehmen, wobei man ſich des Lineals und der Reißfeder nicht bedient.


4) Architectoniſche Zeichnungen und weitere Aus-
führung der vorigen Zeichnungsarten für
beſtimmte Gewerke
.


Wenn der Lehrling geometriſche Figuren zeichnen kann, demnächſt
in der freien Handzeichnung einige Fertigkeit erlangt hat, ſo endet
ſich der allen Gewerben gemeinſchaftliche Unterricht und die archi-
tectoniſche Zeichnen-Claſſe, worin außer den Gliedern und Ordnungen
der Baukunſt und derſelben Verzierungen Anweiſung gegeben wird,
enthält zugleich die Vorſchriften, welche nur beſonders Tiſchler, Zim-
merleute, Maurer, Steinmetzger, Schloſſer, Klempner, Silberarbeiter,
Schiffsbaumeiſter, Sattler, Stellmacher, Töpfer, Stuhlmacher u. ſ. w.
angehen, und der Lehrer hat bei der Auswahl dieſer Vorſchriften das
Metier in Betrachtung zu ziehen, welchem ſich der Lehrling widmet.


5) Architektoniſcher Unterricht.


Dieſer wird von Maurern, Zimmerleuten und Tiſchlern vorzüglich
beſucht, und kommt Alles darauf an, den Vortrag ihrem Faſſungs-
Vermögen angemeſſen einzurichten. Es ſoll hier nicht gelehrt werden,
wie der Zimmermann die Axt, der Maurer die Kelle führen ſoll, eben
ſo wenig, wie die Entwerfung großer Palläſte und Ausführung außer-
ordentlicher Gebäude hierher gehört. Dieſer Unterricht muß vielmehr
mit der Zuſammenſetzung der einzelnen Theile eines gewöhnlichen
Gebäudes anfangen; bei dieſer Gelegenheit muß auf Bequemlichkeit,
Schicklichkeit, Feſtigkeit und Erſparniß an Holz, Kalk und gebrannten
Materialien aufmerkſam gemacht werden, und wenn die verſchiedenen
Einrichtungen der Stadt-, Land- und vorzüglich der Wirthſchafts-
gebäude durchgegangen ſind, ſo werden die Zöglinge darin geübt,
eigene Entwürfe nach beſtimmten Zwecken und angegebener Localität
zu entwerfen, nicht nur das ganze Gebäude nach allen Seiten und
Durchſchnitten zu zeichnen, ſondern auch von denjenigen einzelnen
Theilen, welche zu ihrem Handwerk gehören, nach einem vergrößerten
Maaßſtabe genaue Zeichnungen anzufertigen. Die architectoniſche
Claſſe muß vorzüglich mit guten Modellen verſehen ſein, damit der
[122] Unterricht ſo viel als möglich verſinnlicht wird. Auch iſt es gut,
wenn die Zöglinge eine halbe Stunde vor und nach dem Unterrichte
die Erlaubniß erhalten, die Modelle zu beſehen, und ſich ſchon vor-
läufig mit ihrer Zuſammenſetzung bekannt gemacht haben. Dieſer
architectoniſche Unterricht darf nur im Winter ertheilt werden, weil
ſonſt zu fürchten iſt, daß Maurer und Zimmerleute, welche im Som-
mer ſo viel verdienen müſſen, damit ſie im Winter ſubſiſtiren können,
nicht in dem Grade Antheil nehmen möchten, wie es die Erreichung
des vorgeſetzten Endzwecks erfordert.


6) Modelliren und Boſſiren.


Das Modelliren in Holz, Thon und Gips wird hier ſowohl für
Baugewerke, als auch des Sonntags für Steinmetzger, Bildhauer
und die übrigen Künſtler in einem ſolchen Umfange gelehrt, ſo weit
es in letzterer Hinſicht die Bedürfniſſe der Provinzial-Kunſt-Schulen
geſtatten. Vollkommene und weitere Ausbildung hierin läßt ſich von
den Provinzial-Kunſt-Schulen nach ihrem jetzigen Umfange nicht for-
dern und würde nicht überall für zweckmäßig zu halten ſein; dagegen
bleibt es einem Jeden überlaſſen, ſich ſelbſt auszubilden, oder zu dieſem
Ende an dem Unterrichte und den Hülfsmitteln der Bau- und Kunſt-
Academie in Berlin Theil zu nehmen. Uebrigens gehören zwar Per-
ſpective und Malerei nicht zu dem allgemein nothwendigen Unterricht
bei den Provinzial-Kunſtſchulen; damit aber die Wenigen in den Pro-
vinzen, welche ſich der Malerei beſonders widmen möchten, oder ſolche,
die zu ihrer eigenen Vervollkommnung und bei hinlänglichen Anlagen
weitere Fortſchritte in den zeichnenden Künſten machen wollen, Gele-
genheit haben, auch bei den Provinzial-Kunſt-Schulen einen leichten
Unterricht im perſpectiviſchen Zeichnen und demnächſt in dem male-
riſchen Zeichnen und Coloriren zu erhalten, ſo muß ein jeder Lehrer
der freien Handzeichnung bei den Kunſtſchulen dieſe Kenntniß beſitzen,
und es bleibt ihm überlaſſen, dieſe Kenntniſſe [durch] Privatunterricht
zu verbreiten.


III. Zur Vereinfachung und Erſparung der Koſten ſollen vor
der Hand und bis eine etwanige künftige Vermehrung der Fonds eine
mehrere Ausdehnung verſtattet, bei jeder Provinzial-Kunſt-Schule nur
zwei beſoldete Lehrer, nämlich:


  • 1) ein Lehrer der architektoniſchen Wiſſenſchaften, und

[123]
  • 2) ein Lehrer der freien Handzeichnung

angeſtellt werden.


Erſterem ſoll der Unterricht


  • a) in der Arithmetik, Geometrie und geometriſcher Zeichnung,
  • b) in den Anfangsgründen der Mechanik,
  • c) in den architektoniſchen Zeichnungen, und
  • d) in den dem Bau-Handwerker nöthigen architektoniſchen Wiſſen-
    ſchaften;

Letzterem aber


  • a) in den freien Handzeichnungen,
  • b) im Modelliren und Boſſiren, und
  • c) in der Perſpective und Malerei

übertragen werden, wohingegen es Sr. Königl. Majeſtät zu einem
beſondern Allergnädigſten Wohlgefallen gereichen wird, wenn nach dem
rühmlichen Beiſpiele einiger patriotiſchen Männer zu Königsberg und
Magdeburg, die ſich bereits aus eigenem Triebe zur Ertheilung eines
unentgeltlichen Unterrichts bei den dortigen Kunſtſchulen erboten haben,
ſich mehrere patriotiſch geſinnte Geſchäftsmänner entſchließen, auch
ihrerſeits durch freiwilligen unentgeltlichen Unterricht das allgemeine
Beſte mit befördern zu helfen, und werden Allerhöchſtdieſelben unver-
geſſen ſein, auf die weitere Beförderung ſolcher, durch Thätigkeit
und Gemeinnützigkeit ſich auszeichnender Männer vorzüglich Rückſicht
zu nehmen.


IV. Die Ernennung der Lehrer, welche hauptſächlich aus den
geſchickteſten Eleven der Kunſt- und Bau-Academie zu Berlin erwählt
werden ſollen, bleibt dem pflichtmäßigen Ermeſſen des Curatorii der
Academie überlaſſen, jedoch dergeſtalt, daß in Anſehung des archi-
tektoniſchen Faches alle dahin einſchlagende Sachen von den Directoren
der Bau-Academie bei dem Senat der Academie der Künſte, bei dem
ſie deshalb als ordentliche Mitglieder aufgenommen worden ſind, in
pleno
vorgetragen und daſelbſt gemeinſchaftlich entſchieden werden ſollen.


V. Damit aber durch die Lehrer der Unterricht zweckmäßig er-
theilt werde, und dieſe ſowohl als die Zöglinge unter der nöthigen
Aufſicht ſtehen, ſoll bei jeder Provinzial-Kunſt-Schule eine beſondere
Provinzial-Direction conſtituirt werden, deren Obliegenheiten haupt-
ſächlich darin beſtehen ſollen:


1) generaliter: dieſe Unterrichts-Anſtalt in allen ihren Theilen in
[124] beſtändiger Aufſicht zu haben und die immer mehr zweckmäßige Ein-
richtung, Fortführung und Verbeſſerung derſelben ſich nach möglichſten
Kräften angelegen ſein zu laſſen; specialiter aber:


2) die Lehrfächer ſo zu leiten, damit nicht nur der durch die Pro-
vinzial-Kunſt- und Handwerks-Schulen beabſichtigte Zweck im Ganzen
erreicht, ſondern dabei auch auf die Eigenheiten der Provinz, für
welche die Anſtalt etablirt iſt, beſonders Rückſicht genommen und deren
ſpecielle Bedürfniſſe vor allen Dingen befriedigt werden. Zu dem
Ende müſſen die Provinzial-Directionen nicht nur


3) über die dahin einſchlagenden wichtigen Gegenſtände ſich dem
Befinden nach mit den Magiſträten, Steuer-Räthen und Kriegs- und
Domainen-Kammern in Correſpondenz ſetzen und die zum Beſten des
ihnen anvertrauten Inſtituts gereichenden Reſultate bei dem Curatorio
zur weitern Verfügung einreichen; ſondern ſie müſſen auch


4) ſo oft ſie es nöthig und nützlich finden, eine Zuſammenkunft
mit Zuziehung der Lehrer veranſtalten, um alle die Kunſt-Schulen be-
treffende Angelegenheiten mit ihnen gemeinſchaftlich zu überlegen. Da-
hin gehört beſonders die Beſtimmung und Feſtſetzung der Tage und
Stunden, an welchen der Unterricht nach der Localität und nach dem
Bedürfniß der Lehrlinge am zweckmäßigſten zu ertheilen ſei, ferner
die Auswahl der zweckmäßigſten Lehrbücher, welche bei dem Unter-
richte zum Grunde zu legen ſind. In Ermangelung derſelben müſſen
die Provinzial-Directionen durch die Lehrer einen Grundriß ausarbeiten
laſſen, ſolchen dem Befinden nach rectificiren und dem Curatorio zur
Approbation überreichen, damit danach, wenn die Materialien von
ſämmtlichen Provinzial-Directionen vollſtändig beiſammen ſind, ein
zweckmäßiges, für die Abſicht völlig brauchbares Lehrbuch ausgearbeitet
und bei dem Unterrichte der Provinzial-Kunſt-Schulen als Elementar-
buch zum Grunde gelegt werden kann;


5) müſſen die Mitglieder der Provinzial-Direction die Kunſtſchule
ſelbſt während des Unterrichts von Zeit zu Zeit perſönlich beſuchen,
um ſich zu überzeugen, ob die Lehrer ihre Schuldigkeit thun, und die
Lehrlinge wirkliche Fortſchritte machen, auch demnächſt in jedem Jahre
eine öffentliche Prüfung der Eleven veranſtalten, ihr ſelbſt beiwohnen
und dafür ſorgen, daß zu den öffentlichen Ausſtellungen, welche bei der
Academie der Künſte zu Berlin gehalten werden, die beſten Probe-
[125] arbeiten der Kunſt-Schüler zur gehörigen Zeit nach Berlin geſandt und
mit dem namentlichen Verzeichniſſe der Verfertiger begleitet werden.


6) Bei Einſendung dieſer Probearbeiten haben die Directoren zu-
gleich nach der ihnen von dem Curatorio zu ertheilenden ſpeciellen Vor-
ſchrift an daſſelbe einen vollſtändigen Jahresbericht über den Zuſtand
der ihrer Aufſicht anvertrauten Kunſt-Schulen zu erſtatten, und darin
das Verhalten der Lehrer ſowohl, als der Lehrlinge gewiſſenhaft anzu-
zeigen, auch zur Abhelfung der etwanigen Mängel und über Alles, was
ſonſt zur Vervollkommnung der Anſtalt gereichen kann, zweckdienliche
Vorſchläge zu thun, und ſoll, wenn die Berichte ſämmtlicher Directionen
beiſammen ſind, das Curatorium daraus Sr. Königl. Majeſtät all-
jährlich einen Hauptbericht erſtatten, damit Dieſelben Allerhöchſt Selbſt
erfahren, welche Fortſchritte dieſe Anſtalten von Zeit zu Zeit gewinnen,
und ob der durch ſie beabſichtigte Endzweck auch wirklich erreicht werde.
Endlich liegt


7) den Provinzial-Directoren ob, nicht nur für die reinliche und
ſichere Aufbewahrung der Vorbildungen, Zeichnungen, Bücher, Modelle
und aller zur Provinzial-Kunſt-Schule gehörigen Geräthſchaften zu
ſorgen und darüber ein vollſtändiges Inventarium zu halten, ſondern
auch die zur Erhaltung der Provinzial-Kunſt-Schulen beſtimmten Fonds
nach Vorſchrift des Curatorii zu verwalten, genaue Rechnung darüber
zu führen und ſolche zu den beſtimmten Zeiten abzulegen.


VI. Die Conſtituirung der Provinzial-Directionen und Ernen-
nung des dazu gehörigen Perſonals bleibt den nähern Anordnungen
des Curatorii dergeſtalt überlaſſen, daß ein ſich dazu ſchickendes Mitglied
aus dem Präſidio der Krieges- und Domainen-Kammern, oder von
einem dazu in Vorſchlag gebrachten Krieges- und Domainen-Rath oder
auch Landbaumeiſter dirigirt werden ſoll, weil Letzterem die ſpeziellen
Bedürfniſſe des Fabriken-, Manufactur- und Handwerksſtandes und be-
ſonders des Bauweſens durch ihre Geſchäftsführung am genaueſten be-
kannt ſind. Da jedoch bei einigen Provinzial-Kunſt-Schulen und zwar


  • a) zu Halle der Kanzler v. Hoffmann und
  • b) zu Magdeburg der Regierungs-Präſident v. Vangerow,

vorher ſchon die Direction aus wahrem Patriotismus ganz unentgelt-
lich [übernommen] und derſelben bisher rühmlichſt vorgeſtanden haben, ſo
ſoll es auch in Anſehung dieſer beiden Kunſtſchulen ferner dabei, jedoch
dergeſtalt verbleiben, daß in wichtigen, das allgemeine Beſte der Pro-
[126] vinz betreffenden Kunſtſchul-Angelegenheiten das Präſidium der Kammer
mit in Concurrenz geſetzt und mit demſelben gemeinſchaftlich von den
Directionen an das Curatorium berichtet werden muß. Uebrigens aber
erwarten Se. Königl. Majeſtät von dem geſammten Perſonale der
übrigen Provinzial-Kunſt-Schulen-Directionen, daß ſie, nach dem rühm-
lichen Beiſpiel jener Männer, vereint, durch Gemeinſinn und Patrio-
tismus, ihre Verpflichtungen ohne Hinſicht auf eine pecuniäre Beloh-
nung gern und willig übernehmen und nur in dem Gefühl, Gutes
befördert und gemeinnützige Kenntniſſe verbreitet zu haben, ihre vor-
züglichſte Belohnung finden werden.


VII. Was aber die Remuneration der Lehrer für den von ihnen
zu ertheilenden Unterricht betrifft, ſo ſoll es


  • a) in Anſehung der bisher ſchon angeſtellt geweſenen Lehrer bei
    dem etatsmäßig fixirten Gehalte derſelben ſo lange verbleiben,
    als ſie den ihnen obliegenden Pflichten bei Verwaltung ihres
    Lehramtes ein vollſtändiges Genüge leiſten und alſo durch Ver-
    nachläſſigung ihres Amtes nicht ſelbſt zu einer nothwendigen
    Veränderung Gelegenheit geben;
  • b) dahingegen ſoll keinem der von nun an bei den Provinzial-
    Kunſt-Schulen anzuſetzenden Lehrer ein beſtändiges Gehalt zu-
    geſichert, ſondern nur lediglich die Bezahlung für den Unter-
    richt eines Jahres, ohne ſich an die Perſon zu binden, geleiſtet
    werden, damit das Curatorium freie Hände behalte, auf die
    pflichtmäßige Anzeige der Provinzial-Kunſt-Schulen-Directionen
    über den Mangel an Fleiß und Fähigkeiten der Lehrer, die
    unfleißigen und minder geſchickten mit beſſeren Subjecten zu
    vertauſchen.

VIII. Bei ſämmtlichen Provinzial-Kunſt-Schulen ſoll der ge-
ſammte Unterricht ſowohl in der freien Handzeichnung, als auch in
den architektoniſchen Wiſſenſchaften den Meiſtern, Geſellen und Lehr-
lingen des Fabriken- und Handwerksſtandes in der Regel ganz un-
entgeltlich ertheilt, auch kein Einſchreibegeld, oder wie es ſonſt Na-
men haben mag, von ihnen gefordert werden; dahingegen ſoll von
bekanntlich wohlhabenden Fabrikanten und Profeſſioniſten oder bloßen
Dilettanten, welche den Unterricht in den Provinzial-Kunſt-Schulen
zu ihrer mehreren Ausbildung benutzen wollen, nach dem pflichtmäßigen
Ermeſſen der Provinzial-Kunſt-Schulen-Direction für den Receptions-
[127] ſchein ein- für allemal 1 Thaler, und für den Unterricht ſelbſt ein
ihren Vermögensumſtänden angemeſſener Beitrag, der jedoch nicht
über 20 Sgr. monatlich anſteigen darf, entrichtet werden. Zu dem
Ende müſſen ſich alle diejenigen, welche an dem Unterricht der Pro-
vinzial-Kunſt- und Handwerks-Schulen Theil nehmen wollen, zunächſt
an die Provinzial-Direction wenden, welche den Aufzunehmenden einen
gedruckten Receptionsſchein, den Umſtänden nach entweder gratis oder
gegen Erlegung der obgedachten Gebühren, ertheilen wird.


IX. Die durch die Receptions- und Informations-Gelder ent-
ſtehende Einnahme ſoll von der Direction zur General-Kunſt-Schulen-
Caſſe berechnet, und nachdem daraus die ſpeciellen Unterhaltungs-
Koſten für Feuerung, Beleuchtung, Aufwartung und Miethe beſtritten
worden, nach ihren pflichtmäßigen Vorſchlägen theils zu Prämien für
die vorzüglich fleißigen und geſchickten Zöglinge, theils zur extraordi-
nären Remuneration und Aufmunterung derjenigen Lehrer, welche ſich
durch Thätigkeit und Gemeinnützigkeit bei Verwaltung ihres Lehr-
amtes auszeichnen, nach der Beſtimmung des Curatorii verwandt
werden.


X. Alle zum Zeichnen erforderliche Materialien müſſen ſich die
Zöglinge der Provinzial-Kunſt- und Handwerks-Schulen in der Regel
ſelbſt auf ihre eigenen Koſten anſchaffen; nur armen, welche ihr Un-
vermögen dazu beſcheinigen, beſonders wenn ſie ſich durch Fähigkeit
und Sittlichkeit auszeichnen, ſollen die nothwendigen Materialien aus
der Provinzial-Schul-Caſſe gereicht werden.


XI. Sämmtliche Provinzial-Kunſt-Schulen ſollen für jetzt mit
den zu ihrer erweiterten Einrichtung erforderlichen Vorbildern, Mo-
dellen, Büchern, Geräthſchaften und Utenſilien verſorgt werden, zu
welchem Ende jede Provinzial-Direction eine Deſignation davon nach
dem Bedürfniß der ihrer Aufſicht anvertrauten Kunſtſchule an das
Curatorium einreichen muß, welches autoriſirt wird, die dazu erforder-
lichen Koſten aus den Beſtänden der General-Kunſt-Schul-Caſſe zu
beſtreiten. Für die Zukunft aber ſoll ein aus den geſchickteſten Künſt-
lern der Kunſt- und Bau-Academie eigends dazu zu ernennendes be-
ſtändiges Comité die den Zeitumſtänden nach zweckmäßigſten Vorbilder
für die Provinzial-Kunſt- und Handwerks-Schulen vorſchlagen, und
theils ſelbſt zeichnen, theils ſolche nach ihren Erfindungen und An-
gaben durch die geſchickteſten Eleven beider Academien zeichnen laſſen,
[128] damit ſolche durch die academiſche Kupferſtecherei und Formſchneiderei
dergeſtalt vervielfältigt werden können, daß man außer der Verſorgung
der Provinzial-Kunſt-Schulen auch ſelbſt den Fabrikanten und Hand-
werkern geſchmackvollere Zeichnungen und Muſter zu ihren verſchie-
denen Arbeiten für einen, im Verhältniß des ausländiſchen, weit ge-
ringeren Preis in die Hände geben, und ſolchergeſtalt mit Verhütung
eines nicht unbeträchtlichen baaren Geldausfluſſes nach dem Auslande,
ſelbſt den Fonds des Kunſt-Schulweſens eine zu mehrerer Ausbreitung
deſſelben nützliche Einnahme verſchaffen kann.


XII. Was die jährliche Unterhaltung der bereits etablirten und
in der Folge noch zu etablirenden Provinzial-Kunſt- und Handwerks-
Schulen anbetrifft, ſo ſoll Behufs der zweckmäßigen Verwendung der
von Sr. Königl. Majeſtät dazu ausgeſetzten Fonds Sr. Königl. Ma-
jeſtät von dem Curatorio der Kunſt- und Bau-Academie alljährlich ein
den jedesmaligen Zeitumſtänden und Bedürfniſſen dieſer Partie ange-
meſſener Etat zu Höchſtdero eigenen Vollziehung überreicht, und die
danach zu führende Jahresrechnung zur Juſtification bei der Ober-
Rechnungs-Kammer überreicht werden.


XIII. Diejenigen Provinzial-Kunſt- und Handwerks-Schulen,
beſonders die jetzt und in der Folge neu zu etablirenden, für welche
noch kein eigenes, koſtenfreies Emplacement ausgemittelt iſt, ſollen,
ſo viel als möglich, in öffentlichen dem Staate zugehörigen Gebäuden
koſtenfrei untergebracht werden, worüber Sr. Königl. Majeſtät die
gemeinſchaftlichen Vorſchläge des General-Directorii und des Curatorii
der Kunſt- und Bau-Academie erwarten.


XIV. Se. Königl. Majeſtät beſtätigen nicht nur im Allgemeinen
den ſämmtlichen jetzt ſchon etablirten und noch ferner zu etablirenden
Provinzial-Kunſt-Schulen die ihnen in dem Kunſt-Academie-Reglement
vom 26. Januar 1790. zugeſicherten Vorrechte, ſondern wollen auch,
daß außer der, dem geſammten Provinzial-Kunſt-Schulweſen durch die
Cabinetsordre vom 13. April 1799. bewilligten Portofreiheit alle
daſſelbe betreffende Avertiſſements und Publicanda unentgeltlich, ſowohl
in den Berliner als auch Provinzial-Zeitungen und Intelligenzblättern
eingerückt werden ſollen.


XV. Schließlich wollen Sr. Königl. Majeſtät, daß obige Grund-
ſätze bei dem Maniement des geſammten Provinzial-Kunſt-Schul-
weſens, inſofern die Localität nicht hier oder da nach dem Ermeſſen
[129] des Curatorii eine Abänderung erfordert, einſtweilen und ſo lange zum
Anhalte dienen ſollen, bis hinlängliche Erfahrungen ganz vollſtändige
Data an die Hand geben werden, um danach mit völliger Ueberzeugung
ein überall zweckmäßiges und ausführliches Reglement für das geſammte
Provinzial-Kunſt-Schulweſen auszuarbeiten, in welchem beſonders auch
zur Verdrängung des der National-Induſtrie ſo nachtheiligen Gewerks-
zwanges und der in Anſehung der Meiſterſtücke damit verbundenen
Handwerks-Mißbräuche der Wirkungskreis der Provinzial-Kunſt-Schulen,
ſo wie auch die Vorrechte der Zöglinge derſelben mit Bezug auf §. 25.
des Reglements der Kunſt-Academie vom 26. Januar 1790. näher
beſtimmt und feſtgeſetzt werden ſollen. Hierzu werden die Provinzial-
Kunſt-Schulen-Directionen bei ihrer ſpeciellen Leitung des Kunſt-Schul-
weſens am leichteſten die zweckmäßigſten Materialien zu ſammeln und
zu ordnen im Stande ſein, weshalb es Sr. Königl. Majeſtät zum
gnädigſten Wohlgefallen gereichen wird, wenn dieſelben zum Wohl des
allgemeinen Beſten ſich dieſem Geſchäfte mit Eifer unterziehen, und
bleibt es denſelben überlaſſen, ſich, was die Abſtellung des Gewerks-
zwanges und der bisherigen Handwerks-Mißbräuche bei Anfertigung
der Meiſterſtücke anbetrifft, des Raths und der Einſicht vernünftiger,
vorurtheilsfreier und in ihrem Fache vorzüglich geſchickter Handwerks-
Meiſter zu bedienen, welche zu dieſem Ende bei den Directionen ſelbſt,
dem Befinden nach, als Aſſeſſores oder Vorſteher der Handwerks-
ſchulen mit angeſetzt werden können. Das Curatorium hat demnächſt
das vollſtändige Reglement für das geſammte Provinzial-Kunſt-Schul-
weſen Sr. Königl. Majeſtät zu Dero Genehmigung und Höchſteigener
Vollziehung vorzulegen.


Friedrich Wilhelm.


4. Reſcr. v. 27. Decbr. 1821. (v. K. Ann. B. 5. S. 862.),
betr. die Organiſation der Handwerksſchulen.


Das Miniſterium des öffentlichen Unterrichts iſt von ſeinem frühern
Plane, die Handwerksſchulen bei der Organiſation des Kunſt-Schul-
weſens zu berückſichtigen, abgegangen, und hat dem Handels-Miniſterio
überlaſſen, die Maaßregeln zur Errichtung der Handwerksſchulen
zu treffen. Bei dieſer Organiſation muß das Handels-Miniſterium
einen Zuſtand der gewöhnlichen Stadtſchulen vorausſetzen, der den ge-
wöhnlichſten Anſprüchen Genüge leiſtet, und den Schüler vollkommen
leſen und ſchreiben lehrt, indem es nicht die Abſicht ſein kann, in
9
[130] der Handwerksſchule mehr zu übernehmen, als den Unterricht in dem-
jenigen Wiſſen, worin der Handwerker als ſolcher eine vollkommenere
Ausbildung bedarf, als er gemeinhin in der Stadtſchule empfängt.


An Orten, wo die Stadtſchulen vollkommen organiſirt ſind und
der Lehrling Gelegenheit hat, den Unterricht in der Arithmetik und in
der Geometrie, ſei es zum Theil oder ganz in demjenigen Umfange
zu erlernen, als es ſonſt in der Handwerksſchule nöthig ſein würde,
iſt hierauf Rückſicht zu nehmen und die Anſprüche bei der Aufnahme
des Lehrlings können höher geſtellt und die Handwerksſchule kann in
ihrem Unterrichte vereinfacht werden.


Die Königl. Regierung wird daher das Folgende als das Maximum
desjenigen anſehen, welches Gegenſtände des Unterrichts der Hand-
werksſchule ſein können, und bei der Berichtserſtattung über die wirk-
liche Organiſation erwägen, was davon wegfallen kann.


Wenn gleich ferner ein Lehrplan für mehrere Klaſſen ausgearbeitet
worden iſt: ſo ſcheint es dem Handels-Miniſterio doch zunächſt nur
darauf anzukommen, die unterſte Klaſſe ſolcher Schulen ins Leben
treten zu laſſen, wogegen es der Organiſation der höhern Klaſſe nur
an wenigen Orten der Monarchie bedürfen wird.


Da die Erfahrung lehrt, wie ſelten die Bauhandwerker den For-
derungen entſprechen, welche der Staat bei den geſetzlichen Prüfungen
an ſelbige macht, und wie wenig Gelegenheit ſie haben, ſich die Kennt-
niſſe zu erwerben, welche gefordert werden; — da ferner das Gewerbe
der Bauhandwerker ein eben ſo wichtiges als allgemein verbreitetes iſt,
ſo hat es angemeſſen geſchienen, die Organiſation der unterſten Klaſſe
der Handwerksſchule den Anſprüchen zu aſſimiliren, welche an die
Bildung der Bauhandwerker gemacht werden.


Hiernach geht das Handels-Miniſterium bei der Organiſation
dieſer Klaſſe von folgenden Grundzügen aus:


  • 1) Bei der Aufnahme wird vorausgeſetzt, daß der Schüler voll-
    kommen leſen und ſchreiben kann, daß er ein Alter von 12 Jahren
    erreicht habe. Da die Erfahrung aller Länder lehrt, daß ein
    ſolcher Unterricht mit größerm Erfolge von Lehrlingen als von
    Gehülfen beſucht wird, ſo haben jene und überhaupt andere
    junge Leute unter den ſich Meldenden den Vorzug.
  • 2) Der Unterricht erſtreckt ſich:
    • a. auf Geometrie, geknüpft an Zeichnen mit Zirkel und Lineal
      [131] und an das Modelliren, ohne Beweiſe vorzutragen. Das
      Modelliren beſchränkt ſich auf Darſtellung in Thon, Pappe
      und Holz.
    • b. Handzeichnen, theils nach in der Ebene entworfenen Muſtern,
      theils nach aufgeſtellten Körpern, ohne Theorie der Perſpective,
      mit beſonderer Beziehung auf das Gewerbe eines Jeden und
      insbeſondere auf die Forderungen, welche bei den Prüfungen
      der Bauhandwerker gemacht werden.
    • c. Rechnen, die ſogenannten vier Species, Proportionalrechnun-
      gen, Berechnen der Flächen und Körper (ohne Beweiſe), De-
      cimal- und gemeine Brüche.
    • d. Naturkunde, und zwar:
      • a) die nöthigſten Sätze aus den mechaniſchen Wiſſenſchaften;
      • b) die unentbehrlichſten Sätze der Chemie zu a nach der von
        Vieth befolgten Methode zu b weniger als Henry giebt.
  • 3) Curatoren der Gewerbeſchule ſind der die Gewerbeſachen und
    der die Bauſachen bearbeitende Rath der Regierung.

Im Allgemeinen iſt zu bemerken:


Bei dem Unterrichte kommt es hauptſächlich darauf an, daß der
Lehrer ſich die Ueberzeugung gewähre, daß er von dem Schüler ver-
ſtanden worden, und welche Fähigkeiten ſich der einzelne Schüler er-
worben hat. Darum muß eine jede Stunde wiederholt werden, wo-
bei ein mündlicher Vortrag des Lehrers ſtattgefunden hat. In dieſer
Wiederholungsſtunde muß jeder Schüler für ſich dasjenige ſelbſt be-
arbeiten, was ihm in der früheren vorgetragen worden. Der Lehrer
führt dabei nur eine Oberaufſicht und hilft den Einzelnen darin, wo
er es nöthig und angemeſſen findet. Sehr fähige Schüler, welche
bereits den Curſus durchgemacht haben, können auch als Repetitoren
mit Nutzen gebraucht werden, und haben dafür Belohnung und Aus-
zeichnung zu erwarten.


Schüler, die im erſten halben Jahre in allen Theilen des Unter-
richts ſo wenig Fortſchritte machen, daß ſie dem Unterrichte im zwei-
ten halben Jahre nicht mit Nutzen beiwohnen können, ſind ohne
Weiteres zu entlaſſen.


Es ſollen halbjährige öffentliche Prüfungen ſtattfinden. Das Cu-
ratorium ſoll denſelben beiwohnen, und iſt befugt, ſelbſt Theil an der
9*
[132] Prüfung zu nehmen und eine angemeſſene Dauer für ſelbige zu be-
ſtimmen, damit ſie nicht bloß der Oſtentation wegen ſtattfinden.


Im Mai eines jeden Jahres iſt dem Miniſterium eine Ueberſicht
deſſen von der Königl. Regierung einzureichen, was von der Schule
im verfloſſenen Jahre geleiſtet worden. Insbeſondere iſt dabei auf
die Fortſchritte ausgezeichneter Schüler Rückſicht zu nehmen und ſind
deren Arbeiten beſonders aus den Wiederholungsſtunden einzureichen.


Das Miniſterium wird ſich eine gleichzeitige Belohnung derſelben
in der Art zur Pflicht machen, daß alle Handwerksſchulen dabei
concurriren.


Was die Zeit für den Unterricht betrifft: ſo würde eine bloße
Sonntags-Schule zu wenig Zeit für einen vollſtändigen Unterricht
gewähren, weshalb es angemeſſen ſcheint, wie an andern Orten, außer
den Sonntagen, die Abendſtunden der Wochentage dazu zu benutzen,
wobei der Lehrherr den Lehrling höchſtens eine Stunde früher ſeiner
Arbeit entläßt. Da dieſe Arbeiten mehr körperliche als Kopfarbeiten
waren, ſo hat auch die Erfahrung anderer Orte gelehrt, daß die
Schüler zu letzteren am Abend aufgelegt bleiben. — Findet ſich in-
deſſen eine angemeſſene Anzahl Schüler zu andern Tagesſtunden, ſo
iſt dieſes um ſo beſſer, da es überhaupt im Anfang weniger auf eine
große Frequenz der Schüler ankommt, als darauf, daß tüchtige Sub-
jecte gebildet werden, und den Nutzen der Schule bewähren.


Es wird angenommen, daß der Curſus ein Jahr dauert, daß
täglich zwei Stunden, den Sonntag einſchließlich, gegeben werden,
daß der Unterricht in der Geometrie und im Zeichnen wenigſtens
doppelt und faſt dreimal ſo viel Zeit erfordert, als der im Rechnen
oder der in der Naturkunde.


Was die Lehrbücher betrifft und die Vorbilder, ſo behält ſich das
Miniſterium vor, beſondere Lehrbücher für dieſen Unterricht ausarbeiten
zu laſſen, und dem Schüler angemeſſene Vorbilder für den Unterricht
im Zeichnen nach dem Bedürfniſſe jedes einzelnen Gewerbszweiges
mitzutheilen.


Die Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker, welche Verzie-
rungen, Geräthe, Gefäße ꝛc., Vorbilder für die Würkerei enthalten,
werden theilweiſe in den erſten Monaten des künftigen Jahres er-
ſcheinen. Sie ſind hier gezeichnet und von den ausgezeichnetſten
Meiſtern des In- und Auslandes geſtochen.


[133]

Die Vorbilder und Erläuterungen für die Baugewerke, insbeſon-
dere und namentlich für das Zimmer- und Maurergewerk, werden im
Laufe des künftigen Jahres herausgegeben, und zugleich Modelle für
die Conſtruction der wichtigſten Theile beigefügt werden.


Die Jahrbücher der techniſchen Gewerbedeputation, deren Heraus-
gabe im künftigen Jahre erfolgen wird, werden Lehrlingen Gelegenheit
geben, Darſtellungen von Werkzeugen, Maſchinen u. ſ. w. zu zeichnen,
und dadurch die Fortſchritte in denjenigen Gewerben kennen zu lernen,
welchen ſie ſich widmen.


Was die Fonds betrifft, ſo ſoll der Titel Insgemein für Gewerbe
und Bauweſen dadurch eine beſonders nützliche Anwendung erhalten,
und die Königl. Regierung hat gleich eine Summe von 500 Rthlrn.
zu dem Ende pro 1820. vor der Linie notiren zu laſſen.


Damit nun keine Zeit verloren gehe, und da das Gelingen der
Sache hauptſächlich von der Wahl tauglicher Subjecte abhängt, welche
den Unterricht übernehmen können, Localeinrichtungen auch die Sache
verzögern dürften, ſo wird die Königl. Regierung angewieſen, der
Ausführung näher zu treten und ihre Vorſchläge bald abzugeben, wie
dieſe Schule mit Rückſicht auf den Zuſtand des übrigen Schulweſens
einzurichten und demſelben anzunähern iſt.


Schließlich werden bis dahin, daß Lehrbücher ausgearbeitet wer-
den, außer den oben benannten, der erſte Theil von Fiſchers Rechen-
buch, Gillys Anweiſung zur Berechnung der Flächen und Körper,
welche bei dem Bauweſen vorkommen, benutzt werden können, wie,
ohne deshalb andern Vorſchlägen vorgreifen zu wollen, bemerkt wird.


5. Reſcr. v. 29. März 1822. (v. K. Ann. B. 6. S. 119.),
betr. das Elementarſchulweſen.


Des Königs Majeſtät hat geruhet, in einer auf das Schulweſen
eines Regierungsbezirkes bezüglichen Cabinetsordre vom 28. December
v. J. ausdrücklich zu äußern: daß Allerhöchſtdieſelben den regen Sinn,
welcher ſich für das Elementarſchulweſen bethätigt, nicht anders als
beifällig anerkennten, zugleich aber darauf aufmerkſam machten, daß
ſolches in ſeinen Grenzen gehalten werden müſſe, damit nicht aus dem
gemeinen Mann verbildete Halbwiſſer, ganz ihrer künftigen Beſtim-
mung entgegen, hervorgingen. Das Miniſterium bringt dieſe Aller-
höchſte Willensäußerung deshalb zur Kenntniß ſämmtlicher Königl.
Regierungen, damit dieſelbe allenthalben zur Richtſchnur und zur Be-
[134] feſtigung in jenem beſonnenen Verfahren dienen möge, welches bei der
Einwirkung auf die Volkserziehung niemals vergißt, daß jede Bildung
nur ſtufenweiſe gefördert werden kann, daß dem Nöthigeren jederzeit
das Ueberflüſſige weichen und daß bei aller Unterweiſung auch die
künftige Beſtimmung derer, welche belehrt werden, im Auge behalten
werden müſſe.


6. Publ. v. 18. Januar 1822., mitgetheilt durch das Reſcr.
v. 11. April 1822. (v. K. Ann. B. 6. S. 382.), betr. die Unterrichts-
ertheilung in den Land- und kleinen Stadtſchulen über die Werth-
vergleichung der neuen Münzen.


Der Königl. Regierung wird anbei ein Exemplar der für die
Provinz Pommern bei Einführung der neuen Scheidemünze für
das Bedürfniß der Land- und kleinen Stadtſchulen der gedachten
Provinz entworfenen Werth-Vergleichungstabelle, imgleichen Abſchrift
der dazu gehörigen Circularverfügung des Königl. Conſiſtorii zu
Stettin, vom 18. Januar c. (Anlage a.) und deren Anmerkungen
hierdurch zugefertiget, um danach in ähnlicher Art in dortiger Provinz
zu verfahren. Berlin, den 11. April 1822.


a. Um die Kenntniß der neuen vaterländiſchen Münzſorten ſchnell
und allgemein zu verbreiten, und deren Anwendung bei Berechnung
der im bürgerlichen Leben am häufigſten vorkommenden Verhältniſſe
zu erleichtern, haben wir zunächſt und als Anhalt und zum Gebrauche
für Lehrer in den Land- und kleinen Stadtſchulen, nach Maaßgabe
des Münzedictes vom 30. Sept. v. J. und mit beſtändiger Rückſicht
auf das beſondere Bedürfniß der Provinz Pommern — nachſtehende
Werth-Vergleichstabellen anfertigen laſſen. Indem wir Ihnen drei
Abdrücke dieſer Tafeln hierbei überſenden, tragen wir Ihnen auf, ſie
unter den Lehrern der genannten Schulen in Umlauf zu ſetzen, und
überhaupt deren weitere Verbreitung in Ihrem Kreiſe Sich angelegen
ſein zu laſſen. Insbeſondere werden Sie die gedachten Lehrer anweiſen,
ſich die Tabellen abzuſchreiben und davon in den Schulen, bei der
Anleitung zum angewandten Rechnen, zweckmäßigen Gebrauch zu
machen. Wir ſetzen nämlich dabei billig voraus, daß die Herren
Geiſtlichen den Lehrern, die einer ſolchen Anleitung noch bedürfen,
mit den nöthigen Erläuterungen an die Hand gehen und ihnen durch
practiſche Beiſpiele zeigen werden, wie nach den gegebenen Sätzen
(Anmerkungen) die gewöhnlichen Verhältniſſe von der Jugend
[135] ſelbſt
gefunden und berechnet werden können, damit die Tabellen ein
ſelbſt erworbenes Eigenthum derſelben werden und nicht bloß Gedächt-
nißſache bleiben. Auf dieſe Weiſe lernt die Jugend den Weg kennen,
auf welchem alle Verhältniſſe der neuen Silbergroſchen gefunden
worden, und wieder zu finden ſind, ohne die Tabellen auswendig zu
wiſſen, wozu ſie auch nicht beſtimmt ſind. Den Lehrern wird
es aber alsdann leicht werden, die Tabellen für ſich ſelbſt vollſtändiger
durchzuführen und dieſelben Verhältniſſe auch nach andern jetzt noch
umlaufenden Münzſorten, z. B. die neupommerſche, die preußiſche,
ſchleſiſche ꝛc., zu berechnen und durchzuüben.


Stettin, den 18. Januar 1822.


7. Reſcr. v. 16. April 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 420.),
betr. die Belehrung und Warnung der Kinder in den Schulen über
das Wegfangen der Singvögel und Ausnehmen der Vogelneſter.


Das Miniſterium iſt neuerdings ſelbſt durch provinzialſtändiſche
Anträge auf den Unfug aufmerkſam gemacht worden, welcher, den
beſtehenden Verordnungen entgegen, durch das Wegfangen der Sing-
vögel und Ausnehmen der Vogelneſter getrieben wird. Da dieſer
Unfug hauptſächlich den Kindern zur Laſt gelegt wird, ſo kann durch
Einwirken von Seiten der Schule ſehr viel geſchehen, um ihm Einhalt
zu thun. Das Miniſterium will daher die Königl. Regierung auf
dieſen Gegenſtand hierdurch aufmerkſam machen, und ſie auffordern,
die nach den Umſtänden geeignetſten Maaßregeln zu treffen, damit
theils in den Schulen ſelbſt durch Belehrung, Warnung, Aufſicht,
Tadel und Strafe einer Ungebühr entgegengewirkt werde, die immer
von Gefühlloſigkeit und Rohheit der Geſinnung zeugt, oder dazu führt,
theils von den Schulvorſtänden, und namentlich von den ſtädtiſchen
Schuldeputationen, die nöthige Aufſicht und Wachſamkeit geübt, und
die erforderlichen Vorkehrungen zur Verhütung dieſes Unfugs getroffen
werden. In welcher Art die Königl. Regierung den in ihrem Bezirke
ſtattfindenden beſondern Verhältniſſen gemäß das Nöthige angeordnet
hat, darüber erwartet das Miniſterium demnächſt Bericht.


8. Reſcr. v. 10. März 1828. (Neigeb. Gymn. S. 316.), betr.
die Koſten für Schulprogramme.


Das Miniſterium genehmigt auf den Antrag des Königl. Conſiſtorii
und Provinzial-Schul-Collegii in dem Berichte vom 15. v. Mts.
hiermit, daß die Koſten der Schulprogramme jederzeit aus dem Fonds
[136] der Gymnaſial-Caſſen beſtritten, und wo der zuſtändige Etatstitel
nicht ausreicht, bei demſelben der Betrag des Fehlenden als Mehr-
ausgabe nachgewieſen werde.


Zugleich wird das Königl. ꝛc. aufgefordert, die Directoren und
Lehrer der Gymnaſien in Folge der Verfügung vom 23. Auguſt 1824.
nochmals anzuweiſen, der den Schulnachrichten in dem jährlichen Pro-
gramme voranzuſchickenden Abhandlung nicht einen zu großen Umfang
zu geben, ſich vielmehr ſo einzurichten, daß das ganze Programm nicht
aus mehr als zwei, höchſtens drei Druckbogen beſtehe. — Uebrigens
kann das Miniſterium ſich mit dem in dem abſchriftlich eingereichten
Voto ausgeſprochenen Grundſatze, daß zwiſchen dem Gymnaſio und
den Eltern der daſſelbe beſuchenden Schüler ein eigentliches Contracts-
verhältniß, welches jeder im Laufe der Schulzeit für nöthig erachteten
Veränderung hemmend entgegen ſtehen würde, ſtattfinde, aus nahe
liegenden Gründen durchaus nicht einverſtanden erklären.


9. Circ.-Reſcr. v. 19. Mai 1829. (v. K. J. B. 28. S.
1016.), betr. die Beförderung der Baumzucht durch Schulen und
Schullehrer.


Dem Königl. Conſiſtorium und Provinzial-Schul-Collegium werden
hierneben fünf Exemplare der Circular-Verordnung der Königl. Re-
gierung in Stettin vom 3. October praet., betreffend die Beförderung
der Baumzucht durch Schulen und Schullehrer, mit dem Bemerken
zugefertigt, daß das Miniſterium für dieſen ſo wichtigen Gegenſtand
das allgemeine Intereſſe je länger je mehr zu wecken, namentlich in
den Seminarien die Baumzucht und den Gartenbau practiſch mit
Eifer betrieben, und die Aufmerkſamkeit der Seminar-Directoren dar-
auf hingeleitet zu ſehen wünſcht, wie ſehr die Obſt- und Gartencultur
von den Behörden beachtet und befördert wird, und wie die Semina-
riſten künftig als Lehrer bei ihren Beſtrebungen in dieſer Hinſicht die
kräftigſte Unterſtützung zu erwarten haben.


1. Circular-Verordnung an ſämmtliche Königl. Landräthliche Be-
hörden und Domainen-Aemter. — Sie erhalten in der Anlage unſere
heutige Circular-Verfügung an die ſämmtlichen Superintendenten in
dem dieſſeitigen Verwaltungs-Bezirke, die Beförderung der Baumzucht
durch die Schulen und Schullehrer betreffend, mit der Aufforderung:
dieſer wichtigen Angelegenheit auch Ihre Aufmerkſamkeit und Theil-
nahme zuzuwenden; die Gemeinden zur Ueberweiſung des nöthigen
[137] Platzes zur Anlegung von Baumſchulen und Gemeindegärten, wo
ſolche noch nicht vorhanden ſind, zu ermuntern und zu veranlaſſen;
auch möglichſt dahin zu wirken, daß die Wege und andere freie Plätze
mit Fruchtbäumen bepflanzt, und für deren Erhaltung und Pflege mit
Nachdruck und Ernſt geſorgt werde. Bei der leider! noch ſehr großen
Vernachläſſigung des Obſtbaues in der hieſigen Provinz, werden wir
es mit beſonderm Danke erkennen, wenn Sie, von der Nothwendigkeit
und Nützlichkeit der Sache überzeugt, auf die Gutsherrſchaften und
Gemeinden in der angegebenen Art einwirken, und den Geiſtlichen
und Schullehrern bei der Ausführung deſſen, was wir hierüber ver-
ordnet haben, die Hand bieten wollen. Es iſt zunächſt Alles daran
gelegen, daß in den Gemeinden ſelbſt der Sinn für die Baumzucht
geweckt und genährt, und das ziemlich allgemein verbreitete Vorurtheil,
als ob unter unſerm rauheren, kälteren Himmel nur ſchlechte Obſt-
ſorten gerathen und ausdauern, durch das Beiſpiel eines und des an-
deren Pomologen, auf welches man hinweiſen kann, widerlegt werde.
Auf dieſe Weiſe wird es dann auch möglich werden, einzelnen Ge-
meinden, welche für das Gute gewonnen ſind, beſſere Obſtſorten zu
verſchaffen, und dieſe nach und nach immer weiter zu verbreiten. Wenn
die weltlichen und geiſtlichen Behörden für die Sache mit Ernſt und
Liebe handeln; wenn ſie ſich einander in ihren Bemühungen thätig
unterſtützen, und jede Gelegenheit, die Jugend und die Gemeinden
über den großen Nutzen der Baumzucht zu belehren, treu wahrnehmen:
ſo werden die Hinderniſſe, welche die Anlegung von Baumſchulen
und Gemeindegärten, die Bepflanzung der Wege und freien Plätze ꝛc.
allerdings im Anfange finden wird und finden muß, durch ein ſolches
vereintes Wirken glücklich überwunden werden, und es wird dann
kaum eine Gemeinde geben, die nicht bereit wäre, ein ſchickliches
Plätzchen für die Baumſchule abzugeben, oder die Arbeit bei der erſten
Anlegung und Einzäunung derſelben zu übernehmen. Schließlich
geben wir Ihnen auf, über den Erfolg Ihrer Bemühungen für die
Beförderung der Baumzucht in Ihrem amtlichen Wirkungskreiſe, gegen
Oſtern 1830 hieher zu berichten, und uns dann zugleich diejenigen
Gemeinden und Gemeindeglieder, bei welchen die Sache Eingang ge-
funden, oder die ſich bereits hierin ausgezeichnet, anzuzeigen.


2. Circular-Verordnung an ſämmtliche Superintendenten. —
Obgleich wir, ſowohl Ihnen, als den übrigen Herren Geiſtlichen, die
[138] Beförderung der Obſtbaumzucht durch die Schulen und die Schul-
lehrer bei jeder ſich darbietenden Gelegenheit dringend empfohlen, und
auch dafür Sorge getragen haben, daß den letztern in den Seminarien
und den Lehrerverſammlungen ein kurzer practiſcher Unterricht in der
Baumzucht ertheilt, und auch gedruckte, gemeinfaßliche Anleitungen
dazu in die Hände gegeben werden: ſo zeigt doch die Erfahrung, daß
die Sache von den meiſten Schullehrern entweder noch gar nicht,
oder unzweckmäßig und nachläſſig betrieben wird, und daß ſie bei den
Gemeinden nicht die Aufmerkſamkeit und Theilnahme findet, welche
ſie, bei ihrer Wichtigkeit und Nützlichkeit für die allgemeine Landes-
cultur, wie für die Verbeſſerung des häuslichen Wohlſtandes, fordert
und verdient. In ſehr vielen Ortſchaften iſt freilich der Mangel an
einem beſondern Platze zur Anlegung von Baumſchulen, ſo wie die
Unkunde und Gleichgültigkeit der Schullehrer und die Beſchaffenheit
der Bäume ſelbſt, welche geſetzt zu werden pflegen, das Haupthinderniß;
aber es iſt uns nicht unbekannt geblieben, wie viel, ſelbſt unter un-
günſtigen äußern Umſtänden, einzelne Lehrer dafür gethan haben und
zu thun fortfahren; wie leicht ſie ſich, ſobald es ihnen nur nicht an
Luſt und gutem Willen fehlt, die nöthigen Vorrichtungen und Hand-
griffe bei Anlegung von Baumſchulen, beim Ausheben, Verſetzen,
Veredeln und Beſchneiden der Bäume zu eigen machen, und wie gut
ihnen dabei die, von uns in mehreren hundert Abdrücken vertheilten,
Schriften von Diehle, Schröze und Bädecker zu Hülfe kommen.
Es ſind uns einzelne Lehrer bekannt, welche, weil es ihnen an einem
beſondern Platze für eine Baumſchule fehlt, einen Theil von ihrem
Amtsgarten zur Baumſchule verwenden, und die Schuljugend mit
dieſer Kunſt bekannt machen; ſolche, welche die von ihnen gezogenen
Bäumchen als Preiſe an die Kinder, an Eltern und auf Gemeinde-
plätze abliefern, und ihre über die Erziehung, Pflege und Behandlung
der Obſtbäume, ſowie über die Reife, Aufbewahrung und Benutzung
des Obſtes ſelbſt gemachten Beobachtungen und Erfahrungen Andern
mittheilen, und ſich durch ihren Obſtbau eine der würdigſten Erholungen
und zugleich ein nicht unbedeutendes Erwerbsmittel verſchaffen. Es
giebt einzelne Schulvorſtände, welche aus eigenem freien Antriebe die
löbliche Einrichtung getroffen haben, daß ein jedes Kind bei ſeinem
Abgange von der Schule und an ſeinem Einſegnungstage auf einem
öffentlichen Platze einen Baum pflanzt, und für deſſen Pflege und
[139] Erhaltung Sorge tragen muß. Wenn dieſe, freilich zur Zeit noch
einzeln ſtehenden, ſehr ſeltenen Beiſpiele allgemeiner werden: ſo wird
es gewiß bald auch nicht mehr an Gemeinden fehlen, die der Schule
hierin zu Hülfe kommen, und nicht allein ihre Gärten, ſondern auch
die Wege und Gemeindeplätze mit Fruchtbäumen bepflanzen, und von
dem verkauften Obſte einen Theil ihrer Gemeinde-Ausgaben beſtreiten,
wie dies bereits in verſchiedenen kleinen deutſchen Staaten, z. B. in
den ſächſiſchen Herzogthümern, am Rhein ꝛc., der Fall iſt. Damit
nun die Baumzucht in unſerm Verwaltungs-Bezirk mehr gehoben,
und die Gemeinden dafür immer mehr gewonnen werden, halten wir
es für nöthig, daß vor Allem die Schullehrer für die Sache in An-
ſpruch genommen und angehalten werden, theils ſich die erforderlichen
Kenntniſſe in der Baumcultur noch zu erwerben, theils, durch Lehre
und Beiſpiel, in der Jugend die Luſt und Liebe dafür zu erwecken,
und auf dieſe Weiſe auch hier in den Schulen zu pflanzen, was in
den Gemeinden Wurzel ſchlagen und gedeihen ſoll. Von dieſem Ge-
ſichtspunkte ausgehend, eröffnen wir Ihnen mit Hinweiſung auf die
Bekanntmachung vom 2. Juli 1812. (Amtsblatt d. 1812. S. 204.)
vorläufig Felgendes: 1) Es ſoll, wo dies irgend thunlich iſt, bei jeder
Schule eine Baumſchule angelegt werden; — 2) es ſoll auf Ausmit-
telung tauglicher Plätze zu Baumſchulen möglichſt Bedacht genommen
werden, wobei wir uns gern der Hoffnung überlaſſen wollen, daß
edle Schulfreunde hier und da dieſe Plätze unentgeltlich hergeben
werden; — 3) die Gemeinden ſollen angewieſen werden, den Schul-
lehrern bei der erſten Einrichtung der Gärten hülfreiche Hand zu
leiſten, und dieſelben zu raden und zu umzäunen; die übrige Arbeit
übernimmt der Schullehrer mit Hülfe der erwachſeneren Schuljugend
außer den gewöhnlichen Schulſtunden; — 4) dieſe Gärten ſind ein
Eigenthum der Schulen, aber der Lehrer führt in der Regel die Auf-
ſicht darüber, und hat die Nutzung nach Befinden der Umſtände ent-
weder ganz oder zum Theil; — 5) jeder Lehrer, bei deſſen Schule
eine Baumſchule angelegt iſt, und der die Sache verſteht, iſt ver-
pflichtet, die heranwachſende Jugend in der Baumzucht zu unterrichten,
und ſie im eigenhändigen Pflanzen und Veredeln der Bäume practiſch
zu üben; — 6) bei dieſer Unterweiſung muß der Lehrer ſich beſonders
angelegen ſein laſſen, den in ſeiner Gemeinde gangbarſten Vorur-
theilen entgegen zu treten, und zu zeigen, daß auch auf dem ſchlech-
[140] teſten Boden, in rauhen Gegenden und unter unſerm kältern Himmel
edle Obſtſorten gut fortkommen können; — 7) diejenigen Lehrer,
welche Sinn und Liebe für die Sache haben, werden gern dazu bei-
tragen, die Gemeinden für das Bepflanzen der Wege und anderer
öffentlicher Plätze und für die Pflege und Erhaltung der Bäume zu
gewinnen; — 8) in demſelben Maaße, in welchem die Jugend und
die Erwachſenen an einem Orte für die Baumzucht gewonnen werden,
werden auch da die Beiſpiele von muthwilligen und boshaften Baum-
beſchädigungen ſeltener werden; Kinder, welche ſich des Baumfrevels
ſchuldig gemacht haben, ſind von dem Schulvorſtande ſtreng zu be-
ſtrafen; — 9) diejenigen Lehrer, welche die Baumpflege mit thätigem
Eifer und glücklichem Erfolge betreiben, und in dieſer Hinſicht auch
auf die Gemeinden vortheilhaft wirken, ſollen bei Beſetzung von ein-
träglichen Schul- und Küſterſtellen beſonders berückſichtigt werden,
wenn ſie auch ſonſt die erforderliche Tüchtigkeit beſitzen; — 10) die
Schullehrerprüfungen ſollen künftig auch auf die Kenntniß in der
Baumzucht gerichtet, und die Geprüften theils auf die bewährteſten
Hülfsmittel aufmerkſam gemacht, theils zu ihrer weitern Belehrung
an ſachkundige Lehrer in ihrer Gegend gewieſen werden, um von ihnen
die unentbehrlichen Handgriffe zu erlernen; — 11) die Herren Super-
intendenten und Superintendentur-Verweſer werden bei ihren Schul-
viſitationen auch dieſen Gegenſtand nicht überſehen, und in ihren Be-
richten das Nöthige darüber bemerken; — 12) in den, von den Herren
Geiſtlichen einzureichenden Conduitenliſten über die Schullehrer ſoll
jedesmal ausdrücklich angezeigt werden, welche Lehrer ſich in der an-
gegebenen Beziehung auszeichnen, und von welchen die Sache vernach-
läſſigt wird. — Indem wir Ihnen hiermit wiederholentlich und drin-
gend zur Pflicht machen, die Beförderung der Baumzucht durch die
Schulen und Schullehrer in Ihrem Wirkungskreiſe ſich auf alle Weiſe
angelegen ſein zu laſſen, benachrichtigen wir Sie zugleich, daß auch
die Königl. Landräthl. Kreis-Behörden und Domainenämter von uns
aufgefordert worden ſind, Sie hierin kräftig und thätig zu unter-
ſtützen, und möglichſt dazu mitzuwirken, daß Gutsbeſitzer und Ge-
meinden da, wo es noch an einem ſchicklichen Platze zur Baumſchule
fehlt, ihn unentgeltlich hergeben, und die Baumcultur mehr und
mehr zu einer Communal-Angelegenheit zu machen. Schließlich beauf-
tragen wir Sie, den ſämmtlichen Herren Geiſtlichen und den Schul-
[141] lehrern Ihres Sprengels die gegenwärtige Verfügung mitzutheilen,
und Letztere in unſerm Namen anzuweiſen, davon eine Abſchrift zum
Schularchive zu nehmen, und daß dies geſchehen, in dem von Ihnen
zu erlaſſenden und an uns abſchriftlich einzureichenden Umlaufſchreiben
ausdrücklich zu bemerken.


10. Reſcr. v. 4. Juli 1829. (Neigeb. Gymn. S. 308.), betr.
die Erweiterung der Bibliotheken der Gymnaſien.


Dem Miniſterio iſt der in Abſchrift beigefügte Plan, wie ſich die
Bibliotheken der Gymnaſien in Provinzialſtädten ohne Koſten im
hiſtoriſchen Fache erweitern können, vorgelegt worden. Den darin ent-
haltenen Vorſchlag findet das Miniſterium berückſichtigungswerth, und
fordert daher das Königl. Conſiſtorium auf, dieſen Plan den Directoren
der Gymnaſien ſeines Bezirks communiciren und ihnen deſſen Berück-
ſichtigung und Ausführung auf eine angemeſſene Weiſe zu empfehlen
Nach Verlauf eines Jahres ſieht das Miniſterium der Anzeige des
Königl. Conſiſtoriums darüber entgegen, ob und wie weit es dem
einen oder dem andern Gymnaſial-Director gelungen iſt, den mehr-
gedachten Plan zu verwirklichen.


Plan,
wie ſich die Bibliotheken der Gymnaſien in Provinzialſtädten ohne
Koſten im hiſtoriſchen Fache erweitern können.


Die Beſchränktheit der Fonds, welche den meiſten Gymnaſien ge-
öffnet ſind, ihre Bibliotheken zu erweitern und zu vervollſtändigen,
hat mehr oder weniger überall die üble Folge, daß nur das Aller-
wichtigſte angeſchafft werden kann, und zwar, bei der meiſt vorherr-
ſchenden Neigung der gelehrten Schulmänner, vorzugsweiſe aus der
philologiſchen Literatur. So kommt es, daß dieſe Bibliotheken ſelten
zu einem recht erfreulichen Flor kommen, was namentlich in Provinzial-
ſtädten um ſo mehr zu bedauern iſt, da ſie hier oft die einzigen einiger-
maßen bedeutenden Bibliotheken ſind. Jedenfalls alſo möchte es
wünſchenswerth ſein, ein Mittel ausfindig zu machen, wie dieſem Uebel
ohne Schwierigkeiten abgeholfen werden könnte, und dazu möchte
nun auch der im Folgenden ganz gehorſamſt dargelegte Vorſchlag
mitwirken.


In unſerer Zeit regt ſich überall das Bedürfniß, ſich auch mit
dem geiſtigen Elemente der Zeitgeſchichte bekannt zu machen, wenn
auch hier und da dieſes Streben eine ſchiefe, ja oft lächerliche Rich-
[142] tung annimmt. Aber vorhanden iſt es und zwar in einem höheren
Grade, als in den früheren Decennien, davon geben Zeugniß die
unter Theologen und Juriſten, Medicinern, Philologen, Oeconomen ꝛc.
geſchloſſenen Leſevereine, ſo wie auch die auf dieſen Zeitgeſchmack be-
rechneten und allgemach zur Mode gewordenen, freilich oft nur imaginär
wohlfeilen Taſchenausgaben ſo vieler einheimiſcher und fremder Schrift-
ſteller. Einen Zweig des menſchlichen Forſchens und Wiſſens nun
aber giebt es, wofür ſich die meiſten auf Bildung [Anſpruch] machenden
Menſchen intereſſiren, und das iſt die Geſchichte, ſo daß ein Leſeverein,
der ſich zum Zweck ſetzte, hiſtoriſche Werke, namentlich Monographien
über intereſſante Gegenſtände aus der älteren und neueren Geſchichte,
in Umlauf zu ſetzen, eine nicht kleine Anzahl von Theilnehmern
finden dürfte. Nun müßten ſich die Rectoren der Gymnaſien an
die Spitze einer ſolchen Geſellſchaft ſtellen, etwa in dieſer Art: Gegen
einen jährlichen Beitrag von 2—3 Rthlrn. von einem jeden Mitgliede
verſprechen ſie für eine namhafte, nach dem Belauf der Beiträge ſich
richtende Summe ſolche Werke im Umlauf zu ſetzen, die nachdem
ſie circulirt haben, der Gymnaſiums-Bibliothek anheimfallen, wie ja
das bei allen von Buchhändlern geleiteten Leſe-Inſtituten der Fall
iſt. Die Umſicht der Rectoren würde ſelbſt die nöthigen Statuten,
wodurch Ordnung und Pünktlichkeit im Zahlen der Beiträge, in der
Beförderung der Bücher und dergleichen aufrecht erhalten würde, ent-
werfen können.


Ein jetzt wohl bei jedem Gymnaſio vorhandener Hülfslehrer könnte
die äußere Leitung des Inſtituts übernehmen. Es iſt gewiß zu hoffen,
daß eine vom Rector ausgehende Aufforderung zu einem ſolchen Leſe-
verein in jeder Gymnaſial-Stadt und deren Umgebung unter Pre-
digern, Beamten, Gutsbeſitzern und Pächtern Theilnehmer finden
würde, zumal da es ja die Meiſten, die ihre Bildung dem Gymnaſium
der Stadt verdanken, als einen Act der Pietät betrachten dürften, auf
eine ihnen ſelber nützliche und angenehme Weiſe zur Vergrößerung
der Bibliothek der Anſtalt beizutragen, die ihre Lehrerin geweſen iſt.
Wären auch der Intereſſenten nur 30, und gäbe deren Jeder jährlich
nur 2 Rthlr., ſo erhielte die Gymnaſiums-Bibliothek jährlich einen
Zuwachs von 60 Rthlrn. für das hiſtoriſche Fach, und namentlich eine
Menge intereſſanter und für die Zukunft höchſt wichtiger Mono-
graphien, die ſie jetzt bei der Beſchränktheit ihrer Fonds ganz un-
[143] beachtet laſſen muß. Aber auch für das Publikum würde eine ſolche
Leſeanſtalt von großem Nutzen ſein, da ſie, im rechten Geiſte geleitet,
ſehr förderlich für die geiſtige Ausbildung der Theilnehmer werden und
dazu mitwirken könnte, daß dem Unweſen einer ungeregelten und geiſt-
loſen Leſerei oft der erbärmlichſten Werke geſteuert werde.


11. Reſcr. v. 31. März 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 317.)
über die Obſtbaumzucht.


Die ꝛc. erhält hierneben ein Exemplar des von der Königl. Re-
gierung zu Marienwerder verbreiteten Anhanges zu Baedeker’s ein-
facher Obſtbaumzucht zur Kenntnißnahme und mit dem Bemerken, daß
das Miniſterium noch auf die gekrönte und ſehr wohlfeile Preis-
ſchrift von W. Hinkert „Unterricht in der praktiſchen Obſtbaum-
zucht ꝛc. München im Central-Schulbücher-Verlage“ hierdurch auf-
merkſam machen will, da dieſe Schrift unter den vorhandenen die
beſte, und wenn auch mit beſonderer Rückſicht auf die klimatiſchen und
topographiſchen Verhältniſſe Bayerns abgefaßt, doch auch für andere
Länder und nördlichere Gegenden vorzüglichen Werth und entſchiedene
Brauchbarkeit hat.


12. Reſcr. v. 5. April 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 318.),
betr. den Seidenbau.


Die ꝛc. erhält hierneben ein Exemplar der Subſcriptions-Liſte zu
dem von dem Kunſthändler Bolzani hierſelbſt über den Seidenbau
herauszugebenden Werke, mit der Anweiſung, für die Sache in ihrem
Bereiche möglichſt zu wirken, und die Subſcribenten-Liſten ſeiner Zeit
unter Kreuzband, und mit dem Vermerk „Subſcriptionsliſten des
Kunſthändlers Bolzani“ Letzterem zugehen zu laſſen, da demſelben zu
leichterer Verbreitung der Anzeigen die Poſtfreiheit bewilligt worden
iſt, von welcher er auch bereits in der Art Gebrauch gemacht, daß er
Anzeigen an die ſämmtlichen Landräthe der Monarchie ꝛc. verſandt
hat. Sein dem Miniſterio ausgeſprochener Wunſch beſteht nun darin,
daß auch noch Geiſtliche, Schullehrer, Seminariſten ꝛc. auf das in
Rede ſtehende Werk beſonders aufmerkſam gemacht werden, und trägt
das Miniſterium kein Bedenken, denſelben hierdurch zu unterſtützen.


13. Circ.-Reſcr. v. 30. Auguſt 1830. (v. K. Ann. B. 14.
S. 92. 557.), betr. die Unterweiſung in Handarbeiten in den Volks-
ſchulen.


Das Miniſterium findet ſich veranlaßt, der Königl. Regierung an-
[144] liegend vier Exemplare einer ſehr angemeſſenen Bekanntmachung der
Regierung zu Cöln, die Unterweiſung in Handarbeiten in den Volks-
ſchulen u. ſ. w. betreffend, zur Kenntnißnahme zuzufertigen. Es iſt
unverkennbar ſehr wünſchenswerth, daß insbeſondere bei der zuneh-
menden Armuth in den niederen Volksklaſſen dem erſten Gegenſtande
dieſer Bekanntmachung (nämlich der Anweiſung zu Handarbeiten in
den Volksſchulen) überall beſondere Aufmerkſamkeit gewidmet werde.
Das Miniſterium fordert daher auch die Königl. Regierung auf, dem-
ſelben die von ihr deshalb etwa ſchon erlaſſenen oder noch zu erlaſſenden
ähnlichen, nach Ort und Umſtänden modificirten Bekanntmachungen
einzureichen.


Bekanntmachung der Königl. Regierung zu Cöln, die Unterweiſung
in Handarbeiten in den Volksſchulen betreffend. — Unſere Bekannt-
chung vom 28. Mai v. J. (Amtsblatt Stück 22. Nr. 223.), die
Handarbeiten in den Volksſchulen betreffend, hat noch nicht den Er-
folg gehabt, den wir davon erwartet haben, und wenn wir auch nicht
vorausſetzen wollen, daß die Wichtigkeit des Gegenſtandes verkannt
werde: ſo iſt wenigſtens ſo viel außer Zweifel, daß die Schwierigkeit
der Ausführung den meiſten Behörden größer erſcheint, als ſie in der
That iſt. Außer dem vorzugsweiſe hier zu nennenden Waiſenhauſe zu
Cöln und der Armen-Freiſchule in Bonn, die indeſſen bis jetzt auch
noch auf die weiblichen Arbeiten ſich hat beſchränken müſſen, und
außer einigen Anfängen in wenigen Landſchulen, namentlich zu Lannes-
dorf, Duisdorf, Beuel, Weſſeling und Godesberg, im Landkreiſe Bonn;
zu Dattenfeld, Roſſel und Hochwald, im Kreiſe Waldbroel; zu Hem-
mersbach und Gleſch, im Kreiſe Bergheim; zu Oberhauſen, Merten
und Seelſcheid, im Siegkreiſe; zu Urbach, im Kreiſe Mühlheim, welche
Anerkennung und Beförderung verdienen, haben die Berichte der
Kreis-Schulbehörden in dieſer Beziehung nichts von Bedeutung zu
unſerer Kenntniß gebracht. Von den abgeſonderten Töchterſchulen ſollte
man allerdings erwarten, daß ſie wenigſtens das Bedürfniß künftiger
Hausfrauen, wenn auch weniger den augenblicklichen Erwerbzweig, ins
Auge gefaßt hätten; indeſſen laſſen die meiſten Berichte ſelbſt dieſen
ſo weſentlichen Punkt zweifelhaft, und es ſcheint noch Mädchenſchulen
zu geben, wo die weiblichen Handarbeiten entweder ganz ausgeſchloſſen
ſind, oder mehr das Beſtreben zu glänzen als zu nützen, zur Grund-
lage haben. Gegen dieſe in jeder Beziehung verderbliche Richtung
[145] können wir uns nicht ernſt und nachdrücklich genug ausſprechen, und
erwarten zur Unterdrückung derſelben die kräftigſte Mitwirkung der
Behörden, welche darauf unmittelbar einzuwirken im Stande ſind,
ſehen auch der ſpeciellen Berichterſtattung darüber um ſo dringender
entgegen, als wir nur darin die Beruhigung finden können, daß unſere
Abſicht nicht verkannt, unſere Forderung nicht mißverſtanden iſt.


1) Es iſt ein großes Bedürfniß und eine der wichtigſten Aufgaben
unſerer Zeit, die Stärkung der Thatkraft mit der erhöheten und er-
weiterten Erkenntniß, das Können mit dem Wiſſen in das erforderliche
Gleichgewicht zu ſetzen, und zwei Extreme zu vermeiden, deren eines
zu einem todten, nachäffenden Mechanismus in dem gewerblichen Ver-
kehr des bürgerlichen Lebens führt, das andere nur die Schale ohne
den Kern gewährt. Die Grundlage, die einzige feſte Grundlage zur
Erreichung dieſes Zweckes können wir nur in den Schulen finden, und
da der Volksſchule, wenn auch für ein näher liegendes Ziel, engere
Grenzen für ihre Wirkſamkeit geſteckt ſind, ſo iſt in ihnen ein Abweg
vor allen Dingen zu vermeiden, der nämlich, welcher dem rein for-
mellen Zweck des Unterrichts ein ausſchließendes Vorrecht oder wenig-
ſtens ein zu großes Uebergewicht geſtattet, und tiefer in die Gründe
der verſchiedenen Zweige des Unterrichts eindringen will, als es der
Zweck, namentlich der Landſchulen, erfordert, die Dauer des Schul-
beſuchs geſtattet, oder die Faſſungskraft der zu unterrichtenden Jugend
erlaubt. Geſchieht dies nun gar auf eine verkehrte Weiſe und ohne
eigene Sicherheit und Gewandtheit des Lehrers, ſo iſt der daraus er-
wachſende Nachtheil doppelt fühlbar. Es iſt hier nicht der Ort, dieſen
Gegenſtand weiter zu verfolgen; nur als einen Wink für Lehrer und
Schulvorſteher haben wir ihn andeuten wollen, hier aber insbeſondere
noch als einen Beweis aufgeſtellt, daß es an Zeit für einen wirk-
lichen Real- und Induſtrie-Unterricht in den Volksſchulen nicht fehlen
könne, wenn nur 1) von Seiten der Ortsbehörden für einen regel-
mäßigen und dauernden Schulbeſuch und 2) von Seiten der Lehrer
für eine planmäßige Vertheilung und Begrenzung des Unterrichts-
ſtoffes geſorgt wird. Dies ſind die beiden Angeln, um welche ſich der
Erfolg des Unterrichts in den Schulen drehet; das Mehr oder We-
niger dabei hängt von örtlichen und perſönlichen Verhältniſſen ab,
was dem Ermeſſen der Orts- und Kreis-Schulbehörden anheimgeſtellt
bleiben muß. Allerdings giebt es für alle Stände und Geſchlechter
10
[146] ein gemeinſchaftliches Minimum des Wiſſens, für deſſen Erwerbung
auch ein gemeinſchaftlicher Unterricht zu geſtatten iſt; aber darüber
hinaus iſt wohl zu unterſcheiden, was jedem Stande, jedem Geſchlechte
am meiſten frommt, was ſeinen religiöſen, bürgerlichen und häuslichen
Zwecken am nächſten und ſicherſten dient, und in den Kreis des Schul-
unterrichts gezogen werden kann. Dafür muß denn aber auch die
Zeit gewonnen werden, und das Entbehrlichere dem Weſentlichen nach-
ſtehen, was unter den oben angegebenen Bedingungen, für deren Er-
füllung die Ortsvorſtände und die Lehrer verantwortlich ſind, keine
Schwierigkeit haben wird, ohne deshalb die Zahl der Unterrichtsſtunden
zu vermehren.


2) Außer dem Mangel an Zeit, den wir in den Berichten als ein
Haupthinderniß der Einführung von Handarbeiten angegeben finden,
nimmt der Mangel an Mitteln den nächſten Platz ein, ſowohl an
Mitteln zur Anſchaffung des zu verarbeitenden Materials. Sondern
wir hierbei die beiden verſchiedenen Zwecke des fraglichen Unterrichts,
den der praktiſchen Ausbildung für künftige Berufsgeſchäfte überhaupt
und den des augenblicklichen Erwerbs: ſo kann es für den erſten Fall,
wenn die Mittel der Gemeinde für dieſen Zweck nicht in Anſpruch
genommen werden können, kein Bedenken haben, den Bedarf durch
eine angemeſſene Erhöhung des Schulgeldes aufzubringen, und den
Eltern die Pflicht aufzulegen, für Anſchaffung des erforderlichen Ma-
terials zu ſorgen. Den Armen-Kindern wird auch hierbei, wie bei dem
Unterricht überhaupt, die Armen- oder Gemeindekaſſe zu Hülfe kom-
men, und die Gemeinde wird darin um ſo lieber einwilligen, als auf
dieſem Wege eine Hauptquelle der Dürftigkeit, des Müßigganges und
der Bettelei verſtopft wird. Der Erwerbszweck kann dabei im Kleinen
und für einzelne Kinder, ſo weit es die disponiblen Mittel geſtatten,
immer ſchon nebenbei berückſichtigt, die Ausführung in größerem Um-
fange aber günſtigeren Verhältniſſen vorbehalten bleiben. Ein großes
Hinderniß des Guten liegt gerade in dem Streben, es gleich von An-
fang an in einer gewiſſen Vollendung gefördert ſehen zu wollen, und
mit kleinen Anfängen ſich nicht begnügen zu laſſen. Zu dieſen wird
es aber, wenn nur der rechte Wille vorhanden iſt, weder an Zeit noch
an Mitteln zur Ausführung fehlen, und einzelne Beiſpiele haben dazu
bereits den erforderlichen Beleg gegeben. In größeren Städten darf
es allerdings nicht bei dergleichen kleinen und zerſtreuten Anfängen
[147] bleiben, wodurch nur die Kraft zerſplittert wird; aber für Landſchulen
wird uns auch der geringſte gelungene Verſuch ſchon eine erfreuliche
Erſcheinung ſein.


3) Ein größeres Hinderniß möchte zur Zeit noch in dem Mangel
an Perſonen gefunden werden, welche für die Unterweiſung in Hand-
arbeiten geeignet ſind. Bei geſonderten Töchterſchulen ſollen es die
Lehrerinnen ſelbſt ſein, und iſt auf deren Befähigung für dieſen Zweck
mit aller Strenge zu halten. Bei gemiſchten Schulen wird, wie für
die Knaben der Lehrer, ſo für die Mädchen die Frau des Lehrers in
der Regel zunächſt in Anſpruch genommen werden müſſen; und nur
wo dieſe dazu nicht geeignet ſind, bedarf es einer anderweitigen Hülfe,
wozu es an den meiſten Orten auch nicht an Gelegenheit fehlen wird.
Bei der Berufung eines neuen Lehrers iſt es gleich im Voraus zu
bedingen, daß derſelbe für dieſes Bedürfniß auf eine dem Zweck ent-
ſprechende und von uns anerkannte Weiſe zu ſorgen, oder einen ange-
meſſenen Abzug vom Schulgelde zu erleiden hat. Wie außerdem die
Handarbeiten auch neben dem übrigen Unterrichte fortzuſetzen und zu
leiten, auch vor und nach den Schulſtunden anzuordnen ſind, vorzüglich
da, wo ſie zugleich als Erwerbzweig betrieben werden, bleibt dem
näheren Antrage der Ortsſchulbehörde anheimgeſtellt. Daß übrigens
dieſe Einrichtung nicht zugleich in allen Schulen einer Sammtgemeinde
oder eines Kreiſes eingeführt werden kann, darf kein Grund ſein, die
Einführung ganz zu unterlaſſen; vielmehr wird gerade das Gelingen
an einzelnen Schulen das ſicherſte Mittel einer allgemeineren Ver-
breitung für die Folge werden.


4) Man befürchtet eine Störung des Unterrichts durch Einführung
der Handarbeiten in den Schulen. Das würde allerdings der Fall
ſein, wenn von geräuſchvollen Beſchäftigungen einer Abtheilung wäh-
rend des Unterrichts einer andern die Rede wäre. Stricken und
Nähen macht aber keine ſehr bedeutende Störung, und kann allenfalls
in demſelben Local mit dem übrigen Unterricht zugleich betrieben, auch
von einer beſondern Lehrerin geleitet werden, wiewohl es allerdings
vorzuziehen iſt, ein Nebenzimmer für dieſen Zweck zu benutzen. Im
Sommer wird der Spielplatz zum Theil dazu in Anſpruch genommen
werden können. Alle übrigen Arbeiten, die wirklich Störung veran-
laſſen, ſind natürlich in ein abgeſondertes Local oder in eine Zeit außer
den Schulſtunden zu verlegen. Es darf übrigens hier nur noch
10*
[148] bemerkt werden, daß, wenn die Kinder abtheilungsweiſe Beſchäftigung
in Handarbeiten finden, in der Regel mehr Ruhe und Ordnung in
der Schule ſichtbar ſein wird, als zum Theil jetzt, wo ganze Abthei-
lungen oft halbe Stunden lang unbeſchäftigt, wenigſtens nicht hin-
reichend und angemeſſen beſchäftigt ſind; des wohlthätigen Einfluſſes
einer wohl geregelten Thätigkeit auf die geſammte geiſtige und ſittliche
Ausbildung überhaupt nicht einmal zu gedenken.


5) Wenn durch Einführung eines neuen Unterrichtsgegenſtandes
für die Lehrer ſelbſt der Nachtheil befürchtet wird, daß ſie ſich darin
nicht würden zu finden wiſſen, indem es ihnen ſchon jetzt zum Theil
ſchwer falle, das durch verſchiedene Verordnungen gebotene und vor-
züglich durch die methodologiſchen Lehrkurſe ihnen gegebene Neue in
ſich zu ordnen und zu verarbeiten: ſo gilt dies nur von denjenigen
Lehrern, denen es noch an einer tieferen und feſteren Begründung
ihrer Berufsbildung fehlt. Da indeſſen die Zahl derſelben immer noch
ſehr bedeutend iſt, ſo würde jener Einwurf um ſo mehr Beachtung
verdienen, wenn von Unterrichtsgegenſtänden die Rede wäre, die be-
ſondere Schwierigkeit in der Behandlung darbieten, oder von dem
Lehrer ſelbſt vorzugsweiſe gefordert werden; da dies aber bei denjenigen
Handarbeiten, die zu einer Einführung in den Schulen ſich eignen,
weniger der Fall iſt, ſo dürfte von dieſer Seite auch weniger Gefahr
zu befürchten ſein.


6) Faſt allgemein finden wir in den Berichten der Kreis-Schul-
behörden über den fraglichen Gegenſtand den Einwurf aufgeſtellt: die
Kinder lernten, was ſie an Handarbeit für ihr künftiges Gewerbe zu
lernen hätten, von ihren Eltern oder von ihren Meiſtern, und es ſei
die Berückſichtigung dieſes Gegenſtandes von Seiten der Schule darum
weniger dringend. Iſt hier von wirklichen Künſten und Handwerken,
iſt von Bearbeitung des Ackers, von Beſorgung der Küche u. ſ. w. die
Rede: ſo hat die Bemerkung ihre volle Richtigkeit, und der Umſtand,
daß der Schulunterricht zu mancher Verbeſſerung auch dieſer Arbeit
den Grund legen kann, findet hier weniger Anwendung, da er nur das
Wiſſen, nicht das Können betrifft. Verlangen wir aber Arbeiten,
welche den Kindern ſchon in der Schule zum Erwerbzweige dienen
können, um der Noth ihrer Eltern und ihrem eigenen Elende abzu-
helfen; verlangen wir Arbeiten, welche die Eltern entweder ſelbſt nicht,
oder doch ſehr unvollkommen verſtehen, durch deren Betrieb dem
[149] Wohlſtande der Familien, dem Gewerbfleiße einer ganzen Gemeinde
aufgeholfen werden kann, und zu deren Erlernung und Förderung die
Schule die Gelegenheit darbietet: ſo muß dieſer Einwurf als nichtig
zurückgewieſen werden. Und beſchränken wir unſere Forderung auch
wirklich nur auf das Nähen und Stricken der Mädchen und allenfalls
der Knaben, welche einmal im Viehhüten einen Theil ihrer Beſchäf-
tigung finden werden: ſo möchten wir wohl die Frage beantwortet
ſehen, wie viele Mütter und Hausfrauen auf dem Lande denn wirklich
ihren Töchtern hierin eine angemeſſene Unterweiſung zu geben im
Stande ſind? Wäre dieſe Geſchicklichkeit ſo allgemein, wie ſie in meh-
reren Berichten vorausgeſetzt wird, ſo möchten wir allenfalls nur den
Zweck des Broterwerbs hier noch berückſichtigen, obgleich von einer
Unterweiſung der geſammten weiblichen Jugend im Nähen und Stricken
in der Schule immer eine größere Einheit und Sicherheit zu erwarten
iſt, und manche Mütter ihre Töchter mehr zu den beſchwerlichern Ar-
beiten im Hauſe und auf dem Felde anhalten möchten, als zu denen,
die im Stillſitzen verrichtet werden können, und denen ſie, wenn es
ſein muß, ſich ſelbſt lieber unterziehen. Gewiß geht aus mancher Ge-
meinde für die Verfertigung von Kleidungsſtücken, Hemden und
Strümpfe mit eingerechnet, viel Geld nach auswärts, was recht gut
erſpart und für manches weſentliche Bedürfniß der Familie verwandt
werden könnte, wenn Mütter und Töchter dieſe Arbeit ſelbſt zu machen
verſtänden.


7) Ein Haupthinderniß endlich liegt in dem Vorurtheil mancher
Gemeinden, welches das Beſſere zurückweiſet, weil es neu iſt, und das
Alte dagegen feſtzuhalten ſucht; Vorurtheile verdienen aber bei der
Einführung des Guten, wenn auch eine ſchonende Behandlung, doch
keine die Ausführung hemmende Beachtung. Wo es abgeſonderte Näh-
und Strickſchulen giebt, von deren Güte die Behörde ſich überzeugt
hat, mögen dieſe fortbeſtehen, ſobald nur die Hauptſchule dadurch in
ihrem Wirken nicht geſtört wird; dieſe darf aber dadurch ſich nicht ab-
halten laſſen, die Handarbeiten bei ſich einzuführen, da jene Privat-
ſchulen doch nur für die wohlhabendere Klaſſe aushelfen können, und
durch einen zweckmäßig angeordneten und durchgeführten Unterricht
das Unvollkommene, welches jene Schulen geben, nach und nach ver-
drängt werden wird. Wo die Perſonen, welche den Unterricht in
Handarbeiten außer der Schule ertheilen, eine Berückſichtigung ver-
[150] dienen, können ſie zu der Schule ſelbſt herangezogen werden, was
zugleich dem oben gedachten Mangel an geeigneten Lehrerinnen ab-
hilft, und worin eine Gemeinde der andern durch Abtretung zu Hülfe
kommen kann.


Werden die hier gegebenen Winke zunächſt von den Lehrern ſelbſt
benutzt, die ſich allerdings am erſten dazu berufen fühlen müſſen, und
wird die Ausführung von den Ortsbehörden hinreichend unterſtützt,
um nur wenigſtens mit einigem Erfolge einen Anfang machen zu
können: ſo dürfen wir auf einen rühmlichen Wetteifer rechnen, der
um ſo ſchneller zum Ziele führen wird. In vielen Fällen wird es
der umgekehrten Richtung bedürfen, und wir vertrauen insbeſondere
der umſichtigen Thätigkeit der Herren Bürgermeiſter, denen hier ein
weites und ſchönes Feld zur Förderung der Wohlfahrt der ihnen
anvertrauten Gemeinden ohne bedeutende dauernde Laſt derſelben er-
öffnet iſt. Was insbeſondere den Unterricht in weiblichen Handarbeiten
und die Einführung und Einleitung deſſelben betrifft: ſo iſt es ſehr
rathſam, dabei die Mitwirkung geeigneter Frauen in Anſpruch zu
nehmen, und die Schulvorſtände werden zu dieſem Ende hierdurch
angewieſen, dieſe Angelegenheit vorzugsweiſe in die Hände eines
Frauenvereins zu legen, zu deſſen Bildung ſie Veranlaſſung geben
wollen. Ein ſolcher Verein wird auch, wo es an andern Quellen
fehlt, am erſten im Stande ſein, für Erwerbsſchulen das erforderliche
Material zu beſchaffen, indem er die Bereitwilligkeit einzelner Familien
und Hausmütter für dieſen Zweck in Anſpruch nimmt, die für ihren
eigenen Bedarf der arbeitenden Hände im Hauſe nicht genug haben,
oder auch außerdem gern der guten Sache ein Opfer bringen. Und
ſollte ſich dieſer Verein in kleinern Schulbezirken auf dem Lande auch
nur auf eine einzige Frau beſchränken müſſen, welche über die Tüchtig-
keit der gelieferten Arbeit und über die Mängel derſelben ein ſachkundiges
Urtheil zu geben im Stande iſt: ſo wird auch deren Mitwirkung
dankbar anzunehmen ſein. Die Lehrer aber und die Lehrerinnen
werden hierdurch verpflichtet, den mit dieſem Geſchäft von dem Schul-
vorſtandebeauftragten und von der Kreis-Schulbehörde beſtätigten
Frauen dieſelbe Achtung und für dieſen Zweig des Unterrichts dieſelbe
Folge zu leiſten, welche ſie den übrigen Mitgliedern der Orts-Schul-
behörde ſchuldig ſind. Ueber die Einrichtung der Armen- und Erwerb-
ſchulen in den Städten Cöln und Bonn ſehen wir den ausführlichen
[151] Berichten und Anträgen der betreffenden ſtädtiſchen Schul-Commiſſionen
entgegen, und werden dieſe dazu in beſondern Verfügungen auffordern.


14. Circ.-Reſcr. vom 2. Mai 1831. (Neigeb. S. 89.), betr.
die Vermeidung der Einmiſchung von Tagesbegebenheiten in den
Unterricht.


Es iſt zur Kenntniß des Miniſterii gekommen, daß einzelne Lehrer
bei dem Unterrichte der Jugend, ſtatt die durch die Lehrgegenſtände
der verſchiedenen Schulen ſelbſt hinreichend bezeichnete Grenze zu
beachten, als Beiſpiele, Vorſchriften, Dictate und dergleichen Tages-
begebenheiten oder Gegenſtände der Politik gewählt haben. Das Un-
angemeſſene dieſes Verfahrens bedarf keiner Erläuterung. Wenn aber
auch angenommen werden kann, daß geübtere Lehrer ſolche Mißgriffe
von ſelbſt vermeiden werden, ſo iſt doch bei Anfängern und minder
fähigen Subjecten dies nicht überall zu erwarten. Das Miniſterium
hält deshalb für angemeſſen, die Aufſeher der Schul-Anſtalten darauf
beſonders aufmerkſam zu machen, daß ihnen obliegt, hierüber zu wachen
und vorkommende Mißbräuche zu rügen und abzuſtellen, und trägt
den Königl. Provinzial-Schul-Collegien und Regierungen auf: die
erforderliche Verfügung zu dieſem Zwecke, jedoch zur Vermeidung
alles Aufſehens nicht durch die Amtsblätter zu erlaſſen.


15. Circ.-Reſcr. v. 14. Juni 1834. (v. K. Ann. B. 19.
S. 398.), betr. die Verpflichtung zur Beſchaffung von Unterrichts-
mitteln für Kinder armer Eltern, daß dieſe, als ein Theil der Armen-
pflege, von demjenigen übernommen werden muß, welchem die letztere
nach den beſtehenden Rechten obliegt. (ſ. Anhang Nr. 20.)


16. Circ.-Reſcr. v. 19. Septbr. 1834. (v. K. Ann. B. 18.
S. 696.), betr. die Confeſſionsbezeichnung in Kirchen- und Schulſachen.


Da es in den, Kirchen und Schulen betreffenden Berichten der
Königl. Regierungen häufig vorkommt, daß die Bezeichnung, ob der
Prediger, Schullehrer, die Gemeine oder Schulſocietät ꝛc. evangeliſcher
oder katholiſcher Confeſſion ſei, hinzuzufügen unterlaſſen wird, dies
aber nicht ſelten für die Beurtheilung der Sache von Bedeutung iſt,
ſo wird die Königl. Regierung hiedurch angewieſen, zur Vermeidung
von Mißverſtändniſſen, dieſe unſere Bezeichnung in die Berichte jedes-
mal mit aufzunehmen.


17. Circ. v. 2. Juni 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 669),
betr. die Portofreiheit in Schulſachen.


[152]

18. Reſcr. v. 28. Mai 1836. (v. K. Ann. B. 20. S. 356.),
betr. die Benutzung des von Kirchhoff erfundenen neuen Schulpapiers.


19. Reſcr. v. 21. Novbr. 1836. (v. K. Ann. B. 20. S. 917.),
betr. die Empfangsbeſcheinigung und Inventariſationsatteſte über die
zur Vertheilung an die Gymnaſien beſtimmten Bücher, Muſikalien ꝛc.


20. Circ. des Generalpoſtamts v. 5. Decbr. 1836. (v. K.
Ann. B. 20. S. 874.), betr. verſchiedene Poſtvorſchriften und Anord-
nungen, ad Nr. 5., daß Portofreiheit in Schulſachen auf Sendungen
zwiſchen Schulanſtalten und Buchhandlungen ꝛc. wegen Anſchaffung
von Büchern ꝛc. nicht Statt findet.


21. Reſcr. v. 24. April 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 418.),
betr. die Einführung neuer Lehrbücher für Volks-, Stadt- und höhere
Bürgerſchulen.


Das Miniſterium hat zu bemerken Gelegenheit gehabt, daß bei
Einführung neuer Lehrbücher für Volksſchulen, allgemeine Stadt-
und höhere Bürgerſchulen nicht überall mit der gehörigen Sorgfalt
und nach den geſetzlichen Vorſchriften verfahren, ein zu häufiger Wechſel
geſtattet, ja hie und da die Wahl der Bücher, nach welchen der Unter-
richt ertheilt werden ſoll, lediglich den einzelnen Lehrern überlaſſen
wird. Solchem Mißbrauche zu begegnen, hält das Miniſterium eine
allgemeine Reviſion der eingeführten Schul- und Lehrbücher für noth-
wendig, und fordert deshalb die Königl. Regierung auf, von den
Schul-Inſpectoren, reſp. den Rectoren und Directoren der allgemeinen
Stadt- und höhern Bürgerſchulen für jede Kategorie der oben erwähnten
Schulen, und zwar nach den Confeſſionen geſondert, ein Verzeichniß
aufſtellen zu laſſen;


  • 1) der Katechismen, der Bearbeitungen bibliſcher Geſchichten, der
    Lehrbücher und Unterrichts-Leitfäden, welche ſich in den Händen
    der Schüler befinden,
  • 2) der Hand- und Lehrbücher, welche die Lehrer bei Ertheilung
    ihres Unterrichts vorzugsweiſe zu benutzen angewieſen ſind.

Die mit dem Gutachten der Schul-Inſpectoren, Rectoren und Direc-
toren zu begleitenden Verzeichniſſe ſind von der Königl. Regierung
einer ſorgfältigen Prüfung zu unterwerfen, in eine Hauptüberſicht
zuſammenzuſtellen und dieſe demnächſt mit Hervorhebung der Bücher,
deren Beibehaltung oder allgemeine Einführung beſonders gewünſcht
wird, dem Königl. Schulcollegium der Provinz mitzutheilen. Das
[153] Königl. Provinzial-Schulcollegium wird dann nach Vorſchrift der
Dienſt-Inſtruction für die Provinzial-Conſiſtorien vom 23. October
1817. §. 7., 4. die eingeſandten Verzeichniſſe und Vorſchläge prüfen,
und nachdem es wegen der auf den Religionsunterricht ſich beziehenden
Lehrbücher mit dem Königl. Conſiſtorium, reſp. der biſchöflichen Be-
hörde, ſich benommen, und über die andern Schulbücher die betref-
fenden Seminarien der Provinz gehört haben wird, eine Ueberſicht
derjenigen Bücher, deren Beibehaltung oder Einführung ihm zweck-
mäßig und nothwendig erſcheint, zuſammenſtellen laſſen und dieſe
mittelſt Berichts, dem auch die von den Königl. Regierungen einge-
ſandten Verzeichniſſe und Gutachten beizufügen ſind, dem Miniſterium
einreichen.


Es iſt übrigens nicht die Abſicht des Miniſterii, allen Schulen
einer und derſelben Kategorie durchaus dieſelben Schulbücher vorzu-
ſchreiben; es iſt aber eben ſo nothwendig als wünſchenswerth, nicht
nur dem Schädlichen, Unbrauchbaren und weniger Guten den Eingang
in die Schulen zu verſperren, ſondern auch, weil von der Wahl der
Schul- und Lehrbücher eine beſtimmtere Auffaſſung des von den ein-
zelnen Schulen zu befolgenden Lehrplans und die größere Sicherheit
ſeiner Durchführung von Seiten der für die Schulen ausgebildeten
Lehrer abhängt, in dieſer Hinſicht eine größere Uebereinſtimmung der
gleichartigen Schulen derſelben Provinz zu bewirken.


22. Circ.-Reſcr. v. 20. Novbr. 1837. (v. K. Ann. B. 21.
S. 994.), betr. die Herausgabe von Schulprogrammen, daß die
Directoren und Rectoren der Gymnaſien, Bürger- und Realſchulen
das Manuſcript des herauszugebenden Programmes der vorgeſetzten
Provinzialbehörde vorzulegen haben.


23. Reſcr. v. 8. März 1842. (M.-Bl. S. 90.), daß Volks-
ſchullehrer in kleinen Städten und auf dem Lande, welche den Bedarf
ihrer Schüler an Schreibmaterialien lediglich zum Gebrauche für
ihre Schulen verkaufen, deshalb nicht zur Gewerbſteuer heranzu-
ziehen ſind.


24. Circ.-Reſcr. v. 17. März 1842. (M.-Bl. S. 111.),
betr. die Beſtreitung der kleinern Reparaturen an den Dienſtwohnungen
der Geiſtlichen, Kirchenbedienten und Schullehrer.


Es ſind Zweifel darüber entſtanden, ob den Pfarrern und Kirchen-
bedienten, und in analoger Anwendung auch den Schullehrern, nach
[154] §. 784 und seq. Th. II. Tit. 11. A. L.-R. unbedingt die Ver-
pflichtung obliege, die an ihren Dienſtwohnungen vorfallenden, kleineren
Reparaturen aus eigenen Mitteln zu beſtreiten; oder ob dieſelben, wie
es in vielen Fällen geſchehen, ſich auf eine von dieſen Vorſchriften
abweichende örtliche Obſervanz dahin berufen können, daß die kleineren
Reparaturen von der Kirchen-, Schul- oder Gemeinekaſſe getragen
werden müſſen.


Durch Circular-Verfügung vom 17. Juli v. J. ſind hierüber die
Berichte und gutachtlichen Aeußerungen ſämmtlicher Regierungen er-
fordert worden, und es hat ſich aus denſelben ergeben, daß in einzelnen
Landestheilen zum Theil nach ſehr verſchiedenen Grundſätzen ver-
fahren wird.


Um dieſe Verſchiedenheit zu beſeitigen, und eine gleichförmige,
den Gerechtſamen der Betheiligten entſprechende Anwendung der ge-
ſetzlichen Beſtimmungen, in den einzelnen Landestheilen zu vermitteln,
werden nachſtehende Grundſätze als Anhalt dienen.


  • 1) In denjenigen Provinzen und Landestheilen, in welchen die Ver-
    pflichtung der Geiſtlichen, Kirchenbedienten und Schullehrer, zur
    Unterhaltung ihrer Wohnungen beizutragen, durch ein beſonderes
    Provinzialgeſetz näher beſtimmt iſt, behält es bei den Vorſchriften
    dieſes beſonderen Provinzialrechts ſein Bewenden.
  • 2) Exiſtirt dagegen ein beſonderes Provinzialgeſetz nicht, und muß
    auf die Vorſchriften des A. L.-R. zurückgegangen werden, ſo
    beſtimmt daſſelbe im Th. II. Tit. 11. §. 784 seq. als Regel:
    daß die Pfarrer und Kirchenbedienten die innern Per-
    tinenzſtücke ihrer Amtswohnungen, ohne Rückſicht auf den Betrag,
    auf eigene Koſten zu unterhalten, andere kleine Reparaturen
    aber, bis zu dem Betrage von drei, resp.einem Thaler,
    aus eigenen Mitteln zu beſtreiten haben.

Die Verpflichtung der Pfarrer und Kirchenbedienten zur Unter-
haltung der inneren Pertinenzſtücke erſtreckt ſich jedoch nur auf die
gewöhnliche Unterhaltung der dem Wohnungsberechtigten im brauch-
baren Stande übergebenen Gegenſtände, nicht auch auf deren Er-
neuerung
, ſofern dieſelben, ohne Verſchulden des Wohnungsberech-
tigten, durch Alter, Zufall oder durch Vernachläſſigung des Amts-
vorgängers unbrauchbar geworden ſind. Im letztern Falle bleibt den
[155] Kirchenkaſſen nur der Rückgriff an den Vorbeſitzer oder deſſen Erben
vorbehalten.


Die Regel des Allg. L.-R. erleidet eine Ausnahme, wenn
durch ſpeciellen Rechtstitel, insbeſondere durch eine, bei der Kirche
hervorgebrachte, beſondere Obſervanz, die Kirchenkaſſe mit der
Beſtreitung der kleineren Reparaturen belaſtet iſt.


Die Rechtsbeſtändigkeit einer ſolchen Obſervanz folgt aus dem
§. VII. des Publications-Patents vom 5. Februar 1794. Dieſer
Vorſchrift zufolge, ſollen die mit den Beſtimmungen des Allg. L.-R.
nicht übereinſtimmenden Gewohnheitsrechte und Obſervanzen, erſt
nach Ablauf des zur Redaction der beabſichtigten Provinzialgeſetz-
bücher angeordneten Termins, oder — wie in dem Urtheile des Geh.
Ober-Tribunals vom 18. Febr. 1837, abgedruckt in den Entſcheidungen
derſelben, herausgegeben von Simon und Strampf. Bd. 2. S. 232.,
nachgewieſen iſt — erſt nach Publication dieſer Provinzialgeſetze
ihre Geltung verlieren, inſofern dieſelben nicht in das Provinzialge-
ſetzbuch mit aufgenommen ſind, oder in den Geſetzen auf dergleichen
Obſervanzen verwieſen wird.


Die Abfaſſung des Provinzialgeſetzbuches iſt bisher nur für Oſt-
preußen zu Stande gekommen, und iſt daſelbſt die in das Provinzial-
geſetzbuch mit aufgenommene Vorſchrift des §. 784 cit. gleichförmig
zur Anwendung gebracht worden.


In allen übrigen Landestheilen, in welchen das A. L.-R. durch
das Publ.-Patent vom 5. Febr. 1794. Geſetzeskraft erhalten hat, ſind
die zu Gunſten der Pfarrer und Kirchenbedienten von der gemein-
rechtlichen Regel des §. 784 seq. abweichenden Specialobſervanzen
nicht außer Kraft geſetzt und müſſen daher auch fernerhin noch beob-
achtet werden.


Daſſelbe gilt von denjenigen Landestheilen, in welchen früher
das franzöſiſche Civilgeſetzbuch gegolten hat, ſpäter aber das A. L.-R.
eingeführt worden iſt.


Das franzöſiſche Civilgeſetzbuch erſtreckt ſich nur über die Privat-
rechtsverhältniſſe
und läßt die kirchenrechtlichen Verhältniſſe
der einzelnen Parochien, Geiſtlichen und Gemeinen unberührt. Durch
die in demſelben enthaltenen Vorſchriften über den Nießbrauch iſt daher
auch nur der Umfang des auf einem privatrechtlichen Titel be-
ruhenden Nießbrauchsrechts beſtimmt, während der Umfang der mit
[156] einem Kirchenamte verbundenen Nutzung einer Amtswohnung auch
unter der Herrſchaft des franzöſiſchen Civilgeſetzes aus den beſondern,
kirchenrechtlichen Beſtimmungen zu beurtheilen war. Bei der Ein-
führung des Allg. L.-R. in dieſe Landestheile ſind durch die Publ.-
Patente vom 9. Septbr. 1814., 9. Novbr. 1816. und 25. Mai 1818.,
die durch die vorausgegangene Geſetzgebung nicht aufgehobenen Pro-
vinzialgeſetze und Gewohnheiten auch fernerhin noch als geltend aner-
kannt worden.


In den ehemals zu Südpreußen gehörigen Landestheilen iſt
zwar ſchon vor der ſpäteren Einführung der franzöſiſchen Geſetzgebung
durch Allerh. Declaration vom 30. April 1797. das Allg. L.-R., in
Kraft eines nicht blos ſubſidiär, ſondern allgemein gültigen Geſetzes,
nur mit Aufhebung aller früheren Geſetze publicirt geweſen; es hat
aber durch jene Declaration die vorgefundene, auf Local-Obſervanz
und ſpecielle Titel begründete innere Verfaſſung der einzelnen
Kirchengemeinen nicht geändert werden können, nur haben die Pfarr-
und Küſterſtellen in ihren damals beſtehenden Gerechtſamen eine nach-
theilige Veränderung erfahren.


In denjenigen neu erworbenen Landestheilen endlich, in welchen
das franzöſiſche Geſetzbuch früher nicht gegolten hat, ſind durch die
Publ.-Patente vom 15. Novbr. 1816. und 21. Juni 1825. die beſon-
deren Rechte und Gewohnheiten der einzelnen Provinzen und Orte
auch bei Einführung des Allg. L.-R. beibehalten worden.


Die Vorſchrift des §. 784 seq. Th. II. Tit. 11. Allg. L.-R.
kann daher überall nur dann zur Anwendung gebracht werden, wenn
weder ein ausdrückliches Provinzialgeſetz, noch eine bis dahin beſtan-
dene, abweichende Specialobſervanz, noch ein beſonderer Rechtstitel
entgegenſteht.


  • 3) Was die Schullehrer anbetrifft, — ſofern dieſelben nicht zu-
    gleich als Kirchenbediente angeſtellt ſind und als ſolche unter den
    Bedingungen des §. 784. a. a. O. eine kirchliche Amtswohnung
    benutzen — ſo iſt eine Verpflichtung, die kleineren Reparaturen
    an ihren Wohnungen aus eigenen Mitteln zu beſtreiten, ihnen
    nicht auferlegt. Die §§. 18. und 19. Th. II. Tit. 12. A. L.-R.
    legen nur den Gebäuden und dem Vermögen der Schulen gleiche
    Rechte wie den Kirchen bei, unter beſonderer Bezugnahme der
    §§. 170 seq. und §. 192 seq. in Th. II. Tit. 11. Abſchnitt IV.
    [157] (Die in den älteren Ausgaben befindliche Bezeichnung: Sect. IX.
    und in den neuern Ausgaben: Abſchnitt IX. beruht auf einem
    offenbaren Zahlendruckfehler.)

Aus dieſer Beſtimmung kann nicht gefolgert werden, daß den
Schullehrern gleiche Verpflichtungen bei Unterhaltung ihrer Wohnungen
obliegen ſollen, wie den Pfarrern und Kirchenbedienten, in Abſchnitt 10.
§. 784 seq. auferlegt ſind.


In Ermangelung beſonderer Provinzialgeſetze oder eines ſpeciellen
Rechtstitels kann daher nur die Vorſchrift des §. 34. Th. II. Tit. 12.
zu Gunſten der Schullehrer zur Anwendung gebracht werden, welche
die Unterhaltung der Schulmeiſterwohnungen ohne Einſchrän-
kung den zur Schule gewieſenen Einwohnern als eine gemeine Laſt
auferlegt.


  • 4) Der Nachweis einer, den Vorſchriften des §. 784 seq. a. a. O.
    derogirenden Special-Obſervanz iſt nach den allgemeinen recht-
    lichen Erforderniſſen zu führen. Insbeſondere wird dieſer Nach-
    weis alsdann für erbracht zu erachten ſein, wenn durch Vorlegung
    der vorſchriftsmäßig revidirten Kirchenrechnungen dargethan werden
    kann, daß die Ausgaben für kleinere Reparaturen, unter ſtill-
    ſchweigender Genehmigung der geiſtlichen Obern, ſeither gleich-
    mäßig aus der Kirchenkaſſe entnommen worden ſind.
  • 5) Wünſcht eine Gemeine die Kirchenkaſſe von der ihr bisher obſer-
    vanzmäßig obliegenden Verpflichtung zur Erſtattung der kleineren
    Reparaturen zu befreien, und dieſe Verpflichtung auf den Geiſt-
    lichen oder Kirchenbedienten zu übertragen, ſo kann dies unter
    Genehmigung der geiſtlichen Obern nur dadurch geſchehen, daß
    die Stelle ſelbſt nicht geſchmälert, und dem Geiſtlichen oder
    Kirchenbedienten für die Uebernahme der kleineren Reparaturen
    ein entſprechendes Durchſchnittsquantum aus der Kirchenkaſſe ver-
    tragsmäßig gezahlt wird.
  • 6) In denjenigen Fällen, in welchen den Geiſtlichen, Kirchenbedienten
    oder Schullehrern die Verpflichtung zur Beſtreitung der kleineren
    Reparaturen obliegt, haben die geiſtlichen Obern und Inſpectoren
    darauf zu ſehen, daß die Wohnung dem Berechtigten im guten
    Stande überliefert werde, und die Aufnahme eines gehörigen
    Uebergabeprotocolls zu veranlaſſen.

Die Königl. Regierung wird angewieſen, nach dieſen Grundſätzen
[158] zu verfahren, und im Falle eines Widerſpruchs der Patrone und Ge-
meinen, die letztern bei vorkommender Gelegenheit auf den ihnen zu-
ſtändigen Rechtsweg zu verweiſen.


25. Circ.-Reſcr. v. 30. Decbr. 1842. (M.-Bl. 1843. S. 8.),
betr. das zur Aufnahme in die unterſte Klaſſe der Gymnaſien erfor-
derliche Alter.


Das Königl. Provinzial-Schulcollegium hat in ſeinem Berichte
vom 20. October c. unter mehreren Urſachen der Verminderung der
Frequenz in den beiden unteren Gymnaſialclaſſen auch die Beſtimmung
der Verfügung vom 24. Octbr. 1837. (Annal. S. 979.), daß die
Aufnahme in die Sexta nicht vor dem 10ten Lebensjahre erfolgen
ſolle, bezeichnet und darauf angetragen, daß dieſe Beſtimmung auf-
gehoben und die Aufnahme mit dem vollendeten 7ten oder [8ten] Jahre
geſtattet werden möge.


Ich kann dieſem Antrage nicht entſprechen, vielmehr bei der er-
wähnten Verfügung, die den Zweck hat, der Ueberanſtrengung, welche
der zu frühe Eintritt der Knaben in die eigentlichen Gymnaſialclaſſen
zur Folge haben kann, möglichſt vorzubeugen, nur ſtehen bleiben. Da-
gegen verdienen die von dem Königl. Provinzial-Schulcollegium her-
vorgehobenen Uebelſtände eine beſondere Berückſichtigung.


Es kann nämlich, wie das Königl. Provinzial-Schulcollegium
angezeigt hat, allerdings der Fall ſein, daß die in den Gymnaſial-
ſtädten vorhandenen Elementarſchulen nicht ſo eingerichtet ſind, daß
ſie ihre Zöglinge mit dem 10ten Jahre wohl vorbereitet in die unterſte
Claſſe des Gymnaſiums entlaſſen können. Eben ſo wenig mag in
den Privatſchulen, in deren Intereſſe es liegt, ihre Zöglinge ſo lange
als möglich bei ſich zu behalten, und die deshalb darauf ausgehen, ſie
wo möglich bis zum Eintritt in die Quarta oder ſogar Tertia vorzu-
bereiten, das gewünſchte Ziel erreicht werden, weil ſie über die er-
forderlichen Lehrkräfte nicht gebieten können, um den für die unteren
Claſſen der Gymnaſien vorgeſchriebenen Lehrplan in allen Gegen-
ſtänden durchzuführen.


Wenn dem aber ſo iſt, ſo darf nicht unberückſichtigt bleiben, daß
in denjenigen Städten, in welchen Gymnaſien beſtehen, das geſammte
Unterrichtsweſen nicht nach einem alle Intereſſen gehörig würdigenden
Plan geordnet und nicht jeder beſtehenden Unterrichtsanſtalt ihre dem
Gedeihen aller andern noch vorhandenen Anſtalten angemeſſene Stel-
[159] lung angewieſen iſt, und daß daher Kräfte zerſplittert werden, die,
richtig verwendet, dem Ganzen viel förderlicher ſein könnten. Inſo-
fern der Mangel an Einheit in dem Unterrichtsweſen einer Stadt
durch die Trennung der Verwaltung der Gymnaſien von der der übrigen
ſtädtiſchen Schulen veranlaßt ſein ſollte, fordere ich daher das Königl.
Provinzial-Schulcollegium auf, bei der Verwaltung der Gymnaſien
auf das geſammte Unterrichtsbedürfniß der betreffenden Stadt Rück-
ſicht zu nehmen, ſich mit dem Zuſtande und den Verhältniſſen der
neben den Gymnaſien beſtehenden Schulen genau bekannt zu machen,
und wo es ſich um neue Einrichtungen und Verbeſſerungen des Be-
ſtehenden handelt, mit der betreffenden Königl. Regierung in Commu-
nication zu treten und ſich mit derſelben über die Maßregeln zu einigen,
die zur Erhaltung der Einheit in dem geſammten Schulweſen der
Stadt und zur zweckmäßigſten Verwendung der vorhandenen Kräfte
erforderlich ſind. Auf ähnliche Weiſe ſind auch die Königl. Regierungen
angewieſen worden, bei den von ihnen ausgehenden Einrichtungen der
ſtädtiſchen Schulen auf die beſtehenden Gymnaſien und deren Aufgabe
Rückſicht zu nehmen und keine Anordnungen zu treffen, ohne ſich des
Einverſtändniſſes des Königl. Provinzial-Schulcollegiums, inſoweit
das Intereſſe des Gymnaſiums berührt wird, verſichert zu haben. In
Fällen der Nichteinigung beider Behörden iſt an mich zu berichten.
Den gemeinſchaftlichen Bemühungen derſelben wird es, wie ich hoffe,
leicht gelingen, die oben erwähnten Uebelſtände zu beſeitigen, und
öffentliche Vorbereitungsſchulen für diejenigen Knaben, welche mit
dem zehnten Jahre in ein Gymnaſium oder eine vollſtändige höhere
Bürgerſchule eintreten wollen, einzurichten und dafür zu ſorgen, daß,
je nachdem dieſe Vorbereitungsſchulen für beide Arten höherer Lehr-
anſtalten zugleich, oder wenn nur eine von beiden Arten vorhanden
iſt, für dieſe beſtimmt ſind, nach einem feſtſtehenden zweckmäßigen
Plane von einem beſonders verantwortlichen Dirigenten oder von dem
Director der höheren Lehranſtalt unmittelbar geleitet werde.


26. Circ.-Reſcr. v. 24. Febr. 1843. nebſt Anlage (M.-Bl.
S. 146.), betr. die Ruthardtſche Methode, die klaſſiſchen Sprachen zu
lehren.


Wenngleich über die Erfolge der verſuchsweiſe in mehreren Gym-
naſien angewandten Ruthardtſchen Methode, die klaſſiſchen Sprachen
zu lehren, bis jetzt erſt die Berichte einiger Königl. Provinzial-Schul-
[160] collegien vorliegen, und ein hinreichend begründetes Urtheil über dieſe
Methode erſt dann gewonnen werden kann, wenn dieſe mit Schülern
der Quinta bis zur Prima durchgeführt ſein wird, ſo ſtimmen doch
jene Berichte in weſentlichen Punkten ſo auffallend überein, daß ich
mich veranlaßt ſehe, die vorliegenden Reſultate zur Kenntniß ſämmt-
licher Königl. Provinzial-Schulcollegien zu bringen, und auf den Grund
derſelben für die Fortſetzung oder Einführung der Memorir-Uebungen
einige allgemeine Beſtimmungen zu treffen.


Iſt auch der Grundgedanke der Ruthardtſchen Methode nicht
neu, ſo gebührt dem Ruthardt doch das Verdienſt, die den Gedächt-
niß-Uebungen auch bei dem Unterricht der alten Sprachen zu widmende
Aufmerkſamkeit von Neuem aufs lebhafteſte angeregt, und das Nach-
denken der Schulmänner auf eine zweck- und planmäßige Einrichtung
derſelben hingelenkt zu haben.


Ueberall, wo die Sache von den Lehrern mit Eifer und Liebe
aufgefaßt worden, hat ſich bei den Schülern auch lebhafte Theilnahme
und eine große Vorliebe für dieſe Uebungen gezeigt; die Lebendigkeit
und Selbſtthätigkeit derſelben iſt in hohem Grade angeregt, ihre gram-
matiſche und ſtyliſtiſche Bildung ebenſowohl, als geläufiges Verſtändniß
der Klaſſiker gefördert worden. Dieſer Gewinn iſt ſo bedeutend, und
wenn bei den Memorir-Uebungen das rechte Maß gefunden und an-
gewandt wird, mit ſo geringem Zeit- und Kraftaufwande zu erreichen,
daß ſich faſt alle Gymnaſial-Directoren für ein methodiſch geordnetes
Memoriren, wenn auch nur ſehr wenige unbedingt für die Ruthardt-
ſchen
Vorſchläge ausgeſprochen, mehrere vielmehr die denſelben eigen-
thümlichen Punkte in ihrer Anwendung beſonders in zahlreichen Klaſſen
als erfolglos, und die meiſten ſeiner loci memoriales als nicht brauchbar
bezeichnet haben.


Wenn nun der Unterricht in den alten Sprachen in der auf Ein-
übung der Grammatik, auf Lectüre und Stylübungen ruhenden Lehr-
weiſe auch künftig, wie bisher, ohne Schmälerung gegründet bleiben
ſoll, ſo ſind doch von jetzt an mit demſelben und zwar zunächſt bei
dem lateiniſchen Unterrichte regelmäßige, methodiſch geordnete Memorir-
Uebungen in einer beſtimmten, wöchentlich wiederkehrenden Zeit zu
verbinden, und die erlernten Sätze oder größeren Abſchnitte mit Be-
achtung der Grundgedanken der Ruthardtſchen Vorſchläge unter
den verſchiedenſten Geſichtspunkten zu wiederholen und alle Uebungen
[161] bei dem lateiniſchen Unterrichte auf dieſelben zu beziehen. Hierdurch
wird nicht allein für den ganzen lateiniſchen Unterricht eine concrete
Grundlage gewonnen, ſondern das in dieſen Memorir-Uebungen lie-
gende didaktiſche Princip wird zugleich auf die bei der Einübung der
Grammatik zu befolgende Methode wohlthätig zurückwirken, und für
jüngere Lehrer die Weiſung enthalten, bei dem grammatiſchen Unter-
richte in den unteren und mittleren Klaſſen nicht mit der abſtracten
Regel zu beginnen, ſondern dieſelbe erſt in verſchiedenartigen Beiſpielen
anſchaulich erkennen, dann für ſie den paſſenden Ausdruck finden, und
in einem ſchicklich gewählten Beiſpiel der Grammatik oder der loci
memoriales
feſthalten zu laſſen, dabei ſich des zu frühen Philoſophirens
zu enthalten, vielmehr durch vielſeitige Uebungen die unumgänglich
nothwendige Sicherheit in ihren Schülern zu begründen. Die Grund-
gedanken der Ruthardtſchen Methode ſind in dem in 25 Exemplaren
beigefügten, von Ruthardt ſelbſt verfaßten Aufſatze (Anl. a.) kurz
und beſtimmt ausgeſprochen, welcher den Lehrer-Collegien zu wieder-
holter Erwägung und Berückſichtigung mitzutheilen iſt. Es bleibt
denſelben anheimgeſtellt, bei den Memorir-Uebungen entweder die loci
memoriales
von Ruthardt, oder die von Meiring und Remaely
herausgegebene Sammlung zum Grunde zu legen, oder in den unteren
Klaſſen aus den in den eingeführten Grammatiken ſelbſt enthaltenen
Beiſpielen die paſſenden auszuwählen, in denjenigen Klaſſen aber, in
welchen einzelne Schriften klaſſiſcher Autoren geleſen werden, größere
Abſchnitte von bedeutendem Inhalte einprägen zu laſſen. Indem
hiernach den einzelnen Gymnaſien freigeſtellt bleibt, in der Weiſe zu
verfahren, welche ſie für die fruchtbringendſte halten, iſt denſelben doch
zur Pflicht zu machen, den ganzen Stoff zu Anfange des Schuljahres
nach gemeinſamer Berathung auszuwählen und innerhalb derſelben
Anſtalt ein conſequentes und bewußtes Verfahren zu Grunde zu legen.
Da der volle Gewinn, welcher aus dieſen Memorir-Uebungen hervor-
gehen kann, nur dann zu erreichen iſt, wenn ſämmtliche Lehrer den-
ſelben Lernſtoff aller Klaſſen beherrſchen und zur Anwendung bringen,
ſo wird nach Möglichkeit darauf zu halten ſein, daß der Lehrer des
Lateiniſchen ſeine Schüler wenigſtens auf der unteren, und eben ſo
auf der mittleren Bildungsſtufe behalte, alſo von Sexta zur Quinta,
und von Quarta zur Tertia mit ihnen aufſteige, und die Aufſtellung
11
[162] derſelben Memorir-Abſchnitte für ſämmtliche Gymnaſien und Pro-
gymnaſien einer Provinz vorbereitet werde.


Wo bereits Memorir-Uebungen genau nach den Ruthardtſchen
Vorſchlägen eingeführt worden, da ſind dieſelben einſtweilen fortzuſetzen
und bis in die oberſten Klaſſen durchzuführen, damit das Eigenthüm-
liche derſelben genau erkannt und ſein Werth nach den in der An-
wendung gewonnenen Reſultaten mit Sicherheit beurtheilt werden
könne.


Die Gymnaſial-Directoren ſind zu verpflichten, dieſen Uebungen,
in welcher Weiſe ſie auch angeſtellt werden mögen, ihre fortgeſetzte,
ſorgfältige Aufmerkſamkeit zu widmen, ſich von ihren Reſultaten ſelbſt
zu überzeugen, und in den Jahresberichten ſich ſowohl über die Art
der Ausführung, als auch über die wahrgenommenen Erfolge aus-
führlich auszuſprechen.


Die Königl. Provinzial-Schulcollegien veranlaſſe ich, über den
Erfolg der nach Maßgabe dieſer Verfügung zu treffenden Anordnungen,
von deren pünktlichen Ausführung ſich Dieſelben durch Ihre Com-
miſſarien bei den Reviſionen der Gymnaſien zu überzeugen haben, am
Schluſſe des künftigen Jahres Bericht zu erſtatten.


a.


Die Ruthardtſche Methode unterſcheidet ſich von andern Sprach-
methoden der neueren Zeit zunächſt dadurch, daß ſie den rationalen
Sprachunterricht
, wie er ſich nach und nach in unſeren Gymna-
ſien geltend gemacht hat, in ſeiner vollen Berechtigung ſtehen
läßt und nur durch Hinzufügung einer ſtofflichen Grundlage zu
veranſchaulichen und zu ſtützen ſucht. Für die formale [Behandlung]
bleibt dem lehrenden und lernenden Individuum der freieſte Spielraum;
nur wird in Bezug auf jenen Normalſtoff auf einen Grad von Ver-
tiefung
und Verlebendigung gedrungen, wie er bei dem Ver-
fahren der herkömmlichen Praxis, das in ſeiner unvermittelten Aus-
breitung nothwendig zu einem deſultoriſchen werden muß, ſchlechthin
unerreichbar iſt. Am wenigſten iſt hiebei eine Vergleichung mit der
Hamiltonſchen oder Jacototſchen Methode am Platze, außer inſofern
am Ende bei jedem Unterrichtsgegenſtande die verſchiedenen Behand-
lungsweiſen deſſelben unvermeidlich gewiſſe Berührungspunkte haben
müſſen. Es wird ſich dies deutlicher ergeben, wenn wir diejenigen
[163] Momente, auf welche die vorliegende Methode hauptſächlich baſirt iſt
oder abzielt, einzeln aufführen.


I. Auf einem Umfange von wenigen Bogen werden an einzelnen,
in ſich zuſammenhängenden klaſſiſchen Sätzen und Abſchnitten,
die vom Leichteren zum Schwereren und von kleinerem Umfange zu
größerem aufſteigen, die ſyntaktiſchen und ſtyliſtiſchen Sprach-
verhältniſſe
in ihren weſentlichen Analogien theils unmittelbar,
theils durch Umwandlung zur Anſchauung gebracht und ein-
geübt
. Die ſyſtematiſche Grammatik, weit entfernt, hierdurch ent-
behrlich gemacht zu werden, wird eben hieran geſtützt, zum Leben ge-
führt und repetirt. 2. Dieſer concrete Lehr- und Lernſtoff wird nicht
durch das herkömmliche Auswendiglernen, ſondern durch denkendes,
alle Worte und Phraſen diſtinct auseinanderhaltendes
Memoriren in planmäßigen Wiederholungen
der Erin-
nerung des Schülers und des Lehrers unverlierbar eingeprägt
und von Klaſſe zu Klaſſe fortgeführt. 3. Die Auffaſſung und
Fortführung des Verſtändniſſes erfolgt zwar zum Theil mittelſt einer
Ueberſetzung, doch nur inſoweit dieſe unumgänglich erfordert iſt, und
nie mittelſt einer ſchriftlichen Ueberſetzung. Vielmehr wird durch
die erwähnten Wiederholungen von vorn herein darauf hingearbeitet,
die Vorſtellungsweiſe der fremden Sprachen dem Geiſte
unmittelbar zugänglich zu machen, damit ein Denken in der
fremden Sprache vorzubereiten und dem Gebrauche, alſo auch dem
Mißbrauche gedruckter Ueberſetzungen frühzeitig entgegenzuwirken. 4. An
dieſem Stoffe haben Lehrer und Schüler ein gemeinſames, feſtes
Eigenthum
, an welches jede neu zutretende Kenntniß möglichſt an-
geſchloſſen wird, und von dieſem Mittelpunkte aus verbreitet ſich das
tiefere Sprachverſtändniß wieder auf die verwandten Lectionen. 5. Die
räumliche Beſchränktheit dieſes Stoffes und die vielfältige Wieder-
holung, Verwendung und Bearbeitung deſſelben verſtattet eine Ge-
nauigkeit der Behandlung
und eine Vertiefung in die
Spracherſcheinungen
, wie ſie bei einer vorübereilenden Lectüre
auch unter den günſtigſten Bedingungen nicht zu erreichen iſt, und
giebt im Ganzen ein Muſter und im Einzelnen die Beiſpiele
für die Art und Weiſe der Auffaſſung jedweden anderweitigen Sprach-
ſtoffes. Da aber die Forderung des Mitwiſſens und Mitkönnens dem
Lehrer nicht erlaſſen werden kann, und die Erſchöpfung ſämmtlicher
11*
[164] in dem Lehrſtoffe enthaltenen Momente ohne eine mehrjährige Be-
trachtung und Uebung auch des Lehrers nicht zu erreichen iſt, ſo folgt
nothwendig, daß dieſer Stoff nicht ein der verſchiedenartigen Lectüre
gelegentlich entnommener, jährlich wechſelnder, ſondern ein feſter, für
den vorliegenden Zweck ausdrücklich erleſener, kurz ein Normalſtoff
ſein muß, der nicht früher mit einem andern vertauſcht werden darf,
als bis ſich, nicht ein einzelner Lehrer, ſondern das Collegium von
der Zweckmäßigkeit des Ueberganges zu einem neuen überzeugt hat.
6. Alles bisher Aufgeführte wirkt weſentlich erleichternd und fördernd
auf ſämmtliche nebenherlaufende Lectüre, und namentlich
wird das Behalten derſelben durch die an dem Lernſtoffe erlangte
Gewöhnung an gleich anfänglich ſcharfe und feſte Auf-
faſſung
in einem bis jetzt unbekannten Grade geſteigert. 7. Der
feſte Beſitz des klaſſiſchen Materials erzeugt nach und nach ein ſicheres
Sprachgefühl als unbewußte Grundlage der eignen Production;
die denkende Aufnahme und der bewußte Beſitz jenes Materials
aber gewährt zugleich ein ſicheres und deutliches Bewußtſein über
die Sprachgeſetze
, und durch das gekräftigte Feſthalten der Lec-
türe verfügt der Schreibende auch über einen höchſt umfänglichen
Theil des geſammten Sprachſtoffes. 8. Die bereits bei den erſten
Anfängen erfolgende mündliche Verwendung und Umwandlung der
Normalſätze giebt dem Sprechen der fremden Sprache eine allmäh-
lige, aber ſichere, ſtoffliche ſowohl als formale Grundlage. 9. In der
Gemeinſamkeit und feſten Fortführung des Stoffes liegt für den Lehrer
ſtets ein Mittel bereit, ſich über den Grad des Eindringens in die
Spracherſcheinungen von Seiten des Schülers Gewißheit zu verſchaffen.
Auch hier erlaubt die Beſchränktheit des Umfangs und die häufige
Wiederkehr ein Eingehen auf den Gegenſtand, dem keine Kunſt der
Täuſchung zu widerſtehen vermag, und andererſeits iſt dieſer Umfang
doch zu beträchtlich, und die in dem Stoffe enthaltenen Sprachmomente
viel zu zahlreich, als daß ſich, außer durch Schuld des Lehrers ſelbſt,
ein Formalismus und ein todtes Gedächtnißwiſſen einſchleichen könnte.
Dies Verhältniß iſt gerade für zahlreiche Klaſſen, wo dem Lehrer bei
Beurtheilung und Ausgleichung der Kenntniſſe und Fähigkeiten der
einzelnen Schüler ſo große Schwierigkeiten begegnen, von der höchſten
Bedeutſamkeit. Hier und in dem folgenden Punkte aber liegt zugleich
die moraliſche Seite der Sache. 10. In gleicher Weiſe iſt dieſer
[165] Stoff der feſte Kern, um welchen der Schüler ſelbſt ſein Wiſſen
und Können zu ſammeln
, ſich darüber klar und deſſelben froh zu
werden im Stande iſt; und mit Gewißheit iſt anzunehmen, daß er ein
reiches Eigenthum, deſſen er ſich in Folge einer plan- und mög-
lichſt gleichmäßigen Entwickelung des Erinnerungs-, Beobachtungs-
und Urtheilsvermögens, alſo bei allmählig geſteigerter, wahrhafter
Selbſtthätigkeit, in ſeinem ganzen Umfange und in allen einzelnen
Momenten bewußt worden iſt, über das Schulleben hinaus-
trägt
. 11. Im Allgemeinen ergiebt ſich ſchon aus dem Vorſtehenden,
daß das formale und das materielle Bildungselement an
ſich gleichmäßig berückſichtigt ſind, daß es aber, je nach
der vorwaltenden Beſtimmung der betreffenden Unterrichtsanſtalt, in
die Willkühr des Lehrenden (oder Lernenden) geſtellt bleibt, durch Er-
weiterung und fleißige praktiſche Anwendung des Normalſtoffes dem
materiellen, oder durch Beſchränkung des Stoffes und tieferes Ein-
dringen in deſſen Beſtandtheile dem formalen Zwecke das Ueber-
gewicht zu verleihen. 12. Daß eine ſolche Concentration des Stoffes
noch im Beſondern für Proſodik und Metrik, in den neueren
Sprachen für die Ausſprache, in der Mutterſprache für die Ortho-
graphie
, im Griechiſchen und Hebräiſchen für die Accentuation ꝛc.
ſich fruchtbar erweiſe, und daß in Zukunft durch analoge Uebertragung
der Methode auf andere Lehrzweige und in die Elementar-
ſchule
für den Geſammtunterricht Einheit, Sicherung und Beſchleu-
nigung gewonnen werden ſolle, kann hier nur mit einem Worte an-
gedeutet werden.


Ob freilich die aufgeführten Vortheile ſämmtlich und vollſtändig
erreicht werden, das hängt begreiflich von dem Eifer und Geſchicke der
Lehrer, von dem Einverſtändniſſe der Collegen und von begünſtigenden
Umſtänden ab. Vorerſt iſt es genug, wenn hier Erfolge zu erringen
ſind, die die Natur des herkömmlichen Verfahrens auch bei den
größten, gewiſſenhafteſten Anſtrengungen unmöglich machte. Daß aber
dieſe Erfolge nicht blos in der Phantaſie des Urhebers der Methode
und ſeiner Freunde exiſtiren, dafür legt die Praxis ſelbſt bereits hin-
reichend Zeugniß ab. Unter den mehr als achtzig Gymnaſien, die ſeit
einigen Jahren den Vorſchlag nach und nach in ihre Praxis aufge-
nommen haben, bin ich im Stande, aus zuverläſſigen Quellen folgende
neun als ſolche aufzuführen, in welchen derſelbe in größerem Umfange
[166] und mit eben ſo vielem Erfolge als Intereſſe (Umſtände, die einander
gegenſeitig bedingen) zur Ausführung gekommen iſt: Neu-Ruppin,
Ratibor, Düren, Torgau, Merſeburg, Eisleben, Halberſtadt, Qued-
linburg, Zerbſt. Andere Stellen mögen mir unbekannt geblieben ſein,
und in jedem Falle ſteht zu hoffen, daß über die in der Praxis ſelbſt
gewonnenen Erfolge und Erwartungen recht bald auf directem Wege
öffentlicher Bericht erſtattet werde. Allerdings werden, ehe ein unbe-
ſtreitbares Reſultat geliefert und ein Geſammturtheil gefällt werden
kann, noch Jahre verfließen müſſen; für das zum Handeln berufene,
ſelbſtdenkende Publikum aber muß es höchſt wünſchenswerth ſein, auch
vor dieſer Zeit gerade ſolche (günſtige oder ungünſtige) Stimmen zu
vernehmen, die nicht, von einem einſeitigen, weſentlich abweichenden
Standpunkte ausgehend, über den Gegenſtand leichthin aburtheilen,
ſondern auf einem ſelbſtthätigen Angriffe fußen, der die der Sache
unter den dermaligen Verhältniſſen entgegenſtehenden Schwierigkeiten
und Bedenken zwar nicht unberückſichtigt läßt, aber um des höheren
Zweckes willen, mit unbefangenem Blicke und muthvollem Eifer zu
überwinden trachtet.


27. Circ.-Reſcr. v. 8. März 1843. (M.-Bl. S. 149.), betr.
den Unterricht in den untern und mittlern Klaſſen höherer Lehran-
ſtalten in der Mutterſprache.


Das Königliche Provinzial-Schulcollegium zu Coblenz hat ſich
veranlaßt geſehen, die Gymnaſial-Directoren ſeines Verwaltungsbezirks
darauf aufmerkſam zu machen, daß der Unterricht in der Mutterſprache
in den unteren und mittleren Klaſſen höherer Lehranſtalten häufig in
ganz zweckwidriger Weiſe ertheilt werde. Namentlich ſei dem theo-
retiſch-grammatiſchen Unterricht in derſelben unter dem Namen „Sprach-
denklehre“, oder auch unter anderem Namen oft eine Geſtalt gegeben,
welche durch abſtruſe Terminologien oder dürre gehaltloſe Uebungen
den jugendlichen Geiſt weit öfter abſtumpfe, als wahrhaft bilde, den
Zweck lebendiger Anſchauung der Mutterſprache in gehaltvollen, Geiſt
und Gemüth bildenden Muſterſtücken und ſicherer Aneignung der Sprache
zu geläufigem und correctem ſchriftlichen und mündlichen Gebrauch
öfter hemme, als fördere, und ſomit einer inhaltsvollen, den Geiſt
ſelbſt mit geſunder, friſcher Nahrung für das ganze Leben erfüllenden
Bildung der Jugend nicht nur die Zeit und Kraft des Lehrers wie
[167] der Schüler entziehe, ſondern auch derſelben durch ein todtes Formel-
weſen poſitiv nachtheilig werde.


Je weniger ſich bis jetzt die verſchiedenen Anſichten über die Er-
theilung des deutſchen Unterrichts in den höheren Lehranſtalten geeinigt
haben, deſto nothwendiger iſt es, diejenigen Verſuche aus denſelben
fern zu halten, welche durch die Erfahrung ſowohl, als durch eine
richtige Würdigung derſelben als unfruchtbar oder gar nachtheilig er-
kannt werden. Dahin gehört der in manchen Anſtalten übliche theo-
retiſche grammatiſche Unterricht in der Mutterſprache, welcher die
deutſche Sprache, den Schülern gegenüber, gleichſam als eine fremde,
erſt noch zu erlernende betrachtet, oder die natürliche Aeußerung der
Sprachthätigkeit von dem Standpunkte eines philoſophiſchen gram-
matiſchen Syſtems und zu einer bewußten zu erheben ſucht, und häufig
ſchon in der Behandlung des Gegenſtandes von Seiten des Lehrers,
ſowie in der ſich kund gebenden Theilnahmloſigkeit der Schüler ſeine
Unzweckmäßigkeit zu erkennen giebt. Während der lateiniſche Unter-
richt am natürlichſten Gelegenheit darbietet, den Knaben an dieſer ihm
fremden Sprache grammatiſche Formen und Verhältniſſe anſchauen
und auffaſſen zu laſſen, und ihn bei fortſchreitender Entwickelung anzu-
leiten, die ſo erworbenen Kenntniſſe allmählig und beſonders, wenn
ihm das Verſtändniß der an Formen und feinen Unterſcheidungen noch
reicheren griechiſchen Sprache eröffnet wird, zu ſolchen zu erheben,
welche auf dem ſprachlichen Gebiete allgemeine Gültigkeit haben: deutet
das Königl. Provinzial-Schulcollegium zu Coblenz mit Recht darauf
hin, daß der deutſche Unterricht überall die Aufgabe zu verfolgen habe,
die Mutterſprache in geeigneten, für das jedesmalige Alter der Schüler
angemeſſenen Muſterſtücken zur lebendigen Anſchauung zu
bringen und dadurch die ſichere Aneignung der Sprache zu fördern.
Wird auf dieſe Weiſe die natürliche Sprachentwickelung unterſtützt, ſo
wird es niemals an Veranlaſſung fehlen, beim Leſen das Fehlerhafte
in der Ausſprache zu entfernen, auf die richtige Formenbildung auf-
merkſam zu machen, die Orthographie zu befeſtigen, Natürlichkeit und
Wahrheit des Ausdrucks zu befördern, überhaupt das Sprachgefühl
ohne ein dürres Analyſiren der einzelnen Wörter und Sätze immer
mehr auszubilden und zu ſchärfen.


Sowie unlängſt die gedankenreiche Schrift von Hiecke der näheren
Prüfung empfohlen worden iſt, ſo ſehe ich mich jetzt veranlaßt, auf
[168] das in dem vierten Theile des von Ph. Wackernagel in Stuttgart
herausgegebenen Leſebuches enthaltene Geſpräch über den Unterricht
in der Mutterſprache und auf die in dem Programme des Gymnaſiums
zu Duisburg pro 1842. enthaltene Abhandlung des Gymnaſial-Lehrers
Hülsmann aufmerkſam zn machen, damit das Königl. Provinzial-
Schulcollegium in ähnlicher Weiſe, wie es dieſe Behörde zu Coblenz
gethan hat, auf die bei der Ertheilung des deutſchen Unterrichts zu
vermeidenden Mißgriffe aufmerkſam mache, und die beiden genannten
Schriften dem Lehrer-Collegium zur Erwägung und Beachtung
empfehle.


28. Circ.-Reſcr. v. 27. Auguſt 1844. (M.-Bl. S. 269.),
betr. die Behandlung des Sprachunterrichts in den Volksſchulen.


Das hieſige Königl. Provinzial-Schulcollegium hat unter dem
13. v. M. eine ſehr zweckmäßige Circular-Verfügung über die Be-
handlung des Sprachunterrichts in den Volksſchulen an die Super-
intendenten und Schulinſpectoren der Provinz Brandenburg erlaſſen.
Ich kann nicht umhin, die Aufmerkſamkeit der Königl. Regierung ꝛc.
auf dieſe Verfügung zu lenken, und laſſe Derſelben zu dem Ende
25 Exemplare davon hierneben zugehen. (Anl. a.)


a.


Wir haben unterm 31. Juli 1833. den Herren Superintendenten
und Schulinſpectoren unſeres Verwaltungsbezirks unſere Wahrneh-
mungen über einige Mängel des Sprachunterrichts in Volksſchulen
und Andeutungen zu einer fruchtbaren Behandlung dieſes Gegenſtandes
mitgetheilt. Der Erfolg hat jedoch unſern Erwartungen nicht völlig
entſprochen. Unſere Andeutungen ſind von einigen Lehrern mißver-
ſtanden, von andern mangelhaft aufgefaßt, und nur von wenigen ſo,
wie es gewünſcht wurde, zur Anwendung gebracht worden. Wir ſehen
uns dadurch veranlaßt, uns über dieſen Gegenſtand anderweitig, und
mit Rückſicht auf die zu unſerer Kenntniß gekommenen Mißverſtändniſſe
und Bedenklichkeiten einiger Lehrer und Schulaufſeher, beſtimmter aus-
zuſprechen, wobei wir den weſentlichen Inhalt der oben erwähnten
früheren Verfügung wieder aufnehmen.


So vielen Fleiß auch die meiſten Lehrer auf den Sprachunterricht
wenden, ſo iſt doch die Behandlung dieſes Gegenſtandes oft wenig
geeignet, auch nur den äußern Zweck des Unterrichts, Sicherheit im
Verſtändniß des Geleſenen oder Geſprochenen und Fertigkeit im münd-
[169] lichen und ſchriftlichen Ausdruck eigener und fremder Gedanken, zu
fördern.


Viele Lehrer begnügen ſich, in den für den Sprachunterricht aus-
geſetzten Lehrſtunden gewiſſe Abſchnitte der Grammatik nach irgend
einem Lehrbuch oder nach eigenen Heften mit den Schülern durchzu-
gehen, und ihnen eine Terminologie anzueignen, die, nicht immer
wohlbegründet, für die Schüler ſchon deshalb unverſtändlich und un-
fruchtbar bleiben muß, weil ſie die dadurch bezeichneten Thatſachen
noch nicht in beſtimmten Beiſpielen erkannt haben.


Andere ſuchen Sprachfertigkeit und Einſicht in das Weſen der
Sprache dadurch zu bewirken, daß ſie ihre Schüler frühzeitig, oft ſchon
bei dem erſten Beginn des eigentlichen Unterrichts veranlaſſen, Sätze
nach vorgeſchriebenen Bedingungen zu bilden, wobei ganz überſehen wird,
daß es den Schülern noch an geeignetem Stoff für die Bildung paſſender
Sätze fehlt, und daß die Gewöhnung, nichtsſagende inhaltsleere Sätze
zu bilden, auf die Entwickelung des Geiſtes nachtheilig einwirken muß.


Andere endlich knüpfen zwar, was wir ſehr billigen, ihren Sprach-
unterricht an das Leſen an; ſie behandeln aber den Leſeſtoff häufig ſo,
als ob derſelbe nur der Einübung grammatiſcher Regeln dienen ſollte.
Dabei ſcheint man nicht zu erwägen, daß für die Volksſchule die
Grammatik niemals Zweck, ſondern nur Mittel ſein kann, daß man
nicht lieſt, um an dem Geleſenen Grammatik zu lernen, ſondern daß
man Grammatik nur ſo weit treibt, als ſie zum vollen Verſtändniß des
Geleſenen nothwendig iſt.


Am meiſten müſſen wir bedauern, daß auf richtiges, ſinngemäßes
Leſen nicht immer die Sorgfalt verwendet wird, welche die Wichtigkeit
des Gegenſtandes erfordert, und oft ſogar die Bedeutung deſſelben für
den eigentlichen Sprachunterricht und für die Geiſtesbildung der Jugend
verkannt wird.


Es iſt überhaupt ein Irrthum, wenn man von der Anſicht aus-
geht, daß der Sprachunterricht auf die für dieſen Gegenſtand aus-
drücklich beſtimmten Lehrſtunden beſchränkt ſei, da doch jegliche Lehrſtunde
immer zugleich als Sprachſtunde angeſehen, und namentlich in allen
Lehrſtunden auf deutliches und richtiges Sprechen, auf ſprachrichtige,
kurze und bündige Zuſammenfaſſung der gewonnenen Reſultate und
überhaupt auf angemeſſenen Ausdruck der Fragen wie der Antworten
mit großer Sorgfalt gehalten werden ſollte.


[170]

Der Sprachunterricht in der Volksſchule hat nicht bloß den äußer-
lichen Zweck, nothdürftige Fertigkeit im Leſen und Schreiben hervor-
zubringen; er ſoll den Gedankenkreis der Schüler ordnen, berichtigen,
erweitern; er ſoll ſie mit dem Sprachſchatz, ſo weit er dem Leben des
Volkes angehört, bekannt machen; er ſoll ſie in ſicherer und ſchneller
Auffaſſung des Geleſenen oder Gehörten und in klarer, ſprachrichtiger
Darſtellung eigener und gegebener Gedanken üben, und dieſen Zweck
nicht ſowohl durch Aufſtellung grammatiſcher Regeln als durch Bildung
des Sprachgefühls und vielſeitige Uebung zu erreichen ſuchen. Es
leuchtet ein, daß für dieſen Zweck ein von den übrigen Lehrſtunden
abgeſonderter grammatiſcher Unterricht nicht ausreicht, und daß der
letztere nur eines von den Mitteln für den angegebenen Zweck iſt, und
nur in Verbindung mit einer durch alle Lehrſtunden fortgeſetzten Uebung
von Erfolg ſein kann.


Wenn gleichwohl viele Lehrer bei der oben erwähnten unfrucht-
baren und für die Schüler unerquicklichen Behandlung des Sprach-
unterrichts beharren, ſo können wir den Grund dieſer unerfreulichen
Wahrnehmung nur in zwei Umſtänden finden, in der Unbekanntſchaft
mit den zu einer lebendigen Sprachkenntniß führenden Uebungen und
in der Bequemlichkeit der hergebrachten Weiſe des Sprachunterrichts.
Es iſt unſtreitig leichter, mit den Schülern einen Leitfaden der Gram-
matik durchzugehen und ſie die darin vorgeſchriebenen Uebungen anſtellen
zu laſſen, als ſich mit den Schülern in einen geiſtigen Verkehr zu
ſetzen, der alle die oben angegebenen Zwecke in freierer Weiſe und
dennoch nach einem ſichern Plane verfolgt. Es iſt uns nicht ent-
gangen, welchen Einfluß dieſe letztere Rückſicht auf die Anſichten vieler
Lehrer gehabthat, und wie die meiſten Bedenken, die man gegen eine freiere
Behandlung des Sprachunterrichts aufgeſtellt hat, großentheils ausgehen
von der Abneigung, den gewohnten Weg zu verlaſſen, und einer wenig
begründeten Meinung von den Vorzügen der bisher befolgten Methode.


Wir müſſen es den Herren Superintendenten und Schulinſpectoren
überlaſſen, diejenigen Lehrer, welche in dem letztern Irrthum befangen
ſein möchten, durch beſtimmte Hinweiſung auf die mangelhaften Er-
folge ihres Sprachunterrichts eines Beſſern zu belehren; diejenigen
Lehrer aber, denen es bloß an der Kenntniß einer beſſeren Methode
fehlt, auf die nachſtehenden Andeutungen zu einer fruchtbaren Be-
handlung des Sprachunterrichts hinzuweiſen.


[171]

I. Schon mit den erſten eben erſt ſchulfähig gewordenen An-
fängern können Sprachübungen verſchiedener Art angeſtellt werden.
Schon das Benennen der Gegenſtände, die das Kind in der Schule
ſieht, das Nachſprechen kurzer Sätze und einzelner Wörter, die man
den Kindern vorſpricht, um ſie im lauten und ſcharf articulirten
Sprechen zu üben, und mehr noch das Zerlegen des Wortes in ſeine
einfachen Laute, von dem jede beſſere Leſemethode ausgeht, kann als
Sprachübung behandelt werden; den eigentlichen Mittelpunkt des
Sprachunterrichts aber bildet auf der unterſten Stufe der ſogenannte
Anſchauungsunterricht, oder die Belehrung des Kindes über diejenigen
Wahrnehmungen, zu denen ſeine Umgebungen ihm Veranlaſſung geben.
Es liegt außer dem Zweck dieſer Verfügung, Andeutungen über die
zweckmäßige Behandlung des Anſchauungsunterrichts in der Volks-
ſchule zu geben; es genügt, auf den nahen Zuſammenhang deſſelben
mit dem Sprachunterricht und der Geiſtesentwickelung der Kinder hin-
zuweiſen. Der Anſchauungsunterricht iſt ſeinem Gegenſtande nach
die erſte Belehrung des Kindes über die ſogenannten Realien; werden
die Kinder dabei angeleitet, ſich die Wahrnehmungen, die ſie bereits
gemacht haben, oder auf Veranlaſſung des Lehrers während ihrer
Schulzeit machen, in einer beſtimmten Ordnung zu vergegenwärtigen
und ſie in kurzen ſprachrichtigen Sätzen auszuſprechen, ſo wird dadurch
nicht nur der Gedankenkreis derſelben geordnet, berichtigt und er-
weitert, ſondern auch die erſte und natürlichſte Anleitung zur Satz-
und Wortbildung gegeben. Die Genauigkeit, mit der der Lehrer dieſe
Uebungen treibt und dabei fehlerhaften Anordnungen entgegen wirkt,
wird dem ſpätern Unterricht in der Sprache unfehlbar zu Gute kommen,
und wir empfehlen die ſorgfältige Behandlung dieſer Uebungen um
ſo angelegentlicher, je häufiger der Werth derſelben aus Unkunde oder
Vorurtheil herabgeſetzt worden iſt. Es fehlt nicht an Hülfsmitteln,
aus denen der Lehrer ſich über die zweckmäßige Behandlung dieſes
Gegenſtandes belehren kann. Wir nennen hier nur folgende empfeh-
lungswerthe Werke:


  • 1) Anleitung zu Denk- und Sprechübungen, als der naturgemäßen
    Grundlage für den geſammten Unterricht, beſonders aber für
    den erſten Sprachunterricht in Volksſchulen, von F. H. G.
    Graßmann. Berlin, bei Reimer. Zweite Auflage. 1834.
    Preis 1 Rthlr. 7½ Sgr.

[172]
  • 2) Der Unterricht in der Kleinkinderſchule oder die Anfänge der
    Unterweiſung und Bildung in der Volksſchule, von Dr. F. A. W.
    Dieſterweg. Dritte Auflage. 1838. Crefeld, bei Funcke.
    Preis 15 Sgr.
  • 3) Die ſinnlichen Wahrnehmungen als Grundlage des Unterrichts
    in der Mutterſprache, von v. Türk, Königl. Regierungsrath.
    Zweite Auflage. 1822. Berlin, bei Nauck. Preis 25 Sgr.

Sehr empfehlenswerth ſind auch die Andeutungen über den An-
ſchauungsunterricht in dem dritten Theile der Erziehungs- und Unter-
richtslehre von Denzel, zu deren Ausführung folgendes Werk:
Denzel’s Entwurf des Anſchauungsunterrichts, in katechetiſcher
Gedankenfolge praktiſch ausgeführt von Wrage. Vierte Auf-
lage, erſter Kurſus, 1843. Altona, bei Hammerich. Preis
15 Sgr.

eine mit Beifall aufgenommene Anleitung giebt. Wir können jedoch
nicht wünſchen, daß die Lehrer die Gegenſtände in der ermüdenden
Ausführlichkeit des Wrage’ſchen Werkes behandeln, vielmehr hin-
ſichtlich des Stoffes ſich auf die nächſten Umgebungen des Kindes und
die ſogenannte Heimathkunde beſchränken. In denjenigen Schulen,
in welchen die Berliniſche Handfibel eingeführt iſt, wird der Abſchnitt,
„die Wahrnehmungen des Kindes“ als Leitfaden für dieſen Unterricht
gebraucht werden können. Wo der Standpunkt und die äußeren Ver-
hältniſſe der Schule geſtatten, über die eigenen Wahrnehmungen der
Kinder hinaus zu gehen und ihnen auch Anſchauungen aus entlegneren
Kreiſen vorzuführen, werden folgende Werke nützliche Dienſte leiſten:


  • 1) Methodiſche Bildertafeln zum Gebrauch beim Anſchauungs-
    unterricht in Elementar- und Kleinkinderſchulen, beſonders beim
    Taubſtummen-Unterricht. Herausgegeben von Reimer und
    Wilke, Lehrer an der Taubſtummenanſtalt zu Berlin. Berlin,
    1837, bei L. Oehmigke. Preis 1 Rthlr.
  • 2) Sechzehn Bildertafeln für den Anſchauungsunterricht, gezeichnet
    von Karl Wilke, Lehrer an der Taubſtummenanſtalt zu
    Berlin. Berlin, bei Bormann. Preis 17½ Sgr. (colorirt
    1 Rthlr. 5 Sgr.)
  • 3) Das Leben in Stadt und Land, in Feld und Wald. Ein
    Leſe- und Hülfsbuch zu den 16 Bildertafeln für den An-
    [173] ſchauungsunterricht von K. Wilke, herausgegeben von Bor-
    mann
    . Berlin, 1843, bei Hermann Schultze. Preis 7½ Sgr.

Von dieſen drei zuſammengehörigen Werken iſt das erſte in dem
Schulblatt für die Provinz Brandenburg (Jahrg. 1837. S. 177 ff.),
das zweite daſelbſt (Jahrg. 1839. S. 464 ff.), das letzte endlich eben-
daſelbſt (Jahrg. 1843. S. 99.) näher beurtheilt worden; die Zweck-
mäßigkeit der unter Nr. 1. und 2. angeführten Bildertafeln hat ſich
durch eine mehrjährige Erfahrung beim Unterricht ſowohl taubſtummer
als vollſinniger Kinder vollkommen bewährt.


II. Sobald das Kind mit einiger Fertigkeit lieſt, beginnt eine
andere, für Sprachbildung höchſt fruchtbare Uebung. Der Lehrer
zerlegt das Geleſene in kurze, der Faſſungskraft ſeiner Schüler an-
gemeſſene Fragen, die von den Schülern in unvollſtändigen Sätzen,
und zwar anfangs mit Beibehaltung des in dem Leſebuch gebrauchten
Ausdrucks, zu beantworten ſind. Es muß hierbei vorausgeſetzt werden,
daß der Leſeſtoff, an dem die erſten Anfänger geübt werden, nicht aus
geſchmackloſen, inhaltsleeren Sätzen, wie ihn die meiſten Fibeln und
ſelbſt einige der beſſeren Leſebücher darbieten, ſondern in Sprüchen,
Liedern und [Erzählungen] beſtehe, die, für Kinder verſtändlich und an-
ziehend, auch dem reifern Alter noch zuſagen.


Die Uebungen im Zergliedern der Sätze haben zunächſt nur den
Zweck, den Inhalt des Geleſenen deutlich zu machen, etwanige Miß-
verſtändniſſe, wie ſie bei Kindern vorkommen, zu entdecken und zu be-
ſeitigen. Die Antworten aber, zu denen das Kind veranlaßt wird,
ſind zugleich eine überaus zweckmäßige Uebung in der Satzbildung und
für den Schüler das leichteſte Mittel, die in dem Leſebuch ausge-
ſprochenen Gedanken zu ſeinem geiſtigen Eigenthum zu machen.


Das Zerlegen der Sätze kann allerdings ſo weit getrieben werden,
daß es in’s Kleinliche oder gar in’s Lächerliche fällt. Dieſen Abweg
aber wird der verſtändige Lehrer leicht vermeiden, wenn er immer da-
von ausgeht, daß Frage und Antwort nur dazu dienen ſollen, den
geleſenen Gedanken klar zu machen. Dazu gehört weſentlich, daß der
Schüler bei jedem Satze Gegenſtand und Ausſage beſtimmt unter-
ſcheide und in beiden dasjenige hervorhebe, worauf der Verfaſſer des
Leſeſtücks die Aufmerkſamkeit der Leſenden hat hinlenken wollen. Es
ſind daher diejenigen Beiſätze und Beſtimmungen des Gegenſtandes
ſowohl als der Ausſage, die einen Gegenſatz, eine Beſchränkung, eine
[174] Begründung des Urtheils enthalten, hervorzuheben, und es iſt das
Gewicht derſelben durch die Betonung fühlbar machen; aber es ſind
hier noch alle grammatiſchen Kunſtausdrücke, mit Ausnahme derer,
die das Kind von ſelbſt verſteht, ſorgfältig zu vermeiden. Bei dieſen
Uebungen wird ſich vielfach Gelegenheit darbieten, Sprachfehler und
fehlerhafte Angewöhnungen der Kinder zu verbeſſern, einzelne den
Kindern unbekannte Wörter durch Vertauſchungen mit andern zu er-
läutern, ihnen die einfachſten Vorgänge bei der Wortbildung geläufig
zu machen, und ſie auf die Auffaſſung grammatiſcher Begriffe vorzu-
bereiten.


III. Auch nach erlangter vollkommener Fertigkeit bleiben fortge-
ſetzte Uebungen im lauten und richtig betonten Leſen das Hauptmittel
der weitern Sprachbildung des Kindes. Es muß auch hier voraus-
geſetzt werden, daß den Kindern nur leſenswerthe und in gewiſſer
Beziehung klaſſiſche Leſeſtücke vorgelegt werden. Den edelſten Leſeſtoff
für die reifere Jugend bilden ausgewählte Abſchnitte aus der heiligen
Schrift und eine große Anzahl von Kirchenliedern, die ein unſchätz-
bares, noch viel zu wenig in ſeinem wahren Werthe erkanntes Be-
ſitzthum der evangeliſchen Kirche ſind. Wir werden unten auf die
Behandlung des Kirchenliedes und der bibliſchen Geſchichte noch einmal
zurückkommen, und warnen hier nur vor dem Mißgriff, Bibel und
Geſangbuch für die Uebungen im mechaniſchen laut-richtigen Leſen zu
mißbrauchen, oder Abſchnitte aus der Bibel und aus Kirchenliedern bei
den eigentlichen Sprachübungen zum Grunde zu legen. Zu Uebungen
dieſer Art ſind beſondere Leſebücher nothwendig, und es kommt nur
darauf an, unter den vorhandenen eine zweckmäßige Auswahl zu treffen.
Ein Leſeſtoff, wie ihn die meiſten älteren Kinderfreunde darbieten, iſt
nicht geeignet, die Theilnahme des Kindes zu erwecken und ihm eine
geſunde, kräftige Geiſtesnahrung zu gewähren. Es iſt auch nicht
nothwendig und nicht einmal wünſchenswerth, daß der Leſeſtoff für
die reifere Jugend ſo leicht ſei, um ohne alle Erläuterung verſtanden
zu werden, es iſt vielmehr zweckmäßig, daß derſelbe hier und da Schwie-
rigkeiten darbiete, jedoch immer nur ſolche, die nach dem Standpunkte
der Schüler leicht zu beſeitigen ſind. Aus dieſem Grunde machen wir
den Herren Superintendenten und Schulinſpectoren zur Pflicht, die
in ihrem Aufſichtskreiſe eingeführten Leſebücher zu prüfen, und nach
Rückſprache mit den betheiligten Geiſtlichen und Lehrern ein dem
[175] jetzigen Standpunkte der Volksbildung entſprechendes Leſebuch für die
Schulen ihres Aufſichtskreiſes in Vorſchlag zu bringen, die Einführung
eines neuen Leſebuchs aber nicht ohne unſere Genehmigung zu ge-
ſtatten. Unter den in der Provinz Brandenburg gangbaren Leſebüchern
empfehlen ſich für Volksſchulen folgende:


  • 1) Preußiſcher Kinderfreund. Ein Leſebuch für Volksſchulen, von
    Preuß und Vetter. Königsberg, bei Bon. (19 Bogen.)
    Preis 6½ Sgr.

Der erſte Abſchnitt enthält einzelne, jedoch nicht ganz inhalts-
leere Sätze, der zweite leichtere, der dritte ſchwerere und meiſtens
zweckmäßige und anziehende Leſeſtücke. Ein Anhang behandelt die
Realien, jedoch nicht ſo, daß dadurch das Bedürfniß der Schule voll-
ſtändig befriedigt würde. Der kürzlich in zweiter Auflage erſchienene
Theil dieſes Leſebuchs, welcher 20 Bogen ſtark für 10 Sgr. verkauft
wird, eignet ſich nur für die obern Klaſſen ſtädtiſcher Elementar- und
Bürgerſchulen.


  • 2) Berliniſches Leſebuch. Berlin, bei Nicolai. (Sechste Auflage,
    21 Bogen.) Preis 7½ Sgr.

Dies Leſebuch ſchließt ſich an die bei Ludwig Oehmigke hierſelbſt
erſchienene Handfibel an und empfiehlt ſich durch Reichhaltigkeit, wohl-
feilen Preis und zweckmäßige Auswahl. Der zweite Theil deſſelben,
welcher kürzlich in der Nicolaiſchen Buchhandlung erſchienen iſt, ent-
hält auf 32 Bogen eine reiche Auswahl meiſtens neuer oder für den
Schulzweck noch nicht benutzter Darſtellungen, und eignet ſich, wie das
unter Nr. 1. angeführte Werk, für die obern Klaſſen ſtädtiſcher Ele-
mentar- und Bürgerſchulen.


  • 3) Schulleſebuch. II. Theil. Nach der Verwandtſchaft des In-
    halts zuſammengeſtellt von Dieſterweg. Crefeld bei Funcke.
    (13 Bogen gr. 12.) Preis 10 Sgr.

Der erſte Theil dieſes Leſebuches führt den Titel: „Schulleſebuch
in ſachgemäßer Anordnung“ und ſoll einen nach den Leſeregeln ge-
ordneten Leſeſtoff enthalten. Zu dieſem Ende giebt es in der erſten
größeren Hälfte bloß einzelne Wörter und Satztheile zur Uebung in
der Betonung, und in der zweiten einige zuſammenhängende Leſeſtücke
zur Uebung in dem ſogenannten Leſeton. Der zweite Theil, den wir
hiermit empfehlen, giebt unter den Rubriken: 1. Religiöſe Natur-
betrachtung, Vertrauen auf Gott, Gottes Walten; 2. Naturanſichten
[176] und Belehrung; 3. der Menſch, Geſinnung, Thaten, eine rechte gute
Auswahl von Leſeſtücken.


  • 4) Leſebuch für Schulen, herausgegeben von den Lehrern der
    höhern Bürgerſchule zu Potsdam. Potsdam, bei F. Riegel.

Dies Leſebuch beſteht aus drei Theilen, von denen der erſte
(16 Bogen ſtark) für Kinder von 6—9, der zweite für Kinder von
9—12, der dritte für Kinder von 13—16 Jahren beſtimmt iſt. Der
Preis der drei Theile, welche auch einzeln verkauft werden, beträgt
beziehungsweiſe 10 Sgr., 17½ Sgr. und 27½ Sgr. und iſt im Ver-
hältniß zu der Bogenzahl etwas höher als bei den unter Nr. 1., 2. und
3. aufgeführten Leſebüchern.


  • 5) Deutſches Leſebuch für Schulen von C. Oltrogge. Hannover,
    bei Hahn.

Das Werk zerfällt in drei Curſus, von denen der erſte für das
früheſte, der zweite für das mittlere, der dritte für das höhere Jugend-
alter beſtimmt iſt. Der Preis für jeden der beiden erſten Curſus be-
trägt 20 Sgr.; der Preis des dritten 1 Rthlr. Die proſaiſchen
Leſeſtücke ſind meiſtens wohl gewählt, die Wahl der poetiſchen iſt
minder zweckmäßig ausgefallen.


  • 6) Deutſches Leſebuch von Ph. Wackernagel. Stuttgart, 1842,
    bei Lieſching. Preis 2 Rthlr.

Das Werk beſteht aus drei Theilen von mäßiger Stärke, von
denen die drei erſten meiſtens wohlgewählte Leſeſtücke enthalten, der
vierte aber des Verfaſſers Anſichten über Sprachunterricht in dialogiſcher
Form entwickelt.


Da bei der Wahl eines Leſebuchs für niedere Schulen auch deſſen
Preis und Umfang in Betrachtung kommt, ſo werden Schulen der
gedachten Gattung ihre Wahl vorzugsweiſe auf die unter Nr. 1., 2.
und 3. genannten Leſebücher zu richten haben.


Wir ſetzen voraus, daß der Lehrer die Leſeſtunden nicht als eine
fortgeſetzte Uebung in der mechaniſchen Fertigkeit des Leſens, ſondern
als einen auf Erweckung des innern Lebens, auf Kräftigung der Ge-
ſinnung, auf Bildung des Geſchmacks und Erhöhung der Sprach-
fertigkeit abzielenden Unterricht betrachten wird. Es genügt nicht, daß
der Schüler ein Leſeſtück lautrichtig, mit vernehmlicher Stimme und
mit Beobachtung der durch Interpunctionszeichen angedeuteten Pauſen
herlieſt; es muß auch darauf geſehen werden, daß er die Sätze richtig
[177] betone und das Ganze nicht nur fließend, ſondern auch mit ange-
meſſenem Ausdrucke vortrage. Ein ſolches Leſen ſetzt zunächſt ein
richtiges Verſtändniß des Geleſenen voraus, und der Lehrer hat auch
hier zu erforſchen, ob und welche Ausdrücke oder Wendungen dem
Schüler vielleicht unverſtändlich ſein möchten. Die Anweiſung zur
richtigen Betonung kann nur eine praktiſche ſein, indem der Lehrer
auf die gegen richtige Gliederung und Betonung vorkommenden Fehler
aufmerkſam macht, die aus unrichtiger Betonung entſtehende Entſtel-
lung des Sinnes nachweiſt oder von den Schülern ſelbſt finden läßt,
hauptſächlich aber, indem er das Verfehlte ſelbſt richtig vorträgt und
es hierauf von den Schülern nochmals vortragen läßt.


Die Aufſtellung einer großen Menge von Regeln für die Beto-
nung, wie ſie in beſonderen Anweiſungen zum Leſeunterricht gegeben
ſind, können wir nicht zweckmäßig finden, theils weil die Regeln, die
in ſolchen Anweiſungen aufgeſtellt werden, mehrentheils nur halb
richtig und einer zahlloſen Menge von Ausnahmen unterworfen ſind,
theils aber weil die Menge der Regeln die innerliche Auffaſſung des
Geleſenen ſtören und das natürliche Gefühl der Schüler nur ver-
wirren müßte.


Die Lehrer machen wir indeß aufmerkſam auf einen in dem Schul-
blatt für die Provinz Brandenburg (Jahrg. 1841. S. 270 ff.) abge-
druckten Aufſatz, der, wenn er auch im Einzelnen mancher Berichtigung
bedürfen möchte, doch die Hauptſachen klar und richtig auseinander
ſetzt, und die Lehre von der Betonung auf eine einzige aus der Natur
der Sache gezogene und leicht anwendbare Regel zurückführt.


In Beziehung auf den Ausdruck, mit dem ein Leſeſtück vorzutragen
iſt, müſſen wir vor allem Erkünſtelten warnen, wozu manche Anwei-
ſungen zur Declamation ſo leicht verleiten. Auch beim ausdrucksvollen
Leſen muß es immer noch durchblicken, daß der Vortragende nicht aus
eigener Seele ſpricht, ſondern fremde Gedanken vorträgt, und nur
das muß erkennbar ſein, daß er das Gefühl und die Stimmung der
redenden Perſonen oder des Verfaſſers erkannt hat. Dieſer Ausdruck
findet ſich von ſelbſt, wenn der Schüler das Geleſene innerlich aufge-
faßt hat, und der Ausdruck des Leſenden ſoll eben nur ein Zeichen
von der richtigen Auffaſſung des Geleſenen ſein. Hieraus ergiebt ſich
von ſelbſt, daß Regeln für den Ausdruck ganz an unrechter Stelle
ſind, und daß der Lehrer ſich darauf beſchränken muß, das Verfehlte
12
[178] auf eine ſolche Weiſe vorzutragen, daß es dem Gemüth der Schüler
näher gebracht wird.


Es leuchtet von ſelbſt ein, daß ein Leſen, wie es nach dem Vor-
ſtehenden gewünſcht wird, nicht nur eine fortwährende Verſtandesübung,
ſondern auch mit einer wohlthätigen Erregung des Gemüths verbunden
iſt, daß es den Gedankenreichthum und Sprachreichthum des Schülers
erfolgreich vermehrt, und, wenn auch erſt ſpät, doch unfehlbar reich-
liche Früchte bringt. Es kann aber auch, oder es muß vielmehr zu-
gleich mit Sprachübungen der verſchiedenſten Art verbunden werden.
Beim Leſen ſelbſt ſind alle zuſammengeſetzte Sätze, ſoweit es zum
Verſtändniß des Einzelnen erforderlich iſt, in einfachere Sätze zu zer-
legen, die der Schüler auf zweckmäßig geſtellte Fragen des Lehrers
ſelbſt zu bilden hat. Die Schüler müſſen dabei angeleitet werden, den
Inhalt der einzelnen Sätze in ſprachrichtiger Form wiederzugeben, die
Verbindung der einzelnen Sätze nachzuweiſen, zuletzt die ganze Ge-
dankenreihe eines Leſeſtücks zu wiederholen, endlich den Inhalt deſſelben
in freier Rede mündlich oder ſchriftlich darzuſtellen. Sehr zweckmäßige
Anleitung hierzu enthält folgende Schrift:
Anleitung zum Gebrauch des zweiten Theils des Schulleſebuchs
von Dieſterweg. Preis 10 Sgr.

auf die wir die Lehrer, die ſie noch nicht kennen ſollten, hiermit auf-
merkſam machen wollen.


IV. Mit den Leſeübungen iſt eine andere für Sprachbildung
ſehr fruchtbare Uebung zu verbinden, die Aufſuchung ganzer, zu der-
ſelben Wurzel gehörender Wörterfamilien, wobei der Lehrer nur darauf
zu achten hat, daß Ableitungen und Zuſammenſetzungen gehörig unter-
ſchieden, beide in natürlicher Folge aufgeführt und die Wörter, deren
Bedeutung ſich nicht definiren läßt, den Schülern in paſſenden Sätzen
vorgeführt werden. Regeln für die Sprachbildung aufzuſtellen und
feine Unterſchiede zu erörtern, iſt in Volksſchulen nicht rathſam, wohl
aber kann das Sprachgefühl gebildet werden durch Zuſammenſtellung
gleichgebildeter Wörter und durch Hinweiſung auf den Unterſchied,
der aus Vertauſchung ſinnverwandter Wörter entſteht. Als die vor-
züglichſten Hülfsmittel für dieſen Theil der Sprachübungen empfehlen
wir wiederholentlich:


  • 1) Sprachbildungslehre für Deutſche. Zur Benutzung in deutſchen
    [179] Volksſchulen unterrichtlich dargeſtellt von F. H. G. Graß-
    mann
    . Berlin, bei Reimer, 1828. 1829. 1830.

Von den drei Theilen dieſes Werks, welche auch einzeln bezie-
hungsweiſe für 25 Sgr. und 1 Thlr. 7½ Sgr. zu haben ſind, ent-
hält der zweite, auf den wir beſonders aufmerkſam machen, die Lehre
von der Wortbildung in einer ſehr faßlichen Darſtellung. Der erſte
Theil behandelt die Bildung der Laute und Sylben, der dritte die
Bildung der zuſammenhängenden Rede.


  • 2) Sprech- und Sprachſchule. Ein Leſebuch für die deutſche
    Jugend zur Beförderung ihres Sprachvermögens. Von Dr. W.
    Lange, Oberprediger zu Burg. Erſter Theil, Stuttgart und
    Tübingen, bei Cotta, 1835. Preis 10 Sgr.; zweiter Theil,
    Magdeburg bei Rubach, 1839. Preis 1 Thlr. 5 Sgr.

Der erſte Theil enthält den Stoff, der gewöhnlich in den An-
weiſungen zum Anſchauungsunterrichte behandelt wird; der zweite
Theil, der auch unter dem Titel „Sprachlicher Denkſtoff“ beſonders
verkauft wird, umfaßt die verſchiedenen Kreiſe des bürgerlichen Lebens:
des Landmannes, des Handwerkers, des Künſtlers u. ſ. w. Bei jedem
dieſer Abſchnitte ſind die auf dieſe Kreiſe menſchlicher Thätigkeit be-
züglichen Ausdrücke nach der Verwandtſchaft des Stammes zuſammen-
geſtellt und durch inhaltsreiche Sätze nicht bloß ſprachlich, ſondern hier
und da auch ſachlich erläutert.


  • 3) Praktiſche Anleitung zum Gebrauch der Sprech- und Sprach-
    ſchule in Fragen und Antworten zu ſchriftlicher Verarbeitung
    für die Schüler. Von W. Lange, Oberprediger zu Burg.
    Magdeburg, bei Heinrichshofen, 1839. Preis 10 Sgr.

Der Verfaſſer geht von der richtigen Anſicht aus, daß der gram-
matiſche Unterricht ſich an die Zergliederung und Beſprechung eines
zweckmäßig gewählten Leſeſtoffs anſchließen müſſe, und führt dieſe
Anſicht in ſehr belehrender Weiſe durch.


  • 4) Synonymiſches Handwörterbuch der deutſchen Sprache von J.
    A. Eberhard. Achte Auflage, 1837. Berlin, bei Nauck.
    Preis 2 Thlr. 10 Sgr.

Das Werk iſt ein Auszug aus dem größern, ſechs Octavbände
umfaſſenden Werke deſſelben Verfaſſers, das unter dem Titel: „Ver-
ſuch einer allgemeinen deutſchen Synonymik“ von dem verſtorbenen
Profeſſor Maaß zu Halle in einer zweiten Auflage herausgegeben iſt.
12*
[180] Beide Werke empfehlen ſich eben ſo ſehr durch Gründlichkeit des In-
halts als durch faßliche und anziehende Darſtellung; auch läßt der
Auszug nirgend etwas Weſentliches vermiſſen.


V. Es iſt ſchon oben erwähnt worden, daß Bibel und Geſang-
buch, ſo wie ſie die beiden wichtigſten Volksbücher ſind, ſo auch den
wichtigſten und edelſten Leſeſtoff für die Elementarſchulen darbieten,
daß beide jedoch eine andere Behandlung als das Leſebuch erfordern.
Beide ſollen vornämlich auf die Geſinnung der Kinder einwirken, jene,
indem ſie den Kindern die Geſchichte des Reiches Gottes in ſeinen
erſten Anfängen vor Augen ſtellt, dieſes, indem es ihnen die Gedanken
und Gefühle frommer Männer nahe bringt; durch beide ſollen die
Kinder zu lebendigen Gliedern der chriſtlichen Kirche erwachſen. Ein
ſolcher Stoff verträgt nicht die Behandlung, welche wir für das Leſe-
buch empfohlen haben, und eine in das Einzelne eingehende Erklä-
rung würde oft dem Eindruck, den Bibelwort und Kirchenlieder von
ſelbſt erregen, nur hinderlich ſein. Daraus folgt indeß nicht, daß es
genüge, bibliſche Abſchnitte ohne alle Erklärung leſen und Kirchenlieder
bloß auswendig lernen und herſagen zu laſſen; vielmehr muß man
auch hier etwanige Mißverſtändniſſe beſeitigen, veraltete Formen und
Ausdrücke durch Vertauſchung mit den üblichen erklären, und die
Hauptgedanken des Dichters und deren Verbindung durch zweckmäßig
geſtellte Fragen in das rechte Licht ſetzen; im Uebrigen aber mag man
der eigenen Kraft des göttlichen Worts vertrauen, die ſich auch beim
Jugendunterrichte nicht verläugnen, ſondern ſtill im Herzen der Kinder
nachwirken und reichliche Frucht bringen wird. Beim Leſen und Her-
ſagen auswendig gelernter Kirchenlieder iſt, wie bei andern Leſeſtücken,
auf richtigen und ausdrucksvollen Vortrag hinzuwirken, und das um
ſo mehr, da die in Kirchenliedern ausgeſprochenen Gefühle und Ge-
danken nicht als fremde aufgefaßt, ſondern je länger je mehr in die
Geſinnung des Kindes übergehen ſollen.


Was die Auswahl der zu lernenden Kirchenlieder betrifft, ſo be-
ziehen wir uns auf das, unſerer Circular-Verfügung vom 8. Julius
1840. beigefügte Verzeichniß, in welches wir die vorzüglichſten unter
den in hieſiger Gegend gangbaren Liedern aufgenommen haben. In
Beziehung auf die Behandlung des Kirchenliedes machen wir auf fol-
gende kleine Schrift:
Das geiſtliche Lied in der evangeliſchen Volksſchule Deutſchlands
[181] von W. Thilo, Director des Schullehrer-Seminars zu Erfurt.
Erfurt, bei Hilſenberg, 1842. Preis 12½ Sgr.

aufmerkſam. Es iſt nicht wohlgethan, den Kindern das Auswendig-
lernen eines ganzen Kirchenliedes bloß als Schularbeit oder häusliche
Beſchäftigung aufzugeben; der Zweck wird leichter und vollſtändiger
erreicht, wenn das Lied, das zunächſt auswendig gelernt werden ſoll,
während der ganzen zum Auswendiglernen gegebenen Zeit, täglich beim
Anfange der Lectionen unmittelbar nach dem Morgengebet mit rechtem
Ausdrucke geleſen und immer als ein Theil der Morgenandacht be-
handelt wird.


Es bedarf keiner weitläuftigen Auseinanderſetzung, daß dieſe Be-
handlung des Kirchenliedes für den höhern Zweck des Sprachunterrichts,
Erweckung des geiſtigen Lebens und einer tüchtigen Geſinnung, von
vorzüglicher Wirkſamkeit ſein wird, wenn auch der unmittelbare Ge-
winn für Sprachbildung im engern Sinne nicht immer ſogleich nach-
zuweiſen ſein möchte.


VI. Die Uebungen, von welchen bisher die Rede geweſen iſt,
können auf fruchtbare Weiſe angeſtellt werden, ohne irgendwie auf
grammatiſche Erörterungen einzugehen, und wir halten dieſe, inſofern
ſie den Schüler anleiten ſollen, über ſein eigenes Reden und Denken
zu reflectiren, nicht bloß für entbehrlich, ſondern geradezu für nach-
theilig; am wenigſten aber möchte Sprachfertigkeit und Sprachreichthum
dadurch befördert, vielmehr nur das natürliche Sprachgefühl in ſeiner
Entwickelung gehemmt werden. Die Grammatik, welche auch in der
Volksſchule mit Erfolg zu lehren iſt, kann nie den Zweck haben, den
Kindern die Sprachgeſetze aus den Denkgeſetzen zu entwickeln: ſie kann
nur eine geordnete Ueberſicht und eine beſtimmte Bezeichnung derjenigen
Spracherſcheinungen ſein, welche der Schüler bei der Erklärung des
Geleſenen, alſo an beſtimmten Beiſpielen, kennen gelernt hat. Wir
haben daher bereits in der Verfügung vom 31. Julius 1838. beſtimmt
ausgeſprochen, daß der grammatiſche Unterricht in der Mutterſprache
ſich an das Geleſene anſchließen müſſe und zunächſt nur den Zweck
haben könne, das genaue Verſtändniß des Geleſenen zu befördern.


Hierbei iſt das Bedenken erhoben worden, daß der grammatiſche
Unterricht, der ſich an das Leſen anſchließt, eines innern Zuſammen-
hanges und einer feſten Ordnung entbehren werde. Dies iſt indeß
bei richtiger Behandlung des Gegenſtandes nicht zu befürchten.


[182]

Wir ſetzen zuerſt voraus, daß der Lehrer ſelbſt die Grammatik
ſeiner Mutterſprache kenne, und im Stande ſei, diejenigen Lehren aus-
zuheben und in das rechte Licht zu ſetzen, welche für das genaue
Verſtändniß des Geleſenen von wirklichem Einfluſſe ſind.


Ein der Sache kundiger Lehrer wird daher die für die Volksſchule
geeigneten Lehren der Grammatik, namentlich:


  • 1) die beſtimmte Unterſcheidung des Gegenſtandes und der Aus-
    ſage;
  • 2) die näheren Beſtimmungen und Ergänzungen beider;
  • 3) den Unterſchied der Redetheile;
  • 4) die verſchiedenen Satzarten, Urtheil oder Erzählung, Ausruf,
    Befehl und Frage;
  • 5) die verſchiedenen Arten der Satzverbindung, insbeſondere die
    verſchiedenen Arten untergeordneter Sätze;
  • 6) den Unterſchied und den Gebrauch der Caſus, und die damit
    zuſammenhangende Lehre vom Gebrauch der Präpoſitionen;
  • 7) den Unterſchied der ſogenannten Redeweiſen oder Modi,

ſehr gut in einer beſtimmten Folge praktiſch erläutern können, wenn
er für die Behandlung jeder der hier aufgeführten Lehren einen Ab-
ſchnitt des Leſebuchs wählt, mit der Behandlung der einzelnen Lehren
aber niemals eher vorgeht, als bis der Schüler die Thatſachen, die
ihm nun im Zuſammenhange erläutert werden ſollen, an beſtimmten
Beiſpielen und in vielen verſchiedenen Fällen kennen gelernt hat.
Schon die unter Nr. II erwähnte Zergliederung des Satzes führt
auf die Unterſcheidung des Satzgegenſtandes und der Ausſage, und
auf die Satztheile, die zu deren Ergänzung und genauerer Beſtimmung
dienen; bei einiger Anregung von Seiten des Lehrers machen die
Schüler auch ſehr bald die Bemerkung, daß gewiſſe Satztheile immer
durch dieſelben Redetheile ausgedrückt werden und dieſe in gewiſſen
Verbindungen immer eine beſtimmte Form annehmen. Durch eine
verſtändige Zergliederung des Geleſenen bildet ſich daher bei dem
Schüler ein beſtimmtes Gefühl von dem Weſen des Satzes, von
dem Verhältniß der einzelnen Satzglieder unter einander, von dem
Unterſchiede der Redetheile, durch die ſie bezeichnet werden, von den
Formen, welche ſie nach ihrer Stellung im Satze annehmen, und in
ähnlicher Weiſe verhält es ſich mit allen Lehren der Grammatik.
Erſt wenn dieſe Unterſchiede im Einzelnen und in beſtimmten Beiſpielen
[183] erkannt und in das Sprachgefühl übergegangen ſind, iſt es zweckmäßig,
die auf praktiſchem Wege gewonnene Erkenntniß im Zuſammenhang
darzuſtellen, und von dem, was anfangs bloß im Gefühl lag, ein be-
ſtimmtes Bewußtſein zu erwecken. Die Grammatik in der Volksſchule
kann und ſoll nichts Anderes ſein, als ein beſtimmter Ausdruck für
eine beſtimmt hervortretende und von dem Schüler beſtimmt erkannte
Thatſache. Eine grammatiſche Lehre, die erſt durch Reflexion gewonnen
und erkannt werden müßte, gehört nicht mehr in den Bereich der Volks-
ſchule, und wer ſie dennoch hineinzieht, verräth nur, daß er noch nicht
zu klarer Einſicht in das Weſen des Elementarunterrichts gelangt iſt.


Aus den vorſtehenden Andeutungen ergiebt es ſich von ſelbſt, daß
wir es nicht für zweckmäßig halten, einen die ganze Sprachlehre umfaſſenden
Leitfaden, wie „die Sprachdenklehre“ von Wurſt, von den Schülern
in beſonderen Lehrſtunden durcharbeiten zu laſſen, und eben ſo wenig,
irgend eine ſyſtematiſch geordnete Sprachlehre der Reihe nach mit den
Schülern durchzugehen; wohl aber halten wir es für nothwendig, in
denjenigen Lehranſtalten, deren Schüler grammatiſchen Unterricht em-
pfangen, eine beſtimmte Sprachlehre zum Grunde zu legen, nicht nur,
um zwiſchen den Lehrern der verſchiedenen Klaſſen eine Uebereinſtimmung
in der grammatiſchen Terminologie herbeizuführen, ſondern auch um
den Schülern für diejenigen grammatiſchen Kenntniſſe, die ſich als
Ergebniß des Leſeunterrichts herausgeſtellt haben und an beſtimmten
Leſeſtücken anſchaulich gemacht worden ſind, einen kurzen und beſtimmten
Ausdruck zu geben, und ihnen die Ueberſicht und die Anfriſchung der
erworbenen Kenntniſſe zu erleichtern. Für dieſen Zweck empfehlen
wir folgende Werke:


  • 1) Kleine deutſche Sprachlehre von F. H. G. Graßmann.
    Berlin, bei Reimer. Preis 5 Sgr.
  • 2) Deutſche Sprachlehre für Schulen von Otto Schulz. Berlin,
    bei Nicolai, 1844. Preis (gebunden) 10 Sgr.
  • 3) Lehrbuch der deutſchen Sprache von Jahns. Hannover 1843.
    Preis 15 Sgr.

Das zuletzt genannte Werk wird auch für das Bedürfniß derje-
nigen Lehrer genügen, denen Becker’s Schulgrammatik nicht zuſagt
oder für die deſſelben Verfaſſers größere Werke entweder nicht zugänglich
oder zu ausführlich ſind. Ueberhaupt aber müſſen wir wünſchen, daß
die Lehrer an Volksſchulen ſich zunächſt mit derjenigen Grammatik,
[184] die in der Schule gebraucht werden ſoll, und mit dem Leſebuch, an
welches ſie ihren Sprachunterricht anknüpfen wollen, genau im Ein-
zelnen bekannt machen; auch dürfte die Durcharbeitung der unter Nr.
IV. genannten Werke in Verbindung mit einem der unter Nr. VI.
genannten Leitfaden für die meiſten fruchtbringender und für eine zweck-
mäßige Behandlung des Sprachunterrichts erſprießlicher ſein, als das
Studium größerer Werke, die ſich nicht ſowohl den Unterricht in der
Volksſchule als die Förderung der Sprachwiſſenſchaft zum Ziel geſetzt
haben.


VII. Eine beſondere Berückſichtigung erfordern noch die Uebungen
in der Orthographie und in der ſchriftlichen Darſtellung eigener und
fremder Gedanken, die in keiner guten Volksſchule fehlen ſollten.


Man hat ehemals zahlreiche Regeln für die Rechtſchreibung auf-
geſtellt und Sicherheit in der Anwendung derſelben zu erreichen gehofft,
indem man den Schülern fehlerhafte Beiſpiele zur Auffindung und
Verbeſſerung der Fehler vorlegte. Man hat indeß immer mehr er-
kannt, daß durch Aufſtellung von Regeln in den meiſten Fällen wenig
gewonnen wird, und die Vorlegung fehlerhafter Beiſpiele in der Regel
mehr Schaden als Nutzen bringt. Die richtige Schreibung des Worts
wird am leichteſten und ſicherſten durch das Auge aufgefaßt, und es
iſt daher nicht rathſam, den Kindern fehlerhafte Formen vorzuführen,
vielmehr iſt darauf zu halten, daß die Schüler ſich beim Leſen des
Wortes auch ſogleich die Schreibung deſſelben einprägen. Wir ver-
weiſen in dieſer Beziehung auf folgende lehrreiche Schrift.


Der orthographiſche Unterricht in ſeiner einfachſten Geſtalt von
K. Bormann. Berlin, bei Duncker und Humblot, 1840.
Preis 5 Sgr.

in welcher das Fehlerhafte der früheren Methode des orthographiſchen
Unterrichts ſehr gut auseinandergeſetzt, und ein beſſeres Verfahren
empfohlen wird. Das Verfahren, welches ſich in mehreren Schulen
als erfolgreich bewährt hat, und in der deutſchen Sprachlehre von
Otto Schulz ausführlich beſchrieben wird, beſteht dem Weſentlichen
nach in Folgendem.


Schon bei den erſten Leſeübungen werden die Kinder angehalten,
ein in ſeine Laute aufgelöſtes Wort lautrichtig niederzuſchreiben, wobei
man anfangs ſolche Wörter wählt, in denen die Schreibung mit dem
Laute übereinſtimmt. Auf der nächſten Stufe werden die Kinder mit
[185] den Namen der Buchſtaben bekannt gemacht und auf praktiſchem Wege
angeleitet, einen vorgeſprochenen Satz in einzelne Wörter, jedes Wort
in ſeine Sylben, jede Sylbe in ihre einzelnen Laute aufzulöſen, hier-
nächſt nicht nur die Laute, ſondern auch die dafür zu ſetzenden Buch-
ſtaben mündlich anzugeben, und endlich den ganzen Satz oder einzelne
Wörter aus demſelben niederzuſchreiben.


Auf eben dieſer Stufe hat ſich ein ſorgfältiges Abſchreiben einiger
den Schülern noch nicht bekannten Abſchnitte aus dem Leſebuch, und
ein nochmaliges Niederſchreiben derſelben aus dem Gedächtniß als ein
wirkſames Mittel erwieſen, den Kindern die richtige Schreibung ein-
zuprägen, und es ſind dieſe Uebungen benutzt worden, auf die Ab-
weichung und Uebereinſtimmung in den Unregelmäßigkeiten unſerer
Orthographie, z. B. auf die Art, wie Dehnung und Schärfung der
Vocale bezeichnet werden, aufmerkſam zu machen. Die wenigen ortho-
graphiſchen Regeln, welche von wirklichem Nutzen ſind, werden da,
wo ſie zuerſt zur Anwendung kommen, alſo immer an beſtimmten
Wörtern, erläutert und immer in derſelben Form ausgeſprochen.


Eigentliche Stylübungen können in einer Elementarſchule nicht
wohl angeſtellt werden, wohl aber können und müſſen die Schüler an-
geleitet werden, gegebene und eigene Gedanken verſtändlich ſprachrichtig
und überhaupt angemeſſen nieder zu ſchreiben. Je mehr die Schüler
geübt ſind, Geleſenes oder Vorgeleſenes frei wieder zu geben, und je
ſorgfältiger hierbei auf Richtigkeit und Angemeſſenheit des Ausdrucks
geachtet wird, deſto leichter und ſicherer werden die Uebungen im Nie-
derſchreiben eines gegebenen oder mit den Kindern durchgeſprochenen
Gedankens von Statten gehen.


Die einfachſten Uebungen dieſer Art werden für Kinder in Volks-
ſchulen in der ſchriftlichen Beantwortung beſtimmter Fragen aus dem
Kreiſe ihrer Erfahrung, in der Wiederholung einer den Kindern er-
zählten Geſchichte, in der Erzählung eines von ihnen erlebten Vorfalls,
endlich in der Beſchreibung eines ihnen bekannten Gegenſtandes be-
ſtehen. Der ſchriftlichen Abfaſſung muß, wenigſtens im Anfange, die
mündliche Beſprechung des Gegenſtandes vorausgehen, damit den
Kindern ſowohl der Stoff, als die Anordnung deſſelben und der Aus-
druck dafür ſchon einigermaßen geläufig ſei. Das Niederſchreiben
einer von den Kindern ſelbſt geleſenen Geſchichte wird ſich weniger
fruchtbar erweiſen, weil ſie ſich dabei zu ſtreng an das Original binden
[186] und darum auf dieſem Wege nicht leicht zu einiger Freiheit der Dar-
ſtellung gelangen.


Hiernächſt iſt es unerläßlich, den Kindern zur Abfaſſung der ge-
wöhnlichſten Geſchäftsaufſätze, einer Rechnung, einer Quittung, eines
Schuldſcheins, einer Beſcheinigung, einer Anzeige, eines Geſchäftsbriefes
u. ſ. w. Anleitung zu geben. Am einfachſten und zweckmäßigſten kann
dies geſchehen, wenn den Schülern anfangs zweckmäßige Formulare
ſolcher Aufſätze zum Abſchreiben vorgelegt werden, wenn ihnen an
dieſen Muſtern gezeigt wird, worauf es bei Aufſätzen jeder Art an-
komme, und wenn ſie endlich angeleitet werden, nach den ihnen vor-
gelegten Muſtern andre Aufſätze derſelben Art nach vorgeſchriebenen
Angaben anzufertigen. Die Abſchriften ſowohl, als die eigenen Ar-
beiten der beſſern Schüler, können benutzt werden, ihre Mitſchüler im
Leſen einer mehr oder minder leſerlichen Handſchrift zu üben, was
durch lithographirte Schriftſtücke nicht ſo vollſtändig und nicht ohne
Koſten erreicht werden kann. Es iſt uns unter der großen Anzahl
ſogenannter Briefſteller keiner bekannt, der eine ausreichende Anzahl
zweckmäßig gewählter Muſter für jede Gattung von Geſchäftsaufſätzen
enthielte, doch werden die Lehrer, denen es an guten Muſtern fehlt,
aus folgenden Werken:


  • 1) Der Schreiber in der Gewerbe-, Sonntags- und Bürgerſchule
    von G. Schulz. Preis 25 Sgr.
  • 2) Formulare für das Geſchäftsleben von Herzſprung Berlin,
    bei Heymann. Preis 1 Thlr 7½ Sgr.

die nöthigen Formulare entnehmen, und dieſe zugleich als Vorlege-
blätter für den kalligraphiſchen Unterricht benutzen können.


Wir wünſchen, daß vorſtehende Andeutungen vollſtändig und ſo-
bald als möglich zur Kenntniß ſämmtlicher Herren Geiſtlichen und
Schullehrer der Provinz Brandenburg gelangen. Wir laſſen deshalb
den Herren Superintendenten und Schulinſpectoren dieſe Circular-
Verfügung in 4 Abdrücken zugehen, mit dem Auftrage, dieſelbe nach
angemeſſenen Abtheilungen unter den Geiſtlichen und Schullehrern
Ihres Aufſichtskreiſes in Umlauf zu ſetzen, ſie in den Schullehrer-
Conferenzen zum Gegenſtande der Beſprechung zu machen und auf
deren Ausführung in geeigneter Weiſe hinzuwirken. Von den Herren
Geiſtlichen dürfen wir erwarten, daß ſie den Inhalt dieſer Verfügung
[187] mit den Lehrern ihrer Parochie ausführlich beſprechen und ihnen bei
der Ausführung gern mit ihrem Rath zur Seite ſtehen werden.


Die Herren Superintendenten und Schulinſpectoren beauftragen
wir noch beſonders, bis zum 31. December k. J., auf Grund der von
Ihren Herren Diöceſanen zu erfordernden Specialberichte, bei uns
anzuzeigen,
in welcher Art die obigen Andeutungen von den Lehrern Ihres
Aufſichtskreiſes benutzt worden, in welchen Schulen die Erfolge
bereits merklich geworden ſind, welche Hinderniſſe bei einzelnen
Schulen der Einführung einer beſſern Methode des Sprachun-
terrichts entgegen ſtehen und was zur Beſeitigung derſelben
geſchehen kann.


Da es manchen Geiſtlichen und Lehrern wünſchenswerth ſein
möchte, von dieſen Andeutungen einen beſondern Abdruck zu beſitzen,
ſo werden wir dafür Sorge tragen, daß dieſelben im Wege des Buch-
handels bezogen werden können. Wir ſehen deshalb einer Anzeige,
wie viele Abdrücke für Lehrer Ihres Aufſichtskreiſes begehrt werden,
binnen ſechs Wochen entgegen.


29. Circ.-Reſcr. v. 20. April 1846. (M.-Bl. S. 56.), betr.
die Beförderung von Fortbildungsſchulen für die aus der Elementar-
ſchule entlaſſene Jugend. (ſ. Anhang. Nr. 41.)


II. Verordnungen über Töchterſchulen.


1. Publ. v. 26. Juni 1811., mitgetheilt durch das Reſcript
v. 27. Novbr. 1823. (v. K. Ann. B. 17. S. 659.), betr. die Ver-
waltung der Schulangelegenheiten und die dafür beſtehenden Schul-
deputationen in den Städten.


(Extractweiſe.)


Bei der Aufſicht über die Töchterſchulen werden die Schuldepu-
tationen die verſtändigſten und achtbarſten Frauen aus den verſchiedenen
Ständen zu Rathe ziehen, ihnen weſentlichen Antheil an Schulbeſuchen,
[188] Prüfung, Beurtheilung der Arbeiten, der Erziehung und Unterweiſung
geben, und die Hausmütter des Orts auf alle Weiſe für die Ver-
beſſerung der weiblichen Erziehung zu intereſſiren ſuchen. Sie dürfen
deshalb zu den Schulbeſuchen nicht immer dieſelben Frauen einladen,
ſondern können darin abwechſeln; die Specialaufſicht über einzelne
Mädchenſchulen dürfen ſie aber Frauen, die vorzüglich Sinn und Eifer
für Beförderung einer guten Erziehung an den Tag legen, übertragen,
und ſie zu Mitvorſteherinnen derſelben ernennen.


2. Reſcript v. 30. Auguſt 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 92.
557.), betr. die Unterweiſung in Handarbeiten in den Volksſchulen
(ſ. Abthl. 3. I. Nr. 11.)


3. Landtagsabſchied für die preuß. Provinzialſtände
vom 31. Decbr. 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 528.)


(Extractweiſe.)


D. 12. Wiewohl Wir die Aufmerkſamkeit, welche Unſere getreuen
Stände auf die Bildung des weiblichen Geſchlechtes gerichtet haben,
gern anerkennen, ſo erſcheint doch das Bedürfniß der Ausbildung von
Lehrerinnen für Töchter höherer Stände, an denen es bisher in den
größern Städten nicht gefehlt hat, nicht als ein ſo dringendes Be-
dürfniß, daß der Antrag auf Unterſtützung derſelben von Seiten des
Staats gerechtfertigt gefunden werden möchte, zumal das zeither nicht
hinreichend befriedigte Bedürfniß der Bildung von Lehrern und Lehre-
rinnen für Elementarſchulen unſere Fürſorge noch immer in Anſpruch
nimmt.


4. Reſcript vom 10. Septbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19.
S. 714.), betr. die Erſtattung der Wittwencaſſenbeiträge für Lehrer
an ſtädtiſchen Töchterſchulen.


5. Cab.-O. v. 10. Juni 1834., Inſtruction v. 31. Decbr. 1839.
und Circ.-Reſcr. v. 18. Mai 1840. (M.-Bl. S. 94.), betr. die
Beaufſichtigung der Privatſchulen, Privaterziehungsanſtalten und Pri-
vatlehrer, ſo wie der Hauslehrer, Erzieher und Erzieherinnen.
(ſ. Anhang Nr. 31.)


6. Reſcript v. 23. Septbr. 1842. (M.-Bl. S. 341.), betr.
die Beaufſichtigung der Unterrichtsanſtalten für junge Mädchen in
Erlernung weiblicher Handarbeiten und Anfertigung von Kleidungs-
ſtücken.


Die Königl. Regierung iſt bereits von dem Herrn Miniſter der
[189] geiſtlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten unterm 20. Juli c.
dahin beſchieden worden, daß die Beſtimmungen der Inſtruction vom
31. December 1839. wegen Beaufſichtigung des Privatſchulweſens
auf den Unterricht junger Mädchen in der Anfertigung von Kleidungs-
ſtücken nicht anwendbar ſeien, die Prüfung und weitere Behandlung
des Gegenſtandes vielmehr lediglich dem polizeilichen Reſſort anheim
falle. Ich bin mit dieſer Anſicht einverſtanden. Die gedachte Inſtruc-
tion ſpricht in ihrem §. 12. nur von durch Lehrerinnen geleiteten
Inſtituten für Erlernung weiblicher Handarbeiten. Den Fall, daß
dieſe oder ähnliche Anſtalten durch Männer errichtet oder beaufſichtigt
werden, ſetzt ſie gar nicht voraus. Die Schulbehörden ſind deshalb
weder ermächtigt, die Errichtung eines nicht durch weibliche Perſonen
geleiteten derartigen Inſtituts zu genehmigen, noch dürfen ſie ſich über-
haupt auf eine Beurtheilung der diesfälligen Vorſchriften einlaſſen.
Uebrigens werden in vielen, vielleicht in den meiſten Fällen, dergleichen
Unternehmungen mehr auf gewerbliche Vortheile, als auf den Unterricht
berechnet ſein, und deshalb mehr einen induſtriellen oder handwerks-
mäßigen Charakter, als den einer Schule an ſich tragen. Dies wird
überall zutreffen, wo die gelegentlich des Unterrichts gefertigten Gegen-
ſtände weſentlich für den Abſatz eingerichtet und benutzt werden, wie
es beiſpielsweiſe in den größeren Putzhandlungen zu geſchehen pflegt.
Die Möglichkeit von Fällen, in welchen nicht der Gewinn von ſolchen
Arbeiten, ſondern wirklich der Unterricht ſelbſt die Hauptſache iſt, iſt
freilich nicht in Abrede zu ſtellen. Die Polizeibehörde wird daher,
ſobald die beabſichtigte oder eingetretene Exiſtenz eines ſolchen Unter-
nehmens zu ihrer Kenntniß kommt, zunächſt zu erforſchen haben, ob
bei demſelben das induſtrielle Intereſſe oder das des Unterrichts über-
wiegend ſei. Im erſten Falle bleibt auf dem gewöhnlichen Wege
dafür zu ſorgen, daß die das Gewerbe erlernenden Mädchen, ſo lange
ſie in ſchulpflichtigem Alter ſind, den eigentlichen Schulunterricht nicht
verſäumen; abgeſehen hiervon, würde aber, die gehörige Anmeldung
des Betriebes ſelbſt vorausgeſetzt, nur zu prüfen ſein, ob etwa Un-
ſittlichkeit oder gar verbrecheriſche und deshalb ſtrafbare Handlungen
zum Einſchreiten auffordern.


Im zweiten Falle würde dagegen die Eröffnung oder Fortſetzung
des Unterrichts von den Polizeibehörden zu unterſagen ſein, weil nach
der Allerhöchſten Ordre vom 10. Juni 1834. keine Lehranſtalt, welcher
[190] Art ſie auch ſei, ohne Genehmigung der Orts-Schulbehörde zuläſſig
und letztere durch die Inſtruction vom 31. Decbr. 1839. unter der
hier vorliegenden Vorausſetzung zur Ertheilung des Conſenſes nicht
autoriſirt iſt.


Die Königl. Regierung hat in vorkommenden Fällen nach vor-
ſtehenden Grundſätzen verfahren zu laſſen.


7. Reſcript v. 2. Octbr. 1844. (M.-Bl. S. 288.), betr. die
mit der Louiſenſchule in Poſen verbundene Erziehungsanſtalt für
Lehrerinnen und Erzieherinnen.


8. Circ.-Reſcr. v. 24. Juli 1845. (M.-Bl. S. 220.), betr.
die Prüfung und Zulaſſung von Lehrerinnen.


Durch meine Circular-Verfügung vom 12. Januar d. J. hatte
ich die Königl. Regierungen zum Bericht darüber veranlaßt, welche
allgemein maßgebende Beſtimmungen dieſelben für wünſchenswerth er-
achten, um ein zu frühes Eindringen der Lehrerinnen in das Schul-
amt zu verhüten, ohne daß denſelben die Möglichkeit der praktiſchen
Vorbereitung entzogen werde.


Nachdem nunmehr ſämmtliche Berichte eingegangen ſind, beſtimme
ich Folgendes:


1) Hinſichtlich derjenigen Lehrerinnen, welche in öffentlichen Se-
minarien ihre Ausbildung erhalten, behält es bei den bisherigen Be-
ſtimmungen über das zum Eintritt in dieſelben erforderliche Alter ſein
Bewenden.


2) Die nicht in Seminarien vorgebildeten Schulamts-Aſpiran-
tinnen können erſt mit dem 18. Lebensjahre zur Prüfung zugelaſſen
werden. Bis dahin können dieſelben unter Aufſicht ſich im Unterrichten
einzelner Fächer üben, aber nicht als Gehülfinnen ſelbſtſtändig in einer
Klaſſe fungiren.


3) Es bleibt den Prüfungs-Commiſſionen überlaſſen, nach Aus-
fall der Prüfung die Aſpirantinnen für eine Gehülfen- oder eine
ſelbſtſtändige Lehrerſtelle als befähigt zu erklären; im letztern Falle
wird es den Königl. Regierungen möglich ſein, bei Ernennung, Be-
ſtätigung oder Ertheilung der Conceſſion zu einer ſelbſtſtändigen Stel-
lung die auch durch das Lebensalter bedingte perſönliche Qualification
in die erforderliche Berückſichtigung zu ziehen.


Hiernach hat die Königl. Regierung die Prüfungs-Commiſſionen
für vorkommende Fälle zu inſtruiren.


[[191]]

Vierte Abtheilung.


Das jüdiſche Schulweſen.


[[192]][[193]]

1. Reſcr. v. 3. Novbr. 1820. (v. K. Ann. B. 4. S. 787.),
daß die Verwaltung ſich zur Zeit in die Streitigkeiten der Juden,
betreffend ihre geſellſchaftlichen, kirchlichen und Schulangelegenheiten,
nicht einzumiſchen, ſondern die Schlichtung ſolcher Streitigkeiten, ſofern
darauf nicht von dem einen oder andern Theile provocirt wird, den
gewöhnlichen Gerichten zu überlaſſen hat.


2. Reſcript v. 22. Septbr. 1823. (Act. gen. des Min. der
G., U.- u. M.-Ang. Secten ꝛc. ꝛc. S. Nr. 1. Vol. III. Nr. 16001.
de 1823. Fr.), betr. die Einrichtung des jüdiſchen Schulweſens.


Das Min. iſt rückſichtlich der Anſicht der Königl. Reg. — in
ihrem über die Einrichtung des jüdiſchen Schulweſens im dortigen
Reg.-Bez. unter dem 3. d. M. erſtatteten Bericht vollkommen damit
einverſtanden, daß die Schulpflichtigkeit der jüdiſchen Kinder nach
§. 43. Tit. XII. Thl. II. des A. L.-R. unzweifelhaft iſt; daß ſonach
die Juden nöthigen Falls mit Strenge angehalten werden können,
entweder dem Bedürfniß und den Vorſchriften des Staats entſprechende
jüdiſche Elementar-Schulen einzurichten und zu unterhalten, oder
mit Ausnahme des Religions-Unterrichts gegen Erlegung der feſt-
geſtellten Beiträge ihre Kinder den chriſtlichen Ortsſchulen anzuver-
trauen, wobei die Fürſorge für den Unterricht in der jüdiſchen Religion
und in der hebräiſchen Sprache durch einen jüdiſchen Privatlehrer
ihnen überlaſſen bleibt, und daß endlich den einzelnen jüdiſchen Haus-
vätern, wo katholiſche und evangeliſche Schulen neben einander beſtehen,
die Wahl überlaſſen werden muß, welcher von beiden Schulen ſie ſich
anſchließen wollen, die Behörde aber, wenn ſie ihre Erklärung hier-
über abzugeben verweigern, nach Maaßgabe der Umſtände entſcheidet,
und nöthigenfalls Zwangs-Maaßregeln eintreten laſſen kann. Auch
damit iſt das Min. einverſtanden, daß jüdiſche Grundbeſitzer, wenn
ſie auch als ſolche zu der chriſtlichen Ortsſchule Beiträge leiſten müſſen,
13
[194] doch auch für die einzurichtende jüdiſche Schule den auf ſie fallenden
Beitrag zu leiſten haben, da vorausgeſetzt werden muß, daß nach den
im dortigen Reg.-Bez. zur Anwendung kommenden Geſetzen denſelben nicht
die unbedingte Befugniß zum Erwerb von Grundſtücken zuſteht, es
vielmehr von dem Ermeſſen der Behörde abhängt, unter welchen Be-
dingungen ſie ſolchen geſtatten will. Rathſam wird es aber bleiben,
wo aus dergleichen Bedingungen die Verpflichtung zu beſtimmten Prä-
ſtationen vorgeſchrieben wird, auch der letzeren Eintragung in das
Hypothekenbuch zu veranlaſſen. Da auch die Vorſchrift des §. 24.
Tit. 12. Thl. II. des A. L.-R. nirgends aufgehoben iſt, ſo verſteht
es ſich von ſelbſt, daß auch jüdiſche Winkelſchulen nicht geduldet werden
können, und daß, um zu erforſchen, ob einem jüdiſchen Lehrer die von
einem tüchtigen Elementar-Lehrer zu erfordernden Kenntniſſe und
Fertigkeiten nicht abgehen, jeder an einer jüdiſchen Schule anzuneh-
mende Lehrer ſich einer Prüfung unterwerfen muß, die jedoch auf
ſeine Religion nicht erſtreckt werden kann.


3. Reſcr. v. 15. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 457.), betr.
die Einrichtung des jüdiſchen Schulweſens.


Der Königl. Regierung wird ein Extract der unter heutigem dato
an die Königl. Regierung zu Breslau erlaſſenen Verfügung, die Ein-
richtung des jüdiſchen Schulweſens betreffend, (sub Lit. a.) zur
Nachricht und Nachachtung mitgetheilt.


In welcher Art dieſelbe die darin enthaltenen Beſtimmungen auch
im dortigen Regierungsbezirke zur Ausführung gebracht, hat dieſelbe
binnen 3 Monaten einzuberichten.


a.Extract. Auch werden ſchwerlich die wohlwollenden Ab-
ſichten, welche man für Verbeſſerung des ſittlichen und bürgerlichen
Zuſtandes der Juden hegt, erreicht werden, wenn man dabei auf ein
bereitwilliges Entgegenkommen von ihrer Seite warten will. Das
dringendſte und nächſte Bedürfniß, für welches geſorgt werden muß,
iſt eine angemeſſene Einrichtung der für ſie beſtimmten Schulen.
Von vielen Seiten wird anjetzt dieſe Sache zur Sprache gebracht;
allein, wenn gleich die Einſichtsvollern unter den Juden ſelbſt darauf
bezügliche Veranſtaltungen zu wünſchen ſcheinen, ſo läßt ſich doch von
der größern Maſſe nicht hoffen, daß ſie aus freier Entſchließung ſich
zu Einrichtungen verſtehen werde, die zum Zwecke haben, ſie dem
verwahrloſeten Zuſtande zu entreißen, in welchem ſie ſich befindet.
[195] Es wird vielmehr nöthig, von Seiten der Regierung mit Ernſt und
Nachdruck zu verfahren, und die beſtehenden Geſetze gewähren dazu
einen hinlänglichen Anhalt. Es kommt nur darauf an, daß folgende
Punkte, nachdem ſelbige zur öffentlichen Kenntniß gebracht ſind, mit
nachhaltigem Ernſt und nöthigenfalls durch angemeſſene Strenge
ausgeführt werden:


1) daß, wie (nach A. L.-R. II. 12. §. 43.) jeder Einwohner,
ſo auch die Juden, welche den nöthigen Unterricht für ihre Kinder
in ihrem Hauſe nicht beſorgen können oder wollen, ſchuldig ſind, die-
ſelben nach zurückgelegtem fünften Jahre zur Schule zu ſchicken; —
2) daß auch die jüdiſchen ſchulfähigen Kinder, erforderlichen Falls
durch Zwangsmittel und Beſtrafung der nachläſſigen Eltern, zum Beſuch
der Schule angehalten werden; (ebendaſelbſt §. 48.) — 3) daß die
Juden, wo ſelbige eigene Schulen ihres Glaubens nicht eingerichtet
haben, ihre Kinder in die öffentlichen chriſtlichen Schulen zu ſchicken
verpflichtet ſind, in welchen dieſe jedoch dem Unterrichte in den eigent-
lich chriſtlichen Religionswahrheiten wider Willen beizuwohnen nicht
gezwungen werden können; (ebendaſelbſt §. 11.) — 4) daß die Prü-
fung und Beſtätigung der Lehr- und Einrichtungspläne auch der
jüdiſchen Schulen, ſo wie die Prüfung der zum Gebrauch beſtimmten
Schulbücher und überhaupt die Aufſicht und Verwaltung des geſammten
jüdiſchen Schulweſens ganz in der Art erfolgt, wie dieſes durch die
Conſiſtorial- und Regierungs-Inſtruction vom 23. Octbr. 1817. im
Allgemeinen regulirt worden iſt; — 5) beſonders, daß auch an den
jüdiſchen Schulen kein Lehrer angeſtellt wird, der nicht in einer Prüfung,
die mit ihm, die Religionskenntniſſe ausgenommen, in ganz gleicher
Art, wie mit einem Lehrer an einer chriſtlichen Schule der nämlichen
Gattung, vorzunehmen iſt, als tüchtig zum Lehramte erfunden worden;
(ebendaſelbſt §. 24.) — 6) daß die vorige Beſtimmung ſich auch auf
die etwa ausſchließlich für den jüdiſchen Religionsunterricht zu be-
ſtellenden Lehrer in ſo weit erſtreckt, daß zwar nicht ihre eigentlich
jüdiſchen Religionskenntniſſe Gegenſtand der Prüfung ſein, wohl aber
unterſucht werden ſoll, ob ſie die übrigen, von einem dem Lehrſtande
gewidmeten Subjecte erwarteten Kenntniſſe und Geſchicklichkeiten be-
ſitzen; — 7) und endlich, daß auch diejenigen jüdiſchen Privatlehrer,
welche Lehrſtunden in den Häuſern geben wollen, ihre Tüchtigkeit dazu
in einer mit ihnen zu veranſtaltenden Prüfung ausweiſen müſſen (eben-
13*
[196] daſelbſt §. 8.), und ohne eine, auf den Grund des von der compe-
tenten Prüfungsbehörde ihnen über ihre hinlängliche Qualification
ausgeſtellten Zeugniſſes, von der Provinzial-Regierung ertheilte Con-
ceſſion, nicht befugt ſein ſollen, Lehrſtunden zu geben.


Wenn nach obigen Beſtimmungen in allen Punkten ernſtlich ver-
fahren, wenn alle jüdiſchen Winkelſchulen geſchloſſen, wenn zugleich
mit allen bisher noch nicht geprüften jüdiſchen Lehrern die erforderliche
Prüfung vorgenommen, und denjenigen, welche darin nicht beſtehen,
oder derſelben zu unterziehen ſich weigern, das Unterrichtgeben nicht
weiter verſtattet, wenn alle ſchulfähige jüdiſche Kinder in die Orts-
ſchule eingewieſen, und die betreffenden Local-Behörden zur pünkt-
lichſten und aufmerkſamſten Ausführung der gegebenen Vorſchriften
angehalten, auch allgemeinere Reviſionen, um ſich von der Art der
Ausführung zu überzeugen, vorgenommen werden, ſo wird der wohl-
thätige Erfolg dieſer Anordnungen unfehlbar in kurzer Zeit ſich er-
weiſen ꝛc. ꝛc.


4. Reſcr. v. 1. Octbr. 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 1100.),
betr. die Aufnahme jüdiſcher Schullehrer.


Da, wie der Königl. Regierung in Beſcheidung auf den Bericht
vom 6. v. M. eröffnet wird, ausländiſchen Juden die Aufnahme in
die Preußiſchen Staaten als Schullehrer eben ſo wenig, als in einer
andern Eigenſchaft zugeſtanden werden kann, ſo wird die Königl.
Regierung wohlthun, zu den Seitens des Königl. Miniſterii der
Geiſtlichen ꝛc. Angelegenheiten unterm 15. Juni c. verordneten Prü-
fungen überall nur ſolche Juden zuzulaſſen, welche zum bleibenden
Aufenthalte im Lande an und für ſich berechtigt ſind.


5. Reſcr. v. 12. Januar 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 145.),
daß jüdiſche Religionslehrer von öffentlichen und Communallaſten nicht
befreit ſein können.


6. Reſcr. v. 11. März 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 120.),
betr. die Anwendung von Zwangsmitteln gegen jüdiſche Familien-
häupter, ihre Kinder zur Schule zu ſchicken.


7. Reſcr. v. 26. März 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 119.), betr.
die Annahme von Ausländern zu erledigten jüdiſchen Schullehrerſtellen.


Auf der Königl. Regierung Bericht vom 17. v. M. genehmigen
wir hiermit, daß da, wo es an Gelegenheit fehlt, zu erledigten jüdiſchen
Schullehrerſtellen tüchtige Subjecte innerhalb des Großherzogthums
[197] Poſen auszumitteln, auch aus andern Provinzen der Monarchie für
den Lehrſtand qualificirte jüdiſche Glaubensgenoſſen zu den gedachten
Stellen berufen werden dürfen. Die Erlaubniß zum Aufenthalte muß
aber in dergleichen Fällen lediglich auf die Dauer des Engagements
für beſtimmte Lehrämter eingeſchränkt werden, und kann nicht über
dieſe Dauer hinaus Statt finden; gleichwie ſie denn überhaupt nur als
Ausnahme von der allgemeinen Regel zu betrachten iſt.


8. Reſcr. v. 10. Mai 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 394.),
betr. die Zulaſſung fremder Juden zu Schullehrerſtellen.


Der Königl. Regierung wird auf den Bericht vom 23. v. M.,
betreffend die Zulaſſung fremder Juden zu Schullehrerſtellen, der
desfalls, in Gemeinſchaft mit dem Königl. Miniſterio der Geiſtlichen ꝛc.
Angelegenheiten, an die Regierung zu Bromberg erlaſſene Beſcheid
vom 26. März c. hierneben abſchriftlich mitgetheilt, um Sich nach
deſſen Inhalt gleichmäßig zu achten. Daß dergleichen Juden neben
dem Schullehrergeſchäfte weder Handel noch ſonſt ein bürgerliches
Gewerbe treiben dürfen, verſteht ſich übrigens von ſelbſt, und ent-
ſpricht dies auch der Abſicht des genannten Miniſterii bei dem Erlaſſe
des beregten Beſcheides. Sämmtliche Beilagen des Berichts erfolgen
hierneben zurück.


9. Reſcr. v. 10. Januar 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 94.),
betr. die Einſendung von Verzeichniſſen über den Schulbeſuch jüdiſcher
Kinder.


10. Reſcr. v. 29. April 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 431.),
betr. die Anſtellung jüdiſcher Schullehrer.


Der Königl. Regierung wird hierneben Abſchrift eines von der
Königl. Regierung in Stettin eingereichten Entwurfs zu einer an die
Magiſtrate und Schul-Deputationen ihres Bezirks zu erlaſſenden, von
dem Miniſterio zweckmäßig befundenen Verfügung, betreffend die An-
ſtellung jüdiſcher Lehrer, mit dem Auftrage zugefertigt, auch in ihrem
Verwaltungs-Bezirke eine ähnliche Verordnung unter den dort etwa
nöthigen Modificationen zu erlaſſen.


Abſchrift. Um dem willkürlichen Verfahren, welches bei An-
ſtellung der jüdiſchen Lehrer bisher Statt gefunden hat, und dem häufigen
Wechſel dieſer Lehrer vorzubeugen, werden, auf den Grund der be-
ſtehenden Geſetze und der früheren Verordnungen, insbeſondere mit
Bezugnahme auf unſere Bekanntmachung vom 30. Auguſt 1824. und
[198] auf unſere Circular-Verfügung vom 3. December 1822. folgende Be-
ſtimmungen hierdurch feſtgeſetzt:


1) Es darf kein Lehrer bei einer jüdiſchen Gemeine angeſtellt
werden, ohne zuvor über ſeine Tüchtigkeit dazu in einer mit ihm zu
veranſtaltenden Prüfung ſich auszuweiſen und zu ſeiner Annahme
unſere landesobrigkeitliche Genehmigung und Beſtätigung nachgeſucht
und erhalten zu haben.


2) Die betreffende jüdiſche Gemeine hat ſich dieſerhalb zunächſt
an den Magiſtrat der Stadt zu wenden und in ihrem diesfälligen
Geſuche: a) Nachweis des Staats-Bürgerrechts des gewählten Lehrers,
b) einen von ihm ſelbſt in deutſcher Sprache verfaßten Lebenslauf,
c) die erforderlichen Zeugniſſe über die frühere Erziehung und Bildung
überhaupt und über die Vorbereitung zum Schulamte insbeſondere,
d) die Zeugniſſe der Ortsbehörde und des jüdiſchen Gemeine-Vor-
ſtandes über bisherigen unbeſcholtenen Lebenswandel; ferner e) das
Wahlprotocoll und f) ein genaues Verzeichniß der mit der fraglichen
Lehrerſtelle verbundenen Einkünfte — beizufügen.


3) Der Magiſtrat hat dieſe Angaben und Nachweiſe ſorgfältig
zu prüfen, erforderlichen Falls darüber genaue Nachforſchungen zu
halten und dann das Geſuch der Gemeine nebſt den ſämmtlichen
Beilagen (§. 2. a—f.) mittelſt gutachtlichen Berichtes an uns ein-
zureichen.


4) Wenn auf den Grund dieſes Berichtes und der von uns mit
dem Gewählten veranſtalteten Prüfung unſere Genehmigung zu der
Anſtellung deſſelben erfolgt iſt, ſo hat die betreffende Gemeine über
die äußern Bedingungen dieſer Anſtellung einen ſchriftlichen Vergleich
mit ihm abzuſchließen und denſelben durch den Magiſtrat an uns zur
Genehmigung einzureichen.


5) Der auf dieſe Weiſe Gewählte, Geprüfte und anſtellungsfähig
Erklärte darf jedoch nur proviſoriſch auf ein, zwei oder drei Jahre
angeſetzt werden, und hat nach Ablauf dieſer Friſt eine feſte Anſtellung
nur alsdann zu erwarten, wenn von dem betreffenden jüdiſchen Schul-
und Gemeine-Vorſtande und von der ihm vorgeſetzten Stadtſchul-
Deputation ſeine Amtstüchtigkeit bezeugt wird. Wir behalten uns
dann vor, nach den Umſtänden entweder eine abermalige Prüfung oder
ſofort die feſte Anſtellung zu verfügen.


6) Die Gemeine darf ſo wenig vor als nach Ablauf des abge-
[199] ſchloſſenen Contracts den einmal angenommenen Lehrer nach Willkür
wieder entlaſſen, ſondern ſie ſoll vielmehr verpflichtet ſein, uns davon
bei Ablauf der feſtgeſetzten Friſt auf vorſchriftsmäßigem Wege Anzeige
zu machen, damit wir dann die Gründe der gewünſchten Entlaſſung
des Lehrers prüfen und demgemäß darüber entſcheiden.


7) Es ſoll zwar jedem Lehrer frei ſtehen, ſeine Stelle auch vor
Ablauf des mit ihm abgeſchloſſenen Contracts niederzulegen, aber er
hat dabei die Vorſchriften des Allgem. Landrechts Th. 2. Tit. 10.
§. 97. und Th. 2. Tit. 6. §. 175. und §. 176. genau zu berückſichtigen.


8) Die jüdiſchen Gemeinen ſollen ermächtigt ſein, in den von
nun an mit ihren Lehrern zu ſchließenden Vergleichen als Bedingung
der Anſtellung feſtzuſetzen, daß ſie nur zu Oſtern und zu Michaelis,
und nachdem ſie drei volle Monate vor dem einen oder dem andern
Termine ihren bevorſtehenden Abgang, unter Anführung der Gründe,
ſchriftlich angezeigt haben, entlaſſen werden können, es ſei denn, daß
die durch ihren Abgang erledigte Stelle früher beſetzt werden kann.


9) Die Gemeine muß die erwähnte Anzeige an den Magiſtrat
gelangen laſſen, welcher ſie dann unverzüglich an uns zu weiterer
Entſchließung einreichen wird.


10) Wird hierauf der Abgang des Lehrers von uns genehmigt,
ſo muß die Gemeine ſich angelegen ſein laſſen, einen andern geeigneten
Lehrer auszumitteln, und falls er die vorſchriftsmäßige Prüfung noch
nicht beſtanden haben ſollte, denſelben ſogleich auffordern, dieſe Prü-
fung zunächſt bei dem Superintendenten der Synode nachzuſuchen,
damit bis dahin, wo der Lehrer abgehen wird, der neue gewählt und
angeſtellt werden kann.


11) Der oben §. 4. erwähnte Contract iſt von dem betreffenden
jüdiſchen Gemeine- und Schulvorſtande, ſo wie von dem Lehrer ſelbſt
und von der Stadt-Schul-Deputation zu vollziehen und von dem
Magiſtrate Behufs der Beſtätigung an uns einzureichen. Nur die-
jenigen Lehrer, welche eine definitive oder feſte Anſtellung erhalten,
werden, auf unſere ausdrückliche Beſtimmung, mit einer förmlichen
Vocation verſehen.


12) Die obigen Feſtſetzungen erſtrecken ſich auch auf die ausſchließlich
für den jüdiſchen Religions-Unterricht zu beſtellenden Lehrer.


Wir machen dem Magiſtrate und der Schul-Deputation hierdurch
zur Pflicht, auf die Befolgung der vorſtehenden Beſtimmungen ſtreng
[200] zu halten und zu dem Zwecke ſolche der dortigen jüdiſchen Gemeine
ſowohl, als dem betreffenden jüdiſchen Lehrer in unſerm Namen be-
kannt zu machen. Daß dies geſchehen, hat der Magiſtrat binnen
14 Tagen anzuzeigen und dieſer Anzeige zugleich das gehörig voll-
zogene Einkünfte-Verzeichniß der dortigen jüdiſchen Lehrerſtelle, wenn
daſſelbe noch nicht mit unſerer Beſtätigung verſehen ſein ſollte, bei-
zufügen. Unter dieſem Verzeichniſſe iſt zugleich zu bemerken, bis zu
welchem Zeitpunkte die proviſoriſche Anſtellung des jetzigen jüdiſchen
Lehrers von uns genehmigt worden iſt.


Von dem Einkünfte-Verzeichniſſe ſowohl, als von dem oben ge-
dachten Contracte iſt jedesmal eine beglaubigte Abſchrift zu unſern
Acten mit einzuſenden.


11. Reſcr. v. 12. Juni 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 416.
417.), betr. die Wahl und Anſtellung jüdiſcher Religions- und
Schullehrer.


Die unterzeichneten Miniſterien finden es nicht zuläſſig, dem An-
trage der Königl. Regierung in dem Berichte vom 21. April c. gemäß,
die Juden zu verpflichten, ihre Religionslehrer auf Lebenszeit zu
wählen und anzuſtellen, und in dieſem Gegenſtand überhaupt über
die in der Circular-Verfügung vom 15. Mai 1824. beſtimmten Grenzen
hinaus einzugehen, nach welcher auch die ausſchließlich für den jüdiſchen
Religions-Unterricht zu beſtellenden Lehrer in einer Prüfung darthun
ſollen, ob ſie, abgeſehen von den eigentlich jüdiſchen Religions-Kennt-
niſſen, die übrigen von einem Lehrer zu fordernden Kenntniſſe und
Geſchicklichkeiten beſitzen. Sofern aber der Religionslehrer auch wirk-
licher
Schullehrer ſein ſoll, ſo ſteht der Königl. Regierung eine
beſtimmte Einwirkung auf ſeine Anſtellung durch Ertheilung oder
Verſagung der Conceſſion zu. Wenn bei den zu dieſem Behuf anzu-
ſtellenden geſetzmäßigen Prüfungen mit der nöthigen Strenge in Ab-
ſicht der ſittlichen und wiſſenſchaftlichen Qualification verfahren wird,
ſo werden die von der Königl. Regierung befürchteten Uebelſtände und
Nachtheile nicht eintreten können. Bei den ſogenannten jüdiſchen
Gemeineſchulen, d. h. ſolchen Schulen, welche die jüdiſchen Gemeinen
auf gemeinſchaftliche Rechnung anlegen, iſt rückſichtlich der Bedin-
gungen ihrer Conceſſion nach Maaßgabe der Circular-Verfügung vom
29. April pr. zu verfahren. In Betreff der etwa erforderlichen Bei-
treibung der Beiträge zur Erhaltung des Lehrers iſt ebenfalls die
[201] Einmiſchung der Verwaltungs-Behörde nicht ſtatthaft, da auch dieſe
auf gemeinſchaftliche Koſten geführten Gemeineſchulen nicht den Cha-
rakter öffentlicher Schulen haben, ſofern die Juden immer nur als
eine geduldete Secte zu betrachten ſind.


12. Reſcr. v. 29. Juni 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 673.),
betr. die alljährlich einzureichenden Nachweiſungen von dem jüdiſchen
Schulweſen.


Die Königl. Regierung wird unter Bezugnahme auf die wegen
Einrichtung des jüdiſchen Schulweſens unterm 15. Mai 1824. und
10. Januar pr. erlaſſenen Circular-Verfügungen hierdurch aufgefordert,
die alljährlich einzureichenden, dieſen Gegenſtand betreffenden Nach-
weiſungen künftig in ſolcher Art einzurichten, wie es in dem bei-
liegenden Schema vorgeſchrieben iſt.


[202]

Haupt-Ueberſicht
über die Juden und den Schulbeſuch der jüdiſchen Kinder im Regierungs-Bezirke N. N. pro 18


[203]

13. Reſcr. v. 13. Juli 1827. (Neigeb. S. 297.) wegen nicht
zu geſtattender Theilnahme jüdiſcher Glaubensgenoſſen an dem Unter-
richte in den chriſtlichen Schullehrer-Seminaren.


Das Miniſterium kann auf den Antrag des Königl. Conſiſtorii
und Provinzial-Schulcollegii in dem Berichte vom 13. Mai c., jüdiſche
Glaubensgenoſſen an dem Unterrichte in den Schullehrer-Seminarien
der Provinz Poſen Theil nehmen zu laſſen, nicht füglich eingehen,
da die Erfahrung bisher gelehrt hat, daß Verſuche dieſer Art faſt
unter allen Bedingungen dem Mißlingen ausgeſetzt ſind. Wenn daher
die Zahl der lehr- und anſtellungsfähigen iſraelitiſchen Glaubensge-
noſſen im Großherzogthum Poſen dem Bedürfniſſe der vorhandenen
Schulen nicht genügt, ſo muß darauf Bedacht genommen werden, der-
gleichen in andern Provinzen und Anſtalten bilden zu laſſen.


14. Reſcr. v. 22. Septbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 120.),
betr. die Aufbringung der Unterhaltungskoſten für jüdiſche Schulen,
daß es den Mitgliedern der jüdiſchen Gemeinen überlaſſen bleiben
müſſe, in welcher Art ſie die Koſten zur Unterhaltung dieſer Schulen
aufbringen wollen.


15. Reſcr. v. 22. Septbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 675.),
betr. die Communal-Beiträge der Judengemeinen zu den Ortsſchulen.


Wenn die Königl. Regierung in dem, wegen Berichtigung der
Gehalts-Rückſtände der Stadtſchullehrer zu Stargardt unterm 31. v.
M. erſtatteten Berichte unter andern erwähnt, daß die Judengemeine
daſelbſt in Folge der Errichtung einer eigenen Schule von den Bei-
trägen für die ſtädtiſche Schule entbunden ſei, ſo muß das Miniſterium
vorausſetzen, daß dabei nur vom Schulgelde die Rede ſei. Dieſes
kann allerdings jederzeit nur von den Eltern der wirklich die Stadt-
ſchule beſuchenden Kinder gefordert werden, und fällt bei denen weg,
die nach der ihnen freiſtehenden Wahl ihre Kinder im Hauſe oder in
irgend einer andern Schule unterrichten laſſen. Anders hingegen ver-
hält es ſich mit den Communal-Beiträgen für die Ortsſchulen,
welche in Ermangelung oder bei eintretender Unzulänglichkeit des
anderweitigen Schul-Einkommens, namentlich auch des Schulgeldes,
der Vorſchrift §§. 29 seq. Th. II. Tit. 12. des Allgem. Landrechts
gemäß, von den Hausvätern des Orts in ihrer Eigenſchaft als Mit-
glieder der Commune, und mithin ohne Rückſicht auf wirkliche Be-
nutzung der Schule, geleiſtet werden müſſen. Von der Verpflichtung
[204] zu dieſen Beiträgen für die Stadtſchule können die jüdiſchen Ein-
wohner niemals befreit werden, da ſie als eine blos geduldete Secte
keine beſondere öffentliche Schule für ſich errichten können, in dem
einzigen Falle einer Modification der Communalpflicht durch das
Religions-Verhältniß aber, deſſen der §. 30. loco cit. erwähnt, aus-
drücklich gemeine, d. h. öffentliche Schulen für die verſchiedenen
Glaubenspartheien vorausgeſetzt werden. Inſofern hiervon im vor-
liegenden Falle abgewichen ſein ſollte, hat die Königl. Regierung
dieſerhalb Remedur zu treffen.


16. Reſcr. v. 28. Januar 1828. (Act. des Min. der G., U.
u. Med.-Ang. Poſen. Secten. S. 1. Vol. 1.), betr. das jüdiſche
Schulweſen.


Aus dem Berichte der ꝛc. v. 13. v. M., das jüdiſche Schulweſen
in N. N. betr., geht in Verbindung mit der demſelben zum Grunde
liegenden Vorſtellung der Aelteſten der Judenſchaft zu N. N. v. 30. Aug.
v. J. nicht deutlich genug hervor, aus welchen Gründen und in welcher
Art die Aelteſten eine veränderte Einrichtung ihres Schulweſens
wünſchen.


Nach dem Geſetze ſteht bekanntlich feſt, daß die von jüdiſchen Ge-
meinen, als nur geduldeten Religions-Geſellſchaften, eingerichteten
Schulen niemals andere, als die Rechte von Privatſchulen in Anſpruch
nehmen können, daß aber die Benutzung oder Einrichtung und Unter-
haltung von Privatſchulen niemanden, weß Glaubens er auch ſei, von
dem verhältnißmäßigen feſten Beitrage für die öffentlichen Communal-
Schulen befreit.


Verlangen demnach die Aelteſten der Judenſchaft zu N. N. die
Einrichtung einer eigenen öffentlichen Schule für ihre Gemeine,
ſo kann ihnen hierin auf keine Weiſe gewillfahrt werden, und eben
ſo wenig iſt es der allgemeinen Regel zufolge ſtatthaft, daß ſie, um
eine eigene Privatſchule auf Rechnung der Gemeine errichten zu
können, von den allgemein auf alle Orts-Einwohner zu vertheilenden
feſten Beiträgen zur Erhaltung der öffentlichen Communal-Schule
dispenſirt werden. Die Bedingungen zur Errichtung einer jüdiſchen
Gemeine-Schule müſſen von den über ſie wie über alle Privatſchulen
Aufſicht führenden Behörden vielmehr dahin geſtellt werden, daß die
jüdiſche Gemeine durch contractmäßige Uebereinkunft ihrer Mitglieder
einerſeits unter ſich und andererſeits mit den anzuſtellenden Lehrern
[205] die Aufbringung und reſp. Verwendung der dazu erforderlichen Koſten
ſichere und zwar ganz unabhängig von den außerdem zu entrichtenden
geſetzlichen Beiträgen für die öffentliche Ortsſchule. Iſt dies geſchehen
und qualificirt ſich ferner die ordnungsmäßige Einrichtung der Schule
und die Perſon der für dieſelbe von der jüdiſchen Gemeine vocirten
Lehrer zur Conceſſionirung, ſo darf dieſe von der betr. Behörde nicht
verweigert werden.


Wenn aber die jüdiſche Gemeinde zu N. N. aus Privat-Mitteln
ſolchergeſtalt ihr Schulweſen zu organiſiren nicht im Stande iſt, ſo
fragt es ſich zuvörderſt, ob die beſtehenden jüdiſchen Privatſchulen
daſelbſt, deren Unternehmer doch auch conceſſionirt ſein müſſen, ihr
mit Grunde nicht genügen, entweder, weil ſie den vorſchriftsmäßig
an den Elementar-Unterricht zu machenden Forderungen nicht ent-
ſprechen oder weil ſie zur Aufnahme ſämmtlicher ſchulfähigen Kinder,
während dieſelben auch in der Ortsſchule nicht untergebracht werden
können, nicht ausreichen.


Im erſteren Falle hat die ꝛc. ex officio darin Remedur zu treffen;
der zweite Fall aber muß, inſofern er die Ortsſchule, d. i. die öffent-
liche Communal-Schule angeht, einer ſorgfältigen Prüfung unterzogen
und event. zu einer ſchleunigen Abhülfe darin vorgeſchritten werden.


Denn ordnungsmäßig ſoll jede öffentliche Communal-Schule
dem Bedürfniſſe ſämmtlicher Orts-Einwohner vollſtändig genügen,
und es iſt namentlich durchaus ungeſetzlich, wenn etwa, weil die öffent-
liche Schule zur Aufnahme aller ſchulfähigen Kinder nicht ausreicht,
die Kinder jüdiſcher Eltern hierbei den Kindern chriſtlicher Eltern
auch nur im mindeſten nachgeſtellt werden.


Nun läßt ſich in allen gewöhnlichen Fällen nicht erwarten, daß
die Erweiterung einer für das allgemeine Bedürfniß des Orts nicht
ausreichenden Schule mit mehreren Schwierigkeiten und namentlich
Koſten verknüpft ſein werde, als die Anlegung einer zweiten ganz be-
ſonderen Schule; denn vereinigte Mittel erleichtern in der Regel
die Erreichung des Zwecks. Er darf deswegen, ſelbſt wenn ſämmtliche
Orts-Einwohner darin ein Abkommen mit einander treffen wollten,
auch eine hiernach freiwillige Trennung etwa der jüdiſchen Einwohner
von den chriſtlichen, damit jeder Theil ſeine öffentlichen Schulbeiträge
zur Errichtung und Erhaltung einer abgeſonderten reſp. öffentlichen
und Privatſchule verwende, in allen gewöhnlichen Fällen nicht genehmigt
[206] und es muß alſo in dem vorliegenden Falle, ehe an weitere Maaß-
regeln irgend gedacht werden kann, alles angewendet werden, die
Stadtſchule zur Aufnahme ſämmtlicher ſchulfähigen Kinder in geeigneten
Stand zu ſetzen. Die hierzu nöthigen Mittel dürfen jedoch keines-
wegs, wie die ꝛc. meint, den jüdiſchen Einwohnern von N. N. mehr
zur Laſt fallen, als den chriſtlichen, ſondern ſind lediglich durch eine
allgemeine verhältnißmäßige Vertheilung unter ſämmtliche Ortseinwohner
nach ihrem Vermögen aufzubringen. Dagegen verſteht ſich aber auch
wiederum von ſelbſt, daß in den Lehrplan der öffentlichen Communal-
ſchule keineswegs der Jüdiſche Religions-Unterricht mit eingeſchloſſen
und hierzu ein öffentlicher jüdiſcher Religionslehrer angeſtellt werden
kann, da der jüdiſche Religions-Unterricht unter keiner Bedingung
Gegenſtand des öffentlichen Unterrichts iſt, ſondern allein der Privat-
Veranſtaltung der dabei Intereſſirten überlaſſen bleibt.


Sollte ſich inzwiſchen bei genauer Prüfung ergeben, daß die
nöthige Erweiterung der öffentlichen Schule zu N. N. nach den
örtlichen Verhältniſſen für jetzt wirklich unmöglich, namentlich etwa
nur durch einen die Kräfte der Ortscommune offenbar überſteigenden
Aufwand erreichbar wäre und daß die wirkliche Ausſchließung der
jüdiſchen Kinder zur Zeit als allein ausführbares Auskunftsmittel
übrig bliebe, ſo iſt dies der einzige Fall, für welchen ausnahmsweiſe
geſtattet werden kann, daß der jüdiſchen Gemeine gegen Unterwerfung
unter jene Ausſchließung die Entrichtung ihrer Beiträge für die öffent-
liche Schule Behufs der Anlegung einer eigenen erlaſſen werde. Doch
ändert dieſe nothgedrungene Maaßregel weder den Charakter der ein-
zurichtenden jüdiſchen Schule als Privatſchule, noch darf ſolcher Zuſtand
des Schulweſens anders, als nur interimiſtiſch geduldet werden; es
darf vielmehr die Genehmigung dazu nur mit dem ausdrücklichen
Vorbehalte ertheilt werden, daß dieſe Einrichtung ſowohl nach den
Anträgen der Intereſſenten als inſonderheit nach dem Gutbefinden
der Aufſichtsbehörde ſofort wieder aufgehoben werden kann, wenn die
örtlichen Umſtände eine günſtigere Geſtalt gewinnen und es möglich
wird, die ganze Commune wiederum in der ordnungsmäßigen Weiſe
an die öffentliche Communalſchule zu weiſen und zu deren Unterhalt
zu verpflichten, weil die Exiſtenz und Fortdauer dieſer überall bei Lei-
tung der ganzen Angelegenheit das vornehmſte Ziel bleiben muß.
Hiernach hat die ꝛc. die Judenſchaft zu N. N. auf die Vor-
[207] ſtellung vom 30. Auguſt v. J. zu beſcheiden und die erforderlichen
Schritte zu thun, um die geſetzliche Befriedigung der Judenſchaft
baldmöglichſt zu bewirken.


17. Reſcr. v. 30. Juni 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 418.),
betr. den jüdiſchen Unterricht.


Der Königl. Regierung wird auf den Bericht vom 22. v. M.,
das jüdiſche Schulweſen betreffend, hierdurch eröffnet, daß es keines-
weges einer neuen geſetzlichen Beſtimmung bedarf, um die in der über
dieſen Gegenſtand erlaſſenen Verfügung vom 28. Januar c. ausge-
führten Grundſätze zu rechtfertigen, und daß eben ſo wenig dieſelben
mit den allegirten frühern Verfügungen des Miniſterii, wenn dieſe
richtig aufgefaßt werden, im Widerſpruche ſtehen. Die Circular-Ver-
fügung vom 15. Mai 1824. beſchäftigt ſich in der allegirten Stelle
gar nicht mit der in dem vorliegenden Berichte angeführten geſetzlichen
Verpflichtung zur Unterhaltung der Communal-Schulen, ſondern mit
der davon ganz verſchiedenen Verpflichtung der Eltern, ihren Kindern
auf irgend einem zweckmäßigen Wege den gehörigen Unterricht zu ver-
ſchaffen. Zur Erfüllung dieſer Verpflichtung können ſich die Eltern,
ſo wie der öffentlichen Schulen, ebenſo auch der Privatſchulen, der
Annahme von Hauslehrern, oder jedes ſonſtigen, den Zweck erfüllenden
Mittels bedienen, und daher hat auch die gedachte Verfügung die
Verpflichtung der jüdiſchen Eltern, ihre Kinder in die chriſtlichen
Schulen zu ſchicken, nur in der Vorausſetzung ausſprechen können,
daß ſie nicht eigene Schulen ihres Glaubens haben, und ſich vorkom-
menden Falls über den Statt findenden ordnungsmäßigen Unterricht
ihrer Kinder in denſelben ausweiſen, ohne daß aber durch dieſe Gegen-
überſtellung der Charakter aller jüdiſchen Schulen, als bloßer Privat-
Anſtalten, hat tangirt werden können oder ſollen. Ebenſo iſt auch
in der Verfügung vom 4. April pr. die Gemeineſchule, zu deren
Einrichtung die jüdiſche Gemeine zu Inowraclaw in Stelle der früher
ordnungswidrig daſelbſt beſtandenen Winkelſchulen angehalten worden,
nur im Gegenſatze zu den letztern mit der Benennung einer öffent-
lichen Schule bezeichnet, keineswegs aber der Communal-Schule zur
Seite geſtellt worden. Die Verpflichtung aller derjenigen Eltern
aber, die ſich für den Unterricht ihrer Kinder der häuslichen Infor-
mation oder einer Privatſchule bedienen, neben dem diesfälligen Auf-
wande auch die Communal-Schulbeiträge unverändert fort zu entrichten,
[208] folgt von ſelbſt daraus, daß dieſe Beiträge Communal-Laſt, und
gar nicht von den einzelnen Fällen wirklicher Benutzung der Communal-
Schule abhängig ſind, wie dies §. 29. Th. II. Tit. 12. des Allg.
Landrechts wörtlich ausſpricht, und ſelbſt diejenigen Mitglieder der
Commune, die keine Kinder haben, deſſen ungeachtet zu dieſen Bei-
trägen verpflichtet, mit denen nur das ſtatt derſelben an vielen Com-
munal-Schulen noch beibehaltene Schulgeld, als eine allerdings nur
bei wirklicher Benutzung der Schule zu gewährende Leiſtung, nicht
verwechſelt werden darf. Von einer Bedrückung der jüdiſchen Ge-
meinen durch die Anwendung dieſes Grundſatzes kann keinesweges,
und noch viel weniger von einer Benachtheiligung derſelben gegen
chriſtliche Communal-Mitglieder die Rede ſein. Denn wo die Com-
munal-Schule nach dem Syſtem des Allgem. Landrechts durch allge-
meine Communal Beiträge unterhalten wird, ſteht nach §. 32. l. c.
gegen Entrichtung derſelben jedem Contribuenten das Recht einer
übrigens koſtenfreien Benutzung der Schule für den Unterricht ſeiner
Kinder zu, und es kommt alſo nur auf die jüdiſchen Eltern ſelbſt an,
ſich ſtatt des Unterrichts ihrer Kinder in eigenen Privatſchulen jenes
Rechtes zu bedienen, um dadurch den doppelten Aufwand zu vermeiden.
Daß in denjenigen ſeltenen Fällen, wo die Communal-Schule nicht
alle Kinder des Orts aufnehmen, und wegen beſonderer Localſchwie-
rigkeiten die dazu nöthige Erweiterung derſelben nicht bewerkſtelligt
werden kann, den jüdiſchen Gemeinen allenfalls durch beſonderes
Abkommen die einſtweilige Befreiung von den Communal-Schul-Bei-
trägen Behufs der Beſchaffung des Unterrichts für ihre Kinder in
eigenen Privatſchulen nachgegeben werden kann, hat das Miniſterium
bereits in der Verfügung vom 28. Januar c. erklärt, wiederholt aber
nochmals, daß dergleichen Bewilligung, zur Vermeidung der ſonſt un-
ausbleiblichen Unordnung im öffentlichen Schulweſen, durchaus nur
in wirlich dringenden Nothfällen, nur als temporairer Nothbehelf,
und nur mit diesfälliger ausdrücklicher Belehrung aller Intereſſenten,
namentlich auch der unter ſolchen Umſtänden ſich etablirenden jüdiſchen
Schullehrer, Statt finden darf. Wo ſich die jüdiſchen Communal-
Mitglieder außer ſolchen Fällen, alſo nur aus eigenem Gutbefinden,
für ihre Kinder eigener Privatſchulen bedienen wollen, können ſie es
keinesweges unbillig finden, rückſichtlich der Communal-Schulbeiträge
in der nämlichen Weiſe nach obigem Grundſatze behandelt zu werden,
[209] wie demſelben auch chriſtliche Eltern, die für ihre Kinder aus irgend
einem Grunde, ſtatt des Beſuches der Communal-Schule, einen an-
derweitigen Unterricht wählen, ſich unterwerfen müſſen.


18. Verordn. v. 1. Juni 1833. (G.-S. S. 66.), betr. das
Judenweſen im Großherzogthum Poſen.


Verbeſſerung der Gemeine-Verwaltung der Juden.


§. 1. Die Judenſchaft jedes Ortes bildet, wie bisher, eine vom
Staate geduldete Religionsgeſellſchaft, welcher aber in Beziehung auf
ihre Vermögensangelegenheiten die Rechte einer Corporation beigelegt
werden. Wenn bisher die Judenſchaften mehrerer Orte zu einer
Synagoge vereinigt waren, ſo ſoll dieſe Vereinigung auch Hinſichts
der Corporations-Angelegenheiten fortdauern.


§. 2. Der Corporations-Verband bezieht ſich nur auf die innern
Verhältniſſe der Synagogen-Gemeinen (§. 20. Tit. 2. und §. 13 ff.
Tit. 6. Thl. II. des Allgemeinen Landrechts) und auf diejenigen Gegen-
ſtände, welche dieſe Verordnung als Corporations-Angelegenheiten
ausdrücklich bezeichnet. In allen andern bürgerlichen Angelegenheiten
findet zwiſchen den Mitgliedern der Judenſchaften kein ſolcher Verband
Statt, ſie werden vielmehr in dieſer Beziehung als Theilnehmer ihrer
Ortsgemeinen nach den für dieſe beſtehenden oder zu erlaſſenden
Ordnungen beurtheilt.


§. 3. Jeder Jude, welcher in einem Synagogen-Bezirke oder
Orte ſeinen Wohnſitz hat, gehört zur Corporation.


§. 4. Stimmfähig in dieſer Corporation, Hinſichts ihrer §. 2.
bezeichneten Angelegenheiten, ſind alle diejenigen männlichen, volljährigen
und unbeſcholtenen Juden, welche entweder ein Grundſtück beſitzen,
oder ein Gewerbe ſelbſtſtändig betreiben, oder ſich außerdem ſelbſtſtändig
und ohne fremde Unterſtützung ernähren.


§. 5. Die ſtimmfähigen Mitglieder der Corporation ſollen in
Gegenwart und unter Aufſicht eines Regierungs-Commiſſarius eine
Anzahl von Repräſentanten, und dieſe wiederum in gleicher Art die
Verwaltungsbeamten wählen, welche von der Regierung beſtätigt
werden, und ihr Amt unentgeltlich zu verwalten haben.


§. 6. Die Beſtimmungen über die Zahl der Repräſentanten, der
Verwaltungsbeamten und über die Dauer ihrer Verwaltung ſoll das
Statut jeder Corporation enthalten, welches die Regierung, nach Ver-
nehmung der Repräſentanten, zu entwerfen und der Oberpräſident zu
14
[210] beſtätigen hat. Für die erſte Wahl bleibt die Beſtimmung wegen der
Anzahl der Repräſentanten und Verwaltungsbeamten der Regierung
vorbehalten.


§. 7. Die Rechte und Pflichten der Repräſentanten und der
Verwaltungsbehörden gegen einander, gegen die Corporation und
gegen dritte Perſonen, ſind nach den Vorſchriften zu beurtheilen,
welche die revidirte Städteordnung vom 17. März 1831. über die
Rechte und Pflichten des Magiſtrats und der Stadtverordneten enthält.


§. 8. Die Verwaltung der Vermögensangelegenheiten der Cor-
porationen ſteht unter der unmittelbaren Aufſicht der Regierung oder
ihres Commiſſarius; ohne ihre Genehmigung dürfen keine Schulden
aufgenommen, keine Grundſtücke erworben und veräußert und keine
neuen Abgaben eingeführt werden. Sie hat das Recht und die Ver-
pflichtung, die Verwaltung durch Commiſſarien unter Zuziehung der
Repräſentanten revidiren zu laſſen, den Beſchwerden der letztern über
die Verwaltung abzuhelfen und darauf zu halten, daß die Rechnungs-
legung an die Repräſentanten regelmäßig erfolge.


Sorge der Corporationen für den Schul- und Religions-
unterricht der jüdiſchen Kinder
.


§. 9. Die jüdiſchen Corporationen, und insbeſondere ihre Ver-
waltungsbehörden, ſind verpflichtet, dafür zu ſorgen, daß es keinem
ſchulfähigen Kinde — vom 7. bis zum zurückgelegten 14. Lebens-
jahre — an dem gehörigen Schulunterricht fehle. Sie ſind dafür
verantwortlich, daß alle Kinder, mithin ſowohl Knaben als Mädchen,
in dieſem Alter die öffentlichen Schulen vorſchriftsmäßig beſuchen,
und zugleich verbunden, ganz dürftigen Kindern die nöthigen Kleidungs-
ſtücke, das Schulgeld und die ſonſtigen Schulbedürfniſſe aus den etwa
dafür beſtehenden beſondern Fonds, in deren Ermangelung aber aus
dem Corporationsvermögen zu gewähren.


§. 10. Unter öffentlichen Schulen werden ſowohl die chriſtlichen
als die mit Genehmigung des Staats nach einem beſtimmten Lehr-
plane eingerichteten und mit vollſtändig qualificirten und durch die
Regierung beſtätigten jüdiſchen Lehrern beſetzten jüdiſchen Schulen
verſtanden. Jedoch kann der Privatunterricht der Kinder, mit aus-
drücklicher Genehmigung der Regierung den Eltern, ausnahmsweiſe
geſtattet werden.


§. 11. Für den beſondern Religionsunterricht der jüdiſchen Kin-
[211] der zu ſorgen, bleibt jeder Gemeine vorbehalten. Jedoch ſollen auch
als Religionslehrer nur ſolche Perſonen zugelaſſen werden, welche zur
Ausübung eines Lehramts vom Staate die Erlaubniß erhalten haben.


§. 12. Die Lehrſprache beim öffentlichen Unterricht in den jüdi-
ſchen Schulen iſt die deutſche.


§. 13. Nach vollendeter Schulbildung der jüdiſchen Knaben haben
die Verwaltungsbehörden der Corporationen dafür zu ſorgen und ſind
dafür verantwortlich, daß jeder Knabe irgend ein nützliches Gewerbe
lerne, oder ſich auf wiſſenſchaftlichen Lehranſtalten einem höhern
Beruf widme, und daß keiner derſelben zu einem Handel oder Ge-
werbsbetrieb im Herumziehen gebraucht werde. Dieſer Verbindlichkeit
ſollen ſie durch die mit den Vätern oder Vormündern zu treffenden
Verabredungen zu genügen ſuchen; wenn aber durch dieſe der Zweck
nicht zu erreichen iſt; ſo haben ſie ſich an den Kreis-Landrath zu
wenden, welcher die Väter oder Vormünder (letztere unter Ver-
nehmung mit der obervormundſchaftlichen Behörde) anhalten ſoll, die
Knaben einer Wiſſenſchaft oder Kunſt, oder dem Landbau, oder einer
nützlichen Handarbeit, oder der Fabrication oder einem beſtimmten
Handwerke, oder dem Handel von feſten Verkaufsplätzen aus, zu be-
beſtimmen. (§. 18.)


Militair-Dienſt-Verpflichtung der Juden.


§. 14. Mit dem Vorbehalt, die allgemeine Militairpflichtigkeit
der Poſenſchen Juden in Zukunft eben ſo, wie in den andern Pro-
vinzen der Monarchie, anzuordnen, ſoll auf die Dauer des, durch die
gegenwärtige Verordnung begründeten proviſoriſchen Zuſtandes, den
dazu moraliſch und körperlich geeigneten Juden geſtattet ſein, inner-
halb ihres militairpflichtigen Alters freiwillig in den Militairdienſt
zu treten.


Durch den wirklichen Eintritt wird ſowohl der Eintretende ſelbſt,
als deſſen Vater von Erlegung des Rekrutengeldes befreit. Die Väter
nicht eintretender Söhne ſind daſſelbe auch ferner zu erlegen verbunden.
Wegen der in Beziehung auf die Erhebung und Berechnung des
Rekrutengeldes zu treffenden Einrichtung hat das Finanzminiſterium
die erforderlichen Verfügungen zu erlaſſen.


Verheirathung der Juden.


§. 15. Die Ehe eines Juden mit einer Ausländerin iſt nur in
14*
[212] dem Falle zuläſſig, wenn die letztere ein eigenthümliches Vermögen
von wenigſtens 500 Thlrn. in die Ehe bringt.


Dispenſationen in einzelnen dringenden Fällen ſind bei dem Ober-
präſidenten der Provinz nachzuſuchen.


An die Stelle der nach dem Allgem. Landrecht Thl. II. Tit. 1.
§. 136. zu einer vollgültigen Ehe erforderlichen Trauung tritt bei
den Ehen der Juden die Zuſammenkunft unter dem Trauhimmel
und das feierliche Anſtecken des Ringes; und an die Stelle des im
§. 138. daſelbſt verordneten Aufgebots, die Bekanntmachung in der
Synagoge.


Naturaliſation der dazu geeigneten Juden.


§. 16. Die Regierungen haben dafür zu ſorgen, daß die Cor-
porations-Angelegenheiten in der oben vorgeſchriebenen Art ſpäteſtens
binnen 6 Monaten nach Publication dieſer Verordnung geordnet
werden. Sobald dies geſchehen iſt, und die Verwaltungsbehörden
mit Zuſtimmung der Repräſentanten Namens der Corporation die
Erklärung abgegeben haben, daß ſie für die Erfüllung der hier vor-
geſchriebenen Bedingungen haften wollen, ſollen diejenigen jüdiſchen
Hausvätern und einzelne Perſonen, welche ſich, den nachſtehenden Vor-
ſchriften gemäß, dazu eignen, unter den in gegenwärtiger Verordnung
enthaltenen Beſtimmungen naturaliſirt werden.


§. 17. Allgemeine Erforderniſſe der Naturaliſation ſind:


  • 1) völlige Unbeſcholtenheit des Lebenswandels;
  • 2) die Fähigkeit und Verpflichtung, ſich in allen öffentlichen Ange-
    legenheiten, Willenserklärungen, Rechnungen u. dgl. ausſchließlich
    der deutſchen Sprache zu bedienen. Von dieſem Erforderniß darf
    jedoch der Oberpräſident auf Antrag der Regierung dispenſiren;
  • 3) die Annahme eines beſtimmten Familien-Namens.

§. 18. Unter dieſen Vorausſetzungen ſollen in die Klaſſe der
naturaliſirten Juden aufgenommen werden diejenigen, welche den
Nachweis führen:


  • 1) daß ſie ſeit dem 1. Juni 1815. ihren beſtändigen Wohnſitz in der
    Provinz Poſen gehabt, oder zu ihrer ſpätern Niederlaſſung die
    ausdrückliche Genehmigung des Staats erhalten haben;
  • 2) daß ſie
    entweder einer Wiſſenſchaft oder Kunſt ſich gewidmet haben,
    [213] und ſolche dergeſtalt betreiben, daß ſie von ihrem Ertrage ſich
    erhalten können;
    oder ein ländliches Grundſtück von dem Umfange beſitzen und
    ſelbſt bewirthſchaften, daß daſſelbe ihnen und ihrer Familie den
    hinreichenden Unterhalt ſichert;
    oder in einer Stadt ein namhaftes ſtehendes Gewerbe mit einiger
    Auszeichnung betreiben;
    oder in einer Stadt ein Grundſtück von wenigſtens 2000 Rthlrn.
    an Werth ſchuldenfrei und eigenthümlich beſitzen;
    oder daß ihnen ein Kapitalvermögen von wenigſtens 5000 Rthlrn.
    eigenthümlich gehört;
    oder daß ſie durch patriotiſche Handlungen ein beſonderes Ver-
    dienſt um den Staat ſich erworben haben.

§. 19. Diejenigen, welche dieſen Nachweis führen, ſollen von
der Regierung des Bezirks, in welchem ſie wohnen, mit vorläufigen
Naturaliſations-Patenten verſehen werden, in welchen auf die gegen-
wärtige Verordnung und die ihnen darin verliehenen Rechte, ſo wie
auf die ihnen auferlegten Verpflichtungen, Bezug zu nehmen iſt.


§ 20. Die naturaliſirten Juden können, unter Beobachtung der
allgemeinen Vorſchriften, in Städten und auf dem platten Lande
innerhalb der Provinz ſich niederlaſſen, Grundſtücke jeder Art erwerben,
und alle erlaubte Gewerbe treiben; ſie ſind, mit Vorbehalt des nach
§. 14. zu entrichtenden Rekrutengeldes, beſondere Abgaben weder an
die Staatskaſſe, noch zu den Kämmereien zu bezahlen verbunden, da-
gegen aber verpflichtet, alle den Chriſten gegen den Staat und die
Gemeine ihres Wohnorts obliegende Verbindlichkeiten, vor der Hand
mit der in Hinſicht der Militairpflichtigkeit §. 14. feſtgeſetzten Aus-
nahme, zu erfüllen, und, mit Ausſchluß der Stolgebühren, gleiche
Laſten, wie andere Einwohner zu tragen. Mit Ausnahme der be-
ſonderen Vorſchriften, welche die Geſetze wegen ſolcher Handlungen
und Geſchäfte, worauf die Verſchiedenheit ihrer Religionsbegriffe von
Einfluß iſt, namentlich Th. I. Tit. 10. §§. 317 bis 351. der Gerichts-
ordnung wegen der Eidesleiſtungen, Th. I. Tit. 10. §. 352. der
Gerichtsordnung und §. 335. Nr. 7. und §. 357. Nr. 8. der Cri-
minalordnung wegen der abzulegenden Zeugniſſe und Zeugeneide, ſo
wie Th. II. Tit. 8. §§. 989 und 990. des Allgemeinen Landrechts
wegen Präſentation der Wechſel an Sabbathen und Feſttagen, ſind
[214] ſie in Hinſicht ihrer bürgerlichen und privatrechtlichen Verhältniſſe nach
den allgemeinen Geſetzen gleich den chriſtlichen Einwohnern zu be-
handeln, und nur folgenden Beſchränkungen unterworfen:


  • a. zu Staatsämtern und zu den Stellen der Magiſtrats-Dirigenten
    ſind dieſelben nicht wahlfähig; eben ſo wenig
  • b. zu der Function der Deputirten auf den Kreistagen, Communal-
    und Provinzial-Landtagen.
  • c. Wenn ſie Rittergüter erwerben, werden einſtweilen die mit dem
    Beſitze verbundenen Ehrenrechte von der Staatsbehörde aus-
    geübt, doch bleiben ſie die damit verbundenen Laſten zu tragen
    verbunden.
  • d. In eine andere Provinz des Reichs ihren Wohnſitz zu verlegen,
    ſind ſie nur mit Genehmigung des Miniſters des Innern be-
    rechtigt, und verpflichtet, ſich vorher mit der Corporation, zu
    welcher ſie gehören, wegen Ablöſung ihres Antheils an den Cor-
    porations-Verpflichtungen durch Einigung mit dem Corporations-
    Vorſtande, oder, wenn eine ſolche nicht zu bewirken iſt, nach der
    Feſtſetzung der Regierung ſich abzufinden.

Rechtsverhältniſſe der noch nicht zur Naturaliſation
geeigneten Juden
.


§. 21. Diejenigen jüdiſchen Einwohner der Provinz Poſen,
welche ſich zur Erlangung der, der gedachten naturaliſirten Klaſſe
verliehenen Rechte noch nicht eignen, ſollen von der Verwaltungs-
behörde jeder Corporation ſorgfältig und zwar familienweiſe, nach
einem von dem Oberpräſidenten zu beſtimmenden Schema, verzeichnet
werden. Die Verzeichniſſe werden dem Landrathe des Kreiſes zur
Prüfung vorgelegt, von demſelben demnächſt beſcheinigt und bei der
Orts-Polizeibehörde aufbewahrt. Alle Jahre erfolgt eine Reviſion
und Beſcheinigung dieſer Verzeichniſſe.


§. 22. Auf den Grund derſelben wird von der Orts-Polizei-
behörde jedem Familienvater ein mit der Nummer des Verzeichniſſes
verſehenes Certificat ertheilt. Dieſes ſoll die Namen der ſämmtlichen
Mitglieder der Familie enthalten, und nach der jährlichen Reviſion
mit einem Viſa verſehen oder berichtigt werden.


§. 23. Solche Certificate ſollen nur denjenigen Familienvätern
und einzelnen volljährigen und ſelbſtſtändigen Juden ertheilt werden,
welche den Nachweis führen können, daß ſie ſich ſeit dem 1. Juni 1815.
[215] beſtändig in der Provinz befunden haben, oder daß ihnen der Auf-
enthalt in derſelben ſpäterhin ausdrücklich geſtattet worden.


§. 24. Die durch ſolche Certificate nicht legitimirten Juden
werden als Fremde betrachtet und nach ihrer Heimath zurückgewieſen;
die Rückkehr aber ſoll ihnen bei einer Strafe von 50 Rthlrn., oder
verhältnißmäßiger Gefängnißſtrafe, unterſagt werden. Denjenigen
Juden, welche ſich ſeit dem 1. Juni 1815. ohne ausdrückliche Er-
laubniß in der Provinz angeſiedelt und einen Wohnſitz im rechtlichen
Sinne darin [gewonnen] haben, und in ihre Heimath nicht zurückge-
wieſen werden können, ſoll der Oberpräſident die Aufnahme und das
Certificat zu bewilligen befugt ſein.


§. 25. Alle noch nicht naturaliſirten, jedoch ferner zu duldenden
und mit Certificaten zu verſehenden Juden ſind außer den §. 20.
ausgedrückten Beſchränkungen, welchen auch die naturaliſirten unter-
liegen, noch folgenden unterworfen:


  • a. Vor zurückgelegtem vier und zwanzigſten Jahre iſt den nicht
    naturaliſirten Juden die Schließung einer Ehe, wenn nicht der
    Oberpräſident in dringenden Fällen dazu beſondere Erlaubniß
    ertheilt hat, nicht zu geſtatten.
  • b. Sie ſollen ihren Wohnſitz in der Regel und mit Ausnahme der
    weiter unten unter d. angegebenen Fälle nur in Städten nehmen,
    ohne jedoch auf die zeitherigen Judenreviere beſchränkt zu ſein. Zur
    Gewinnung des ſtädtiſchen Bürgerrechts ſind ſie aber nicht fähig.
  • c. Sie ſind von dem Handel mit kaufmänniſchen Rechten ausge-
    ſchloſſen; das Schankgewerbe darf ihnen nur auf den Grund
    eines beſondern Gutachtens der Orts-Polizeibehörde Hinſichts
    ihrer perſönlichen Qualification von der Regierung geſtattet
    werden. Der Einkauf und Verkauf im Umherziehen iſt ihnen
    unbedingt unterſagt. Der Betrieb aller andern an ſich erlaubten
    ſtehenden Gewerbe dagegen darf ihnen unter den allgemeinen
    gewerbepolizeilichen Beſtimmungen nicht verſagt werden.
  • d. Auf dem Lande dürfen ſolche Juden nur dann ihren Wohnſitz
    nehmen, wenn ſie entweder einen Bauerhof erwerben oder pachten
    und denſelben ſelbſt bewirthſchaften, oder wenn ſie ſich bei länd-
    lichen Grundbeſitzern als Dienſtboten, oder zum Betriebe einzelner
    Zweige des landwirthſchaftlichen Gewerbes, z. B. als Brenner
    [216] oder Brauer vermiethen. Das Schankgewerbe auf dem Land-
    iſt ihnen ganz unterſagt.
  • e. Die Annahme chriſtlicher Lehrlinge, Geſellen und Dienſtboten iſt
    ihnen nicht geſtattet.
  • f. Darlehnsgeſchäfte dürfen dieſe Juden nur gegen gerichtlich auf-
    genommene Schuldurkunden, bei Strafe der Ungültigkeit, ab-
    ſchließen.
  • g. Schuldanſprüche derſelben für verkaufte berauſchende Getränke
    haben keine rechtliche Gültigkeit.

§. 26. Zu ihrer Verheirathung bedürfen dieſe Juden eines Trau-
ſcheins, der ihnen von Seiten des Landraths ſtempel- und koſtenfrei
ertheilt werden ſoll, ſobald ſie ſich wegen Erreichung des Alters von
24 Jahren oder wegen der vom Oberpräſidenten erhaltenen Dispen-
ſation legitimiren; wenn die Braut eine Ausländerin iſt, das derſelben
eigenthümliche Vermögen von 500 Rthlrn. beſcheinigen und die
Fähigkeit und Mittel nachweiſen, durch den Betrieb eines geſetzlich
erlaubten Gewerbes, oder durch hinreichendes eigenthümliches Ver-
mögen den Unterhalt einer Familie zu ſichern. Die Vorſteher der
Corporationen ſind verpflichtet, darauf zu halten, daß dieſen Vor-
ſchriften genügt werde.


§. 27. In Beziehung auf alle im Obigen nicht berührte Ge-
ſchäfte und Verhältniſſe werden auch die nicht naturaliſirten Juden
nach denſelben Grundſätzen wie die chriſtlichen Einwohner behandelt,
und alle wegen dieſes Gegenſtandes ergangenen frühern Verordnungen
hiermit aufgehoben.


§. 28. Die geduldeten Juden können Naturaliſations-Patente
erhalten, ſobald ſie die §§. 17 und 18. vorgeſchriebene Qualification
nachweiſen.


Inſtruction.


§. 29. Nähere Anweiſungen zu dem Verfahren der Regierungen
und Polizeibehörden bei Ausführung der vorſtehenden Anordnungen
bleiben einer beſondern Inſtruction vorbehalten.


Fremde Juden.


§. 30. Ausländiſchen Juden iſt der Eintritt in das Land zur
Durchreiſe oder zum Betriebe erlaubter Handelsgeſchäfte geſtattet. Das
Verfahren gegen dieſelben beſtimmen die ertheilten, oder noch zu er-
theilenden polizeilichen Vorſchriften.


[217]

Nach obigen Vorſchriften haben die Behörden und ſämmtliche
Unterthanen ſo lange, bis durch ein allgemeines Geſetz oder ſonſt ein
Anderes beſtimmt worden, ſich gehorſamſt zu achten.


19. Reſcr. v. 10. Novbr. 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 1058.),
betr. die Befreiung jüdiſcher Schullehrer von öffentlichen und Com-
munallaſten.


Der Königl. Regierung zu Bromberg iſt auf ihre Anfrage, wegen
Befreiung der jüdiſchen Schullehrer von den öffentlichen Communal-
laſten und Abgaben, zum Beſcheide ertheilt, daß hierin durch die Ver-
ordnung vom 1. Juni 1833. keine Abänderung gegen das bisherige
Verhältniß eingetreten iſt. Der §. 10. der Verordnung, in ſeinem
Zuſammenhange mit dem vorhergehenden §., ſtellt nur in der Be-
ziehung den öffentlichen Schulanſtalten die mit Genehmigung des
Staats, nach einem beſtimmten Lehrplane eingerichteten und mit voll-
ſtändig qualificirten und durch die Regierung beſtätigten Lehrern
beſetzten jüdiſchen Schulen, ohne weitere Unterſcheidung, gleich, daß
durch die Anhaltung der jüdiſchen Kinder zu einer jeden ſolchen Schule,
die im §. 9. den jüdiſchen Corporationen zur verantwortlichen Sorge
anbefohlene Erziehungspflicht für erfüllt angenommen werden ſoll, im
Gegenſatze zu den, als zweckgenügende Anſtalten für den allgemeinen
Elementarunterricht überall nicht zu achtenden, bloßen jüdiſchen Bet-
oder Winkelſchulen. In ihrer ſonſtigen eigenen Qualität bleibt das
Verhältniß jeder jüdiſchen Schule das bisherige, nämlich einer Privat-
ſchule, wenn ſie von der jüdiſchen Gemeinde nach bloßem Ueberein-
kommen unter ſich, ohne eine obwaltende Veranlaſſung im Geſammt-
intereſſe des Schulweſens am betreffenden Orte und nur unter
genehmigender Conceſſion der Königl. Regierung, errichtet worden
iſt, unterſchieden dagegen von ſolchen beſondern Fällen, wo die An-
legung einer eigenen Schule für die jüdiſchen Einwohner eines Orts
oder Bezirks als beſondere Schulſocietät, wegen geeigneter Local-
umſtände durch die Königl. Regierung ſelbſt angeordnet iſt, und wo
alsdann eine ſolche Schule allerdings den andern öffentlichen Orts-
ſchulen in allen Verhältniſſen gleichſteht. Wegen der für Fälle der
letztern Art zu beobachtenden Grundſätze wird die Königl. Regierung
übrigens auf die mit nächſtem bevorſtehende allgemeine Inſtruction
verwieſen.


[218]

20. Reſcr. v. 30. Auguſt 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 732.),
betr. die Zulaſſung der für Inländer zu achtenden Schulamtscandidaten
moſaiſchen Glaubens zur Prüfung pro facultate docendi.


Es unterliegt keinem Bedenken, daß die Königl. wiſſenſchaftlichen
Prüfungscommiſſionen auch die für Inländer zu achtenden Schulamts-
candidaten moſaiſchen Glaubens zur Prüfung pro facultate docendi
unter den in dem Reglement vom 20. April 1831. geſetzlich vorge-
ſchriebenen Bedingungen zulaſſen können, wobei es ſich von ſelbſt ver-
ſteht, daß in der mit ihnen vorzunehmenden Prüfung die chriſtliche
Theologie nicht in den Kreis der Prüfungsgegenſtände zu ziehen iſt.
Jedoch haben die Königl. wiſſenſchaftlichen Prüfungscommiſſionen
allen ſolchen ſich zur Prüfung pro facultate docendi meldenden Can-
didaten moſaiſchen Glaubens ſogleich zu eröffnen, daß ſie in Folge
der Cab.-Ordre vom 14. Decbr. 1822. weder zur Abhaltung des
geſetzlich vorgeſchriebenen Probejahrs, noch zur Anſtellung im Lehrfache
zugelaſſen werden könnten.


21. Reſcr. v. 4. Septbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 731.).
Da die jüdiſche Elementarſchule zu N. von Juden und für Juden
ausſchließlich gegründet iſt, ſo darf die Regierung dieſelbe nur als
Privatſchule anſehen, und als ſolche zwar beaufſichtigen, aber nicht
in ihre Verfaſſung eingreifen.


22. Reſcr. vom 10. Juli 1837. (Act. des Min. der G., U.-
und M.-Ang. Poſen. Secten. S. 1. Vol. 2.), betr. die Beaufſichti-
gung der jüdiſchen Schulen durch chriſtliche Geiſtliche, hinſichtlich der
Gebührenberechtigung.


Auf den von dem K. Provinzial-Schul-Collegio an das unter-
zeichnete und das K. Min. des J. u. der Pol. gerichteten, von letz-
terem zur reſſortsmäßigen alleinigen Verfügung hierher abgegebenen
Bericht v. 24. Dec. v. J., betr. die Beaufſichtigung der jüdiſchen Schule
in der dortigen Provinz durch die chriſtlichen Geiſtlichen, findet das un-
terzeichnete Min. gegen das von der dortigen K. Reg. beobachtete
Verfahren inſoweit nichts zu erinnern, als es einen Grund der
Billigkeit allerdings für ſich hat, den chriſtlichen Pfarrern eine mög-
lichſte Vermittelung angemeſſener Remuneration für die Beaufſichtigung
jüdiſcher Schulen, beſonders bei einer dadurch entſtehenden erheblichen
Vermehrung ihrer Mühewaltungen in den von einer ſtärkeren Zahl
[219] jüdiſcher Familien bewohnten Oertern, angedeihen zu laſſen, in welchem
letzteren Falle alsdann auch die Aufbringung der Remuneration von
Seiten der jüdiſchen Schul-Societät die wenigſte Schwierigkeit findet.
Ein unbedingter diesfälliger Anſpruch läßt ſich aber den Geiſtlichen
nicht einräumen, vielmehr wird außer den vorbemerkten Fällen einer
beſonderen Billigkeits-Rückſicht das Beaufſichtigungsgeſchäft von ihnen
in gleicher Art, wie verfaſſungsmäßig bei den chriſtlichen Schulen und
unter gleichen Bedingungen rückſichtlich der diesfälligen Gebührenbe-
rechtigung zu übernehmen ſein.


23. Reſcr. v. 24. März 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 111.),
betr. die Heranziehung jüdiſcher Gemeinemitglieder zur Unterhaltung
von Schulen.


Auf den Ber. der K. Reg. v. 8. Oct. v. J., die Recl. der jü-
diſchen Gemeine zu N. gegen die Heranziehung ihrer Mitglieder mit
Koſtenbeiträgen zu dem dortigen neuen Schulbau betreffend, ſind die
unterzeichneten Min. mit der Verpflichtung der jüdiſchen Einwohner
zu N. zu den fraglichen Koſtenbeiträgen, als einer Communallaſt,
unter der Vorausſetzung einverſtanden, daß die Errichtung der beſondern,
am benannten Orte beſtehenden jüdiſchen Schule ein auf dem eigenen
Beſchluſſe der jüdiſchen Einwohner beruhendes Unternehmen, und die
chriſtliche Ortsſchule als öffentliche Unterrichtsanſtalt ebenfalls für die
jüdiſchen Glaubensgenoſſen noch nicht beſtimmt iſt. Wäre hingegen
die Anordnung der jüdiſchen Schule, als einer ebenfalls öffentlichen
Anſtalt des Ortes, von der K. Reg. ſelbſt, unter Abſonderung der
jüdiſchen Einwohner zu einer beſonderen Schulgemeine, ausgegangen,
wozu übrigens im vorliegenden Falle die örtlichen Umſtände richtiger
Weiſe, namentlich in Betracht der von der K. Reg. erwähnten geringen
Zahl der jüdiſchen Familien, nicht ſcheinen angethan geweſen zu ſein, ſo
würden der jüdiſchen Gemeine die Beſtimmungen des A. L. R. Thl.
II. Tit. 12. §§. 30 und 34 zu ſtatten kommen, wonach bei Exiſtenz
mehrerer gemeiner Schulen für die Einwohner verſchiedenen Glaubens-
bekenntniſſes an einem Orte jeder Einwohner nur zur Unterhaltung
der Schule ſeiner Religionsparthei beizutragen hat. In dieſem Fall
müſſen daher die jüdiſchen Einwohner von der Concurrenz zur Unter-
haltung der chriſtlichen Schule bis dahin befreit bleiben, wo ſie durch
die nach Anzeige der K. Reg. im Werke befindliche Wiederaufhebung
[220] ihrer Schule in den allgemeinen Schulverband des Ortes werden
zurückgetreten ſein.


24. Reſcr. v. 18. Mai 1840. (M.-Bl. S. 97.), betr. die
Unterhaltung jüdiſcher Schulgemeinen.


Die unterzeichneten Miniſterien können ſich, wie der Königlichen
Regierung auf den Bericht vom 1. v. M. (Anl. a.)
betreffend die Verpflichtung der Civilgemeinen, zur Unterhaltung
der jüdiſchen Schulgemeinen beizutragen,

hierdurch eröffnet wird, mit den im Berichte entwickelten Anſichten
nur einverſtanden erklären. Was insbeſondere die jüdiſche Schule in
Gemünden betrifft, ſo beanſprucht dieſelbe mit Recht eine Unterſtützung
aus Communalmitteln und überhaupt gleiche Rechte mit den chriſtlichen
Schulen des Orts, da ſie nach dem Berichte der Königl. Regierung
als eine öffentliche betrachtet werden muß, inſofern ſie lediglich im
Intereſſe der beiden chriſtlichen Schulen, welche zur Aufnahme der
jüdiſchen Kinder nicht den erforderlichen Raum darbieten, als aus-
ſchließlich jüdiſche Schule organiſirt iſt.


a.


Der Vorſteher der jüdiſchen Gemeine zu Gemünden, N., iſt
bei uns mit dem Geſuche eingekommen, einen verhältnißmäßigen Theil
der Beſoldung des jüdiſchen Schullehrers auf die dortige Gemeine-
kaſſe zu legen, und ſucht dabei den Umſtand geltend zu machen, daß
die Juden, gleichwie die Chriſten, Staatsbürger ſeien und als ſolche
gleiche Staats- und Communallaſten zu tragen hätten.


Da die Gemeinen, in welchen ſich beſondere jüdiſche Schulen
befinden, bisher zu den Unterhaltungskoſten derſelben nichts beigetragen
haben, ſo ſcheint es uns von der einen Seite bedenklich, dem Geſuch
des ꝛc. N. zu willfahren, von der andern Seite aber hart, die Juden
von den gleichen Rechten auszuſchließen, wo ſie gleiche Pflichten
haben. Wir ſehen uns daher veranlaßt, Ew. Exc. um hochgeneigte
Entſcheidung der vorliegenden Frage ehrerbietigſt zu bitten, und erlauben
uns dabei auf folgende Verhältniſſe ganz gehorſamſt aufmerkſam zu
machen.


Die Juden haben auf dem linken Rheinufer geſetzlich alle Rechte
der chriſtlichen Einwohner und unterliegen lediglich den Beſchränkungen
des kaiſerlichen Decrets vom 17. März 1808, welche ſich jedoch nur
[221] auf Niederlaſſung in andern Departements und auf Gegenſtände des
Handels beziehen. In religiöſer Hinſicht ſtehen ſie unter einem in
Bonn reſidirenden ſogenannten Conſiſtorium. In Hinſicht ihrer Schulen
ſind ſie nach der franzöſiſchen Geſetzgebung den Chriſten gleich gehalten,
indem dieſe keine Confeſſionsſchulen kennt, ſondern nur gemein-
ſchaftliche Elementarſchulen
, ohne Rückſicht auf Confeſſion
und ohne Einfluß der Geiſtlichkeit auf dieſelben. Factiſch hat ſich
jedoch — wenigſtens in den Rhein-Departements — die Sache ganz
anders geſtellt, indem fortwährend Confeſſionsſchulen beſtanden haben.


Die Beſchränkungen der Juden nach Preußiſchen Staatsprincipien
beſtehen bloß darin, daß ſie kein Amt bekleiden können, und ohne ſpe-
cielle Erlaubniß nicht in andre Provinzen und Diſtricte, wo eine ab-
weichende Geſetzgebung gilt, überziehen dürfen. Es dürfte daher die
Frage, ob ſie gleiche Berechtigung mit den Chriſten an den Gemeine-
kaſſen haben, im Allgemeinen zu bejahen ſein. In Beziehung auf
die Beiſteuer zu den Schullaſten ſind indeſſen drei Fälle zu unter-
ſcheiden:


1. Es ſteht den Juden frei, ihre ſchulpflichtigen Kinder in die
chriſtlichen Schulen zu ſchicken, und ſie thun es auch. In dieſem
Falle zahlen ſie Schulgeld in gleichem Maaße, wie die chriſtlichen
Eltern, und ihre armen Kinder werden behandelt, wie die Kinder
armer Chriſten.


2. Es ſteht ihnen frei, ihre Kinder in chriſtliche Schulen zu
ſchicken; ſie thun es aber nicht, ſondern ziehen es vor, einen eigenen
Lehrer zu halten. In dieſem Falle können ſie unſeres Bedünkens
keinen Anſpruch an die Gemeindekaſſe weder zur Unterhaltung des
Lehrers, noch zur Zahlung des Schulgeldes für arme Kinder machen.
Sie ſind alsdann in gleichem Falle mit chriſtlichen Eltern, welche
ihren Kindern Hausunterricht ertheilen laſſen, ohne von der Commune
dazu eine Unterſtützung zu erhalten.


3. Sie ſind bereit, ihre Kinder den chriſtlichen Schulen des
Orts zu übergeben, dieſe können ſie aber aus Mangel an Raum,
oder wegen zu großer Anzahl chriſtlicher Kinder nicht aufnehmen.
In dieſem Falle iſt unſers Erachtens die betreffende Gemeine ver-
pflichtet, ihnen zur Unterhaltung einer eigenen Schule, da ſie dieſelbe
zu errichten gezwungen ſind, nach Verhältniß der Bevölkerung gleiche
[222] Rechte mit den chriſtlichen Confeſſionen und folglich gleiche Anſprüche
auf verhältnißmäßige Unterſtützung aus Communalmitteln angedeihen
zu laſſen.


Das Letztere findet in Gemünden Statt, da weder die evangeliſche
noch die katholiſche Schule Raum für die ziemlich zahlreichen Juden-
kinder hat. Es befinden ſich in Gemünden 22 jüdiſche Familienväter.


Schließlich erlauben wir uns noch die gehorſamſte Bemerkung,
daß Gemünden in unſerm Verwaltungsbezirke wohl bis jetzt die einzige
jüdiſche Gemeinde ſein dürfte, bei welcher das unter Nr. 3. angegebene
Verhältniß Statt findet.


25. Reſcr. v. 12. Juni 1840. (M.-Bl. S. 221.), daß die
Befreiung jüdiſcher Schullehrer von öffentlichen und Communallaſten
und Abgaben nicht ſtatthaft iſt.


26. Reſcr. v. 11. Febr. 1841. (M.-Bl. S. 57.), betr. die
Aufbringung der Communalbedürfniſſe.


Da zeither die Communalbedürfniſſe der dortigen Stadt nach
dem Fuße der Klaſſenſteuer aufgebracht worden ſind, von welcher keine
Exemtion Statt findet, ſo unterliegt es keinem Bedenken, daß ſämmt-
liche Beamte dazu beitragen müſſen. Das Geſetz vom 11. Juli 1822.,
welches nur von den Beiträgen der Beamten zu den ſtädtiſchen Ein-
kommenſteuern handelt, würde im vorliegenden Falle nur dann ange-
zogen werden können, wenn die darin §. 3. enthaltene Vorſchrift, daß
die Beamten zu directen Beiträgen aller Art, folglich auch zu Klaſſen-
ſteuer-Zuſchlägen heranzuziehen ſind, jedoch nur die dort beſtimmten
Procente von ihrem geſammten Dienſteinkommen zu bezahlen haben,
überſchritten worden wäre, was aber nicht der Fall iſt, da die den
Beamten angeſonnenen Beiträge nach der Verſicherung der Königl.
Regierung dieſes Maximum noch bei weitem nicht erreichen. Daß
die Contribuenten der letzten Klaſſen geſchont werden, iſt ganz in der
Ordnung, da nach den Geſetzen Jeder nach ſeinen Kräften herange-
zogen werden ſoll, bei den unterſten Klaſſenſteuerpflichtigen aber eine
ſo geringe Steuerkraft vorauszuſetzen iſt, daß ſelbſt von den Miniſterien
deren möglichſte Verſchonung mit Zuſchlägen meiſtens bei Bewilligung
derſelben ausdrücklich als Bedingung aufgeſtellt wird. Die Verſcho-
nung der dortigen Juden mit der Deficitſteuer iſt ebenfalls in der
Ordnung, da das Deficit durch das Bedürfniß der chriſtlichen
[223] Schulen entſtanden iſt, die Juden dagegen ihre Schule auf eigene
Koſten unterhalten müſſen, und daher billig verlangen können, ent-
weder, daß man ſie mit Beiträgen verſchone, oder daß man ihr Schul-
bedürfniß mit auf den Kämmerei-Etat nehme, wodurch dann das
Deficit verhältnißmäßig würde vermehrt, folglich eine mindere Beſteue-
rung der chriſtlichen Einwohner nicht würde erzielt werden.


27. Reſcr. v. 23. Januar 1842. (M.-Bl. S. 289.), betr.
die Klaſſenſteuerpflichtigkeit der jüdiſchen Lehrer.


Die dem Lehrſtande zugeſtandene Befreiung von den Perſonal-
ſteuern beſchränkt ſich auf die Lehrer der chriſtlichen Confeſſionen an
öffentlichen Schulen. Die Circular-Verfügung vom 30. Decbr. v. J.
(M.-Bl. 1842. S. 35. Nr. 52.) handelt, wie aus dem Eingange
derſelben deutlich hervorgeht, nur davon, ob und in welchem Maaße
die ihres perſönlichen Standes wegen von der Klaſſenſteuer befreieten
Geiſtlichen und Schullehrer, zu welchen letzteren die jüdiſchen Lehrer
alſo nicht zu zählen, klaſſenſteuerpflichtig ſind, wenn ſie, außer dem
Einkommen aus ihren geiſtlichen und Schulämtern, noch ſonſtiges
Einkommen beziehen.


28. Reſcr. v. 19. Octbr. 1845. (M.-Bl. S. 361.), betr. die
Grundſteuerverhältniſſe der jüdiſchen Synagogen, Schulhäuſer und
der Dienſtwohnungen der öffentlichen jüdiſchen Lehrer, daß die jüdiſchen
Schulhäuſer und die Dienſtwohnungen der öffentlichen jüdiſchen Lehrer
von der Grundſteuer befreit, die Synagogen dagegen beſteuert ſein
müſſen.


29. Circ.-Reſcr. v. 24. April 1846. (M.-Bl. S. 80.), betr.
die Erwerbung von Grundeigenthum zur Errichtung jüdiſcher Schulen.


In Verfolg der Verfügung vom 18. Novbr. v. J. (M.-Bl. Jahrg.
1845. S. 344.), die Ertheilung der obrigkeitlichen Genehmigung zum
Erwerbe von Grundſtücken an Judengemeinen behufs Anlegung jüdiſcher
Bethäuſer und Synagogen, ſowie Errichtung anderer, zur Ausübung
der ihren Religionsgrundſätzen gemäßen Gebräuche erforderlichen Ge-
bäude betreffend, wird der Königl. Regierung hierdurch eröffnet, daß
des Königs Majeſtät uns mittelſt Allerhöchſter Cabinets-Ordre vom
13. März d. J. die ſelbſtſtändige gemeinſchaftliche Beſchlußnahme und
Entſcheidung auch für diejenigen Fälle zu übertragen geruht haben,
wo es ſich um den Erwerb von Grundeigenthum zur Errichtung von
jüdiſchen Schulen handelt.


[224]

Nach der Allerhöchſten Beſtimmung Sr. Majeſtät des Königs
ſoll jedoch den jüdiſchen Gemeinen die Genehmigung zum Erwerbe
von Grundſtücken zum Zweck der Anlegung eigener jüdiſcher Schulen
nur in den Fällen des nachgewieſenen wirklichen Bedürfniſſes ertheilt
werden. Die Königl. Regierung hat daher derartige Geſuche in jedem
einzelnen Falle zu prüfen und die Ertheilung der Genehmigung nur
alsdann zu beantragen, wenn miethweiſe ein geeignetes Schullocal
nicht beſchafft werden kann.


30. Conf. zu Abthl. I. ad §§. 28. 29. 43. 59.


[[225]]

Fünfte Abtheilung.


1. Die Leitung und Beaufſichtigung des
öffentlichen Unterrichts.
2. Die Aufſicht der Jugend außerhalb der
Schule.


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I. Die Leitung und Beaufſichtigung des öffentlichen
Unterrichts.


1. conf. zu §. 3. 9. und 12. ꝛc. ꝛc. Abthl. 1.


2. Cab.-O. v. 27. Octbr. 1810. (G. S. S. 3.), betr. die
Verfaſſung der oberſten Staatsbehörden.


Extractweiſe.


Die Abtheilung für den Cultus und den öffentlichen Unterricht
hat zum Wirkungskreiſe alles, was als Religionsübung, Erziehung
und Bildung für Wiſſenſchaft und Kunſt ein Gegenſtand der Fürſorge
des Staats iſt. Namentlich gehören dahin: 1) Alle Rechte der oberſten
Aufſicht und Fürſorge des Staats in Beziehung auf Religionsübung
(jus circa sacra), wie dieſe Rechte das Allgemeine Landrecht beſtimmt,
ohne Unterſchied der Glaubensverwandten. 2) Nach Maaßgabe der
den verſchiedenen Religionsparteien zugeſtandenen Verfaſſung auch die
Conſiſtorialrechte (jus sacrorum), namentlich in Abſicht der Proteſtanten
nach Anleitung des Allgemeinen Landrechts. 3) Der Vortrag im
Staatsrath wegen Tolerirung einzelner Secten und die Ausübung der
dieſerhalb beſtimmten Grundſätze. 4) Die Aufſicht auf die Juden in
Abſicht ihres Gottesdienſtes. 5) Der Religionsunterricht bei der Er-
ziehung. 6) Alle höhern wiſſenſchaftlichen und Kunſtvereine, welche vom
Staat unterſtützt werden, die Academie der Wiſſenſchaften und Künſte,
imgleichen die Bauacademie zu Berlin, inſoweit der Staat ſich eine
Einwirkung auf ſolche vorbehalten hat, oder ſie durch neue Conſtitu-
tionen feſtſetzt, in jedem Fall aber ihre Fonds und deren Verwendung.
7) Alle Lehranſtalten, Univerſitäten, Gymnaſien, gelehrte, Elementar-,
Bürger-, Induſtrie- und Kunſtſchulen, ohne Unterſchied der Religion.
15*
[228] 8) Alle Anſtalten, welche Einfluß auf die allgemeine Bildung haben.
Hat die Abtheilung in dieſer Hinſicht Bemerkungen, in Abſicht auf
die Theater, zu machen; ſo theilt ſie ſolche dem Staatskanzler, oder
dem Chef der Abtheilung für die allgemeine Polizei, nach Beſchaffen-
heit der Sache mit. Unſere Genehmigung muß der Chef der Abthei-
lung des Cultus und öffentlichen Unterrichts namentlich einholen: 1)
über jede Annahme und jede Veränderung von Stiftungen für reli-
giöſe und Schulzwecke, auch jede ſtiftungswidrige Verwendung. 2) Zur
Beſetzung der Inſpectoren proteſtantiſcher Kirchen, der erſten Geiſtlichen
in den Reſidenzen, der Academieen, ſoweit wir die Beſetzung oder Be-
ſtätigung Uns vorbehalten haben, der ordentlichen Profeſſorate auf den
Univerſitäten und der Schuldirectorate bei den Gymnaſien. Die Be-
ſetzung der katholiſchen, biſchöflichen und weihbiſchöflichen Stellen
reſſortirt vom Staatskanzler. 3) Zur Anſtellung der Mitglieder bei
der wiſſenſchaftlichen Deputation für den Unterricht. 4) Zu jeder Be-
ſtimmung wegen der Toleranz. Unter dem Departement des Cultus
und öffentlichen Unterrichts ſtehen unmittelbar: 1) Von den Regierungen,
namentlich die Geiſtlichen und Schuldeputationen; 2) die wiſſenſchaft-
liche Deputation für den öffentlichen Unterricht in Berlin, welche das
aufgehobene Ober-Schulcollegium vertritt, und zugleich Prüfungsbe-
hörde für höhere Schulbediente iſt, ebenſo die ähnlichen Deputationen
in Königsberg und Breslau; 3) die Academie der Wiſſenſchaften und
bildenden Künſte, und die Bauacademie; 4) die Univerſitäten; 5) die
Gymnaſien in Berlin. Der Abtheilung für den Cultus und den öffent-
lichen Unterricht, wird übrigens beſonders für das Specielle ein Di-
rector geſetzt u. ſ. w.


3. Verfügung v. 28. Octbr. 1812 (Neigeb. S. 194.), betr.
die Anordnung von Schulvorſtänden für Landſchulen.


Zur Einführung und Handhabung einer beſtimmten Aufſicht und
guten Ordnung auch im Landſchulweſen iſt es nothwendig, für dieſes
ähnliche Schulvorſtände wie die in den Städten anzuordnen, und
das Departement ſchreitet deshalb jetzt um ſo mehr zu einer allge-
meinen Verfügung, als die Güte dieſer Maaßregel ſich in der Kurmark
bereits durch die Erfahrung bewährt hat. Der Vorſtand jeder Schule
ſoll, wenn ſie nicht Königl. Patronats iſt, aus dem Patron derſelben,
immer aber aus dem Prediger und, nach Verhältniß des Umfanges der
Societät, aus zwei bis vier Familienvätern derſelben, unter denen,
[229] wo es angeht, der Schulze des Orts ſein muß, beſtehen. Iſt die
Schule Königl. Patronats, ſo bedarf es in dem Vorſtande keines Ver-
treters deſſelben. Der Prediger ſoll vornehmlich für das Innere des
Schulweſens Sorge tragen, die übrigen Vorſteher für das Aeußere.
Die nähern Verhältniſſe und Geſchäfte der Schulvorſtände ſind in
anliegender Inſtruction beſtimmt. Sind, nach beſonderen Umſtänden
der Provinz, noch eigene Modificationen darin nöthig, ſo überläßt das
Departement es der geiſtlichen und Schul-Deputation Einer Königl.
Regierung, dieſelben vorzuſchlagen, und trägt ihr auf, das Verordnete
auszuführen, Falls nicht etwa die jetzigen Zeitverhältniſſe einen Auf-
ſchub anrathen ſollten, deſſentwegen ſie aber zu berichten hat. Auch
will das Departement der geiſtlichen und Schul-Deputation im Allge-
meinen anheimgeben, wenn etwa Superintendenten zu viel Arbeit
haben, um neben den Geſchäften der kirchlichen Inſpection auch die
Schul-Inſpection mit gehöriger Thätigkeit, Sorgfalt und Energie
wahrzunehmen, oder ſich Geiſtliche von vorzüglicher Kenntniß des Schul-
weſens und lebhaftem Intereſſe für daſſelbe vorfinden, die in einem
größern Wirkungskreiſe ihm Nutzen ſchaffen und allgemeinern Eifer
dafür anregen, auch zur Belehrung und Verbeſſerung der Schullehrer
ſelbſt wirken könnten, ſolche Männer mit vorſichtiger Rückſicht darauf,
daß die Superintendenten dies nicht in einem für ſie nachtheiligen
Lichte erblicken, und keine Colliſion mit ihnen dadurch entſtehe, dem
Departement zu Schul-Inſpectoren vorzuſchlagen. Es iſt aber nicht
die Meinung des Departements, daß dies ſogleich und überall ausge-
führt werden ſolle, ſondern es will nur die geiſtliche und Schul-Depu-
tation auf dieſe Maaßregel als eine in gewiſſen Fällen zuträgliche und
von dem Departement nach gehörigem Vortrage der Gründe zu ge-
nehmigende aufmerkſam machen, und bemerkt nur noch, daß die Schul-
Inſpectoren ſolche Männer ſein müſſen, die in der Verbreitung des
Beſſern Befriedigung und Lohn finden, indem beſondere Gehalte für
ihre Bemühungen nicht ausgeſetzt werden können.


Inſtruction für die Schulvorſteher. — Dem Schulvorſtande,
deſſen Mitglied bei Patronatsſchulen jedesmal die Gutsherrſchaft oder
ein Repräſentant des Magiſtrats als Patron ſein ſoll, liegt es ob,
für die gehörige Handhabung der äußern Ordnung und für die genaue
Befolgung der Schul-Verordnungen zu ſorgen. Er empfängt ſeine
Aufträge von dem Superintendenten oder Schul-Inſpector, an welchen
[230] er auch über das ſeiner Aufſicht anvertraute Schulweſen zu berichten
hat. Von dieſem erhält er nicht nur die Lections-Verzeichniſſe und
Anweiſung der Schulbücher, ſondern bekommt durch ihn auch alle die
Schule und ihre Verhältniſſe betreffenden Verordnungen und Ver-
fügungen der höhern Behörden. Er ſelbſt iſt die nächſte Behörde der
Schullehrer und der Schulgemeine. Letztere ſoll ihre etwanigen Er-
innerungen, Klagen, Wünſche und Beſchwerdeführungen nicht beim
Schullehrer, ſondern muß ſie bei dem Schulvorſtande vorbringen,
welcher dann ihre Anforderungen näher unterſucht und erforderlichen
Falls dem Schul-Inſpector zur Beurtheilung und Entſcheidung vor-
trägt. Die Schulvorſteher verſammeln ſich monatlich einmal, und
zwar am erſten Mittwoch eines jeden Monats Nachmittags, entweder
in dem Schulzimmer oder in dem Hauſe des Präſes. Fällt auf den
Mittwoch ein Feſttag, ſo verſammeln ſie ſich an dem zunächſt folgenden
Mittwoch. Der Gutsherr oder das Magiſtratsmitglied haben bei dieſen
Verſammlungen, wenn ſie perſönlich zugegen ſind, den Vorſitz. Die
Schullehrer, wenn ſie dieſer Auszeichnung würdig ſind und die Um-
ſtände es zuträglich machen, zu Zeiten mit bei dieſen Verſammlungen
zuzuziehen, bleibt den Schulvorſtänden überlaſſen. Die Schulvorſteher
ſorgen gemeinſchaftlich für die gehörige Unterhaltung des Schulge-
bäudes, des Schulzimmers und der Schullehrer-Wohnung. Sind
Reparaturen oder neue Bauten erforderlich, ſo müſſen ſie dieſelben ein-
leiten. Was die Schulzimmer betrifft, ſo müſſen ſie insbeſondere dar-
auf achten, ob auch die vorgeſchriebene Ordnung, Pünktlichkeit und
Reinlichkeit in denſelben herrſche; ob auch alles darin gehörig an
ſeinem Orte ſtehe, hange und liege; ob Boden, Wände, Fenſter,
Tiſche, Bänke ꝛc. ſauber gehalten werden; ob die Schüler nach ihren
Abtheilungen ihren rechten Platz einnehmen; ob auch von den Schülern
das Schulgeräth, der Lehr-Apparat und die Schulzimmer beſchädigt
werden. Auch müſſen ſie darauf aufmerkſam ſein, ob Lehrer und
Schüler ſelbſt reinlich und ordentlich in der Schule erſcheinen, ob
irgend eins von den Kindern in der Schule eine anſteckende Krankheit
oder ekelhafte körperliche Schäden an ſich habe; bemerken ſie ein ſolches,
ſo müſſen ſie es ſofort entfernen und den Eltern deſſelben darüber die
nöthige Weiſung geben. Auch für die Anſchaffung, Unterhaltung und
Vervollſtändigung des Lehr-Apparats (Bücher, Schiefertafeln, Wand-
tafeln) haben ſie zu ſorgen. Der Schulvorſtand muß bei ſeinen Schul-
[231] Viſitationen darauf achten, ob der Lections- und Lehrplan vorſchrifts-
mäßig befolgt werde; im Fall der Vernachläſſigung den Schullehrer
privatim daran erinnern, um, wenn mehrmalige Erinnerungen fruchtlos
bleiben ſollten, dem Schul-Inſpector darüber Anzeige zu thun. Dieſe
Sorge liegt jedoch vornehmlich dem Prediger ob, welcher deshalb auch
wöchentlich wenigſtens Einmal unvermuthet die Schule beſuchen, und
darin dem Unterrichte beiwohnen muß. Von Zeit zu Zeit muß auch
der ganze Schulvorſtand die Schule beſuchen, und davon in dem anzu-
legenden Schulprotocoll-Buche Meldung thun. Der Schulvorſtand
muß über die ganze Amtsführung und Aufführung des Schullehrers
Aufſicht führen und darauf ſehen, daß ſein Lebenswandel weder der
Gemeine, noch den Schülern, noch dem Prediger anſtößig werde.
Ebenſo hat er auch darauf zu halten, daß die ſämmtlichen Gemeine-
glieder ihre Pflichten gegen den Schullehrer gebührlichſt erfüllen. Dem
Schulvorſtande ſoll der Schullehrer monatlich die Schulbeſuchs-Liſten
einhändigen, damit derſelbe den Schulbeſuch der Kinder, die Benutzung
oder Vernachläſſigung der Schule von Seiten der Eltern daraus er-
ſehen, und deshalb die erforderliche Nachfrage und Anzeige thun könne.
Die ſämmtlichen Liſten werden am Schluſſe eines jeden Jahres an
den Schul-Inſpector eingeſandt. Denſelben wird ein Bericht beige-
fügt, worin der Schulvorſtand ſeine etwanigen Bemerkungen, Wünſche,
Klagen und Vorſchläge vorträgt, von den in der Schule vorgegangenen
Veränderungen Meldung thut, und zugleich diejenigen Eltern namhaft
macht, welche, aller Erinnerungen ungeachtet, ihre Kinder gar nicht
oder zu ſaumſelig zur Schule ſchicken, und deshalb vor die Obrigkeit
gezogen zu werden verdienen. Die Schullehrer dürfen keinen ganzen
Tag die Schule ausſetzen, auch bei der gegründeteſten Urſache, ohne
dem Prediger, oder in Abweſenheit oder zu großer Entfernung deſſelben,
einem der Schulvorſteher davon Anzeige zu thun. Der Schulvorſtand
ordnet das jährliche öffentliche Schul-Examen an, läßt die Eltern
und Schulfreunde, wo es das Schullocal erlaubt, durch den Prediger
von der Kanzel Sonntags zuvor dazu einladen, iſt ſelbſt bei dem
Examen gegenwärtig, führt dabei die Aufſicht, ſorgt für die äußere
Ordnung und protocollirt darüber im Schulprotocollbuche bei der
nächſten Verſammlung.


Der Schulvorſtand muß ſich ſorgfältig nach jeder Gelegenheit
umſehen, die ſich darbietet, um das Schulvermögen und die Einkünfte
[232] der Lehrer zu verbeſſern. Insbeſondere muß er bei etwanigen Ge-
meinheits-Theilungen darauf halten, daß auch der Schule nach der
deshalb gegebenen Vorſchrift eine gute Parcelle zugetheilt werde.


Wenn eine Schulſtelle vacant geworden, ſo muß der Schulvorſtand
es dem Schul-Inſpector anzeigen, damit dieſer die Wiederbeſetzung
einleite. Der Vocation, welche der neuerwählte Schullehrer erhält,
müſſen die Schulvorſteher eine genaue, von ihnen ſelbſt unterſiegelte
Specification der mit der Stelle verbundenen Einkünfte beifügen.
Die Einführung eines neuen Schullehrers ſoll entweder durch den
Schul-Inſpector, oder auch nach deſſen Auftrag durch den Ortsprediger,
in Gegenwart der Schulvorſteher, der Gemeine und der Gemeine-
Jugend geſchehen. Der Prediger hat bei den monatlichen Verſamm-
lungen in Abweſenheit des Patrons den Vorſitz; führt immer dabei
das Protocoll, beſorgt die etwanige Correſpondenz, berichtet im Namen
des Schulvorſtandes an den Schul-Inſpector. Vorzüglich aber ſoll
er auf das Innere des Schulweſens, auf die Unterweiſung, Lehrme-
thode, weitere Ausbildung des Lehrers, kurz, auf alles, was auf die
die innere Verbeſſerung der Schule Einfluß hat, ſeine Aufmerkſamkeit
und ſeine Bemühungen richten.


Der Rendant hat insbeſondere noch für die etatsmäßige Verwal-
tung des Schulvermögens zu ſorgen. Zu dieſem Behuf muß dem-
ſelben ein ordentliches Lagerbuch nebſt einem Etat übergeben werden.
Auch muß er das ſtehende Gehalt des Schullehrers und die Schul-
gelder erheben, und an feſtzuſetzenden Terminen das zu beſtimmende
Quantum an den Schullehrer gegen Quittung auszahlen. Er legt
ſeine Rechnung vor den übrigen Schulvorſtehern und dem Präſes ab,
und der ganze Vorſtand iſt mit ihm für die Verwaltung verantwortlich.
Die abgenommene Rechnung wird an den Schul-Inſpector zur Ne-
viſion geſchickt.


Die Amtsführung der Schulvorſteher ſoll 6 Jahre dauern, mit
Ausnahme des Patrons und des Ortsprediger. Letzterer behält ſeine
Geſchäfte beim Schulvorſtande ſo lange, als er Prediger der Gemeine
bleibt und kein Grund vorhanden iſt, daſſelbe einem andern zu über-
tragen.


Es ſollen aber nicht die ſämmtlichen Schulvorſteher zugleich ab-
gehen, ſondern jedesmal nur zwei, an deren Stelle die bleibenden
[233] Vorſteher mit dem Präſes zwei andere beim Schul-Inſpectorio in
Vorſchlag hringen.


Da nur ſolche Männer als Schulvorſteher angeordnet werden
ſollen, welche für den Flor der Schule intereſſirt ſind, vernünftige
Einſichten haben, in einem guten Rufe und bei der Gemeine nicht
in Mißcredit ſtehen: ſo iſt mit Grund zu erwarten, daß ſie das ihnen
anvertraute ehrenvolle und wichtige Amt mit gewiſſenhafter Treue
verwalten, und mit Freudigkeit allen Eifer und alle Mühe aufbieten
werden, um das ihrer Aufſicht übergebene Schulweſen zum Segen
der Gemeine zu einem immer höhern Grade der Vollkommenheit zu
erheben.


Schulbeſuchs-Liſte.


1. In den beiden erſten Rubriken trägt der Prediger die Namen
der ſchulpflichtigen Kinder ein.


2. In der dritten bemerkt er zugleich den Zeitpunct, da das
Kind aufhört, ſchulpflichtig zu ſein.


(Bei dieſer Einrichtung ſind die ſchulpflichtigen Kinder der Ge-
meine leicht zu überſehen, und das Verzeichniß derſelben
iſt ohne große Mühe aus den Kirchenbüchern anzufertigen.)


3. Unter der vierten Rubrik merkt der Schullehrer an, wie oft
ein jedes Kind die Schule verſäumt habe. Die unter den Namen
der Monate ſtehenden Ziffern 1. 2. 3. 4. bezeichnen die 4 Wochen
des Monats. Das Zeichen des Punctes (.) bedeutet, daß das Kind
einen halben Tag, und das Zeichen eines Striches (—), daß es einen
ganzen Tag aus der Schule geblieben.


(Die Namen der Monate müſſen von dem Anfange des Schul-
jahrs an aufgeführt werden.)


4. In der fünften Rubrik werden die Tage, an welchen das
Kind aus der Schule geblieben, zuſammengerechnet.


5. In der ſechsten Rubrik kann der Schullehrer unter der Auf-
ſicht des Predigers anmerken: ob das Kind fleißig ſei, ſich gut auf-
führe oder nicht. — Wenn auch der Rendant ſich dieſer Liſte bedienen
will, ſo kann er darin anmerken, von wem er das Schulgeld erhoben
habe oder nicht. — Für den Schullehrer erhielte alſo dieſe Rubrik
die Ueberſchrift: „Anmerkungen“, und für den Rendanten die Ue-
berſchrift: „Schulgeld“.


[234]

Nr. 1. würde alſo in der vierten Rubrik heißen: Johann Heinrich Walther iſt aus der Schule geblieben im
Januar 6 ganze und 2 halbe Tage; im Februar 3 ganze und 5 halbe Tage; im März einen halben
Tag; im April 1 ganzen und 4 halbe Tage; im Ganzen alſo in dieſen Monaten 16 Tage.


Nr. 2. iſt kein einziges Mal aus der Schule geblieben.


Nr. 3. in der erſten Woche des Januars 1 halben Tag, in der zweiten Woche des Aprils 1 ganzen, in der
dritten Woche 1 halben und in der vierten Woche 1 halben, im Ganzen alſo 2 und 1 halben Tag.


[235]

4. Cab.-O. v. 30. April 1815. (G.-S. S. 85.) wegen ver-
beſſerter Einrichtung der Provinzialbehörden.


Extractweiſe.


§. 15. Für die Kirchen- und Schulſachen beſteht im Hauptort
jeder Provinz ein Conſiſtorium, deſſen Präſident der Oberpräſident iſt.
Dieſes übt in Rückſicht auf die Proteſtanten die Conſiſtorialrechte
aus; in Rückſicht auf die Römiſch-Katholiſchen hat es die landes-
herrlichen Rechte circa sacra zu verwalten. In Rückſicht auf alle
übrigen Religionsparteien übt es diejenige Aufſicht aus, die der Staats-
zweck erfordert und die Gewiſſensfreiheit geſtattet.


§. 16. Alle Unterrichts- und Bildungsanſtalten ſtehen gleichfalls
unter dieſen Conſiſtorien, mit Ausnahme der Univerſitäten, welche
unmittelbar dem Miniſterium des Innern untergeordnet bleiben. Jeder
Oberpräſident iſt jedoch als beſtändiger Commiſſarius dieſes Miniſteriums
Curator der Univerſität, die ſich in der ihm anvertrauten Provinz
befindet.


§. 17. In jedem Regierungsbezirk, worin kein Conſiſtorium iſt,
beſteht eine Kirchen- und Schulcommiſſion von Geiſtlichen und Schul-
männern, die unter Leitung und nach Anweiſung des Conſiſtoriums
diejenigen Geſchäfte deſſelben beſorgt, die einer näheren perſönlichen
Einwirkung bedürfen.


§. 18. Die Direction dieſer Commiſſion führt ein Mitglied der
Regierung, welches im Regierungscollegium den Vortrag derjenigen
Conſiſtorial-Angelegenheiten hat, die eine Mitwirkung der Regierungen
erfordern. Dieſe Directoren müſſen wenigſtens jährlich einmal im
Conſiſtorium erſcheinen, worin ſie als Räthe Sitz und Stimme haben,
und einen allgemeinen Vortrag über die beſondern Verhältniſſe der
Conſiſtorial-Angelegenheiten ihres Regierungsbezirks machen.


§. 19. Die Regierungs-Inſtruction enthält die nähern Be-
ſtimmungen über die Einwirkung der Regierung in die Schulſachen
und deren Verhältniß gegen das Conſiſtorium der Ober-Präſidenten,
im §. 15.


5. Inſtruction für die Provinzialconſiſtorien vom 23. Octbr.
1817. (ſ. Anhang Nr. 15.)


6. Inſtruction für die Regierungen vom 23. Octbr. 1817.
(ſ. Anhang Nr. 9.)


7. Circ.-Reſcr. v. 22. April 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 292.),
[236] betr. die von den Superintendenten und Schulinſpectoren über die
Schulen zu führende Aufſicht. (ſ. zu §. 12. Abthl. 1.)


8. Circ.-Reſcr. v. 25. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S.
435.), betr. die Aufſicht über öffentliche Lehranſtalten.


Die actenmäßig vorliegenden Beweiſe, daß die bisherigen Vor-
ſchriften und Maaßregeln nicht genügt haben, die verkehrten und nach-
theiligen Richtungen und Geſinnungen, welche hin und wieder auf
höheren oder niederen Lehranſtalten wuchern, zu unterdrücken, haben
des Königs Majeſtät beſtimmt, unterm 21. d. M. mehrere nachdrück-
lichere Befehle über dieſen Gegenſtand zu ertheilen. Nach denſelben
iſt überhaupt bei Anſtellungen im Lehrfache von dem unabänderlichen
Grundſatze auszugehen, daß öffentliche Lehranſtalten weder durch bloße
wiſſenſchaftliche Bildung der Zöglinge, noch dadurch, daß auf ihnen
nur keine ſchädlichen und verderblichen Geſinnungen und Richtungen
erzeugt und befördert werden, ihren Zweck erreichen, ſondern daß
letzterer neben der wiſſenſchaftlichen Bildung auch darin beſteht, in den
Zöglingen Geſinnungen der Anhänglichkeit, der Treue und des Ge-
horſams am Landesherrn und Staate zu erwecken und zu befeſtigen,
und daß daher Lehrſtellen nur denjenigen, die auch in dieſer letzt-
gedachten Beziehung volles Vertrauen verdienen, übertragen werden
dürfen. Seine Majeſtät haben dem Miniſterium der Geiſtlichen, Unter-
richts- und Medicinal-Angelegenheiten befohlen, die demſelben unter-
geordneten Provinzial-Behörden hiernach und zugleich dahin anzuweiſen,
daß ſie auch die bereits angeſtellten Lehrer in dieſer Rückſicht auf das
ſtrengſte controlliren, und, bei eigener Verantwortlichkeit dieſer Be-
hörden und ihrer einzelnen Mitglieder, ſich ergebende Spuren ent-
gegengeſetzter Richtungen und Aeußerungen ſofort nicht allein gedachtem
Königl. Miniſterium, ſondern auch gleichzeitig der Königl. Regierung,
als Provinzial-Polizeibehörde, anzeigen, und hierunter einer unzeitigen
und ſchädlichen Nachſicht ſich nicht ſchuldig machen. Indem ich die
Königl. Regierung hiervon in Kenntniß ſetze, beauftrage ich Sie, auch
Ihrer Seits dieſem Gegenſtande fortgeſetzt ernſte Aufmerkſamkeit zu
widmen, und die Ihr untergeordneten Polizeibehörden hiernach anzu-
weiſen, auch die von Ihr bemerkten oder Ihr vom Königl. Conſiſtorium
oder von den Polizeibehörden mitgetheilten oder ſonſt zu Ihrer Kenntniß
gekommenen Spuren verkehrter, verderbter und tadelnswürdiger Rich-
tungen und Geſinnungen ohne jede Nachſicht nicht allein ſogleich dem
[237] Polizei-Miniſterium anzuzeigen, ſondern auch näher zu ermitteln, und
demnächſt darüber weiter zu berichten. Es verſteht ſich übrigens von
ſelbſt, daß der Königl. Regierung eben dieſe landespolizeiliche Pflicht
in Anſehung der, in allen anderen Zweigen des öffentlichen Dienſtes
angeſtellten Beamten in gleichem Maaße obliegt. Ganz beſonders
erwarte ich dies in Beziehung auf alle Beamte meines Reſſorts. Die
Königl. Regierung hat inſonderheit dahin zu ſehen und nachdrücklich
zu wirken, daß die jüngeren öffentlichen Beamten, ſie mögen in der
eigentlichen Adminiſtration oder in jedem anderen öffentlichen Dienſt-
verhältniſſe ſtehen, in daſſelbe nicht die verderblichen Beſtrebungen und
Grundſätze der allgemeinen Burſchenſchaft oder burſchenſchaftlich ein-
gerichteten Verbindungen übertragen. Dies iſt um ſo mehr ſchlechthin
nothwendig, und wird der Königl. Regierung um ſo nachdrücklicher
zur Pflicht gemacht, als die in den Königl. und anderen Staaten an-
geſtellten neueren Unterſuchungen actenmäßig dargethan haben, daß es
dieſer Verbindung durch geſetz- und ehrwidrige Mittel bisher gelungen
war, des dagegen erlaſſenen Verbots ungeachtet, ſich zu erhalten und
daß dieſelbe nicht allein auf einer ſtrafbaren Richtung gegen alles
Beſtehende, und auf dem thörichten Irrwahn, daß die Jugend zu
deſſen vermeintlichen Verbeſſerung berufen ſei, beruht, ſondern auch
von hochverrätheriſchen Verbindungen als Mittel zur Erreichung ihrer
ſtaatsgefährlichen Zwecke befördert und geleitet wird. Der Königl.
Regierung und insbeſondere dem Präſidium derſelben wird daher die
ſtrengſte und unnachſichtliche Aufrechthaltung dieſer Vorſchriften und
Beſtimmungen zur Pflicht gemacht.


9. Verordnung v. 28. Juni 1825. (G.-S. S. 169.) wegen
Vergütigung der Diäten und Reiſekoſten für commiſſariſche Geſchäfte
in Dienſtangelegenheiten.


§. 1. IV.

  • a. Ein Superintendent oder Kreisſchul-
    inſpector ............... 2 Rthlr. — Sgr.
  • b. ein Profeſſor bei der Univerſität .. 2 - — -
  • c. ein Director des Gymn. oder Seminars 2 - — -
  • d. ein Geiſtlicher, welcher eine Prediger-
    ſtelle bekleidet ............ 1 - 15 -
  • e. ein Lehrer beim Gymn., Seminar-
    oder einer höhern Schulanſtalt ... 1 - 15 -

[238]
  • f. ein Lehrer der Elementar- oder gem.
    Bürgerſchulen ............ — Rthlr. 20 Sgr.

10. Cab.-O. v. 31. Decbr. 1825. (G.-S. pro 1826. S. 5.),
betr. einige Abänderungen in der bisherigen Organiſation der Ver-
waltungsbehörden. (ſ. Anhang Nr. 16.)


11. Geſchäftsinſtruction für die Regierungen v. 31. Decbr.
1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 821.)


Extractweiſe.


B. Außer den im §. 17. der Inſtruction von 1817. aufgeführten
Fällen, in welchen die Berichterſtattung an die Miniſterien nothwendig,
wird dieſe noch angeordnet:


  • d. 3. über die Gründung neuer und die Erweiterung, Umänderung,
    Einſchränkung oder Aufhebung ſchon beſtehender gemeinnütziger
    Anſtalten, wozu es einer Genehmigung von Seiten des Staates
    bedarf.

— Werden Anſtalten und Stiftungen, deren Etats-Angelegen-
heiten von der Regierung reſſortiren, von der Regierung ſelbſt oder
durch von Staatswegen angeſtellte Beamte dergeſtalt verwaltet, daß
weder die Etats gemeinſchaftlich mit Communal-Repräſentanten,
welchen Namen ſie auch haben mögen, zugelegt, noch von dieſen die
Rechnungen revidirt und monirt werden, ſo ſind ſowohl die Etats
an die Generalcontrolle, als die Rechnungen an die Oberrechenkammer
einzuſenden.


12. Dienſtinſtruction für die Oberpräſidenten v. 31. Decbr.
1825. (G.-S. pro 1826. S. 1.)


Extractweiſe.


§. 1. Der Wirkungskreis der Oberpräſidenten in den ihnen an-
vertrauten Provinzen umfaßt:


  • I. Die eigene Verwaltung aller derjenigen Angelegenheiten, welche
    nicht nur die Geſammtheit der Provinz betreffen, ſondern die ſich
    auch nur über den Bereich einer Regierung hinaus erſtrecken.
  • II. Die Oberaufſicht auf die Verwaltung der Regierungen, der Pro-
    vinzial-Steuerdirectionen, wo dergleichen beſtehen und der General-
    Commiſſionen zur Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Ver-
    hältniſſe.

§. 2. In Beziehung auf die den Oberpräſidenten ad 1. über-
tragenen Angelegenheiten bilden ſie die unmittelbare Inſtanz, und die
[239] betreffenden Provinzialbehörden, namentlich die Regierungen, ſind ihre
Organe. Es gehören hierzu insbeſondere:


  • 2. Alle öffentliche für mehrere Regierungs-Bezirke der Provinz ein-
    gerichtete Inſtitute, mit der Befugniß, deren ſpecielle Verwaltung
    den Regierungen zu delegiren, in deren Bezirk ein ſolches Inſtitut
    belegen iſt.
  • 6. Die Wahrnehmung des juris circa sacra catholicorum.

§. 3. In den Provinzial-Conſiſtorien, Schul- und Medicinal-
Collegien haben die Oberpräſidenten den Vorſitz und die Leitung der
Geſchäfte.


§. 5. Berichte der Regierungen, Provinzial-Steuer-Directionen
und General-Commiſſionen, welche Generalien der Verwaltung, Ab-
änderung der beſtehenden Einrichtungen, oder Anſtellung, Entlaſſung
und Penſionirung der Beamten zum Gegenſtande haben, ingleichen die
an die Miniſterien einzuſendenden Conduitenliſten werden an ihn
couvertirt ꝛc.


§. 7. Gehen Beſchwerden über Verfügungen der benannten Be-
hörden (§. 1. ad II.) bei den Oberpräſidenten ein, ſo iſt er ver-
pflichtet, ſolche anzunehmen, zu prüfen, und, inſofern ſie nach den be-
ſtehenden Geſetzen und Vorſchriften begründet ſind, auf ihre Erledigung
zu wirken.


Aus beſonderen Rückſichten werden den Oberpräſidenten auch
nachfolgende einzelne Verwaltungs-Gegenſtände überwieſen:


  • 4. d. Die vom Staate zu ertheilende Genehmigung für die Grün-
    dung neuer und die Erweiterung und Umänderung, Einſchränkung
    oder Aufhebung ſchon beſtehender gemeinnütziger Anſtalten.
  • e. Die Genehmigung zur Ausſchreibung öffentlicher Collecten in
    den einzelnen Regierungsbezirken oder in der Provinz, jedoch mit
    Ausnahme der Kirchencollecten.

13. Reſcr. v. 21. Novbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 960.),
betr. die Verhältniſſe der Superintendenten zu den ſtädtiſchen Schul-
deputationen. (ſ. Anhang Nr. 3.)


14. Reſcr. v. 30. März 1828. (Neigeb. S. 189.), betr. die
Beaufſichtigung der öffentlichen und Privatſchulen durch die Geiſtlichen.


Das Miniſterium will unter den von dem Königl. Conſiſtorium
und Provinzial-Schulcollegium in dem Berichte vom 10. d. M. erör-
terten Umſtänden nunmehr genehmigen, daß die Geiſtlichen zu der
[240] Beaufſichtigung derjenigen öffentlichen und Privatſchulen verpflichtet
ſein ſollen, in welchen die Jugend ihrer Parochien den erſten Elementar-
Unterricht erhält, und dies ſelbſt in dem Falle, daß die erſte Klaſſe
ſolcher Schulen ihre Schüler bis zur Aufnahme in die höheren Klaſſen
eines Gymnaſiums vorbereitet. Das Königl. Conſiſtorium und Pro-
vinzial-Schulcollegium hat hiernach das weiter Erforderliche zu verfügen.


15. Inſtruction für die Generalſuperintendenten v. 14. Mai
1829. (v. K. Ann. B. 13. S. 279.) [ſ. Anhang Nr. 53.]


16. Kirchen- und Schulviſitationsordnung für die
Superintendenten
v. 16. März 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 79.)


Wenn auch von den Superintendenten mit Recht erwartet werden
kann, daß ſie bei den von ihnen vorzunehmenden Kirchen- und Schul-
viſitationen ſich der gewiſſenhafteſten Sorgfalt und Genauigkeit be-
fleißigen, und dieſes an ſich ſo wichtige Geſchäft durch eine geiſtvolle
Behandlung deſſelben bedeutſamer zu machen wiſſen werden, ſo wird
ihnen doch, nächſt der Hinweiſung auf die allgemeinen geſetzlichen
Beſtimmungen und auf die deshalb erlaſſenen beſonderen Verordnungen,
Behufs eines gleichmäßigen und ſicheren Verfahrens, nachſtehende
Anleitung dazu als Vorſchrift mitgetheilt, und die pünkliche Befolgung
derſelben zur Pflicht gemacht.


§. 1. Jeder Superintendent iſt verpflichtet, die ſämmtlichen
Kirchen ſeiner Diözes in drei Jahren ein Mal zu viſitiren, und ſich
hierbei ſo einzurichten, daß jährlich der dritte Theil derſelben an die
Reihe komme. Zum 1. März des folgenden Jahres iſt nach dem
anliegenden Schema (Anl. b.) durch den betreffenden General-Super-
intendenten der Königl. Regierung eine Ueberſicht der im abgelaufenen
Jahre gehaltenen Viſitationen einzureichen.


§. 2. So viel als möglich und ſo weit es ohne zu große Ver-
ſäumniſſe in den eigenen Predigtamts-Geſchäften der Superintendenten
geſchehen kann, müſſen die Viſitationen an einem Sonntage gehalten,
jederzeit aber die Patrone durch den Prediger dazu eingeladen und
durch dieſen auch die Gemeinden durch Abkündigung von der Kanzel
davon benachrichtigt werden. Vierzehn Tage vorher beſtimmt der
Superintendent dem Prediger den Text, über welchen derſelbe am
Viſitationstage predigen ſoll. Wenn an einer Kirche mehrere Prediger
angeſtellt ſind, ſo muß, wo möglich, jeder in Gegenwart des Super-
intendenten über einen vorgeſchriebenen Text predigen.


[241]

§. 3. Gehören zu einer Pfarrei Schweſter- oder Tochter-Kirchen,
ſo hat der Superintendent die Viſitation auch bei dieſen vorzunehmen,
und ſich zu ihnen hinzubegeben. Geſchieht die Viſitation an einem
Werkeltage, ſo iſt es hinreichend, wenn nur in einer der zur Parochie
gehörigen Kirchen gepredigt wird. Findet ſie aber an einem Sonn-
oder Feſttage Statt, ſo muß der Prediger, ſo viel es die Zeit erlaubt,
an allen den Orten predigen, an welchen er, der Regel nach, ſonſt
hätte predigen müſſen, wenn die Viſitation nicht angeſetzt worden
wäre. Ueberhaupt muß bei den gewöhnlichen Viſitationen der Gottes-
dienſt auch in der gewohnten Weiſe gehalten werden.


§. 4. Es bleibt dem Superintendenten unbenommen, wenn
Nachrichten, die über das Verhalten eines Predigers oder Schullehrers
bei ihm eingegangen ſind, oder ſonſt eingetretene Umſtände im Kirchen-
und Schulweſen es nöthig machen ſollten, auch zu jeder Zeit in
ſeinem Sprengel eine außerordentliche Viſitation vorzunehmen, ohne
ſie vorher bekannt zu machen.


§. 5. Die bei einer gewöhnlichen Kirchen- und Schulviſitation
vorzunehmenden Gegenſtände ſind folgende:


  • a) Es wird nach der Beſtimmung des §. 3. Gottesdienſt gehalten,
    bei welchem der Superintendent nach der Predigt den Ortspfarrer
    über ein ihm aufgegebenes Stück aus dem Catechismus eine
    catechetiſche Unterredung mit der Schuljugend anſtellen läßt,
    ſodann die in den letzten drei Jahren Confirmirten ſelbſt prüft,
    und endlich von dem Altare herab eine kurze Anrede an die
    Gemeine hält, in welcher er die ihm nöthig ſcheinenden Ermah-
    nungen giebt, worauf er die Verſammlung mit dem Segen ent-
    läßt. Der Viſitator hat hinſichtlich des öffentlichen Gottesdienſtes
    darauf zu ſehen, ob derſelbe den allgemeinen Grundſätzen der evan-
    geliſchen Kirche und den deshalb beſonders ertheilten Beſtimmungen
    gemäß gehalten und mit Theilnahme aufgenommen werde. Er
    muß bei der Predigt ihren Gehalt, ihre Erbaulichkeit und den
    äußerlichen Vortrag des Geiſtlichen zu einem Gegenſtande ſeiner
    Aufmerkſamkeit machen, und bei dem liturgiſchen Theile des
    Gottesdienſtes auf die Ordnungsmäßigkeit, auf die würdevolle
    und eindringliche Behandlung deſſelben, auch auf den Kirchen-
    geſang, ſo wie das Orgelſpiel, achten.
  • b) Der Superintendent unterſucht, ob bei ſämmtlichen ſowohl
    16
    [242] Schweſter- und Tochter- als Mutterkirchen, der Beſtimmung des
    §. 624. Tit. IV. Thl. II. des A. L.-R. gemäß, mindeſtens
    zwei Kirchenvorſteher beſtellt ſind, und veranlaßt, daß die etwa
    fehlenden nach §. 552. I. cit. angeſtellt werden.
  • c) Der Superintendent veranſtaltet eine Schulprüfung, und verfährt
    dabei nach den beſtehenden Vorſchriften. Hierbei iſt beſonders
    die Beſchaffenheit der Kenntniſſe und der Methode des Lehrers
    und ob derſelbe ſich in dieſer Beziehung vernachläſſigt oder ver-
    vollkommnet hat, nebſt den Fortſchritten der Kinder zu unter-
    ſuchen. Demnächſt iſt der Schulvorſtand über das Schulweſen
    insbeſondere zu vernehmen, wobei zu erforſchen iſt, ob und wie
    ſich der Pfarrer der Schule und des Schullehrers annehme, ob
    er auch die Schulen in den filialen und in den eingepfarrten
    Dörfern beſuche, welche Schulbücher gebraucht werden, ob eine
    Schulbibliothek oder Schulcaſſe vorhanden ſei, und wie es mit
    dem Religionsunterrichte der Kinder und deren Vorbereitung zur
    Confirmation, namentlich auch bei den Schweſter- und Tochter-
    Gemeinen, gehalten werde. Sollten in dem Geſchäftskreiſe der
    Superintendenten beſondere Schul-Inſpectoren angeſetzt ſein,
    ſo haben die Superintendenten ſich zwar aller Rüge der etwa
    vorgefundenen Mängel, ſo wie aller Abänderungen oder Anord-
    nungen an Ort und Stelle zu enthalten, dagegen aber ihre Be-
    merkungen und Anträge auf Beſſerungen in den Begleitungs-
    berichten unumwunden vorzutragen.
  • d) Der Superintendent fordert die anweſende Verſammlung auf,
    ſich zu erklären, ob Jemand in derſelben Anträge oder Wünſche
    in Beziehung auf die Beförderung der Seelſorge im Intereſſe
    der Kirchengeſellſchaft, oder zum Beſten der Kirche, Pfarrei und
    Schule vorzutragen habe, welche ſodann protocollariſch aufgenommen
    werden. An welchem Orte dieſe Verhandlung vorzunehmen ſei,
    müſſen die Umſtände an die Hand geben, doch darf ſie, wie ſich
    aus ihrem Character von ſelbſt ergiebt, nie in den Gang des
    Gottesdienſtes verlegt werden.
  • e) Die Kirchenbücher werden, mit Rückſicht auf die Vorſchriften des
    A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §. 481 sqq. und 501 sqq., unterſucht,
    namentlich auch das Duplicat derſelben. Auch iſt zu bemerken,
    wo letzteres aufbewahrt wird, in welchem Zuſtande die Bücher
    [243] ſind, bis zu welcher Zeit ſie zurückgehen, ob ſie ordnungsmäßig
    und nach den vorgeſchriebenen Formularen geführt werden, und
    ob die Handſchrift deſſen, der ſie führt, leſerlich und deutlich iſt.
  • f) Desgleichen werden die Pfarr- und Kirchen-Regiſtraturen durch-
    geſehen, wobei zu beobachten iſt, in welcher Ordnung ſich dieſelben
    befinden, und ob insbeſondere die Verfügungen an die Pfarrer-
    und Kirchen-Gemeinen, auch die Regierungs-Amtsblätter vor-
    handen, vollſtändig geſammelt und geheftet ſind.
  • g) Auch die Kirchen- und Schulrechnungen werden durchgegangen,
    um zu erſehen, wann dieſelben zuletzt abgenommen worden, wieviel
    Beſtand oder Vorſchuß verblieben, ob der Beſtand baar vorgezeigt,
    oder wie er ſonſt nachgewieſen iſt. Befinden ſich die Rechnungen
    nicht im Orte, ſo ſind ſie vorher einzufordern, und es dürfen
    ſich die Kirchenvorſteher, Patrone, Magiſtrate auf keine Weiſe
    weigern, die Rechnungen dem Superintendenten, als landes-
    herrlichem Commiſſarius, vorzulegen, und ihm darüber alle er-
    forderliche Auskunft zu geben. Insbeſondere ſind die Documente
    der Kirchencaſſe nachzuſehen, und es iſt dabei wahrzunehmen, ob
    und wie dieſelben nebſt dem baaren Gelde in dem Kirchenkaſten
    ſicher verwahrt werden.
    Rückſichtlich der Rechnungen für Kirchen Königl. Patronats
    genügt die Bemerkung, wann die letzte derſelben zur Reviſion
    an die Königl. Regierung eingeſendet worden ſei. In Betreff
    der Privat-Patronats-Kirchen dürfen dagegen folgende Angaben
    in dem Viſitations-Protocolle niemals fehlen:

    • aa) worin das Vermögen der Kirche beſteht, und wie die Grund-
      ſtücke derſelben benutzt werden;
    • bb) was in der letzten Jahresrechnung an baarem Beſtande verblieben;
    • cc) ob die zum Vermögen der Kirche gehörenden Gelder ſtets unter
      der vorſchriftsmäßigen Genehmigung der betreffenden Behörden
      ausgeliehen worden ſind.
  • h) Die Beſchaffenheit der Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude muß
    unterſucht werden. Der Superintendent iſt verpflichtet, ſich davon,
    ob der Nießbraucher die Gebäude und namentlich die Wohnung
    überall gut und reinlich halten laſſe, letztere auch zu keinem
    andern als dem beſtimmungsmäßigen Zwecke gebrauche, und ſeine
    Unterhaltungsverbindlichkeit nicht verſäume, vollſtändig, jedoch
    16*
    [244] auf eine Weiſe, die denſelben nicht compromittirt, in Kenntniß zu
    ſetzen. Bemerkt der Superintendent Vernachläſſigungen des Nieß-
    brauchers, oder werden ſolche von den Kirchenvorſtehern gerügt,
    ſo ſind ſie ihm auf eine glimpfliche Weiſe, im Wiederholungs-
    falle aber mit verſchärftem Nachdrucke, Behufs der ſchleunigen
    Abſtellung, vorzuhalten.
  • i) Ferner muß der Superintendent darüber Erkundigungen einziehen:
    • aa) ob die äußeren Rechte der Parochie gehörig feſtſtehen, oder ob
      Etwas darin ſtreitig geworden iſt und beſſer begründet werden muß;
    • bb) ob das den Kirchen- und Schulbeamten zugeſicherte Einkommen
      unverkürzt von ihnen bezogen wird und werden kann. Es
      ſind auf den Fall vorgekommener Unordnungen von ihm ſogleich
      an Ort und Stelle die erforderlichen Erörterungen vorzunehmen.
  • k) Außerdem müſſen die Viſitatoren ihr beſonderes Augenwerk dahin
    richten, ob die Begräbnißplätze für die Kirchengeſellſchaften aus-
    reichen, ob das Reihebegraben eingeführt iſt, und ob die Plätze
    gehörig ſicher und anſtändig verwahrt ſind. Auf das Reihebegraben
    und die Verſchönerung werden die Superintendenten nur durch
    freundliche Ermahnung einzuwirken ſuchen.
  • l) Die Aufmerkſamkeit des Viſitators muß vorzüglich auch auf die
    Merkmale des religiöſen Sinnes der Gemeine, auf ihren Fleiß
    in Beſuchung des öffentlichen Gottesdienſtes, auf ihre Theilnahme
    an dem heiligen Abendmahle, auf den Grad der Stille, Ordnung
    und Ehrerbietung bei den gottesdienſtlichen Handlungen und auf
    ähnliche Puncte gerichtet werden.
  • m) In einer beſonderen Conferenz mit dem Geiſtlichen iſt:
    • aa) dasjenige, was bei der Verwaltung des öffentlichen Gottes-
      dienſtes Vorzügliches, Mangelhaftes oder Mißbräuchliches wahr-
      genommen worden, zur Sprache zu bringen, und
    • bb) über die Thätigkeit des Geiſtlichen, ſeine wiſſenſchaftliche Be-
      ſchäftigung, ſein tieferes Eindringen in das Verſtändniß der
      heiligen Schrift, ſeine fortgeſetzte Bekanntſchaft mit der theo-
      logiſchen Literatur, ſeine Behandlung der Kranken, der Ver-
      ächter des Gottesdienſtes, eine nähere Erörterung anzuſtellen,
      und zu unterſuchen, welche Lehrtexte den ſonntäglichen Vor-
      trägen und den Wochenpredigten und Faſtenbetrachtungen zum
      Grunde gelegt werden, wobei der Geiſtliche verpflichtet iſt,
      [245] ſeine Predigt-Concepte oder Entwürfe auf Erfordern dem
      Viſitator vorzulegen.

§. 6. Wegen der über die Kirchen- und Schulviſitationen auf-
zunehmenden Verhandlungen, ſind die von der betreffenden Königl.
Regierung gegebenen Anweiſungen zu befolgen. In der Regel muß
die Aufnahme von vier Protocollen über jeden viſitirten Kirchen-Ort
bewirkt werden, und zwar:


  • a) über die inneren Angelegenheiten der Kirche, die perſönlichen und
    amtlichen Verhältniſſe der Kirchendiener, zunächſt aber den Ver-
    lauf und die Beſchaffenheit des Kirchen-Viſitations-Gottesdienſtes;
  • b) über die Interna und Externa des Schulweſens;
  • c) über die Kirchen-, Pfarr- und Küſterei-Gebäude;
  • d) über das Kirchenvermögen.

Eine Ausnahme davon muß in dem Begleitungsberichte jedesmal
motivirt werden.


§. 7. Dieſe Protocolle müſſen, wenn nicht beſondere Umſtände
ein Anderes anrathen, von den zugezogenen Intereſſenten, beſonders
aber dann, wenn Thatſachen, die ein ferneres Einſchreiten der geiſt-
lichen Behörden nöthig machen, oder gegebene Zuſagen und getroffene
Ausgleichungen und Differenzien u. ſ. w. darin aufgenommen worden,
unterſchrieben werden. Der Viſitator hat von ihnen Abſchrift zu ſeinen
Ephoralacten zu nehmen, und ſie innerhalb eines Zeitraums von
längſtens vier Wochen, mittelſt eines Begleitungsberichts, in welchem
er ſeine beſonderen Wünſche und Anträge zur Sprache bringen kann,
dem betreffenden General-Superintendenten zu überreichen.


§. 8. Dieſem Bericht iſt das leſerlich geſchriebene und mit einer
Beurtheilung des Superintendenten begleitete Concept der von dem
Orts-Geiſtlichen gehaltenen Viſitations-Predigt beizufügen.


b. Schema.


In der Superintendentur N. N. ſind vorhanden Kirchen und viſitirt:

[246]

17. Reſcr. v. 29. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 19 S. 398.),
betr. die Beaufſichtigung der ſtädtiſchen Schulen.


Das Miniſterium eröffnet der Königl. Regierung auf die Anfrage
in dem Berichte vom 4. d. M., daß es keinem Bedenken unterliegt,
in denjenigen Städten, in welchen außer dem Superintendenten nur
der Rector der Schule zweiter Geiſtlicher iſt, dem erſteren die Function
als techniſches Mitglied der Orts-Schulcommiſſion und in dieſer
Eigenſchaft auch die Beaufſichtigung der Ortsſchule zu übertragen.


18. Reſcr. vom 12. Juni 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 405.),
betr. die Anhaltung früher vernachläſſigter Lehrlinge zur Schule und
zum Religionsunterrichte.


Das Königl. Provinzial-Schulcollegium zu Berlin hatte den dor-
tigen Magiſtrat auf die Anfrage:
ob er befugt ſei, gegen Lehrmeiſter mit Zwangsmaaßregeln
vorzuſchreiten, wenn dieſelben unterlaſſen, ihre Lehrlinge, die
im Leſen, Schreiben und in der Religion noch nicht den
nöthigen Unterricht erhalten haben, bis zur Erlangung dieſer
Kenntniſſe zur Schule anzuhalten,

dahin beſchieden, daß eine dergleichen Befugniß ſich aus den beſtehenden
Geſetzen nicht herleiten laſſe. Die Miniſterien der Geiſtlichen und
des Innern haben ſich aber mit dieſer Anſicht keinesweges einver-
ſtanden erklärt.


Der §. 294. Thl. II. Tit. 8. des A. L.-R. ſchreibt ausdrücklich vor:
Wer einen Lehrling annimmt, welcher im Leſen und
„Schreiben und in der Religion den nöthigen Unterricht noch
„nicht erhalten hat, iſt ſchuldig, denſelben bis zur Erlangung
„dieſer Kenntniſſe zur Schule zu halten.“


Werden nun zwar hierdurch die Eltern und Vormünder, welche
ihre noch ſchulbedürftigen Kinder und Pflegebefohlnen zu einem Hand-
werksmeiſter in die Lehre geben, ihrer Verpflichtungen hinſichtlich der
Sorge für den Unterricht der letztern nicht entledigt, ſo erſcheint es
doch andererſeits als unzweifelhaft, daß auf den Grund der vorſtehenden
geſetzlichen Beſtimmung unter den, in derſelben bezeichneten Umſtänden,
auch die Lehrmeiſter nöthigenfalls mit Zwangsmitteln, wohin auch die
Androhung und eventuelle Vollſtreckung von Strafen gehört, ange-
halten werden können, die Lehrlinge zur Schule zu ſchicken, und ge-
nügt es keinesweges, daß dieſen nur die zum Schulbeſuche nöthige
[247] Zeit Seitens der Meiſter gegönnt werde. Die letztere beſchränkte
Deutung ſteht nicht nur mit den deutlichen Worten, ſondern auch mit
der, aus den §§. 292 seq.*) unzweifelhaft hervorgehenden Abſicht des
Geſetzgebers, auf die Lehrherren in mehrfachen Beziehungen die, ſonſt
nur den Eltern und Vormündern zuſtehenden Rechte und Verpflich-
tungen zu übertragen, in Widerſpruch, und aus dem §. 48. des Allge-
meinen Landrechts Thl. 2. Tit. 12. kann nicht wohl ein begrün-
detes Bedenken hergenommen werden, indem darin den Schulauf-
ſehern ganz allgemein zur Pflicht gemacht iſt, darauf zu ſehen, daß
alle ſchulfähigen Kinder nöthigenfalls durch Zwangsmittel zum Beſuche
der Lehrſtunden angehalten werden, und daraus, daß nur die Beſtrafung
nachläſſiger Eltern, als der Hauptfall, ausdrücklich erwähnt worden,
ſich noch nicht folgern läßt, daß nicht auch gegen Vormünder und andere
geſetzlich zur Aufſicht auf die Kinder verpflichtete Perſonen, z. B.
Lehrherren, Zwangsmaaßregeln angewandt werden könnten, um ſie
zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten anzuhalten. Ebenſo kann es aber
auch kein Bedenken haben, dieſe geſetzliche Vorſchrift gleichmäßig auf
nicht zünftige patentirte Gewerksmeiſter anzuwenden. In dem §. 8.
des Gewerbe-Polizeiedicts vom 7. Septr. 1811. iſt zwar, nachdem
zuvörderſt auch denjenigen, welche ein Gewerbe ſelbſtſtändig betreiben,
ohne zu einem Zunftverbande zu gehören, das Recht beigelegt iſt,
Lehrlinge und Gehülfen anzunehmen, feſtgeſetzt, daß in dieſem Falle
die Lehrzeit, oder Dauer des Dienſtes, das etwanige Lehrgeld, Lohn,
Koſt [und] Behandlung, blos durch freien Contract beſtimmt werden
ſolle, indeſſen ſind dadurch die allgemeinen Vorſchriften über die Pflichten
der Lehrherren und Lehrlinge, wie ſie in dem §. 292. Thl. II. Tit. 8.
des A. L.-N. aufgeſtellt werden, nicht aufgehoben, ſondern um ſo mehr
noch als allgemein gültig, und auch auf unzünftige Lehrherren für
anwendbar zu erachten, als ſie aus den Verhältniſſen des Lehrherrn
zum Lehrlinge, als ſolchem, ſo wie aus den allgemeinen geſetzlichen
[248] Beſtimmungen über den Elementarunterricht von ſelbſt folgen, ihnen
mithin von jedem Zunftverhältniſſe unabhängige Rückſichten zum Grunde
liegen, der §. 8. des Edicts ſpecielle Puncte, über welche unzünftige
Lehrherren und Lehrlinge zu contrahiren haben, beſtimmt, und es,
wenn jene landrechtlichen Vorſchriften nicht anwendbar wären, an
allgemeinen Normen über das Verhältniß der Lehrherren und Lehr-
linge ganz fehlen würde. Welche Bedenken hiergegen aus den Be-
ſtimmungen des §. 13. des Gewerbe-Polizeiedicts und des §. 43. des
Allgemeinen Landrechts Thl. II. Tit. 12. hergeleitet werden können,
iſt nicht abzuſehen, da jene Beſtimmung die Möglichkeit des im §.
294. Thl. II. Tit. 8. vorausgeſetzten Falles ſo wenig ausſchließt, wie
ſolches früher der Fall war. Endlich iſt aber auch der Staat ſchon
von Unterrichtspolizeiwegen berechtigt, von dem Lehrherrn die Er-
füllung der ihm in dem mehrgedachten Geſetze auferlegten Verpflichtung
zu fordern, und zwar um ſo mehr, als ſich die Zweckmäßigkeit der-
ſelben wohl nicht in Zweifel ziehen läßt.


19. Circ.-Reſcr. v. 7. Septbr. 1838. (v. K. Ann. B. 22.
S. 631.), betr. die Aufſichtsführung über die in andern Regierungs-
bezirken oder Provinzen gelegenen Filialkirchen und Nebenſchulen.


In Bezug auf die Aufſichtsführung über ſolche Filialkirchen und
Nebenſchulen, die in andern Regierungsbezirken oder Provinzen gelegen
ſind, als in denen, zu welchen die betheiligten Mutter- und Pfarr-
Kirchen gehören, iſt bisher nicht überall nach demſelben Princip ver-
fahren worden, indem in einzelnen Theilen des Staats nach Maaßgabe
eines Miniſterial-Erlaſſes vom 2. Decbr. 1816. der Grundſatz: „filia
sequitur matrem”
in weiteſter Ausdehnung angewendet worden ꝛc.


  • 1) Alle äußeren Angelegenheiten der Kirchen, Pfarreien und Schulen,
    namentlich die Wahrnehmung der Gerechtſame derſelben, die
    Dotation der Pfarr- und Schul-Stellen, die Erhebung der an
    Kirchen, Kirchenbeamte und Schulbeamte zu entrichtenden Ab-
    gaben, das geſammte Etats-, Kaſſen- und Rechnungsweſen, die
    Aufſichtsführung über den Schulbeſuch und die Ahndung der
    Unterlaſſung deſſelben ꝛc., gehören, da es hiebei hauptſächlich auf
    Einwirkung der Landräthe und auf Berückſichtigung der örtlichen
    Verhältniſſe und Rechtszuſtände ankommt, zum Reſſort der Terri-
    torial-Behörden.
  • 2) Daſſelbe gilt von der Aufſicht über die Amtsführung der Schul-
    [249] lehrer. Wenn daher, — was nur ausnahmsweiſe Statt finden
    wird — die Schulbezirke über die Grenze des betheiligten Re-
    gierungsbezirks ausgedehnt ſind, ſo ſteht jene Aufſichtsführung
    lediglich derjenigen Regierung zu, in deren Verwaltungsbezirke
    die Schule gelegen iſt und der Schullehrer ſeinen Wohnſitz hat.
  • 3) Die Geiſtlichen ſolcher Parochien, deren Sprengel ſich über die
    Grenze des Regierungsbezirks erſtrecken, in welchem die Mutter-
    und Pfarrkirchen liegen, ſind dagegen für ihre Perſon lediglich
    beziehungsweiſe demjenigen Conſiſtorium und derjenigen Regierung,
    als Disciplinarbehörden, untergeordnet, zu deren Verwaltungs-
    bezirken jene Mutter- und Pfarrkirchen gehören und in welchen
    jene Geiſtlichen ihren Wohnſitz haben. Demnach ſind dieſen Be-
    hörden zur Kenntnißnahme und weiteren Veranlaſſung auch die-
    jenigen Vorgänge anzuzeigen, welche ſich bei der Amtsführung
    ſolcher Geiſtlichen in denjenigen Filial-Bezirken oder Theilen der
    Parochie ereignen, die außerhalb des Territoriums liegen, welchem
    die Mutter-Kirchen angehören; doch hat die Disciplinar-Behörde
    demnächſt der Territorial-Behörde vom Erfolge ihrer Einſchrei-
    tung Nachricht zu geben.
  • 4) Die nächſten Aufſeher der Geiſtlichen und Schullehrer ſolcher
    Parochial- und Schul-Bezirke, die über Ortſchaften mehrerer
    Regierungsbezirke ſich erſtrecken, ſind die Superintendenten und
    Schulinſpectoren derjenigen Bezirke, in welchen die betheiligten
    Mutter- und Pfarrkirchen liegen. Dieſe Beamten ſind jedoch in
    Bezug auf Parochial- und Schulbezirke ſolcher Art den Provinzial-
    Behörden dergeſtalt untergeordnet, daß ſie ſich wegen der äußeren
    Angelegenheiten der Kirchen, Pfarreien und Schulen und wegen
    der Aufſicht über die Amtsführung der Schullehrer (ſ. Nr. 1.
    u. 2.) lediglich an die Territorial-Behörden, wegen der Aufſicht
    über die Amtsführung der Geiſtlichen (ſ. Nr. 3.) dagegen nur
    an dasjenige Conſiſtorium und beziehungsweiſe an diejenige Re-
    gierung zu wenden, und von denſelben die erforderlichen Verfü-
    gungen zu empfangen haben, in deren Verwaltungsbezirke die
    Mutter- und Pfarrkirchen und die Wohnſitze der Geiſtlichen
    liegen ꝛc. ꝛc.

20. Reſcr. v. 7. Januar 1840. (M.-Bl. S. 50.), betr. die
Aufſichtsbehörden für die höheren Bürgerſchulen.


[250]

Das Miniſterium iſt auf den Bericht der Königl. Regierung vom
20. Novbr. v. J. ganz damit einverſtanden, daß für die Directoren
und Rectoren der höheren Bürgerſchulen, alſo auch für den Rector
der höheren Bürgerſchule zu N., die für die Directoren der Gymnaſien
ertheilte Dienſt-Inſtruction zur Richtſchnur diene, und die Stellung
der Dirigenten der höheren Bürgerſchulen zu den Regierungen bis
auf Weiteres ganz dieſelbe ſei, welche den Directoren der Gymnaſien
zu den Provinzial-Schul-Collegien angewieſen iſt. Gegen die dem
Berichte beigefügte Inſtruction für das Curatorium der Schule hat
das Miniſterium daher im Weſentlichen nichts zu erinnern; nur die
§§. 16. und 19. bedürfen einer Modification; — jener, weil es nur
dem Curatorium in corpore oder einem als deſſen Commiſſario be-
ſtellten Mitgliede, nicht aber den einzelnen Mitgliedern, auch nicht
willkürlich, ſondern nur bei beſondern Veranlaſſungen geſtattet ſein
kann, die Klaſſen zu beſuchen und an den Lehrer-Conferenzen Theil
zu nehmen. Die im §. 19. gegebene Vorſchrift, daß der Superintendent
ſeinen Bericht über die öffentliche Prüfung dem Curatorium zur Mit-
vollziehung vorlegen ſolle, iſt aber nicht ausführbar, und ſtatt deſſen
anzuordnen, daß entweder der fragliche Bericht gemeinſchaftlich von
dem Superintendenten und den Curatoren oder beſſer nur von dem
Superintendenten allein erſtattet werde.


21. Circ.-Reſcr. v. 21. Jan. 1842. (M.-Bl. S. 404.), betr.
die Vollziehung der, Namens des Fiscus abgeſchloſſenen Receſſe und die
Wirkung der von Provinzialſchulcollegien ꝛc. gepflogenen Verhandlungen.


Es ſind Zweifel darüber entſtanden:


  • 1) ob die Receſſe, welche die Königl. Regierungen und Provinzial-
    Schulcollegien auf Grund eigener Verhandlungen mit Hinter-
    ſaſſen des Fiscus abſchließen und hiernächſt ſelbſt beſtätigen, oder
    in dem, im §. 39. der Verordnung vom 30. Juni 1834. er-
    wähnten Falle an die Auseinanderſetzungs-Behörden zur Be-
    ſtätigung gelangen laſſen, auch von ſolchen Commiſſarien der
    Regierungen, welche weder Mitglieder derſelben, noch Oeconomie-
    Commiſſarien oder Juſtizbediente ſind, dergeſtalt mit rechtlicher
    Wirkung vollzogen werden können, daß es einer nochmaligen ge-
    richtlichen oder notariellen Vollziehung nicht bedarf?
  • 2) ob den übrigen Verhandlungen der von den Königl. Regierungen,
    Provinzial-Schulcollegien ꝛc. ernannten, nicht zur Kategorie der
    [251] Mitglieder derſelben, der Oeconomie-Commiſſarien und der Juſtiz-
    bedienten gehörigen Commiſſarien, insbeſondere auch der Domainen-
    Rentmeiſter, die im §. 55. der Verordnung vom 20. Juni 1817.
    näher bezeichnete Wirkung beizulegen, und ob namentlich auf Grund
    ſolcher Verhandlungen Entſcheidungen abgefaßt werden können?

Ich habe mich
ad 1. für die Negative erklärt, da die im §. 43. der Verordnung
vom 30. Juni 1834. angeordnete Modification der Vorſchrift des
§. 166. der Verordnung vom 20. Juni 1817. keine extenſive Inter-
pretation geſtattet;
ad 2. dagegen für die Affirmative ausgeſprochen, da der §. 65.
der Verordnung vom 20. Juni 1817. den Regierungen die Wahl der
Commiſſarien überläßt, nur im Allgemeinen beſtimmt, daß letztere
qualificirt ſein müſſen, über dieſe Qualification ſelbſt aber nichts
Näheres feſtſetzt, und hiernach und nach allgemeinen Principien die
Beurtheilung der Qualification der committirenden Behörde zugeſtanden
werden muß.


Es verſteht ſich jedoch von ſelbſt, daß auf Grund ſolcher Ver-
handlungen Entſcheidungen nur dann abgefaßt werden können, wenn
ſolche materiell vollſtändig ſind, und daß, wenn dieſer Fall nicht ein-
tritt, die Auseinanderſetzungs-Behörden ſo befugt als verpflichtet ſind,
die Ergänzung der etwanigen Mängel durch einen von ihnen zu er-
nennenden Commiſſarius anzuordnen, ohne daß es deswegen einer
vorgängigen Rückſprache mit der betreffenden Regierung ꝛc. bedarf.
Nach dieſen Grundſätzen, mit denen beſage der (sub lit. a.) ab-
ſchriftlich anliegenden Circular-Verfügung vom 29. Octbr. d. J. auch
der Herr Geheime Staatsminiſter v. Ladenberg einverſtanden iſt,
hat die Königl. General-Commiſſion Sich, vorbehaltlich der Ihr als
Spruch-Collegium zuſtehenden Befugniſſe, zu achten.


a.


Es ſind Zweifel darüber entſtanden: ob die Receſſe, welche die
Königl. Regierungen auf Grund eigener Verhandlungen mit Hinter-
ſaſſen des Fiscus abſchließen und hiernächſt ſelbſt beſtätigen, oder in
dem im §. 39. der Verordnung vom 30. Juni 1834. erwähnten Falle
an die Auseinanderſetzungs-Behörden zur Beſtätigung gelangen laſſen,
auch vor ſolchen Commiſſarien der Königl. Regierungen, welche weder
Mitglieder der letztern noch Oeconomie-Commiſſarien oder Juſtizbediente
[252] ſind, dergeſtalt mit rechtlicher Wirkung vollzogen werden können, daß
es einer nochmaligen gerichtlichen oder notariellen Vollziehung nicht
bedarf.


Für die Affirmative iſt angeführt worden, daß, da der §. 65.
der Verordnung vom 20. Juni 1817. den von den Königl. Regierungen
ernannten Commiſſarien alle Rechte und Verpflichtungen beilege, welche
nach jener Verordnung den von den Königl. General-Commiſſionen
(Auseinanderſetzungs-Behörden) ernannten Commiſſarien zuſtehen,
ihnen auch die im §. 43. der Verordnung vom 30. Juni 1834. den
letztern beigelegte Befugniß, rechtgültige Vollziehungsverhandlungen
aufzunehmen, nicht abgeſprochen werden könne; wogegen die entgegen-
geſetzte Anſicht, welche auch das Königl. Miniſterium des Innern theilt,
den §. 43. restrictive interpretiren und blos auf die Oeconomie-
Commiſſarien beziehen will.


Um nun bei dieſer Meinungsverſchiedenheit ganz ſicher zu gehen
und jedem Einwande, welcher künftig einmal gegen die Rechtsgültigkeit
der von der Königl. Regierung oder Ihren Commiſſarien abgeſchloſſenen
Receſſe in Auseinanderſetzungs-Angelegenheiten erhoben werden könnte,
im Voraus zu begegnen, ſcheint es angemeſſen, die Anerkennung und
Vollziehung dieſer Receſſe allemal vor Gericht, und zwar in der Regel
vor denjenigen Untergerichten bewirken zu laſſen, welche zugleich die
competenten Hypotheken-Behörden ſind und daher auch den Legiti-
mationspunct vollſtändig zu prüfen vermögen. Hierdurch können —
was hauptſächlich ins Auge zu faſſen iſt — den Intereſſenten nur
ſehr geringe Koſten erwachſen, da die Gerichtsbehörden nach §. 9.
Nr. 2. des Regulativs vom 25. April 1836. nur die baaren Auslagen
zu liquidiren befugt ſind. Wenn übrigens die Königl. Regierung in
der Circular-Verfügung vom 7. März d. J., welche unterm 27. deſſelben
Monats vom Königl. Miniſterium des Innern auch den Auseinander-
Behörden zur Nachachtung zugefertigt worden, autoriſirt worden iſt,
ſich für die in Folge von Dismembrationen nothwendig werdenden
Verhandlungen zur Koſtenerſparniß vorzugsweiſe der Domainen-Rent-
meiſter zu bedienen, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß hierzu nur ſolche
Rentbeamte gewählt werden dürfen, welche die Königl. Regierung für
hinlänglich qualificirt dazu erachtet.


Daſſelbe gilt von den übrigen, im §. 65. der Verordnung vom
20. Juni 1817. erwähnten Verhandlungen. Fehlt es an einem tüch-
[253] tigen Rentbeamten, oder iſt das Geſchäft mit beſondern Schwierigkeiten
verbunden, ſo muß in der Regel der Domainen-Departementsrath
ſich der Bearbeitung deſſelben unterziehen, und darf dieſe nur aus-
nahmsweiſe, wenn es dem Departementsrathe an Muße fehlt, einem
geſchickten Oeconomie-Commiſſarius oder Juſtizbedienten übertragen
werden.


22. Reſcr. v. 14. Septbr. 1844. (M.-Bl. S. 287.), betr. die
Ausübung des landesherrlichen Oberaufſichtsrechtsrechts über das
ſtädtiſche Schulweſen.


Extractweiſe.


—. Was aber ſodann die Ausübung des landesherrlichen Ober-
aufſichtsrechts über das dortige Schulweſen betrifft, ſo iſt zwar gegen
das Verfahren, welches bisher in Anſehung der nicht unter der Auf-
ſicht und dem Patronat des Magiſtrats ſtehenden Schulen beobachtet
worden, nichts zu erinnern, da dieſe Schulen reſp. eigenes Vermögen
beſitzen oder Zuſchüſſe vom Staate empfangen, unter dieſen Voraus-
ſetzungen aber die Art und Weiſe der Ausübung des Oberaufſichts-
rechts den Anſichten entſpricht, welche ſeitens des Königl. Staats-
miniſteriums in dieſer Beziehung aufgeſtellt und von des Königs
Majeſtät Allerhöchſt ausdrücklich gebilligt worden ſind.


Dagegen iſt die Königl. Regierung in Anſehung der übrigen
Schulen, welche kein eigenes, den einzelnen Schulen ſpeciell gehöriges
Vermögen beſitzen, ſondern von der politiſchen Gemeine und aus der
ſogenannten Schulkaſſe unterhalten werden, zu weit gegangen, wenn
Sie bisher die Etats für dieſe Kaſſe feſtgeſtellt, auch die Rechnungen
darüber Ihrer Superreviſion unterzogen und die Etats jährlich der
Ober-Rechnungskammer vorgelegt hat.


Denn die ſogenannte Schulkaſſe iſt, wie ſchon oben erwähnt, in
der That nichts weiter, als eine Filialkaſſe der Kämmereikaſſe, und die
Commune kann ſonach in Anſehung derſelben keiner ſtrengeren Beauf-
ſichtigung unterzogen werden, als hinſichtlich ihrer ſonſtigen Communal-
Verwaltung; namentlich hat die Unterrichtsbehörde an ſich gar keine
Veranlaſſung, von der ſpeciellen Vermögensverwaltung nähere Kenntniß
zu nehmen, ſondern ihr Intereſſe beſchränkt ſich darauf, die innere
Verfaſſung der Schule, den Lehrplan, das Lehrer-Perſonal ꝛc. zu
beaufſichtigen, und nur, ſo weit die Etats und Rechnungen auch auf
die innere Verfaſſung Einfluß haben und reſp. darüber Aufſchluß geben,
[254] kann deren Einſendung von der Unterrichtsbehörde gefordert werden
und für dieſelbe von Nutzen ſein. Zu dem angegebenen Zwecke iſt
es aber vollkommen genügend, wenn der dortige Magiſtrat die erſten
Einrichtungspläne der unter ſeinem Patronat ſtehenden, aus der Schul-
caſſe unterhaltenen Schulen vorlegt und jährliche Rechnungsextracte
einreicht.


23. Verordnung v. 27. Juni 1845. (G.-S. S. 440.), betr.
die Reſſortverhältniſſe der Provinzialbehörden für das evangel. Kirchen-
weſen. (ſ. Anhang Nr. 17.)


24. Circ.-Reſcr. v. 23. Decbr. 1845. (M.-Bl. pro 1846.
S. 7. ꝛc.), betr. die Ausübung der landesherrlichen Oberaufſicht über
das Etats- und Rechnungsweſen der ſtädtiſchen Kirchen, Schulen und
Stiftungen.


Die Regierungs-Inſtruction vom 23. October 1817. überträgt in
§. 18. lit. g. den Regierungen:
die geſammte Verwaltung des Kirchen-, Schul- und Stiftungs-
vermögens, im Falle ſelbige nicht verfaſſungsmäßig andern Be-
hörden oder Gemeinen, Corporationen und Privaten gebührt,
und, im letzteren Fall, die landesherrliche Oberaufſicht über die
Vermögensverwaltung. Ihnen ſteht hiernach auch die Entwerfung,
Prüfung und Beſtätigung der hierher gehörigen Etats, ſo wie die
Abnahme und Decharge der Kirchen-, Schul- und Inſtituts-
rechnungen zu.

Ferner verordnet der §. 19:
„Der Abtheilung ſteht die Prüfung und Beſtätigung von dem
geſammten Etats-, Caſſen- und Rechnungsweſen ſämmtlicher
Communalfonds und Privatſtiftungen, ferner von allen polizei-
lichen, gemeinnützigen oder andern wohlthätigen und frommen
Anſtalten und Inſtitutionen, welche auf Communalbeiträgen oder
Fonds, oder auf Privatſtiftungen beruhen, zu, in ſo weit bei
dieſen Gegenſtänden die Einwirkung der Landesbehörde überhaupt
geſetzlich und verfaſſungsmäßig zuläſſig iſt, und die Anſtalten und
Stiftungen von der erſten Abtheilung reſſortiren.“


Die Auslegung dieſer geſetzlichen Vorſchriften iſt insbeſondere in
Bezug auf das Etats- und Rechnungsweſen der ſtädtiſchen Kirchen,
Schulen und Stiftungen zweifelhaft geworden, und es iſt in dieſer
Beziehung in einer, in Kamptz Ann. B. 19. S. 158. abgedruckten
[255] Verfügung vom 31. Januar 1835. ausgeſprochen worden, daß der
§. 18. lit. g. der Regierungs-Inſtruction die Regierungen berechtige,
die Etats der ſtädtiſchen Kirchen, Schulen und Stiftungen zu ihrer
ordentlichen Beſtätigung, und die Rechnungen derſelben zu
ihrer ordentlichen Superreviſion und Decharge einzufordern.


Neuerdings iſt jedoch auf Veranlaſſung eines Specialfalles dieſe
Frage Gegenſtand einer erneuerten und umfaſſenden Prüfung im
Königl. Staatsminiſterium geworden, auf deſſen Bericht des Königs
Majeſtät nachſtehende Grundſätze als maaßgebend anzuerkennen ge-
ruht haben.


1) Der §. 18. lit. g. und der §. 19. der Regierungs-Inſtruction
haben nicht zum Zweck, die Befugniſſe der Regierungen in Anſehung
der Beſtätigung der Etats und der Superreviſion und Decharge der
Rechnungen von Kirchen, Schulen und Stiftungen über dasjenige
Maaß hinaus zu erweitern, welches der Aufſichtsbehörde, abgeſehen
von den Vorſchriften der Regierungs-Inſtruction, auf Grund beſonderer
Verfaſſungen, Provinzial- oder Landesgeſetze ohnedies zuſteht.


In ſo fern es ſich darum handelt, ob die Regierung befugt iſt, die
Etats von Kirchen, Schulen und Stiftungen zu ihrer ordentlichen
Beſtätigung, ſo wie die Rechnungen derſelben zu ihrer regelmäßigen
Reviſion und Decharge einzufordern, iſt daher dieſe Frage lediglich
nach der beſondern Verfaſſung der betreffenden Anſtalt, nach den am
Orte geltenden Local- oder Provinzialrechten, endlich nach den allge-
meinen Landesgeſetzen zu beurtheilen.


Begründen dieſe Entſcheidungsquellen eine ſolche Befugniß der
ſtaatlichen Aufſichtsbehörde nicht, überweiſen dieſelben vielmehr die
Beſtätigung der Etats und die Decharge der Rechnungen einer berech-
tigten Commune, Corporation oder einem Privatberechtigten, ſo behält
es dabei ſein Bewenden, und das Oberaufſichtsrecht der Regierung
beſchränkt ſich alsdann in Anſehung des Etats- und Rechnungsweſens
darauf, von der Führung deſſelben durch ihre localen Organe, oder
durch Einſicht von Nachweiſungen und Extracten Kenntniß zu
nehmen, in einzelnen Fällen durch ſpeciellere Nachfragen, oder durch
außerordentliche Einforderung der Etats und Rechnungen ſelbſt, ſich
von dem Stande deſſelben zu informiren, und wahrgenommene Mängel
oder Mißbräuche zur Abhülfe zu bringen.


2) In Verfolg dieſes allgemeinen Princips kommen nun in An-
[256] ſehung des Etats- und Rechnungsweſens der Kirchen, Schulen und
Stiftungen in allen Städten, in welchen entweder die Städteordnung
vom 19. November 1808. oder die revidirte Städteordnung vom
17. März 1831. eingeführt iſt, folgende Grundſätze weiter zur
Anwendung.


a. Der §. 698. Th. II. Tit. 11. des Allgem. Landrechts ver-
ordnet, daß die Rechnungen der Kirchen, über welche Magiſtraten
oder Communen in den Städten das Patronatrecht zuſteht, an das
Conſiſtorium zur Reviſion, und wenn die jährliche Einnahme
über 500 Rthlr. beträgt, weiter an die Ober-Rechenkammer eingeſendet
werden ſollen. In ähnlicher Weiſe wurde im Jahre 1798. die Ein-
ſendung der Etats ſolcher Kirchen zur Beſtätigung der aufſehenden
Behörde gefordert (Nov. Corp. Const. March. de 1798. Nr. 47.
pag.
1669.). Erſtere Beſtimmung ſchreibt ſich aus dem Jahre 1768.
her (Nov. Corp. Const. March. Tom. IV. pag. 3098.) und hängt
mit der damaligen Städteverfaſſung genau zuſammen, indem den da-
maligen ſtädtiſchen Behörden die Vertretung der Rechte der Commune
nur in einem beſchränkten Umfange, und unter genauer Controlle der
landesherrlichen Behörden geſtattet war.


Durch die Einführung der Städteordnung hat jene aus der ehe-
maligen ſtädtiſchen Verfaſſung hergeleitete Beſchränkung des ſtädtiſchen
Patronats wieder aufgehört, und die ſtädtiſchen Communen ſind in
Anſehung der Vermögensverwaltung der unter ihrem Patronat ſtehen-
den Kirchen wieder in das Verhältniß zurückgetreten, in welchem alle
übrigen Privatpatrone der kirchlichen Aufſichtsbehörde gegenüber ſtehen.


Dieſes Verhältniß bezeichnen die §§. 688 — 697. Th. II. Tit. 11.
d. Allgem. Landrechts.


Die Abnahme der Rechnungen erfolgt hiernach ordentlicher
Weiſe durch den Patron. Die kirchliche Aufſichtsbehörde nimmt von
der gehörigen Abnahme der Rechnungen durch das Organ des Super-
intendenten bei Gelegenheit der Kirchenviſitation Kenntniß, von welchem
ihr ein Rechnungs-Extract eingeſendet wird.


Eine Veränderung dieſer Verfahrungsweiſe iſt ſeit der Publication
des Allgem. Landrechts meiſtentheils nur inſofern üblich geworden, als
von den Kirchen Privat-Patronats alljährlich ein Rechnungs-Extract
eingeſandt wird, desgleichen eine Abſchrift der erſt nach Einführung
des Allgem. Landrechts üblich gewordenen Etats zur Einſicht.


[257]

Bei dieſem Verfahren muß es auch in Anſehung der ſtädtiſchen
Patronatkirchen — ſoweit nicht beſondere Rechtstitel ein Anderes be-
gründen — der Regel nach verbleiben. Die Beſtätigung der Etats
und die Decharge der Rechnungen gebührt ordentlicherweiſe den Ma-
giſtraten; die regelmäßige Aufſicht der kirchlichen Aufſichtsbehörde über
das Etats- und Rechnungsweſen beſchränkt ſich auf die fortlaufende
Einſicht jährlicher Rechnungs-Extracte und von Abſchriften der
üblichen Etats, welche ſich, je nach dem Bedürfniß, auch über mehr-
jährige Perioden erſtrecken können. Vorbehalten bleibt aber derſelben,
in beſonderen Fällen die Rechnungen ſelbſt einzufordern, oder ſonſt
auf geeignete Weiſe von dem Zuſtande des Kaſſen- und Rechnungs-
weſens genauere Kenntniß einzuziehen.


b. Daſſelbe, was hier von den unter ſtädtiſchem Patronat ſtehenden
Kirchen geſagt iſt, gilt der Regel nach auch von den unter ſtädtiſchem
Patronat ſtehenden Gymnaſien.


c. Die übrigen ſtädtiſchen Schulen beſtehen meiſtentheils nicht
als beſonders dotirte, mit eigenem Vermögen verſehene moraliſche
Perſonen, ſondern in der Regel nur als Communal-Inſtitute, welche
aus dem ſtädtiſchen Haushalt unterhalten werden.


Iſt dies Letztere der Fall, ſo beſchränkt ſich die Aufſicht der vor-
geſetzten Behörde in Abſicht des Etats- und Rechnungsweſens dieſer
Communalſchulen der Regel nach nur auf diejenigen Maaßnahmen,
welche nach §. 2. der Städteordnung vom 19. November 1808., reſp.
nach den in Folge der revidirten Städteordnung an den einzelnen
Orten getroffenen Anordnungen, zur Beaufſichtigung des ſtädtiſchen
Haushalts zugelaſſen ſind.


Dem Bedürfniß der Aufſicht in Abſicht des Vermögens dieſer
Schulen iſt genügt, wenn nur die erſten Einrichtungspläne ſolcher
Schulen, und die über ihre Vermögens-Verhältniſſe gelegten Rech-
nungen extractweiſe, jährlich oder in mehrjährigen Perioden, zur
Kenntniß der Aufſichtsbehörde gelangen.


d. In Betreff der ſtädtiſchen Stiftungen endlich iſt — ſoweit
nicht die Stiftungsbriefe oder das Herkommen ein Anderes beſagen —
zu unterſcheiden, ob die Stiftung als eine kirchliche oder Schulſtiftung
anzuſehen, oder ob ſie nach §. 55. der Städteordnung den Character
einer rein ſtädtiſchen Stiftung an ſich tragen. Im letzteren Falle
entſcheiden die Beſtimmungen der Städteordnung, im erſteren die für
17
[258] die Verwaltung des Vermögens der ſtädtiſchen Patronatkirchen und
Schulen geltenden geſetzlichen Vorſchriften.


Die Königl. Regierung hat, nach Anleitung der hier aufgeſtellten
Grundſätze, das Verhältniß der einzelnen ihrem Reſſort angehörigen
Kirchen, Schulen und Stiftungen im Einzelnen näher zu erwägen
und geeignetenfalls die entſprechende Erleichterung in der Aufſichts-
führung eintreten zu laſſen; im Zweifel aber hierher zu berichten.


II. Die Aufſicht der Jugend außerhalb der Schule.


1. Reſcr. v. 11. März 1806. (Neigeb. Volksſchulen S. 86.),
betr. die Belehrung der Jugend über Erhaltung der Denkmäler.


1) Wir Friedrich Wilhelm ꝛc. Wir haben nur zu oft höchſt miß-
fälligſt bemerkt, daß öffentliche Denkmäler, dem Verdienſt und der
Kunſt geweiht, und ſolche Gegenſtände, welche zum allgemeinen Nutzen
und zur Bequemlichkeit des Publicums, oder zur Zierde dienen, ſtatt
durch allgemeine Achtung geſichert zu werden, freventlichen Diebſtählen
und den muthwilligſten Verſtümmelungen vor allen andern ausgeſetzt
ſind; worüber Unſere höchſte Perſon Höchſtſelbſt Veranlaſſung gehabt,
Ihr gerechtes Mißfallen bitter zu äußern. Nicht immer liegt niedriger
Eigennutz, mehrentheils aber boshafter Muthwillen und frevelhafte
Schadenfreude zum Grunde. Was aber dabei jeden gebildeten Men-
ſchen, den Patrioten und das Nationalgefühl empören muß, ſo iſt die
traurige Bemerkung gemacht, daß gerade Unſer Vaterland, die Preu-
ßiſchen Lande, ſich ganz beſonders in dieſem Unfuge auszeichnen, daß
alle Pflanzungen an Chauſſeen und andern öffentlichen Landſtraßen,
ſelbſt auch Meilenpfeiler von allem Material, wenn ſie kaum errichtet
worden, verſtümmelt, zerſtört, oder gar vernichtet werden. Wenn
dieſem Frevel durch kluge und ſchickliche Belehrung nicht Grenzen
geſetzt, und der zunehmenden Zerſtörungswuth durch Unterricht und
vernünftige Vorſtellungen nicht vorgebeugt wird, ſo wird er ſich endlich
an Grabmälern und Ruheſtätten der Todten vergreifen. Nichts wird
[259] ihm mehr heiliger oder ehrwürdiger ſein, und ſelbſt dem anerkannten
Verdienſte wird ſein Denkmal geraubt werden. Wir befehlen Euch
daher, durch die Inſpectoren und Oberprediger ſämmtlichen Predigern
aufzugeben: bei einer ſchicklichen Gelegenheit in ihren öffentlichen
Kanzelvorträgen über das ſträfliche Beſchädigen öffentlicher Denkmäler,
oder anderer zum Nutzen und zur Bequemlichkeit des Publicums
dienender Anſtalten, als Anpflanzungen von Bäumen an Chauſſeen
und Landſtraßen, Meilenzeiger, Barrieren, Wegweiſer u. ſ. w.,
ihre Gemeine nicht nur auf eine angemeſſene Art, ſchickliche Weiſe
zu belehren, ihr Nationalgefühl und patriotiſchen Geſinnungen paſſend
zu wecken und zu ermuntern, ſondern ſie auch gegen die deshalb feſt-
geſetzten, und noch mehr feſtzuſetzenden Strafen zu warnen; beſonders
aber in den Schulen durch die Schulhalter ein Gleiches zu verfügen,
und die Jugend, die in dieſem Alter für das Gefühl des Guten und
Anſtändigen mehr empfänglich iſt, gleichfalls vorzüglich zu belehren,
und vor den unausbleiblich erfolgenden Folgen zu warnen. Hiernach
habt Ihr das Erforderliche zu verfügen.


2. Circ.-Reſcr. v. 20. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 451.),
betr. das Verbot des Beſuches der Wirthshäuſer, Billards ꝛc. von den
Schülern.


Das Königl. Oberpräſidium der Provinz Weſtphalen hat unterm
22. März c. im Amtsblatte der Königl. Regierung zu Münſter die
abſchriftlich beigeſchloſſene Aufforderung an die Polizeibehörden dieſer
Provinz erlaſſen, um zu bewirken, daß ſie auch ihrer Seits die Be-
mühungen der Vorſteher und Lehrer der höheren Unterrichts-Anſtalten
in der Handhabung der Disciplin außerhalb der Schule unterſtützen,
und beſonders den Beſuch der Wirthshäuſer und Billards von Schülern
verhindern. Das Miniſterium beauftragt das Königl. Oberpräſidium,
nach Befinden der Umſtände und mit Rückſicht auf die eigenthümlichen
Verhältniſſe der einzelnen Gymnaſien der Provinz eine ähnliche Auf-
forderung an die Polizeibehörden zu erlaſſen.


3. Circ.-Reſcr. v. 31. Juli 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 822.)
wegen Beaufſichtigung derjenigen Schüler, deren Eltern, Vormünder
oder Pfleger nicht an dem Orte des betreffenden Gymnaſii wohnen.


Die Erfahrung hat gelehrt, daß diejenigen Schüler von Gym-
naſien, deren Eltern, Vormünder oder Pfleger nicht an dem Orte des
betreffenden Gymnaſii wohnen, wegen Mangels an der erforderlichen
17*
[260] häuslichen Aufſicht bisweilen auf Abwege gerathen und einen nach-
theiligen Einfluß auf die in den Gymnaſien aufrecht zu erhaltende
gute Disciplin üben. Das Miniſterium ſieht ſich daher veranlaßt,
hinſichtlich der gedachten Schüler Folgendes anzuordnen:


1) Jeder Schüler eines Gymnaſii muß, wenn ſeine Eltern, Vor-
münder oder Pfleger nicht an dem Orte des Gymnaſii wohnen, von
dieſen zur beſonderen Fürſorge einem tüchtigen Aufſeher übergeben
ſein, der dem Director oder Rector des Gymnaſii bei der Aufnahme
des Schülers namhaft zu machen iſt, und welcher über ſeinen Privat-
fleiß und ſein ſittliches Betragen außer der Schule eine ernſte und
gewiſſenhafte Aufſicht zu führen hat.


2) Ein jeder der gedachten Schüler hat dem Director oder Rector
des Gymnaſii die Wohnung, welche er in der Stadt zu beziehen ge-
denkt, bei ſeiner Aufnahme anzuzeigen.


3) In einem Wirthshauſe zu wohnen oder ſeine Koſt an der
Wirthstafel zu nehmen, iſt keinem ſolchen Schüler verſtattet.


4) Er darf während ſeines Aufenthalts am Gymnaſio nicht ſeinen
Aufſeher oder ſeine Wohnung wechſeln ohne vorherige Anzeige bei
dem Director und Rector des Gymnaſii und ohne ausdrückliche Ge-
nehmigung deſſelben.


Das Königl. Conſiſtorium wird beauftragt, dieſe Anordnung
durch die Amtsblätter öffentlich bekannt machen zu laſſen, und derſelben
gemäß das weiter Erforderliche an die Directoren und Rectoren der
Gymnaſien ſeines Bezirks zu verfügen, und zugleich ſämmtlichen
Gymnaſial-Lehrern auf eine angemeſſene Weiſe zu empfehlen, daß
ſie auch auf das Betragen ihrer Schüler außerhalb der Schule, ſo
weit es nur immerhin möglich iſt, ihre Aufmerkſamkeit und Sorgfalt
richten, wie ſie denn allerdings befugt ſind, dieſelben wegen ihres
unſittlichen und anſtößigen Benehmens außerhalb der Schule zur Ver-
antwortung zu ziehen. Die Lehrer, beſonders aber die Directoren
der Gymnaſien, welche in dieſer Aufſicht ſich vortheilhaft auszeichnen,
werden vom Miniſterium beſonders berückſichtigt werden, ſo wie daſſelbe
dagegen vernachläſſigte Aufſicht nachdrücklich rügen wird.


4. Circ.-Reſcr. v. 14. Auguſt 1824. (v. K. Ann. B. 8.
S. 824.), betr. die Verhütung des heimlichen Verkehrs der Sym-
naſiaſten und Schüler mit Schauſpielergeſellſchaften.


Da in kurzer Zeit an zwei Orten Gymnaſiaſten heimlich zu con-
[261] ceſſionirten Schauſpieler-Geſellſchaften übergegangen und von denſelben
als Mitglieder angenommen worden, dieſem Unfug aber nicht nachge-
ſehen werden kann, ſo wird die Königl. Regierung beauftragt:


1) Sämmtlichen für ihren Bezirk jetzt und künftig conceſſionirten
Schauſpieler-Unternehmern bei Vermeidung zuverläſſiger ſofortiger
Caſſation der ihnen ertheilten Conceſſionen zu unterſagen, einen Ver-
kehr der Gymnaſiaſten oder Schüler mit ihrer Schauſpiel-Geſellſchaft
oder deren Mitgliedern zu dulden, oder wohl gar ſie als Mitglieder,
Lehrlinge, Gehülfen oder unter irgend einem andern Schein und Namen
in ihre Geſellſchaft auf- oder ſie mit ſich zu nehmen, Falls nicht der
Vater oder Vormund zu dem Engagement ſeines Sohnes oder Mündels
die Genehmigung bei der Ortspolizei-Behörde ſchriftlich gegeben hat.


2) Alle Polizei-Behörden, beſonders die in Gymnaſial-Städten,
anzuweiſen, hierauf genau zu halten und zu dem Ende bei der An-
kunft und bei dem Abgang einer Schauſpieler-Geſellſchaft das Ver-
zeichniß der Mitglieder und Angehörigen derſelben genau zu revidiren,
und wenn ſich dabei eine Contravention der vorſtehenden Beſtimmung
ergeben ſollte, dem Vorſteher der Schauſpieler-Geſellſchaft die Con-
ceſſion ohne Weiteres abzunehmen, um ſie an die Königl. Regierung
zur weitern Beförderung an das Miniſterium einzuſenden.


5. Circ.-Reſcr. vom 16. Auguſt 1824. (v. K. Ann. B. 8.
S. 874.), betr. die Beaufſichtigung der Leihbibliotheken in Beziehung
auf Gymnaſien und Schulen.


Das Miniſterium communicirt dem Königl. Conſiſtorio Abſchrift
einer von dem Königl. Miniſterio des Innern und der Polizei unter
dem 9. d. M. an ſämmtliche Königl. Regierungen und an das Königl.
Polizei-Präſidium hier erlaſſenen Verfügung in Betreff der Aufſicht
über die Leihbibliotheken, beſonders an den Orten, wo ſich ein Gym-
naſium oder eine höhere Bürgerſchule befindet, zur Kenntnißnahme
und mit dem Auftrage, die Directoren und Rectoren der Gymnaſien
unmittelbar, die Vorſteher der höhern Bürgerſchulen aber mittelbar
durch die Königl. Kirchen- und Schul-Commiſſionen anzuweiſen:


1) Daß ſie die betreffenden Königl. Polizei-Behörden bei der zu
veranſtaltenden genauen Reviſion der vorhandenen Leihbibliotheken mit
ihrer Einſicht und Kenntniß unterſtützen und überhaupt denſelben bei
Ausführung der oben gedachten miniſteriellen Verfügung mit ihren
Erfahrungen und ihrem Rathe bereitwillig an die Hand gehen; und


[262]

2) daß ſie ihrer Seits auf jede zweckdienliche Weiſe dahin wirken,
Gymnaſiaſten und Schülern die willkührliche Benutzung der Leihbiblio-
theken zu erſchweren, und dieſelbe dadurch unter eine Controlle zu
ſtellen, daß ihnen nur gegen einen Erlaubnißſchein ihrer Väter oder
des Directors und Vorſtehers der betreffenden Schulanſtalt Bücher aus
Leihbibliotheken verabfolgt, und in dieſen Erlaubnißſcheinen die Titel
der zu entleihenden Bücher jedesmal namhaft gemacht werden.


Das Königl. Conſiſtorium wird beauftragt, hiernach das weiter
Erforderliche unter Berückſichtigung der verſchiedenen örtlichen Ver-
hältniſſe zu verfügen, und zugleich Bedacht zu nehmen, daß wenigſtens
bei jedem Gymnaſio eine angemeſſene, aus claſſiſchen deutſchen Werken
beſtehende Schüler-Bibliothek, welche ausſchließlich zu ihrer Privat-
Lectüre zu beſtimmen und mit ſteter ſorgfältiger Rückſicht auf dieſen
Zweck zuſammenzuſetzen iſt, allmählig gegründet werde. Die Koſten,
welche die Anlegung einer ſolchen Schüler-Bibliothek verurſachen wird,
können durch kleine außerordentliche Beiträge, welche von den Schülern
bei ihrer Aufnahme, Verſetzung oder Entlaſſung, oder bei anderweitigen
ſchicklichen Gelegenheiten zu erheben ſind, gedeckt werden, und bleibt
dem Königl. Conſiſtorio überlaſſen, nach ſeiner näheren Kenntniß von
den Verhältniſſen der einzelnen Gymnaſien und ihrer Schüler in dieſer
Hinſicht das Weitere zu beſtimmen und anzuordnen.


Das Königl. Conſiſtorium hat Abſchrift der auf den Grund obiger
Beſtimmungen zu erlaſſenden Verfügungen binnen drei Monaten hier-
her einzureichen.


6. Circ.-Reſcr. v. 23. März 1825. (Neigeb. Gymn. S. 200.),
betr. die Einſtellung öffentlicher Aufzüge und Feſtlichkeiten der Schüler
bei den Gymnaſien.


Bei einigen Gymnaſien in den Königl. Staaten iſt den Schülern
zeither geſtattet worden, bei dem Einführen oder dem Abgange der
Lehrer, bei Schulfeierlichkeiten und andern feſtlichen Veranlaſſungen
öffentliche Aufzüge mit Muſik und Fackeln zu halten, und ſich dem-
nächſt zu einem Trinkgelage zu vereinigen. Nach der bisherigen Er-
fahrung haben ſolche Feſtlichkeiten der Schüler, welche ſich mit ihrem
noch gebundenen Verhältniſſe wenig vertragen, auf die Aufrechthaltung
der Disciplin in den betreffenden Gymnaſien einen nachtheiligen Ein-
fluß geäußert, und die Schüler zu einem tadelnswerthen ſtudentiſchen
Weſen und zu Unordnungen mancherlei Art verleitet. Das Miniſte-
[263] rium beauftragt daher das Königl. Conſiſtorium, dergleichen öffentliche
Aufzüge und Feſtlichkeiten der Schüler bei ſämmtlichen Gymnaſien
ſeines Bezirks zu unterſagen und hiernach das weiter Erforderliche
zu verfügen.


7. Reſcr. v. 8. April 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 393.),
betr. die Benutzung von Leihbibliotheken Seitens der Schüler.


Da das Königl. Miniſterium der Geiſtlichen, Unterrichts- und
Medicinal-Angelegenheiten es in vielfacher Hinſicht bedenklich findet,
daß den Schülern der Gymnaſien, wenn auch bedingungsweiſe, die
Benutzung der Leihbibliotheken gegen einen von den Angehörigen oder
dem Director des Gymnaſii ausgeſtellten Erlaubnißſchein geſtattet
werde, und ich der Meinung deſſelben, daß nur durch ein unbedingtes
allgemeines Verbot dem Eigennutze gewiſſenloſer Leihbibliothekare und
den Verſuchen der Schüler, durch Umwege Eingang in die Leihbiblio-
theken zu erhalten, mit Erfolg zu begegnen ſei, nur beitreten kann,
ſo wird der Königl. Regierung hierdurch aufgetragen, den Beſitzern
und Vorſtehern der Leihbibliotheken nunmehr die Verabfolgung von
Büchern unbedingt zu unterſagen, und auf die Aufrechthaltung dieſes
Verbots fortgeſetzt nachdrücklich zu halten.


8. Circ.-Reſcr. v. 25. April 1825. (Neigeb. Gymn. S. 201.)
wegen des Verbots, den Gymnaſiaſten Bücher aus öffentlichen Biblio-
theken verabfolgen zu laſſen.


Dem Königl. Conſiſtorio wird hierneben Abſchrift einer von dem
Königl. Miniſterio des Innern und der Polizei an ſämmtliche Pro-
vinzial-Regierungen erlaſſenen Verfügung vom 8. d. M., nach welcher
den Beſitzern und Vorſtehern der Leihbibliotheken die Verabfolgung
von Büchern an Gymnaſiaſten unbedingt verboten iſt, zur Kenntniß-
nahme und weitern Veranlaſſung mit dem Eröffnen zugefertigt, daß
nunmehr nach der völligen Ausſchließung der Gymnaſiaſten von der
Benutzung der Leihbibliotheken die früher angeordnete Mitwirkung der
Directoren und Rectoren bei Beaufſichtigung dieſer Bibliotheken nicht
weiter erforderlich iſt.


Zugleich wird das Königl. Conſiſtorium aufgefordert, den Direc-
toren und Rectoren der Gymnaſien ſeines Bezirks zur Pflicht zu ma-
chen, daß ſie nicht nur bei Anſchaffung von neuen Büchern für die
bei jedem Gymnaſio theils ſchon gegründete, theils noch zu gründende
Schülerbibliothek mit der ſorgfältigſten Auswahl verfahren, ſondern
[264] auch beim Verleihen von Büchern aus dieſer Bibliothek an die ein-
zelnen Schüler die jedesmalige Bildungsſtufe und das Bedürfniß der-
ſelben gehörig berückſichtigen und überhaupt darauf halten, daß die
einzelnen Schüler beim Benutzen der für ſie beſtimmten Bibliothek
planmäßig zu Werke gehen.


9. Circ.-Reſcr. v. 30. Novbr. 1825. (v. K. Ann. B. 9. S.
1038.), beauftragt die Regierungen, von den ſtädtiſchen und landräth-
lichen Polizeibehörden ihres Bezirks ſich ſpecielle Nachweiſungen ſolcher
Verbrechen, welche von Perſonen im jugendlichen Alter begangen, ein-
reichen zu laſſen.


10. Circ.-Reſcr. v. 2. Octbr. 1826. (v. K. Ann. B. 10. S.
1046.), betr. die jugendlichen Verbrecher.


Die nunmehr von faſt ſämmtlichen Königl. Regierungen eingegan-
genen Nachweiſungen der von Perſonen im jugendlichen Alter began-
genen Verbrechen geben dem Miniſterio zu folgenden allgemeinen Be-
merkungen Veranlaſſung. Bei Einforderung dieſer Nachweiſungen hat
das Miniſterium keinesweges nur die Abſicht gehabt, ſich in den Beſitz
von Notizen zu ſetzen, um daraus eine vergleichende Zuſammenſtellung
der einzelnen Provinzen hinſichtlich der Moralität der Jugend, oder
einen Maaßſtab für die Beurtheilung des Fortſchrittes oder Rückganges
in ſittlicher Beziehung zu erhalten, ſondern der unmittelbare und nächſte
Zweck iſt geweſen, die einzelnen Fälle ſelber und das rückſichtlich ihrer
von den Behörden beobachtete Verfahren näher und möglichſt genau
kennen zu lernen. Ob in andern Zeiten ſolche Verbrechen öfter oder
ſeltner vorgekommen ſind, bedarf keiner Nachforſchung; genug, daß ſie
in gegenwärtiger Zeit nur allzu häufig ſich zeigen. Wenn nicht blos
Betrug, Diebſtahl und Kirchenraub, ſondern Mord, Brandſtiftung,
Sodomie und Selbſtmord wiederkehrende Erſcheinungen ſind, wenn in
gewiſſen Provinzen und Gegenden dieſe, in andern aber wieder andere
Verbrechen vorzugsweiſe unter der Jugend zum Vorſchein kommen, ſo
erfordern ſolche Miß-Erzeugniſſe die höchſte Aufmerkſamkeit, damit
theils den Quellen nachgeſpürt, und dieſe verſtopft, theils der An-
ſteckung vorgebeugt, theils endlich die frühe verirrten Unglücklichen ſelbſt
wo möglich von der Bahn des Laſters und Verbrechens noch zurück-
gebracht werden. Auf den letzt erwähnten Zweck hat ſich in der
neueſten Zeit die Fürſorge vieler Privat-Perſonen und Vereine mit
beſonderer Theilnahme gelenkt, wovon die ſich immer mehrende Anzahl
[265] von Rettungs-Anſtalten Zeugniß giebt; auch bei den öffentlichen Straf-
und Beſſerungshäuſern ſind Schulen und Erziehungs-Anſtalten neu
gegründet, oder erweitert, oder zweckmäßiger eingerichtet worden, und
endlich ſind hier und da ſchon beſtehende Waiſenhäuſer vorzugsweiſe
der verwahrloſeten und verwildernden Jugend geöffnet worden. Bei
ſolcher Vermehrung der Beſſerungs-Anſtalten wird auch doppelte Auf-
merkſamkeit nöthig, daß ihr Zweck wirklich erreicht und daß dazu die
dienlichſten und wirkſamſten Mittel angewendet werden, damit nicht
Ungeſchick oder unverſtändiger Eifer oder wirkliche Verkehrtheit ſich
der Ausführung bemächtigen und die gehofften wohlthätigen Wirkungen
vereitelt oder gar ſtatt der Beſſerungshäuſer Wohnſtätten und Fort-
pflanzungsörter der Untugend und des Laſters geſtiftet werden. Die
betrübenden Erfahrungen, welche darüber gemacht ſind, legen die Pflicht
der ſorgfältigſten Wachſamkeit auf und erheiſchen vor allen Dingen
eine klare und beſtimmte Verſtändigung über die Mittel und Einrich-
tungen, durch welche der wohlthätige Zweck jener Anſtalten am ſicherſten
erreicht werden muß. Es kann dabei jetzt auf ſich beruhen, ob es
nicht überall rathſam ſei, diejenigen Anſtalten, worin wirkliche junge
Verbrecher, welche Strafe verwirkt haben, aufbewahrt werden, von
denjenigen, worin blos Verwahrloſete oder ſolche, die ihre Strafe be-
reits abgebüßt haben, der Beſſerung und Erziehung wegen aufgenommen
ſind, äußerlich zu trennen, da, bis auf das Maaß der Freiheit, welches
in beiderlei Häuſern verſtattet wird, die innere Einrichtung und Be-
handlungsart nicht weſentlich verſchieden ſein kann. Die Erziehung
der Jugend beruht auf feſten Grundregeln, und die Beſchränkung der
Freiheit, ſo wie die Disciplin und die Strafen müſſen ſich auch bei
den verdorbenſten Individuen immer nach dem richten, was richtige
Grundſätze der Erziehung hierüber an die Hand geben, und ſich in den
hiernach nothwendigen Schranken halten. Wäre der Grad der Ver-
dorbenheit und der Bösartigkeit der Individuen ſo groß, daß mit dieſem
Maaß nicht auszukommen wäre, ſo würde allerdings keine Erziehung
Statt finden können. Dieſer Fall wird nicht leicht vorkommen. In
einem ſolchen aber würde es darauf ankommen, durch eigentliche Zwangs-
und Straf-Anſtalten einen Zuſtand herbeizuführen, wo die Erziehung
eingreifen kann. Es iſt wichtig, daß die Erziehungs-Anſtalt nicht in
eine Zwangs- und Strafanſtalt ausarte, und daß man von den
Zwangs- und Strafanſtalten nicht Erziehung erwarte. Es kommt
[266] bei der Einwirkung auf die unglücklichen Geſchöpfe, welche ſolchen
Anſtalten anheim fallen, zuerſt darauf an, daß ſie gleichſam in eine
ganz neue Welt verſetzt werden, in welcher ſie von ihren bisherigen
Gewohnheiten nichts wiederfinden, ſondern wo allenthalben Ordnung,
Regelmäßigkeit, Ruhe, Stille und Reinlichkeit ihnen entgegen tritt,
wo Beſchäftigung mit Unterweiſung abwechſelt, und immer etwas
Nützliches oder Nothwendiges vorgenommen werden muß, wo man
alle ihre Handlungen und Reden beobachtet und ihr ganzes Verhalten
fortwährend beaufſichtigt, wo ſie der Freiheit nur in dem Maaße mehr
theilhaftig werden, als ſie ſich ihrer würdig machen, und wo endlich
allenthalben Fürſorge, Antheil, Liebe unverkennbar ſind, Ernſt und
Strafe aber als die nothwendigen Folgen der eigenen Handlungen
und als eine unvermeidliche Erfüllung der Pflicht der Gerechtigkeit
erſcheinen. In genaueſter Uebereinſtimmung mit dieſer Disciplinar-
Behandlung muß aber auch der Unterricht ſtehen, und das nämliche
Ziel verfolgen. Nicht auf bloßes Mittheilen und Einprägen von
Kenntniſſen und Geſchicklichkeiten darf es ausſchließlich abgeſehen ſein,
ſondern zugleich auf Entwickelung der Selbſtthätigkeit, auf Erregung
der Luſt an nützlicher Einſicht und ganz beſonders auf Erhellung der
bei ſo verwahrloſeten Geſchöpfen immer höchſt verworrenen und dunklen
Begriffe und folglich auf allmählige Gewöhnung an ein beſonnenes,
klares und folgerichtiges Denken und Urtheilen. Wenn nun aber
endlich bei einem laſterhaften und verderbten Menſchen an wirkliche
Umkehr und Beſſerung nicht eher zu denken iſt, als bis die Geſinnung
und der Entſchluß dazu in ihm gegründet iſt, und wenn dieſer nicht
eher erwartet werden kann, als bis das Gefühl des Abſcheues gegen
die früheren Vergehungen lebendig geworden iſt, und wahre Reue
empfunden wird, und wenn dieſe Reue nur dann von ächter Art iſt,
ſobald ſie nicht ihren Grund in den äußern Folgen der Sünde hat,
ſondern in dem Schmerze, den Willen Gottes verletzt zu haben: ſo
folgt daraus auch zugleich die Nothwendigkeit, es zuletzt auf Bewir-
kung einer ſolchen Reue und auf die daraus hervorgehende Geſinnung
der Gottesfurcht und Frömmigkeit anzulegen. Sehr unweiſe und ver-
kehrt würde man jedoch verfahren, wenn man dieſe Bußgeſinnung als
dasjenige betrachten wollte, worauf hingewirkt werden ſoll zuerſt und
zunächſt bei denen, deren Beſſerung man beabſichtigt. Man wird ſich
vielmehr im Anfange begnügen müſſen, ihnen nur die Gelegenheit zur
[267] Sünde zu benehmen, ſie ſo nach und nach davon zu entwöhnen, und
ſie dagegen erſt in einigen Stücken zur Ordnung und Geſetzmäßigkeit
anzuhalten. Hat man es ſo weit gebracht, dann darf man mit den
Anforderungen ſteigen, ſie zur Pflichterfüllung beſtimmter antreiben,
dieſe ihnen lieb zu machen ſuchen, ihnen Freude am Gelingen ein-
flößen, Muth und Vertrauen in ihnen erwecken, und ſo die Fähigkeit
des guten Entſchluſſes wieder in ihnen hervorrufen. Dann erſt iſt es
Zeit, ſie auf eine Vergleichung ihres gegenwärtigen Zuſtandes mit
dem früheren hinzuleiten, oder vielmehr ſie werden von ſelbſt dahin
geführt werden; und nun kann auch die wahre Reue erſt zum Vor-
ſchein kommen, diejenige, welche ächte Früchte der Buße trägt und
welcher auch der Troſt der Verſöhnung und die Gewißheit der Wieder-
herſtellung nicht fehlt. Wer es aber umgekehrt anfangen, und gleich
Reue und Zerknirſchung verlangen, wer wohl gar ſtatt der Milde
und Nachſicht, deren Verirrte ſo ſehr bedürfen, Ungeduld und Strenge
beweiſen und durch äußere Gewalt erzwingen wollte, was doch nur
aus innerer Freiheit entſpringen kann, der würde das Uebel nur ärger
machen und zu den vorhandenen Untugenden noch die größte hinzu-
fügen, nämlich Heuchelei der Frömmigkeit. Und hier iſt eine große
Gefahr vorhanden und die ſorgfältigſte Wachſamkeit nöthig, wie dies
durch die Geſchichte mancher älteren Anſtalt und durch neuere Erfah-
rungen hinlänglich bewieſen wird. Das Miniſterium kann nicht drin-
gend genug die Aufmerkſamkeit der Königl. Regierungen auf dieſen
Gegenſtand lenken, und ihnen nicht blos genaue Aufſicht auf die Be-
handlungsart in denjenigen Beſſerungs-, Erziehungs- und Waiſen-
häuſern zur Pflicht machen, die ihrer Obhut anvertraut ſind, ſondern
auch empfehlen, in dieſer Hinſicht auf die etwa von Privat-Perſonen
oder Vereinen geſtifteten oder noch zu ſtiftenden Anſtalten denjenigen
Einfluß auszuüben, welcher, ohne die ſelbſtſtändige Wirkſamkeit jener
Perſonen zu beſchränken, oder ihren wohlgemeinten Eifer zu lähmen,
durch Antheil, Rath, Fürſorge und Förderung irgend gewonnen werden
kann. Wo es aber an dergleichen Anſtalten überall noch fehlen ſollte,
oder wo eine unzweckmäßige und nachtheilige allzu genaue Verbindung
mit den Strafanſtalten für Erwachſene Statt finden möchte, oder wo
Waiſenhäuſer ohne Verletzung der Abſicht ihrer Stiftung für die wohl-
thätigen Zwecke eingerichtet werden können, da erwartet das Miniſte-
rium, daß die Königl. Regierungen das nach Zeit, Ort, Umſtänden
[268] und Perſönlichkeiten Angemeſſenſte veranlaſſen und den gegebenen An-
deutungen gemäß die Vermehrung der Beſſerungs-Anſtalten und ihre
erforderliche Einrichtung ſich mit beſonderem Eifer gern angelegen ſein
laſſen werden. Außer und neben der Sorge für die Mittel zur Beſſe-
rung und Erziehung verwahrloſeter und gefallener Kinder muß aber
auch eine gleiche Aufmerkſamkeit darauf gerichtet werden, daß die
Quellen der Verwilderung und des Verderbens unter der Jugend er-
forſcht und verſtopft werden. Nach den, dem Miniſterio vorliegenden
Erfahrungen und Notizen haben dieſe frühen traurigen Verirrungen
vornehmlich in folgenden Umſtänden und Anläſſen ihren Urſprung:
1) In dem Unglücke der unehelichen Geburt, wodurch die Kinder
der ſtrengeren väterlichen Aufſicht und Erziehung beraubt, einer leicht-
ſinnigen oder unverſtändigen Mutter überlaſſen, der Armuth und oft-
mals der Verachtung hingegeben ſind, und daher leichter verwildern
und verderben; — 2) in den ſchlechten Beiſpielen der Eltern,
die durch Wort und That ihre Kinder zum Böſen reizen, und oft zu
wirklichen Verbrechen anleiten; — 3) in Vernachläſſigung des
Schul- und beſonders des Religions-Unterrichts
, welche
hier und da in der ſchlechten Beſchaffenheit der Schule und des Unter-
richts, ſo wie in der Sorgloſigkeit der Lehrer und Geiſtlichen, häufiger
aber in Verwahrloſung und üblem Willen der Eltern und Angehörigen
ihren Grund hat; aber auch nicht ſelten durch — 4) vagabundi-
rende Lebensweiſe
bewirkt wird, wobei kein ordentlicher Unter-
richt in Schule und Kirche Statt finden und controllirt werden kann,
daneben ſchlechte Beiſpiele in den Bettlerherbergen geſehen werden und
zu einer geregelten Thätigkeit alle Gelegenheit und Ermunterung fehlt;
— 5) in dem frühen Hingeben der Kinder zu Dienſten, beſonders
Hirtendienſten, wo entweder im Hauſe verdorbenes erwachſenes
Geſinde und deſſen Sittenloſigkeit, oder auf dem Felde die Langeweile
und Verführung zur Verletzung der Unſchuld, zu groben fleiſchlichen
und andern Laſtern und Verbrechen hinziehen, und der Unterricht,
wenn auch nicht ganz, doch größtentheils, wenigſtens zur Sommer-
und Herbſtzeit verſäumt wird. Gleicherweiſe gehört hierhin das Aus-
thun der Kinder zu Fabrikarbeiten, wobei nicht nur alle die
Nachtheile zu beſorgen ſind, die das Zuſammenſein mit rohen und
ſittenloſen Erwachſenen, ſo wie die Verſäumniß der Schule mit ſich
führt, ſondern auch der Geſundheit des Leibes oft unwiederbringlicher
[269] Schaden zugefügt und durch die fortwährenden mechaniſchen Beſchäfti-
gungen zugleich die Geiſtesfähigkeit gelähmt und abgeſtumpft wird.
Endlich — 6) in der Verführung zu den geheimen Sünden der
Unkeuſchheit
, wodurch die Kräfte des Leibes und der Seele zerſtört,
die edleren Gefühle erſtickt, Trägheit, Unluſt und Unſtetigkeit erzeugt
und vor allen Dingen Offenheit und Wahrhaftigkeit des Weſens be-
nommen werden. Die traurigen Beweiſe, durch welche die unglückliche
Verbreitung dieſer Peſt des jugendlichen Alters außer Zweifel geſetzt
wird, fordern dringend zur Abhülfe auf.


Was nun die Mittel betrifft, durch welche die hier angegebenen
Quellen der Verbrechen im jugendlichen Alter möglichſt verſtopft werden
können, ſo ſcheinen folgende zunächſt die zweckdienlichſten zu ſein: ad
1) daß unehelichen Kindern nach Thl. II. Tit. 2. §. 614. des
Allg. Landr. überall Vormünder, und zwar ſolche beſtellt werden,
von deren Einſicht und Rechtſchaffenheit ſich erwarten läßt, daß ſie ſich
wirklich um die Erziehung ihrer Mündel nach Pflicht und Gewiſſen
bekümmern können und werden, ſo wie auch, daß ihre thätige Ein-
wirkung vorzüglich in Beziehung auf das Anhalten der Pflegebefohlnen
zur Schule ernſtlich in Anſpruch genommen werde; — ad 2) daß
offenbar ſchlechten Eltern, wenn die Ermahnungen der Geiſtlichen
und die Drohungen der Polizei-Obrigkeiten nicht fruchten, nach der
geſetzlichen Vorſchrift (Allg. Landr. Thl. II. Tit. 2. §. 90 und f.) die
Erziehung genommen und, wo immer möglich, die Kinder in
beſſere Familien oder gute Anſtalten untergebracht werden; — ad 3)
daß nicht nur die beſtehenden Vorſchriften wegen regelmäßigen
Schulbeſuchs
durch Mitwirkung aller concurirrenden Perſonen und
Behörden ſtreng durchgeführt, ſondern auch ernſtlich darauf gehalten
werde, daß die Geiſtlichen den ihnen obliegenden Religions-Unterricht,
namentlich die Evangeliſchen den Confirmanden-Unterricht pflichtmäßig
beſorgen. Bei den hierüber beſtehenden beſtimmten Vorſchriften bedarf
es nur der fortgeſetzten Wachſamkeit, daß denſelben überall nachgelebt,
Nachläſſigkeiten aber nicht geduldet, ſondern unnachſichtlich gerügt und
geſtraft werden; — ad 4) daß vagabundirende Perſonen, wo ſie
betroffen werden mögen, ſofort aufgegriffen und in die Landarmen-
häuſer gebracht, deren Kinder aber unterrichtet und zur Thätigkeit
überhaupt angehalten werden; — ad 5) daß das Viehhüten durch
Kinder, den beſtehenden Verordnungen gemäß, nicht geduldet, in allen
[270] Fällen aber und mit beſonderer Wachſamkeit auf die in Dienſte gege-
benen oder zu Fabrikarbeiten benutzten Kinder die Beſtimmungen der
§§. 43—46. Tit. 12. Thl. II. des Allg. Landr. ſtreng gehalten werde,
wobei das Miniſterium noch bemerkt, daß baldigſt über die Benutzung
der Kinder zu Fabrikarbeiten noch beſondere Vorſchriften werden er-
laſſen werden, und endlich — ad 6) daß die rechten Mittel zur Aus-
rottung der geheimen Sünden, beſonders zur Verhinderung der
Anſteckung und zur Beſſerung der unglücklichen Verirrten angewendet
werden. Aus der Natur der Sache geht hervor und die Erfahrung
hat es hinlänglich beſtätigt, daß, wo dieſe Laſter vor der herannahenden
Entwickelung der Mannbarkeit ſich zeigen, immer und nur mit den
allerſeltenſten Ausnahmen, Verführung ihre Quelle iſt. Es bedarf
daher vor allen Dingen der Mittel zur Verhütung der Anſteckung.
Wo dieſe freilich in häuslichen Verhältniſſen ihre Urſache hat, da iſt
wenig auszurichten, deſto mehr aber kann in Schulen und beſonders
in Erziehungshäuſern gethan werden. Ununterbrochene Wachſamkeit,
Verhinderung des heimlichen Beiſammenſeins, ſtrenges Halten auf
Schamhaftigkeit in Wort und That und unnachſichtliche Strafe, wo
ſie verletzt wird, werden ihre heilſamen Dienſte nicht verſagen. Viel
ſchwieriger jedoch iſt die Entdeckung des Laſters bei den ſchon ge-
fallenen oder verführten Einzelnen, und es erfordert nicht geringe Er-
fahrung, Menſchenkenntniß und Weisheit, um hier die rechten Maaß-
regeln nicht zu verfehlen. Zu welchen Mißgriffen ein liebloſer oder
ungeduldiger oder unverſtändiger Eifer verleiten und in welcher Art
ein unweiſes Benehmen ſeinen Zweck zerſtören, ſtatt Offenheit und
Reue Verſtocktheit und Hartnäckigkeit hervorbringen, oder gar bei un-
gegründetem Verdachte die Reinheit trüben, die Schamhaftigkeit ver-
letzen und gerade zur Bekanntſchaft mit denjenigen Sünden führen
können, die vermeintlich gehoben werden ſollen, darüber liefert die
Geſchichte der neuern Pädagogik höchſt traurige und faſt unbegreifliche
Beläge. — Es kann die Abſicht dieſer Verfügung nicht ſein und iſt
überall unmöglich, ein Verfahren näher bezeichnen zu wollen, welches
in jedem einzelnen Falle ganz aus der Perſönlichkeit des Lehrers oder
Geiſtlichen und des einzelnen Kindes, aus dem Vertrauen und der
Liebe, welche jener einzuflößen und dieſes zu haben vermag, und aus
individuellen Verhältniſſen und augenblicklichen Veranlaſſungen hervor-
gehen muß; und nur im Allgemeinen kann hier angedeutet werden,
[271] daß alle Mittel ſowohl der Schutzwehr als der Beſſerung nicht blos
von äußerlicher Beſchaffenheit, ſondern vorzugsweiſe auf das Innere,
auf Erregung und Befeſtigung der ſittlichen Kraft gerichtet ſein müſſen.
Wenn ſchon der eigene unſträfliche Wandel des Lehrers, ſeine Züch-
tigkeit in Wort und That und ſein unverholener Abſcheu gegen alle
Unreinheit und Heimlichkeit nicht verfehlen werden, ähnliche Geſinnungen
in ſeinen Schulkindern zu gründen, ſo ſtehen ihm außerdem die man-
nichfaltigſten Gelegenheiten und Mittel zu Gebote, auf unmittelbarem
Wege und zwar nicht in ungewiſſen Andeutungen, ſondern in klaren
und beſtimmten Aeußerungen auf Schamhaftigkeit, Zucht und Ehrbar-
keit zu wirken, und die Geſinnung und den Entſchluß der Keuſchheit
hervorzubringen. Antheil und Liebe werden ihm Neigung und Ver-
trauen erwerben, und ſo wird er auch im Stande ſein, die Einzelnen
nach ihren Bedürfniſſen zu behandeln, die Reinen und Unverdorbenen
zu bewahren und zu befeſtigen, die Leichtſinnigen und Schwankenden
zu warnen und zu ermahnen, und die Gefallenen wieder aufzurichten
und zu leiten. Vor allen anderen aber haben die Geiſtlichen bei dem
Religions-Unterrichte, bei der Vorbereitung zur Confirmation und bei
der Ausübung ſpecieller Seelſorge Anlaß und Pflicht zu der allererfolg-
reichſten Einwirkung. Das Miniſterium hat hier nur im Allgemeinen
die Aufmerkſamkeit der Königl. Regierungen auf dieſen höchſt wichtigen
Gegenſtand lenken wollen. Was in jedem einzelnen Regierungsbezirke
nach der etwa ſchon vorhandenen Kenntniß von dem Umfange oder dem
beſtimmten Sitze des Uebels zu thun ſein wird, oder in welcher Art
die erforderlichen Nachforſchungen erſt noch angeſtellt werden müſſen,
und welche beſondere Mittel und Organe zur Abhülfe in Wirkſamkeit
zu ſetzen ſind, das muß dem einſichtsvollen und vorſichtigen Ermeſſen
jeder Königl. Regierung um ſo mehr überlaſſen bleiben, als ſich er-
warten läßt, daß dieſelbe nicht durch bloße generelle Verordnungen
und Circularien, durch welche nur ein unnöthiges Aufſehen gemacht,
und das Mißtrauen der Eltern gegen die Schulen gelenkt werden
müßte, ſondern durch ſpecielle Einwirkung, nach etwaiger Rückſprache
mit erfahrenen Geiſtlichen und Schulmännern, und beſonders durch
die bei den Schulreviſionen von dem Schulrathe nach Befinden der
Umſtände zu treffenden Maaßregeln das Nöthige und Angemeſſenſte
werde veranlaſſen wollen. Ueberhaupt aber muß, auch in Beziehung
auf die übrigen in dieſem Reſcripte namhaft gemachten Quellen der
[272] frühen Verderbtheit und auf die angegebenen Gegenmittel, hier noch
ausdrücklich bemerkt werden, daß das Miniſterium nur die Abſicht
gehabt hat, einige der allgemeinen Urſachen anzuführen, und wie
ſolchen begegnet werden müſſe, zu zeigen. Welche ſonſtigen Anläſſe
in den Verhältniſſen der Oertlichkeit und in ſpeciellen Umſtänden zu
ſuchen ſind, woher namentlich in gewiſſen Gegenden dieſe, in anderen
andere Verbrechen häufig vorkommen und welche Maaßregeln der Ab-
hülfe dagegen angewendet werden müſſen, das muß lediglich der Be-
urtheilung einer jeden Königl. Regierung nach den deshalb veranlaßten
Ermittelungen und Nachforſchungen überlaſſen bleiben, und das Miniſte-
rium wünſcht nur, von den Reſultaten, zu welchen dieſelbe gelangt
ſein wird, ſo ausführlich wie möglich in Kenntniß geſetzt zu werden.
Unabhängig aber von den bisher erörterten allgemeineren Maaßregeln,
nämlich von der Sorge für die Mittel und Anſtalten zur Beſſerung
und Erziehung der verwahrloſeten Kinder und von der Ermittelung
und Hemmung der Quellen des frühen Verderbens, muß nun auch in
jedem einzelnen Falle das Nöthige geſchehen, damit neben dem
beſonderen Zwecke der Behandlung und Beſſerung des jedesmaligen
Indivivui auch der allgemeinere, dem Verderben unter der Jugend
überhaupt Einhalt zu thun, möglichſt erreicht werden könne. Es
reicht daher nicht hin, für die jungen Verbrecher und Uebertreter
ſelbſt auf zweckmäßige Weiſe dahin zu ſorgen, daß das früher Ver-
ſäumte möglichſt nachgeholt, ſie ſelbſt in günſtige Verhältniſſe unter
redliche Vormünder, zu wohlgeſinnten Lehr- oder Dienſtherren, oder in
gute Anſtalten gebracht und in fortwährender Aufſicht gehalten werden,
ſondern es muß auch in jedem einzelnen Falle noch genau nachgeforſcht
werden, welcher Schuld etwa Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Ange-
hörige, Dienſtherrſchaften, Lehrer, Geiſtliche und Behörden durch Ver-
nachläſſigung ihrer Pflichten oder durch Fahrläſſigkeit in der Aufſicht
ſich theilhaftig gemacht haben, um, wenn ſich dergleichen ergiebt, die
Schuldigen zu der ernſtlichſten Verantwortung entweder ſelber zu ziehen,
oder durch die nöthigen Requiſitionen ziehen zu laſſen. Wie ein ſolches
Verfahren, wenn es unausgeſetzt beobachtet wird, ſchon durch ſich ſelbſt
wirkſam ſein und die Wachſamkeit verpflichteter Perſonen, namentlich
der Geiſtlichen und des Lehrſtandes und der Behörden, mindeſtens um der
Rechenſchaft zu entgehen, rege erhalten und mithin ſchon als Vorbeu-
gungsmittel dienen muß, ſo giebt auch dieſe ſpecielle Nachforſchung
[273] wiederum Gelegenheit, den Urſachen und Anläſſen zu den Vergehungen
junger Perſonen überhaupt auf die Spur zu kommen und danach
allgemeinere Maaßregeln der Abhülfe zu nehmen. Aus dieſem Ge-
ſichtspuncte hauptſächlich muß die General-Verfügung vom 30. Novbr.
v. J. und die darin angeordnete Einrichtung der vierteljährlichen Nach-
weiſungen betrachtet werden. Das Miniſterium hat auch mit Wohl-
gefallen bemerkt, daß mehrere Königl. Regierungen die Abſicht jener
Verfügung wohl erkannt haben und mit Antheil und Ueberzeugung
auf ihren Zweck eingegangen ſind; und wenn von anderen ein
Gleiches bisher nicht geſchehen iſt, ſo wird es nur der hier geführten
Auseinanderſetzung bedürfen, um die wohlthätige Intention der er-
gangenen Beſtimmungen erkennen zu laſſen und zur ſorgfältigen Mit-
wirkſamkeit für einen Zweck zu bewegen, der eben ſo ſehr für eine Pflicht
der Menſchlichkeit und Gewiſſenhaftigkeit, als der Sorge für das all-
gemeine Landeswohl gehalten werden muß. Das Miniſterium erwartet
daher nunmehr zuverſichtlich, daß allenthalben nach den hier gegebenen
Anleitungen mit Antheil und Nachdruck werde verfahren, folglich den
betreffenden, von den Königl. Regierungen reſſortirenden Perſonen und
Behörden, alſo den Lehrern und Geiſtlichen, den Polizei-Behörden,
den ſtädtiſchen Schul-Commiſſionen und den landräthlichen Officien
die nöthige Inſtruction und Vorſchrift werde ertheilt, mit den richter-
lichen Behörden die erforderliche Abrede werde genommen, eine un-
ausgeſetzte wachſame Controlle werde geführt, in jedem einzelnen Falle
das Zweckdienliche werde verfügt und die angeordnete regelmäßige
Berichtserſtattung nicht werde verabſäumt werden. Wo aber etwa
bereits von den Königl. Regierungen in der Abſicht des Circulars
vom 30. Novbr. v. J. aus eigenem Antriebe verfahren worden iſt,
da läßt ſich erwarten, daß auch die Rechenſchaft darüber aufs bereit-
willigſte werde abgelegt werden, damit der höchſten Behörde nicht blos
die Ueberzeugung, daß das Rechte geſchieht, ſondern auch Gelegenheit
verſchafft werde, die einzelnen Erfahrungen von ihrem höheren Stand-
puncte zu allgemeinen Zwecken und zur Herbeiführung der nach den
Umſtänden nöthigen generellen adminiſtrativen oder legislativen Maaß-
regeln zu benutzen. Eben deshalb muß es auch bei der ergangenen
Feſtſetzung, daß die Nachweiſungen vierteljährlich einzuſenden ſind,
für’s Erſte noch bleiben. Damit aber dieſe Nachweiſungen überein-
ſtimmend eingerichtet ſeien und die Ueberſicht und Vergleichung erleichtern,
18
[274] iſt es nöthig, daß ſie nach folgenden Rubriken abgetheilt werden:
1) Laufende Nummern; — 2) der landräthliche Kreis; — 3) Vor-
und Zuname des Verbrechers; — 4) Geburts- und Aufenhaltsort
deſſelben; — 5) Stand und Verhältniſſe der Eltern, wobei anzuführen
iſt, ob ſie noch leben oder eine oder beide verſtorben ſind, und na-
mentlich ob das Kind ehelich erzeugt iſt; — 6) Alter des Verbrechers;
— 7) Religion; hiebei iſt zu bemerken, daß dieſe jederzeit nach der
Religion der Eltern, und bei gemiſchten Ehen nach den geſetzlichen
Beſtimmungen Th. II. Tit. 2. §. 76. des Allg. Landr. anzugeben iſt,
es wäre denn, daß nach zurückgelegtem anno discretionis die beſtimmte
Annahme einer andern Religion, als der elterlichen oder reſp. väter-
lichen oder mütterlichen Statt gefunden hätte; — 8) der empfangene
Schul- und Religionsunterricht und die darauf bezüglichen Notizen,
alſo: ob das Kind confirmirt oder zum erſten Abendmahl gegangen ſei
oder nicht und dergleichen mehr; — 9) das Verbrechen; — 10) nähere
Lebensverhältniſſe, beſonders in Beziehung auf diejenigen Umſtände,
welche das Verbrechen entſchuldigen oder erſchweren; — 11) gericht-
liches Verfahren; hierhin gehört die Angabe, ob bereits die Unterſuchung
eingeleitet iſt, ob ſie noch ſchwebt oder ob das Erkenntniß erfolgt iſt,
und in letzterem Falle, ob und welche Strafe verhängt und wie es
mit deren Vollziehung gehalten iſt oder wird gehalten werden; —
12) die von der Königl. Regierung eingeleiteten oder genommenen
Maaßregeln, ſowohl zur Ermittelung der Schuld, welche wegen Ver-
wahrloſung oder Amtsnachläſſigkeit Perſonen oder Behörden trifft,
als auch zur Beſſerung des Uebertreters. — Dieſe Nachweiſungen
ſind jedesmal mittelſt begleitenden Berichtes einzureichen, zu welchem
etwaige Specialien einzelner merkwürdigen Fälle, die Reſultate der
gemachten Erfahrungen und Beobachtungen, Vorſchläge zu künftigen
oder Nachrichten von getroffenen zweckmäßigen Einrichtungen, das mehr
oder minder eifrige Zuſammenwirken der Untergebenen, ſo wie über-
haupt günſtige oder hindernde Umſtände, vergleichende Zuſammen-
ſtellung der verſchiedenen Theile des Regierungsbezirks und mancherlei
Bemerkungen, die bei antheilvoller Behandlung des Gegenſtandes ſich
von ſelbſt darbieten, den reichhaltigſten Stoff hergeben werden. Je-
denfalls aber ſind in dieſem Berichte die von den Juſtizbehörden noch
nicht abgemachten Fälle noch beſonders zuſammenzuſtellen, und in
jedem folgenden Berichte mit der Angabe, ob und wie ſie entſchieden,
[275] und ſo lange, bis die Entſcheidung erfolgt iſt, immer aufs Neue zu
erwähnen. Endlich wird noch bemerkt, daß Verbrecher, die ſchon das
16. Jahr zurückgelegt haben, in die Liſten nicht aufzunehmen ſind,
es wäre denn, daß beſonders merkwürdige und für den Zweck der
Nachweiſungen intereſſante Umſtände es rathſam machten.


11. Reſcr. v. 16. April 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 420.),
betreffend die Belehrung und Warnung der Kinder in den Schulen
über das Wegfangen der Singvögel und Ausnehmen der Vogelneſter.


12. Reſcr. v. 22. Januar 1828. nebſt Anlagen (v. K. Ann.
B. 12. S. 121 ꝛc.), betr. die Bewahrung der Jugend vor ſittenge-
fährlichen Vergnügungen.


Der Königl. Regierung wird hierneben (sub lit. a.) ein Exem-
plar der wegen Bewahrung der Jugend vor der Theilnahme an ſitten-
gefährlichen Vergnügungen von der Regierung zu Frankfurt a. O. an
die Landräthe, Superintendenten und Schul-Inſpectoren ihres Bezirks
erlaſſenen Verfügung zur Kenntnißnahme mit der Aufforderung zuge-
fertigt, dieſe Verfügung, ſofern die Königl. Regierung gegen den in
ſelbiger gedachten Unfug nicht ſchon ähnliche Maaßregeln ergriffen
haben ſollte, auch für ihren Bezirk mit den etwa nothwendigen Modi-
ficationen zu benutzen. Sollte durch die etwa nöthig befundenen Ver-
änderungen und Zuſätze etwas weſentlich Neues von allgemeinem
Intereſſe hinzukommen, ſo hat die Königl. Regierung die ſonach modi-
ficirte Verfügung hierher einzureichen. Ueberhaupt aber wird dem
Miniſterio jede Mittheilung von den genommenen Maaßregeln oder
erlaſſenen Verfügungen in der ſo wichtigen und in manchen Regierungs-
Bezirken bereits zu ſehr erfreulichen Reſultaten führenden Rettungs-
und Beſſerungs-Angelegenheit ſehr willkommen ſein.


a. Es iſt bemerkt worden, daß den Kindern vor zurückgelegtem
14ten Lebensjahre das Beſuchen der Schank- und Spielſtuben und
der Tanzböden häufig und noch dazu ohne alle Aufſicht geſtattet wird.
Um dem hieraus entſtehenden Nachtheil möglichſt entgegen zu arbeiten,
veranlaſſen wir die Herren Landräthe hierdurch, ſowohl durch eine
angemeſſene Inſtruction der Orts-Polizei-Behörden, als auch even-
tualiter durch eignes polizeiliches Einſchreiten, dem Umhertreiben der
Kinder in den Schänken und Wirthshäuſern nach Kräften Einhalt zu
thun, und darauf zu halten, daß den Kindern, ohne Beiſein ihrer
Eltern oder ſonſtigen häuslichen Vorgeſetzten, weder der dauernde
18*
[276] Aufenthalt in den Trink- und Spielſtuben geſtattet, noch auch viel
weniger geiſtige Getränke, namentlich Branntwein, verabreicht werden.


Abſchrift vorſtehender Verfügung an ſämmtliche Herren Super-
intendenten und Schul-Inſpectoren mit dem Auftrage, die Herren
Geiſtlichen und Schullehrer Ihres Aufſichtskreiſes anzuweiſen, den
Zweck der angeordneten Maaßregel durch ihre Einwirkung als Seel-
ſorger auf die Eltern und als Lehrer auf die Jugend möglichſt zu
unterſtützen, und durch alle in den Grenzen ihres Amtes liegenden
Mittel nach Kräften dazu mitzuwirken, daß die Jugend vor dem ver-
derblichen Einfluſſe ſolcher Vergnügungen, welche die rohe Sinnlichkeit
aufregen, oder durch den Anblick böſer Beiſpiele der Erwachſenen das
jugendliche Herz ſchon frühe mit dem Laſter befreunden, wenigſtens
ſo lange als möglich, und bis eine größere Reife der Geiſtes- und
Herzensbildung die Gefahren eines ſolchen Einfluſſes zu ſchwächen im
Stande iſt, bewahrt werde. Es ſind hierbei beſonders die Tage im
Auge zu behalten, welche zu einem übermäßigen Genuß gemeinſamer
Vergnügungen am meiſten Veranlaſſung geben, Feſttage überhaupt,
das Faſtnachts-, Ernte- und Kirmeßfeſt beſonders, an manchen Orten
auf dem platten Lande auch größere Hochzeits- und Kindtaufsfeſte.
Die Herren Geiſtlichen werden bei ihren Confirmanden, die Lehrer
bei ihren Schülern, nicht ermangeln, kurz vor dem Eintritt ſolcher
Tage ihre Catechumenen und Schüler durch freundlich-ernſte Anſprache
gegen jedes Uebermaaß und jede Unanſtändigkeit beim Genuſſe der ſich
ihnen darbietenden Vergnügungen, gegen die Theilnahme an ſolchen
Vergnügungen, die entweder für die Sittlichkeit überhaupt, oder doch
die der Kinder gefährlich ſind, zu verwarnen, und ſie möglichſt gegen
den verderblichen Einfluß der dabei vorkommenden böſen Beiſpiele im
Voraus zu verwahren. Noch ſicherer wird von den Herren Geiſtlichen
dieſer Zweck durch ihre ſeelſorgeriſche Einwirkung auf die Eltern er-
reicht werden. — Sollte dieſem Zwecke von Schank- und Gaſtwirthen
auf eine, der vorſtehenden Circular-Verordnung an die Landräthe
zuwiderlaufende Weiſe entgegengewirkt werden, ſo werden die Herren
Geiſtlichen aufgefordert, hiervon der Ortspolizei- und nach Umſtänden
der landräthlichen Behörde Anzeige zu machen.


13. Circ.-Reſcr. vom 11. Juli 1828. (v. K. Ann. B. 12.
S. 720.), betr. die Beſſerung verwahrloſeter Kinder.


In der Circular-Verfügung d. d. 30. November 1825., betreffend
[277] die Behandlung und Beſſerung der verwahrloſeten, in Criminal-Unter-
ſuchung gerathenen Kinder, iſt den Königl. Regierungen die viertel-
jährliche Einſendung von Nachweiſungen ſolcher Kinder ꝛc. zur Pflicht
gemacht, und in der Circular-Verfügung vom 2. October 1826 bemerkt
worden, daß es bei dieſer vierteljährlichen Einſendung für’s Erſte
noch verbleiben müſſe. Das Miniſterium hielt ſich damals für ver-
pflichtet, dieſen wichtigen Gegenſtand, welcher nicht von allen Behörden
mit gleicher Lebhaftigkeit und gleichem Geſchick aufgefaßt wurde, genau
zu verfolgen. Da nunmehr aber eine ſehr lebhafte Theilnahme für
denſelben erwacht iſt, und viele Behörden ſich durch eine ſehr zweck-
mäßige Behandlung deſſelben auszeichnen, ſo findet ſich das Miniſterium
veranlaßt, ſowohl in Abſicht der Zeit der Einreichung als auch der
Art der Einrichtung dieſer Nachweiſungen folgende Abänderung ein-
treten zu laſſen: 1) Die Nachweiſungen ſind nicht mehr viertel-, ſondern
halbjährlich, und zwar am 1. Januar und 1. Juli, einzuſenden. —
2) Nur die vollſtändig erledigten, d. h. diejenigen Fälle, in
welchen entweder das Rechtserkenntniß oder die anderweitige Unter-
ſuchung, Beſtrafung, Unterbringung ꝛc. bereits erfolgt iſt, ſind nach
dem in der Verfügung vom 2. October 1826 aufgeſtellten Schema
vollſtändig bearbeitet, in die Nachweiſungen aufzunehmen. —
3) Die neuen Fälle ſind nur unter den folgenden vier Rubriken auf-
zuführen: laufende Nummer, Name des Verbrechers, Art des Ver-
brechens, Tag der Vrehaftung oder Entdeckung (terminus a quo). —
4) Daſſelbe gilt von den noch unerledigten Fällen, bei denen jene
(sub Nr. 3. angegebenen) Rubriken jedoch immer vollſtändig und ohne
Zurückweiſung auf vorhergehende Nachweiſungen auszufüllen ſind. —
5) Demnach wird in Zukunft jede halbjährliche Nachweiſung enthalten:
A. Früher unerledigte, B. neue unerledigte, C. frühere nunmehr erledigte,
D. neue erledigte Fälle. A. und B. nur nach vier (cf. Nr. 3.), C.
und D. aber nach den 12 Rubriken der Verfügung vom 2. October
1826 vollſtändig bearbeitet und aufgeführt. — 6) Bei der nach voll-
ſtändiger Erledigung des Falles zu gebenden ausführlichen Darſtellung
ſind, da es hier gar nicht auf bloße Sammlung ſtatiſtiſcher und poli-
zeilicher Ueberſichten und Notizen, ſondern auf Gewinnung von Er-
fahrungen, welche zur Herbeiführung eines beſſeren ſittlichen Zuſtandes
benutzt werden ſollen, abgeſehen iſt, die Nummern 5. 10. 11. 12. des
bisherigen Schema mit ganz beſonderer Sorgfalt ins Auge zu faſſen.
[278] Tiefer eingehende pſychologiſche Entwickelungen und Winke, Aufdeckung
der Quellen jugendlicher Verderbtheit, Entſtehung, Ausbruch und Ver-
lauf des moraliſchen Uebels, intereſſante Notizen aus den Verhören,
Beobachtungen und Erfahrungen über die zweckmäßigſte und erfolg-
reichſte Art der Unterſuchung, Beſtrafung, Belehrung, Beſſerung; ge-
lungene Verſuche der Unterbringung oder überhaupt des Strebens,
allgemeine und beſondere Theilnahme für die Kinder und den Gegen-
ſtand zu erregen und dergl. m. werden in dieſen Nachweiſungen und
Darſtellungen dem Miniſterium ſehr willkommen ſein, ſo wie alle
Vorſchläge zu fehlenden allgemeinen und beſonderen Veranſtaltungen,
welche zu Vermeidung oder Abhülfe des Uebels mitwirken können.
Dabei ſetzt das Miniſterium jedoch die nöthige Unterſcheidung der
Fälle voraus, ſo daß gemeiner Diebſtahl z. B., ohne beſondere Neben-
umſtände, nur ganz kurz zu berühren ſein würde. — 7) Alljährlich
zum 1. April (zunächſt 1829) iſt eine allgemeine Ueberſicht aller in
dem verfloſſenen Jahre vorgekommenen (erledigten und unerledigten)
Fälle nach folgendem Schema einzuſenden: 1) Summe aller Ver-
brechen
: Der Fälle waren überhaupt z. B. 40 ꝛc. 2) Art der
Verbrechen
: 25 Diebſtähle, 1 Brandſtiftung ꝛc. 3) Geſchlecht
der Verbrecher
: 20 Kinder männlichen, 20 weiblichen Geſchlechts.
4) Confeſſion der Verbrecher: 20 Kinder evangeliſcher, 20 ka-
tholiſcher ꝛc. Confeſſion. 5) Mutterſprache: 5 deutſche Kinder ꝛc.
(wendiſch, polniſch, litthauiſch ꝛc.) 6) Alter der Verbrecher: 7
Kinder unter 10 Jahren, 20 im 11ten ꝛc. 7) Schulunterricht
und Confirmation
: 9 Kinder hatten keinen Schulunterricht, 10
waren noch nicht confirmirt ꝛc. 8) Heimath, Kreis: Aus dem
Kreiſe N. 10 Kinder ꝛc.; aus folgenden Kreiſen keine ꝛc. 9) Namen
der Verbrecher in alphabetiſcher Ordnung. 10) Beſondere No-
tizen, Insgemein
.


14. Circ.-Reſcr. vom 11. Juli 1828. (v. K. Ann. B. 12.
S. 271.), betr. die Beſſerung verwahrloſeter Kinder.


Das Miniſterium findet es in der gegenwärtigen Zeit, wo die
Angelegenheit der Rettung und Beſſerung verwahrloſeter Kinder und
jugendlicher Verbrecher ſo viele Theilnahme gefunden und eben deshalb
einen ſo erfreulichen Fortgang gewonnen hat, beſonders angemeſſen,
den wohlthätigen Bemühungen der Behörden durch einige zweckdienliche
Beſtimmungen noch zu Hülfe zu kommen, ſo wie ihre Aufmerkſamkeit
[279] auf einige weſentliche Förderungsmittel und Geſichtspuncte hinzulenken:
1) Alljährlich ſoll in der ſogenannten Schulpredigt am Michaelis-
feſte von den Predigern die Thatſache, daß in den verſchiedenen Pro-
vinzen des Preußiſchen Staates noch immer ſo viele Kinder den Cri-
minal-Gerichten in die Hände fallen, daß für deren Bewahrung,
Rettung und Beſſerung noch ſo viel zu thun übrig bleibe, erwähnt,
und die Abſtellung dieſes traurigen Uebelſtandes als eine Angelegenheit
der Menſchheit, insbeſondere aber als eine Gelegenheit zu Erweiſung
der wahrhaft chriſtlichen Liebe dargeſtellt werden. Es wird hierüber
das Nähere noch durch eine beſondere Verfügung erlaſſen werden. —
2) Es iſt beſonders wichtig und nöthig, dahin zu wirken, daß ſich
allmählig überall ähnliche freie Vereine für die Sache bilden, wie
zu Berlin, Poſen, Memel, Gerdauen ꝛc. ſchon beſtehen, und zu
Düſſeldorf ſich auch ein ſolcher für die ſittliche Verbeſſerung der Ge-
fangenen gebildet hat (ſ. Beckedorff’s Jahrb. B. V. S. 38 ꝛc. 87 ꝛc.).
Auf dieſem Wege werden ſich allmählig auch durch freiwillige Beiträge
Fonds bilden, welche bei Unterbringung, Freiſprechung ꝛc. der ver-
wahrloſeten Kinder die nöthigen Mittel darbieten, deren Mangel der
Sache oft ſo bedeutende Hinderniſſe in den Weg legt. — 3) Eben ſo,
oder wohl noch mehr förderlich als die Bildung dieſer Vereine wird
das unabläſſige, aufmerkſame Bemühen, ſolche einzelne Perſonen
aufzufinden und in das Intereſſe zu ziehen, welche einer lebendigen
und dauernden Theilnahme und Hingebung für die Sache fähig ſein
möchten, wirken. Zu ſolchen ſind insbeſondere und vor allen zu rechnen:
A. menſchenfreundlich und chriſtlich geſinnte Werkmeiſter, welche
verwilderte Knaben in der Werkſtatt neben ſich, in Liebe und Ernſt,
zu werktüchtigen Bürgern, Menſchen und Chriſten bilden; oder B.
eben ſolche Hausfrauen, welche im Hauſe und in der Wirthſchaft,
in der Wohnſtube und in der Küche, an verwahrloſeten Mädchen um
Chriſti und Gottes willen treue Mutterliebe üben, und ſie zu Gott
und Menſchen wohlgefälligen Jungfrauen und Frauen aufziehen. —
4) Auch durch Ausarbeitung und Ausbreitung geeigneter Druck-
ſchriften
kann für den betreffenden Zweck viel gewirkt werden. Bei-
ſpiele ächter Begeiſterung und rühmlicher Thätigkeit von Menſchen-
freunden würden auf der einen, merkwürdige und erfreuliche Fälle
von gelungenen Rettungen auf der andern Seite einfach, aber dennoch
lebendig und kräftig darzuſtellen ſein. Einen bedeutenden Vorrath
[280] von Stoff würden zu dieſem Behuf die kleinen Schriften, Nachrichten ꝛc.
des verſtorbenen Hofraths Falk zu Weimar, ſo wie die gedruckten
Jahresberichte der Anſtalten zu Berlin, Erfurt ꝛc. (ſ. Beckedorff’s
Jahrbücher B. V. Heft 1.) liefern. Eine andere Art von Volks-
ſchriften könnte beſonders auf Entdeckung und Vertilgung des Uebels
durch Belehrung der beſſern Eltern berechnet werden, und gleichſam
Verhaltungsregeln für dieſelben bei den gewöhnlichen moraliſchen
Kinderkrankheiten enthalten. Es fehlt freilich zur Zeit noch an einer
ächten, im chriſtlichen Geiſte abgefaßten, kurzen und einfachen: An-
weiſung für rechtſchaffene Eltern zur Bewahrung ihrer
Kinder
. Eine ſolche Schrift müßte überall unentgeltlich für die
Begehrenden bei den Ortsgeiſtlichen ꝛc. zu haben ſein. — 5) Bei der
ſo wichtigen Unterbringung der Kinder, oder bei der Verſetzung
derſelben in neue, ſie umbildende und neuſchaffende Lebens-Verhält-
niſſe, in denen das ſittliche Gefühl, der Trieb zu geordneter, nützlicher
Thätigkeit ꝛc. wieder erwachen ſoll, ſind gewiſſe beſondere Rückſichten
zu nehmen, deren Nichtbeachtung nur zur Nichterreichung des guten
Zweckes führen würde. Wo möglich ſollen Kinder dieſer Art in die
einfachſten und natürlichſten Lebensverhältniſſe bei dem Landbau,
der Gärtnerei, den Handwerken ꝛc., aber in der Regel nie in Fabriken
untergebracht werden. Alle zu ſcharfen Gegenſätze gegen die vorige
Lebensweiſe ſind zu vermeiden, alle Gelegenheiten zur Erneuerung
oder traurigen Nachwirkung des vorigen Zuſtandes möglichſt abzu-
ſchneiden. Der Vagabonde iſt z. B. nicht in enge Mauern, in eine
zu beſchränkte Lage, der Dieb nicht zu einem kargen Brodherrn, der
durch Unkeuſchheitsſünden Geſchwächte nicht zu einer ſitzenden Pro-
feſſion zu bringen. Aber Alle ſind möglichſt aus der vorigen verderb-
lichen Umgebung zu verſetzen, und durch ſolche Verſetzung zum neuen
Wachsthum und Leben zu fördern. — 6) Noch mehr aber als auf
die, dem Verbrechen nachfolgende Verſetzung und Beſtrafung iſt auf
die vorläufige Bewahrung und Verhütung Achtſamkeit, Mühe und
Fleiß zu verwenden. Das verhütende (negative) Verfahren kann,
wie in der allgemeinen Erziehungs- und Menſchenbildungslehre, ſo
auch in dieſer beſondern Angelegenheit nicht dringend genug empfohlen
werden. So ſollten in jeder Gemeine diejenigen Kinder, deren Ab-
ſtammung ſchon eine Erbſchaft gewiſſer, faſt unheilbarer moraliſcher
Gebrechen vorausſetzen läßt, oder welche, ihrer Lage, Umgebung und
[281] Erziehung nach, vorausſichtlich dem Criminalrichter über kurz oder
lang in die Hände gerathen müſſen, bei Zeiten ſcharf in’s Auge gefaßt
und bevormundet werden; Geiſtliche und Schullehrer ſollten, außer
der obrigkeitlich angeordneten polizeilichen Aufſicht, noch beauftragt
werden, Verzeichniſſe ſolcher Kinder anzufertigen, um dieſelben nach
Umſtänden der Polizeibehörde, der Armen-Direction ꝛc. einzureichen.
— 7) Wo die Eltern jugendlicher Verbrecher an dem ſittlichen Ver-
derben derſelben augenſcheinlich große Schuld haben, oder wohl gar
ſelbſt die Verführer waren, iſt es wichtig, daß dieſe die größere Strafe
erleiden. Ebenſo müſſen alle der Verführung von Kindern überführte
Erwachſene, oder alle diejenigen, welche durch öffentliche grobe Ver-
letzung der allgemeinen Zucht und Sitte, den Kindern ein ſchändliches
und ſchädliches Aergerniß gegeben haben, nach der ganzen Strenge
der Geſetze zur Strafe gezogen werden. Es iſt wichtig, daß durch
abſchreckende Beiſpiele die Aufmerkſamkeit auf ſolche Fälle mehr ge-
ſchärft und das allgemeine Gefühl der Schändlichkeit und Strafbar-
keit recht lebendig werde. — 8) Bei den ſchon verhafteten Kindern
verdient eine vorzügliche Aufmerkſamkeit die Beſchäftigung während
der Haft, daß ſie nicht durch Müßiggang und ſchlechte Geſellſchaft noch
ſchlechter, ſondern zu einer angemeſſenen Thätigkeit, Arbeit, zum Leſen
der heiligen Schrift und guter Bücher, ſofern ſie leſen können, ange-
halten werden. In Betreff der unbeſchulten Kinder dieſer Art ver-
dient die Einrichtung der Beſſerungs-Anſtalt zu Graudenz, in welcher
ſich eine Hausſchule befindet, deren Lehrer den zur Haft gebrachten
Kindern einen angemeſſenen Unterricht ertheilt, beſonders Nachahmung.
Auch möchte die dortige Einrichtung, daß der Gefangene durch Reue,
Beſſerung, Wohlverhalten, Fleiß, ſeine Lage verbeſſern, mehr Freiheit
gewinnen, die Zeit ſeiner Gefangenſchaft ſogar abkürzen kann, auf
jugendliche Verbrecher vorzüglich Anwendung finden. (ſ. Beckedorff’s
Jahrb. B. V. S. 113 ꝛc.) — 9) Wo mehrere verwahrloſete Kinder
in einem kleineren Kreiſe untergebracht ſind, iſt eine allſonntägliche
Verſammlung in einem Vaterhauſe mit dem Zwecke der gemein-
ſchaftlichen Erhebung und Erbauung ſehr zu empfehlen. — 10) In
Betreff der in Fabriken arbeitenden, und in dieſer Stellung nicht ſelten
allerhand nachtheiligen Einwirkungen ausgeſetzter Kinder, behält das
Miniſterium ſich die nöthigen Eröffnungen für ein nachfolgendes
Circular vor.


[282]

Das Miniſterium überläßt dem Königl. Conſiſtorium auch aus den
Nummern 2. bis 10. dasjenige, was für dieſe wichtige Angelegenheit
unter den dortigen Verhältniſſen förderſam wirken möchte, durch all-
gemeine Mittheilung weiter bekannt zu machen.


15. Reſcr. v. 8. Novbr. 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 796.),
betr. den verbotenen Beſuch der Schankſtätten von Seiten der Gym-
naſiaſten und Schüler.


Die unterzeichneten Miniſterien finden die, von der Königl. Re-
gierung in dem Berichte vom 19. Auguſt c. aufgeſtellten Bedenken,
weshalb dieſelbe ſich zur Gewährung des Antrages des Königl. Pro-
vinzial-Schulcollegii in Stettin, den Caffetiers, Schank- und Gaſt-
wirthen in N. N. die Aufnahme von Gymnaſiaſten ganz zu unter-
ſagen, nicht für ermächtigt hält, hinreichend begründet. Zur Erreichung
des beabſichtigten Zweckes wird es aber genügen, wenn das Verbot,
Schüler in Schankſtätten zu dulden, auf die Fälle, wo die Schüler
nicht in Geſellſchaft ihrer Eltern, Lehrer oder Vormünder, beſchränkt,
und — worauf es überhaupt ankommt — das ſogenannte Schnapſen
der Schüler möglichſt verhütet wird.


16. Reſcr. v. 17. Decbr. 1832. (Neigeb. Gymn. S. 203.),
betr. die Beaufſichtigung der Gymnaſiaſten, welche nicht im elterlichen
Hauſe wohnen.


Das Miniſterium findet die von dem Königl. Schulcollegio der
Provinz Brandenburg mit dem Berichte vom 7. d. M. im Entwurf
eingereichte Verfügung, betreffend die Beaufſichtigung derjenigen Gym-
naſiaſten, welche nicht im elterlichen Hauſe wohnen, durchaus zweck-
mäßig, und beauftragt das Königl. Schulcollegium, den Directoren
ſämmtlicher Gymnaſien ſeines Bezirks dieſe Verfügung zur Befolgung
und Mittheilung an die Eltern und Vormünder der gedachten Schüler
zugehen zu laſſen, auch nach Möglichkeit darauf hinzuwirken, daß bei
den Gymnaſien eine den örtlichen Verhältniſſen angemeſſene Beauf-
ſichtigung ſolcher Schüler, deren Eltern oder Vormünder nicht am
Orte wohnen, Statt finde.


Entwurf zu einer Verfügung wegen Beaufſichtigung ſolcher Zöglinge
der Gymnaſien, welche nicht im elterlichen Hauſe wohnen.


1) In Gymnaſien und ähnliche höhere Lehranſtalten können nur
ſolche junge Leute aufgenommen werden, welche unter der Aufſicht
ihrer Eltern, Vormünder oder anderer zur Erziehung junger Leute
[283] geeigneter Perſonen ſtehen. Schüler, welche ohne geeignete Aufſicht
ſind, ſollen auf Gymnaſien und ähnlichen Lehranſtalten nicht geduldet
werden.


2) Bei der Aufnahme junger Leute, deren Eltern oder Vormünder
nicht am Orte wohnen, haben die Directoren der Gymnaſien ſich nach-
weiſen zu laſſen, auf welche Weiſe für die Beaufſichtigung derſelben
geſorgt iſt. Halten ſie die getroffenen Einrichtungen nicht für aus-
reichend, ſo haben ſie dies den Eltern oder Vormündern zu eröffnen,
und darauf zu halten, daß eine anderweitige, dem Zweck entſprechende
Einrichtung getroffen werde.


3) Ohne Vorwiſſen des Directors darf kein Schüler in eine an-
derweitige Aufſicht gegeben werden.


4) Der Director iſt ſo berechtigt als verpflichtet, von dem häus-
lichen Leben auswärtiger Schüler, entweder unmittelbar oder durch
Lehrer der Anſtalt, Kenntniß zu nehmen, und wenn ſich hierbei Uebel-
ſtände ergeben ſollten, auf deren unverzügliche Abſtellung zu dringen.


5) Findet der Director, daß die Aufſicht, unter welche auswärtige
Schüler geſtellt worden, unzureichend iſt, oder daß die Verhältniſſe,
in welchen ſie ſich befinden, der Sittlichkeit nachtheilig ſind, ſo iſt er
berechtigt und verpflichtet, von den Eltern oder Vormündern eine
Aenderung dieſer Verhältniſſe, binnen einer nach den Umſtänden zu
beſtimmenden Friſt, zu verlangen.


6) Eltern und Vormünder, welche ihre Söhne oder Pflege-
befohlenen Behufs ihrer Aufnahme in ein Gymnaſium in Koſt und
Pflege geben, ſind verpflichtet, dieſe Beſtimmungen zu beachten, und
die Aufſeher ihrer Söhne oder Pflegebefohlenen von ſelbigen in
Kenntniß zu ſetzen. Es bleibt auch lediglich ihnen überlaſſen, für den
Fall, daß eine Aufhebung des Verhältniſſes von der Anſtalt verlangt
werden möchte, mit den Aufſehern ihrer Kinder und Pflegebefohlenen
die erforderlichen Verabredungen zu treffen.


17. Reſcr. v. 21. April 1840. (M.-Bl. S. 157.), daß die
Kinder in den Schulen vor dem fahrläſſigen Umgehen mit Schieß-
gewehren gewarnt werden ſollen.


18. Reſcr. v. 12. März 1841. nebſt Anlage (M.-Bl. S. 121.),
betr. die Abhaltung ſchulpflichtiger Kinder von dem Beſuche der
Tanzböden.


Auf den Bericht der Königl. Regierung v. 8. v. M. genehmige
[284] ich den von Ihr vorgelegten Entwurf einer zu erlaſſenden polizeilichen
Verordnung gegen den Beſuch von Tanzböden Seitens ſchulpflichtiger
Kinder, und überlaſſe hiernach die diesfällige Verfügung. (Anl. a.)


Berlin, den 12. März 1841.


a.


Der ſittenverderbliche Unfug, daß Kinder im ſchulpflichtigen Alter
öffentliche Tanzbeluſtigungen beſuchen und in Wirthshäuſern geiſtige
Getränke genießen, hat uns veranlaßt, unter beſonderer Genehmigung
Sr. Excellenz des Herrn Miniſters des Innern und der Polizei, nach-
ſtehende Verordnung zu erlaſſen.


  • 1) Es iſt jedem Gaſt- und Schänkwirth überhaupt unterſagt, Kindern
    im ſchulpflichtigen Alter geiſtige Getränke anders zu verabfolgen,
    als wenn die anweſenden Eltern oder deren Angehörige ſolches
    ausdrücklich verlangen.
  • 2) Jeder Gaſt- und Schänkwirth, welcher Tanzbeluſtigungen hält,
    iſt verpflichtet, ſchulpflichtige Kinder, welche den Tanzboden be-
    ſuchen wollen, aus ſeinem Hauſe zu weiſen, und wenn dieſelben
    dieſer Aufforderung keine Folge leiſten, dieſelben der Orts-Polizei-
    Behörde anzuzeigen, damit durch den betreffenden Schullehrer
    deren Belehrung und Disciplinar-Beſtrafung bewirkt werde.
  • 3) Wer dem vorſtehend zu 1. und 2. erlaſſenen Verbote wiſſentlich
    zuwider handelt, hat zu gewärtigen, daß ihm die Verlängerung
    der polizeilichen Conceſſion zum Fortbetriebe ſeines Schenkgewerbes
    verſagt, und im Wiederholungsfalle die Befugniß zur Ausübung
    ſeines Gewerbes ſofort entzogen wird.
  • 4) Sämmtlichen Schulbehörden machen wir es zur Pflicht, in den
    Schulen den Beſuch von Wirthshäuſern und namentlich von
    öffentlichen Tanzböden wiederholt und aufs Strengſte zu unter-
    ſagen, und auf erfolgte Mittheilung der Ortsbehörde, daß deſſen
    ungeachtet gegen dieſes Verbot gehandelt worden, gegen den
    Schuldigen eine angemeſſene Discinarbeſtrafung eintreten zu
    laſſen, — ſo wie wir auch an die Eltern und Erzieher die
    Aufforderung richten, auch ihrerſeits darauf zu achten, daß ihre
    ſchulpflichtigen Kinder weder öffentliche Tanzböden noch Wirths-
    häuſer beſuchen.

Trier, den 23. März 1841.


19. Circ.-Reſcr. v. 9. März 1843. nebſt Anlage (M.-Bl.
[285] S. 76.), betr. die Unterbringung und Beaufſichtigung auswärtiger
Gymnaſiaſten und Zöglinge der höheren Bürgerſchulen.


Der Königl. Regierung laſſe ich hierneben eine Abſchrift der
wegen Unterbringung und Beaufſichtigung der die Gymnaſien be-
ſuchenden auswärtigen Zöglinge unter dem 31. Juli 1824. an die
Königl. Conſiſtorien erlaſſenen Verfügung (Anl. a.) mit dem Antrage
zugehen, die Beſtimmungen dieſer Verfügung auch auf die höheren
Bürgerſchulen auszudehnen, und das deshalb Erforderliche an die
Directoren dieſer Anſtalten zu veranlaſſen.


a.


Die Erfahrung hat gelehrt, daß diejenigen Schüler von Gym-
naſien, deren Eltern, Vormünder oder Pfleger nicht an dem Orte des
betreffenden Gymnaſii wohnen, wegen Mangels an der erforderlichen
häuslichen Aufſicht, bisweilen auf Abwege gerathen und einen nach-
theiligen Einfluß auf die in den Gymnaſien aufrecht zu erhaltende
gute Disciplin üben. Das Miniſterium ſieht ſich daher veranlaßt,
hinſichtlich der gedachten Schüler Folgendes anzuordnen.


1. Jeder Schüler eines Gymnaſii muß, wenn ſeine Eltern, Vor-
münder oder Pfleger nicht an dem Orte des Gymnaſii wohnen, von
dieſen zur beſonderen Fürſorge einem tüchtigen Auffeher übergeben
ſein, der dem Director oder Rector des Gymnaſii bei der Aufnahme
des Schülers namhaft zu machen iſt, und welcher über ſeinen Privat-
fleiß und ſein ſittliches Betragen außer der Schule eine ernſte und
gewiſſenhafte Aufſicht zu führen hat.


2. Ein jeder der gedachten Schüler hat dem Director oder
Rector des Gymnaſii die Wohnung, welche er in der Stadt zu be-
ziehen gedenkt, bei ſeiner Aufnahme anzuzeigen.


3. In einem Wirthshauſe zu wohnen, oder ſeine Koſt an der
Wirthstafel zu nehmen, iſt keinem ſolcher Schüler verſtattet.


4. Er darf während ſeines Aufenthalts am Gymnaſio nicht
ſeinen Aufſeher oder ſeine Wohnung wechſeln ohne vorherige Anzeige
bei dem Director oder Rector des Gymnaſii und ohne ausdrückliche
Genehmigung deſſelben.


Das Königl. Conſiſtorium wird beauftragt, dieſe Anordnung durch
die Amtsblätter öffentlich bekannt machen zu laſſen, derſelben gemäß
das weiter Erforderliche an die Directoren und Rectoren der Gym-
naſien ſeines Bezirks zu verfügen, und zugleich ſämmtlichen Gymnaſial-
[286] Lehrern auf eine angemeſſene Weiſe zu empfehlen, daß ſie auch auf
das Betragen ihrer Schüler außer der Schule, ſo weit es nur immerhin
möglich iſt, ihre Aufmerkſamkeit und Sorgfalt richten, wie ſie denn
allerdings befugt ſind, dieſelben wegen ihres unſittlichen und anſtößigen
Benehmens außer der Schule zur Verantwortung zu ziehen. Die
Lehrer, beſonders aber die Directoren der Gymnaſien, welche in dieſer
Aufſicht ſich vortheilhaft auszeichnen, werden vom Miniſterio beſonders
berückſichtigt werden, ſo wie daſſelbe dagegen vernachläſſigte Aufſicht
nachdrücklich rügen wird.


[[287]]

Sechste Abtheilung.


1. Das Turnweſen.
2. Die Waiſenhäuſer.
3. Die Taubſtummen-Anſtalten.


[[288]][[289]]

I. Das Turnweſen.


Anmerk. Im Jahre 1819. mußten auf Befehl der Staatsbehörde
ſämmtliche Turnanſtalten eingehen. Die bis dahin erlaſſenen Ver-
ordnungen ſind deshalb nicht aufgenommen.


1. Circ.-Reſcr. v. 26. Febr. 1827. (Neigeb. Gymn. S. 185.),
betr. die Einführung gymnaſtiſcher Uebungen.


Es hat die Abſicht des Miniſterii nicht ſein können, daß in die
Schullehrer-Seminarien, namentlich in diejenigen, mit welchen er-
ziehende Inſtitute nicht verbunden ſind, geregelte gymnaſtiſche Uebungen
dergeſtalt eingeführt werden ſollten, daß ſolche zu den eigentlichen
Gegenſtänden der Unterweiſung gerechnet, in lehrmäßigen Stunden
vorgenommen, mit Hülfe eigener Apparate und dazu beſtimmter und
eingerichteter Säle oder Plätze, oder wohl gar in beſonderer Kleidung,
kurz auf irgend eine Weiſe, nach Regel und äußerer Form, alſo be-
trieben würden, daß dadurch auch nur der Schein der Wiederherſtellung
des Turnweſens hervorgebracht werden könnte.


Wie ſolches ſchon im Allgemeinen der Abſicht des Miniſterii ganz
entgegen ſein würde, ſo liegen auch in dem Zwecke der Seminarien, in
der Beſtimmung ihrer Zöglinge, in der Stellung und der Beſchaffenheit
ihrer Vorſteher und Lehrer und in der ganzen übrigen Einrichtung
dieſer Anſtalten, ſowohl was den darin ertheilten Unterricht, als was
die Lebensordnung der Seminariſten betrifft, noch ganz ſpecielle Gründe,
welche die Einführung wirklicher gymnaſtiſcher Uebungen in die Se-
minarien unzuläſſig machen.


Dagegen aber ſoll in dieſen Anſtalten allerdings auch auf die
körperliche Ausbildung der Zöglinge die gebührende rechte Rückſicht
genommen werden, und zwar


1) ſchon um der Geſundheit willen. Es zeigt nämlich
19
[290] die Erfahrung, daß die ganz veränderte Lebensart, zu welcher ſich die
in das Seminar eintretenden Jünglinge gewöhnen müſſen, nicht ohne
Nachtheil für ihr körperliches Befinden bleibt. Größtentheils vom
Lande, und alſo an das Leben in freier Luft gewöhnt, und ungeübt
in dauernder Anſtrengung des Geiſtes, ſollen ſie ſich plötzlich und zwar
noch in den Jahren der ſich erſt entwickelnden Körperkraft zu ſitzender
Lebensart, zu ungewohnter fortwährender Kopfarbeit, oftmals zu ganz
veränderter Koſt und zum Verzicht auf mancherlei Bequemlichkeiten, die
das elterliche Haus gewährte, verſtehen, und ſind dabei noch wirklich
ſchädlichen Einflüſſen ausgeſetzt. Sie müſſen den Schlaf verkürzen,
täglich 10 und mehr Stunden in angefüllten Lehr- und Arbeitszimmern
ſitzen, im Sommer in übermäßig heißen, des Winters in ganz kalten
Sälen ſchlafen, gleich nach den Mahlzeiten wieder angeſtrengt arbeiten,
und ſelbſt die Erholungszeit zu Beſchäftigungen verwenden, bei denen
der Geiſt in Spannung bleibt. Ein ſolches Leben muß nachtheilig
auf die Geſundheit wirken, und es wird ſchon um dieſer Rückſicht
willen nöthig, auf Leibesbewegungen Bedacht zu nehmen, wodurch
Stockungen und Erſchöpfungen verhütet, freier Umlauf der Säfte und
Entwickelung des Körpers befördert, und dem Geiſte Spannkraft,
Heiterkeit und Friſche erhalten werden.


Es iſt ſolches um ſo wichtiger, da für das künftige Leben des
Landſchullehrers nichts nachtheiliger ſein würde, als wenn er ſich an
eine ſolche, beinahe bloß ſitzende Lebensart gewöhnen ſollte. Abgeſehen
davon, daß der Hang dazu ſchon ſchädlich ſein und ein höchſt nach-
theiliges Vornehmthun begünſtigen würde, kommt er gewöhnlich in
Lagen, wo er zur Aufrechthaltung ſeines Haushalts zu ſtarken körper-
lichen Anſtrengungen genöthigt iſt.


2) um des leiblichen Geſchickes und guten Anſtandes
willen
. Ein unbehülfliches, ungeſchicktes und linkiſches Weſen erregt
mit Recht ein ungünſtiges Vorurtheil, weil es in der Regel das An-
zeichen auch eines rohen und ungebildeten, wenigſtens unſichern und
nicht zum feſten Bewußtſein ſeiner Fähigkeit und ſeiner Kraft gelangten
Innern iſt. Und wie Beſonnenheit, Geiſtesgegenwart, Muth und
Entſchloſſenheit ſich durch körperliche Gewandtheit und Geſchicklichkeit,
eine geſittete Geſinnung durch Anſtand und ein freundliches und lieb-
reiches Gemüth durch Höflichkeit und manierliches Benehmen offen-
baren; ſo wirket auch umgekehrt die Gewöhnung des körperlichen
[291] Verhaltens auf das Innere zurück, und hilft jene guten Eigenſchaften
in der Seele gründen und befeſtigen. Außerdem gewährt Leibesgeſchick
jedem Menſchen mannigfaltige Vortheile, ſowohl in den unvermeid-
lichen Geſchäften des Lebens, als zum eigenen Schutz oder zur Hülfe
Anderer in Noth und Gefahren. Beſonders aber darf dem Lehrer
ein anſtändiges und gefälliges Aeußeres ſchon deshalb nicht fehlen,
damit ihm Achtung und Vertrauen der Eltern, ſo wie die Neigung
der Kinder leicht zu Theil werde. Allein es tritt hier noch eine ganz
beſondere Rückſicht hinzu. Der künftige Lehrer aber ſoll


3) auch um ſeines Berufes willen, mit dem, was zur
Uebung und Ausbildung des Leibes gehört, wohl bekannt ſein.
Als Erzieher hat er auch für das körperliche Geſchick und Wohlſein
der ihm anvertrauten Jugend zu ſorgen; er ſoll alſo wenigſtens wiſſen,
wodurch daſſelbe erhalten und befördert wird, und auch mit der zweck-
mäßigſten Art, wie Leibesübungen anzuſtellen ſind, worauf dabei zu
ſehen und wie Nachtheil zu verhüten iſt, und beſonders, wie ſolche
mit den Spielen und Beſchäftigungen der Kinder zu verbinden ſind,
vertraut ſein. In den Seminarien ſelbſt können deshalb bei dem
Unterrichte in der Erziehungskunſt die Leibesübungen nicht übergangen
werden, und es leuchtet ein, daß, wenn dieſe theoretiſche Anweiſung
irgend Nutzen haben ſoll, der Lehrer ſich dabei auf die eigene Er-
fahrung der Seminariſten und auf die Art, wie ihnen ſelbſt Gelegenheit
zu ihrer körperlichen Ausbildung gegeben iſt, muß berufen können.


In welcher Art und Form nun aber, nach dem dreifachen Ge-
ſichtspuncte, der hier gegeben worden iſt, in jeder einzelnen Anſtalt
diejenigen Uebungen, die den beabſichtigten Zweck erfüllen ſollen, ein-
zurichten ſein werden, darüber läßt ſich im Allgemeinen nichts Feſtes
vorſchreiben, ſondern dies muß theils dem Ermeſſen der Directoren
und Lehrer überlaſſen bleiben, theils wird es durch die örtlichen Ver-
hältniſſe jeder Anſtalt näher modificirt werden müſſen. Anſtalten, wie
Bunzlau, Jenkau, Neuzelle, mit denen Kinder-Erziehungs-Inſtitute
verbunden ſind, haben es leichter. Hier können die eigentlichen Leibes-
übungen vorzugsweiſe und in ſtrengerer Form mit den Kindern ge-
trieben, die Seminariſten aber zur Theilnahme, zur Aufſicht, zur An-
leitung gebraucht und dergeſtalt ſelbſt mit geübt werden. Hier pflegen
auch Exercitien nach militairiſcher Art vorgenommen zu werden, die
ebenfalls für die älteren Zöglinge von Nutzen ſind. In den Se-
19*
[292] minarien dagegen, mit denen keine Erziehungs-Inſtitute verbunden ſind,
wird man die Leibesübungen mehr mit den Beſchäftigungen der Se-
minariſten, mit ihren Gartenarbeiten, Excurſionen u. dergl. in Ver-
bindung zu ſetzen haben. Wenn ſie Abends vom Baden und Schwimmen
zurückkehren, werden ſie ſich im Wettlauf, im Springen u. dergl. von
ſelbſt üben; auf botaniſchen Wanderungen wird ſich gleichfalls mancherlei
Gelegenheit finden, und ſelbſt die Arbeiten und Aemter, die ihnen im
Hauſe aufgetragen werden, können dazu beitragen, körperliches Geſchick,
Gewandtheit, Kraft und Anſtand zu vermehren.


Alles aber wird von der Art abhängen, wie die Lehrer die Sache
zu behandeln verſtehen. Wiſſen dieſe es ſo einzurichten, daß dieſe
Uebungen den Seminariſten zwar als abſichtlich und ihres Nutzens
wegen angeſtellt, zugleich aber als eine ihnen wohlwollend gegönnte,
geſunde und jugendliche Ergötzlichkeit erſcheinen, vermeiden ſie dabei
eben ſo ſehr alle pedantiſche Wichtigkeit und Förmlichkeit, als den
Anſchein geringſchätzender Gleichgültigkeit; verſtehen ſie zwar, freie
Luſt und Liebe dafür zu erregen, zugleich aber ſie immer nur als
Nebenſache und Nebenzweck im Verhältniß zu dem Hauptzwecke der
inneren ſittlichen und intellectuellen Bildung zu behandeln; kurz,
wiſſen ſie Maaß und Ziel zu halten, und beſonders den Geſichtspunct,
daß künftige Lehrer und Erzieher auch in den leiblichen Bildungs-
mitteln bewandert ſein müſſen, zu rechter Zeit herauszuheben, ſo läßt
ſich nicht allein gar kein Nachtheil, ſondern mannigfaltiger Nutzen
und namentlich auch der Erfolg erwarten, daß die Seminariſten in
friſcher Rüſtigkeit erhalten und vor ſchwerfälligem Ernſte und unjugend-
lichem Trübſinn bewahrt werden, vor welchem zumeiſt diejenigen gehütet
werden müſſen, die ihre Lebenszeit unter der Jugend hinzubringen
beſtimmt ſind.


In ſolcher Art iſt daher allenthalben in den Seminarien für Ein-
richtungen zu ſorgen, durch welche auch die körperliche Ausbildung
befördert werden muß. Daß es dazu an Zeit gebrechen könne, iſt
nicht anzunehmen. Und ſollte ſie nach dem bisherigen Plane der
Zeiteintheilung wirklich fehlen, ſo würde ſchon darin ein Grund liegen,
ſie zu verſchaffen.


2. Reſcr. v. 9. Juni 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 424.), betr.
die Geſtattung gymnaſtiſcher Leibesübungen bei den Gymnaſien.


[293]

Das geiſtliche Miniſterium hat gegen die Einführung gym-
naſtiſcher Leibesübungen bei Gymnaſien nichts zu erinnern, wenn
darauf geſehen wird, daß die Uebungen ſich auf die einfachſten, zur
Ausbildung des Körpers weſentlich nöthigen beſchränken, durch zweck-
mäßige Aufſicht ſtrenge in den Grenzen bloßer Gymnaſtik gehalten,
und dabei alles unnütze Aufſehen — namentlich öffentliche Aufzüge —
alle früher bei dergleichen Uebungen bemerkten Auswüchſe, insbeſondere
politiſche Richtungen, deshalb auch auf’s Beſtimmteſte alle an dieſe
Ungeeignetheiten erinnernde Ausdrücke: „Turner, Turnplatz“ vermieden
werden. Es iſt zu dieſem Behuf als Grundſatz feſtzuhalten, daß
Lehrer der Anſtalt die ſpecielle Leitung und Aufſicht der gymnaſtiſchen
Uebungen führen, zur Oberaufſicht der Director des Gymnaſiums
verpflichtet und zur Theilnahme an derſelben der Bürgermeiſter, oder
ein anderer, für die Sache intereſſirender, angeſehener Beamter hinzu-
gezogen werde. Insbeſondere iſt dem Director des Gymnaſiums eine
fortgeſetzte ſorgfältige Aufmerkſamkeit auf dieſe Uebungen zur Pflicht
zu machen, und übrigens feſtzuſetzen, daß weder dem Lehrer, welcher
die gymnaſtiſchen Uebungen leitet, mit ſeinen Zöglingen Züge in die
Umgegend zu machen, noch auswärtigen Turnlehrern der Zutritt zu
dem Uebungsplatze geſtattet ſei.


3. Circ.-Reſcr. v. 7. Febr. 1844. (M.-Bl. S. 35.), betr.
die Errichtung von Turnanſtalten bei den Gymnaſien, höheren Stadt-
ſchulen und Schullehrer-Seminaren für gymnaſtiſche Uebungen.


Nachdem ich durch die in Folge meiner Circular-Verfügung vom
10. Auguſt 1842. eingegangenen Berichte der Königl. Provinzial-
Schul-Collegien und der Königl. Regierungen von dem gegenwärtigen
Zuſtande der verſchiedenen, bereits beſtehenden Turnanſtalten nähere
Kenntniß erhalten habe, ſehe ich mich veranlaßt, behufs der weiteren
Ausführung der Allerhöchſten Ordre vom 6. Juni 1842., mittelſt
welcher Se. Majeſtät der König zu genehmigen geruht haben, daß die
Leibesübungen als ein nothwendiger und unentbehrlicher Beſtandtheil
der männlichen Erziehung in den Königl. Staaten förmlich anerkannt
werden ſollen, dem Königl. Provinzial-Schulcollegium (der Königl.
Anmerk. Die Cab.-O. v. 6. Juni und das Reſcr. v. 10. Auguſt
1842. ſind durch den Druck nicht veröffentlicht worden.
[294] Regierung) die Geſichtspuncte näher zu bezeichnen, nach welchen den
bereits vorhandenen Turnanſtalten eine allgemeinere Verbreitung und
beſtimmtere Richtung zu geben und überhaupt dieſe wichtige Ange-
legenheit fernerhin zu behandeln iſt.


1. Um der landesväterlichen Abſicht Sr. Majeſtät des Königs
gemäß, durch eine harmoniſche Ausbildung der geiſtigen und körper-
lichen Kräfte dem Vaterlande tüchtige Söhne zu erziehen, und alles
möglichſt entfernt zu halten, was, nach den bis jetzt gemachten Er-
fahrungen, phyſiſche oder moraliſche Nachtheile bei der Behandlung
des Turnweſens zur Folge haben könnte, iſt die Gymnaſtik überall
auf den einfachen Zweck zu beſchränken, daß der menſchliche Körper
mit ſeinen Kräften durch eine angemeſſene, den verſchiedenen Lebens-
altern, Ständen und Lebenszwecken der Jugend entſprechende Reihen-
folge von wohl berechneten Uebungen ausgebildet und befähigt werde,
in jeglicher Beziehung des ſittlichen Lebens der Diener und Träger
des ihm einwohnenden Geiſtes zu ſein.


2. Aus dieſem nicht nur auf die Entwickelung und Stärkung
der körperlichen Kräfte, ſondern auch auf Anſtand, Ausdruck und ge-
fällige Form der Bewegungen gerichteten und mit der Wehrpflichtigkeit
jedes Preußiſchen Unterthans innig verbundenen Zwecke der Gymnaſtik
folgt, daß, da die Ausbildung des Geiſtes und des zum Dienſte deſſelben
beſtimmten Leibes nach den eigenthümlichen Anlagen jedes einzelnen
Menſchen die Aufgabe jeglicher Erziehung iſt, die Gymnaſtik ſich, wie
der Körper dem Geiſte, ſo auch dem die Ausbildung der geiſtigen
Kräfte des Menſchen bezweckenden Unterrichte überall unterordnen und
ſich den Verfügungen, durch welche dieſer geleitet wird, unbedingt
unterwerfen muß. Die Gymnaſtik, wenn ſie in dieſem natürlichen
und richtigen Verhältniſſe zu der geiſtigen Ausbildung und den die-
ſelbe beabſichtigenden Mitteln erhalten wird, bildet in dem Syſtem
des öffentlichen Unterrichts ein eben ſo nothwendiges als nützliches
Glied. Sie darf jetzt in demſelben um ſo weniger fehlen, je mehr
beſonders in den höheren Ständen der bürgerlichen Geſellſchaft die
Forderungen, welche an die geiſtige Ausbildung gegenwärtig gemacht
werden, und nach dem Entwickelungsgange und dem jetzigen Stand-
puncte der Bildung gemacht werden müſſen, im Vergleich mit früheren
Zeiten geſteigert worden, je größere Anſtrengungen der geiſtigen Kräfte
zur Erfüllung dieſer Forderungen unvermeidlich ſind, und je drin-
[295] gender es daher iſt, durch die Aufnahme der Gymnaſtik in den Kreis
der öffentlichen Unterrichts-Gegenſtände ein Gleichgewicht aufzuſtellen,
welches die körperliche Geſundheit erhalten und befördern und dieſe
vor jeglicher, bei der erhöhten geiſtigen Anſtrengung möglichen Ge-
fährdung ſchützen und ſchirmen könne.


3. Da es der Jugend des platten Landes nicht an Gelegenheit
zur Uebung der körperlichen Kräfte fehlt, und daher dort die Ein-
führung der Gymnaſtik weniger nöthig ſcheint: ſo iſt dieſe Maaßregel,
um mit ihrer Ausführung der Allerhöchſten Beſtimmung gemäß all-
mählig vorzuſchreiten, für jetzt nur auf die Jugend in den Städten zu
beſchränken, und ſoll vorläufig mit jedem Gymnaſium, jeder höheren
Stadtſchule und jedem Schullehrer-Seminar eine Turnanſtalt ver-
bunden werden, welche nicht als etwas für ſich Beſtehendes, ſondern
vielmehr als eine die Schule und ihr Geſchäft ergänzende und för-
dernde Einrichtung zu betrachten und zu behandeln, und folglich mit
der Schule, zu welcher ſie gehört, in eine vollkommene Ueberein-
ſtimmung zu bringen und in ſolcher ſorgfältig zu erhalten iſt.


4. Ueberall und hauptſächlich in den größeren Städten iſt darauf
Bedacht zu nehmen, daß jedes Gymnaſium und jede höhere Bürger-
ſchule auch eine beſondere, nur für die Jugend der betreffenden Schule
beſtimmte Turnanſtalt, und ſomit jede der ebengedachten Unterrichts-
Anſtalten ihr gedecktes und geſchloſſenes Turnhaus für die Uebungen
im Winter und bei ſonſt ungünſtiger Witterung, und ihren eigenen
Turnplatz im Freien erhalte. In Städten, wo ſolches wegen örtlicher
Verhältniſſe, wegen unzureichender Mittel oder wegen anderer erheblichen
Urſachen nicht wohl ausführbar iſt, kann indeſſen auch eine und die-
ſelbe Turnanſtalt zugleich für ein Gymnaſium und eine höhere Bürger-
ſchule und nöthigenfalls ſelbſt für mehrere Schulen dieſer Art zur
gemeinſchaftlichen [Benutzung] beſtimmt und eingerichtet werden. Die
näheren, zur ſicheren Erreichung des im Obigen angedeuteten Zweckes
der Gymnaſtik dienlichen Bedingungen, unter welchen eine ſolche ge-
meinſchaftliche Benutzung einer gymnaſtiſchen Anſtalt von Seiten
zweier und ſelbſt mehrerer Schulen zuläſſig iſt, hat die Königl. Re-
gierung mit dem Königl. Provinzial-Schul-Collegium zu berathen und
feſtzuſtellen.


5. Auch fernerhin ſoll, wie bisher, die thätige Theilnahme der
Jugend an den ſchon beſtehenden oder noch zu errichtenden Turn-
[296] anſtalten lediglich von dem freien Ermeſſen der Eltern oder ihrer
Stellvertreter abhängig bleiben. Hierbei iſt von den Directoren, Vor-
ſtehern und Lehrern der Gymnaſien, höheren Bürgerſchulen und Schul-
lehrer-Seminarien vertrauensvoll zu erwarten, daß ſie ihrerſeits zur
Förderung des gymnaſtiſchen Unterrichts bereitwillig mitwirken, durch
zweckmäßige Einrichtung deſſelben die Gleichgültigkeit und ſelbſt die
Abneigung, mit welcher noch viele die Gymnaſtik betrachten, allmählig
beſeitigen, und für dieſelbe ſowohl bei ihren Schülern als auch bei
deren Eltern die Theilnahme erwecken werden, ohne welche ſie nicht
zu einer gedeihlichen Entwickelung gelangen kann.


6. Die bisherige Erfahrung hat ergeben, daß die Gymnaſtik
mit gutem Erfolge und mit erfreulicher Theilnahme auch von Seiten
der bereits erwachſenen Schüler beſonders in den Anſtalten betrieben
wird, wo der gymnaſtiſche Unterricht einem wiſſenſchaftlich gebildeten
Lehrer eines Gymnaſiums oder einer höheren Bürgerſchule, der zu-
gleich als ordentlicher Klaſſenlehrer fortwährend Gelegenheit hat, die
Schüler näher kennen zu lernen und auf ſie in allen weſentlichen
Beziehungen einzuwirken, anvertraut worden. Auf Grund dieſer Er-
fahrung und zur Verminderung der durch die Turnanſtalten erwachſenden
Koſten iſt die Annahme von Lehrern, welche bloß zur Ertheilung des
gymnaſtiſchen Unterrichts befähigt und nur mittelſt deſſelben ihren
Lebensunterhalt zu gewinnen genöthigt ſind, möglichſt zu vermeiden;
vielmehr iſt die unmittelbare Leitung der gymnaſtiſchen Uebungen in
der Regel einem ordentlichen Lehrer und zwar der oberen Klaſſen der
betreffenden gelehrten oder höheren Bürgerſchule zu übertragen. Zu
dem Ende iſt von jetzt an bei der Wiederbeſetzung erledigter Lehr-
ſtellen an Gymnaſien, höheren Bürgerſchulen und Schullehrer-Semi-
narien auch die Rückſicht zu nehmen, daß für jede dieſer Anſtalten
einige ordentliche Lehrer gewonnen werden, welche, außer den übrigen
erforderlichen Eigenſchaften, auch in den Leibesübungen ſich die nöthige
Durchbildung verſchafft und ſich, um dieſelbe leiten zu können, mit
den Geſetzen, nach welchen der Unterricht in der Gymnaſtik zweckmäßig
zu ertheilen iſt, genügend vertraut gemacht haben. Den bereits an-
geſtellten ordentlichen Lehrern der mehrgedachten Schulen, welche
zwar geneigt ſind, ſich dem gymnaſtiſchen Unterrichte zu widmen, aber
hierzu noch nicht die unentbehrliche Fertigkeit, Kenntniß und Er-
fahrung beſitzen, iſt der Beſuch der gymnaſtiſchen Anſtalt des hieſigen
[297] Univerſitäts-Fechtlehrers Eiſelen anzurathen, wo ſie ſich nicht nur
die eigene Fertigkeit in ſämmtlichen Leibesübungen, ſondern auch die
Kunſt, von denſelben bei ihren künftigen Schülern einen weiſen Ge-
brauch zu machen, in gründlich ſtrenger Weiſe und innerhalb einer
verhältnißmäßig kurzen Zeit werden erwerben können.


7. Dem Director der Schule, mit welcher eine Turnanſtalt ver-
bunden wird, und, wenn dieſelbe mehreren Schulen gemeinſchaftlich
iſt, den ſämmtlichen Directoren derſelben in einer für dieſen Fall noch
näher zu beſtimmenden Weiſe, liegt es ob, über die Leibesübungen die
unmittelbare Aufſicht zu führen; ihnen ſind die Lehrer der Gymnaſtik
unterzuordnen, und ſie ſind für Alles, was dem Zwecke der Jugend-
bildung im Allgemeinen und der Gymnaſtik im Beſondern widerſtreitet,
verantwortlich zu machen. Wie es einer Seits die Pflicht der Direc-
toren iſt, jeder falſchen Richtung und möglichen Ausartung der Gym-
naſtik von Anfang an vorzubeugen, eben ſo iſt anderer Seits von
ihnen zu verlangen, daß ſie in richtiger Würdigung des heilſamen
Einfluſſes den zeweckmäßig betriebenen Leibesübungen nicht nur auf
die körperliche, ſondern auch auf die geiſtige Entwickelung und auf die
Bildung der Jugend zur Ordnung, Zucht und Sitte behaupten, ſich
ernſtlich beſtreben, die ihrer Leitung anvertraute Schule mit der ihr
angehörigen Turnanſtalt in den wirkſamſten Zuſammenhang zu bringen,
und beide zu Einem lebensvollen Ganzen zu vereinigen.


8. Die Leibesübungen ſind bei den Gymnaſien und höheren
Bürgerſchulen, mit welchen kein Alumnat verbunden iſt, in der Regel
auf die ſchulfreien Nachmittage des Mittwochs und des Sonnabends
zu verlegen. Zu dem Ende iſt auch der Lectionen-Plan dieſer An-
ſtalten von jetzt an ſo einzurichten, daß an dieſen Nachmittagen der
häusliche Fleiß für die Schule nicht in Anſpruch genommen und den
Schülern nicht zugemuthet werde, insbeſondere vom Mittwoch zum
Donnerſtage größere ſchriftliche Arbeiten zu Hauſe anzufertigen. In
Städten, wo die kleinere Schülerzahl und die übrigen örtlichen Ver-
hältniſſe es geſtatten, kann zwar auch täglich, wie mehrere Königl.
Provinzial-Schulcollegien und Königl. Regierungen in Vorſchlag ge-
bracht haben, nach Beendigung des nachmittäglichen Schulunterrichts,
eine Stunde zum Beſuch der Turnanſtalt verwandt werden. Da aber
jener Vorſchlag nicht überall und nicht in jeder Jahreszeit ausführbar,
auch zur genügenden Löſung der dem gymnaſtiſchen Unterrichte zu
[298] ſtellenden Aufgabe ein mehrſtündiger Betrieb der körperlichen Uebungen
und der mit ihnen abwechſelnden gemeinſamen gymnaſtiſchen Spiele
erforderlich iſt: ſo werden in der Regel die ſchulfreien Nachmittage
des Mittwochs und des Sonnabends dem Unterrichte in der Gymnaſtik
vorzubehalten ſein.


9. Die Art und Weiſe, wie, und die Reihenfolge, in welcher
die verſchiedenen Leibesübungen zu betreiben ſind, näher zu bezeichnen,
kann nicht die Aufgabe einer Verfügung ſein, und beſchränke ich mich
daher auf die allgemeine Andeutung, daß der gymnaſtiſche Unterricht
überall in gehöriger Vollſtändigkeit, aber mit der durch den Zweck be-
dingten Einfachheit und mit Entfernung alles Entbehrlichen und
bloßen Schaugepränges, wie jedes ſteifen und unlebendigen Mechanismus
ertheilt, und von Seiten des Lehrers vor allen Dingen das richtige
Maaß einer wohlberechneten Abwechſelung zwiſchen der ernſten Strenge
der körperlichen Uebungen und der heiteren Freiheit der gymnaſtiſchen
Spiele inne gehalten werden muß.


10. Um der Schuljugend den wichtigen Zweck der Leibesübungen
ſtets gegenwärtig zu erhalten und bei ihr eine lebendige Theilnahme
für dieſelben zu wecken, iſt in den von den Prüfungs-Commiſſionen
bei den Gymnaſien, höheren Bürgerſchulen und Schullehrer-Semi-
narien reglementsmäßig zu ertheilenden Zeugniſſen der Reife von jetzt
an ausdrücklich zu bemerken, ob und mit welchem Erfolge die zu Ent-
laſſenden den Unterricht in der Gymnaſtik benutzt haben.


11. Obwohl in der Regel nur die Schüler der Gymnaſien und
höheren Bürgerſchulen zum Beſuch der mit denſelben in Verbindung
ſtehenden Turnanſtalten berechtigt ſind, ſo kann doch unter Bedingungen,
welche die Königl. Regierung mit dem Königl. Provinzial-Schul-
collegium zu berathen und näher feſtzuſtellen hat, ausnahmsweiſe auch
ſolchen jungen Leuten, welche ihren Unterricht und ihre Erziehung nur
durch Privatlehrer und in Privatſchulen erhalten, der Zutritt zu den
öffentlichen gymnaſtiſchen Anſtalten geſtattet werden.


12. Die aus der Einrichtung und Unterhaltung der Turn-
anſtalten und der für dieſelben nöthigen Räumlichkeiten erwachſenden
Koſten, ſo wie die den Lehrern der Gymnaſtik zu gewährenden Be-
ſoldungen oder Remunerationen, ſind den Allerhöchſten Beſtimmungen
gemäß zuvörderſt aus den Fonds der Schulen, an welche ſich die
gymnaſtiſchen Anſtalten anſchließen, demnächſt aus den mit Rückſicht
[299] auf die Verſchiedenheit der örtlichen Verhältniſſe feſtzuſtellenden Bei-
trägen der, die gymnaſtiſchen Anſtalten beſuchenden Jugend, und wo
auch dieſe nicht ausreichen, mittelſt eines angemeſſenen Zuſchuſſes von
Seiten der betreffenden ſtädtiſchen Gemeinden zu decken. Die Bei-
träge der die Turnanſtalten beſuchenden Schüler ſind, wie das gewöhn-
liche Schulgeld, an die betreffende Schulcaſſe zu entrichten und in
keinem Falle iſt den Lehrern der Gymnaſtik die Einziehung jener Bei-
träge zuzumuthen; ebenſo beziehen dieſe Lehrer die ihnen für ihren
Unterricht in der Gymnaſtik billiger Weiſe zu gewährende Beſoldung
oder Renumeration nur aus der betreffenden Schulkaſſe. Da endlich
nach der bisherigen Erfahrung mit Grund zu hoffen und zu erwarten
iſt, daß ſich beſonders in der gegenwärtigen Zeit die allgemeine Theil-
nahme auch dem öffentlichen Unterrichte in der Gymnaſtik immer mehr
zuwenden werde; ſo hat die Königl. Regierung das gemeinnützige
Beſtreben derer, welche durch Beſchaffung der zur Einrichtung und
Unterhaltung der gymnaſtiſchen Anſtalten unentbehrlichen und etwa
fehlenden Mittel, dieſer für die Erziehung der Jugend ſo wichtigen
Angelegenheit ihre Theilnahme bethätigen und lediglich zu dem eben-
gedachten Zwecke einen Verein bilden wollen, nach Befinden der Um-
ſtände in angemeſſener Weiſe zu fördern. Es verſteht ſich jedoch von
ſelbſt, daß von ſolchen Vereinen ein Einfluß auf die Leitung der
gymnaſtiſchen Anſtalten nicht in Anſpruch genommen werden kann.


Indem ich mir die weiteren und ſonſtigen Anordnungen vorbehalte,
welche behufs der Einreihung des gymnaſtiſchen Unterrichts in das
Ganze des öffentlichen Erziehungsweſens etwa noch zu treffen ſein
möchten, beauftrage ich zugleich das Königl. Provinzial-Schulcollegium
(die Königl. Regierung) den obigen Beſtimmungen gemäß und ge-
meinſchaftlich mit der Königl. Regierung (mit dem Königl. Provinzial-
Schulcollegium) unter angemeſſener Berückſichtigung der beſonderen
Verhältniſſe und örtlichen Umſtände das weiter Erforderliche zur Aus-
führung der Allerhöchſten Ordre vom 6. Juni 1842. einzuleiten und
zu verfügen.


Dem ausführlichen Berichte des Königl. Provinzial-Schulcollegiums
(der Königl. Regierung) über alles Weſentliche, was auf Grund der
obigen Beſtimmungen zur Förderung des öffentlichen Unterrichts in
der Gymnaſtik, von Seiten des Königl. Provinzial-Schulcollegiums
(der Königl. Regierung) in Seinem (Ihrem) Geſchäftskreiſe während
[300] des laufenden Jahres eingeleitet, angeordnet und wirklich ins Leben
gerufen iſt, ſehe ich binnen zehn Monaten entgegen.


4. Circ.-Reſcr. v. 24. März 1844. (M.-Bl. S. 127.), betr.
die Mitwirkung der Regierungen bei Errichtung von Turnanſtalten
für den Unterricht in der Gymnaſtik.


Die Königl. Regierung hat in dem Berichte vom 22. v. M. die
Anſicht ausgeſprochen, daß Sie Sich, weil nach der Beſtimmung unter
Nr. 3. meiner Circular-Verfügung vom 7. v. M. (M.-Bl. S. 35.)
die Einführung der Gymnaſtik für jetzt nur auf die Jugend in den
Städten beſchränkt und vorläufig mit jedem Gymnaſium, jeder höheren
Stadtſchule und jedem Schullehrer-Seminar eine Turnanſtalt verbunden
werden ſoll, außer Stande geſetzt ſehe, Ihrer Seits zur Förderung
des öffentlichen Unterrichts in der Gymnaſtik reſſortmäßig mitzuwirken.
Mit dieſer Anſicht kann ich mich nicht einverſtanden erklären. Der
landesväterlichen Abſicht Sr. Majeſtät des Königs gemäß, ſoll zunächſt
der Jugend in den Städten Gelegenheit gegeben werden, an dem
Unterrichte in der Gymnaſtik Antheil nehmen zu können. Es ent-
ſpricht dieſer Allerhöchſten Beſtimmung, daß der gedachte Unterricht
nicht bloß auf die Städte, wo ſich ein Gymnaſium oder eine höhere
Stadtſchule befindet, die zur Entlaſſungs-Prüfung ihrer Schüler nach
der desfallſigen Inſtruction vom 8. März 1832. (Ann. S. 104 ff.)
berechtigt iſt, zu beſchränken, ſondern auch auf die Städte auszudehnen
iſt, welche noch nicht im Beſitze einer ſolcher vollſtändigen höheren
Bürger- und Realſchule ſind. Ferner kann in Folge der Feſtſetzung
unter Nr. 4. meiner Circular-Verfügung vom 7. v. M. in Städten,
wo wegen örtlicher Verhältniſſe, wegen unzureichender Mittel oder
wegen anderer erheblichen Urſachen nicht für jedes Gymnaſium und
jede höhere Bürgerſchule die Errichtung einer beſonderen, nur für
die Jugend der betreffenden Schule beſtimmten Turnanſtalt aus-
führbar iſt, eine und dieſelbe Turnanſtalt zugleich für ein Gym-
naſium und eine höhere Bürgerſchule und nöthigenfalls ſelbſt für
mehrere Schulen dieſer Art zur gemeinſchaftlichen Benutzung beſtimmt
und eingerichtet werden. Da endlich nach den Beſtimmungen unter
Nr. 11. und 12. meiner Circular-Verfügung vom 7. v. M. auch
ſolchen jungen Leuten, welche ihren Unterricht und ihre Erziehung nur
durch Privatlehrer und in Privatſchulen erhalten, der Zutritt zu den
öffentlichen gymnaſtiſchen Anſtalten ausnahmsweiſe geſtattet, und der
[301] zur Einrichtung und Unterhaltung der Turnanſtalten erforderliche
Koſtenaufwand nöthigenfalls auch mittelſt eines angemeſſenen Zuſchuſſes
von Seiten der betreffenden ſtädtiſchen Gemeinen gedeckt werden ſoll;
ſo kann es, der obigen Eröffnung gemäß, der Königl. Regierung auch
in Ihrem Geſchäftskreiſe nicht an mannigfaltiger Gelegenheit fehlen,
nach Maaßgabe der beſondern Umſtände und Fälle theils für Sich
allein, theils gemeinſchaftlich mit dem Königl. Provinzial-Schul-
collegium, Ihre bereitwillige Mitwirkung zur Förderung des öffent-
lichen Unterrichts in der Gymnaſtik reſſortmäßig zu bethätigen. Ich
ſehe daher dem ausführlichen Berichte der Königl. Regierung über
alles Weſentliche, was Dieſelbe in der fraglichen Beziehung während
des laufenden Jahres in Ihrem Geſchäftskreiſe eingeleitet, angeordnet
und ins Leben gerufen hat, binnen der in meiner Circular-Verfügung
vom 7. v. M. geſtellten Friſt entgegen.


5. Circ.-Reſcr. v. 22. April 1844 (M.-Bl. S. 128.), betr.
die Theilnahme der Schüler an den Turnübungen und die Deckung der
aus der Errichtung und Unterhaltung der Turnanſtalten erwachſenden
Koſten.


Bei der Beſtimmung unter Nr. 5. meiner, die Turn-Angelegen-
heiten betreffenden Circular-Verfügung vom 7. Februar d. J. (M.-Bl.
S. 35.) hat nicht, wie ich dem Königl. Provinzial-Schulcollegium
auf den desfallſigen Bericht vom 6. v. M. hierdurch eröffne, die Abſicht
obgewaltet, daß erſt eine poſitive Erklärung von Seiten der Eltern
oder ihrer Stellvertreter darüber abgewartet werden ſoll, ob ſie
die Theilnahme ihrer Söhne oder Pflegebefohlenen an den ſchon be-
ſtehenden oder noch zu errichtenden Turnanſtalten wollen. Da zufolge
der Allerh. Ordre vom 6. Juli 1842. die Leibesübungen als ein noth-
wendiger und unentbehrlicher Beſtandtheil der männlichen Erziehung
in den Königlichen Staaten förmlich anerkannt werden ſollen, ſo
folgt hieraus, daß auch die Theilnahme an dieſen Uebungen von
allen Schülern als Regel vorauszuſetzen und nur auf die motivirte
Erklärung der Eltern oder ihrer Stellvertreter, daß ſie die Theil-
nahme ihrer Angehörigen nicht wollen, eine desfallſige Dispenſation
und zwar in ähnlicher Art zu ertheilen iſt, wie dies bei einzelnen
andern Unterrichts-Gegenſtänden, namentlich unter gewiſſen Bedingungen
auch bei einem integrirenden Theile des Gymnaſial-Unterrichts, dem
Griechiſchen, geſchieht. Obwohl mit Grund zu erwarten iſt, daß die
[302] Eltern oder deren Stellvertreter, von deren freiem Ermeſſen die Theil-
nahme ihrer Angehörigen an den Leibesübungen, der Allerhöchſten
Beſtimmung gemäß, abhängig bleiben ſoll, in richtiger Würdigung
des wohlthätigen Einfluſſes, welchen angemeſſene und zweckmäßig
geleitete Leibesübungen auf die Jugend behaupten, ihre Angehörigen
an denſelben bereitwillig werden Theil nehmen laſſen und nicht ohne
dringende Motive eine desfallſige Dispenſation für ihre Angehörigen
nachſuchen werden; ſo ſcheint es mir dennoch räthlich, auf die noch
obwaltenden Vorurtheile mancher Eltern gegen das Turnen eine
ſchonende Rückſicht zu nehmen, und auch in den hoffentlich ſeltenen
Fällen, wo ohne vollgenügende Motive die Dispenſation von der
Theilnahme an den Leibesübungen nachgeſucht wird, einem ſolchen
Verlangen zu willfahren.


In Rückſicht auf die von dem Königl. Provinzial-Schulcollegium
in dem Berichte vom 6. v. M. näher entwickelten Verhältniſſe will
ich hierdurch genehmigen, daß bei allen Anſtalten der dortigen Provinz,
wo der Aufwand für die Einrichtung und Unterhaltung der Turn-
plätze, ſo wie für die den Lehrern der Gymnaſtik zu gewährende Be-
ſoldung oder Remuneration, weder aus den Fonds der betreffenden
Schule noch aus Zuſchüſſen der betreffenden ſtädtiſchen Gemeine
gedeckt werden kann, von allen Schülern, mit Ausnahme der Frei-
ſchüler, ein mäßiger, nach den jedesmaligen Ortsverhältniſſen zu be-
ſtimmender Zuſatz zu dem bisherigen Schulgelde, welcher aber bei
keiner Schule mehr als einen Thaler jährlich betragen darf, durch die
Schulcaſſe erhoben werde. Eine ſolche mäßige Erhöhung des Schul-
geldes erſcheint um ſo mehr gerechtfertigt, als die Schule durch den
Unterricht in den Leibesübungen ihre bisherigen Leiſtungen im Intereſſe
aller Schüler erweitert und die Theilnahme an den Leibesübungen
ſeitens aller Schüler als Regel gelten muß. Indem ich dem Königl.
Provinzial-Schulcollegium überlaſſe, der obigen Eröffnung gemäß,
das weiter Erforderliche in dieſer Angelegenheit zu verfügen, ſehe ich
den ſpeciellen Anträgen in Betreff der Deckung der Koſten, welche
bei den Schullehrer-Seminarien aus der Einrichtung und Unterhaltung
der Turnanſtalten erwachſen werden, zu ſeiner Zeit entgegen.


6. Allgem. Gewerbeordnung v. 17. Januar 1845. (G.-S.
S. 44.)


[303]

§. 40.


Einer beſondern Beſchränkung mit Rückſicht auf die örtliche Lage
ſind ferner unterworfen:
Tanz- und Fechtſchulen, ſowie Turn- und Reckanſtalten; zur
Errichtung und Verlegung derſelben iſt die polizeiliche Ge-
nehmigung erforderlich, welche in den Städten bei der Polizei-
Obrigkeit, auf dem Lande unter Vorlegung eines Atteſtes der
Polizei-Obrigkeit bei dem Landrathe nachzuſuchen iſt, und erſt
dann ertheilt werden darf, wenn ſich die Behörde von der An-
gemeſſenheit des Locals und der beabſichtigten Einrichtung
überzeugt hat.


§. 50.


Unternehmern von Tanz- oder Fechtſchulen, Bade- und Turn-
anſtalten
iſt die nach §. 40. erforderliche Genehmigung erſt dann
zu ertheilen, wenn ſie ſich über ihre Unbeſcholtenheit und Zuverläſſigkeit
ausgewieſen haben.


7. Circ.-Reſcr. v. 19. Mai 1846. (M.-B. S. 83.), betr.
die Errichtung von Turnanſtalten für die weibliche Jugend.


In der Allerhöchſten Ordre vom 6. Juni 1842. iſt das Turnen
nur als ein Theil des Unterrichts für die männliche Jugend bezeichnet
und feſtgeſtellt worden.


Wenn hiernach in ſolchen Fällen, wo Privatperſonen die Errich-
tung einer Turnanſtalt für die weibliche Jugend beabſichtigen, die
Ortspolizeibehörde für befugt zu achten iſt, ſofern ſie kein Bedenken
dabei findet, auf den Grund der Beſtimmungen der §§. 40. und 50.
der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar v. J. die Con-
ceſſion dazu zu ertheilen, ſo erſcheint es doch zur Vermeidung von
Conflicten zwiſchen der Polizei- und der Schulbehörde erforderlich,
daß erſtere ſich vor Ertheilung der Conceſſion des Einverſtändniſſes
der letzteren verſichere, und daß bei obwaltender Meinungsverſchiedenheit
die Sache zur Entſcheidung der [vorgeſetzten] Regierung gebracht werde.


Die Königl. Regierung wird veranlaßt, hiernach die betreffenden
Polizeibehörden Ihres Bezirks mit der erforderlichen Anweiſung zu
verſehen, und die Schulbehörden von dem Verfügten in Kenntniß
zu ſetzen.


[304]

II. Die Waiſenhäuſer.


1. Circ.-Reſcr. vom 3. Novbr. 1824. (v. K. Ann. B. 8.
S. 1100.), betr. die Oberaufſicht über die Waiſenhäuſer.


Da nach Uebereinkunft mit dem Königl. Miniſterio des Innern
die Oberaufſicht über die Waiſenhäuſer in der Monarchie an das unter-
zeichnete geiſtliche Miniſterium übergegangen, ſo wird die Königl.
Regierung hiedurch aufgefordert, eine Nachweiſung über alle im dor-
tigen Reg.-Bezirke befindlichen Anſtalten dieſer Art ꝛc. einzureichen.


2. Allerhöchſte Beſtätigung des Grundgeſetzes für
das Civil-Waiſenhaus zu Potsdam
v. 21. Febr. 1825. (v. K.
Ann. B. 9. S. 120.)


Wir Friedrich Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc.
beſtätigen hiermit das in fünf Abſchnitten ſieben und ſechszig Para-
graphen enthaltende Grundgeſetz für das Civil-Waiſenhaus in Potsdam
vom 12. Juni 1822. hierdurch ſeinem ganzen Inhalte nach, und be-
fehlen, daß demſelben allenthalben nachgegangen und Folge geleiſtet werde.


Urkundlich unter Unſerer Allerhöchſten Vollziehung und beigedrücktem
Königl. Inſiegel.


Friedrich Wilhelm.


Erſter Abſchnitt. Ueber Beſtimmung und den Umfang der Anſtalt.


§. 1. Die zu Potsdam geſtiftete und am erſten Januar Ein-
tauſend Achthundert und zwei und zwanzig, unter der Benennung:
Civil-Waiſenhaus“ eröffnete Verſorgungs-Anſtalt ſoll, nach
der höhern Orts bereits feſtgeſetzten Grundlage, vaterloſen Kindern
ſolcher Beamten des Staats und der Communen aus jeglichem Fache,
welche zu ihrer Wirkſamkeit eine ſorgfältigere Vorbildung bedurft haben,
unentgeltlich freien Unterhalt und eine möglichſt vollkommene Erzie-
hung gewähren.


§. 2. Auch die Kinder der mit academiſchen Würden bekleideten
Aerzte und der Apotheker, ingleichen ſolcher ausgezeichneten Künſtler,
welche in einem öffentlichen Lehramte geſtanden haben, gehören mit dahin.


§. 3. Beamte im obigen Sinn heißen diejenigen, welche im
[305] Dienſte des Staats oder der Communen durch beſtimmte oder unbe-
ſtimmte Vergeltung, für gewiſſe, ihnen angewieſene Geſchäfte ihren
Unterhalt gewinnen, und zu dieſem Behufe kein bürgerliches Gewerbe
zu ihrer Hauptbeſchäftigung machen.


§. 4. Vaterlos heißt nur dasjenige Kind, welches ſeinen ehelichen
Vater durch den Tod verloren hat.


§. 5. Kinder, deren Vermögen die Bedürfniſſe einer, dem Mittel-
ſtande eigenen Erziehung und Unterhaltung nicht gewähren, gelten als
unvermögend, und nur ſolche haben auf Verſorgung durch das Civil-
Waiſenhaus Anſpruch. Von ihnen heißen Zöglinge diejenigen
Knaben, welche in die Anſtalt wirklich aufgenommen, darin erzogen
und nach dem Maaße ihrer Fähigkeiten für ihre künftige Beſtimmung
ausgebildet; Pfleglinge aber diejenigen Knaben, (vergl. Abſchn. III.
§. 23.) und Mädchen, welche in anſtändigen Familien, gegen eine
angemeſſene Vergeltung, zwar von der Anſtalt, aber außer derſelben,
untergebracht und ſo ihrer künftigen Beſtimmung entgegengeführt
werden.


§. 6. Nur Knaben können in das Waiſenhaus wirklich aufge-
nommen, Mädchen aber nur in außerordentlichen Fällen, beſonders
wenn ſie mutterlos oder die Mütter der Erziehung ſich zu widmen
außer Stande ſind, aus den Einkünften der Anſtalt unterſtützt werden,
jedoch ſo, daß durch dieſe Unterſtützung bedürftigen Mädchen der zehnte
Theil deſſen nicht überſchritten werden darf, was die Anſtalt jährlich
zur Erhaltung ihrer Zöglinge (Abſchn. I. §. 5 — 29.) aufwendet.


§. 7. Verdienſtlichkeit des Vaters und Bedürftigkeit des Kindes
entſcheiden bei der Bewerbung über den Vorzug zur Aufnahme oder
Unterſtützungs-Leiſtung für beide Geſchlechter, mit der für dieſe im
vorigen Paragraphen gemachten Beſchränkung, jedoch wird den ver-
waiſeten Kindern der Mitglieder der Stiftungs-Verſammlung (vergl.
§. 40.) ein vorzüglicher Anſpruch darauf beigelegt.


§. 8. Das Civil-Waiſenhaus iſt eine chriſtliche Anſtalt, und
beſchränkt ſeine Wirkſamkeit auf die, zum Eingangs bemerkten Zeit-
puncte der Eröffnung Statt gefundene Begrenzung des Potsdamſchen
Regierungsbezirks und die davon umſchloſſene Hauptſtadt Berlin,
jedoch ſo, daß auch Kinder von Vätern, welche zwar außer dieſem
Bezirk verſtorben, aber zur Stiftungs-Verſammlung (vergl. Abſchn. IV.
20
[306] §. 40.) gehört, und den zu dieſer Berechtigung erforderlichen Beitrag
fortgeleiſtet haben, auch ferner anſpruchsfähig bleiben.


§. 9. Das Alter der Kinder beſtimmt keine Vorzüglichkeit des
Anſpruchs auf Aufnahme und Unterſtützung, und ſchließt eben ſo
wenig, bis zum vierzehnten Jahre, davon aus, mit deſſen Zurück-
legung aber jede Bewerbung aufhört, ſo wie dieſe auch für die wirk-
liche Aufnahme eines Knaben in das Waiſenhaus vor zurückgelegtem
achten Jahre des Kindes, und auch dann unzuläſſig iſt, wenn ſolche
Umſtände obwalten, welche nach der unten folgenden Vorſchrift die
Entlaſſung eines Kindes (vergl. §. 11.) aus der Anſtalt nothwendig
machen würden.


§. 10. Iſt ein Kind einmal in das Waiſenhaus aufgenommen,
ſo dauern die Wohlthaten deſſelben ſo lange fort, als es das Bedürfniß
des Kindes, in Anſehung des Vermögens und der Ausbildung bis zu
der demſelben gegebenen künftigen Beſtimmung, erfordert. Ein gleiches
gilt auch für die Pfleglinge.


§. 11. Außerdem hören die Wohlthaten des Waiſenhauſes auf,
wenn, wider Erwarten, der Zögling oder Pflegling: 1) durch Erwer-
bung eines ausreichenden Vermögens von ſeiner Seite, oder von
Seiten der geſetzlich zu ſeiner Unterhaltung verpflichteten Blutsver-
wandten, der Hülfe nicht weiter bedürftig, auch 2) durch Krankheiten
zur Beſtimmung für ein bürgerliches Gewerbe oder für den Staats-
dienſt unfähig, oder 3) bei Krankheitsübeln ein Heilverfahren erfor-
derlich wird, wozu die Einrichtungen eines gewöhnlichen Hausſtandes
keine Mittel gewähren, ſo wie 4) wenn der Zögling oder Pflegling
durch grobe Sittenverderbniß oder gar Verbrechen ſich dazu unwürdig
macht; — in welchen Fällen, nach den desfalls beſtehenden geſetzlichen
Vorſchriften, die Sorge für Unterhalt und Aufſicht wiederum auf die
Angehörigen oder Ortſchaften oder Behörden übergeht, welche dazu,
vor dem Zutritt des Waiſenhauſes, verpflichtet geweſen ſind.


Zweiter Abſchnitt. Bildung und Erhaltung des Vermögens der Anſtalt.


§. 12. Das Vermögen der Anſtalt hat ſich 1) durch freiwillige
Geſchenke ihrer Gründer, 2) durch freiwillige jährliche Beiträge, und
3) durch Vermächtniſſe mildthätiger Menſchenfreunde, — gebildet, und
dieſe ſowohl, als auch alle künftigen Erwerbungen gleicher Art und
durch etwanige Erbeseinſetzungen bleiben ihr, gleich jeder andern vom
[307] Staate als einer moraliſchen Perſon anerkannten und beſtätigten milden
Stiftung, unbeſchränkt vorbehalten.


§. 13. Durch dergleichen Zuwendungen können auch, jedoch nur
nach dem Verhältniſſe der darin begriffenen Vortheile der Zuwendung
für die Anſtalt gewiſſer Perſonen oder Familien, die Bevorrechtung
eines Mitglieds der Stiftungs-Verſammlung (vergl. §. 40.) oder der
Vorzug der Aufnahme oder Unterſtützung eines verwaiſeten Familien-
gliedes ausbedungen werden; insbeſondere begründet: 1) eine Zuwen-
dung auf den Betrag von Eintauſend Thalern Courant das Verlangen
der Wahl Eines annehmlichen Zöglings, und 2) eine Zuwendung auf
den Betrag von Dreitauſend Thalern Courantwerth das Recht, dieſe
Wahl auf immerwährende Zeiten für eine Zöglingsſtelle, bei jedes-
maliger Erledigung derſelben, einer beſtimmten Perſon ſeiner Familie
oder Nachkommenſchaft, oder einer Behörde beizulegen.


§. 14. Rückſichtlich der Geſchenke, Erbſchaften und Vermächt-
niſſe treten die allgemeinen geſetzlichen Beſtimmungen wegen der Rechts-
gültigkeit darauf ſich gründender Erwerbungen der Anſtalt ein, und
alle dergleichen Erwerbungen gehören, wenn nicht der Geſchenk-,
Erbſchafts- oder Vermächtnißgeber darüber eine andere, von der An-
ſtalt angenommene Beſtimmung ausdrücklich getroffen hat, mit ihrem
Geldbetrage, oder, im Fall einer Veräußerung, mit dem hierdurch
gewonnenen Werthe, zum Stammvermögen des Waiſenhauſes (ver-
gleiche §. 16.).


§. 15. Zu den Beiträgen gehören alle, auf einen beſtimmten
oder unbeſtimmten Zeitraum zugeſagten, fortlaufenden baaren oder in
andern Gegenſtänden zu leiſtenden milden Gaben.


§. 16. In dem erſten Jahrhundert, mithin bis zum letzten Tage
des Jahres Eintauſend Neunhundert und Ein und zwanzig, wird
a) der zehnte Theil ſämmtlicher Zinſen der belegten, oder der Anſtalt
zum Nießbrauche überlaſſenen Capitalien und ſämmtlicher reinen Ein-
künfte der ihr zuſtändigen Grundſtücke, imgleichen b) die Hälfte der
jährlichen Geldbeiträge (vergl. §. 15.) zur Bildung eines Capital-
ſtammes angelegt, welcher unangreifbar bleibt, und von deſſen Zinſen,
zur Ausführung obiger Beſtimmung, der zehnte Theil wiederum dem
Capitalſtamme alljährlich zufließt. — Ob dieſe Maaßregel nach Ver-
lauf des hundertjährigen Zeitraums noch ferner erforderlich ſein wird,
20*
[308] bleibt alsdann dem Ermeſſen der Stiftungs-Verſammlung und dem
ſie vertretenden Waiſenamte vorbehalten.


§. 17. Das Stammvermögen (vergl. §. 14. und 16.) der An-
ſtalt iſt von aller Verwendung zu den laufenden Bedürfniſſen für
immerwährende Zeiten ausgeſchloſſen, vielmehr ſind hierzu nur die
Einkünfte von den Grundſtücken, Zinſen von den Capitalien und die
laufenden Beiträge, ſo weit dieſe Gegenſtände des jährlichen Einkom-
mens nicht im Obigen (§. 16.) dem Stammvermögen mit überwieſen
ſind, geeignet.


§. 18. Außerdem kommen dem Waiſenhauſe die, den Armen-
und Verſorgungs-Anſtalten zuſtehenden geſetzlichen Erbberechtigungen
in Anſehung der Zöglinge zu.


§. 19. Fällt einem Zöglinge oder Pfleglinge des Civil-Waiſen-
hauſes während der Erhaltung durch daſſelbe ein ſolches Vermögen
zu, welches die Unterſtützung der Anſtalt entbehrlich macht, ſo hat die
letztere das Recht, Erſtattung ſämmtlicher auf die Erhaltung und
Erziehung des Zöglings und auf die Unterhaltung des Pfleglings
verwandten Ausgaben zu verlangen, wenn durch dieſelben der vierte
Theil jenes Vermögensanfalls nicht überſtiegen wird, ſonſt aber nur
eine dieſem vierten Vermögenstheile gleichkommende Erſtattung, bei
welcher jährliche Hebungen, welche dem Zöglinge oder Pfleglinge des
Waiſenhauſes angefallen, nur dann, wenn ſie, nach Beſtimmung
ſtandesmäßiger Bedürfniſſe, einen Ueberſchuß gewähren, auf den Be-
trag dieſes Ueberſchuſſes, deſſen Beſtimmung dem Ermeſſen des Waiſen-
amtes zuſteht, für die Vergütigung aller Auslagen des Waiſenhauſes
verhaftet werden. Es verſteht ſich übrigens von ſelbſt, daß das Erb-
recht der Anſtalt in ſolchen Fällen, wo die Erziehungskoſten eines
Zöglings aus dem demſelben zugefallenen Vermögen vollkommen erſetzt
ſind, aufhört.


§. 20. Von dem Vermögen, welches Zöglinge und Pfleglinge
zur Zeit ihrer Unterhaltung durch das Waiſenhaus und während der-
ſelben beſitzen, fließen dem letztern die Nutzungen zu, und das mit
der Vormundſchaft darüber zu treffende Uebereinkommen iſt die Grund-
lage dieſer Vermögensnutzung.


§. 21. Außerdem fallen alle Vergütigungen für Aufwendungen
des Waiſenhauſes weg, und ſelbſt die, einzelnen Zöglingen und Pfleg-
lingen vom Staate oder von Privatperſonen zugeſicherten Unterſtützungen
[309] werden zum Capitalvermögen dieſer Kinder aufgeſammelt, und nur die
davon fallenden Nutzungen kommen, nach den obigen Feſtſetzungen,
der Anſtalt zu.


§. 22. Andere allgemein erlaubte Erwerbungsarten, welche etwa
aus oben nicht berührten Quellen ſich darbieten möchten, bleiben der
Anſtalt zur geſetzmäßigen Verfolgung vorbehalten.


Dritter Abſchnitt. Aufnahme, Unterſtützung und Haltung der Waiſen.


§. 23. Nach dem Obigen wird das Waiſenhaus wirkſam für die
Zöglinge und Pfleglinge (vergl. Abſchn. I. §. 9. und 29.), und in
Anſehung ihrer muß der Anſtalt nachgewieſen werden, daß dieſelben
bereits die Schutz- oder natürlichen Blattern überſtanden haben.


§. 24. Wird die Stelle eines Zöglings oder Pfleglings erledigt,
ſo geſchieht ihre Wiederbeſetzung, inſofern ſolche nicht nach §. 13.
einem beſtimmten Wahlberechtigten gebührt, durch Wahl des Waiſen-
amtes, unter allen bis dahin bei demſelben zur Unterſtützung Ange-
meldeten.


§. 25. Die Zöglinge (§. 5. u. 23. Nr. 1.) treten mit ihrer
Aufnahme in die Anſtalt ganz unter die Einrichtungen derſelben, und
beſonders unter die Aufſicht und Leitung des Waiſenhauſes, ſo daß
letzterem alle vormundſchaftlichen Berechtigungen und Verpflichtungen,
nach dem auch hierüber mit dem Vormundſchaftsamte zu treffenden
Uebereinkommen, zufallen. Indeſſen muß der Vormund ſich aller un-
mittelbaren Einmiſchung in die Angelegenheit der Erziehung der Zög-
linge und Pfleglinge des Waiſenhauſes enthalten, vielmehr, wenn es
darauf ankommt, ſeinen Mündel gegen ungerechte oder ſchlechte Be-
handlung oder gegen Vernachläſſigung in der Erziehung zu ſchützen,
dem Waiſenamte in einem ſolchen Falle Anzeige machen, und beim
Mangel eines Erfolges hiervon ſeine Beſchwerde durch die vormund-
ſchaftliche Behörde weiter verfolgen.


§. 26. Auf die Pfleglinge (§. 5.) finden die Vorſchriften des
vorigen Paragraphen ebenfalls, jedoch mit der aus dem Verhältniß
derſelben folgenden Abweichung, Anwendung, daß die Vormünder
wegen ordentlicher Unterhaltung und ſittſamer Behandlung, imgleichen
wegen angemeſſener Ausbildung der geiſtigen und körperlichen Fähig-
keiten der Kinder durch die denſelben gegebenen Pflegeeltern mit dieſen
in näherer Verbindung bleiben.


[310]

§. 27. Die von Seiten der Vormünder oder vormundſchaftlicher
Behörden nach der ihnen hier verbliebenen Wirkſamkeit erhobenen
Erinnerungen dürfen nur, den Fall einer unaufſchiebbaren Nothwendig-
keit ausgenommen, durch das Waiſenamt beſeitigt werden.


§. 28. Die Zahl der Zöglinge und Pfleglinge hängt von der
Zureichlichkeit der dazu nach dem Obigen (Abſchn. II.) beſtimmten
Einkünfte der Anſtalt, mit der §. 6. gemachten Beſchränkung auf den
zehnten Theil der Unterhaltungskoſten ſämmtlicher Zöglinge des Waiſen-
hauſes, für deſſen Pfleglinge, ab.


§. 29. Knaben unter dem Alter von acht Jahren werden den
Mädchen gleich geachtet, und können daher nur in das Verhältniß der
Pfleglinge treten, in welchem ſie dann unter den Beſtimmungen der
§§. 6. und 28. mitbegriffen ſind (vergl. §. 6.).


§. 30. Die Beköſtigung der Zöglinge ſoll, ſo lange es möglich
iſt, zur Bildung des äußern Anſtandes, an Eine Familie in der An-
ſtalt verdungen werden, und es darf die gewöhnliche Speiſung oder
ſonſtige Verpflegung der Zöglinge nicht abgeſondert und in Familien
außer dem Waiſenhauſe geſchehen, vielmehr bleibt es dem Ermeſſen
des Waiſenamtes überlaſſen, zur Erfüllung dieſer Bedingung und der
darunter begriffenen Zwecke, wenn es die Anzahl der Zöglinge nöthig
macht, einen eigenen Hausvater dazu anzuſtellen.


§. 31. Die Bekleidung der Zöglinge geſchieht anſtändig und
reinlich, nach dem Bedürfniſſe derſelben, ohne äußere Auszeichnung
durch das Waiſenhaus, der Pfleglinge aber durch die Pflegeeltern.


§. 32. Der Unterricht erfolgt bei Zöglingen und Pfleglingen
durch die vorhandenen öffentlichen Schulen, welche an jedem Orte,
nach dem Vorrücken der Kenntniſſe der Waiſen, die letzteren aufnehmen
werden, und wozu dieſe die erforderlichen Bücher und Hülfsmittel
entweder unmittelbar von der Anſtalt, oder nach dem von ihr zu tref-
fenden Uebereinkommen mit den Pflegeeltern, von dieſen erhalten.


§. 33. Die Aufſicht über die Zöglinge und deren häusliche Füh-
rung wird einem Waiſenvater unter der Oberaufſicht des Waiſenamtes,
und den Pflegeeltern unter gleicher Wirkſamkeit des letztern über die
Pfleglinge, übertragen, wobei der Waiſenvater und die Pflegeeltern
in die Befugniſſe und Verpflichtungen eines Erziehers treten, das
Waiſenamt aber die Rechte elterlicher Zucht ausübt.


§. 34. Vorzüge unter den Zöglingen und Pfleglingen finden
[311] nicht weiter Statt, als durch Auszeichnung beſondern Wohlverhaltens
und Fleißes und durch billige Berückſichtigung des Alters und der
vorgeſchrittenen Ausbildung des Waiſenkindes.


§. 35. Den Zöglingen und Pfleglingen verbleiben die während
ihrer Verſorgung durch das Waiſenhaus empfangenen Kleidungsſtücke
ohne Ausnahme auch nach dem Austritt, Bücher und andere Hülfs-
mittel des Unterrichts aber nur, inſoweit ihnen ſolche zur Verfolgung
ihrer fernern Laufbahn, nach dem Ermeſſen des Waiſenamtes, gegen
deſſen desfallſigen Ausſpruch keine Beſchwerde zuläſſig iſt, nöthig oder
unentbehrlich ſind.


§. 36. Wohlgerathenen Zöglingen und Pfleglingen wird die An-
ſtalt, auch noch nach dem Ausſcheiden aus dieſem Verhältniſſe, durch
Rath und Verwendung beiſtehen und behülflich, auch überhaupt be-
ſtrebt ſein, ihnen die Eröffnung der ergriffenen Laufbahn zu erleichtern.
Geldunterſtützungen zu dieſem Behufe fallen jedoch bis dahin weg,
wo die Einkünfte der Anſtalt es geſtatten, eine Anzahl von funfzig
Zöglingen zu erhalten, wonächſt erſt zu dem in Rede ſtehenden Zwecke
eine beſtimmte Summe der jährlichen Ausgabe überwieſen werden ſoll.


§. 37. Ueber die Zöglinge und Pfleglinge wird ein beſonderes
Namenregiſter geführt, in welches, wo möglich, die Richtung ihres
fernern Lebens, nach den Hauptbegebenheiten deſſelben, nachzutragen
iſt; daher die Dankbarkeit ſie verpflichtet, hiervon der Anſtalt eine
kurze Kenntniß zu geben.


Vierter Abſchnitt. Verwaltung des Civil-Waiſenhauſes und
deſſen Beamten.


§. 38. Dem Staate gebührt die allgemeine Aufſicht über die
äußern Verhältniſſe der Anſtalt zu demſelben, jedoch ohne Einwirkung
auf die innere Verwaltung, und in jener Veziehung ſteht das Waiſen-
haus nur inſofern, daß dieſe Verwaltung geſetzmäßig geſchehe, unter
der Aufſicht der obern Behörde über die Erziehungs- und Unterrichts-
Anſtalten und des derſelben vorgeſetzten Miniſteriums.


§. 39. Die Anſtalt wirkt aber uneingeſchränkt ſelbſtſtändig über
die Verwaltung und Verwendung ihres beweglichen und unbeweglichen
Vermögens, und in Anſehung der Wahl der Zöglinge und Pfleglinge,
deren Erziehung, Ausbildung und Forthülfe, ohne der Genehmigung
und Beſtätigung einer Staatsbehörde zu bedürfen.


[312]

§. 40. Die Verwaltungs-Aufſicht in dieſen Beziehungen (vergl.
§. 39.) ſteht zunächſt dem an der Gründung der Anſtalt Theil neh-
menden Publicum, mittelſt der Stiftungsverſammlung, zu, welcher
jeder als Mitglied angehört, der der Anſtalt 1) ein Capital von
mindeſtens Funfzig Thalern Courantwerth zugewandt, oder 2) auf
Lebenszeit einen jährlichen Beitrag von Fünf Thalern Courant zuge-
ſagt und geleiſtet hat, — als wodurch ein ſolches Mitglied der Stif-
tungs-Verſammlung auf Lebenszeit für ſeine Perſon das Recht erhält:
a) bei der jährlich, vier Wochen vorher durch die Zeitungen Berlins
und das Regierungsamtsblatt der Provinz bekannt zu machenden Zu-
ſammenkunft der Stiftungs-Verſammlung zu erſcheinen, b) in der
letztern Sitz und Stimme über allgemeine Anordnungen für die An-
ſtalt und über Verbeſſerungen der innern Einrichtung zu führen,
c) Erinnerungen gegen die geführte Verwaltung zu erheben, und dar-
über Rechenſchaft zu fordern, auch d) Zöglinge und Pfleglinge in
Vorſchlag zu bringen.


§. 41. Hiernach ſteht es der Stiftungs-Verſammlung zu, über
den Entwurf und die Abänderung der Verwaltungs-Vorſchriften, unter
vorbehaltener Beſtätigung des Staats, gültig zu beſchließen, und ihre
Beſchlüſſe ſind die Beamten der Anſtalt zu befolgen verpflichtet.


§. 42. Die Stimmenmehrheit entſcheidet in der Stiftungs-Ver-
ſammlung, und wird, bei Stimmengleichheit auf der Seite des den
Vorſitz führenden Vorſtehers des Waiſenamtes (vergl. §. 50.) oder
deſſen Stellvertreters angenommen, und dabei keine Vertretung nicht
erſchienener Mitglieder durch Bevollmächtigte zugelaſſen. Nur den
zur Stiftungs-Verſammlung gehörenden Corporationen und moraliſchen
Perſonen ſteht es zu, ſich durch ihre Vorſteher oder gewählten Depu-
tirten vertreten zu laſſen. Sie müſſen ſolche Stellvertreter aber ſchrift-
lich unter dem von ihnen geführten Siegel bevollmächtigen, wenn ihre
Stimme entſcheiden ſoll, und mehreren Stellvertretern Einer Corpo-
ration oder moraliſchen Perſon ſteht zuſammen nur eine Stimme zu.


§. 43. Die jener Bekanntmachung (§. 40. zu a) ungeachtet,
an dem darin beſtimmten Tage und Orte, nicht erſchienenen Mitglieder
der Stiftungs-Verſammlung werden der Stimmenmehrheit der Er-
ſchienenen für beitretend geachtet, und ein nachkommender Widerſpruch
gegen den Beſchluß bleibt unbeachtet.


§. 44. Stirbt die Stiftungs-Verſammlung bis auf eine, jedoch
[313] die wirklichen fünf Mitglieder des Waiſenamtes nicht mit unfaſſende
Zahl von zehn Mitgliedern (vergl. §. 40.) aus, ſo bildet ſich dieſelbe
durch die Stellvertreter des Waiſenamtes und durch zehn, von der
Provinzial-Behörde für die Erziehungs- und Unterrichts-Anſtalten
aus den Civilbeamten verhältnißmäßig gewählte, unbeſcholtene Männer
dergeſtalt, daß dieſe Wahl der erwähnten Behörde jeden Falles auf
zwei davon aus dem Geiſtlichen, zwei aus dem Lehrer-, zwei aus
dem Staatsverwaltungs-Beamten-, zwei aus dem Richter- und zwei
aus dem Communal-Beamten-Stande der Provinz zu richten iſt, und
das Waiſenamt dazu für jede Stelle drei Perſonen von der vorbe-
ſtimmten Eigenſchaft vorſchlägt. Aerzte und andere in keiner colle-
gialiſchen Verbindung ſtehende öffentliche Geſchäftsmänner werden den
Communal-Beamten hierbei gleich geachtet.


§. 45. Zur Legitimation der Mitglieder der Stiftungs-Verſamm-
lung bedarf es nichts weiter, als daß ſich das Waiſenamt überzeugt, daß
der ſich Meldende mit einer Zuwendung, wie ſie in §. 40. No. 1. und 2.
erfordert, im Rechnungs-Etat der Anſtalt aufgeführt iſt, und im Falle
des §. 44. einer Bekanntmachung der Behörde über die von derſelben
getroffene Wahl.


§. 46. Allen denen, welche der Anſtalt mindeſtens auf den Betrag
von Fünf Thalern Courantwerth durch Schenkung oder durch geringere
Beiträge, als ſie die Mitgliedſchaft der Stiftungs-Verſammlung er-
fordert, etwas zugewandt haben, ſteht zur letztern, bei deren jähr-
licher Zuſammenkunft, auf vorherige Meldung bei dem Vorſteher, der
Zutritt, jedoch ohne Stimmrecht, zu.


§. 47. Nur dann iſt ein Beſchluß der Stiftungs-Verſammlung
rechtsgültig als von ihr ausgegangen anzuſehen, wenn darin mit Aus-
ſchluß der ordentlichen Mitglieder des Waiſenamtes, aber mit Inbegriff
deren Stellvertreter, mindeſtens ſechs Stimmberechtigte gegenwärtig
geweſen ſind.


§. 48. Die Stiftungs-Verſammlung wählt aus ihren Mitgliedern
alle Jahr ein Mitglied des aus fünf Perſonen beſtehenden Waiſen-
amtes und den Stellvertreter dieſes Mitgliedes (vergl. §. 49.).


§. 49. Das Waiſenamt beſteht aus fünf ordentlichen beſtändigen
Mitgliedern, welchen, für Behinderungsfälle, eben ſo viele Stellvertreter
beigeſellt werden. Daſſelbe erneuert ſich alle fünf Jahre in ſeinen
Mitgliedern und Stellvertretern durch die Wahl der Stiftungs-Ver-
[314] ſammlung (vergl. §. 48.), und die Ausſcheidung ſeiner einzelnen Mit-
glieder, von welchen jedoch das ausſcheidende wahlfähig bleibt, beſtimmt
ſich durch das Amtsalter für jeden fünfjährigen Zeitraum.


§. 50. Das eine dieſer ordentlichen Mitglieder des Waiſenamtes
wird, als des letztern Vorſteher, gleich von der Stiftungs-Verſammlung
gewählt, führt in dieſer Eigenſchaft, mit einer bei Stimmengleichheit
entſcheidenden Stimme, den Vorſitz in jener Zuſammenkunft der Stif-
tungs-Verſammlung und des Waiſenamtes, und wird bei etwanigen
Abhaltungen durch einen für dieſen Fall mit gleichen Befugniſſen und
auf gleiche Weiſe gewählten Stellvertreter erſetzt. Bei etwaniger Be-
hinderung beider, des Vorſtehers und des Stellvertreters deſſelben,
wird dem Erſtern, oder an deſſen Stelle dem Letztern das Recht bei-
gelegt, aus den übrigen Mitgliedern des Waiſenamtes dasjenige zu
beſtimmen, welches mit gleichem Rechte den Vorſitz in den Verſamm-
lungen einſtweilen führen ſoll.


§. 51. Die Pflicht des Vorſtehers und deſſen Stellvertreters,
wenn Letzterer in Thätigkeit getreten, iſt: die allgemeine Aufſicht über
die ununterbrochene Wirkſamkeit der ganzen Anſtalt und über die ſtete
Regelmäßigkeit der dazu erforderlichen Verwaltung. Insbeſondere aber
liegt ihm ob, den Fortgang der Geſchäfte lebendig zu erhalten, dieſe
unter die Mitglieder des Waiſenamtes zu vertheilen, über die Erhal-
tung des Vermögens, vorzüglich der Grundſtücke und Capitalien der
Anſtalt, zu wachen; für getreue Buchführung und Rechnungslegung
darüber, ſo wie für die gewiſſenhafte Wahl und Haltung der Zög-
linge und Pfleglinge zu ſorgen, und überhaupt die Beförderung des
Zwecks der Anſtalt ſich angelegen ſein zu laſſen; daher denn, wegen
dieſer ihm obliegenden allgemeinen Leitung der ganzen Anſtalt, alle
an dieſelbe eingehenden Schreiben und Gelder zur weitern Beförderung
an ihn gelangen, und alle von derſelben ausgehenden ſchriftlichen Be-
ſchlüſſe, mit Vorbehalt der unten folgenden Ausnahmen, von ihm
allein vollzogen werden.


§. 52. Das zweite Mitglied des Waiſenamtes iſt eine im Amte
ſtehende oder ehrenvoll entlaſſene richterliche Perſon, welche von einem
Stellvertreter von gleichen Eigenſchaften vertreten wird, und vorzüglich
für die Erhaltung aller Gerechtſame der Anſtalt in deren innern und
äußern Verhältniſſen, beſonders aber dahin zu ſtreben hat, daß das
[315] Waiſenhaus in ſeinen Angelegenheiten und bei ſeiner Vermögens-Ver-
waltung nicht verkürzt werde.


§. 53. Das dritte Mitglied muß ein zu einem öffentlichen Amte
durch die dazu erforderlichen Prüfungen bewährt befundener Geiſtlicher
oder Schulbeamter ſein, welchem die Ausbildung der geiſtigen Fähig-
keiten der Zöglinge und Pfleglinge zur beſondern Fürſorge dient und
ſein Stellvertreter muß hierzu gleiche Eigenſchaften beſitzen.


§. 54. Die beiden noch übrigen Mitglieder des Weiſenamtes und
deren Stellvertreter ſind beſtimmt, das eine zur Aufſichtsführung über
das moraliſche Betragen und die ordentliche Haltung der dem Waiſen-
hauſe überwieſenen Jugend, das andere zur Verwaltungs-Aufſicht
Rückſichts des Vermögens der Anſtalt im Einzelnen.


§. 55. Alle vorberührten und unten genauer bezeichneten Gegen-
ſtände der Beſchäftigung des Waiſenamtes und ſeiner einzelnen Mit-
glieder werden, außer dringenden und außerordentlicher Berathung
vorbehaltenen Angelegenheiten, in monatlichen Zuſammenkünften vor-
getragen, und ohne Unterſchied des Gegenſtandes durch die Stimmen-
mehrheit (§§. 50. und 58.) definitiv feſtgeſetzt, und über den Geſchäfts-
betrieb ſelbſt die dazu beſonders entworfenen Ordnungen beobachtet,
zu deren Entwurf und Vollziehung, imgleichen zu deren Abänderung,
nach eintretenden Verhältniſſen, das Waiſenamt berechtigt iſt, inſoweit
dieſelben bloß den Geſchäftsgang und die Verwaltung betreffen und
den Beſtimmungen des Grundgeſetzes nicht entgegen ſtehen.


§. 56. Außer den Verwaltungs-Angelegenheiten der Anſtalt ſteht
dem Waiſenamte beſonders: 1) die Wahl der Zöglinge und Pfleglinge,
2) die Beſtimmung der von denſelben zu ergreifenden künftigen Le-
bensart, jedoch mit Berückſichtigung der Fähigkeiten und eigenen Nei-
gung der Kinder, ſoweit ein Vater darauf zu achten verpflichtet iſt,
und nach einer desfallſigen Vereinigung mit dem vormundſchaftlichen
Amte, 3) die Feſtſetzung ihres Bedarfs und deſſen Anweiſung auf
das Vermögen der Anſtalt, 4) die Auszeichnung des Wohlverhaltens
und Fleißes durch angemeſſene Aufmunterungen, aber auch die Ent-
laſſung derſelben, aus oben ſchon (vergl. §. 11.) aufgeſtellten Gründen,
und die Anordnung und Anwendung von Zuchtſtrafen gegen die aus-
artenden Zöglinge und Pfleglinge, — überhaupt die ganze Leitung
der Unterhaltung und Erziehung der der Anſtalt zugewieſenen Kinder zu.


§. 57. Auch zum Betriebe aller äußern Angelegenheiten, beſonders
[316] zur Abſchließung aller und jeder Verträge und Vergleiche unter belie-
bigen Bedingungen und Verpflichtungen, zur Bewilligung von Beſitz-
übertragungen, andern Eintragungen und Löſchungen, hypothecariſchen
Berichtigungen, ohne Unterſchied des Gegenſtandes, und zu den hierbei
zum Grunde liegenden Veräußerungen, Verpfändungen und Quittungs-
leiſtungen mit und ohne Erlaß etwaniger Anſprüche, ganz oder zum
Theil, zu ſonſtigen Quittungsleiſtungen über Forderungen der Anſtalt,
ohne Unterſchied; zur Führung von Proceſſen in allen Proceßarten
und durch alle geeigneten Inſtanzen; zur Erlaſſung von Eiden der
Gegner oder Zeugen und zu allen übrigen, im nachfolgenden §. 58.
nicht ausgenommenen Handlungen, vor und außer Gericht, iſt das
Waiſenamt oder der von demſelben mittelſt ſchriftlicher, durch das Amts-
ſiegel und die Unterſchrift dreier Mitglieder beglaubigter Vollmacht
legitimirte Bevollmächtigte uneingeſchränkt befugt und ermächtigt, und
das Waiſenhaus wird dadurch rechtsgültig verpflichtet, ohne daß es
einer weitern Legitimations-Beſcheinigung oder Form für die aufge-
tretenen Geſchäftsträger der Anſtalt bedarf.


§. 58. Nur dann ſind die Stellvertreter der ordentlichen Mit-
glieder des Waiſenamtes zur Berathung zuzuziehen und bei der letztern,
gleich den erſtern, ſtimmfähig, wenn: a) von dem Ankaufe oder der
Veräußerung von Grundſtücken die Rede iſt, und b) wenn Capitalien
der Anſtalt an Privatperſonen ausgeliehen werden ſollen, und es auf
Prüfung der Sicherheit ankommt, — in welchen Fällen jede Stimme
durch ſchriftliche Erklärung abgegeben werden muß, ohne daß es einer
Zuſammenkunft und für die Ausführung des Beſchluſſes und den dazu
gewählten Geſchäftsträger einer weitern Legitimations-Beſcheinigung,
als der im vorigen §. 57. beſtimmten bedarf, indem die Mitglieder
des Waiſenamtes dafür verpflichtet und verantwortlich ſind, daß das
hier feſtgeſetzte Erforderniß der Mitberathung der Stellvertreter er-
füllt werde.


§. 59. Eine Verſammlung des Waiſenamtes iſt beſchlußfähig,
wenn mindeſtens durch Mitglieder und Stellvertreter fünf Perſonen
anweſend ſind, und im Falle des §. 58. iſt es zu einem gültigen Be-
ſchluſſe hinreichend, wenn die Stimmenmehrheit der ganzen Anzahl
der Mitglieder und der Stellvertreter zuſammen über einen Gegen-
ſtand entſchieden hat, ſo daß, wenn 6 Mitglieder und Stellvertreter
oder 5 von ihnen, mit Inbegriff des Vorſtehers, einen Beſchluß über-
[317] einſtimmend gefaßt haben, es der Mitſtimmung der übrigen nicht weiter
bedarf. Auch in dringenden Fällen, wenn die geforderten Stimmen
Abweſender nicht zu erhalten ſind, können dieſe Stimmen durch an-
dere Mitglieder der Stiftungs-Verſammlung (vergl. §. 40.) ergänzt
werden.


§. 60. Sollte wider Erwarten der Fall eintreten, daß die Stell-
vertreter abgehalten würden, thätig zu ſein, ſo können auch gültige
Stellvertreter in der Verſammlung des Waiſenamtes andere Mitglieder
deſſelben vertreten, als für welche ſie eigentlich beſtimmt ſind.


§. 61. Außerdem wählt ſich das Waiſenamt einen Secretair und
deſſen Stellvertreter, welche zugleich die Regiſtratur mit verwalten,
und einen Schatzmeiſter, welcher unter Aufſicht eines aus den Mit-
gliedern des Waiſenamtes, oder deren Stellvertreter zu beſtellenden
Caſſenaufſehers (Caſſencurators) das Geldvermögen der Anſtalt, nach
den Vorſchriften des Waiſenamtes, verwaltet und darüber Buch und
Rechnung führt.


§. 62. Die Mitglieder des Waiſenamtes müſſen ihre Geſchäfts-
führung ſtets unentgeltlich leiſten; nur für den Secretair und Schatz-
meiſter darf eine Beſoldung bewilligt werden, wenn deren Geſchäfts-
führungen die volle Thätigkeit dieſer Beamten erfordern, zur unent-
geltlichen Verrichtung ihrer Dienſte keine paſſenden Perſonen ſich finden,
und die Einkünfte der Anſtalt die Mittel dazu gewähren.


Fünfter Abſchnitt. Vorrechte der Anſtalt.


§. 63. Der Anſtalt gebühren im Allgemeinen alle Berechtigungen
einer vom Staate anerkannten moraliſchen Perſon, und ihr ſteht daher
jede rechtliche Erwerbung von beweglichen und unbeweglichen Gegen-
ſtänden zu.


§. 64. Sie führt ein amtliches Siegel unter dem Namen des
Waiſenamtes des Civil-Waiſenhauſes zu Potsdam.


§. 65. Ihr iſt für alle unter ihrer Adreſſe eingehenden und unter
ihrem Amtsſiegel abgehenden Briefe, Gelder und Sachen im ganzen
Inlande die Portofreiheit bewilligt.


§. 66. Auch wird ihr in allen ihren Angelegenheiten Befreiung
von Stempeln und gerichtlichen Koſten, als einer milden Armen-Ver-
ſorgungs-Anſtalt, beigelegt.


§. 67. Mit der einzuholenden landesherrlichen Beſtätigung tritt
[318] dieſes Grundgeſetz in allen ſeinen Beſtimmungen in Rechtsgültigkeit
und Kraft.


Entworfen nach dem Beſchluſſe der Stiftungs-Verſammlung in
deren Sitzung zu Potsdam am 12. Juni 1822.


3. Circ.-Reſcr. des Generalpoſtmeiſters v. 25. April
1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 388.), betr. verſchiedene Poſtverord-
nungen und Vorſchriften.


Extractweiſe.


  • 8) Es iſt im Einverſtändniß mit dem Grafen Lottum die Anordnung
    getroffen, daß die auf Poſt-Freipäſſe nach Potsdam reiſenden
    Waiſenkinder nur in dem Falle zur Poſt angenommen werden
    können, wenn der Poſtanſtalt, von welcher es die Reiſe beginnt,
    zuvor nachgewieſen worden, daß die Verpflegung des Kindes
    während der Reiſe vollſtändig geſichert iſt.

Die Poſtanſtalten werden angewieſen, ſich in vorkommenden
Fällen die erforderliche Ueberzeugung hiervon zu verſchaffen.


4. Cab.-O. v. 15. April 1832. nebſt Grundgeſetz (v. K. Ann.
B. 17. S. 406.), betr. die Errichtung einer Waiſenverſorgungsanſtalt
in der Provinz Brandenburg zu Klein-Glienicke.


Nach Ihrem Antrage vom 8. d. M. ertheile Ich der Stiftung
einer Verſorgungs-Anſtalt für die verwaiſeten Söhne der Bürger,
Grundbeſitzer und Gewerbtreibenden, der Elementarlehrer in den
Städten und auf dem Lande, ſo wie der niedern Staats- und Com-
munalbeamten in den Bezirken der Regierungen zu Potsdam und
Frankfurt, Meine Genehmigung und der Anſtalt hierdurch die Rechte
moraliſcher Perſonen, indem Ich Ihnen die vorſchriftsmäßige Prüfung
und Beſtätigung der zurückerfolgenden Statuten überlaſſe. (Anl. a.)


a.
Grundgeſetz


der Verſorgungs-Anſtalt für die verwaiſeten Söhne der Bürger,
Grundbeſitzer und Gewerbtreibenden, der Elementarlehrer in den
Städten und auf dem Lande, ſo wie der niedern Staats- und
Communalbeamten ꝛc. in der Provinz Brandenburg.


I.Abſchnitt.

Ueber die Beſtimmung der Anſtalt und deren Begründung.


§. 1.

Dieſe Verſorgungs-Anſtalt iſt dazu beſtimmt, den verwaiſeten,
[319] noch unerzogenen ehelichen Söhnen der Bürger, Eigenthümer und
Gewerbtreibenden, der Schullehrer, ſo wie der untern Staats- und
Communalbeamten ꝛc. eine, dem Stande und Berufe ihrer Väter an-
gemeſſene Erziehung zu geben und ſie für einen, hierzu in gehöriger
Beziehung ſtehenden, ihren Fähigkeiten und äußern Verhältniſſen ent-
ſprechenden Lebensberuf vorzubereiten.


§. 2.

Unter verwaiſeten Söhnen werden diejenigen verſtanden,
deren Väter entweder verſtorben oder mit einer unheilbaren Krankheit
behaftet ſind, welche ſie zu Erfüllung ihres Berufs und zu Betreibung
ihres Geſchäfts untüchtig macht.


§. 3.

Unter ehelichen Söhnen werden diejenigen verſtanden, die ent-
weder in einer rechtmäßigen Ehe erzeugt, oder durch die nachfolgende
eheliche Verbindung legitimirt worden ſind.


§. 4.

In der Regel ſind nur die Kinder der Bürger und Gewerb-
treibenden, der Grundeigenthümer, Pächter ꝛc., ſo wie derjenigen
Lehrer, Staats- und Communalbeamten in den Städten und auf dem
Lande, welche zur Verwaltung ihres Amtes des academiſchen Studiums
nicht bedurften, aufnahmefähig, doch können auch Männer aus andern
Ständen der Stiftung beitreten, und es haben ſodann ihre Kinder
gleiche Anſprüche auf die Aufnahme wie jene.


§. 5.

Nur gänzlich unvermögende Kinder, d. h. ſolche, deren Vermögen
nicht hinreicht, um ihnen auch nur diejenige Erziehung zu geben,
welche ein unbemittelter Bürger, Grundeigenthümer, ein Elementar-
lehrer in der Stadt, ein Landſchullehrer, ein niederer Staatsbeamter ꝛc.
ſeinen Kindern gewöhnlich zu geben pflegt, werden in die Anſtalt auf-
genommen. Von der Aufnahme ſind auch diejenigen Kinder ausge-
ſchloſſen, für welche Angehörige (z. B. Großeltern, Geſchwiſter)
geſetzlich zu ſorgen verpflichtet und vermögend genug ſind. — Auch behält
ſich die Anſtalt das Recht vor, falls Kinder, welche in derſelben
verpflegt werden, zu Vermögen kommen, die Erſtattung der, für ſie
aus der Anſtalt gemachten Verwendungen zu verlangen.


§. 6.

Rechtſchaffenheit, ein vorwurfsfreier Lebenswandel und Verdienſt-
[320] lichkeit des Vaters ſind von weſentlichem Einfluß bei der Wahl der
Zöglinge der Anſtalt.


Knaben, deren Väter oder Mütter notoriſch dem Trunke oder der
Liederlichkeit ergeben geweſen, oder zu Feſtungs-, Zuchthaus- oder
andern ähnlichen Strafen verurtheilt worden ſind, können in der
Regel
nicht in die Anſtalt aufgenommen werden; jedoch bleibt es
dem Ermeſſen des Waiſenamtes unbenommen, beſonders wohlgerathene
Söhne ſolcher Eltern, zumal wenn beide oder wenigſtens der ſchuldige
Theil verſtorben ſein ſollten, ausnahmsweiſe aufzunehmen.


§. 7.

Die Anſtalt iſt eine ächt-chriſtliche, d. h. ſie wird im Geiſt der
chriſtlichen Liebe und im Vertrauen auf dieſelbe gegründet. Dieſer
Geiſt ſoll daher auch die ganze Anſtalt beſeelen und in ihr vorherrſchen.


Knaben jedes chriſtlichen Glaubensbekenntniſſes können in ſie auf-
genommen werden.


§. 8.

Die Anſtalt beſchränkt ihre Wirkſamkeit auf die gegenwärtig
ſtattfindende Begrenzung der Provinz Brandenburg, d. h. auf die Re-
ſidenzſtadt Berlin, den Potsdamer und Frankfurter Regierungsbezirk.


§. 9.

Das Alter eines Knaben beſtimmt keinen Vorzug des Anſpruchs
auf deſſen Aufnahme; doch muß derſelbe in der Regel das Ste
Jahr zurückgelegt und das 14te Jahr noch nicht erreicht haben. —
Nur in außerordentlichen Fällen ſteht es dem Waiſenamte frei, auch
Knaben unter acht Jahren oder nach zurückgelegtem 14ten Jahre auf-
zunehmen, wenn nämlich z. B. ein übrigens zur Aufnahme berechtigter
Knabe unter 8 Jahren beide Eltern verloren hätte, und keine nahen
Anverwandten vorhanden wären, die ſich deſſelben annehmen könnten,
oder wenn ein zur Aufnahme übrigens berechtigter Knabe, der das
Alter von 14 Jahren bereits erreicht, durch eine bis dahin genoſſene
vorzüglich ſorgfältige Erziehung zu der Hoffnung berechtigt, daß er
vermittelſt der Erziehung, welche die Anſtalt ihm darbietet, zu einem
vorzüglich brauchbaren Staatsbürger gebildet, und dereinſt eine Stütze
ſeiner Mutter und jüngeren Geſchwiſter ſein werde.


§. 10.

Die Zöglinge bleiben in der Anſtalt in der Regel bis zum zurück-
gelegten 15ten Jahre, diejenigen aber, die ſich dem Schulſtande widmen
[321] wollen, und von dem Vorſtande der Stiftung dazu für geeignet erkannt
werden, bleiben in derſelben bis zum zurückgelegten 17ten oder 18ten
Jahre; ferner diejenigen, die ſich einem Berufe widmen, der den Beſuch
der Gewerbeſchule oder der oberſten Klaſſen der höhern Bürgerſchule
erfordert, gleichfalls nach Befinden bis zum zurückgelegten 16ten oder
17ten Jahre.


§. 11.

Walten bei einem Knaben ſolche Umſtände ob, die, nach den weiter
unten (§. 12.) folgenden Beſtimmungen, die Entlaſſung deſſelben aus
der Anſtalt nothwendig machen würden, ſo findet ſeine Aufnahme
gar nicht Statt.


§. 12.

Die Wohlthaten der Stiftung hören auf, wenn der Zögling:


  • 1) durch Erwerbung eines ausreichenden Vermögens von ſeiner
    Seite, oder von Seiten der geſetzlich zu ſeiner Unterhaltung ver-
    pflichteten Blutsverwandten, der Hülfe nicht weiter bedürftig, auch
  • 2) durch Krankheiten zur Beſtimmung für ein bürgerliches Gewerbe
    oder für den Staatsdienſt unfähig, oder
  • 3) bei Krankheitsübeln ein Heilverfahren erforderlich wird, wozu die
    Einrichtungen eines gewöhnlichen Hausſtandes keine Mittel ge-
    währen, ſowie
  • 4) wenn der Zögling durch grobe Sittenverderbniß oder gar Ver-
    brechen ſich derſelben unwürdig macht;

in welchen Fällen, nach den desfalls beſtehenden geſetzlichen Vorſchriften,
die Sorge für Unterhalt und Aufſicht wiederum auf die Angehörigen,
oder Ortſchaften, oder Behörden übergeht, welche dazu, vor dem
Zutritte des Waiſenhauſes, verpflichtet geweſen ſind.


Uebrigens ſteht es in dem zuerſt gedachten Falle dem Vor-
munde und den nächſten Verwandten frei, die Erziehung des Knaben
der Anſtalt gegen eine jährliche Penſion, über deren Betrag ſie mit
dem Vorſtande übereingekommen, fortſetzen zu laſſen.


II. Abſchnitt.
Bildung und Erhaltung des Vermögens der Anſtalt.

§. 13.

Das Vermögen der Anſtalt wird ſich vorzüglich bilden:


21
[322]
  • 1) durch freiwillige Geſchenke (Capital-Beiträge),
  • 2) durch freiwillige jährliche Beiträge,
  • 3) durch Vermächtniſſe mildthätiger Menſchenfreunde.

Dieſe ſowohl, als auch alle künftigen Erwerbungen gleicher Art
und durch etwanige Erbeinſetzungen bleiben ihr, gleich jeder andern
vom Staate, als einer moraliſchen Perſon anerkannten und beſtätigten
milden Stiftung, unter den geſetzlichen Modalitäten, vorbehalten.


§. 14.

Durch dergleichen Zuwendungen können auch Stipendien geſtiftet,
d. h. gewiſſen Perſonen oder Familien die Bevorrechtung eines Mit-
gliedes des Stiftungsvereins (vergleiche §. 39.) oder der Vorzug der
Aufnahme oder Unterſtützung eines verwaiſeten Familiengliedes aus-
bedungen werden; insbeſondere begründet eine Zuwendung eines Ca-
pitalbeitrages, der künftig näher beſtimmt werden ſoll, und der jetzt
vorläufig auf 1500 Rthlr. angenommen wird, das Recht, eine Zög-
lingsſtelle innerhalb der Grenzen dieſer Statuten auf immerwährende
Zeiten zu begründen, und dieſelbe, bei jedesmaliger Erledigung, ent-
weder nach Gutdünken zu vergeben, oder beſtimmten Perſonen ſeiner
Familie oder Nachkommenſchaft die Anwartſchaft darauf zu ertheilen,
oder auch die Wahl irgend einer Behörde beizulegen.


Dergleichen Stipendien durch die Einzahlung einer Summe von
„Eintauſend Fünfhundert Thalern“ können auch von Staatsbehörden,
andern Regierungen, von Magiſtraten und Corporationen gegründet
werden.


§. 15.

Es können auch ähnliche Stipendien durch Ueberweiſung von
ſichern Renten und jährlichen Zuwendungen geſtiftet werden, ſo daß,
wenn z. B. eine Behörde, Corporation oder Privatperſon der Anſtalt
eine fortwährende (mit dem im vorigen §. gedachten Capitalbeitrag)
im Verhältniß ſtehende, jedoch ablösbare Rente, deren Größe vorläufig
auf 75 Rthlr. angenommen, jedoch künftig noch näher beſtimmt werden
wird, zuſichern würde, ſie das Recht erhält, einen verwaiſeten Knaben
in der Anſtalt erziehen zu laſſen.


§. 16.

In den erſten 20 Jahren wird


  • a. wenigſtens der zehnte Theil ſämmtlicher Zinſen der belegten oder
    [323] der, der Anſtalt zum Nießbrauche überlaſſenen Capitalien und
    ſämmtlicher reinen Einkünfte der ihr zuſtändigen Grundſtücke, ſowie
  • b. wenigſtens Ein Viertel der jährlichen Geldbeiträge (vergleiche
    §. 13.) zur Bildung eines Capitalſtammes angelegt, welcher un-
    angreifbar bleibt, und von deſſen Zinſen, zur Ausführung obiger
    Beſtimmung, der zehnte Theil wiederum dem Capitalſtamme
    alljährlich zufließt.

Ob dieſe Maaßregel, nach Verlauf des zwanzigjährigen Zeit-
raums, noch ferner erforderlich ſein wird, bleibt alsdann dem Ermeſſen
des Stiftungsvereins und dem ihn vertretenden Waiſenamte vorbehalten.


§. 17.

Das Stammvermögen (vergleiche §§. 13. und 16.) der Anſtalt iſt
von aller Verwendung zu den laufenden Bedürfniſſen, für immer-
währende Zeiten, ausgeſchloſſen, vielmehr ſind hierzu nur die Einkünfte
von den Grundſtücken, die Zinſen von den Capitalien und die lau-
fenden Beiträge, ſo weit dieſe Gegenſtände des jährlichen Einkommens
nicht in Obigem (§. 15.) dem Stammvermögen mit überwieſen ſind,
geeignet.


§. 18.

Außerdem kommen dieſer Stiftung die, den Armen- und Ver-
ſorgungsanſtalten zuſtehenden geſetzlichen Erbberechtigungen in An-
ſehung der Zöglinge zu.


§. 19.

Die, einzelnen Zöglingen und Pfleglingen vom Staate oder von
Privatleuten zugeſicherten Unterſtützungen fallen, während der Zeit
der Verpflegung dieſer Zöglinge in der Anſtalt, der letztern zu.


§. 20.

Andere, allgemein erlaubte Erwerbungsarten, welche etwa aus
oben nicht berührten Quellen ſich ſonſt noch darbieten möchten, bleiben
der Anſtalt zur geſetzmäßigen Verfolgung vorbehalten.


III. Abſchnitt.
Aufnahme, Unterſtützung und Haltung der Waiſen.

§. 21.

Nach den obigen Beſtimmungen wird die Stiftung wirkſam für
verwaiſete Kinder (vergleiche Abſchnitt I. §§. 2. und 8.), und in An-
ſehung ihrer muß der Anſtalt nachgewieſen werden:


21*
[324]
  • 1) daß dieſelben bereits die Schutz- oder natürlichen Blattern über-
    ſtanden haben;
  • 2) daß ſie weder an körperlichen Gebrechen, noch Epilepſie, an
    Waſſerkopf, Schwerhörigkeit, Mangel des Geſichts und andern
    unheilbaren Uebeln leiden.

§. 22.

Was die Wahl der aufzunehmenden Zöglinge betrifft, ſo wird
dabei folgendes Verfahren beobachtet.


Wenn entweder eine Zöglingsſtelle aus den Mitteln der Stiftung
gegründet, oder eine bereits fundirte durch den Abgang des Zöglings,
dem ſie verliehen war, erledigt worden iſt, ſo werden die Verhältniſſe
aller zur Aufnahme Angemeldeten von dem Waiſenamte genau geprüft.


Unter übrigens gleichen Verhältniſſen ſind nun vor allen andern
diejenigen Knaben zu berückſichtigen, deren Väter Mitglieder des Stif-
tungsvereins waren; unter dieſen wiederum diejenigen, die beide
Eltern verloren haben; ſodann diejenigen, welche die meiſten unver-
ſorgten Geſchwiſter haben. Sodann folgen diejenigen, deren Väter
weniger als drei Thaler jährlich beigetragen haben.


Sind keine Söhne von ſolchen Vätern, die jährliche oder Capital-
beiträge gegeben haben, zu verſorgen, ſo werden unter den übrigen
zur Aufnahme Angemeldeten diejenigen gewählt, die der Hülfe am
meiſten bedürfen, nach den bereits oben angedeuteten Beſtimmungen.
— Anwartſchaften (Exſpectanzen) werden nicht ertheilt.


§. 23.

Die Zöglinge werden zuerſt nur auf ſechs Monate zur Probe
aufgenommen. Sollten ſich während dieſer Probezeit entſchieden böſe
und laſterhafte Neigungen oder unheilbare körperliche Gebrechen zeigen,
ſo wird der Knabe ſofort wieder entlaſſen.


§. 24.

Mit ihrer Aufnahme in die Anſtalt treten die Zöglinge ganz
unter die Einrichtungen derſelben und beſonders unter die Aufſicht
und Leitung des Waiſenamtes, ſo daß letzterem alle vormundſchaft-
lichen Berechtigungen und Verpflichtungen zufallen; der Vormund
muß ſich aller unmittelbaren Einmiſchung in die Angelegenheiten der
Verpflegung und Erziehung der Zöglinge der Stiftung enthalten.
Etwanige Beſchwerden hat er dem Waiſenamte zur Prüfung und
Erledigung vorzutragen.


[325]
§. 25.

Da es der Zweck der Stiftung iſt, die Zöglinge für den Beruf
des Bürgers und Landmanns, ſowie für die Gewerbe zu bilden, die-
jenigen aber, die beſondere Neigung für den Beruf eines Elementar-
lehrers haben, und die dazu nöthigen geiſtigen und Gemüthsanlagen
beſitzen, für dieſen Beruf vorzubereiten, ſo müſſen Unterricht und Er-
ziehung dieſen Zwecken angemeſſen ſein.


Die Zöglinge werden alſo vor allen Dingen in der chriſtlichen
Religion möglichſt vollſtändig unterrichtet und ſo erzogen werden, daß
ſie die Lehren derſelben in ihrer ganzen Kraft und Reinheit auffaſſen
und ausüben lernen. Sodann werden ſie in der deutſchen Mutter-
ſprache, im Leſen, Schreiben, Rechnen, in der Geometrie, Erdkunde,
Naturkunde, Geſchichte, im Zeichnen, Geſang, und diejenigen, welche
die nöthigen Anlagen beſitzen, auch in der Muſik, beſonders aber die,
welche ſich dem Schullehrerſtande widmen wollen, im Clavier- und
Orgelſpielen unterrichtet, damit ſie möglichſt gut vorbereitet entweder
in das bürgerliche Leben oder in die Schullehrer-Seminarien eintreten.
Ferner werden ſie im Symmer zur Betreibung des Seidenbaues, der
Bienenzucht, der Baumzucht und des Gartenbaues practiſch angeleitet;
im Winter mit Stroh- und Korbflechten, Netzeſtricken u. ſ. w. be-
ſchäftigt, auch diejenigen, die Kraft, Geſchick und Luſt dazu haben,
im Drechſeln, im Tiſchlern, im Schnitzen, Modelliren unterrichtet und
zu Schloſſerarbeiten angeleitet, ſobald die der Stiftung zu Gebote
ſtehenden Einkünfte geſtatten, die hierzu nöthigen Einrichtungen
zu treffen.


Hauptzweck iſt dabei, daß ihnen eine nützliche Thätigkeit zur an-
dern Natur werde, und daß ſie die erſtgedachten Beſchäftigungen ſo
gründlich kennen und ausüben lernen, um ſie wiederum lehren zu können.


Im Sommer werden ſie in körperlichen, ſowie in militairiſchen
Uebungen, auch im Schwimmen unterrichtet.


§. 26.

Die Anzahl der Zöglinge hängt von der Zureichlichkeit der dazu
nach dem Obigen (Abſchnitt II.) beſtimmten Einkünfte der Anſtalt ab.


§. 27.

Die Beköſtigung der Zöglinge muß einfach, aber geſund und
nahrhaft ſein, und wird einem eigenen Hausvater oder Oeconomen
und ſeiner Gattin, oder einer Wittwe, als Oeconomin, übertragen.


[326]
§. 28.

Die Bekleidung der Zöglinge geſchieht anſtändig und reinlich,
nach dem Bedürfniſſe derſelben, ohne äußere Auszeichnung, durch das
Waiſenhaus, jedoch muß ſie möglichſt einfach und wohlfeil ſein.


§. 29.

Der Unterricht erfolgt bei den Zöglingen durch die Schule der
Stiftung ſo lange, bis ſie die gehörige Vorbildung erhalten haben,
um die obern Klaſſen der höhern Bürgerſchule oder die Gewerbeſchule
in Potsdam beſuchen zu können.


Die erforderlichen Bücher und Hülfsmittel werden von der Anſtalt
beſchafft.


§. 30.

Die Aufſicht über die Zöglinge und deren häusliche Führung
wird einem, oder mit der Zeit mehreren Lehrern, unter der Ober-
aufſicht des Waiſenamtes und vorzüglich deſſen Vorſtehers, übertragen,
wobei der Lehrer in die Verpflichtungen eines Erziehers tritt, das
Waiſenhaus aber die Rechte elterlicher Zucht übernimmt.


§. 31.

Vorzüge unter den Zöglingen finden nicht Statt, als durch Aus-
zeichnung beſondern Wohlverhaltens und Fleißes, und durch billige
Berückſichtigung des Alters und der vorgeſchrittenen Ausbildung.


§. 32.

Die Zöglinge müſſen in der Regel ein Bett, einen vollſtändigen
Anzug und die nöthige Wäſche mitbringen. Indeſſen bleibt es dem
Ermeſſen des Waiſenamtes überlaſſen, in dringenden Fällen dieſe
Bedingung zu erlaſſen, und dieſe Gegenſtände aus den Mitteln der
Stiftung zu beſchaffen. — Sobald ein Knabe in die Anſtalt aufge-
nommen iſt, ſorgt dieſelbe für alle ſeine Bedürfniſſe.


§. 33.

Den Zöglingen verbleiben bei ihrer Entlaſſung die während ihrer
Verſorgung in der Anſtalt durch dieſelbe empfangenen Kleidungsſtücke,
die Bücher und die andern Hülfsmittel des Unterrichts aber nur, in
ſoweit ihnen ſolche zur Verfolgung ihrer ferneren Laufbahn, nach dem
Ermeſſen des Waiſenamtes, gegen deſſen desfallſigen Ausſpruch keine
Beſchwerde zuläſſig iſt, nöthig oder unentbehrlich ſind; auch werden
die Zöglinge mit einem neuen vollſtändigen Anzuge entlaſſen.


[327]
§. 34.

Bei dem mildthätigen Zwecke der Stiftung, und da die Zöglinge
derſelben eine vorzügliche Vorbereitung für jeglichen Beruf, dem ſie
ſich künftig widmen wollen, erhalten werden, ſteht zwar zu hoffen,
daß die Meiſter, welche dieſelben als Lehrlinge aufnehmen werden,
ſie möglichſt begünſtigen und mit Koſten verſchonen, und daß ins-
beſondere die Schullehrer-Seminarien diejenigen, die nach ſtattgehabter
Prüfung als zur Aufnahme in dieſelben geeignet werden anerkannt
ſein, möglichſt durch Ertheilung von Freiſtellen begünſtigen werden;
ſollte aber dennoch beim gänzlichen Unvermögen eines Zöglings ein
baarer Geldzuſchuß erfordert werden, ſo wird die Stiftung denſelben
für das erſte Jahr leiſten, inſofern es der Vermögenszuſtand der-
ſelben geſtattet, doch darf ein ſolcher Zuſchuß nie die Summe der
jährlichen Unterhaltungs- und Erziehungskoſten eines Zöglings über-
ſchreiten.


Ueberhaupt wird die Stiftung wohlgerathenen Zöglingen, auch
noch nach ihrem Ausſcheiden, durch Rath und Verwendung beiſtehen.


§. 35.

Ueber die Zöglinge wird ein beſonderes Namenverzeichniß geführt,
in welches ihr Geburtsjahr und Tag, der Stand des Vaters, der Tag
ihrer Aufnahme und Entlaſſung und die Richtung und Hauptſchickſale
ihres fernern Lebens eingetragen werden, daher die Dankbarkeit ſie
verpflichtet, hiervon der Anſtalt Nachricht zu geben.


§. 36.

Die Stiftung ſorgt für jetzt nur für verwaiſete Knaben, weil
deren Erziehung in der Regel für die Wittwen die meiſten Schwierig-
keiten hat, und in dem Sohne und Bruder der Mutter und den
jüngern Geſchwiſtern eine Stütze erzogen werden kann; ſollten aber
der Stiftung Schenkungen mit der ausdrücklichen Beſtimmung für
verwaiſete Töchter
gemacht werden, ſo iſt dieſelbe eben ſo befugt
als verpflichtet, ſie anzunehmen, dem Zwecke gemäß zu verwenden,
und ſobald es der Anwachs der Zinſen dieſes beſondern Fonds ge-
ſtattet, Erziehungsgelder für verwaiſete Töchter zu bewilligen, die in
der Regel bei ihren Müttern, und wenn die Mütter verſtorben ſein
ſollten, bei rechtlichen Hausfrauen werden erzogen werden, jedoch
unter ſolchen Verhältniſſen, daß ſie eine gute Schule beſuchen können,
unter der Bedingung, daß ſie dazu gehörig angehalten werden.


[328]
IV. Abſchnitt.
Verwaltung der Anſtalt und Beamte.

§. 37.

Dem Staate gebührt die allgemeine Aufſicht über die äußern
Verhältniſſe der Anſtalt zu demſelben, jedoch ohne Einwirkung auf
die innere Verwaltung, und in jener Beziehung ſteht das Waiſenhaus
nur in ſofern, daß dieſe Verwaltung geſetzmäßig geſchehe, unter der
Aufſicht der obern Behörde über die Erziehungs- und Unterrichts-
Anſtalten und des derſelben vorgeſetzten Miniſteriums.


§. 38.

Die Leitung der Anſtalt und die Verwaltung ihres Vermögens
bleibt dem Stiftungsvereine und dem durch denſelben erwähnten
Waiſenamte vorbehalten, ſowie auch die Wahl der Zöglinge, deren
Erziehung, Ausbildung und Beſtimmung des zu erwählenden Berufes.


§. 39.

Die Verwaltungsaufſicht in dieſen Beziehungen gebührt zunächſt
dem an der Gründung der Anſtalt theilnehmenden Publikum, mittelſt
des Stiftungsvereins. Zu demſelben gehört als Mitglied ein Jeder,
welcher der Anſtalt:


  • 1) ein Capital von mindeſtens dreißig Thalern Courant Werth zu-
    gewandt, oder:
  • 2) auf Lebenszeit einen jährlichen Beitrag von drei Thalern Courant
    zugeſagt und geleiſtet hat, als wodurch ein ſolches Mitglied
    des Stiftungsvereins auf Lebenszeit für ſeine Perſon das Recht
    erhält:
    • a. im Fall es unbemittelt mit Tode abgehen ſollte, einem ſeiner
      Söhne vorzugsweiſe die Aufnahme in die Anſtalt zu ſichern,
    • b. bei der jährlich ſtattfindenden, vier Wochen vorher durch die
      Zeitungen Berlins und die Regierungs-Amtsblätter der Provinz
      Brandenburg bekannt zu machenden Zuſammenkunft des Stif-
      tungsvereins zu erſcheinen,
    • c. in derſelben Sitz und Stimme über allgemeine Anordnungen
      für die Anſtalt und über Verbeſſerungen der innern Einrichtung
      zu führen,
    • d. Erinnerungen gegen die geführte Verwaltung zu erheben und
      darüber Rechenſchaft zu fordern, auch
    • e. Zöglinge in Vorſchlag zu bringen.

[329]
§. 40.

Die Stimmenmehrheit entſcheidet in dem Stiftungsvereine und
wird bei Stimmengleichheit auf der Seite des den Vorſitz füh-
renden Vorſtehers des Waiſenamtes oder deſſen Stellvertreters ange-
nommen, und dabei keine Vertretung nicht erſchienener Mitglieder
durch Bevollmächtigte zugelaſſen.


Nur den zum Stiftungsvereine gehörenden Corporationen und
moraliſchen Perſonen ſteht es frei, ſich durch ihre Vorſteher oder ge-
wählte Deputirte vertreten zu laſſen. Sie müſſen ſolche Stellvertreter
aber ſchriftlich unter dem von ihnen geführten Siegel bevollmächtigen,
wenn ihre Stimme entſcheiden ſoll, und mehreren Stellvertretern
einer Corporation oder moraliſchen Perſon ſteht zuſammen nur eine
Stimme zu.


§. 41.

Die, jener Bekanntmachung ungeachtet, an dem darin beſtimmten
Tage und Orte nicht erſchienenen Mitglieder des Stiftungsvereins
werden der Stimmenmehrheit der Erſchienenen für beitretend geachtet,
und ein nachkommender Widerſpruch gegen den Beſchluß bleibt un-
beachtet.


§. 42.

Sind von dem Stiftungsvereine nur noch 10 Perſonen am Leben,
wobei die wirklichen Mitglieder des Waiſenamtes nicht mitgezählt
werden, ſo bildet ſich derſelbe durch die Stellvertreter des Waiſen-
amtes und durch zehn von der die Oberaufſicht über die Anſtalt füh-
renden Staatsbehörde aus der Klaſſe der Bürger und Gewerbtreibenden,
der Grundbeſitzer, der Schullehrer und der Staats- und Communal-
beamten, verhältnißmäßig gewählte, unbeſcholtene Männer, dergeſtalt,
daß dieſe Wahl der erwähnten Behörde jedenfalls auf vier aus dem
Stande der Grundbeſitzer und Gewerbtreibenden, zwei aus dem Lehrer-,
zwei aus dem Stande der Staats- und Communalbeamten der Provinz
zu richten iſt, und das Waiſenamt dazu für jede Stelle drei Perſonen
von der vorbeſtimmten Eigenſchaft vorſchlägt.


§. 43.

Zur Legitimation der Mitglieder des Stiftungsvereins bedarf es
nichts weiter, als daß ſich das Waiſenamt überzeugt, daß der ſich
Meldende mit einer Zuwendung, wie ſie die §§. 14. und 39. erfordern,
im Rechnungsetat der Anſtalt aufgeführt iſt, und im Falle des
[330] §. 42. einer Bekanntmachung der Behörde über die von derſelben
getroffene Wahl.


§. 44.

Allen denen, welche der Anſtalt mindeſtens auf den Betrag von
drei Thalern Courant Werth durch Schenkung oder durch geringere
jährliche Beiträge, als ſie die Mitgliedſchaft des Stiftungsvereins
erfordert, etwas zugewandt haben, ſteht zum letztern, bei deſſen jähr-
licher Zuſammenkunft, auf vorherige Meldung bei dem Vorſteher, der
Zutritt, jedoch ohne Stimmrecht, zu.


§. 45.

Nur dann iſt ein Beſchluß des Stiftungsvereins rechtsgültig als
von ihm ausgegangen anzuſehen, wenn darin, mit Ausſchluß der
ordentlichen Mitglieder des Waiſenamtes, aber mit Inbegriff der Stell-
vertreter, mindeſtens ſechs Stimmberechtigte gegenwärtig geweſen ſind.


§. 46.

Der Stiftungsverein wählt aus ſeinen Mitgliedern alle Jahre
ein Mitglied des aus fünf Perſonen beſtehenden Waiſenamtes und
den Stellvertreter dieſes Mitgliedes. (vergleiche §. 42.)


§. 47.

Die Beſchlüſſe der Hauptverſammlung des Stiftungsvereins und
die demſelben von dem Waiſenamte vorgelegte Jahresrechnung über
Einnahme und Ausgabe der Stiftung, ſowie das Ausſcheiden der
Mitglieder des Waiſenamtes und die Wahl neuer Mitglieder, ferner
das Ausſcheiden von Zöglingen und der Eintritt neuer Zöglinge wird
ſogleich nach abgehaltener Hauptverſammlung durch die Amtsblätter
der Provinz Brandenburg bekannt gemacht; dieſe Bekanntmachung
dient zugleich zur Controle für die zweckmäßige Leitung der Anſtalt.


§. 48.

Das Waiſenamt beſteht aus fünf ordentlichen, beſtändigen Mit-
gliedern, welchen, für Behinderungsfälle, eben ſo viele Stellvertreter
beigeſellt werden.


Daſſelbe erneuert ſich alle fünf Jahre in ſeinen Mitgliedern und
Stellvertretern durch die Wahl des Stiftungsvereins; das alljährliche
Ausſcheiden eines Mitgliedes des Waiſenamtes und ſeines Stell-
vertreters erfolgt nach der durch das Amtsalter bedingten Reihefolge
der Mitglieder deſſelben; das ausſcheidende Mitglied und deſſen Stell-
vertreter ſind jedoch wieder wahlfähig. Das Ausſcheiden der zuerſt
[331] gewählten fünf Mitglieder und ihrer Stellvertreter erfolgt durch
das Loos.


§. 49.

Das eine dieſer ordentlichen Mitglieder des Waiſenamtes wird,
als des letztern Vorſteher, gleich von dem Stiftungsvereine gewählt,
führt in dieſer Eigenſchaft, mit einer bei Stimmengleichheit entſchei-
denden Stimme, den Vorſitz in jeder Zuſammenkunft des Stiftungs-
vereins und des Waiſenamtes, und wird, bei etwanigen Abhaltungen,
durch einen für dieſen Fall mit gleichen Befugniſſen und auf gleiche
Weiſe gewählten Stellvertreter erſetzt. Bei etwaniger Behinderung
beider, des Vorſtehers und Stellvertreters deſſelben, wird dem Erſtern,
oder an deſſen Stelle dem Letztern, das Recht beigelegt, aus den
übrigen Mitgliedern des Waiſenamtes dasjenige zu beſtimmen, welches
mit gleichem Rechte den Vorſitz einſtweilen führen ſoll.


§. 50.

Es iſt die Pflicht des Vorſtehers und deſſen Stellvertreters,
wenn letzterer in Thätigkeit getreten, die allgemeine Aufſicht über die
ununterbrochene Wirkſamkeit der ganzen Anſtalt zu führen, und über
die ſtete Regelmäßigkeit der dazu erforderlichen Verwaltung zu halten.
Insbeſondere aber liegt ihm ob, den Fortgang der Geſchäfte lebendig
zu erhalten, dieſe unter die Mitglieder des Waiſenamtes zu vertheilen,
über die Erhaltung des Vermögens, vorzüglich der Grundſtücke und
Capitalien der Anſtalt zu wachen, für getreue Buchführung und Rech-
nungslegung darüber, ſowie für gewiſſenhafte Wahl und Haltung der
Zöglinge zu ſorgen, und überhaupt das Gedeihen der Anſtalt und
die Beförderung des Zwecks derſelben ſich angelegen ſein zu laſſen;
daher denn, wegen dieſer ihm obliegenden allgemeinen Leitung der
ganzen Anſtalt, alle an dieſelbe eingehenden Schreiben und Gelder
zur weiteren Beförderung an ihn gelangen, und alle von derſelben
ausgehenden ſchriftlichen Beſchlüſſe und Ausfertigungen, mit Vorbehalt
der unten folgenden Ausnahmen, von ihm allein vollzogen werden.


§. 51.

Das zweite Mitglied des Waiſenamtes iſt eine im Amte ſtehende,
oder ehrenvoll entlaſſene richterliche Perſon, welche von einem Stell-
vertreter von gleichen Eigenſchaften vertreten wird, und vorzüglich
für die Erhaltung aller Gerechtſame der Anſtalt, in deren innern und
äußern Verhältniſſen, beſonders aber dahin zu ſtreben hat, daß die
[332] Stiftung in ihren Angelegenheiten und bei ihrer Vermögensverwaltung
nicht verkürzt werde.


§. 52.

Das dritte Mitglied muß ein zu einem öffentlichen Amte durch
die Prüfung bewährt befundener Schullehrer ſein, welchem die Aus-
bildung der geiſtigen Fähigkeiten der Zöglinge zur beſondern Fürſorge
dient, und ſein Stellvertreter muß hierzu gleiche Eigenſchaft beſitzen.


§. 53.

Das vierte Mitglied muß ein, der öconomiſchen Verwaltung und
Leitung der Stiftung, ſowie des Caſſenweſens kundiger Mann ſein
(vergleiche §. 60.); dieſes und das fünfte Mitglied, ſowie deren Stell-
vertreter, werden in der Regel aus dem Stande der Bürger, Eigen-
thümer oder Gewerbtreibenden gewählt.


§. 54.

Alle vorberührten und unten genauer bezeichneten Gegenſtände
der Beſchäftigung des Waiſenamtes und ſeiner einzelnen Mitglieder
werden, außer den dringenden und außerordentlicher Berathung vor-
behaltenen Angelegenheiten, in beſondern Zuſammenkünften vorgetragen,
und ohne Unterſchied des Gegenſtandes durch die Stimmenmehrheit
(§. 40.) definitiv feſtgeſetzt; hinſichtlich des Geſchäftsbetriebes ſelbſt
werden die dazu beſonders entworfenen Anordnungen beobachtet, zu
deren Entwurf und Vollziehung, imgleichen zu deren Abänderung,
nach eintretenden Verhältniſſen, das Waiſenamt berechtigt iſt, inſoweit
dieſelben bloß den Geſchäftsgang und die Verwaltung betreffen, und
den Beſtimmungen des Grundgeſetzes nicht entgegen ſtehen.


§. 55.

Außer den Verwaltungs-Angelegenheiten der Anſtalt ſteht dem
Waiſenamte beſonders noch zu:


  • 1) die Wahl der Zöglinge;
  • 2) die Beſtimmung des von denſelben zu ergreifenden künftigen
    Berufs, jedoch mit Berückſichtigung der Fähigkeiten und eigenen
    Neigung der Kinder, ſo weit ein Vater darauf zu achten ver-
    pflichtet iſt;
  • 3) die Auszeichnung des Wohlverhaltens und Fleißes durch ange-
    meſſene Aufmunterungen, aber auch die Entlaſſung derſelben, aus
    oben ſchon (§. 12.) aufgeſtellten Gründen, und die Anordnung
    und Anwendung von Strafen gegen die ausartenden Zöglinge,
    [333] überhaupt die ganze Leitung der Unterhaltung, Erziehung und
    Ausbildung der in die Anſtalt aufgenommenen Kinder.

§. 56.

Auch zum Betriebe aller äußern Angelegenheiten, beſonders zur
Abſchließung aller und jeder Verträge und Vergleiche unter beliebigen
Bedingungen und Verpflichtungen, zur Bewilligung von Beſitz-Ueber-
tragungen, anderen Eintragungen und Löſchungen, hypothecariſchen
Berichtigungen, ohne Unterſchied des Gegenſtandes, und zu den hierbei
zum Grunde liegenden Veräußerungen, Verpfändungen und Quittungs-
leiſtungen, mit und ohne Erlaß etwaniger Anſprüche, ganz oder zum
Theil, zu ſonſtigen Quittungsleiſtungen über Forderungen der Anſtalt,
ohne Unterſchied, zur Führung von Prozeſſen in allen Prozeßarten
und durch alle geeigneten Inſtanzen, zur Erlaſſung von Eiden der
Gegner oder Zeugen und zu allen übrigen, im nachfolgenden §. 57.
nicht ausgenommenen Handlungen, vor und außer Gericht, iſt das
Waiſenamt oder der von demſelben mittelſt ſchriftlicher, durch das
Amtsſiegel und die Unterſchrift dreier Mitglieder beglaubigter Voll-
macht legitimirte Bevollmächtigte uneingeſchränkt befugt und ermächtigt,
und die Stiftung wird dadurch rechtsgültig verpflichtet.


§. 57.

Nur dann ſind die Stellvertreter der ordentlichen Mitglieder des
Waiſenamtes zur Berathung zu ziehen, und bei der letztern, gleich
den erſtern, ſtimmfähig, wenn:


  • a. von dem Ankaufe oder der Veräußerung von Grundſtücken die
    Rede iſt, und
  • b. wenn Capitalien der Anſtalt an Privatperſonen ausgeliehen
    werden ſollen, und es auf Prüfung der Sicherheit ankommt,

in welchen Fällen jede Stimme durch ſchriftliche Erklärung abgegeben
werden muß, ohne daß es einer Zuſammenkunft und für die Aus-
führung des Abſchluſſes und den dazu gewählten Geſchäftsträger einer
weiteren Legitimations-Beſcheinigung, als der im vorigen §. 56. be-
ſtimmten, bedarf, indem die Mitglieder des Waiſenamtes dafür ver-
pflichtet und verantwortlich ſind, daß das hier feſtgeſetzte Erforderniß
der Mitberather der Stellvertreter erfüllt werde.


§. 58.

Eine Verſammlung des Waiſenamtes iſt beſchlußfähig, wenn
mindeſtens durch Mitglieder und Stellvertreter Fünf Perſonen an-
[334] weſend ſind, und im Fall des §. 57. iſt es zu einem gültigen Be-
ſchluſſe hinreichend, wenn die Stimmenmehrheit der ganzen Anzahl
der Mitglieder und der Stellvertreter zuſammen über einen Gegen-
ſtand entſchieden hat, ſo daß, wenn ſechs Mitglieder und Stellvertreter
oder fünf von ihnen, mit Inbegriff des Vorſtehers, einen Beſchluß
übereinſtimmend gefaßt haben, es der Mitſtimmung der übrigen nicht
weiter bedarf. Auch in dringenden Fällen, wenn die geforderten
Stimmen Abweſender nicht zu erhalten ſind, können dieſe Stimmen
durch andere Mitglieder der Stiftungs-Verſammlung (vergleiche §. 39.)
ergänzt werden.


§. 59.

Sollte wider Erwarten der Fall eintreten, daß ein Stellvertreter
abgehalten würde, thätig zu ſein, ſo kann auch gültig ein anderes
Mitglied des Waiſenamtes denſelben vertreten.


§. 60.

Außerdem wählt ſich das Waiſenamt einen Secretair und deſſen
Stellvertreter, welche zugleich die Regiſtratur mit verwalten, und
einen Schatzmeiſter, welcher unter Aufſicht eines, aus den Mitgliedern
des Waiſenamtes oder deren Stellvertreter zu beſtellenden Caſſen-
Aufſehers (Caſſen-Curators) das Geldvermögen der Anſtalt nach den
Vorſchriften des Waiſenamtes verwaltet, und darüber Buch und
Rechnung führt.


§. 61.

Die Mitglieder des Waiſenamtes müſſen ihre Geſchäftsführung
ſtets unentgeltlich leiſten, nur für den Secretair und Schatzmeiſter
darf eine Beſoldung bewilligt werden, wenn deren Geſchäftsführungen
die volle Thätigkeit dieſer Beamten erfordern, zur unentgeltlichen
Verrichtung ihrer Dienſte keine paſſenden Perſonen ſich vorfinden, und
die Einkünfte der Anſtalt die Mittel dazu gewähren.


Eben dies gilt auch von dem Vorſteher des Waiſenamtes.


V. Abſchnitt.
Vorrechte der Anſtalt.

§. 62.

Der Anſtalt gebühren im Allgemeinen alle Berechtigungen einer
vom Staate anerkannten moraliſchen Perſon, und ihr ſteht daher
jede rechtliche Erwerbung von beweglichen und unbeweglichen Gegen-
ſtänden zu.


[335]
§. 63.

Sie führt ein amtliches Siegel unter dem Namen:
„Das Waiſenhaus für die Provinz [Brandenburg] zu Klein-Glienicke.“


Vorſtehendes Grundgeſetz der Verſorgungs-Anſtalt für verwaiſete
Söhne der Bürger, Grundbeſitzer und Gewerbtreibenden, der Ele-
mentar-Lehrer in den Städten und auf dem Lande, ſowie der niedern
Staats- und Communalbeamten ꝛc. in der Provinz Brandenburg zu
Klein-Glienicke, fünf Abſchnitte und drei und ſechszig Paragraphen ent-
haltend, wird ſeinem ganzen Inhalte nach, auf Grund der in be-
glaubter Abſchrift obenſtehenden Allerhöchſten Ordre vom 15. April
v. J. und unbeſchadet der Rechte dritter Perſonen, hierdurch von
Staatswegen beſtätigt.


Berlin, den 25. Februar 1833.


5. Circ.-Reſcr. vom 26. Octbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19.
S. 1001.), betr. die Beaufſichtigung und chriſtl. Leitung der aus dem
Waiſenhauſe zu Pretzſch entlaſſenen und in den Dienſt getretenen
Mädchen.


6. Reſcr. v. 7. Januar 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 248.),
betr. die Oberaufſicht über die Verwaltung von Armen-Stiftungsfonds.


7. Reſcr. v. 20. Febr. 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 1002.),
betr. die Mitwirkung der Stadtverordneten bei der Verwaltung des
Vermögens milder Stiftungen, Waiſenhäuſer ꝛc.


Ich kann, wie ich dem Magiſtrat auf Seinen Bericht vom 13.
v. M. erwiedere, den Gründen nicht beiſtimmen, aus welchen derſelbe
die Stadtverordneten-Verſammlung von der Mitwirkung bei Unter-
bringung der Stiftungs-Capitalien ausſchließen will. Inſonderheit iſt
nicht zu erkennen, wie der Magiſtrat ſeinen Anſpruch auf den §. 55.
der Städte-Ordnung zu begründen meint. Nach ſolchem ſtehen die
zu gemeinſamen und öffentlichen Zwecken beſtehenden, der Stadt zu-
gehörigen Anſtalten mit ihrem Vermögen unter der Aufſicht der Stadt-
gemeinen. Nun iſt aber, wie ſich aus dem Geſetz und dem Sprach-
gebrauch von ſelbſt ergiebt, unter dem Namen der Stadtgemeine nicht
der Magiſtrat und jedenfalls derſelbe nicht allein zu verſtehen, viel-
mehr muß §. 69. auf die Meinung führen, daß die Stadtverordneten-
Verſammlung auf dieſe Bezeichnung Anſpruch hat. Es kann aber hier-
über gar kein Zweifel obwalten, da nach dem Geſetze in allen Ange-
legenheiten der Stadtgemeine der Magiſtrat die Verwaltung zu führen,
[336] die Stadtverordneten-Verſammlung aber die Verwaltung zu controliren
und das Intereſſe der Gemeine zu vertreten hat. Daß dies auch hin-
ſichtlich der Capitalien der Armencaſſe und der zugehörigen Anſtalten
geſchehen müſſe, ergiebt ſich auch, wenn das Geſetz darüber irgend einen
Zweifel ließe, aus der Allerhöchſten Cabinets-Ordre vom 3. Mai
1819. III.*), durch welche auch dies Vermögen der Stadtgemeine über-
wieſen worden iſt.


Daß daher die Stadtverordneten-Verſammlung auch die Sicher-
heit dieſer Vermögensſtücke controliren müſſe, unterliegt keinem Zweifel.
Soll aber dieſe Controle für die Sache ſelbſt einen Nutzen haben, ſo
muß die Verſammlung vor der Ausleihung befragt werden, ob ſie
gegen die Sicherheit etwas zu erinnern habe. Das Intereſſe der Ge-
meine hierbei bedarf kaum einer näheren Entwickelung. Verliert die
Armencaſſe ein Capital, ſo muß die Stadt nach wie vor das Be-
dürfniß decken, folglich ſo viel mehr aufbringen, als die Zinſen des
Capitals betragen.


Bei andern Stiftungen, z. B. bei Hoſpitälern, Waiſenhäuſern ꝛc.,
wird die Stadt, welche ſie für ihre Angehörigen zu benutzen hat, beim
Verluſte eines Capitals verhältnißmäßig weniger Arme, Waiſen ꝛc.
unterbringen können, und ebenfalls auf andere Weiſe für ſie ſorgen
müſſen.


Daß die meiſten Stiftungs-Capitalien aus einer Zeit herrühren,
in welcher noch keine Stadtverordneten vorhanden waren, beweiſt noch
weniger für den Anſpruch des Magiſtrats. Sie wurden der Stadt
geſchenkt oder legirt, um nach der beſtehenden Stadtverfaſſung ver-
waltet zu werden. Nach früherer Verfaſſung beaufſichtigte und con-
trolirte der Staat die Verwaltung der Städte auch in Dingen dieſer
Art. Nach jetziger Verfaſſung iſt an die Stelle der Aufſicht und Con-
trole des Staats die der Stadtverordneten getreten. Auch iſt wohl
eben ſo wenig vorauszuſetzen, daß die Stifter dieſe Verwaltung dem
Magiſtrat ohne alle Aufſicht und Controle im Widerſpruche gegen die
damalige Verfaſſung ganz allein zu überlaſſen die Abſicht gehabt haben,
[337] als daß künftig wohlthätige Perſonen ſich von dergleichen Stiftungen
abſchrecken laſſen ſollten, weil die Unterbringung der Capitalien nicht
dem Magiſtrat allein anheimgeſtellt iſt, ſondern auch die Stadtverord-
neten über deren Sicherheit zu wachen haben.


Sollten die letzteren, was nie vorauszuſetzen iſt, einmal darauf
antragen, ein Stiftungs-Capital zu andern Zwecken zu verwenden, ſo
wird der Magiſtrat einem ſolchen Beginnen zu ſteuern die Mittel eben
ſo in ſeiner Hand haben, wie die Stadtverordneten im Stande ſind,
einem gleichmäßigen, ebenfalls nicht vorauszuſetzenden Antrage des
Magiſtrats entgegen zu treten. Die Sicherheit der Capitalien kann
daher durch die Mitwirkung der Stadtverordneten nur gewinnen, und
das Vertrauen der Stifter auf die Dauer ihrer Stiftungen ſich nur
vermehren.


Nur wenn ein Stifter ausdrücklich beſtimmt hat, daß alle Mit-
wirkung der Stadtverordneten ausgeſchloſſen bleiben ſolle, wird einer
ſolchen Beſtimmung nachzugehen ſein.


Da nun auch im §. 178. der Städte-Ordnung, in welchem die
Angelegenheiten aufgezeichnet ſind, welche der Magiſtrat allein zu be-
ſorgen hat, ſich auch nicht eine Andeutung darüber findet, daß bei dem
fraglichen Geſchäfte die Mitwirkung der Stadtverordneten ausgeſchloſſen
ſei; da nicht einmal practiſch, hinſichtlich der Erſchwerung der Ver-
waltung, die Sache von Wichtigkeit ſein kann, indem bei 136,000 Rthl.
feſt belegten Stiftungs-Capitalien der Fall, daß für die neue Belegung
eines Capitals zu ſorgen iſt, nicht eben häufig vorkommen, die Be-
fragung der Stadtverordneten über die Abſichten des Magiſtrats hin-
ſichtlich der anderweiten Unterbringung alſo gar wenig Mühe machen
wird; da ungegründete Erinnerungen, wenn ſolche von der Stadtver-
ordneten-Verſammlung überall zu erwarten ſein ſollten, nöthigenfalls
durch höhere Entſcheidung zu beſeitigen ſind; und da endlich nach der
nicht widerlegten Verſicherung der Stadtverordneten das jetzt von den-
ſelben gewünſchte Verfahren wirklich bis zum Jahre 1832. beſtanden
hat: ſo muß ich die Anträge des Magiſtrats ablehnen und hiermit die
Entſcheidung der Königl. Regierung beſtätigen.


8. Reſcr. v. 28. October 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 1002.),
betr. die Verwaltung der ſtädtiſchen Stiftungen.


22
[338]

III. Die Taubſtummenanſtalten.


1. Landtagsabſchied für die ſächſ. Provinzialſtände
v. 17. Mai. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 331.)


Extractweiſe.


  • 11) Auf die Erklärung Unſerer getreuen Stände in Betreff einer für
    die Provinz zu errichtenden Taubſtummen-Unterrichts-Anſtalt,
    haben Wir angeordnet, daß die Anzahl der in einem unterrichts-
    fähigen Alter ſtehenden Taubſtummen genau ermittelt, auch die
    Koſten-Erforderniß für ein oder mehrere Taubſtummen-Inſtitute
    feſtgeſetzt werde, und werden künftig dem Landtage die diesfallſigen
    Verhandlungen zur Berathung über die zu treffende Einrichtung
    und über die Beſchaffung der erforderlichen Fonds vorlegen laſſen.

2. Circ.-Reſcr. v. 14. Mai 1828. (Neigeb. S. 246.), betr.
die Verbreitung des Taubſtummenunterrichts.


Die große Menge von Taubſtummen, welche zwar noch im bil-
dungsfähigen Alter, aber in den wenigen vorhandenen Taubſtummen-
Anſtalten nicht mehr unterzubringen ſind, ſo wie der übergroße, im
Zunehmen begriffene Andrang zu dieſen Inſtituten, hat das Miniſterium
veranlaßt, auf umfaſſende und durchgreifende Maaßregeln zum Beſten
dieſer Unglücklichen Bedacht zu nehmen. Nach den angeſtellten Unter-
ſuchungen und eingegangenen Berichten ſind in den Königl. Landen
gegenwärtig über 8000 Taubſtumme vorhanden, und unter dieſen über
1700 noch im bildungsfähigen Alter. Von den letztern ſind aber in
den ſämmtlichen öffentlichen und Privat-Inſtituten nur höchſtens 170,
als noch nicht der zehnte Theil untergebracht. Eine Vermehrung der
Inſtitute nach Bedürfniß iſt ſchon darum nicht ausführbar, weil die
koſtſpielige Unterhaltung der Zöglinge in ſelbigen die Kräfte der meiſten
Eltern und ſelbſt des Staats überſteigen würde. Das Miniſterium
findet es daher angemeſſen, einen neuen Weg einzuſchlagen, wozu auch
die Fortſchritte des Zeitalters in der Taubſtummen-Bildung auffordern,
indem man den Taubſtummen-Unterricht nicht mehr als eine geheime,
ſehr complicirte und ſchwierige Kunſt, ſondern als eine zwar eigenthüm-
liche, auf die beſondere mangelhafte Beſchaffenheit des Schülers berech-
[339] nete, aber mit jeder andern pſychologiſch begründeten, naturgemäßen
Unterrichtsmethode ſehr verwandte Lehr- und Behandlungsweiſe be-
trachtet, und das Zuſammenleben von taubſtummen mit hörenden und
ſprechenden Kindern nicht nur zuläſſig, ſondern ſogar für wünſchens-
werth und mehr ſachförderlich erklärt, als das beſtändige Zuſammen-
leben und Zuſammenlernen von bloß Taubſtummen mit einander in
den Inſtituten, welche letztere jedoch als Centralpunkte für die weitere
Ausbildung und Entwickelung dieſes beſondern Zweiges der Geſammt-
bildung allerdings ihren beſondern und hohen Werth behalten. Unter
den obwaltenden Umſtänden iſt es nun die Aufgabe, die Fähigkeit und
Fertigkeit, Taubſtumme zu unterrichten, baldmöglichſt allgemeiner zu
verbreiten, und den Taubſtummen in größerer Zahl, wo möglich auch
auf einfachere Weiſe als bisher, ohne außerordentliche Maaßnehmungen,
als weite Reiſen, Aufwand großer Penſionen ꝛc., zu helfen. Für die
Löſung dieſer Aufgabe iſt es beſonders wünſchenswerth, daß baldmög-
lichſt in jedem Schul-Inſpectionskreiſe ein Lehrer vorhanden ſei, welcher
die Taubſtummen ſeines Wohnortes und der nächſten Umgegend zu
unterrichten im Stande ſei. Dieſer Zweck wird am ſicherſten erreicht
werden, wenn an jedem Schullehrer-Seminar ein Lehrer angeſtellt
wird, der die Unterweiſung und Behandlung der Taubſtummen in einem
der vorhandenen Inſtitute gründlich erlernt hat, eine Anzahl derſelben
in der mit dem Seminar verbundenen Uebungsſchule fortdauernd unter-
richtet, und dabei zugleich die für die Sache empfänglichen, fähigern
und verſtändigen Seminariſten mit der Methode des Taubſtummen-
Unterrichts theoretiſch und practiſch bekannt macht. Auf dieſe Weiſe
wird es ſich vielleicht in einem Jahrzehend bewirken laſſen, daß in
allen Provinzen der Monarchie, ohne unverhältnißmäßige und uner-
ſchwingliche Koſten für die Bildung der unglücklichen Taubſtummen, in
der Nähe, oder ſelbſt an Ort und Stelle geſorgt, und der jetzige meiſt
vergebliche Andrang zu den Inſtituten beſeitigt wird. Auf den Antrag
des Miniſterii haben des Königs Majeſtät zur Vorbildung ſolcher
Lehrer, welche die Methode des Taubſtummen-Unterrichts an den hierzu
beſtimmten Anſtalten, und namentlich in Berlin, erlernen, und hier-
nächſt bei den Provinzial-Schullehrer-Seminarien wieder lehren ſollen,
eine angemeſſene Summe auf 6 Jahre Allergnädigſt zu bewilligen
geruht. Nach den bisher getroffenen Einleitungen iſt es möglich, dieſe
Vorbildung mit Oſtern des laufenden Jahres zu eröffnen. Das
22*
[340] Miniſterium hat die Abſicht, nach und nach alle Provinzen mit vor-
vorgebildeten Lehrern zu verſorgen, zuvörderſt aber beſonders diejenigen,
in welchen das Bedürfniß am größeſten iſt, und keine Inſtitute vor-
handen ſind.


Das Miniſterium beauftragt das Königl. Conſiſtorium und Pro-
vinzial-Schulcollegium hierdurch, den Seminar-Directoren ſeines Be-
zirks vollſtändige Kenntniß von den vorſtehenden Eröffnungen zu geben,
damit dieſelben bei ihren Einrichtungen, Vorſchlägen zu Anſtellungen
von Seminar-Lehrern ꝛc. darauf vorläufig Rückſicht nehmen können.
Ganz beſonders muß das Miniſterium wünſchen, daß ihnen die Sache,
der Wahrheit gemäß, ſo dargeſtellt werde, daß den allerdings mit
mancherlei Aufgaben ſchon verſehenen Seminar-Anſtalten und Lehrern
durch die beabſichtigte Einrichtung nicht eine neue große Laſt aufgelegt
werden ſolle, ſondern daß hier vielmehr nur die Rede von der beſondern
Beſchäftigung eines einzelnen Lehrers und von einigen beſondern Ein-
richtungen in der Uebungsſchule ſei. Auch iſt es nicht die Meinung,
daß alle Seminariſten, ſondern daß nur ſolche, die für den Taub-
ſtummen-Unterricht geeignet, ja gleichſam geboren ſcheinen, damit
bekannt gemacht werden ſollen. Uebrigens hofft das Miniſterium von
dieſer Einrichtung einen weſentlichen allgemeinen Gewinn für das
Seminar-Weſen überhaupt, und einen höchſt vortheilhaften Einfluß
derſelben auf das Ganze der Lehrerbildung, indem die erforderliche
genaue Beobachtung des Taubſtummen, die Auffindung der Mittel,
ſeinem Geiſte beizukommen, und die durchaus ſinnreiche, beſonders auf
Anſchauung gegründete Lehrart auf eine eigenthümliche und höchſt
fruchtbare Weiſe zugleich in die Tiefe menſchlicher Natur und Bildung
einführt.


3. Landtagsabſchied für die ſächſ. Prov.-Stände vom
24. Octbr. 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 895.), worin über die Doti-
rung der Taubſtummen-Anſtalten zu Erfurt, Halberſtadt, Magdeburg
und Weißenfels die näheren Anordnungen getroffen ſind.


4. Reſcr. v. 29. Novbr. 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 1014.),
betr. die Anſtellung von Lehrern bei Taubſtummen-Anſtalten.


Nach den Allergnädigſten Abſichten Sr. Königl. Majeſtät ſollen
die für den Unterricht der Taubſtummen vorgebildeten Lehrer in allen
Provinzen des Preußiſchen Staats baldmöglichſt in eine angemeſſene
und nützliche Wirkſamkeit treten. Das Miniſterium hat deshalb für
[341] dieſelbe keine vollkommen beſtimmte und beſchränkte Form feſtgeſetzt,
wenn auch die Hauptabſicht deſſelben allerdings dahin geht, kleine
Schul-Abtheilungen von 4, 5 ꝛc. taubſtummen Kindern bei den Semi-
narien (in deren Uebungsſchulen) einzurichten, und alſo die vorgebil-
deten jungen Lehrer zunächſt und vorzugsweiſe an den Seminarien
anzuſtellen. In ſolchen Gegenden aber, wo das Bedürfniß eines ge-
ſchickten Taubſtummen-Lehrers beſonders drückend gefühlt wird, wo
das vorhandene Seminar noch mit keinem Taubſtummen-Lehrer ver-
ſehen iſt, oder wo an dem Orte des Seminars keine Gelegenheit zu
billiger Unterbringung von ärmeren taubſtummen Kindern ſich darbietet,
will das Miniſterium auch der einen oder der andern Land- und
Stadtſchule einen der für den Taubſtummen-Unterricht vorgebildeten
jungen Männer überlaſſen. Dieſelben möchten zu einer ſolchen An-
ſtellung um ſo mehr geeignet ſein, da mehrere zuvor ihre Bildung in
guten Seminarien genoſſen, dort ſchon als Hülfslehrer mitgearbeitet,
und hier in Berlin durch Benutzung von naturwiſſenſchaftlichen, ge-
ſchichtlichen und andern Vorträgen zu ihrer höhern Ausbildung Gele-
genheit gefunden haben. Das Miniſterium veranlaßt die Königliche
Regierung hierdurch, von geeignet ſcheinenden Vacanzen Anzeige zu
machen, wobei die anderweitig noch nöthige Qualification des Anzu-
ſtellenden, die Anſprüche, welche für andre Unterrichtsfächer an ihn
noch gemacht werden, ſo wie Gehalt und Emolumente der erledigten
Stelle genau anzugeben ſind, damit bei der Wahl des Subjects dar-
auf die nöthige Rückſicht genommen werden könne.


5. Landtagsabſchied der preuß. Prov.-Stände vom
9. Januar 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 228. Nr. 6.), betr. die
Dotirung einiger neuen Taubſtummen-Anſtalten.


6. Reſcr. v. 15. Mai 1830. (v. K. Ann. B. 14. S. 411.),
betreffend die Bewilligung der Prämie für die Annehmung und das
Auslehren eines Taubſtummen.


7. Reſcr. v. 21. März 1831. (v. K. Ann. B. 15. S. 97.), betr.
die Heilung von Stammelnden.


Die neuern Verſuche in der Kunſt, Stammelnde zu heilen, haben
ergeben, daß das Uebel vorzugsweiſe in einer frühern Vernachläſſigung
der richtigen Ausſprache der Laute und des Gebrauchs der dabei be-
theiligten Organe ſeinen Grund hat. Es läßt ſich daher erwarten,
daß, wenn in den Schulen dieſem Gegenſtande die gehörige Aufmerk-
[342] ſamkeit geſchenkt wird, nicht nur diejenigen Kinder, welche mit dem
Fehler des Stammelns behaftet ſind, davon geheilt werden können,
ſondern der Fehler in der künftigen Generation, weil ſie in ihrer
Kindheit gewöhnt worden, auf eine richtige Ausſprache Werth zu legen,
und daher der früheſten Entwickelung des Sprachvermögens ihrer
Kinder größere Sorgfalt zuwenden wird, immer ſeltener werden muß.
Das Miniſterium hat nun zwar ſchon die Einleitungen getroffen,
durch die Seminare die Lehrer nach und nach mit der Methode, Stam-
melnde zu heilen, bekannt zu machen, ſieht ſich indeß veranlaßt, die
Kgl. Prov.-Schulcoll. zu beauftragen, auch die Superintendenten auf dieſen
Gegenſtand beſonders aufmerkſam zu machen, zugleich ſie zu vernehmen,
ob nicht ſchon, ſeitdem im Allgemeinen in den Schulen, namentlich
durch die Lautirmethode, auf eine richtige Ausſprache mehr Fleiß und
Sorgfalt verwendet worden, der Fehler des Stammelns ſeltener ge-
worden iſt. Den Bericht über die in dieſer Beziehung gemachten Er-
fahrungen will das Miniſterium zu ſeiner Zeit erwarten.


8. Landtagsabſchied für die Stände des Großherzog-
thums Poſen
v. 14. Februar 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 295.),
wodurch die Mittel zur Unterhaltung von 6 Taubſtummen-Zöglingen
zu Poſen angewieſen werden.


9. Landtagsabſchied für die Mark Brandenburg und
Niederlauſitz
v. 27. April 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 524.),
daß die Communallandtage die Koſten zu Taubſtummen-Anſtalten auf-
bringen ſollen.


10. Landtagsabſchied für die Provinz Preußen vom
3. Mai 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 537.), nach welchem in Marien-
burg und Angerburg Taubſtummen-Anſtalten zu errichten ſind.


11. Landtagsabſchied für die Provinz Weſtphalen
vom 2. Juli 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 738.). Nr. 6., betr. die
Einrichtung der Taubſtummen-Anſtalten zu Soeſt und Büren.


12. Circ.-Reſcr. vom 12. Juli 1832. (v. K. Ann. B. 16.
S. 663.), betr. die Einreichung von Nachweiſungen der Taubſtummen.


Der Königl. Regierung wird Abſchrift der an die Königl. Regie-
rung zu Potsdam erlaſſenen Verfügung, wegen Einreichung der Nach-
weiſung der Taubſtummen, zur Nachachtung für die Zukunft hierneben
mitgetheilt. (Anl. a.)


a. Das Miniſterium genehmigt auf den Bericht der Königl.
[343] Regierung vom 19. April d. J., daß die Taubſtummen in der einzu-
reichenden Nachweiſung nach dem Geſchlecht und nur nach 4 Claſſen,
als: 1) Kinder vor vollendetem 5ten Lebensjahre; 2) nach dem 5ten,
aber vor vollendetem 15ten Lebensjahre: 3) nach dem 15ten, aber vor
vollendetem 30ſten Lebensjahre, aufgeführt werden dürfen.


13. Verfügung vom 31. Decbr. 1834. (v. K. Ann. B. 18.
S. 1023.), betr. den Unterricht für taubſtumme Kinder.


Das Königliche Conſiſtorium und Schulcollegium der Provinz
Brandenburg hat an ſämmtliche Superintendenten und Schulinſpectoren
der Provinz über den Taubſtummen-Unterricht nachſtehende Circular-
Verfügung erlaſſen.


Die Wirkſamkeit der Taubſtummen-Anſtalt zu Berlin wird zum
Theil dadurch gehemmt, daß ſie ihre Zöglinge meiſtens in einem ziemlich
vorgerückten Alter und der Regel nach ohne alle Vorbildung erhält,
ſo daß der erſte Unterricht dieſer Kinder öfters erſt in demjenigen
Lebensalter beginnen muß, in welchem derſelbe ſeinem wichtigſten
Theile nach beendigt ſein ſollte. Die ſcheinbare Sorgloſigkeit vieler
Eltern für den Unterricht und die Erziehung ihrer taubſtummen Kinder
hat mehrentheils ihren Grund in der unrichtigen Vorausſetzung, daß
der Unterricht taubſtummer Kinder nur in den für dieſen Zweck beſte-
henden Anſtalten, oder doch nur durch einen für den Taubſtummen-
Unterricht vollſtändig ausgebildeten Lehrer, mit Erfolg ertheilt werden
könne, und daß man daher diejenigen taubſtummen Kinder, deren
Aufnahme in eine Unterrichts-Anſtalt für Taubſtumme nicht zu be-
wirken iſt, ihrem traurigen Schickſal überlaſſen müſſe. Es iſt jedoch
einleuchtend, daß von Seiten der Eltern, und überhaupt derjenigen
Perſonen, denen die Erziehung taubſtummer Kinder anheim fällt, ſchon
durch deren Gewöhnung an Ordnung und geregelte Thätigkeit ſehr
viel geſchehen kann, den Geiſt und das Gemüth dieſer Unglücklichen
zu bilden, auch beruht die Kunſt des Taubſtummen-Unterrichts auf ſo
einfachen Grundſätzen, daß jeder für das Lehrfach überhaupt wohl
vorbereitete Lehrer den erſten Unterricht taubſtummer Kinder, unter
Benutzung der für dieſen Gegenſtand in neuerer Zeit erſchienenen
Hülfsmittel, mit genügendem Erfolg übernehmen kann. Es iſt des-
halb auch ein Hauptzweck der mit den Seminarien zu verbindenden
Taubſtummen-Anſtalten, die künftigen Lehrer an Volksſchulen mit der
Methode des Taubſtummen-Unterrichts ſo weit bekannt zu machen, daß
[344] ſie die an ihrem Wohnorte etwa lebenden taubſtummen Kinder voll-
ſtändig zu unterrichten befähigt werden, und wünſcht das Conſiſtorium
durch dieſe Mittheilung zu bewirken, daß in dieſer Beziehung ſchon
jetzt ſo viel geſchehe, als ohne die künftig zu hoffende Einwirkung
der Seminare zu erreichen iſt.


Taubſtumme werden diejenigen Perſonen genannt, welche entweder
taub geboren ſind, oder frühzeitig das Gehör verloren haben, und in
Folge dieſes Gebrechens auch des Gebrauchs der Sprache entbehren;
das Verfahren des Tauſtummen-Unterrichts findet daher keine Anwen-
dung bei allen denjenigen Perſonen, deren Stummheit entweder in
Blödſinn, oder in fehlerhafter Beſchaffenheit der Sprachwerkzeuge ihren
Grund hat. Jene ſind überhaupt nicht bildungsfähig, und daher auch
zur Aufnahme in eine Taubſtummen-Anſtalt nicht geeignet, in Rück-
ſicht der letztern kann nur empfohlen werden, frühzeitig den Rath
eines erfahrnen Arztes zu ſuchen.


Die Mittheilung unſerer Gedanken, und daher auch der Unterricht
taubſtummer Perſonen, kann überhaupt auf dreifache Weiſe bewirkt
werden, durch die Gebärde, durch die Schrift und durch das ge-
ſprochene Wort
, und man hat beim Taubſtummen-Unterricht mehren-
theils alle 3 Arten der Mittheilung zugleich in Anwendung gebracht,
jedoch ſo, daß eine derſelben die vorherrſchende war. Die Mittheilung
durch die Gebärdenſprache hat beim Taubſtummen-Unterricht darin
den Vorzug, daß ſie nicht mühſam erlernt zu werden braucht, ſondern,
mehr oder weniger ausgebildet, ſich bei allen nicht ganz verwahrloſeten
Taubſtummen vorfindet, weshalb man ſie auch die natürliche Sprache
der Taubſtummen genannt hat. Aber die Gebärde kann zunächſt nur
ſinnliche Vorſtellungen auf eine allgemein verſtändliche Weiſe darſtellen,
und die Gebärdenſprache muß nothwendig eine Menge willkührlicher
Zeichen aufnehmen, ſobald ſie über den Kreis ſinnlicher Vorſtellungen
hinausgeht. Wie leicht daher auch Taubſtumme ſich unter einander
mittelſt der Gebärde verſtändigen mögen, ſo erhalten ſie in derſelben
doch kein allgemein anwendbares Werkzeug der Mittheilung, und die
reichhaltigſte Quelle der Belehrung, das geſchriebene Wort, bleibt, ohne
die Kenntniß der Wortſprache, ihnen für immer verſchloſſen. Die Ge-
bärde darf daher niemals Zweck, und eben ſo wenig das vorherrſchende,
oder gar das einzige Mittel des Taubſtummen-Unterrichts ſein; ſie
ſoll überhaupt nur in denjenigen Fällen eintreten, wo man mit andern
[345] Arten der Mittheilung nicht ausreicht; je weiter die Ausbildung des
Taubſtummen vorſchreitet, deſto mehr ſoll er ſich von der Gebärde
entwöhnen, und ſie zuletzt nur in dem Maaße gebrauchen, in welchem
ſie auch die Rede vollſinniger Menſchen zu begleiten pflegt. Ein zu
weit ausgedehnter, oder zu lange fortgeſetzter Gebrauch der Gebärde
kann die Fortſchritte des Taubſtummen in dem Gebrauche der Wort-
ſprache nur hemmen. Deſſen ungeachtet iſt die ſinnreiche Methode,
vermittelſt welcher der Abbé de l’Epée, der Begründer des Taub-
ſtummen-Unterrichts in Frankreich, und nach ihm ſein Schüler
Joſeph Mai, ehemals Vorſteher der Taubſtummen-Anſtalt in Wien,
die Gebärdenſprache nach dem Muſter der Wortſprache auszubilden
verſucht haben, in vieler Beziehung lehrreich, und das Studium fol-
gender Schrift:
Methodenbuch zum Unterrichte für Taubſtumme von Michael
Reitter, Pfarrer zu Kallhamm in Ober-Oeſtreich.
Wien, 1828.

wird für Lehrer welche ſich mit dem Gebrauche der künſtlichen Ge-
bärdenſprache beim Taubſtummen-Unterrichte bekannt machen wollen,
nicht ohne Nutzen ſein.


Eben ſo mangelhaft, wie der Unterricht durch bloße Gebärde,
bleibt auch der Verſuch, den Taubſtummen bloß durch die Schrift
ohne den Gebrauch des geſprochenen Wortes zu unterrichten; ein Ver-
fahren, welches in folgender kleinen Schrift:
Die Kunſt, Taubſtumme nach einer neuen, auf Erfahrung
gegründeten, Methode gemeinſchaftlich in öffentlichen
Schulen auf eine einfache Art zu unterrichten. Nach dem
Engliſchen des J. Arrowſmith. Leipzig, 1820.

näher erläutert wird. Es leidet keinen Zweifel, daß der Taubſtumme
gewöhnt werden kann, mit dem geſchriebenen Worte Vorſtellungen zu
verbinden, und ſich durch die bloße Schrift mit andern zu verſtändigen.
Ohne den Gebrauch des geſprochenen Wortes begreift der Taubſtumme
jedoch nie die Beziehung, in welcher die Buchſtaben zu den dadurch
bezeichneten Verrichtungen der Sprachwerkzeuge ſtehen, es erſcheint
ihm daher immer als etwas Willkührliches, daß eine Vorſtellung gerade
durch dieſe, und nicht durch andere Schriftzüge bezeichnet wird, er
ſieht keinen Grund, weshalb nicht mehrere als die in unſerm Alphabet
vorkommenden Schriftzüge zur Bezeichnung unſerer Vorſtellungen ge-
[346] wählt worden ſind, die Schrift iſt für ihn wenig mehr als eine Bilder-
ſprache und er gewinnt nie eine lebendige Einſicht in den Bau der
Sprache, und entbehrt deshalb auch des Sprachgefühls, welches bei
dem Unterricht durch das geſprochene Wort die Fortſchritte des Taub-
ſtummen ſichert und fördert. Wenn deſſen ungeachtet auch auf dieſem
Wege mancher Taubſtumme zu einem nicht unbedeutenden Grade der
Ausbildung gelangt iſt, ſo iſt dieſer Erfolg weit mehr dem Eifer des
Lehrers und der gleichzeitig angewandten Belehrung durch Bilder und
Gebärde, als dem innern Werthe der Methode zuzuſchreiben. Die
ausgezeichnetſten Kenner und Beförderer des Taubſtummen-Unterrichts,
namentlich auch der Stifter der Berliner Taubſtummen-Anſtalt, Ober-
Schulrath Eſchke, haben es immer als die eigentliche Aufgabe des
Taubſtummen-Unterrichts angeſehen, den Taubſtummen in den Beſitz
der Wortſprache und dadurch zugleich in den Beſitz derjenigen
geiſtigen Bildung zu ſetzen, welche mit dem verſtändigen Gebrauch der
Sprache unzertrennlich verbunden iſt; auch wird es immer mehr aner-
kannt, was am beſtimmteſten in einer Schrift des Königl. Baierſchen
Schulraths Graſer:
Der durch Geſichts- und Tonſprache der Menſchheit wieder-
gegebene Taubſtumme. Zweite Auflage. Bayreuth 1834.

ausgeführt iſt, daß die Wortſprache von den Taubſtummen der Haupt-
ſache nach auf dem nämlichen Wege erlernt werden muß, auf welchem
auch das hörende Kind in den Beſitz der Sprache gelangt. Die Möglich-
keit aber, den Taubſtummen in der Wortſprache zu unterrichten, ergiebt
ſich leicht aus folgender Betrachtung.


Jedes Wort beſteht aus einer mäßigen Anzahl einfacher Grund-
laute, welche in den meiſten Sprachen übereinſtimmen, und auf mannig-
fache, jedoch nicht regelloſe Weiſe mit einander verbunden werden;
die Hervorbringung jedes Grundlautes aber erfordert eine eigenthüm-
liche Thätigkeit der Sprachwerkzeuge, welche an beſtimmten Bewegungen,
ſowohl der Sprachwerkzeuge ſelbſt, als der Geſichtsmuskeln ſichtbar
wird. Das geſprochene Wort iſt daher nicht bloß durch das Ohr,
ſondern für den aufmerkſamen Beobachter auch durch das Auge ver-
nehmbar, und man kann bei einiger Uebung ſehr bald dahin gelangen,
das geſprochene Wort von dem Munde des Redenden abzuſehen.


Die erſte Aufgabe bei dem Taubſtummen-Unterrichte iſt daher,
daß der Taubſtumme die einzelnen Beſtandtheile des Wortes in der
[347] Ordnung, in welcher ſie mit einander verbunden ſind, vermittelſt des
Geſichts auffaſſen lerne. Zu einer deutlichen Unterſcheidung der ein-
zelnen Beſtandtheile des Wortes gelangt jedoch der Taubſtumme nur
dadurch, daß er ſie mittelſt der Sprachwerkzeuge ſelbſt nachbildet;
die Uebungen im Abſehen und Nachbilden der einzelnen Laute
müſſen daher ſtets mit einander verbunden werden. Sobald der Taub-
ſtumme auch nur einige der leichtern Grundlaute nachbilden kann, werden
dieſe Laute zu Wörtern von ſinnlicher Bedeutung zuſammengeſetzt,
und wenn dem Taubſtummen mit dem vorgeſprochenen, oder von ihm
nachgebildeten Worte zugleich der dadurch bezeichnete Gegenſtand vor-
gezeigt wird, ſo gelangt er bald zu der Einſicht, daß die von ihm
bedachten und nachgebildeten Bewegungen der Sprachwerkzeuge nur
Zeichen für gewiſſe Vorſtellungen ſind, und das jedem Menſchen ange-
borne Verlangen, ſich mitzutheilen, hilft ihm die Anſtrengung über-
winden, welche das Nachbilden der Sprachlaute ihm anfangs verurſacht.


Gleichzeitig mit dem Unterricht im Sprechen fängt auch der Unter-
richt im Leſen und Schreiben an. Für jeden Laut, den das
taubſtumme Kind nachbildet, werden ihm ſogleich die in der Schrift
und im Druck üblichen Zeichen, die letztern auf kleinen Tafeln von
Holz oder Pappe, gegeben; jedes beim Unterricht geübte Wort wird
bald von dem Schüler aus den einzelnen Buchſtaben zuſammengeſetzt,
bald von dem Lehrer an die Tafel geſchrieben, und dann von allen
an dem Unterrichte Theil nehmenden Kindern von der Tafel abgeleſen,
ſo daß Sprechen, Schreiben und Leſen nur Einen Unterrichtsgegen-
ſtand bilden. Die Uebungen im Schönſchreiben können bei dem taub-
ſtummen Kinde in derſelben Art, wie bei Vollſinnigen getrieben werden,
weil bei dem natürlichen Nachahmungstriebe des Kindes das bloße
Vorzeigen und Vormachen leicht die Stelle der mündlichen Belehrung
erſetzt. Mehrentheils entwickelt ſich bei dem taubſtummen Kinde,
welches früh auf Form und Geſtalt der Dinge zu achten gewöhnt
wird, auch eine Anlage zum Zeichnen, und es iſt ungemein wichtig,
dieſe Anlage früh zu entwickeln, was auf demſelben Wege, wie bei
vollſinnigen Kindern, geſchehen kann. Ueberhaupt ſind Uebungen im
Schönſchreiben und im Zeichnen ein ſehr zweckmäßiges Mittel, taub-
ſtumme Kinder, welche mit vollſinnigen zugleich unterrichtet werden,
während der für ſie nicht geeigneten Lectionen nützlich zu beſchäftigen.


Der erſte ſachliche Unterricht taubſtummer Kinder beſchränkt ſich,
[348] wie bei Vollſinnigen, auf das Gebiet der ſinnlichen Wahrnehmungen,
welche ihnen in einer ſolchen Reihefolge vorzuführen ſind, daß dadurch
der Kreis ihrer Vorſtellungen erweitert und zugleich geordnet wird.
Mit dieſem ſachlichen Zwecke muß aber der ſprachliche immer gleich-
zeitig verfolgt werden, weil es zunächſt darauf ankommt, dem Kinde
auch die Benennungen der von ihm angeſchauten Gegenſtände, ihrer
Merkmale und Eigenſchaften, ihrer Theile und ihrer Verrichtungen,
geläufig zu machen, und dieſe für mündliche und ſchriftliche Uebungen
in der Satzbildung zu benutzen. Bei einiger Gewandtheit des Lehrers
hält es mehrentheils nicht ſchwer, die Kinder mit den Benennungen
der ſinnlichen Wahrnehmungen bekannt zu machen, denn was dem
Kinde nicht unmittelbar oder in Abbildungen vorgezeigt werden kann,
läßt ſich leicht durch natürliche Gebärde deuten; auch die räumlichen
Verhältniſſe der Dinge, und ſelbſt die Unterordnung gegebener Vor-
ſtellungen unter eine höhere faßt der Taubſtumme mehrentheils leicht
und ſicher; die Hauptſchwierigkeit fängt erſt da an, wo abſtracte Be-
griffe zu erläutern ſind. In den meiſten Fällen führt jedoch eine
vollſtändige Benutzung concreter Fälle auch hier zum Ziel, auch muß
darauf gerechnet werden, daß die Bedeutung der meiſten Wörter von
dem taubſtummen wie von dem hörenden Kinde aus dem Zuſammen-
hange, in welchem ſie gebraucht werden, allmählig erſchloſſen wird.
Eben dieſe Bemerkung gilt auch von den grammatiſchen Verhältniſſen
der Wörter und der Sätze, welche nur aus zweckmäßig gewählten
Beiſpielen erkannt werden können, von denen einige jedoch ſo einfach
ſind, daß die Einübung derſelben unmittelbar nach den erſten Uebungen
in der Satzbildung erfolgen kann.


Es würde über die Grenzen wie über den Zweck dieſer Mitthei-
lung hinausgehen, über die Methode des Taubſtummen-Unterrichts eine
in das Einzelne eingehende Anweiſung zu geben; das Conſiſtorium
muß ſich darauf beſchränken, diejenigen Lehrer, welche ſich mit der
Methode des Taubſtummen-Unterrichts durch eigenen Fleiß bekannt
machen wollen, auf die für dieſen Zweck am meiſten geeigneten Schriften
zu verweiſen. Für die Uebungen im Abſehen und Nachbilden der
Grundlaute wird zunächſt nur die Kenntniß der ſogenannten Laut-
methode erfordert, welche bei gründlich gebildeten Elementarlehrern
vorausgeſetzt werden kann; die Anwendung derſelben beim Sprachunter-
richt taubſtummer Kinder ſetzt jedoch Bekanntſchaft mit manchen Wahr-
[349] nehmungen voraus, zu welchen der Leſeunterricht hörender Kinder nicht
leicht Veranlaſſung giebt, und verweiſet das Conſiſtorium in dieſer
Beziehung auf folgende kleine Schrift:
Andeutung des Verfahrens beim Unterricht taubſtummer Kinder
im Sprechen, für Volksſchullehrer, v. J. S. Lachs. (Berlin,
bei Oehmigke. 1835. Preis 7½ Sgr.),

in welcher dasjenige Verfahren, welches ſich bei der Berliner Taub-
ſtummen-Anſtalt am beſten bewährt hat, klar und ausführlich beſchrieben
wird. Für den erſten Unterricht über das Gebiet der ſinnlichen Wahr-
nehmungen wird folgende Schrift empfohlen:
Methodiſches Bilderbuch, ein Wörterbuch für Taubſtumme
und zur zweckmäßigen Unterhaltung für hörende Kinder, von
E. Wilke. (Berlin, bei Plahn. 1830. Preis 15 Sgr.),

für den fortſchreitenden Unterricht aber, wie überhaupt für diejenigen
Lehrer, welche ſich mit der Methode des Taubſtummen-Unterrichts
durch eigenen Fleiß näher bekannt machen wollen, verdient folgende
Schrift:
Anleitung zum Unterricht taubſtummer Kinder in der Sprache
und den andern Schul-Lehrgegenſtänden, nebſt Vorlegeblättern,
einer Bilderſammlung und einem Leſe- und Wörterbuch, von
W. A. Jäger und A. Riecke. (Stuttgart, bei Löfflund und
Sohn. Erſte Lieferung 1832. Preis 1⅓ Thl.; zweite Liefe-
rung 1833. Preis 1⅓ Thl.; dritte Lieferung 1834. Preis
1⅓ Thaler.)

eine vorzügliche Empfehlung, ſo wie auch die von dem zuerſt genannten
Verfaſſer, Stadtpfarrer Jäger zu Gmünd, im Königreich Würtem-
berg, herausgegebene Schrift:
Ueber die Behandlung, welche blinden und taubſtummen
Kindern, hauptſächlich bis zu ihrem 8ten Lebensjahre, im
Kreiſe ihrer Familien und an ihren Wohnorten überhaupt zu
Theil werden ſollte. (Stuttgart, bei Löfflund. 1830. Preis
15 Sgr.)

viele beachtenswerthe Winke für Eltern und Lehrer blinder und taub-
ſtummer Kinder enthält.


Als Ergebniß vorſtehender Mittheilungen ſtellen ſich folgende
Maaßregeln als wünſchenswerth dar:


  • 1) Jedes taubſtumme Kind muß im Kreiſe ſeiner Familie, von früher
    [350] Jugend an, zu einer geregelten, die Geiſteskräfte übenden Thätig-
    keit angehalten werden.
  • 2) Vom Anfange des 7ten Lebensjahres ab muß das taubſtumme
    Kind, wenn für den Unterricht deſſelben nicht eine andere, dem
    Zwecke mehr entſprechende Anordnung getroffen werden kann,
    täglich wenigſtens 3 Stunden die Ortsſchule beſuchen, in welcher
    es nach den oben gegebenen Andeutungen mit Sprechübungen,
    Schreiben und Zeichnen, ſpäterhin auch mit Leſen und ſchrift-
    lichen Arbeiten nach den Vorlegeblättern von Jäger u. Riecke
    zu beſchäftigen iſt.
  • 3) Um den Erfolg des dem taubſtummen Kinde in der Schule zu
    ertheilenden Unterrichts zu ſichern, muß daſſelbe täglich in
    1 Stunde, und wenn dies nicht zu erreichen ſein ſollte, wöchent-
    lich wenigſtens in 2 bis 3 Stunden, außer der Schulzeit,
    im Abſehen und im Sprechen geübt werden.

Das Conſiſtorium hat die Ueberzeugung, daß die Geiſtlichen und
Schullehrer, in deren Pfarr- oder Schulbezirk taubſtumme Kinder leben,
welche anderweitigen genügenden Unterricht entbehren, gern dazu die
Hand bieten werden, dieſen Unglücklichen diejenige Bildung angedeihen
zu laſſen, durch welche der Erfolg eines nachmaligen umfaſſendern
Unterrichts, oder, wenn ſich dazu keine Gelegenheit finden ſollte, wenig-
ſtens die Möglichkeit eines angemeſſenen Confirmanden-Unterrichts der-
ſelben und ihrer Aufnahme in die Gemeinſchaft der chriſtlichen Kirche
geſichert wird. Hinſichtlich derjenigen taubſtummen Kinder, welche zur
Aufnahme in die Taubſtummen-Anſtalt zu Berlin aufgezeichnet ſind,
wird künftig die Benutzung eines vorbereitenden Unterrichts zu einer
Bedingung der Aufnahme gemacht werden; das Conſiſtorium wünſcht
jedoch, daß auch hinſichtlich derjenigen taubſtummen Kinder, welche
keine Ausſicht haben, in eine Taubſtummen-Anſtalt aufgenommen
zu werden, eben dieſe Maaßregeln zur Ausführung kommen, und daß
der Unterricht derſelben nach der Anleitung von Jäger und Riecke
ſo weit als möglich fortgeſetzt werde. Es iſt deshalb wünſchenswerth,
daß die Geiſtlichen, in deren Pfarrbezirk ſich taubſtumme Kinder be-
finden, nicht nur den Eltern die Sorge für deren Ausbildung zur
Pflicht machen, ſondern auch den Lehrer der Ortsſchule anweiſen, den
Unterricht dieſer taubſtummen Kinder nach den obigen Andeutungen
mit Sorgfalt und gewiſſenhafter Treue zu übernehmen, wobei ſie die
[351] etwa vorkommenden Schwierigkeiten, unter Mitwirkung der Schul-
vorſtände und nöthigenfalls der Ortsobrigkeit, auf geeignete Weiſe zu
beſeitigen bemüht ſein werden.


Um, was in dieſer Beziehung geſchieht, oder noch zu thun übrig
bleibt, vollſtändig überſehen, und das Erforderliche veranlaſſen zu
können, iſt, in Uebereinſtimmung mit den Königl. Regierungen zu
Potsdam und Frankfurt, Folgendes angeordnet:


  • 1) Jeder Geiſtliche innerhalb der Provinz Brandenburg, in deſſen
    Pfarrbezirke taubſtumme Kinder in dem Alter vom Anfange des
    7ten bis zum vollendeten 16ten Lebensjahre befindlich ſind, hat
    alljährlich zum 1. December ein Verzeichniß derſelben nach dem
    unten folgenden Formular an den bezüglichen Superintendenten
    einzureichen, oder demſelben zu eben dieſem Termine anzuzeigen,
    daß ſich innerhalb ſeines Pfarrbezirks kein taubſtummes Kind in
    dem bezeichneten Lebensalter befinde. Sollten hinſichtlich des
    Schul- und Confirmanden-Unterrichts taubſtummer Kinder ihres
    Pfarrbezirks Schwierigkeiten entſtehen, ſo haben ſie wegen Be-
    ſeitigung derſelben ſich zunächſt an den vorgeſetzten Superinten-
    denten oder Schul-Inſpector zu wenden.
  • 2) Die Superintendenten haben die einzelnen Nachweiſungen der
    Geiſtlichen in ein, nach demſelben Formular anzufertigendes,
    Hauptverzeichniß zuſammen zu ſtellen, und daſſelbe ſpäteſtens bis
    zum 31. December deſſelben Jahres an die Königl. Regierung
    mittelſt eines, die etwa erforderlichen Bemerkungen und Erläute-
    rungen enthaltenden, Begleitungsberichts einzureichen, worauf
    von Seiten der Königl. Regierungen, und beziehungsweiſe von
    dem Conſiſtorium, das Erforderliche veranlaßt werden wird.

Verzeichniß
der taubſtummen Kinder vom Anfange des 7ten bis zum vollendeten
16ten Lebensjahre für die Parochie (Diözes) .....


[352]

14. Landtagsabſchied für die rheiniſchen Provinzial-
ſtände
v. 3. März 1835. (v. K. Ann. B. 20. S. 476.) Nr. 20 c.,
daß die Dotation von Taubſtummen-Anſtalten Sache der Provinz.


15. Reſcr. v. 18. März 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 136.),
betr. die Beförderung des Taubſtummen-Unterrichts, welches die Ver-
fügung v. 31. Decbr. 1834. mittheilt.


16. Landtagsabſchied für die Provinz Pommern vom
23. Mai 1835. (v. K. Ann. B. 20. S. 460.) Nr. 3., betr. die
Errichtung einer mit dem Seminar zu Stettin zu verbindenden Taub-
ſtummen-Schule.


17. Landtagsabſchied für die Provinz Poſen vom
29. Juni 1835. (v. K. Ann. B. 21. S. 819.) Nr. 5., betr. die Ein-
richtung einer Taubſtummen-Anſtalt auf Koſten der Provinz.


18. Landtagsabſchied für die Provinz Schleſien vom
20. Novbr. 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 829.) Nr. 15., betr. die
Aufbringung der Unterhaltungskoſten der Taubſtummen-Anſtalten.


19. Bekanntmachung v. 31. März 1843. (M.-Bl. S. 153.),
betr. die Taubſtummen-Anſtalten in Berlin.


§. 1. In der Königl. Taubſtummen-Anſtalt zu Berlin werden
60 bis 70 taubſtumme Kinder beiderlei Geſchlechts unterrichtet.


Dieſe ſind entweder


  • a.Königliche Zöglinge, welche in der Anſtalt Wohnung, Un-
    terricht, Beköſtigung und Wäſche unentgeltlich erhalten, oder
  • b.Penſionaire der Anſtalt, welche in aller Beziehung den
    Königl. Zöglingen gleich gehalten werden, für welche aber ein
    jährliches Koſtgeld von 60 Thalern zu zahlen iſt, oder endlich
  • c.Schulgänger, welche bloß an dem Unterrichte Theil nehmen
    und der Regel nach ein vierteljährliches Schulgeld von 3¾ Thlrn.
    zu zahlen haben.

Außerdem ſteht es dem Director der Anſtalt frei, zehn bis funf-
zehn Privatzöglinge aufzunehmen und ſich mit den Angehörigen der-
ſelben wegen des Koſtgeldes beliebig zu einigen.


§. 2. Die Anſtalt ſteht unter der Aufſicht des unterzeichneten
Königl. Schucollegii der Provinz Brandenburg, an welches alle auf
die Anſtalt bezügliche Anträge, namentlich auch die Geſuche um Auf-
nahme, zu richten ſind.


§. 3. Zur Aufnahme in eine der zwölf Königl. Freiſtellen können
[353] nur Kinder aus denjenigen Provinzen des Preußiſchen Staats gelangen,
für welche noch keine Taubſtummen-Anſtalten gegründet ſind.


§. 4. Wer die Aufnahme eines taubſtummen Kindes in eine
Königl. Freiſtelle
nachſucht, hat über deſſen perſönliche Verhältniſſe
genaue Auskunft zu geben und folgende Zeugniſſe einzureichen:


  • a. den Taufſchein des aufzunehmenden Kindes;
  • b. ein Dürftigkeits-Atteſt;
  • c. ein ärztliches Zeugniß, daß das Kind wirklich taub und ſtumm
    ſei und der Mangel der Sprache nur in einem Mangel des
    Gehörs, nicht in einem Fehler der Sprachwerkzeuge oder in
    Blödſinn ſeinen Grund habe; ferner, daß das taubſtumme Kind
    außer ſeiner Taubheit an keinem ſeiner Bildung hinderlichen Ge-
    brechen, noch an einer langwierigen oder anſteckenden Krank-
    heit leide;
  • d. ein Atteſt über die Bildungsfähigkeit des aufzunehmenden Kindes,
    das entweder von dem Ortsgeiſtlichen oder einem des Taubſtummen-
    Unterrichts kundigen Lehrer auszuſtellen iſt, falls das Kind nicht
    zur Prüfung ſeiner Bildungsfähigkeit dem Director der Anſtalt
    perſönlich vorgeſtellt werden kann.

§. 5. Diejenigen taubſtummen Kinder, welche nach den beige-
brachten Zeugniſſen aufnahmefähig erſcheinen, werden in der Anwarter-
liſte der Anſtalt eingetragen, und bei eintretender Erledigung einer
Freiſtelle die geeignetſten unter den Anwartern zur Aufnahme ausge-
wählt. Die Eintragung eines taubſtummen Kindes in die Anwarter-
liſte kann nicht vor dem vollendeten fünften Lebensjahre, die Aufnahme
ſelbſt nicht vor dem vollendeten ſiebenten und nicht nach dem voll-
endeten zwölften Lebensjahre des Kindes erfolgen, es ſei denn, daß
der Anwarter bereits längere Zeit einen geregelten Unterricht in einer
Taubſtummen-Anſtalt oder bei einem des Taubſtummen-Unterrichts
kundigen Lehrer erhalten hat, in welchem Falle die Aufnahme bis zum
vollendeten funfzehnten Lebensjahre Statt findet.


Die Eltern oder Vormünder der zur Aufnahme notirten Kinder
haben ſich alljährlich eine Beſcheinigung des Ortsgeiſtlichen darüber
zu erbitten, daß der Unterricht ihrer taubſtummen Kinder oder Pflege-
befohlnen bei einem des Taubſtummen-Unterrichts kundigen Lehrer, deſſen
Name und Wohnort ausdrücklich anzugeben iſt, regelmäßig und mit
Erfolg fortgeſetzt worden ſei. Dieſe Beſcheinigung iſt bis zum 1. Dec.
23
[354] jedes Jahres an den Director der hieſigen Taubſtummen-Anſtalt ein-
zuſenden. Von denjenigen Taubſtummen, für welche eine ſolche Be-
ſcheinigung nicht eingereicht wird, muß angenommen werden, daß ſie
keinen Unterrichts genießen, und ſie müſſen daher auch in der Anwarter-
liſte, inſofern ſie das zwölfte Lebensjahr vollendet haben, gelöſcht
werden.


§. 6. Jedes aufzunehmende Kind muß mit folgenden Gegenſtänden
verſehen ſein:


  • a. mit einem Bette, beſtehend aus Unterbett, Deckbett, Kopfkiſſen
    und doppeltem Bezuge nebſt Laken;
  • b. mit ausreichender Wäſche, 6 Hemden, 6 Taſchentüchern, 6 Hand-
    tüchern, 6 Paar Strümpfe, 6 Halstüchern; die Mädchen außerdem
    noch mit 6 Schürzen;
  • c. an Kleidungsſtücken mit doppeltem Anzuge und doppeltem Schuh-
    werk; die Knaben mit einer Mütze.

Dieſe Gegenſtände müſſen auch während des Aufenthalts der Kinder
in der Anſtalt in gutem Zuſtande erhalten und nach dem Ermeſſen
des Directors ergänzt werden.


§. 7. Vor der Aufnahme haben die Angehörigen noch folgende
Beſcheinigung beizubringen:


  • a. ein ärztliches Zeugniß, daß das aufzunehmende Kind entweder die
    natürlichen Pocken gehabt habe, oder daß die Einimpfung der
    Schutzblattern innerhalb der letzten zwei Jahre wirkſam
    an ihm vollzogen oder wiederholt worden;
  • b. eine Beſcheinigung der Ortsobrigkeit, daß die Kinder mit den
    §. 6. genannten Gegenſtänden verſehen worden, und daß die
    Eltern ausreichende Mittel beſitzen, während des Aufenthalts
    ihrer Kinder in der Anſtalt für die Inſtandhaltung dieſer Gegen-
    ſtände zu ſorgen, oder daß von Seiten der Ortsobrigkeit dafür
    geſorgt werden ſolle.

§. 8. Wer für ein taubſtummes Kind den Unterricht in der
Taubſtummen-Anſtalt gegen Erlegung des §. 1. c. beſtimmten Schul-
geldes nachſucht, hat ſich deshalb an den Director der Anſtalt zu
wenden, deſſen Beurtheilung es überlaſſen bleibt, welche der §. 4. ge-
dachten Zeugniſſe beizubringen ſind.


Wer für ein ſolches Kind zugleich Erlaß des Schulgeldes nach-
ſucht, hat eine Beſcheinigung der Ortsobrigkeit beizubringen, daß die
[355] Angehörigen zwar im Stande ſind, für Koſt, Bekleidung und Woh-
nung zu ſorgen, die Zahlung eines Schulgeldes aber unmöglich ſei.


Da die Zahl der Freiſchüler voll iſt, ſo werden die zur Freiſchule
angemeldeten Kinder in die deshalb zu führende Anwarterliſte einge-
tragen und rücken der Reihe nach in die erledigten Stellen ein.


§. 9. Die Aufnahme eines Kindes in den Unterricht der Taub-
ſtummen-Anſtalt findet nicht vor dem vollendeten ſiebenten Jahre
Statt. Nach dem vollendeten zwölften Lebensjahre findet die Auf-
nahme nur ausnahmsweiſe in denjenigen Fällen Statt, wo ungeachtet
des vorgerückten Alters des Kindes doch ein günſtiger Erfolg des
Unterrichts zu erwarten ſteht.


§. 10. Alle Anfragen über perſönliche Verhältniſſe der Zöglinge
und Anwarter ſind an den Dirigenten der Anſtalt, gegenwärtig den
Director Saegert hierſelbſt, zu richten, welcher dieſelben nöthigen-
falls dem Königl. Schul-Collegio vorzulegen hat.


Von etwanigen Wohnungsveränderungen der Anwarter iſt dem
Director gleichfalls Nachricht zu geben, damit die Einberufung der-
ſelben nicht aufgehalten werde.



[[356]][[357]]

Siebente Abtheilung.


1. Einkauf in die Königl. allgem. Wittwen-
verpflegungsanſtalt.
2. Einkauf in die allgem. Wittwen-Pen-
ſions- und Unterſtützungscaſſe (ſogen.
Schulenburgſche).
3. Provinzielle Beſtimmungen über Schul-
lehrer-Wittwen- und Waiſencaſſen.


[[358]][[359]]

Reſcr. v. 11. Auguſt 1841. (M.-Bl. S. 262.), betr. die Verſicherung von
Wittwenpenſionen für die Ehefrauen der Beamten.


Des Königs Majeſtät haben mittelſt Allerh. Cab.-Ordre vom
19. Juli cr. allergnädigſt zu genehmigen geruht, daß allen Beamten
freigeſtellt werden kann, ihren Ehefrauen bei der allgemeinen Wittwen-
Penſions- und Unterſtützungscaſſe eine Penſion, — jedoch mindeſtens
zu dem vorgeſchriebenen Betrage von 1/5 ihrer Beſoldung, — zu ver-
ſichern, in welchem Falle dann der Einkauf bei der Königl. Wittwen-
Verpflegungs-Anſtalt nicht erforderlich iſt.


I. Einkauf in die Königl. allgemeine Wittwen-
Verpflegungs-Anſtalt.


1. Reglement für die allgemeine Wittwen-Verpfle-
gungs-Anſtalt
v. 28. Decbr. 1775. (R. B. 1. Abthl. 6. S. 146 seq.)


Demnach Uns allerunterthänigſt vorgetragen worden, daß viele
Unſerer Unterthanen ein Verlangen tragen, in Unſern Staaten, unter
Landesherrlicher Autorität, eine allgemeine freiwillige Wittwen-Ver-
pflegungs-Anſtalt errichtet zu ſehen, wobei ein jeder Ehemann nach
Verſchiedenheit ſeines Standes, ſeiner Einkünfte oder ſeiner Geſin-
nungen, gegen gewiſſe beſtimmte, bei ſeinen Lebzeiten zur gemein-
ſchaftlichen Caſſe zu leiſtende Beiträge, ſeiner Wittwe auf ſeinen
Todesfall eine verhältnißmäßige Penſion bis an ihr Ende verſichern
laſſen könne, und Wir, bei der Landesväterlichen Sorgfalt, womit
Wir das wahre Beſte Unſerer getreuen Unterthanen zu befördern
unermüdet befliſſen ſind, dergleichen billigem Verlangen zu fügen um
ſo weniger Bedenken getragen, als durch eine ſolche Anſtalt nicht nur
einzelne Bürger gegen die traurigen Folgen frühzeitiger Todesfälle
für ihre Familien geſichert werden, ſondern auch im Ganzen die Laſt
der häuslichen Sorgen und des Eheſtandes, auch die Kinderzucht
[360] erleichtert wird, mithin dergleichen Institutum auf die Vermehrung
der Ehen und Bevölkerung einen heilſamen Einfluß haben kann: ſo
haben Wir, in Betracht dieſer und mehrerer Gründe, in Gnaden re-
ſolviret, in Unſerer Reſidenzſtadt Berlin eine allgemeine Wittwen-
Verpflegungs-Caſſe errichten, auch die Geſetze und Beſtimmungen,
wornach bei deren Einrichtung und Verwaltung verfahren werden
ſoll, hierdurch zu Jedermanns Wiſſenſchaft öffentlich bekannt machen
zu laſſen.


Wir ſetzen demnach feſt und verordnen hierdurch Folgendes:


§. 1. Damit ein Jeder, der ſich bei dieſem Intsituto intereſſiren
will, völlig verſichert ſein möge, daß die Gelder, welche er bei ſeinen
Lebzeiten, zum Beſten ſeiner Wittwe, ſeinem Vergnügen oder ſeinem
Bedürfniß entziehet, getreulich verwaltet, und ſeine Wittwe die ihr
verſicherte Penſion bis an ihren Tod unverkürzt erhalten werde: ſo
haben Unſere Haupt-Banque zu Berlin und Unſere getreue Kur-
märkſche Landſchaft, mit Unſerer höchſten Erlaubniß und Genehmigung,
die ſolidariſche Garantie dieſes ganzen Instituti übernommen, wodurch
den ſämmtlichen Intereſſenten die Sicherheit der eingelegten Gelder,
die prompte Zahlung der Wittwen-Penſionen und überhaupt die Er-
füllung aller und jeder in dem Folgenden eingegangenen Verbind-
lichkeiten, auf die allervollſtändigſte Art, unwiderruflich gewähret wird.


§. 2. Um den Gebrauch dieſer Anſtalt ſo allgemein zu machen,
als es ihre Abſicht erfordert, ſoll allen Ehemännern ohne Unterſchied
der Religion, des Alters, des Standes und des Vermögens verſtattet
ſein, in die Wittwen-Societät zu treten, nur diejenigen ausgenommen,
welche die Natur der Sache ſelbſt und die Sorgfalt für die immer-
währende Dauer des Instituti aufzunehmen verbietet.


§. 3. Dergleichen gänzlich ausgeſchloſſene Perſonen ſind:


  • a) Männer über Sechszig Jahre;
  • b) Seefahrer von Metier;
  • c) Männer, welche mit Schwindſucht, Waſſerſucht oder einem an-
    dern morbo chronico behaftet ſind, der einen nahen Tod be-
    fürchten läßt.

§. 4. Außerdem werden bedingungsweiſe ausgeſchloſſen:


  • a) Wirkliche Militair-Bediente in Kriegeszeiten; wogegen zu Friedens-
    zeiten ein Militair-Bedienter ſich gleich jedem Andern bei der
    Societät intereſſiren kann, doch daß er, ſobald ein wirklicher
    [361] Krieg entſtehet, aus der Geſellſchaft treten muß, und ſodann die
    erlegten Antritts-Gelder, nach der unten §. 20. lit. f.-folgenden
    Beſtimmung zurück empfängt.
    Es wird aber der Anfang des Krieges in Anſehung der
    Feld-Regimenter von der Zeit an gerechnet, da ſolche aus ihren
    Standquartieren zu Kriegsoperationen rücken, in Anſehung der
    Garniſon-Regimenter aber und anderer, ſo nicht im Felde dienen,
    von der Zeit an, da ein wirklicher Krieg erkläret iſt, oder Unſere
    ganze Armee ſich in Bewegung ſetzet.
    Sollte Jemand, der bereits in die Societät recipiret iſt,
    nachher, es ſei freiwillig oder gezwungen, in den Militairſtand
    treten, muß er ſich die obige Bedingung ebenfalls gefallen laſſen,
    indem die Caſſe ſich der Gefahr, ſo viele Mitglieder der Societät
    an einem einzigen unglücklichen Tage zu verlieren, ohnmöglich
    ausſetzen kann.
  • b) Männer von Fünf und Vierzig bis Funfzig Jahren exclusive,
    wenn ſie über Neun und Zwanzig Jahre älter ſind als ihre Frauen.
  • c) Männer von Funfzig bis Fünf und Funfzig Jahren exclusive,
    wenn ſie über Vier und Zwanzig Jahre älter ſind als ihre
    Frauen.
  • d) Männer von Fünf und Funfzig bis Sechszig Jahren exclusive,
    wenn ſie über Neunzehn Jahre älter ſind als ihre Frauen.
  • e) Männer von Sechszig Jahren, wenn ſie über Vierzehn Jahre
    älter ſind als ihre Frauen.

§. 5. Bei dieſen und allen Fällen überhaupt, wo es auf das
Alter ankommt, werden einzelne Monate unter Sechs nicht gerechnet,
vollendete Sechs Monate aber und drüber für ein ganzes Jahr ge-
zählet, ſo daß eine Perſon von Neun und Zwanzig Jahren Fünf
Monaten und reſp. Neun und Zwanzig oder Dreißig Tagen, für
Neun und Zwanzig Jahr, und eine Perſon von Neun und Zwanzig
Jahren und Sechs vollendeten Monaten, für Dreißig Jahr alt ge-
halten wird.


§. 6. Wer in den vorſtehenden §§. 3. und 4. nicht ausdrücklich
ausgeſchloſſen iſt, oder von der General-Direction des Instituti aus
bewegenden Urſachen ausgeſchloſſen wird, kann in die Societät den
Zutritt erlangen, und es ſollen zu derſelben auch Fremde, welche
nicht Unſere Unterthanen, noch in Unſern Landen wohnhaft ſind, in
[362] ſo fern ſie nicht in fremden Militair-Dienſten ſtehen, und ſich den
hierin enthaltenen Geſetzen unterwerfen wollen, admittiret werden.
Es verſtehet ſich aber von ſelbſt, daß ein Jeder, der aufgenommen
zu werden begehret, ſeine Qualification, und daß er nicht unter die
excludirten Perſonen gehöre, erweiſen müſſe.


§. 7. Es hat alſo zuvörderſt ein Jeder, der Theil nehmen will,
in Anſehung des Alters, für ſich und ſeine Frau einen Taufſchein
beizubringen, welcher mit einem Certificat der Gerichte des Orts, daß
der Prediger des Orts ſolchen wirklich ausgeſtellet habe, zu begleiten
iſt. Sollte in beſondern Fällen es nicht möglich ſein, einen Tauf-
ſchein zu erhalten, und dieſe Unmöglichkeit beſcheiniget, wenigſtens
wahrſcheinlich gemacht werden, ſo muß das Alter durch gültige Atteſte
von der Zeit der Confirmation, durch glaubwürdige Beſcheinigung
der Eltern oder Taufzeugen, durch gerichtliche Vormundſchafts-Be-
ſtellungen, worin das Alter des Recipiendi angeführt wird, durch
Documente, ſo geraume Zeit, bevor der Recipiendus ſich meldet, in
Druck ergangen, oder ſonſt durch andere, allenfalls durch das Supple-
torium
zu beſtärkende Mittel erweislich gemacht werden.


§. 8. Hiernach hat der Recipiendus, in ſo fern ſolches nicht
notoriſch iſt, durch ein Atteſt der Obrigkeit ſeines Domicilii zu er-
weiſen, daß er nicht in wirklichen Militair-Dienſten ſtehe, und daß
er nicht gewöhnlich zur See fahre.


§. 9. Endlich muß er ein Atteſt eines approbirten Medici Practici
beibringen, worin derſelbe
auf ſeine Pflicht und an Eides Statt verſichert, daß nach ſeiner
beſten Wiſſenſchaft der Recipiendus weder mit der Schwindſucht,
Waſſerſucht noch einem andern morbo chronico, ſo ein baldiges
Abſterben befürchten ließe, behaftet, auch überhaupt zur Zeit nicht
krank noch bettlägerig, ſondern geſund, nach Verhältniß ſeines
Alters bei Kräften und fähig ſei, ſeine Geſchäfte zu verrichten.


Dieſes Atteſt des Medici muß von Vier Mitgliedern der Witt-
wen-Societät, oder wenn ſolche nicht zu haben ſind, von vier andern
bekannten redlichen Männern unterſchrieben werden, welche bezeugen:
daß ihnen der Recipiendus bekannt ſei, und ſie das Gegentheil
von dem, was der Medicus atteſtiret, nicht wiſſen.


Wohnet der Recipiendus außerhalb Berlin, ſo iſt noch außer-
[363] dem ein gerichtliches, oder von einem Notario und Zeugen ausge-
fertigtes Certificat hinzuzufügen:
daß ſowohl der Medicus als die Vier Zeugen das Atteſt eigen-
händig unterſchrieben haben, auch keiner von denſelben ein Vater,
Bruder, Sohn, Schwiegerſohn oder Schwager des Recipiendi
oder ſeiner Frau ſei;

indem dergleichen nahe Verwandte als Zeugen nicht admittiret wer-
den können.


§. 10. Militair-Bediente, welche aufgenommen werden wollen,
müſſen ſich ſowohl, als diejenigen Frauensperſonen, für welche ſie
eine Penſion verſichern laſſen, überdem noch reverſiren, daß ihnen die
Bedingung des §. 4. lit. a. bekannt ſei, und ſie bei entſtehendem
Kriege auf das Penſionsrecht Verzicht thun, auch ſich mit Zurück-
zahlung desjenigen, was ihnen nach §. 20. lit. f. verſichert wird, be-
gnügen wollen.


§. 11. Diejenigen, welche nach Errichtung der Societät heirathen,
müſſen künftig, wenn ſie eintreten wollen, auch einen Copulations-
ſchein beibringen, wobei eben wie bei den Taufſcheinen, durch die Ge-
richte des Orts atteſtiret werden muß, daß der Prediger des Orts
ſolchen wirklich ausgefertiget habe.


§. 12. In allen und jeden Atteſten oder ſonſtigen Beſcheini-
gungen, wo Zahlen vorkommen, müſſen ſolche, zu mehrerer Deut-
lichkeit, mit Buchſtaben ausgeſchrieben werden.


§. 13. Wir verſprechen Uns, daß in Anſehung dieſer Atteſte
ſowohl diejenigen, welche derſelben benöthigt ſind, als diejenigen, welche
ſie ausſtellen müſſen, mit der ſtrengſten Redlichkeit verfahren werden.
Damit jedoch hierunter aller Betrug, welcher dieſer gemeinnützigen
Anſtalt zum größten Nachtheil gereichen könnte, gänzlich vermieden,
auch zu keinen Durchſtechereien Gelegenheit gegeben werden möge: ſo
ſetzen Wir hiermit feſt und verordnen, daß zuvörderſt alle Unſere
Landes- und andere Collegia, Magiſträte, Gerichts-Obrigkeiten ꝛc. ꝛc.,
wenn dergleichen Atteſte von ihnen verlangt werden, ſolche ex officio,
und ohne deshalb einige Koſten oder Gebühren anzurechnen, den Re-
cipiendis
unweigerlich ertheilen, außerdem aber diejenigen Unſerer
Unterthanen, welche hierunter eines falsi überführet werden können,
geſetzmäßig aufs Strengſte und ohne Nachſicht beſtraft, die Recipirten
ſelbſt auch, es ſeien Fremde oder Einheimiſche, wenn ein Betrug
[364] hierunter zu irgend einer Zeit entdeckt, und durch den Ausſpruch des
ordentlichen Richters des Beſchuldigten als erwieſen erkannt wird, den
Verluſt ihrer eingelegten Gelder und dadurch erhaltenen Rechte, ohn-
fehlbar zu gewärtigen haben ſollen.


§. 14. Wann inzwiſchen alles dieſes nicht hinlänglich ſein möchte,
die Caſſe vor dem Nachtheil zu ſchützen, welcher derſelben in An-
ſehung der Geſundheits-Atteſte, beſonders von ſehr entlegenen und
fremden Orten, aus Irrthum oder Bosheit zugezogen werden kann,
um ſo mehr, da nach dem Abſterben des Intereſſenten die Beweis-
mittel gänzlich fehlen dürften, ſo ſoll, wenn ein Socius innerhalb
Jahr und Tag nach ſeinem Eintritt verſtirbet, deſſen Wittwe nicht
penſionsfähig gehalten werden, ſondern bloß das Antrittsgeld, wovon
§. 17 seqq. gehandelt wird, zurück empfangen.


§. 15. Zu mehrerem Faveur dieſer Anſtalt wollen Wir bei allen
obigen Atteſten vom Gebrauch des Stempel-Papieres in Gnaden
dispenſiren.


§. 16. Wer ſich nun ſolchergeſtalt zu einem Mitgliede der So-
cietät gehörig qualificiret hat, kann ſeiner Ehefrau nach ſeinem Tode
eine jährliche Wittwen-Penſion von Fünf und Zwanzig Rthlrn.,
Funfzig Rthlrn., Fünf und Siebenzig Rthlrn., Ein Hundert Rthlrn.,
und ſo mit Fünf und Zwanzig Rthlrn. ſteigend, bis Eintauſend
Reichsthaler, verſichern laſſen.


Jedoch darf bei Männern, welche Funfzig Jahr und drüber alt
ſind, dieſe Penſion nicht über Fünf Hundert Rthlr. jährlich ſteigen.


Zum Beſten der niedern Stände ſollen auch Einlagen zu einer
Penſion von Zwölf Rthlrn. Zwölf Groſchen angenommen werden.


So ſtehet auch einem jeden Mitgliede frei, bei veränderten Um-
ſtänden die ſeiner Frau verſicherte Wittwen-Penſion zu erhöhen, nur
daß die ganze Penſion nie über Ein Tauſend Thaler und respective
Fünf Hundert Thaler betragen darf. Und es wird in Abſicht dieſer
Erhöhung der Socius völlig als ein neues Mitglied betrachtet, ſo
daß ſich ſeine ſämmtliche praestanda wegen ſolchen augmenti nach
ſeinem und ſeiner Frauen Alter zur Zeit der Vergrößerung der Pen-
ſion richten, er auch alle nach §. 7—11. erforderlichen Atteſte, die
Taufſcheine und den Copulationsſchein ausgenommen, noch einmal
beibringen muß.


§. 17. Der Eintretende bezahlt zur Caſſe als Antrittsgeld eine
[365] Summe, welche ſich nach der Penſion, ſo er ſeiner Frau verſichern
will, richtet, und nach Verſchiedenheit ſeines eigenen Alters beim
Eintritt in die Societät, etwas mehr oder etwas weniger als eine
jährliche Penſion beträgt, auch in den beigefügten Tabellen auf eine
Penſion von Fünf und Zwanzig Thalern nach Verſchiedenheit der
Jahre des Mannes berechnet iſt.


§. 18. Dieſes Antrittsgeld, welches nach den hiernächſt folgenden
Beſtimmungen bei Trennung der Ehen zurückgegeben wird, ſoll eines
Theils der Caſſe zur Sicherheit dienen, daß die einmal eingeſchriebenen
Mitglieder die Societät nicht aus Unbeſtändigkeit verlaſſen, und dadurch
ihren Ehefrauen das Recht auf die künftige Wittwen-Penſion ſelbſt
entziehen, andern Theils und hauptſächlich aber werden die Zinſen
davon ſorgfältig geſammelt, und durch das interusurium vermehret
werden, damit ſie zu den Wittwen-Penſionen zu Hülfe genommen
werden können: worauf auch ſchon bei der Berechnung genaue Rück-
ſicht genommen, und dadurch die Praestanda der Intereſſenten um
ein Anſehnliches erleichtert worden.


§. 19. Und wie es in dieſer Abſicht nicht nur gleichgültig iſt,
ob der Mann oder die Frau, oder ein Dritter zum Beſten der Frau
das Antrittsgeld erlegt, ſondern auch das Eigenthum davon gene-
raliter
dem, der es erlegt hat, verbleiben kann, ſo ſoll in dem
darüber nach dem Formular sub ☉ auszuſtellenden Receptionsſchein,
außer der Summe dieſes Antrittsgeldes und der verſicherten Wittwen-
Penſion, auch der Name desjenigen, der das Antrittsgeld bezahlt,
mithin daran das Eigenthumsrecht hat, exprimirt werden.


Sollte ein dergleichen Receptionsſchein verloren gehen und davon
Anzeige [einkommen], ſo ſoll ſolches durch die Berliner Zeitungen be-
kannt gemacht, und wenn ſich binnen Jahr und Tag deshalb Niemand
meldet, der Schein durch die Direction mortificiret, daß es geſchehen,
ebenfalls durch die Zeitungen bekannt gemacht, und ein anderer Schein
ausgeſtellt werden.


§. 20. Wird hiernächſt die Ehe durch den natürlichen Tod des
Mannes oder der Frau getrennt, ſo empfängt der rechtmäßige Eigen-
thümer des Antrittsgeldes, es ſei derjenige, auf welchen der Recep-
tionsſchein als Eigenthümer des gezahlten Antrittsgeldes urſprünglich
lautet, oder auf den das Recht dazu auf eine geſetzmäßige Art ge-
kommen iſt, ſolches ohne Abzug zurück, wobei ſich von ſelbſt verſteht,
[366] daß, wenn die Frau zuerſt verſtirbt, alle weitere Verbindung des
Mannes mit der Societät eo ipso aufgehoben iſt, und der Mann,
nachdem von der Caſſe das Antrittsgeld zurückgezahlt worden, nichts
weiter erhält, auch nichts weiter entrichtet.


In außerordentlichen Trennungsfällen aber wird


  • a) bei Eheſcheidungen aller Art, den casum malitiosae desertionis
    allein ausgenommen, das Antrittsgeld dem Eigenthümer ohne
    Abzug zurückgegeben; wenn hingegen
  • b) ein Ehegatte den andern böslich verläßt, es mag nun die gericht-
    liche Eheſcheidung erfolgen oder nicht, wenn er nur durch gericht-
    lichen Anſpruch pro malitioso desertore erkannt worden, fällt,
    wenn der Receptionsſchein auf den Entwichenen geſtellt, und er
    zur Zeit der Entweichung annoch rechtmäßiger Beſitzer deſſelben
    geweſen iſt, das Antrittsgeld der Caſſe heim, anſtatt daß der
    unſchuldige Theil, oder ein Dritter ſolches, wenn es von ihm
    bezahlt oder rechtmäßig acquirirt worden, zurück erhält; auch ſoll
    bei einer unverſchuldeten Abweſenheit, wenn der Tod nicht be-
    ſcheinigt werden kann, alsdann, wenn nach dem bei der Societät
    angenommenen Mortalitäts-Principio, der Abweſende pro mortuo
    zu achten, das Antrittsgeld dem Eigenthümer oder deſſen Erben
    zurückgezahlt werden.
  • c) Wenn die Mann oder die Frau durch einen Mord oder Unglücks-
    fall ums Leben kommt, wird ſolches als ein natürlicher Tod an-
    geſehen, und das Antrittsgeld dem, auf den der Receptionsſchein
    lautet, oder dem rechtmäßigen Beſitzer ſolchen Scheins zurück-
    gezahlt.
  • d) Wenn der Mann oder die Frau wegen eines Verbrechens am
    Leben geſtraft werden, oder ſich ſelbſt entleiben, oder der Mann
    im Duell umkommt, fällt das Antrittsgeld, wenn es der ſchul-
    dige Theil erlegt hat, der Caſſe heim, und ſoll deshalb in Con-
    fiscationsfällen von dem übrigen Vermögen des Schuldigen aus-
    genommen werden. Hat aber der unſchuldige Theil oder ein
    Dritter das Antrittsgeld bezahlt, oder den Schein rechtmäßig
    acquirirt, wird es zurückgegeben.
  • e) Wenn der Mann bei Lebzeiten der Frau die Obliegenheiten eines
    Socii nach §. 36. zu erfüllen aufhört, fällt das Antrittsgeld,
    [367] es mag ſolches der Mann ſelbſt, oder jemand anders bezahlt
    haben, der Caſſe heim.
    In allen obigen Fällen wird es in Anſehung der Wittwen-
    Penſion nach §. 26. gehalten.
  • f) Wenn ein Militair-Bedienter wegen eintretenden Krieges die
    Societät verlaſſen muß, wird das Antrittsgeld, im Fall er nicht
    Zehn Jahre lang ein Mitglied geweſen iſt, gleichwie in allen
    vorſtehenden Fällen, ohne Zinſen zurückgezahlt; iſt er aber Zehn
    Jahre und drüber in der Geſellſchaft geweſen, bekommt er außer
    dem Antrittsgelde auch die Zinſen davon à Drei pro Cent von
    Zeit des Beitritts an.

§. 21. Da auf ſolche Art derjenige, welcher das Antrittsgeld
erlegt, oder das Eigenthum davon durch einen rechtlichen modum
acquirendi
erhalten hat, ſolches faſt in allen Fällen als ſein wirk-
liches Eigenthum betrachten kann, ſo kann er auch darüber in casum
mortis
disponiren, und den Receptionsſchein verpfänden. Nur muß
der Pfand-Inhaber ſelbſt darauf vigiliren, daß die jährlichen Beiträge
nach den folgenden Paragraphis geleiſtet werden, damit das Pfand
nach obiger Beſtimmung §. 20. lit. e. nicht ſeinen Werth verliere;
welche Vorſicht ſehr leicht zu beobachten iſt, wenn der Pfand-Inhaber
auf die halbjährigen publicationes der Reſtanten in den Berliner
Zeitungen Achtung giebt.


Es können auch die Receptionsſcheine, jedoch nur auf die Hälfte
ihres Werths, bei den Lombards Unſerer Banco-Comtoirs verpfändet
und angenommen werden.


§. 22. Außer dem Antrittsgelde bezahlt ein jedes Mitglied, nach
Verſchiedenheit ſeines und ſeiner Frauen Alters zur Zeit der Re-
ception, einen beſtimmten jährlichen Beitrag zur Caſſe, welcher weder
bei dem zunehmenden Alter des Mannes, noch bei vermehrter Anzahl
der Wittwen jemals erhöht werden ſoll; wogegen aber auch, da dieſe
Beiträge zur Unterhaltung ſämmtlicher Wittwen, die zur Societät ge-
hören, beſtimmt ſind, ſolche, es mag nun die Verbindung eines Mit-
gliedes mit der Societät auf eine oder die andere Art aufgehoben
werden, niemals zurückgezahlt werden können.


§. 23. Die Antrittsgelder und jährlichen Beiträge für Männer
von Zwanzig bis Sechzig Jahren und deren Frauen von verſchiedenem
Alter ſind zu einer Penſion von Fünf und Zwanzig Rthlrn. in den
[368] hierbei gedruckten Tabelle verzeichnet, ſo daß ein Mann, der ſeiner
Wittwe eine Penſion von Fünf und Zwanzig Thalern jährlich ver-
ſichern laſſen will, genau diejenige Summe zu zahlen hat, die er in
der Tabelle für Männer von ſeinem Alter neben dem Alter ihrer
Frauen aufgeführt findet. Die praestanda für größere Wittwen-
Penſionen ſind, da die Summen immer mit Fünf und Zwanzig Tha-
lern ſteigen ſollen, mit geringer Mühe zu berechnen, wenn man die
Summen der Tabellen ſo oft nimmt, als oft die Zahl Fünf und
Zwanzig in der verlangten Penſionsſumme enthalten iſt. So zahlt
ein Mann, der ſeiner Wittwe eine Penſion von Ein Hundert Thalern
verſichern will, die in den Tabellen für ſein und ſeiner Frauen Alter
berechnete Summe von Antrittsgeld und jährlichem Beitrag Viermal,
für eine Penſion von Ein Hundert Fünf und Siebenzig Thalern
Siebenmal, für eine Penſion von Fünf Hundert Thalern Zwanzigmal,
und für eine Penſion von Ein Tauſend Thalern Vierzigmal. Das
Antrittsgeld und der jährliche Beitrag zu einer Penſion von Zwölf
Thalern Zwölf Groſchen hingegen iſt überall die Hälfte von den
Summen, welche in den Tafeln verzeichnet ſtehen.


§. 24. Sowohl die Antrittsgelder als die jährlichen Beiträge
werden in vollwichtigen Friedrichsd’oren oder andern vollwichtigen
Piſtolen, deren Fünf und Dreißig Stück eine Mark enthalten, und
zu Ein und Zwanzig Karat, Neun Grän ausgemünzet ſind, das
Stück à 5 Rthlr. gerechnet, erlegt, wogegen auch die Antrittsgelder
in gleicher Münze zurück, und die Wittwen-Penſiones gleichmäßig
ausgezahlt werden ſollen.


Für diejenigen Portionen, welche zu klein ſind, als daß ſie in
Golde ausgeglichen werden könnten, iſt das Agio à Sechs und Zwei
Drittel pro Cent oder Acht gute Groſchen pro Stück Louisd’or gegen
Preußiſch Courant beizufügen.


§. 25. Um den erſten Mitgliedern, welche durch ungeſäumten
Beitritt dieſe nützliche Anſtalt deſto ſchleuniger zur Conſiſtenz bringen
helfen, in Vergleichung der übrigen, welche den Beitritt länger ver-
ſchieben, einigen Vortheil zu gewähren, ſollen diejenigen, welche vor
Errichtung dieſer allgemeinen Wittwen-Verpflegungsanſtalt geheirathet
haben, und nicht in den erſten beiden Receptionsterminen aufgenommen
werden, künftig bei ihrer Reception außer dem beſtimmten Antrittsgelde
noch die Zinſen à Vier pro Cent davon von Errichtung des Instituti,
[369] mithin nach §. 32. vom Erſten April 1776 an erlegen, und ein
Gleiches diejenigen, welche nach dieſem Termino heirathen, wenn ſie
den Beitritt über Zwölf Monate nach ihrer Copulation verſchieben,
vom Tage der Copulation an zu leiſten, ſchuldig ſein, weß Endes
für letztere die §. 11. erwähnten Copulationsſcheine erforderlich ſind.


§. 26. Wenn nun ein recipirtes Mitglied ſein Antrittsgeld er-
legt, auch die beſtimmten jährlichen Beiträge bis an ſeinen Tod
ordentlich bezahlt hat, ſo ſoll, wenn der Mann den Drei Hundert
Sechs und Sechzigſten Tag, oder im Schaltjahre den Drei Hundert
Sieben und Sechzigſten Tag, nach dem Erſten April oder Erſten
October, wo er recipiret worden, den Receptionstag mit in die Zahl
eingerechnet, oder ſpäter verſtirbt, die Wittwe die ihr verſicherte
Penſion, wenn ſie nicht wieder heirathet, bis an ihren Tod unver-
kürzt genießen.


Wird hingegen die Ehe auf andere Art getrennt, oder an der
Erfüllung der Societäts-Geſetze Etwas verabſäumt, ſo ſind hiebei
folgende Fälle zu unterſcheiden.


  • a) Bei Eheſcheidungen aller Art, den casum malitiosae desertionis
    allein ausgenommen, wird die Verbindung der geſchiedenen Ehe-
    leute mit der Societät an ſich für beendigt erachtet, und das
    Antrittsgeld nach §. 20. lit. a. zurückgezahlt. Wenn jedoch die
    Frau, durch rechtliche oder Vergleichsmittel, dafür Sorge trägt,
    daß das Antrittsgeld in der Caſſe ſtehen bleibe, und daß die
    jährlichen Beiträge bis an den Tod des abgeſchiedenen Mannes
    ordentlich fortgezahlt werden, ſoll einer ſolchen Frau ihr Pen-
    ſionsrecht verbleiben, und ſie bei erfolgtem Tode des abgeſchie-
    denen Mannes den übrigen Wittwen gleich geachtet werden, ſo
    daß es auch alsdann mit ihr, wenn ſie ſich vor oder nach dem
    Tode des abgeſchiedenen Mannes anderweit verheirathet, in Ab-
    ſicht der Wittwen-Penſion nach §. 27. gehalten wird.
  • b) Wenn ein Ehegatte den andern böslich verläßt, und er durch
    richterlichen Ausſpruch pro malitioso desertore geachtet worden,
    es mag übrigens die gerichtliche Eheſcheidung erfolgen oder nicht,
    ceſſirt, wenn die Frau der entwichene Theil iſt, ihr Recht auf
    die Wittwen-Penſion gänzlich; iſt es aber der Mann, ſo ſteht
    es in der Frauen Willkühr, ob, wenn ſie oder ein Dritter das
    Antrittsgeld einlegt, oder das Eigenthum davon rechtmäßig
    24
    [370] acquirirt hat, ſie ſolches in der Caſſe ſtehen laſſen, oder im Fall
    der Mann Eigenthümer davon, mithin ſolches nach §. 20. lit. b.
    der Caſſe verfallen iſt, ein anderes Antrittsgeld herbeiſchaffen und
    dafür ſorgen will, daß die jährlichen Beiträge ſo lange continuiret
    werden, bis der Mann ſtirbt, oder wenn deſſen Aufenthalt nicht
    zu erfahren iſt, nach den bei der Societät angenommenen prin-
    cipiis
    für todt geachtet werden muß, da ſie denn ihr Penſions-
    recht erhalten kann, und von Zeit des wirklichen oder ange-
    nommenen Todes des Mannes die Penſion genießet, welches
    letztere auch in dem Falle ſeine Anwendung findet, wenn der
    Mann ohne ſein Verſchulden abweſend iſt und bleibt, und ſein
    Aufenthalt nicht zu erfahren iſt, mithin ſein Tod nicht beſcheiniget
    werden kann.
  • c) Wenn der Mann durch einen Mord oder Unglücksfall ums Leben
    kommt, wegen eines Verbrechens am Leben geſtraft wird, und
    die Frau an dem Verbrechen keinen Theil hat, ſoll die Wittwe
    in Anſehung der Penſion nicht leiden, ſondern ſolche gleich an-
    dern unverkürzt zu genießen haben.
  • d) Wenn der Mann ſich ſelbſt entleibt, erhält die Wittwe von der
    ihr verſicherten Penſion nur die Hälfte.
  • e) Wenn ein Mann die zu entrichtenden Beiträge abzuführen ver-
    ſäumt, muß die Frau dafür ſorgen, daß ſolche der Caſſe durch
    einen Andern entrichtet werden, widrigenfalls, und wenn die §. 36.
    beſtimmten Friſten verſtrichen ſind, das Antrittsgeld und ihr
    Penſions-Recht verloren geht.

§. 27. Wenn eine Wittwe ſich wieder verheirathet, behält ſie
die Hälfte ihrer Penſion, ſo lange die zweite Ehe dauert, und wenn
dieſe wieder getrennt wird, erwacht ihr Recht auf die ganze Penſion
von neuem. Jedoch ſteht es ihr auch frei, ſowohl für die halbe
Penſion, als für das bis auf den Tod des zweiten Mannes beruhende
Recht zur ganzen Penſion, mit Verzicht auf beides, eine Prämie zu
wählen, weshalb ſie ſich aber Drei Monate nach ihrer Wiederverhei-
rathung erklären, und nach der §. 9. verordneten Form einen Ge-
ſundheits-Schein beibringen muß, und ſoll ihr ſolchenfalls, wenn ſie
unter Dreißig Jahre alt iſt, eine Sechsjährige Penſion, wenn ſie von
Dreißig bis Vierzig Jahren inclusive alt iſt, eine Vierjährige Pen-
ſion, und wenn ſie über Vierzig Jahre alt iſt, eine Dreijährige ganze
[371] Penſion in halbjährigen Ratis, oder, wenn ſie es verlangt, und ſich
die Zinſen à Vier pro Cent abziehen laſſen will, auf einmal bezahlt
werden. Dieſe Vergleichs-Summe iſt ſodann, auch wenn ſie ſolche
terminweiſe empfängt, ihr völliges Eigenthum, und wird, wenn die
Frau während der Termine verſtirbt, ihren Erben bezahlt. Außerdem
aber kann auch der zweite Ehemann ihr eine beſondere Penſion ver-
ſichern laſſen, ohne daß ſolches ihrem bereits hergebrachten Recht zum
Nachtheil gereiche. Sind aus der erſten Ehe unmündige Kinder vor-
handen, ſo erhalten dieſe die zweite Hälfte der Penſion bis nach völlig
zurückgelegtem Zwanzigſten Jahre oder Tod, ſo daß der Theil des das
Ein und Zwanzigſte Jahr angetretenen oder verſtorbenen, den übrigen
unmündigen accreſciret, wobei ſich jedoch von ſelbſt verſteht, daß die
Mutter noch leben muß, indem nach ihrem Tode alles aufhört.


§. 28. Es iſt ſchon oben §. 19. berührt worden, und verſteht
ſich aus dem Folgenden von ſelbſt, daß außer dem Manne auch die
Frau, oder ein Dritter zum Beſten der Frau, das Antritts-Geld und
die jährlichen Beiträge erlegen, mithin überhaupt ein Dritter einer
fremden Ehefrau, mit Beobachtung aller ſonſtigen Erforderniſſe, eine
Wittwen-Penſion verſichern laſſen könne. Dergleichen Verſicherung
kann nun entweder auf den Todesfall des Ehemannes der Frau, oder
auf den Todesfall des Dritten ſelbſt gerichtet werden, im erſten Falle
aber kann dieſes nie ohne Wiſſen und Willen des Ehemannes ge-
ſchehen. In dem letzten Falle wird zwar die Frau in Anſehung der
Penſion für eine Wittwe gehalten, ſobald derjenige verſtirbt, der für
ſie eingeſetzt hat, und nicht eher; ſo lange aber ihr wirklicher Ehe-
mann noch am Leben iſt, genießt ſie nur Drei Viertel der ihr ver-
machten Penſion. Erſt nach dem Tode ihres Ehemannes genießt ſie
dieſe Penſion gänzlich, und wenn ſie alsdann wieder heirathet, wird
ſie den übrigen wieder heirathenden Wittwen gleich geachtet.


§. 29. Um aber dieſes Institutum noch gemeinnütziger zu machen,
und die Vortheile davon auch unverheiratheten Frauensperſonen zu-
fließen zu laſſen, welche öfters bei dem eingeſchränkten Vermögen der
Familien ohne alle Verſorgung hinterlaſſen werden: ſoll es auch einem
Vater verſtattet ſein, für ſeine unverheirathete Tochter, einem Oheim
für ſeine Nichte, einem Bruder für ſeine Schweſter, einem jeden Ver-
wandten für ſeine Verwandtin, und überhaupt einer jeden verheirathe-
ten oder ledigen Mannsperſon für eine jede unverheirathete oder ver-
24*
[372] wittwete Frauensperſon eine Penſion verſichern zu laſſen; ja es kann
dieſes auch die Frauensperſon ſelbſt thun, und ſich eine Mannsperſon
erwählen, auf deren Todesfall die Verſicherung geſtellt werden ſoll,
jedoch darf dieſes niemals ohne ausdrückliche Einwilligung der Manns-
perſon geſchehen, als welche ohnehin die ſämmtlichen erforderlichen
Atteſte herbeiſchaffen muß. In allen dieſen Fällen werden dergleichen
zwo Perſonen, in Abſicht auf die Societät und ihre Geſetze, wirklichen
Eheleuten völlig gleich geachtet; nach dem Tode der Mannsperſon
genießt die Frauensperſon die ihr verſicherte Penſion, und wenn ſie
heirathet, behält ſie gleich den wieder heirathenden Wittwen, nach der
Beſtimmung des §. 27. die Hälfte. Wir ſetzen aber hierbei ein- für
allemal feſt, daß keine Mannsperſon auf ihren eigenen Todesfall mehr
als einer Frauensperſon, ſo lange ſelbige am Leben iſt, eine Penſion
verſichern laſſen kann, und eben deshalb iſt die vorher beſtimmte Ein-
willigung nöthig.


§. 30. Wir autoriſiren auch die Curatores unmündiger Frauens-
perſonen, wenn ſie es nützlich finden, ihre Curandinnen nach den in
gegenwärtigem Reglement enthaltenen Beſtimmungen bei dieſem In-
stituto,
ohne daß dazu die Approbation des Pupillen-Collegii erfor-
derlich ſei, zu intereſſiren, und ſoll ein gleiches den Curatoribus der
Blödſinnigen, Verſchwender ꝛc. in Anſehung deren Frauen und Töchter
verſtattet ſein.


§. 31. Da nach §. 1. Unſere Haupt-Banque und Unſere Chur-
märkiſche Landſchaft die ſolidariſche Garantie der Anſtalt übernommen
haben, ſo ſind aus dem Mittel gedachter Landſchaft der Geheime
Legations-Rath, Landſchaftliche Deputirte und Dom-Probſt von Voß,
der Geheime Krieges-Rath und Landſchaftliche Verordnete Baron von
der Schulenburg und der Krieges-Rath, Landſchaftliche Deputirte und
Burgemeiſter der Reſidenz-Städte Berlin Dietrich ernannt worden,
welche unter der Ober-Aufſicht
Unſers wirklichen Geheimen Etats-, Krieges- und dirigirenden
Miniſters Baron von der Schulenburg,

und künftig nach deſſen Abgang des jedesmal die Banque dirigirenden
Etats-Miniſters ſich der Verwaltung unterziehen ſollen. Von dieſen
werden alſo auch alle Receptions-Scheine unterſchrieben, und ſoll, ſo
oft ſich bei der Direction durch Todesfälle oder ſonſt eine Veränderung
ereignet, ſolche durch die Berliner Zeitungen bekannt gemacht werden.


[373]

§. 32. Das Institutum ſoll den Erſten April, Ein Tauſend,
Sieben Hundert, Sechs und Siebenzig in wirkliche Activität kommen,
ſo daß, wenn einer oder der andere von den an dieſem Tage recipirten
Sociis, den Erſten April, Ein Tauſend, Sieben Hundert, Sieben
und Siebenzig, oder nachher verſtirbt, deſſen nachgelaſſene Wittwe die
ihr verſicherte Penſion unweigerlich erhalten ſoll.


§. 33. Und da es den Intereſſenten zur Erleichterung gereichen
wird, wenn ſie ihre praestanda nicht auf einmal entrichten dürfen, ſo
ſollen die in den Tabellen beſtimmten jährlichen Beiträge in halbjährigen
Ratis, jedoch praenumerando bezahlt, und eben ſo die Wittwen-
Penſionen nach des Mannes Tode in halbjährigen Ratis praenume-
rando
erlegt werden, ſo daß, wenn der Mann verſtorben iſt, nichts
mehr beigetragen, und wenn die Wittwe ſtirbt, keine Penſion weiter
bezahlt wird. Sollte jedoch jemand, um der halbjährigen Zahlungen
entübrigt zu ſein, es gerathener finden, ein Capital niederzulegen, von
deſſen Zinſen die Caſſe ſich wegen der halbjährigen Beiträge ſelbſt be-
zahlt machen könnte, ſo ſteht es demſelben frei, eine Summe in die
Caſſe zu legen, wovon die Zinſen à Vier pro Cent gerechnet, genau
das Quantum ſeines jährlichen Beitrags ausmachen. Und ſoll ſolchen-
falls dieſes Capital bei Trennung der Ehe, mit dem Antritts-Gelde
zugleich, zurück gegeben, und wenn nach §. 20. lit. b. d. e. das An-
tritts-Geld der Kaſſe verfällt, dieſes Capital nicht mit verfallen ſein.
Jedoch kann ein ſolches Mitglied ſich nicht entbrechen, den erſten halb-
jährigen Beitrag bei der Reception zu entrichten, weil alles prae-
numerando
bezahlt wird, und das Capital nicht gleich Zinſen trägt.


§. 34. Sowohl zur Aufnahme der Mitglieder und Beibringung
der Geſundheits-Scheine, als Einzahlung und reſp. Rückzahlung der
Antrittsgelder, Erlegung der halbjährigen Beiträge und Erhebung der
halbjährigen Wittwen-Penſionen, haben Wir zwei beſtändige Termine
auf den Erſten April und Erſten October angeſetzt, ſo daß die ganzen
Monate März und September zu dieſen Geſchäften angewendet wer-
den ſollen, ſolche aber auch vom Erſten März bis Erſten April, und
vom Erſten September bis Erſten October jeden Jahres, ohnfehlbar
beendigt werden müſſen. Außer dieſen Zeiten werden keine Mitglie-
der recipiret und keine Zahlungen angenommen oder geleiſtet, doch
ſteht jedermann frei, ſich zu allen Zeiten wegen der Reception und
ſonſtiger Umſtände vorläufig zu melden, auch die Taufſcheine ꝛc. zur
[374] Beurtheilung einzuſenden, wobei ſich jedoch von ſelbſt verſteht, daß
die Geſundheits-Atteſte, welche ihrer Natur nach nicht lange gültig
ſind, allererſt in den angezeigten Receptions-Monaten angenommen
werden können, und bei der Präſentation nicht über Sechs Wochen
alt ſein dürfen.


Die Briefe außer den Zahlungs-Monaten, März und September,
können an den Kriegs-Rath und geheimen expedirenden Secretarium
von Segner gerichtet, in den Zahlungs-Monaten hingegen die Gelder
und Documente
an die General-Direction der Königl. Preußiſchen allgemeinen
Wittwencaſſe ſelbſt adreſſiret, und muß alles franco eingeſandt werden.


§. 35. Wer alſo in dem bevorſtehenden erſten Termin auf den
Erſten April recipiret ſein will, hat ſich deshalb förderſamſt bei der
General-Direction zu melden, und die Summe der jährlichen Penſion,
ſo er ſeiner Wittwe verſichern laſſen will, anzuzeigen, auch allenfalls
ſeinen und ſeiner Frauen Taufſchein ſogleich beizubringen. Hiernächſt
hat derſelbe nach dem erſten März, und längſtens vor dem Erſten
April, die übrigen nach §. 8. et 9. erforderlichen Atteſte nebſt dem
nach den Tabellen ſchuldigen Antrittsgelde, und der Anzeige, auf wen
die Quittung darüber zu richten, zugleich auch den erſten halbjährigen
Beitrag zu erlegen, und mit letzterem in den folgenden Terminen
prompt zu continuiren, und ſoll über jeden halbjährigen Beitrag eine
beſondere Quittung in der Form sub ♂ ausgeſtellt und von dem
Rendanten und Controleur der Caſſe, deren Namen ſowohl jetzt als
künftig durch die Berliner Zeitungen bekannt gemacht werden ſollen,
unterſchrieben werden.


§. 36. Würde ſich jemand hierunter ſaumſelig finden laſſen,
und einen Termin mit dem halbjährigen Beitrage zurück bleiben, ſo
zahlt er auf den nächſten Termin den verſäumten Beitrag doppelt
und den neuen dazu, folglich Drei halbjährige Beiträge. Fände er
ſich im zweiten Termin noch nicht ein, zahlt er am dritten Termin
den erſten halbjährigen Beitrag Vierfach, den zweiten doppelt, und
dritten dazu, mithin in allem Sieben halbjährige Beiträge. Sollte
jemand drei Zahlungs-Termine ohne Zahlung verſtreichen laſſen, ſo
wird angenommen, daß er ſein Antrittsgeld derelinquiren wolle, wel-
ches ſodann nach §. 20. lit. c. der Caſſe heimfällt, und nach §. 26.
lit. c. das Recht zur Wittwen-Penſion verlöſchet. Damit jedoch in
[375] dergleichen Fällen die Frauen ſelbſt dieſem Nachtheil zeitig vorbeugen,
auch die etwanigen Pfand-Inhaber oder andre rechtmäßige Eigenthümer
der Receptions-Scheine ihre Praecautiones nehmen können, ſollen
die Nummern der Receptions-Scheine, wovon die Beiträge nicht be-
zahlt worden, nach jedem halbjährigen Zahlungs-Termin, mithin in
den Monaten April und October jeden Jahres, durch die Berliner
Zeitungen bekannt gemacht werden.


§. 37. Wenn eine Frau aus der Societät vor dem Ehemann
verſtirbt, ſo hat letzterer ſofort den Todtenſchein in beglaubter Form
einzureichen, da denn in dem nächſten Zahlungs-Termin das Antritts-
geld an den im Receptions-Schein benannten Eigenthümer, oder recht-
mäßigen Beſitzer des Scheins, gegen deſſen Aushändigung und Quit-
tung gezahlt wird.


§. 38. Stirbt ein Ehemann aus der Societät, muß die Wittwe
ſofort einen von der Obrigkeit des Orts atteſtirten Todten-Schein,
demnächſt aber, wenn ſie außer Berlin wohnt, ein Atteſt der Obrig-
keit des Orts, daß ſie noch am Leben und unverheirathet ſei, ein-
reichen, worauf in dem nächſten Zahlungs-Termin das Antrittsgeld
an den rechtmäßigen Eigenthümer gegen Vorzeigung des Receptions-
Scheins und Quittung, der Wittwe aber die erſte halbjährige Penſion
bezahlt, und ihr der Receptions-Schein zur Sicherheit ihrer künftigen
Penſion, wenn zuvor, daß die Ehe getrennt und das Antrittsgeld zu-
rückgezahlt ſei, darauf notiret worden, respective gelaſſen oder aus-
gehändiget wird. Ueber die halbjährige Penſion muß aber die Wittwe
noch beſonders in jedem Zahlungstermin quittiren, auch das Atteſt
ihres Lebens und unverheiratheten Standes, jedesmal, wenn ſie ihre
Penſion abfordert, aufs neue beibringen. In beiden obgedachten
Fällen iſt die Einſendung der Todtenſcheine um ſo mehr zu beſchleu-
nigen, als, wenn ſolche nicht vor dem Zahlungstermin eingehen, auch
die Zahlung in ſolchem Termin nicht erfolgen kann. In Anſehung
dieſer Atteſte wiederholen Wir, daß ſolche, ſo wie alle übrige, ſtempel-
frei und von den Gerichten auf Verlangen ex officio ausgefertigt
werden ſollen. Doch wird den Predigern nachgelaſſen, für einen jeden
Tauf-, Copulutions- und Todten-Schein höchſtens Sechs gute Groſchen
zu nehmen.


§. 39. Es ſoll zwar einem jeden Intereſſenten frei ſtehen, die
Gelder und Documente entweder unmittelbar an die General-Direction
[376]franco einzuſenden, oder ſolche durch einen in Unſerer Reſidenz-Stadt
Berlin wohnhaften Mandatarium übergeben zu laſſen. Nur hat man
ſich im erſten Falle, in Anſehung der Nachrichten und Atteſte, um ſo
mehr der größten Deutlichkeit und Genauigkeit zu befleißigen, damit
alle Zweideutigkeit und alles unnöthige Hin- und Herſchreiben ver-
mieden werden möge.


Wir behalten Uns jedoch vor, wenn das Institutum ſich weiter
ausbreitet, in den Provinzen Männer von bekannter Redlichkeit als
Commissarios zu ernennen, und durch die Berliner Zeitungen be-
kannt zu machen, an welche die Recipiendi ſich adreſſiren, und ihnen
ihre Documente zu vorläufiger Beurtheilung und weiterer Beförderung
an die General-Direction übergeben können.


§. 40. Die Wittwen-Pensiones können auf keine Weiſe mit
Arreſt belegt werden, es ſei denn, daß ein Dritter, zu Erhaltung des
Penſions-Rechts, die Beiträge erweislich bezahlt hätte, in welchen
Fällen allein der Creditor von der Wittwen-Penſion successive, ſo
wie ſolche von der Caſſe bezahlt wird, befriedigt werden ſoll.


§. 41. Wir ſetzen und ordnen, daß dieſer gemeinnützigen Anſtalt
alle Privilegia eines von Uns allein abhängigen Instituti ad pias
causas
zu ſtatten kommen ſollen, und wollen derſelben insbeſondere
Jura Fisci bei Rechts-Händeln, eine unbeſchränkte Befreiung vom
Gebrauch des Stempel-Papiers, ingleichen von Gerichts-Sporteln,
auch die Poſt-Freiheit für die Correſpondence, welche die General-
Direction ſelbſt zum Beſten der ganzen Anſtalt mit Landes-Collegiis
und Gerichten, oder mit ihren künftig in den Provinzen zu ernennen-
den Commiſſariis zu unterhalten nöthig erachten wird, hiemit aller-
gnädigſt verſichern, wogegen die Briefe und Gelder, welche von Par-
ticuliers einkommen, oder an ſelbige geſandt werden, dergleichen Porto-
Freiheit nicht genießen können.


Und damit hierunter kein Irrthum vorgehen möge, ſoll die
General-Direction des Instituti alle abgehende Briefe ꝛc., welchen
hiernach die Porto-Freiheit competirt, außer ihrem beſondern Siegel,
noch auf dem Umſchlage mit der Rubrik:
General-Wittwen-Sachen
ſtempeln laſſen, auch ein dergleichen Siegel und Stempel künftig
jedem ihrer Commiſſarien zuſtellen, um ihre Briefe an die General-
Direction, welche ſich zur Porto-Freiheit qualificiren, als wofür die
[377] Commiſſarien jederzeit haften müſſen, damit zu bezeichnen, und wer-
den Wir Unſere ſämmtlichen Poſt-Aemter inſtruiren laſſen, keine Briefe
und Gelder an die General-Direction, außer von Landes-Collegiis
und Gerichten, oder von den Commiſſariis des Instituti ſelbſt mit der
nur erwähnten Bezeichnung, unfrankirt anzunehmen.


Die Jurisdiction über die bei dieſem Instituto angeſtellten Be-
dienten, in Sachen, die ihr Officium betreffen, ſoll der General-
Direction überlaſſen ſein.


§. 42. Sollten Auswärtige, die nicht Unſre Unterthanen, noch
in Unſern Landen wohnhaft ſind, ſich bei der Societät intereſſiren,
und Wir mit demjenigen Staat, wo dergleichen Intereſſenten wohn-
haft ſind, in Krieg gerathen, ſo daß zwiſchen beiderſeits Landen alle
Communication unterbrochen würde, ſo ſollen demohngeachtet die ver-
fallenen Pensiones getreulich verwahrt, und, ſobald ſich dazu Gelegen-
heit findet, oder der Krieg geendigt iſt, dergleichen auswärtigen Wittwen,
ſo dazu ein Recht haben, ohnverkürzt nachgezahlt werden, wie es denn
auch den auswärtigen Intereſſenten, wenn ſie ſolchergeſtalt ohne ihre
Schuld mit den Beiträgen zurückbleiben müſſen, ſolche bei wieder
eröffneter Communication nachzuzahlen frei bleibt, und ſoll, wenn ſich
inzwiſchen Todesfälle ereignen, dergleichen unverſchuldetes Zurückblei-
ben der Beiträge, wenn ſolche nur hiernächſt noch bis an den Tod
des Socii abgeführt werden, den Intereſſenten weder in Anſehung
des Antritts-Geldes noch der Wittwen-Penſionen zum Nachtheil ge-
reichen. Ueberhaupt aber ſoll in Anſehung der Auswärtigen, wenn
ſie ihre Antritts-Gelder zurück, oder ihre Wittwen-Pensiones bezahlt
erhalten, niemals ein Abſchoß-Recht ausgeübt werden, auch wenn
wir die Ausfuhr dieſer oder jener Münz-Sorte aus Unſern Staaten
zu verbieten nöthig erachten ſollten, ſolches Verbot auf gegenwärtige
Anſtalt keine Anwendung finden.


§. 43. Damit der Inhalt dieſes Unſers Patents und Reglements
zu jedermanns Wiſſenſchaft gelange, befehlen Wir Unſern Krieges-
und Domainen-Kammern, ſolches auf die allgemeinſte Art publiciren,
auch den Zeitungen und Intelligenzien der Provinz inſeriren zu laſſen.


2. Publicandum der Generaldirection der allgemei-
nen Wittwenverpflegungsanſtalt
v. 1. Juli 1782. über einige
Puncte des Wittwencaſſen-Reglements. (R. B. 1. Abthl. 7. S. 147.)


[378]

3. Publicandum der Generaldirection der allgemei-
nen Wittwenverpflegungsanſtalt
v. 1. Juli 1783., betr. einige
Gegenſtände des Wittwenliſten-Reglements. (R. B. 1. Abthl. 7.
S. 363.)


4. Publicandum v. 25. Mai 1796. (R. B. 3. S. 393.),
betr. einige Abänderungen des Wittwencaſſen-Reglements.


(Extractweiſe.)


Durch dieſe Betrachtung findet ſich die Generaldirection, nach
reiflicher Erwägung aller eintretenden allgemeinen und individuellen
Umſtände, veranlaßt, für die Zukunft Folgendes feſtzuſetzen.


  • 1) Alle neuen Intereſſenten, die vom 1. Octbr. d. J. an recipirt
    werden, müſſen fünf volle Jahre nach dem Receptionstermine
    leben, wenn ihre Wittwen die ihnen verſicherte ganze jährliche
    Penſion bis an ihren Tod erhalten ſollen.
    • a. Stirbt hienach der Mann im Laufe des erſten Jahres nach
      der Reception, ſo erhält die Wittwe, wie bereits im Regle-
      ment vom 28. Decbr. 1775. §. 14. feſtgeſetzt iſt, gar keine
      Penſion.
    • b. Stirbt der Mann während des zweiten Jahres nach der Auf-
      nahme, ſo erhält die Wittwe ein Fünftel der ihr verſicher-
      ten Penſion bis an ihr Ende.
    • c. Stirbt der Mann während des dritten Jahres nach der Auf-
      nahme, ſo erhält die Wittwe zwei Fünftel der ihr verſicher-
      ten jährlichen Penſion bis an ihr Ende.
    • d. Stirbt der Mann während des vierten Jahres nach der Re-
      ception, ſo enpfängt die Wittwe drei Fünftel der ihr ver-
      ſicherten jährlichen Penſion bis an ihr Ende.
    • e. Stirbt der Mann während des fünften Jahres nach der Auf-
      nahme, ſo bekommt die Wittwe vier Fünftel der ihr ver-
      ſicherten jährlichen Penſion bis an ihr Ende.
    • f. Stirbt endlich der Mann nach Ablauf des fünften Jahres, ſo
      erhält die Wittwe die ihr verſicherte jährliche Penſion bis an
      ihr Ende ganz und ohne allen Abzug.
  • 2) Das Antrittsgeld, ſo bei der Reception erlegt werden muß,
    wird für die Zukunft bei Verſicherung einer Penſion von 25
    Thlrn., als dem simplo, auf 40 Thlr, feſtgeſetzt, und bleibt ſol-
    ches für alle Altersklaſſen der Männer, bis zum 50. Jahre incl.
    [379] unverändert gleich, dergeſtalt, daß das höhere und jüngere Alter
    der Männer darauf keinen Einfluß hat, und das Antrittsgeld,
    bis zur Verſicherung einer Penſion von 300 Thlrn. incl., ſo oft
    mit 40 Thlrn. erlegt werden muß, als in dem zu verſichernden
    jährlichen Penſionsquanto ſtecken. In Abſicht der Männer von
    51 Jahren und darüber bleibt es aber wegen des zu erlegenden
    Antrittsgeldes, bis zu einer Penſion von 300 Thlrn., bei der
    Beſtimmung der dem Reglement urſprünglich beigefügten Ta-
    bellen. Wenn dagegen Jemand ſeiner Wittwe eine höhere Pen-
    ſion als 300 Thlr. verſichern laſſen will, ſo werden von einem
    jeden simplo, welches über 300 Thlr. verſichert werden ſoll,
    mithin von jedem 25 Thlr., ſo über 300 Thlr. überſchießen,
    50 Thlr. Antrittsgeld, ohne Unterſchied des Alters der Ehe-
    männer, entrichtet.
  • 3) Das ſolchergeſtalt feſtgeſetzte Antrittsgeld wird, nach den Be-
    ſtimmungen des §. 20. des Reglements vom 28. Decbr. 1775,
    fernerhin ohne Abzug zurückgezahlt, wenn die Frau entweder
    vor dem Manne verſtirbt, oder auch, wenn die penſionsfähig
    gewordene Wittwe bald nach dem Manne und noch vor Eintritt
    des nächſten Termins, in welchem ſie zur Hebung der erſten
    halbjährigen Wittwenpenſion gelangt ſein würde, gleichfalls mit
    Tode abgehet, dergeſtalt, daß ſie gar keine Penſion bezogen hat.
    Dahingegen fällt von dem Antrittsgelde, wenn der Mann ſtirbt
    und eine penſionsfähige Wittwe hinterläßt, gerade ſoviel der
    Caſſe anheim, als ihre einjährige Penſion, nach den sub Nr. 1.
    b. c. d. e. f.
    dieſes Publicandi feſtgeſetzten Beſtimmungen, be-
    trägt, und wird der Ueberreſt des Antrittsgeldes zurückgegeben.
    Sollte jedoch eine penſionsfähig gewordene Wittwe den zweiten
    Erhebungstermin nicht erleben, mithin überhaupt nur eine halb-
    jährige Penſion genoſſen haben, ſo wird von dem Antrittsgelde
    ſoviel annoch zurückgezahlt, als die zweite unerhoben gebliebene
    halbjährige Wittwenpenſion beträgt. *)
  • 4) Die Retardatzinſen bleiben zwar, nach dem §. 25. des Regle-
    ments vom 28. Decbr. 1775., unverändert von denjenigen, welche
    [380] ſolche zu entrichten verbunden ſind, mit 4 pr. C. zu erlegen;
    jedoch wird hierdurch beſtimmt:
    • a. daß von denjenigen, welche den Beitritt fünf Jahre und län-
      ger nach vollzogener Ehe verſchieben, das Antrittsgeld von
      einem jeden simplo mit 50 Thlrn., ohne Unterſchied des Be-
      trages der Penſion, zu erlegen iſt, und werden hienach die
      Retardatzinſen gleichfalls berechnet;
    • b. daß jedoch dieſe Beſtimmung nur diejenigen Intereſſenten
      treffen ſoll, welche, vom 44ſten Receptionstermine an gerech-
      net, mithin erſt am 1. Octbr. 1797., aufgenommen werden,
      indem von den jetzt bereits verheiratheten Männern, welche
      annoch im 42ſten und 43ſten Termine beitreten, ein höheres
      Antrittsgeld, als sub Nr. 2. beſtimmt iſt, keineswegs gefor-
      dert werden ſoll;
    • c. daß Ausländer (weil es mehreren Schwierigkeiten unterworfen
      iſt, das Spiel auswärtiger Speculanten zu verfolgen), im
      Fall ſie nicht in den nächſten 42ſten und 43ſten Terminen
      annoch beitreten, gar nicht mehr als receptionsfähig anzuſehen
      ſind, ſohald ſie, nach vollzogener Copulation, mit dem Bei-
      tritte fünf Jahre und darüber ſich verſpätet haben ꝛc.

5. Information für diejenigen, welche ſich bei der Königl. allge-
meinen Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt aſſociiren wollen, v. 1. Januar
1803. (R. B. 7. S. 285.)


6. Cab.-O. v. 17. Juli 1816. (G.-S. S. 214.), daß jeder
Civilofficiant die Summe der ſeiner zukünftigen Gattin bei der all-
gemeinen Wittwencaſſe zu verſichernden Penſion, Behufs Erlangung
des Heirathsconſenſes, beſtimm angeben ſoll.


7. Reſcr. vom 9. Octrb. 1816. (v. K. J. B. 8. S. 269.),
betr. den Nachweis des wirklich geſchehenen Beitritts der Beamten
zur allgemeinen Wittwencaſſe und die Berichtigung der Einkaufsgelder
und der Beiträge durch Gehaltsabzüge.



[381]

8. Cab.-O. vom 10. Decbr. 1816. und Reſcr. v. 22. Auguſt
1817. (v. K. Ann. B. 16. S. 102.), betr. die Verpflichtung der
Geiſtlichen und Schullehrer, bei ihrer Verheirathung der allgemeinen
Wittwencaſſe beizutreten.


9. Declaration v. 3. Septbr. 1817. (G.-S. S. 301.), daß
denjenigen Civilbeamten, welche bei der Wittwen-Verpflegungs-Auſtalt,
entweder weil ſie das ſtatutenmäßige Alter von 60 Jahren, bis zu
welchem der Beitritt nur ſtattfinden kann, überſchritten haben, oder
weil ſie ihren guten Geſundheitszuſtand nicht reglementsmäßig nach-
zuweiſen vermögen, nicht aufgenommen werden können, die Einwilli-
gung zur Verheirathung gegen Ausſtellung eines Reverſes, daß die
künftige Wittwe auf Penſion aus Staatsfonds keine Anſprüche machen
will, nicht zu verſagen iſt.


10. Cab.-O. v. 17. April 1820.


Die Anwendung der Cab.-O. v. 10. Decbr. 1816., in welcher
Ich den künftig ſich verheirathenden Geiſtlichen und Schullehrern, die
noch nicht 400 Thlr. Einkommen haben, im Falle der Dürftigkeit,
die Beiträge für eine der Wittwe zu verſichernde Penſion von 100
Thlrn. aus Staatscaſſen ſo lange zugeſichert habe, bis ihre Einnahme
auf dieſen Betrag ſich erhöhet, beſtimme Ich auf Ihren Bericht vom
8. d. M. dahin:
daß dieſe Zuſicherung ſich nicht auf Königl. Patronatsſtellen aus-
ſchließlich beſchränken, ſondern auch den Privat-Patronatsſtellen
gleichmäßig zu ſtatten kommen ſoll, daß aber in beiden Fällen
die Beiträge unier den in der Cab.-O. feſtgeſetzten Einſchränkun-
gen nur den im eigentlichen Seelſorgeramte angeſtellten Geiſt-
lichen ꝛc. zu Theil werden können, indem nur dieſe Individuen
verpflichtet ſein ſollen, der Wittwencaſſe beizutreten ꝛc.


(Act. des Juſtizm. Gen. G. Nr. 35. Vol. 1. Fol. 171 225. —
Mannk. a. a. O. B. 5. S. 368.)


11. Reſcr. v. 12. März 1821. und 25. Juni 1821. (v. K. J.
B. 17. S. 86.), betr. die Anwendung der vorſtehenden Verordnungen
in der Rheinprovinz und im Herzogthume Weſtphalen.


12. Reſcr. v. 31. Januar 1822. (v. K. Ann. B. 6. S. 102.);
das zu den Einkünften der Geiſtlichen gehörende Naturalgetreide wird
nach dem Durchſchnitts-Martinimarktpreiſe der nächſten inländiſchen
Marktſtadt berechnet.


[382]

13. Publicandum v. 12. Novbr. 1824. (G.-S. S. 216.),
betr. die Höhe der von den Beamten zu verſichernden Wittwen-
penſionen.


Des Königs Majeſtät haben, durch eine unterm 31. Auguſt
d. J. an das Staatsminiſterium erlaſſene Allerh. Cab.-Ordre, die
in der frühern Allerh. Cab.-O., v. 17. Juli 1816. (G.-S. Nr.
376.) ausgeſprochene allgemeine Verpflichtung der Civilbeamten,
für ihre Frauen bei der Wittwencaſſe eine Penſion verſichern
zu laſſen, dahin näher zu beſtimmen geruhet, daß für die Zu-
kunft dieſe Verſicherung mindeſtens nach ⅕ des Beſoldungsbetrages
geſchehe, alſo bei 500 Thlrn. Einkommen mit 100 Thlrn., bei
2500 Thlrn. und darüber mit 500 Thlrn.


14. Circ.-Reſcr. v. 23. Auguſt 1826. (v. K. Ann. B. 10.
S. 739.), daß Militairprediger zur Civil- oder Militair-Wittwen-
Caſſe beitreten können.


15. Cab.-O. v. 27. Febr. 1831. (G.-S. S. 3.), betr. die Be-
ſtimmung, daß keine andern Intereſſenten, als die dazu verpflichteten
Beamten in die allgemeine Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt aufgenom-
men werden ſollen.


16. Reſcr. v. 19. März 1832. (v. K. J. B. 39. S. 177.),
betr: die Verpflichtung der zur Aufnahme nicht qualificirten Beamten,
der Wittwencaſſe dann beizutreten, wenn ſie zu einem Einkommen von
über 250 Thlrn. gelangen.


17. Reſcr. v. 20. März und 5. April 1832. (v. K. J. B. 39.
S. 448.), betr. die Annahme der Wittwencaſſenbeiträge ſtatt in Frd’or.
in Silbergeld zu 13⅓ pr. Ct.


18. Reſcr. v. 25. Juli 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 651.),
Statut für die Predigerwittwenkaſſe der evangel. Geiſtlichkeit des Groß-
herzogthums Poſen.


19. Circ.-Reſcr. v. 31. Januar 1833. (v. K. Ann. B. 17.
S. 384.), betr. die Aufſtellung von Etats für die den Geiſtlichen und
Schullehrern zu erſtattenden Wittwencaſſenbeiträge.


Die den Geiſtlichen und Schullehrern zu erſtattenden Wittwen-
caſſenbeiträge ſind nach unten ſtehendem Schema in einen Etat zu-
ſammengeſtellt worden, welches Schema ſowohl in den Rechnungen,
als auch in den künftig einzureichenden Etats genau beizubehalten iſt.
Die bisher halbjährlich eingereichten Liquidationen können nunmehr
[383] fortfallen, ſtatt deſſen ſind aber quartaliter die etwa vorgekommenen
Etatsveränderungen nachzuweiſen, und im Monat September jeden
Jahres die Etatsentwürfe über den beregten Gegenſtand für das fol-
gende Jahr einzureichen. Außerdem iſt zu bemerken, daß von jetzt an
auch bei allen Anträgen auf die Staatscaſſen, ſtatt der bisher einge-
reichten Nachweiſungen ſolche einzurichten ſind, welche das Schema
des Etats enthalten. Was endlich die Berechnung betrifft, ſo kann
die Regierungshauptcaſſe der Generalcaſſe des geiſtlichen Miniſterii
die etatsmäßigen Zahlungen ohne Weiteres in Anwendung bringen.


Bei etwa vorkommenden Zugängen aber wird das Erforderliche
auf den Antrag der Regierung verfügt werden.


[384]

Etat
für die, einigen Geiſtlichen und Schullehrern im Regierungs-Bezirk N. N. zu erſtattenden
Wittwen-Caſſen-Beiträge auf das Jahr 18


[385]

20. Cab.-O. v. 14. Decbr. 1833. (G.-S. pro 1834. S. 2.),
betr. die Befugniß der Beamten zur Herabſetzung der bei der allge-
meinen Wittwencaſſe verſicherten Wittwenpenſion.


Auf Ihren Antrag vom 9. v. M. beſtimme Ich, mit Bezug auf
Meine Ordre vom 27. Febr. 1831, daß, gleichwie es daſelbſt bereits
den übrigen Intereſſenten der Allgemeinen Wittwen-Verpflegungs-
anſtalt verſtattet iſt, auch den beitrittspflichtigen Civil-Staatsbeamten
und den Civil-Staatspenſionairen, welche ihren Ehefrauen eine über
das vorſchriftsmäßige Minimum eines Fünftheils des Gehalts hin-
ausgehende Penſion verſichert haben, für die Folge freigeſtellt ſein
ſoll, die verſicherte Penſion mit Beobachtung der reglementsmäßigen
Penſionsraten zu 25 Rthlrn. Gold, unter Einwilligung ihrer Ehe-
frauen, jedoch nur bis zu dem gedachten Minimum herabzuſetzen, und
Ich beauftrage Sie, dieſe nähere Anordnung durch die G.-S. be-
kannt zu machen.


21. Reſcr. v. 10. Januar 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 395.),
betr. den Beitritt der Schullehrer zur allgemeinen Wittwenverſorgungs-
anſtalt.


Rückſichts des Wittwencaſſenbeitritts der Schullehrer kann nur
die Cab.-O. v. 17. April 1820. zur Norm für jeden einzelnen Fall
dienen. Durch dieſelbe werden im Lehrerſtande von der Verpflichtung
zum Beitritte, alſo auch von der Erſtattung der Beiträge, wenn das
Amtseinkommen nicht die Summe von 400 Rthlrn. erreicht, ausge-
ſchloſſen:


  • a) alle Hülfslehrer an Gymnaſien, Schullehrerſeminaren und höhern
    und allgemeinen Stadtſchulen;
  • b) die Lehrer an denjenigen Claſſen höherer und allgemeiner Stadt-
    ſchulen, welche als eigentliche Elementarclaſſen zu betrachten ſind,
    alſo nur die Stelle der mit jenen höheren Unterrichtsanſtalten
    verbundenen Elementarſchulen erſetzen.

Aus der Beſtimmung b. geht demnach klar hervor, daß die Ele-
mentarlehrer von dem Beitritt zur allgemeinen Wittwen-Verſorgungs-
anſtalt ausgeſchloſſen ſein ſollen. Was nun zum Elementarunterricht
gehört, und wie weit die Grenzen deſſelben geſteckt ſind, iſt ſpeciell
in dem §. 11. des Entwurfs zur Schulordnung (für den Reg.-Bez.
Erfurt) angegeben. Lehrer, die an Claſſen von Stadtſchulen unter-
richten, in denen der Unterricht in den, in jenem §. angegebenen
25
[386] Grenzen verbleibt, ſind Elementarlehrer, ſo wie auch diejenigen, die
etwa in höhern Claſſen einer Stadtſchule unterrichten, in dieſen aber
ſowohl nach ihrer perſönlichen Qualification, als nach dem Object
und Umfang ihres Unterrichts, ſolchen nur in den Grenzen ertheilen,
welche in dem gedachten §. 11. des Entwurfs der Schulordnung be-
zeichnet ſind. Lehrer dagegen in höhern Claſſen von Stadtſchulen,
die den Unterricht nach ihrer perſönlichen Qualification und nach der
Einrichtung der betreffenden Schule, in einem Umfange und in ſol-
chen Grenzen und Kategorien ertheilen, als der §. 12. des Entwurfs
der Schulordnung ſie bezeichnet, gehören zu denjenigen, welche ver-
pflichtet ſind, der allgemeinen Wittwen-Verſorgungsanſtalt beizutreten,
und die in dem Fall, daß ihr Dienſteinkommen nicht 400 Rthlr.
beträgt, die Vergünſtigung genießen, die Beiträge aus der Staats-
caſſe erſtattet zu erhalten. Hiernach haben die Königl. Regierungen
in jedem einzelnen Falle nach der Individualität und dem Unterrichts-
objecte des Lehrers zu entſcheiden, ob derſelbe als Elementarlehrer zu
betrachten ſei oder nicht, weshalb aber auch ſelbſtredend eine allgemeine
Verfügung über dieſen Gegenſtand und eine Beſtimmung der Schulen
und Claſſen derſelben, an welchen die Lehrer als zum Beitritt zur
allgemeinen Wittwen-Verpflegungsanſtalt reſp. verpflichtet und be-
rechtigt zu betrachten ſeien, von dem Miniſterio nicht erlaſſen, eine
ſolche auch nicht durch das Amtsblatt Seitens der Königl. Regierungen
bekannt gemacht werden kann.


22. Cab.-O. vom 29. Mai 1834. (G.-S. S. 70.), betr. die
Berichtigung der Wittwencaſſen-Beiträge bei einem wegen anderer
Schulden ſtattfindenden Gehalts- und Penſionsabzugsverfahren.


Auf den gemeinſchaftlichen Bericht v. 16. v. M. genehmige Ich,
daß bei Berechnung der Gehalts- und Penſionsabzüge eines activen
oder penſionirten Officiers, ſo wie aller Militair- und Civilbeamten,
die zur Wittwencaſſe zu entrichtenden Beiträge von dem Gehalte oder
der Penſion vorweg in Abzug gebracht und erſt von dem Ueberreſte der-
ſelben die geſetzlich zuläſſigen Abzüge für die Gläubiger berechnet werden.


23. Publicandum v. 18. Mai 1835. (v. K. Ann. B. 19.
S. 332.), betr. die neuern Beſtimmungen über die Aufnahme in die
Königl. allgem. Wittwen-Verpflegungsanſtalt.


24. Reſcr. v. 20. Septbr. 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 692.),
betr. die Einziehung der von Geiſtlichen und Lehrern rückſtändig ge-
[387] laſſenen Wittwencaſſenbeiträge, daß die Generaldirection ſich deshalb
an die Regierungen zu wenden habe.


25. Circ.-Reſcr. v. 22. Juni 1837. (v. K. Ann. B. 21.
S. 405.), betr. den Beitritt der Geiſtlichen und Lehrer zur allgemeinen
Wittwencaſſe.


Aus den in Folge der Circularverfügung vom 21. Decbr. 1835.
eingegangenen Nachweiſungen derjenigen evangeliſchen Geiſtlichen,
welche zur Zeit ihren Frauen eine Penſion bei der allgemeinen Witt-
wenverpflegungsanſtalt noch nicht verſichert haben, ergiebt ſich eine
verhältnißmäßig ſehr bedeutende Zahl. In Betracht des nur gering
dotirten und auf eine gewiſſe Zeit bewilligten Fonds zu Unterſtützun-
gen von Predigerwittwen ſieht das Miniſterium ſich veranlaßt, der
Königl. Regierung dringend zu empfehlen, nach Möglichkeit auf den
nachträglichen Beitritt dieſer Prediger ſowohl als der dazu berechtigten
Lehrer zur allgemeinen Wittwencaſſe hinzuwirken, insbeſondere aber
um ſo mehr die ſtrengſte Controle zur Führung des durch den Hei-
rathsconſens aufzugebenden Nachweiſes des erfolgten Beitritts zu
handhaben, als den Predigern und Lehrern ſolcher Stellen, welche
nicht 400 Rthlr. jährlich eintragen, die Beiträge von einer Ver-
ſicherungsſumme von 100 Rthlrn. jährlich aus dieſſeitigen Fonds ver-
gütigt werden.


26. Circ.-Reſcr. v. 8. Januar 1838. (v. K. Ann. B. 22.
S. 93.), betr. den Beitritt der Geiſtlichen und Lehrer zur allgemeinen
Wittwencaſſe.


27. Circ.-Reſcr. v. 3. März 1840. (M.-Bl. S. 153.), daß
die mittelſt Reſcr. v. 31. Januar 1833. verordneten Etats-Entwürfe
über die an Geiſtliche und Lehrer zu erſtattenden Wittwencaſſen-Bei-
träge erſt im November jedes Jahres vorgelegt werden ſollen.


28. Reſcr. v. 18. Auguſt und 14. Octbr. 1840. (M.-Bl. S.
270. 437.), betr. die Controlirung des Einkaufs der Ehefrauen von
Beamten in die allgemeine Wittwencaſſe.


29. Reſcr. v. 14. Octbr. 1843. (M.-Bl. S. 305.), daß bei
ſuspendirten Beamten die Wittwencaſſen-Beiträge vorweg entrichtet
werden, ſo daß dem Beamten die Hälfte des Beſoldungs-Ueberſchuſſes
verbleibt.


30. Reſcr. v. 11. Auguſt 1841. (M.-Bl. S. 262.), betr. die
Verſicherung von Wittwenpenſionen für die Ehefrauen der Beamten.


25*
[388]

Des Königs Majeſtät haben mittelſt Allerh. Cab.-O. v. 19.
Juli cr. allergnädigſt zu genehmigen geruht, daß allen Beamten frei-
geſtellt werden kann, ihren Ehefrauen bei der Berliner allgemeinen
Wittwen-Penſions- und Unterſtützungs-Caſſe eine Penſion — jedoch
mindeſtens zu dem vorgeſchriebenen Betrage von ⅕ ihrer Beſoldung —
zu verſichern, in welchem Falle dann der Einkauf bei der Königl.
Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt nicht erforderlich iſt.


II. Einkauf in die allgemeine Wittwen-Penſions-
und Unterſtützungs-Caſſe (ſog. Schulenburgſche).


Einleitung.


Mit Allerhöchſter Königlicher Genehmigung iſt in Berlin unter
dem Namen:
„Berliner allgemeine Wittwen-Penſions- und Unter-
ſtützungs-Caſſe“

eine Anſtalt begründet, deren Zweck darin beſteht, allen In- und Aus-
ländern vom Civilſtande Gelegenheit zu gewähren, gegen verhältniß-
mäßige jährliche Beiträge ihren Ehefrauen eine lebenslängliche jährliche
Wittwenpenſion und außerdem noch eine zur Beſtreitung der Beerdi-
gungskoſten beſtimmte Unterſtützung zu verſichern.


Die Geſchäfte dieſer Anſtalt werden von einer Direction unter
Aufſicht eines aus der Mitte der Theilnehmer und von ihnen ſelbſt
erwählten Curatorii verwaltet, über deren Bildung und Verpflich-
tungen in den §§. 22. und 23. nähere Beſtimmungen enthalten ſind.


Da die Anſtalt nur das eigene Beſte ihrer Theilnehmer ohne
alle Nebenvortheile für andere Zwecke beabſichtigt, ſo ſollen auch alle
Ueberſchüſſe, welche ſich aus einer höheren, als der vorausgeſetzten
Zinsbenutzung ihrer Gelder und aus einer fortſchreitend ſich immer
günſtiger ſtellenden Sterblichkeit, nach Beſtreitung der Verwaltungs-
[389] koſten, ergeben, nach den näheren Beſtimmungen des §. 19. vertheilt
oder den Mitgliedern auf die zunächſt zu entrichtenden Beiträge zu
gute gerechnet werden.


Aufnahmefähigkeit.


§. 1. Der Zutritt ſteht nicht nur Einwohnern des ganzen preu-
ßiſchen Staats, ſondern auch Ausländern innerhalb des deutſchen
Bundes offen. Eben ſo ſoll auch die Aufnahme einzelner außerhalb
der bezeichneten Länder und Grenzen wohnender Ehepaare ausnahms-
weiſe geſtattet ſein, und darüber die Direction, eventualiter aber das
Curatorium zu entſcheiden haben.


In der Regel werden nur verheirathete Frauen mit ihren Ehe-
männern aufgenommen; es ſoll jedoch, um die Anſtalt deſto gemein-
nütziger zu machen, auch unverheiratheten Töchtern, Schweſtern,
Nichten und Mündeln mit ihren Vätern, Brüdern, Onkeln und Vor-
mündern der Zutritt geſtattet ſein, wobei ſich dann von ſelbſt verſteht,
daß dergleichen Paare überall und in jeder Beziehung den wirklichen
Ehepaaren gleich geachtet werden.


Perſonen, deren Aufnahme unſtatthaft iſt.


§. 2. Ausgeſchloſſen von der Theilnahme ſind:


  • a) alle Seefahrer von Metier und alle Militairperſonen, mit Aus-
    nahme der Militair-Aerzte und Lazarethbeamten; preußiſche Land-
    wehrmänner und Landgensd’armen können jedoch beitreten, ſo
    lange ſie nicht zum wirklichen Kriegsdienſte berufen werden;
  • b) alle nicht geſunde, mit Schwindſucht, Waſſerſucht oder einer
    andern lebensgefährlichen chroniſchen Krankheit behaftete Männer;
  • c) alle Männer, welche ſchon über 64 Jahre alt ſind, und
  • d) diejenigen Ehepaare, worin

  • bei einem Alter des Mannes von
  • 64 Jahren
  • 63 „
  • 62 „
  • 61 „
  • 60 „
  • 59 „
  • 58 „
  • 57 „
  • 56 „

  • die Frau noch nicht vollendet hat
  • 50 Jahre
  • 48 „
  • 46 „
  • 44 „
  • 42 „
  • 40 „
  • 38 „
  • 36 „
  • 34 „

[390]
  • bei einem Alter des Mannes von
  • 55 Jahren
  • 54 „
  • 53 „
  • 52 „
  • 51 „
  • 50 „
  • 49 „
  • 48 „
  • 47 „
  • 46 „
  • 45 „

  • die Frau noch nicht vollendet hat
  • 32 Jahre
  • 30 „
  • 28 „
  • 26 „
  • 24 „
  • 22 „
  • 20 „
  • 19 „
  • 18 „
  • 17 „
  • 16 „

Bei dieſen Beſtimmungen ad c. und d., ſo wie in allen Fällen,
wo es auf Feſtſetzung der Altersverhältniſſe ankommt, werden einzelne
Monate unter 6 nicht gerechnet, volle 6 Monate und darüber aber
für ein ganzes Jahr gezählt.


Unbedingtes Ausſcheiden aus der Anſtalt.


§. 3. Sobald ein aufgenommenes Mitglied Seefahrer von Metier
wird oder in wirkliche Militair- oder Kriegsdienſte tritt, iſt daſſelbe
verbunden, mit der weiter unten §. 11. beſtimmten Abfindung aus
der Anſtalt zu ſcheiden, welches hinſichtlich des Kriegsdienſtes auf
Militairärzte und Lazarethbeamte gleichfalls Anwendung findet.


Beim Zurücktritt aus jenen Verhältniſſen ſtehet ihm aber die
Aufnahme unter den allgemeinen Bedingungen als einem ganz neuen
Mitgliede wieder offen.


Wer es unterläßt, der Anſtalt ſein neues Gewerbe als Seefahrer
oder ſeinen Uebertritt in Militairdienſte anzuzeigen, verliert alle An-
ſprüche an dieſelbe und es wird weder ihm wegen der gezahlten Bei-
träge eine Abfindung, noch ſeiner dereinſtigen Wittwe eine Penſion
gewährt.


Aufnahme-Termin und Erforderniſſe dazu.


§. 4. Zur Aufnahme von Mitgliedern, ſo wie zur Einzahlung
der Beiträge und Auszahlung der Penſionen, ſind jährlich zwei be-
ſtändige Termine auf den 1. Januar und 1. Juli beſtimmt.


Wer in einem dieſer Termine aufgenommen zu werden wünſcht,
hat ſich dazu bei dem Director der Anſtalt im vorhergehenden Monat
[391] December oder Juni ſchriftlich zu melden, die Höhe der zu verſichern-
den Penſion anzugeben und folgende Atteſte einzureichen:


  • a) ein Zeugniß ſeiner Ortsobrigkeit, daß er nicht Seefahrer von
    Metier ſei und nicht in Militairdienſten ſtehe;
  • b) ſeinen Geburts- oder Taufſchein;
  • c) den Geburtsſchein ſeiner Ehefrau, Tochter, Schweſter, Nichte oder
    ſeines Mündels, welcher die Penſion verſichert werden ſoll;
  • d) den Copulationsſchein oder event. ein Atteſt, daß die Tochter,
    Schweſter, Nichte oder Mündel noch unverheirathet ſei;
  • e) ein Zeugniß über ſeinen Geſundheitszuſtand.

Die wirkliche Ausſtellung der Scheine ad b. c. und d. von dem
Prediger der Parochie muß in den Städten von dem Magiſtrate, auf
dem platten Lande von dem Kreis-Landrathe beſcheinigt ſein.


In Fällen, wo eine Unmöglichkeit, die Tauf- oder Geburtsſcheine
zu beſchaffen, erwieſen, oder doch wahrſcheinlich gemacht iſt, kann das
Alter durch eidliche Zeugniſſe ſolcher Perſonen, welche nach Vorſchrift
der preußiſchen Gerichtsordnung vollen Glauben verdienen, durch ge-
richtliche Vormundſchaftsbeſtallungen, in denen das Alter der Inter-
eſſenten angeführt iſt, oder ſonſt durch glaubwürdige Documente,
welche geraume Zeit vor der Anmeldung zur Mitgliedſchaft vollzogen
ſind, dargethan werden. In dem Geſundheitsatteſte ad c., welches
von einem approbirten Arzte und nicht vor dem, der Aufnahme zu-
nächſt vorhergegangenen 1. November oder 1. Mai ausgeſtellt ſein
muß, hat der Arzt auf ſeine Pflicht an Eides Statt zu verſichern:
daß nach ſeiner beſten Wiſſenſchaft der N. N. (nach Namen und
Stand vollſtändig und genau zu bezeichnen) weder mit der Schwind-
ſucht, Waſſerſucht, noch mit einer andern Krankheit, welche ein
baldiges Abſterben befürchten laſſe, behaftet, auch überhaupt zur
Zeit nicht krank noch bettlägerig, ſondern geſund, nach Verhältniß
ſeines Alters bei Kräften und fähig ſei, ſeine Geſchäfte zu ver-
richten.


Dieſes Zeugniß muß von 4 Mitgliedern der Anſtalt, oder wenn
ſolche nicht zu haben ſind, von 4 andern als redlich bekannten Män-
nern dahin beſtärkt werden:
daß ihnen der N. N. perſönlich bekannt ſei, und ſie das Gegen-
theil von dem, was der Arzt bezeugt hat, nicht wiſſen.


Wohnt der Intereſſent außerhalb Berlin, ſo iſt dieſem Zeugniſſe
[392] noch ein Atteſt der vorbezeichneten Orts- und Polizeibehörden hinzu-
zufügen, daß ſowohl der Arzt, als die 4 Zeugen jenes eigenhändig
unterſchrieben haben, auch keiner von denſelben der Vater, Bruder,
Sohn oder Schwager des Intereſſenten oder ſeiner Frau ſei, indem
ſo nahe Verwandte als Zeugen nicht angenommen werden ſollen.


Der geſammte Schriftwechſel mit der Anſtalt muß portofrei von
den die Aufnahme ſuchenden Perſonen geführt werden.


Aufnahme in die Anſtalt.


§. 5. Wenn nun nach Prüfung der im vorigen §. erwähnten
Atteſte die Aufnahme des Intereſſenten für zuläſſig erachtet und
darauf der erſte halbjährliche Beitrag von demſelben noch vor dem
Termine vom 1. Januar oder 1. Juli eingezahlt iſt, ſo ſoll dem
Intereſſenten ein förmlicher von dem Director der Anſtalt unterſchrie-
bener und mit dem Siegel derſelben verſehener Receptionsſchein nach
dem beiliegenden Schema Lit. A. ertheilt werden, welcher als Ver-
trag zwiſchen ihm und der Anſtalt alle wechſelſeitigen Rechte und
Verbindlichkeiten feſtſetzt.


Sollte dem Intereſſenten dieſer Schein verloren gehen oder ſonſt
abhänden kommen, ſo hat derſelbe dies anzuzeigen und eine gerichtlich
vollzogene Mortificationserklärung nach beiliegendem Schema Lit. B.
einzureichen, worauf ihm ſodann gegen Zahlung von 10 Sgr. Schreib-
gebühren ein Duplicat des Receptionsſcheins ertheilt werden ſoll.


Umfang der Penſionsverſicherung.


§. 6. Die Anſtalt verſichert den Frauen und resp. Töchtern,
Schweſtern, Nichten und Mündeln ihrer Mitglieder auf den früheren
Todesfall der letztern


  • a) eine lebenslängliche Wittwen-Rente, deren jährlicher Betrag, durch
    die Zahl 10 theilbar, nicht unter 20 Rthlrn. und nicht über 600
    Rthlrn. ſein darf, zahlbar in preußiſchem Courant, alſo in Summen
    von 20, 30, 40, 50 Rthlrn. u. ſ. w.
  • b) ein Begräbnißgeld von einem Viertel des jährlichen Rentenbe-
    trages, welches beim Tode des Mannes, Vaters, Bruders, Onkels
    oder Vormundes an die Wittwe, Tochter, Schweſter, Nichte oder
    Mündel gezahlt wird.

Zahlung der Beiträge.


§. 7. Gegen dieſe Verſicherung zahlt das Ehepaar ſo lange bis
entweder der Mann, Vater, Bruder, Onkel oder Vormund oder die
[393] Frau, Tochter, Schweſter, Nichte oder Mündel ſtirbt, einen nach
Verhältniß des Alters beider Eheleute oder Paare und nach Höhe
der Verſicherung berechneten Beitrag halbjährlich pränumerando eben-
falls im preußiſchem Courant.


Die Höhe der halbjährlichen Beiträge iſt aus der beigefügten
Präſtationstabelle Lit. F. für die vorkommenden verſchiedenen Alters-
verhältniſſe der Eheleute und für einen jährlichen Penſionsbetrag von
10 Rthlrn. zu erſehen, wonach dieſelben für jeden gegebenen Penſions-
betrag leicht zu berechnen ſind. Z. B. ein Ehepaar, worin der Mann
30, die Frau 20 Jahre alt iſt, will eine Wittwen-Penſion von 60 Rthlrn.
verſichern. Nach der Tabelle würde es für 10 Rthlr. Penſion halb-
jährlich 1 Rthlr. 15 Sgr. zu bezahlen haben, alſo muß es für 60 Rthlr.
6 mal ſo viel, d. i. 9 Rthlr. halbjährig zahlen. Ehepaare, worin
die Frauen über 10 Jahre älter ſind, als die Männer, zahlen den
Beitrag, welcher in der Tabelle für das Alter des Mannes und das
nur um 10 Jahre höhere Alter der Frau angeſetzt iſt.


Einzahlung der Beiträge und Folgen der unterlaſſenen Berichtigung derſelben.


§. 8. Der Beitrag muß in den Monaten Juni und December
praennmerando für das nächſte halbe Jahr gegen eine Quittung des
Rendanten und Buchhalters prompt entrichtet werden. Die Anſtalt
kann unter keinem Vorwande Friſt bewilligen, da ihrer Berechnung
prompter Eingang der Beiträge und ſofortige zinsbare Benutzung der-
ſelben zum Grunde liegt; wer demungeachtet ſeinen fälligen Beitrag
nicht ſpäteſtens bis zum 1. Juli und resp. 1. Januar berichtigt hat,
verfällt in eine dem ſechsten Theile des Beitrags gleiche Strafe, die
unter keinen Umſtänden erlaſſen wird.


Vierzehn Tage nach abgelaufenem Termine werden die Nummern
der Receptionsſcheine, von welchen die Beiträge rückſtändig ſind, durch
die Berliner Zeitungen öffentlich bekannt gemacht, und die Reſtanten
gemahnt, ihre Schuld nebſt Strafe ungeſäumt zu berichtigen. Wer
dieſer Aufforderung nicht binnen 6 Wochen nach erfolgter Publication
genügt, wird mittelſt eines beſondern, an ihn zu richtenden porto-
pflichtigen Schreibens an die Einzahlung ſeiner Beiträge und der
Strafe erinnert; da aber dieſes Schreiben nur nach dem zuletzt an-
gegebenen Wohnort des Reſtanten abgeſandt und keine Rückſicht darauf
genommen werden kann, ob ihm daſſelbe auch behändigt iſt, ſo wird
ein ſolcher Reſtant, der ſeine Schuld nicht 4 Wochen nach erfolgtem
[394] Abgange dieſes Aufforderungsſchreibens berichtigt, ohne Weiteres als
Mitglied der Anſtalt excludirt, erhält von den ſchon bezahlten Bei-
trägen nichts zurück, und der Frau, Tochter, Schweſter, Nichte oder
Mündel wird künftig weder Penſion noch Begräbnißgeld gezahlt. Nur
in dem Falle, wenn ſich ergiebt, daß der Mann, Vater, Bruder,
Onkel oder Vormund ſchon vor der Excluſion geſtorben war, ſoll zwar
der Wittwe die Penſion und das Begräbnißgeld gewährt, der Reſt-
beitrag nebſt der Strafe aber von der erſten Zahlung in Abzug ge-
bracht werden.


Die Excluſion wird unter Aufführung der Receptionsnummer
durch die öffentlichen Blätter bekannt gemacht.


Wünſcht ein excludirtes Mitglied wieder aufgenommen zu wer-
den, ſo wird es völlig als ein ganz neues angeſehen, muß alſo ſeine
Geſundheit nachweiſen und den für das derzeitige Altersverhältniß
geltenden höheren Beitrag übernehmen. Wer aber zweimal wegen
rückſtändiger Beiträge excludirt iſt, wird unter keiner Bedingung wie-
der aufgenommen.


Erhöhungen der genommenen Penſionen ſind zuläſſig.


§. 9. Jedem Mitgliede ſteht frei, eine bereits verſicherte Pen-
ſion bis zu dem Maximum von 600 Thlrn. zu erhöhen, ſo lange es
ſich in den zur Aufnahme geeigneten Verhältniſſen (vergleiche §. 2.)
befindet. Es wird aber eine ſolche Erhöhung lediglich als eine ganz
neue, von der erſten unabhängige Verſicherung behandelt, daher das
Mitglied ſeine dermalige Geſundheit nach Vorſchrift des §. 4. nach-
weiſen, den Beitrag nach ſeinem und ſeiner Frau derzeitigen Alter
entrichten, ſich auch einem Probejahr unterwerfen muß.


Herabſetzung der Penſionen und gänzliches Ausſcheiden aus der Anſtalt iſt bedin-
gungsweiſe gegen Entſchädigung geſtattet.


§. 10. Eine Herabſetzung der verſicherten Penſion oder ein gänz-
liches Scheiden aus der Anſtalt, welches jedoch 4 Wochen vor dem
nächſten Zahlungstermine angemeldet werden muß, gegen eine von der
letztern zu gewährende Herauszahlung auf die bis dahin entrichteten
Beiträge, iſt nur in folgenden Fällen zuläſſig:


  • a. wenn ein Ehemann vermöge ſeiner Dienſtverhältniſſe zum Bei-
    tritt in eine andre Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt genöthigt iſt,
    und dies durch Vorlegung der betreffenden Verfügungen oder
    [395] Verordnungen nachweiſt, auch nicht länger Mitglied dieſer An-
    ſtalt bleiben kann und will;
  • b. wenn ein aufgenommenes Ehepaar nach einem, 4 Wochen vor
    dem nächſten Zahlungstermine beizubringenden Atteſte der Orts-
    Obrigkeit, in ſeinen Vermögens- oder Erwerbsverhältniſſen ſo
    zurückgekommen iſt, daß es den Betrag ganz oder theilweiſe
    nicht ferner zu zahlen vermag.

In dem letzten Falle muß aber auch die Geſundheit der Frau
durch ein Atteſt nach Vorſchrift des §. 4. nachgewieſen werden.


Höhe der Abfindung der nach §. 10. freiwillig, und nach §. 3. gezwungen
austretenden Ehepaare.


§. 11. Die Abfindung, welche den unter vorſtehenden Bedin-
gungen mit gänzlicher oder theilweiſer Aufhebung der Penſionsverſiche-
rung aus der Anſtalt ſcheidenden Paaren, ſo wie den nach §. 3. zum
Austritt gezwungenen Mitgliedern gewährt werden ſoll, wird nach dem
derzeitigen, den Grundſätzen der Wahrſcheinlichkeits-Rechnung gemäß
berechneten Capitalwerthe der wechſelſeitigen Anſprüche beſtimmt, in-
dem der Capitalwerth der nun ausfallenden Penſionsverſicherung und
der Capitalwerth der ebenfalls wegfallenden künftigen Beiträge gegen
einander verglichen werden. Hierzu dient außer der Präſtationstabelle
litt. F. noch die ebenfalls beigefügte Hülfstabelle litt. G. in folgen-
der Art:


Der für die ausfallende jährliche Penſionsſumme bis dahin ent-
richtete halbjährliche Beitrag wird abgezogen von demjenigen Beitrage,
welchen das Paar nach ſeinem jetzigen Altersverhältniſſe übernehmen
müßte, wenn es jene Summe erſt jetzt verſichern wollte, und der
Ueberſchuß wird multiplicirt mit derjenigen Zahl, welche in der Hülfs-
tabelle litt. G. neben dem jetzigen Alter der beiden Eheleute ſteht; das
Product iſt die von der Anſtalt herauszuzahlende Summe.


Zum Beiſpiel. Ein Ehepaar, welches im Alter des Mannes
von 30 und der Frau von 20 Jahren mit einer Penſionsverſicherung
von 100 Thlrn. beigetreten iſt, will oder ſoll, nachdem es 10 Jahre
lang in der Anſtalt geweſen, ausſcheiden; der bisherige halbjährige
Beitrag für dieſe Summe beträgt 15 Thlr.
und der Beitrag nach dem jetzigen Alter der Eheleute von
40 und 30 Jahren würde betragen 20 „
Jener von dieſem abgezogen, läßt übrig 5 Thlr.
[396] und in der Hülfstabelle ſteht neben dem Alter von 40 und
30 Jahren die Zahl 25′85.
Beides mit einander multiplicirt giebt 129, 25.
das ſind 129 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf.

und dies iſt alſo die Abfindung, welche von der Anſtalt gezahlt wird.


Dieſe Auseinanderſetzung, bei welcher zur Vermeidung kleiner
Brüche weniger als 6 Pf. nicht beachtet, volle ſechs Pfennige und
mehr aber zu einem Silbergroſchen gerechnet werden, kann übrigens
nur in einem der halbjährigen Termine, 1. Januar oder 1. Juli ge-
ſchehen, wo dann die Zahlung gegen Zurücklieferung des Receptions-
ſcheins und gegen eine, von einer mit einem öffentlichen Siegel ver-
ſehenen Perſon, beglaubigte Quittung des Mannes erfolgen, auch
wenn die Penſionsverſicherung nur theilweiſe aufgehoben iſt, und ein
neuer Receptionsſchein ausgefertigt werden ſoll.


Ein geſchiedener Mann kann ſeiner Ehefrau, im Fall ſeiner Wiederverheirathung,
eine Penſion verſichern.


§. 12. Einem Mann, welcher von ſeiner in die Anſtalt aufge-
nommenen Ehefrau gerichtlich geſchieden iſt, iſt es im Falle ſeiner
Wiederverheirathung auch bei fortdauernder Penſionsverſicherung für
die geſchiedene Frau geſtattet, ſeiner derzeitigen Frau eine Wittwen-
penſion zu verſichern. Nur dürfen die verſicherten Penſionen der Art
zuſammen das Maximum von 600 Thlrn. nicht überſchreiten und
werden die neuen Verſicherungen, ganz unabhängig von der erſtern,
nach den allgemeinen Vorſchriften des Reglements behandelt.


Eben ſo kann auch ein Mann gleichzeitig ſeiner Ehefrau und
einer unverheiratheten Tochter, Schweſter, Nichte oder Mündel jeder
eine beſondere Penſion, unter Beobachtung des Maximums von 600 Thlrn.
für alle zuſammen, verſichern.


Desgleichen kann einer aufs neue in den Eheſtand getretenen
Wittwe, welche ſchon Penſion aus der Anſtalt bezieht, von ihrem
derzeitigen Manne noch eine beſondere Penſion, die mit der laufenden
zuſammen nicht 600 Thlr. überſteigt, verſichert werden.


Bedingungen, unter welchen die verſicherte Penſion und das Begräbnißgeld
gezahlt wird.


§. 13. Das Recht der Frau, Tochter, Schweſter, Nichte oder
Mündel auf die ihr verſicherte Penſion, ſo wie auf das damit ver-
bundene Begräbnißgeld, iſt den Bedingungen unterworfen:


[397]
  • 1, daß der Mann, Vater, Bruder, Onkel oder Vormund, je nach
    dem die Verſicherung am 1. Januar oder am 1. Juli Statt ge-
    funden hat, den 1. Januar oder 1. Juli des nachfolgenden
    Jahres erlebe.
  • 2, daß die Beiträge für dieſe Verſicherung bis zum Tode des
    Mannes, Vaters, Bruders, Onkels oder Vormundes, oder in-
    ſofern der Verſicherer ſein 88. Lebensjahr vollendet hat, bis zu
    dieſem Alter deſſelben, vollſtändig berichtigt worden ſind, indem
    nur die ſo bejahrten Männer von fernerer Entrichtung der Bei-
    träge entbunden ſein ſollen.

Im Falle der Mann vor Ablauf eines vollen Jahres nach dem
Datum der Verſicherung ſtirbt und mithin die Wittwe weder Penſion
noch Begräbnißgeld erhält, verbleiben gleichwohl der Caſſe die geleiſteten
Beiträge und wird davon nichts zurückgegeben.


Einſchränkungen bei Zahlung der Penſion und des Begräbnißgeldes.


§. 14. Sind die im vorigen Paragraphen aufgeſtellten Bedin-
gungen erfüllt, ſo ſoll beim Tode des Mitgliedes der Wittwe, Tochter,
Schweſter, Nichte oder Mündel das Begräbnißgeld ſogleich, die Pen-
ſion aber von dem nächſten Termine nach dem Todestage, den 1. Januar
oder 1. Juli ab, in halbjährigen Raten praenumerando gezahlt
werden. Hierbei finden aber folgende Einſchränkungen Statt:


  • a. wenn der Mann, Vater, Bruder, Onkel oder Vormund durch
    einen Mord oder Unglücksfall das Leben verliert, oder eines
    Verbrechens wegen hingerichtet wird, ſoll die Frau, Tochter,
    Schweſter, Nichte oder Mündel, dafern ſie an ſolcher Todesart
    keine Schuld trägt, darunter nicht leiden, wenn ſie aber er-
    weislich mitſchuldig iſt, gar kein Begräbnißgeld und keine Pen-
    ſion erhalten.
  • b. Eben ſo erhält die Wittwe, Tochter, Schweſter, Nichte oder
    Mündel, wenn der Verſicherer ſich ſelbſt entleibt und dadurch
    den mit der Anſtalt geſchloſſenen Vertrag eigenmächtig bricht,
    gar kein Beerdigungsgeld und keine Penſion.

Ausnahmsweiſe iſt jedoch das Curatorium befugt, unter Berück-
ſichtigung der obwaltenden Umſtände der hinterbliebenen, verſichert ge-
weſenen Wittwe, Tochter, Schweſter, Nichte oder Mündel das Be-
erdigungsgeld und die Penſion theilweiſe, ſelbſt auch ganz zu ge-
währen.


[398]
  • c. Sollte die Sterblichkeit unter den Intereſſenten durch epidemiſche
    Krankheiten oder andere ungünſtige Ereigniſſe ſo zunehmen, daß
    das jährliche Einkommen der Anſtalt mit Zuhülfenahme der
    geſammelten Ueberſchüſſe der Zinſen des bereits gebildeten
    Reſerve-Capitals und dieſes letztern ſelbſt, zur vollſtändigen
    Befriedigung der Wittwen und Waiſen nicht hinreicht, ſo hat
    das zur Beaufſichtigung der Anſtalt erwählte Curatorium die
    weiteren Maaßnahmen mit Rückſicht auf die Erhaltung der An-
    ſtalt und des Intereſſes der penſionsberechtigten Wittwen ꝛc.
    zu treffen.
    Dieſe müſſen ſich den Beſchlüſſen des Curatorii ſelbſt dann
    unterwerfen, wenn augenblicklich auch ihre nur theilweiſe Be-
    friedigung für nöthig erachtet werden ſollte; doch dürfen die
    den Verſicherten zu machenden Abzüge nie den fünften Theil der
    ihnen verſicherten Penſion überſteigen.

Hört dieſer außerordentliche Zuſtand der Caſſe auf, ſo ſoll den
Verſicherten nicht nur ihre volle Penſion gezahlt, ſondern ihnen auch
der inzwiſchen erlittene Abzug ſucceſſive erſtattet werden. In dieſem
hier erwähnten Falle gehen aber immer die Penſionen den mit An-
ſpruch auf Abfindung ausſcheidenden Mitgliedern vor, ſo daß dieſe die
beſtimmte Abfindungsſumme nicht eher verlangen können, als bis jene
vollſtändig befriedigt ſind.


Beglaubigung der Todtenſcheine und ſonſtige Nachweiſung des erfolgten Ablebens
eines Mitgliedes.


§. 15. Der Tod des Mitgliedes muß durch einen förmlichen
Todtenſchein, in welchem die genaue Angabe der Todesart nicht fehlen
darf, erwieſen werden, und müſſen die außerhalb Berlin ausgeſtellten
Todtenſcheine mit einem Atteſte der Orts-Obrigkeit: daß der Pfarrer
der Parochie ſie ſelbſt ausgeſtellt habe, verſehen ſein. Kann ein ſol-
cher Todtenſchein nicht beigebracht werden, weil der Mann verſchollen
und von ſeinem Verbleiben keine Nachricht zu erhalten iſt, ſo begründet
nur ein gerichtliches rechtskräftiges Todeserklärungsurtel den Anſpruch
auf die verſicherte Penſion vom nächſten Termine nach der Publication
deſſelben an gerechnet, wenn bis dahin auch der halbjährliche Beitrag
berichtigt iſt; jedoch wird in dieſem Falle das Begräbnißgeld nicht
gezahlt. Sollte ſpäterhin ermittelt werden, daß der Mann, Vater,
Bruder, Onkel oder Vormund wirklich ſchon früher verſtorben, oder
[399] daß er noch lebe, oder nach erfolgtem Erkenntniſſe noch gelebt habe,
ſo erhält im erſten Falle die Wittwe die inzwiſchen fällig geweſenen
Penſionsraten nachgezahlt und die zu viel entrichteten Beiträge zurück,
jedoch beides ohne Zinſen; in den beiden andern Fällen aber muß ſie
die zu viel erhaltene Penſion an die Anſtalt erſtatten, und wird zu
dem Ende event. die weitere Penſionsbezahlung, ſo weit es nöthig
iſt, eingeſtellt.


Einreichung der Todtenſcheine und Ausſtellung der Quittung über das
Beerdigungsgeld und Erhebung der Penſion.


§. 16. Mit dem Todtenſcheine iſt auch der Receptionsſchein und,
um zur Hebung des Begräbnißgeldes zu gelangen, eine nach dem bei-
liegenden Schema C. abgefaßte, und mit einem amtlichen Atteſte ihrer
Unterſchrift verſehene Quittung einzureichen, worauf ſodann die Zah-
lung erfolgt, und gleichzeitig der Wittwe, Tochter, Schweſter, Nichte
oder Mündel ein Berechtigungsſchein über den Betrag und den An-
fangstermin ihrer Penſion, nach dem anliegenden Schema Litt. D.
ausgehändigt wird. Hiernächſt hat die penſionsberechtigte Perſon gegen
eine nach dem beigefügten Schema Litt. E. abzufaſſende und mit einem
amtlichen Atteſte ihres Lebens und ihrer Unterſchrift zu verſehende,
nicht früher als resp. am 1. Januar und 1. Juli auszuſtellende
Quittung ihre Penſion zu erheben.


Erhebung der Penſion und Folgen deren Unterlaſſung.


§. 17. Die Penſionen müſſen in den Fälligkeitsterminen prompt
erhoben worden; wenn dies vier Jahre lang unterlaſſen wird, werden
die penſionsberechtigten Perſonen, nach erfolgtem dreimaligen Aufruf
in den Berliner Zeitungen und Intelligenzblättern innerhalb ſechs Mo-
naten, für todt geachtet, und die Penſion verfällt der Anſtalt. Dem
Verfall kann aber vorgebeugt werden, wenn dieſelben ſich noch vor Ab-
lauf der geſetzlichen Friſt nach erfolgtem letzten Aufrufe bei der An-
ſtalt melden und die Hinderungsurſachen der Penſionserhebung angeben.
Von ſolchen, eine Zeit lang nicht erhobenen Penſionen werden übrigens
keine Zinſen von der Anſtalt gezahlt.


Anzeige von dem erfolgten Ableben der verſicherten Ehefrauen ꝛc.


§. 18. Stirbt die Frau ꝛc. eines Mitgliedes, ſo hat letzteres
davon, unter Zurücklieferung des Receptionsſcheins und Beifügung
eines Todtenſcheins, Anzeige zu machen, damit die Verſicherung ge-
löſcht werden kann.


[400]

Bei Unterlaſſung einer ſolchen Anzeige und der fälligen Beitrags-
zahlung wird das Mitglied als Reſtant nach §. 8. behandelt.


Oeffentliche Bekanntmachung des Zuſtandes der Anſtalt, Bildung eines Reſervefonds
und Zurückzahlung der entbehrlichen Ueberſchüſſe an die Mitglieder der Anſtalt.


§. 19. Da die Anſtalt mit ihren Fonds ein gemeinſchaftliches
Eigenthum ihrer Mitglieder bildet, ſo wird ſie


  • a. jährlich eine gedrängte Ueberſicht ihres Zuſtandes nach Zahl der
    vorhandenen Intereſſenten und Wittwen, des Betrages der lau-
    fenden Beiträge, der verſicherten und der laufenden Penſionen
    und des vorhandenen Vermögens, durch die Berliner Zeitungen
    öffentlich bekannt machen;
  • b. zuerſt nach zehn Jahren, und dann alle fünf Jahre eine grund-
    ſätzliche Wahrſcheinlichkeitsberechnung des als erſpart und ent-
    behrlich zu betrachtenden Ueberſchuſſes ihres Vermögens anſtellen.
    Aus dieſen Ueberſchüſſen ſoll:
    • 1. eine Reſervefonds gebildet werden, über deſſen Höhe das
      §. 23. bezeichnete Curatorium der Anſtalt beſtimmen wird;
    • 2. ſollen die Zinſen dieſes Reſervefonds ſowohl, als die ſich
      ſodann ergebenden ferneren Ueberſchüſſe, den Mitgliedern
      der Geſellſchaft, nach Maaßgabe der für die verſicherten
      Penſionen von ihnen ſeit der letzten Vertheilung derſelben
      gezahlten Beiträge, in dem, der gedachten Ermittelung zu-
      nächſt folgenden Termine auf die zu zahlenden Beiträge
      gut gerechnet werden, ſo daß ſie in dieſem Termine um ſo
      viel, als das ermittelte Guthaben beträgt, weniger, mithin
      im Allgemeinen nicht mehr an Beiträgen zu entrichten
      haben, wie zur Erhaltung der Anſtalt wirklich nothwendig
      geweſen iſt.
      Der Betrag dieſes Guthabens ſoll alsdann den In-
      tereſſenten durch die Berliner Zeitungen bekannt gemacht
      werden.

Sollten dieſe zu vertheilenden Ueberſchüſſe mehr als einen halb-
jährlichen Beitrag ausmachen, ſo erfolgt die weitere Abrechnung in dem
folgenden Termin.


Einzahlung der Beiträge in Berlin und an die in den Provinzen zu ernennenden
Agenten und Commiſſarien.


§. 20. Alle Einzahlungen von Beiträgen und alle Erhebungen
[401] von Penſionen, Begräbnißgeldern und Ueberſchüſſen müſſen in Berlin
auf der Anſtalt ſelbſt, oder bei den in den Provinzen zu ernennenden
Agenten und Commiſſarien derſelben, auf Gefahr und Koſten der
Intereſſenten bewirkt werden. Die Anſtalt kann ſich in keinem Falle
mit Geld-Ueberſendungen an einzelne Intereſſenten befaſſen; zur Be-
quemlichkeit der Intereſſenten aber ſollen in größeren Städten der
Monarchie und der deutſchen Bundesſtaaten Agenten und Commiſſa-
rien beſtellt und deren Namen öffentlich bekannt gemacht werden.
Durch dieſe Agenten und Commiſſarien können ſodann die Intereſſenten
ihre Aufnahme ſowohl, als ihre Geld- und ſonſtigen Geſchäfte mit
der Anſtalt, gegen Vergütigung der Koſten und einer mäßigen Pro-
viſion, welche in der, den Agenten und Commiſſarien zu ertheilenden
Inſtruction beſtimmt werden ſoll, beſorgen laſſen.


Doch ſoll bei fortſchreitendem guten Zuſtande der Anſtalt möglichſt
dahin gewirkt werden, die den Intereſſenten durch das Porto und die
Agenturgebühren erwachſenden Koſten auf den Adminiſtrations-Etat
der Anſtalt mit zu übernehmen.


Adminiſtration der Anſtalt.


§. 21. Behufs der Adminiſtration der Anſtalt iſt den Beiträgen
ein Aufſchlag von 5 pCt. zugerechnet worden. Da ſich jedoch voraus-
ſehen läßt, daß in den erſten Jahren die Anzahl und Höhe der Ver-
ſicherungen nicht ſo bedeutend ſein wird, um die erforderlichen Ein-
richtungskoſten, Schreibmaterialien und Gehalte aus jenem Zuſchlage
zu decken, ſo haben des Königs Majeſtät allergnädigſt zu genehmigen
geruht, daß die Beamten der Königlichen allgemeinen Wittwen-Ver-
pflegungs-Anſtalt, gegen Bewilligung verhältnißmäßiger Entſchädigung,
zur Bearbeitung der Geſchäfte der Berliner allgemeinen Wittwen-
Penſions- und Unterſtützungscaſſe benutzt werden können.


Direction der Anſtalt.


§. 22. Die Direction dieſer Anſtalt übernimmt als Vorſteher
derſelben ein Director und als ſolcher zunächſt der General-Director
der Königl. allgemeinen Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt Graf v. d.
Schulenburg unter Beiſetzung eines zum Syndicus zu ernennenden
Rechtsconſulenten, welcher ihn in Abhaltungsfällen vertritt, und
unter Controle eines zu bildenden Curatoriums, von deſſen Befug-
niſſen in dem folgenden §. 23. die Rede iſt.


Das Amt des jedesmaligen Directors iſt auf Lebenszeit. Zu
26
[402] ſeinen Verpflichtungen gehört die Führung der ganzen Correſpondenz,
die Sorge für die Unterbringung der Capitalien, die Beaufſichtigung
des Geſchäftsganges der Caſſe und die der Beamten des Inſtituts.
Er unterzeichnet auch die Receptionsſcheine und die Penſionsverſiche-
rungsſcheine; endlich bringt er auch den Syndicus und den Rendanten,
ebenſo die zur Bearbeitung der Geſchäfte nöthigen Beamten, dem
Curatorio zur Beſtätigung in Vorſchlag. Der Rendant muß eine,
vom Curatorio noch näher zu beſtimmende Caution beſtellen.


Ueber die Verwendung des im §. 21. erwähnten Aufſchlags von
5 pCt. wird das Curatorium auf den Vorſchlag des Directors ver-
fügen. Ueberſchüſſe ſollen vorzugsweiſe, wie am Schluß des §. 20.
erwähnt, verwendet, endlich aber dem §. 19. zu bildenden Reſervefonds
zugerechnet werden.


Curatorium der Anſtalt.


a. Bildung deſſelben.

§. 23. Zur Beaufſichtigung der Anſtalt wird ein Curatorium
gebildet.


  • a. Daſſelbe beſteht aus fünf Mitgliedern, deren jedes einen Stell-
    vertreter erhält. Die Mitglieder des Curatoriums und ihre
    Stellvertreter werden öffentlich bekannt gemacht;
  • b. der Präſes wird aus der Mitte des Curatoriums von den Mit-
    gliedern deſſelben und ebenſo deſſen Stellvertreter erwählt und
    dem Miniſterio, welchem die allgemeine Beaufſichtigung der An-
    ſtalt von Staats wegen obliegt, angezeigt;
  • c. die Amtsdauer des Präſes, ſo wie die der Mitglieder des Cura-
    toriums, iſt auf ſechs Jahre feſtgeſetzt, daſſelbe gilt auch von
    der des Stellvertreters;
  • d. die Wahl der Mitglieder des Curatoriums erfolgt von den Mit-
    gliedern der Anſtalt in der Art:
    • 1. Sechs Wochen vor der eintretenden Wahlzeit wird ſolche
      den Mitgliedern der Anſtalt durch die Berliner Zeitungen
      und Regierungsblätter bekannt gemacht;
    • 2. bei Einzahlung der Beiträge oder Ausreichung der Bei-
      trags-Quittungen erhalten die Mitglieder der Anſtalt einen
      Wahlzettel, auf welchem die in Vorſchlag zu bringenden
      Wahlcandidaten, deren Zahl wenigſtens das Doppelte der
      zu erwählenden Mitglieder des Curatorii und deren Stell-
      vertreter erreichen muß, verzeichnet ſind;
    • 3. die resp. Wähler bezeichnen ihre Wahl dadurch, daß ſie
      die Namen derjenigen, welche ſie nicht wählen wollen,
      ausſtreichen. Sie reichen ihre Wahlzettel der Anſtalt direct,
      oder durch die resp. Agenten zurück. Wer drei Monate
      nach Bekanntmachung der Wahlzeit durch die öffentlichen
      Blätter in der bezeichneten Art ſeine Stimme nicht abgiebt,
      geht ſeines Wahlrechts für die eingetretene Wahlzeit ver-
      luſtig und wird der Stimmenmehrheit als beitretend er-
      achtet.
  • e. Der Vorſchlag zu den Wahlen geht vom Curatorio unter Zu-
    ziehung des Directors aus und hat Letzterer nach der Entſchei-
    dung des Curatoriums die Wahlcandidaten zu bezeichnen, die
    Wahlzettel drucken und dann den Mitgliedern der Anſtalt auf
    die ad 2. angegebene Art inſinuiren zu laſſen; er ſammelt die
    Wahlzettel und ſtellt das ſich nach Stimmenmehrheit ergebende
    Reſultat zuſammen, welches demnächſt dem Curatorio unter
    Beifügung der Wahlzettel vorgelegt wird, um die neu erwählten
    Mitglieder zum Eintritt in das Curatorium zu berufen. Bei
    Gleichheit der Stimmen entſcheidet das Loos.
    Nimmt das eine oder das andere der neu erwählten Mit-
    glieder die Wahl nicht an, ſo tritt der Stellvertreter für das
    ausfallende Mitglied ein. Daſſelbe gilt auch, wenn das eine
    oder andere Mitglied des Curatoriums während ſeiner Amts-
    dauer mit Tode abgehen ſollte.
  • f. Sollten ſämmtliche Mitglieder der Anſtalt durch Zurückbehaltung
    der Wahlzettel ſich der Wahl begeben, oder nur zwei Wahlzettel
    eingehen, ſo wählt in dieſem Falle das Curatorium ſelbſt die
    fehlenden Mitglieder deſſelben;
  • g. ein nach Ablauf der Amtsdauer ausſcheidendes Mitglied des
    Curatoriums kann wieder gewählt werden. Daſſelbe gilt auch
    von den Stellvertretern;
  • h. das Ausſcheiden der Mitglieder des Curatoriums erfolgt nach
    dem Alter, ſo daß nach Ablauf der erſten drei Jahre die beiden
    zuerſt erwählten, und nach Ablauf der folgenden drei Jahre die
    zuletzt erwählten drei Mitglieder ausſcheiden. Daſſelbe gilt auch
    von den Stellvertretern.
    26*
    [404]Bei der erſten Wahlperiode beſtimmt das Loos über die
    beiden zuerſt ausſcheidenden Mitglieder.
    Da vor der Eröffnung der Anſtalt keine Wahl der Cura-
    toren und ihrer Stellvertreter ſtattfinden kann, ſo haben ſich,
    auf Anſuchen des Stifters derſelben, die Herren

    • 1. Geheime Juſtiz-Rath und Oberbürgermeiſter Krausnick,
    • 2. Kammerdirector von Raabe,
    • 3. Stadtrath Gaertner,
    • 4. Stadtverordneter Holfelder und
    • 5. Stadtverordneter Wegner

    zur Uebernahme des Curatorii, bis eine beſtimmte Wahl der
    Mitglieder deſſelben und ihrer Stellvertreter durch die Mitglieder
    der Geſellſchaft veranlaßt werden kann, bereit erklärt;
  • i. die Wahlfähigkeit beſchränkt ſich auf großjährige Mitglieder der
    Anſtalt, welche ihren Wohnſitz in Berlin haben; ausnahmsweiſe
    können auch andere, das Vertrauen des Publicums beſitzende
    Perſonen von dem Curatorio in Vorſchlag gebracht und von
    den wahlberechtigten Mitgliedern erwählt werden, wenn ſie auch
    nicht Mitglieder der Anſtalt ſind.
  • k. Die Wahl der Stellvertreter erfolgt ebenſo wie die der Cura-
    toren; ſie treten nach der bei der Wahl erfolgten Stimmen-
    mehrheit unter ſich in das Curatorium ein. Ihr Eintritt in
    daſſelbe findet jedoch nur dann Statt, wenn ein Mitglied deſſel-
    ben während ſeiner Amtsdauer mit Tode abgeht, ſeinen Wohn-
    ſitz von Berlin verlegt oder aus andern Gründen ſein Amt
    niederlegt.

b. Geſchäfte, Verpflichtungen und Befugniſſe des Curatoriums.

Die Geſchäfte dieſes Curatoriums, welches ſeine Beſchlüſſe nach
Stimmenmehrheit abfaßt, wozu wenigſtens 3 Mitglieder anweſend ſein
müſſen, beſtehen in Folgendem:


  • 1. darauf zu ſehen, daß das Beſte der Anſtalt, die Sicherheit der
    Caſſe und die ſichere und vortheilhafte Unterbringung der zur
    Zeit entbehrlichen Geldbeſtände, ſtets vom Director bewirkt werde,
    wobei als leitender Grundſatz feſtgeſtellt wird, daß dieſe Geld-
    beſtände nur mit Zuſtimmung des Curatorii und nur im Ankaufe
    preußiſcher Staatsſchuldſcheine oder Pfandbriefe, ferner auf
    Grundſtücke gegen pupillariſche Sicherheit, untergebracht werden
    [405] dürfen, die aus den Geldbeſtänden angekauften öffentlichen Pa-
    piere aber alsbald außer Cours geſetzt oder unter dreifachem
    Verſchluß aufbewahrt werden müſſen. Außer Cours geſetzte
    Papiere werden von dem Director mit Zuſtimmung des Cura-
    torii und der Mitunterſchrift zweier Mitglieder deſſelben wieder
    in Cours geſetzt;
  • 2. die Jahresrechnung der Anſtalt zu revidiren und abzunehmen
    und demnächſt darüber Decharge zu ertheilen.
  • 3. jährlich durch einen oder zwei Deputirte unter Zuziehung eines
    Rechnungsverſtändigen einige extraordinaire Caſſenreviſionen vor-
    zunehmen und ſich von dem Vorhandenſein der baaren Beſtände
    und der Documente über die zinsbar angelegten Gelder zu über-
    zeugen;
  • 4. die nach §. 19. anzuſtellenden Wahrſcheinlichkeitsberechnungen
    zu prüfen und die Höhe des zu bildenden Reſervefonds, auch
    den Zeitpunct zu beſtimmen, von welchem ab die Anrechnung
    der Ueberſchüſſe auf die zu entrichtenden Beiträge der Intereſſenten
    erfolgen ſoll;
  • 5. Beſchwerden der Mitglieder oder anderer mit der Anſtalt in Ver-
    bindung ſtehender Perſonen, ſo wie über die Aufnahme ſolcher
    Ehepaare, deren Zutritt nach §. 1. nur ausnahmsweiſe geſtattet
    iſt, gegen etwa von dem Director erfolgte Zurückweiſung zu
    entſcheiden.
    Dem Ausſpruche des Curatoriums ſind die Intereſſenten
    ſowohl wie der Director der Anſtalt unbedingt Folge zu leiſten
    verbunden, jedoch ſteht erſteren hiergegen der Weg Rechtens offen.
    Regelmäßig verſammelt ſich das Curatorium behufs der
    Rechnungsabnahmen jährlich einmal, und wird der desfallſige
    Termin von dem Präſes deſſelben nach erfolgter Rückſprache mit
    dem Director und Rendanten der Anſtalt beſtimmt; auch können
    außerordentliche Zuſammenberufungen auf den Antrag des Directors
    ſowohl als des Präſes oder zweier Mitglieder des Curatoriums,
    in einzelnen dringenden Fällen veranlaßt werden.
  • 6. Bei eintretender Vacanz
    • a. den Director der Anſtalt zu erwählen,
    • b. den Syndicus und den Rendanten der Anſtalt ſo wie die übrigen
      [406] Beamten derſelben auf den Vorſchlag des Directors zu erwählen
      und zu beſtätigen.
  • 7. Den Adminiſtrations-Etat der Anſtalt, ſo wie die den Beamten
    zu bewilligenden Emolumente und Gratificationen nach dem Vor-
    ſchlage des Directors und den Beſtimmungen der §§. 21. und 22.
    zu prüfen und feſtzuſtellen. Die als nothwendig oder wünſchens-
    werth ſich ergebenden Modificationen des Reglements auf den
    desfallſigen Vortrag des Directors zu berathen und feſtzuſtellen,
    welche jedoch Seiner Majeſtät dem Könige zur Allerhöchſten Be-
    ſtätigung vorzulegen ſind.

§. 24. Zu mehrerer Sicherheit und Befeſtigung dieſer Anſtalt,
welche der Oberaufſicht des Staats unterworfen bleibt, und dem damit
beauftragten Miniſterio des Innern für Gewerbe-Angelegenheiten auf
Erfordern jederzeit nicht nur vollſtändige Auskunft über alle ihre Ver-
hältniſſe zu geben, ſondern auch ihre Bücher, Regiſter und Verhand-
lungen vorzulegen ſchuldig iſt, haben des Königs Majeſtät allergnädigſt
geruht, derſelben die Rechte einer moraliſchen Perſon zu verleihen, auch
derſelben für die Dauer der erſten funfzehn Jahre ihres Beſtehens
ein die Errichtung anderer allgemeinen Wittwen-Penſions- und Unter-
ſtützungscaſſen innerhalb der Preußiſchen Staaten ausſchließendes Pri-
vilegium zu ertheilen und den Gerichtsſtand dieſer Anſtalt vor dem
Königl. Kammergericht hierſelbſt zu beſtellen.


Berlin, den 3. September 1836.


Gr. v. d. Schulenburg.


Krausnick, Raabe, Gärtner, Holfelder, Wegener.


A.
Schema zu den Receptions-Scheinen.


Nr.


Die Direction der Berliner allgemeinen Wittwen-Penſions- und
Unterſtützungscaſſe beſcheinigt hiermit, daß im Termine vom .. ten
der N. N. (Namen und Stand des Mannes) .. Jahr alt, mit ſei-
ner Ehefrau (Tochter, Schweſter, Nichte oder Mündel) N. N. ..
Jahr alt, aufgenommen iſt und derſelben auf ſeinen Todesfall eine
jährliche Wittwen-Penſion von ...... Thalern und ein Begräbniß-
[407] geld von ..... Thalern Preußiſch Courant, gegen einen halbjähr-
lichen Beitrag von ..... Thlrn. … Sgr. unter den Bedin-
gungen des beigefügten Reglements vom 3. September 1836. ver-
ſichert hat.


Berlin, den .. ten


(L. S.) (Firma und Unterſchrift.)


B.
Schema zu den Mortifications-Erklärungen über verloren
gegangene Receptionsſcheine
.


Da der für mich und meine (Ehegattin, Tochter, Schweſter,
Nichte oder Mündel) N. N. von der Berliner allgemeinen Wittwen-
Penſions- und Unterſtützungs-Caſſe unterm .. ten ....... aus-
gefertigte Receptionsſchein No. .. verloren gegangen iſt: ſo erkläre
ich hierdurch, daß, wenn gedachter Receptionsſchein ſich jemals wieder
auffinden ſollte, ſolcher ohne alle Gültigkeit ſein ſoll, und ſo wenig
ich ſelbſt, als meine dereinſtige Wittwe (nachbleibende Tochter, Schwe-
ſter, Nichte oder Mündel) oder irgend ein andrer Inhaber dieſes ver-
lornen Receptionsſcheins daraus irgend einigen Ausſpruch an die Ber-
liner Wittwen-Penſions- und Unterſtützungs-Caſſe herleiten kann,
noch will. Sollte dies aber dennoch der Fall ſein, ſo mache ich mich
hierdurch verbindlich, die gedachte Caſſe zu vertreten und ihr für alles
dasjenige gerecht zu werden, was ſie einem Dritten auf den Grund
jenes Receptionsſcheins zu zahlen verurtheilt werden könnte. Ich be-
ſcheinige zugleich, gegen dieſe Erklärung ein Duplicat des verlornen
Documents erhalten zu haben.


Gegenwärtiges iſt von mir ſelbſt ausgeſtellt und meine Unterſchrift
gerichtlich beglaubigt worden.


So geſchehen ꝛc. ꝛc.


C.
Schema zu den Quittungen über das Begräbnißgeld.


No. .. des Receptionsſcheins.


........ Thaler … Sgr. Preuß. Courant Begräbnißgeld für
meinen verſtorbenen (Ehemann, Vater, Bruder, Onkel oder Vormund)
von der Berliner allgemeinen Wittwen-Penſions- und Unterſtützungs-
[408] Caſſe auf Grund des Verſicherungsſcheins vom … ten ..... No.
richtig ausgezahlt erhalten zu haben, beſcheinige ich hierdurch.


...... den .....


(Unterſchrift.)


Atteſt.


Daß die heute noch lebende Wittwe (Frau unverehelichte) N. N.
vorſtehende Quittung ſelbſt unterſchrieben (oder in Gegenwart des
mitunterſchriebenen Zeugen N. N. nach geſchehener Vorleſung unter-
kreuzt) habe, wird hierdurch beſcheinigt.


...... den … ten .....


(L. S.) (Unterſchrift des Beamten.)


D.
Schema zu den Berechtigungsſcheinen über Wittwen-Penſionen.


No.


Die Direction der Berliner Wittwen-Penſions- und Unterſtützungs-
Caſſe beſcheinigt hierdurch, daß die N. N. (Namen der Wittwe ꝛc.)
auf den Grund des Receptionsſcheins No. .., da ihr (Ehemann, Vater,
Bruder, Onkel oder Vormund) geſtorben, vom 1. ......... 18 ..
ab eine jährliche Penſion von … Thalern Preuß. Courant in halb-
jährlichen Terminen pränumerando, unter den Bedingungen des ihr
bei der Aufnahme in die Socictät ſchon mitgetheilten Reglements
vom 3. September 1836. zu fordern hat, und wird derſelben die prompte
Zahlung nach dieſen Bedingungen hierdurch zugeſichert.


Berlin, den .. ten .......


(L. S.) (Firma und Unterſchrift.)


E.
Schema zu den Penſions-Quittungen.


No. (des Verſicherungsſcheins)


........ Thaler Preußiſch Courant, halbjährliche,
den 1ſten ..... praenumerando fällige Penſion habe
ich als Wittwe (nachgelaſſene Tochter, Schweſter, Nichte
oder Mündel) des verſtorbenen N. N. (Namen und Stand
des verſtorbenen Mannes ꝛc.) von der Berliner allgemei-
[409] nen Wittwen-Penſions- und Unterſtützungs-Caſſe ausgezahlt
erhalten, worüber ich hierdurch quittire.


..... den .. ten


(Unterſchrift oder Unterkreuzung der Wittwe ꝛc.,
nebſt Angabe ihres Geburtsnamens.)


Atteſt.


Daß die perſönlich bekannte Wittwe (nachgelaſſene Tochter, Schwe-
ſter, Nichte oder Mündel) des N. N. geborne N. N. noch lebe und
verſtehende Quittung ſelbſt unterſchrieben (oder in Gegenwart des mit-
unterſchriebenen Zeugen N. N. nach geſchehener Vorleſung unterkreuzt)
habe, wird hierdurch beſcheinigt.


..... den .. ten


(Siegel und Unterſchrift des Beamten.)


1. Cab.-O. v. 3. Decbr. 1836., mitgetheilt durch das Reſcr.
v. 6. ej. m.


Des Königs Majeſtät hat, wie wir Euer Hochgeboren auf die
Immediat-Eingaben vom 28. December v. J. und vom 26. Mai
d. J. eröffnen, die von Ihnen beabſichtigte Errichtung einer auf Ge-
genſeitigkeit gegründeten Wittwen-Verſorgungs-Anſtalt unter der
Benennung:
Berliner allgemeine Wittwen-Penſions- und Unter-
ſtützungs-Caſſe

ſo wie das für dieſelbe entworfene, unter dem 3. September d. J.
von Ihnen und den Mitgliedern des vorläufig beſtellten Curatorii
vollzogene, anliegend zurückerfolgende Reglement, vermittelſt der dem
letztern in beglaubter Abſchrift beigefügten allerhöchſten Cabinetsordre
vom 3. d. M. zu genehmigen, auch der Anſtalt die Rechte einer Cor-
poration und den Gerichtsſtand vor dem Kammergericht beizulegen,
und Ihnen die erbetene Zuſicherung, daß innerhalb der Monarchie in
den nächſten 15 Jahren keine andere allgemeine, Jedermann zugäng-
liche Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt errichtet werden dürfe, zu ertheilen,
dagegen aber den Antrag auf Verleihung der ſonſtigen Vorrechte und
Beneficien, welche der, unter Garantie des Staats beſtehenden all-
gemeinen Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt beigelegt worden, abzulehnen
geruht.


[410]

Euer Hochgeboren bleibt es überlaſſen, das Curatorium hiervon
in Kenntniß zu ſetzen, und die geeigneten Maaßregeln zu ergreifen,
damit das beabſichtigte Inſtitut baldigſt ins Leben trete. Sobald dies
wirklich geſchehen, haben Sie davon Anzeige zu machen, auch ein be-
glaubtes Exemplar des allerhöchſt genehmigten Reglements zu den
Acten jedes betheiligten Miniſterii einzureichen.


Copia vidimata.


Auf Ihren gemeinſchaftlichen Bericht vom 25. v. Mts. will Ich
das anbei zurückerfolgende Reglement für die auf Gegenſeitigkeit ge-
gründete Berliner allgemeine Wittwen-Penſions- und Unterſtützungs-
Caſſe, deren Errichtung der General-Director der Allgemeinen Wittwen-
Verpflegungs-Anſtalt, Graf von der Schulenburg-Trampe
beabſichtigt, hierdurch genehmigen, der Anſtalt die Rechte einer Cor-
poration und den Gerichtsſtand vor dem Kammergericht beilegen, auch
dem Unternehmer die Zuſicherung zu ertheilen, daß in dem ganzen Um-
fange der Monarchie in den nächſten funfzehn Jahren keine andere
allgemeine, Jedermann zugängliche Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt er-
richtet werden dürfe, wogegen die zu errichtende Anſtalt auf die ſon-
ſtigen, der unter Garantie des Staats beſtehenden allgemeinen Wittwen-
Verpflegungs-Anſtalt beigelegten Vorrechte und Beneficien keinen An-
ſpruch haben ſoll. Ich überlaſſe Ihnen, hiernach das Weitere zu verfügen.


Berlin, den 3. December 1836.


(gez.) Friedrich Wilhelm.


2. Circ.-Reſcr. v. 22. Decbr. 1836. (v. K. Ann. B. 20.
S. 788.), betr. die Errichtung der Berliner allgemeinen Wittwen-
Penſions- und Unterſtützungscaſſe. *)


Nachdem des Königs Majeſtät geruht haben, die Errichtung der
Berliner allgemeinen Wittwen-Penſions- und Unterſtützungscaſſe zu
genehmigen, trägt der derzeitige Director dieſer neuen Anſtalt, der
Königl. Generaldirector der allgemeinen Wittwen-Verpflegungs-Anſtalt,
Graf von der Schulenburg, bei mir dahin an:
[411]die Königl. Regierungen anzuweiſen, den resp. Magiſtraten und
anderen Corporationen den Beitritt ihrer Beamten zu dieſer
neuen Anſtalt ebenſo wie die Gewährung einer Unterſtützung der
Beamten in Abführung der Beiträge zu empfehlen.


Bei der nicht zu bezweifelnden Nützlichkeit des Inſtituts trage
ich kein Bedenken, Ew. ꝛc. anheimzuſtellen, den Anträgen des Grafen
v. d. Schulenburg zu genügen, und das Inſtitut ſelbſt den betr. Be-
hörden zu empfehlen.


3. Reſcr. v. 26. Juli 1838. (v. K. Ann. B. 22. S. 547.),
betr. den Beitritt der Beamten zu der Berliner allgemeinen Wittwen-
Penſions- und Unterſtützungscaſſe.


Ew. ꝛc. erwiedern wir auf die in dem Berichte vom 7. Mai
d. J. enthaltene Anfrage, daß wir kein Bedenken tragen, durch den
Beitritt eines Beamten zu der hieſigen allgemeinen Wittwen-Penſions-
und Unterſtützungscaſſe die Bedingung wegen des Beitritts zu einer
der beiden Königl. Wittwencaſſen für erledigt anzunehmen ꝛc.


4. Circ.-Reſcr. v. 28. Februar 1842. (M.-Bl. S. 50.),
betr. den Beitritt der Staatsbeamten zur Berliner allg. Wittwen-
Penſions- und Unterſtützungscaſſe und die Stempelfreiheit für die
dazu erforderlichen Atteſte.


Des Königs Majeſtät haben mittelſt Allerhöchſter Cab.-O. v. 7.
d. M. denjenigen Staatsbeamten, welche der Graf von der Schulen-
burgſchen allgemeinen Wittwen-Penſions- und Unterſtützungscaſſe hie-
ſelbſt beitreten, für die von denſelben beizubringenden Aufnahme-
Atteſte die Stempelfreiheit in eben der Art allergnädigſt zu bewilligen
geruht, wie ſolche den Intereſſenten der Königl. Wittwen-Verpfle-
gungs-Anſtalt nach §. 15. ihres Reglements vom 28. Decbr. 1775.
zugeſtanden iſt.


Indem wir die Königl. Regierung von dieſer Allerhöchſten Be-
ſtimmung in Kenntniß ſetzen, weiſen wir dieſelbe nach dem Antrage
des Grafen von der Schulenburg zugleich an, auf die von demſelben
mitzutheilende Nachweiſung der bei obiger Anſtalt aufgenommenen
Beamten im dortigen Regierungsbezirke die Beiträge in eben der Art
einzuziehen und abzuführen, wie es bei den der Königl. Anſtalt aſſociir-
ten Beamten geſchieht.


[412]

III. Provinzielle Deſtimmungen über Schullehrer-
Wittwen- und Waiſencaſſen.


  • 1. Für den Reg.-Bezirk Aachen:
    • a.Reglem. v. 21. März 1827. (Aach. Amtsbl. S. 430.)
    • b.Reſcr. v. 17. Aug. 1827. (Aach. Amtsbl. S. 440.)
    • c.Verf. v. 20. Febr. 1833. (Aach. Amtsbl. S. 94.)
    • d.Verf. v. 2. Mai 1831. (Aach. Amtsbl. S. 171.)
  • 2. Für den Reg.-Bezirk Bromberg:
    • a.Reglem. v. 22. Januar 1827. (Brom. Amtsbl. S. 762.)
    • b.Reſcr. v. 3. Mai 1827. (Brom. Amtsbl. S. 17. Beilage zu
      Nr. 39.)
    • c.Verf. v. 1. Septbr. 1827. (Brom. Amtsbl. S. 19. Beilage
      Nr. 39.)
    • d.Verf. v. 13. Novbr. 1827. (Brom. Amtsbl. S. 972.)
  • 3. Für den Reg.-Bezirk Danzig:
    • a.Verf. v. 17. Auguſt 1822. (v. K. Ann. B. 6. S. 667.)
    • b.Verf. v. 21. April 1826. (Danz. Amtsbl. S. 186.)
    • c.Verf. v. 14. Octbr. 1826. (Danz. Amtsbl. S. 375.)
    • d.Verf. v. 23. Auguſt 1837. (Danz. Amtsbl. S. 223.)
    • e.Schulordn. für die Elementarſchulen der Provinz Preußen
      v. 11. Decbr. 1845. §. 23. ꝛc. (ſ. Anhang Nr. 30.)
  • 4. Für den Reg.-Bez. Erfurt:
    • a.Reglem. v. 1832. (Erf. Amtsbl. S. 133.)
    • b.Reſcr. v. 9. April 1832. (Erf. Amtsbl. S. 132.)
  • 5. Für den Reg.-Bez. Frankfurt:
    • a.Reglem. v. 28. Aug. 1826. (Neigeb. S. 166.)
    • b.Reſcr. v. 20. Octbr. 1826. (Neigeb. S. 172.)
  • 6. Für den Reg.-Bez. Gumbinnen:
    • a.Reglem. v. 28. Aug. 1827. (Gum. Amtsbl. 1827. S. 304.)
    • b.Reſcr. v. 11. Decbr. 1826. (Gum. Amtsbl. 1827. S. 304.)
    • c.Verf. v. 28. Decbr. 1827. (Gum. Amtsbl. S. 845.)
    • d.Schulordn. für die Provinz Preußen v. 11. Decbr. 1845.
      §. 23. seq. (ſ. Anhang Nr. 30.)

[413]
  • 7. Für die Reg.-Bezirke Koblenz, Köln, Düſſeldorf,
    Trier:

    • a.Reglem. v. 1. Juli 1831. (v. K. Ann. B. 16. S. 111.)
    • b.Reſcr. v. 10. Decbr. 1831. (Kobl. Amtsbl. 1832. S. 102.
      Trier. 1832. S. 48. Köln. 1835. S. 370.)
  • 8. Für den Reg.-Bez. Königsberg:
    • a.Regulativ v. 1830. (Königsb. Amtsbl. S. 4.)
    • b.Reſcr. v. 14. Novbr. 1829. (Kgb. Amtsbl. 1830. S. 12.)
    • c.Verf. v. 18. Mai 1831. (Kgb. Amtsbl. S. 150.)
    • d.Verf. v. 1. Decbr. 1832. (Kgb. Amtsbl. 1833. S. 1.)
    • e.Schulordn. für die Provinz Preußen v. 11. Decbr. 1845.
      §. 23 seq. (ſ. Anhang Nr. 30.)
  • 9. Für den Reg.-Bez. Marienwerder:
    • a.Reglem. v. 7. Novbr. 1821. (Mar. Amtsbl. S. 427.)
    • b.Reglem. v. 16. Novbr. 1825. (Mar. Amtsbl. S. 494.)
    • c.Schulordn. für die Provinz Preußen v. 11. Decbr. 1845.
      §. 23 seq. (ſ. Anhang Nr. 30.)
  • 10. Für den Reg.-Bez. Merſeburg:
    Public. v. 22. Juli 1830. (Merſ. Amtsbl. S. 278.)
  • 11. Für den Reg.-Bez. Minden:
    • a.Reglem. v. 29. Aug. 1829. (Mind. Amtsbl. 1830. S. 67.)
    • b.Reſcr. v. 31. Decbr. 1829. (Mind. Amtsbl. 1830. S. 67.)
  • 12. Für den Reg.-Bez. Münſter:
    • a.Reglem. v. 14. Octbr. 1831. (v. K. Ann. B. 15. S. 764.)
    • b.Verf. v. 13. Novbr. 1831. (v. K. Ann. B. 15. S. 765.)
  • 13. Für den Reg.-Bez. Poſen:
    • a.Reglem. u. Reſcr. v. 12. Octbr. 1830. (Poſ. Amtsbl. 1831.
      S. 127.)
    • b.Verf. v. 22. Juni 1832. (Poſ. Amtsbl. S. 272.)
    • c.Verf. v. 6. Septbr. 1837. (Poſ. Amtsbl. S. 491.)
  • 14. Für den Reg.-Bez. Potsdam:
    • a.Reglem. v. 16. Novbr. 1819. (Potsd. Amtsbl. 1820. S. 22.
      Beilage.)
    • b.Verf. v. 26. Januar 1820. (Potsd. Amtsbl. S. 18.)
    • c.Verf. v. 17. Febr. 1820. (Potsd. Amtsbl. S. 41.)
    • d.Reſcr. v. 24. Febr. 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 86.)
    • e.Reſcr. v. 24. Febr. 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 87.)
    • f.Verf. v. 4. Decbr. 1823. (Potsd. Amtsbl. S. 298.)
    • g.Verf. v. 30. Jan. 1824. (Potsd. Amtsbl. S. 31.)
  • 15. Für die Provinz Schleſien:
    • a.Verf. v. 22. März 1826. (Bresl. Amtsbl. S. 102.)
    • b.Verf. v. 11. April 1826. (Lgntz. Amtsbl. S. 132.)
    • c.Verf. v. 4. Mai 1826. (Opp. Amtsbl. S. 127.)
    • d.Verf. v. 23. Decbr. 1826. (Bresl. Amtsbl. 1827. S. 4.)
    • e.Verf. v. 15. Januar 1827. (Opp. Amtsbl. S. 17.)
    • f.Verf. v. 16. Januar 1827. (Lgntz. Amtsbl. S. 13.)
    • g.Verf. v. 25. Juli 1827. (Bresl. Amtsbl. S. 164.)
    • h.Verf. v. 8. Auguſt 1827. (Lgntz. Amtsbl. S. 177.)
    • i.Verf. v. 29. Novbr. 1827. (Bresl. Amtsbl. S. 261.)
    • k.Verf. v. 7. Decbr. 1827. (Lgntz. Amtsbl. S. 285.)
    • l.Verf. v. 10. Decbr. 1827. (Opp. Amtsbl. S. 267.)
    • m.Verf. v. 30. April 1829. (Bresl. Amtsbl. S. 122. Opp. S.
      125. Lgntz. S. 153.)
    • n.Verf. v. 8. Decbr. 1827. (Bresl. Amtsbl. S. 272.)
    • o.Verf. v. 18. Decbr. 1827. (Lgntz. Amtsbl. S. 303.)
    • p.Verf. v. 19. Decbr. 1827. (Opp. Amtsbl. S. 276.)
    • q.Verf. v. 8. Juli 1830. (Bresl. Amtsbl. S. 217.)
    • r.Verf. v. 29. April 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 352.)
    • s.Verf. v. 7. März 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 699.)

[[415]]

Anhang.


[[416]][[417]]

1.


Verordnung vom 11. Auguſt 1818. (v. K. Ann. B. 3. S. 150.),
betr. die Einrichtung von Privatſchulen und Pen-
ſions-Anſtalten
.


§. 1. Unter Privatſchulen werden diejenigen Lehranſtalten ver-
ſtanden, welche von Perſonen des einen oder des andern Geſchlechts
auf eigene Rechnung, und ohne daß dieſelben dafür eine Remuneration
von Seiten des Staats oder der Commune empfangen, jedoch mit
Erlaubniß des erſtern eröffnet und gehalten werden. Diejenigen,
welche von beſtimmten Familien als gemeinſchaftlicher Lehrer ihrer
Kinder angenommen worden, ſind als Hauslehrer und Hauslehrerinnen
zu betrachten, und daher die Vorſchriften wegen der Privatſchulen auf
ſie nicht anwendbar.


§. 2. Diejenigen, welche Privatſchulen anlegen wollen, haben
ſich zunächſt bei dem Bürgermeiſter des Orts und dem Schul-Inſpector
des Kreiſes, wo ſie ihre Schule zu halten gedenken, zu melden. Dieſe
können alsdann die Geſuche, mit ihrem Gutachten begleitet, an die
Kirchen- und Schul-Commiſſion einſenden, welcher es demnächſt frei
ſteht, die Candidaten nach Beſchaffenheit der Umſtände ſelbſt zu prüfen,
oder durch den Schul-Inſpector prüfen zu laſſen. Auf die letztere
Art iſt es in der Regel mit denen, welche ſich zur Anlegung bloßer
Elementarſchulen melden, zu halten. Der Schul-Inſpector hat dann
nur die Zeugniſſe und etwanigen Protocolle mit dem Beſtätigungs-
geſuch an die Kirchen- und Schul-Commiſſion einzureichen.


§. 3. Die Prüfung iſt immer nach dem Grade der Schule, die
der Nachſuchende anlegen will, einzurichten. Daher muß in den Ge-
ſuchen beſtimmt angegeben werden, ob dieſelben auf die Errichtung
bloßer Elementar- oder aber höherer Schulen gerichtet ſind.


27
[418]

§. 4. Geſuche um Anlegung von gelehrten Privatſchulen ſind
ganz unſtatthaft. Unverheirathete Männer haben auf Ertheilung von
Conceſſionen zu Anlegung mittlerer oder höherer Töchterſchulen keine
Rechnung zu machen, wogegen Wittwen und ledigen Frauensperſonen
von einem gewiſſen Alter, wenn ſonſt nicht nachtheilige Umſtände ein-
treten, die Conceſſion nicht wohl wird verſagt werden können.


§. 5. Findet die Kirchen- und Schul-Commiſſion kein Bedenken,
dem Geſuche zu willfahren, ſo fertigt ſie unter Berückſichtigung der
in den Zeugniſſen enthaltenen Umſtände, und inſonderheit mit Be-
merkung der Gattung der Schule, welche dem Bewerber oder der
Bewerberin zu eröffnen geſtattet ſein ſoll, die Conceſſion aus, und
läßt ſolche demnächſt an den Schul-Inſpector oder den Bürgermeiſter
des Orts gelangen.


§. 6. Nur dann erſt, wenn die betreffenden Perſonen die Con-
ceſſionen durch den Schul-Inſpector oder Bürgermeiſter erhalten haben,
iſt es ihnen erlaubt, ihre Lehranſtalten wirklich zu eröffnen, und daß
dies geſchehen ſei durch die öffentlichen Blätter bekannt zu machen.


§. 7. Wer im Beſitz eines von den wiſſenſchaftlichen Deputa-
tionen des Departements des öffentlichen Unterrichts oder des Pro-
vinzial-Conſiſtorii oder der Kirchen- und Schul-Commiſſion der Königl.
Regierung ausgefertigten Zeugniſſes ſeiner Tüchtigkeit iſt, und eine
Privatſchule anlegen will, hat ſich unter Einreichung deſſelben an die
Kirchen- und Schul-Commiſſion zu wenden, von welcher das Erfor-
derliche alsdann an den Schul-Inſpector oder Bürgermeiſter des Orts
zu erlaſſen iſt. Dieſe hat überhaupt auf jedes Geſuch um Erlaubniß
zur Anlegung einer Privatſchule dann Rückſicht zu nehmen, wenn
demſelben ein, ſei es von einer wiſſenſchaftlichen Deputation oder von
dem Provinzial-Conſiſtorio oder von der Kirchen- und Schul-Com-
miſſion ausgeſtelltes Zeugniß der Tüchtigkeit des Inhabers oder der
Inhaberin beigefügt iſt, mögen ſie auch daſſelbe anfänglich nicht Be-
hufs der Anlegung einer Privatſchule nachgeſucht und erhalten haben.


§. 8. Prediger und öffentliche Lehrer ſind als ſolche noch nicht
zur Anlegung von Privatſchulen befugt; ſie haben vielmehr ihre des-
fallſigen Geſuche ebenfalls bei dem Schul-Inſpector oder Bürger-
meiſter anzubringen, welcher dann bei Einreichung des Geſuchs an die
Kirchen- und Schul-Commiſſion der Regierung gutachtlich berichtet.
[419] Die Entſcheidung und Conceſſions-Ertheilung ſteht wie gewöhnlich
der Kirchen- und Schul-Commiſſion zu.


§. 9. Sobald eine Privatſchule förmlich conceſſionirt worden,
liegt dem Schul-Inſpector die ſpecielle Aufſicht über dieſelbe ob.


§. 10. Dieſe Aufſicht braucht ſich aber nicht weiter zu erſtrecken,
als nöthig iſt, um die Handhabung der Disciplin und den Gang des
Unterrichts überhaupt zu beobachten; wogegen die ſpecielle Einrichtung
des Lehrplans, die Wahl der Lehrbücher ꝛc. den Vorſtehern oder Vor-
ſteherinnen, ſo lange ſie nämlich das in ſie geſetzte Zutrauen recht-
fertigen, oder in dieſer Rückſicht nicht allgemeinere, auch ſie verpflich-
tende Geſetze erlaſſen werden, überlaſſen bleibt, wobei aber die Special-
Aufſeher durch ihren Rath wirken können.


§. 11. Es ſollen ferner die Vorſteher und Vorſteherinnen der
Privatlehranſtalten in größeren Städten nicht auf einen beſtimmten
Theil der Stadt beſchränkt, noch in Betreff der Anzahl ihrer Schüler
und Schülerinnen behindert werden; ſie können und dürfen vielmehr
derſelben ſo viele annehmen, als ohne Nachtheil geſchehen kann, auch
ſich mit ihren Schulen in der Stadt aufhalten, wo ſie wollen, jedoch
haben ſie jede Veränderung ihrer Wohnung dem Bürgermeiſter unauf-
gefordert und ſchriftlich anzuzeigen.


§. 12. Die unbefugte Erhebung ihrer Schulen zu einer andern
Gattung, als zu welcher dieſelben conceſſionirt ſind, bleibt ihnen ſtreng
verboten; aber es ſteht ihnen frei, ſich, wenn ſie ihre Elementarſchule
zu einer Mittelſchule, ſo wie dieſe zu einer höhern Bürgerſchule er-
weitern wollen, wegen ihrer dann nothwendigen anderweiten Prüfung
an die Kirchen- und Schul-Commiſſion zu wenden.


§. 13. Eine dem Vorſteher oder der Vorſteherin einer Privat-
ſchule gegebene Conceſſion hat nur ſo lange Kraft, als deren Inhaber
oder Inhaberin lebt, und im Stande iſt, die damit verbundenen Ob-
liegenheiten ſelbſt zu erfüllen. Mit dem Tode oder der eingetretenen
Unfähigkeit der Unternehmer, hört in der Regel die Schule auf.


§. 14. Eine ſolche Conceſſion iſt, wie ſich von ſelbſt verſteht,
nur für den gültig, auf deſſen Namen ſie lautet; der Verkauf der-
ſelben darf bei Strafe des völligen Verluſtes für den Käufer und
Verkäufer in keinem Falle Statt finden.


§. 15. Vorſteher und Vorſteherinnen, welche ihre Privatlehran-
ſtalten aufgeben wollen, haben ſolches unter Zurückgabe ihrer Conceſſion
27*
[420] ſchriftlich zu melden. Wird eine Privatſchule drei Monate hindurch
nicht gehalten, ſo bedarf es zu ihrer Wiedereröffnung zwar nicht einer
neuen Prüfung des Unternehmers, jedoch einer neuen Genehmigung
des Bürgermeiſters und Schul-Inſpectors.


§. 16. In Anſehung des von den conceſſionirten Privatſchul-
haltern und Schulhalterinnen zu erhebenden Schulgeldes, ſoll weder
von der Kirchen- und Schul-Commiſſion noch von der ſtädtiſchen Be-
hörde etwas feſtgeſetzt werden, ſondern das Maaß deſſelben zu beſtim-
men und abzuändern, es ganz oder zur Hälfte zu erlaſſen, gedachten
Perſonen völlig frei ſtehen. Sie ſind aber verpflichtet, der Orts-
Behörde jedesmal auf Verlangen die beſtimmteſte Auskunft hierüber
zu geben.


§. 17. Die Wahl der Hülfslehrer und Hülfslehrerinnen bleibt
zwar lediglich Sache der Schulvorſteher und Schulvorſteherinnen, ſie
müſſen erſtere indeſſen, ſo viel es thunlich, aus den öffentlichen oder
den bewährten Privatſtundenlehrern wählen, inſonderheit auch deren
Sittlichkeit zuvor genau zu erforſchen ſuchen.


§. 18. Ob ſie von den Fortſchritten ihrer Scholaren durch öffent-
liche, oder bloß in Gegenwart der Eltern zu veranſtaltende Schul-
prüfungen Rechenſchaft ablegen wollen oder nicht, hängt lediglich von
ihnen ab; auch können die in einigen Privat-Töchterſchulen üblichen
jährlichen Ausſtellungen der Beweiſe von der Kunſtfertigkeit der Schüle-
rinnen, inſonderheit wenn deren Arbeiten zugleich auch den Stempel
des Nützlichen tragen, unbehindert Statt finden. Der Specialauf-
ſeher muß aber von ihnen zu der Prüfung eingeladen werden, auch
von der Zeit der erwähnten Ausſtellung Kenntniß erhalten.


§. 19. Die in einigen Privat-Töchterſchulen bei Gelegenheit der
öffentlichen Prüfungen üblichen Declamirübungen der Schülerinnen,
müſſen dagegen gänzlich unterbleiben. Eben ſo wenig geziemt es ſich,
daß dieſelben bei erwähnten Gelegenheiten ihre im Tanzen erlangte
Fertigkeit zeigen; wie denn überhaupt Kinderbälle weder bei Gelegen-
heit der Schulfeierlichkeiten, noch ſonſt von Privatſchulen veranſtaltet
werden ſollen.


§. 20. Perſonen, welche bereits Privatſchulen eröffnet haben,
aber noch nicht conceſſionirt ſind, müſſen ſich einer von dem Schul-
Inſpector zu bewirkenden genauen Unterſuchung ihrer Lehranſtalten
unterziehen, und haben hiernächſt, und nach dem Ausfalle der —
[421] wenn die Umſtände es räthlich machen — annoch mit ihnen vorzu-
nehmenden Prüfung zu gewärtigen, ob ihnen die Erlaubniß zur Fort-
ſetzung ihrer Lehranſtalten wird ertheilt werden können oder nicht.


§. 21. Sie müſſen ſich zu dem Ende ſpäteſtens innerhalb dreier
Monate nach Eingang dieſer Verfügung zur Prüfung bei dem Bürger-
meiſter und Schul-Inſpector melden, widrigenfalls nach Ablauf dieſer
Friſt ihre Schulen von der Orts-Polizeibehörde ohne Weiteres auf-
gelöſet werden.


§. 22. Die Schul-Inſpectoren haben, innerhalb der gedachten
Friſt, ein Verzeichniß aller unconceſſionirten Lehranſtalten an die
Kirchen- und Schul-Commiſſion, mit der Anzeige einzureichen, welche
Vorſteher und Vorſteherinnen zu einer Prüfung bei der Kirchen- und
Schul-Commiſſion vorzuladen ſein möchten, welchen dagegen in Er-
wägung der zeitherigen Leitung ihrer Anſtalten erlaſſen werden könne.


§. 23. Diejenigen, welche nach Publication dieſer Vorſchriften
unbefugter Weiſe neue Privatſchulen errichten, haben nicht allein die
Auflöſung ihrer Winkelſchulen zu gewärtigen, ſondern können auch
innerhalb der nächſten drei Jahre, ſelbſt wenn ſie den anderweitigen
Forderungen zu genügen Hoffnung geben, keine Privatſchule eröffnen.


§. 24. Perſonen, welche junge Leute, um ſie zu erziehen, gegen
Bezahlung in Penſion nehmen, müſſen hierzu, auch wenn ſie dieſelben
durch Privatlehrer oder in andern Schulen unterrichten laſſen wollen,
die Erlaubniß bei dem Bürgermeiſter und Schul-Inſpector nachſuchen.


§. 25. Dieſe unterſuchen theils den ſittlichen Werth ſolcher Per-
ſonen, theils auch, ob deren Wohnung ſich zur Aufnahme von Pen-
ſionären eignet, und ertheilen ihnen, wenn in beiderlei Rückſicht kein
Bedenken obwaltet, die erbetene Erlaubniß, deren Beſtätigung von
der Kirchen- und Schul-Commiſſion es übrigens nicht bedarf.


§. 26. Sollen Penſionsanſtalten mit Privatlehranſtalten ver-
bunden werden, ſo müſſen die Inhaber und Inhaberinnen der letztern
ſich gleichfalls einer Unterſuchung ihrer Wohnungen unterziehen, und
muß demnächſt in ihrer Conceſſion auch ausdrücklich der ihnen in Be-
treff der Annahme von Penſionären ertheilten Befugniß Erwähnung
geſchehen.


§. 27. Auch die Penſionsanſtalten ſtehen unter der Aufſicht der
Schul-Inſpectoren, welche dieſelben von Zeit zu Zeit unterſuchen,
[422] und ſowohl auf die körperliche Behandlung, als auch auf die Erziehung
der Zöglinge überhaupt ihr Augenmerk richten müſſen.


§. 28. Näh-, Strick- und Stickſchulen und andere ähnliche
Anſtalten gehören nicht zu denjenigen Privatinſtituten, von welchen
hier die Rede iſt. Da dieſelben indeſſen zeither den Schulunterricht
auf mannigfaltige Weiſe beeinträchtigt, auch öfters in das Gebiet der
eigentlichen Schulen überzugehen ſich erlaubt haben, ſo wird hierdurch
feſtgeſetzt, nicht nur, daß die Erlaubniß zur Anlegung ſolcher Anſtalten
bei der polizeilichen Behörde des Orts gehörig nachgeſucht werde,
ſondern auch, daß die Inhaber und Inhaberinnen derſelben, da ſie
ſelbſt ſich mit dem Unterrichte der Kinder nicht befaſſen dürfen, kein
Kind annehmen, welches nicht bereits den gewöhnlichen Schulunter-
richt genoſſen hat, oder wenigſtens denſelben noch neben der gedachten
Anweiſung zu Handarbeiten genießt. Es muß ſich von nun an kein
Kind in ſolchen Näh- und Strickſchulen ꝛc. aufhalten, von welchem
nicht die Befugniß hierzu durch ein von dem betreffenden Prediger
ausgeſtelltes und von den Inhabern ſolcher Anſtalten, Behufs ihrer
Legitimation, zu aſſervirendes Zeugniß über den bereits genoſſenen oder
noch fortdauernden Schulunterricht aufgewieſen werden kann. Zum
Beſuch dieſer Anſtalten außer der Zeit des gewöhnlichen vormittägigen
und nachmittägigen Schulunterrichts bedarf es keiner Erlaubniß.


§. 29. Perſonen, welche in einzelnen Stunden und in einzelnen
Fächern Unterricht geben, dürfen hierzu nicht beſonders conceſſionirt
werden.


§. 30. Es ſoll geſtattet ſein, daß weibliche Perſonen, inſonder-
heit die Wittwen der Elementarſchullehrer, kleinere Kinder, welche
noch nicht das ſchulfähige Alter erreicht haben, den Tag hindurch zur
Beaufſichtigung annehmen. In Betreff ſolcher Perſonen liegt dem
Bürgermeiſter und Schul-Inſpector nur ob, dahin ſehen zu laſſen,
daß dieſelben von unbeſcholtenen Sitten, zur erſten Erziehung der
Kinder geeignet, auch ihre Wohnungen geſund und hinlänglich ge-
räumig ſind, ingleichen daß ſie die Kinder nicht länger, als bis zum
erreichten ſechsten Jahre behalten, übrigens aber doch in einigem Grade
Tüchtigkeit genug haben, um auf die Sitten und den Verſtand zu
wirken. Zur Anlegung ſolcher, demnächſt unter die Inſpection des
Orts-Pfarrers zu ſtellenden Warteſchulen bedarf es bloß der Geneh-
migung des Bürgermeiſters und des Schul-Inſpectors.


[423]

2.


Reſcr. vom 27. Novbr. 1823. (v. K. Ann. B. 17. S. 659.), betr.
die Verwaltung der Schulangelegenheiten und die
dafür beſtehenden Schuldeputationen in den Städten
.


Der Königl. Regierung wird auf ihren Bericht vom 26. Septr.
d. J. in Betreff der darin vorgetragenen allgemeinen Bedenklichkeiten
und der nach ſolchen in Beziehung auf einen Specialfall ihr beigegan-
genen Zweifel Folgendes zu ihrer Nachachtung eröffnet:


1) Bei der Verfügung vom 26. Juni 1811., die Zuſammenſetzung
der Schuldeputationen in den Städten betreffend, muß es lediglich
bewenden.


Ein Zweifel darüber, ob nicht durch dieſe Verfügung den durch
die St.-O. begründeten Rechten der Stadtverordneten Eintrag ge-
ſchehen ſei, würde bloß dann eintreten können, wenn die Stadtverord-
neten darauf dringen ſollten, nach §. 179. der St.-O. eine beſondere
Commiſſion zur Beſorgung der äußern Schulangelegenheiten zu be-
ſtellen, und nach den allgemeinen Principien zu organiſiren. Selbſt
in dieſem Falle aber würde bei der ſpeciellen Einwirkung, welche der
obern geiſtlichen Behörde auf die Schulangelegenheiten zuſteht, an der
Befugniß derſelben, die Erforderniß zur Qualification der Mitglieder
zu beſtimmen, kaum zu zweifeln, und äußerſten Falls nur Veranlaſſung
zu einer Berichterſtattung vorhanden ſein, da es überhaupt, ganz be-
ſonders aber in kleinen Städten, augenſcheinlich unzweckmäßig ſein
würde, die im entſchiedenſten Zuſammenhange ſtehenden innern und
äußern Schulangelegenheiten von zwei verſchiedenen Behörden behan-
deln zu laſſen.


So lange aber die Stadtverordneten damit einverſtanden ſind,
daß die Commiſſion für die innern Schulangelegenheiten zugleich die
äußeren mit beſorgen, kann zwar kein Zweifel dagegen obwalten, daß
dieſe Commiſſion nach dieſen im Geſetze ſelbſt vorbehaltenen, und un-
term 26. Juni 1811. ertheilten näheren Beſtimmungen organiſirt wer-
den müſſen.


Wie ſich nun hieraus in Beziehung auf den vorliegenden Spe-
cialfall ergiebt, daß die Weigerung des Magiſtrats zu Gumbinnen,
den N. N. als Mitglied der Schulcommiſſion zu beſtätigen, wohl be-
gründet iſt: alſo iſt auch


[424]

2) kein Bedenken dagegen, daß derſelbe nicht gezwungen werden
kann, wider ſeinen Willen die Schulcaſſe zu verwalten.


Denn die Führung einer Caſſe, welche jährlich 2500 bis 3000
Thaler Einnahme und Ausgabe in kleinen Poſten hat, erfordert, wenn
dem Zwecke und den über das Caſſenweſen vorhandenen Vorſchriften
genügt werden ſoll, unſtreitig eine eigenthümliche techniſche Bildung
und gehört nach §. 30. unzweifelhaft zu denjenigen kunſtgemäßen
Dienſten, welche von den Bürgern unentgeltlich nicht gefordert wer-
den können.


Auch muß die fortgeſetzte Führung einer ſolchen Caſſe bei den
regelmäßig wiederkehrenden Geſchäften und der damit verbundenen
Verantwortlichkeit nicht als ein einzelner Auftrag, ſondern als ein
Stadtamt betrachtet werden, und es würde daher auch der von dem
N. N. gemachte und von der Königl. Regierung nicht beſtrittene Ein-
wand, daß ſein Geſchäft ihn öfters zu Reiſen und zu wochenlanger
Abweſenheit nöthige, nach §. 199. d. St.-O. berückſichtigt werden
müſſen.


Hiernach hat die Königl. Regierung die Sache zu entſcheiden.


Im Uebrigen unterliegt es keinem Bedenken, die Verwaltung der
Schulcaſſe dem Kämmerer oder einem andern Officianten, der nicht
Mitglied der Schulcommiſſion iſt, zu übertragen, wenn nur die Caſſe
abgeſondert von den übrigen ſtädtiſchen Caſſen gehalten, die Rechnung
gleichermaßen geführt und der Rechnungsführer in dieſer Beziehung
der beſondern Aufſicht der Schulcommiſſion übergeben wird.


3.


Reſcr. v. 21. Novbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 960.), betr.
die Verhältniſſe der Superintendenten zu den ſtäd-
tiſchen Schuldeputationen
.


In der unterm 26. Juni 1811 erlaſſenen Verfügung, betreffend
die Inſtruction für die Schul-Deputationen in Städten, iſt feſtgeſetzt,
daß der jedesmalige Superintendent, wenn die Stadt der Sitz einer
Superintendentur iſt, oder ſonſt der erſte Prediger des Orts, ſchon
von Amtswegen zur Stelle des ſachkundigen Mitgliedes der ſtädtiſchen
Schul-Deputation beſtimmt ſei, und falls irgendwo eine Abweichung
hiervon nöthig wäre, von dem Miniſterio nach Vorlegung der Gründe
anders verfügt werden ſoll. Nach einer mehrjährigen Erfahrung und
[425] in Erwägung, daß den Superintendenten vermöge ihrer Stellung als
perpetuirlichen Commiſſarien der Königl. Regierung die Aufſicht über
die Verwaltung des Schulweſens auch der Städte obliegt, ſieht ſich
das Miniſterium veranlaßt, die obige Feſtſetzung dahin zu modificiren,
daß in den Städten, wo mehrere Geiſtliche vorhanden ſind, oder an
einer Kirche ſtehen, nicht der Superintendent, ſondern der, dieſem zu-
nächſt folgende Geiſtliche der ſtädtiſchen Schuldeputation als ſachkun-
diges Mitglied beigeordnet werden ſoll. Hingegen ſoll der Superin-
tendent in den Städten, wo er der einzige Geiſtliche iſt, der ſtädtiſchen
Schul-Deputation bei ihren regelmäßigen Verſammlungen in ſeiner
Qualification als Ortsgeiſtlicher auch ferner angehören. Durch dieſes
Verhältniß des Superintendenten als Ortsgeiſtlicher zu der ſtädtiſchen
Sch.-D. ſoll aber ſeine Befugniß, als Superintendent die betr. Schulen
zu revidiren, und die erforderlichen Anträge an die Königl. Regierung
zu machen, keineswegs beſchränkt werden, wie es denn auch der Königl.
Regierung nach wie vor frei ſteht, den betreffenden Superintendenten
in wichtigen Fällen zu außergewöhnlichen Zuſammenberufungen der
Schul-Deputation, wo die Berathung unter ſeinem, als des Königl.
Commiſſarius Vorſitze Statt finden wird, mit beſonderm Auftrage zu
verſehen. Uebrigens bemerkt das Miniſterium, daß in den Städten,
wo, der obigen Beſtimmung gemäß, künftig nicht der Superintendent
die Stelle des ſachkundigen Mitgliedes in den Schul-Deputationen
einnehmen wird, es die Pflicht der zu demſelben gehörigen Geiſtlichen
iſt, ſowohl über das Aeußere als das Innere der ihrer Mitaufſicht un-
tergebenen Schulen regelmäßigen Jahresbericht und über einzelne wich-
tige Fälle und Beſchlüſſe außerordentliche Anzeigen, unabhängig von
der Schul-Deputation, an den vorgeordneten Superintendenten zu er-
ſtatten, ſo wie es dem Letztern vorbehalten bleibt, in Folge der bei
den Schulen vorgenommenen Reviſionen, oder auf den Grund der
eingegangenen Berichte der Orts-Geiſtlichen die Schul-Deputationen
zu außerordentlichen Berathungen zuſammen zu berufen, und darin
das Nöthige zur Sprache und zum Beſchluſſe zu bringen, wobei es
ſich von ſelbſt verſteht, daß ihm in ſolchen Fällen als Commiſſarius
der Königl. Behörde der Vorſitz gebührt.


[426]

4.


Reſcr. v. 31. Januar 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 154.), betr.
die Concurrenz der Stadtverordneten bei Feſtſtellung
des ſtädtiſchen Schulcaſſenetats
.


Auf den Bericht der Königl. Regierung vom 18. Juli v. J., die
Streitfrage zwiſchen dem dortigen Magiſtrate und den Stadtverordneten
über die Concurrenz der letztern bei Feſtſtellung des ſtädtiſchen Schul-
caſſen-Etats betreffend, eröffnen die unterzeichneten Miniſterien der-
ſelben Folgendes:


Es iſt bei der vorliegenden Frage zuerſt ein Unterſchied zu ziehen
zwiſchen den im A.L.-R. Th. II. Tit. 12. §. 12. ſo benannten gemeinen,
d. h. zum Unterricht in Elementar-Kenntniſſen beſtimmten öffentlichen
Schulen und den §. 54. l. c. bezeichneten gelehrten oder ſonſtigen
höhern Lehranſtalten. Nur die erſtern, die gemeinen Elementarſchulen,
müſſen für die betreffenden Orte oder Bezirke aus einer unmittelbaren
und allgemeinen geſetzlichen Verpflichtung unterhalten werden, und es
findet bei ihnen nur das Verhältniß der Zubehörigkeit beſtimmter
Schulgemeinen Statt.


Zur Anlegung höherer, in ihrem Zwecke über die gewöhnliche
Elementarbildung hinausgehender Schul-Anſtalten kann an und für
ſich keine Orts- oder Schulgemeine genöthigt werden, ſondern es
bleibt die Errichtung ſolcher Inſtitute von eigner Veranſtaltung der
Staatsbehörde, oder freiwilliger, alsdann auch noch an die beſondre
Genehmigung des Staats gebundener Stiftung Seitens der Communen,
oder anderer Perſonen, abhängig. Iſt aber, namentlich von einer
Commune eine ſolche höhere Schule aus freiwilligem Entſchluſſe ein-
mal errichtet, ſo beſteht ſie nach der oben allegirten und den weiter
folgenden Beſtimmungen im A. L.-R. Th. II. Tit. 12. §. 54 seq.
als ein ſelbſtſtändiges Inſtitut, unter Aufſicht und Direction der Staats-
behörde und mit eignem Corporationsrechte. In Folge des letztern
insbeſondre kann die Wiederaufhebung einer ſolchen Schule nicht nach
Willkür der Commune, ſondern gemäß der geſetzlichen Vorſchrift,
A. L.-R. Th. II. Tit. 6. §. 180. nur unter wiederum einzuholender
Staatsgenehmigung geſchehen. Die in ſolchem Verhältniß ſtehenden
Schulanſtalten ſind es zunächſt, welche §. 112. der revidirten St.-O.
im Sinne hat, und bei deren Unterhaltung es in der unmittelbaren
[427] Conſequenz liegt, daß die Stadtverordneten nur mit einem conſulta-
tiven Gutachten concurriren, nicht aber ſich das Recht einer eignen
Beſtimmung des Unterhaltungsbedürfniſſes beilegen können, deſſen Feſt-
ſetzung vielmehr theils von den bei Einrichtung der Anſtalt getroffenen
Organiſations-Beſtimmungen, theils von denjenigen weitern Anord-
nungen für ihre, dem Fundationszwecke nach Maaßgabe der Zeitver-
hältniſſe entſprechende Einrichtung abhängt, zu welchen ſich die Staats-
behörde auf Antrag des Communal-Vorſtandes, oder in ſonſtiger
Wahrnehmung ihres geſetzlichen Oberaufſichts-Rechts veranlaßt findet,
und nach denen alsdann, in Zuſammenſtellung mit dem wegen der
Unterhaltungsverbindlichkeit überhaupt beſtehenden Rechtsverhältniſſe
zwiſchen der Lehranſtalt und der Commune, das Maaß des von der
letztern aufzubringenden Zuſchuſſes ſich ebenfalls richtet.


Mit den Elementarſchulen verhält es ſich allerdings anders. Nach
dem gemeinrechtlichen Syſteme A. L.-R. Thl. II. Tit. 12. §. 29 seq.
ſoll deren Unterhalt durch eine beſonders zu repartirende Schulſteuer,
von den mit ſelbſtſtändigen Haushaltungen angeſeſſenen Mitgliedern der
Schulgemeine aufgebracht werden, welche letztere im Rechtsbegriff ſo-
wohl, als in häufigen Fällen auch nach ihrer Abgrenzung eine von
der Ortscommune verſchieden zu haltende Corporation iſt. Wo alſo
dieſe gemeinrechtliche Einrichtung beſonders conſtituirter Schulgemeinen,
und eines auf Beiträge der zu ihnen gehörenden Hausväter fundirten
Unterhalts der Schule wirklich beſteht, können keine diesfälligen Forde-
rungen an die Ortscommune, als ſolche, gemacht werden, und tritt
aus irgend beſondern Rückſichten etwa einmal der Fall ein, daß für
eine ſolche Schulgemeine eine ausnahmsweiſe Zuwendung aus Com-
munalmitteln in Anſpruch genommen wird, ſo gehört dies zu den-
jenigen Angelegenheiten, wo nach richtiger Ausführung der Stadt-
verordneten zu Magdeburg die eigne Competenz der Stadtverordneten-
Verſammlung zur Beſchlußnahme nach §. 114. der rev. St.-O. Statt
findet. Die vorbemerkte gemeinrechtliche Anordnung wegen Unterhal-
tung der Stadtſchulen tritt aber, nach der eigenen Dispoſition des
§. 29. l. c. A. L.-R. nur als eine ſubſidiäre Vorſchrift für ſolche
Fälle ein, wo dem Bedürfniß nicht ſchon durch anderweitig beſtehende
Einrichtungen vorgeſehen iſt. Zu den Fällen dieſer letztern Art gehört
es unter andern auch, wenn eine Stadt-Commune, ſtatt der Steuer-
anlegung in den Schulgemeinen, die Unterhaltung auch ihrer Elementar-
[428] ſchulen ganz, oder zu dem durch die verfaſſungsmäßige eigne Ein-
nahme der Schulen nicht gedeckten Theile auf ihren Communalfonds
übernommen hat. In ſolchem Falle tritt wiederum ganz daſſelbe Ver-
hältniß, wie vorbemerktermaßen bei den von einer Commune errichteten
höhern Schulanſtalten ein, mit der Maaßgabe nur, daß hier noch viel
weniger die Exiſtenz einer Rechtsverbindlichkeit der Commune im Sinne
des §. 112. der revidirten St.-O. ſich in Streit ziehen läßt, da es
ſich hier um Inſtitute handelt, für deren Anlage und Unterhaltung
nach dem Local-Bedürfniſſe in einer oder andern Weiſe allemal, unab-
hängig von eigner Willkür der Communen, geſorgt werden muß.


Ob etwa von einer ſolchen Anweiſung des Elementar-Schulbe-
dürfniſſes auf den Communalfonds nach Beſchluß der Commune wieder
zu der gemeinrechtlichen Einrichtung der Steuerauflage auf die Schul-
gemeine übergegangen werden kann, iſt eine für ſich gehörende, von
der jedesmaligen rechtlichen Lage des Falls zwiſchen der Commune
und der etwa mit beſonders titulirten Rechten betheiligten Schulge-
meine abhängige Frage, mit deren Erörterung aber niemals diejenige
wegen des Schulbedürfniſſes an ſich ſelbſt vermengt werden darf, ſon-
dern letzteres von dem nach der jedesmaligen wirklichen Verfaſſung
verpflichteten Theile aufgebracht werden muß.


Hiernach kann alſo auch in vorliegendem Fall, ſo weit die Er-
haltung der höhern und Elementarſchulen in Magdeburg nach der
dortigen Verfaſſung überhaupt auf den ſtädtiſchen Fonds angewieſen
iſt, den Stadtverordneten bei der Feſtſetzung des diesfälligen Bedürf-
niſſes keine weitere Concurrenz, als diejenige mit einem conſultativen
Gutachten, nach Vorſchrift des §. 112. der rev. St.-O., zugeſtanden,
und es muß die definitive Entſcheidung, auf weitern diesfälligen Vor-
trag des Magiſtrats, der Königlichen Regierung, als oberaufſehender
Schulbehörde, vorbehalten werden. Selbſtredend verſteht ſich übrigens
hierbei, daß die Etats-Feſtſetzung ſich in den Grenzen des wirklichen
Bedürfniſſes halten muß, und bei den etwa über daſſelbe hinaus in
Antrag kommenden Verwendungen nicht nur das Einverſtändniß bei
den ſtädtiſchen Behörden erforderlich, ſondern auch die eigne Geneh-
migung der Königl. Regierung nur bei obwaltenden Gründen einer
wirklichen Zweckmäßigkeit und richtigen Verhältniſſes zu den vorhan-
denen Mitteln der Commune, zu ertheilen iſt.


[429]

5.


Reſcr. v. 31. Januar 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 158.), betr.
die Befugniß der Regierung zur Einforderung des
ſtädtiſchen Schuletats behufs der Beſtätigung resp.
Superreviſion
.


Auf den mit Ew. Excellenz gefälligem Schreiben vom 4. Auguſt
v. J. uns communicirten Bericht der erſten und zweiten Abtheilung
dortiger Regierung, die zwiſchen dem Magiſtrate und den Stadtver-
ordneten daſelbſt entſtandene Streitfrage über die Concurrenz der
letztern bei Feſtſtellung der ſtädtiſchen Schulcaſſenetats betreffend, haben
wir der Regierung den in Abſchrift zur gefälligen Kenntnißnahme hier
beifolgenden Beſcheid ertheilt. Was die damit in Verbindung ſtehende,
in dem ergebenſt wieder beigefügten Vorſtellen des Magiſtrats zu
Halberſtadt vom 23. Juli v. J. und deſſen Anlage erörterte ander-
weitige Frage, wegen der Befugniß der Regierung zur Einforderung
der ſtädtiſchen Schuletats und Rechnungen behufs der Beſtätigung
und reſp. Superreviſion anbelangt, ſo ergiebt ſich theils als Folge
aus den ſchon in vorbemerkter Verfügung nachgewieſenen geſetzlichen
Grundſätzen, theils beruht es auch in der Dispoſition des §. 18.
litt. g. der Regierungs-Inſtruction vom 23. Octbr. 1817., daß der
Magiſtrat ſich der von der Regierung ihm geſchehenen Aufgabe aller-
dings nicht entziehen kann.


Die Befugniß der Regierung zu derſelben iſt ein Attribut ihres
beſondern Oberaufſichtsrechts über die Schulanſtalten, welche auch da,
wo ſie mittelſt Zuſchuſſes aus dem allgemeinen ſtädtiſchen Fonds unter-
halten werden, der Commune als gleichwohl ſelbſtſtändige, mit eignem
Corporationsrechte beliehene Inſtitute gegenüber ſtehen. Dieſem ledig-
lich entſprechend, lautet auch die vorerwähnte Stelle der Regierungs-
Inſtruction, indem ſie zuerſt den allerdings ganz richtigen Unterſchied
zwiſchen den unter eigner Verwaltung der Regierung und unter den-
jenigen von andern verfaſſungsmäßig berechtigten Adminiſtratoren
ſtehenden Kirchen- und Schulſtiftungen zieht und über letztere der
Regierung nur die Ausübung des landesherrlichen Oberaufſichtsrechts
beilegt, dann aber auch in Anführung der einzelnen hieraus folgenden
Attributionen wieder einer gleichen Unterſcheidung folgt, dahin, daß
bei Inſtituten der erſtern vorbezeichneten Art die eigene Entwerfung
[430] des Etats und eigene Abnahme der Rechnungen von der Regierung
geſchehe, bei den unter der Verwaltung anderer Behörden, Corpora-
tionen oder Privaten ſtehenden Inſtituten aber, ihr die mit dem Falle
einer eigenen Verwaltung gar nicht zu vereinbarende Prüfung und
Beſtätigung der Etats und oberaufſehende Dechargirung der Rech-
nungen vorbehalten ſein ſoll.


6.


Reſcr. v. 20. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 396.), betr. die
Einrichtung und Vertheilung der Schulſocietäten
.


Nach §. 18. der Inſtruction vom 23. October 1817. ſind die
Regierungen befugt, Schulſocietäten einzurichten und zu vertheilen,
und dies Letztere ſchließt ſchon von ſelbſt die Feſtſetzung wegen künf-
tiger Dotation der beiderſeitigen Schulen in ſich, ohne daß es einer
Beſtimmung über die Art und Weiſe der Ausübung dieſer Befugniß
bedarf.


Wenn Schulſocietäten dismembrirt werden, ſo muß der Schul-
lehrer der alten Schulſocietät den dadurch entſtehenden Ausfall in
ſeinem Einkommen ſich in den meiſten Fällen gefallen laſſen, und
kommt es dabei nur auf die Art der Emolumente der Stelle an-
Schulgeld und andere, von wirklicher Benutzung der Schule abhan-
gende Leiſtungen kann nämlich der Lehrer nur für ſo viele Kinder
fordern, als er wirklich im Unterricht hat, und er hat kein Recht zum
Einſpruch dagegen, daß derjenige Theil von Schulkindern anderweitig
untergebracht wird, dem er wegen zu großer Zahl ordentlichen Unter-
richt nicht ertheilen kann. Auch die Dienſtleiſtungen und Beiträge
der abgetrennten Ortſchaften, namentlich zu Beſtellung und Bewährung
der alten Schulländereien, hören ſelbſtredend auf, ſo weit nicht durch
die zutretende Qualität als Küſterwohnung eine Modification eintritt.
Zur Befriedigung des derzeitigen Schullehrers mit ſeinen rechts-
begründeten Anſprüchen ad dies vitae vel officii auch die abgetrennte
Schulgemeine inſoweit mit heranzuziehen, als das zu leiſtende Quantum
nicht mit der, ſchon als nothwendigen Unterhalt des Lehrers feſtzu-
haltenden Gehaltsdotation für die alte Schule zuſammenfällt, iſt
gerecht und auch auf keine Weiſe unbillig. Nur an alleiniger
Tragung dieſer Abfindung kann der abgezweigte Theil der Schulſocietät
nicht für verbunden erachtet werden, wenn die Abzweigung wegen zu
[431] ſtark gewordener Frequenz der alten Schule, alſo zu einer im Intereſſe
beider künftiger Schulgemeinen nothwendig gewordenen Abhülfe
geſchieht, vielmehr iſt alsdann die Abfindung, als ein Geſammt-
aufwand für das beiderſeitige Schulweſen pro rata der bisher ge-
tragenen Leiſtungen, auf beide Schulgemeinen zu vertheilen. Was
hingegen zur fortdauernden nothwendigen Subſiſtenz des Lehrers bei
der alten Schule verlangt werden muß, hat deren Gemeine ſofort
allein zu übernehmen, und es hängt nicht von ihrer Dispoſition ab,
ob ſie die zum neuen Schulſyſtem zu weiſenden Ortſchaften ihrer bis-
herigen Verpflichtungen entlaſſen will, oder nicht. — Was den Re-
partitionsmodus der Schulbeiträge betrifft, ſo verbleibt es, nach der
hierüber ſchon bei andern Veranlaſſungen erfolgten Entſcheidung des
Miniſteriums, bei den principiis regulativis hinſichtlich derjenigen
älteren Schulen, die darauf gegründet ſind, als Specialverfaſſung.
Für neu zu errichtende Schulen gelten ſie hingegen nicht, ſondern für
ſolche treten die gemeinrechtlichen Beſtimmungen, reſp. die Beſtim-
mungen des oſtpreußiſchen Provinzialrechts, ein.


7.


Reſcr. v. 22. April 1823. (v. K. Ann. B. 7. S. 292.), betr. die
Schulinſpection durch den Superintendenten
.


Es iſt bisher, wiewohl immer nur als Ausnahme von der Regel,
nachgelaſſen geweſen, daß die Schul-Inſpection von den übrigen Ge-
ſchäften der Superintendentur dergeſtalt hat dürfen getrennt werden,
daß die damit beauftragten Geiſtlichen hinſichtlich der Schulangelegen-
heiten in ein unmittelbares Verhältniß zu der vorgeſetzten Behörde
ſind gebracht worden. Dieſe Bewilligung iſt in einigen Fällen durch
Alter oder Schwächlichkeit der Superintendenten, in anderen jedoch
dadurch erforderlich geworden, daß nicht immer die Superintendenten
mit Richtung, Methode und Fortſchritten des Volksſchulweſens der
neueſten Zeit hinlänglich bekannt waren. Der letzterwähnte Grund
kann inskünftige wohl nicht mehr oft Statt finden, da theils von den
meiſten der jetzigen Superintendenten, denen die Schul-Inſpection be-
laſſen iſt, vorausgeſetzt werden darf, daß ſie auch dieſem Theile ihrer
Berufspflichten genügend vorzuſtehen im Stande ſind, theils bei den
in der Folge einzuſetzenden jederzeit darauf Rückſicht genommen werden
ſoll, daß ſie auch das Schulweſen ihres Sprengels zu beaufſichtigen
[432] und zu leiten befähigt ſind. Es wird daher von nun an eine ſolche
Trennung der weſentlich zuſammen gehörenden Aufſicht auf Kirchen und
Schulen nur dann zuläſſig ſein, wenn Alter oder Kränklichkeit des Su-
perintendenten eine Erleichterung ſeiner Geſchäfte nöthig machen. In
dieſem Fall aber iſt kein Grund vorhanden, daß ihm nicht noch die-
jenige Einwirkung auf das Schulweſen, deren er fähig iſt, gelaſſen, und
er nicht wenigſtens in fortgeſetzter Kenntniß von dem, was darin ge-
ſchieht, erhalten werde. Es wird daher hierdurch feſtgeſetzt: daß ins-
künftige, wenn ein Superintendent auf ſeinen Wunſch wegen hinläng-
lich befundener Gründe von den eigentlichen Geſchäften der Schul-
Inſpection dispenſirt wird, der oder die alsdann zu beſtellenden Schul-
Inſpectoren nur als ſeine Vicarien betrachtet werden und verpflichtet
ſein ſollen, ihn in fortwährender Kenntniß der Schul-Angelegenheiten
zu erhalten, ſeines Rathes ſich möglichſt zu bedienen und ihre Berichte
an die vorgeſetzten Behörden ebenſo durch ihn befördern zu laſſen, als
ihnen wiederum durch denſelben die höheren Verfügungen zukommen
ſollen. Hierdurch ſoll jedoch nicht verhindert ſein, daß in Diöceſen
von großem Umfange, oder wo ſolches durch andere Umſtände rathſam
wird, einzelne mit dem Schulweſen vorzüglich vertraute und dafür
thätige Geiſtliche als beſondere Schulpfleger für gewiſſe Theile des
Sprengels beſtellt werden dürfen, nur ſoll dieſes jedesmal unbeſchadet
der Wirkſamkeit des Superintendenten und in einer Art bewerkſtelligt
werden, wodurch demſelben keinesweges ein Theil ſeines Einfluſſes
entzogen, ſondern vielmehr die Ueberſicht und obere Leitung des Ganzen
erleichtert wird. Auch ſoll die gegenwärtige Verfügung in dem Ver-
hältniſſe der bis jetzt ſchon ernannten und beſtätigten Schul-Inſpectoren
bis dahin, daß die Diöceſe, in welcher ſie die Schulaufſicht führen,
einen neuen Superintendenten erhalten haben wird, keine Veränderung
hervorbringen, ſondern nur für die von jetzt anzuſtellenden gültig ſein.


Die Königl. Regierung hat dieſe Verfügung durch dortige Amts-
blätter zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.


8.


Verordn. v. 30. Anguſt 1816. (G.-S. S. 207.), betr. die Ver-
waltung des Patronatrechtes über chriſtliche Kir-
chen ꝛc. auf ſolchen Gütern, die ſich im Beſitzthum
jüdiſcher Glaubensgenoſſen befinden
.


[433]

Nachdem durch Unſere Verordnung vom 11. März 1812. den
Juden in den damaligen Provinzen Unſeres Staates mit dem Staats-
Bürgerrechte die uneingeſchränkte Befugniß, Grundſtücke zu acquiriren,
ertheilt worden iſt, und ſie daher auch Grundſtücke, mit denen das
Patronat über chriſtliche Kirchen verbunden iſt, erwerben; ſo erfordern
ſolche, bei Anfertigung des A. L.-R. nicht vorhanden geweſene Fälle
eine anderweite Beſtimmung.


Wir verordnen daher für die Provinzen, wo zu Folge des Geſetzes
vom 11. März 1812. den Juden bereits die unbeſchränkte Befugniß,
Grundſtücke zu erwerben, ertheilt iſt, ſo wie da, wo ihnen ſolche künftig
ertheilt werden wird, Folgendes, und declariren dadurch die Beſtim-
mungen des A. L.-R. Th. II. Tit. 11. §§. 581—583. dahin, daß


  • 1) das auf Gütern und Grundſtücken, die ſich im Beſitzthum jüdiſcher
    Glaubensgenoſſen befinden, haftende Patronatrecht über chriſtliche
    Kirchen für die Beſitzzeit jüdiſcher Erwerber und deren Benutzung,
    ſo lange gänzlich ruhe; daß daher
  • 2) der Pfarrer und die Kirchenbedienten, auch der Schullehrer in
    evangeliſchen Gemeinen von der Provinzial-Behörde, und in
    katholiſchen von den Biſchöfen, ganz in derſelben Art beſtellt
    werden, als ob kein Patron vorhanden, oder deſſen Rechte auf ſie
    übergegangen ſeien.
  • 3) Ebenſo ſoll es auch mit der Aufſicht über das Kirchen-Vermögen
    und mit der Abnahme der Kirchen-Rechnungen gehalten werden.
  • 4) Die Beiträge und Leiſtungen aber, zu denen der Patron ver-
    bunden iſt, müſſen in allen Fällen aus den Einkünften des Guts
    beſtritten werden.
  • 5) Wo das Patronat einer Commune zuſteht, können die jüdiſchen
    Mitglieder derſelben an deſſen Ausübung keinen Theil nehmen;
    ſie müſſen aber die damit verknüpften Reallaſten von ihren Be-
    ſitzungen gleich andern Mitgliedern der Commune tragen, ſo wie
    ſie auch, als anſäſſige Dorfs- oder Stadt-Gemeine-Mitglieder,
    von ihren Grundſtücken gleich andern chriſtlichen Beſitzern zur
    Erhaltung der Kirchen-Syſteme beizutragen verpflichtet ſind, da
    dieſe ſonſt, wegen der Anſiedelung der jüdiſchen Staatsbürger,
    Gefahr laufen, einzugehen.

28
[434]

9.
Inſtruction für die Regierungen v. 23. Octbr. 1817. (G.-S.
S. 259.)


Extractweiſe.
Verhältniß der Kirchen- und Schul-Commiſſion.


§. 18. Die Kirchen- und Schul-Commiſſion (§. 2. Nr. 7.) iſt,
als ſolche, keine beſondere Behörde, ſondern ein integrirender Theil der
erſten Abtheilung der Regierung. Alles, was für letztere und die Re-
gierungen überhaupt in der gegenwärtigen Inſtruction vorgeſchrieben
worden, findet daher auf ſie ebenfalls Anwendung. Ihr gebührt die
Verwaltung aller geiſtlichen und Schul-Angelegenheiten, welche nicht
dem Conſiſtorium in der demſelben heute ertheilten Inſtruttion aus-
drücklich übertragen worden. Unter dieſer Einſchränkung gebührt ihr
daher: a) Die Beſetzung ſämmtlicher, dem landesherrlichen Patronat-
rechte unterworfenen geiſtlichen und Schullehrer-Stellen, ſo wie die
Beſtätigung der von Privatpatronen und Gemeinen dazu erwählten
Subjecte, ſofern ſie nicht außerhalb Landes vocirt werden; imgleichen
die Prüfung und Einführung derſelben, im Fall ſolche nicht dem Con-
ſiſtorium übertragen iſt. b) Die Aufſicht über deren Amts- und mo-
raliſche Führung; die Urlaubsertheilung für ſelbige. c) Die Aufrecht-
haltung der äußern Kirchenzucht und Ordnung. d) Die Direction und
Aufſicht über ſämmtliche Kirchen, öffentliche und Privat-Schulen und
Erziehungsanſtalten, milde und fromme Stiftungen und Inſtitute.
e) Die Aufſicht und Verwaltung des geſammten Elementar-Schul-
weſens. f) Die Aufſicht und Verwaltung ſämmtlicher äußern Kirchen-
und Schul-Angelegenheiten, mithin die Regulirung des Stolweſens und
Schulgeldes. g) Die geſammte Verwaltung des Kirchen-, Schul- und
Stiftungsvermögens, im Fall ſelbige nicht verfaſſungsmäßig andern Be-
hörden oder Gemeinden, Corporationen und Privaten gebührt, und, im
letztern Fall, die landesherrliche Oberaufſicht über die Vermögensver-
waltung. Ihr ſteht hiernach auch die Entwerfung, Prüfung und Be-
ſtätigung der hieher gehörigen Etats, ſowie die Abnahme und Decharge
der Kirchen-, Schul- und Inſtituts-Rechnungen zu. — Sie hat fer-
ner: h) Die Dispenſation in den, in der Conſiſtorial-Inſtruction ihr
nachgelaſſenen Fällen und i) die polizeiliche Oberaufſicht über alle
übrige literariſche Inſtitute, Geſellſchaften und Unternehmungen, in-
[435] ſoweit dieſe Aufſicht nicht ſchon andern Behörden übertragen iſt. Auch
ſteht ihr ohne höhere Genehmigung frei: k) Schulſocietäten einzu-
richten und zu vertheilen, wo die Ortſchaften es wünſchen, oder Local-
umſtände es nöthig machen; ſowie l) Parochien zuſammenzuziehen und
zu vertheilen, wenn die Gemeine oder Patrone darein willigen; im-
gleichen, unter dieſer Bedingung, einzelne Dorfſchaften umzupfarren. —
In allen dieſen Angelegenheiten kommt es, Behufs der Competenz
der Kirchen- und Schul-Commiſſion, auf die Verſchiedenheit der Re-
ligion und des Cultus nicht an. Sie wird indeſſen bei Ausübung ihrer
Competenz den Einfluß ſtets gehörig berückſichtigen, welcher bei den
römiſch-katholiſchen Kirchen- und Schulſachen dem Biſchofe geſetz- und
verfaſſungsmäßig zuſteht, und in zweifelhaften Fällen darüber von dem
Oberpräſidenten Inſtruction einholen. Ihr ſind in obiger Beziehung
ſämmtliche Geiſtliche, Schullehrer, die Superintendenten und mit ihnen
in gleicher Kategorie ſtehende höhere Geiſtliche anderer Confeſſionen
nicht ausgenommen, untergeordnet, und die Commiſſion kann wider ſie
nöthigenfalls die geſetzlichen Zwangs- und Strafverfügungen erlaſſen
und zur Ausführung bringen. Wie es wegen ihrer Suspenſion und
Entlaſſung vom Amte zu halten, iſt in der Conſiſtorial-Inſtruction be-
ſtimmt. Inſoweit dem Conſiſtorium eine Mitwirkung bei dem, der
Kirchen- und Schul-Commiſſion angewieſenen Geſchäftskreiſe zuſteht,
berichtet letztere an jenes, es müßte denn bei der Sache außerdem noch
die Genehmigung des vorgeſetzten Miniſterii nöthig ſein. In dem letz-
teren Fall berichtet ſie an daſſelbe, ſchickt aber den Bericht, mittelſt
Umſchlags, dem Conſiſtorium zu weiterer Beförderung zu. Inſoweit
die Sache aber das Conſiſtorium nicht angeht, berichtet die Kirchen-
und Schul-Commiſſion auf dem allgemein vorgeſchriebenen Wege an
das Miniſterium. In welchen Fällen ſie, die Commiſſion, ſofern ihr
vorſtehend nicht eine ſelbſtſtändige Wirkſamkeit beigelegt iſt, die Geneh-
migung des vorgeſetzten Miniſterii nöthig hat, iſt nach den allgemeinen
Grundſätzen der gegenwärtigen Inſtruction zu beurtheilen. Aus der
Beſtimmung des §. 8. folgt es alſo, daß ſie bei Einführung neuer oder
Veränderung beſtehender Lehr- und Schulpläne berichten muß. Um der
allgemeinen Jugendbildung der Nation eine feſte Richtſchnur zu geben,
beabſichtigen Wir eine allgemeine Schulordnung entwerfen zu laſſen,
und auf den Grund derſelben ſollen demnächſt beſondere Schulordnun-
gen für die einzelnen Provinzen entworfen, und dabei die Eigenthüm-
28*
[436] lichkeiten derſelben möglichſt berückſichtigt werden. Bis dahin, daß
ſolches geſchehen, hat die Kirchen- und Schul-Commiſſion ſich in An-
ſehung des Schul- und Erziehungs-Weſens nach den bisherigen Vor-
ſchriften zu achten. Es gehört endlich auch zu den vorzüglichſten
Pflichten der Commiſſion, für die Erhaltung, gehörige Benutzung und
Sicherſtellung des Kirchen-, Schul- und Inſtituts-Vermögens, ſowie
dafür zu ſorgen, daß es nicht mit andern Fonds vermiſcht werde. Wie
weit ſie darüber und bei dem daſſelbe betreffenden Etats- und Rech-
nungs-Weſen auf ihre Verantwortlichkeit ſelbſtſtändig handeln kann,
iſt in dem folgenden §. beſtimmt.


§. 19. Der Abtheilung ſteht die Prüfung und Beſtätigung von
dem geſammten Etats-, Caſſen- und Rechnungsweſen ſämmtlicher Com-
munalfonds und Privatſtiftungen, ferner von allen polizeilichen, ge-
meinnützigen oder andern wohlthätigen und frommen Anſtalten und
Inſtitutionen, welche auf Communalbeiträgen oder Fonds, oder auf
Privatſtiftungen beruhen, zu, inſoweit bei dieſen Gegenſtänden die Ein-
wirkung der Landesbehörde überhaupt geſetz- und verfaſſungsmäßig
zuläſſig iſt, und die Anſtalten und Stiftungen von der erſten Abthei-
lung reſſortiren. Sie kann in dieſer Hinſicht nach den beſtehenden
Geſetzen, Vorſchriften und Stiftungsurkunden ohne Anfrage verfahren.
Ein Gleiches iſt ſie auch bei den, auf Staatskoſten gegründeten, ge-
meinnützigen Anſtalten und Stiftungen zu thun berechtigt, ſobald der
jährliche Beitrag der Staatskoſten die Summe von fünfhundert Tha-
lern nicht überſteigt. Iſt Letzteres der Fall, ſo muß zwar der Etat
und die Rechnung zur Beſtätigung und Abnahme höhern Orts ein-
gereicht werden, innerhalb der Grenzen des beſtätigten Etats iſt aber
auch alsdann die Abtheilung ohne Anfrage zu verfügen befugt. Nur
a) bei Etats-Ueberſchreitungen, b) bei Veränderungen in dem Zweck
und in der bisherigen Verfaſſung von dergleichen Anſtalten und Stif-
tungen muß dieſelbe berichten. Es gehört zu den beſondern Obliegen-
heiten der Abtheilung, dafür zu ſorgen, daß die hieher gehörigen Fonds
gehörig erhalten, ſicher geſtellt und die Einkünfte daraus beſtimmungs-
mäßig verwendet werden. Ihr ſteht auch frei, diejenigen Zahlungen,
welche die Regierungs-Haupt-Caſſe für das Reſſort der erſten Abthei-
lung etatsmäßig zu leiſten hat, in monatlichen Raten aus derſelben
zu entnehmen und an die Inſtituts-Caſſe zu ihrer weitern Beſtimmung
und Verwendung zahlen zu laſſen. Es müſſen jedoch die nöthigen
[437] Vorkehrungen getroffen werden, damit das Rechnungsweſen der Re-
gierungs-Haupt-Caſſe nicht in Unordnung und Verwickelung gerathe,
welches entweder dadurch geſchehen kann, daß die Inſtituts-Caſſe nach
Ablauf des Jahres über dieſe Zahlungen die nöthigen Stückrechnungen
fertigt, die alsdann der Jahres-Rechnung der Regierungs-Haupt-Caſſe
beigefügt werden, oder aber, daß die erſtere Caſſe der letztern die
nöthigen Rechnungsbeläge ſogleich unmittelbar, wenn ſie eingehen,
aushändigt. Die desfalls nöthigen Einleitungen werden dem Präſidium
überlaſſen.


§. 46. Der geiſtlichen und Schulräthe beſondere Pflicht iſt es,
dafür vorzüglich zu ſorgen, daß der öffentliche Schul- und geiſtliche
Unterricht und Cultus, ſowohl ſeinem Innern als Aeußern nach, den
Vorſchriften gemäß, gehörig beobachtet werde. Sie können, dem Be-
finden nach, Vorſchläge machen, wie Beides verbeſſert werden kann,
um Religioſität und Moralität, Duldungsgeiſt und Annäherung zwiſchen
den verſchiedenen Glaubensverwandten, Bürgerſinn und Theilnahme
für die öffentliche Sache, Anhänglichkeit und Liebe für König und
Vaterland und Verfaſſung, Achtung vor den Geſetzen zu befördern. Sie
müſſen ſich nicht begnügen, die ihnen zugetheilten Sachen ordentlich
gut zu bearbeiten, überhaupt nicht bloß durch Vorträge im Collegium
und amtliche Erlaſſe, ſondern auch durch perſönliches Beiſpiel und
Wirken warmen Eifer und lebendige Thätigkeit für Verbeſſerung des
geiſtlichen und Schul-Unterrichts, unter den Predigern und Schul-
lehrern zu verbreiten ſuchen. Ungeachtet den geiſtlichen und Schul-
räthen mit obliegt, auf den Lebenswandel und die Amtsführung der
Geiſtlichen und Schullehrer Acht zu haben, Unregelmäßigkeiten zu
rügen, oder nöthigenfalls amtlich zur Sprache zu bringen; ſo müſſen
ſie ſich doch nicht bloß als die Aufſeher des geiſtlichen und Lehrer-
ſtandes, ſondern mehr als ſeine Genoſſen und Vertrauten betrachten,
ſeine Würde zu behaupten und ſein Beſtes zu befördern befliſſen ſein.
Es verſteht ſich von ſelbſt, daß ſofern die geiſtlichen und Schulräthe als
Mitglieder der Regierung handeln, ſie ſich in denjenigen Befugniſſen
halten müſſen, welche den Regierungen in den geiſtlichen und Schul-
Angelegenheiten überhaupt beigelegt ſind. Sie ſind bereits die Or-
gane, deren ſich das Conſiſtorium für beſondere Angelegenheiten ſeines
Reſſorts nach näherer Beſtimmung der demſelben ertheilten Inſtruction
[438] bedienen kann, und Mitglieder deſſelben mit Sitz und Stimme, wenn
ſie bei dem Conſiſtorium anweſend ſind.


10.


Circ.-Reſcr. v. 28. Febr. 1825., mitgetheilt durch das Publ. v.
22. März 1825. (v. K. Ann. B. 9. S. 109. 386.) über die
Verhältniſſe der Schulamtscandidaten in den Se-
minarien
.


Nach den Berichten der Königl. Regierungen mehren ſich die
Fälle, wo in Königl. Seminarien gebildete Schulamts-Candidaten die
ihnen angetragenen Schulſtellen unter dem Vorwande, daß ſie nicht
einträglich genug ſeien, ausſchlagen, und als Haus- oder Privatlehrer
ihr Unterkommen ſuchen. Dies iſt ganz gegen die Abſicht, in welcher
ſie in die Seminarien aufgenommen werden, und gereicht zum Nach-
theil des Schulweſens, und auch der jungen Männer ſelbſt, die dadurch
demjenigen Stande, für welchen ſie eigentlich beſtimmt ſind, entfremdet
und zum Theil an eine Lebensweiſe und an Bedürfniſſe gewöhnt wer-
den, welche in der Lage eines Landſchullehrers, zu der die meiſten
dennoch nach einiger Zeit zurückkehren müſſen, keine Befriedigung
finden können. Auch liegt es in der Natur der Sache, daß ſo be-
trächtliche Ausgaben, als jährlich für Erhaltung der Seminarien aus
öffentlichen Mitteln gemacht werden, nicht zur Bildung bloßer Fami-
lien-Lehrer aufgewendet werden können. Es wird daher hierdurch
Folgendes feſtgeſetzt:


1) Jeder Seminariſt bleibt drei Jahre hindurch nach ſeinem Aus-
tritt aus der Anſtalt zur Dispoſition derjenigen Königl. Regierung,
in deren Bezirke das Seminarium, worin er ſeine Bildung erhalten
hat, ſich befindet, und iſt verpflichtet, jede Stelle, zu welcher dieſe
Behörde ihn geeignet findet, anzunehmen, auch dies ſogleich zu thun,
ſobald es von ihm gefordert wird. Er muß ſich daher enthalten, Be-
dingungen einzugehen, die ihn an der Erfüllung dieſer Pflicht hindern
könnten, und die in keinem Falle als Entſchuldigungen gelten würden.
— 2) Wer dieſer Verbindlichkeit nicht, oder nicht ſofort, als es von
ihm gefordert wird, nachkommt, muß der Seminar-Anſtalt die auf ihn
gewandten Koſten zurückzahlen, nämlich a) Zehn Thaler für jedes
Halbjahr ſeines Aufenthalts im Seminar und den in dieſer Zeit ge-
noſſenen Unterricht; b) den ganzen Betrag des von ihm genoſſenen
[439] Benefices der freien Beköſtigung. — 3) Es ſoll zwar den Zöglingen
frei ſtehen, Stellen, welche ihnen von dem Director des Seminars,
in Folge der Aufträge, die ihm wegen der Beſetzung von der Königl.
Regierung gegeben werden, oder in Folge eines Geſuchs von Patronen
und Schul-Inſpectoren um Nachweiſung eines Schullehrers angeboten
werden, auszuſchlagen; wenn aber die Königl. Regierung dieſe Ab-
lehnung nicht gelten läßt, ſondern den Zögling für eine beſtimmte
Stelle Königlichen oder Privat-Patronats angeſtellt wiſſen will, ſo
muß derſelbe ſich dieſer Verfügung entweder unterwerfen oder die im
Vorſtehenden beſtimmte Zurückzahlung leiſten. — 4) Sowohl die künftig
aufzunehmenden, als jetzt in der Anſtalt befindlichen Seminariſten
müſſen unter Zuſtimmung ihrer Eltern und Pfleger ſich erklären, die-
ſer Ordnung Folge leiſten zu wollen, oder die Anſtalt ſofort verlaſſen.


Das Königl. Conſiſtorium wird hierdurch beauftragt, dieſe Be-
ſtimmungen ſowohl zur Kenntniß der Directoren der Schullehrer-Semi-
narien ſeines Bezirks zu bringen, damit dieſe dieſelben ſofort den
Seminariſten bekannt machen, als auch den Königl. Regierungen der
Provinz mitzutheilen, damit dieſe davon unterrichtet werden und die
erforderlichen Publicanda in den Amtsblättern erlaſſen.


11.


Circ.-Reſcr. v. 1. Juni 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 358.),
betr. die Prüfung und Anſtellungsfähigkeit der Schul-
amtscandidaten und das Verhältniß der Schullehrer-
ſeminare zu dem Schulweſen der Provinz
. (An die
Conſiſtorien.)


Nachdem nunmehr in allen Provinzen der Monarchie für die
nöthige Ausbildung guter Schullehrer durch eine Anzahl von Semi-
naren, welche dem gegenwärtigen Bedürfniſſe nach Maaßgabe der zu
Gebote ſtehenden Hülfsmittel möglichſt entſpricht, für jetzt ausreichend
geſorgt, auch dieſen Anſtalten faſt ſämmtlich ſowohl durch die ſorg-
fältigſte Auswahl bewährter Vorſteher und tüchtiger Lehrer, als auch
durch Feſtſtellung wohlerwogener Lehrpläne, durch äußere Ausſtattung
mit Localien und Lehrmitteln und durch angemeſſene Disciplinar-
verfaſſungen, ſolche Einrichtungen ertheilt ſind, daß ſie ihre wichtige
Beſtimmung nicht unerfüllt laſſen können; ſo bleibt nun noch übrig,
ſie zu dem geſammten Schulweſen derjenigen Provinzen und Bezirke,
[440] für welche zu ſorgen ſie beſtimmt ſind, in eine ſolche nähere Bezie-
hung zu ſetzen, daß dadurch theils ihr Einfluß auf daſſelbe befeſtigt
und dauernd geſichert, theils ihnen ſelbſt die beſtändige Rückſicht auf
den Zuſtand und die wahren Bedürfniſſe der Volksbildung erleichtert
werden muß.


Nachdem durch die Verordnung vom 28. Febr. v. J. die drei-
jährige Verbindlichkeit der abgehenden Seminariſten zur Uebernahme
eines jeden, ihnen von der Königl. Regierung des betr. Bezirks über-
wieſenen Schulamtes feſtgeſtellt worden iſt, erfordert die Billigkeit,
daß ihnen dafür auch ein bevorzugter Anſpruch auf Anſtellung im
Schulfache zugeſtanden werde.


Was in dieſer Beziehung heute an ſämmtliche Königl. Regie-
rungen erlaſſen worden iſt, wird dem Königl. Provinzial-Schul-Collegio
hieneben in Abſchrift mitgetheilt, um auch ſeinerſeits wegen der darin
angeordneten Prüfungen für die nicht in Seminarien vorbereiteten
Schulamtsbewerber das Erforderliche an die Seminardirectoren zu
erlaſſen.


Auch wird hierdurch ferner feſtgeſetzt:


  • 1. Es ſollen künftig, wie dies bisher in den meiſten Seminarien
    der Fall geweſen iſt, in allen Hauptſeminarien der Monarchie
    kurz vor den zum Austritt der Zöglinge beſtimmten Terminen
    förmliche Prüfungen der abgehenden angeſtellt werden.
  • 2. Dieſe ſollen gehalten werden von ſämmtlichen Lehrern des Se-
    minars über alle in der Anſtalt behandelten Lehrgegenſtände in
    Gegenwart und unter Leitung, auch nach Gutbefinden Theil-
    nahme eines oder mehrerer von dem Provinzial-Schulcollegio ab-
    zuſendenden Commiſſarien und unter Zuziehung der Schulräthe
    der betreffenden Regierungsbezirke. Auch ſoll den Superinten-
    denten, Erzprieſtern und überhaupt allen Geiſtlichen die Gegenwart
    bei dieſen übrigens nicht öffentlichen Prüfungen geſtattet ſein.
  • 3. Dieſe Prüfungen ſollen ſich über das bereits erworbene Lehr-
    geſchick der Abgehenden, ſo weit ſolches in einer kurzen Probelection
    bewieſen werden kann, erſtrecken.
  • 4. Nach dem Ausfalle dieſer Prüfungen und vorzüglich nach der
    von dem Director und ſämmtlichen Lehrern des Seminars über
    die Geprüften noch beſonders zu ertheilenden und zu berückſich-
    tigenden genauen und gewiſſenhaften Auskunft, ſoll einem jeden
    [441] Entlaſſenen ein Abgangszeugniß von dem Director und den Leh-
    rern ausgeſtellt, und von den Königl. Commiſſarien vollzogen
    werden.
  • 5. In dieſem Abgangszeugniſſe ſoll nicht nur das Maaß der erwor-
    benen Kenntniß und Geſchicklichkeit in allen Gegenſtänden der
    Seminar-Unterweiſung und für jedes einzelne Object beſonders,
    durch möglichſt beſtimmt und characteriſirende Prädicate bezeichnet,
    und der Lehrgabe und des Lehrgeſchickes ausdrückliche Erwähnung
    gethan, ſondern auch die moraliſche Befähigung zum Lehramte,
    das Betragen und die Gemüthsart, ſo wie die daraus für die
    künftige Wirkſamkeit des Geprüften ſich ergebende Erwartung
    gewiſſenhaft ausgedrückt, und nach allen Notizen ein allgemeines
    und zuſammenfaſſendes Urtheil über ſeine Geſammt-Qualification
    durch die Ausdrücke Vorzüglich, Gut oder Genügend und
    durch die ihnen entſprechenden Nummern I., II. oder III. ausge-
    ſprochen werden.
  • 6. Ein ſolches Abgangszeugniß ſoll dem Entlaſſenen zwar die An-
    ſtellungsfähigkeit, allein für’s Erſte nur auf 3 Jahre ertheilen,
    nach deren Ablauf der Inhaber ſich zu einer abermaligen Prüfung
    im Seminar zu ſtellen hat. Wer jedoch bei der Entlaſſungs-
    prüfung das Prädicat „Vorzüglich“ und die Nummer I. erhalten
    hat, und innerhalb der erſten 3 Jahre nach ſeinem Abgange an
    einer öffentlichen Schule wirklich angeſtellt worden iſt, ſoll einer
    zweiten Prüfung ſich in der Regel nicht weiter zu unterziehen
    haben; alle übrigen hingegen können nur proviſoriſch ins Amt
    geſetzt werden.
  • 7. Dieſe abermaligen Prüfungen ſollen nicht mit den Abgangs-
    prüfungen zugleich, jedoch ebenfalls in Gegenwart und unter
    Leitung und Theilnahme namentlich der Schulräthe der betr.
    Regierungen zu einer bei jedem Seminar feſtzuſetzenden Zeit
    gehalten werden.
  • 8. Wenn aber die Entlaſſungsprüfungen vorzugsweiſe darauf
    zu richten ſind, ob die Zöglinge den im Seminar empfangenen
    Unterricht auch vollſtändig aufgefaßt, im Zuſammenhange inne
    behalten, richtig verſtanden, und ſoweit ſolches erwartet werden
    kann, wohl anzuwenden gelernt haben; ſo ſoll dagegen bei den
    abermaligen Prüfungen nicht unmittelbare Beziehung auf den
    [442] Gang des früheren Seminarunterrichts genommen, ſondern mehr
    im Allgemeinen Maaß, Zuſammenhang und Gründlichkeit der
    vorhandenen Kenntniſſe erforſcht, auf eigenthümliche Richtung und
    Selbſtthätigkeit der Anſicht geſehen, und ganz beſonders die prac-
    tiſche Tüchtigkeit und Gewandtheit erprobt werden.
  • 9. Ueber den Ausfall dieſer abermaligen Prüfung ſoll ebenfalls ein
    Zeugniß ausgeſtellt, und dem Abgangszeugniſſe angehängt, auch
    in demſelben, wiefern die früheren Erwartungen gerechtfertigt
    oder übertroffen, oder auch nicht erfüllt worden, zwar ausdrücklich
    bemerkt, jedoch zugleich die gegenwärtige Qualification zum Lehr-
    amte genau angegeben werden.
  • 10. Zugleich mit dieſen abermaligen Prüfungen und ganz nach den
    für ſie gültigen Grundſätzen ſollen dann auch die Prüfungen der-
    jenigen nicht in einem Hauptſeminar gebildeten Schulamtsbewerber,
    welche dazu von der betr. Regierung dem Seminar werden zuge-
    wieſen ſein, vorgenommen werden, und die Geprüften ſollen
    ebenfalls mit einem Zeugniſſe, worin das Maaß ihrer Kenntniſſe
    und Fertigkeiten im Einzelnen und möglichſt genau angegeben,
    auch ganz beſonders der Grad ihrer practiſchen Tüchtigkeit be-
    zeichnet iſt, verſehen werden.
  • 11. Damit aber auch auf die bereits angeſtellten Schullehrer, welche
    entweder überall der Nachhülfe bedürfen, oder in ihrer Bildung
    und Amtsgeſchicklichkeit nicht fortſchreiten, vielleicht gar zurück-
    gehen, der wohlthätige Einfluß des Seminars ſich verbreite, ſollen
    dergleichen Lehrer auf längere oder kürzere Zeit, je nachdem es
    ihnen Noth thut, in das Hauptſeminar zurückgerufen werden, um
    entweder einen ganzen methodologiſchen Curſus durchzumachen,
    oder ſich in einzelnen Lehrfächern nachzuüben, oder auch in ein
    gewiſſes Diſciplinarverhältniß genommen zu werden, indem ſie
    bei der Uebungsſchule des Seminars beſchäftigt ſind. Wie dieſes
    in dortiger Provinz zu bewerkſtelligen und zu erleichtern ſein
    dürfte, darüber erwartet das Miniſterium die Vorſchläge des
    Königl. Provinzial-Schul-Collegii nach vorgängigem Benehmen
    mit den Regierungen der Provinz.
  • 12. Theils um des oben angegebenen Zweckes willen, theils um über-
    haupt mit der Beſchaffenheit und den Bedürfniſſen des Schul-
    weſens ihres Bezirkes genau bekannt zu werden, ſollen die Se-
    [443] minardirectoren alljährlich während der Ferien einen Theil des
    Regierungsbezirkes oder der Provinz, wofür in ihren Anſtalten
    Lehrer gebildet werden, commiſſariſch zur Unterſuchung der Land-
    ſchulen bereiſen, und von ihren Beobachtungen und Erfahrungen
    der betr. Regierung einen Bericht, der auch abſchriftlich dem
    Provinzial-Schul-Collegio einzureichen iſt, erſtatten, damit danach
    das Nöthige veranlaßt, und namentlich diejenigen Lehrer, auf
    welche die Beſtimmung im vorigen Abſchnitt 11. ſich bezieht, in
    die Seminare einberufen werden können. Für die Koſten dieſer
    commiſſariſchen Reiſen ſind die Provinzialfonds zur Beſſerung
    des Elementarunterrichts vorzugsweiſe anzuwenden, aus denen
    auch die Einrichtung der methodologiſchen Curſe, ſoweit ſolche
    thunlich iſt, beſtritten werden kann. Endlich
  • 13. iſt es rathſam, daß nach gewiſſen größeren Kreiſen, etwa von
    2 oder 3 Provinzen, die Ferien der einzelnen Seminarien ſo
    regulirt werden, daß ſie auf verſchiedene Monate, wozu der Juni,
    Juli, Auguſt und September zu beſtimmen ſein werden, fallen,
    damit den Lehrern Gelegenheit gegeben werde, andere Anſtalten
    zu ihrer Inſtruction zu beſuchen, und ſie in ihrer Thätigkeit kennen
    zu lernen. In dieſer Beziehung muß jedoch den Provinzial-
    Schul-Collegien die weitere Communication unter einander über-
    laſſen bleiben.

12.


Circ.-Reſcr. vom 1. Juni 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 363.),
betr. die Prüfung und Anſtellungsfähigkeit der Schul-
amtscandidaten und das Verhältniß der Schullehrer-
ſeminare zu dem Schulweſen der Provinz
. (An die
Regierungen.)


Die Königl. Regierung erhält hieneben eine Abſchrift des Circ.-
Reſcr., welches unter heutigem dato an ſämmtliche Provinzial-Schul-
Collegia, wegen Prüfung und Anſtellungsfähigkeit der Schulamts-
candidaten und wegen des Verhältniſſes der Schullehrer-Seminare
zu dem Schulweſen der Provinz erlaſſen iſt, zur Kenntnißnahme und
um ſich danach, ſoweit deſſen Inhalt auch die Regierung angehet, zu
richten. Was den im Eingange des gedachten Reſcripts erwähnten,
an die in den Hauptſeminaren gebildeten Schulamtsbewerber zu er-
[444] theilenden bevorzugten Anſpruch auf Anſtellung anlangt, ſo wird hier-
über Folgendes feſtgeſetzt:


  • 1. Bei allen von der Regierung abhängenden Anſtellungen von
    Schullehrern ſoll vorzugsweiſe auf die aus den Hauptſeminaren
    entlaſſenen und mit Zeugniſſen der Anſtellungsfähigkeit verſehenen
    Seminariſten Rückſicht genommen, und ſo lange, als noch der-
    gleichen für die zu beſetzende Stelle qualificirte Individuen vor-
    handen ſind, kein auf andere Weiſe zum Schulamte vorbereitetes
    Subject genommen werden.
  • 2. Gleiche Verpflichtung ſollen in der Regel diejenigen Gemeinen
    haben, welchen bei Beſetzung von Schulſtellen ein Wahl- oder
    Präſentationsrecht zuſteht.
  • 3. Auch den Privatcollatoren ſoll empfohlen werden, vorzugsweiſe
    Seminariſten zu vociren, jedenfalls aber obliegen, nur auf ſolche
    Subjecte zu reflectiren, die mit einem Prüfungszeugniſſe, wodurch
    ihre Anſtellungsfähigkeit begründet iſt, verſehen ſind.
  • 4. Ein Prüfungszeugniß, wodurch die Anſtellungsfähigkeit in einem
    Schulamte begründet wird, ſoll jederzeit von dem Director und
    den Lehrern des Hauptſeminars ausgeſtellt und von den betreffen-
    den Provinzial-Schulräthen vollzogen ſein.
  • 5. Die Prüfungen, auf deren Grund auch an ſolche, die nicht in
    einem Hauptſeminare gebildet ſind, Zeugniſſe der Anſtellungs-
    fähigkeit ertheilt werden dürfen, ſollen zu gewiſſen, durch die
    Amtsblätter bekannt zu machenden Zeiten in den Hauptſeminaren
    in ſolcher Art vorgenommen werden, wie dies unter Nr. 10. in
    dem heute an die Prov.-Schulcollegien erlaſſenen Reſcripte be-
    ſtimmt worden iſt.
  • 6. Diejenigen, welche, ohne in einem Hauptſeminar vorbereitet zu
    ſein, für das Schulamt geprüft zu werden wünſchen, haben ſich
    deshalb an die Regierung zu wenden, und derſelben
    • a. ein ärztliches Zeugniß über ihren Geſundheitszuſtand,
    • b. einen von ihnen ſelbſt verfaßten Lebenslauf,
    • c. die erforderlichen Nachweiſe und Zeugniſſe über genoſſene
      Erziehung und Bildung überhaupt und über die Vorbe-
      reitung zum Schulamte insbeſondere und
    • d. Zeugniſſe der Ortsbehörde und des Pfarrers über bisherigen
      [445] unbeſcholtenen Lebenswandel und über ihre moraliſche und
      religiöſe Qualification zum Schulamt

    einzureichen.
  • 7. Die Regierung hat dieſe Angaben und Zeugniſſe ſorgfältig zu
    prüfen, erforderlichenfalls darüber genauere Nachforſchungen anzu-
    ſtellen, und nur nach erlangter vollſtändiger Ueberzeugung, daß
    gegen die phyſiſche und beſonders gegen die moraliſche und reli-
    giöſe Qualification der Aſpiranten nichts zu erinnern iſt, den-
    ſelben die Erlaubniß und dem Seminar die Anweiſung zur Prü-
    fung zu ertheilen.
  • 8. Die ſolchergeſtalt Geprüften und anſtellungsfähig Erklärten ſollen
    jedoch, ohne Ausnahme, nur proviſoriſch auf 1, 2 oder 3 Jahre,
    und zwar ſo, daß für die Vorzüglichern die kürzere Zeit beſtimmt
    wird, ins Amt geſetzt werden dürfen, und nach Ablauf dieſer
    Friſt eine definitive Anſtellung nur alsdann zu gewärtigen haben,
    wenn von den ihnen vorgeſetzten Geiſtlichen und Schulinſpectoren
    ihre Amtstüchtigkeit bezeugt wird. Ob aber eine abermalige Prü-
    fung erforderlich ſei, ſoll in jedem Falle der Beurtheilung der
    Regierung überlaſſen bleiben.
  • 9. Jeder geprüfte und anſtellungsfähig erklärte Schulamtscandidat,
    welcher nicht ſofort ein Amt antritt, ſoll der Regierung anzeigen,
    wo er ſeinen Aufenthalt zu nehmen gedenkt, und von derſelben
    unter die beſondere Aufſicht des betr. Superintendenten oder
    Schulinſpectors dergeſtalt geſtellt werden, daß von dieſem regel-
    mäßige Berichte über Beſchäftigung, Fortbildung und Lebenswandel
    der ſeiner Aufſicht untergebenen Individuen zu erſtatten ſind.
  • 10. Wer aus einem Seminare verwieſen iſt, oder daſſelbe von nun
    an eigenmächtig und ohne Abgangszeugniß verlaſſen hat, ſoll in
    keinem Falle zur Prüfung, und alſo noch viel weniger ins Schul-
    amt zugelaſſen werden ꝛc.

13.


Circ.-Reſcr. v. 29. März 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 109.),
betr. die Prüfung ſtudirter Lehrer für Bürgerſchulen.


Hinſichtlich der Prüfung ſtudirter Lehrer für Bürgerſchulen,
deſignirter Rectoren in kleinen Städten und derjenigen Individuen,
die zu den Elementar-Schullehrern nicht gerechnet werden können,
[446] aber auch nicht als Lehrer an ſolchen Anſtalten zu betrachten ſind,
zu welcher Vorbereitung auf die zweite oder dritte Claſſe einer zur
Univerſität entlaſſenen Schule dienen (Ed. v. 12. Juli 1810. §. 5.),
beſonders aber aller derer, die das Studium der Theologie abſolvirt
haben und ſich zu einem Schulamte der bezeichneten Art melden, hat
bisher, wegen Mangels genauer Vorſchriften, ein ungewiſſes, und
nach Verſchiedenheit der Provinzen anders eingerichtetes Verfahren
Statt gefunden.


Namentlich hat es ſich als zweckmäßig nicht bewährt, daß, wie
hin und wieder geſchehen und auch vom Miniſterio nachgegeben iſt,
evangeliſche Candidaten des Predigtamts auf den Grund ihres beſtan-
denen theologiſchen Examens ohne Weiteres für fähig zur Verwaltung
einer Lehrerſtelle an einer ſtädtiſchen Schule angenommen worden ſind
vielmehr hat ſich genugſam bewieſen, daß oft dergleichen junge Männer,
wenn ſie auch in der theologiſchen Prüfung ehrenvoll beſtanden ſind,
dennoch zur Verwaltung einer Schulſtelle des erforderlichen Geſchickes
und der nöthigen pädagogiſchen Kenntniß und Lehrfertigkeit entbehren.


Um daher zu bewirken, theils, daß dergleichen für den Schulſtand
nicht geeignete Subjecte von demſelben zurückgehalten werden theils,
daß diejenigen Literati, die ſich um Anſtellung bei ſtädtiſchen Schulen
bewerben wollen, auch die dazu nöthige Qualification zu erlangen ſich
bemühen; theils endlich, daß hinſichtlich der mit ihnen vorzunehmenden
Prüfung allenthalben ein übereinſtimmendes Verfahren beobachtet werde,
wird hierdurch Folgendes feſtgeſetzt:


1) Alle Literati, welche ſich um ein Schulamt bewerben, ſollen
eine vorgängige, auf ihre Befähigung zur Verwaltung dieſes Amtes
beſonders gerichtete Prüfung zu beſtehen haben.


2) Dieſe Prüfungen ſollen, inſofern ſolche nicht nach dem Edict
v. 12. Juli 1810. und in Gemäßheit desjenigen, was nachher im
Art. 9. wegen Prüfung der ordentlichen Lehrer an höhern Realſchulen
feſtgeſetzt iſt, vor die wiſſenſchaftlichen Prüfungscommiſſionen gehören,
in jeder Provinz von einer Commiſſion vorgenommen werden, die aus
den Schulräthen des Provinzial-Schul-Collegii und der betreffenden
Königl. Regierungen und dem Director des Schullehrer-Seminars der
Provinz oder des Regierungs-Bezirks zuſammengeſetzt iſt.


3) Dieſe Prüfungen ſollen an gewiſſen, vorher öffentlich bekannt
zu machenden Terminen in der Regel zweimal im Jahre, und am
[447] beſten an dem Sitze des Schullehrer-Seminars in derjenigen Zeit,
in welcher auch die Elementar-Lehrer-Prüfungen dort abgehalten werden,
jedoch nicht mit dieſen zugleich angeſtellt werden.


4) Dieſe Prüfungen ſollen ſich auf das Materielle der Kenntniſſe
der Candidaten in der Regel nicht, und nur ausnahmsweiſe in dem
Falle erſtrecken, wenn aus den vorzulegenden Schul-, Univerſitäts-
und Conſiſtorial-Prüfungszeugniſſen, oder auch durch die ſchriftlichen
Ausarbeitungen und die Probelectionen, imgleichen bei der mündlichen
Prüfung, ein Zweifel begründet würde, daß der Examinandus das
Maaß der zur Verwaltung einer Schulſtelle erforderlichen Kenntniſſe
nicht beſitze. Dagegen ſollen dieſelben vorzugsweiſe auf deſſen formale
und practiſche Befähigung zum Lehrſtande, alſo darauf gerichtet werden,
ob der Candidat über Zweck, Einrichtung und Ziel der Schulen und
ihrer Arten und Stufen, über die Behandlung der verſchiedenen Lehr-
gegenſtände im Allgemeinen und im Beſonderen, und über deren inneren,
organiſchen Zuſammenhang, über die literariſchen und techniſchen Hülfs-
mittel bei den einzelnen Lehrobjecten, über das Weſen der Erziehung
überhaupt und über ihr Verhältniß zum Unterrichte insbeſondere, über
die Grundſätze der Schuldisciplin und über ihre Anwendung, alſo ganz
vorzüglich über die Verbindung der religiöſen und ſittlichen Bildung
mit der intellectuellen, endlich aber über den Beruf, die Pflichten und
das Verhalten eines Lehrers richtige, klare und gründliche Begriffe
und zugleich das nöthige practiſche Geſchick und die erforderliche Lehr-
fertigkeit beſitze; zu welchem Ende er ſowohl Aufgaben zur ſchriftlichen
Ausarbeitung erhalten, als einer mündlichen Prüfung unterworfen,
als auch eine oder nach Befinden der Umſtände mehrere Probe-Lectionen
zu halten angewieſen werden ſoll.


5) Evangeliſche Candidaten des Predigtamts, welche ſich zu dieſen
Prüfungen melden, ſollen das theologiſche Examen pro Candidatura
vor dem Conſiſtorio bereits beſtanden haben, und über deſſen Ausfall
ein Zeugniß vorzuweiſen gehalten ſein.


6) Ueber das Reſultat der nach Art. 4. angeſtellten Prüfung ſoll
ein Prüfungs-Zeugniß ausgeſtellt werden, in welchem unter ſpecieller
Beziehung auf die ſonſtigen von den Examinanden beigebrachten testi-
monia
und auf das daraus zu entnehmende Maaß ihrer Kenntniſſe
ein möglichſt genau und characteriſtiſch ausgedrücktes Urtheil über ihre
ſchriftlichen Arbeiten, über das mündliche Examen und über die auf-
[448] gegebenen Probelectionen enthalten, und auf den Grund deſſelben ihre
Geſammt-Qualification durch ein einfaches Prädicat bezeichnet werden
ſoll, deſſen Wahl den Prüfungscommiſſionen jedoch mit dem Bemerken
überlaſſen wird, daß der Ausdruck: „Genügend“ als die unterſte
Stufe, „Vorzüglich“ aber als die oberſte Befähigung angenommen
werden ſoll.


7) Einer ähnlichen Prüfung, jedoch unter Zuziehung eines Com-
miſſarii der biſchöflichen Behörde, ſollen in der Regel auch diejenigen
katholiſchen Geiſtlichen unterworfen werden, welche zu Beneficien,
womit die Beſorgung des Schulunterrichts neben ihren geiſtlichen
Pflichten verbunden iſt, berufen werden.


8) Auch behält ſich das Miniſt. vor, die Prüfung derjenigen
Individuen, ſie mögen Univerſitätsſtudien gemacht haben, oder nicht,
welche daſſelbe zu ordentlichen Lehrern an Schullehrer-Seminarien
beſtellen will, den durch gegenwärtiges Circulare angeordneten Com-
miſſionen zu überweiſen.


9) Was dagegen die ordentlichen wiſſenſchaftlichen Lehrer an den
höheren Bürger-, Handlungs-, Gewerbe- oder Realſchulen in größeren
Städten, alſo an denjenigen Anſtalten betrifft, in welchen eine über
das ſchulpflichtige Alter hinausgehende, auf die Zwecke des höheren
Gewerbe- und Handelsſtandes und anderer ähnlicher Berufsarten be-
rechnete, unmittelbar in die künftige Lebensbeſtimmung einführende
Bildung, namentlich in der Mathematik, in den Naturwiſſenſchaften,
in der Geſchichte und Erdbeſchreibung, in der deutſchen Literatur,
in der Technologie und in neuern fremden Sprachen erworben werden
ſoll; ſo ſoll deren Anſtellung künftig nur nach vorgängiger wohlbeſtan-
dener Prüfung vor einer Königl. wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Com-
miſſion erfolgen können ꝛc.


14.


Cab.-O. v. 21. April 1827., mitgeth. durch Reſcr. v. 28. Mai ej.
(v. K. Ann. B. 11. S. 404.), betr. die Steuerimmunitäten
der Geiſtlichen und Schullehrer
.


Auf Ihren gemeinſchaftlichen Bericht vom 29. März d. J. will
Ich, in Verfolg Meiner früheren Befehle vom 30. Januar 1817. und
5. Juli 1823., über die Steuer-Immunitäten der Geiſtlichen und
Schullehrer Folgendes beſtimmen:


[449]
  • 1. Die Freiheit der den Geiſtlichen und Schullehrern zugehörigen
    Dienſtgrundſtücke von den ſeit dem Jahre 1806 neu eingeführten
    und erhöheten Grundſteuern ſoll den Betheiligten überall auf die
    Weiſe gewährt werden, daß die auf jene Grundſtücke treffende
    Steuer aus den zahlbaren Colonnen der Steuer-Rollen und
    Etats ganz abgeſetzt und nur nachrichtlich vor der Linie vermerkt
    wird. In denjenigen Landestheilen, wo die Geiſtlichen und Schul-
    lehrer die Steuer bisher noch zu entrichten hatten, und ihnen
    dieſelbe aus hierzu beſtimmten Fonds reſtituirt wurde, ſollen dieſe
    Fonds von den Ausgabe-Etats abgeſetzt werden.
  • 2. Die den Dienſtgrundſtücken der Geiſtlichen und Schullehrer ver-
    willigten Immunitäten ſollen auf die Grundſtücke der geiſtlichen
    und kirchlichen Corporationen, milden Stiftungen, Univerſitäten
    und Schul-Anſtalten nicht ausgedehnt werden.
    In denjenigen Theilen des ehemaligen Königreichs Weſtphalen
    aber, wo ſchon vor Erlaß Meiner Ordre vom 30. Januar 1817,
    auf den Grund einer, vom damaligen proviſoriſchen Gouverne-
    ment zu Halberſtadt ergangenen Verfügung, für die Grundſtücke
    der milden Stiftungen, Schulen und Univerſitäten, ingleichen der
    unvermögenden Kirchen die Steuer auf den bis zum Jahre 1806
    entrichteten Betrag ermäßigt worden iſt, ſoll es hierbei zwar bis
    zur eintretenden allgemeinen Reviſion der Grundſteuern ſein Be-
    wenden behalten, dagegen die im Regierungsbezirk Magdeburg
    hiernächſt noch ſtattgefundene weitere Ausdehnung eben dieſes Er-
    laſſes auf die Grundſtücke ſämmtlicher Kirchen nach Vorſtehen-
    dem wiederum beſchränkt, und der Erlaß auch in jenem Regie-
    rungsbezirk nur ſolchen Kirchen zu Theil werden, deren Einnahme
    nicht hinreicht, um ohne Rückgriff auf die Subſtanz ihres Ver-
    mögens die neu auferlegte oder erhöhete Steuer neben den andern
    Ausgaben zu beſtreiten.
  • 3. Den Wittwen der Schullehrer und Geiſtlichen ſollen die dem
    Lehrſtande nur in Bezug auf deſſen perſönliches Verhältniß be-
    willigten Steuer-Immunitäten nicht zu ſtatten kommen, wobei
    Sie, der Finanzminiſter, aber darauf zu halten haben, daß dieſe
    Wittwen bei ihrer Veranſchlagung zu den perſönlichen Steuern
    mit möglichſter Schonung behandelt werden. Auch die Grund-
    ſteuerfreiheit findet auf die Witthümer für Prediger- und Schul-
    29
    [450] lehrer-Wittwen nur inſofern Anwendung, als die Witthums-
    Grundſtücke zu der eigentlichen Pfarrer- oder Lehrer-Dotation
    gehören, und der Nießbrauch jener Grundſtücke, wenn keine Wittwe
    vorhanden iſt, dem Pfarrer oder Schullehrer zuſteht.
  • 4. Die den Geiſtlichen zuſtändigen Steuer-Immunitäten beſchränken
    ſich ohne Unterſchied der Confeſſion nur auf die directen Steuern
    derjenigen Geiſtlichen, denen die Leitung und die Ausübung der
    Seelſorge in einem beſtimmten Sprengel obliegt. Es ſind ſolche,
    was inſonderheit den katholiſchen Clerus betrifft, nur auf die
    Biſchöfe, Dom- und Curat- oder Pfarr-Geiſtlichkeit, welche die
    Seelſorge leiten und ausüben, in Anwendung zu ſetzen. Grund-
    ſtücke, welche künftig in den Beſitz der zur Steuerfreiheit berech-
    tigten Geiſtlichkeit und Schullehrer übergehen und bereits ſteuer-
    pflichtig ſind, bleiben ſteuerpflichtig.

15.


Inſtruction für die Conſiſtorien v. 23. Octbr. 1817. (G.-S.
S. 241.)


Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen
ꝛc. ꝛc. haben beſchloſſen, die von Uns in dem Geſetz vom 30. April
1815. angeordneten Provinzial-Conſiſtorien mit nachſtehender Inſtruc-
tion zu verſehen:


Allgemeiner Wirkungskreis der Conſiſtorien.


§. 1. Die Conſiſtorien ſind vorzüglich dazu beſtimmt, in rein
geiſtlicher und wiſſenſchaftlicher Hinſicht die allgemeine Leitung des
evangeliſchen Kirchenweſens und der Schulangelegenheiten in der Pro-
vinz zu beſorgen.


Zugleich haben ſie die Verwaltung derjenigen Gegenſtände des
Cultus und öffentlichen Unterrichts in der Provinz, welche ihnen in
der gegenwärtigen Inſtruction ausdrücklich übertragen werden.


In ſo weit dieſes nicht geſchehen, werden die Angelegenheiten
von der Regierung nach Inhalt der, denſelben heute ertheilten In-
ſtructionen verwaltet.


Nähere Beſtimmung deſſelben.


I. In Kirchenangelegenheiten,

A. der evangeliſchen Kirche.

§. 2. In Abſicht der kirchlichen Angelegenheiten der evangeliſchen
Confeſſionen übt das Conſiſtorium diejenigen Conſiſtorialrechte aus,
[451] welche ſich auf den eigentlichen Religionsunterricht beziehen, inſofern
ihnen nicht nachſtehend mehrere beigelegt ſind.


Demnach hat daſſelbe:


  • 1) die Sorge für die Einrichtung der Synoden der evangeliſchen
    Geiſtlichkeit; die Aufſicht über diejenigen, welche ſchon vorhanden
    ſind; die Prüfung und nach Befinden die Berichtigung oder Be-
    ſtätigung der Synodalbeſchlüſſe, auch die Berichterſtattung über
    ſelbige, wo ſie erforderlich iſt;
  • 2) die Aufſicht über den Gottesdienſt im Allgemeinen, insbeſondere
    in dogmatiſcher und liturgiſcher Beziehung, zur Aufrechthaltung
    deſſelben in ſeiner Reinheit und Würde;
  • 3) die Prüfung der Candidaten, welche auf geiſtliche Aemter An-
    ſpruch machen, pro facultate concionandi und die Prüfung
    pro ministerio;
  • 4) die Beſtätigung der von den Regierungen, vermöge des Königl.
    Patronatrechts anzuſtellenden, oder bei derſelben von Privatper-
    ſonen präſentirten und von ihr genehmigten Geiſtlichen, im Fall
    dieſe von außerhalb Landes vocirt worden;
  • 5) den Vorſchlag wegen der in der Provinz anzuſtellenden Super-
    intendenten und ſonſtigen geiſtlichen Oberen, an das vorgeſetzte
    Miniſterium, und deren Einführung;
  • 6) die Aufſicht über geiſtliche Seminarien und die Anſtellung der
    Lehrer bei denſelben;
  • 7) die Aufſicht über die Amts- und moraliſche Führung der Geiſt-
    lichen; jedoch müſſen die Viſitationsberichte von den Superinten-
    denten der vorgeſetzten Kirchen- und Schulcommiſſion zunächſt
    eingereicht werden, damit dieſe in allgemeiner Kenntniß von der
    Amtsführung der Geiſtlichen ihres Bezirks bleibt, und in Anſe-
    hung ihres Geſchäftskreiſes ſogleich das Nöthige auf die Viſita-
    tionsberichte veranlaſſen kann. Demnächſt ſind aber dieſelben von
    der Kirchen- und Schulcommiſſion unverzüglich mit einer Anzeige
    deſſen, was ſie darauf verfügt hat, dem Conſiſtorium zur weitern
    Verfügung einzureichen. Im Falle bemerkter Unordnungen iſt das
    Conſiſtorium befugt, außerordentliche Viſitationen zu veranlaſſen;
  • 8) die Einleitung des Strafverfahrens gegen diejenigen Beamten
    des öffentlichen Gottesdienſtes, welche bei Führung ihres Amts
    gegen die liturgiſchen und reinkirchlichen Anordnungen verſtoßen;

29*
[452]
  • 9) die Suspenſion der Geiſtlichen vom Dienſt und den Antrag auf
    deren Remotion, ſofern ſolches nicht wegen eines gemeinen, nicht
    in der Eigenſchaft als Geiſtlicher verübten Vergehens wegen noth-
    wendig wird, in welchem letztern Falle die Suspenſion von Seiten
    der Kirchen- und Schulcommiſſion, oder der betreffenden Gerichts-
    behörden verfügt werden kann;
  • 10) die Ertheilung von Conceſſionen und Dispenſationen mit Aus-
    ſchluß derjenigen zu Haustaufen und Haustrauungen, vom dritten
    Aufgebote und von den verfaſſungsmäßigen Erforderniſſen der
    Confirmation, welche den Regierungen verbleiben, und mit Aus-
    nahme der Dispenſation zum einmaligen Aufgebote, welche dem
    vorgeſetzten Miniſterium vorbehalten iſt;
  • 11) die Anordnungen kirchlicher Feſte, imgleichen der Buß- und Bet-
    tage, nach den Anweiſungen Unſers Miniſteriums der geiſtlichen
    Angelegenheiten und des öffentlichen Unterrichts, und die Beſtim-
    mung der Texte für die bei ſolchen Gelegenheiten zu haltenden
    Predigten;
  • 12) die Cenſur der, das Kirchenweſen betreffenden Schriften; aller
    pädagogiſchen und Schul-Schriften und der religiöſen Volks-
    ſchriften.

B. der römiſch-katholiſchen Kirche.

Im Allgemeinen.

§. 3. Die Angelegenheiten der landesherrlichen Rechte circa
sacra
der römiſch-katholiſchen Kirche verwaltet, inſofern ſie die in-
terna
derſelben betreffen, der Oberpräſident, unbeſchadet der geſetz-
und verfaſſungsmäßigen Amtsbefugniſſe der, dieſer Kirche unmittelbar
vorgeſetzten Biſchöfe.


Das Conſiſtorium iſt in Anſehung dieſer Angelegenheiten bloß
eine berathende Behörde. Es hängt von dem Oberpräſidenten ab,
welche von denſelben er darin durch die katholiſchen Räthe zum Vor-
trag bringen laſſen will. Ihm gebührt indeſſen die Entſcheidung; die
Verfügungen werden in ſeinem Namen ausgefertiget, bloß von ihm
vollzogen und die Berichte und Geſuche in dergleichen Angelegenheiten
namentlich an ihn gerichtet.


Nähere Beſtimmungen.

§. 4. Unter den, dem Oberpräſidenten beigelegten innern Ange-
legenheiten der römiſch-katholiſchen Kirche werden verſtanden:


  • 1) die Erörterungen über die Zuläſſigkeit päpſtlicher Bullen und
    [453] Breven, oder von andern auswärtigen geiſtlichen Obern herrüh-
    render Verordnungen, wegen deren Genehmigung ſtets an das
    vorgeſetzte Miniſterium zu berichten und von dieſem mit Unſerm
    Staatskanzler zu communiciren iſt;
  • 2) die Beſorgung der Geſuche an den Papſt, oder an auswärtige
    geiſtliche Oberen, um canoniſche Beſtätigung der Unſerer Seits
    ertheilten geiſtlichen Würden, ſo wie um Dispenſation von Ehe-
    verboten nach den Grundſätzen des canoniſchen Rechts.
    Es verſteht ſich, daß dieſes auf dem vorſchriftsmäßigen Wege
    geſchehen, und ſofern die Sache zweifelhaft oder bedenklich iſt,
    an das vorgeſetzte Miniſterium zur Mittheilung an den Staats-
    kanzler berichtet werden muß;
  • 3) die Erörterung und Erledigung der Streitigkeiten mit andern
    Religionspartheien über Gegenſtände des öffentlichen Cultus.
    Auch hier muß nicht allein in zweifelhaften, ſondern auch in
    wichtigen und folgereichen Fällen an das vorgeſetzte Miniſterium
    berichtet werden;
  • 4) die Erörterungen über Reviſion und Berichtigung der Kirchen-
    geſetze, welche ohne Genehmigung der angeordneten Miniſterial-
    behörde nicht bekannt gemacht werden dürfen;
  • 5) Beaufſichtigung der Prüfungen, welchen die Candidaten des geiſt-
    lichen Standes Seitens der geiſtlichen Behörden unterworfen
    werden;
  • 6) alle im §. 2. berührte Religionsangelegenheiten, in ſo weit ſie
    ihrer Natur nach unter dem jure circa sacra der katholiſchen
    Kirche mit begriffen werden können.

C. der übrigen Religionspartheien.

§. 5. Alle übrige Religionspartheien ſind gleichfalls, in Anſe-
hung des eigentlichen Cultus, derjenigen Aufſicht des Conſiſtoriums
unterworfen, welche der Staatszweck erfordert, und die Gewiſſens-
freiheit geſtattet.


II. In Angelegenheiten des öffentlichen Unterrichts.

Im Allgemeinen.

§. 6. Sämmtliche Elementar- und Bürgerſchulen, ſo wie die
Privaterziehungs- und Unterrichtsanſtalten bleiben der Aufſicht und
Verwaltung der Regierungen und der mit ihnen verbundenen Kirchen-
und Schulcommiſſionen unterworfen. In Rückſicht derſelben ſteht den
Conſiſtorien nur die obere Leitung in wiſſenſchaftlicher Hinſicht und
[454] in Beziehung auf die innere Verfaſſung, imgleichen die Sorge für die
Ausbildung der Elementar-Schullehrer zu, nach näherer Beſtimmung
des folgenden §., ſo weit er hierauf Anwendung findet.


Alle gelehrte Schulen der Provinz, worunter hier diejenigen ver-
ſtanden werden, welche zur Univerſität entlaſſen, ſtehen hingegen unter
unmittelbarer Aufſicht und Verwaltung des Conſiſtoriums.


Die Univerſitäten und Academien verbleiben unmittelbar von dem
Miniſterium der geiſtlichen Angelegenheiten und des öffentlichen Unter-
richts abhängig.


Nähere Beſtimmungen.

§. 7. Hiernach erſtreckt ſich die Wirkſamkeit der Conſiſtorien in
Abſicht des Unterrichts- und Erziehungs-Weſens auf folgende Gegen-
ſtände:


  • 1) alle ſich auf den pädagogiſchen Zweck der Unterrichtsanſtalten im
    Allgemeinen beziehende Angelegenheiten;
  • 2) die Prüfung der Grundplane oder Statuten der Schulen und
    Erziehungsanſtalten, inſofern ſie deren innere Einrichtung be-
    treffen;
  • 3) die Prüfung neuer, die Reviſion und Berichtigung ſchon vor-
    handener ſpecieller Schulordnungen und Reglements; imgleichen
    der Disciplinargeſetze, nicht minder die Abgabe zweckmäßiger Vor-
    ſchläge, behufs Abſtellung der bei dem Erziehungs- und Unter-
    richts-Weſen eingeſchlichenen Mißbräuche und anzutreffenden
    Mängel;
  • 4) Prüfung der im Gebrauch befindlichen Schulbücher; Beſtimmung
    derjenigen, welche abzuſchaffen oder neu einzuführen, und Regu-
    lirung der Anwendung nach vorheriger Genehmigung des vorge-
    ſetzten Miniſterii;
  • 5) Abfaſſung neuer für nöthig erachteter Schulbücher, welche jedoch
    nicht ohne Genehmigung des vorgeſetzten Miniſterii zum Gebrauch
    für inländiſche Schulen gedruckt werden dürfen;
  • 6) Abfaſſung und Reviſion der Pläne zur Gründung und innern
    Einrichtung von Schullehrer-Seminarien, ſo wie der Anſtalten
    zum Behuf weiterer Ausbildung ſchon angeſtellter Lehrer; ferner
    die Aufſicht und Leitung der gedachten Seminarien; die Anſtel-
    lung und Disciplin der Lehrer bei denſelben.
    [455]Es ſteht dem Conſiſtorio frei, die Seminarien außerordentlich
    revidiren zu laſſen;
  • 7) die Prüfung pro facultate docendi bei den gelehrten Schulen,
    der ſich alle Candidaten, welche unterrichten wollen, nach der
    Verordnung vom 12. Juli 1810. unterziehen müſſen; imgleichen
    die Prüfung der Lehrer bei denſelben pro loco und pro ascensione;
  • 8) Anordnungen von Abiturienten-Prüfungscommiſſarien und Beur-
    theilung der Verhandlungen der Abiturienten-Prüfungen bei den
    gelehrten Schulen nach der darüber erlaſſenen Verordnung, und
    Vorſchläge zur Vervollkommnung dieſer Maaßregeln;
  • 9) die Aufſicht, Leitung und Reviſion der gelehrten Schulen, welche
    zur Univerſität entlaſſen;
  • 10) die Anſtellung, Beförderung, Disciplin, Suspenſion und Ent-
    laſſung der Lehrer bei den gedachten gelehrten Schulen.
    In Rückſicht der Rectoren und oberen Lehrer bei denſelben,
    imgleichen wegen der Directoren bei den Schullehrer-Seminarien
    müſſen ſie jedoch die Genehmigung des vorgeſetzten Miniſterii
    einholen, und was die Entlaſſung betrifft, ſich in Rückſicht ſämmt-
    licher Lehrer nach den diesfälligen Vorſchriften der Regierungs-
    inſtruction wegen der Regierungsbeamten richten.
    Damit aber die Conſiſtorien ſowohl als die Regierungen in
    Hinſicht ihrer Leitung und Einwirkung auf das Unterrichts- und
    Erziehungsweſen eine angemeſſene Richtſchnur erhalten, und die
    allgemeine Jugendbildung der Nation eine feſte gemeinſchaftliche
    Grundlage, mit nöthiger Berückſichtigung der Eigenthümlichkeiten
    aller einzelnen Beſtandtheile des Staats, bekomme, ſoll eine allge-
    meine Schulordnung, welche die bei jener Leitung und Aufſicht,
    ſowohl in Abſicht der inneren als äußeren Verhältniſſe des Schul-
    und Erziehungsweſens, zu befolgenden Grundſätze und Vorſchriften
    umfaßt, entworfen, und auf den Grund derſelben demnächſt be-
    ſondere Schulordnungen für die einzelnen Provinzen erlaſſen
    werden; wozu Wir bereits die nöthigen Befehle ertheilt haben.

Beſondere Beſtimmungen wegen der römiſch-katholiſchen Schulen.

§. 8. Die Beſtimmungen der vorſtehenden beiden §§. finden auch
auf das römiſch-katholiſche Erziehungs- und Unterrichtsweſen Anwen-
dung; jedoch bleibt den katholiſchen Biſchöfen ihr Einfluß, ſo weit er
verfaſſungs- und geſetzmäßig iſt, auf den Religionsunterricht in den
[456] öffentlichen Schulen und auf die Anſtellung der beſonderen Religions-
lehrer, wo dergleichen vorhanden ſind, vorbehalten. Es ſoll zu dieſem
Ende Seitens der Oberpräſidenten mit den Biſchöfen die Rückſprache
genommen werden, daß Letztere zur Abkürzung des Geſchäftsganges
bei den Prüfungen der Lehrer, die mit für den katholiſchen Religions-
unterricht beſtimmt ſind, Commiſſarien für dieſen Zweig der Prüfung
den von Seiten der Conſiſtorien zu beſtellenden Examinatoren zuord-
nen, ſo daß keine zweifache Prüfung, eine bei dem Conſiſtorium, und
eine bei dem biſchöflichen Examinator, ſondern nur eine einfache von
den Bevollmächtigten des Conſiſtoriums und Biſchofes zuſammen
Statt findet.


Inſofern ſich die Nothwendigkeit darſtellen möchte, über das
gegenſeitige Verhältniß der Conſiſtorien und Biſchöfe in der angege-
benen Beziehung noch nähere Beſtimmungen zu treffen, werden ſolche
vorbehalten.


III. In den äußeren Angelegenheiten der Kirchen und Schulen.

§. 9. Die Verwaltung der äußern Angelegenheiten der Kirchen
und Schulen aller Confeſſionen, insbeſondere der Aufſicht auf die Ver-
waltung des Kirchen- und Schulvermögens, gehört den Regierungen,
mit Ausnahme der im §. 2. unter Nr. 6., und im §. 7. unter Nr. 6.
und 9. gedachten Schul- und Unterrichtsanſtalten, imgleichen ſolcher
Kirchen- und Schulfonds, deren Beſtimmung ſich nicht auf den ein-
zelnen Regierungsbezirk, ſondern auf mehrere der Provinz erſtreckt.
In Anſehung dieſer Anſtalten und Fonds ſteht auch die Verwaltung
der äußern Angelegenheiten und des Vermögens dem Conſiſtorium zu.


Doch ſoll die eigentliche Caſſen- und Rechnungsverwaltung von
dieſen Anſtalten und Fonds, ſofern ſelbige überhaupt bei einer Staats-
behörde geführt wird, ſo wie die Oeconomie der denſelben angehörigen
Grundſtücke, bei derjenigen Regierung, in deren Bezirk die Anſtalten,
Fonds oder Grundſtücke belegen ſind, nach Maaßgabe der beſtätigten
Etats und Nutzungspläne geführt werden. Die Etats werden bei der
Regierung entworfen, von welcher auch die nöthigen Pläne und Vor-
ſchläge über die Benutzung der Grundſtücke ausgehen, und dem Con-
ſiſtorium zur Prüfung eingereicht, welches entweder die Beſtätigung
ertheilt, oder wenn es nöthig iſt, ſelbige bei dem vorgeſetzten Miniſterio
nachſucht. In ſo weit der Etat die Summe ſowohl, als den Em-
pfänger beſtimmt ausdrückt, kann die Regierung, nach Maaßgabe
[457] deſſelben, die Zahlung zur gehörigen Zeit ohne weitere Anfrage leiſten
laſſen; im entgegengeſetzten Fall iſt dazu die Genehmigung des Con-
ſiſtoriums erforderlich.


Die Oberpräſidenten werden in dieſer Hinſicht indeſſen die Re-
gierungen in dem Geiſte der ihnen ertheilten Inſtruction mit den
nöthigen allgemeinen Anweiſungen verſehen, damit auf der einen Seite
nicht wegen unbedeutender, oder an ſich unbedenklicher Zahlungen be-
richtet werden darf, auf der andern Seite aber auch das Conſiſtorium
in fortwährender Ueberſicht von dem Zuſtande, der zu ſeiner Aufſicht
und Verwaltung gehörigen Fonds verbleibt, und ſelbige nicht durch
die Zahlungen der Regierungen für die von dem Conſiſtorium beab-
ſichtigten Dispoſitionen geſchwächt werden.


Wegen Abnahme und Decharge der Rechnungen von dergleichen
Fonds wird es eben ſo gehalten, als wegen der Etats vorſtehend vor-
geſchrieben worden.


Befugniſſe und Obliegenheiten des Conſiſtoriums in dem ihm angewieſenen
Geſchäftskreiſe.


§. 10. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die Conſiſtorien bei Aus-
übung ihres Amts ſich überall nach beſtehenden Geſetzen und Vor-
ſchriften zu richten haben.


Außer denjenigen Fällen, wo ſie nach den vorſtehenden Beſtim-
mungen an das vorgeſetzte Miniſterium berichten müſſen, dient ihnen
darüber theils die Analogie der Regierungsinſtruction, theils der all-
gemeine Grundſatz, daß ſie nur innerhalb ſchon gegebener Vorſchriften
und Beſtimmungen handeln dürfen, zur Norm, dergeſtalt, daß ſie in
allen Fällen, wo es auf Feſtſtellung von allgemeinen Grundſätzen,
auf neue Anordnungen und Einrichtungen, oder Veränderungen und
Abweichungen von bereits beſtehenden, ankommt, und außerdem in
allen Fällen, wo es nach der Analogie der Regierungsinſtruction nö-
thig ſein würde, die Genehmigung des ihnen vorgeſetzten Miniſteriums
einholen müſſen.


In allen Fällen aber, wo es bloß auf Anwendung und Ausfüh-
rung ſchon beſtehender Vorſchriften und Grundſätze ankommt, können
ſie ohne weitere Anfrage verfügen.


Die Erfahrung wird es ergeben, ob und in wie weit es angäng-
lich ſei, die Grenzlinie in obiger Beziehung annoch näher zu beſtimmen;
imgleichen ob und wie weit das über die geiſtlichen und Schulange-
[458] legenheiten zwiſchen den Conſiſtorien und Regierungen feſtgeſetzte
Reſſort-Verhältniß einiger Modificationen und näheren Beſtimmungen
bedürfe, und Wir behalten Uns vor, alsdann das Nöthige darüber
zu entſcheiden.


Verhältniß des Conſiſtoriums zu den Regierungen, geiſtlichen und Schulcommiſſionen
der Provinz.


§. 11. In ſo weit dem Conſiſtorium nach der gegenwärtigen In-
ſtruction eine Einwirkung auf die den Regierungen übertragene Ver-
waltung der geiſtlichen und Schulangelegenheiten zuſteht, kann daſſelbe
auch an die Kirchen- und Schulcommiſſion der Regierungen in der
Provinz verfügen; und dieſe iſt gehalten, die Verfügungen deſſelben
zur Ausführung bringen zu laſſen. An die Regierung ſelbſt ſchreibt
das Conſiſtorium nur in dem Erſuchungsſtyl, ſo wie darin von jener
an dieſes geſchrieben wird.


Diejenigen Angelegenheiten des Conſiſtoriums, welche auf das den
Regierungen und ihren Kirchen- und Schulcommiſſionen beigelegte
Reſſort von Einfluß, oder ihnen ſonſt zu wiſſen nöthig ſind, hat das
Conſiſtorium durch die betreffende Regierung zur Ausführung bringen
zu laſſen. In allen übrigen Fällen macht daſſelbe aber die nöthigen
Aufträge den bei gedachten Commiſſionen angeſtellten geiſtlichen und
Schulräthen oder den Superintendenten, welche überhaupt die Organe
ſind, deren ſich das Conſiſtorium in Hinſicht ſeines Reſſorts der Regel
nach bedient, ſofern es dabei auf eine nähere perſönliche Einwirkung
auf die Geiſtlichen ankommt.


Da die Berichte, welche die Regierungen an die Miniſterien er-
ſtatten, ohnehin durch die Oberpräſidenten gehen, ſo wird es dieſen
überlaſſen, wenn ſelbige Gegenſtände betreffen, die in das Reſſort des
Conſiſtoriums mit eingreifen, die Berichte bei dem Conſiſtorium, ſo-
fern ſie an daſſelbe nicht ſchon directe geſchickt ſind, zur Kenntnißnahme,
und nöthigenfalls zur Beachtung vorzulegen, welches indeſſen jedesmal
ganz beſonders zu beſchleunigen iſt, damit die Sache dadurch nicht zu
lange aufgehalten wird. Der Oberpräſident ſorgt ferner dafür, daß
das Conſiſtorium von den auf die gedachten Berichte eingehenden Ver-
fügungen des Miniſteriums Kenntniß erhalte, und daſſelbe überhaupt
in möglichſtem Zuſammenhange über das Kirchen- und Schulweſen
verbleibe.


[459]

Verhältniß der Conſiſtorien zu den wiſſenſchaftlichen Prüfungscommiſſionen.


§. 12. Bei den durch Unſere Cab.-O. vom 19. December v. J.,
anſtatt der ehemaligen wiſſenſchaftlichen Deputationen, angeordneten
wiſſenſchaftlichen Prüfungscommiſſionen in Berlin, Breslau, Königs-
berg, Halle, Münſter und am Sitze der zu ſtiftenden Rheiniſchen
Univerſität, welche beſtimmt ſind, einige der, den Conſiſtorien im §. 7.
gegenwärtiger Inſtruction beigelegten, inſonderheit die daſelbſt unter
Nr. 2, 3, 4, 7 und 8 erwähnten Geſchäfte, jedoch die erſtern drei
nur inwiefern ſie auf das gelehrte Schulweſen Bezug haben, Na-
mens und in Auftrag derſelben zu verrichten, hat es ſein Verbleiben.
Die Prüfungscommiſſion in Berlin ſoll den Conſiſtorien in Berlin und
Stettin, die in Breslau den Conſiſtorien in Breslau und Poſen, die
in Königsberg den Conſiſtorien in Königsberg und Danzig, die in
Halle dem Conſiſtorium zu Magdeburg, die in Münſter dem Conſiſto-
rium daſelbſt, die am Sitze der rheiniſchen Univerſität den Conſiſto-
rien in Cöln und Coblenz zu den bezeichneten Geſchäften dienen.
Jede von ihnen ſoll jedoch in ein ſolches Verhältniß zu den Conſiſtorien,
mit denen ſie verbunden iſt, geſetzt werden, wie es das Anſehen und
die Wirkſamkeit der letzteren erfordert, und, ſofern ſie zu zweien ge-
hört, immer unter der nähern Aufſicht des Conſiſtoriums, an deſſen
Sitze ſie befindlich iſt, ſtehen.


Nach dieſen Beſtimmungen ſoll eine nähere Inſtruction für dieſe
wiſſenſchaftlichen Prüfungscommiſſionen durch das angeordnete Mini-
ſterium entworfen werden.


Innere Verfaſſung des Conſiſtoriums.


§. 13. Die innere Verfaſſung des Conſiſtoriums iſt collegialiſch,
und alle Gegenſtände deſſelben werden, ſofern darin nicht nach §. 3.
und 4. dem Oberpräſidenten die alleinige Entſcheidung beigelegt iſt,
nach Mehrheit der Stimmen entſchieden, bei deren Gleichheit indeſſen
die des Vorſitzenden den Ausſchlag giebt.


Die bei den Kirchen- und Schulcommiſſionen angeſtellten geiſtlichen
und Schulräthe ſind ebenfalls Mitglieder des Conſiſtoriums, und haben
bei ihrer Anweſenheit Sitz und Stimme in demſelben.


Sie werden von dem Oberpräſidenten alle Jahr wenigſtens einmal
in das Conſiſtorium berufen, um über die Lage und beſonderen Ver-
hältniſſe der Kirchen- und Schulangelegenheiten des Regierungsbezirks
Auskunft zu geben und Vortrag zu machen.


[460]

Geiſtliche- und Schulcommiſſion, bei der Regierung am Sitz des Conſiſtoriums.


§. 14. Wir finden es angemeſſen, auch bei denjenigen Regie-
rungen, an deren Sitze ſich das Conſiſtorium befindet, eine Kirchen-
und Schulcommiſſion einzurichten, damit in dieſer Hinſicht die Ver-
faſſung überall gleich ſei. Es ſollen indeſſen zu den geiſtlichen und
Schulräthen bei dieſen Commiſſionen Mitglieder des Conſiſtoriums
genommen werden, und Wir überlaſſen es den Oberpräſidenten, ſelbige
zu wählen und zu ernennen.


Disciplinar-Vorſchriften. Geſchäftsgang.


§. 15. So viel endlich das Verhältniß der Oberpräſidenten, als
Präſidenten des Conſiſtoriums, zu den Mitgliedern deſſelben, das Ver-
hältniß der letzteren unter ſich und zu den Subalternen, die Dienſt-
disciplin und Verantwortlichkeit der bei dem Conſiſtorium angeſtellten
Mitglieder und Beamten und den Geſchäftsgang anbetrifft, ſo findet
darüber analogiſch alles dasjenige Anwendung, was in dieſer Hinſicht
in der Regierungsinſtruction vorgeſchrieben iſt.


Schluß.


Wir machen es Unſerm Staats-Miniſterium, den Oberpräſidenten
und Conſiſtorien, ſowie allen übrigen Behörden, welche dadurch be-
troffen werden, zur Pflicht, ſich nach vorſtehender Inſtruction gebührend
zu achten, und haben zu den Conſiſtorien das Vertrauen, daß ſie mit
regem Eifer und treuer Liebe die Pflicht ihres wichtigen Berufs zu
erfüllen ſich beſtreben werden.


16.


Cab.-O. v. 31. Decbr. 1825. (G.-S. pro 1826. S. 6.), betr.
einige Abänderungen in der bisherigen Organiſation
der Verwaltungsbehörden
.


Die Abänderung der bisherigen Organiſation der Provinzial-Ver-
waltungsbehörden verordnet für die Geſchäftsführung der Conſiſtorien:
1) Das Collegium theilt ſich in zwei Abtheilungen; die eine bearbeitet
unter dem Namen: Conſiſtorium, die evangeliſchen geiſtlichen Sachen,
und die andere unter dem Namen: Provinzial-Schulcollegium, die dem
Collegium durch jene Dienſt-Inſtruction überwieſenen Unterrichts-Ange-
legenheiten; dem Oberpräſidenten wird überlaſſen, die Mitglieder, mit
Berückſichtigung ihrer perſönlichen Qualification, zu den Arbeiten der
einen oder der andern, oder beider Abtheilungen zuzuziehen. — 2) Den
[461] Conſiſtorien wird außer der Prüfung der evangeliſch-geiſtlichen Can-
didaten (§. 2. Abſchnitt 3. der Inſtruction) auch deren Ordination hier-
mit übertragen. — 3) Die Provinzial-Schulcollegien ſollen künftig zwar
nur zur Anſtellung der Rectoren der gelehrten Schulen und der Di-
rectoren der Schullehrer-Seminarien (§. 7. Abſchnitt 10. der Dienſt-
Inſtruction) die Genehmigung des vorgeſetzten Miniſterii nachzuſuchen
haben, jedoch ſind ſie verpflichtet, in vorkommenden Fällen deſſen An-
weiſungen Hinſichts der neuen Anſtellung, der Beförderung oder Ver-
ſetzung einzelner Individuen nachzukommen, demſelben auch auf Erfor-
dern von eintretenden Vacanzen vor der Wiederbeſetzung der Stelle
Anzeige zu machen. — 4) Unter Aufhebung der betreffenden Vorſchriften
im §. 9. der frühern Inſtruction wird hiermit die geſammte Ver-
mögensverwaltung und das Caſſen- und Rechnungsweſen der Gym-
naſien, der gelehrten Schulen und der Schullehrer-Seminarien, ſowie
der mit den vorgenannten Inſtituten in unmittelbarer Verbindung
ſtehenden Erziehungs- und Unterrichts-Anſtalten, den Provinzial-Schul-
collegien überwieſen; nicht weniger gehört zu deren Reſſort die Ver-
waltung der bei dieſen Inſtituten befindlichen Stipendienfonds und des
Königl. Collaturrechts. — Bei dem Etats-, Caſſen- und Rechnungs-
weſen, ſowie bei der eigentlichen Vermögens-Verwaltung, haben die
Provinzial-Schulcollegien diejenigen Beſtimmungen analogiſch zu be-
folgen, welche insbeſondere der Regierungs-Abtheilung für das Kirchen-
und Schulweſen, Hinſichts der von derſelben reſſortirenden Anſtalten
und Stiftungen, vorgeſchrieben worden ſind. — Dem Oberpräſidenten
wird überlaſſen, bei der Vermögens-Verwaltung ſolcher Anſtalten,
welche vom Provinzial-Schulcollegio reſſortiren, in vorkommenden Fällen
einen ſachverſtändigen Rath der betreffenden Regierung zuzuziehen.


Die größeren Regierungen theilen ſich in drei Abtheilungen, die
des Innern, die der directen Steuern, und die des Schulweſens und
der Kirchen-Verwaltung. Dieſe hat die §. 2. Nr. 6. und §. 18. der
Inſtruction von 1817. bezeichneten kirchlichen und Schul-Angelegen-
heiten zu bearbeiten, welche nicht dem Conſiſtorio und Provinzial-
Schulcollegio durch die Dienſt-Inſtruction vom 23. October 1817.
und Unſrer gegenwärtigen Ordre vorbehalten ſind.


[462]

17.


Verordn. v. 27. Juni 1845. (G.-S. S. 440.), betr. die Reſſort-
verhältniſſe der Provinzialbehörden für das evan-
geliſche Kirchenweſen
.


Wir ꝛc. verordnen, zur Beſeitigung der über die Reſſortverhält-
niſſe der Regierungen und der Conſiſtorien entſtandenen Zweifel und
zur Herſtellung einer dem Bedürfniß entſprechenden Vertheilung der
Geſchäfte in den evangeliſch-kirchlichen Angelegenheiten, auf den Antrag
Unſeres Staatsminiſteriums, wie folgt:


§. 1. Die nach den Inſtructionen für die Provinzial-Conſiſtorien
und die Regierungen vom 23. Octbr. 1817. (G.-S. S. 237—248.)
und die Ordre vom 31. December 1825. (G.-S. pro 1826. S. 5.)
zum Geſchäftskreiſe der Regierungen gehörigen Angelegenheiten der
evangeliſchen Kirche gehen, ſo weit ſie in der gegenwärtigen Verord-
nung den Regierungen nicht beſonders vorbehalten ſind, an die Con-
ſiſtorien über.


Namentlich werden den letztern überwieſen:


  • 1) Die Beſtätigung der von Privatperſonen und Gemeinen zu geiſt-
    lichen Stellen berufenen Perſonen;
  • 2) die Einführung der Geiſtlichen ins Amt;
  • 3) die Beſtätigung derjenigen von Privatpatronen und Gemeinen
    ernannten weltlichen Kirchenbedienten, welche nicht für die Ver-
    waltung des kirchlichen Vermögens angeſtellt ſind (§. 3. Nr. 6.),
    ſofern eine ſolche Beſtätigung verfaſſungsmäßig erforderlich iſt;
  • 4) die Aufſicht über die amtliche und ſittliche Führung der Geiſtlichen
    und der unter 3. erwähnten weltlichen Kirchenbedienten, ſowie
    die damit verfaſſungsmäßig verbundenen Disciplinarbefugniſſe,
    wozu auch die Verfügung der Amtsſuspenſion und der Antrag
    auf Remotion in denjenigen Fällen zu rechnen iſt, in welchen
    bisher den Regierungen ſolche zuſtand. (Conſiſtorialinſtruction
    v. 23. Octbr. 1817. §. 2. Nr. 9.) Die Ertheilung des Urlaubs
    für Geiſtliche erfolgt, ſo weit nicht die Superintendenten oder
    General-Superintendenten dazu nach den beſtehenden geſetzlichen
    Vorſchriften ermächtigt ſind, durch den Vorſitzenden des Con-
    ſiſtoriums. Iſt der Geiſtliche zugleich als Schulinſpector ange-
    ſtellt, ſo muß die Regierung hiervon in Kenntniß geſetzt werden,
    [463] damit dieſe auch ihrerſeits wegen Bewilligung des Urlaubs in
    Beziehung auf das Schulamt das Erforderliche verfüge. In-
    wiefern den Regierungen fernerhin in einzelnen Fällen eine Auf-
    ſicht und Disciplin über die Geiſtlichen gebührt, iſt in den §§. 3.
    und 4. beſtimmt;
  • 5) die Aufrechthaltung der Kirchenzucht innerhalb der durch die be-
    ſtehenden Landesgeſetze beſtimmten Grenzen;
  • 6) die Ertheilung von Dispenſationen in den bisher den Regierungen
    nachgelaſſenen Fällen (Conſiſtorial-Inſtruction vom 23. October
    1817. §. 2. Nr. 10.); es bleibt jedoch den Conſiſtorien vorbe-
    halten, dieſe Dispenſationsbefugniß, wo ſich ein beſonderes Be-
    dürfniß dazu ergiebt, den Superintendenten, unter Genehmigung
    des Miniſters der geiſtlichen Angelegenheiten, zu delegiren.

§. 2. Bei den, dem landesherrlichen Patronat unterworfenen
Kirchen wird das Ernennungsrecht zu den geiſtlichen Stellen der im
§. 1. unter 3. erwähnten weltlichen Kirchenbedienten durch die Con-
ſiſtorien in Kraft Unſeres ihnen hierdurch ertheilten Auftrages ausgeübt.


§. 3. Den Regierungen verbleibt:


  • 1) Die Regulirung des Interimiſticums in ſtreitigen Kirchen-, Pfarr-
    und Küſterbauſachen;
  • 2) die Aufſicht über die Kirchenbücher;
  • 3) die Sorge für die Anlegung und Unterhaltung der Kirchhöfe;
  • 4) die Anordnung und Vollſtreckung der zur Aufrechthaltung der
    äußern kirchlichen Ordnung erforderlichen polizeilichen Vorſchriften;
  • 5) die Aufſicht über das Vermögen der dem landesherrlichen Patro-
    nat nicht unterworfenen Kirchen, kirchlichen Stiftungen und In-
    ſtitute, ſowie die Ausübung der landesherrlichen Aufſichts- und
    Verwaltungsrechte in Anſehung des Vermögens der dem landes-
    herrlichen Patronat unterworfenen Kirchen, kirchlichen Stiftungen
    und Inſtitute;
  • 6) die Ernennung oder Beſtätigung der für die Verwaltung des
    kirchlichen Vermögens anzuſtellenden weltlichen Kirchenbedienten,
    ſowie die Aufſicht über deren amtliche und ſittliche Führung und
    die damit verfaſſungsmäßig verbundenen Disciplinarbefugniſſe.

Wo über das Vorhandenſein eines kirchlichen Bedürfniſſes oder die
Abmeſſung ſeines Umfanges Zweifel entſtehen, ingleichen wo es ſich
um die Verwendung der bei der Vermögensverwaltung einzelner
[464] Kirchen, kirchlichen Stiftungen und Inſtitute (Nr. 5.) ſich ergebenden
Ueberſchüſſe handelt, haben ſich die Regierungen mit den Conſiſtorien
in näheres Einvernehmen zu ſetzen.


§. 4. Den Regierungen verbleibt in den ihnen vorbehaltenen
Angelegenheiten (§. 3.), ſowie in Beziehung auf das Schulweſen,
die Befugniß, die Geiſtlichkeit ihres Bezirks durch Ermahnungen,
Zurechtweiſungen und Ordnungsſtrafen zur Erfüllung ihrer Obliegen-
heiten anzuhalten.


§. 5. Zum gemeinſchaftlichen Geſchäftskreiſe der Conſiſtorien und
Regierungen gehören:


  • 1) die Veränderungen beſtehender, ſowie die Einführung neuer Stol-
    gebühren-Taxen und
  • 2) die Veränderung beſtehender, ſowie die Bildung neuer Pfarr-
    bezirke.

Jede dieſer Behörden iſt befugt, die dazu erforderlichen Einlei-
tungen und Vorbereitungen mit Hülfe ihrer Organe ſelbſtſtändig zu
treffen. Es muß aber vor der in dieſen Fällen allemal erforderlichen
Berichterſtattung an den Miniſter der geiſtlichen Angelegenheiten die
Erklärung der andern Behörden eingeholt werden.


§. 6. Der Vorſitz in den Provinzialconſiſtorien ſoll mit dem
Amte der Oberpräſidenten in Zukunft nicht von ſelbſt und unmittelbar
verbunden ſein (Ordre vom 31. December 1825. zu B. 1.; Inſtruction
für die Oberpräſidenten von demſelben Tage §. 3.). Wir behalten
Uns vielmehr vor, in jedem einzelnen Falle wegen Ernennung des
Vorſitzenden beſonders zu beſtimmen.


§. 7. Bei den Regierungen ſollen zur Mitwirkung bei Bear-
beitung der das Kirchen- und Schulweſen betreffenden Angelegenheiten
auch fernerhin geiſtliche Räthe angeſtellt werden.


Die bei den Regierungen angeſtellten evangeliſch-geiſtlichen Räthe
ſind zugleich Mitglieder und Organe des Conſiſtoriums (§. 46. Re-
gierungs-Inſtruction vom 23. October 1817.) und werden von dieſem
von Zeit zu Zeit, mindeſtens aber alle Jahre zwei Mal, einberufen,
um über ſolche Gegenſtände zu berathen, welche für die Regierung
und das Conſiſtorium von gemeinſamen Intereſſen ſind.


Auch ſind die Conſiſtorien befugt, einen bei der Regierung an-
geſtellten geiſtlichen Rath mit Genehmigung des Miniſters der geiſt-
lichen Angelegenheiten auf längere oder kürzere Zeit in das Conſiſto-
[465] rium zu ziehen, und an ſeiner Stelle ein Mitglied des Conſiſtoriums
in die Regierung abzuordnen.


§. 8. Unſere Miniſter der geiſtlichen Angelegenheiten, des Innern
und der Finanzen ſind beauftragt, wegen Ausführung der gegenwär-
tigen Verordnung das Erforderliche anzuordnen, und den Zeitpunkt,
mit welchem dieſelbe in den einzelnen Provinzen in Wirkſamkeit treten
ſoll, durch die Amtsblätter bekannt zu machen ꝛc.


18.


Geſetz v. 29. März 1844. (G.-S. S. 77.), betr. das gericht-
liche und Disciplinar-Strafverfahren gegen Beamte
.


Wir Friedrich Wilhelm ꝛc. verordnen zur nähern Feſtſtellung des
gerichtlichen und des Disciplinar-Strafverfahrens gegen Beamte, auf
den Antrag Unſeres Staatsminiſteriums und nach erfordertem Gut-
achten Unſeres Staatsraths, für den ganzen Umfang Unſerer Monarchie,
was folgt:


§. 1. Das gegenwärtige Geſetz findet, ſoweit nicht darin beſon-
ders eine Ausnahme gemacht iſt, auf alle Civilbeamte, ſowohl im
unmittelbaren als mittelbaren Staatsdienſte, ingleichen auf Militair-
beamte Anwendung.


Auf ſtädtiſche Beamte iſt dieſes Geſetz nicht zu beziehen.


I.Gerichtliches Strafverfahren.


§. 2. Wenn Beamte ſich gemeiner Verbrechen oder ſolcher Dienſt-
vergehungen ſchuldig machen, welche in den Geſetzen mit der Caſſation
oder Amtsentſetzung bedroht ſind (Amtsverbrechen), ſo gehört die
Unterſuchung und Beſtrafung vor die Gerichte.


Daſſelbe ſoll auch bei Beſtechungen Statt finden, ohne Rückſicht
auf die Art und das Maaß der Strafe.


§. 3. Alle andern Dienſtvergehen ſind als Vergehen gegen die
Disciplin zu behandeln und im Disciplinarwege zu ahnden (§. 14 seq.)


Eben dieſes ſoll auch in Fällen, in denen das Geſetz die Caſſation
oder Amtsentſetzung androht, Statt finden,


  • 1) wenn dem Vergehen nur Fahrläſſigkeit zum Grunde liegt;
  • 2) wenn jene Strafe durch unordentliche Lebensart verwirkt iſt.
    (§§. 363. 564. Th. II. Tit. 20. A. L.-R.)

§. 4. Die Beſtimmung des §. 333. Tit. 20. Th. II. A. L.-R.
iſt nur auf ſolche Fälle anzuwenden, in welchen die Verletzung der
30
[466] Amtspflicht von dem Beamten in der Abſicht verübt worden iſt, ſich
oder Andern Vortheil zu verſchaffen, oder dem Staate oder einem
Andern Nachtheil zuzufügen.


Andere Fälle einer vorſätzlichen Verletzung der Amtspflicht ſollen,
inſofern ſie nicht nach §. 2. zu den Amtsverbrechen zu rechnen ſind,
im Disciplinarwege geahndet werden.


§. 5. Wegen eines Amtsverbrechens darf die gerichtliche Unter-
ſuchung nur auf den Antrag der vorgeſetzten Dienſtbehörde eingeleitet
werden.


Zu dieſem Antrage iſt, wenn der Angeſchuldigte zu den Mitglie-
dern einer Provinzialbehörde gehört, oder mit den Räthen der Landes-
collegien in gleichem Range ſteht, nur der Verwaltungschef, außer
dieſem Falle aber die vorgeſetzte Provinzialdienſtbehörde befugt.


Iſt in einem Falle, in welchem zu der gerichtlichen Unterſuchung
der Antrag des Verwaltungschefs erforderlich iſt, Gefahr im Verzuge,
ſo kann die Provinzialdienſtbehörde die Einleitung der Unterſuchung
vorläufig veranlaſſen, ſie muß aber darüber ſofort an den Verwaltungs-
chef berichten und deſſen Genehmigung dem Gerichte nachbringen,
welches bei Verſagung derſelben das Verfahren einzuſtellen hat.


Den Provinzialdienſtbehörden ſind hiebei diejenigen Centralbehör-
den gleich zu achten, welche Uns nicht unmittelbar, ſondern zunächſt
den Miniſterien oder beſonderen Verwaltungschefs untergeordnet ſind.


§. 6. Iſt ein Beamter im Reſſort verſchiedener Dienſtbehörden
angeſtellt, ſo muß der Antrag auf gerichtliche Unterſuchung von der-
jenigen Dienſtbehörde ausgehen, in deren Reſſort das Amtsverbrechen
verübt worden iſt.


§. 7. Das Geſetz vom 25. April 1835. über die Competenz der
Dienſt- und Gerichtsbehörden zur Unterſuchung der von Staatsbe-
amten im Amte verübten Ehrenkränkungen wird aufgehoben. Es muß
jedoch, wenn ein Beamter wegen einer ſolchen Ehrenkränkung gericht-
lich belangt wird, nach Beendigung der vorläufigen Ermittelungen und
vor förmlicher Eröffnung der Unterſuchung die Dienſtbehörde des Be-
amten mit ihrer Erklärung darüber gehört werden, ob der Beamte
ſich in Beziehung auf die ihm angeſchuldigte Handlung einer Ueber-
ſchreitung der Amtsbefugniſſe ſchuldig gemacht hat.


Iſt die Ehrenkränkung zwiſchen vorgeſetzten und untergebenen
Beamten vorgefallen, und nicht mit Thätlichkeiten verbunden geweſen,
[467] ſo wird ſolche im Disciplinarwege gerügt, es bleibt aber der vorge-
ſetzten Behörde vorbehalten, die Sache den Gerichten zur Beſtrafung
zu überweiſen.


§. 8. In den Unterſuchungen gegen Grenzaufſichts-Beamte und
Forſt- und Jagdbeamte wegen Mißbrauchs der Waffen, verbleibt es
bei dem durch die Geſetze vom 28. Juni 1834. und vom 31. März 1837.
vorgeſchriebenen Verfahren.


§. 9. Gegen Geiſtliche findet die gerichtliche Unterſuchung
nur wegen ſolcher Amtsvergehen Statt, welche das bürgerliche Geſetz
mit Strafe bedroht, wegen dieſer Vergehen aber, ſofern ſie nicht bloß
zu einer Ordnungsſtrafe ſich eignen, ohne Unterſchied, ob das Ver-
gehen mit der Amtsentſetzung bedroht iſt oder nicht. — Das im
§. 500. Tit. 20. Th. II. A. L.-R. bezeichnete Vergehen, ſo wie die
im §. 499. a. a. O. erwähnten Vergehungen, ſofern mit denſelben
nicht ein gemeines Verbrechen verbunden iſt, bleiben jedoch der Be-
ſtrafung im Disciplinarwege vorbehalten.


Zu dem Antrage auf gerichtliche Unterſuchung iſt nur der Miniſter
der geiſtlichen Angelegenheiten berechtigt.


§. 10. Treffen mit einem gemeinen Verbrechen oder mit einem
Amtsverbrechen Disciplinarvergehen zuſammen, ſo iſt zunächſt wegen
der Verbrechen die gerichtliche Unterſuchung einzuleiten. Wird in
dieſer auf Amtsentſetzung erkannt, ſo findet wegen der Disciplinar-
vergehen ein weiteres Strafverfahren nicht Statt. Wird dagegen nicht
auf Amtsentſetzung erkannt, ſo bleibt die beſondere Ahndung der Ver-
gehen im Disciplinarwege vorbehalten.


§. 11. Iſt wegen einer Verletzung der Amtspflicht die gericht-
liche Unterſuchung eingeleitet worden, und der Richter findet demnächſt,
daß die Pflichtverletzung nicht als ein Amtsverbrechen, ſondern nur
als ein Disciplinarvergehen zu betrachten ſei, ſo iſt der Angeſchuldigte
von der Anklage wegen des Amtsverbrechens zu entbinden, wegen des
Disciplinarvergehens aber der Dienſtbehörde zur Beſtrafung zu über-
weiſen.


§. 12. Iſt die Handlung, welche Gegenſtand der gerichtlichen
Unterſuchung war, von dem Richter zwar an ſich für ein Amtsver-
brechen oder ein gemeines Verbrechen erachtet, nach der Beſchaffenheit
des Falles aber die Anwendung einer Strafe überhaupt nicht oder
doch die Strafe der Caſſation oder Amtsentſetzung nicht gegründet
30*
[468] befunden worden, und es iſt deshalb ein freiſprechendes oder ein nicht
auf jene Strafe lautendes Erkenntniß ergangen, ſo ſoll wegen dieſer
Handlung ein Disciplinar-Strafverfahren nicht weiter zuläſſig ſein.


§. 13. Hat ein Beamter ein gemeines Verbrechen begangen,
welches nur auf den Antrag des Beleidigten beſtraft werden darf,
jedoch von der Art iſt, daß das amtliche Anſehen und Vertrauen da-
durch gefährdet erſcheint, und trägt der Beleidigte nicht auf Beſtrafung
an oder nimmt er den Strafantrag zurück, ſo kann wegen eines ſol-
chen Verbrechens das Disciplinar-Strafverfahren zum Behuf der Ent-
fernung des Schuldigen aus dem Amte eingeleitet werden.


(Wegen der §§. 14—38. ſ. §. 53. — Die §§. 39—52. enthalten beſon-
dere Beſtimmungen über einzelne Beamtenclaſſen.)


§. 53. Auf Geiſtliche und öffentliche Lehrer finden die Vor-
ſchriften der §§. 14. bis 38. keine Anwendung, wegen der Disciplinar-
vergehen derſelben iſt nach den beſonderen Vorſchriften hierüber zu
verfahren.


II.Amtsſuspenſion.


§. 54. Bei Einleitung der gerichtlichen Unterſuchung, ſowie des
Disciplinarverfahrens auf Entfernung aus dem Amte kann der An-
geſchuldigte vom Amte ſuspendirt werden. Die Suspenſion muß
nothwendig erfolgen, wenn der Angeſchuldigte in einer gerichtlichen
Unterſuchung durch das Erkenntniß erſter Inſtanz zur Amtsentſetzung
verurtheilt worden iſt. In dieſem Falle wird die Suspenſion ſogleich
nach Publication des Erkenntniſſes von der zunächſt vorgeſetzten Dienſt-
behörde angeordnet. In allen andern Fällen ſteht die Verfügung
hierüber der in §§. 5. u. 6. bezeichneten Behörde zu; doch kann, wenn
Gefahr im Verzuge iſt, die Provinzialdienſtbehörde, ſowie die derſelben
nach §§. 5., 38. und 41. gleich zu achtende Behörde, gegen Beamte,
in deren Hinſicht die Verfügung dem Verwaltungschef zuſteht, die
Suspenſion einſtweilen veranlaſſen, und der Vorſteher einer Unter-
behörde einem ihm untergeordneten Beamten die Ausübung des Amtes
vorläufig unterſagen; es muß aber darüber ſofort an die vorgeſetzte
Inſtanz berichtet werden.


§. 55. Der ſuspendirte Beamte behält während der Unterſuchung
die Hälfte ſeines Dienſteinkommens; iſt aber gegen ihn in einer ge-
richtlichen Unterſuchung durch das Erkenntniß erſter Inſtanz die Amts-
entſetzung ausgeſprochen worden, ſo iſt ihm, von der Zeit der Pu-
[469] blication dieſes Erkenntniſſes an, von ſeinem Dienſteinkommen nur
der zum nothdürftigen Unterhalt erforderliche Betrag, der jedoch nie-
mals die Hälfte des Dienſteinkommens überſteigen darf, zu verabreichen.


Auf die für Dienſtunkoſten beſonders ausgeſetzten Beträge iſt bei
Berechnung der Hälfte des Dienſteinkommens keine Rückſicht zu
nehmen.


Aus dem inne behaltenen Theile des Einkommens ſind die Koſten
der Stellvertretung des Angeſchuldigten und des Unterſuchungs-Ver-
fahrens zu beſtreiten.


§. 56. Der zu dieſen Zwecken (§. 55.) nicht verwendete Theil
des Einkommens wird dem Beamten nachgezahlt, wenn die gerichtliche
Unterſuchung nicht die Entſetzung oder Degradation, und das Disci-
plinarverfahren nicht die Entfernung aus dem Amte zur Folge gehabt
hat. Der Beamte kann in dieſem Falle über die Verwendung des
inne behaltenen Theils des Einkommens eine Nachweiſung fordern,
iſt aber zu Erinnerungen gegen die darüber von der Dienſtbehörde
getroffenen Anordnungen nicht befugt.


§. 57. Ob und inwiefern dem Beamten, wenn er völlig frei
geſprochen wird, der verwendete Betrag des von dem Einkommen
während der Suspenſion inne behaltenen Antheils nachzuzahlen ſei,
bleibt in jedem einzelnen Falle Unſerer Entſcheidung vorbehalten.


19.


a.Reſcr. v. 18. April 1831. (v. K. Ann. B. 19. S. 700.), betr.
die Aufbringung und Repartition der Schulbeiträge
.


Der Bericht der Königl. Regierung vom 24. Januar c., betr.
die Verpflichtung der Stadt S., das Schulgeld für die armen, die
Schule zu Gr. beſuchenden Kinder von der Coloniſtenſtraße zwiſchen
beiden Orten und F. zu bezahlen, zeigt in mehrfacher Hinſicht eine
nicht ganz richtige Anſicht von den bei Unterhaltung der öffentlichen
Elementarſchulen, in specie bei Dotation ihrer Lehrerſtellen ein-
tretenden rechtlichen Grundſätzen, zu deren Erläuterung das Miniſte-
rium Folgendes bemerkt:


  • 1) Wenn der Lehrer an einer ſolchen Schule zu ſeiner Subſiſtenz
    ganz oder theilweiſe auf die Erhebung von Schulgeld ange-
    wieſen iſt, ſo wird ihm dadurch allerdings zwar in der Regel
    keine beſtimmte Summe des Einkommens garantirt, da vielmehr
    [470] das Schulgeld, als eine nur für die Unterrichtsertheilung an die
    wirklich die Schule beſuchenden Kinder von den Eltern derſelben
    zu zahlende Remuneration, in ſeinem Geſammtertrage von der
    Zahl der überhaupt vorhandenen Kinder und demnächſt auch von
    ihrem Schulbeſuche abhängt, in welcher letzteren Hinſicht den
    Eltern nirgend im Geſetz die Freiheit beſchränkt iſt, dafern ſie
    nur überhaupt für einen ordnungsmäßig zureichenden Unterricht
    ihrer Kinder ſorgen, im Uebrigen nach ihrem Ermeſſen ſich der
    häuslichen Information oder jeder ihnen zuſagenden Privat- oder
    öffentlichen Schulanſtalt zu bedienen. Dahingegen hat aber der
    Schullehrer in der Regel, und ſoweit nicht beſondere ausdrück-
    liche Beſtimmungen bei ſeiner Anſtellung ein Anderes verordnen,
    für jedes ſeinen Unterricht wirklich beſuchende Kind allerdings
    einen Anſpruch auf das Schulgeld und iſt in der Regel nicht
    verbunden, den Kindern unvermögender Eltern ſeinerſeits den
    Unterricht unentgeltlich zu ertheilen. Das Schulgeld für die-
    ſelben muß vielmehr nöthigenfalls, da der Elementarunterricht
    geſetzlich jedem Kinde verſchafft werden muß, und mithin zu den
    unerläßlichen Bedürfniſſen der Erziehung gehört, als ein Theil
    der Armenpflege aus den betreffenden Armen- oder ſonſtigen allge-
    meinen Corporations- oder Communalfonds, und bei deren Er-
    ſchöpfung durch Zuſchüſſe der betheiligten Gemeinen aufgebracht
    werden. Damit ſtimmen auch die von der Königl. Regierung
    ſelbſt bereits allegirten Verordnungen des General-Landſchul-
    reglements von 1763. und der Magdeburgiſchen Kirchenordnung
    überein, welcher letztern Beſtimmung übrigens, wegen Entnehmung
    des Armenſchulgeldes aus dem Kirchenärario, als Zwangsverbind-
    lichkeit des letztern nur da Platz greift, wo nach vorausgeſetzter
    diesfälliger Verfaſſung der Kirchenfonds zugleich mit zur Armen-
    pflege beſtimmt iſt. Da in vorliegendem Falle, ſoviel die bis-
    herigen Berichte der Königl. Regierung ergeben, dergl. Verfaſſung
    nicht vorliegt, ſondern in den betheiligten Ortſchaften die Armen-
    pflege aus dem Communalfonds beſtritten wird; ſo wird der
    Magiſtrat zu N. N. ſich der Gewährung des Schulgeldes für
    die nach Gr. zur Schule gehenden Kinder unvermögender Eltern
    aus dem betreffenden Theile der Colonie nicht entbrechen können,
    und wenn er auch den Rechtsweg dagegen verſuchen ſollte, doch
    [471] inmittelſt zur Entrichtung der Zahlungen, als einer ſchuldigen
    öffentlichen Laſt, von Verwaltungswegen anzuhalten ſein. Will
    er jenen Kindern den Unterricht in der Freiſchule zu S. ſelbſt
    anweiſen, ſo kann dies, bei vorausgeſetzter practiſcher Aus-
    führbarkeit nach den Localumſtänden, inſoweit geſtattet werden,
    als die betheiligten Eltern ihrerſeits damit einverſtanden ſind,
    ſonſt aber nicht, da die Eltern, als Mitglieder der Schulgemeine
    von Gr., einen ebenſo begründeten Anſpruch auf Benutzung gerade
    der dortigen Schule haben, als ſie andererſeits ſich mit Zuweiſung
    des freien Unterrichts für ihre Kinder in dieſer ihrer Schule,
    ohne Berechtigung auf eine ihrerſeits etwa anders zu treffende
    Wahl, würden zufrieden ſtellen müſſen. Eine Abänderung hier-
    von könnte nur durch anderweitige Regulirung des Schulbezirks
    überhaupt erfolgen, falls nach den Suppoſitionen des §. 18.
    lit. K. der Regierungsinſtruction von 1817. die Ortſchaft ſich
    unter Genehmigung der Königl. Regierung darüber vereinigte,
    oder die Local-Umſtände ein zum Einſchreiten von Oberaufſichts-
    wegen veranlaſſendes, wirkliches Bedürfniß ſolcher Abänderung
    begründeten.
  • 2) Die Aufbringung der Schulunterhaltung und insbeſondere der
    Lehrer-Beſoldung durch Schulgeld iſt aber ſeit Publication des
    A. L.-R. überhaupt nicht mehr die eigentliche geſetzmäßige Ein-
    richtung, ſondern es ſoll der Bedarf, gemäß den Beſtimmungen
    §§. 29 seq. Th. II. Tit. 12. A. L.-R., durch fixirte Beiträge
    ſämmtlicher Hausväter des Orts oder reſp. Schulbezirks nach
    Verhältniß ihres Vermögens und Nahrungsſtandes aufgebracht
    werden. Eben daher kommt es auch, daß das Landrecht keine
    Beſtimmungen wegen Aufbringung des Zuſchuſſes aus Armen-
    fonds für Kinder unvermögender Eltern enthält, da zu den viel-
    fachen Vorzügen dieſer vom Landrechte vorgeſchriebenen Einrich-
    tungen unter andern auch der gehört, daß die ein- für allemal
    auf ein billiges Quantum nach den jedesmaligen Localverhält-
    niſſen feſtzuſetzende Dotation der Lehrerſtellen überall durch das
    zufällige Verhältniß der Schulfrequenz nicht alterirt, für Be-
    ſchaffung des freien Unterrichts der Kinder unvermögender, mithin
    bei Vertheilung der Schulbeiträge außer Anſatz bleibender Eltern,
    ſchon von ſelbſt durch die Beiträge der übrigen Gemeineglieder
    [472] mit geſorgt, und der von der Königl. Regierung ganz richtig an-
    geregte, bei der Schulgelds-Einrichtung aber in der Regel nicht
    zu beſeitigende Uebelſtand vermieden wird, daß erſt beſonders der
    Armenfonds und zwar leicht möglicher Weiſe zu einem in der
    eigentlichen Nothwendigkeit gar nicht beruhenden Gewinne, für
    den vielleicht durch das Schulgeld der zahlungsfähigen Eltern
    ſchon mehr als zureichend ſalarirten Lehrer hinzutreten muß.
    Wenn dieſe gemeinrechtlich beſtimmte Einrichtung bisher noch
    wenig zur Anwendung gekommen iſt, ſo liegt der Grund davon
    darin, daß ihre Ausführung eine für jeden Ort nach Prüfung
    der vorliegenden Verhältniſſe beſonders vorzunehmende billige
    Feſtſetzung des Schuleinkommens und Ausſchreibung der Beiträge
    hiernach auf die Hausväter erfordert, mithin nach der Natur der
    Sache nur einzeln und allmählig damit vorgeſchritten werden
    kann, und bis dahin an jedem Orte die früher beſtandene Ein-
    richtung, namentlich die gewöhnliche des Schulgeldes, noch einſt-
    weilen hat beibehalten werden müſſen. Das Miniſterium iſt
    auch nicht gemeint, die Sache etwa dem Fortſchreiten in ſolchem
    allmähligen Gange, der vielmehr dafür auch der allein vortheil-
    hafte iſt, entziehen zu wollen, da namentlich dabei auch auf die
    großentheils noch geringe Qualification der aus älterer Zeit noch
    im Dienſte befindlichen Schullehrer vorſichtige Rückſicht genommen
    werden muß, bei denen es nicht der Billigkeit gemäß wäre, die
    Gemeinen mit einer ſolchen Salarirung, wie ſie als bleibende
    Dotation der Lehrerſtellen nach den Anforderungen jetziger Zeit feſt-
    geſetzt werden müßte, ſchon gegenwärtig beſchweren zu wollen, ſo
    daß vielmehr in der Regel mit der Regulirung nur bei neuer
    Beſetzung der Stellen am vortheilhafteſten einzuſchreiten iſt. In-
    zwiſchen giebt außerdem auch noch ſonſt jeder Fall eine ange-
    meſſene Veranlaſſung dazu, wo die bisherige Einrichtung des
    Schulgeldes, ſei es wegen Unzulänglichkeit deſſelben zur noth-
    wendigen Subſiſtenz des Lehrers, wegen zu häufiger Ausfälle an
    demſelben, Streitigkeiten darüber, oder aus irgend einem ſonſt
    eintretenden Grunde, ſich für den Zweck eines genügenden und
    ſichern Unterhaltes der Schule nicht mehr zureichend findet; die
    Gemeinen können ſich ſolchen Falles der Einführung fixirter Bei-
    träge in der oben gedachten Weiſe, als der eigentlich geſetzlichen
    [473] Einrichtung, niemals widerſetzen, und das Miniſterium kann der
    Königl. Regierung in Rückſicht ihrer überwiegenden Zweckmäßigkeit
    die Förderung dieſer Einrichtung bei allen ſolchen Veranlaſſungen
    nur auf das Entſchiedenſte empfehlen. Denn, wie ſchon er-
    wähnt, hat ſie einerſeits den Vorzug, daß das Schuleinkommen
    dadurch auf ein, ſowohl in ſeiner Zulänglichkeit an ſich, als in
    ſeiner prompten Erhebung, viel mehr geſichertes Quantum geſetzt,
    insbeſondere der Schullehrer in eine von Zufälligkeiten oder von
    Launen der Gemeinen unabhängige Lage gebracht, und allen den
    gehäſſigen Verwickelungen und Streitigkeiten entzogen wird, in
    die ihn die meiſtens doch für ihn unentbehrliche Verfolgung ſeiner
    Schulgeldforderungen gegen ſäumige oder minder vermögende
    Eltern faſt überall mehr oder minder zu führen pflegt. Dagegen
    hat andererſeits die Schulgemeine den Vortheil eines auch an
    ihrem Theile feſtſtehenden, nur auf das wirkliche Bedürfniß nach
    billiger Abmeſſung begrenzten Quanti der Schul-Unterhaltungslaſt,
    einer Sicherſtellung insbeſondere gegen diejenigen öfters ſehr
    ſchwierigen Verwickelungen, welche bei zunehmender Frequenz
    der Schule bis zu einem die Vermehrung des Lehrer-Perſonals
    erfordernden Umfange, durch die alsdann in der Regel hervor-
    tretenden Anſprüche des älteren Lehrers wegen des bisher von
    ihm allein bezogenen Schulgeldes zu entſtehen pflegen, und
    einer auch an ſich ſelbſt viel leichteren Aufbringung des Schul-
    bedürfniſſes. Denn was die Königl. Regierung, dieſem entgegen,
    von einer beſorglichen Ueberlaſtung der zahlungsfähigen Gemeine-
    Mitglieder durch die Uebertragung der unvermögenden anführt,
    kann das Miniſterium ſowohl nach der Berechnung a priori, als
    auch nach den überzeugendſten Reſultaten der aus andern Re-
    gierungsbezirken ſchon vorliegenden practiſchen Erfahrung, nur
    für ungegründet erklären, und die Königl. Regierung mit aller
    Sicherheit auf die Probe eigenen practiſchen Verſuches ver-
    weiſen. Es ſtellt ſich vielmehr dadurch, daß erſtens durch die
    Heranziehung aller Hausväter der Schulgemeine, ohne Rückſicht
    auf ſchulbeſuchende Kinder, die Contribuenten-Zahl meiſtentheils
    beträchtlich vermehrt, daß zweitens die Laſt nach einem viel billi-
    geren und zweckmäßigeren Repartitionsfuße als dem rein zu-
    fälligen der Kinderzahl unter ihnen vertheilt, daß dabei drittens
    [474] kein dergleichen abſoluter Beitragsſatz, wie das Schulgeld, ſondern
    ein für jede einzuſchätzende Claſſe freier, mithin auch die zur
    Zahlung des bisherigen Schulgeldes unvermögenden Eltern doch
    noch mit dem etwa in ihren Kräften ſtehenden mindern Quanto
    heranziehender Satz genommen, und daß endlich viertens die Bei-
    tragslaſt, ſtatt der ſonſtigen Beſchränkung auf die Schulzeit der
    Kinder, für jeden Contribuenten auf die ganze Dauer ſeiner
    Exiſtenz als Hausvater in der Schulgemeine vertheilt wird, der
    jährliche Beitrag für jedes Gemeinemitglied allemal in ein ſo
    mildes Verhältniß, daß er namentlich mit dem oft ſo drückenden
    Schulgelde in gar keine Vergleichung zu bringen iſt, und kaum
    für die wohlhabendſten Haushaltungen dasjenige Quantum zu
    erreichen pflegt, was an Schulgeld für die gewöhnliche Durch-
    ſchnittszahl ſchulbeſuchender Kinder einer Familie, von den Eltern
    auch aus der mindeſt vermögenden, nur eben noch über der ab-
    ſoluten Zahlungs-Unfähigkeit ſtehenden Vermögens-Claſſe hat
    aufgebracht werden müſſen.

Auch für den vorliegenden Specialfall empfiehlt hiernach das
Miniſterium der Königl. Regierung, die anſcheinend eben hier ſehr an-
gemeſſene Einführung der landrechtlichen Verfaſſung in Erwägung zu
nehmen, und nach Befinden dazu die erforderlichen Verfügungen
zu treffen.


b.Reſcr. v. 24. Auguſt 1835. (v. K. Ann. B. 19. S. 705.), betr.
die Aufbringung und Repartition der Schulbeiträge
.


Der Königl. Regierung wird auf die im Berichte v. 22. Octbr.
1832. vorgetragenen Zweifel:
„über die Grundſätze, nach denen die Unterhaltung der Elementar-
ſchulen und vornämlich die Aufbringung der Lehrerbeſoldung
regulirt werden ſoll“,

hierdurch eröffnet, daß dabei zunächſt auf die beſtehende provinzielle
Verfaſſung allerdings zu ſehen, und in jedem ſpeciellen Falle der
Local-Obſervanz, nach welcher die Unterhaltung bisher Statt gefunden
hat, zu folgen iſt. Die Vorſchriften des Landrechts ſind nur da an-
zuwenden, wo die gütliche Regulirung in Aufbringung der erforder-
lichen Mittel Schwierigkeiten findet, und auf den gemeinrechtlichen
Einrichtungs-Modus
[475]„durch allgemein grundſätzliche Abſchaffung des Schulgeldes
und Subſtituirung fixirter Beiträge in Form einer directen
Auflage“

recurrirt werden muß. Wer aber hiernach als zum Schulverbande
gehörig mit Beiträgen anzuziehen, und nach welchem Maaßſtabe die
Repartition vorzunehmen ſei? darüber entſcheiden auch zunächſt wieder
provinzielle Verfaſſung und Local-Verhältniſſe, wobei die Diſtricte,
welche einer fremden Zwiſchenherrſchaft unterworfen geweſen, ſich aller-
dings von den Provinzen, welche immer preußiſch geblieben ſind, unter-
ſcheiden, obſchon im Allgemeinen die weſtphäliſche Herrſchaft die
Kirchen- und Schul-Verhältniſſe unberührt belaſſen hat.


In den Diſtricten auf dem dieſſeitigen Elbufer werden zu den
Hausvätern des Orts, denen im §. 29. Tit. 11. Th. II. die Unter-
haltung der Schullehrer zur Laſt gelegt iſt, in der Regel nur die im
gleichen Jurisdictions-Verbande ſtehenden Einſaſſen gerechnet, die ſo-
genannten Eximirten aber, und namentlich auch Domainenpächter und
Domainenkäufer ꝛc., nicht darunter verſtanden werden können; ins-
beſondere iſt danach die Gutsherrſchaft ſelbſt als Patron der Schule
zu ſpeciellen Leiſtungen nur für die Beſchaffenheit des Locals ange-
zogen, ſonſt aber als unbetheiligt bei der Suſtentation der Anſtalt
angeſehen. Anders verhält es ſich in den Diſtricten, in welchen die
franzöſiſche Verfaſſung eine Zeitlang beſtanden hat, indem während
dieſer Zwiſchenregierung alle Vorrechte des Standes und des Grund-
beſitzes, welche die ſogenannten Eximirten und den Grundbeſitzer außer-
halb des Gemeineverbandes ſtellte, vertilgt ſind. Dieſe vorgefundenen
Verhältniſſe hat die Preußiſche Regierung bis jetzt im Allgemeinen
conſervirt, bloß einzelne Prärogative hergeſtellt, und den Gutsbeſitzer
namentlich nur von Beiträgen zu ſolchen Gemeinbedürfniſſen freige-
ſprochen, von denen er keinen Nutzen zieht, wohin Schulanſtalten aber
offenbar nicht gerechnet werden können.


In dieſen Theilen der dortigen Provinz wird ſich daher die An-
ſicht: daß Eximirte, in specie Domainenpächter, Domainenkäufer und
Gutsherren außerhalb der Schulſocietät ſtehen und zur Unterhaltung
der Schullehrer keine Beiträge zu leiſten haben, nicht wohl recht-
fertigen laſſen, zumal ſchon in den Städten überall die Anwen-
dung eines ähnlichen allgemeinen Grundſatzes unabweislich ſein dürfte.


Ueber den bei der Repartition der Schulbeiträge anzuwendenden
[476] Maaßſtab läßt ſich keine generelle Vorſchrift geben, doch wird es den
Orts-Polizeibehörden und dem Landrathe meiſtens nicht ſchwer werden,
das Heranziehen des Einzelnen in einem billigen Verhältniſſe zu dem
Beſitzthum, das er hat, oder zu der Nahrung, welche er treibt, zu
reguliren. Die Grund- und Claſſenſteuer braucht dagegen nicht noth-
wendig als Repartitionsmaaßſtab angelegt zu werden.


Uebrigens verſteht es ſich von ſelbſt, daß in allen Fällen gegen
derartige Feſtſtellungen der Rechtsweg inſoweit unverſchränkt bleibt,
als derſelbe überhaupt gegen allgemeine Anlagen nach Vorſchrift der
Geſetze zuläſſig iſt.


20.


Reſcr. v. 14. Juni 1834. (v. K. Ann. B. 19. S. 398.), betr.
die Verpflichtung zur Beſchaffung von Unterrichts-
mitteln für Kinder armer Eltern
.


Der Königl. Regierung wird in Beſcheidung auf den Bericht vom
21. Februar d. J.,
die Verpflichtung zur Anſchaffung von Unterrichtsmitteln für
Kinder armer Eltern betreffend,

hierdurch eröffnet, daß in Folge derjenigen geſetzlichen Vorſchriften,
Allgem. Landrecht Th. II. Tit. 2. §§. 75. 108. Tit. 12. §§. 43—48.,
vermöge deren einem jeden im ſchulfähigen Alter ſtehenden Kinde der
Unterricht in der Religion und in den gemeinen Elementar-Kenntniſſen,
als geringſtes Maaß der Erziehung für ſeine nachmaligen bürgerlichen
Verhältniſſe, zugewendet werden muß, es keinem Anſtande unterliegt,
daß für Kinder unvermögender Eltern dieſe Sorge ſowohl durch Ent-
richtung des Schulgeldes, wo nicht durch die beſtehende Schuleinrich-
tung ſchon anderweitig die Uebertragung deſſelben vorgeſehen iſt, als
auch durch Verſehung mit den nöthigen Büchern und andern Lehr-
mitteln, bei Ermangelung etwa beſonderer hierzu gewidmeter Stif-
tungen, als ein Theil der Armenpflege von demjenigen übernommen
werden muß, welchem die letztere nach beſtehenden Rechten obliegt.
Es iſt hiebei jedoch andererſeits darauf zu halten, daß in gleicher Weiſe,
wie die Verbindlichkeit zur Armenpflege ſich überhaupt nur auf Gewäh-
rung der Nothdurft beſchränkt, ſo auch die obenbemerkten Anforderungen
der Erziehungsſorge nur auf die Mittel für den vorbezeichneten ge-
wöhnlichen Elementar-Unterricht ſich beſchränken müſſen, und jede
[477] weiter gehende Begünſtigung dem Kinde nur mittelſt Beiſtandes
milder Stiftungen, oder durch ſonſtige freie Wohlthaten zugewendet
werden kann.


21.


Reſcr. v. 18. Auguſt 1837. (Ergänz. B. 5. S. 871.), betr. die
Verpflichtung der Gutsherrſchaft zur Unterſtützung
der Tagelöhner ꝛc. rückſichtlich der Schulkoſten
.


Ew. Exc. wünſchen zufolge des geehrteſten Schreibens v. 2. d. M.
meine Meinung darüber zu vernehmen, ob aus dem §. 33. Thl. II.
Tit. 12. des A. L.-R. auch nach Aufhebung der Erbunterthänigkeit
die ſubſidiariſche Verpflichtung der Gutsherrſchaft, für den Schulunter-
richt der Kinder ihrer Tagelöhner und Arbeitsleute zu ſorgen und die-
ſelben bei der Einrichtung und Unterhaltung ihrer Schulen zu unter-
ſtützen, gefolgert werden kann.


Es ſcheint mir nicht zweifelhaft, daß die Beſtimmung des §. 33.
l. c., wonach Gutsherrſchaften auf dem Lande verpflichtet ſind, ihre
Unterthanen, welche zur Aufbringung ihres ſchuldigen Beitrages zur
Unterhaltung der Orts-Schullehrer ganz oder zum Theil auf eine
Zeitlang unvermögend ſind, dabei nach Nothdurft zu unterſtützen, mit
dem Verhältniß der Erb-Unterthänigkeit nicht in unzertrennlicher Ver-
bindung ſteht. Dies ergiebt ſich zunächſt ſchon aus folgender Ver-
gleichung der geſetzlichen Vorſchriften: Der allegirte §. 33. ſteht in
dem genaueſten Zuſammenhange mit den §§. 122. und 125. Thl. II.
Tit. 7. des A. L.-R., wonach eine jede Gutsherrſchaft ſchuldig iſt,
ſich ihrer Unterthanen in vorkommenden Nothfällen werkthätig anzu-
nehmen und beſonders für eine gute und chriſtliche Erziehung der
Kinder ihrer Unterthanen zu ſorgen. Dieſe geſetzlichen Beſtimmungen
folgen unmittelbar auf ſolche Vorſchriften §§. 113—121., welche die
Schutzunterthanen, alſo Perſonen betreffen, die ſich zu der Gutsherr-
ſchaft in keinem erbunterthänigen Verhältniſſe befinden, ſondern nach
§. 118. l. c. als Tagelöhner behandelt werden ſollen. Der Zuſammen-
hang lehrt, daß die nun folgenden allgemeinen Pflichten der Guts-
herrſchaften, und insbeſondere die §§. 122. und 125., auch auf die
Schutzunterthanen ſich beziehen, und es muß ſchon daraus gefolgert
werden, daß auch noch jetzt nach erfolgter Aufhebung der Erbunter-
thänigkeit die Verpflichtung der Gutsherrſchaft, für den Schulunterricht
und für die Erziehung der Kinder ihrer Arbeiter zu ſorgen, fortdauert.


[478]

Zu derſelben Ueberzeugung gelangt man aber noch durch folgende
Betrachtungen: Nach §. 36. Thl. II. Tit. 12. A. L.-R. müſſen die
Magiſtrate in den Städten und die Gutsherrſchaften auf
dem Lande bei Bauten und Reparaturen der Schulgebäude die auf
dem Gute oder Kämmereieigenthume, wo die Schule ſich befindet,
gewachſenen oder gewonnenen Materialien, ſo weit ſolche hinreichend
vorhanden und zum Bau nothwendig ſind, unentgeltlich verabfolgen.


Hier ſind die Gutsherrſchaften auf dem Lande den Magiſtraten
in den Städten gleichgeſtellt, und eben dieſe Gleichſtellung lehrt, daß
jene Verpflichtung der Gutsherrſchaften und Magiſtrate von dem Ver-
hältniſſe der Erbunterthänigkeit unabhängig iſt, da die letztere in den
Städten niemals exiſtirt hat. Eben dieſe Gutsherrſchaften auf dem
Lande, welche zur unentgeltlichen Verabfolgung der Materialien ver-
bunden ſind, ſind dieſelben, welche nach §. 33. ihre Unterthanen in der
Aufbringung ihrer Beiträge zur Unterhaltung des Orts-Schullehrers
unterſtützen ſollen.


Allerdings iſt dieſe Verpflichtung nur eine ſubſidiariſche, nämlich
inſofern, als die Hausväter des Orts, welche die Schulgemeine bil-
den, dazu nicht vermögend ſind, §. 29. l. c. Wo aber die letzteren
keinen Grund und Boden beſitzen, ſondern in gutsherrlichen Wohnungen
als Einlieger, Dienſtleute und Handarbeiter ihr Unterkommen finden,
iſt der Gutsherr noch überdies im eigentlichſten Sinne als oberſter
Hausvater anzuſehen. Auch tritt in einem ſolchen Falle ſeine Ver-
pflichtung um ſo ſtärker ein, als es eben die ihm zu leiſtenden Dienſte
ſind, welche die Eltern von den öffentlichen Schulanſtalten entfernen.


Auch die Analogie, welche die Verpflichtung der Herrſchaften für
kranke Dienſtboten darbietet, führt zu demſelben Reſultate. Muß ſelbſt
eine gewöhnliche Dienſtherrſchaft nach §§. 86. 88. und 89. der Ge-
ſindeordnung vom 8. Novbr. 1810. in Ermangelung von näher Ver-
pflichteten für kranke Dienſtboten ſorgen, ſo liegt auch den Gutsherr-
ſchaften eine gleiche Verpflichtung für ihre Dienſtleute und Einlieger
ob, da dieſe eben um ihrer Dienſte willen von allen öffentlichen Heil-
anſtalten entfernt leben. Die Verpflichtung der Gutsherrſchaften, für
das leibliche Wohl ihrer Untergebenen zu ſorgen, kann aber nicht
ſtärker ſein, als die Verpflichtung zu der allgemeinen Erziehung der
Kinder; ſie iſt in dem Verhältniß ſelbſt ſo begründet, daß ſich die
Herrſchaften ſogar durch ein Privatabkommen mit den Dienſtleuten
[479] davon ſo wenig, als von der Verpflichtung, die Kranken nicht zu ver-
laſſen, entbinden könnten.


Auch die Verbindlichkeit zur Verpflegung ihrer verarmten Unter-
thanen iſt mit der Erbunterthänigkeit nicht ganz fortgefallen, wie in
dem Reſcr. v. 5. März 1809., das Edict v. 9. Octbr. 1807. betreffend,
§. 18. genügend ausgeführt worden iſt.


Ich bin daher der Meinung, daß die §§. 33. und 36. Thl. II.
Tit. 12. und §§. 122. und 125. Thl. II. Tit. 7. des A. L.-R. auch
nach Aufhebung der Erbunterthänigkeit noch gegenwärtig volle Gültig-
keit haben, und daß in dem ſpeciellen Falle, welcher die Veranlaſſung
zu dieſer Ausführung gegeben hat, die Regierung zu B. in Ortſchaften,
welche bloß aus den in herrſchaftlichen Häuſern wohnenden Einliegern
beſtehen, die Dominien zur ſubſidiariſchen Unterſtützung der zu errich-
tenden unerläßlichen Schulanſtalten anhalten kann.


Den Dominien kann dagegen, ohne daß dadurch die adminiſtrativen
Verfügungen aufgehalten werden, der Rechtsweg freigeſtellt bleiben.


22.


Reſcr. v. 2. Novbr. 1837. (v. K. Ann. B. 21. S. 997.), betr.
die Leiſtungen der Gutsherrſchaften zu Schulzwecken
.


Das unterzeichnete Miniſterium hat ſich aus dem von der Königl.
Regierung unterm 14. April c. erſtatteten Berichte, die Leiſtungen der
Gutsherrſchaften zu Schulzwecken betreffend, veranlaßt gefunden, mit
dem Königl. Juſtizminiſterium in Schriftwechſel zu treten, und deſſen
rechtliche Anſicht darüber zu vernehmen:
ob aus dem §. 33. Thl. II. Tit. 12. A. L.-R. auch nach Auf-
hebung der Erbunterthänigkeit die ſubſidiariſche Verpflichtung
der Gutsherrſchaft, für den Schulunterricht der Kinder ihrer
Tagelöhner und Arbeitsleute zu ſorgen und dieſelben bei der
Errichtung und Unterhaltung ihrer Schulen zu unterſtützen, ge-
folgert werden könne.


Bei den von der Königl. Regierung in dem gedachten Berichte
angezeigten Verhältniſſen erſcheint es um ſo weniger zweifelhaft, und
das unterzeichnete Miniſterium iſt mit dem Königl. Juſtizminiſterium
dahin einverſtanden, daß die Beſtimmung des §. 33. Thl. II. Tit. 12.
A. L.-R.,
wonach Gutsherrſchaften auf dem Lande verpflichtet ſind, ihre
[480] Unterthanen, welche zur Aufbringung ihres ſchuldigen Beitrags
zur Unterhaltung der Ortsſchullehrer ganz oder zum Theil auf
eine Zeit hindurch unvermögend ſind, dabei nach Nothdurft zu
unterſtützen,

mit den Verhältniſſen der Erbunterthänigkeit nicht in unzertrennlicher
Verbindung ſtehe. Dies ergiebt ſich ſchon zunächſt aus folgender Ver-
gleichung der geſetzlichen Vorſchriften.


Der allegirte §. 33. ſteht in dem genaueſten Zuſammenhange mit
den §§. 122. und 125. Thl. II. Tit. 7. A. L.-R., wonach eine jede
Gutsherrſchaft ſchuldig iſt, ſich ihrer Unterthanen in vorkommenden
Noth-Fällen
werkthätig anzunehmen und beſonders für eine gute und chriſt-
liche Erziehung der Kinder ihrer Unterthanen zu ſorgen.


Dieſe geſetzlichen Beſtimmungen folgen unmittelbar auf ſolche
Vorſchriften §§. 113—121. l. c., welche die Schutzunterthanen,
alſo ſolche Perſonen betreffen, die ſich zu der Gutsherrſchaft in keinem
erbunterthänigen Verhältniſſe befinden, ſondern nach §. 118. l. c.
als Tagelöhner behandelt werden ſollen. Der Zuſammenhang lehrt,
daß die nun folgenden allgemeinen Pflichten der Gutsherrſchaft und
insbeſondere die §§. 122. und 125. auch auf die Schutzunterthanen ſich
beziehen, und es muß ſchon daraus gefolgert werden, daß auch noch
jetzt, nach erfolgter Aufhebung der Erbunterthänigkeit, die Verpflichtung
der Gutsherrſchaften, für den Schulunterricht und die Erziehung der
Kinder ihrer Arbeiter zu ſorgen, fortdauert.


Zu derſelben Ueberzeugung gelangt man aber auch durch folgende
Betrachtungen. Nach §. 36. Thl. II. Tit. 12. A. L.-R. müſſen die
Magiſtrate in den Städten und die Gutsherrſchaften auf dem
Lande bei Bauen und Reparaturen der Schulgebäude die auf dem
Gute oder Kämmerei-Eigenthume, wo die Schule ſich befindet, ge-
wachſenen oder gewonnenen Materialien, ſoweit ſelbige hinreichend
vorhanden und zum Bau nothwendig ſind, unentgeltlich verabfolgen.
Hier ſind alſo die Gutsherrſchaften auf dem Lande den Magiſtraten
in den Städten gleichgeſtellt, und eben dieſe Gleichſtellung lehrt, daß
jene Verpflichtung der Gutsherrſchaften und Magiſtrate von dem Ver-
hältniſſe der Erbunterthänigkeit unabhängig iſt, da die letztere in den
Städten niemals exiſtirt hat. Eben dieſe Gutsherrſchaften auf dem
Lande, welche zur unentgeltlichen Verabfolgung der Materialien ver-
[481] bunden, ſind dieſelben, welche nach §. 33. l. c. ihre Unterthanen bei
Aufbringung ihrer Beiträge zur Unterhaltung des Ortsſchullehrers
unterſtützen ſollen.


Allerdings iſt dieſe Verpflichtung eine ſubſidiariſche, nämlich in-
ſofern, als die Hausväter des Orts, welche die Schulgemeinen bilden,
dazu nichts vermögend ſind. §. 29. l. c.


Wo aber die letztern keinen Grund und Boden beſitzen, ſondern
in gutsherrlichen Wohnungen als Einlieger, Dienſtleute und Hand-
arbeiter ihr Unterkommen finden, iſt der Gutsherr noch überdies im
eigentlichſten Sinne als oberſter Hausvater anzuſehen. Auch tritt in
einem ſolchen Falle ſeine Verpflichtung um ſo ſtärker ein, als es eben
die ihm zu leiſtenden Dienſte ſind, welche die Eltern der ſchulpflichtigen
Kinder von den öffentlichen Schulanſtalten entfernen. Auch die Ana-
logie, welche die Verpflichtung der Herrſchaften für kranke Dienſtboten
darbietet, führt zu demſelben Reſultate.


Muß ſelbſt eine gewöhnliche Dienſtherrſchaft nach §§. 86. und
89. der Geſ.-O. v. 8. Novbr. 1810., in Ermangelung von näher Ver-
pflichteten, für kranke Dienſtboten ſorgen, ſo liegt auch den Gutsherr-
ſchaften eine gleiche Verpflichtung für ihre Dienſtleute und Einlieger
ob, da dieſe eben um ihrer Dienſte willen von allen öffentlichen Heil-
anſtalten entfernt leben. Die Verpflichtung der Gutsherrſchaften, für
das leibliche Wohl ihrer Untergebenen zu ſorgen, kann aber nicht
ſtärker ſein, als die Verpflichtung, zu der allgemeinen Erziehung der
Kinder beizutragen; ſie iſt in dem Verhältniſſe ſelbſt ſo begründet, daß
ſich die Herrſchaften ſogar durch ein Privatabkommen mit den Dienſt-
leuten davon ſo wenig, als von der Verpflichtung, die Kranken ihrer
Untergebenen nicht zu verlaſſen, entbinden können.


Auch die Verbindlichkeit der Gutsherrſchaft zu Verpflegung ihrer
verarmten Einwohner iſt mit der Erbunterthänigkeit nicht ganz
fortgefallen, wie in dem Reſcripte v. 5. März 1809. das Edict v.
9. Octbr. 1807. betreffend §. 18. genügend ausgeführt worden iſt (vide
Rabe B. 10. S. 46.).


Es iſt daher wohl nicht zu bezweifeln, daß die §§. 33. und 36.
Thl. II. Tit. 12. und §§. 122. und 125. Thl. II. Tit. 7. A. L.-R.
auch nach Aufhebung der Erbunterthänigkeit noch gegenwärtig volle
Gültigkeit haben, und daß in dem ſpeciellen Falle, welcher die Ver-
anlaſſung zu dieſer Ausführung gegeben hat, die Königl. Regierung
31
[482] in ſolchen Ortſchaften, welche bloß aus den in herrſchaftlichen Häuſern
wohnenden Einliegern beſtehen, die Dominien zur ſubſidiariſchen Unter-
ſtützung der zu errichtenden unerläßlichen Schulanſtalten anhalten
könne. Den Dominien kann dagegen, ohne daß dadurch die adminiſtra-
tiven Verfügungen aufgehalten werden, der Rechtsweg freigeſtellt
bleiben.


23.


Regulativ v. 9. März, und Cab.-O. v. 6. April 1839. (G.-S.
S. 156.) über die Beſchäftigung jugendlicher Arbeiter
in den Fabriken
.


§. 1. Vor zurückgelegtem neunten Lebensjahre darf niemand in
einer Fabrik oder bei Berg-, Hütten- oder Pochwerken zu einer regel-
mäßigen Beſchäftigung angenommen werden.


§. 2. Wer noch nicht einen dreijährigen regelmäßigen Schul-
unterricht genoſſen hat, oder durch ein Zeugniß des Schulvorſtandes
nachweiſet, daß er ſeine Mutterſprache geläufig leſen kann, und einen
Anfang im Schreiben gemacht hat, darf vor zurückgelegtem 16. Lebens-
jahre zu einer ſolchen Beſchäftigung in den genannten Anſtalten nicht
angenommen werden.


Eine Ausnahme hiervon iſt nur da geſtattet, wo die Fabrikherren
durch Errichtung und Unterhaltung von Fabrikſchulen den Unterricht
der jungen Arbeiter ſichern. Die Beurtheilung, ob eine ſolche Schule
genüge, gebührt den Regierungen, welche in dieſem Falle auch das
Verhältniß zwiſchen Lern- und Arbeitszeit zu beſtimmen haben.


§. 3. Junge Leute, welche das ſechszehnte Lebensjahr noch nicht
zurückgelegt haben, dürfen in dieſen Anſtalten nicht über zehn Stunden
täglich beſchäftigt werden.


Die Orts-Polizeibehörde iſt befugt, eine vorübergehende Verlänge-
rung dieſer Arbeitszeit zu geſtatten, wenn durch Naturereigniſſe oder
Unglücksfälle der regelmäßige Geſchäftsbetrieb in den genannten An-
ſtalten unterbrochen und ein vermehrtes Arbeitsbedürfniß dadurch her-
beigeführt worden iſt.


Die Verlängerung darf täglich nur eine Stunde betragen, und
darf höchſtens für die Dauer von vier Wochen geſtattet werden.


§. 4. Zwiſchen den im vorigen Paragraphen beſtimmten Arbeits-
ſtunden iſt den genannten Arbeitern Vor- und Nachmittags eine Muße
[483] von einer Viertelſtunde und Mittags eine ganze Freiſtunde, und zwar
jedesmal auch Bewegung in freier Luft zu gewähren.


§. 5. Die Beſchäftigung ſolcher jungen Leute vor 5 Uhr Mor-
gens und nach 9 Uhr Abends, ſo wie an den Sonn- und Feiertagen
iſt gänzlich unterſagt.


§. 6. Chriſtliche Arbeiter, welche noch nicht zur heil. Communion
angenommen ſind, dürfen in denjenigen Stunden, welche ihr ordent-
licher Seelſorger für ihren Catechumenen- und Conſirmanden-Unter-
richt beſtimmt hat, nicht in den genannten Anſtalten beſchäftigt
werden.


§. 7. Die Eigenthümer der bezeichneten Anſtalten, welche junge
Leute in denſelbigen beſchäftigen, ſind verpflichtet, eine genaue und
vollſtändige Liſte, deren Namen, Alter, Wohnort, Eltern, Eintritt in
die Fabrik enthaltend, zu führen, dieſelbe in dem Arbeitslocal aufzu-
bewahren und den Polizei- und Schulbehörden auf Verlangen vor-
zulegen.


§. 8. Zuwiderhandlungen gegen dieſe Verordnung ſollen gegen
die Fabrikherren oder deren mit Vollmacht verſehenen Vertreter durch
Strafen von 1 bis 5 Thalern für jedes vorſchriftswidrig beſchäftigte
Kind geahndet werden.


Die unterlaſſene Anfertigung oder Fortführung der im §. 7. vor-
geſchriebenen tabellariſchen Liſte wird zum erſten Male mit einer Strafe
von 1 bis 5 Thalern geahndet; die zweite Verletzung dieſer Vorſchrift
wird mit einer Strafe von 5 bis 50 Thalern belegt. Auch iſt die
Orts-Polizeibehörde befugt, die Liſte zu jeder Zeit anfertigen oder ver-
vollſtändigen zu laſſen. Es geſchieht dies auf Koſten des Contra-
venienten, welche zwangsweiſe im adminiſtrativen Wege beigetrieben
werden können.


§. 9. Durch vorſtehende Verordnung werden die geſetzlichen Be-
ſtimmungen über die Verpflichtung zum Schulbeſuch nicht geändert.
Jedoch werden die Regierungen da, wo die Verhältniſſe die Beſchäf-
tigung ſchulpflichtiger Kinder in den Fabriken nöthig machen, ſolche
Einrichtungen treffen, daß die Wahl der Unterrichtsſtunden den Betrieb
derſelben ſo wenig als möglich ſtöre.


§. 10. Den Miniſtern der Med.-Ang., der P. u. d. Fin. bleibt
es vorbehalten, diejenigen beſonderen ſanitäts-, bau- und ſittenpolizei-
lichen Anordnungen zu erlaſſen, welche ſie zur Erhaltung der Geſund-
31*
[484] heit und Moralität der Fabrikarbeiter für erforderlich halten. Die
hierbei anzudrohenden Strafen dürfen 50 Thaler Geld- oder eine
dieſem Betrage entſprechende Gefängnißſtrafe nicht überſteigen.


24.


Generallandſchulen-Reglement v. 12. Auguſt 1763. (N. C.
C.
S. 255. No. 51. de 1763.)


Wir ꝛc. Demnach Wir zu Unſerm höchſten Mißfallen ſelbſt wahr-
genommen, daß das Schulweſen und die Erziehung der Jugend auf
dem Lande bisher in äußerſten Verfall gerathen, und inſonderheit durch
die Unerfahrenheit der mehrſten Küſter und Schulmeiſter die jungen
Leute auf den Dörfern in Unwiſſenheit und Dummheit aufwachſen:
ſo iſt Unſer ſo wohlbedachter als ernſter Wille, daß das Schulweſen
auf dem Lande in allen Unſern Provinzen auf einen beſſern Fuß als
bisher geſetzet und verfaſſet werden ſoll. Denn ſo angelegentlich Wir
nach wieder hergeſtellter Ruhe und allgemeinem Frieden das wahre
Wohlſein Unſerer Länder in allen Ständen Uns zum Augenmerk
machen, ſo nöthig und heilſam erachten Wir es auch zu ſein, den
guten Grund dazu durch eine vernünftige ſowohl als chriſtliche Unter-
weiſung der Jugend zur wahren Gottesfurcht und andern nützlichen
Dingen in den Schulen legen zu laſſen. Dieſem nach befehlen Wir
hierdurch und kraft dieſes aus Höchſteigener Bewegung, Vorſorge und
landesväterlicher Geſinnung zum Beſten Unſerer geſammten Unter-
thanen, allen Regierungen, Conſiſtorien und übrigen Collegien Unſers
Landes, welche dazu ihres Ortes alles Mögliche beitragen ſollen, aller-
gnädigſt und ernſtlichſt, auf nachſtehendes General-Land-Schul-Reglement
feſtzuhalten, und alles ins Künftige danach einzurichten, damit der ſo
höchſt ſchädlichen und dem Chriſtenthum unanſtändigen Unwiſſenheit
vorgebeuget und abgeholfen werde, um auf die folgende Zeit in den
Schulen geſchicktere und beſſere Unterthanen bilden und erziehen
zu können.


§. 1. Zuvörderſt wollen Wir, daß alle Unſere Unterthanen, es
mögen ſein Eltern, Vormünder oder Herrſchaften, denen die Erziehung
der Jugend oblieget, ihre eigenen ſowohl als ihrer Pflege anvertraute
Kinder, Knaben oder Mädchen, wo nicht eher, doch höchſtens vom
Fünften Jahre ihres Alters in die Schule ſchicken, auch damit ordentlich
bis ins Dreizehnte und Vierzehnte Jahr continuiren, und ſie ſo lange
[485] zur Schule halten ſollen, bis ſie nicht nur das Nöthigſte vom Chriſten-
thum gefaſſet haben und fertig leſen und ſchreiben, ſondern auch von
demjenigen Rede und Antwort geben können, was ihnen nach den von
Unſern Conſiſtorien verordneten und approbirten Lehrbüchern beige-
bracht werden ſoll.


§. 2. Selbſt diejenigen Herrſchaften, welchen wegen des Dienſt-
zwanges und des in Preußen ſogenannten Schaarwerks die Kinder der
Unterthanen auf gewiſſe Jahre vorzüglich dienen müſſen, werden
hiermit alles Ernſtes erinnert, nach ihrer Pflicht dahin Sorge zu
tragen, daß ſolche Kinder nicht eher den Schulen entzogen werden,
bevor ſie im Leſen fertig, im Chriſtenthum einen guten Grund geleget,
auch im Schreiben einen Anfang gemachet und darüber Zeugniß vom
Prediger und Schulmeiſter den Viſitatoren vorgezeiget haben. Eltern
und Vormünder müſſen ſich noch mehr und von ſelbſt verpflichtet
halten, ihre Kinder und Pflegekinder in den nöthigen Stücken genugſam
und hinlänglich unterrichten zu laſſen.


§. 3. Sollten einige Kinder entweder durch ihre eigene Fähigkeit
oder durch den angewandten Fleiß des Schulmeiſters vor dem Drei-
zehnten oder Vierzehnten Jahre es in den aufgegebenen Stücken beim
Lernen ziemlich weit gebracht haben, ſo ſtehet es doch nicht in der
Eltern und Vormünder Willkür, ſie nach eigenem Gefallen aus der
Schule zu nehmen und zu Hauſe zu behalten, ſondern wenn Super-
intendens, Präpoſitus oder Inſpector nach Anzeige des Predigers und
auf das Zeugniß des Schulmeiſters die Profectus eines Kindes hin-
länglich befindet, ſo ſoll derſelbe deshalb ein ordentliches Dimiſſoriale,
welches auf obgedachte Zeugniſſe gegründet ſein muß, zu geben befugt
ſein. Es müſſen aber ſolche Kinder der Wiederholungs-Stunde des
Sonntags nicht nur bei dem Prediger in der Kirche, ſondern auch bei
dem Schulmeiſter in der Schule fleißig beiwohnen.


§. 4. Weil an vielen Orten die Eltern ihre Kinder des Som-
mers nicht in die Schule ſchicken, unter dem Vorwand, daß ſie das
Vieh hüten müſſen, ſo haben deshalb Unſere Beamten oder Gerichts-
Obrigkeiten an den Orten, wo Dörfer oder Gemeinſchaften ſind, ehe
die Kinder dadurch von der Schule abgehalten werden ſollten, dahin
zu ſehen, daß, ſo weit es möglich, ein eigener Vieh-Hirte hierzu möge
beſtellt werden. Wo aber, wie in Unſern Weſtphäliſchen Landen, in
dem Wiſcher-Lande in der Alten-Mark und an andern Orten, die
[486] Häuſer weitläufig auseinander und zerſtreuet liegen und daher das
Vieh an einem Orte nicht wohl zuſammen getrieben und gehütet
werden kann, ſoll ein Kind ums andere, wenn deren mehrere in einem
Hauſe und der Nachbarſchaft ſind, täglich wechſeln, oder ſonſten von
den Wirthen und Einwohnern der Dorfſchaften ſolche Veranſtaltung
gemacht werden, daß jedes Kind dreimal wöchentlich zur Schule komme,
damit es dasjenige, ſo es im Winter gelernt, im Sommer nicht
wiederum vergeſſen möge. An manchen Orten wird die Einrichtung
füglich ſolchergeſtalt geſchehen können, daß zwei Haufen der Kinder
gemacht werden, davon der eine Haufe die drei erſten Tage in der
Woche, der andere Haufe die drei letzten Tage in die Schule kom-
men müſſe.


§. 5. Um aber wegen der Sommer- und Winter-Schulen etwas
Gewiſſes zu beſtimmen, ſo wollen Wir, daß die Winter-Schulen an
allen Wochen-Tagen Vormittags von 8 bis 11 und Nachmittags, den
Mittwoch und Sonnabend ausgenommen, von 1 bis 4 gehalten wer-
den ſollen. Die Winter-Schule geht von Michaelis bis Oſtern un-
ausgeſetzt fort, die Sommer-Schulen aber ſollen nur des Vormittags
oder nach den Umſtänden des Ortes Nachmittags in drei Stunden
alle Tage der Woche gehalten werden. Um welche Stunden des
Tages aber der Unterricht ſeinen Anfang nehmen ſoll, ſolches werden
die Prediger, nach den Umſtänden ihres Ortes, beſtens zu beſtimmen
und einzurichten wiſſen. Keine Ferien werden verſtattet, ſondern ſelbſt
in der Erndte müſſen die Schulen auf vorgedachte Art gehalten wer-
den, doch mit dem Unterſchied, daß da im Winter auf jede Lection
eine ganze Stunde, dagegen im Sommer eine halbe Stunde darauf
gewendet werden ſoll.


Und da Uns nicht unbekannt, daß an manchen Orten die Beamten
und adeligen Patronen rühmlichſt dafür geſorgt, daß die Sommer-
Schulen, ſowie die Winter-Schulen, ſowohl Vor- als Nachmittags
ordentlich gehalten werden, ſo wird durch gegenwärtige Verordnung
ſolche löbliche Einrichtung weder abgeſchafft noch verändert, ſondern
es kann und ſoll dergleichen chriſtliche Sorgfalt für das Beſte der
Kinder billig Andern zum Exempel der Nachfolge dienen.


§. 6. Des Sonntags ſoll außer der Catechiſations- oder Wie-
derholungs-Stunde des Predigers in der Kirche auch vom Schulmeiſter
[487] eine Wiederholungs-Stunde in der Schule mit den noch unverhei-
ratheten Perſonen im Dorf gehalten werden. Es ſollen ſich dieſelben
theils im Leſen, theils im Schreiben üben. Das Leſen geſchieht in
dem Neuen Teſtament oder einem andern erbaulichen Buche, und zur
Uebung im Schreiben können ein Paar Sprüche oder die Epiſtel und
das Evangelium genommen werden. An den Orten, wo der Schul-
meiſter nicht zugleich Küſter iſt und die Filiale mit dem Prediger be-
reiſen darf, ſoll der Schulmeiſter überdies gehalten ſein, entweder
Vor- oder Nachmittags mit den Kindern in der Kirche zu ſingen, ſie
den Catechismus herſagen zu laſſen und aus demſelben und der Ord-
nung des Heils ihnen leichte Fragen zur Beantwortung vorzulegen.
Sollte ein Küſter und Schulmeiſter des Catechiſirens noch nicht recht
erfahren ſein, ſo muß der Prediger ihm dasjenige, was er catechiſiren
und fragen ſoll, nach den Lehrbüchern vorſchreiben und aufgeben, damit
auf ſolche Weiſe die Alten, welche mit gegenwärtig ſein ſollen, nebſt
den Kindern erbauet und in der Erkenntniß befördert werden mögen.


§. 7. Was das Schulgeld betrifft, ſo ſoll für jedes Kind, bis
es zum Leſen gebracht wird, im Winter Sechs Pfennige, wenn es
aber zum Leſen gekommen, Neun Pfennige, und wenn es ſchreibet
und rechnet, Ein Groſchen wöchentlich gegeben werden. In den
Sommer-Monaten dagegen wird nur Zwei Drittheil von dieſem an-
geſetzten Schulgelde gereicht, ſo daß diejenigen, welche Sechs Pfennige
im Winter gegeben, nach dieſer Proportion Vier, welche Neun Pfennige
gegeben, Sechs, und welche ſonſt Einen Groſchen gegeben, nunmehr
Acht Pfennige geben ſollen. Iſt etwa an einem und dem andern Orte
ein Mehreres an Schulgeld zum Beſten der Schulmeiſter eingeführt,
ſo hat es dabei auch ins Künftige ſein Bewenden.


§. 8. Wenn aber einige Eltern notoriſch ſo arm wären, daß ſie
für ihre Kinder das erforderliche und geſetzte Schulgeld nicht bezahlen
könnten, oder die Kinder, welche keine Eltern mehr haben, wären nicht
im Stande, das Schulgeld zu entrichten, ſo müſſen ſie ſich deshalb
bei den Beamten, Patronen, Predigern und Kirchen-Vorſtehern, inſofern
dieſelben über die Kirchenmittel zu disponiren haben, melden, da denn,
wenn kein anderer Weg vorhanden, entweder aus dem Klingelbeutel
oder aus einer Armen- oder Dorfcaſſe die Zahlung geſchehen ſoll, damit
den Schulmeiſtern an ihrem Gehalt nichts abgehe, folglich dieſelben
[488] auch beides armer und reicher Leute Kinder mit gleichem Fleiß und
Treue unterrichten mögen.


§. 9. Es ſoll daher auch zu dieſem Zweck jährlich an dem
Michaelis-Sonntage an jedem Orte auf dem Lande und in den
Städten eine ſogenannte Schul-Predigt gehalten werden, da man nach
der beſten Einſicht eine Materie, welche die chriſtliche Erziehung und
Erbauung der Jugend betrifft, nach Anleitung des Feſt-Evangelii
oder eines andern dazu ſich ſchickenden bibliſchen Textes aus dem
Alten oder Neuen Teſtament erwählen und der Gemeine faßlich vor-
tragen kann. Nach dieſer gehaltenen Predigt ſollen auf geſchehene
Abkündigung und herzliche Ermahnung des Predigers zum Beſten der
Landſchulen und inſonderheit zum Ankauf der nöthigen Bücher in den
Dorfſchulen für arme Schulkinder in den Becken, oder durch den
Klingelbeutel oder nach eines Orts Gewohnheit auf eine andere Weiſe
ein freiwilliger Beitrag geſammelt werden, welcher denn mit den
ordentlichen Quartal-Collecten-Geldern von den Superintendenten,
Inſpectoren, Präpoſitis und Erz-Prieſtern gewiſſenhaft eingeſchickt
werden ſoll. Die Einſendung ſelbſt aber geſchieht an das Conſiſtorium
einer jeden Provinz, welches dafür ſorgen wird, daß durch die In-
ſpectoren und Prediger dergleichen freie Bücher angeſchafft und mit-
getheilt werden können.


§. 10. Da nun für den nöthigen Unterricht der Kinder beſtens
geſorgt wird, ſo ſollen diejenigen Eltern, Vormünder und andere,
denen die Erziehung der Kinder obliegt, welche wider dieſe heilſame
Verordnung ihre Angehörigen nicht zur Schule ſchicken, dennoch für
jedes Kind, die geſetzte Zeit über, das gewöhnliche Schulgeld, welches
Vormünder in ſolchem Fall ihren Pflege-Kindern zu berechnen nicht
befugt ſind, den Schulmeiſtern entrichten, und wenn ſie durch ernſtliche
Vermahnung des Predigers dazu nicht zu bringen ſein, daß ſie die
Kinder ordentlich zur Schule halten, ſo ſollen ſie dazu durch eines
jeden Ortes Gerichts-Obrigkeit, wenn andere Mittel nicht helfen
wollen, mit der Execution angeſtrengt werden. Wenn überdies bei
der Schul-Viſitation der Viſitator in Erfahrung bringen ſollte, daß
Eltern ihre Kinder in dem vergangenen Jahre nicht fleißig zur Schule
gehalten, ſo ſollen ſie dahin ſehen, daß deshalb Sechzehn Groſchen
Straf-Gelder zur Schulcaſſe gegeben werden. Wir befehlen demnach
allen Unſern Beamten und Gerichts-Obrigkeiten ernſtlich, auf die erſte
[489] Anzeige des Schulmeiſters die Eltern, Vormünder, oder welchen die
Kinder zugehören und in deren Brot ſie ſtehen, ſofort vorzufordern
und zu vernehmen, warum die Kinder vom Schulgehen zurückgehalten
worden? Sollte ſich nun nicht finden, daß dieſelben durch Krankheiten
darin behindert worden, ſo müſſen ſie durch gehörige Zwangsmittel,
wie vorhin gedacht, die nöthige Remedur förderſamſt verſchaffen.


§. 11. Zu ſolchem Ende und hierauf deſto genauer zu achten,
ſollen die Schulmeiſter ſich nicht nur eine Deſignation von allen Kin-
dern des Diſtricts oder Dorfes, worin ſie den Unterricht beſorgen
ſollen, von den Predigern aus dem Kirchen-Regiſter geben laſſen, damit
ſie wiſſen, welche Kinder von dem Alter ſind, daß ſie zur Schule
müſſen geſchickt werden, ſondern ſie haben auch dahin zu ſehen, daß
ſie ſich, nebſt dem monatlichen Verzeichniß der vorhandenen Schul-
kinder, einen ordentlichen Schul-Catalog halten, darin die Kinder nach
folgenden Stücken eingetragen werden:


  • 1) Nach ihrem Vor- und Zunamen.
  • 2) Nach ihrem Alter.
  • 3) Nach ihren Eltern.
  • 4) Nach ihren Wohnungen.
  • 5) Nach der Zeit, wann ſie in die Schule aufgenommen worden.
  • 6) Nach den Lectionen, worin ſie unterrichtet werden.
  • 7) Nach ihrem Fleiß oder Nachläſſigkeit im Lernen.
  • 8) Nach dem Vermögen ihres Verſtandes.
  • 9) Nach den Sitten und übrigem Verhalten.
  • 10) Nach ihrem Abgang aus der Schule.

Dieſen Catalog, den kein Kind leſen muß, läßt ſich nicht nur der
Viſitator vor der jährlichen Schul-Viſitation einſchicken, ſondern der
Prediger läßt ſich auch denſelben bei dem wöchentlichen Beſuch der
Schule einhändigen, damit er die unartigen Kinder bemerken, auch
eine Erinnerung zur Beſſerung thun und mit den Eltern deshalb
reden könne, als wodurch der Leichtſinnigkeit und Bosheit geſteuert
werden kann.


Was aber vorgedachtes monatliches Verzeichniß der Kinder anbe-
trifft, ſo iſt davon eine in Kupfer geſtochene und gedruckte Tabelle mit
Linien nach allen Tagen des Monats durchzogen vorhanden, wonach
ſich die Schulmeiſter dergleichen verfertigen können. Hierin werden
bloß die Namen der Kinder annotirt, welche der Schulmeiſter jederzeit
[490] zu Ende der Tageslection ablieſt, und diejenigen anmerkt, welche mit
oder ohne Erlaubniß ihrer Vorgeſetzten fehlen. Das dient den Kin-
dern zum Fleiß, und die Eltern, welche ihre Kinder unordentlich zur
Schule ſchicken, und doch wohl ſagen: unſere Kinder ſind ſchon ſo
viele Jahre in die Schule gegangen und haben nichts gelernt, können
deſto beſſer bedeutet werden, wie die Schuld davon nicht den Schulen
und dem Schulmeiſter, ſondern ihnen ſelbſt beizumeſſen ſei.


§. 12. Da es aber bei einer guten Schulverfaſſung vornämlich
auf einen rechtſchaffenen Schulmeiſter ankommt, ſo iſt hiernächſt Unſer
ſo allergnädigſter als ernſtlicher Wille, daß von Allen und Jedem,
welche Schulmeiſter und Küſter zu beſtellen haben, darauf mit allem Fleiß
geſehen werde, daß zu den Schulämtern auf dem Lande ins Künftige
recht tüchtige Leute gelangen mögen. Es muß aber ein Schulmeiſter
nicht nur hinlängliche Geſchicklichkeit haben, Kinder in den nöthigen
Stücken zu unterrichten; ſondern auch dahin trachten, daß er in ſeinem
ganzen Verhalten ein Vorbild der Heerde ſei und mit ſeinem Wandel
nicht wiederum niederreiße, was er durch ſeine Lehre gebaut hat.
Daher ſollen ſich Schulmeiſter mehr als andere der wahren Gott-
ſeligkeit befleißigen, und alles Dasjenige verhüten, wodurch ſie den
Eltern und Kindern anſtößig werden können. Vor allen Dingen
müſſen ſie ſich bekümmern um die rechte Erkenntniß Gottes und
Chriſti, damit, wenn dadurch der Grund zum rechtſchaffenen Weſen
und wahren Chriſtenthum gelegt worden, ſie ihr Amt vor Gott in
der Nachfolge des Heilandes führen und alſo darinnen durch Fleiß
und gutes Exempel die Kinder nicht nur auf das gegenwärtige Leben
glücklich machen, ſondern auch zur ewigen Seligkeit mit zubereiten
mögen.


§. 13. Ob wir nun gleich die adeligen und andere Patronen in
ihren Rechten, die Küſter und Schulmeiſter zu erwählen und zu be-
ſtellen, ungekränkt belaſſen wollen, ſo müſſen doch alle Unſere Con-
ſiſtorien, durch die Superintendenten, Inſpectoren, Präpoſitos und Erz-
Prieſter, dahin ſehen, daß weder ungeſchickte und untüchtige noch auch
ruchloſe und einen böſen Wandel führende Küſter und Schulmeiſter
angeſetzt, oder wo ſie angeſetzt worden, geduldet werden. Inſonderheit
iſt dahin zu rechnen, wenn ſie dem Trunk oder Diebſtahl ergeben ſind,
Zänkerei in der Gemeine anrichten, ſich widerſpenſtig und ungehorſam
beweiſen oder der Unzucht und Hurerei überführt werden. Wo ſich
[491] dergleichen geäußert, ehe und bevor einer zum Schuldienſt angenommen
worden, ſo wird er dadurch eo ipso unfähig, das Amt eines Lehrers
in Schulen zu bekleiden; und Patronen müſſen in dieſem Fall ein
anderes unbeſcholtenes Subject zum Examen ſchicken. Würde aber
dergleichen erſt wahrgenommen, wenn ſie ſchon im Amt ſtehen, ſo ſoll
nicht nur bei Einſendung der jährlichen Conduitenliſten ſolches ange-
merkt, ſondern auch ſofort an Unſere Conſiſtorien berichtet werden,
damit das Nöthige deshalb verordnet und fernerem Aergerniß vorge-
beugt werde, weil nach Befinden dergleichen anſtößig lebende und ruch-
loſe Schulmeiſter ſofort cum effectu ab officio ſuspendirt und hier-
nächſt auf gebührenden Proceß von den Gerichts-Obrigkeiten caſſirt
werden müſſen. Es ſoll ihnen auch hiermit Wirthſchaft zu halten,
Bier und Branntwein in Gelagen zu verkaufen oder ſich mit andern
dergleichen Dingen zu bemengen, dadurch ihre Schul-Arbeit möchte
verhindert oder der Gemeine und der Jugend zur Verſündigung und
Ausſchweifung Anlaß gegeben werden, insbeſondere der Beſuch der
Schänken und Krüge, auch andere bei Gaſtmahlen und ſonſten mit
der Muſik zu bedienen, bei hoher willkürlicher Strafe gänzlich ver-
boten ſein.


§. 14. Es müſſen aber überhaupt auf dem Lande keine Küſter
und Schulmeiſter ins Amt eingewieſen und angeſetzt werden, ehe und
bevor ſie von den Inſpectoren examinirt, im Examen tüchtig befunden
und ihnen ein Zeugniß der Tüchtigkeit mitgegeben worden. Es ſoll
auch kein Prediger befugt ſein, einen als Küſter und Schulmeiſter zur
Kirchen- und Schul-Arbeit zu admittiren, wenn er nicht gedachtes
Zeugniß des Examens und daß er darin wohl beſtanden, vorher bei-
gebracht.


Was inzwiſchen Unſere eigenen Land-Schulen bei den Amts-
Städten und in den Amts-Dörfern anbelangt, ſo haben Wir in Un-
ſerer Chur-Mark ſchon hierbevor die Verordnung ergehen laſſen, wieder-
holen auch ſolche hierdurch ſo gnädig als ernſtlich, daß keine zu Schul-
meiſtern und Küſtern angenommen werden ſollen, als welche in dem
Chur-Märkiſchen Küſter- und Schul-Seminar zu Berlin eine Zeitlang
geweſen, und darin den Seidenbau ſowohl als die vortheilhafte und
bei den deutſchen Schulen der Dreifaltigkeits-Kirche eingeführte Me-
thode des Schulhaltens gefaßt haben. Und da Wir dem Ober-Con-
ſiſtorial-Rath und Prediger Hecker beſonders aufgetragen und aller-
[492] gnädigſt anbefohlen haben, Unſere Land-Schulen in den Königlichen
Aemtern mit guten Subjecten aus dem Seminar angelegentlich zu
verſorgen, ſo treten ſolche, wenn ſie von gedachtem Unſerm Ober-
Conſiſtorial-Rath mit einem Zeugniß der Tüchtigkeit der Königlichen
Chur-Märkiſchen Krieges- und Domainen-Kammer zur Erhaltung ihrer
ordentlichen Vocation präſentirt worden, das Amt dergeſtalt an, daß
ſie deshalb eine Probelection in der Kirche ſingen und hiernächſt eine
Unterrichts- oder Lehr-Probe bei den Kindern in der Schule entweder
in Gegenwart des Inſpectors oder im Beiſein des Predigers und einiger
Perſonen von der Gemeine machen müſſen. Sobald demnach ein
Küſter oder Schulmeiſter in einem Königlichen Chur-Märkiſchen Amts-
Dorfe verſtirbt, muß der Prediger mit dem ſpecifiken Ertrag der Stelle
und ob eine Orgel vorhanden, den Inſpector ſchriftlich bekannt machen.
Der Inſpector berichtet deshalb ſogleich an das Ober-Conſiſtorium und
erwartet, ob aus dem Chur-Märkiſchen Schulmeiſter-Seminar Jemand
verabfolgt werden könne, oder ob ihm aufgegeben werde, mit Zuziehung
des Predigers, ohne einigen Anſtand ein gutes Subject ausfindig
zu machen und nach Berlin zur Unterſuchung und Haltung der Probe-
Lectionen hinzuſchicken. Im Fall ſolcher Menſch nicht tüchtig befunden
werden ſollte, ſo muß derſelbe entweder das Schulmeiſter-Seminar
auf eigene Beköſtigung ſo lange frequentiren, bis er das erforderliche
Zeugniß der Tüchtigkeit erhalten hat, oder es muß ein anderes und
beſſeres Subject in Vorſchlag gebracht werden.


§. 15. Dieſem nach müſſen ſich auf dem Lande ſowohl in den
Flecken und Dörfern als auch in den Amts- und kleinen Land-Städten
keine Perſonen des Schulhaltens anmaßen, welche nicht als ordent-
liche Schulmeiſter auf vorgedachte Art den Beruf und die Freiheit zu
zu informiren erhalten haben. Daher denn alle Winkel-Schulen, ſie
mögen von Manns- oder Weibs-Perſonen gehalten werden, hierdurch
bei Strafe gänzlich verboten ſein ſollen. Unterdeſſen bleibt es wohl-
habenden Eltern nach wie vor erlaubt, für ihr Haus und Kinder
Privat-Informatoren zu halten, jedoch ſo, daß nicht anderer Leute
Kinder, die noch nicht in höheren Wiſſenſchaften unterrichtet werden
können, von der ordentlichen Schule zurückgehalten und in dergleichen
Privat-Unterricht hineingezogen werden.


§. 16. So wenig einem Schulmeiſter erlaubt iſt, unter der
Schule die Schulkinder zu ſeiner Hausarbeit zu gebrauchen, ſo wenig
[493] ſoll er ſich auch unterſtehen, in den gewöhnlichen und angeſetzten Schul-
ſtunden ſeiner Hand-Arbeit oder andern Geſchäften nachzugehen, oder
ſeine Frau unterdeſſen informiren zu laſſen, welches jedoch alsdann
geſchehen kann, wenn er zwar ſeine Schulſtunden ordentlich abwartet,
aber wegen Menge der Kinder ſich bei den Kleinen durch dieſelbe oder
eine andere Perſon helfen läßt. Sollte er nun die Schul-Information
entweder auf dieſe oder andere Weiſe verſäumen, ſo muß ihm von dem
Prediger deshalb nöthige Erinnerung geſchehen. Würde er aber dennoch
fortfahren, in Unterrichtung der Jugend nachläſſig zu ſein, ſo muß
ſolches bei der Viſitation dem Inſpector ꝛc. angezeigt werden, damit
dergleichen Unordnung beſtraft werden könne.


§. 17. Was nun demnächſt die Schul-Arbeit ſelbſt anbelangt,
ſo werden die Küſter und Schulmeiſter hierdurch vor allen Dingen
ernſtlich erinnert, ſich jedesmal zur Information durch herzliches Gebet
für ſich vorzubereiten, und von dem Geber aller guten Gaben zu ihren
Verrichtungen und Berufs-Arbeiten göttlichen Segen, Weisheit und
Geduld zu erbitten. Inſonderheit den Herrn anflehen, daß er ihnen
ein väterlich geſinntes, mit Ernſt und Liebe temperirtes Herz gegen
die anvertrauten Kinder verleihe, damit ſie alles willig und ohne Ver-
druß verrichten, was ihnen als Lehrern zu thun obliegt; eingedenk,
daß ſie ohne den göttlichen Beiſtand des großen Kinderfreundes Jeſu
und ſeines Geiſtes nichts auszurichten vermögen, auch der Kinder
Herzen nicht gewinnen können. Unter der Information ſelbſt haben
ſie nicht weniger aus Herzens Grund zu ſeufzen, damit ſie nicht allein
ſelbſt ein wohlgefaßtes Gemüth behalten, ſondern auch, daß Gott ihren
Fleiß ſegnen und zu ihrem Pflanzen und Begießen ſein gnädiges Ge-
deihen von Oben geben wolle, weil alles wahre Gute durch die Gnade
Gottes und die Wirkung ſeines Geiſtes in den Kindern muß gewirkt
werden.


Auch haben ſie auf allerhand Mittel zu denken, wie ſie die An-
fänger, inſonderheit die da blöde und langſam ſind, nicht abſchrecken,
ſondern denſelben vor allen andern die Sache leicht machen. Zu
dieſem Zweck müſſen ſie ſich den dritten Theil des Berliniſchen Schul-
buches mit allem Fleiß bekannt machen, als in welchem den Schul-
meiſtern die Lehr-Art angewieſen wird, wonach das ABC, das Buch-
ſtabiren, Leſen, Auswendig-Lernen und Catechiſiren bei der Jugend
vortheilhaft zu treiben iſt.


[494]

§. 18. Und da an guter Einrichtung der Schul-Lectionen gar
Vieles gelegen, ſo ſollen dazu Vormittags Drei Stunden und Nach-
mittags gleichfalls Drei Stunden dergeſtalt gewidmet werden, daß
erſtere von 8 bis 11, letztere aber von 1 bis 4 Uhr zu halten, es
wäre denn, daß nach den beſondern Umſtänden eines Orts der Prediger
mit Zuziehung der Kirchen-Vorſteher für bequemer finden möchte, die
Schule Vormittags früher angehen, oder Nachmittags ſpäter endigen
zu laſſen. Dabei aber einmal für allemal feſtgeſetzt bleibt, daß drei
volle Stunden ſowohl Vor- als Nachmittag im Winter auf den Un-
terricht verwendet werden. Im Sommer müſſen daher ebenfalls drei
ganze Stunden entweder Vor- oder Nachmittag zur Information ge-
widmet ſein.


§. 19. Es wird demnach auf folgende Weiſe gehalten:
In der erſten Vormittagsſtunde wird


  • 1) ein Lied geſungen, welches der Schulmeiſter langſam
    und deutlich vorſaget, und darauf mit den geſammten
    Kindern nachſinget
    .

Alle Monate aber wird nur ein Lied, welches von dem Prediger
aufgegeben wird und nicht zu lang oder unbekannt ſein muß, erwählet
und geſungen, damit es große und kleine durch das öftere Singen
auswendig lernen. Unter dem Singen giebt der Lehrer genau Acht,
daß ſie alle mitſingen. Dabei wird keinem Kinde erlaubt, bei dieſer
Arbeit ſein Geſangbuch vor ſich zu nehmen und aus demſelben zu
ſingen, weil ſolche nicht gehörig aufmerken, das Geſangbuch durch-
blättern und das Lied daher nicht lernen. Wollen ſie aus dem Ge-
ſangbuche ſingen, ſo kann ſolches zu Hauſe geſchehen.


  • 2) Nach dem Geſange wird gebetet. Das Gebet aber ver-
    richtet der Schulmeiſter entweder ſelbſt oder läßt ein Morgengebet,
    welches vorgeſchrieben werden ſoll, und ſich für Schulkinder ſchicket,
    von einem fertigen Lehrkinde langſam und deutlich vorleſen; dabei
    denn alle übrigen Kinder ſtill ſitzen und zuhören müſſen. Darnach
    beten ſie alle zugleich, doch andächtig und vor Gott ihre aus-
    wendig gelernte Gebets-Formeln: Ein Knabe lieſet langſam,
    deutlich und laut den monatlichen Pſalm und darauf wird ge-
    ſchloſſen mit dem Gebet des Herrn. Wenn unter dem Gebet
    Kinder zur Schule kommen, ſo bleiben ſelbige an der Thüre ſo
    [495] lange ſtehen, bis das Gebet verrichtet iſt, weil ſonſt die Uebrigen
    geſtört werden.
  • 3) Nach dem Gebete wird ein Stück aus dem Catechismo,
    welches in der Ordnung folget, erkläret, und zwar ſo kurz, daß
    alle 6 Wochen der Catechismus zu Ende gebracht werde. Bei
    dieſer Arbeit wird es ſo gehalten: das Stück, welches zu erklären,
    muß von einigen Kindern ſo lange hergeſagt werden, bis es den
    meiſten wohl bekannt worden. Hiernach werden anfänglich die
    Worte und darauf die Sache, welche in den Worten liegt, frag-
    weiſe erläutert und mit Sprüchen aus der heil. Schrift beſtätigt.
    Endlich wird auch gewieſen, wie die Kinder die angehörte Wahr-
    heit im Leben anwenden ſollen. Bei den kleinern Kindern wird
    zu dieſem Zweck der zergliederte Catechismus, bei den größern
    aber der erklärte Catechismus von den Predigern ſowohl als
    Schulmeiſtern gebrauchet.

In der andern Vormittagsſtunde wird das Leſen,
Buchſtabiren und das A. B. C. vorgenommen
.


  • 1) In der erſten halben Stunde leſen die fertigen Leſe-
    kinder
    ein und andere Capitel aus dem Neuen Teſtament oder
    Bibel, bald alle zugleich, bald eine gewiſſe Anzahl, bald fährt
    einer oder der andere allein fort, welchen der Schulmeiſter dazu
    auffordert, damit ſie in beſtändiger Aufmerkſamkeit erhalten werden.
    Bald buchſtabiren ſie alle zugleich, bald muß einer und der andere
    im Buchſtabiren fortfahren.
  • 2) In der andern halben Stunde buchſtabiren die eigent-
    lichen Buchſtabir-Kinder
    , bald zuſammen, bald eines allein.
    Zuletzt wird ein Wort an die Tafel geſchrieben, und dabei das-
    jenige wiederholt, was zum Buchſtabiren und Leſen nöthig iſt.
    Unter dieſer Arbeit werden die größeren im Aufſchlagen ſowohl
    der Sprüche in der Bibel als der Lieder im Geſangbuche geübt,
    lernen ihre Wochenſprüche und machen ſich auch zuweilen die Namen
    der bibliſchen Bücher, wie ſie auf einander folgen, bekannt, damit
    ſie im Aufſchlagen deſto fertiger werden.
  • 3) Die A. B. C.-Schüler ſtehen oder ſitzen in dieſer Stunde
    mit ihrem A. B. C.-Täfelchen vor der größeren Tafel, lernen
    täglich etwa 2 Buchſtaben und zwar außer der Reihe. Sie werden
    vom Schulmeiſter zum öftern unter dem Leſen und Buchſtabiren
    [496] der übrigen Kinder aufgefordert, ihre beiden Buchſtaben herzuſagen
    und auf ihren Täfelchen zu zeigen. Sobald ſie die Buchſtaben
    kennen, werden ſie gleich zum Buchſtabiren angeführt.

In der dritten Vormittagsſtunde wird geſchrieben
und buchſtabirt, imgleichen werden die Buchſtaben gelernt
.


  • 1) Die größern Kinder ſchreiben in der erſten halben Stunde und in
    der andern halben Stunde wird ihnen ihre Arbeit corrigirt, und
    damit kein Kind in der Correctur übergangen werde, ſo hält ſich
    der Schulmeiſter ein Verzeichniß von den Schreibkindern, welche
    nach der Ordnung ihre Schreibbücher aufweiſen, und wo er den
    vorigen Tag aufgehört, da fängt er den folgenden Tag wieder an:
    damit auf ſolche Art ein jedes Kind wöchentlich etliche Mal zur
    Correctur komme. Wobei noch dies beſonders zu bemerken, daß
    jederzeit die linke Seite des Papiers im Schreibebuche corrigirt
    werden muß. Hingegen muß der Schüler auf der rechten Seite
    des Schreibebuches eben das Penſum, ſo zur Linken hingeſchrieben
    war, wieder ſchreiben, dergeſtalt, daß er dasjenige, was der Schul-
    meiſter zur Linken corrigirt hatte, nunmehro, da er eben daſſelbe
    abermal ſchreibet, auch nach der geſchehenen Correctur verbeſſere.
  • 2) Die Buchſtabir- und A. B. C.-Schüler werden in der Zeit,
    da die größern ſchreiben, dergeſtalt vorgenommen, daß jene im
    Buchſtabiren exercirt und ihnen die Leſeregeln bekannt gemacht
    werden; dieſen aber der Unterſchied der lauten und ſtummen Buch-
    ſtaben beigebracht wird. Unter dem Corrigiren der größern werden
    ihnen ein und das andere Mal die Wochenſprüche vorgeſagt.
    Gegen das Ende der dritten Vormittagsſtunde werden die Kinder
    zum Gebet ermuntert, und wenn der Schulmeiſter ſolches verrichtet,
    auch noch den monatlichen Pſalm oder etwas aus dem monatlichen
    Liede vorgeleſen, ſo werden die Kinder aus der Schule in der
    Stille nach Hauſe dimittirt. Der Schulmeiſter ſieht ihnen nach,
    wie ſie ſich auf dem Wege betragen, damit ſie nicht durch Leicht-
    ſinnigkeit und Bosheit in den Wind ſchlagen, was ihnen mit
    vieler Mühe beigebracht worden.

In der erſten Nachmittagsſtunde verſammeln ſich die Kinder
unter Aufſicht des Schulmeiſters, und nachdem einige Verſe geſungen
und der monatliche Pſalm geleſen, ſo wird ihnen der Inhalt der
[497] bibliſchen Bücher beigebracht und abwechſelnd das Lehrbüchlein zum
Unterricht der Kinder auf dem Lande vorgenommen.


In der andern Nachmittagsſtunde lernen ſie abwechſelnd
mit der chriſtlichen Lehre im Zuſammenhange nach der Ordnung des
Heils in der erſten halben Stunde ein Stück aus dem Catechismus,
welches in der Ordnung folgt. Dies kann nach der in dem dritten
Theile des Berliniſchen Lehrbuchs angezeigten Methode durch Anſchrei-
bung der Anfangsbuchſtaben geſchehen, oder auf folgende Art und
Weiſe:


  • 1) Der Schulmeiſter lieſet ihnen das Stück, welches ſie
    auswendig lernen ſollen
    , einige Mal nacheinander langſam
    und deutlich vor, dabei die Leſekinder ihren Catechismus aufge-
    ſchlagen haben und ſtill nachleſen. Darauf müſſen die Leſekinder
    alle zugleich aber dies Stück etliche mal herleſen, dabei die mittlern
    und kleinen Kinder ſtillſitzen und jenen zuhören.
  • 2) Wenn ſolches geſchehen, ſo ſagt der Schulmeiſter ein
    Comma nach dem andern von dem auswendig zu lernenden Stücke
    den Kindern vor, läſſet es nachſprechen und wiederholen ſo lange,
    bis ſie es wiſſen. Alsdann geht er weiter. Auf dieſe Weiſe
    wird es gehalten mit den verbis biblicis des Catechismus: denn
    dieſe lernen alle Schulkinder zugleich. Was aber die Auslegung
    Luthers im Catechismus betrifft, ſo wird dieſelbe von den größern
    Kindern allein durch öfteres Herleſen gelernt: die mittlern aber
    und kleinen ſitzen inzwiſchen ſtill und hören hierbei nur aufmerkſam
    zu. Haben nun die großen das Penſum etliche Mal zugleich
    hergeſagt, ſo rufet der Schulmeiſter bald dieſen bald jenen auf
    und läſſet ihn das geleſene Stück herſagen und ſiehet alſo zu,
    ob und wie ſie es gefaſſet haben.
  • 3) Endlich ſagt ein jeder Haufe ſeinen Wochenſpruch
    her
    , nämlich die Großen einen etwas weitläuftigen, die Mittlern
    einen mittelmäßigen und die Kleinern einen ganz kurzen. — Auf
    dieſe Art lernen die Kinder wöchentlich ein Stück aus dem Cate-
    chismus und der chriſtlichen Lehre im Zuſammenhange, imgleichen
    drei Sprüche, auch monatlich ſowohl einen Pſalm als ein Lied.

In der andern halben Stunde leſen die Größern,
buchſtabiren die Mittlern und die Kleinen lernen die Buchſtaben, wie
oben gezeigt worden.


32
[498]

In der dritten und letzten Nachmittagsſtunde wird
theils geſchrieben, theils gerechnet; unter welcher Arbeit die Mittlern
buchſtabiren und die Kleinen im ABC geübt werden. Auf dieſe Weiſe
wird die Arbeit täglich verrichtet.


Am Sonnabend wird Vormittags Folgendes vorge-
nommen
: In der erſten Stunde wird nicht catechiſirt, wie an den
übrigen Tagen geſchiehet, ſondern die Kinder wiederholen die gelernten
Sprüche, Pſalmen und Lieder, wovon ſich der Schulmeiſter ein Ver-
zeichniß halten muß. Darnach erzählet er ihnen von Woche zu Woche
abwechſelnd aus dem alten und neuen Teſtamente eine bibliſche Hiſtorie,
zergliedert dieſelbe durch Fragen und zeigt den Kindern mit Wenigem,
eine ſolche anzuwenden. Bei den größeren kann er die bibliſche Karte
und deren Erläuterung zu deſto beſſerm Verſtändniß der heiligen Schrift
gebrauchen. Darauf fahren die Leſer nicht in der Bibel oder im
neuen Teſtamente zu leſen fort, ſondern ſie leſen theils das Evan-
gelium, theils die Epiſtel, welche den folgenden Sonntag erklärt wird.
Ferner ſchreiben ſie etwas an die Tafel, welches ihnen der Schul-
meiſter nach der Orthographie corrigirt. Beim Beſchluß der Schule
werden die Kinder herzlich ermahnt, den Sonntag wohl anzuwenden,
in der Kirche ſich ſtill und andächtig zu beweiſen und Gottes Wort
zu ihrem Heil zu hören und zu behalten.


Der Schulmeiſter muß in allen oben gedachten Stunden die ganze
Zeit über beſtändig bei den Kindern gegenwärtig ſein, niemals aber
eine Stunde, geſchweige einen halben oder ganzen Tag, aus der Schule
bleiben, vielweniger ohne Vorwiſſen des Paſtors und der Obern Er-
laubniß ausreiſen. In welchem Fall er jedennoch jedesmal zeitig dahin
ſorgen muß, daß durch einen Andern ſeine Schularbeit beſtellt und
indeſſen an der Jugend nichts verſäumt werde.


Wenn in den größern Flecken oder Königl. Amts-Städten mehr
als ein Docens vorhanden, ſo muß die bisherige Einrichtung der Lec-
tionen und ob mehr als eine Schulſtube vorhanden, an unſere Pro-
vinzial-Conſiſtorien von den Inſpectoren und Paſtoren berichtet werden,
da denn nach eines jeden Orts Umſtänden die Information regulirt
werden ſoll.


§. 20. Da aber das Land bisher mit allerhand Lehrbüchern, in-
ſonderheit Erklärungen des Catechismus und ſogenannten Ordnungen
des Heils überſchwemmt worden, indem ein jeder Prediger nach eigenem
[499] Gefallen die Unterrichtsbücher erwählet oder dergleichen ſelbſt gemacht
und drucken laſſen; wodurch jedoch die Kinder, beſonders wenn die
Eltern den Ort ihrer Wohnung verändert haben, im Lernen ſehr con-
fundiret werden, ſo wollen wir, daß ins Künftige in allen Landſchulen
ſowohl, wo wir ſelbſt die jura Patronatus haben, als auch wo
Adliche oder Magiſtrate und andere Perſonen Patronen ſind, keine an-
dere Lehrbücher in den Landſchulen und bei den Catechiſationen, als
die von unſeren Conſiſtorien verordnet und approbirt worden, ſollen
gebraucht werden. Dahin gehören nach Maaßgebung der Umſtände
auf dem Lande und in den Amts-Städten das Neue Teſtament, die
Gebetsübung genannt, darin nicht nur die Eintheilung eines jeden
Buchs befindlich, ſondern auch der Hauptinhalt eines jeden Capitels
in ein Gebet verfaſſet iſt, um der Jugend an die Hand zu geben,
wie ſie die aus dem Worte Gottes geleſenen Wahrheiten in ein Gebet
faſſen und darüber Gott anrufen ſollen. Hiernächſt die Halliſche oder
Berliniſche Bibel, welche in den Parallellen ſowohl als Paginis über-
kommen; ferner der zergliederte ſowohl als der erklärte Catechismus
Luthers; der Inhalt der bibliſchen Bücher; die chriſtliche Lehre im
Zuſammenhange; das Berliniſche Buchſtabir- und Leſebuch; das All-
gemeine von Gott, von der Welt und dem Menſchen und das Lehr-
büchlein zum Unterricht der Kinder auf dem Lande in allerhand nö-
thigen und nützlichen Dingen.


§. 21. Dieſemnach ſollen nicht nur einerlei Bücher in der Schule
gebraucht werden, ſondern die Prediger und Schulmeiſter müſſen auch
beſonders darauf ſehen, daß ein jedes Kind ſein eigenes Buch habe,
ſo daß nicht eines beim andern ins Buch einſehen darf. Wenn den
armen Kindern aus den Kirchenmitteln oder aus einer andern Gemeine-
Caſſe Bücher frei angeſchafft werden, ſo brauchen ſie dieſelben zwar
in der Schule, es wird ihnen aber nicht erlaubt, ſolche mit ſich nach
Hauſe zu nehmen, ſondern der Schulmeiſter nimmt ſie bei dem Schluß
der Schulſtunden in ſeine Verwahrung und muß darüber ein Inven-
tarium gehalten werden, ſo daß ſie beſtändig bei der Schule verbleiben.


§. 22. Die Disciplin muß weislich geſchehen, ſo daß den Kindern
die Eigenliebe als die Quelle aller Sünden entdecket und ihre Ab-
ſcheulichkeit gewieſen, der Eigenſinn oder Eigenwille mit Fleiß gebrochen,
auch das Lügen, Schimpfen, Ungehorſam, Zorn, Zank, Schlägerei ꝛc.
ernſtlich, jedoch mit Unterſchied und nach vorhergegangener genugſamer
32*
[500] Ueberzeugung des geſchehenen Verbrechens beſtraft werden. Wobei der
Schulmeiſter in Züchtigung der Jugend ſich aller ungeziemenden Heftig-
keit, ſündlichen Eifers und Scheltens enthalten und dagegen ſo viel
möglich eine väterliche Beſcheidenheit und Mäßigung dergeſtalt ge-
brauchen ſolle, daß die Kinder wegen ſchädlicher Lindigkeit nicht ver-
zärtelt, noch durch die übermäßige Strenge ſcheu gemacht werden.
Wenn aber bei verübten größern Verbrechen und Bosheit andern zum
Exempel eine größere und nachdrücklichere Beſtrafung anzuſtellen ſein
möchte, ſollen ſie ſolche für ſich nicht vollziehen, ohne es vorher dem
Prediger anzuzeigen und ſeine Belehrung darüber einzuholen; der
dann in ſolchen Fällen das Verbrechen der Kinder gründlich unterſuchen
und die Sache unparteiiſch zu entſcheiden wiſſen wird, da denn die
Eltern der Kinder aus unzeitiger Zärtlichkeit nicht widerſprechen noch
in die Schulſachen ſich miſchen müſſen.


§. 23. An den Sonn- und Feſttagen ſollen die Eltern gehalten
ſein, die Kinder des Sonntags vor der Predigt zum Schulmeiſter zu
ſchicken, damit ſie ordentlich zur Kirche gebracht werden und daſelbſt
unter guter Aufſicht ſein mögen. Da denn der Schulmeiſter mit den-
ſelben in Ordnung zur Kirche hinein und nach völlig geendigtem
Gottesdienſt ordentlich und ſtille wieder hinausgehet; auch in der Kirche
bei ſeinen Schulkindern in einem beſondern Stuhl ſtehen muß, damit
er nicht nur die ausbleibenden anmerken, ſondern auch auf die anweſen-
den wohl Acht haben könne, damit ſelbige ſich ſittſam und wohl be-
tragen, den Geſang mit gehöriger Andacht mitſingen; unter der Pre-
digt des Plauderns und Muthwillens ſich entſchlagen, hingegen allezeit
aus der Predigt etwas behalten mögen, welches ſie denn in der nächſten
Schulſtunde des Montags darauf anzeigen müſſen. Nicht weniger
haben auch die Schulmeiſter bei den Leichen auf das Verhalten der
Knaben, mit welchen ſie die Leichen beſingen, wohl Acht zu geben, und
zu verhüten, daß ſelbige nicht nach eigenem Wohlgefallen durchein-
ander oder zur Seite auslaufen, ſich ſtoßen, oder muthwillig bezeigen,
ſondern zwei und zwei zuſammen ſtille einhergehen und diejenigen, ſo
fertig leſen können, den Geſang mit verrichten helfen, folglich auch
dabei alles ordentlich zugehe; wie ſie denn bei aller Gelegenheit ſittſam,
beſcheiden, höflich und freundlich in Geberden, Worten und Werken
ſich erzeigen müſſen.


§. 24. Und wie die Schulmeiſter ſonſt in allen Schulſachen des
[501] Raths und Gutachtens ihrer vorgeſetzten Prediger ſich zu bedienen
haben und an dieſelben kraft dieſes General-Schul-Reglements verwieſen
werden: alſo ſind ſie ihnen auch von Allem, ſo in ihr Amt läuft,
auf Erfordern Rechenſchaft zu geben und fernere Anweiſung in der
vorgeſchriebenen Lehr-Methode und Disciplin von ihnen anzunehmen
ſchuldig. Geſtalt wir dann zu den Predigern das allergnädigſte Ver-
trauen haben, ihnen es auch hierdurch auf ihr Gewiſſen binden, ſie
werden die an ihren Oertern etwa eingeriſſenen Mißbräuche und Mängel,
ſo allhier nicht angeführt werden können, abzuſtellen ernſtlich bedacht
ſein, und das Schulweſen je mehr und mehr zu verbeſſern ſuchen.
Dafern aber ſolches einer oder der andere von den Schulmeiſtern ver-
abſäumen und in Wahrnehmung ſeines Amtes nach ſeiner Vocation
und dieſer allgemeinen Landſchul-Ordnung fahrläſſig befunden werden
ſollte, ſo hat ihn der Paſtor ſeiner Schuldigkeit und Pflicht ernſtlich, jedoch
beſcheidentlich ein und das andre Mal zu erinnern und falls er ſich
demungeachtet daran nicht kehren würde, an Oertern, wo Gerichts-
Obrigkeiten vorhanden, es denenſelben zur Remedur vorher anzuzeigen:
zugleich aber auch den reſp. Superintendenten, Inſpectoren, Präpoſiten
oder Erzprieſtern davon ſofort Nachricht zu geben, und wenn auch
deren Erinnerung nicht verfangen will, ſo haben dieſe dem Conſiſtorio
zu nachdrücklicher Ahndung nach Befinden mit der Suſpenſion und
Remotion zu berichten.


§. 25. Inſonderheit aber iſt unſerer allergnädigſter Wille, daß
die Prediger auf den Dörfern und in den Amts-Städten die Schulen
ihres Orts gewöhnlich 2 Mal, bald Vermittogs, bald Nachmittags
beſuchen, und nicht nur die Information des Küſters oder Schulmeiſters
anhören, ſondern auch ſelbſt über den Catechismus und andre Lehr-
bücher Fragen bei den Kindern anſtellen ſollen. Auch müſſen ſie
monatlich in die Pfarrerwohnung mit den Schulmeiſtern in matre
und den Filialen eine Conferenz halten und denſelben das Penſum,
welches ſie im Catechismus und ſonſt zu abſolviren haben, aufgeben;
ihnen auch anzeigen, was für ein Lied, Pſalm und welche Sprüche
den Monat über von den Kindern auswendig gelernt werden ſollen.
Er giebt ihnen hiernächſt Unterricht, wie ſie ſich die Hauptſtücke aus
der Predigt bemerken und die Kinder darüber befragen können; im-
gleichen thut er Erinnerung von den Mängeln, welche er in der In-
formation bemerket, von der Methode, von der Disciplin und andern
[502] zur Information nöthigen Sachen, damit die Schulmeiſter ihrer Pflicht
nachkommen mögen. Welcher Prediger aber wider Vermuthen in Be-
ſuchung der Schulen, oder Wahrnehmung der in dieſem Reglement
ihm auferlegten Pflichten ſich ſäumig oder nachläſſig finden und nicht
ernſtlich ſich wird angelegen ſein laſſen, die Küſter und Schulmeiſter
zu der genaueſten Beobachtung dieſes Reglements anzuhalten, ſoll,
falls es erweislich, daß er denen ihm ſolcherhalb geſchehenen Erinne-
rungen gebührlich nicht nachgekommen, entweder auf eine Zeitlang
cum effectu ſuſpendirt oder auch wohl gar dem Befinden nach ſeines
Amtes entſetzt werden: allermaßen die Fürſorge für den Unterricht
der Jugend, und die gehörige Aufſicht darauf, mit zu den wichtigſten
und vornehmſten Pflichten des Predigt-Amtes nicht allein gehöret,
ſondern wir auch ſelbige ausdrücklich als ſolche dafür angeſehen
wiſſen wollen.


§. 26. Den Superintendenten und Inſpectoren oder auch Prä-
poſiten und Erzprieſtern jeden Kreiſes befehlen wir endlich hierdurch
auf das allernachdrücklichſte, die geſammten Landſchulen ihrer Inſpection
jährlich ſelbſt zu bereiſen und mit aller möglichen Attention den Zu-
ſtand jeder Landſchule genau zu examiniren und zu unterſuchen, ob
die Eltern und Vorgeſetzten ihre Kinder und Untergebenen zur Schule
gehalten oder darinnen nachläſſig geweſen? ob die Prediger im Beſuch
der Schulen und Beobachtung obenangeregter Anordnungen zur Auf-
ſicht über die Schulmeiſter ihrer Pflicht und Schuldigkeit nachgekom-
men? inſonderheit ob die Schulmeiſter die nöthige Capacität haben
oder ob ſie untüchtig ſind und was ſonſten deshalb zu erinnern und
zu verbeſſern ſtehe? Wovon denn gedachte Superintendenten und In-
ſpectoren ihre pflichtmäßigen Berichte alljährlich an unſer hieſiges Ober-
Conſiſtorium zur weitern Einſicht und Verfügung einſenden ſollen.
Und zwar befehlen wird, daß ſolches unausbleiblich geſchehen ſolle, nicht
nur in Anſehung unſerer Amtsſchulen auf dem Lande und in den
Amtsſtädten, ſondern auch bei denjenigen Landſchulen, von welchen
den Edelleuten oder Städten das jus Patronatus zuſtehet, um die
untüchtigen Schulmeiſter dem Ober-Conſiſtorio anzuzeigen, damit der
Unwiſſenheit auf dem Lande abgeholfen und dem Verderben der Jugend
vorgebeuget werde. Zu gleicher Zeit ſollen dem Viſitator bei dem Schul-
Examen diejenigen Kinder vorgeſtellt werden, welche in den Schulen
tüchtig geworden, vom Prediger zum heiligen Abendmahl näher zubereitet
[503] zu werden, damit er ſie wöchentlich zur Catechiſation in ſeinem Pfarrhauſe
admittiren und im Chriſtenthum gründlich unterrichten möge. Wie wir
denn hiermit die deshalb ſchon in vorigen Zeiten ergangenen heilſamen
Verordnungen hiedurch erneuert und beſtätigt wiſſen wollen, inſonder-
heit, daß ſich kein Prediger unterſtehen ſoll, Kinder, die nicht von
ſeinen Gemeinen ſind oder noch nicht leſen können und von den Grund-
Wahrheiten der evangeliſchen Religion keinen richtigen und hinläng-
lichen Begriff erlangt haben, zur Confirmation und noch weniger zur
Communion anzunehmen.


25.


Principia regulativa oder General-Schul-Plan vom
30. Juli 1736.


  • 1) Das Schulgebäude errichten und unterhalten die aſſociirten Ge-
    meinen, auf dem Fuß, wie die Prieſter- und Küſter-Häuſer.
  • 2) Se. Königl. Majeſtät geben das freie Bauholz; Thüren, Fenſter
    und Kachelofen werden von den Collecten-Geldern verfertigt.
  • 3) Se. Majeſtät geben auch das freie Brennholz, welches die Ge-
    meinen anfahren.
  • 4) Jede Kirche, ſowohl in den Städten, als auf dem Lande, zahlt
    zum Unterhalt der Schulmeiſter jährlich 4 Rthlr., dagegen der
    Paſtor loci die Schulmeiſter dahin anhält, daß ſie den Kirchen-
    dienſt, als z. E. die Kirchen rein zu machen, mit verrichten
    helfen.
    Die Präcentores nehmen an beſagten 4 Rthlrn. keinen Theil,
    ſondern ſolche bleiben lediglich zum Unterhalt vor die Schulmeiſter.
  • 5) Sollten ſo arme Kirchen ſein, daß ſie ſothane 4 Rthlr. jährlich
    aufzubringen nicht in Stande, zahlet ſolche der Patronus ec-
    clesiae
    .
  • 6) Zur Subſiſtenz wird dem Schulmeiſter eine Kuh und ein Kalb,
    item ein Paar Schweine und etwas Federvieh frei auf der Weide
    gehalten und 2 Fuder Heu und 2 Fuder Stroh gereichet. Hier-
    nächſt bekommt er
  • 7) von Sr. Königl. Maj. einen Morgen Land (welcher allemal
    hinter ſeinem Hauſe anzuweiſen) ſolchen auf’s Beſte zu nutzen.
    Die eingewidmeten Dorfſchaften bearbeiten ſolchen und halten ihn
    im Gehege.

[504]
  • 8) Bekommt der Schulmeiſter von den geſammten Bauern ſeines
    Diſtricts p. Hufe ¼ Roggen, 2 Metzen Gerſte. Gehet der Roggen
    über ½ Winſpel, werden die Portionen der Bauern kleiner; gehet
    er drunter, legen ſie zu.
  • 9) Jedes Schulkind à 5 bis 12 Jahren incl. giebt ihm jährlich, es
    gehe zur Schule oder nicht, 14 gr. prß. oder 4 ggr.
  • 10) Iſt der Schulmeiſter ein Handwerker, kann er ſich ſchon ernähren;
    iſt er keiner, wird ihm erlaubt, in der Erndte 9 Wochen auf
    Tagelohn zu gehen.
  • 11) Der Schulmeiſter iſt frei von Kopf- und Horn-Schoß, imgleichen
    Schutzgeld.
  • 12) Im Fall ein Bauer oder Inſtmann mehr als zwei Kinder hätte,
    die zur Schule gebracht werden könnten, wird der Ueberreſt des
    Schulgeldes von den Intereſſen der 50000 Rthlr. bezahlet.
  • 13) Der zweite Klingebeutel iſt vor die Schulmeiſter.
  • 14) Wo Cöllmer wohnen, dieſelben geben den Bauern gleich, nämlich
    ¼ Korn und 2 Metzen Gerſte. Weil aber ſonſt ihre Condition
    beſſer, als der Bauern, bezahlen ſie vor jedes Kind jährlich 6 ggr.
    Schulgeld. Aus obigem Fonds der 50000 Rthlr. wird ihnen
    nichts zur Hülfe gegeben.
  • 15) Die Beamte ſind zwar frei, ſchicken ſie aber ihre Kinder zur
    Schule, zahlen ſie vor das Kind monatlich 2 ggr. Alle übrige
    Amtsbediente zahlen wie die Cöllmer p. Kind 6 ggr. jährlich.
    Forſtbediente wie die Beamten; Warthen wie die Bauern. Dieſe
    letztern ſind auch gehalten, ihre Kinder zur Schule zu ſchicken.
  • 16) Jedes Schulkind, wenn es confirmirt wird, bezahlet dem Schul-
    meiſter 6 ggr.
  • 17) Aller Orten, wo unumgängliche impedimenta ſein, daß keine hin-
    längliche Societäten zuſammengebracht werden können, e. g. wo
    durch Waſſer oder Wald ſtarke Abſchnitte ſein, wird der Zuſchub
    aus dem zweiten Klingebeutel gethan, und weil dieſer nicht weit
    hinreichen wird, kann vor jede Hochzeit von dem Pastore loci
    30 gr. prß. oder 8 ggr. zur Subſiſtenz der Schulmeiſter gefordert,
    und zum Zuſchub an ſolchen Orten angewandt werden, damit der
    Königl. Fonds der 50000 Rthlr. nicht beſchwert werde.
  • 18) Jedem Schulmeiſter muß ein Platz zum Küchen-Garten gleich
    hinter ſeinem Hauſe angewieſen werden.

[505]
  • 19) Wird ſich der Adel hiernach zu richten haben und zur gemein-
    ſchaftlichen Einrichtung der Schulen die Hand bieten, wiewohl
    ihnen frei ſteht, die Sache nach ihrem beſten Gefallen einzu-
    richten, nur, daß der Schulmeiſter ſeine Subſiſtenz habe und der
    von Sr. Kgl. Maj. intendirte Endzweck erreicht werde.
    Endlich ſo muß jeder Prediger auf die richtige Obſervanz
    dieſer Stiftung vigiliren, und die Saumſeligen ſofort bei der
    Königl. Krieges- und Domainen-Kammer anzeigen, welche ſodann,
    wenn der Beamte längſtens in 14 Tagen das rückſtändige Schulgeld
    nicht beiſchafft, die Beamten dazu anhalten, und das Geld allen-
    falls von der Lieferung abzuziehen hat.
    Königsberg, den 30. Juli 1736.

Allerhöchſte Königl Confirmation dieſes Schulplans.


Se. Königl. Majeſtät in Preußen, Unſer allergnädigſter Herr,
haben die allerunterthänigſte Vorſtellung Dero Wirkl. Geheimen Etats-
Miniſter von Görne, von Kunheim und von Bülow, vom 30. Juli,
nebſt dem Entwurf der Einrichtung des Schulweſens in Preußen er-
halten, und gleichwie ſie ſolchen völlig approbiren und deshalb die
abſchriftlich beikommende Ordre an Dero Etats-Miniſter von Cocceji
ergehen laſſen, alſo befehlen Sie Dero vorgedachten Miniſtern aller-
gnädigſt, nunmehro nachdrücklich zu arbeiten, daß das ganze Werk,
ſo bald möglich, zuerſt in Litthauen, und folglich auch im deutſchen
Departement zu Stande kommen möge.


Königsberg, den 1. Auguſt 1736.


Friedrich Wilhelm.


Se. Königl. Majeſtät in Preußen, Unſer allergnädigſter Herr,
remittiren an Dero Wirkl. Geheimen Etats-Miniſter von Cocceji
und Vice-Präſidenten v. Reichenbach in Gnaden, den mittelſt copeilich
beikommender allerunterthänigſten Vorſtellung Dero Wirkl. Geheimen
Etats- und Kriegs-Miniſter v. Görne, von Kunheim und von Bülow
eingeſandten Plan, wie die Einrichtung des Schulweſens in Litthauen
auch nachgehends mutatis mutandis im deutſchen Departement ver-
faſſt werden ſoll und da Sie ſolches völlig allergnädigſt approbiren;
ſo befehlen Sie vorgedachtem v. Cocceji und v. Reichenbach in Gnaden,
das Nöthige zur Execution dieſer Einrichtung de concert mit Dero
[506] General-Ober-Finanz-Krieges- und Domainen-Directorio, weiter
zu beſorgen.


Königsberg, den 1. Auguſt 1736.


Friedrich Wilhelm.


Von Gottes Gnaden Friedrich Wilhelm König ꝛc. Unſern ꝛc.


Bei der geſchehenen Einrichtung der Dorfſchulen wollen Wir in-
ſonderheit Folgendes genau beobachtet und zur ſchleunigen Execution
gebracht wiſſen.


  • 1) Muß der Getreidebeitrag zum Unterhalt der Schulmeiſter jährlich
    durch die Schulzen zuſammengebracht, das Schulgeld aber bei
    der Decems-Einnahme bezahlt werden. Der Prediger giebt dem
    Schulmeiſter das ſeinige praenumerando auf ¼ Jahr, und muß
    beides Getreide und Schulgeld, bei jeder jährlichen Kirchen-Viſi-
    tation, von dem Erzprieſter auf einem beſondern Bogen berechnet,
    und von demſelben, bis auf weitere Verfügung, unterſchrieben
    werden.
  • 2) Müſſen tüchtige Subjecte zu Schulmeiſtern angenommen werden,
    und da ſie von Erzprieſter und Prediger zu beſtellen, ſo haben
    ſie auch die Aufſicht über dieſelben in allen das Lehramt und
    Leben angehenden Fällen. In übrigen Dingen aber ſtehen ſie
    unter der Jurisdiction des Hauptamts. Was aber die adlichen
    Schulmeiſter betrifft, exercirt zwar der Patron die Jurisdiction
    über dieſelbe, jedoch dergeſtalt, daß mit dem Erzprieſter und Pre-
    diger des Ortes jedesmal bei Beſtellung eines Schulmeiſters,
    wegen ſeiner Geſchicklichkeit, gehörig conferirt werde. Was aber
    ſeine Capacität, Lehre, Amt und Aufführung bei der Schule an-
    belangt, bleibt es, wie vorſteht, dabei, daß der Erzprieſter und
    Prediger über ihn die Aufſicht haben, und wenn es daran fehlt,
    dahin ſehen müſſen, daß er abgeſchafft werde.
  • 3) Was diejenigen Gelder betrifft, ſo zum Theil aus dem Kirchen-
    vermögen, zum Theil aus dem Klingeſäckel, imgleichen vor Con-
    firmation der Kinder und Trauungen, jährlich zum Behuf der
    Schulmeiſter fließen und bezahlt werden ſollen, müſſen ſolche von
    den Predigern jeden Orts eingefammelt und beſonders aſſervirt
    werden. Und damit auch ſothane Gelder bloß zum Unterhalt der
    Schulmeiſter angewendet werden, ſind die Prediger dahin zu in-
    ſtruiren, ſothane Gelder gehörig zu berechnen, und bei jeder jähr-
    [507] lichen Kirchen-Viſitation dem Erzprieſter vorzuzeigen, wie und
    wohin, auch wie viel derſelben verwendet worden, ferner dieſe
    Rechnung den Erzprieſter unterſchreiben zu laſſen und damit bis
    auf weitere Verfügung zu continuiren.

Insbeſondere hat der Erzprieſter auf die unter ſeiner Inſpection
ſtehenden Prediger ein wachſames Auge zu haben, daß Unſerm Befehl,
ſowohl was das eingerichtete Schulweſen überhaupt, als insbeſondere
dieſen Punkt betrifft, überall ein vollkommenes Genüge geſchehe ꝛc. ꝛc.
Wornach du dich denn zu achten, auch das Nöthige deshalb weiter zu
verfügen haſt. Darnach ꝛc.


Königsberg, den 28. April 1738.


Da Wir mißfällig vernommen, daß die Einrichtung des Schul-
weſens in den adelichen Dörfern, nach dem bereits im Jahr 1736 im
Lande publicirten Plan bisher ſchlechten Fortgang gehabt, und in
ſehr wenigen der gedachten adelichen Dörfer ſolche Einrichtung geſchehen
ſei; Wir aber indeß zu dem geſammten Adel das Vertrauen haben,
es werde ein jeder von ſelbſt geneigt ſein, dieſes ſo heilſame, zu Gottes
Ehre gereichende Mittel mit allem Eifer und Fleiß zu Stande zu
bringen; als befehlen Wir Euch hiemit in Gnaden, in Unſerm Höchſten
Namen, durch die Hauptämter, den geſammten von Adel bekannt
machen zu laſſen, wie Wir gegen ſie ſammt und ſonders in Gnaden
erkennen würden, wenn ſie ſich die Schuleinrichtung in ihren Dörfern
mit Eifer angelegen ſein ließen, mithin ſolche bald möglichſt zu Stande
und zur Endſchaft bringen würden; die Amtshauptleute und Verweſer
haben ihnen dabei ferner zu eröffnen, wie Unſer allergnädigſter Wille
ſei, daß in Zeit von einem halben Jahre die nöthigen Schulen in den
adelichen Dörfern gebaut ſein ſollen, und dabei den Edelleuten zwar
frei ſtehen ſolle, den Unterhalt der Schulmeiſter nach eignem Gefallen,
doch dergeſtalt zu reguliren, daß die Schulmeiſter von allen
Oneribus frei ſein, und auf einige Stück Vieh die Weidefreiheit zu
genießen hätten. Es müßte auch jedem ein Stück Acker, zwölf Scheffel
Getreide und 10 Thlr. Schulgeld, ſammt dem nöthigen Brennholz
und Futter vor ſein Vieh ausgemacht werden, damit die Schulmeiſter
den nöthigen Unterhalt haben, und im Winter ſowohl als im Sommer,
wie in den Aemterſchulen, die Jugend unterrichtet und zur Erkennt-
niß Gottes und ſeines Wortes gebracht werden könne, zu welchem
Ende die Hauptämter, von einem jeden unter ſie gehörigen von Adel,
[508] eine specifique Nachricht, was der Schulmeiſter ſeines Orts, zum
jährlichen Unterhalt, nebſt einer eigenen Schulwohnung bekommen
ſolle, erfordern, und ſolche Nachrichten in Zeit von 4 Wochen an
Euch einſenden müſſen. Angeſehen Wir hiernächſt, welchergeſtalt ſolches
geſchehen, nähere Nachricht anhero erwarten wollen.


Im Fall nun wider Verhoffen ein und andere von Adel es daran
ermangeln und ſich weder zum Schulbau, noch zur Salarirung des
Schulmeiſters, zur geſetzten Zeit, nicht anſchicken wollten: ſo habt Ihr
ſolche ſäumige, wofern nämlich derſelben Güter dergeſtalt ſituiret ſind,
daß daſelbſt eine Schule unumgänglich nöthig iſt, ohne die geringſte
weitere Nachſicht dazu mit Ernſt anzuhalten. Wenn aber die adelichen
Dörfer mit Unſern Amtsdörfern grenzen, müſſet Ihr verfügen, daß
die Eigenthümer oder Beſitzer derſelben dem gemeinſchaftlichen Unter-
halt der Schulen, ohne fernern Verzug, beitreten. Ihr habt alſo
überall darnach das Nöthige ungeſäumt zu beſorgen, und dahin zu
ſehen, daß Unſre hierunter führende Willensmeinung, unausgeſetzt mit
Nachdruck, bewerkſtelligt werde. Geſtalt Wir denn auch die Schul-
Commiſſion befehligt haben, Euch bei dieſer Einrichtung mit gutem
Rath an Hand zu gehen, auch von Zeit zu Zeit von dem Fortgang
des Werks zu berichten, damit nach Befinden der erforderte mehrere
Nachdruck von Euch gegeben werden könne. Sind ꝛc.


Berlin, den 29. Oct. 1741.


26.


Edict v. 12. Juli 1810. (Mathis B. 9. S. 235. Abſchn. 1.), betr.
die Prüfung der Schulamtscandidaten und der zu
Schulämtern vorgeſchlagenen Subjecte
.


Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen,
Markgraf von Brandenburg ꝛc., thun kund, daß Wir, um dem Ein-
dringen untüchtiger Subjecte in das Erziehungs- und Unterrichtsweſen
des Staats vorzubeugen, beſchloſſen haben, eine ähnliche allgemeine
Prüfung für diejenigen, welche ſich demſelben widmen wollen, einzu-
führen, wie für die Candidaten des Predigtamts Statt findet. Wir
ſetzen demnach feſt:


§. 1. Dieſe allgemeine Prüfung ſoll von den Abtheilungen der
jetzt organiſirten wiſſenſchaftlichen Deputation der Section des öffent-
lichen Unterrichts im Miniſterium des Innern in Berlin, Breslau und
[509] Königsberg angeſtellt werden, welche durch ihre Inſtruction ſchon dazu
verpflichtet und ſie unentgeltlich zu übernehmen verbunden ſind.


§. 2. Sie iſt beſtimmt, ohne Rückſicht auf gewiſſe Lehrerſtellen,
nur die Tauglichkeit der Subjecte für die verſchiedenen Arten und
Grade des Unterrichts im Allgemeinen auszumitteln.


§. 3. Sie ſoll in der Regel beſtehen in der Anfertigung ſchrift-
licher Arbeiten, einer mündlichen Prüfung und einer Probelection.
Doch ſoll es der Prüfungsbehörde in jedem einzelnen Falle anheim
geſtellt ſein, ob ſie zu vollſtändiger Beurtheilung eines Candidaten in
Hinſicht auf Kenntniſſe nicht nur, ſondern auch auf Lehrgeſchicklichkeit
ihn alle dieſe Theile der Prüfung will durchgehen, oder ob ſie einen
derſelben, wenn auf das von ihm zu erwartende Reſultat aus den
übrigen ſich mit Gewißheit ſchließen läßt, kann wegfallen laſſen.


§. 4. Die Kenntniſſe, welche im Allgemeinen von den angehenden
Schulmännern werden gefordert werden, und auf welche man vorzüg-
lich dieſe Rückſicht zu nehmen hat, ſind philologiſche, hiſtoriſche und
mathematiſche. Jedoch ſoll es keinem Candidaten verwehrt ſein, auch
in andern Fächern, denen er ſich vorzüglich gewidmet hat, ſich prüfen
zu laſſen.


§. 5. Dieſer allgemein pädagogiſchen Prüfung ſich zu unterziehen,
ſind gehalten, und werden hierdurch angewieſen: 1) die künftigen Lehrer
an ſolchen öffentlichen Königl. und Patronatsſchulen und Erziehungs-
anſtalten, welche die Befugniß haben, Schüler zur Univerſität zu ent-
nehmen; 2) die künftigen Lehrer an ſolchen öffentlichen Königl. und
Patronatsſchulen und Erziehungsanſtalten, welche ihre Schüler etwa
für die zweite und dritte Claſſe der obengedachten Schulen vorbereiten;
welche Schulen zu dieſen beiden Claſſen gehören, ſoll in jedem Regie-
rungs-Departement durch namentliche Anzeige zur Kenntniß des Pu-
blicums gebracht werden.


§. 6. Folglich ſind dieſer Prüfung nicht unterworfen: 1) Die-
jenigen, welche allein in den Elementarkenntniſſen der Volks- und
niedern Bürgerſchulen, dem Leſen, Schreiben, den einfachſten Zahl-
und Maaßverhältniſſen, und den erſten Lehren der Religion unterrichten
wollen, über deren allgemeine Prüfung noch eine beſondere Anordnung
wird getroffen werden; 2) Alle, die bloß in Familien- und Privat-
Inſtituten Unterricht übernehmen, als welche dem Urtheil der ſie wäh-
lenden Privatperſonen überlaſſen bleiben. Dieſen wird es jedoch frei
[510] geſtellt, ob ſie durch die verordnete allgemeine Prüfung bei der wiſſen-
ſchaftlichen Deputation die, gleich §. 10. näher anzugebenden Vortheile
und Berechtigungen, welche aus einem günſtigen Reſultat derſelben
fließen, ſich erwerben wollen.


§. 7. Junge Männer demnach, welche von der Univerſität zurück-
kommen, und dem Schulfach ſich widmen, oder auch nur eine Zeitlang
an den obgedachten öffentlichen Anſtalten unterrichten wollen, werden
verpflichtet, ſich bei der angewieſenen Prüfungsbehörde zu melden, und
dieſe darf keinen von ſich weiſen, welcher die oben beſtimmte Sphäre
des Unterrichts zu ſeinem Ziele macht.


§. 8. Von denen, welche ſich dem höheren Schulunterricht widmen,
ſind aber der Verbindlichkeit, ſich der allgemeinen Prüfung bei der
wiſſenſchaftlichen Deputation zu unterziehen, entledigt: 1) Diejenigen,
welche nach Einreichung einer lateiniſchen Diſſertation, und nach einer
förmlichen mündlichen Prüfung einer philoſophiſchen Facultät einer
inländiſchen Univerſität, die Doctor- oder Magiſterwürde erhalten haben.
Dieſe bedürfen keiner ſchriftlichen und mündlichen Prüfung bei der
wiſſenſchaftlichen Deputation mehr. Sie müſſen ſich nur einer Probe-
lection unterziehen, um ſich dadurch über ihre Lehrgeſchicklichkeit zu
legitimiren. 2) Die Mitglieder der Seminarien für gelehrte Schulen,
für welche die bei ihrem Eintritt in dieſe Vorbereitungsanſtalten von
den Directoren derſelben mit ihnen gehaltene Prüfung die Stelle der
Prüfung bei der wiſſenſchaftlichen Deputation vertritt.


§. 9. Ausgezeichnete Ausländer, die von den Unterrichts-Behörden
Unſeres Staates zu Lehranſtalten an die, im §. 5. erwähnten Schulen
berufen werden, ſind, wie ſich von ſelbſt verſteht, keiner Art von päda-
gogiſcher Prüfung unterworfen. Wenn aber Ausländer zu einer An-
ſtellung im Schulfach ſich melden, ſo ſoll nach den jedesmaligen Um-
ſtänden von der Section des öffentlichen Unterrichts beſtimmt werden,
ob zu ihrer Aufnahme unter die preußiſchen Schulamts-Candidaten die
angeordnete Prüfung erforderlich iſt.


§. 10. Jedem vollſtändig oder auch nur theilweiſe Geprüften wird
ein, von dem Director und allen Mitgliedern der Prüfungsbehörde,
welche bei ſeiner Prüfung zugegen geweſen, unterſchriebenes Zeugniß
ausgeſtellt, das beſtimmt ausſagt, in welchen von den Fächern, worin
er geprüft worden, und vornehmlich, in welchen der drei als Haupt-
gegenſtände der Prüfung aufgeſtellten Fächern Stärke oder Schwäche,
[511] und in welchem Verhältniß die Lehrgeſchicklichkeit zu den Kenntniſſen
ſich gezeigt hat, das auch den Grad der geſammten Tüchtigkeit des
Geprüften durch Bezeichnung der Stufe des Unterrichts an den
§. 5. genannten Anſtalten, wofür er ſich eignen möchte, möglichſt
genau angiebt.


§. 11. Die Wirkung eines ſolchen günſtigen Zeugniſſes iſt, daß
nur der damit Verſehene unter die Schulamts-Candidaten Unſeres
Staates gerechnet wird, daß nur ein ſolcher an öffentlichen, gelehrten
und höheren Bürgerſchulen, und den ihnen gleichſtehenden öffentlichen
Erziehungsanſtalten als außerordentlicher Hülfslehrer unterrichten,
und daß kein Anderer zu einer ordentlichen Anſtellung an dieſen An-
ſtalten ſich melden, vorgeſchlagen und angenommen werden darf, daher
die Prüfung, wodurch daſſelbe gewonnen wird, examen pro facultate
docendi
genannt werden kann.


§. 12. Für die im §. 8. von der allgemeinen Prüfung Ausge-
nommenen haben dieſelbe Wirkung: 1) die Diplome und Diſſer-
tationen, womit ſie als Doctoren oder Magiſter über ihre förmliche
Promotion ſich ausweiſen, ergänzt durch ein Zeugniß der wiſſenſchaft-
lichen Deputation über ihre Lehrgeſchicklichkeit; 2) die Zeugniſſe,
welche die Mitglieder der Seminarien für gelehrte Schulen über
ihre, beim Eintritt in dieſelben beſtandene Prüfung von ihrem Director
beibringen.


§. 13. Die in dieſem vorläufigen Examen Zurückgewieſenen
können ſtets zu demſelben wieder zugelaſſen werden, ſobald ſie glauben,
die an ihnen wahrgenommenen Mängel erſetzt zu haben.


§. 14. Wenn die in ihm tüchtig Befundenen und mit einem vor-
theilhaften Zeugniß Verſehenen zu einer ordentlichen Lehrerſtelle in
Vorſchlag gebracht werden, ſo tritt die gewöhnliche Prüfung für dieſe
Stelle ein, bei welcher lediglich auf die zu derſelben erforderlichen
Kenntniſſe und Geſchicklichkeiten Rückſicht genommen wird, wodurch
nämlich dieſe Prüfung von der neu angeordneten allgemein ſich unter-
ſcheidet.


§. 15. Von den allgemeinen, ſo wie von allen in der pädago-
giſchen Laufbahn vorkommenden Prüfungen bei anderweitig bewährter
Geſchicklichkeit des Subjects zu dispenſiren, ſoll übrigens der Section
des öffentlichen Unterrichts vorbehalten bleiben.


§. 16. Junge Männer, die der angeordneten allgemeinen Prü-
[512] fung ſich entweder unterziehen wollen, oder laut dieſer Unſerer Ver-
ordnung zu unterziehen gehalten ſind, können ſich bei einer der drei
Abtheilungen der wiſſenſchaftlichen Deputation, welche die Termine,
wo dergleichen Geſuche am bequemſten anzubringen ſind, bekannt machen
werden, ſofort melden.


§. 17. Allen Patronen und Vorſtehern von Schulen aber wird
hierdurch anbefohlen, zu keiner Anſtellung an den im §. 5. ge-
nannten Anſtalten andere Subjecte des Inlandes in Vorſchlag zu brin-
gen, oder als außerordentliche und Hülfslehrer anzunehmen, als die ent-
weder ein vortheilhaftes Zeugniß von der allgemeinen Prüfung, oder
eine nach dem §. 11. daſſelbe vertretende Legitimation aufzuweiſen haben.
Finden ſie ſelbſt keinen dieſer Art, ſo haben ſie es den Geiſtlichen und
Schuldeputationen der ihnen vorgeſetzten reſp. Provinzial-Regierungen
anzuzeigen, welche ihnen verfaſſungsmäßig geprüfte Subjecte bekannt
machen werden.


§. 18. Da jedoch erſt in einigen Jahren eine hinreichende Anzahl
von geprüften Schulamts-Candidaten vorhanden ſein kann, ſo erhält
die im §. 17. gegebene Verordnung erſt mit dem 1. Januar 1813.
geſetzliche und verbindende Kraft.


§. 19. Bis dahin ſoll es von Jedem, welcher ſich zu einer Stelle
meldet, oder dazu vorgeſchlagen iſt, abhangen, ob er ſich bei der com-
petenten Behörde für die beſondere Stelle, oder bei einer Abtheilung
der wiſſenſchaftlichen Deputation im Allgemeinen prüfen laſſen will.
Im letzteren Fall ſoll die allgemeine Prüfung zugleich die beſondere
erſetzen, auch der Candidat den Vortheil gewinnen, daß, wenn er zu
einer Unterlehrerſtelle vorgeſchlagen iſt, aber das Tüchtigkeitszeugniß
zu einer Oberlehrerſtelle erhält, er von dem, durch die Section des
öffentlichen Unterrichts in der Inſtruction an die Geiſtlichen und Schul-
deputationen der Provinzial-Regierungen ſowohl ſelbſt in Anſehung
der unmittelbar von ihnen abhängenden Schul- und Erziehungs-
anſtalten ſie wahrzunehmen, als auch über ihre Befolgung mit Ernſt
und Nachdruck zu halten.


27.


Reſcr. v. 24. Septbr. 1826. (v. K. Ann. B. 10. S. 1041.), daß
die Schulamtscandidaten ſich vor ihrer definitiven
Anſtellung im practiſchen Unterrichte üben ſollen
.


[513]

Nach der bisherigen Erfahrung iſt die eine Probelection, welcher
ſich die gelehrten Schulamts-Candidaten in Folge der Beſtimmungen
in §§. 3. und 8. des Allerhöchſten Edicts vom 12. Juli 1810. bei
ihrer Prüfung pro facultate docendi unterziehen müſſen, nicht aus-
reichend, um die practiſche Brauchbarkeit der Candidaten und ihre
Lehrer-Geſchicklichkeit ſo genau kennen zu lernen, als es für die be-
treffenden Behörden zur richtigen Würdigung derer, die ſich zu einer
Anſtellung im gelehrten Schulfache melden oder vorgeſchlagen werden,
wünſchenswerth und nothwendig iſt. Das Miniſterium ſieht ſich daher
veranlaßt, Folgendes anzuordnen:


1) Sämmtliche pro facultate docendi geprüfte und mit einem
desfallſigen Zeugniſſe einer Königl. wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Com-
miſſion verſehene Schulamts-Candidaten ſollen von jetzt an wenigſtens
Ein Jahr lang bei einem Gymnaſio oder einer höheren Bürgerſchule
ſich im Unterrichten practiſch üben, und hierin ihre Befähigung aus-
weiſen, bevor ſie ſich zu irgend einer Anſtellung im gelehrten Schul-
fache melden dürfen.


2) Die Wahl der gelehrten oder höheren Bürgerſchule, in welcher
die gelehrten Schulamts-Candidaten ihre practiſche Befähigung im
Unterrichten nachweiſen wollen, ſoll ihnen zwar frei ſtehen, doch dürfen
an keinem Gymnaſio und an keiner höheren Bürgerſchule zu gleicher
Zeit mehr als zwei gelehrte Schulamts-Candidaten angenommen, auch
keinem mehr als acht wöchentliche Lehrſtunden übertragen werden. Nur
in dem Falle, daß Krankheit eines Lehrers der Anſtalt, welcher die
gelehrten Schulamts-Candidaten ſich zugeſellt haben, oder eine andere
gültige Urſache ihn hinderte, ſeine Lehrſtunden abzuwarten, ſollen die
obengedachten Candidaten verpflichtet ſein, die betreffende Anſtalt durch
Uebernahme mehrerer Vicariats-Stunden, deren Zahl ſich aber nicht
über ſechs erſtrecken darf, zu unterſtützen.


3) Der Beurtheilung der Directoren oder Rectoren der Gymnaſien
und höheren Bürgerſchulen bleibt die Beſtimmung der Claſſen über-
laſſen, in welchen ſie den gelehrten Schulamtscandidaten die von den-
ſelben zu übernehmenden Lehrſtunden anzuweiſen für zweckdienlich
erachten; die Uebertragung dieſer Lehrſtunden kann auf ein halbes oder
ein ganzes Jahr geſchehen, je nachdem der Curſus in der betreffenden
gelehrten oder höheren Bürgerſchule halbjährlich oder jährlich iſt.


4) Nicht nur die Directoren oder Rectoren der Gymnaſien und
33
[514] höheren Bürgerſchulen, welchen ſich gelehrte Schulamts-Candidaten
beigeſellen, ſondern auch die Ordinarien der Claſſen, in welchen die
Candidaten zu unterrichten haben, ſollen die Lehrſtunden derſelben ſehr
oft beſuchen, ſich über Materie und Form ihres Unterrichts mit ihnen
freundſchaftlich beſprechen, ſie auf Mißgriffe, welche ſie in der Lehre
oder bei Ausübung der Disciplin etwa begehen könnten, aufmerkſam
machen, und ihnen überall mit ihrer ſchon gereiften Erfahrung und
ihrem ſachkundigen Rathe gewärtig ſein.


5) In Hinſicht alles Disciplinariſchen ſollen die gelehrten Schul-
amts-Candidaten dem Director oder Rector der gelehrten oder höheren
Bürgerſchule, an welcher ſie unterrichten, überall untergeben, und ver-
pflichtet ſein, ſich bei Uebernahme ihrer Lehrſtunden mit den beſtehenden
Disciplinar-Geſetzen bekannt zu machen, und dieſe überall in Aus-
übung zu bringen; ebenſo müſſen ſie ſich in Hinſicht auf das Penſum
ihres Unterrichts der Verfaſſung der betreffenden Anſtalt und der
Claſſe, in welcher ſie zu lehren haben, ſorgfältig anſchließen.


6) Den gelehrten Schulamts-Candidaten ſoll, damit ſie ſich Kennt-
niſſe von den Disciplinar-Geſetzen, von deren Ausübung und dem
Tone, der im Ganzen in der betreffenden Anſtalt herrſcht, verſchaffen,
und ſich durch Anhörung von Vorträgen gebildeter und erfahrener
Lehrer eine Anſchauung einer zweckmäßigen Methode erwerben können,
während der erſten Monate ihres Aufenthalts an einer gelehrten oder
höheren Bürgerſchule die Verpflichtung obliegen, während der Tages-
ſtunden, wo ſie nicht ſelbſt zu unterrichten haben, in den verſchiedenen
Claſſen der Anſtalt den Lectionen der übrigen Lehrer als Hoſpites
beizuwohnen.


7) Um ſie in der pädagogiſch-disciplinariſchen Kunſt zu üben, ſoll
ihnen von dem Director oder Rector der betreffenden Anſtalt aus den
Claſſen, in welchen ſie zu unterrichten haben, von Zeit zu Zeit und auf
unbeſtimmte Dauer die beſondere Aufſicht und Curatel über einzelne
rohe, träge oder ſonſt verwahrloſte Schüler übertragen werden, um
dieſe durch Anwendung zweckmäßiger Disciplinar-Mittel, als Ermah-
nungen, Unterſtützung bei ihren Arbeiten u. ſ. w., zum Fleiße und zur
Ordnung und Sittlichkeit zu gewöhnen; über die ganze von den ge-
lehrten Schulamts-Candidaten hierbei beobachtete Verfahrungsart ſollen
ſie nach geendeter glücklicher oder unglücklicher Bemühung dem Director
[515] oder Rector der betreffenden Anſtalt in einem ſchriftlichen Aufſatze
Rechenſchaft geben.


8) Sie ſollen während ihres Aufenthalts an einem Gymnaſio
oder einer höheren Bürgerſchule als wirkliche Lehrer betrachtet werden,
und daher auch das Recht und die Pflicht haben, ihre Stimme bei
den Cenſuren, jedoch unter Reviſion der betreffenden Claſſen-Ordinarien,
abzugeben, bei den Conferenzen der Lehrer zugegen zu ſein, den öffent-
lichen und Privat-Prüfungen beizuwohnen, die Grundſätze der Disciplin
und der Methode und das Ineinandergreifen der einzelnen Theile der
Anſtalt kennen zu lernen, und ſich ſo zu einem jeden Standpunkte in
den Schulämtern fähig zu machen.


9) In den Lehrſtunden ſoll es ihnen frei ſtehen, nach den beſtehen-
den Disciplinar-Geſetzen der Anſtalt kleinere Vergehungen und Unregel-
mäßigkeiten auf eine ihnen zweckmäßig ſcheinende Art zu ahnden; doch
darf dieſe Strafe nicht über die Grenze der Claſſe hinausgehen, und
darf alſo auch nicht in Degradationen und Zurückverſetzen in eine nie-
dere Claſſe beſtehen. Bei größeren Vergehungen, welche nicht eine
augenblickliche Beſtrafung verdienen und nöthig machen, müſſen ſie
ſich allemal an den betreffenden Claſſen-Ordinarius wenden, und ihm
die weiteren Schritte überlaſſen, im erſten Falle aber die geſchehene
Beſtrafung dem Director oder Rector anzeigen, und die Nothwen-
digkeit derſelben vollſtändig vertreten, ſich auch die etwanigen näheren
Beſtimmungen und Einſchränkungen für die Zukunft willig ge-
fallen laſſen.


10) Die Lectionen, welche von ihnen, um ihre Lehr-Geſchicklichkeit
näher nachzuweiſen, übernommen worden, ſollen ſie während des erſten
Jahres ihres Aufenthaltes an einem Gymnaſio oder einer höheren
Bürgerſchule zwar in der Regel unentgeltlich ertheilen; doch will das
Miniſterium in billiger Rückſicht auf die beſchränkten öconomiſchen
Verhältniſſe der meiſten gelehrten Schulamts-Candidaten gern erlauben,
daß ihnen für ihren Unterricht eine angemeſſene Remuneration auf den
desfallſigen Antrag des Directors oder Rectors der betreffenden Anſtalt,
inſoweit es die Fonds derſelben geſtatten, von dem Königlichen Con-
ſiſtorio und Schul-Collegio bewilligt werde.


11) Die Directoren oder Rectoren der Gymnaſien und höheren
Bürgerſchulen haben den gelehrten Schulamts-Candidaten, nachdem ſie
ein Jahr lang auf die im Obigen vorgeſchriebene Weiſe an einer An-
33*
[516] ſtalt als Lehrer thätig geweſen ſind, auf ihr Nachſuchen ein förm-
liches Zeugniß auszuſtellen, das zugleich von den Ordinarien der
Claſſen, in welchen die Candidaten unterrichtet haben, unterzeichnet
ſein, und ſich über den Grad der von ihnen bereits erlangten Lehr-
Geſchicklichkeit und practiſchen Brauchbarkeit mit Beſtimmtheit aus-
ſprechen muß; den Directoren oder Rectoren wird ſtrengſte Gewiſſen-
haftigkeit bei Ausſtellung dieſes Zeugniſſes zur Pflicht gemacht, auch
haben ſie Abſchrift eines jeden ſolchen von ihnen ausgeſtellten Zeug-
niſſes unmittelbar an das Miniſterium einzureichen.


12) Nur die mit einem ſolchen Zeugniſſe verſehenen gelehrten Schul-
amts-Candidaten ſollen von jetzt an zu einer ordentlichen Anſtellung
an den gelehrten Schulen ſich melden dürfen, oder vorgeſchlagen und
angenommen werden; bei den Mitgliedern des Seminars für gelehrte
Schulen in Berlin, Breslau und Königsberg muß dieſes Zeugniß von
dem Director des Seminars ausgeſtellt und von dem Director oder
Rector der Anſtalt, an welcher die Seminariſten unterrichtet haben,
mitunterſchrieben ſein.


Obige Beſtimmungen werden dem Königl. Conſiſtorio und Schul-
Collegio zur Nachachtung und mit dem Auftrage bekannt gemacht,
hiernach das weiter Erforderliche zu verfügen und insbeſondere die
Directoren und Rectoren der Gymnaſien und höheren Bürgerſchulen
ſeines Bezirks mit der nöthigen Anweiſung zu verſehen.


Schließlich behält ſich das Miniſterium vor, ſowie überhaupt, ſo
inſonderheit bis zum Zeitpunkte, wo eine hinreichende Anzahl von
gelehrten Schulamts-Candidaten vorhanden ſein wird, die in Betreff
ihrer Lehr-Geſchicklichkeit mit dem erforderlichen Zeugniſſe verſehen
ſind, von der Beibringung deſſelben bei anderweitig bewährter beſonderer
Geſchicklichkeit des Subjects zu dispenſiren.


28.


Circ.-Reſcr. v. 29. März 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 109.),
betr. die Prüfung ſtudirter Lehrer für Bürgerſchulen.


Hinſichtlich der Prüfung ſtudirter Lehrer für Bürgerſchulen,
deſignirter Rectoren in kleinen Städten und derjenigen Individuen,
die zu den Elementar-Schullehrern nicht gerechnet werden können, aber
auch nicht als Lehrer an ſolchen Anſtalten zu betrachten ſind, welche
zur Vorbereitung auf die zweite oder dritte Claſſe einer zur Univer-
[517] ſität entlaſſenden Schule dienen (Edict vom 12. Juli 1810. §. 5.),
beſonders aber alle derer, die das Studium der Theologie abſolvirt
haben, und ſich zu einem Schulamte der bezeichneten Art melden, hat
bisher, wegen Mangels genauer Vorſchriften, ein ungewiſſes und nach
Verſchiedenheit der Provinzen anders eingerichtetes Verfahren Statt
gefunden.


Namentlich hat es ſich als zweckmäßig nicht bewährt, daß, wie
hin und wieder geſchehen, und auch vom Miniſterio nachgegeben iſt,
evangeliſche Candidaten des Predigtamtes auf den Grund ihres be-
ſtandenen theologiſchen Examens ohne Weiteres für fähig zur Ver-
waltung einer Lehrerſtelle an einer ſtädtiſchen Schule angenommen
worden ſind; vielmehr hat ſich genugſam bewieſen, daß oft dergleichen
junge Männer, wenn ſie auch in der theologiſchen Prüfung ehrenvoll
beſtanden ſind, dennoch zur Verwaltung einer Schulſtelle des erforder-
lichen Geſchickes und der nöthigen pädagogiſchen Kenntniß und Lehr-
fertigkeit entbehren.


Um daher zu bewirken, theils, daß dergleichen für den Schulſtand
nicht geeignete Subjecte von demſelben zurückgehalten werden, theils,
daß diejenigen Literati, die ſich um Anſtellung bei ſtädtiſchen Schulen
bewerben wollen, auch die dazu nöthige Qualification zu erlangen ſich
bemühen; theils endlich, daß hinſichtlich der mit ihnen vorzunehmenden
Prüfung allenthalben ein übereinſtimmendes Verfahren beobachtet werde,
wird hierdurch Folgendes feſtgeſetzt:


1) Alle Literati, welche ſich um ein Schulamt bewerben, ſollen
eine vorgängige, auf ihre Befähigung zur Verwaltung dieſes Amtes
beſonders gerichtete Prüfung zu beſtehen haben.


2) Dieſe Prüfungen ſollen, inſofern ſolche nicht nach dem Edict
vom 12. Juli 1810. und in Gemäßheit desjenigen, was nachher im
Art. 9. wegen Prüfung der ordentlichen Lehrer an höheren Real-
ſchulen feſtgeſetzt iſt, vor die wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Commiſſionen
gehören, in jeder Provinz von einer Commiſſion vorgenommen wer-
den, die aus den Schulräthen des Provinzial-Schul-Collegii und der
betreffenden Königl. Regierungen und dem Director des Schullehrer-
Seminars der Provinz oder des Regierungs-Bezirks zuſammen-
geſetzt iſt.


3) Dieſe Prüfungen ſollen an gewiſſen, vorher öffentlich bekannt
zu machenden Terminen in der Regel zweimal im Jahre und am
[518] beſten an dem Sitze des Schullehrer-Seminars in derjenigen Zeit, in
welcher auch die Elementarlehrer-Prüfungen dort abgehalten werden,
jedoch nicht mit dieſen zugleich angeſtellt werden.


4) Dieſe Prüfungen ſollen ſich auf das Materielle der Kenntniſſe
der Candidaten in der Regel nicht und nur ausnahmsweiſe in dem
Falle erſtrecken, wenn aus den vorzulegenden Schul-, Univerſitäts-
und Conſiſtorial-Prüfungszeugniſſen, oder auch durch die ſchriftlichen
Ausarbeitungen und die Probelectionen, imgleichen bei der mündlichen
Prüfung, ein Zweifel begründet würde, daß der Examinandus das
Maaß der zur Verwaltung einer Schulſtelle erforderlichen Kenntniſſe
nicht beſitze. Dagegen ſollen dieſelben vorzugsweiſe auf deſſen formale
und practiſche Befähigung zum Lehrſtande, alſo darauf gerichtet wer-
den, ob der Candidat über Zweck, Einrichtung und Ziel der Schulen
und ihrer Arten und Stufen, über die Behandlung der verſchiedenen
Lehrgegenſtände im Allgemeinen und im Beſonderen und über deren
inneren organiſchen Zuſammenhang, über die literariſchen und techni-
ſchen Hülfsmittel bei den einzelnen Lehrobjecten, über das Weſen der
Erziehung überhaupt und über ihr Verhältniß zum Unterrichte insbe-
ſondere, über die Grundſätze der Schuldisciplin und über ihre An-
wendung, alſo ganz vorzüglich über die Verbindung der religiöſen und
ſittlichen Bildung mit der intellectuellen, endlich aber über den Beruf,
die Pflichten und das Verhalten eines Lehrers, richtige, klare und
gründliche Begriffe und zugleich das nöthige practiſche Geſchick und
die erforderliche Lehr-Fertigkeit beſitze, zu welchem Ende er ſowohl
Aufgaben zur ſchriftlichen Ausarbeitung erhalten, als einer mündlichen
Prüfung unterworfen, als auch eine, oder, nach Befinden der Um-
ſtände, mehrere Probelectionen zu halten angewieſen werden ſoll.


5) Evangeliſche Candidaten des Predigtamts, welche ſich zu dieſen
Prüfungen melden, ſollen das theologiſche Examen pro candidatura
vor dem Conſiſtorio bereits beſtanden haben und über deſſen Ausfall
ein Zeugniß vorzuweiſen gehalten ſein.


6) Ueber das Reſultat der nach Art. 4. angeſtellten Prüfung ſoll
ein Prüfungszeugniß ausgeſtellt werden, in welchem, unter ſpecieller
Beziehung auf die ſonſtigen von den Examinanden beigebrachten Teſti-
monia und auf das daraus zu entnehmende Maaß ihrer Kenntniſſe,
ein möglichſt genau und characteriſtiſch ausgedrücktes Urtheil über ihre
ſchriftlichen Arbeiten, über das mündliche Examen und über die auf-
[519] gegebenen Probelectionen enthalten und auf den Grund deſſelben ihre
Geſammt-Qualification durch ein einfaches Prädicat bezeichnet werden
ſoll, deſſen Wahl den Prüfungs-Commiſſionen, jedoch mit dem Be-
merken überlaſſen wird, daß der Ausdruck „Genügend“ als die unterſte
Stufe, „Vorzüglich“ aber als die oberſte der Befähigung angenommen
werden ſoll.


7) Einer ähnlichen Prüfung, jedoch unter Zuziehung eines Com-
miſſarii der biſchöflichen Behörde, ſollen in der Regel auch diejenigen
katholiſchen Geiſtlichen unterworfen werden, welche zu Beneficien, wo-
mit die Beſorgung des Schulunterrichts neben ihren geiſtlichen Pflichten
verbunden iſt, berufen werden.


8) Auch behält ſich das Miniſterium vor, die Prüfung derjenigen
Individuen, ſie mögen Univerſitäts-Studien gemacht haben oder nicht,
welche daſſelbe zu ordentlichen Lehrern an Schullehrer-Seminarien
beſtehen will, den durch gegenwärtiges Circular angeordneten Com-
miſſionen zu überweiſen.


9) Was dagegen die ordentlichen wiſſenſchaftlichen Lehrer an den
höheren Bürger-, Handlungs-, Gewerbe- oder Real-Schulen in grö-
ßeren Städten, alſo an denjenigen Anſtalten betrifft, in welchen eine
über das ſchulpflichtige Alter hinausgehende, auf die Zwecke des höhern
Gewerbe- und Handels-Standes und anderer ähnlicher Berufsarten
berechnete, unmittelbar in die künftige Lebens-Beſtimmung einführende
Bildung, namentlich in der Mathematik, in den Naturwiſſenſchaften,
in der Geſchichte und Erdbeſchreibung, in der deutſchen Literatur, in
der Technologie und in neueren fremden Sprachen erworben werden
ſoll, ſo ſoll deren Anſtellung künftig nur nach vorgängiger wohlbe-
ſtandener Prüfung vor einer Königl. wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Com-
miſſion erfolgen können.


29.


Reſcr. v. 24. Octbr. 1827. (v. K. Ann. B. 11. S. 931.), betr.
den pädagogiſchen Theil der Prüfungen der evan-
geliſchen Candidaten pro ministerio
.


Durch die Circular-Verfügung vom 29. März d. J., die Prüfung
ſtudirter Lehrer für das Schulamt betreffend, iſt dafür geſorgt worden,
daß die Königl. Behörden über die formelle und practiſche Qualification
derjenigen Literaten, welche ſich dem Schulſtande widmen wollen, die
[520] erforderliche Gewißheit erhalten können. Inſofern eine große Anzahl
dieſer Individuen entweder dem geiſtlichen Stande wirklich angehört,
oder dahin aſpirirt, und die Uebernahme einer Schulſtelle nur als
einen Durchgang und eine Vorſtufe zum Eintritt in das geiſtliche Amt
annimmt, kann es nicht fehlen, daß die angeordneten Prüfungs-
Maaßregeln auch dazu weſentlich beitragen werden, daß Kenntniß
vom Schulweſen und practiſches Geſchick und folglich auch Intereſſe
und thätiger Eifer dafür ſich immer mehr unter den Geiſtlichen ver-
breiten müſſen.


Indeſſen bleibt immer noch eine größere Menge von Candidaten
der Theologie übrig, welche den Weg durch das Schulamt nicht neh-
men, ſondern als Hauslehrer oder in andern Privatverhältniſſen den
Zeitpunkt ihrer Anſtellung im geiſtlichen Amte erwarten. Um hinſichtlich
dieſer, inſoweit ſie der evangeliſchen Kirche angehören, die Ueberzeu-
gung zu gewinnen, daß ſie diejenige Einſicht und Erfahrung im Schul-
fache beſitzen, deren ſie in einem Amte bedürfen, in welchem ihnen
eine unmittelbare und leitende Einwirkung auf die Schulen anvertraut
werden wird, bietet die mit ihnen anzuſtellende Prüfung pro ministerio
die ſchicklichſte Gelegenheit dar. In der unter dem 12. Februar 1799.
erlaſſenen Inſtruction, die theologiſchen Prüfungen betreffend, iſt im
Abſchnitt II. §. 8. und §. 9. Nr. 9. bereits geſetzlich beſtimmt, daß
die Prüfung pro ministerio ſich auch über pädagogiſche Regeln und
Vortheile, inſoweit ſie in den zweckmäßigen Unterricht der Jugend, in
die Anleitung dazu und in die Aufſicht darüber einſchlagen, verbreiten,
und daß bei der Beurtheilung über die Tüchtigkeit der pro ministerio
geprüften Candidaten auch darauf geſehen werden ſoll, ob und in wie
weit ſie Fertigkeit im Catechiſiren und vornehmlich die Gabe beſitzen,
ſowohl die gehörige Auswahl deſſen zu treffen, was für die Jugend
gehört, als auch das Nachdenken derſelben zu erwecken, und ihr die
vorgetragenen Lehren wichtig zu machen.


Das Miniſterium ſieht ſich veranlaßt, dieſe den pädagogiſchen
Theil der Prüfung pro ministerio betreffenden geſetzlichen Beſtim-
mungen der Inſtruction vom 12. Februar 1799. hierdurch in Er-
innerung zu bringen, und macht hierbei dem Königl. Conſiſtorio zur
Pflicht, dieſen Theil der Prüfung auf gleiche Weiſe, wie in der Cir-
cular-Verfügung vom 29. März d. J. angeordnet iſt, nicht ſowohl
[521] auf den Beſitz der materiellen Kenntniſſe, die zum Schulamte erfordert
werden, als vielmehr darauf zu richten, ob die Candidaten über Zweck,
Einrichtung und Ziel der Schulen und ihrer Arten und Stufen, über
die Behandlung der verſchiedenen Unterrichts-Gegenſtände und ihren
inneren organiſchen Zuſammenhang, über die nöthigen Hülfslehr-
mittel bei den einzelnen Lehrgegenſtänden, über das Verhältniß von
Unterricht und Erziehung zu einander, über Schuldisciplin und nament-
lich über die Vorbildung der religiöſen und ſittlichen Bildung mit der
intellectuellen, endlich über Beruf, Pflicht und Verhalten des Lehrers
und des Geiſtlichen in Beziehung auf die Schule, richtige, klare und
geordnete Begriffe, zugleich aber ſelbſt die erforderliche practiſche Ge-
wandtheit und Lehrfertigkeit beſitzen. Zugleich wird das Königl. ꝛc.
beauftragt, ſich in den auszuſtellenden Zeugniſſen sub Nr. 10. über
den Ausfall des pädagogiſchen Theils der Prüfung pro ministerio
ausführlich zu äußern.


30.


Cab.-O. v. 25. Juni 1834. nebſt Reglement v. 4. Juni ej.
(v. K. Ann. B. 18. S. 375.), betr. die Prüfung der zur
Univerſität abgehenden Schüler
.


§. 1. Wer zur Beſtehung der Maturitäts-Prüfung vor
dem Abgange zur Univerſität verpflichtet iſt
.


Jeder Schüler, welcher ſich einem Beruf widmen will, für den
ein drei- oder vierjähriges Univerſitätsſtudium vorgeſchrieben iſt, muß
ſich vor ſeinem Abgange zur Univerſität, er mag eine inländiſche oder
auswärtige Univerſität beſuchen wollen, einer Maturitäts-Prüfung
unterwerfen, und zwar ohne Unterſchied, ob er ſeine Vorbereitung auf
einer öffentlichen inländiſchen oder auswärtigen Schule oder durch
Privatlehrer erhalten hat.


§. 2. Zweck der Prüfung.


Der Zweck dieſer Prüfung iſt, auszumitteln, ob der Abiturient
den Grad der Schulbildung erlangt hat, welcher erforderlich iſt, um
ſich mit Nutzen und Erfolg dem Studium eines beſondern wiſſenſchaft-
lichen Fachs widmen zu können.


§. 3. Ort derſelben.


Die Prüfung wird nur bei den Gymnaſien vorgenommen, und
ſomit iſt es von jetzt an nicht mehr geſtattet, dieſelbe bei den König-
[522] lichen wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Commiſſionen abzuhalten. Die Be-
fugniß zur Maturitäts-Prüfung wird allen Gymnaſien, die als ſolche
von dem unterzeichneten Miniſterium anerkannt ſind, in gleichem
Maaße ertheilt.


§. 4. Zeit der Prüfung.


Die Prüfung findet innerhalb der beiden letzten Monate eines
jeden Semeſters Statt.


§. 5. Prüfungsbehörde.


Die Veranſtaltung der Prüfung iſt das Geſchäft der bei jedem
Gymnaſium befindlichen Prüfungs-Commiſſion, welche beſteht aus:


  • a. dem Rector oder Director;
  • b. den Lehrern des Gymnaſiums, welche den Unterricht in der
    oberſten Claſſe beſorgen;
  • c. einem Mitgliede des Ephorats, Scholarchats, oder Curatoriums
    bei den Gymnaſien, wo eine ſolche Local-Schul-Behörde vor-
    handen iſt;
  • d. einem Commiſſarius des Königl. Provinzial-Schul-Collegiums.

Der Letztere, welcher den Vorſitz in der Commiſſion führt, und
die ganze Prüfung zu leiten hat, wird dem unterzeichneten Miniſterium
zur Genehmigung präſentirt, ſo wie es für das unter Litt. c. genannte
Mitglied der Commiſſion der Beſtätigung des Königl. Provinzial-
Schul-Collegiums bedarf.


§. 6. Anmeldung der Prüfung.


Die Abiturienten haben drei Monate vor dem beabſichtigten Ab-
gange zur Univerſität beim Director ein ſchriftliches Geſuch um Zu-
laſſung zur Prüfung einzureichen, und demſelben ihren in der Mutter-
ſprache geſchriebenen Lebenslauf beizufügen.


§. 7. Bedingung zur Zulaſſung.


Das Geſuch der Schüler um Zulaſſung zur Prüfung darf erſt
in den drei letzten Monaten des vierten Semeſters ihres Aufenthalts
in Prima erfolgen. Der pflichtmäßigen Beurtheilung des Lehrer-
Collegiums wird indeſſen anheim geſtellt, Schüler, welche ſich durch
Fleiß und ſittliche Reife, durch ihre Geſammtbildung, ſo wie durch
ihre Kenntniſſe in den einzelnen Unterrichts-Gegenſtänden auszeichnen,
ſelbſt ſchon in den drei letzten Monaten des dritten Semeſters ihres
Aufenthalts in Prima, jedoch nur ausnahmsweiſe, zur Prüfung
zuzulaſſen.


[523]

§. 8. Verfahren bei der Meldung von Untüchtigen.


Sollten ſich Schüler melden, bei welchen der Director im Ein-
verſtändniſſe mit ihren Lehrern, in Hinſicht der wiſſenſchaftlichen und
ſittlichen Bildung noch nicht die erforderliche Reife vorausſetzen darf,
ſo hat er ſie allen Ernſtes mit Vorbehaltung der Nachtheile eines zu
frühzeitigen Hineilens zur Univerſität von der Ausführung ihres Vor-
ſatzes abzumahnen, auch ihren Eltern oder Vormündern die nöthigen
Vorſtellungen zu machen. Indeſſen kann dem, welcher ſchon drei
Semeſter hindurch Mitglied der erſten Claſſe geweſen iſt, und ſich
im vierten Semeſter zur Prüfung meldet, die Zulaſſung, wenn er
der Warnung des Directors ungeachtet darauf beſteht, nicht verwei-
gert werden.


§. 9. Einleitung der Prüfung.


Der Director iſt verpflichtet, dem Königl. Commiſſarius und den
übrigen Mitgliedern der Prüfungs-Commiſſion von der geſchehenen
Meldung der Abiturienten zur rechten Zeit Anzeige zu machen, und
in Uebereinſtimmung mit dem Königl. Commiſſarius das Nöthige für
die Prüfung einzuleiten.


§. 10. Gegenſtände der Prüfung.


Die Abiturienten werden in folgenden Sprachen und Wiſſen-
ſchaften geprüft:


1. In Sprachen:


In der deutſchen, lateiniſchen, griechiſchen und franzöſiſchen Sprache;
für die Abiturienten der Gymnaſien des Großherzogthums Poſen tritt
noch die Prüfung in der polniſchen Sprache hinzu.


2. In den Wiſſenſchaften:


In der Religions-Kenntniß, in der Geſchichte verbunden mit Geo-
graphie, in der Mathematik, Phyſik und Naturbeſchreibung, und in
der philoſophiſchen Propädeutik.


§. 11. Maaßſtab und Grundſätze für die Prüfung.


Bei dem ganzen Prüfungs-Geſchäft iſt jede Oſtentation, ſo wie
alles zu vermeiden, was den regelmäßigen Gang des Schul-Curſus
ſtören, und die Schüler zu dem Wahne verleiten könnte, als ſei ihrer
Seits bloß zum Beſtehen der Prüfung, während des letzten Semeſters
ihres Schulbeſuchs, eine beſondere, mit außerordentlicher Anſtrengung
verbundene Vorbereitung nöthig und erforderlich. Der Maaßſtab für
die Prüfung kann und ſoll derſelbe ſein, welcher dem Unterricht in
[524] der oberſten Claſſe der Gymnaſien und dem Urtheile der Lehrer über
die wiſſenſchaftlichen Leiſtungen der Schüler dieſer Claſſe zum Grunde
liegt, und bei der Schlußberathung über den Ausfall der Prüfung
ſoll nur dasjenige Wiſſen und Können und nur diejenige Bildung der
Schüler entſcheidend ſein, welche ein wirkliches Eigenthum derſelben
geworden iſt. Eine ſolche Bildung läßt ſich nicht durch eine übermä-
ßige Anſtrengung während der letzten Monate vor der Prüfung, noch
weniger durch ein verworrenes Auswendiglernen von Namen, Jahres-
zahlen und unzuſammenhängenden Notizen erjagen, ſondern ſie iſt die
langſam reifende Frucht eines regelmäßigen, während des ganzen Gym-
naſial-Curſus ſtätigen Fleißes.


Dieſe Geſichtspunkte, welche das ganze Prüfungs-Geſchäft leiten
ſollen, ſind den Schülern der obern Claſſen bei jeder ſchicklichen Ge-
legenheit möglichſt eindringlich vorzuhalten, damit ſie zur rechten Zeit
und auf die rechte Art ſich eine gediegene Schulbildung erwerben, nicht
aber durch ein zweckwidriges, auf Oſtentation berechnetes Sichabrichten
für die Prüfung, ſich ſelbſt täuſchen, und die Prüfungsbehörde zu
täuſchen ſuchen.


§. 12. Formen der Prüfung.


Die Prüfung zerfällt in eine ſchriftliche und mündliche; die eine
dient zur Berichtigung und Ergänzung der andern.


§. 13. Schriftliche Prüfung.


Mit der ſchriftlichen Prüfung, welche möglichſt bald nach der
Meldung vorzunehmen iſt, wird der Anfang gemacht.


§. 14. Wahl der Aufgaben für die ſchriftliche Prüfung.


Behufs der ſchriftlichen Prüfung ſind ſolche Aufgaben zu wählen,
welche im Geſichtskreiſe der Schüler liegen, und zu deren augenblick-
lichen Behandlung auf eine, dem Zwecke entſprechende Weiſe Verſtand,
Ueberlegung und Sprachkenntniſſe ohne ſpecielle Vorſtudien hinreichen,
und über welche eine ausreichende Belehrung durch den vorgängigen
Gymnaſial-Unterricht vorausgeſetzt werden kann.


Die zu ſtellenden Aufgaben dürfen von den Abiturienten nicht
ſchon früher in der Schule bearbeitet ſein.


§. 15.


Für jede ſchriftliche Arbeit werden mehrere Aufgaben von dem
Director und den prüfenden Lehrern vorgeſchlagen, und dem Königl
[525] Commiſſarius zur Auswahl vorgelegt. Dem Letztern ſteht es frei,
nach Befinden der Umſtände, die Aufgaben ſelbſt zu beſtimmen.


Alle zugleich zu Prüfenden erhalten dieſelben Aufgaben, und jede
derſelben wird erſt in dem Augenblick, wo ihre Bearbeitung beginnen
ſoll, den Abiturienten von dem Director mitgetheilt.


§. 16. Arten der ſchriftlichen Prüfungs-Arbeiten.


Die ſchriftlichen Prüfungs-Arbeiten beſtehen:


  • 1) in einem proſaiſchen, in der Mutterſprache abzufaſſenden Aufſatze,
    welcher die Geſammtbildung des Examinanden, vorzüglich die
    Bildung des Verſtandes und der Phantaſie, wie auch den Grad
    der ſtyliſtiſchen Reife in Hinſicht auf Beſtimmtheit und Folge-
    richtigkeit der Gedanken, ſo wie auf planmäßige Anordnung und
    Ausführung des Ganzen in einer natürlichen, fehlerfreien, dem
    Gegenſtande angemeſſenen Schreibart beurkunden ſoll;
  • 2) in einem lateiniſchen Extemporale, und in der freien lateiniſchen
    Bearbeitung eines dem Examinanden durch den Unterricht hinrei-
    chend bekannten Gegenſtandes, wobei, außer dem allgemeinen Ge-
    ſchick in der Behandlung, vorzüglich die erworbene ſtyliſtiſche Cor-
    rectheit und Fertigkeit im Gebrauche der lateiniſchen Sprache in
    Betracht kommen ſoll;
  • 3) in der Ueberſetzung eines Stücks aus einem im Bereiche der er-
    ſten Claſſe des Gymnaſiums liegenden, und in der Schule nicht
    geleſenen griechiſchen Dichters oder Proſaikers ins Deutſche;
  • 4) in der Ueberſetzung eines grammatiſch nicht zu ſchwierigen Pen-
    ſums aus der Mutterſprache ins Franzöſiſche;
  • 5) in einer mathematiſchen Arbeit, deren Gegenſtand die Löſung
    zweier geometriſchen und zweier arithmetiſchen Aufgaben aus den
    verſchiedenen in den Kreis des Schul-Unterrichts fallenden Theilen
    der Mathematik, oder eine, nach beſtimmten vorher anzugebenden
    Rückſichten geordnete Ueberſicht und Vergleichung zuſammengehö-
    riger mathematiſcher Sätze ſein ſoll.

§. 17. Beſtimmung der, auf die ſchriftlichen Arbeiten zu
verwendenden Zeit
.


Zur Anfertigung der ſämmtlichen ſchriftlichen Arbeiten ſind höch-
ſtens drei Tage, jeder zu 8 Arbeitsſtunden gerechnet, in der Art zuzu-
geſtehen, daß mit Einſchluß der Reinſchrift auf:


  • 1) den deutſchen Aufſatz ...... 5 Stunden,

[526]
  • 2) den lateiniſchen ........ 5 Stunden,
  • 3) das lateiniſche Extemporale .... 2 -
  • 4) die Ueberſetzung aus dem Griechiſchen . 3 -
  • 5) die franzöſiſche Arbeit ...... 3 -
  • 6) die mathematiſche Arbeit ..... 4 -

verwandt werden.


Die drei Arbeitstage dürfen nicht unmittelbar auf einander folgen.
Für den deutſchen und den lateiniſchen Aufſatz, ſo wie für die mathe-
matiſche Arbeit ſind drei Vormittage von 5 Stunden beſtimmt. Es
iſt nicht erlaubt, eine Ausarbeitung in der Art zu theilen, daß ein
Theil derſelben Vormittags und die Fortſetzung Nachmittags ange-
fertigt, und den Examinanden eine unbeaufſichtigte Zeit dazwiſchen
gelaſſen wird.


§. 18. Vorſchriften für die Anfertigung der ſchriftlichen
Arbeiten, Protocoll über die ſchriftliche Prüfung
.


Die Anfertigung der ſchriftlichen Arbeiten, bei welchen außer den
Wörterbüchern der erlernten Sprachen und den mathematiſchen Tafeln,
keine Hülfsmittel zu geſtatten ſind, geſchieht wo möglich in einem Claſ-
ſenzimmer des Gymnaſiums, unter beſtändiger, in beſtimmter Folge
wechſelnder Aufſicht eines der zur Prüfungs-Commiſſion gehörigen
Lehrer, welcher dafür verantwortlich iſt, daß die ertheilten Vorſchriften
in allen Stücken genau befolgt werden.


Wer nach Ablauf der vorſchriftsmäßigen Zeit mit der Arbeit
nicht fertig iſt, muß ſie unvollendet abliefern. — Wird einer der Exa-
minanden durch Erkrankung an der Ausführung ſeiner Arbeiten ver-
hindert, ſo ſind ihm, falls er nicht für dieſes Mal ſeine Meldung
zur Prüfung zurücknimmt, neue Aufgaben für ſeine ſchriftlichen Lei-
ſtungen zuzuſtellen.


§. 19. Cenſur und Durchſicht der ſchriftlichen Arbeiten.


Die ſchriftlichen Arbeiten der Examinanden müſſen von den be-
treffenden Lehrern genau durchgeſehen, verbeſſert und mit Angabe ihres
Verhältniſſes, ſowohl zu dem im §. 28 A. beſtimmten Maaßſtabe,
als zu den gewöhnlichen Leiſtungen eines jeden Examinanden aus-
führlich beurtheilt, demnächſt dem Director übergeben, und von dieſem,
nachdem alle übrigen Mitglieder der Prüfungs-Commiſſion ſie geleſen
haben, mit dem über die ſchriftlichen Prüfungen geführten Protocolle
dem Königl. Commiſſarius vorgelegt werden. Nach Befinden der
[527] Umſtände kann der Director noch andere Claſſenarbeiten der Abitu-
rienten aus dem letzten Jahre beilegen, welche jedoch nicht zur ent-
ſcheidenden Richtſchnur für die Prüfungs-Commiſſion, wohl aber dazu
dienen ſollen, daß ſich die Mitglieder derſelben eine möglichſt genaue
Kenntniß der Abiturienten erwerben und ſich ein ſelbſtſtändiges Urtheil
über ſie bilden.


§. 20. Mündliche Prüfung; Zahl der Examinanden;
Beſtimmung des Tages der Prüfung
.


Die mündliche Prüfung muß ſtets, die Zahl der Examinanden
mag groß oder gering ſein, mit gleicher Sorgfalt vorgenommen werden.
In allen Fällen, wo mehr als 12 Examinanden vorhanden ſind, iſt
ſie in 2 reſp. mehreren auf einander folgenden Terminen abzuhalten.
Den Tag zu der Prüfung und die einem jeden Prüfungsgegenſtande
zu widmende Zeit beſtimmt der Königl. Commiſſarius im Einverſtänd-
niß mit dem Director des Gymnaſiums.


§. 21. Anweſende bei der mündlichen Prüfung.


Sämmtliche Mitglieder der Prüfungs-Commiſſion, ſo wie auch
die Lehrer des Gymnaſiums, welche nicht zu derſelben gehören, ſollen
bei der mündlichen Prüfung anweſend ſein; die Mitglieder der Local-
Schul-Behörde, wo eine ſolche vorhanden iſt, ſind jedesmal von dem
Director beſonders einzuladen.


§. 22. Beſtimmung der Examinatoren und ihre Pflichten.


Die mündliche Prüfung liegt den Lehrern ob, welche der Unter-
richt in den betreffenden Gegenſtänden in Prima ertheilt haben, wo-
fern nicht der Königl. Commiſſarius andere Examinatoren zu beſtellen
ſich veranlaßt findet. Von den Lehrern iſt zu erwarten, daß ſie ſich
bei der Prüfung einer zweckmäßigen Methode bedienen, einem jeden
Examinanden Raum und Gelegenheit, ſich klar und zuſammenhän-
gend auszuſprechen, gewähren und überhaupt die Prüfung ſo einrich-
ten werden, daß ſich bei einem jeden der Grad ſeines Wiſſens be-
ſtimmt ergebe. Wenn es gleich nicht Sache der mündlichen Prüfung
iſt, die von dem Abiturienten gelieferten ſchriftlichen Arbeiten durch-
zugehn und zu verbeſſern; ſo bleibt es doch den prüfenden Lehrern
unverwehrt, ihre Fragen auch an die ſchriftlichen Arbeiten der einzel-
nen Examinanden anzuknüpfen. Dem Königl. Commiſſarius ſteht
es frei, nicht nur durch Inſtruction der Lehrer und nähere Beſtim-
mung der Gegenſtände der jedesmaligen Prüfung die ihm zweckdienlich
[528] ſcheinende Richtung zu geben, ſondern auch, wenn er es für nöthig
erachtet, in einzelnen Gegenſtänden ſelbſt die Prüfung zu übernehmen.


§. 23. Gegenſtände der mündlichen Prüfung.


Die mündliche Prüfung iſt:


  • 1) in der deutſchen Sprache auf allgemeine Grammatik, Pro-
    ſodie und Metrik, auf die Hauptepochen in der Geſchichte
    der vaterländiſchen Literatur, ſowie auch darauf zu richten, ob
    die Examinanden einige Werke der vorzüglichſten vaterländiſchen
    Schriftſteller mit Sinn geleſen haben.
  • 2) Im Lateiniſchen werden von den Examinanden paſſende, theils
    früher in der Schule erklärte, theils nicht geleſene Stellen aus
    dem Cicero, oder Salluſt, oder Livius, oder Virgil, oder Horaz
    überſetzt und erklärt, um ſowohl ihre Fertigkeit und Gewandtheit
    im Auffaſſen des Sinns und im richtigen und geſchmackvollen
    Ueberſetzen, als auch ihre grammatiſchen und antiquariſchen Kennt-
    niſſe und den Erfolg ihrer Privatlectüre lateiniſcher Schriftſteller
    zu ermitteln.
    Die Prüfung erfolgt in lateiniſcher Sprache, wobei den Ein-
    zelnen Gelegenheit zu geben iſt, ſtellenweiſe in zuſammenhängender
    Rede ihre erlangte Fertigkeit im mündlichen lateiniſchen Ausdruck
    zu zeigen.
  • 3) Aus dem Griechiſchen werden gleichfalls theils in der Schule
    geleſene, theils nicht geleſene Stellen aus einem leichteren Pro-
    ſaiker oder dem Homer überſetzt und erklärt, und hat der Exa-
    minator durch angemeſſene Fragen die Kenntniß der Examinanden
    in der Grammatik und den auf Geſchichte, Mythologie und Kunſt
    der Griechen ſich beziehenden Gegenſtänden zu erforſchen.
  • 4) Die Prüfung im Franzöſiſchen erfolgt durch Ueberſetzung und
    Erklärung vorgelegter Stücke aus claſſiſchen franzöſiſchen Dichtern
    oder Proſaikern. Bei der Erklärung wird den Examinanden Ge-
    legenheit gegeben, darzuthun, inwieweit ſie ſich Fertigkeit im münd-
    lichen Gebrauche der franzöſiſchen Sprache erworben haben.
  • 5) In Hinſicht der Religions-Kenntniß iſt zu prüfen, ob
    die Abiturienten die chriſtliche Glaubens- und Sittenlehre, die
    Hauptmomente der Geſchichte der chriſtlichen Kirche und den In-
    halt der heiligen Schrift im Allgemeinen kennen gelernt, und in
    [529] der Grundſprache des Neuen Teſtaments Einiges mit dem Er-
    folge eines im Ganzen leichten Verſtändniſſes geleſen haben.
  • 6) In der Mathematik iſt die Gründlichkeit und der Umfang
    ihrer Kenntniſſe in den im §. 28. A. Nr. 6. näher bezeichneten
    Theilen der Wiſſenſchaft, ſowohl im Allgemeinen als im Einzelnen
    zu ermitteln.
  • 7) In der Hinſicht der Geſchichte und Geographie ſind die
    Fragen dahin zu richten, daß ſich erſehen läßt, ob die Exami-
    nanden eine deutliche Ueberſicht des ganzen Feldes der Geſchichte
    und eine genauere Kenntniß der alten, beſonders der griechiſchen
    und römiſchen, ſowie der deutſchen und vaterländiſchen Geſchichte
    gewonnen, und ſich ein genügendes Wiſſen von den Elementen der
    mathematiſchen und phyſiſchen Geographie, ſowie von dem gegen-
    wärtigen politiſchen Zuſtande der Erde erworben haben. Die
    Examinatoren haben ſich aller Fragen zu enthalten, deren Be-
    antwortung eine gar zu ſehr ins Einzelne gehende Sach- und
    Zahlenkenntniß vorausſetzt.
  • 8) In der Naturbeſchreibung iſt von den Examinanden Kenntniß
    der allgemeinen Claſſification der Naturproducte, Uebung im Be-
    ſchreiben derſelben und Bildung der Anſchauung für dieſes Ge-
    biet, ſowie
  • 9) in der Phyſik deutliche Erkenntniß der Hauptgeſetze der Natur,
    namentlich der Geſetze zu verlangen, welche mathematiſch, jedoch
    ohne Anwendung des höhern Calculs, begründet werden können.
  • 10) Die Prüfung in der philoſophiſchen Propädeutik hat zu
    ermitteln, ob die Examinanden es in den Anfangsgründen der
    ſogenannten empiriſchen Pſychologie und der gewöhnlichen Logik,
    namentlich in den Lehren von dem Begriff, dem Urtheile und
    dem Schluſſe, von der Definition, Eintheilung und dem Beweiſe
    zu einem klaren und deutlichen Bewußtſein gebracht haben.

§. 24. Beſchränkung der Gegenſtände der mündlichen
Prüfung
.


Der pflichtmäßigen Beurtheilung der Prüfungs-Commiſſion wird
anheim geſtellt, die mündliche Prüfung in dem einen oder dem andern
der im §. 23. genannten Unterrichtsgegenſtände zu beſchränken, wenn
die Examinanden in denſelben bereits durch ihre ſchriftlichen Arbeiten
den Forderungen genügt haben. Für ſolche und ähnliche Fälle gilt
34
[530] die Regel, daß bei der mündlichen Prüfung vorzüglich die Unterrichts-
Gegenſtände herauszuheben ſind, über welche ſich die Examinanden in
ihren ſchriftlichen Arbeiten nicht hinreichend ausgewieſen haben, oder
in welchen von dem einen oder dem andern Examinanden beſondere
Auszeichnung zu erwarten iſt.


§. 25. Protocoll über die mündliche Prüfung.


Ueber den ganzen mündlichen Prüfungsact wird ein genaues Pro-
tocoll auf gebrochenen Bogen geführt; der Eingang zu dieſem Protocoll,
welchen der Director ſchon vor dem Anfange der Prüfung anfertigt,
oder von einem der prüfenden Lehrer anfertigen läßt, enthält die Na-
men der gegenwärtigen Mitglieder der Prüfungs-Commiſſion, den Vor-
und Zunamen, den Geburtsort, die Confeſſion, das Alter und den
Aufenthalt der Examinanden im Gymnaſium überhaupt und in Prima
insbeſondere. In dieſem Protocoll, welches den Gang der Prüfung
vollſtändig nachweiſen ſoll, wird mit Beſtimmtheit und Genauigkeit
bei dem Namen eines jeden Abiturienten vermerkt, worüber er ge-
prüft, und wie er darin beſtanden iſt. Ehe die Berathung über das
Endreſultat der Prüfung anhebt, muß vor allen Mitgliedern der Prü-
fungs-Commiſſion das Protocoll ſowohl über die ſchriftliche (§. 18.)
als über die mündliche Prüfung vollſtändig vorgeleſen werden, damit
jedes Mitglied das Ganze der Prüfung noch einmal überſehen könne,
ehe es ſeine motivirte Stimme abgiebt.


§. 26. Berathung über den Ausfall der ganzen Prüfung,
Abſtimmung
.


Nach Beendigung der mündlichen Prüfung treten die Examinirten
ab, und es wird nun mit Rückſicht auf die vorliegenden ſchriftlichen
Arbeiten, auf den Erfolg der mündlichen Prüfung und die pflicht-
mäßige, durch längere Beobachtung begründete Kenntniß der Lehrer
von dem ganzen wiſſenſchaftlichen Standpunkte der Geprüften über
das ihnen zu ertheilende Zeugniß die freieſte Berathung Statt finden.
Die Lehrer der einzelnen Fächer, welche examinirt und die Arbeiten
beurtheilt haben, geben zunächſt, jeder in ſeinem Fache, ein beſtimmtes
Urtheil über die Kenntniſſe des Geprüften in dem betreffenden Fache.
Ueber deſſen Annahme oder Modification wird alsdann berathen.
Falls dieſe Berathung, in welcher dem Geſammteindruck, den die
Prüfung jedes einzelnen Abiturienten gemacht hat, in Hinſicht auf
die Beurtheilung ſeiner Reife ein vorzüglicher Werth beizulegen iſt,
[531] zu keiner Einigung führt, wird zu einer förmlichen Abſtimmung ge-
ſchritten; jedes Mitglied der Prüfungs-Commiſſion, mit Einſchluß
des Königl. Commiſſarius, hat Eine Stimme; das jüngſte Mitglied
der Commiſſion ſtimmt zuerſt, und der Königl. Commiſſarius zuletzt.
Wenn einzelne Mitglieder beim Abſtimmen finden, daß das Votum
eines andern Mitgliedes beſſer begründet ſei, als dasjenige, welches
ſie ſelbſt ſchon ausgeſprochen haben, ſo können ſie ihr früheres Votum
zurücknehmen und ein neues definitives geben. Sind die Stimmen
für und wider gleich, ſo giebt die Stimme des Königl. Commiſſarius
den Ausſchlag. Sieht derſelbe ſich bei der Stimmenſammlung über
einen Geprüften noch vor der Abgabe ſeines Votums überſtimmt, ſo
hat er die Befugniß, ſich ſelbſt vom Votiren zu entbinden, und ent-
weder den durch die Stimmenmehrheit gefaßten Entſchluß ohne Wei-
teres zu beſtätigen, oder demſelben, wenn er ſeiner Ueberzeugung nicht
entſpricht, ſeine Beſtätigung zu verweigern. Im letzteren Falle iſt die
Bekanntmachung des Beſchluſſes der Prüfungs-Commiſſion auszuſetzen,
und ſind die ſchriftlichen Arbeiten, nebſt dem Prüfungs-Protocolle,
unter Anführung der Weigerungsgründe des Königl. Commiſſarius,
der vorgeſetzten Behörde zur Entſcheidung vorzulegen.


§. 27. Cenſur.


Bei der Berathung nach der mündlichen Prüfung wird aus den
Schul-Cenſuren der vier letzten Semeſter zugleich ein allgemeines
Urtheil über den Fleiß, das ſittliche Betragen und die Character-
Reife der Abiturienten abgefaßt, da dieſes eine Stelle im Zeugniſſe
einzunehmen hat.


§. 28. Maaßſtab für die Ertheilung des Zeugniſſes
der Reife
.


Als leitende Richtſchnur bei der Schlußberathung dienen folgende
Beſtimmungen:


Das Zeugniß der Reife iſt zu ertheilen:


A. wenn der Abiturient


  • 1) das Thema für den Aufſatz in der Mutterſprache in ſeinen
    weſentlichen Theilen richtig aufgefaßt und logiſch geordnet, den Ge-
    genſtand mit Urtheil entwickelt, und in einer fehlerfreien, deutlichen
    und angemeſſenen Schreibart dargeſtellt, überdies einige Bekannt-
    ſchaft mit den Hauptepochen der Literatur ſeiner Mutterſprache
    gezeigt hat. Auffallende Verſtöße gegen die Richtigkeit und
    34*
    [532] Angemeſſenheit des Ausdrucks, Unklarheit der Gedanken, und
    erhebliche Vernachläſſigung der Rechtſchreibung und der Inter-
    punction begründen gerechte Zweifel über die Befähigung des
    Abiturienten;
  • 2) wenn im Lateiniſchen ſeine ſchriftlichen Arbeiten ohne Fehler
    gegen die Grammatik und ohne grobe Germanismen abgefaßt ſind,
    und einige Gewandtheit im Ausdrucke zeigen, und er die weniger
    ſchwierigen Reden und philoſophiſchen Schriften des Cicero, ſowie
    von den Geſchichtſchreibern den Salluſt und Livius und von
    den Dichtern die Eclogen und die Aeneide Virgil’s und die Oden
    des Horaz im Ganzen mit Leichtigkeit verſteht, ſicher in der Quan-
    tität iſt, und über die gewöhnlichen Versmaaße genügende Aus-
    kunft geben kann;
  • 3) wenn er in Anſehung der griechiſchen Sprache in der For-
    menlehre und den Hauptregeln der Syntax feſt iſt, und die
    Iliade und Odyſſee, das erſte und fünfte bis neunte Buch des
    Herodot, Xenophon’s Cyropädie und Anabaſis, ſowie die leich-
    teren und kürzeren Platoniſchen Dialoge, auch ohne vorherge-
    gangene Präparation verſteht;
  • 4) wenn im Franzöſiſchen ſeine ſchriftliche Arbeit im Ganzen
    fehlerlos iſt, und er eine in Rückſicht auf Inhalt und Sprache
    nicht zu ſchwierige Stelle eines Dichters oder Proſaikers mit
    Geläufigkeit überſetzt;
  • 5) wenn er eine deutliche und wohlbegründete Kenntniß der chriſt-
    lichen Glaubens
    - und Sittenlehre, verbunden mit einer
    allgemeinen Ueberſicht der Geſchichte der chriſtlichen Religion,
    nachgewieſen;
  • 6) wenn er in Hinſicht auf die Mathematik, Fertigkeit in den
    Rechnungen des gemeinen Lebens nach ihren auf die Proportions-
    lehre gegründeten Principien, Sicherheit in der Lehre von den
    Potenzen und Wurzeln und von den Progreſſionen, ferner in den
    Elementen der Algebra und der Geometrie, ſowohl der ebenen
    als körperlichen, Bekanntſchaft mit der Lehre von den Combi-
    nationen und mit dem binomiſchen Lehrſatze, Leichtigkeit in der
    Behandlung der Gleichungen des erſten und zweiten Grades
    und im Gebrauche der Logarithmen, eine geübte Auffaſſung in
    der ebenen Trigonometrie, und hauptſächlich eine klare Einſicht
    [533] in den Zuſammenhang ſämmtlicher Sätze des ſyſtematiſch geord-
    neten Vortrags gezeigt hat;
  • 7) wenn er in Hinſicht der Geſchichte und Geographie dargethan
    hat, daß ihm die Umriſſe der Länder, das Flußnetz in denſelben
    und eine orographiſche Ueberſicht der Erdoberfläche, im Großen
    zu einem klaren Bilde geordnet, auch ohne Karte gegenwärtig
    ſind, er in der politiſchen Erdbeſchreibung nach ihren weſentlichen
    Theilen bewandert, und der Umriſſe des ganzen Feldes der Ge-
    ſchichte kundig iſt, beſonders ſich eine deutliche und ſichere Ueber-
    ſicht der Geſchichte der Griechen und Römer, ſowie der Deutſchen,
    und namentlich auch der brandenburgiſch-preußiſchen Geſchichte zu
    eigen gemacht hat;
  • 8) wenn er endlich in Betreff der Phyſik eine klare Einſicht in
    die Hauptlehren über die allgemeinen Eigenſchaften der Körper,
    die Geſetze des Gleichgewichts und der Bewegung, über Wärme,
    Licht, Magnetismus und Electricität gewonnen, und ſich in der
    Naturgeſchichte eine hinreichend begründete Kenntniß der allge-
    meinen Claſſification der Naturproducte erworben hat;
  • 9) für den künftigen Theologen und Philologen tritt noch die For-
    derung hinzu, daß er das Hebräiſche geläufig leſen könne, und
    Bekanntſchaft mit der Formenlehre und den Hauptregeln der
    Syntax darlege, auch leichte Stellen aus einem hiſtoriſchen Buche
    des Alten Teſtaments oder einem Pſalm ins Deutſche zu über-
    ſetzen vermöge.

B. Um jedoch ſchon auf der Schule der freien Entwickelung
eigenthümlicher Anlagen nicht hinderlich zu werden, iſt auch dem
Abiturienten das Zeugniß der Reife zu ertheilen, welcher in Hinſicht
auf die Mutterſprache und das Lateiniſche den unter Lit. A. geſtellten
Forderungen vollſtändig entſpricht, außerdem aber entweder in den
beiden alten Sprachen oder in der Mathematik bedeutend mehr als
das Geforderte leiſtet, wenn auch ſeine Leiſtungen in den übrigblei-
benden Fächern nicht völlig den Anforderungen entſprechen ſollten.


C. Obwohl die Neigung mancher Schüler, welche einzelne Unter-
richts-Gegenſtände in den Gymnaſien mit Gleichgültigkeit treiben, weil
ſie dieſelben für ihren künftigen Beruf weniger nöthig oder gar ent-
behrlich halten, keineswegs begünſtigt werden ſoll: ſo können doch,
namentlich bei dem ſchon vorgerückteren Alter einzelner Abiturienten,
[534] Fälle eintreten, wo nicht nur die Billigkeit, ſondern auch das Intereſſe
des Königl. Staatsdienſtes erheiſcht, bei der Frage über die Reife zu
den Univerſitäts-Studien, auch das Fach, dem die Abiturienten ſich
widmen wollen, zu berückſichtigen, und hiernach die Entſcheidung ab-
zumeſſen. Für ſolche Fälle, die als Ausnahmen von der Regel aus-
drücklich zu bemerken und beſonders zu rechtfertigen ſind, wird es der
pflichtmäßigen Beurtheilung der Prüfungs-Commiſſion überlaſſen, auch
einem ſolchen Abiturienten, welcher in einigen Prüfungs-Gegenſtänden,
die nicht die nothwendige Grundlage ſeines künftigen Studiums aus-
machen, hinter den unter Lit. A. geſtellten Forderungen zurückgeblieben
iſt, das Zeugniß der Reife zuzuſprechen, wenn er in Hinſicht auf die
Mutterſprache, das Lateiniſche und noch zwei der übrigen Prüfungs-
Gegenſtände, die zu ſeinem künftigen Berufe in näherer Beziehung
ſtehen, nach dem einſtimmigen Urtheile der Prüfungs-Commiſſion, das
unter Lit. A. Geforderte leiſtet.


D. Wer endlich auch nicht einmal den unter Lit. C. geſtellten
Anforderungen genügt hat, iſt als noch nicht reif zu den Univer-
ſitäts-Studien zu betrachten.


§. 29. Mittheilung des Reſultats an die Geprüften.


Nachdem von der Prüfungs-Commiſſion, den in den §§. 11., 27.
und 28. enthaltenen Beſtimmungen gemäß, das jedem einzelnen Abi-
turienten zu ertheilende Zeugniß ausgemittelt, die Beſchlußnahme in
das Protocoll (§. 26.) aufgenommen, und das letztere von ſämmtlichen
Mitgliedern der Prüfungs-Commiſſion unterzeichnet iſt, werden die
Geprüften in das Zimmer zurückgerufen, und der Königl. Commiſſarius
macht ihnen das über ſie gefällte Urtheil in der Art bekannt, daß ſie
im Allgemeinen erfahren, ob ihre Leiſtungen für ein Zeugniß der
Reife genügt haben oder nicht. Denen, welche für reif erklärt ſind,
iſt anzukündigen, daß ſie die Schule mit dem Schluſſe des Semeſters
verlaſſen und zur Univerſität abgehen können. Denen aber, welche
noch nicht für reif erachtet ſind, wird der Rath ertheilt, die Schule
noch eine Zeit lang zu beſuchen, falls Hoffnung da iſt, daß ſie dadurch
das Fehlende werden einbringen können. Nach Ablauf eines halben
Jahres können ſie ſich zu einer nochmaligen Prüfung (§. 6.) melden,
um ſich das Zeugniß der Reife zu verdienen. Liegt die Urſache von
dem ungenügenden Ausfalle der erſten Prüfung in dem Mangel an
natürlichen Anlagen, ſo hat der Director in Verbindung mit den
[535] übrigen Lehrern auch jetzt noch, wie ſie es ſchon früher zu thun ver-
pflichtet waren, die Wahl eines andern Berufs dringend anzurathen.
Bleiben ſolche für nicht reif Erklärte bei ihrer Abſicht, die Univer-
ſität zu beziehen, ſo iſt auch ihnen auf ihr Verlangen das Ergebniß
ihrer Prüfung in einem Zeugniſſe auszufertigen.


§. 30. Abfaſſung des Zeugniſſes.


Auf den Grund des Prüfungs-Protocolls (§§. 18. 25.) und der
Cenſurbücher (§. 27.) wird in deutſcher Sprache das Zeugniß im
Concept vom Director ausgefertigt, und ſämmtlichen Mitgliedern der
Prüfungs-Commiſſion zur Mitzeichnung vorgelegt, demnächſt in der
Reinſchrift zuerſt von dem Königl. Commiſſarius unterſchrieben und
unterſiegelt, worauf es an das betreffende Mitglied des Scholarchats,
Ephorats oder Curatoriums, jedoch nur zur Unterſchrift gelangt.
Dann verſieht ſolches der Director mit dem Inſiegel der Schule und
ſeiner Namensunterſchrift, welche letztere endlich auch von den übrigen
Mitgliedern der Prüfungs-Commiſſion beigefügt wird.


§. 31. Form des Zeugniſſes.


Bei der Ausfertigung des Zeugniſſes, welches eine ſorgfältig aus-
geführte Characteriſtik des Abiturienten, nach ſeiner ſittlichen Führung,
ſeinen Fähigkeiten und deren Entwickelung enthalten muß, iſt das
Schema zu beobachten.


Das Zeugniß der Nichtreife wird nur auf ausdrückliches Ver-
langen des Geprüften oder ſeiner Angehörigen ausgefertigt, nach
obigem Schema, jedoch mit Weglaſſung des Zuſatzes der Reife in
der Ueberſchrift, und ſtatt des Schluſſes wird geſetzt: Es hat ihm
hiernach in der Prüfung vom .. ten .... 18 .. das Zeugniß der
Reife nicht zuerkannt werden können.


§. 32. Einhändigung des Zeugniſſes und Entlaſſung.


Die Zeugniſſe werden den Abgehenden erſt bei der Entlaſſung
vom Director eingehändigt; bis dahin haben ſie den Schulunterricht
unausgeſetzt zu beſuchen, und ſich der gewöhnlichen Schulordnung zu
unterwerfen. Die Entlaſſung der Abgehenden iſt in jedem Gymnaſium
entweder beim Schluſſe der öffentlichen Schulprüfung oder bei andern
in den verſchiedenen Anſtalten üblichen öffentlichen Feierlichkeiten vor-
zunehmen, und es iſt darauf zu halten, daß jeder von der Schule mit
dem Zeugniſſe der Reife zur Univerſität Abgehende dabei anweſend
ſei. Hier werden alle für reif erklärten und die Schule wirklich ver-
[536] laſſenden Schüler genannt, mit Ueberreichung der ihnen ausgefertigten
Zeugniſſe. Dieſe Feierlichkeit zweckmäßig einzurichten, ſo daß ſie auf
die abgehenden und zurückbleibenden Schüler, ſowie auf das Publikum,
die beabſichtigte Wirkung äußere, und die Entlaſſung der Schüler
ſelbſt nach der Individualität eines jeden und nach dem Inhalte ſeines
Zeugniſſes zu modificiren, wird der einſichtigen Beurtheilung der
Directoren überlaſſen. In den jährlichen Schulprogrammen ſind Na-
men und Geburtsort der Geprüften und für reif Erklärten nebſt An-
gabe der Zeit ihres Aufenthalts in Prima, des ihnen ertheilten Zeug-
niſſes, des gewählten Facultäts-Studiums und der Univerſität, welche
ſie zu beſuchen gedenken, aber ohne weiteren Zuſatz aufzuführen.


§. 33. Wirkungen des Zeugniſſes der Reife in Bezug
auf das Univerſitäts-Studium und auf Zulaſſung zu
den Facultäts- und Staats-Prüfungen
.


Nur die mit dem Zeugniſſe der Reife Verſehenen ſollen:


  • 1) auf inländiſchen Univerſitäten als Studirende der Theologie,
    Jurisprudenz und Cameral-Wiſſenſchaften, der Medicin und Chi-
    rurgie und der Philologie angenommen, und als ſolche bei den
    betreffenden Facultäten inſcribirt;
  • 2) zu den Prüfungen Behufs der Erlangung einer academiſchen
    Würde bei einer inländiſchen Facultät;
  • 3) ſowie ſpäterhin zu den angeordneten Prüfungen Behufs der An-
    ſtellung in ſolchen Staats- und Kirchen-Aemtern, zu welchen ein
    drei- oder vierjähriges Univerſitäts-Studium nach den beſtehenden
    geſetzlichen Vorſchriften erforderlich iſt, zugelaſſen werden.

§. 34. Desgleichen in Bezug auf öffentliche Stipendien.


Auch ſollen die öffentlichen Beneficien für Studirende, worin
immer ſie beſtehen mögen, und ohne Unterſchied, ob ſie Königlich ſind,
oder von Communen oder andern Corporationen abhangen, nur an
Studirende conferirt werden, welche das Zeugniß der Reife beſitzen.
Privat- oder Familien-Stiftungen können hierdurch nicht beſchränkt
werden. Die Königl. Provinzial-Schulcollegien und die Königl. Re-
gierungen, ſowie alle den Gymnaſien vorgeſetzte Behörden, haben mit
Strenge dahin zu ſehen, daß die Königl. oder anderweitige öffentliche
Stipendien und Beneficien Keinem ertheilt werden, bevor er das vor-
ſchriftsmäßige Examen abgelegt, und ſich das Zeugniß der Reife er-
worben hat. Auch werden ſämmtliche Collatoren öffentlicher Sti-
[537] pendien und Beneficien hierdurch angewieſen, alljährlich ein Ver-
zeichniß derſelben und ihrer Percipienten mit der Bemerkung, ob ſie
das erforderliche Zeugniß der Reife erhalten haben, den betreffenden
Königl. Regierungen einzuſchicken, welche befugt ſein ſollen, bei
illegalem Verfahren die Collation aufzuheben. Die Univerſitäten
ſollen gleiche Verzeichniſſe der Stipendien und Beneficien, deren
Collation ihnen zuſteht, und ihrer Percipienten dem unterzeichneten
Miniſterium einreichen.


§. 35. Bedingungen zur Verſtattung der Immatri-
culation für die Nichtreifen
.


Um das Abgehen der zur Zeit noch für nicht reif erklärten
Schüler nicht unbedingt zu verbieten, iſt auch ſolchen, die in der Ma-
turitäts-Prüfung nicht beſtanden ſind, zwar die Aufnahme und Imma-
triculation bei den inländiſchen Univerſitäten auf den Grund ſelbſt
des Zeugniſſes der Nichtreife zu geſtatten. Sie werden aber ſo lange,
bis ſie ſich ein Zeugniß der Reife erworben haben, nur bei der philo-
ſophiſchen Facultät in einem beſondern für ſie anzulegenden Album
und nicht für ein beſtimmtes Facultätsfach inſcribirt. In ihrer Ma-
trikel iſt ausdrücklich zu bemerken, daß ſie wegen mangelnden Zeugniſſes
der Reife nicht zu einem beſtimmten Facultäts-Studium zugelaſſen
worden.


§. 36. Bedingungen zur Verſtattung der Immatri-
culation für die gar nicht Geprüften
.


Damit denen, welche gar keine Maturitäts-Prüfung beſtanden,
und beim Beſuche einer inländiſchen Univerſität nur die Abſicht haben,
ſich eine allgemeine Bildung für die höheren Lebenskreiſe oder eine
beſondere für ein gewiſſes Berufsfach zu geben, ohne daß ſie ſich für
den eigentlichen gelehrten Staats- oder Kirchendienſt beſtimmen, nicht
die Gelegenheit vorenthalten werde, welche die Univerſität für ihren
Zweck darbietet, ſo behält ſich das unterzeichnete Miniſterium vor,
dieſen auf den Grund eines von ihnen beizubringenden Zeugniſſes
über ihre bisherige ſittliche Führung zur Immatriculation bei den in-
ländiſchen Univerſitäten, ſowie zur Inſcription bei den philoſophiſchen
Facultäten, eine beſondere Erlaubniß zu ertheilen. Jedoch iſt in ihrer
Matrikel der beſtimmte Zweck, zu welchem ſie ohne vorherige Matu-
ritäts-Prüfung mit beſonderer Erlaubniß des Miniſteriums die Uni-
verſität beſuchen, ausdrücklich anzugeben.


[538]

§. 37. Vorſchriften in Betreff der Immatriculation.


Zur Immatriculation auf einer Königl. Preuß. Univerſität und
bei der academiſchen Lehranſtalt in Münſter iſt ſomit für Inländer,
ſie mögen von einem inländiſchen oder ausländiſchen Gymnaſium, oder
aus Privat-Unterricht (§. 41.), oder nach ſchon begonnenem academiſchen
Studium von einer Univerſität des In- oder Auslandes kommen, die
Beibringung des von einer inländiſchen Prüfungs-Commiſſion ausge-
ſtellten Zeugniſſes über die Reife oder Nichtreife des Immatriculanden
oder einer beſondern Erlaubniß des unterzeichneten Miniſteriums er-
forderlich. In Fällen, wo ohne ein ſolches Zeugniß, oder ohne eine
ſolche Erlaubniß des Miniſteriums die Immatriculation eines In-
länders vollzogen worden, ſoll nicht nur die Matrikel zurückgenommen,
ſondern auch an dem Rector oder Prorector, welcher dieſelbe ertheilt
hat, dieſe Contravention nach Befinden den Umſtände gerügt werden.


§. 38. Einſendung der halbjährlichen Liſten der
Immatriculirten
.


Jede Univerſität und die academiſche Lehranſtalt in Münſter hat
halbjährlich im December und im Junius eine genaue Liſte der bei
ihr immatriculirten Inländer, mit Angabe der Schule, welche ſie be-
ſucht, oder bei welcher ſie, falls ſie durch Privatunterricht gebildet
ſind, die Maturitäts-Prüfung beſtanden haben, der Art des erhalte-
nen Zeugniſſes und des Fachs, dem ſie ſich widmen, an das unter-
zeichnete Miniſterium einzureichen. In dieſer Liſte ſind die Studi-
renden, welche auf ein Zeugniß der Nichtreife, oder in Folge einer
beſondern Erlaubniß des Miniſteriums immatriculirt und bei der phi-
loſophiſchen Facultät inſcribirt worden, getrennt von den übrigen auf-
zuführen.


§. 39. Spätere Erwerbung des Maturitäts-Zeugniſſes.


Denen, welche mit dem Zeugniſſe der Nichtreife die Univerſität
bezogen haben, und den Wirkungen dieſes Zeugniſſes entgehn, oder ſich
die Ehre eines vortheilhafteren Zeugniſſes erwerben wollen, ſoll es
vergönnt ſein, auch während ihres Beſuchs der Univerſität, noch ein-
mal, aber nicht öfter die Maturitäts-Prüfung bei einem Gymnaſium,
deſſen Wahl ihnen überlaſſen bleibt, nachzuſuchen, und ſich noch nach-
träglich ein Zeugniß der Reife zu erwerben. Uebrigens verſteht es ſich,
daß ſolchen nicht im Kreiſe der Schule, ſondern nur vor der Prüfungs-
Commiſſion des betreffenden Gymnaſiums, das Zeugniß, welches ihnen
[539] auf den Grund einer nochmaligen Maturitäts-Prüfung ertheilt worden,
einzuhändigen iſt. Das von ihnen abzuhaltende geſetzliche Triennium
und reſp. Quadriennium wird aber, wenn ſie nicht eine desfallſige
Dispenſation des betreffenden Königl. Miniſteriums beibringen können,
in der Regel erſt von dem Zeitpunkte ab gerechnet, wo ſie das Zeugniß
der Reife erhalten haben.


§. 40. Vorſchrift in Bezug auf die Abgangszeugniſſe der
Univerſitäten
.


Den Univerſitäten, und namentlich deren Rectoren oder Prorec-
toren und Decanen, wird zur Pflicht gemacht, die Immatriculanden
nicht nur unter Angabe des Prüfungs-Zeugniſſes, welches ſie von der
Schul-Prüfungs-Commiſſion erhalten haben, in das Album einzutragen,
ſondern jedesmal auch in der Matrikel, ſowie in den Zeugniſſen,
welche die Studirenden bei ihrem Abgange von der Univerſität erhalten,
obige Angabe des Abiturienten-Zeugniſſes, mit welchem ſie auf die
Univerſität gekommen ſind, oder des Maturitäts-Zeugniſſes, welches
ſie ſich vielleicht nachträglich während der Univerſitäts-Jahre (§. 39.)
erworben haben, zu reſumiren.


§. 41. Anweiſung zur Prüfung für die durch Privat-
Unterricht oder auf ausländiſchen Gymnaſien
Gebildeten
.


Diejenigen, welche ein ausländiſches Gymnaſium beſucht haben,
oder aus Privat-Unterricht, und nicht unmittelbar von einem Gym-
naſium zur Univerſität übergehen, haben die Prüfung ihrer Kenntniß-
reife unter Einreichung der Zeugniſſe ihrer bisherigen Lehrer über
ihre Studien und ihre ſittliche Führung bei der Prüfungs-Commiſſion
eines inländiſchen Gymnaſiums, deſſen Wahl den Eltern oder Vor-
mündern überlaſſen bleibt, ſchriftlich auf die in §. 6. beſtimmte Art
nachzuſuchen, und ſich den Anordnungen dieſes Reglements zu unter-
werfen. Jedoch iſt die Prüfung derer, welche bis dahin nur Privat-
Unterricht genoſſen haben, nicht mit dem Examen der zur Univerſität
abgehenden Schüler der Gymnaſien zu verbinden, ſondern abgeſondert
anzuſtellen, und bei der Berathung über den Ausfall einer ſolchen
Prüfung iſt auf den Umſtand, daß die Examinanden kein Gymnaſium
beſucht haben, und nicht von ihren bisherigen Lehrern geprüft worden,
billige Rückſicht zu nehmen. Die im §. 7. enthaltene Beſtimmung
leidet auf diejenigen, welche nur Privat-Unterricht erhalten haben,
[540] oder nachweiſen können, daß ſeit ihrem Abgange aus der zweiten
Claſſe eines inländiſchen oder ausländiſchen Gymnaſiums ſchon zwei
Jahre verfloſſen ſind, keine Anwendung. Für ihre Prüfung und die
Ausfertigung des Zeugniſſes haben ſie die vorgeſchriebenen, angemeſſenen
Gebühren zu erlegen.


§. 42. Nachträgliche Prüfung der Studirenden der
Theologie und Philologie im Hebräiſchen
.


Studirende der Theologie und Philologie, welche nicht mit der
erforderlichen Kenntniß des Hebräiſchen (§. 28. A. 9.) die Univerſität
bezogen oder erſt auf der Univerſität ſich zum Studium der Theologie
oder Philologie gewandt haben, alſo auf der Schule nicht im Hebräi-
ſchen geprüft worden, können ſich das Zeugniß der Reife für dieſen
einzelnen Unterrichtsgegenſtand durch eine Prüfung bei der Königl.
wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Commiſſion nachträglich erwerben, müſſen
jedoch von dieſem Zeitpunkte an noch fünf Univerſitäts-Semeſter auf
das Studium der Theologie und reſp. Philologie verwenden.


§. 43. Anweiſung für Ausländer.


Auch für Ausländer, denen geſtattet worden, ſich im dieſſeitigen
Staatsdienſte um eine Anſtellung zu bewerben, für welche ein drei-
oder vierjähriges Univerſitäts-Studium vorgeſchrieben iſt, gelten die
im §. 33. No. 3. gegebenen Beſtimmungen, und haben dieſelben, wenn
ſie in Hinſicht ihrer Schulbildung kein von dem betreffenden Königl.
Miniſterium als vollgültig anerkanntes Zeugniß der Reife aus ihrer
Heimath beibringen können, ſich der Maturitäts-Prüfung bei einem
inländiſchen Gymnaſium nachträglich zu unterwerfen.


§. 44. Einſendung der Prüfungs-Verhandlungen.


Die Directoren der Gymnaſien ſind verpflichtet, ſämmtliche Abi-
turienten-Prüfungs-Verhandlungen halbjährlich und unfehlbar vier
Wochen nach beendigter Prüfung bei dem betreffenden Königl. Pro-
vinzial-Schul-Collegium einzureichen, auch, wenn keine Abiturienten-
Prüfung gehalten iſt, binnen gleicher Friſt hiervon Anzeige zu machen.
Es müſſen aber die Prüfungs-Verhandlungen enthalten:


  • 1) eine Abſchrift des über die ſchriftliche und mündliche Prüfung
    aufgenommenen Protocolls;
  • 2) eine Abſchrift der den Abiturienten ertheilten Zeugniſſe;
  • 3) die von den Abiturienten verfaßten und von den Lehrern beur-
    theilten ſchriftlichen Arbeiten in Original.

[541]

§. 45.


Den Königl. Provinzial-Schul-Collegien liegt ob, dieſe Verhand-
lungen vorläufig durchzuſehn, was in denſelben mangelhaft befunden
wird, zu vervollſtändigen, insbeſondere die ſchriftlichen Arbeiten vor-
läufig zu prüfen, ſodann aber, ſobald ſämmtliche Verhandlungen der
Gymnaſien eingegangen ſind, ſolche der betreffenden Königl. wiſſen-
ſchaftlichen Prüfungs-Commiſſion vorzulegen.


§. 46. Beurtheilung derſelben durch die Königl. wiſſen-
ſchaftlichen Prüfungs-Commiſſionen
.


Die Königl. wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Commiſſionen veranſtalten
ſodann eine Reviſion dieſer Prüfungs-Verhandlungen, und legen ihr
Urtheil in einem Gutachten nieder, welches ſie unter Beifügung der
Verhandlungen an die Königl. Provinzial-Schul-Collegien ſenden.
Die Obliegenheit der letztern iſt, dieſes Gutachten, wenn ſie demſelben
völlig beitreten, unverändert und mit den nöthig befundenen Modali-
täten unter Couvert des Königl. Prüfungs-Commiſſarius an die be-
treffende Prüfungs-Commiſſion zur Kenntnißnahme und Nachachtung
gelangen zu laſſen.


§. 47.


Damit ſich das Urtheil der Königl. wiſſenſchaftlichen Prüfungs-
Commiſſion immer dann ſchon in den Händen der Abiturienten-Prü-
fungs-Commiſſion bei den Gymnaſien befinde, wenn dieſe zu einer
neuen Prüfung ſchreitet, wird feſtgeſetzt, daß die Verhandlungen über
die Abiturienten-Prüfungen reſp. in der Mitte April und October an
die Königl. Provinzial-Schul-Collegien geſandt, von dieſen ſpäteſtens
in der Mitte reſp. des Mai und November den Königl. wiſſenſchaft-
lichen Prüfungs-Commiſſionen übermacht, und von den letztern nach
zwei Monaten, alſo in der Mitte reſp. des Julius und Januar an
die Königl. Provinzial-Schul-Collegien zurückgeſandt werden ſollen.
Die ebengedachten Behörden haben dann darauf zu halten, daß die
Urtheile der Königl. wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Commiſſionen mit
den beizulegenden ſchriftlichen Prüfungs-Arbeiten bis reſp. zum 1. Aug.
und 1. Februar an die betreffende Abiturienten-Prüfungs-Commiſſion
gelangen.


§. 48. Jahresbericht der Königl. Provinzial-Schul-
Collegien über die Abiturienten Prüfungen
.


Am Schluſſe eines jeden Jahres haben die Königl. Provinzial-
[542] Schul-Collegien mittelſt Berichts dem unterzeichneten Miniſterium
eine Abſchrift der Urtheile der Königl. wiſſenſchaftlichen Prüfungs-
Commiſſion über die aus den Gymnaſien ihres Bereichs zur Univer-
ſität entlaſſenen, und auch der bei den Gymnaſien nur Behufs der
Immatriculation geprüften Schüler und eine tabellariſche Ueberſicht
einzureichen, worin in der hier beſtimmten Folge in Anſehung jedes
Geprüften: a) ſein vollſtändiger Vor- und Zunahme, b) ſeine Con-
feſſion, c) ſein Geburtsort, d) der Stand ſeines Vaters, e) die Zeit
ſeines Aufenthalts aus der betreffenden Schule überhaupt, f) die Dauer
ſeines Aufenthalts in Prima, g) die Angabe des Prüfungs-Zeugniſſes,
h) der Univerſität, auf welcher er ſtudirt, und i) des von ihm ge-
wählten Facultäts-Studiums enthalten ſein muß. Endlich wird in
einer beſondern Columne aufgeführt, ob und welche Geprüfte noch
mit keinem Zeugniſſe der Reife haben verſehen werden können, und
ob ſie ſich vorgeſetzt haben, länger auf dem Gymnaſium zu bleiben
oder daſſelbe zu verlaſſen.


§. 49. Bekanntmachung der Beſtimmungen des Reglements
an die Schüler der beiden oberſten Claſſen
.


Aus dem obigen Reglement ſollen die Abſchnitte, welche ſich auf
die Zulaſſung zur Maturitäts-Prüfung, und auf die an die Abitu-
rienten zu machenden Anforderungen bei der ſchriftlichen und münd-
lichen Prüfung beziehen, jährlich zweimal, zu Anfang des Sommer-
und Winter-Semeſters, den verſammelten Schülern der beiden oberſten
Claſſen der Gymnaſien von dem Director vorgeleſen, und von dem-
ſelben mit zweckdienlichen Erinnerungen begleitet werden.


§. 50. Einſetzung dieſes Reglements.


Indem das Miniſterium hierdurch alle bisherigen Beſtimmungen
und Verordnungen, ſo weit ſie dem Inhalte des obigen Reglements
widerſprechen, ausdrücklich für aufgehoben erklärt, weiſet es zugleich
ſämmtliche Univerſitäten, Gymnaſien und gelehrte Schulen der Kö-
nigl. Staaten hierdurch an, ſich nach dieſem Reglement genau zu
richten, und zwar dergeſtalt, daß ſchon bei den, auf Michaelis d. J.
ſtatthabenden Entlaſſungen der Schüler und den Immatriculationen
auf den Univerſitäten, nach dieſem Reglement verfahren werde. Den
Königl. Provinzial-Conſiſtorien und Schul-Collegien und den Königl.
Regierungen wird aufgetragen, die Vollſtreckung dieſes Reglements, ſo
[543] weit ſie dazu mitzuwirken haben, mit Nachdruck zu beſorgen, und mit
Ernſt auf die Ausführung deſſelben zu halten.


31.


Inſtruction des Staatsminiſt. zur Cab.-O. v. 10. Juni
1834., vom 31. Decbr. 1839., mitgetheilt durch das Circ.-
Reſcr
. vom 18. März 1840. (M.-Bl. S. 94.), betr. die
Beaufſichtigung der Privatſchulen
.


AbſchnittI.
Die Privatſchulen und Privat-Erziehungsanſtalten.


§. 1. Privatſchulen und Privat-Erziehungsanſtalten ſollen nur
da, wo ſie einem wirklichen Bedürfniſſe entſprechen, alſo nur an ſol-
chen Orten geſtattet werden, wo für den Unterricht der ſchulpflichtigen
Jugend durch die öffentlichen Schulen nicht ausreichend geſorgt iſt.


§. 2. Diejenigen Perſonen, welche eine Privatſchule oder eine
Privat-Erziehungsanſtalt gründen, oder eine ſolche beſtehende fort-
ſetzen wollen, haben zuvörderſt ihre wiſſenſchaftliche Befähigung zur
Leitung einer ſolchen Anſtalt ganz in derſelben Weiſe, wie die in
öffentlichen Schulen anzuſtellenden Lehrer und Lehrerinnen, durch ein
genügendes Zeugniß der betreffenden Prüfungsbehörde darzuthun.
Behufs der Erlangung eines ſolchen Zeugniſſes müſſen ſie nach der
Claſſe der Privatſchulen oder der Privat-Erziehungsanſtalten, zu
welcher die Anſtalt, welche ſie anlegen oder fortſetzen wollen, zu
rechnen iſt, ſich den für die betreffenden öffentlichen Lehrer und Leh-
rerinnen geſetzlich vorgeſchriebenen Prüfungen unterwerfen, und ſollen
alle Beſtimmungen, welche für die Prüfung der Lehrer an öffentlichen
Schulen erlaſſen ſind, auch auf diejenigen Anwendung leiden, die
eine ähnliche Privatſchule oder Privat-Erziehungsanſtalt zu leiten
beabſichtigen.


§. 3. Selbſt bei vollſtändig nachgewieſener wiſſenſchaftlicher Be-
fähigung ſoll die Gründung oder Fortſetzung von Privatſchulen und
Privat-Erziehungsanſtalten nur ſolchen Perſonen geſtattet werden,
welche bereits längere Zeit in ſolchen Verhältniſſen, die über ihre
ſittliche Befähigung für den Unterricht und die Erziehung der Jugend
ein ſicheres Urtheil geſtatten, gelebt haben, und über ihre Unbeſchol-
tenheit und ihren bisherigen ſittlichen Wandel von der Obrigkeit und
[544] dem Geiſtlichen des Orts, wo ſie ſich während der letzten drei Jahre
aufgehalten haben, vortheilhafte Zeugniſſe beibringen können.


§. 4. Die Geſuche um Erlaubniß zur Anlegung oder Fort-
ſetzung einer Privatſchule oder einer Privat-Erziehungsanſtalt ſind,
unter Einreichung eines Lebenslaufs, der über die Bildung, die wiſ-
ſenſchaftliche und ſittliche Befähigung der Bewerber (§. 2. und 3.)
ſprechenden Zeugniſſe und des Einrichtungsplans der fraglichen Anſtalt,
bei der Orts-Schulbehörde anzubringen, welche die etwa noch erfor-
derlichen Ermittelungen zu veranlaſſen, an die Königl. Regierung
über das Geſuch berichten, und wenn demſelben kein Bedenken ent-
gegenſteht, die Ausfertigung des Erlaubnißſcheins in Antrag zu
ſtellen hat.


§. 5. Findet die Königl. Regierung kein Bedenken, dem Antrage
zu willfahren, ſo fertigt ſie, [unter] Berückſichtigung der in den einge-
reichten Zeugniſſen enthaltenen Umſtände, und mit genauer Beſtim-
mung der Gattung der Schule, welche dem betreffenden Bewerber zu
eröffnen geſtattet ſein ſoll, auf den Grund des eingereichten Plans
den Erlaubnißſchein aus, und bringt den Inhalt deſſelben durch das
Regierungs-Amtsblatt zur öffentlichen Kenntniß. Jede Erlaubniß
zur Anlegung einer Privatſchule oder Privat-Erziehungsanſtalt iſt
widerruflich. Jeder zur Anlegung einer Privatſchule und Privat-Er-
ziehungsanſtalt ertheilte Erlaubnißſchein iſt nur für den gültig, auf
deſſen Namen er lautet.


Wird eine Privatſchule oder Privat-Erziehungsanſtalt ſechs Mo-
nate hindurch nicht gehalten, ſo iſt zu ihrer Wiedereröffnung, falls
nicht dringende Hinderniſſe, z. B. Krankheiten, den Stillſtand der
Anſtalt verurſacht haben, ein neuer Erlaubnißſchein erforderlich.


§. 6. Perſonen, welche wegen Theilnahme an unerlaubten Ver-
bindungen von der Anſtellung im Staatsdienſte ausgeſchloſſen ſind,
darf die Gründung oder Fortſetzung von Privatſchulen oder Privat-
Erziehungsanſtalten gar nicht, Ausländern aber nur nach vorgängiger
Genehmigung des Miniſteriums des Innern und der Polizei geſtattet
werden. Unverheiratheten Männern ſoll die Erlaubniß, eine Privat-
ſchule oder Privat-Erziehungsanſtalt für die weibliche Jugend zu
errichten, oder eine beſtehende Anſtalt dieſer Art fortzuſetzen, der
Regel nach verſagt, und nur in beſondern, eine Ausnahme rechtfer-
tigenden Fällen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Miniſteriums
[545] der Geiſtlichen und Unterrichts-Angelegenheiten ertheilt werden. Pre-
diger und öffentliche Lehrer ſind als ſolche noch nicht zur Anlegung
von Privatſchulen und Privat-Erziehungsanſtalten befugt; ſie bedürfen
vielmehr hierzu einer beſondern Erlaubniß, die ſie auf die im §. 4.
vorgeſchriebene Weiſe nachzuſuchen haben.


§. 7. Alle Privatſchulen und Privat-Erziehungsanſtalten ſind
ganz ſo, wie die öffentlichen Schulen derſelben Gattung, zunächſt der
Aufſicht der Orts-Schulbehörde, und in höherer Inſtanz der Aufſicht
der dem Schulweſen des Kreiſes und des Regierungsbezirks vorgeſetz-
ten Königl. Behörden unterworfen. Dieſe Aufſicht ſoll nicht blos im
Allgemeinen auf die Handhabung der Schulzucht und den Gang des
Unterrichts, ſondern auch im Beſondern auf die Einrichtung des Lehr-
plans, die Wahl der Hülfslehrer, der Lehrbücher und Lehrmittel, die
Lehrmethode, Schulgeſetze, die Zahl der Schüler und ſelbſt auf das
Locale der Privatſchulen und Privat-Erziehungsanſtalten ſich erſtrecken.
Zeigen ſich in ſolchen Anſtalten Verkehrtheiten und Mißbräuche, welche
die Jugend verbilden können, oder ihrer Sittlichkeit und Religioſität
Gefahr drohen, wird die Jugend vernachläſſigt, oder iſt ſie unfähigen
und ſchlechten Lehrern anvertraut, und wird ein ſolcher Uebelſtand
auf die Erinnerung der Orts-Schulbehörde nicht abgeſtellt, ſo iſt
dieſelbe verpflichtet, auf eine Unterſuchung bei der Königl. Regierung
anzutragen, und die letztere iſt befugt, nach Befinden der Umſtände
den Erlaubnißſchein zurückzunehmen und die Privatſchule und Privat-
Erziehungsanſtalt ſchließen zu laſſen.


§. 8. Die Königl. Regierung hat am Schluſſe eines jeden Jah-
res über den Zuſtand der in ihrem Bezirke vorhandenen Privatſchulen
und Privat-Erziehungsanſtalten, die wiſſenſchaftliche und ſittliche Qua-
lification ihrer Vorſteher und Hülfslehrer, und die Zahl der, dieſen
Privatanſtalten anvertrauten Jugend an das Miniſterium der Geiſtli-
chen und Unterrichts-Angelegenheiten zu berichten.


§. 9. Die Vorſteher und Vorſteherinnen von Privatſchulen und
Privat-Erziehungsanſtalten ſind verpflichtet, ſich nicht nur nach dem
Inhalte des ihnen ertheilten Erlaubnißſcheins, ſondern auch der für
das Schulweſen überhaupt und für das Schulweſen ihres Orts ins-
beſondere ergangenen Vorſchriften auf das genaueſte zu achten. Sie
dürfen nur ſolche Hülfslehrer und Hülfslehrerinnen, deren wiſſen-
ſchaftliche und ſittliche Befähigung auf die im §. 2. und 3., und wenn
35
[546] von Ausländern die Rede iſt, auf die im §. 6. vorgeſchriebene Weiſe
anerkannt iſt, wählen, und müſſen, ſo oft ſie Lehrer und Lehrerinnen
entlaſſen, oder neue aufnehmen, der ihnen vorgeſetzten Orts-Schul-
behörde davon Anzeige machen. Zu den von ihnen veranſtalteten
öffentlichen Prüfungen haben ſie die Orts-Schulbehörde vorher einzu-
laden. Wollen ſie ihre Privatſchule oder Privat-Erziehungsanſtalt
aufgeben, ſo ſind ſie verpflichtet, ſolches drei Monate vorher, unter
Zurückgabe ihres Erlaubnißſcheins, der Orts-Schulbehörde ſchriftlich
zu melden.


§. 10. Vorſteher und Vorſteherinnen von Privatſchulen und
Privat-Erziehungsanſtalten, ſowie ihre Hülfslehrer und Hülfsleh-
rerinnen, können, wenn ſie den aus ihrem Erlaubnißſchein hervorge-
henden Obliegenheiten nicht nachkommen, von der Orts-Schulbehörde
durch Verweiſe und von der Königl. Regierung durch Geldſtrafen bis
zur Höhe von zwanzig Thalern, und falls wiederholte Geldſtrafen
unwirkſam bleiben, durch Entziehung des Erlaubnißſcheins beſtraft
werden.


§. 11. Warte-Schulen, welchen Kinder, die das ſchulpflichtige
Alter noch nicht erreicht haben, anvertraut worden, ſind als Erziehungs-
anſtalten zu betrachten, und ſtehen als ſolche unter der Aufſicht der
Orts-Schulbehörde. Die Anlegung ſolcher Warteſchulen iſt nur ver-
heiratheten Perſonen oder ehrbaren Wittwen zu geſtatten, welche von
unbeſcholtenen Sitten und zur erſten Erziehung der Kinder geeignet,
und deren Wohnungen geſund und hinlänglich geräumig ſind. Die
Orts-Schulbehörde ertheilt die Erlaubniß zur Errichtung der War-
teſchulen, und hat dahin zu ſehen, daß in denſelben die Kinder nicht
länger als bis zum geſetzlichen ſchulfähigen Alter verbleiben.


§. 12. Schulen für die Anweiſung in weiblichen Handarbeiten
ſtehen unter der Aufſicht der Orts-Schulbehörde, welche die Erlaub-
niß zur Anlegung derſelben, vorzüglich mit Berückſichtigung der ſitt-
lichen Unbeſcholtenheit der Lehrerinnen, zu ertheilen, auch dahin zu
ſehen hat, daß Kinder, welche noch ſchulpflichtig ſind, durch Theil-
nahme der Unterweiſung in Handarbeiten nicht am vorſchriftsmäßigen
Schulbeſuche gehindert werden.


§. 13. Perſonen, welche bereits Privatſchulen oder Privat-Er-
ziehungsanſtalten eröffnet, aber hierzu die Erlaubniß noch nicht auf
die in gegenwärtiger Inſtruction vorgeſchriebene Art erlangt haben,
[547] müſſen ſich einer von der Orts-Schulbehörde zu bewirkenden ge-
nauen Unterſuchung ihrer Lehranſtalten und nach Befinden der Um-
ſtände einer noch mit ihnen ſelbſt vorzunehmenden Prüfung unterwer-
fen, und haben hiernächſt zu gewärtigen, ob ihnen die Erlaubniß zur
Fortſetzung ihrer Lehranſtalten wird ertheilt werden können oder nicht.
Sie müſſen ſich zu dem Ende ſpäteſtens innerhalb vier Monate nach
Bekanntmachung dieſer Inſtruction bei ihrer Orts-Schulbehörde mel-
den, widrigenfalls nach Ablauf dieſer Friſt ihre Schulen von der
Orts-Polizeibehörde ohne Weiteres aufgelöſt werden. Die Orts-
Schulbehörden haben innerhalb der gedachten Friſt Verzeichniſſe aller
noch nicht genehmigten Privatſchulen und Privat-Erziehungsanſtalten
an die vorgeſetzte Königl. Regierung mit der Anzeige einzureichen,
welche Vorſteher und Vorſteherinnen zu einer Prüfung vorzuladen
ſein möchten, und welchen ſie in Erwägung der zeitherigen Leitung
ihrer Anſtalten erlaſſen werden könne.


AbſchnittII.
Privatlehrer.


§. 14. Perſonen, welche ein Gewerbe daraus machen, in ſolchen
Lehrgegenſtänden, die zum Kreiſe der verſchiedenen öffentlichen Schulen
gehören, Privatunterricht in Familien oder in Privatanſtalten zu er-
theilen, ſollen ihr Vorhaben bei der Orts-Schulbehörde anzeigen,
und ſich bei derſelben über ihre wiſſenſchaftliche Befähigung durch ein
Zeugniß der betreffenden Prüfungsbehörde, und über ihre ſittliche
Tüchtigkeit für Unterricht und Erziehung in derſelben Art ausweiſen,
wie in den §§. 2. und 3. in Hinſicht der Vorſteher und Vorſteherin-
nen von Privatſchulen und Privat-Erziehungsanſtalten vorgeſchrieben
iſt. Wollen ſie in Fächern, die nicht in den verſchiedenen öffentlichen
Schulen gelehrt werden, Privatunterricht ertheilen, ſo haben ſie nur
ihre ſittliche Tüchtigkeit für Unterricht und Erziehung auf die im §. 3.
verordnete Art bei der Orts-Schulbehörde näher darzuthun.


§. 15. Denjenigen Perſonen, gegen deren wiſſenſchaftliche Be-
fähigung für den Unterricht und die Erziehung der Jugend nichts zu
erinnern iſt, ſoll von der Orts-Schulbehörde ein, jedesmal für Ein Jahr
gültiger, jedoch widerruflicher Erlaubnißſchein zur Ertheilung von
Privatunterricht, ſowohl in Familien als in Privatſchulen und Pri-
vat-Erziehungsanſtalten unentgeltlich, ertheilt werden; bei Ausländern
iſt hierzu noch die vorgängige Genehmigung des Miniſteriums des
35*
[548] Innern und der Polizei erforderlich; die Orts-Schulbehörde hat die-
ſelbe in den geeigneten Fällen zunächſt bei der vorgeſetzten Königl.
Regierung in Antrag zu bringen. Perſonen, welche wegen Theilnahme
an verbotenen Verbindungen von der Anſtellung im Staatsdienſte
ausgeſchloſſen ſind, iſt die Erlaubniß zur Ertheilung von Privatun-
terricht zu verſagen.


§. 16. Geiſtliche und öffentliche Lehrer, auch die an öffentlichen
Schulanſtalten beſchäftigten Sprach-, Geſang-, Muſik- und Zeichen-
lehrer ſind für befähigt und befugt zu erachten, Privatunterricht in
Familien und Privatſchulen zu ertheilen; ſie bedürfen hierzu keines
beſonderen Erlaubnißſcheins, und haben ihr Vorhaben blos bei der
Orts-Schulbehörde anzuzeigen. Den Studirenden auf den Landes-
Univerſitäten und den Schülern der oberſten Claſſe der gelehrten
Schulen ſoll geſtattet ſein, ohne einen beſondern Erlaubnißſchein, Pri-
vatunterricht in Familien und in Privatanſtalten zu ertheilen, wenn
ſie ſich über ihre wiſſenſchaftliche und ſittliche Befähigung für Unter-
richt und Erziehung durch ein genügendes Zeugniß reſpective des
Rectors der Univerſität oder des Directors der gelehrten Schule,
welche ſie beſuchen, bei der Orts-Schulbehörde zuvor ausgewieſen
haben.


§. 17. Die Orts-Schulbehörde ſoll über die Wirkſamkeit der Pri-
vatlehrer und Privatlehrerinnen eine geregelte, den örtlichen Verhält-
niſſen anzupaſſende Aufſicht führen, bei Unregelmäßigkeiten, welche
auf ein unſittliches Verhalten derſelben ſchließen laſſen, ſowie, wenn
in religiöſer und politiſcher Beziehung Bedenken entſtehen, ſich mit
der Orts-Polizeibehörde in Mittheilung ſetzen, und wenn der Ver-
dacht ſich beſtätigen ſollte, die Erneuerung des im §. 15. gedachten
Erlaubnißſcheins verſagen, auch nach Befinden der Umſtände die Ent-
fernung unſittlicher oder politiſch verdächtiger Perſonen aus dem Leh-
rerſtande bei der vorgeſetzten Königl. Regierung in Antrag bringen.


§. 18. Perſonen, welche Kinder aus mehreren Familien gemein-
ſchaftlich unterrichten, ſind als Privatlehrer oder Privatlehrerinnen
zu betrachten und zu behandeln, wenn ſie in Gemäßheit eines Ver-
trags, gleichviel ob mit einer Familie, oder mit mehreren, jedoch
nur mit beſtimmten einzelnen Familien, die Kinder derſelben in eben-
falls feſtgeſetzten Lehrgegenſtänden gegen eine feſte Vergütigung unter-
richten.


[549]

AbſchnittIII.
Hauslehrer, Erzieher und Erzieherinnen.


§. 19. Um das Eindringen unfähiger oder unſittlicher Perſonen
in das Erziehungsgeſchäft zu verhindern, ſollen diejenigen, welche in
das Verhältniß eines Hauslehrers oder Erziehers oder einer Erziehe-
rin zu treten geſonnen ſind, ſich zuvor mit einem Erlaubnißſchein der
Königl. Regierung verſehen, in deren Bezirk ſie eine ſolche Stelle
annehmen wollen.


§. 20. Behufs der Erlangung eines ſolchen Erlaubnißſcheins
haben ſie über ihre bisherigen Verhältniſſe, insbeſondere aber über
die Fleckenloſigkeit ihres ſittlichen und politiſchen Wandels, genügende
Zeugniſſe mittelſt des Kreis-Landraths oder der Stadt-Polizeibehörde
an die Königl. Regierung einzureichen.


§. 21. Die Königl. Regierung hat dieſe Zeugniſſe, beſonders
diejenigen, welche ſich auf die bisherige ſittliche Führung beziehen,
näher zu prüfen, und den Perſonen, gegen welche in ſittlicher und
politiſcher Hinſicht nichts zu erinnern iſt, den Erlaubnißſchein dahin
auszufertigen, daß ihrer Annahme als Hauslehrer, Erzieher oder Er-
zieherinnen kein Bedenken entgegenſtehe. Die Namen der Perſonen,
welche einen ſolchen Erlaubnißſchein erhalten haben, ſind durch das
Regierungs-Amtsblatt bekannt zu machen.


§. 22. Die Königl. Regierung iſt eben ſo befugt, als verpflich-
tet, allen denen, welche wegen erwieſener Theilnahme an verbotenen
Verbindungen von der Zulaſſung zu Staatsämtern ausgeſchloſſen ſind,
oder ſich über die Unbeſcholtenheit ihres bisherigen Lebenswandels nicht
genügend ausweiſen können, ſo wie auch allen Ausländern, denen
noch die Genehmigung des Königl. Miniſteriums des Innern und der
Polizei fehlt, ſo lange bis die etwaigen Bedenken vollſtändig beſeitigt
ſind, den zur Annahme einer Hauslehrerſtelle erforderlichen Erlaub-
nißſchein zu verſagen.


§. 23. Hauslehrer und Erzieher, die zugleich Candidaten des
Predigt- oder Schulamts ſind, bleiben, wie bisher, der Aufſicht der
geiſtlichen Oberen, oder der dem Schulweſen des Kreiſes vorge-
ſetzten Behörde untergeordnet; Hauslehrer und Erzieher anderer Art,
desgleichen Erzieherinnen, ſtehen unter der allgemeinen polizeilichen
Aufſicht.


[550]

§. 24. Eltern und Vormünder, deren Kinder oder Mündel die
öffentlichen Schulen nicht beſuchen, ſind in Folge der landrechtlichen
Beſtimmungen verpflichtet, ſich auf Verlangen der Orts-Schul- und
Polizeibehörde darüber auszuweiſen, wie für den Unterricht ihrer Kinder
oder Mündel geſorgt iſt.


32.


Schulordnung für die Elementarſchulen der Provinz
Preußen
v. 11. Decbr. 1845. (G.-S. pro 1846. S. 1.)


Wir ꝛc. haben die in der Provinz Preußen beſtehenden Vorſchriften
über das Elementar-Schulweſen einer Reviſion unterwerfen laſſen, und
verordnen nach Anhörung Unſerer getreuen Stände dieſer Provinz
und auf den Antrag Unſeres Staats-Miniſteriums über das Elementar-
Schulweſen in der genannten Provinz, was folgt:


§. 1. Jedes Kind, welchem ſeine Eltern oder Pfleger nicht den
nöthigen Unterricht im Hauſe verſchaffen, kann ſchon nach vollendetem
5ten, ſoll aber nach vollendetem 6ten Lebensjahre zur Schule ge-
ſchickt werden.


§. 2. Der Schulunterricht dauert bis zum vollendeten vier-
zehnten Lebensjahre. In beſonderen Fällen kann der die Schule be-
aufſichtigende Pfarrer (§. 33.), nach vorgängiger Rückſprache mit dem
Schullehrer, die Entlaſſung des Kindes aus der Schule noch um ein
bis zwei Jahre hinausſetzen.


§. 3. Die Erlaubniß, von der Schule wegen beſonderer Hinder-
niſſe zurückzubleiben, ertheilt bis zu 8 Tagen der Pfarrer, und, wenn
die Schule ſich nicht am Wohnorte des Pfarrers befindet, der Schul-
lehrer.


Ueber Geſuche um Befreiung vom Schulbeſuche auf längere Zeit
entſcheidet der Schulvorſtand.


Ueber die Ausübung dieſer Befugniſſe werden die Regierungen
nähere Anweiſung ertheilen.


§. 4. Die nicht gerechtfertigten Schulverſäumniſſe werden an
den Eltern und Pflegern der ſchulpflichtigen Kinder, nach fruchtloſer
Ermahnung von Seiten des Schulvorſtandes, durch eine für Zwecke
der Schule zu verwendende Geldſtrafe von 4 Pfennigen für jeden ver-
ſäumten Tag geahndet. Erweiſt ſich dieſe Strafe nach wiederholter
[551] Anwendung als unwirkſam, ſo kann dieſelbe bis auf 5 Silbergroſchen
für den Tag verſchärft werden.


Die Schulvorſtände beantragen auf die von dem Schullehrer ge-
führten Verſäumnißliſten, nach Anhörung der Entſchuldigungsgründe
oder nach vergeblicher Vorladung der Eltern oder Pfleger der Kinder,
die Verſäumnißſtrafen bei der Ortspolizei-Behörde, welche dieſelben
feſtſetzt und beitreibt. Die für den Fall des Unvermögens der Zah-
lungspflichtigen zu verhängende Gefängnißſtrafe hat auf dem Lande
der Landrath und in den Städten der Magiſtrat feſtzuſetzen.


§. 5. Hinſichtlich der Schulzeugniſſe, der Zahl der Unterrichts-
ſtunden, der Gründe, aus denen Dispenſation vom Schulbeſuch, oder
eine Beſchränkung und Verlegung der Unterrichtszeit, namentlich für
Kinder ärmerer Eltern, zuläſſig iſt, ſowie hinſichtlich der Ferien und
der Sonntagsſchulen bleiben die erforderlichen Anordnungen, mit Rück-
ſicht auf Zeit- und Ortsverhältniſſe, beſonderen Inſtructionen oder
Reglements vorbehalten.


§. 6. Das Recht, den Schullehrer zu berufen, ſteht dem Guts-
herrn des zur Schule gehörigen Bezirks und, wenn deren mehrere
ſind, dieſen gemeinſchaftlich, in den Städten aber den Magiſtraten zu,
ſofern nicht durch Herkommen oder beſondere Rechtstitel ein Anderer
dazu befugt iſt. Befindet ſich kein Gutsherr im Schulbezirke, ſo hat
der Schulvorſtand den Schullehrer zu berufen.


Sind mehrere Gutsherren vorhanden, ſo gebührt dem Gutsherrn
des Schulorts die Leitung der gemeinſchaftlichen Verhandlungen wegen
Berufung des Schullehrers.


Hinſichtlich der Berufung der Lehrer an den Kirchſchulen behält
es bei den Beſtimmungen des Oſtpreußiſchen Provinzialrechts, nach
welchen das Kirchenpatronat die Befugniß mit ſich führt, an den
Orten, wo Kirchen vorhanden ſind, die Schullehrer der gemeinen
Schulen zu berufen (Zuſatz 218. §. 1.), und bei katholiſchen Kirch-
ſchulen die Schulmeiſter in der Gemeine gemeinſchaftlich beſtellt wer-
den (Zuſatz 218. §. 4.), an den Orten ſein Bewenden, wo dieſe
Beſtimmungen bisher zur Anwendung gekommen ſind.


Wird eine Schullehrerſtelle nicht binnen drei Monaten nach der
Erledigung wieder beſetzt, ſo geht das Beſetzungsrecht für dieſen Fall
auf die Regierung über.


§. 7. Zu Schullehrern dürfen nur ſolche Perſonen, welche ſich
[552] untadelhaft geführt und von der Prüfungscommiſſion ein Zeugniß der
Anſtellungsfähigkeit erhalten haben, berufen werden. Die Anſtellung
der Schulamtscandidaten erfolgt zunächſt proviſoriſch, nach den hier-
über beſtehenden allgemeinen Vorſchriften.


§. 8. Jede Berufung eines Schullehrers muß der Regierung
zur Beſtätigung vorgelegt werden.


§. 9. Die Schullehrer dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmi-
gung der Regierung ein Nebenamt übernehmen oder ein Gewerbe
treiben.


§. 10. Die Beſtrafung der Schulkinder durch den Lehrer darf
die Grenzen einer mäßigen elterlichen Zucht nicht überſchreiten. Wo
der Lehrer mittelſt derſelben die Schuldiſciplin nicht zu erhalten ver-
mag, hat er dem Pfarrer Anzeige zu machen, welcher allein, oder in
ſchwierigeren Fällen in Gemeinſchaft mit dem Schulvorſtande die noth-
wendigen Maaßregeln trifft.


Wegen Ueberſchreitung des Züchtigungsrechts bleibt der Schul-
lehrer nach den geſetzlichen Beſtimmungen verantwortlich.


§. 11. Die Schullehrer dürfen außer der Ferienzeit ohne Urlaub
nicht verreiſen. Dieſer iſt zu Reiſen von nicht länger als drei Tagen
bei dem Pfarrer, zu Reiſen von nicht länger als vierzehn Tagen bei
dem Kreis-Schulinſpector und zu Reiſen von längerer Dauer in einer
dem Kreis-Schulinſpector zu überreichenden Eingabe bei der Regierung
nachzuſuchen, wobei wegen ihrer Vertretung gleichzeitig Anzeige zu
machen iſt. Von dem ertheilten Urlaub hat der Pfarrer die Mitglieder
des Schulvorſtandes in Kenntniß zu ſetzen.


In den Städten wird ein Urlaub von 3 bis 14 Tagen durch die
ſtädtiſche Schuldeputation ertheilt.


Bei Reiſen während der Ferien genügt eine bloße Anzeige an
den Kreis-Schulinſpector.


§. 12. Der erſte Lehrer an einer Schule auf dem Lande, ſowie
derjenige, welcher einer Schule allein vorſteht, ſoll an Gehalt und
andern Amtsnutzungen erhalten:


  • 1) freie Wohnung;
  • 2) den nöthigen Brennbedarf zur Heizung der Schulſtuben und Woh-
    nung, ſowie zu den Wirthſchaftsbedürfniſſen;
  • 3) ein Ackerſtück, möglichſt in der Nähe der Wohnung, von einem
    Morgen culmiſch oder 2 Morgen 47 Quadratruthen Preußiſch.
    [553] Die Beſtellungs- und Düngungsarbeiten auf dieſem Ackerſtücke
    hat die Gemeine zu verrichten;
  • 4) einen Küchengarten hinter dem Hauſe von ½ bis 1 Morgen Preu-
    ßiſch und einen Platz zur Obſtbaumzucht. Die Gemeine erhält,
    ſoweit es nothwendig iſt, den Garten im Gehege;
  • 5) die nöthigen Wirthſchaftslocale;
  • 6) freie Sommerweide für wenigſtens 2 Stück Rindvieh;
  • 7) zwölf Scheffel Roggen, zwei Fuder Heu, jedes zu 16 Zentner,
    und zwei Fuder Stroh, oder 120 Bund zu 20 Pfunden;
  • 8) Funfzig Thaler baar Geld.

§. 13. Kann dem Schullehrer das Ackerſtück oder der Gartenplatz
nicht in Natur gegeben werden, ſo iſt demſelben dafür eine von der
Regierung zu beſtimmende, dem Ertrage des Landes gleichkommende
Rente in Naturalien oder in Geld anzuweiſen. Können die übrigen
Naturalien oder die freie Sommerweide ganz oder theilweiſe nicht in
Natur gewährt werden, ſo iſt dafür eine von der Regierung feſtzu-
ſetzende Entſchädigung in Geld anzuweiſen. Wenn bei den bereits
beſtehenden Schulen die Lehrerdotation in einzelnen Beſtandtheilen
oder in dem Geſammtwerthe die im §. 12. normirten Natural- oder
Geldbeträge überſteigt, ſo ſoll es zuläſſig ſein, den Ueberſchuß der
Naturaldotation auf die Gelddotation, und umgekehrt, nach Aus-
gleichungsſätzen anzurechnen, welche die Regierung zu beſtimmen hat.


§. 14. Der zweite, dritte ꝛc. Lehrer an einer Landſchule ſoll
erhalten:


  • 1) freie Wohnung;
  • 2) das nöthige Brennmaterial zur Heizung derſelben;
  • 3) ſechzig Thaler baar Geld. Die Hälfte dieſes baaren Einkommens
    kann mit Genehmigung der Regierung in Naturalien angewieſen
    werden.

§. 15. Die Schullehrer in den Städten ſollen erhalten:


  • 1) freie Wohnung und freien Brennbedarf, oder ſtatt derſelben eine
    den Ortsbedürfniſſen angemeſſene, mit Genehmigung der Re-
    gierung feſtzuſetzende Geldentſchädigung;
  • 2) der erſte Lehrer mindeſtens 150 Rthlr. und die übrigen Lehrer
    mindeſtens 100 Rthlr. baar Geld. Die Hälfte dieſes baaren
    Einkommens kann in Naturalien angewieſen werden.

§. 16. Sämmtliche Lehrer ſind in Betreff ihres dotationsmäßigen
[554] Einkommens von der Entrichtung der directen Staats- und Communal-
ſteuern, des Hirtenlohns für ihr Vieh und des Schornſteinfegergeldes
für ihre Wohnungen befreit.


Die Grundſteuer ihrer ſteuerpflichtigen Dotationsländereien, das
Hirtenlohn und das Schornſteinfegergeld iſt von den zur Unterhaltung
der Schule Verpflichteten zu entrichten.


§. 17. Die in den §§. 12—16. feſtgeſtellten Sätze ſind als die
geringſten, welche zuläſſig ſind, zu betrachten. Wo das jetzige Ein-
kommen der Lehrer dieſe Sätze bereits überſteigt, darf daſſelbe ohne
Genehmigung des Miniſteriums der geiſtlichen, Unterrichts- und Me-
dizinalangelegenheiten nicht verringert werden; wo aber nach den ört-
lichen Verhältniſſen eine Erhöhung des Lehrergehaltes nothwendig und
ausführbar iſt, ſind die Regierungen ermächtigt, die Gemeinen zu
einer Erhöhung deſſelben zu veranlaſſen.


Unbeſtimmte Geldeinnahmen an Schulgeld, Confirmandengeld ꝛc.
werden auf das baare Gehalt nach einem ſechsjährigen Durchſchnitte
angerechnet.


Eine Herabſetzung des von der Gemeine zu gewährenden Lehrer-
gehalts wegen Zunahme der ſonſtigen Einnahmen, namentlich wegen
vermehrten Ertrages des Schulgeldes oder wegen Zuwendungen dritter
Perſonen, findet nur mit Genehmigung der Regierung und nur dann
Statt, wenn die erſparten Mittel anderweit zum Beſten derſelben
Schule verwendet werden, oder die Gemeine einer Erleichterung be-
ſonders bedürftig iſt.


§. 18. Jeder Schullehrer erhält bei ſeiner Anſtellung von dem
Schulpatron eine von der Regierung beſtätigte, genaue Nachweiſung
ſeiner ſämmtlichen Einnahmen und Berechtigungen.


§. 19. Die Gemeinen ſind verpflichtet, den neu anziehenden
Lehrern bis auf eine Entfernung von 10 Meilen vom Schulort für
die Fortſchaffung ihrer Familien und ihrer Effecten (Allg. Landrecht
Th. II. Tit. 12. §. 40.) nach Wahl der Gemeine, entweder Fuhrwerk
zu geſtellen, oder die Fuhrkoſten, deren Höhe den Betrag von zwanzig
Thalern nicht überſteigen darf, nach einer mäßigen Taxe zu vergüten.


§. 20. Verläßt der Schullehrer ſeine Stelle vor Ablauf von
5 Jahren, ſo iſt er auf Verlangen gehalten, der Gemeine die Anzugs-
koſten zu erſtatten.


[555]

§. 21. Wird ein Lehrer verſetzt, oder legt er ſein Amt freiwillig
nieder, ſo muß er daſſelbe drei Monate vorher kündigen.


§. 22. Der abziehende Lehrer oder die Erben des verſtorbenen
Lehrers haben ſich mit dem neu anziehenden Lehrer nach Vorſchrift
des Allg. Landrechts Th. II. Tit. 11. §§. 822 — 831. und des Oſt-
preußiſchen Provinzialrechts Zuſatz 205. auseinanderzuſetzen.


§. 23. Jeder Schullehrer iſt verpflichtet, der Wittwen- und
Waiſencaſſe nach den darüber für den Schulbezirk beſtehenden Regle-
ments beizutreten.


§. 24.


  • a) Stirbt ein Schullehrer in dem letzten Monate des Kalender-
    quartals, ſo erhalten ſeine Wittwe, Kinder und Enkel außer den
    Einkünften des ganzen Sterbequartals noch einen einmonatlichen
    Betrag des Lehrergehalts.
  • b) Erfolgt das Ableben des Lehrers in dem erſten oder zweiten
    Monate des Kalenderquartals, ſo fallen die Einkünfte dieſes
    ganzen Quartals den Erben des Lehrers zu; es findet aber eine
    weitere Gnadenzeit nicht Statt.

Diejenigen Einkünfte, welche nicht monatlich oder vierteljährlich
zur Erhebung kommen, werden zwiſchen den Erben oder den Gnaden-
berechtigten des verſtorbenen Lehrers und dem neuanziehenden Lehrer
nach Maaßgabe der im §. 22. angeführten Vorſchriften getheilt.


§. 25. Wird der neue Lehrer noch innerhalb der Gnadenzeit
oder des Sterbequartals eingeführt, ſo haben die zur Unterhaltung
der Schule Verpflichteten für die Remuneration des neuen Lehrers
in dieſer Zeit beſonders zu ſorgen.


Die Wohnung im Schulhauſe theilen die Erben oder Gnaden-
berechtigten während dieſer Zeit mit dem neuen Lehrer, oder haben,
wenn ſie dieſelbe auf deſſen Verlangen früher einräumen ſollen, eine
billige Entſchädigung von ihm zu fordern.


§. 26. Ein ohne ſein Verſchulden dienſtunfähig gewordener
Lehrer erhält ein Drittel ſeines bisherigen Einkommens als Penſion,
welche zum Theil in Naturalien entrichtet werden kann. Dieſelbe
darf aber nicht weniger als 50 Thaler betragen, wenn die Emeritirung
erſt nach vollendetem 20ſten Dienſtjahre erfolgt. Die Penſion wird
zunächſt aus den Einkünften der Stelle entnommen, ſoweit dies möglich
iſt, ohne dem neuen Lehrer das in den §§. 12—15. feſtgeſetzte ge-
[556] ringſte Einkommen zu ſchmälern; das Fehlende iſt in derſelben Weiſe,
wie die übrigen zur Unterhaltung der Schule erforderlichen Mittel,
aufzubringen. Doch ſoll die Penſionirung nur in dem Fall eintreten,
wenn dem Schulbedürfniß durch Beſtellung eines Adjuncten nicht
genügt werden kann. Wird ein ſolcher angeſtellt, wozu die Geneh-
migung der Regierung erforderlich iſt, ſo erhält derſelbe auf dem
Lande die im §. 14., in Städten die im §. 15. feſtgeſetzte Beſoldung.
In welchem Verhältniſſe hierzu der alte Lehrer und die Gemeine
beizutragen haben, bleibt der freien Einigung derſelben überlaſſen, in
deren Ermangelung von der Regierung hierüber beſtimmt wird.


§. 27. Wegen der Amtsentſetzung, unfreiwilligen Verſetzung und
unfreiwilligen Penſionirung der Lehrer behält es bei den allgemeinen
geſetzlichen Vorſchriften ſein Bewenden.


§. 28. Die nächſte Aufſicht über die Elementarſchulen auf dem
Lande führen der Schulpatron und der betreffende Pfarrer mit dem
Schulvorſtande.


§. 29. Dem Schulpatron ſteht die Direction des Schulvorſtandes
und die Befugniß zu, deſſen Verſammlungen mit vollem Stimmrecht
und bei Stimmengleichheit mit entſcheidender Stimme beizuwohnen
und darin den Vorſitz zu führen.


§. 30. Sind mehrere Schulpatrone vorhanden, ſo ſind die ihnen
nach §§. 28. und 29. zuſtehenden Rechte durch Einen aus ihrer Mitte
auszuüben, deſſen Beſtimmung ihrer freien Einigung überlaſſen bleibt.
Kommt binnen drei Monaten nach erlaſſener Aufforderung eine Eini-
gung hierüber unter ihnen nicht zu Stande, ſo wechſelt die Ausübung
nach einer von der Regierung, mit Rückſicht auf die Betheiligung der
einzelnen Gutsherren, über die Reihenfolge und die Dauer der Aus-
übung zu erlaſſenden Beſtimmung. Zu den öffentlichen Schulprüfungen
und Schulfeierlichkeiten, welche am Sonntage vorher von dem Pfarrer
verkündigt werden müſſen, ſind jederzeit ſämmtliche Gutsherren des
Schulbezirks durch den Schulvorſtand beſonders einzuladen.


§. 31. Der Schulvorſtand beſteht:


  • 1) aus dem Pfarrer des Kirchſpiels (Local-Inſpector der Schule),
    welcher in Abweſenheit des Schulpatrons den Vorſitz führt;
  • 2) aus den Ortsvorſtehern der Gemeinen des Schulbezirks;
  • 3) aus zwei bis vier Familienvätern der zur Schule gehörigen Ge-
    meinen. Dieſe Familienväter werden von den zur Schule ge-
    [557] hörigen Gemeinen gewählt und vom Landrath beſtätigt. Dem
    die Aufſicht führenden Gutsherrn bleibt jedoch das Recht vor-
    behalten, wenn er den Gewählten zur Uebernahme dieſes Ehren-
    amts nicht für geeignet hält, die Einführung deſſelben auszuſetzen,
    und die Entſcheidung des Landraths einzuholen. Wird die Wahl
    in demſelben Erledigungsfalle von dem Landrathe zum zweiten
    Male verworfen, ſo verliert die Gemeine für dieſen Fall das
    Wahlrecht, und erfolgt die Beſetzung der erledigten Stelle im
    Schulvorſtande unmittelbar durch den Landrath.

Die gewählten Gemeineglieder ſind verpflichtet, die Stelle eines
Schulvorſtehers auf ſechs Jahre anzunehmen.


Gehören mehrere Gemeinen zur Schule, ſo muß aus jeder Ge-
meine mindeſtens ein Familienvater Mitglied des Schulvorſtandes ſein.


§. 32. Der Schulvorſtand hat für die Handhabung der äußeren
Ordnung im Schulweſen und für genaue Befolgung der dahin ein-
ſchlagenden Verordnungen zu ſorgen, auch alles dasjenige, wodurch
das Gedeihen der Schule gehemmt wird, zu beachten und der Behörde
zur weiteren Veranlaſſung vorzutragen. Derſelbe hat namentlich den
Pfarrer in Beförderung der Theilnahme der Gemeine für das Schul-
weſen, in der Beaufſichtigung des ſittlichen Verhaltens der Kinder
außer der Schule und in der Beförderung eines regelmäßigen Schul-
beſuchs zu unterſtützen. Auch liegt ihm ob:


  • 1) bei allen Schulprüfungen, bei Einführung neuer Lehrer und bei
    ſonſtigen Schulfeierlichkeiten zugegen zu ſein;
  • 2) das Vermögen der Schule und die Schulcaſſe, wo eine ſolche noch
    neben der Communalcaſſe beſteht, in derſelben Weiſe, wie die
    Kirchenvorſteher das Kirchenvermögen, unter Aufſicht des Schul-
    patrons zu verwalten;
  • 3) die Schule in Proceſſen und ſonſtigen Rechtsangelegenheiten unter
    Theilnahme des Schulpatrons zu vertreten. Zur Anſtellung von
    Klagen iſt die Autoriſation der Regierung erforderlich.

§. 33. Die Anordnungen über das Innere des Schulweſens (Un-
terweiſung, Lehrmethode, Befolgung des Lehrplans u. ſ. w.) und die
Aufſicht über die Amtsführung der Lehrer gehören zu den Obliegen-
heiten des Pfarrers als Local-Inſpectors der Schule.


§. 34. Die Schulvorſtände und die Pfarrer als Local-Schul-
Inſpectoren ſtehen auf dem Lande unter der Aufſicht von Kreis-Schul-
[558] Inſpectoren, welchen obliegt, die Schulen ihres Bezirks zu beſuchen,
die Schüler und Lehrer dabei zu prüfen, über den Befund der Re-
viſion, ſowie über die Thätigkeit der Pfarrer bei Beaufſichtigung der
Schulen und über die Wirkſamkeit der Schulvorſtände an die Regie-
rung zu berichten, eingetretene Vacanzen der Regierung anzuzeigen,
die vorläufige Vertretung erkrankter und abgegangener Lehrer anzu-
ordnen, und überhaupt die zur Befriedigung der Bedürfniſſe des Schul-
unterrichts nöthigen Einleitungen zu treffen.


§. 35. In der Regel haben die Superintendenten, Erzprieſter
und Decane das Amt eines Kreis-Schulinſpectors zu verwalten. In
beſondern Fällen können jedoch die vorgeſetzten Behörden auch einen
andern Geiſtlichen damit beauftragen. Hinſichtlich der Verpflichtung
der Gemeinen, den Schulinſpectoren bei ihren Geſchäftsreiſen entweder
die Fuhre zu geſtellen, oder die Reiſekoſten zu vergüten, behält es bei
der Beſtimmung des Oſtpreußiſchen Provinzialrechts, Zuſatz 216.
§. 6. und der bisherigen Obſervanz vorläufig ſein Bewenden.


§. 36. Hinſichtlich der Aufſicht über die Elementarſchulen in
den Städten bleibt es bis auf Weiteres bei den Beſtimmungen der
Städteordnung und der Inſtruction vom 26. Juni 1811.


§. 37. Der Regierung gebührt die Oberaufſicht und Leitung
ſämmtlicher Elementarſchulen ihres Bezirks, bei deren Ausübung ſie
ſich der Landräthe und Schulinſpectoren als ihrer Organe zu be-
dienen hat.


Ihr ſteht insbeſondere zu:


  • 1) die Anſtellung der Lehrer an den dem landesherrlichen Beſetzungs-
    rechte unterworfenen Schulen, ſowie die Beſtätigung der von an-
    dern Perſonen berufenen Lehrer;
  • 2) die Oberaufſicht über die Verwaltung des Schulvermögens, na-
    mentlich die Ertheilung der Genehmigung in allen denjenigen
    Fällen, in welchen bei Verwaltung des Kirchenvermögens die Ge-
    nehmigung der geiſtlichen Obern geſetzlich nothwendig iſt;
  • 3) die Befugniß, der Schule von Amtswegen einen Mandatar zu be-
    beſtellen, wenn ſich die geſetzlichen Vertreter weigern, die Rechte
    derſelben im Wege des Proceſſes wahrzunehmen, oder ſelbſt bei
    einem Proceſſe der Schule betheiligt ſind;
  • 4) die Prüfung der Nothwendigkeit und der Art der Ausführung
    eines Schulbaues nach den darüber beſtehenden allgemeinen Ver-
    [559] ordnungen, ſowie die Befugniß, die Beiträge zum Bau mit Vor-
    behalt des den Betheiligten unter ſich freiſtehenden Rechtsweges
    feſtzuſetzen und einzuziehen.

§. 38. Wo die Unterhaltung der Elementarſchulen und der Lehrer
an denſelben auf beſondern Stiftungen beruht, oder wo einzelne Per-
ſonen oder Corporationen durch beſondere Rechtstitel zu gewiſſen
Leiſtungen für die Elementarſchulen verpflichtet ſind, behält es dabei
auch fernerhin ſein Bewenden. Insbeſondere verbleiben die Kirch-
ſchulen, die Kirch- und Dorfſchullehrer im Beſitz der Einüknfte und
Leiſtungen, welche ſie bisher aus dem Kirchenvermögen oder von dem
Kirchenpatron und den Eingepfarrten empfangen haben.


§. 39. Sind keine beſonderen Stiftungen und keine durch be-
ſondere Rechtsgründe zur Unterhaltung der Schulen und der Lehrer
verpflichteten Perſonen vorhanden, oder reichen die Beiträge derſelben
nicht aus, ſo haben die Ortsgemeinen und die ſonſt zur Schule ge-
hörigen Ortſchaften die Mittel zur Unterhaltung der Schule in der-
ſelben Weiſe, wie die übrigen Communalbedürfniſſe, aufzubringen.


Iſt dazu eine beſondere Communalumlage erforderlich, ſo erfolgt
die Vertheilung, ſofern nicht eine andere Art der Aufbringung der
Communal-Bedürfniſſe bereits üblich iſt, nach Verhältniß der von den
Einzelnen zu entrichtenden Grund- und Claſſenſteuerbeträge, und wird
die Grundſteuer da, wo ſie nicht beſteht, nach dem Beſitzſtande ergänzt.


§. 40. Gehören mehrere Gemeinen zu derſelben Schule, ſo wird,
wenn nicht Verträge oder andere beſondere Rechtstitel ein Anderes
beſtimmen, der Antheil der einzelnen Gemeinen nach der Zahl der
Haushaltungen feſtgeſetzt, und in jeder Gemeine für ſich nach §. 39.
aufgebracht. Bei Regulirung der Beiträge derjenigen Perſonen, welche
auf Vorwerken oder ſonſt außerhalb des Gemeinebezirks wohnen,
kommen die Vorſchriften der §§. 55. bis 62. zur Anwendung.


§. 41. Die Ortſchaft, wo die Schule liegt, iſt verpflichtet, den
nöthigen Bauplatz für die zur Schule gehörigen Gebäude und deren
Erweiterungen allein und ohne Mitbetheiligung der andern Ort-
ſchaften zu beſchaffen; dagegen iſt ſie für die dem Lehrer zu gewährende
Sommerweide, oder für das in deren Stelle zu gewährende Futter
zur Sommer-Stallfütterung für das Vieh, ſowie für den Platz zum
Garten und zur Baumſchule von den übrigen zur Unterhaltung der
Schule Verpflichteten nach Maaßgabe des §. 39. zu entſchädigen.


[560]

§. 42. Zu Abgaben und Leiſtungen, welche nach Verhältniß des
Grundbeſitzes in der Gemeine vertheilt werden, müſſen auch die Guts-
herrſchaften und auswärts wohnenden Eigenthümer von den in ihrem
Beſitze befindlichen bäuerlichen Grundſtücken beitragen. Dagegen ver-
bleibt es in Anſehung der bei Gelegenheit der Regulirung der guts-
herrlichen und bäuerlichen Verhältniſſe den Gutsherren als Entſchä-
digung abgetretenen bäuerlichen Grundſtücke bei der Beſtimmung der
Ordre vom 14. Juli 1836. (G.-S. pro 1836. S. 208.), nach
welcher von dieſen Grundſtücken in Ermangelung ausdrücklicher Ver-
träge oder rechtskräftiger Entſcheidungen keine Beiträge zum Bau und
zur Unterhaltung der Schulmeiſtergebäude zu entrichten ſind.


§. 43. Ohne ausdrückliche Genehmigung der Regierung darf
kein Schulgeld neu eingeführt und das beſtehende nicht erhöht werden.
Wo ein Schulgeld herkömmlich iſt, behält es bei demſelben, ſowie
dort, wo eine von den Confirmanden zu entrichtende Gebühr für
den Schullehrer üblich iſt, bei dieſer ſein Bewenden. Für die Kinder
armer Eltern muß derjenige, welchem geſetzlich die Verpflichtung der
Armenpflege obliegt, das Schulgeld entrichten.


33.


Reſcr. vom 24. April 1815., mitgetheilt durch Publ. vom 20.
Mai ej. (v. K. Ann. B. 19. S. 386), betr. den Amtseid
der Schullehrer und Geiſtlichen
.


Nach der unterm 24. April c. ergangenen Beſtimmung des K.
Miniſteriums des Innern ſollen künftig alle proteſtantiſche Geiſtlichen
bei ihrer erſten Einführung in ein Predigtamt, und ſämmtliche Lehrer
an öffentlichen Erziehungs- und Schulanſtalten aller Grade, an pro-
teſtantiſchen ſowohl als katholiſchen, wenn ſie das erſtemal ein öffent-
liches Schulamt antreten, nachdem ihnen die Pflichten deſſelben bekannt
gemacht worden, einen Amtseid leiſten. Die hierzu vorgeſchriebenen
Formulare ſind folgende:
Formular
zum Dienſteide für die Schullehrer
.


Ich N. N. ſchwöre einen Eid zu Gott dem Allwiſſenden und
Heiligen, daß, nachdem ich zum Lehrer an der Schule (dem Gym-
naſio) N. N. berufen und beſtellt bin, ich ſowohl in dieſem als auch
in jedem andern Amte, zu welchem ich inskünftige berufen werden
[561] möchte, Sr. K. Maj. von Preußen (Name des Königs), meinem
allergnädigſten Könige und Herrn, und dem K. Hauſe, treu und ge-
horſam ſein, das Wohl des Vaterlandes in meinem Wirkungskreiſe
nach Kräften fördern, alle meine Amtspflichten nach den beſtehenden
und noch zu erlaſſenden Geſetzen und Anordnungen des Staats und
der von ihm verordneten Obrigkeit gewiſſenhaft erfüllen, die mir an-
vertraute Jugend (nicht nur wiſſenſchaftlich zu bilden, ſondern auch)
zu gottesfürchtigen, guten und verſtändigen Menſchen zu erziehen,
mit Ernſt und Eifer bemüht ſein, auch ſelbſt ein chriſtliches und
erbauliches Leben führen will, wie es einem rechtſchaffenen Lehrer
geziemt; alles, ſo wahr mir Gott helfe, durch Jeſum Chriſtum!


Bei Vereidung katholiſcher Schullehrer:
alles, ſo wahr mir Gott helfe und ſein heiliges Evangelium!


Bei weiterer Beförderung der Prediger und Schullehrer iſt ihnen,
mit Zurückweiſung auf ihren erſten Eid, das feierliche Verſprechen
treuer Erfüllung der Pflichten des neuen Amtes abzunehmen.


Indem wir vorſtehende Beſtimmung bekannt machen, fordern wir
ſämmtliche Herrn Superintendenten und Schulinſpectoren auf, hier-
nach aufs Pünktlichſte zu verfahren. Potsdam, den 20. Mai 1815.


34.


Reglement v. 28. Mai 1812. (Churmärk. Amtsbl. S. 135. 314.)
für Privatlehrer und Erziehungsanſtalten zu Berlin.


Der geiſtlichen und Schuldeputation werden in Folgendem die
Vorſchriften bekannt gemacht, welche das unterzeichnete Departement
in Anſehung des Privatſchulweſens feſtgeſetzt hat. 1) Unter Privat-
ſchulen werden diejenigen Lehranſtalten verſtanden, welche von Perſo-
nen des einen oder des andern Geſchlechts auf eigene Rechnung, und
ohne daß dieſelben dafür eine Remuneration von Seiten des Staats
oder der Commune empfangen, jedoch mit Erlaubniß des erſtern, er-
öffnet und gehalten werden. Diejenigen, welche von beſtimmten Fa-
milien als gemeinſchaftliche Lehrer ihrer Kinder angenommen worden,
ſind als Hauslehrer und Hauslehrerinnen zu betrachten, und daher
die Vorſchriften wegen der Privatſchulen auf ſie nicht anwendbar. —
2) Diejenigen, welche Privatſchulen anlegen wollen, haben ſich zunächſt
bei der ſtädtiſchen Schulcommiſſion des Orts, wo ſie ihre Schule zu
halten gedenken, zu melden. Dieſe kann alsdann die Geſuche, mit
36
[562] ihrem Gutachten begleitet, an die geiſtliche und Schuldeputation ein-
ſenden, welcher es demnächſt frei ſteht, die Candidaten nach Beſchaffen-
heit der Umſtände entweder ſelbſt zu prüfen, oder durch die Schul-
commiſſion prüfen zu laſſen. Auf die letztere Art iſt es in der Regel
mit denen, welche ſich zur Anlegung bloßer Elementarſchulen melden,
zu halten. Die ſtädtiſche Schulcommiſſion kann dieſe Prüfungen durch
ihre ſachkundigen Mitglieder verrichten laſſen, und hat dann nur die
Zeugniſſe und etwanigen Protocolle mit dem Beſtätigungs-Geſuch an
die geiſtliche und Schuldeputation einzureichen. — 3) Die Prüfung
iſt immer nach dem Grade der Schule, die der Nachſuchende anlegen
will, einzurichten. Daher muß in den Geſuchen immer beſtimmt an-
gegeben werden, ob dieſelben auf Errichtung bloßer Elementar- oder
höherer Schulen gerichtet ſind. — 4) Geſuche um Anlegung von ge-
lehrten Privatſchulen ſind ganz unſtatthaft. Unverheirathete Männer
haben auf Ertheilung von Conceſſionen zu Anlegung mittlerer oder
höherer Töchterſchulen keine Rechnung zu machen, wogegen Wittwen
und ledigen Frauensperſonen von einem gewiſſen Alter, wenn ſonſt
nicht nachtheilige Umſtände eintreten, die Conceſſion nicht wohl wird
verſagt werden können. — 5) Findet die geiſtliche und Schuldeputa-
tion kein Bedenken, dem Geſuche zu willfahren, ſo fertigt ſie, unter
Berückſichtigung der in den Zeugniſſen enthaltenen Umſtände, und
inſonderheit mit Bemerkung der Gattung der Schule, welche dem
Bewerber oder der Bewerberin zu eröffnen geſtattet ſein ſoll, die Con-
ceſſion aus, und läßt ſolche demnächſt an die ſtädtiſche Schuldeputation
gelangen. — 6) Nur dann erſt, wenn die betreffenden Perſonen die
Conceſſionen durch die ſtädtiſche Schuldeputation erhalten haben, iſt
es ihnen erlaubt, ihre Lehranſtalten wirklich zu eröffnen, und, daß dies
geſchehen ſei, durch die öffentlichen Blätter bekannt zu machen. —
7) Wer im Beſitz eines von den wiſſenſchaftlichen Deputationen des
Departements des öffentlichen Unterrichts, in Breslau, Berlin
oder Königsberg ausgefertigten Zeugniſſes ſeiner Tüchtigkeit iſt, und
eine Privatſchule anlegen will, hat ſich unter Einreichung deſſelben an
die geiſtliche und Schuldeputation zu wenden, von welcher das Erforder-
liche alsdann an die ſtädtiſche Schulcommiſſion des Orts zu erlaſſen
iſt. Dieſe hat überhaupt auf jedes Geſuch um Erlaubniß zur Anle-
gung einer Privatſchule dann Rückſicht zu nehmen, wenn demſelben
ein, ſei es von einer wiſſenſchaftlichen Deputation oder von der geiſt-
[563] lichen und Schuldeputation ausgeſtelltes Zeugniß der Tüchtigkeit des
Inhabers daſſelbe anfänglich nicht Behufs der Anlegung einer Privat-
ſchule nachgeſucht und erhalten haben. — 8) Prediger und öffentliche
Lehrer ſind als ſolche noch nicht zur Anlegung von Privatſchulen be-
fugt, ſie haben vielmehr ihre desfallſigen Geſuche ebenfalls bei der
ſtädtiſchen Commiſſion anzubringen, welche dann bei Einreichung des
Geſuchs an die geiſtliche und Schuldeputation der Regierung gutacht-
lich berichtet. Die Entſcheidung und Conceſſions-Ertheilung ſteht wie
gewöhnlich der geiſtlichen und Schuldeputation zu. — 9) Sobald eine
Privatſchule förmlich conceſſionirt worden, liegt der Schulcommiſſion
ob, dieſelbe der ſpeciellen Aufſicht eines geiſtlichen oder andern Sach-
kundigen zu übergeben, auch von ihrer Eröffnung der Ortspolizeibe-
hörde Nachricht zu ertheilen. — 10) Dieſe Aufſicht aber braucht ſich
nicht weiter zu erſtrecken, als nöthig iſt, um die Handhabung der Diſ-
ciplin und den Gang des Unterrichts überhaupt zu beobachten, wo-
gegen die ſpecielle Einrichtung des Lehrplans, die Wahl der Lehr-
bücher ꝛc. den Vorſtehern oder Vorſteherinnen, ſo lange dieſelben näm-
lich das in ſie geſetzte Vertrauen rechtfertigen, oder in dieſer Rückſicht
nicht allgemeinere, auch ſie verpflichtende Geſetze erlaſſen werden, über-
laſſen bleibt, wobei aber die Special-Aufſeher durch ihren Rath mit-
wirken können. — 11) Es ſollen ferner die Vorſteher und Vorſtehe-
rinnen der Privatlehranſtalten in größern Städten nicht auf einen
beſtimmten Theil der Stadt beſchränkt, noch in Betreff der Anzahl
ihrer Schüler und Schülerinnen behindert werden; ſie können und
dürfen vielmehr ſo viel annehmen, als ohne Nachtheil geſchehen kann,
auch ſich mit ihren Schulen in der Stadt aufhalten, wo ſie wollen,
jedoch haben ſie jede Veränderung ihrer Wohnung der Schulcommiſſion
unaufgefordert und ſchriftlich anzuzeigen. — 12) Die unbefugte Er-
hebung ihrer Schulen zu einer andern Gattung, als zu welcher die-
ſelben conceſſionirt ſind, bleibt ihnen ſtreng verboten; aber es ſteht
ihnen frei, ſich, wenn ſie ihre Elementarſchule zu einer Mittelſchule,
ſo wie dieſe zu einer höhern Bürgerſchule erweitern wollen, wegen
ihrer dann nothwendigen Prüfung an die geiſtliche und Schuldeputa-
tion zu wenden. — 13) Eine, dem Vorſteher oder der Vorſteherin
einer Privatſchule gegebene Conceſſion hat nur ſo lange Kraft, als
deren Inhaber oder Inhaberin lebt, und im Stande iſt, die damit
verbundenen Obliegenheiten ſelbſt zu erfüllen. Mit dem Tode oder
36*
[564] der eintretenden Unfähigkeit der Unternehmer hört in der Regel die
Schule auf. — 14) Eine ſolche Conceſſion iſt, wie ſich von ſelbſt ver-
ſteht, nur für den gültig, auf deſſen Namen ſie lautet; der Verkauf
derſelben darf bei Strafe des völligen Verluſtes für den Käufer und
Verkäufer in keinem Falle Statt finden. — 15) Vorſteher und Vor-
ſteherinnen, welche ihre Privatlehranſtalten aufgeben wollen, haben
ſolches unter Zurückgabe ihrer Conceſſion ſchriftlich zu melden. Wird
eine Privatſchule drei Monate hindurch nicht gehalten, ſo bedarf es
zu ihrer Wiedereröffnung zwar nicht einer neuen Prüfung des Unter-
nehmers, jedoch einer neuen Genehmigung der Schulcommiſſion. —
16) In Anſehung des von den conceſſionirten Privat-Schulhaltern
und Schulhalterinnen zu erhebenden Schulgeldes ſoll weder von der
geiſtlichen und Schuldeputation, noch von den ſtädtiſchen Schuldeputa-
tionen etwas feſtgeſetzt werden, ſondern das Maaß deſſelben zu be-
ſtimmen und abzuändern, es ganz oder zur Hälfte zu erlaſſen, gedachten
Perſonen völlig frei ſtehen. Sie ſind aber verpflichtet, der Ortsſchul-
deputation jedesmal auf Verlangen die beſtimmteſte Auskunft hierüber
zu geben. — 17) Die Wahl der Hülfslehrer und Hülfslehrerinnen
bleibt zwar lediglich Sache der Schulvorſteher und Schulvorſteherinnen,
ſie müſſen erſtere indeſſen ſoviel als thunlich aus den öffentlichen oder
den bewährten Privatſtunden-Lehrern wählen, inſonderheit auch deren
Sittlichkeit zuvor genau zu erforſchen ſuchen. — 18) Ob ſie von den
Fortſchritten ihrer Scholaren durch öffentliche, oder bloß in Gegenwart
der Eltern zu veranſtaltende Schulprüfungen Rechenſchaft ablegen
wollen oder nicht, hängt lediglich von ihnen ab; auch können die in
einigen Privat-Töchterſchulen üblichen jährlichen Ausſtellungen der Be-
weiſe von der Kunſtfertigkeit der Schülerinnen, inſonderheit, wenn
deren Arbeiten zugleich auch den Stempel des Nützlichen tragen, un-
behindert Statt finden. Der Special-Aufſeher muß aber von ihnen
zu der Prüfung eingeladen werden, auch von der Zeit der erwähnten
Ausſtellung Kenntniß erhalten. — 19) Die in einigen Privat-Töchter-
ſchulen bei Gelegenheit der öffentlichen Prüfungen üblichen Declamir-
übungen der Schülerinnen müſſen dagegen gänzlich unterbleiben. Eben
ſo wenig geziemt es ſich, daß dieſelben bei erwähnten Gelegenheiten
ihre im Tanzen erlangte Fertigkeit zeigen, wie denn überhaupt Kinder-
bälle weder bei Gelegenheit der Schulfeierlichkeiten noch ſonſt von
Privatſchulen veranſtaltet werden ſollen. — 20) Perſonen, welche
[565] bereits Privatſchulen eröffnet haben, aber noch nicht conceſſionirt ſind,
müſſen ſich einer von der ſtädtiſchen Schulcommiſſion zu bewirkenden
genauen Unterſuchung ihrer Lehranſtalten unterziehen, und haben hier-
nächſt und nach dem Ausfall der — wenn die Umſtände es räthlich
machen — annoch mit ihnen vorzunehmenden Prüfung zu gewärtigen,
ob ihnen die Erlaubniß zur Fortſetzung ihrer Lehranſtalten wird er-
theilt werden können oder nicht. — 21) Sie müſſen ſich zu dem Ende
ſpäteſtens innerhalb dreier Monate nach Eingang dieſer Verfügung
zur Prüfung bei der ſtädtiſchen Schulcommiſſion melden, widrigenfalls
nach Ablauf dieſer Friſt ihre Schulen von der Ortspolizei-Behörde
ohne Weiteres aufgelöſet werden. — 22) Die ſtädtiſche Schulcommiſ-
ſion hat innerhalb der gedachten Friſt ein Verzeichniß aller unconceſſio-
nirten Lehranſtalten an die geiſtliche und Schuldeputation mit der
Anzeige einzureichen, welche Vorſteher und [Vorſteherinnen] zu einer
Prüfung bei der geiſtlichen und Schuldeputation vorzuladen ſein möchten,
welchen dagegen in Erwägung der zeitherigen Leitung ihrer Anſtalten
die Prüfung erlaſſen werden könne. — 23) Diejenigen, welche nach
Publication dieſer Vorſchriften unbefugter Weiſe neue Privatſchulen
errichten, haben nicht allein die Auflöſung ihrer Winkelſchulen zu ge-
wärtigen, ſondern können auch innerhalb der nächſten drei Jahre, ſelbſt
wenn ſie den anderweitigen Forderungen zu genügen Hoffnung geben,
keine Privatſchule eröffnen. — 24) Perſonen, welche junge Leute, um
ſie zu erziehen, gegen Zahlung in Penſion nehmen, müſſen hierzu, auch
wenn ſie dieſelben durch Privatlehrer oder in andern Schulen unter-
richten laſſen wollen, die Erlaubniß bei der ſtädtiſchen Schulcommiſſion
nachſuchen. — 25) Dieſe unterſucht theils der ſittlichen Werth ſolcher
Perſonen, theils auch, ob deren Wohnung ſich zur Aufnahme von
Penſionären eignet, und ertheilt ihnen, wenn in beiderlei Rückſicht
und ſonſt kein Bedenken obwaltet, die erbetene Erlaubniß, deren Be-
ſtätigung von der geiſtlichen und Schuldeputation es übrigens nicht
bedarf. — 26) Sollen Penſionsanſtalten mit Privatlehranſtalten ver-
bunden werden, ſo müſſen die Inhaber und Inhaberinnen der letztern
ſich gleichfalls einer Unterſuchung ihrer Wohnungen unterziehen, und
muß demnächſt in ihrer Conceſſion auch ausdrücklich der ihnen in
Betreff der Annahme von Penſionären ertheilten Befugniß Erwähnung
geſchehen. — 27) Auch die Penſionsanſtalten ſtehen unter der Aufſicht
der ſtädtiſchen Schulcommiſſion, und werden zu dem Ende unter die
[566] Inſpection einiger Specialaufſeher geſetzt, welche dieſelben von Zeit
zu Zeit unterſuchen, und ſowohl auf die körperliche Behandlung, als
auf die Erziehung der Zöglinge überhaupt ihr Augenmerk richten
müſſen. — 28) Näh-, Strick- und Stickſchulen und andere ähnliche
Anſtalten gehören nicht zu denjenigen Privatinſtituten, von welchen
hier die Rede iſt. Da dieſelben indeſſen zeither den Schulunterricht
auf mannichfaltige Weiſe beeinträchtigt, auch öfters in das Gebiet der
eigentlichen Schulen überzugehen ſich erlaubt haben: ſo wird hierdurch
feſtgeſetzt, nicht nur, daß die Erlaubniß zur Anlegung ſolcher Anſtalten
bei der polizeilichen Behörde des Orts gehörig nachgeſucht werde,
ſondern auch, daß die Inhaber und Inhaberinnen derſelben, da ſie
ſelbſt ſich mit dem Unterrichte der Kinder nicht befaſſen dürfen, kein Kind
annehmen, welches nicht bereits den gewöhnlichen Schulunterricht ge-
noſſen hat, oder wenigſtens denſelben noch neben der gedachten An-
weiſung zu Handarbeiten genießt. Es muß ſich von nun an kein Kind
in ſolchen Näh- und Strickſchulen ꝛc. aufhalten, von welchem nicht die
Befugniß hierzu durch ein von dem betreffenden Prediger ausgeſtelltes
und von den Inhabern ſolcher Anſtalten, Behufs ihrer Legitimation,
zu aſſervirendes Zeugniß über den bereits genoſſenen oder noch fort-
dauernden Schulunterricht aufgewieſen werden kann. Zum Beſuch
dieſer Anſtalten außer der Zeit des gewöhnlichen vormittägigen und
nachmittägigen Schulunterrichts bedarf es keiner Erlaubniß. — 29)
Perſonen, welche in einzelnen Stunden und in einzelnen Fächern
Unterricht geben, dürfen hierzu nicht beſonders conceſſionirt werden.
— 30) Es ſoll geſtattet ſein, daß weibliche Perſonen, inſonderheit
die Wittwen der Elementarſchullehrer, kleinere Kinder, welche noch
nicht das ſchulfähige Alter erreicht haben, den Tag hindurch zur Be-
aufſichtigung annehmen.


35.


Verordn. v. 28. Mai 1846. (G.-S. S. 214.), betr. die Pen-
ſionirung der Lehrer an höheren Unterrichtsanſtalten,
mit Ausſchluß der Univerſitäten
.


§. 1. Alle Lehrer und Beamte an Gymnaſien und andern zur
Univerſität entlaſſenden Lehranſtalten, desgleichen an Progymnaſien,
Schullehrerſeminarien, Taubſtummen- und Blindenanſtalten, Kunſt-
und höheren Bürgerſchulen haben einen Anſpruch auf lebenslängliche
[567] Penſion, wenn ſie nach einer beſtimmten Dienſtzeit ohne ihre Schuld
dienſtunfähig werden und beim Eintritt ihrer Dienſtunfähigkeit definitiv
und nicht bloß interimiſtiſch oder auf Kündigung angeſtellt ſind.


§. 2. Solche Lehrer und Beamte aber, deren Zeit und Kräfte
durch die ihnen, wenn auch auf Lebenszeit übertragenen Geſchäfte an
den §. 1. gedachten Anſtalten nur nebenbei in Anſpruch genommen
werden, haben keinen Anſpruch auf Penſion.


§. 3. Lehrer und Beamte, welche bei vorgerücktem Alter zwar
nicht abſolut dienſtunfähig, aber doch nicht mehr im Stande ſind, den
Obliegenheiten des Dienſtes zu genügen, ſind, falls die vorgeſetzte Be-
hörde es für angemeſſen erachtet, verpflichtet, einen ihnen zuzuwei-
ſenden Gehülfen zu remuneriren. Es muß ihnen jedoch mindeſtens
eine der Penſion gleichkommende Dienſteinnahme freigelaſſen und der
zur Remunerirung des Gehülfen etwa außerdem erforderliche Betrag
von demjenigen gezahlt werden, welcher die Penſion aufzubringen
haben würde.


§. 4. Die Penſion wird zunächſt aus dem etwa vorhandenen
eigenthümlichen Vermögen derjenigen Anſtalt, an welcher der Lehrer
oder Beamte zur Zeit ſeiner Penſionirung angeſtellt iſt, gewährt,
ſo weit von den laufenden Einkünften dieſes Vermögens, nach Be-
ſtreitung des zur Erreichung der Lehrzwecke erforderlichen Aufwandes,
ein Ueberſchuß verbleibt. Können auf dieſe Weiſe die Mittel zur Pen-
ſionirung nicht beſchafft werden, und ſind auch keine andern hierzu
verwendbaren Fonds vorhanden, ſo iſt die Penſion von demjenigen
aufzubringen, welcher zur Unterhaltung der Anſtalt verpflichtet iſt.


§. 5. Liegt dieſe Verpflichtung mehreren ob, ſo haben ſie zu den
Penſionen in demſelben Verhältniß, wie zu den Unterhaltungskoſten
der Anſtalt, beizutragen.


§. 6. Aus der bloßen Gewährung eines auf einen beſtimmten
Zweck ausgeſetzten Zuſchuſſes zu den Unterhaltungskoſten einer Anſtalt
folgt keine Verpflichtung, die Penſionen mit zu übernehmen.


§. 7. Wer bei den einzelnen Anſtalten, welche gar kein oder kein
ausreichendes eigenthümliches Vermögen beſitzen, zur Zahlung oder
Ergänzung der Penſionen verpflichtet iſt, wird, wenn Zweifel deshalb
obwalten, nach Maaßgabe der Verhältniſſe der einzelnen Anſtalten,
von Unſeren Ober-Präſidenten feſtgeſetzt.


§. 8. Gegen dieſe Feſtſetzung iſt der Recurs an Unſern Miniſter
[568] der geiſtlichen und Unterrichts-Angelegenheiten und die hierbei ſonſt
noch betheiligten Departementschefs zuläſſig. Der Rechtsweg findet
nur dann Statt, wenn auf Grund eines ſpeciellen Rechtstitels die
Befreiung von Beiträgen zu Penſionen behauptet wird. In einem
ſolchen Falle gilt jedoch die im Verwaltungswege getroffene Beſtim-
mung bis zur rechtskräftigen Entſcheidung als ein Inſterimiſticum.


§. 9. Bei ſolchen Unterrichtsanſtalten, zu deren Unterhaltung
weder Communen noch der Staat verpflichtet, die vielmehr nur aus
ihrem eigenen Vermögen oder von andern Corporationen, oder von
Privatperſonen zu unterhalten ſind, wird das Penſionsweſen für die
Lehrer und Beamten, unter Zuziehung der Betheiligten, durch Unſere
Ober-Präſidenten nach Maaßgabe der obwaltenden Verhältniſſe für
jede einzelne Anſtalt beſonders geordnet; die ſtreitig bleibenden Punkte
werden von Unſerm Miniſter der geiſtlichen und Unterrichtsangelegen-
heiten unter Mitwirkung der etwa ſonſt noch betheiligten Departe-
mentschefs und nach vorgängiger Einholung Unſerer Genehmigung
entſchieden. Den Betheiligten ſollen jedoch keine größeren Leiſtungen
zugemuthet werden, als bei den übrigen, nicht vom Staate zu unter-
haltenden Anſtalten derſelben Art.


Iſt ein Zuſchuß oder eine Erhöhung der Dotation bei dieſen
Anſtalten zur Aufbringung der Penſionen erforderlich, ſo bedarf es
hierzu jedenfalls der Zuſtimmung der betheiligten Corporationen oder
Privatperſonen.


§. 10. Die Lehrer und Beamten bei denjenigen Anſtalten, welche
hauptſächlich oder ſubſidiariſch aus Staats- oder Communalmitteln zu
unterhalten ſind, erhalten als Penſion:


  • nach zurückgelegtem 15ten bis zum zurückgelegten 20ſten Dienſtjahre 4/16
  • „ „ 20ſten „ „ „ 25ſten „ 6/16
  • „ „ 25ſten „ „ „ 30ſten „ 7/16
  • „ „ 30ſten „ „ „ 35ſten „ 8/16
  • „ „ 35ſten „ „ „ 40ſten „ 9/16
  • „ „ 40ſten „ „ „ 45ſten „ 10/16
  • „ „ 45ſten „ „ „ 50ſten „ 11/16
  • „ „ 50ſten Dienſtjahre ......... 17/16

ihres Dienſteinkommens an Beſoldung und rechtmäßigen Dienſtemolu-
menten, inſoweit letztere nicht als Erſatz eines beſonderen Dienſtauf-
wandes zu betrachten ſind. Das Minimum einer Penſion wird jedoch
[569] auf 60 bis 96 Rthlr. feſtgeſetzt, auch wenn das Dienſteinkommen
240 Rthlr. nicht erreicht; innerhalb dieſer Grenze bleibt den vorge-
ſetzten Dienſtbehörden die Beſtimmung nach den Umſtänden überlaſſen.


§. 11. Bei einer Dienſtzeit von weniger als 15 Jahren findet
ein Anſpruch auf Penſion nur dann Statt, wenn eine ſolche für dieſen
Fall dem Lehrer oder Beamten bei ſeiner Anſtellung oder auch ſpäter-
hin ausdrücklich zugeſichert worden iſt.


§. 12. Die Dienſtzeit wird von dem Datum der erſten eidlichen
Verpflichtung des zu Penſionirenden, und wenn eine ſolche nicht Statt
gefunden hat, von dem Zeitpunkt des erſten Eintritts in den Dienſt
an gerechnet, auch wenn die erſte Anſtellung nur interimiſtiſch oder
auf Kündigung erfolgt ſein ſollte. Das ſogenannte Probejahr wird
jedoch bei den Schulamtscandidaten der Dienſtzeit nicht zugezählt.


§. 13. Denjenigen Lehrern und Beamten, welche aus Staats-
fonds zu penſioniren ſind, werden auch die im Auslande geleiſteten
Dienſte angerechnet, welche ſie ſonſt im Staatsdienſt oder an andern
öffentlichen Unterrichtsanſtalten geleiſtet haben.


§. 14. Sind die Penſionen vom Staate und von Communen
gemeinſchaftlich oder bloß von Communen oder größeren Communal-
verbänden zu zahlen, ſo werden nur diejenigen Dienſte angerechnet,
welche der zu Penſionirende im Militair und den zur Penſionszahlung
verpflichteten Communen im Schul- oder in einem andern Amte ge-
leiſtet hat, falls hierüber nicht andere Verabredungen getroffen ſind.


§. 15. Die Lehrer und Beamten an den aus Staatsfonds zu
unterhaltenden Anſtalten haben zum allgemeinen Civil-Penſionsfonds,
aus welchem ſie ihre Penſionen beziehen werden, nach denſelben Grund-
ſätzen, wie die übrigen penſionsberechtigten Civil-Staatsdiener, bei-
zutragen.


§. 16. Zur Deckung der Penſionen für Lehrer und Beamte an
den andern Anſtalten, namentlich auch an denjenigen, welche vom
Staate und von Communen gemeinſchaftlich oder von einzelnen Com-
munen oder größeren Communalverbänden zu unterhalten ſind, werden
für jede Anſtalt beſondere Fonds aus den Einkünften des Vermögens
der Anſtalt und aus jährlichen Beiträgen ſowohl der zur Zahlung
der Penſion Verpflichteten, als auch der definitiv angeſtellten Lehrer
und Beamten gebildet. Den letzteren dürfen jedoch keine höheren
[570] Beiträge als den penſionsberechtigten Civil-Staatsdienern auferlegt
werden.


§. 17. Der Beitrag der zur Bildung dieſer Penſionsfonds (§. 16.)
erforderlichen Zuſchüſſe wird von Unſern Ober-Präſidenten, unter Vor-
behalt des Recurſes an Unſern Miniſter der geiſtlichen und Unter-
richtsangelegenheiten und die ſonſt betheiligten Departementschefs, mit
Ausſchluß des Rechtswegs, feſtgeſetzt.


§. 18. Iſt hiernach der Zuſchuß auf das Vermögen der Anſtalt
zu übernehmen und reichen die Einkünfte der letzteren nicht hin, um
den Zuſchuß, ohne Beſchränkung des zur Erreichung der Lehrzwecke
erforderlichen Aufwandes, zu zahlen, ſo haben die ſubſidiariſch zur
Unterhaltung der Anſtalt Verpflichteten auch den laufenden Beitrag
zum Penſionsfonds zu ergänzen. Dieſelben ſind auch in allen Fällen
verpflichtet, etwanige Ausfälle bei dem Penſionsfonds zu decken.


36.


Reſcr. v. 19. Octbr. 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 932.), betr.
die Prüfung und Anſtellungsfähigkeit der Schulamts-
candidaten
.


Nachdem die ſämmtlichen Königl. Provinzial-Schul-Collegien und
Regierungen ſich faſt einſtimmig für die Abänderung der in Betreff
der abermaligen Prüfung der Elementar-Schulamts-Candidaten im
§. 6. der Verfügung vom 1. Juni 1826. ertheilten Vorſchrift erklärt
haben, verordnet das Miniſterium hinſichtlich der definitiven Anſtellung und
abermaligen Prüfungen für wahlfähig erklärter Schulamts-Candidaten
hiermit Folgendes: 1) Alle in den Seminarien und außer den Semi-
narien ausgebildete Schulamts-Candidaten, welche in der Prüfung das
Wahlfähigkeits-Zeugniß Nr. I. erhalten, können ſofort definitiv ange-
ſtellt werden, und ſind nur dann einer zweiten Prüfung zu unter-
werfen, wenn ſie innerhalb dreier Jahre nach dem Termin, in welchem
ſie für wahlfähig anerkannt worden ſind, keine Anſtellung als wirk-
liche Lehrer an einer öffentlichen oder Privat-Schul-Anſtalt erhalten
haben. — 2) Die mit dem Zeugniß Nr. II. verſehenen Schulamts-
Candidaten dürfen zuerſt immer nur proviſoriſch, und nachdem ſie
zwei Jahre lang an einer öffentlichen oder Privat-Schul-Anſtalt als
wirkliche Lehrer fungirt haben, nur dann definitiv angeſtellt werden,
wenn ſich die betreffende Königl. Regierung durch die Atteſte der
[571] Schulvorſtände, inſonderheit aber durch die auf eigene perſönliche
Kenntniß und Erfahrung Bezug nehmenden Zeugniſſe der Schul-In-
ſpectoren, Seminar-Directoren und Schulräthe die beſtimmte Ueber-
zeugung verſchafft hat, daß der Candidat in Hinſicht der ſittlichen
Aufführung, des auf ſeine weitere Ausbildung verwendeten Fleißes
und der treuen Erfüllung aller ihm als Lehrer obliegenden Pflichten
ſich zur definitiven Anſtellung qualificire. Wo die Königl. Regierung
dieſe Ueberzeugung nicht gewonnen hat, iſt ſie befugt und verpflichtet,
den proviſoriſch angeſtellten Lehrer zu einer abermaligen Prüfung ein-
zuberufen. Es bleibt auch denjenigen Candidaten und Lehrern, die
ſich ein beſſeres Zeugniß und dadurch Anſpruch auf Berückſichtigung
bei Beſetzung beſſerer Stellen zu erwerben wünſchen, unbenommen,
ſich der zweiten Prüfung zu unterwerfen. — Die Candidaten, welche
in der erſten Prüfung das Wahlfähigkeits-Zeugniß Nr. III. erhalten,
dürfen erſt dann, wenn ſie zwei Jahre lang proviſoriſch als Lehrer
fungirt und eine zweite Prüfung genügend beſtanden haben, definitiv
angeſtellt werden.


37.


Inſtruction v. 27. Septbr. 1834., zur Ausführung der ſich
auf den Schulunterricht der Miltairkinder beziehen-
den Beſtimmungen der Militair-Ordn
. v. 12. Febr. 1832.


Extractweiſe.


§. 1. Berechtigung zum freien Schulunterrichte.


Die Koſten dieſes Schulunterrichts werden, den beſtehenden Vor-
ſchriften zufolge, entweder vom Militairfonds oder von den Eltern
getragen.


Zum Benefice des freien Schulunterrichts, auf Koſten des Mili-
tairfonds, für ihre ſchulfähigen Kinder beiderlei Geſchlechts ſind be-
rechtigt:


1) unbedingt ꝛc.


§. 5. Anfang und Ende der Berechtigung zum freien
Schul-Unterrichte
.


Die allgemeinen geſetzlichen Beſtimmungen in Hinſicht des An-
fanges und der Dauer des Schulpflichtigen Alters kommen [auch] für
die Militairkinder zur Anwendung. Inſofern daher das militairdienſt-
liche Verhältniß des Vaters und mit demſelben deſſen Berechtigung
zum freien Schul-Unterrichte für ſeine ehelichen Kinder aufhört
[572] dauert es auch bei den Militairkindern vom zurückgelegten 5ten
oder angefangenen 6ten bis zum vollendeten 14ten Lebensjahre. Auf
länger als neun Jahre darf dieſes Benefice auf keinen Fall gewährt
werden, mithin über das vollendete 14te Jahr hinaus nur inſofern,
als bei einem Kinde der Eintritt in den Schulunterricht oder die Zu-
laſſung zu demſelben durch beſondere Umſtände verzögert worden iſt.


§. 10. Benutzung der Civilſchulen zum Unterricht der
Militairkinder
.


Die Verhandlungen und Vereinbarungen mit der örtlichen Schul-
behörde über die Aufnahme der Militairkinder in die Civilſchulen und
über die dieſen Schulen dafür beziehungsweiſe vom Militairfonds oder
von den Eltern zu zahlenden Schulgelder liegen nach dem §. 87. der
Milit.-Kirchenordn. in jeder Garniſon dem Befehlshaber derſelben (in
denjenigen Garniſonen, wo ein eigener Commandant ſich befindet,
dieſem) gemeinſchaftlich mit dem Militairprediger oder dem mit der
Seelſorge für das Militair beauftragten evangeliſchen oder katholiſchen
Civilgeiſtlichen, zu deſſen Gemeine die Kinder gehören, ob.


§. 11. Garniſon-Schul-Commiſſionen.


Damit indeſſen der Garniſon-Befehlshaber (Commandant) nicht
mit den Details dieſer Angelegenheit ſich zu beſchäftigen genöthigt ſei,
iſt es ihm geſtattet, einen dazu geeigneten Officier der Beſatzung damit
zu beauftragen, welcher mit dem gedachten Geiſtlichen eine permanente
Garniſon-Schulcommiſſion bildet.


In jeder größeren Garniſon wird eine ſolche Commiſſion aus
einem von dem Garniſon-Befehlshaber (Commandanten) dazu zu be-
ſtimmenden Stabsofficier, welchem, den Umſtänden nach, ein Capitain
oder Subaltern-Officier als zweites Militairmitglied der Commiſſion
zugeordnet werden kann, und in der Garniſon befindlichen Militair-
predigern gebildet.


In denjenigen Garniſonorten, wo der Commandant nicht zugleich
Befehlshaber der Beſatzung iſt, hat derſelbe ſich, wegen der oder der
zur Garniſon-Schulcommiſſion zu beſtimmenden Officiere, an den ge-
dachten Befehlshaber zu wenden.


§. 12. In denjenigen Garniſonorten, wo zwar ein Militair-
prediger oder ein als ſolcher fungirender evangeliſcher Civilgeiſtlicher
ſich befindet, aber zugleich in Gemäßheit des §. 5. der Milit.-Kirchen-
ordn. einem katholiſchen Civilgeiſtlichen die Seelſorge für das katho-
[573] liſche Militair übertragen worden iſt, nimmt dieſer, für die Militair-
kinder ſeiner Confeſſion, gleichfalls an der Garniſon-Schulcommiſſion
Theil.


Wo dagegen weder ein Militairprediger ſich befindet, noch in
Folge der örtlichen Verhältniſſe die Seelſorge für das Militair einem
evangeliſchen oder katholiſchen Civilgeiſtlichen hat übertragen werden
können, wird die Garniſon-Schulcommiſſion aus zwei dazu geeigneten
Officieren gebildet.


§. 13. Halbjährlich, nämlich vor dem 1. März und 1. Sep-
tember jeden Jahres, iſt von ſämmtlichen zur Beſatzung gehörenden
Truppentheilen und Militairbehörden ein namentliches Verzeichniß
aller ſich bei ihnen befindenden ſchulfähigen Kinder der Unterofficiere,
Soldaten und niedern Militairbeamten, ohne Unterſchied, ob die
Kinder bisher ſchon eine Schule beſucht haben oder nicht, an den
Garniſon-Befehlshaber einzureichen, welcher dieſe Liſten ſofort der
Garniſon-Schulcommiſſion zufertigt.


In demſelben ſind, wie in dem Schema angedeutet worden, die
Kinder unter zwei verſchiedenen Abtheilungen:


  • 1) diejenigen, welche nach den in §§. 1. bis 4. enthaltenen Beſtim-
    mungen zum freien Schulunterrichte berechtigt ſind,
  • 2) der nicht dazu Berechtigten,

in jeder dieſer beiden Abtheilungen aber, ohne Rückſicht auf die Charge
und das dienſtliche Verhältniß der Väter, ſo aufzuführen, wie ſie nach
ihrem Alter auf einander folgen. Dieſe Liſten müſſen die Taufſcheine
derjenigen zum freien Schulunterrichte berechtigten Kinder, welche erſt
in das ſchulfähige Alter getreten ſind, und daher zum erſten Male
einer Schule überwieſen werden ſollen, beigefügt werden; unter der
Liſte aber iſt von dem betreffenden Befehlshaber in Gemäßheit des §. 2.
zu beſcheinigen:
daß die Eltern der in der gedachten erſten Abtheilung aufge-
führten Kinder, außer dem Solde des Vaters, kein Vermögen
beſitzen, und auch kein Gewerbe oder eine Nahrung treiben,
wodurch ſie in den Stand geſetzt werden, aus eigenen Mitteln
das Schulgeld für ihre Kinder zu bezahlen.


§. 14. Auf Grund dieſer Liſten tritt die Garniſon-Schulcom-
commiſſion mit der Orts-Schulbehörde in Communication, um ſich
mit ihr darüber zu einigen:


[574]
  • a) welche Orts-Elementarſchulen zur Aufnahme der Militairkinder
    zu beſtimmen ſind,
  • b) welche Vergütigung dieſen Schulen dafür zu gewähren iſt.

§. 15. Auswahl der Schulen.


Bei der Auswahl der Schulen iſt zunächſt das Confeſſions-Ver-
hältniß zu berückſichtigen, indem der Regel nach keine Kinder evan-
geliſcher Eltern einer katholiſchen Schule und eben ſo wenig Kinder
katholiſcher Eltern einer evangeliſchen Schule überwieſen werden
dürfen. Iſt wegen Mangels einer Elementarſchule der betreffenden
Confeſſion oder ſonſtiger örtlichen Verhältniſſe halber eine Ausnahme
von dieſer Regel unvermeidlich, ſo dürfen die Kinder einer andern
Confeſſion doch, falls es die Eltern nicht ausdrücklich wünſchen ſollten,
nicht gezwungen werden, an dem Religions-Unterrichte Theil zu neh-
men, ſondern es muß für ſie in dieſer Hinſicht auf andere Weiſe ge-
ſorgt werden.


§. 16. Wenn es gleich wünſchenswerth iſt, daß für den Unterricht
der Militairkinder an einem Orte nicht zu viele Schulen beſtimmt
werden, weil dies nicht allein die nach §. 26. folg. erforderliche Auf-
ſicht und Controle, ſondern auch die Berechnung mit den Schulen
erſchweren würde, ſo iſt doch andererſeits bei Auswahl der Schulen
und bei Beſtimmung der einer jeden derſelben zu überweiſenden An-
zahl von Militairkindern weſentlich darauf zu rückſichtigen, daß durch
deren Aufnahme nirgends eine mit den Lehrkräften der Schule oder
ihrer Räumlichkeit im Verhältniß ſtehende Ueberfüllung eintrete, oder
die Nothwendigkeit einer mit Koſten verbundenen baulichen Erweiterung
des Schullocals herbeigeführt werde.


Wo beſondere Elementarſchulen für Knaben und für Mädchen
beſtehen, ſind in der Regel auch die Militairkinder den für jedes Ge-
ſchlecht beſtimmten Schulen zu überweiſen.


Bloß conceſſionirte oder Privatſchulen dürfen für den Unterricht
nur dann benutzt werden, wenn die örtlichen Verhältniſſe, z. B. Ueber-
füllung der öffentlichen Schulen, es nothwendig machen, aber auch
dann nur, nachdem die Garniſon-Schulcommiſſion ſich von der Zweck-
mäßigkeit der Einrichtung und des Unterrichts in der zu benutzenden
conceſſionirten oder Privatſchule überzeugt hat.


[575]

§. 17. Beſtimmung des Schulgeldes.


Bei der Vereinbarung über das dieſen Schulen für die Aufnahme
der Militairkinder für Rechnung des Militairfonds zu zahlende Schul-
geld ſind folgende Vorſchriften zu beobachten:


  • a) Bis zu dem Betrage von zwei Thalern jährlich für jedes Kind
    iſt die Beſtimmung des Schulgeldes unter Genehmigung des Gar-
    niſon-Befehlshabers der Einigung der Schulcommiſſion mit der
    Orts-Schulbehörde überlaſſen; iſt das ortsübliche Schulgeld für
    Civilkinder im Allgemeinen oder in einzelnen der zu benutzenden
    Schulen geringer als 2 Thaler, ſo darf in der Regel, d. h. wenn
    nicht ganz beſondere Umſtände und Rückſichten eine Ausnahme
    von derſelben nothwendig machen ſollten, auch für die dieſen
    Schulen zu überweiſenden Militairkinder nur dieſer geringere
    Satz liquidirt und gezahlt werden.
  • b) Es iſt ferner der Schulcommiſſion geſtattet, wenn in einzelnen
    der zu benutzenden Schulen des Orts ein höheres Schulgeld zu
    zahlen iſt, oder wenn für die die oberen Claſſen beſuchenden
    Militairkinder ein höheres Schulgeld verlangt wird, über jenen
    Satz von zwei Thalern hinauszugehen, wenn dieſer Mehrbetrag
    durch einen Minderbetrag des in den andern Schulen des Orts
    oder in den untern Claſſen zu zahlenden Schulgeldes ſich com-
    penſirt, ſo daß daſſelbe für ſämmtliche Militairkinder des Orts
    durchſchnittlich den Betrag von 2 Thlrn. nicht überſteigt.
  • c) Eine Erhöhung dieſes Betrages, wo örtliche Verhältniſſe dieſelbe
    unumgänglich nothwendig machen, bedarf für jede einzelne Gar-
    niſon der beſonderen Genehmigung des Kriegsminiſterii, welche
    eventuell von Seiten des Garniſon-Befehlshabers, unter Aus-
    führung jener Verhältniſſe, durch das Königl. General-Commando,
    nachdem daſſelbe zuvor darüber mit der betreffenden Königl. Re-
    gierung communicirt hat, beim allgemeinen Kriegsdepartement
    in Antrag zu bringen iſt.

§. 18. Außer dem nach vorſtehendem §. zu vereinbarenden Schul-
gelde darf, wie bereits im §. 87. der Milit.-Kirchenordn. im Allge-
meinen bemerkt worden, weder von den Eltern der Kinder, noch vom
Militairfonds irgend ein Beitrag zur Unterhaltung der Schule oder
ihrer Lehrer und Lehrmittel, und eben ſo wenig irgend eine ſonſtige
[576] Zahlung, wie z. B. Inſcriptions-Gebühren, Tinten-, Licht-, Holz-,
Reinigungsgeld ꝛc. gefordert und gewährt werden.


§. 19. Kann die Garniſon-Schul-Commiſſion ſich mit der ſtädt.
von Schulbehörde über die vorſtehende Angelegenheit nicht einigen, ſo iſt
Seiten des Garniſon-Befehlshabers auf dem vorſchriftsmäßigen Dienſt-
wege an das Königl. Generalcommando darüber zu berichten, damit
dieſes mit der betreffenden Königl. Regierung dieſerhalb in Commu-
nication trete und erforderlichen Falls die Entſcheidung der Miniſterien
herbeiführe.


§. 21. Ueberweiſung der Militairkinder an die Civil-
ſchulen
.


Die Vertheilung und Ueberweiſung der Militairkinder an die
dazu beſtimmten Schulen geſchieht reſp. zum 1. April und 1. Octbr.
von Seiten der Garniſon-Schulcommiſſion.


Zum Behuf dieſer Ueberweiſung wird von der Garniſon-Schul-
commiſſion, reſp. bis zum 15. März und 15. Septbr., jeder Schule
eine namentliche Liſte der ihr zu überweiſenden Militairkinder zu-
gefertigt.


§. 22. Die Schulcommiſſion benachrichtigt ſodann die Truppen-
theile ꝛc., welcher Schule die zu ihnen gehörenden Kinder überwieſen
worden ſind. In denjenigen Garniſonorten, wo mehrere Civilſchulen
benutzt werden, wird dies in der Art geſchehen können, daß die Com-
miſſion für jedes Kind einen Zettel mit dem Namen deſſelben und
der zu beſuchenden Schule ausfertigen läßt, und dieſe Zettel an die
betr. Truppentheile oder Behörden überſendet, um den Eltern der
Kinder eingehändigt und von letzteren bei ihrem Eintritte in die Schule
dem Vorſteher oder Lehrer derſelben überliefert zu werden.


§. 23. Controle des Schulbeſuchs und des den Militair-
kindern zu ertheilenden Unterrichts
.


Um ſowohl den Schulbeſuch der Militairkinder und die Führung
derſelben zu controliren, als auch von der Zweckmäßigkeit des ihnen
ertheilten Unterrichts ſich zu überzeugen, haben die Militairprediger
und die mit der Seelſorge für das Militair beauftragten Civilgeiſt-
lichen nicht allein nach dem §. 91. der Milit.-Kirchenordn. den Unter-
richt in den von den Militairkindern ihrer Gemeine benutzten Civil-
ſchulen von Zeit zu Zeit zu beſuchen, ſondern auch den öffentlichen
Prüfungen in denſelben beizuwohnen.


[577]

Außerdem aber muß zu dem gedachten Behufe der Schulcommiſſion
am Schluſſe jedes Semeſters von dem Schulvorſtande oder Lehrer
der Schule eine Cenſurliſte in der Art zugeſtellt werden, daß er die
ſich auf den Fleiß, die Fortſchritte und das Betragen der Kinder be-
ziehenden Rubriken der Ueberweiſungsliſte ausfüllt, und dieſelbe der
Garniſon-Schulcommiſſion zurückgiebt.


§. 24. Etwanige Beſchwerdepunkte, welche von den Lehrern im
Laufe des Semeſters oder durch die Cenſurliſte der Commiſſion ange-
zeigt werden, hat dieſelbe ſofort dem Befehlshaber des betr. Truppen-
theils mitzutheilen, die nach §. 88. der Milit.-Kirchenordn. für die
möglichſt ſchleunige Abſtellung derſelben ſorgen muß.


§. 25. Im Laufe des Semeſters darf kein Kind aus der Schule,
der es überwieſen iſt, genommen werden, und ebenſowenig mitten im
Semeſter eine neue Aufnahme erfolgen, es ſei denn, daß ein Garniſon-
wechſel oder ſonſt dringende Umſtände ſolches erfordern, wovon ſodann
die Garniſon-Schulcommiſſion zur weiteren Veranlaſſung in Kenntniß
zu ſetzen iſt.


§. 26. Machen örtliche Verhältniſſe für einzelne Garniſonen,
in Bezug auf das Garniſon-Schulweſen, noch beſondere, im Vor-
ſtehenden nicht enthaltene Beſtimmungen und Anordnungen erforderlich,
ſo iſt dazu die Genehmigung des General-Commando’s und beziehungs-
weiſe des Provinzial-Schulcollegiums oder der Regierung einzuholen.


§. 28. Liquidation und Zahlung des Schulgeldes.


Den Lehrern oder den Schulclaſſen dürfen für eingetretene Schul-
verſäumniſſe der Kinder keine Abzüge gemacht werden. In wie weit
weit ein ſolcher Abzug für die im Laufe des Semeſters durch Tod
oder Verſetzung der Eltern abgegangenen Kinder eintreten kann, hängt
von den Grundſätzen ab, welche in dieſer Beziehung für die die Schule
beſuchenden Civilkinder beſtehen.


§. 29. Der Betrag dieſer Liquidation wird auf Anweiſung der
Commiſſion von der Caſſe des die Beſatzung bildenden Truppentheils
oder, wenn mehrere zu derſelben gehören, des von dem Garniſon-Be-
fehlshaber dazu zu beſtimmenden Truppentheils an den Lehrer oder
Vorſtand der Schule gegen deſſen unter die Liquidation zu ſchreibende
Quittung gezahlt.


Für die ſchulfähigen Kinder der an Orten, wo keine Garniſon
ſich befindet, ſtehenden Landwehr-Bezirksfeldwebel iſt das Schulgeld
37
[578] nach dem ortsüblichen Satze von dem Stamme des Landwehr-Ba-
taillons unter Einſendung der Quittung des Lehrers oder Schulvor-
ſtandes bei der Intendantur beſonders zu liquidiren.


Mit Ausnahme dieſes und des im §. 32. bemerkten Falles darf
das Schulgeld nie an die Eltern gezahlt und ihnen die Befriedigung
des Lehrers überlaſſen werden.


§. 32. Iſt ein Kind, wenn gleich noch im ſchulpflichtigen Alter,
aber in Folge beſonderer Fähigkeiten über den Elementar-Unterricht
hinaus, und wollen die Eltern es auf ihre Koſten in eine höhere
Unterrichts-Anſtalt bringen, ſo kann in dieſem Falle ein Schulgeld
von 2½ Thaler bis zur Dauer des ſchulpflichtigen Alters ausnahms-
weiſe an die Eltern gezahlt werden. Die Schul-Commiſſion hat ſich
jedoch durch eine von denſelben beizubringende Quittung der Unterrichts-
Anſtalt Ueberzeugung zu verſchaffen, daß das Kind auch wirklich die-
ſelbe beſucht.


§. 34. Außer dem Schulgelde kann von Seiten der Militair-
Verwaltung für den Unterricht der Militairkinder in der Regel weder
zur Anſchaffung von Büchern oder Schreibmaterialien, noch zu ſonſtigen
Unterrichts-Mitteln irgend etwas gewährt werden.


38.


Circ.-Reſcr. v. 31. Octbr. 1841. (M.-Bl. 1842. S. 15.), betr.
die Uebernahme von Staats- und Nebenämtern Sei-
tens der Lehrer
.


Es ſind Allerhöchſten Orts durch Befehle vom 14. Januar 1833.
und vom 25. Auguſt 1841. nähere Beſtimmungen darüber erlaſſen
worden, unter welchen Bedingungen die Uebertragung eines Staats-
amtes oder eines andern Nebenamtes auf einen Geiſtlichen zu ge-
ſtatten, und in welcher Weiſe das Intereſſe der Kirchen-Patrone und
der Pfarrgemeinen dabei zu berückſichtigen iſt.


Gleichzeitig iſt Allerhöchſten Orts anbefohlen, daß eben dieſe Be-
ſtimmungen auch auf Lehrer an öffentlichen Schulen, die einem Pri-
vat-Patronat unterworfen ſind, Anwendung finden ſollen.


Die Königl. Regierung (Das Königl. Provinzial-Schulcollegium)
erhält anliegend Abſchrift eines an die Königl. Conſiſtorien erlaſſenen
Circulars (S. 10. Nr. 19.), in welchem die in ſolchen Fällen zu be-
rückſichtigenden Punkte näher entwickelt ſind, mit dem Auftrage, nach
[579] den daſelbſt vorgeſchriebenen Grundſätzen und den Vorſchriften der
Allerhöchſten Cabinetsordre vom 13. Juli 1839. (Geſetzſammlung
S. 235.) auch in Anſehung der Ihrer (Seiner) Aufſicht unterworfenen
öffentlichen Lehrer zu verfahren. Die Befugniſſe, welche in Anſehung
der Geiſtlichen den Königl. Conſiſtorien übertragen ſind, werden in
Anſehung der öffentlichen Lehrer, nach Verſchiedenheit der Fälle, von
den Königl. Provinzial-Schulcollegien und Regierungen ausgeübt.


39.


Reſcr. v. 8. Novbr. 1833. (v. K. Ann. B. 18. S. 1019.), betr.
die Schulgeldfreiheit der Lehrer- und Predigerſöhne
.


Um den Schwierigkeiten zu begegnen, die ſich der Aufrechthaltung
der für die Erlaſſung des Schulgeldes bei den Gymnaſien ertheilten
Vorſchriften, rückſichtlich der Söhne der Lehrer und Prediger, entgegen
ſtellen, will das Miniſterium, in Erwägung, daß das Schulgeld ur-
ſprünglich als ein Honorar für die Lehrer zu betrachten iſt, und ob-
gleich es jetzt in die Schulcaſſe fließt, doch zur Beſoldung derſelben
verwendet wird, es aber ungeeignet ſein würde, wenn die Lehrer ſich
nicht gegenſeitig das Honorar für ihre Söhne erlaſſen wollten, ferner
in Betracht, daß die Schulanſtalten urſprünglich mit den kirchlichen
in der genaueſten Verbindung geſtanden und letzteren zum Theil ihre
Dotation zu verdanken haben, mithin die bei der Kirche und Schule
fungirenden Beamten, Pfarrer und Lehrer in einem näheren collegia-
liſchen Verhältniſſe ſtehen, hiermit beſtimmen, daß den Söhnen der
bei den Gymnaſien fungirenden Lehrer und Beamten und der Orts-
prediger und Lehrer, inſofern dieſe obſervanzmäßig bisher von der
Einrichtung des Schulgeldes befreit geweſen, ſowie den durch be-
ſondere Stipulation dazu berechtigten Schülern, ohne Rückſicht auf die
vorſchriftsmäßige Zahl von Freiſchülern, das Schulgeld ſo lange er-
laſſen werde, als die Schule wegen ihres Unfleißes oder unſittlichen
Betragens ſie gänzlich auszuſchließen ſich nicht veranlaßt ſieht, dagegen
die andern zur Freiſchule zugelaſſenen Schüler nur ſo lange im Genuß
des ihnen bewilligten Beneficiums bleiben können, als ſie durch die
erſte und zweite Cenſur ſich derſelben würdig zeigen.


Das Königl. Provinzial-Schul-Collegium hat hiernach an das
Presbyterium zu Duisburg auf ſeine anher eingereichte Eingabe vom
37*
[580] 15. Juli c., ſowie an die betreffenden Gymnaſial-Directoren das Er-
forderliche zu verfügen.


40.


Verordn. v. 30. Novbr. 1840. (G.-S. pro 1841. S. 11.), betr.
die Anwendbarkeit der princip. regulativa
.


Zur Beſeitigung der über die fortdauernde Gültigkeit der, unter
dem Namen: Principia regulativa oder General-Schulplan, nach
welchem das Land-Schulweſen im Königreiche Preußen eingerichtet
werden ſoll, unterm 30. Juli 1736. landesherrlich beſtätigten und
durch das Notificationspatent vom 28. September 1772. auch in Weſt-
preußen eingeführten Verordnung und der ſpäter ergangenen, dieſelbe
beziehungsweiſe abändernden und ergänzenden Vorſchriften, namentlich
des Reſcripts vom 29. October 1741. und des Reglements v. 2. Ja-
nuar 1743. entſtandenen Zweifel ſetzen Wir, auf den Antrag Unſeres
Staatsminiſteriums, hierdurch Folgendes feſt:


§. 1. Bei denjenigen Schulen Königl. Patronats, welche ſeit
dem Jahre 1736. unter den in den Regulativprincipien vorgeſchriebenen
Bedingungen eingerichtet worden ſind, haben erſtere, nach Maaßgabe
der in den Schuleinrichtungs-Protocollen und anderweiten Urkunden
getroffenen Feſtſetzungen verbindende Kraft, und behalten ſolche ſo
lange, bis etwa durch die im Zuſatze 215. des Oſtpr. Prov.-Rechts
vom Jahre 1802. verheißene Schulordnung eine andere allgemeine
Einrichtung für das Land-Schulweſen getroffen ſein wird.


§. 2. Hat ſich durch Vertrag oder verjährtes Herkommen eine
vom Inhalte der gedachten Principien und der dieſelben abändernden
und ergänzenden ſpäteren Beſtimmungen abweichende Norm gebildet,
ſo hat es dabei ſein Bewenden.


§. 3. Bei der Einrichtung neuer und der Erweiterung ſchon
beſtehender Schulen Königl. Patronats ſollen, inſofern nicht der Bei-
tritt benachbarter Domainen- und Orts-Eingeſeſſenen, ſondern die
wachſende Einwohnerzahl der Schulgemeine ſelbſt dazu die Veran-
laſſung giebt, lediglich die Regulativ-Principien Anwendung finden.


§. 4. Bei allen bei Schulen Königl. Patronats vorkommenden
Neubauten und Reparaturen, einſchließlich der im §. 3. gedachten neuen
Anlagen oder Erweiterungen wird das erforderliche Bauholz in dem im
§. 2. der Regulativ-Principien angegebenen Umfange im Allgemeinen
[581] auch ferner aus Unſern Forſten frei verabreicht. Wenn jedoch ein
Schulgebäude durch Brand oder andern Zufall untergeht, giebt der
Fiscus nur dann das freie Bauholz zu deſſen Wiederaufbau ganz oder
theilweiſe her, wenn die Schulgemeine nicht ſelbſt eine Waldung be-
ſitzt, aus welcher ſolches, bei forſtwiſſenſchaftlicher Benutzung, ganz
oder theilweiſe entnommen werden kann.


§. 5. Wenn Domainen-Einſaſſen mit Einſaſſen ſolcher Dörfer,
welche Privaten oder Communen gehören, zu einer Schul-Societät
verbunden ſind, gilt die Regel, daß die Societäts- und Patronats-
laſten, ſofern nicht durch die Schul-Einrichtungs-Protocolle und ander-
weite Urkunden oder durch verjährtes Herkommen (§§. 1. und 2.)
etwas Anderes feſtgeſtellt iſt, von den verbundenen Eingeſeſſenen und
Dominien gemeinſchaftlich getragen werden müſſen.


§. 6. Bei der Errichtung neuer, aus den Einſaſſen und Do-
mainen verſchiedener Ortſchaften beſtehenden Schulgemeinen und der
Erweiterung ſchon vorhandener Schulgemeinen durch den Beitritt der
Einſaſſen und Dominien anderer Ortſchaften muß das Beitrags-Ver-
hältniß der einzelnen Mitglieder zu den Patronats- und Societäts-
laſten vorher durch ein Regulativ beſtimmt werden.


§. 7. Die verbundenen Dominien tragen zu den gemeinſchaft-
lichen Patronatslaſten nach der Zahl der Haushaltungen ihrer Hinter-
ſaſſen bei, wogegen ſie die Patronatsrechte gemeinſchaftlich ausüben.
Die Vertheilung der Societätslaſten iſt nach dem Herkommen zu
bewirken.


41.


Reſcr. v. 20. April 1846. (M.-Bl. S. 56.), betr. die Beför-
derung der Fortbildungsſchulen für die aus Elemen-
tarſchulen entlaſſene Jugend
.


Wo die gewerblichen und andern Lebensverhältniſſe der Bewohner,
namentlich in den Städten, für künftige Handwerker und Gewerb-
treibende eine weitere Ausbildung, als ſie die Elementarſchule ge-
währen kann, beſonders in techniſchen Fertigkeiten wünſchenswerth
machen, kann nach den vorliegenden Reſultaten auch das Intereſſe
der betheiligten Eltern und Meiſter für die Einrichtung von Fort-
bildungsſchulen für Lehrlinge und Geſellen als vorhanden angenommen
werden, und wird es nur darauf ankommen, fähige und wohlgeſinnte
Männer zur Leitung und Haltung ſolcher Schulſtunden zu bewegen,
[582] wie es auch nicht ſchwer fallen wird, durch die Betheiligten ſelbſt und
durch hülfreiche Mitwirkung der ſtädtiſchen Behörden diejenigen Mittel
zu beſchaffen, welche zur Fortführung dieſer Anſtalten erforderlich ſind.


Größere Schwierigkeiten ſind dagegen den Königl. Regierungen
bei Errichtung von Fortbildungsanſtalten auf dem Lande und über-
haupt für denjenigen Theil der Bevölkerung entgegengetreten, deſſen
künftige Lebens- und Berufsverhältniſſe eine materiell weiter gehende
Bildung nicht als unbedingt erforderlich erſcheinen laſſen. Die Er-
fahrung hat jedoch bewieſen, daß es auch unter dieſen Verhältniſſen
nur des geeigneten Anlaſſes, ſowie einer den wahren Bildungsbedürf-
niſſen der erwachſenern Jugend entſprechenden Geſtaltung der dies-
fälligen Einrichtungen bedarf, um ein nachhaltiges Intereſſe auch der
untern Volksclaſſen für Weiterbildung zu erzeugen und einen wohl-
thätigen, über die Schule hinausgehenden Einfluß auf die Jugend
derſelben möglich zu machen. Nur da, wo die ſogenannten Sonntags-
oder Abendſchulen ihre Aufgabe einzig darin ſetzen, in ſchulgemäßer
Weiſe Nachhülfeunterricht in den Elementarkenntniſſen zu ertheilen,
wird es ſchwer fallen, die erforderliche Theilnahme der Jugend und
des Volkes überhaupt hervorzurufen. An und für ſich dürfte ſchon
vorausgeſetzt werden können, daß bei der jetzt durchgehend beſſern Vor-
bildung der Schullehrer und bei dem regelmäßigen Schulbeſuche, ſofern
der Lehrplan der Elementarſchulen ſich auf das Nothwendige be-
ſchränkt, und dieſes in einer zweck- und naturgemäßen Form gelehrt
wird, die mit dem 14ten Lebensjahre aus der Schule entlaſſenen
Kinder dasjenige Maaß von Kenntniſſen und Fertigkeiten angeeignet
haben, welches für ihren künftigen Lebensberuf erforderlich iſt. Wo
dieſes noch nicht der Fall ſein ſollte, wird zwar auf die Einrichtung
eigentlicher Nachhülfeſchulen Bedacht zu nehmen ſein; die Königl.
Regierungen werden aber auch durch ſolche Erſcheinungen ſich veran-
laßt ſehen müſſen, die Urſachen des mangelhaften Erfolges des Ele-
mentarunterrichts in den Elementarſchulen ſelbſt allmälig zu beſeitigen.
Wenn hiernach bei vorausgeſetzter zweckmäßiger Einrichtung der
Elementarſchulen die Nothwendigkeit eines Nachhülfeunterrichts in
den Unterrichtsgegenſtänden der Elementarſchule nur als Ausnahme
betrachtet werden kann; ſo iſt doch weder mit dem 14ten Lebensjahre
die Bildung der Jugend überhaupt als abgeſchloſſen anzuſehen, noch
iſt zu verkennen, daß gerade von dieſer Zeit an ein erhöhter Einfluß
[583] auf deren religiöſes und ſittliches Leben in der kirchlichen und bür-
gerlichen Gemeinſchaft dringend wünſchenswerth iſt. Um dieſen Ein-
fluß zu gewinnen, ſcheint aber nach den bisherigen Erfahrungen ein
bloßer Nachhülfeunterricht in den Elementarkenntniſſen keinen aus-
reichenden Anknüpfungs- und Mittelpunkt darzubieten, es wird viel-
mehr für dieſen Zweck darauf ankommen, den betreffenden Einrich-
tungen nach ihrem Inhalt und ihrer Form eine weniger ſtreng ſchul-
mäßige, vielmehr eine dem Standpunkte der ſchon erwachſeneren Ju-
gend angemeſſene, freiere Geſtaltung zu geben. Dieſer Anſicht ent-
ſprechend, haben ſich nach den Berichten der Königl. Regierungen in
einzelnen Orten ſogenannte Jünglingsvereine, Leſe- oder Geſang-
vereine gebildet, welche wöchentlich ein oder mehrere Male zuſammen-
kommen, um unter Leitung eines Vorſtehers ihre Weiterbildung in
einem oder dem andern Gegenſtande durch Vorträge, Vorleſen und
gemeinſame Uebungen zu fördern. In andern Orten ſind Bibel- und
Miſſionsſtunden benutzt worden, um eine auch auf andere Gegenſtände
ſich erſtreckende Belehrung zu bilden. Wo erſt ſolche Anfänge vor-
handen ſind, wird es nicht ſchwer fallen, den Kreis allmälig zu er-
weitern und in denſelben Bibelkenntniß, Naturkunde, vaterländiſche
Geſchichte, volksthümliche Literatur, Geſang und ähnliche, die reifere
Jugend intereſſirende Gegenſtände zu ziehen. Zu gleicher Zeit wird
ſich aber auch die Gelegenheit zur Befeſtigung und Erweiterung der
Elementarkenntniſſe im Leſen, Rechnen, Schreiben und in der An-
fertigung von Aufſätzen ungeſucht mit dieſen Beſchäftigungen ver-
binden zu laſſen.


Es können zwar derartige Vereine und Einrichtungen nicht durch
adminiſtrative Anordnungen und Verfügungen an die Behörden in
das Leben gerufen werden; es liegen aber in der gegenwärtigen Zeit
und in dem Volke ſelbſt ſo vielfache Elemente und Anknüpfungs-
punkte zu dergleichen Beſtrebungen, daß es meiſtentheils nur der ge-
eigneten perſönlichen Anregung und Einwirkung wohlgeſinnter
Männer bedarf, um das gewünſchte Ziel zu erreichen. In dieſer
Beziehung werden die Departements-, namentlich die geiſtlichen und
Schulräthe der Königl. Regierungen durch ihre Communication mit
den Landräthen, Ortsbehörden, Pfarrern und Schullehrern vielfache
Gelegenheit haben, fördernd auf dieſe, für die allgemeine Volksbildung
[584] ſo wichtige Angelegenheit einzuwirken und den guten Willen der Be-
theiligten zu wecken und richtig zu leiten.


42.


Reſcr. v. 17. Septbr. 1818. (v. K. Ann. B. 2. S. 729.), betr.
die Gründung von Vereinen zur Unterſtützung hülfs-
bedürftiger Gymnaſiaſten
.


Der Königl. Regierung wird hierbei die Stiftungsurkunde eines
in dem Regierungs-Bezirke Bromberg zur Unterſtützung hülfsbedürf-
tiger Gymnaſiaſten errichteten Vereins mit dem Bemerken mitgetheilt,
daß dieſes ebenſo wohlthätige als zweckmäßig eingeleitete Unternehmen
ſowohl dort, als auch in den Regierungs-Bezirken von Königsberg,
Danzig und Gumbinnen, an welchen Orten ſich ſchon früher ähnliche
Vereine gebildet haben, bis jetzt den glücklichſten Erfolg hatte. Da
ſich mit Gewißheit vorausſetzen läßt, daß die Wahrnehmung, welche
in den eben genannten Regierungs-Bezirken die Bildung eines ſolchen
Vereins herbeiführte, auch in dem Bereiche der Königl. Regierung
zu machen ſein wird: ſo ſcheint es wünſchenswerth, ja nothwendig,
einen ähnlichen Verein zur Unterſtützung hülfsbedürftiger Gymna-
ſiaſten auch in der dortigen Gegend unter Berückſichtigung der ört-
lichen und perſönlichen Verhältniſſe zu gründen, um ſo mehr, als aus
Staatscaſſen wohl die Mittel zur zweckmäßigen inneren und äußeren
Einrichtung der Gymnaſien verabreicht, nicht aber die zur Unter-
ſtützung hülfsbedürftiger Gymnaſiaſten erforderlichen Summen gezahlt
werden können.


Die Königl. Regierung wird daher beauftragt, auch für Ihren
Bereich die Gründung eines ähnlichen Vereins, wie er bereits in
Bromberg, Danzig, Gumbinnen und Königsberg beſteht, auf eine
zweckdienliche Weiſe zu veranlaſſen, alle durch Bildung, Gemeinſinn
und Vaterlandsliebe ſich auszeichnenden Männer in der dortigen
Provinz für dieſes verdienſtliche Unternehmen möglichſt zu gewinnen,
und demnächſt über den hoffentlich günſtigen Erfolg Ihrer desfallſigen
Bemühungen zu berichten.


[585]

43.


Circ.-Reſcr. v. 21. Decbr. 1841. und v. 28. April 1842. (M.-Bl.
pro 1842. S. 14. u. 194.), betr. die Prüfung der Candi-
daten der Theologie pro facultate docendi.


In der unter dem 3. Februar 1838. (Ann. S. 655—657.) an
die Königlichen wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Commiſſionen ergangenen
Verordnung, welche die Beſtimmungen des §. 22. des Reglements für
die Prüfungen der Candidaten des höhern Schulamts in Betreff der
Ertheilung der bedingten facultas docendi modificirt, iſt zu den Haupt-
Lehrgegenſtänden, welche das Reſultat der Prüfung weſentlich bedingen,
auch die Theologie und die hebräiſche Sprache in der Vorausſetzung
gezählt worden, daß die Commiſſion den Candidaten auch in dieſen
Gegenſtänden, unter Berückſichtigung der im §. 21. enthaltenen Be-
ſtimmungen, ſelbſt prüfe, und dadurch in den Stand geſetzt werde, die
Kenntniſſe deſſelben in der Theologie und in der hebräiſchen Sprache
beurtheilen zu können. Da indeſſen von denjenigen Candidaten der
Theologie, welche ſich zur Prüfung pro facultate docendi Behufs der
Uebernahme eines höhern Schulamtes melden, die evangeliſchen häufig,
die katholiſchen in der Regel bereits die theologiſche Prüfung bei den
betreffenden Prüfungs-Commiſſionen beſtanden haben; ſo ſollen die für
ſie ausgefertigten Zeugniſſe dieſer Commiſſion, wenn ſie dem Candi-
daten ein vorzügliches Prädikat ertheilen, zur Verleihung der facultas
docendi
für den Unterricht in der Religion und in der hebräiſchen
Sprache inſofern ſchon genügen, daß eine die Kenntniſſe der Candi-
daten in dieſen Gegenſtänden erforſchende Prüfung nicht erforderlich,
ſondern durch ein angemeſſenes Colloquium und durch Probelectionen
allein die dem Candidaten beiwohnende Lehrgabe und Methode näher
zu ermitteln und nach dem pflichtmäßigen Ermeſſen der Königlichen
wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Commiſſion die facultas docendi auf die
unteren oder mittleren Claſſen zu beſchränken, oder auf die oberen
Claſſen auszudehnen iſt. In dem Falle, daß das Zeugniß der theo-
logiſchen Prüfungs-Commiſſion ſich bloß über die Kenntniſſe des Can-
didaten in der Theologie, nicht aber über ſeine Kenntniſſe in der hebräi-
ſchen Sprache ausſpricht, bleibt eine förmliche Prüfung in derſelben
auch künftig vorbehalten. (den 21. Dezember.)


Die Königl. wiſſenſchaftliche Prüfungs-Commiſſion hat, wie Der-
[586] ſelben auf den Bericht vom I. v. M. hierdurch eröffnet wird, aus der
Verfügung vom 21. December v. J. (M.-Bl. 1842. S. 14.) richtig
entnommen, daß bei den Prüfungen pro facultate docendi die theo-
logiſchen Wiſſenſchaften nicht mehr als viertes Hauptfach zu betrach-
ten, und die theologiſche Prüfung wegen Uebernahme des Religions-
Unterrichts an höhern Lehranſtalten unabhängig für ſich beſtehen ſoll.
Hieraus folgt, daß ein Candidat, welcher in der Prüfung pro facultate
docendi
bloß in den theologiſchen Wiſſenſchaften den geſetzlichen An-
forderungen entſpricht, in den übrigen Lehrfächern dagegen die Be-
dingungen, unter welchen die unbedingte oder bedingte facultas docendi
nach Maßgabe der Verfügung vom 3. Februar 1838. (Ann. S. 655.)
ertheilt werden darf, nicht erfüllt, abzuweiſen iſt. In einem ſolchen
Falle iſt auch über ſeine Leiſtungen in den theologiſchen Wiſſenſchaften
und über ſeine Fähigkeit zur Uebernahme des Religions-Unterrichts
ein beſonderes Zeugniß dem Candidaten nicht auszuſtellen, da dieſe
Prüfung nur auf beſondere Anordnung der Provinzial-Behörden, mit-
hin als Prüfung pro loco vorzunehmen iſt, und nach Maßgabe der
Verfügung vom 21. December v. J. in einem bloßen Colloquio und
in Probelectionen, oder, wenn der Candidat in der theologiſchen Prü-
fung nur mittelmäßig beſtanden hat, auch in einer neuen Prüfung be-
ſteht, nach deren Reſultat die Königl. wiſſenſchaftliche Prüfungs-Com-
miſſion ſich in dem auszufertigenden Zeugniſſe auszuſprechen hat.
Außer dem Falle einer Prüfung pro loco hat die Königl. wiſſenſchaft-
liche Prüfungs-Commiſſion nur dann ein Zeugniß über die Fähigkeit
zur Uebernahme des Religions-Unterrichts an höheren Unterrichts-An-
ſtalten auszuſtellen, wenn der Candidat in der Prüfung überhaupt ſich
die unbedingte oder bedingte facultas docendi erworben hat.
Von der Prüfung in den theologiſchen Wiſſenſchaften behufs der
Uebernahme des Religions-Unterrichts an den höheren
Unterrichts-Anſtalten
iſt aber die Prüfung in den Religionskennt-
niſſen im Allgemeinen zu unterſcheiden, welche auch von denjenigen
nach §. 21. des Prüfungs-Reglements gefordert werden muß, die keinen
Religions-Unterricht ertheilen wollen. Dieſe Prüfung iſt ſtets
als ein integrirender Theil der Prüfung pro facultate docendi
anzuſehen, deshalb in keinem Falle auszulaſſen und das Reſultat der-
ſelben jedesmal in dem auszufertigenden Zeugniſſe zu bemerken. (den
28. April.)


[587]

44.


Circ.-Reſcr. v. 1. u. 12. Mai und 19. Auguſt 1840. (M.-Bl.
S. 230. 352. 354.) über die den Gymnaſialſchülern zu
ertheilenden Zeugniſſe
.


Das Miniſterium kann ſich mit den Grundſätzen, nach welchen,
zufolge des ſachgemäßen und erſchöpfenden Berichts des Königl. Pro-
vinzial-Schul-Collegii vom 18. März d. J., das Cenſurweſen im All-
gemeinen in den Gymnaſien der dortigen Provinz bisher geleitet wor-
den, nur einverſtanden erklären, und iſt nach denſelben auch ferner zu
verfahren. Die Bezeichnung der Cenſur-Zeugniſſe mit Nummern hält
das Miniſterium nicht für angemeſſen, und hat das Königl. Provin-
zial-Schul-Collegium in geeigneter Weiſe zu veranlaſſen, daß in ſämmt-
lichen Gymnaſien der Provinz die Zeugniſſe ohne Nummern, dagegen
um ſo ausführlicher und charakteriſtiſcher, und nicht mit allgemeinen
Prädicaten bei den einzelnen Rubriken: gut, mittelmäßig, ziemlich ꝛc.,
ausgefertigt werden. Das Miniſterium hat zu den Directoren und
Lehrern der Gymnaſien das wohlbegründete Vertrauen, daß ſie ſich der
vermehrten Arbeit, welche für ſie aus der Abfaſſung der Zeugniſſe ohne
Nummern in der oben bezeichneten Weiſe allerdings erwächſt, im In-
tereſſe ihrer Schüler und des wichtigen Zwecks, der zu erreichen ſteht,
gern unterziehen werden. Da eine Gleichförmigkeit in der Einrichtung
des Cenſurweſens um ſo weniger räthlich ſcheint, je nöthiger es iſt,
Alles zu vermeiden, daß daſſelbe nicht in einen Mechanismus ausarte,
ſo kann es im Uebrigen bei den Verſchiedenheiten, welche zufolge des
des Berichts in Betreff des Cenſurweſens bei den einzelnen Gymna-
ſien nach der Eigenthümlichkeit der betreffenden Directoren bis jetzt
Statt finden, auch ferner belaſſen werden, und insbeſondere iſt dem
Rector N., welcher ſich gegen alles öffentliche Beurtheilen der Schüler
erklärt hat, auch in Zukunft zu geſtatten, daß die Cenſuren nur halb-
jährlich ohne beſondere Feierlichkeit und nicht in einer allgemeinen Ver-
ſammlung, ſondern nur in den Lehrzimmern der einzelnen Claſſen,
abgehalten werden. (den 1. Mai.)


Demnächſt iſt es von beſonderer Wichtigkeit, daß die vorbereitete
Cenſur in dem rechten Geiſte, mit angemeſſener Würde, in Gegenwart
[588] ſämmtlicher Lehrer und Schüler abgehalten, dieſer Schulfeierlichkeit
ein chriſtlich-religiöſer Charakter gegeben, und von dem betreffenden
Director, welcher mit den Eigenthümlichkeiten ſeiner Schüler vertraut
ſein muß, gehörig benutzt werde, um durch die Art und Weiſe, wie
er das Lob, das er zu ſpenden, ſowie den Tadel, den er im Namen
des Lehrer-Collegiums auszuſprechen hat, der Eigenthümlichkeit jedes
einzelnen Schülers anpaßt, die ganze Einrichtung wahrhaft ſegensreich
zu machen und erſt recht die Weihe zu verſchaffen. Obwohl ſich aus
dem Berichte des Königl. Provinzial-Schul-Collegii vom 28. März
d. J. nicht näher erſehen läßt, ob und in wie weit bei den Gymnaſien
der dortigen Provinz durch zweckmäßige Verfügungen vorgeſehen iſt,
daß das ganze Cenſurgeſchäft nach den im Obigen angedeuteten Ge-
ſichtspunkten geleitet wird: ſo glaubt das Miniſterium dennoch voraus-
ſetzen zu können, daß ſolches wirklich der Fall iſt und daß namentlich
die zur Begründung der jedesmaligen Cenſur unentbehrlichen Veran-
ſtaltungen bei jedem Gymnaſium getroffen ſind. Iſt dieſe Vorausſetzung
richtig, ſo mag in Hinſicht der zu den Cenſurzeugniſſen anzuwendenden
Formulare bei den einzelnen Gymnaſien immerhin einige Verſchieden-
heit obwalten, und iſt auf dieſelbe um ſo weniger Gewicht zu legen,
als ſie nicht das Weſentliche der ganzen Einrichtung betrifft. Im All-
gemeinen erachtet das Miniſterium für räthlich, daß das Formulare
die Rubriken


  • I. Schulbeſuch,
    • a) verſäumt,
    • b) verſpätet,
  • II. Aufmerkſamkeit, häuslicher Fleiß, Fortſchritte in den Lehr-
    gegenſtänden,
  • III. Betragen (ohne die dreifache Spaltung: gegen Lehrer, gegen
    Mitſchüler, außer der Schule),
  • IV. Beſondere Bemerkungen,

enthalte, und daß das Cenſurzeugniß in den einzelnen Rubriken ohne
Zahlen, dagegen aber um ſo ausführlicher und charakteriſtiſcher abge-
faßt, und nicht mit allgemeinen Prädicaten bei den einzelnen Rubriken,
z. B. ſehr gut, gut, mittelmäßig, ziemlich u. ſ. w., abgefertigt werde.
Gegen die Bezeichnung des Cenſurzeugniſſes mit einer das Geſammt-
urtheil des Lehrercollegiums über Aufführung, Fleiß und Fortſchritte
des Schülers aus den einzelnen Rubriken zuſammenfaſſenden Zahl
[589]I. oder II. oder III., und zwar oben zu Anfang des Zeugniſſes, läßt
ſich mit Grund anführen, daß es ſchwer, ja unmöglich iſt, Aufführung,
Fleiß, Fortſchritte durch eine Zahl richtig und genau zu bezeichnen,
und dieſe Bezeichnung mit Zahlen gar leicht in ein mechaniſches Ver-
fahren ausarten kann, welches gerade bei dem Cenſurweſen auf alle
Weiſe vermieden werden muß. Dagegen verkennt das Miniſterium
auch die mannigfaltigen Vortheile nicht, welche die Anwendung von
Zahlen Behufs der Bezeichnung des aus den einzelnen Rubriken ge-
zogenen Geſammturtheils den Lehrern, wie den Schülern und ihren
Angehörigen, gewähren kann, und erachtet daher für angemeſſen, daß
den Lehrercollegien der einzelnen Gymnaſien überlaſſen werde, die Cen-
ſurzeugniſſe oben und vor den einzelnen Rubriken, die jedenfalls in
Worten ausgefüllt werden müſſen, ohne oder mit einer Zahl auszu-
fertigen.


Das Königl. Provinzial-Schul-Collegium wird beauftragt, der
obigen Eröffnung gemäß, das weiter Erforderliche zu verfügen und
Abſchrift der desfallſigen Verfügung hierher einzureichen. (den 12. Mai.)


— Um dieſen Uebeln und Mißgriffen für die Zukunft ſo viel möglich
zu begegnen, ertheilen wir Ihnen, in Gemäßheit einer dieſen Gegen-
ſtand betreffenden Verfügung des Königl. Miniſterii der geiſtlichen,
Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten vom 12. Mai d. J., fol-
gende, das bisherige Verfahren theils abändernde, theils näher beſtim-
mende Vorſchriften.


1) Die Rubrik „Betragen“ wird künftig unter Weglaſſung der
dreifachen Spaltung: „gegen Lehrer, gegen Mitſchüler, außer der
Schule,“ mit einem allgemeinen, nach vernünftigen pädagogiſchen Grund-
ſätzen zu ermittelnden und abzufaſſenden Urtheile über die ſittliche Füh-
rung des betreffenden Schülers ausgefüllt.


2) Aufmerkſamkeit, häuslicher Fleiß und Fortſchritte der Schüler
werden künftig nicht in dreiſpaltige Colonnen für jeden einzelnen Un-
terrichtsgegenſtand mit den nackten Prädicaten „gut, ziemlich gut“
u. ſ. w. bezeichnet; ſondern für die einzelnen Unterrichtsgegenſtände
auf einem umfaſſenden, dem Zwecke der Verſtändigung der Schüler
und ihrer Eltern entſprechenden Urtheile charakteriſirt, wobei jedoch die
maßgebenden pädagogiſchen Rückſichten ebenfalls nicht aus den Augen
zu verlieren ſind, beſonders da, wo für einzelne Gegenſtände Lob und
Tadel ſtärker hervortritt.


[590]

3) Die Rubrik: „Schulbeſuch“ iſt ebenfalls mit einem allgemeinen
Urtheile auszufüllen, und demnächſt die Zahl der verſäumten Stunden
[anzugeben], auch zu bemerken, wie oft Verſpätungen Statt gefunden
haben; die Unterſcheidungen „mit Entſchuldigung“ fallen weg, ſo wie
es ſich denn auch von ſelbſt verſteht, daß Verhinderung des Schulbe-
ſuchs durch Krankheiten zwar anzugeben, nicht aber zu den Verſäum-
niſſen zu rechnen ſind.


4) Unter der beſondern Rubrik „Bemerkungen“ werden künftig
in möglichſt milder und ſchonender Weiſe alle diejenigen Beobachtun-
gen und Erfahrungen der Schule aufgeführt, deren Kenntnißnahme
bei der häuslichen Erziehung von Wichtigkeit iſt, wobei jedoch ſittliche
Gebrechen ärgerer Art ausgeſchloſſen ſind, indem dieſe der Privatmit-
theilung durch den Director oder den Ordinarius vorbehalten bleiben
müſſen. Unter dieſer Rubrik können auch die Verhinderungen durch
Krankheiten aufgeführt und dabei der nachtheilige Einfluß auf die
Fortſchritte bemerklich gemacht werden.


Hiernach wird das neue Formular, welches Sie ungeſäumt anfer-
tigen laſſen wollen, folgende Rubriken enthalten:


  • I. Schulbeſuch,
  • II. Aufmerkſamkeit, häuslicher Fleiß und Fortſchritte in den
    Lehrgegenſtänden,
  • III. Betragen (ohne die dreifache Spaltung: gegen Lehrer, gegen
    Mitſchüler, außer der Schule),
  • IV. Beſondere Bemerkungen.

Die Bezeichnung des Cenſurzeugniſſes mit einer das Geſammt-
urtheil des Lehrercollegiums zuſammenfaſſenden Zahl I. II. III. u. ſ. w.
iſt zwar mit vielen Schwierigkeiten verknüpft und giebt überdem Schü-
lern und Eltern nur zu leicht Veranlaſſung zu einer bloß äußerlichen
Auffaſſung der ganzen Cenſur; dagegen ſind aber auch die damit ver-
bundenen und von mehreren Directoren beſonders hervorgehobenen Vor-
theile nicht zu verkennen. Da nun überdem die in Bezug auf Frei-
ſchüler beſtehenden Beſtimmungen auf dieſe Nummern baſirt ſind und
jedes Analogon denſelben Schwierigkeiten und [Mißbräuchen] unterwor-
fen iſt; ſo wollen wir dieſe bisher üblichen Hauptnummern der Cen-
ſuren beſtehen laſſen und nur auf die Nothwendigkeit hinweiſen, der
richtigen Ermittelung derſelben die gewiſſenhafteſte Aufmerkſamkeit
zuzuwenden. (den 19. Auguſt.)


[591]

45.


Circ.-Reſcr. v. 23. März 1846. (M.-Bl. S. 30.), betr. die
Prüfungscommiſſion für Inländer, welche auf aus-
ländiſchen Lehranſtalten Unterricht genoſſen haben
.


Aus den Berichten mehrerer Königl. Provinzial-Schulcollegien
ergiebt ſich, daß in neuerer Zeit die Zahl derjenigen jungen Leute
des Inlandes, welche auf ausländiſchen Lehranſtalten oder privatim
unterrichtet worden ſind, und zu ihrer Bewerbung um Anſtellung im
Poſt-, Steuerfach und andern Zweigen des öffentlichen Dienſtes eines
von einer diesſeitigen Schulanſtalt ausgeſtellten Zeugniſſes bedürfen,
ſich ſehr gemehrt hat. Die Directoren der Gymnaſien, welche bisher
nur zur Ausſtellung ſolcher Zeugniſſe für Feldmeſſer ausdrücklich ver-
pflichtet waren, haben ſich zwar bisher auch der Prüfung anderer, die
ſich über den Grad ihrer Schulbildung ausweiſen wollten, unter-
zogen; es wurde jedoch dabei von ihnen nicht nach gleichen Grund-
ſätzen verfahren.


Damit dieſe Prüfung für die Zukunft nach einer feſten Regel
und dem Zwecke angemeſſen abgehalten werde, beſtimme ich, im Ein-
verſtändniß mit den Königl. Miniſterien, deren Reſſort bei dieſer An-
gelegenheit betheiligt iſt, hiermit Folgendes:


1. Zur Prüfung derjenigen Inländer, welche entweder auf aus-
wärtigen Lehranſtalten oder privatim ihren Unterricht empfangen
haben, und Behufs der Bewerbung um Anſtellung im öffentlichen
Dienſte, für welchen die Beibringung eines Maturitätszeugniſſes nicht
erforderlich iſt, des Zeugniſſes einer diesſeitigen höheren Lehranſtalt
bedürfen, iſt bei jedem Gymnaſium, reſp. bei jeder zu Entlaſſungs-
prüfungen berechtigten höheren Bürger- und Realſchule, eine beſondere
Prüfungscommiſſion anzuordnen.


2. Dieſe Commiſſion beſteht aus dem Director der Schulanſtalt
und zwei Oberlehrern, bei deren Wahl darauf Rückſicht zu nehmen
iſt, daß von den drei Commiſſarien die Hauptgegenſtände des öffent-
lichen Unterrichts, nämlich alte, reſp. neuere Sprachen, Mathematik
und Naturwiſſenſchaften, Geſchichte und Geographie, in der Prüfung
gehörig vertreten werden.


3. Die Prüfung hat auf den künftigen Beruf der Examinanden
nicht Rückſicht zu nehmen, ſondern ſich lediglich darauf zu beſchränken,
[592] den Stand der Bildung nach den Hauptgegenſtänden des öffentlichen
Schulunterrichts, ſowie die Claſſe zu ermitteln, zu welcher der Ge-
prüfte als Schüler eines Gymnaſiums oder einer vollſtändigen höhern
Bürgerſchule ſich qualificiren würde.


4. In dem auf Grund der Prüfung auszuſtellenden Zeugniſſe
iſt auf das Atteſt, welches die früheren Lehrer über den Fleiß und
das ſittliche Betragen des Geprüften abgegeben haben, Bezug zu
nehmen, und nach beſtimmter Angabe der Qualification in den Haupt-
gegenſtänden des Unterrichts ausdrücklich die Claſſe anzugeben, für
welche der Geprüfte als Zögling reif ſein würde.


5. Die Zeugniſſe ſind von dem Director auszufertigen und mit
der Unterſchrift der ſämmtlichen Prüfungs-Commiſſarien und dem
Siegel der Schulanſtalt zu verſehen.


6. Jünglinge, welche ein inländiſches Gymnaſium oder eine
inländiſche höhere Bürger- und Realſchule beſucht haben, können das
zum Eintritt in irgend einen Zweig des öffentlichen Dienſtes erfor-
derliche Zeugniß auch nur bei dieſer Anſtalt erwerben, und deshalb
bei keiner andern zur Prüfung zugelaſſen werden, wenn nicht ſie oder
ihre Augehörigen inzwiſchen ihren Wohnort verändert haben und die
Erlaubniß zur Zulaſſung von dem Königl. Provinzial-Schulcollegium
beſonders ertheilt wird.


7. Für die Prüfung und Ausfertigung des Zeugniſſes iſt eine
Gebühr [von] 5 Rthlrn. zu erlegen.


8. Die vorſtehenden Beſtimmungen gelten für die Zukunft auch
für die Prüfung der Feldmeſſer, und wird die desfallſige Verfügung
vom 24. Mai 1824. hiermit aufgehoben.


46.


Circ.-Reſcr. v. 17. April 1844 (M.-Bl. S. 147.), betr. die
Veranſtaltung repetitoriſcher Uebungen mit Studi-
renden
.


Extractweiſe.


1. Es wird den Facultäten und den einzelnen Lehrern empfohlen,
einen innigeren Verkehr mit der ſtudirenden Jugend durch Verbindung
repetitoriſch-converſatoriſcher Uebungen mit den zuſammenhängenden
Vorträgen als eine freie Aufgabe ihrer Lehrwirkſamkeit ins Auge zu
[593] faſſen, indem ſie einerſeits ſelbſt ſich dieſe Unterrichtsform aneignen,
andererſeits ihre Zuhörer dafür empfänglich zu machen ſuchen.


Ueberzeugt, daß dadurch das Leben auf den Univerſitäten nicht
allein in wiſſenſchaftlicher, ſondern auch in ſittlicher Beziehung einen
heilſamen, von allen Vaterlandsfreunden dringend gewünſchten Auf-
ſchwung erhalten wird, hege ich das volle Vertrauen, daß ſämmtliche
Univerſitätslehrer, beſonders aber die anerkannt hervorragenden unter
ihnen, alle ihre Beſtrebungen dahin richten werden, den großen Zweck
einer inneren freien Regeneration des Univerſitätslebens zu erreichen.


2. Wie die Uebungen einzurichten und mit den zuſammen-
hängenden Vorträgen zu verbinden ſind, bleibt um ſo mehr dem Er-
meſſen der einzelnen Docenten überlaſſen, als nicht nur der Stoff
eine Verſchiedenheit bedingt, ſondern auch dem Einen die repetitoriſche
und examinatoriſche, dem Andern die converſatoriſche Form mehr zu-
ſagen kann. Es wird nur der allgemeine Grundſatz feſtzuhalten ſein,
daß es bei dieſen Uebungen auf Verdeutlichung und Durchdringung
der Hauptmomente der vorgetragenen Wiſſenſchaft abgeſehen iſt, und
daß ſie daher nicht unabhängig von den zuſammenhängenden Vor-
trägen Statt finden dürfen, wenn ſie den beabſichtigten Erfolg gewähren
ſollen. Indem ſo die genannten Uebungen dazu dienen, den weſent-
lichen Inhalt der zuſammenhängenden Vorträge zum wahren Eigen-
thum der Zuhörer zu machen, fällt die von einigen Lehrern geäußerte
Befürchtung einer Schmälerung der aus den zuſammenhängenden Vor-
trägen entſpringenden Vortheile weg.


3. Da die beabſichtigten Uebungen nur auf dem Boden der
ächten wiſſenſchaftlichen Lehr- und Lernfreiheit gedeihen können, ſo
bleibt es auch dem freien Willen der Studirenden überlaſſen,
ob ſie die dargebotene Gelegenheit, in den Gegenſtand der Vorleſungen
tiefer einzudringen, benutzen oder auch einmal angefangene Uebungen
fortſetzen wollen, oder nicht.


Edlere und begabtere Jünglinge werden ſelbſt das ſchöne Band
freier Liebe und Fügſamkeit knüpfen helfen, welches zu allen Zeiten
den ſtrebſameren Theil der Jugend mit Lehrern verbindet, die ihr
mit Wohlwollen die Hand reichen. Obwohl ich hierauf hauptſächlich
die Hoffnung eines guten Erfolges gründe, ſo finde ich doch auch
kein Bedenken gegen die in den meiſten Gutachten befürwortete An-
wendung geeigneter Aufmunterungsmittel, und bin daher ganz einver-
38
[594] ſtanden, daß bei Verleihung academiſcher und anderer Beneficien auf
die Zeugniſſe fleißiger Theilnahme an den beabſichtigten Uebungen be-
ſondere Rückſicht genommen werde, ſo wie es ſich denn auch von
ſelbſt verſteht, daß ſolche Zeugniſſe den Candidaten bei den Staats-
prüfungs-Commiſſionen nur zu beſonderer Empfehlung gereichen
können.


4. Sowie es nach dem aufgeſtellten Grundſatz freier Lehrwirkſam-
keit denjenigen Docenten, die entweder in dem Stoffe ihres Lehr-
gegenſtandes, oder in ihrer Individualität, oder auch in einer zu
großen Anzahl von Zuhörern Schwierigkeiten finden, welche ſie auch
bei dem beſten Willen mit Glück nicht überwinden zu können glauben,
überlaſſen bleibt, die gewünſchten Uebungen auf dasjenige Maß oder
diejenige Einrichtung zu beſchränken, welche jene Hinderniſſe bedingen,
ſo kann es beſonders auch den bejahrteren Docenten in keiner Be-
ziehung zum Vorwurfe gereichen, wenn ſie Bedenken tragen, ſich auf
eine ungewohnte Unterrichtsform einzulaſſen. Unter den bejahrteren
Docenten finden ſich nicht wenige Männer, welche durch die Tiefe
ihrer zuſammenhängenden wiſſenſchaftlichen Vorträge und durch die
ſittliche Würde ihrer Perſon allein ſchon, auch ohne repetitoriſche oder
converſatoriſche Uebungen, den ſegensreichſten Einfluß auf die acade-
miſche Jugend üben.


5. Im Hinblick auf das Eindringen vagen Raiſonnirens, welches
hie und da, wie in früheren Zeiten, ſo auch jetzt wieder ſtattgefunden
hat, iſt in anerkennenswerther Fürſorge für die Aufrechthaltung guter
Zucht und Sitte von mehreren Seiten auf verſchiedene Lehrgegen-
ſtände hingewieſen worden, über welche man unter den obwaltenden
Umſtänden eine näher eingehende Converſation mit den Studirenden
eher zu vermeiden, als herbeizuführen haben möchte. Ich kann, nach
ſorgfältiger Erwägung der Statt gefundenen, im Ganzen nur von
ſchwachen Kräften getragenen Abirrungen von den gediegenen Wegen
der wiſſenſchaftlichen Bildung, dieſes Bedenken in ſeiner Allgemeinheit
nicht theilen. Da die Männer, welchen ordentliche academiſche Lehr-
ſtühle anvertraut werden, in der Regel auf der Höhe der wiſſenſchaft-
lichen Bildung ſtehen, und ſittliche Würde und Geiſtesgegenwart genug
haben, um dem Ausbruche ſchlechter Geſinnungen und verkehrter An-
ſichten mit nachdrücklichem Erfolge zu begegnen, ſo glaube ich viel-
mehr, daß Erörterungen über religiöſe und politiſche Gegenſtände mit
[595] jungen Männern, die dem Staats- und Kirchendienſte nahe ſtehen,
dazu dienen werden, die geiſtige und ſittliche Geſundheit der acade-
miſchen Jugend zu pflegen und einzelne abirrende Gemüther wieder
auf den rechten Weg zurückzuleiten.


6. Hinſichtlich der Theilnahme der Privat-Docenten an den ein-
zuführenden Uebungen, iſt das Bedenken erhoben worden, daß dazu
eine Beherrſchung des Stoffs und eine Gewandtheit der dialectiſchen
Bewegung gehören, die man nur älteren geübten Docenten zutrauen
könne. So richtig dieſe Bemerkung im Allgemeinen iſt, kann ich mich
doch dadurch nicht bewogen finden, die angehenden academiſchen Lehrer
von der Gelegenheit auszuſchließen, ſich in einer Unterrichtsform zu
üben, von welcher vorzugsweiſe für die Zukunft eine erfreuliche und
erfolgreiche Belebung der deutſchen Univerſitäts-Studien zu erwarten
iſt. Aus dieſem Geſichtspunkte wünſche ich vielmehr, daß die be-
treffenden Facultäten beſondere Aufmerkſamkeit auf diejenigen Privat-
Docenten lenken mögen, welche ſich durch gewandte und zweckmäßige
Handhabung converſatoriſcher Uebungen auszeichnen. Es verſteht ſich
von ſelbſt, daß die Privat-Docenten bei derartigen Verſuchen, in
Abſicht der Art der Anwendung, welche ſie von jenen Uebungen machen,
der ſtatutenmäßigen Beaufſichtigung der Facultät, welcher ſie ange-
hören, unterworfen bleiben. In den ſeltenen Fällen, wo ein einzelner
Privat-Docent ſich mit eiteler Selbſtgefälligkeit in ein falſches Treiben
verirrt, ſind die Facultäten durch ihre Statuten mit hinlänglicher
Autorität ausgerüſtet, um die Ehre ihrer Corporation zu ſchützen und
die Grenzen der Lehrfreiheit gegen Mißbrauch ſicher zu ſtellen.


47.


Reſcr. v. 8. März 1832. (v. K. Ann. B. 16. S. 104.), betr. die
Abiturientenprüfung an höheren Bürger- und Real-
ſchulen
.


Nachdem die Königl. Miniſterien des Krieges, der Finanzen, des
Innern und der Polizei und das General-Poſtamt ſich über die Be-
dingungen erklärt haben, unter welchen den mit dem Zeugniſſe der
Reife entlaſſenen Zöglingen der höheren Bürger- und Realſchulen
diejenigen Begünſtigungen zugeſtanden werden dürfen, deren Bewilli-
gung bisher von dem Nachweiſe des Beſuchs der oberen Claſſen der
Gymnaſien abhängig gemacht war, hat das Miniſterium beſchloſſen,
38*
[596] bei denjenigen Schulen gedachter Kategorie, die durch ihre Einrichtung
den Bedingungen zu entſprechen im Stande ſind, förmliche Entlaſſungs-
Prüfungen anzuordnen.


Es iſt zu dem Behufe die in vier Exemplaren beigefügte vor-
läufige Inſtruction (Anl. a.) entworfen, welche der Königl. Regierung
mit dem Auftrage zugefertigt wird, die Anſtalten ihres Bereichs, welche
den Bedingungen zu entſprechen im Stande ſein möchten, dem Königl.
Schul-Collegio der Provinz namhaft zu machen, damit dieſes nach
der ihm ertheilten Anweiſung von dem Zuſtande der Schule genaue
Kenntniß nehmen, und zur weiteren Veranlaſſung dem Miniſterio
Bericht erſtatten kann.


a.


Vorläufige Inſtruction für die an den höheren Bürger-
und Realſchulen anzuordnenden Entlaſſungs-
Prüfungen
.


§. 1. Der Zweck dieſer Prüfungen iſt:


  • a) denjenigen Jünglingen, welche den Unterricht in einer vollſtän-
    digen höheren Bürger- und Realſchule genoſſen haben, und mit
    genügenden Kenntniſſen aus derſelben entlaſſen werden können,
    die bisher an den Beſuch der obern Claſſen der Gymnaſien ge-
    knüpfte Berechtigung zum Eintritt in den einjährigen freiwilligen
    Militairdienſt, in das Poſt-, Forſt- und Baufach und in die
    Büreaus der Provinzialbehörden zuzuſichern;
  • b) den Eltern und Vormündern eine zuverläſſige Benachrichtigung
    über den Bildungsſtand des zu entlaſſenden Zöglings zu ge-
    währen, um danach zu ermeſſen, ob er zum Eintritte in die für
    ihn beſtimmte Laufbahn gehörig befähigt ſei;
  • c) den Schulen eine Gelegenheit geben, ſich über ihre Leiſtungen
    vor den ihnen vorgeſetzten Behörden auszuweiſen, durch den gün-
    ſtigen Erfolg ſich in dem Vertrauen des Publicums zu befeſtigen
    und in den Lehrern, wie in den Schülern, den würdigen Eifer
    für die Erreichung eines beſtimmten Zieles lebendig zu erhalten.

§. 2. Die Prüfungen werden innerhalb der beiden letzten Monate
eines Semeſters gehalten. Nur diejenigen Schüler, welche wenigſtens
ein Jahr Mitglieder der oberſten Claſſe der Schule geweſen ſind,
werden zugelaſſen. Der Director oder Rector der Anſtalt wird, wenn
er den zur Prüfung ſich meldenden Schüler in Hinſicht ſeiner wiſſen-
[597] ſchaftlichen und ſittlichen Ausbildung noch nicht für reif erkennt, nach
vorhergegangener Berathung mit ſeinen Collegen, den Eltern und
Vormündern, ſowie auch dem Schüler ſelbſt, ſein Urtheil unumwunden
mittheilen und zu verhindern ſuchen, daß er nicht zu frühe die Schule
verlaſſe. Wird demungeachtet auf die Prüfung beſtanden, und iſt der
Schüler bereits ein Jahr lang Mitglied der oberſten Claſſe geweſen,
ſo darf die Zulaſſung zur Prüfung nicht verweigert werden.


§. 3. Die Entlaſſungs-Zeugniſſe ſind entweder Zeugniſſe der Reife
mit den Prädicaten: vorzüglich, oder gut, oder hinreichend
beſtanden, oder der Nichtreife mit dem Prädicat: nicht beſtanden.


Das Zeugniß der Nichtreife ſchließt von dem Anſpruch auf den
Genuß der im §. 1. a. erwähnten Rechte und Zugeſtändniſſe aus.


§. 4. Das Zeugniß der Reife wird ertheilt, wenn der Geprüfte
in den Haupt-Unterrichtsgegenſtänden der höheren Bürger- und Real-
ſchulen vorzüglich, gut und hinreichend beſtanden, und über-
haupt in ſeiner geiſtigen und ſittlichen Ausbildung ſo weit vorgerückt
iſt, daß er für den Eintritt in die für ihn beſtimmte Laufbahn hin-
reichend vorbereitet erſcheint.


Dazu iſt erforderlich:


A.In Hinſicht auf Sprachen:

  • a) Im Deutſchen muß der ſchriftliche Ausdruck des zu Entlaſſenden
    von grammatiſchen Fehlern, von Undeutlichkeit und Verwechſelung
    des Proſaiſchen und Poetiſchen frei ſein, und im zuſammenhän-
    genden mündlichen Vortrage, im Disponiren leichter Themata,
    eine angemeſſene Fertigkeit, ſowie auch Bekanntſchaft mit dem
    Bildungsgange der deutſchen Literatur, insbeſondere mit den
    ausgezeichnetſten Schriftſtellern ſeit der Mitte des vorigen Jahr-
    hunderts, nachgewieſen werden;
  • b) im Lateiniſchen muß der Schüler Fertigkeit beſitzen, den Julius
    Cäſar und leichtere Stellen des Ovidius und Virgilius zu über-
    ſetzen, die Regeln der Etymologie und Syntax inne haben und
    anwenden können, auch mit der Quantität und dem daktyliſchen
    Versmaaße bekannt ſein.
  • c) Im Franzöſiſchen muß ein Brief oder ein Aufſatz über ein an-
    gemeſſenes Thema richtig geſchrieben, eine in Rückſicht auf Inhalt
    und Sprache nicht zu ſchwierige Stelle eines Dichters oder Pro-
    ſaikers mit Geläufigkeit überſetzt, ferner richtige Ausſprache und
    [598] einige Fertigkeit im Sprechen nachgewieſen werden können. Auch
    wird Bekanntſchaft mit dem Entwickelungsgange der franzöſiſchen
    Literatur und den wichtigſten Schriftſtellern der franzöſiſchen
    Nation erfordert;
  • d) wo das Engliſche und Italieniſche in der Schule gelehrt wird,
    wird von den abgehenden Schülern erwartet, daß ſie darin eine
    ähnliche Kenntniß, wie im Franzöſiſchen, nachweiſen können.

B.In Hinſicht auf Wiſſenſchaften:

  • a) In der Religion: Der Abgehende muß mit dem Inhalte der hei-
    ligen Schrift im Allgemeinen, ferner mit der bibliſchen Geſchichte
    der chriſtlichen Kirche, ſowie mit der chriſtlichen Glaubens- und
    Sittenlehre, hinreichend bekannt ſein;
  • b) in der Geſchichte: Eine deutliche Ueberſicht der wichtigſten Be-
    gebenheiten und der eigenthümlichen Verhältniſſe der alten und
    neueren Völker, inſonderheit genauere Bekanntſchaft mit der Ent-
    wickelung, Verfaſſung und den innern Verhältniſſen der jetzt be-
    ſtehenden Staaten, wobei der Schüler nachzuweiſen hat, daß er
    die wichtigſten Epochen chronologiſch richtig anzugeben weiß, und
    mit dem Schauplatz der Begebenheiten bekannt iſt;
  • c) in der Geographie: Genaue Kenntniß der Elemente der mathe-
    matiſchen und phyſiſchen Geographie, ferner der europäiſchen und
    der wichtigſten Länder der andern Welttheile und ihrer gegen-
    ſeitigen Verhältniſſe in ſtatiſtiſcher und ethnographiſcher Hinſicht;
  • d) in der Mathematik: Fertigkeit in allen Rechnungsarten des ge-
    meinen Lebens und in der Rechnung mit Buchſtaben; Geübtheit
    in der Auflöſung der Gleichungen des erſten, zweiten und dritten
    Grades, Kenntniß der Theorie der Logarithmen, der Planimetrie,
    Stereometrie, ebenen Trigonometrie und des Gebrauchs der mathe-
    matiſchen Tafeln;
  • e) in den Naturwiſſenſchaften:
    • α) in der Naturbeſchreibung: auf Anſchaung begründete Kenntniß
      der Claſſification der Naturproducte, genauere Bekanntſchaft
      mit den merkwürdigſten Producten, ihrer Anwendung und Ver-
      arbeitung für die Bedürfniſſe des Lebens;
    • β) in der Phyſik: Bekanntſchaft mit den allgemeinen Eigenſchaften
      der Körper, den Geſetzen des Gleichgewichts und der Bewegung,
      [599] mit der Lehre von der Wärme, der Electricität, dem Magne-
      tismus, vom Lichte ꝛc.;
    • γ) in der Chemie: Kenntniß von dem chemiſchen Verhalten der
      Grundſtoffe und ihrer Hauptverbindungen, der wichtigſten orga-
      niſchen Subſtanzen und der Salze.

§. 5. Die Prüfung wird von der dazu beſtellten Prüfungs-Com-
miſſion gehalten. Dieſe beſteht aus einem Commiſſarius der Regierung
(in der Regel dem Schul-Departements-Rathe), einem von der Re-
gierung dazu ernannten Mitgliede der Local-Schulbehörde (des Epho-
rats, Scholarchats, Curatorii oder der Schul-Commiſſion), dem Director
oder Rector der Schule und den in der oberſten Claſſe wiſſenſchaft-
lichen Unterricht ertheilenden Lehrern. Uebrigens ſind alle Lehrer der
Anſtalt verpflichtet, der Prüfung beizuwohnen, und die übrigen Mit-
glieder der Local-Schulbehörde jedesmal dazu einzuladen. Auf das
Urtheil über das Reſultat der Prüfung haben jedoch nur die Stimmen
der wirklichen Mitglieder der Prüfungs-Commiſſion Einfluß.


§. 6. Die Prüfung zerfällt in eine ſchriftliche und mündliche.


§. 7. Die Aufgaben für die ſchriftliche Prüfung werden von
dem Director und den Lehrern gemeinſchaftlich beſtimmt und dem
Königl. Comiſſarius zur Genehmigung eingereicht; doch ſteht es dem
Letzteren frei, nach Umſtänden die Themata ſelbſt zu beſtimmen. Alle
zugleich zu entlaſſenden Examinanden erhalten dieſelben Aufgaben zur
Bearbeitung.


§. 8. Die ſchriftlichen Prüfungs-Arbeiten beſtehen:


  • a) in einem deutſchen Aufſatze, welcher vorzüglich die Bildung des
    Verſtandes und der Phantaſie, und die Sicherheit und Gewandtheit
    im Gebrauch der Sprache beurkunden ſoll;
  • b) in einer Ueberſetzung eines deutſchen Stückes in das Lateiniſche;
  • c) in einem franzöſiſchen Aufſatze, wozu das Thema aus dem Ideen-
    kreiſe des Examinanden, beſonders uns der neueren Geſchichte,
    zu wählen iſt;
  • d) in einem engliſchen, reſp. italieniſchen Aufſatze, wozu ein ähn-
    liches oder auch daſſelbe Thema, welches für den franzöſiſchen
    gegeben iſt, gewählt werden kann;
  • e) in einem mathematiſchen, beſtehend in der Löſung von zwei geo-
    metriſchen und zwei arithmetiſchen Aufgaben;

[600]
  • f) in einem naturwiſſenſchaftlichen, in welchem ein Thema aus der
    Phyſik und ein Thema aus der Chemie zu bearbeiten iſt.

Die Anfertigung dieſer Aufſätze, bei welcher, außer den Wörter-
büchern der erlernten Sprachen und den mathematiſchen Tafeln, durch-
aus keine Hülfsmittel zu geſtatten ſind, geſchieht unter ununterbrochener
Aufſicht eines Lehrers in einem Claſſenzimmer der Schule.


Für die Arbeiten a. c. e. f. wird, mit Einſchluß der Reinſchrift,
eine Zeit von 5 Stunden geſtattet. Für b. d. müſſen 2—3 Stunden
genügen. Unter jeder Arbeit wird von dem Lehrer, welcher die Auf-
ſicht geführt hat, die Zeit bemerkt, in der ſie angefertigt worden iſt.


Die eingelieferten Arbeiten werden von den betreffenden Lehrern
durchgeſehen und cenſirt, und curſiren demnächſt, nachdem der Director
die ſchriftliche Erklärung beigefügt hat, daß keine der geſtellten Auf-
gaben von den Schülern früher ſchon behandelt ſei, bei allen Mit-
gliedern der Prüfungs-Commiſſion.


§. 9. Wie bei der ſchriftlichen Prüfung es vorzüglich darauf
abgeſehen iſt, die geiſtige Fähigkeit des Examinanden zu prüfen, ſo
hat ſich die mündliche Prüfung vielmehr auf die Erforſchung der poſi-
tiven Kenntniſſe in den §. 4. angegebenen Unterrichtsgegenſtänden zu
richten, und wird hiernach der Königl. Commiſſarius, dem die Wahl
des Prüfungstages überlaſſen iſt, die für jeden Gegenſtand erforder-
liche Zeit beſtimmen, und den Gang der Prüfung ſo leiten, daß ein
unzweideutiges Reſultat derſelben gewonnen werde.


Bei der Prüfung in den fremden Sprachen ſind zum Ueberſetzen
in das Deutſche nur paſſend gewählte Stellen vorzulegen, die früher
in der Schule nicht geleſen und erklärt worden ſind, und dabei Fragen
zu ſtellen, deren Beantwortung die Sicherheit des Examinanden in
der Grammatik und die Fertigkeit im Sprechen der fremden Sprache
darthun kann.


§. 10. Nach der mündlichen Prüfung treten die Examinirten
ab, und es wird nun mit Rückſicht auf die ſchriftlichen Arbeiten und
das Reſultat der mündlichen Prüfung, welches in dem über die ganze
Verhandlung von einem Lehrer zu führenden vollſtändigen Protocoll
niedergelegt worden iſt, und ferner mit Rückſicht auf das Urtheil der
Lehrer über den Fleiß und die ſittliche Aufführung des Geprüften,
der Grad der Reife des zu Entlaſſenden beſtimmt. Jedes wirkliche
Mitglied der Prüfungs-Commiſſion hat dabei eine Stimme. Bei
[601] Gleichheit der Stimmen giebt die des Königl. Commiſſarius den
Ausſchlag.


§. 11. Das Urtheil der Commiſſion wird den Geprüften durch
den Königl. Commiſſarius oder den Director der Anſtalt mitgetheilt.


§. 12. Die Zeugniſſe werden auf den Grund der Prüfungs-
Verhandlung von dem Director oder Rector ausgefertigt.


Das Zeugniß der Nichtreife wird nur auf ausdrückliches Ver-
langen des Geprüften oder deſſen Angehörigen ausgefertigt, jedoch
mit Weglaſſung des Zuſatzes der Reife in der Ueberſchrift und ſtatt
des Schluſſes geſetzt: „Es hat ihm danach in der Prüfung vom ..
ten ...... 18 .. das Zeugniß der Reife nicht zuerkannt werden
können.“


§. 13. Die Zeugniſſe werden den Geprüften von dem Director
in der Regel bei der feierlichen Schulverſammlung reſp. am Schluſſe
der öffentlichen Prüfungen eingehändigt.


§. 14. Der Director der Schule hat nach der Prüfung inner-
halb drei Wochen das Protocoll und die Prüfungs-Arbeiten und Ab-
ſchrift der Atteſte durch den Schulrath der betreffenden Regierung an
das Schul-Collegium der Provinz einzuſenden, welches darauf zu ſehen
hat, daß die Prüfungen vorſchriftsmäßig gehalten werden, und bei
Rückſendung der in dem Archive der Schule aufzubewahrenden Ver-
handlungen dem Director die nöthigen Bemerkungen zugehen laſſen wird.


48.


Circ.-Reſcr. vom 2. Novbr. 1837 (v. K. Ann. 21. S. 961.),
betr. die Unterſtützungskoſten für Kirchen-, Pfarr-
und Schulzwecke aus Staatsfonds
.


Extractweiſe.


Wenn für kirchliche, Pfarr- oder Schulzwecke die Hülfe des
Staates in Anſpruch genommen werden ſoll, ſo iſt vor Allem zu
prüfen, ob der Zweck, welcher erreicht werden ſoll, ein nothwendiger,
d. h. ob deſſen Erreichung in unſerm Staate in der gegenwärtigen
Zeit durch die Rückſicht auf das ſtete Fortſchreiten der Civiliſation,
geboten ſei. Iſt die Nothwendigkeit des Zweckes dargethan, oder
überhaupt unbeſtreitbar, ſo bedarf es noch der Unterſuchung, ob die
Erreichung deſſelben aus erheblichen Gründen durch den Zutritt der
allgemeinen Staats-Fonds in der Art bedingt ſei, daß ohne dieſe
[602] Beihülfe der Zweck würde aufgegeben werden müſſen, oder ob wenig-
ſtens beſondere Gründe obwalten, um eine Mitwirkung des Staats
für die vollſtändigere Erreichung des zu erſtrebenden Zweckes als em-
pfehlenswerth und dem dafür in Anſpruch genommenen Aufwande
entſprechend erſcheinen zu laſſen.


Muß zur Erreichung des Zweckes zur Aufführung von Gebäuden
geſchritten werden, ſo muß:


  • 1) auch deren Nothwendigkeit dargethan ſein, [und] der Betrag der
    zur Ausführung erforderlichen Koſten durch techniſche Veranſchla-
    gung oder wenigſtens durch einen auf ſachverſtändiger Abſchätzung
    beruhenden und in Bezug auf den Umfang des Baues und auf
    die Weiſe der Ausführung genügend erläuterten Koſten-Ueberſchlag
    ermittelt werden.
    Bei Ausarbeitung der Baupläne und Anſchläge muß das
    nach obigen Vorausſetzungen feſtgeſtellte Bedürfniß berückſichtigt,
    jeder unnütze Luxus vermieden, und diejenige Bauart gewählt
    werden, welche neben einer zweckmäßigen Sparſamkeit zugleich
    für die längere Dauer des Gebäudes Bürgſchaft leiſtet und in
    der äußeren Form ſowohl als in der inneren Einrichtung den
    Forderungen der Baukunſt entſpricht.
    Es verſteht ſich alſo von ſelbſt, daß, ſo wenig eine ſolche
    Bauart empfohlen oder vorgeſchrieben werden darf, bei welcher
    ein geringerer Koſtenaufwand durch Mangel an Dauerhaftigkeit
    und Zweckmäßigkeit überwogen würde, ebenſowenig auch durch die
    einſeitige Verfolgung äſthetiſcher und künſtleriſcher Rückſichten die
    wahre, durch die jeweiligen Zuſtände der Staatscaſſe gebotene
    Wirthlichkeit beeinträchtigt werden ſoll.
    Sodann iſt
  • 2) zu ermitteln und nachzuweiſen, welcher Theil der Baukoſten durch
    Beiträge aus dem Kirchenärarium ohne Nachtheil für die auf
    das letztere hingewieſenen und wirklich nothwendigen fortlaufen-
    den Ausgaben (§§. 712. 713. Tit. 11. und §. 37. Tit. 12.
    Th. II. A. L.-R.), ferner durch die von dem Patron, von der
    Commune, oder bei Pfarrbauten von dem Pfarrer unentgeltlich
    herzugebenden Baumaterialien (§§. 729. und 787. Tit. 11. l. c.),
    ſowie durch Benutzung der Materialien oder durch Verkauf der
    alten Kirchen- und Schul-Gebäude, ſoweit dieſelben durch den
    [603] Neubau entbehrlich werden, durch freiwillige Gaben u. ſ. w. ge-
    deckt werden kann.
    Endlich
  • 3) bleibt auf das Sorgfältigſte zu unterſuchen und nachzuweiſen, in-
    wieweit die Kirchen- und Schulgemeine den nach Abzug aller
    ſolchen Zuſchüſſe aus dem Kirchen- oder Communal-Vermögen
    u. ſ. w., ſowie der etwanigen Geldbeiträge des Patrons und des
    Werthes der von den Landgemeinen unentgeltlich zu leiſtenden
    Hand- und Spanndienſte (§. 714. l. c.) verbleibenden Reſt der
    baaren Baukoſten ohne Gefahr für die Unterhaltung im leiſtungs-
    fähigen Zuſtande, aus eigenen Mitteln aufzubringen oder doch
    anzuleihen und das geliehene Capital allmählig wieder abzutra-
    gen im Stande iſt.

Um die Präſtationsfähigkeit der Gemeinen und danach das Unter-
ſtützungs-Bedürfniß bei geiſtlichen und Schulbeamten beurtheilen und
bemeſſen zu können, iſt eine Repartitions-Tabelle der geſammten
auf die Gemeine fallenden baaren Baukoſten mit erläuternden Be-
merkungen über die Erwerbs- und Abgabenverhältniſſe der einzelnen
Mitglieder der Gemeine aufzuſtellen. Bei Anfertigung dieſer Nach-
weiſungen kann es auf eine vollſtändige, ſpecielle Ermittelung des
reinen Ertrages des landwirthſchaftlichen und ſonſtigen Gewerbes der
Mitglieder der betheiligten Gemeinen nicht abgeſehen ſein, zumal
ſolche Ertrags-Abſchätzungen, beſonders bei kleineren Ackerwirthſchaften,
ein zuverläſſiges Reſultat in der Regel nicht gewähren und der Natur
der Sache nach nicht gewähren können. Es wird genügen, wenn
namentlich bei Landgemeinen die Grundbeſitzer nach den im Leben
ſelbſt hervortretenden Abſtufungen und nach den ortsüblichen Benen-
nungen als Bauern, Colonatbeſitzer, Büdner, Koſſäthen, Häusler,
Einlieger u. ſ. w. mit Angabe der Morgenzahl, und ſo weit möglich
des Ertrages der Beſitzungen, dann die Gewerbtreibenden, unter An-
gabe ihres Gewerbes und deſſen ungefähren Umfanges, endlich die-
jenigen Ortseinwohner, welche weder Grundeigenthum beſitzen noch
ein Gewerbe — im engern Sinne des Wortes — treiben, unter An-
gabe der Größe ihres Hausſtandes und der Art ihres Nahrungs-
Erwerbes aufgeführt werden. Dabei ſind Abgaben der einzelnen Ge-
meinemitglieder an den Gutsherrn, an die Geiſtlichkeit und Schulen
und zu andern fortdauernden Communal-Bedürfniſſen, ingleichen an
[604] Feuerſocietätsbeiträgen u. ſ. w. ſo genau als möglich, endlich, ſoweit
ſich dies mit Zuverſicht ermitteln läßt, die Beiträge der auf den
Grund-Beſitzungen haftenden Hypothekenſchulden anzugeben.


Bei den Städten iſt ebenfalls mit analoger Anwendung dieſer
Vorſchriften zu verfahren, und werden überall diejenigen Beſtimmungen,
welche behufs der Aufſtellung und Erläuterung der Claſſenſteuer-
Aufnahmeliſten ertheilt ſind, auch bei der Fertigung der hier in Rede
ſtehenden Repartitionsliſten mit Nutzen beachtet werden können. Jeden-
falls iſt in die letztgedachten Liſten der Betrag der, von jedem Bei-
tragspflichtigen zu entrichtenden Grund-, Klaſſen- und Gewerbeſteuer
(abgeſondert für jede dieſer Steuerarten) aufzunehmen.


Den Landräthen, an welche die aufgeſtellten Liſten zur erſten
Prüfung gelangen müſſen, wird es bei letzterer beſonders obliegen,
ob nicht durch minder koſtſpielige Ausführung des Baues, durch Re-
paraturen oder Anbauten ſtatt des vorgeſchlagenen Neubaues, durch
zweckmäßige Benutzung anderer ſchon vorhandener Gebäude u. ſ. w.
der Koſtenaufwand vermindert, oder durch Verſchiebung gleichzeitig
projectirter Bauten auf eine längere Reihe von Jahren, oder durch
Aufnahme von Capitalien, für deren Verzinſung und ſucceſſive Ab-
bürdung die Commune zu ſorgen hat, die Belaſtung der Gemeine er-
leichtert werden kann. Sie haben ferner ihr Gutachten ſowohl über
die zuläſſige Höhe als über den zur Aufbringung der Gemeinebeiträge
angenommenen Maaßſtab abzugeben, und wo ſie denſelben zu einer
gerechten und den Kräften der Beitragspflichtigen entſprechenden Ver-
theilung der Laſt nicht angemeſſen finden, dieſerhalb anderweite Vor-
ſchläge abzugeben, und wenigſtens an einzelnen Beiſpielen der aufge-
ſtellten Rolle zu zeigen, wie ſich danach die Vertheilung der Beiträge
ſtellen würde.


Im Allgemeinen werden desfallſige Anträge nur dann zur Be-
fürwortung ſich eignen, wenn durch außergewöhnliche und unverſchuldete
Unglücksfälle die Gemeine, welcher die Leiſtung obliegt, hiezu außer
Stand geſetzt iſt, auch anderweite Kreis-, Provinzial- oder Societäts-
Fonds, aus denen eine Uebertragung erfolgen könnte, nicht vorhanden
ſind, oder endlich, wenn anderweite erhebliche Momente anzuführen
ſind, welche zwar eine rechtliche Verpflichtung der Staatscaſſen zur
Uebernahme der Baukoſten nicht begründen, aber eine Beihülfe hiebei,
[605] ſoweit die Leiſtungsfähigkeit der Gemeine nicht ausreicht, ausnahms-
weiſe für billig erachten laſſen.


Iſt der Bau, für welchen die Unterſtützung nachgeſucht wird,
durch Brandſchaden herbeigeführt, ſo bleibt zu unterſuchen, ob und
weshalb die eingeäſcherten Gebäude, ſei es gar nicht oder nicht zu
ihrem Bauwerthe entſprechend, gegen Feuerſchaden verſichert worden
ſind, und es werden, wenn ſich hiebei eine Nachläſſigkeit oder ſonſtige
Verſchuldung der Gemeine ergiebt, die diesfallſigen Unterſtützungs-
Anträge einer um ſo ſtrengeren Beurtheilung unterliegen müſſen, auch
jedenfalls Veranſtaltungen zu treffen ſein, für die Folge ähnlichen
Ungebührniſſen und Uebelſtänden zu begegnen.


Die Königl. Regierung hat zugleich zu prüfen, ob insbeſondere
bei ſolchen Bauten, welche durch Unglücksfälle veranlaßt ſind, die
Unterſtützung zweckmäßig durch Verſtattung einer allgemeinen oder
auf die Provinz oder auf den Regierungsbezirk beſchränkten Kirchen-
collecte gewählt werden könne.


49.


Circ.-Reſcr. v. 8. März 1846. (M.-Bl. S. 54.), betr. die Ver-
wendung der zu Kirchen- und Schulbauten aufkom-
menden Collectengelder
.


Das Allg. Landrecht erwähnt nur eines Falles der Ausſchreibung
einer Collecte ausdrücklich, indem es in den §§. 745—750. Th. II.
Tit. 11. beſtimmt, daß, wenn Einwohner eines Kirchſpiels aus dem
Grunde, weil ſie zu einer andern Religionspartei gehören, mit den
Beiträgen zu einem bevorſtehenden Kirchenbau verſchont bleiben müſſen,
wegen dieſes Ausfalls die Beiträge der übrigen Einwohner nicht er-
höht werden, in Ermangelung anderweiter Mittel zu deſſen Deckung
die geiſtlichen Obern vielmehr befugt ſein ſollen, die Bewilligung einer
Collecte bei dem Staate nachzuſuchen. Daß in einem ſolchen Falle,
wenn zu dem angegebenen Zwecke eine Collecte wirklich bewilligt wor-
den iſt, deren Ertrag nur zur Deckung der in Rede ſtehenden Ausfälle
verwandt, im Uebrigen aber weder dem Patron noch den Gemeine-
mitgliedern zu Gute kommen darf, folgt aus dem Wortlaute jener
geſetzlichen Beſtimmung.


In gleicher Art unterliegt es keinem Bedenken, daß, wenn eine
Collecte lediglich aus dem Grunde ausgeſchrieben worden iſt, weil unter
[606] den zu einer Leiſtung verpflichteten Eingepfarrten oder unter den Schul-
baupflichtigen Perſonen ſich befinden, welche die auf ſie fallenden Bei-
träge entweder gar nicht, oder doch nicht ohne ihren Ruin zu entrich-
ten im Stande ſind, aus den eingehenden Collectengeldern auch nur
die auf ſolche Weiſe entſtehenden Ausfälle gedeckt werden dürfen, und
es unzuläſſig iſt, dieſe Gelder auf eine Weiſe zu verwenden, welche
in irgend einer Beziehung eine Verminderung der auf die vermögen-
den Mitglieder fallenden Beiträge zur Folge haben würde. Denn nach
allgemeinen Rechtsgrundſätzen und der damit übereinſtimmenden Vor-
ſchrift des §. 200. Th. I. Tit. 16. des Allg. Landrechts muß, wenn
außer dem Falle eines Vertrages etwas in Rückſicht eines von dem
Empfänger zu erfüllenden Zweckes gegeben oder geleiſtet worden, der
Empfänger dieſen Zweck erfüllen oder das Empfangene zurückgeben,
und wenn alſo durch Ausſchreibung einer Collecte das Publicum ver-
anlaßt worden iſt, Gelder zu dem ausdrücklich ausgeſprochenen Zwecke
herzugeben, damit daraus die Beiträge unvermögender Gemeindemit-
glieder beſtritten werden, ſo würden ſich die Behörden verantwortlich
machen, wenn ſie es geſtatten wollten, daß der Ertrag auf irgend eine
Weiſe den vermögenden Mitgliedern, reſp. den Patronen und Guts-
herrſchaften, zu Gute käme. Daſſelbe Verhältniß waltet ob, wenn in
einem Falle, wo es ſich um die Wiederherſtellung eines durch einen
Unglücksfall zerſtörten Gebäudes handelt, die Umſtände es nöthig
machen, zwar der ganzen Gemeine, nicht aber auch zugleich dem
verpflichteten Patron oder Gutsherrn die Aufbringung ihrer Beiträge
durch eine Collecte zu erleichtern und daher die Collecte nur zum
Beſten der Gemeine ausgeſchrieben wird. In einem ſolchen Falle iſt
es vollkommen gerechtfertigt, daß der Ertrag der Collecte, auf die
Summe, welche die Gemeine im Ganzen beitragen ſoll, abgeführt
und nur der hierdurch noch nicht gedeckte Theil auf die einzelnen Ge-
meinemitglieder repartirt wird.


Anders verhält es ſich dagegen, wenn eine Collecte zur Wieder-
herſtellung einer durch einen außerordentlichen Unglücksfall zerſtörten
Kirche oder Schule lediglich aus dem Grunde veranſtaltet wird, weil
der Schaden von ſo großem Umfange iſt, daß es auch den vermögenden
Intereſſenten ſchwer fallen würde, ihn allein zu tragen und das zer-
ſtörte Gebäude ohne fremde Hülfe aus eigenen Mitteln entweder über-
haupt oder doch in ſeinem früheren Umfange wieder herzuſtellen. Denn
[607] in einem ſolchen Falle wird für den Geſammtzweck des Baues,
mithin nicht für Einzelne, ſondern vielmehr zum Beſten der ganzen
Kirchengeſellſchaft oder des Schulverbandes, einſchließlich auch des
Patrons und reſp. der zum Schulbau mitverpflichteten Gutsherrſchaft,
collectirt; die eingehenden Gelder gehen daher in das Eigenthum
der Kirche oder Schule
, für welche ſie gegeben worden, über und
müſſen als ein den ſämmtlichen Intereſſenten zufallendes, und den
einzelnen Betheiligten nach Verhältniß ihres geſetz- oder verfaſſungs-
mäßigen Antheils an der Baulaſt in Anrechnung kommendes Geſchenk
nach Analogie des disponiblen Kirchenvermögens von den veranſchlag-
ten Geſammtkoſten des Baues dergeſtalt vorweg in Abzug gebracht
werden, daß nur der ungedeckt bleibende Theil nach den jeden Orts
Statt findenden Vorſchriften zur ſpeciellen Vertheilung auf die Inter-
eſſenten gelangt. Nur auf dieſem Wege läßt ſich der ausgeſprochene
Zweck, allen Intereſſenten eine Erleichterung zu gewähren, erreichen,
und die minder vermögenden Gemeinemitglieder haben in einem Fall
der hier in Rede ſtehenden Art auf eine beſondere Bevorzugung um
ſo weniger Anſpruch, als überhaupt die Höhe der Beiträge ſich in der
Regel nach dem Vermögen der Einzelnen richtet, und es mithin die
Reicheren ſind, welche durch einen ſolchen Unglücksfall hauptſächlich
betroffen werden.


50.


Inſtruction für die Gymnaſien v. 24. Octbr. 1837. (v. K.
Ann. B. 21. S. 938.)


Extractweiſe.


Aus den gutachtlichen Berichten ſämmtlicher Königl. Provinzial-
Schul-Collegien über den im erſten Stücke der hieſigen mediciniſchen
Zeitung v. J. enthaltenen Aufſatz des Regierungs-Medicinal-Raths
Dr. Lorinſer: Zum Schutz der Geſundheit in den Schulen
hat das Miniſterium die erfreuliche Ueberzeugung gewonnen, daß in
den diesſeitigen Gymnaſien der Geſundheitszuſtand der Jugend im All-
gemeinen recht befriedigend und in der bisherigen Einrichtung dieſer
Lehranſtalten kein hinreichender Grund zu der beunruhigenden Anklage
vorhanden iſt, welche der ꝛc. Lorinſer gegen die deutſchen Gymnaſien
überhaupt erhoben hat. Wenn die krankhaften Erſcheinungen des
Geiſtes und Körpers, welche der ꝛc. Lorinſer im Widerſpruche mit an-
[608] dern Aerzten bei dem jüngeren Geſchlechte bemerkt zu haben behauptet,
wirklich vorhanden ſind, ſo iſt es wenigſtens durch die bisherige Er-
fahrung in keiner Art erwieſen, daß durch die Gymnaſien und ihre
Verfaſſung jene krankhaften Anlagen hervorgerufen und geſteigert wer-
den. Das Miniſterium kann ſich daher auch nicht veranlaßt ſehen,
auf den Grund jener Anklage die bisherige Verfaſſung der Gymnaſien
im Weſentlichen abzuändern, zumal die Sorge wegen Beſchützung der
Geſundheit in den Gymnaſien fortwährend die Aufmerkſamkeit der
Königl. Provinzial-Schulcollegien in Anſpruch genommen, die Lehrer-
Collegien in ihren vorſchriftsmäßigen Conferenzen und die Gymnaſial-
Directoren in ihren außerordentlichen Zuſammenkünften immer von
neuem aufs Ernſtlichſte beſchäftigt, und in den einzelnen Provinzen
den Königlichen Staaten zweckdienliche Anordnungen hervorgerufen hat,
damit die körperliche und geiſtige Geſundheit und Kräftigkeit der Jugend,
ſo weit die Gymnaſien auf dieſelben einwirken können, nicht nur nicht
gefährdet, ſondern vielmehr auf jede thunliche Weiſe erhalten und ge-
fördert werde.


In mehreren Verfügungen, und namentlich in der ausführlichen
Circular-Verfügung vom 29. März 1829. hat das Miniſterium dieſen
hochwichtigen Gegenſtand der Königl. Provinzial-Schulcollegien zur
ſorgfältigſten Berückſichtigung von neuem dringend empfohlen, vor
jeder Uebertreibung nachdrücklichſt gewarnt, und ſich aufs [Entſchiedenſte]
dahin ausgeſprochen, daß zwar den Schülern in den Gymnaſien die
Beſchwerden, Mühſeligkeiten und Aufopferungen, welche die unver-
meidliche Bedingung eines der Wiſſenſchaft und dem Dienſte des Staats
und der Kirche gewidmeten Lebens ſind, mittelſt einer ſtetig und natur-
gemäß ſich entwickelnden Bildung vergegenwärtigt, ſie früh an den Ernſt
ihres Berufs gewöhnt und zum muthigen Vollbringen der mit dem-
ſelben verbundenen Arbeiten geſtählt, aber alle überſpannte und dem jedes-
maligen Standpunkte ihrer Kraft nicht gehörig angepaßte Forderungen
durchaus vermieden werden ſollen.


Wenn auch hiernach mit Grund anzunehmen iſt, daß bei einer
umſichtigen und gewiſſenhaften Ausführung der, in Bezug auf
die Gymnaſien bereits erlaſſenen geſetzlichen Vorſchriften die gei-
ſtige und körperliche Geſundheit der Jugend nicht gefährdet, viel-
mehr durch den Ernſt des Unterrichts und die Strenge der
Zucht, wie ſie in den Gymnaſien herrſchen, ſelbſt gegen die verderb-
[609] lichen Einflüſſe der oft verkehrten häuslichen Erziehung und der mate-
riellen Richtungen der Zeit erfolgreich geſchützt wird: ſo glaubt das
Miniſterium dennoch die erfreuliche Aufmerkſamkeit und lebendige Theil-
nahme, welche der oben gedachte Aufſatz des ꝛc. Lorinſer in den ver-
ſchiedenſten Kreiſen der Geſellſchaft gefunden hat, nicht unzweideutiger
ehren zu können, als indem daſſelbe weſentliche, in den Gymnaſien
wahrgenommene Gebrechen und Mängel, welche der gedeihlichen Wirk-
ſamkeit dieſer Anſtalten hemmend entgegentreten, ſo viel als möglich
abzuſtellen ſucht, und zugleich über mehrere den Unterricht und die
Zucht in den Gymnaſien betreffende Punkte, die noch einer nähern
Beſtimmung zu bedürfen ſcheinen, das Erforderliche feſtſetzt.


51.


Reglement v. 18. Novbr. 1819. (G.-S. S. 238.), betr. die
künftige Verwaltung der academiſchen Disciplin und
Polizeigewalt auf den Univerſitäten
.


Extractweiſe.


§. 1. Die durch das E. v. 28. Decbr. 1810. den Univerſitäten
anvertraute academiſche Disciplin und Polizei-Gewalt wird, nach Ver-
ſchiedenheit der Fälle, von dem Rector oder dem Univerſitätsrichter
oder dem academiſchen Senat ausgeübt.


§. 2. Dem Rector allein gebührt die Ausübung der Disciplin,
ſo weit ſie ſich über die Sitten und den Fleiß der Studirenden erſtreckt,
und härtere Maaßregeln als Ermahnungen und Verweiſe nicht erfor-
dert. Schriftliche Verhandlungen finden in dieſen Fällen nicht Statt,
doch iſt der Rector verpflichtet, in einer kurzen Regiſtratur die von
ihm gewählte Maaßregel, die Veranlaſſung zu derſelben, ſo wie den
Vornamen, Namen, das Vaterland des dadurch Betroffenen, und die
Facultät, zu welcher derſelbe gehört, aufzuzeichnen, und dieſe Regiſtra-
tur dem Univerſitätsrichter und dem Decan der Facultät, zu welcher
der Betroffene gehört, nachrichtlich vorlegen zu laſſen.


§. 3. Wenn wegen Unfleißes oder unſittlichen Betragens, unge-
achtet ſolches in einer Verletzung der allgemeinen Landesgeſetze und
Verordnungen noch nicht beſteht, dennoch härtere als die §. 2. bemerk-
ten Strafen nothwendig werden, z. B. Beraubung der unter der Ver-
waltung des academiſchen Senats ſtehenden Beneficien, Freitiſche und
Stipendien, oder Verweiſung von der Univerſität, ſo tritt das unter
§. 10 sqq. bemerkte Verfahren ein.


39
[610]

§. 4. Streitigkeiten unter den Studirenden ſelbſt, ſo lange ſie
nicht in Thätlichkeiten übergegangen, werden zunächſt von dem Rector
allein erörtert; inſofern ihm aber deren gütliche Beilegung nicht ge-
lingen, oder, ſeiner Anſicht nach, einer der Theilnehmer eine härtere
Strafe als einen bloßen Verweis verwirkt haben ſollte, iſt er verbun-
den, die weitere Verhandlung dem Univerſitätsrichter zu überlaſſen.


§. 5. Die Ernennung des Univerſitätsrichters geſchieht von Un-
ſerm Miniſterio der geiſtlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegen-
heiten mit Zuſtimmung Unſers Juſtiz-Miniſterii und Unſers Miniſterii
zur Reviſion der Geſetzgebung u. ſ. w. für die Univerſität Bonn. Der
Univerſitätsrichter ſoll in der Regel dieſelbe Qualification zur Ver-
waltung des Richteramts haben, welche Wir von den Mitgliedern
Unſerer O.-L.-G., nach näherer Anweiſung der A. G.-O., erfordern.
Er darf weder academiſcher Lehrer noch Privatdocent ſein, hat aber
den Rang der ordentlichen Profeſſoren. Er iſt Mitglied des acade-
miſchen Senats und nimmt in demſelben, ſo wie bei feierlichen Auf-
zügen, die Stelle zur Linken des jedesmaligen Rectors ein. Er iſt
befugt, in Sachen ſeines Amtes dem Secretair und den Unterbeamten
der Univerſität Aufträge und Anweiſungen zu ertheilen, und ſteht
ſeinerſeits zunächſt unter dem Regierungs-Bevollmächtigten bei der
Univerſität, welcher in allen Sachen, worin es auf Kenntniß der Ge-
ſetze und der Landesverfaſſung ankommt, ihm Gutachten abzufordern
und Aufträge zu geben berechtigt iſt.


§. 10. Bei allen größeren Vergehen, wo die vermuthliche Strafe
viertägige Incarceration überſteigt, wird die Unterſuchung zwar von
dem Univerſitätsrichter gleichfalls ſelbſtſtändig nach §. 8. geleitet, er
iſt jedoch verbunden, zu den Terminsverhandlungen den Rector zuzu-
ziehen, der ſich in Verhinderungsfällen den Rector des nächſtvorigen
Jahres oder, wenn auch dieſer verhindert wird, den Decan, oder,
wenn auch dieſer verhindert wird, einen Profeſſor ordinarius der Fa-
cultät, zu welcher der Angeſchuldigte gehört, zu ſubſtituiren berech-
tigt iſt.


§. 11. Als größere Vergehen, jedoch mit den Beſchränkungen,
welche das Edict vom 28. December 1810. §. 9. enthält, ſollen ohne
Ausnahme betrachtet werden:


  • Duelle unter Studenten, bei denen keine erhebliche Verwundung
    oder Verſtümmelung vorgefallen,

[611]
  • Realinjurien,
  • Störung der Ruhe an öffentlichen Orten,
  • Beleidigung einer Obrigkeit,
  • Beleidigung eines Lehrers, Rückſichts ihrer nur disciplinellen
    Folgen,
  • Aufwiegelei,
  • Rottenſtiftung unter Studenten,
  • Verrufserklärung oder Ausführung einer Verrufserklärung,
  • Theilnahme an geheimen oder nicht autoriſirten Verbindungen.

§. 12. Auch die Entſcheidung erfolgt in den §§. 10. und 11.
beſtimmten Fällen, ſobald ſie nicht auf Ausſchließung von der Univer-
ſität ausfällt, ſelbſtſtändig durch den Univerſitätsrichter, jedoch nach
vorgängigem Vortrage im Senate. Sämmtlichen Mitgliedern des
Senats ſteht bei dieſem Vortrage eine berathende Stimme zu. Iſt
aber die Hälfte der Mitglieder des Senats der Meinung, daß die
Entſcheidung des Richters zu hart oder zu gelinde ſei, und betrifft
die Verſchiedenheit in den Anſichten eine achttägige Incarceration oder
eine noch härtere Strafe, ſo muß, wenn der Richter ſich von den
Gründen der übrigen Senatsmitglieder nicht überzeugen läßt, der Re-
gierungsbevollmächtigte über die Differenz entſcheiden. Dieſer Recurs
auf den Regierungsbevollmächtigten findet, ſobald der Rector ſich unter
den Diſſentirenden befindet, ſchon dann Statt, wenn ein Drittheil
ſämmtlicher Stimmen des Senats ſich gegen den Univerſitätsrichter
erklärt.


§. 13. Sobald von dem Richter oder einem andern Senatsmit-
glied auf Ausſchließung von der Univerſität, ſei es nun durch Exclu-
sion, consilium abeundi
oder Relegation, angetragen wird, haben
ſämmtliche Senatsmitglieder eine völlig entſcheidende Stimme, und
die einfache Pluralität der Stimmen giebt den Ausſchlag; dem Rich-
ter ſteht jedoch frei, wenn er dem Beſchluſſe ſich nicht fügen zu können
glaubt, auf die Entſcheidung des Regierungsbevollmächtigten, wie im
§. 12., zu provociren.


§. 21. Dem Univerſitätsrichter ſteht die Benutzung der untern
Polizeibeamten des Orts für die von ihm zu führenden Unterſuchungen,
unter Rückſprache mit den Orts-Chefs derſelben frei. Zu Mittheilungen
zwiſchen dieſem und dem Univerſitätsrichter bedarf es keiner förmlichen
Schreiben, die Verhandlungen werden vielmehr gegenſeitig in originali
39*
[612]brevi manu mitgetheilt, und mit den Originalvermerken, welche er-
beten worden, zurückgegeben.


§. 22. Der Richter ſoll überhaupt das Organ ſein, durch wel-
ches der Rector und Senat mit den Ortspolizeibehörden in Verbin-
dung tritt; es muß daher in allen Angelegenheiten, bei welchen ein
polizeiliches Intereſſe Statt findet, insbeſondere alſo über die Anträge
der Studirenden auf Zulaſſung öffentlicher Aufzüge, der Veranſtaltung
von Bällen und Concerten, zwiſchen dem Rector und Richter und,
wenn dieſe ſich über die Zulaſſung vereinigt haben, zwiſchen dem Rich-
ter und dem Chef der Ortspolizeibehörde berathen werden. Der Re-
gierungsbevollmächtigte entſcheidet, wenn bei den Berathungen keine
Vereinigung Statt findet.


§. 23. Der Richter muß wöchentlich dem Regierungsbevoll-
mächtigten eine Ueberſicht der eingegangenen und der beendigten Klagen
und Anzeigen einreichen, in welche auch die nach §. 2. von dem Rector
aufgenommenen Regiſtraturen aufzunehmen ſind.


Das Schema hierzu wird ihm der Regierungsbevollmächtigte mit-
theilen. Es iſt damit eine Anzeige von der geſchehenen Vollſtreckung
der Urtheile zu verbinden. Bei Vorfällen unter Studirenden, die am
Orte ein beſonderes Aufſehen erregt haben, muß die Anzeige an den
Regierungsbevollmächtigten ſogleich erfolgen, mit beſtimmter Bezeich-
nung des bereits Feſtſtehenden und des zur Zeit noch unverbürgt Be-
kanntgewordenen.


§. 24. Der Univerſitätsrichter iſt befugt und verpflichtet, geſetzlich
zuläſſige Schuldcontracte der Studirenden aufzunehmen, auch den ſtu-
direnden Ausländern die in ihren Privatangelegenheiten etwa nöthigen
gerichtlichen Beglaubigungen zu ertheilen, und ſollen dieſe Verhand-
lungen, für welche er aber in keinem Falle eine Taxe erheben darf,
gerichtlichen Glauben haben.


52.


Allerh. Bekanntmachung des Beſchluſſes der deutſchen
Bundesverſammlung
v. 14. Novbr. 1834. wegen der
deutſchen Univerſitäten
, v. 5. Decbr. 1835. (G.-S. S. 287.)


Extractweiſe.


Die deutſche Bundesverſammlung hat in ihrer am 14. Nov. 1834.
ſtattgehabten 39ſten Sitzung zum Zwecke der Feſtſtellung und Auf-
[613] rechthaltung gemeinſamer Maaßregeln in Betreff der Univerſitäten und
anderer Lehr- und Erziehungsanſtalten Deutſchlands beſchloſſen:


Art. 1. Die Regierungen werden auf ihren Univerſitäten für
die Immatriculation eine eigene Commiſſion niederſetzen, welcher der
außerordentliche Regierungsbevollmächtigte oder ein von der Regierung
dazu ernannter Stellvertreter deſſelben beiwohnen wird.


Alle Studirenden ſind verbunden, ſich bei dieſer Commiſſion
innerhalb zwei Tagen nach ihrer Immatriculation zu melden. Acht
Tage nach dem vorſchriftsmäßigen Beginnen der Vorleſungen darf,
ohne Genehmigung der von der Regierung hierzu beſtimmten Behörde,
keine Immatriculation mehr Statt finden. Dieſe Genehmigung wird
insbeſondere alsdann erfolgen, wenn ein Studirender die Verzögerung
ſeiner Anmeldung durch Nachweiſung gültiger Verhinderungsgründe
zu entſchuldigen vermag.


Auch die auf einer Univerſität bereits immatriculirten Studirenden
müſſen ſich beim Anfange eines jeden Semeſters in den zur Imma-
triculation angeſetzten Stunden bei der Commiſſion melden und ſich
über den inzwiſchen gemachten Aufenthalt ausweiſen.


Art. 4. Die Immatriculation iſt zu verweigern:


1) Wenn ein Studirender ſich zu ſpät dazu meldet und ſich des-
halb nicht genügend entſchuldigen kann. (Art. 1.)


2) Wenn er die erforderlichen Zeugniſſe nicht vorlegen kann.


Erfolgt auf die Erkundigung von Seiten der Univerſität längſtens
binnen vier Wochen, vom Abgangstage des Schreibens an gerechnet,
keine Antwort, oder wird die Ertheilung eines Zeugniſſes, aus welchem
Grunde es auch ſei, verweigert, ſo muß der Angekommene in der
Regel ſofort die Univerſität verlaſſen, wenn ſich die Regierung nicht
aus beſonders rückſichtswürdigen Gründen bewogen findet, ihm den
Beſuch der Collegien unter der im vorſtehenden Artikel enthaltenen
Beſchränkung noch auf eine beſtimmte Zeit zu geſtatten. Auch bleibt
ihm unbenommen, wenn er ſpäter mit den erforderlichen Zeugniſſen
verſehen iſt, ſich wieder zu melden.


3) Wenn der Ankommende von einer andern Univerſität mittelſt
des Consilii abeundi weggewieſen iſt.


Ein ſolcher kann von einer Univerſität nur dann wieder aufge-
nommen werden, wenn die Regierung dieſer Univerſität, nach vor-
[614] gängiger, nothwendiger, mittelſt des Regierungsbevollmächtigten zu
pflegender Rückſprache mit der Regierung der Univerſität, welche die
Wegweiſung verfügt hat, es geſtattet. Zu der Aufnahme eines Rele-
girten
iſt nebſtdem die Einwilligung der Regierung des Landes,
dem er angehört, erforderlich.


4) Wenn ſich gegen den Ankommenden ein dringender Verdacht
ergiebt, daß er einer verbotenen Verbindung angehört, und er ſich von
demſelben auf eine befriedigende Weiſe nicht zu reinigen vermag.


Die Regierungscommiſſaire werden darüber wachen, daß die Uni-
verſitäten jede Wegweiſung eines Studirenden von der Univerſität,
nebſt der genau zu bezeichnenden Urſache und einem Signalement des
Weggewieſenen ſich gegenſeitig mittheilen, zugleich aber auch die Eltern
des Weggewieſenen oder deren Stellvertreter davon benachrichtigen.


Art. 5. Jedem Studirenden werden vor der Immatriculation
die Vorſchriften der §§. 3. und 4. des Bundesbeſchluſſes vom 20. Sep-
tember 1819. über die in Anſehung der Univerſitäten zu ergreifenden
Maaßregeln, ſowie die Beſtimmungen der hier folgenden Artikel, in
einem wörtlichen Abdrucke eingehändigt, welcher ſich mit folgendem
Reverſe ſchließt:


„Ich Endesunterzeichneter verſpreche mittelſt meiner Namens-
unterſchrift auf Ehre und Gewiſſen:


1) daß ich an keiner verbotenen oder unerlaubten Verbindung der
Studirenden, insbeſondere an keiner burſchenſchaftlichen Verbindung,
welchen Namen dieſelbe auch führen mag, Theil nehmen, mich an der-
gleichen Verbindungen in keiner Beziehung näher oder entfernter an-
ſchließen, noch ſolche auf irgend eine Art befördern werde;


2) daß ich weder zu dem Zwecke gemeinſchaftlicher Berathſchla-
gungen über die beſtehenden Geſetze und Einrichtungen des Landes,
noch zu jenem der wirklichen Auflehnung gegen obrigkeitliche Maaß-
regeln mit Andern mich vereinigen werde.


Insbeſondere erkläre ich mich für verpflichtet, den Forderungen,
welche die dieſem Reverſe vorgedruckten Beſtimmungen enthalten, ſtets
nachzukommen, widrigenfalls aber mich allen gegen deren Uebertreter
daſelbſt ausgeſprochenen Strafen und nachtheiligen Folgen unweigerlich
zu unterwerfen.“


Erſt nachdem dieſer Revers unterſchrieben worden iſt, findet die
[615] Immatriculation Statt. Wer dieſe Unterſchrift verweigert, iſt ſofort
und ohne alle Nachſicht von der Univerſität zu verweiſen.


Art. 8. Die Mitglieder einer burſchenſchaftlichen oder einer auf
politiſche Zwecke unter irgend einem Namen gerichteten, unerlaubten
Verbindung trifft (vorbehaltlich der etwa zu verhängenden Criminal-
ſtrafen) geſchärfte Relegation. Die künftig aus ſolchem Grunde mit
geſchärfter Relegation Beſtraften ſollen ebenſowenig zum Civildienſte,
als zu einem kirchlichen oder Schulamte, zu einer academiſchen Würde,
zur Advocatur, zur ärztlichen oder chirurgiſchen Praxis, innerhalb der
Staaten des deutſchen Bundes, zugelaſſen werden.


Würde ſich eine Regierung durch beſonders erhebliche Gründe
bewogen finden, eine, gegen einen ihrer Unterthanen wegen Verbin-
dungen der bezeichneten Art erkannte Strafe im Gnadenwege zu
mildern oder nachzulaſſen, ſo wird dieſes nie ohne ſorgfältige Erwä-
gung aller Umſtände, ohne Ueberzeugung von dem Austritte des Ver-
irrten aus jeder geſetzwidrigen Verbindung und ohne Anordnung der
erforderlichen Aufſicht geſchehen.


Art. 9. Die Regierungen werden das Erforderliche verfügen,
damit in Fällen, wo politiſche Verbindungen der Studirenden auf
Univerſitäten vorkommen, ſämmtliche übrige Univerſitäten hiervon
benachrichtigt werden.


53.


Inſtruction für die Generalſuperintendenten v. 14. Mai
1829. (v. K. Ann. B. 13. S. 279.)


(ſ. S. 40. unten.)


[[616]]

Appendix A I.
Sachregiſter.


Appendix A.1 A.


  • Abholung der Schullehrer, ihrer Familie und Effecten durch die Gemeine. 37.
  • Abiturienten, deren Prüfung. 53. (ſ. auch Gymnaſiaſten, Gym-
    naſien, Prüfung
    .)
  • Amtseid der Schullehrer. 20. 21.
  • Amtsentſetzung, der Schullehrer, kann, ungeachtet des abſolutoriſchen
    Erkenntniſſes, vom Departementschef erfolgen. 26.; das Verfahren
    dabei. 26. 28. 29. Auszahlung der einbehaltenen Gehaltsrate wäh-
    rend derſelben. 27. Dispoſition über das Einkommen während der-
    ſelben. 27. 28. 29.; interimiſtiſch angeſtellter Schullehrer. 30.
  • Amtsführung. (ſ. Schullehrer.)
  • Amtspflichten. (ſ. Schullehrer.)
  • Amtswohnung. (ſ. Schulgebäude.)
  • Anhaltung der Eltern zum Schulunterrichte der Kinder. 38.
  • Anlegung von Privatſchulen. (ſ. Penſionsanſtalten.)
  • Anſtellung der Zeichnen-, Geſang- und Schreiblehrer an den Gym-
    naſien
    . 52. (ſ. auch Schullehrer.)
  • Aufſicht über die Schulen durch die Gerichtsobrigkeit, die Gemeine und
    die Geiſtlichen. 8 seq.; durch die Superintendenten. 13. 14.; über
    die Schulbedienten. 27.; über Schulen gebührt dem Staate, auch
    wenn ſie ſonſt gewiſſen Perſonen oder Corporationen untergeordnet ſind. 51.;
    des öffentl. Unterrichts. 227.; über öffentl. Lehranſtalten. 236.;
    über Schulen durch die Geiſtlichen. 239.; über die ſtädtiſchen
    Schulen. 246.; über die in andern Regierungsbezirken gelegenen Ne-
    benſchulen
    . 248.; über Bürgerſchulen. 249.; das landesherr-
    liche
    Oberaufſichtsrecht über das Schulweſen. 253.; über die Jugend
    außerhalb der Schule. 258 seq.; über die Schüler, deren Eltern
    nicht am Orte des Gymnaſii wohnen. 259. 282.; über die Leih-
    bibliotheken
    wegen der Schüler. 261 seq.; über die auswärtigen
    Zöglinge der Gymnaſien und Bürgerſchulen. 285.; über die Waiſen-
    häuſer
    . 304.; über die Verwalt. von Armen-Stiftungsfonds. 335.

[617]

Appendix A.2 B.


  • Baumzucht, Beförderung derſelben durch die Schulen und Schullehrer.
    136. 143.
  • Bauten der Schulen. 33. 36. (ſ. Schulhäuſer.)
  • Befreiung. (ſ. Immunitäten.)
  • Beiträge. (ſ. Schulbeiträge.)
  • Beſtallung der Schullehrer. 18.; durch Privatperſonen oder Cor-
    porationen
    . 51.
  • Beſtrafung. (ſ. Amtsentſetzung.)
  • Bürgerſchulen. Die Prüfung ſtudirter Lehrer für dieſelben. 21. An-
    ſtellung der Candidaten des höhern Schulamtes an denſelben. 22.
    Anſtellung von Ausländern an denſelben. 22. Beſetzung der Zeich-
    nenlehrerſtellen
    an denſelben. 47. Dienſtinſtruction der Directoren
    für dieſelben. 48. Zulaſſung der Candidaten zu denſelben behufs ihrer
    practiſchen Ausbildung; Prüfung ſtudirter Lehrer für dieſelben. 52.;
    Prüfung der von denſelben abgehenden Schüler. 53. Verbeſſerung
    derſelben. 87. Einführung neuer Lehrbücher in denſelben. 152.;
    deren Programme. 153. Aufſicht über dieſelben. 249. Beauf-
    ſichtigung auswärtiger Zöglinge der Bürgerſchulen. 285.

Appendix A.3 C.


  • Candidaten, Erwerbung tüchtiger Candidaten des Schulamts. 6.; deren
    Verhältniſſe in den Seminaren; ihre Prüfung und Anſtellungs-
    fähigkeit
    ; die Wahlfähigkeitsprüfung katholiſcher Cand. 21.
    Prüfung ausländiſcher. 21.; deren Anſtellung an Bürgerſchulen.
    22.; deren Prüfung in den Naturwiſſenſchaften. 22.; deren Be-
    freiung von der Claſſenſteuer, wenn ſie beſchäftigt ſind. 25.; ihre
    Militairverhältniſſe. 25.; die Prüfung derſelben; in der Phi-
    loſophie
    , ihre practiſche Ausbildung; der pädagogiſche Theil
    ihrer Prüfung; ſolcher, welche pro facultate docendikein genügendes
    Zeugniß erhalten; Prüfung in den Naturwiſſenſchaften; in den
    neueren Sprachen. 52. Beherbergung und Päſſe reiſender C. 58.;
    ihre Verhältniſſe in den Seminaren. 75.; ihre Bildung in den
    Seminaren. 89.
  • Claſſenſtener, Befreiung der beſchäftigten Schulamtscandidaten von
    derſelben. 25. Befreiung der Schullehrer davon. 22 seq.
  • Communalabgaben, Befreiung der Schullehrer davon. 22.; daß die
    Koſten des Schulweſens keine Communallaſt. 33.; jüdiſche Schul-
    lehrer ſind von denſelben nicht befreit. 194. 217. 222.
  • Conſiſtorium, die Ablieferung der Schulprogramme durch daſſelbe an
    die Königl. Bibliothek. 6.; Inſtruction für daſſelbe. 26.; ſeine Mit-
    wirkung bei Unterſuchung gegen Schullehrer. 28.; muß bei Ver-
    änderungen
    im Schulweſen und Unterricht ſeine Genehmigung er-
    theilen. 51.; ſeine Leitung der Seminare. 76 seq.; der öffentlichen
    [618] Lehranſtalten. 236.; die Wirkung der von demſelben gepflogenen Ver-
    handlungen
    . 250.; die Reſſortverhältniſſe deſſelben. 254. (ſ.
    auch Aufſicht.)

Appendix A.4 D.


  • Deputatholz der Schullehrer. 30.
  • Diäten für commiſſariſche Geſchäfte in Dienſtangel[e]genheiten. 237.
  • Dienſtentlaſſung der Schullehrer. (ſ. Schullehrer, Amtsentſetzung.)
  • Dienſtinſtruction. (ſ. Inſtruction.)
  • Directoren. (ſ. Gymnaſien, Schullehrerſeminare.)
  • Disciplinarverfahren gegen Schullehrer. 28.; gegen interimiſtiſch
    angeſtellte Schullehrer. 30.; Recursinſtanz dabei. 30. (ſ. a. Amts-
    entſetzung, Schullehrer
    .)

Appendix A.5 E.


  • Elementarſchulen. (ſ. Schulen.)
  • Elementarſchullehrer. (ſ. Schullehrer.)
  • Elementarſchulweſen. (ſ. Schulweſen.)
  • Eltern können die Erziehung ihrer Kinder im Hauſe beſorgen. 5. An-
    ſchaffung der Unterrichtsmittel für Kinder armer Eltern. 33.; müſſen
    ihre Kinder zur Schule ſchicken. 38.; ſollen angehalten werden, ihre
    Kinder die Lehrſtunden beſuchen zu laſſen. 46. Beſchaffung der
    Unterrichtsmittel für Kinder armer Eltern. 151.; wenn ſie nicht
    am Orte des Gymnaſii wohnen. 259.
  • Emeritirung der Schullehrer. 27.; unfreiwillige. 28. 29. (ſ. auch
    Penſionirung.)
  • Entlaſſung. (ſ. Amtsentſetzung, Schulehrer.)
  • Entſetzung. (ſ. Amtsentſetzung.)
  • Erwerbung von Realitäten der Schulanſtalten. 16. 18.
  • Erziehungsanſtalten. (ſ. Unterrichtsanſtalten.)
  • Examen. (ſ. Prüfung.)

Appendix A.6 F.


  • Ferien, in den Schulen. 6. (ſ. auch Schulen.)
  • Fiscus, deſſen Nichtverpflichtung, als Grundeigenthümer zu Schulbauten
    beizutragen. 34.; Beſchaffung des Holzes bei Schulbauten Seitens des-
    ſelben. 37.; die von demſelben abgeſchloſſenen Receſſe. 250.

Appendix A.7 G.


  • Gebäude der Schulen. (ſ. Schulgebäude.)
  • Geiſtliche, deren Heranziehung zu den Schulbeiträgen. 31.; Beaufſich-
    tigung
    der Schulen durch dieſelben. 239.
  • Gemeine, deren Verbindlichkeit bei Penſionirung der Schullehrer. 26.;
    muß den Schullehrer bei Abſchaffung der Zählgelder entſchädigen. 31.;
    [619] Beiträge zugeſchlagener Gemeinen. 36.; deren Reſſortverhält-
    niſſe
    in Schulhausbauten. 37.; keines ihrer Mitglieder kann ſich dem
    Beitrage zu Bauten entziehen. 37.; ihre Verpflichtung, den Schul-
    lehrer
    herbeizuholen. 37.
  • Gemeinheitstheilung, Berückſichtigung der Schullehrer bei derſ. 31.;
    Aufbringung der Koſten hierzu Seitens der Schulen. 33.
  • Generallandſchulen-Reglement. 3.
  • Generalſuperintendent, Inſtruction für denſelben. 40.; ſeine Beauf-
    ſichtigung der Elementar- und Bürgerſchulen. 41.
  • Gerichte, haben die Schullehrer anzuſtellen. 18.; ihnen ſind die Schul-
    lehrer unterworfen. 25.; haben die Aufſicht über die Schulleh. 25.;
    haben die Schulbeiträge auszuſchreiben. 32.; academiſche. 55.
  • Gottesdienſt, Beſuch deſſelben durch die Schuljugend. 8.
  • Gutsherrſchaft, deren Verpflichtung zur Unterſtützung ihrer Tagelöhner,
    rückſichtlich der Schulkoſten; ihre Leiſtungen zu Schulzwecken. 33.; ihre
    Verpflichtungen bei Reparaturen der Schulhäuſer. 36.
  • Gymnaſiaſten, Unterſtützung hülfsbedürftiger; deren Militair-
    dienſt
    . 47. Beherbergung und Päſſe reiſender Gymnaſiaſten. 58.;
    deren Beaufſichtigung, wenn ihre Eltern nicht am Orte des Gym-
    naſii wohnen. 259.; ſollen nicht mit Schauſpielergeſellſchaften
    umgehen, nicht in Leihbliothen leſen. 259 seq.; Verbot öffentlicher
    Aufzüge derſelben. 262.; Verbot des Beſuchs der Schankſtätten
    Seitens derſelben. 282.; ihre Beaufſichtigung, wenn ſie nicht im elter-
    lichen Hauſe
    wohnen. 282.; Beaufſichtigung auswärtiger. 285.
  • Gymnaſien, deren Portofreiheit. 6.; haben die Rechte der Corpo-
    rationen
    . 47.; ſtehen unter Aufſicht der Behörden; Rechnenunter-
    richt, Privatlectüre
    , das Griechiſche, die philoſoph. Vorbe-
    reitung, die Mathematik
    , der Geſang-, Geſchichts- und
    geographiſche Unterricht derſelben. 47.; das Verhältniß der Mit-
    telſchulen
    zu denſelben. 48.; deren Grundſtücke, Vermögen, Ge-
    bäude
    . 48.; ſind bei Schenkungen nicht den Einſchränkungen der
    Kirchengeſellſchaften unterworfen. 48.; Anſtellung der Zeichnen-, Ge-
    ſang
    - und Schreiblehrer an denſelben. 52.; die Ertheilung der
    Zeugniſſe der Schüler auf denſelben. 53.; Entlaſſung der Abitu-
    rienten
    . 53.; die Lehrer an denſelben haben privilegirten Gerichts-
    ſtand
    . 53.; Umzugs- und Reiſekoſten der Lehrer an denſelben. 54.;
    die Nichtbewilligung von Amtsblatts-Freiexemplaren an dieſelben. 87.;
    Portofreiheit für dieſelben. 88.; die polniſche Sprache in den-
    ſelben. 94.; Anſtellung der Lehrer und Directoren an denſelben. 95.;
    Erweiterung der Bibliotheken derſelben. 141.; Empfangsbeſchei-
    nigung
    derſelben über Bücher. 152.; deren Programme. 153.;
    das erforderliche Alter zur Aufnahme in die unterſten Claſſen der-
    ſelben. 158.; haben diejenigen Schüler zu beaufſichtigen, deren Eltern
    nicht am Orte des G. wohnen. 259.; die Geſtattung und Einrichtung
    des Turnens in denſelben. 292 seq.
  • Gymnaſtiſche Uebungen. (ſ. Turnen.)

[620]

Appendix A.8 H.


  • Handarbeiten, Unterweiſung hierin in den Volksſchulen. 143.
  • Handwerksſchulen, zweckmäßigere Organiſation derſelben. 119.; ihre
    Organiſation. 129.
  • Hauslehrer. (ſ. Privatlehrer.)
  • Honorare für Collegia. 65.; deren Stundung und Einklagung. 65. 66.

Appendix A.9 J.


  • Immunitäten der Schullehrer. 22. 23. 24. (ſ. auch Communal-
    Abgaben
    .)
  • Inſpectoren. (ſ. Superintendenten.)
  • Inſtruction. (ſ. Regierung, Conſiſtorium, Generalſuper-
    intendent
    .)
  • Interimiſticum, der Bau der Scheunen für Schullehrer während des-
    ſelben. 15.; beim Bau kathol. Schulen. 34.; bei Erweiterungen
    von Schulgebäuden. 35.; in Schulbauangelegenheiten. 35.; Ver-
    fahren
    dabei. 36.
  • Juden, die Streitigkeiten in ihren Schulangelegenheiten. 193.; ſollen
    ihre Kinder zur Schule ſchicken. 194.; deren Theilnahme an dem
    Unterrichte in chriſtlichen Seminaren. 203.; ihre Beitrags-
    pflicht
    zu den Ortsſchulen. 203.; müſſen die Unterhaltungskoſten
    für ihre Schulen aufbringen. 203. 204.; deren Unterricht in den
    Schulen. 207.; im Großherzogthum Poſen. 209.; deren Prüfung
    pro facult. docend. 218.; ihre Heranziehung zur Unterhaltung der
    Schulen. 219.; Aufbringung der Communalbedürfniſſe durch die-
    ſelben. 222.
  • Jüdiſche Schullehrer, deren Aufnahme; ſind von öffentlichen und
    Communallaſten nicht befreit. 196.; Aufnahme von Ausländern
    hierzu. 196.; Zulaſſung fremder Juden zu denſel.; ihre Anſtellung.
    195. 200.; im Großherzogthum Poſen. 210.; ihre Nichtbefreiung von
    Communallaſten. 217. 222.; die Grundſteuerverhältniſſe
    ihrer Dienſtwohnungen. 223.
  • Jüdiſches Schulweſen, die Einrichtung deſſelben. 193 seq.Ein-
    ſendung
    von Verzeichniſſen des Beſuches der Schulen. 195.; die jähr-
    lich einzureichenden Nachweiſungen über daſſelbe. 201.; Aufbringung
    der Unterhaltungskoſten zu demſelben. 203. 204. 207 seq.; im
    Großherzogthum Poſen. 209.; in daſſelbe darf, wenn es eine Privat-
    ſchule
    betrifft, die Regierung nicht eingreifen. 218.; deſſen Beaufſich-
    tigung durch chriſtl. Geiſtliche. 218.; deſſen Unterhaltung. 220.;
    die Grundſteuerverhältniſſe deſſelb. 223.; Erwerbung von Grund-
    eigenthum
    für daſſelbe. 223.

[621]

Appendix A.10 K.


  • Kinder, deren Beiwohnung des Religionsunterrichts. 7.; wann ſie
    zur Schule geſchickt werden müſſen. 38.; ihr ſchulpflichtiges Alter.
    38.; deren Benutzung in den Fabriken. 38.; welche bei Bauhand-
    werken
    beſchäftigt werden. 39.; wann ſie von der Schule zurück-
    behalten
    werden können. 39.; deren Unterricht während der Sonn-
    tage
    . 40.; ſollen durch den Schulaufſeher zum Beſuche der Schule
    angehalten werden. 45.; deren Züchtigung durch den Schullehrer. 46.;
    Warnung derſelben vor dem Ausnehmen der Vogelneſter und Weg-
    fangen der Singvögel. 135.; Beſchaffung der Unterrichtsmittel für
    arme Kinder. 151.; deren Beaufſichtigung außerhalb der Schule.
    258.; der Beſuch der Wirthshäuſer von denſelben; wenn ihre Eltern
    nicht am Orte der Schule wohnen. 259.; Bewahrung derſelben vor
    ſittengefährlichen Vergnügungen. 275. Die Beſſerung verwahr-
    loſeter
    Kinder. 276 seq.; Warnung derſelben vor dem Umgehen mit
    Schießgewehren, vor dem Beſuche der Tanzböden. 283. (ſ. auch
    Schulen.)
  • Kinderbewahranſtalten, deren Gebührenfreiheit. 5.; Aufſichts-
    führung
    über dieſelben. 14.
  • Klaſſenſteuer. (ſ. Claſſenſteuer.)

Appendix A.11 L.


  • Landſchulen. (ſ. Schulen.)
  • Lehrer. (ſ. Schullehrer.)
  • Lehrerinnen, deren Prüfung und Zulaſſung. 22.; deren Beauf-
    ſichtigung
    . 188.; der Louiſenſchule in Poſen; ihre Prüfung und
    Zulaſſung. 190.
  • Lehrpläne. (ſ. Schulen.)

Appendix A.12 M.


  • Magiſtrat, deſſen Zuziehung zur Schuldeputation. 8. 9 seq.; Aus-
    übung des Patronatsrechts durch denſelben. 19.; ſeine Pflichten bei
    Reparaturen der Schulgebäude. 36. (ſ. auch Aufſicht.)
  • Materialien, deren Verabfolgung zum Schulbau und Reparaturen. 36.
  • Mädchenſchulen. (ſ. Töchterſchulen.)
  • Muſikfeſte, Theilnahme der Schullehrer an denſelben. 88.

Appendix A.13 N.


  • Nebenſchulen ſollen, ohne beſondere Erlaubniß, nicht geduldet wer-
    den. 5.; die Aufſichtsführung über dieſelben, wenn ſie in andern
    Regierungsbezirken gelegen. 248.

[622]

Appendix A.14 O.


  • Oberpräſident, Recursinſtanz an denſelben bei beſtraften Schullehrern. 29.
    Dienſtinſtruction für denſelben. 238. (ſ. auch Aufſicht.)

Appendix A.15 P.


  • Patronat,Mitveräußerung deſſelben beim Verkaufe der Domainen;
    Ausübung deſſelben bei in Concurs verfallenen Gütern. 18.; Ver-
    waltung
    deſſelben auf Gütern jüdiſcher Glaubensgenoſſen. 18. 19.;
    Ausübung durch den Magiſtrat. 19.; des Staates über die Schulen.
    20.; die Gewährung außerordentlicher Zuſchüſſe aus dem Bau-
    fonds deſſelben. 35.; Uebernahme der Koſten für Schulbauten Seitens
    deſſelben. 37.
  • Penſionirung der Schullehrer. 26. 27.; der an Strafanſtalten an-
    geſtellten Schullehrer. 30.; Verfahren dabei. 30.; der Gymnaſial-
    lehrer
    . 54.; der an höheren Unterrichtsanſtalten beſchäftigten
    Lehrer. 96. (ſ. auch Schullehrer.)
  • Penſionsanſtalten, deren Errichtung. 3. 5.; deren Aufſicht durch den
    Staat. 4. 5.; ihre Entlaſſungsprüfungen. 5.; deren Beauf-
    ſichtigung
    . 188.
  • Pflichten der Schullehrer. (ſ. Schullehrer.)
  • Prediger, iſt ſchuldig, zum Unterrichte beizutragen. 46.
  • Principia regulativa, deren Anwendbarkeit. 37.
  • Privaterziehungsanſtalten. (ſ. Penſionsanſtalten.)
  • Privatlehrer, Reglement für dieſel. 3.; ihre Verhältniſſe zu den Orts-
    ſchulen
    . 3.; deren Erlaubnißſcheine. 5.; müſſen mit einem Zeug-
    niſſe ihrer Tüchtigkeit verſehen ſein. 6.; daß ſie nicht zu den Staats-
    dienern
    gehören. 22.; deren Beaufſichtigung. 89.
  • Privatſchulen, deren Beaufſichtigung durch die Geiſtlichen. 239. (ſ.
    auch Penſionsanſtalten.)
  • Probejahr der Schulamtscandidaten. 52.
  • Programme. (ſ. Schulprogramme.)
  • Provinzial-Schulcollegium. (ſ. Conſiſtorium.)
  • Prüfung des Schullehrers. 20. 21.; Berichterſtattung über dieſ. 21.;
    ausländiſcher Candidaten. 21.; der Literaten. 21.; der Candidaten
    in den Naturwiſſenſchaften. 22.; der Lehrerinnen. 22.; der
    Schulamtscandidaten. 52.; ſtudirter Lehrer für Bürgerſchulen;
    der Candidaten der Theol. pro fac. doc. 52.; der Schüler an Bür-
    ger- u. Realſchulen
    u. der zur Univerſität abgehenden. 53. 55.;
    der Seminariſten. 78.; der Lehrerinnen. 190. (ſ. auch Schul-
    lehrer
    .)

Appendix A.16 R.


  • Realſchulen. (ſ. Schulen.)
  • Regierung, Portofreiheit der an dieſelbe eingereichten Schulrechnungen.
    6.; Feſtſtellung des Schuletats durch dieſelb. 15.; deren Entſcheidung
    [623] bei Einrichtungen der Schulen. 15.; Inſtruction für dieſelbe. 20.;
    die Prüfung und Beſtätigung der Schullehrer durch dieſelbe. 20.;
    deren Dispoſition über das Gehalt der Schullehrer. 27.; deren Reſſort
    bei Regulirung des Interimiſtici in Schulbauangelegenheiten. 35.; ihre
    Einwirkung bei Bauten. 36.; deren Bevollmächtigten auf Uni-
    verſitäten
    . 63.; die von ihr abhängenden Anſtellungen der Semi-
    nariſten
    . 81 seq.Confeſſionsbezeichnung in Schulſachen.
    151.; Geſchäftsinſtruction für dieſelbe. 238.; Nachweiſungen
    derſelben über die von jugendlichen Perſonen begangenen Verbrechen. 264
    seq.; ihre Mitwirkung bei Errichtung von Turnanſtalten. 300.
    (ſ. auch Aufſicht.)
  • Relegation. (ſ. Studirende.)
  • Reparaturen, deren Entwürfe. 36.; Pflichten der Magiſtrate und
    Gutsherrſchaften bei denſelben. 36. (ſ. auch Schulhäuſer.)

Appendix A.17 S.


  • Schenkungen an Schulen. 16.; an Gymnaſien. 48 seq.
  • Scheunen, der Bau derſelben Seitens der Schulgemeine. 15.; deren
    Bau für die Küſter und Schullehrer. 35.
  • Schreibmaterialien. (ſ. Schullehrer.)
  • Schulamtscandidaten. (ſ. Candidaten.)
  • Schulaufſeher. (ſ. Schulvorſteher, Superintendent.)
  • Schulbauten. (ſ. Schulhäuſer.)
  • [Schulbeiträge], Heranziehung der Geiſtlichen zu denſelben. 31.; deren
    Aufbringung und Repartition; daß Geiſtliche und Schullehrer davon
    nicht befreit ſind. 31.; Heranziehung der Königl. Beamten zu den-
    ſelben. 31.; durch die Gutsherrſchaft. 31.; müſſen unter die Haus-
    väter
    vertheilt werden. 32.; das Verfahren bei Einziehung der-
    ſelben. 32.; zu Bauten. 33.; wann die Contribuenten davon
    frei ſind. 33.; der Gutsherrſchaften. 33.; zu Bauten. 34.;
    die Nichtverpflichtung des Fiscus, als Grundeigenthümer Beiträge zu
    Schulbauten zu leiſten. 34.; Zuläſſigkeit des Rechtsweges hinſichtlich
    derſelben. 35.; zugeſchlagener Gemeinen. 36.
  • Schulbeſuch, wann er eintreten muß. 38.; Mitwirkung der Polizei in der
    Controle deſſelben. 39.; in den von der Cholera befallenen Or-
    ten. 39.; Verſäumniß deſſelben. 39.
  • Schulbücher, Einführung neuer in den Schulen. 6.
  • Schulcapitalien, deren Ausleihung bei der Bank. 16.
  • Schulcommiſſion. (ſ. Schuldeputation.)
  • Schuldeputation, deren Geſchäftsverwaltung. 8. 9 seq.; Ver-
    hältniß des Superintendenten zu derſ. 14.; in d. Städten. 15.
  • Schulen, ſind Anſtalten zum Unterrichte der Jugend in nützlichen Kennt-
    niſſen. 3.; ihre Errichtung nur mit Genehmigung des Staats. 3.;
    ſind den Prüfungen und Viſitationen unterworfen. 6.; Ordnung
    für die Elementarſchulen in der Provinz Preußen. 3.; Reglement
    für die Landſchulen. 6.; Ferien in denſelben. 6.; deren Lehr-
    pläne
    . 6.; Einführung neuer Lehrbücher in dieſ. 6.; der Eintritt
    [624] in dieſelben ſoll nicht wegen Verſchiedenheit des Glaubensbekenntniſſes
    verſagt werden. 7.; ſtehen unter der Gerichtsobrigkeit. 8.; ihre
    verbeſſerte Einrichtung. 14.; Schenkungen an dieſelben. 16.;
    Erwerbung und Veräußerung der Realitäten derſelben. 16.; die
    Patronatsberechtigung des Staats über dieſel. 20.; Anſtellung
    von Ausländern an denſelben. 22.; deren Unterhalt liegt den Haus-
    vätern ob. 30.; zu deren Unterhaltung braucht die Gensd’armerie
    nicht beizutragen. 31.; deren Unterhaltung durch auswärtige Grund-
    beſitzer. 31.; deren Unterhalt durch die Gutsherrſchaft. 31.; deren
    verbeſſerte Dotirung. 31.; deren Unterhalt durch verſchiedene Reli-
    gionsparteien
    . 32.; daß die Beiträge dazu Societätslaſten
    ſind. 33.; Aufbringung der Ausgaben bei Gemeinheitstheilungen
    von denſelben. 33.; Feuerſocietätsbeiträge für dieſelben. 34.;
    deren Vermögensverwaltung. 35. 36. Unterſtützung abge-
    brannter
    Schulen. 36.; Verwendung der Collectengelder für
    dieſelben. 36.; wann die Kinder dahin geſchickt werden müſſen. 38.;
    Beſuch derſelben von ſolchen Kindern, deren Eltern ſich nur wegen Ar-
    beit
    am Orte aufhalten. 38.; Beſtrafung der Verſäumniſſe der-
    ſelben. 39.; wann ein Kind von dem Beſuche derſelben zurückbe-
    halten
    werden kann. 39.; ihre Erwerbung von Grundſtücken. 51.;
    Prüfung der von denſelben abgehenden Schülern. 53.; Portofrei-
    heit
    für dieſelben. 88.; die polniſche Sprache in denſelben. 92.
    Die Elementarſchulen. 133.; Warnung in denſelben vor dem Weg-
    fangen der Singvögel. 135.; Beförderung der Obſtbaumzucht
    durch dieſel. 136.; Unterweiſung in Handarbeiten in denſel. 143.
    Portofreiheit in Schulſachen. 151.; Einführung neuer Lehrbücher
    in dieſelben. 152.; Fortbildung der aus denſelben entlaſſenen Ju-
    gend. 187.; Anordnung der Vorſteher für Landſchulen. 228.; Auf-
    ſicht
    über dieſelben. 236.; deren Beaufſichtigung durch die Geiſt-
    lichen. 239.; Beaufſichtigung der ſtädtiſchen Schulen. 246.; Anhal-
    tung früher vernachläſſigter Lehrlinge dazu. 246.; die Geſtattung und
    Errichtung des Turnen in denſelben. 293.
  • Schuletats, Feſtſtellung deſſel. 15.; Einforderung durch die Regierung. 15.
  • Schulferien. (ſ. Ferien.)
  • Schulgebäude. (ſ. Schulhäuſer.)
  • Schulgeld, Verwendung der Ueberſchüſſe deſſelben. 6.; muß von der
    Gensd’armerie geleiſtet werden. 31.; Befreiung der Schullehrer-
    ſöhne
    davon. 32.; wann die Contribuenten davon befreit ſind. 33.;
    rückſtändig gebliebenes genießt beim Concurſe ein Vorrecht. 54.
  • Schulgemeine. (ſ. Gemeine.)
  • Schulhäuſer genießen die Vorrechte der Kirchengebäude. 15.; deren
    Erbauung. 15.; deren Unterhaltung muß von allen Einwohnern
    getragen werden. 34.; die Nichtverpflichtung des Fiscus, als Grund-
    eigenthümer zu deren Unterhaltung beizutragen. 34.; die Bildung eines
    Baufonds für dieſelben. 34.; Verfahren in Streitfällen über die
    Beitragspflichtigkeit zu denſelben; deren Erweiterung; Zuläſſigkeit
    des Rechtsweges über die Beiträge zu denſelben. 35.; die Nichtverpflich-
    tung der Gutsherren, von den bäuerlichen Entſchädigungsländereien,
    [625] zu denſelben beizutragen. 35.; Reſſort der Regierung im Interimiſtico
    beim Baue derſelben. 35.; die Unterſtützung zu denſelben. 35.; Reſ-
    ſortverhältniſſe
    , Koſtenanſchläge, Licitationstermine und Gna-
    dengeſchenke beim Baue derſelben. 35.; Unterſtützung abgebrannter
    Schulhäuſer; die Koſten zu ihrem Baue. 36.; Verwendung der Collec-
    tengelder
    für dieſelben. 36.; Verpflichtung der Magiſtrate und
    Gutsherrſchaft bei Reparaturen. 36.; Uebernahme der Koſten Sei-
    tens des Patronatsbaufonds. 37.; ihre Unterhaltung, wenn ſie gleich-
    zeitig Küſterwohnungen ſind. 37.; deren Erweiterungsbau. 37.;
    Reparaturen an denſelben. 153. (ſ. auch Schulen.)
  • Schulinſpection durch die Superintendenten. 6. 13. (ſ. auch Aufſicht.)
  • Schulländereien, Berichtigung der hypothek. Koſten für dieſelben. 15.
  • Schullehrer, die Mitwirkung der Stadtverordneten bei Anſtellung der-
    ſelben. 14.; deren Beſtellung kommt in der Regel der Obrigkeit zu.
    18.; deren Wahl und Beſtellung auf dem Lande. 19. ihre Be-
    ſtellung
    auf Königl. Gütern. 20.; deren Amtseid. 20. Prüfung
    ſtudirter für die Bürgerſchulen. 21.; ihre Anſtellung als Organiſten. 21.;
    ihre Vereidigung. 21.; ihre Rechte und Pflichten; ob ſie als
    öffentliche Beamte anzuſehen. 22.; deren Uebernahme von Neben-
    ämtern
    . 22.; ihre Befreiung von Communallaſten. 22. Beſteuerung
    ihrer Gundſtücke. 23; ihre Befreiung von Gemeinelaſten. 23. 24.;
    ihre Verbindlichkeit, zu den Koſten Behufs Abwendung der Viehſeuchen
    beizutragen. 24.; ihre Verpflichtung, den Wittwenverpflegungsan-
    ſtalten
    beizutreten; ihre Militairverhältniſſe. 25.; haben keinen
    privilegirten Gerichtsſtand
    . 25.; ſtehen unter Aufſicht der Schul-
    vorſteher
    . 25.; ihre Amtsentſetzung. 25.; können vom Departe-
    mentschef entlaſſen werden; ihre Penſionirung 26. Dispoſition
    über ihr Gehaltseinkommen. 27.; ihre Penſionirung und Eme-
    ritirung
    . 27. Dispoſition über ihre Dienſteinkünfte; ihre einſt-
    weilige Amtsſuspenſion
    . 28.; ihre Penſionirung bei Dienſtun-
    fähigkeit
    . 29.; ihre Strafverſetzung. 29.; ihre Entlaſſung,
    wenn ſie interimiſtiſch angeſtellt ſind. 30.; ihre Penſionirung, wenn
    ſie an Strafanſtalten angeſtellt ſind. 30.; ihre Berückſichtigung bei Ge-
    meinheitstheilungen
    ; ihre Entſchädigung bei Abſchaffung der Zähl-
    gelder
    31.; ſind von den Schulbeiträgen nicht befreit. 31.; deren ver-
    beſſerte
    Dotirung. 31.; Schulgeldfreiheit ihrer Söhne. 32.; Bau
    der Scheunen für dieſelben. 35.; müſſen von der Gemeine herbeigeholt
    werden. 37.; deren Theilnahme an öffentlichen Muſikfeſten. 40.; ihr
    Züchtigungsrecht. 46.; ihre Beſtellung gebührt dem Staate. 51.
    Prüfung der Moralität der Univerſitätslehrer. 51. Anſtellung der
    Zeichen-, Geſang- und Schreiblehrer an Gymnaſien. 52.; an Gymnaſien
    haben einen privilegirten Gerichtsſtand. 53.; die Prädicate:
    „Oberlehrer, Conrector, Subrector“. 54.; ihre Reiſe- und Umzugs-
    koſten
    ; ihre Penſionirung. 54.; in den Seminarien. 76 seq.Nach-
    bildung
    der bei den Seminarien ſchon angeſtellten Schullehrer. 82.
    Anſtellung derſelben an den Seminarien und Gymnaſien. 95.
    Anweiſung für dieſelben. 99. Beförderung der Obſtbaumzucht
    durch dieſelben. 136.; des Seidenbaues. 143.; deren Handel mit
    40
    [626]Schreibmaterialien. 153. Beſtreitung der Reparaturen an
    ihren Wohnungen. 153. Anſtellung derſelben an Taubſtummenan-
    ſtalten
    . 340. Verpflichtung derſelben, der Wittwencaſſe beizutreten.
    381. 385. 387.
  • Schullehrerſeminarien, das Verhältniß der Schulamtscandidaten
    zu denſelben. 21.; die Einwirkung des geiſtl. Miniſteriums auf die
    Anſtellung der Lehrer an denſelben. 51.; wo hauptſächlich welche errich-
    tet
    ſind. 75. Verhältniſſe der Schulamtscandidaten in denſelben.
    75.; ihr Verhältniß zum Schulweſen der Provinz; Prüfungen und
    Zeugniſſe von denſelben. 78 seq.Nachbildung der bei denſelben
    ſchon angeſtellten Schullehrer. 82 seq. Ertheilung des Unterrichts über
    Wiederbelebung der Scheintodten ꝛc. in denſelben. 85 seq.Lehr-
    plan
    für dieſelben. 86.; die Nichtbewilligung von Freiexemplaren der
    Amtsblätter an deiſelben. 87. Verfahren gegen die aus denſelben
    entfernten Zöglinge. 87. Portofreiheit für dieſelben. 88.; ihre
    Heranziehung zu Gemeinelaſten. 88. Bildung der Elementar-
    Schulamts-Candidaten
    in denſelben. 89.; die Bereiſung der Di-
    rectoren
    derſelben nach den Landſchulen. 89.; die polniſche Sprache
    in denſelben. 93. Anſtellung der Directoren und Lehrer an den-
    ſelben. 95. Theilnahme der Juden am Unterrichte in denſelben. 203.;
    das Turnweſen in denſelben. 289. Errichtung von Turnanſtalten
    in denſelben. 293.
  • Schullehrerſeminariſten, ihre Wahl als Elementarlehrer. 75.;
    deren Zeugniſſe. 76. Prüfung und Anſtellungsfähigkeit 78.
    seq. Verfahren gegen entfernte S. 87.; ihre Theilnahme an Mu-
    ſikfeſten
    . 88.; ſind zu Hauslehrern qualificirt. 89.; ihre Mili-
    tairpflicht
    . 96.
  • Schulordnung für die Provinz Preußen. 3; nach derſelben müſſen ſich
    die Obrigkeit und die Geiſtlichen richten. 14.
  • Schulpatronat. (ſ. Patronat.)
  • Schulpflichtige Kinder. (ſ. Kinder.)
  • Schulprogramme, deren Ablieferung an die Königl. Bibliothek; deren
    Einrichtung. 6.; die Koſten für dieſelben. 135.; deren Heraus-
    gabe
    . 153.
  • Schulprüfungen. (ſ. Prüfungen.)
  • Schulrechnungen, deren Portofreiheit. 6.
  • Schulſocietäten, deren Einrichtung. 6.; daß über die Zutheilung eines
    Gutes zu derſelben kein Weg Rechtens Statt findet. 6.; deren Ver-
    theilung
    . 14.; die Eintragung des Beſitztitels eines Grundſtückes
    für dieſelben. 15.
  • Schulunterricht, wann derſelbe eintreten müſſe; ſeine Vernachläſſi-
    gung
    . 38.; der Militairkinder. 39.; Ausſetzung desſelben mit
    Genehmigung der Obrigkeit und des Schulvorſtehers. 39.; der Kinder
    im Hauſe der Eltern. 5.; der Kinder an Sonntagen oder in den
    Feierſtunden. 40.; wie lange er fortgeſetzt werden muß. 40.; Mit-
    wirkung des Predigers dabei. 46.; ohne Genehmigung des Staats
    darf keine Veränderung in demſelben vorgenommen werden. 51; An-
    weiſung
    zur zweckmäßigen Beſorgung desſelben. 99.; in der Werth-
    [627] vergleichung der Münzen. 134.; Vermeidung der Einmiſchung von
    Tagesbegebenheiten in denſelben. 151.; Anſchaffung der Mittel
    dazu für Kinder armer Eltern. 151; in der Mutterſprache. 166.;
    der taubſtummen Kinder. 343.
  • Schulverſäumniſſe, Verfahren bei Beſtrafung derſelben. 39.; die Com-
    petenz zur Vollſtreckung der Strafen für dieſelben. 46.; nach den
    Urſachen derſelben ſoll der Schulvorſtand fragen. 46.
  • Schulviſitationsordnung für die Superintendenten. 240.
  • Schulvorſteher, haben die Aufſicht über die Amtsführung der Schul-
    lehrer. 25.; mit ihrer Genehmigung kann ein Kind länger von
    der Schule zurückgehalten werden. 39.; ihre Mitwirkung bei der
    Schulzucht. 46.; ihre Beſtellung gebührt dem Staate. 51; zu
    ſolchen müſſen Leute von Kenntniſſen ꝛc. gewählt werden; ſollen nicht
    fähige junge Leute vom Studiren abmahnen. 52.; Anordnung derſelben
    für Landſchulen. 228.; die von denſelben zu führende Aufſicht. 236.
    (ſ. auch Aufſicht.)
  • Schulweſen, Reglement zur Erhaltung desſelben auf dem platten Lande.
    6.; von veränderter Einrichtung in demſelben muß der Staat Kennt-
    niß erhalten. 51.; das Verhältniß der Seminare zu demſelben. 76
    seq.; das Elementarſchulweſen. 133. Confeſſionsbezeich-
    nung
    in Schulſachen. 151. Portofreiheit in Schulſachen. 151. 152.;
    das landesherrliche Oberaufſichtsrecht über dasſelbe. 253 seq.
    (ſ. auch Aufſicht, Schulen.)
  • Schulzucht in den Provinzen, wo das A. L.-R. noch nicht eingeführt iſt.
    38.; darf nie den Kindern nachtheilig werden. 46.
  • Schüler, ihre Qualification zu höhern Gymnaſialſtudien. 53.; Zeug-
    niſſe
    für dieſelben. 53.; Prüfung der von Gymnaſien und Bürger-
    ſchulen abgehenden. 53.; deren Beaufſichtigung außerhalb der Schu
    len. 258.; die Theilnahme derſelben an den Turnübungen. 300.
    (ſ. auch Kinder.)
  • Seideubau, Beförderung desſelben durch die Schullehrer. 143.
  • Seminare. (ſ. Schullehrerſeminare.)
  • Simultanſchulen, Religionsunterricht in denſelben. 7. 8.
  • Stadtſchulen. (ſ. Schulen.)
  • Stadtverordnete, deren Geſchäfte als Mitglieder der Schuldeputation
    8.; deren Mitwirkung bei Anſtellung der Schullehrer. 14.; deren
    Concurrenz bei Feſtſtellung des Etats. 15.; ihre Mitwirkung bei Ver-
    waltung des Vermögens der Stiftungen ꝛc. 335.
  • Studirende, Aufnahme derſelben auf der Univerſität; ihre Zulaſſung
    zu academiſchen Vorleſungen; ihre Immatriculation, Relegation.
    56.; ſind den academiſchen Geſetzen unterworfen; die Aufſicht über ihre
    Studien und Lebensart. 57.; repetitoriſche Uebungen mit den-
    ſelben. 58.; Beherbergung und Päſſe reiſender Studirenden; Duelle.
    58.; ihre Beſtrafung bei Exceſſen. 59. ꝛc.; Verbot geheimer Ver-
    bindungen
    unter denſelben. 51 ꝛc.; ihre Relegation, Carcerſtrafe
    ꝛc. bei gewiſſen Vergehungen. 62. 63.; Verfahren gegen relegirte und
    conſiliirte Studenten. 64.; ihre Rechte in Privatangelegenheiten.
    64.; in Anſehung des Schuldenmachens. 65—67.; unter welchen
    40*
    [628] Umſtänden ſie mit Genehmigung des academ. Gerichts Darlehne auf-
    nehmen können. 68. 69.; ihr Beſuch fremder Univerſitäten. 71. 72.
  • Superintendent, Schulinſpection durch denſelben. 6. 13. 15.; deſſen Ver-
    hältniß zur Schuldeputation. 14.; deſſen Pflichten als Schul-
    aufſeher. 40.; ihre Beförderung der Obſtbaumzucht in den Schulen.
    137.; die Aufſicht derſelben über die Schulen. 236.; Schulviſita-
    tionsordnung
    für dieſelben. 239. (ſ. auch Aufſicht.)
  • Suspenſion. (ſ. Amtsſuspenſion.)

Appendix A.18 T.


  • Tagelöhner, ihre Unterſtützung Seitens der Gutsherrſchaft bei Schul-
    koſten. 33.
  • Taubſtummen-Anſtalten, die Verbreitung des Unterrichts in den-
    ſelben. 338.; Anſtellung der Lehrer an denſelben. 340.; Dotirung;
    Prämie
    . 341.; ihre Errichtung in einzelnen Provinzen. 342. 352.;
    Nachweiſungen der Zöglinge in denſelben. 342.; Unterricht in den-
    ſelben. 343.; in Berlin. 352.
  • Töchterſchulen, die Aufſicht über dieſelben. 187.; Unterweiſung in den
    Handarbeiten. 188.; die Erſtattung der Wittwencaſſenbei-
    träge
    der Lehrer an denſelben; Privaterziehungsanſtalten; Beauf-
    ſichtigung
    der Unterrichtsanſtalten für junge Mädchen. 188.; Prü-
    fung
    und Zulaſſung der Lehrerinnen an denſelben. 190. (ſ. auch
    Schulen.)
  • Turnen. 289. Geſtattung deſſelben bei den Gymnaſien. 292.; die
    Errichtung bei den Seminaren, Stadtſchulen ꝛc. 293.; die Mit-
    wirkung der Regierung bei der Einrichtung deſſelben. 300.; die
    Theilnahme der Schüler an demſelben. 301.; für die weibliche
    Jugend. 303.

Appendix A.19 U.


  • Univerſitäten ſind Anſtalten zum Unterrichte der Jugend in den Wiſſen-
    ſchaften
    . 3.; Prüfung der Moralität der bei denſelben anzuſtellen-
    den Lehrer. 51.; Prüfung der zu denſelben abgehenden Schüler. 53.;
    haben die Rechte privilegirter Corporationen. 54.; ihre innere
    Verfaſſung. 54.; ihre Portofreiheit. 54.; ihre Gerichts-
    barkeit
    , academiſche Disciplin und Polizeigewalt. 55.; die Lehrer an
    denſelben genießen die Rechte der Königl. Beamten. 55.; Aufnahme
    der Studirenden auf denſ. 56.; Relegation der Studenten. 56.;
    ihre Aufſicht über die Studien und Lebensart der Studenten. 57.;
    Ausübung der academiſchen Disciplin. 58.; Geſetze für die-
    ſelben. 59.; Verbot geheimer Verbindungen auf denſelben 61.; Ver-
    fügung der Relegation ꝛc. gegen Studirende. 62.; Ertheilung von
    Zeugniſſen Seitens derſelben; der Beſuch fremder Univerſitäten.
    71. 72.
  • Univerſitätslehrer, genießen die Rechte der Königl. Beamten; ihre
    Rangverhältniſſe, Dienſtentlaſſung; haben kein Recht auf Steuer-
    freiheit
    . 55.; Honorare und deren Stundung. 65. 66.

[629]
  • Unterhaltung der Schulen liegt den Hausvätern ob. 30.; durch aus-
    wärtige Grundbeſitzer. 31.; durch die Gutsherrſchaft. 31.; der
    Schulhäuſer. 34. 35.; Beitragspflicht der ehemals ſächſ. Grund-
    beſitzer
    zur Unterhaltung der Schulen. 36.; der Schulhäuſer,
    wenn ſie Küſterwohnungen ſind. 37.; muß von allen Gemeine-
    mitgliedern
    geleiſtet werden. 37.
  • Unterricht. (ſ. Schulunterricht.)
  • Unterrichtsanſtalten für Mädchen zur Erlernung weiblicher Hand-
    arbeiten
    . 5.; die Anwendung der deutſchen und poln. Sprache bei
    denſelben im Großherzogthum Poſen. 90 seq.; Penſionirung der an
    höheren Unterrichtsanſtalten beſchäftigten Lehrer. 96.; für junge Mädchen
    in Erlernung weiblicher Handarbeiten. 188. (ſ. auch Schulen.)
  • Unterſuchung gegen Schullehrer. 25. 26. 27. (ſ. auch Penſionirung.
    Schullehrer
    .)

Appendix A.20 V.


  • Veräußerung der Realitäten von Schulanſtalten. 16. 18.
  • Vereidigung der Schullehrer. 20. 21. 22.
  • Volksſchulen, Anſtellung der Candidaten an denſelben. 22.; Unter-
    weiſung in den Handarbeiten in denſ. 143.; Einführung neuer
    Lehrbücher
    in denſ. 152.; Behandlung des Sprachunterrichts
    in denſelben. 168.

Appendix A.21 W.


  • Waiſencaſſen, provinzielle für Schullehrer. 412.,
  • Waiſenhäuſer, die Oberaufſicht über dieſelben. 304. Das Grundgeſetz
    des Waiſenhauſes zu Potsdam. 304.; die Poſtfreipäſſe der Zög-
    linge derſelben; die Errichtung des Waiſenhauſes zu Glienicke. 318.;
    die Mitwirkung der Stadtverordneten bei Vermögensverwaltung
    derſelben. 335.
  • Winkelſchulen ſollen nicht geduldet werden. 5.
  • Wittwenverpflegungsanſtalten, der Einkauf in die Königl. 359.;
    Abänder. im Regl. derſ. 378. Nachweis des Beitritts Seitens der
    Beamten. 380. Verpflichtung der Schullehrer zum Beitritte. 381.
    Etatsnachweiſung. 382. Befugniß der Beamten zur Herab-
    ſetzung
    der Wittwenpenſion. 385. Beitritt der Geiſtlichen u. Lehrer
    zu denſelben. 387. Einkauf in die Schulenburg’ſche W. 388. Bei-
    tritt der Beamten zu derſelben. 411.

Appendix A.22 Z.


  • Zeugniſſe, Ertheilung derſ. an die Gymnaſialſchüler; kein Schüler
    ſoll ohne ein ſolches eutlaſſen werden. 53.; der Studirenden. 56.
    Von academiſchen Zeugniſſen. 71.; der Seminariſten. 78. (ſ.
    auch Schulen.)
[[630]]

Appendix B II.
Chronologiſches Regiſter

der
zur Abänderung, Ergänzung und Erläuterung der Schul-
geſetzgebung ergangenen Cabinets-Ordres, Geſetze,
Reſcripte ꝛc.


  • 1699.
  • 20. Mai. Edict für die Academie der Künſte und Wiſſenſchaften. 54.
  • 1736.
  • 30. Juli. Principia regulativa oder General-Schulplan. 30.
  • 1743.
  • 2. Januar. Reglement wegen Erhaltung des Schulweſens auf dem platten
    Lande. 6.
  • 1763.
  • Geueral-Landſchulen-Reglement. 46.
  • 1769.
  • 1. Januar. Circ.-Reſcr. wegen Anhaltens der Eltern, ihre Kinder zur
    Schule zu ſchicken. 38.
  • 1775.
  • 28. Decbr. Reglem. für die allgem. Wittwenverpflegungsanſtalt. 359.
  • 1782.
  • 1. Juli. Publ. der allgem. Wittwenverpflegungsanſtalt. 377.
  • 1783.
  • 1. Juli. Publ. der allgem. Wittwenverpflegungsanſtalt. 378.
  • 1788.
  • 15. Januar. Circ.-Reſcr. wegen Anhaltens der Eltern, ihre Kinder zur
    Schule zu ſchicken. 38.
  • 1790.
  • 26. Febr. Reglem. für die Academie der bildenden Künſte. 54.
  • 13. März. Entſcheid., betr. die Gültigkeit der Studentenſchulden. 65.
  • 21. Juni. Declar. zu den §§. 39. seq Th. II. Tit. 12. A. L.-R. 37.
  • 1796.
  • 23. Febr. Geſetz für die preuß. Univerſitäten. 56.
  • 25. Mai. Publ., betr. einige Abänderungen des Wittwencaſſen-Regl. 378.
  • 23. Octbr. Geſetz für die preuß. Univerſitäten. 59.

[631]
  • 1798.
  • 3. Juli. Verordn. wegen der Exceſſe der Studirenden. 59.
  • 20. Octbr. Edict, betr. das Verbot geheimer Geſellſchaften und Ver-
    bindungen. 61.
  • 1799.
  • 18. Juli. Cab.-O., betr. die Verpflichtung der Schullehrer, ihren Holz-
    bedarf zur Hälfte in Torf zu nehmen. 30.
  • 1800.
  • 27. Juni. Cab.-O., betr. die Organiſation von Kunſt- und Handwerks-
    ſchulen. 119.
  • 1801.
  • 5. März. Reſcr., betr. die Verpflichtung der Schullehrer, ihren Holzbedarf
    zur Hälfte in Torf zu nehmen. 30.
  • 9. Novbr. Reſcr., betr. den Gerichtsſtand der Schullehrer. 25.
  • 1802.
  • 8. Januar. Verordn., betr. die Schulden der Studirenden. 65.
  • 1803.
  • 1. Januar. Information für die Wittwenverpflegungsanſtalt. 380.
  • 17. Mai. Reſcr., betr. das Creditiren an Studirende. 66.
  • 21. Novbr. Declar. wegen des den Kindern aus Ehen zwiſchen Perſonen
    verſchiedenen Glaubensbekenntniſſes zu ertheilenden Religionsunterrichts. 7.
  • 1804.
  • 7. April. Cab.-O., betr. das Verbot des Winkelfechtens. 60.
  • 14. Juni. Reſcr., betr. die Portofreiheit von Rechnungen der Schulen. 6.
  • 1805.
    • 18. Jan. Cab.-O.
    • 28. Febr. Reſcr.
  • 12. Juni. Verordn., betr. das Verbot des Winkelfechtens. 60.
  • 1806.
  • 18. Febr. Circ.-Reſcr., betr. die Entlaſſung der Schullehrer. 26.
  • 10. März. Reſcr., betr. die Verjährungsfriſt beim Creditgeben an Stu-
    dirende. 67.
  • 11. März. Reſcr., betr. die Erhaltung der Denkmäler. 258.
  • 17. Juli. Reſcr., betr. den Anhangs §. 125. des A. L.-R. 48.
  • 8. Octbr. Reſcr., betr. die Verjährungsfriſt beim Creditgeben an Stu-
    dirende. 67.
  • 1808.
  • 19. Novbr. Städteordnung. 8.
  • 1809.
  • 24. Novbr. Circ.-Reſcr., betr. die Befugniß, öffentl. Lehrer ihres Amtes
    zu entſetzen. 26.
  • 1810.
  • 13. April. Cab.-O., betr. das Beſuchen fremder Schulen und Univer-
    ſitäten. 71.
  • 4. Auguſt. Reſcr., betr. die Sicherſtellung der academ. Lehrer wegen ge-
    ſtundeter Honorare. 66.
  • 12. Juli. Edict, betr. die Prüfung der Schulamtscandidaten. 52

[632]
  • 28. Septbr. Cab.-O., betr. die Berückſichtigung ſchlecht dotirter Land-
    ſchullehrer. 30.
  • 27. Octbr. Cab.-O., betr. die Verfaſſung der oberſten Staatsbehörden. 227.
  • 28. Decbr. Reglem. wegen Einrichtung der academ. Gerichtsbarkeit. 55.
  • 1811.
  • 26. Juni. Reſcr., betr. die Schuldeputationen nach der Städteordnung. 8.
  • 14. Septbr. Culturedict. 31.
  • 1812.
  • 9. Januar. Cab.-O., betr. die Mitveräußerung des Patronatrechts beim
    Verkaufe der Domainen. 18.
  • 28. Mai. Reglem. für Privatlehrer und Erziehungsanſtalten. 3.
  • 30. Septbr. Cab.-O., betr. die Beſetzung katholiſcher Pfarrſchulen in
    Schleſien. 18.
  • 28. Octbr. Reſcr., betr. die Anordnung von Schulvorſtänden auf dem
    Lande. 228.
  • 5. Novbr. Cab.-O., daß den Landſchullehrern bei Gemeinheitstheilungen
    eine beſtimmte Quantität Landes zu geben. 31.
  • 12. Novbr. Reſcr., betr. die Ausübung des Patronatrechts auf ſolchen
    Gütern, deren Beſitzer in Concurs verfallen. 18.
  • 1813.
  • 9. Jan. Reſcr., betr. die Vollſtreckung der Gefängnißſtrafe gegen Stu-
    denten. 63.
  • 18. Jan. Reſcr., betr. die Ausübung des Patronatrechts auf ſolchen Gü-
    tern, deren Beſitzer in Concurs verfallen ſind. 18.
  • 1814.
  • 23. Aug. Reſcr., betr. die execut. Beitreibung der Schulabgaben. 32.
  • 1815.
  • 24. April. Reſcr., betreffend den Amtseid der Schullehrer. 20.
  • 30. April. Cab.-O. wegen verbeſſerter Einricht. d. Provinzialbehörden. 235.
  • 13. Septbr. Cab.-O., betr. die Befreiung der Schullehrer von Communal-
    laſten. 22.
  • 1816.
  • 6. Jan. Verordn., betr. das Verbot geheimer Geſellſchaften. 61.
  • 11. März. Cab.-O., betr. die Befreiung der Schullehrer von Communal-
    laſten. 22.
  • 17. Juli. Cab.-O., betr. die zu verſichernden Wittwenpenſionen. 380.
  • 30. Aug. Verordn. wegen Verwalt. des Patronatrechts auf ſolchen Gütern,
    die ſich im Beſitzthume jüdiſcher Glaubensgenoſſen befinden. 18.
  • 9. Octbr. Reſcr., betr. den Nachweis des geſchehenen Beitritts zur allg.
  • 10. Wittwencaſſe. 380.
    Decbr. Cab.-O., betr. die Verpflichtung der Schullehrer, der allgem.
    Wittwencaſſe beizutreten. 381.
  • 1817.
  • 10. Jan. Cab.-O., betr. die Patronatsberechtigung des Staats über die
    Schulen. 20.
  • 21. Jan. Reſcr., betr. das Interimiſticum bei Bauten kath. Schulen. 34.

[633]
  • 28. Febr. Reſcr., betr. die Befreiung der Geiſtl. v. Communallaſten. 22.
  • 22. Aug. Reſcr., betr. die Verpflichtung der Schullehrer, der allgemeinen
    Wittwencaſſe beizutreten. 381.
  • 3. Septbr. Declar. in Betreff des Beitritts zur allg. Wittwencaſſe. 381.
  • 23. Octbr. Inſtruction für die Regierungen. 20. 235.
  • 23. Octbr. Inſtruction für die Conſiſtorien. 26. 235.
  • 1818.
  • 21. April. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schulamtscandidaten. 25.
  • 11. Aug. Verordn., betr. die Errichtung von Privatſchulen. 5.
  • 5. Septbr. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schulamtscand. 25.
  • 17. Septbr. Reſcr., betr. die Vereine zur Unterſtützung hülfsbedürftiger
    Gymnaſiaſten. 47.
  • 20. Novbr. Reſcr., betr. den Rang der Profeſſoren ꝛc. 55.
  • 1819.
  • 1. Febr. Reſcr., betr. die Verwaltung der Gerichtsbarkeit auf der Uni-
    verſität Bonn. 55.
  • 30. März. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schulamtscand. 25.
  • 9. April. Reſcr., betr. den Rang der Profeſſoren. 55.
  • 14. April. Reſcr., betr. die Beſteuer. der Grundſtücke der Schullehrer. 23.
  • 26. April. Reſcr., daß die Univerſitätslehrer kein Recht auf Steuerfreiheit
    haben. 55.
  • 26. Mai. Reſcr., daß die Schulprogramme im Decbr. an die Königl.
    Bibliothek zu liefern. 6.
  • 19. Aug. Reſcr., betr. die Verbindlichkeit der Communen bei Penſionirung
    der Schullehrer. 26.
  • 18. Octbr. Bekanntmachung der Bundesbeſchlüſſe über die Maaßregeln
    gegen die Univerſitäten. 61.
  • 15. Novbr. Reſcr., betr. die Abſchaffung der Zählgelder. 31.
  • 18. Novbr. Reglem., betr. die künftige Verwaltung der Disciplin ꝛc. auf
    den Univerſitäten. 55.
  • 18. Novbr. Inſtruct. für die außerordentl. Regierungsbevollmächtigten. 63.
  • 1820.
  • 17. April. Cab.-O., betr. Beiträge der Schullehrer zur allgemeinen Witt-
    wencaſſe. 381.
  • 30. Mai. Inſtruction, betr. die Verhältniſſe der vormals unmittelbaren
    deutſchen Reichsſtände. 25.
  • 1. Juli. Verfügung des Staatsminiſt., betr. die Seminare zu Brauns-
    berg ꝛc. 54.
  • 9. Juli. Reſcr., betr. die Annahme von Schenkungen an milde Stif-
    tungen ꝛc. 48.
  • 3. Novbr. Reſcr., betr. die Streitigkeiten der Juden. 193.
  • 1821.
  • 25. Jan. Reſcr., betr. die Ausübung des Patronatrechts. 19.
  • 17. Febr. Reſcr., betr. den Unterricht der evangel. Jugend im Chriſten-
    thume. 40.
  • 12. März. Reſcr., betr. die Cab.-O. v. 17. April in der Rheinprov. ꝛc. 381.

[634]
  • 7. Juni. Gemeinheitstheilungsordnung. 31.
  • 25. Juni. Reſcr., betr. die Cab.-O. v. 17. April 1820. in der Rhein-
    provinz. 381.
  • 7. Juli. Cab.-O., betr. die Beſtrafung unerlaubter Verbindungen. 61.
  • 4. Octbr. Cab.-O., betr. die Simultan-Schulen. 7.
  • 15. Octbr. Reſcr., betr. die Sicherſtellung der academiſchen Lehrer wegen
    Honorare. 66.
  • 27. Decbr. Reſcr., betr. die Organiſation der Handwerksſchulen. 129.
  • 1822.
  • 14. Jan. Reſcr., betr. die Portofreiheit der Univerſitäten. 54.
  • 18. Jan. Reſcr., die Nichtverpflichtung des Fiscus, wo derſelbe nicht als
    Patron zu Kirchen- und Schulbauten beizutragen hat, als Grundeigen-
    thümer dergleichen Beiträge zu leiſten. 34.
  • 18. Jan. Publ., betr. die Unterrichtsertheilung in den Schulen über die
    Münzen. 134.
  • 21. Jan. Reſcr., betr. die Portofreiheit der Univerſitäten. 54.
  • 31. Jan. Reſcr., betr. die Berechnung der Einkünfte der Schullehrer. 381.
  • 29. März. Reſcr., betr. das Elementarſchulweſen. 133.
  • 11. April. Reſcr., betr. die Unterrichtsertheilung in den Schulen über die
    Münzen. 134.
  • 12. April. Cab.-O., betr. die Amtsentſetzung der Lehrer ꝛc. 26.
  • 27. April. Reſcr., betreffend die Simultanſchulen. 7.
  • 26. Juni. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schullehrer. 25.
  • 11. Juli. Geſetz, betr. die Immunitäten der Schullehrer. 23.
  • 17. Juli. Reſcr., betr. die Gemeintheilungsordnung. 31.
  • 22. Juli. Reſcr., betr. die Beſetzung der Schulſtellen. 19.
  • 1823.
  • 3. Febr. Reſcr., betr. die Gemeinheitstheilungsordnung. 31.
  • 11. Febr. Reſcr., denſelben Gegenſtand betr. 31.
  • 22. April. Reſcr., betr. die Schulinſpection durch den Superintendenten. 13.
  • 5. Juni. Reſcr., betr. die Gemeinheitstheilungsordnung. 31.
  • 31. Juli. Reſcr., denſelben Gegenſtand betr. 31.
  • 22. Septbr. Reſcr., betr. die Einrichtung des jüdiſchen Schulweſens. 193.
  • 5. Novbr. Reſcr., betr. die Einziehung der Schulbeiträge. 32.
  • 24. Novbr. Reſcr., daß die Studirenden bei verübten Verbrechen unter der
    Ortsobrigkeit ſtehen. 64.
  • 27. Novbr. Reſcr., betr. die Verwaltung der Schulangelegenheiten in den
    Städten. 14.
  • 30. Decbr. Reſcr., betr. die Schulbauten in der Mark ꝛc. 36.
  • 1824.
  • 20. Febr. Reſcr., betr. die Ausſtellung der Abgangszeugniſſe. 71.
  • 18. März. Reſcr., betr. den Unterricht im Rechnen ꝛc. auf Gymnaſien. 47.
  • 23. März. Reſcr., betr. die Anſtellung von Lehrern. 51.
  • 15. Mai. Reſcr., betr. die Einrichtung des jüd. Schulweſens. 194.
  • 20. Mai. Reſcr., betr. die Beſtätigung der vocirten Lehrer. 20.
  • 20. Mai. Reſcr., betr. den Beſuch von Wirthshäuſern ꝛc. durch Schüler. 259.

[635]
  • 21. Mai. Cab.-O., betr. die Ertheilung von Päſſen an Studenten. 58.
  • 21. Mai. Cab.-O., betr. die Beſtrafung der geheimen Verbindungen. 61.
  • 21. Mai. Cab.-O., betr. das Verbot des Beſuches von Tübingen ꝛc. 72.
  • 25. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Aufſicht über öffentl. Lehranſtalten.
    51. 235.
  • 4. Juni. Reſcr., betr. die Ferien in den Elementarſchulen. 6.
  • 4. Juni. Reſcr., betr. den Beſuch ausländiſcher Univerſitäten. 71.
    • 9. Juni. Reſcr.
    • 18. Juni. Reſcr.
  • 16. Juni. Reſcr., betr. die Ertheilung von Päſſen an Studenten. 58.
  • 12. Juli. Reſcr., betr. die Anſtellung von Ausländern. 51.
  • 20. Juli. Reſcr., betr. die Einreichung der Liſten von Candidaten Seitens
    der Regierungen. 51.
  • 31. Juli. Circ.-Reſcr. wegen Beaufſichtigung der Schüler. 259.
  • 5. Aug. Reſcr., betr. die Beherbergung reiſender Gymnaſiaſten. 58.
  • 13. Aug. Reſcr., betr. die Anſtellung der Zeichnen-, Geſanglehrer ꝛc. 52.
  • 16. Aug. Circ.-Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Leihbibliotheken. 261.
  • 14. Aug. Reſcr., betr. die Verhütung des Verkehrs der Schüler mit Schau-
    ſpielern. 260.
  • 23. Aug. Reſcr. über die Einrichtung der Programme. 6.
  • 27. Aug. Circ.-Reſcr., betr. die Amtsentſetzung der Lehrer ꝛc. 26.
  • 10. Septbr. Reſcr., betr. die Gemeinheitstheilungsordnung. 31.
  • 1. Octbr. Reſcr., betr. die Aufnahme jüdiſcher Schullehrer. 196.
  • 3. Novbr. Circ.-Reſcr., betr. die Wahl der Schullehrer auf dem
    Lande. 19.
  • 3. Novbr. Circ.-Reſcr., betr. die Oberaufſicht über die Waiſenhäuſer. 304.
  • 12. Novbr. Reſcr., betr. die Gemeinheitstheilungsordnung. 31.
  • 12. Novbr. Publ., betr. die Höhe der zu verſichernden Wittwenpenſionen. 382.
  • 8. Decbr. Cab.-O., betr. die Auszahlung der Gehaltsrate bei Amts-
    ſuspenſion 26.
  • 19. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Führung der Schul-
    bedienten. 27.
  • 29. Decbr. Reſcr., betr. die zwiſchen Seminariſten und Schulamtscandi-
    daten zu treffende Wahl als Elementarſchullehrer. 75.
  • 1825.
  • 12. Jan. Reſcr., daß jüdiſche Religionslehrer von Communallaſten nicht
    befreit. 196.
  • 10. Febr. Reſcr., betr. die Bildung eines Baufonds für Schulbauten. 34.
  • 19. Febr. Reſcr., betr. die Einrichtung der Programme. 6.
  • 21. Febr. Cab.-O., betr. die Beſtätigung des Grundgeſetzes für das
    Waiſenhaus in Potsdam. 304.
  • 28. Febr. Circ.-Reſcr. über die Verhältniſſe der Schulamtscandidaten in
    den Seminaren. 21. 75.
  • 11. März. Reſcr., betr. die Zwangsmittel gegen jüdiſche Familienhäupter,
    ihre Kinder zur Schule zu ſchicken. 196.
  • 19. März. Reſcr., daß Leute, welche einen Theil des Jahres hindurch
    [636] wegen Arbeit ſich an einem Orte aufhalten, ihre Kinder zur Schule
    ſchicken müſſen. 38.
  • 22. März. Publ. über die Verhältniſſe der Schulamtscandidaten in den
    Seminaren. 21.
  • 23. März. Reſcr., betr. die Einſtellung von Aufzügen der Schüler bei
    den Gymnaſien. 262.
  • 26. März. Reſcr., betr. die Annahme von Ausländern zu jüdiſchen Schul-
    lehrerſtellen. 196.
  • 8. April. Reſcr., betr. die Benutzung der Leihbibliotheken Seitens der
    Schüler. 263.
  • 11. April. Reſcr., betr. die Privatlectüre auf den Gymnaſien. 47.
  • 14. April. Reſcr., betr. die philoſoph. Vorbereitung auf den Gymn. 47.
  • 25. April. Circ.-Reſcr., betr. das Verbot, den Gymnaſiaſten Bücher aus
    öffentl. Bibliotheken zu verabfolgen. 263.
  • 10. Mai. Reſcr., betr. die Zulaſſung fremder Juden zu Schullehrer-
    ſtellen. 197.
  • 14. Mai. Cab.-O., betr. die Schulzucht in den Provinzen, wo das A.
    L.-R. nicht eingeführt iſt. 38.
  • 26. Mai. Reſcr., betr. die philoſoph. Vorbereitung auf den Gymn. 47.
  • 28. Juni. Verordn. wegen der Reiſekoſten für comiſſ. Geſchäfte. 237.
  • 17. Aug. Cab.-O. wegen Anwendung der Declar. v. 21. Novbr. 1803.
    auf die weſtl. Provinzen. 7.
  • 26. Novbr. Reſcr., betr. die Ferien in den Elementar-Stadtſchulen ꝛc. 6.
  • 30. Novbr. Circ.-Reſcr., betr. die Nachweiſungen über jugendl. Ver-
    brecher. 264.
  • 13. Decbr. Reſcr., betr. die Dispenſation von Erlernung des Griech. 47.
  • 26. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Qualification der Schüler zu den
    höheren Gymnaſialſtudien. 53.
  • 31. Decbr. Cab.-O., betr. einige Abänderungen in der Organiſation der
    Verwaltungsbehörden. 26.
  • 31. Decbr. Geſchäftsinſtruction für die Regierungen. 238.
  • 31. Decbr. Dienſtinſtruction für die Oberpräſidenten. 238.
  • 1826.
  • 10. Jan. Reſcr., betr. die Verzeichniſſe über den Schulbeſuch jüdiſcher
    Kinder 197.
  • 22. Febr. Reſcr., betr. das ſchulpflichtige Alter der Kinder. 38.
  • 18. März. Reſcr., betr. den Unterricht in der Mathematik auf Gymn. 47.
  • 3. Mai. Reſcr., betr. die Einwirkung des geiſtl. Miniſt. auf die An-
    ſtellung der Lehrer. 51.
  • 12. Mai. Reſcr., betr. die Verbeſſerung der Schuleinrichtungen. 14.
  • 25. Mai. Reſcr., betr. die Feuerſocietätsbeiträge für Schulen. 34.
  • 1. Juni. Circ.-Reſcr., betr. die Prüfung der Schulamtscand. 21. 76.
  • 1. Juni. Cir.-Reſcr., denſelben Gegenſtand betr. 21. 80.
  • 4. Aug. Reſcr., betr. die Befreiung der Gensd’armerie von den Beiträgen
    zur Unterhaltung der Ortsſchulen. 31.
  • 21. Aug. Reſcr., betr. die Prüfung der Schulamtscandidaten in der Phi-
    loſophie. 52.

[637]
  • 23. Aug. Circ.-Reſcr., betr. den Beitritt ꝛc. zur Wittwencaſſe. 382.
  • 24. Septbr. Circ.-Reſcr., daß ſtatt der Probelection der Schulamts-
    candidaten ein einjähriger practiſcher Unterricht ſubſtituirt. 52.
  • 2. Octbr. Circ.-Reſcr., betr. die jugendl. Verbrecher. 264.
  • 1827.
  • 29. Jan. Reſcr., betr. die Dispoſition über das Gehaltseinkommen ſus-
    pendirter Schullehrer. 27.
  • 26. Febr. Circ.-Reſcr., betr. die Einführung gymnaſtiſcher Uebungen. 289.
  • 22. März. Reſcr., betr. die Mitwirkung der biſchöfl. Behörden bei kathol.
    Schulamtsbewerbern. 21.
  • 24. März. Reſcr., betr. die Nachbildung angeſtellter Schullehrer. 82.
  • 26. März. Reſcr., betr. die Zulaſſung der Schulamtscandidaten zu den
    Bürgerſchulen. 52.
  • 29. März. Circ.-Reſcr., betr. die Prüf. ſtudirter Lehrer für Bürgerſch. 21.
  • 2. April. Circ.-Reſcr., betr. die Beſetzung der Zeichnenlehrerſtellen an
    Gymnaſien. 47.
  • 16. April. Reſcr., betr. die Belehrung und Warnung der Kinder über das
    Wegfangen der Singvögel. 135.
  • 21. April. Cab.-O., betr. die Steuerimmunitäten der Schullehrer. 24.
  • 25. April. Circ.-Reſcr., betr. die Poſtfreipäſſe der Waiſenkinder. 318.
  • 27. April. Reſcr., betr. die Benutzung der Kinder in den Fabriken. 38.
  • 29. April. Reſcr., betr. die Anſtellung jüdiſcher Schullehrer. 197.
  • 28. Mai. Reſcr., betr. die Steuerimmunitäten der Schullehrer. 24.
  • 29. Juni. Reſcr., betr. die Nachweiſungen von dem jüd. Schulweſen. 201.
  • 13. Juli. Reſcr. wegen nicht zu geſtattender Theilnahme jüdiſcher Glau-
    bensgenoſſen an dem Unterrichte in den chriſtl. Schullehrerſeminaren. 203.
  • 21. Septbr. Reſcr., betr. die Sicherſtellung academiſcher Lehrer wegen
    Honorare. 66.
  • 22. Septbr. Reſcr., betr. die Communalbeiträge der Judengemeinen zu den
    Ortsſchulen. 31. 203.
  • 22. Septbr. Reſcr., betr. die Aufbringung der Unterhaltungskoſten für jüd.
    Schulen. 203.
  • 24. Octbr. Reſcr., betr. die pädagogiſchen Prüfungen der evangel. Cand.
    pro minist. 52.
  • 24. Octbr. Reſcr., denſelben Gegenſtand für kathol. Aspiranten betr. 52.
  • 30. Octbr. Reſcr., betr. die Verhältniſſe der Privatſchullehrer zu den
    Ortsſchulen. 3.
  • 21. Novbr. Reſcr., betr. die Verhältniſſe der Superintendenten zu den
    Schuldeputationen. 14.
  • 28. Novbr. Reſcr., betr. die Anſtellung der Schullehrer als Organiſten. 21.
  • 4. Decbr. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schullehrer. 25.
  • 17. Decbr. Reſcr., betr. die Berichterſtattung über die Prüfungen. 21.
  • 1828.
  • 22. Jan. Reſcr., betr. die Bewahrung der Jugend vor ſittengefährlichen
    Vergnügungen. 275.
  • 28. Jan. Reſcr., betr. das jüd. Schulweſen. 204.

[638]
  • 10. März. Reſcr., betr. die Koſten für Schulprogramme. 135.
  • 30. März. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der öffentlichen Schulen ꝛc.
    durch Geiſtlichen. 239.
  • 24. April. Reſcr., daß in Weſtphalen der Schulbeſuch mit dem ſechſten
    Jahre beginnt. 38.
  • 14. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Vorbereit. des Taubſtummenunterr. 338.
  • 12. Juni. Circ. Reſcr., betr. die Wahl und Anſtellung jüdiſcher Religions-
    und Schullehrer. 200.
  • 30. Juni. Reſcr., betr. den jüd. Unterricht. 207.
  • 11. Juli. Circ.-Reſcr., betr. die Beſſerung verwahrloſeter Kinder. 276.
  • 11. Juli. Circ.-Reſcr., denſelben Gegenſtand betr. 278.
  • 13. Aug. Reſcr., betr. die Erbauung von Elementarſchulhäuſern. 15.
  • 23. Aug. Reſcr., betr. das Verfahren in Streitfällen über die Beitrags-
    pflicht zu Schulbauten. 34.
  • 23. Aug. Circ.-Reſcr., betr. die Vernachläſſig. des Schulunterrichts. 38.
  • 1. Septbr. Reſcr., betr. die Einrichtung der Programme. 6.
  • 20. Octbr. Reſcr., betr. die Verwendung der Schulſtrafgelder. 39.
  • 29. Novbr. Reſcr., betr. die Anſtellung von Lehrern bei Taubſtummen-
    Anſtalten. 340.
  • 11. Decbr. Reſcr, betr. den Unterricht in der griechiſchen Sprache. 47.
  • 15. Decbr. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der in den Fabriken arbei-
    tenden Kinder. 38.
  • 1829.
  • 5. Jan. Circ.-Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schullehrer. 25.
  • 21. Jan. Geſetz, betr. die Befreiung von Gemeinelaſten. 24.
  • 23. März. Cab.-O., betr. die Simultanſchulen. 8.
  • 14. Mai. Inſtr. für die Generalſuperintendenten. 40.
  • 19. Mai. Reſcr., betr. die Beförderung der Baumzucht durch die Schul-
    lehrer. 136.
  • 6. Juni. Circ.-Reſcr., betr. den Unterricht über Wiederbelebung ꝛc. in
    den Seminaren. 85.
  • 4. Juli. Reſcr., betr. die Erweiterung der Bibliotheken der Gymn. 141.
  • 16. Juli. Reſcr., betr. die Feſtſtellung des Interimiſtici bei Schulbauten 35.
  • 20. Juli. Reſcr., betr. den Beſitztitel der Grundſtücke einer Schulſocietät. 15.
  • 10. Septbr. Cab.-O., betr. die Verbeſſerung der ſtädt. Bürgerſchulen und
    den Lehrplan für Seminare. 86.
  • 26. Octbr. Reſcr., betr. die Anſtellung von Schulamtscandidaten ꝛc. 52.
  • 17. Decbr. Reſcr., betr. die Sicherſtellung der academ. Lehrer wegen der
    Honorare. 66.
  • 1830.
  • 15. Jan. Reſcr., daß Privatſchullehrer nicht Staatsdiener. 22.
    • 4. Febr.
    • 20. Febr.
  • 16. März. Schulviſitationsordnung für die Superintendenten. 240.
  • 17. März. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schullehrer. 25.
  • 18. März. Circ.-Reſcr., betr. die Prüfung der Candidaten in den Natur-
    wiſſenſchaften. 52.
  • 31. März. Reſcr., betr. die Obſtbaumzucht. 143.

[639]
  • 5. April. Reſcr., betr. den Seidenbau. 143.
  • 16. April. Reſcr., betr. den Beſuch des Gottesdienſtes durch die Schul-
    jugend. 8.
  • 27. April. Cab.-O., betr. [die] unfreiwillige Emeritirung der Schullehr. 27.
  • 15. Mai. Reſcr., betr. die Bewilligung der Prämie für die Annahme
    eines Taubſtummen. 341.
  • 30. Aug. Reſcr., betr. die Beiträge auswärtiger Grundbeſitzer zu den
    Ortsſchulen. 31.
  • 30. Aug. Circ.-Reſcr., betr. die Unterweiſung in Handarbeiten. 143.
  • 18. Octbr. Reſcr., betr. den hiſtor. und geogr. Unterricht in Gymn. 47.
  • 8. Novbr. Reſcr., betr. den verbot. Beſuch der Schankſtätten Seitens
    der Schüler. 282.
  • 10. Novbr. Reſcr., betr. den Geſangunterricht. 47.
  • 11. Novbr. Reſcr., betr. die Einrichtung der Schulprogramme. 6.
  • 9. Decbr. Reſcr., betr. die Aufbringung der Schulbeiträge ꝛc. 31.
  • 1831.
  • 9. Jan. Reſcr., betr. die Controle des Schulbeſuches durch die Polizei. 39.
  • 15. Jan. Reſcr., betr. den Unterricht des Hebräiſchen auf Gymn. 47.
  • 17. Jan. Reſcr., betr. die willkürliche Annahme und Entlaſſung der von
    katholiſchen Pfarrern berufenen Kirchendiener durch die erſteren. 19.
  • 27. Febr. Cab.-O., daß nur die dazu verpflichteten Beamten in die allg.
    Wittwencaſſe aufgenommen werden ſollen. 382.
  • 4. März. Reſcr., betr. die Nichtbewilligung v. Amtsblatt-Freiexempl. 87.
  • 21. März. Reſcr., betr. die Heilung der Stammelnden. 341.
  • 21. März. Reſcr., betr. das Disciplinarverfahren gegen Schullehrer. 28.
  • 29. März. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schullehrer. 25.
  • 18. April. Reſcr., betr. die Aufbringung der Schulbeiträge. 31.
  • 20. April. Reſcr., betr. die Dispoſition über die Dienſteinkünfte eines zur
    Unterſuchung gezogenen Beamten. 28.
  • 20. April. Reglem. wegen allgem. Prüfungen der Schulamtscand. 52.
  • 24. April. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schullehrer. 25.
  • 2. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Vermeidung der Einmiſchung von Tages-
    begebenheiten in den Unterricht. 151.
    • 7. Mai.
    • 13. Mai.
    • 10. Juni.
  • 16. Juni. Reſcr., betr. die Sicherſtellung der academiſchen Lehrer wegen
    Honorare. 66.
  • 25. Juni. Reſcr., betr. die Gemeinheitstheilungsordnung. 31.
  • 1832.
  • 11. Febr. Reſcr., daß die Directoren den Schulamtscandidaten über das
    Probejahr ein Atteſt auszuſtellen haben. 52.
  • 8. März. Reſcr., betr. die Abiturientenprüfungen an höhern Bürger- und
    Nealſchulen. 53.
  • 15. März. Reſcr., betr. die Genehmigung zur Erwerbung von Realitäten
    der Schulanſtalten. 16.
  • 19. März. Reſcr., betr. die Verpflicht. zum Beitritt d. Wittwencaſſe. 382.

[640]
    • 20. März.
    • 5. April.
  • 15. April. Cab.-O., betr. die Errichtung einer Waiſenverſorgungsanſtalt. 318.
  • 12. Juli. Circ.-Reſcr., betr. die Einreichung von Nachweiſungen den
    Taubſtummen. 342.
  • 15. Juli. Reſcr., betr. die Zulaſſung ausländ. Schulamtsbewerber. 21.
  • 25. Juli. Statut für die evangel. Predigerwittwencaſſe ꝛc. in Poſen. 382.
  • 30. Juli. Reſcr., betr. die Disciplinarunterſuchung gegen Schulbediente. 28.
  • 13. Septbr. Reſcr., betr. die Einſendung der Schulprogramme. 6.
  • 25. Septbr. Publ.-Patent, betr. die Beſchlüſſe der deutſchen Bundes-
    verſammlung ꝛc. 61.
  • 8. Octbr. Reſcr., betr. die Einrichtung der Programme. 6.
  • 19. Octbr. Reſcr., betr. die Prüfung der Schulamtscandidaten. 21.
  • 10. Novbr. Reſcr., betr. die Koſten zum Bau von Küſterhäuſern. 37.
  • 17. Decbr. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Gymnaſiaſten. 282.
  • 1833.
  • 12. Jan. Cab.-O., betr. die Beſtrafung der Studentenverbindungen. 61
  • 31. Jan. Circ.-Reſcr., betr. die Aufſtellung von Etats. 382.
  • 14. Febr. Reſcr., betr. die Anſtellung der Schullehrer als Organiſten. 21
  • 14. März. Reſcr., betr. den Militairdienſt der Gymnaſiaſten. 47.
  • 6. Mai. Reſcr., betr. die Koſten zum Baue von Küſterhäuſern. 37.
  • 13. Mai. Geſetz, betr. die Schenkungen an geiſtl. Geſellſchaften ꝛc. 16.
  • 19. Mai. Reſcr., betr. die Zulaſſung von Literaten zur Prüfung. 52.
  • 20. Mai. Cab.-O., betr. das Verbot des Beſuches der Univerſitäten Er-
    langen ꝛc. 72.
  • 1. Juni. Verordn., betr. das Judenweſen im Großh. Poſen. 209.
  • 23. Juni. Reſcr., betr. den Militairdienſt der Gymnaſiaſten. 47.
  • 2. Juli. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schullehrer. 25.
  • 2. Juli. Reſcr., betr. den Rang der katholiſchen Religionslehrer. 47.
  • 2. Juli. Reſcr., betr. die Ausübung des Patronatrechts Seitens der
    Magiſtrate. 19.
  • 12. Juli. Reſcr., betr. die Zulaſſung der Literaten zur Prüfung. 21.
  • 29. Septbr. Reſcr., betr. die Ferien in den Elementar-, Stadtſchulen ꝛc. 6.
  • 9. Octbr. Reſcr., betr. die techn. Mitgl. der Ortsſchulcommiſſionen. 14.
  • 31. Octbr. Reſcr., betr. die Militairverhältniſſe der Schullehrer. 25.
  • 8. Novbr. Reſcr., betr. die Schulgeldfreiheit der Lehrerſöhne. 32.
  • 3. Decbr. Reſcr., betr. den Bau von Scheunen Seitens der Gemeinen. 15
  • 3. Decbr. Reſcr., betr. die Zulaſſung von ausländiſchen Schulamts-
    bewerbern. 21.
  • 14. Decbr. Cab.-O., betr. die Herabſetzung der Wittwencaſſen-Penſionen. 385.
  • 1834.
  • 10. Jan. Reſcr., betr. den Beitritt der Schullehr. zur Wittwencaſſe. 385.
  • 18. Jan. Reſcr., betr. die Veräußerung von alten Schulhäuſern. 15.
  • 28. Febr. Circ.-Reſcr., betr. das Verfahren gegen die aus Schullehrer.
    ſeminaren entfernten Zöglinge. 87.
  • 4. März. Circ.-Reſcr., daß Schullehrer öffentl. Beamte. 22.
  • 8. März. Circ.-Reſcr., betr. den Geſangunterricht auf Gymnaſien. 47.

[641]
  • 9. März. Circ.-Reſcr., betr. das Geſetz vom 13. Mai 1833. 50.
  • 18. Mai. Circ.-Reſcr., betr. das Verfahr. gegen releg. Studenten. 64.
  • 20. Mai. Reſcr., betr. die Einrichtung von Schulſocietäten. 6.
  • 29. Mai. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der ſtädtiſchen Schulen. 246.
  • 29. Mai. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Ortsſchulen. 14.
  • 29. Mai. Cab.-O., betr. die Berichtigung der Wittwencaſſenbeiträge. 386.
  • 4. Juni. Reglem., betr. die Prüfung der zur Univerſität abgehenden
    Schüler. 53.
  • 9. Juni. Reſcr., betr. die Geſtattung gymnaſtiſcher Leibesübungen. 292.
  • 10. Juni. Cab.-O., betr. die Aufſicht des Staates über Privatanſt. 4.
  • 12. Juni. Reſcr., betr. d. Anhalt. vernachläſſigt. Lehrlinge z. Schule. 246.
  • 14. Juni. Reſcr., betr. die Anſchaffung von Unterrichtsmitteln für Kinder
    armer Eltern. 33.
  • 25. Juni. Cab.-O., betr. Prüfung der zur Univerſität abgeh. Schüler. 53.
  • 31. Juli. Reſcr., betr. einige Ergänzungen des Reglements vom 4. Juni
    ej. ann. 53.
  • 16. Aug. Cab.-O., daß die Verbindung zu nennen iſt, in welcher der In-
    haber des Abgangszeugniſſes geweſen. 71.
  • 21. Aug. Reſcr., betr. die Vereidigungsprotocolle der Schullehrer. 22.
  • 13. Septbr. Reſcr., betr. den Unterricht in der Mathematik auf Gym. 47.
  • 19. Septbr. Circ.-Reſcr., betr. die Confeſſionsbezeichnung in Schul-
    ſachen. 151.
  • 26. Septbr. Reſcr., betr. die Abiturientenprüfungen. 53.
  • 27. Septbr. Inſtruction zum Schulunterricht der Militairkinder. 39.
  • 20. Octbr. Reſcr., betr. das Geſetz vom 13. Mai 1833. 50.
  • 27. Octbr. Reſcr., betr. das Geſetz v. 13. Mai 1833. 50.
  • 10. Novbr. Reſcr., betr. die Befreiung jüd. Schulleh. v. Communallaſt. 217.
  • 14. Decbr. Reſcr., betr. den Unterricht in der Mathem. auf Gymn. 47.
  • 18. Decbr. Cab.-O., betr. das Verbot des Beſuches der Univerſitäten
    Zürich ꝛc. 72.
  • 31. Decbr. Verfügung, betr. den Unterricht für taubſtumme Kinder. 343.
  • 1835.
  • 12. Jan. Reſcr., betr. die Theilnahme der Schullehrer an öffentl. Muſik-
    feſten. 87.
  • 31. Jan. Reſcr., betr. die Einforderung der ſtädt. Schuletats. 15.
  • 31. Jan. Reſcr., betr. die Feſtſtellung des ſtädt. Schulcaſſenetats. 15.
  • 29. Febr. Reſcr., betr. die Vereidigungsprotocolle der Schullehrer. 21.
  • 7. März. Reſcr., betr. die Lehrpläne der Elementar- und Stadtſchulen. 6.
  • 15. März. Cab.-O., betr. die academ. Disciplin für Greifswald. 55.
  • 18. März. Reſcr., betr. die Beförderung des Taubſtummen-Unterrichts. 352.
  • 31. März. Publ.-Pat., betr. das Verbot an die Juriſtenfacultäten ꝛc. 54.
  • 24. April. Reſcr., betr. die Normirung des Dienſteides der Schullehrer. 21.
  • 2. Mai. Reſcr., betr. die einſtweilige Amtsſuspenſion der Schullehrer. 28.
  • 18. Mai. Publ., betr. die Beſtimmungen über die Wittwenverpflegungs-
    anſtalt. 386.
  • 22. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Theilnahme der Schullehrer an Muſik-
    feſten. 40.

41
[642]
  • 23. Mai. Circ.-Reſcr., betr. verſchiedene Poſtvorſchriften. 88.
  • 2. Juni. Verf., betr. die Portofreiheit der Gymnaſien ꝛc. 6.
  • 18. Juli. Cab.-O., betr. Beitreibung von Schulabgaberückſtänden. 32.
  • 27. Juli. Reſcr., daß die Schullehrer als Viehbeſitzer zu den Koſten behufs
    Abhaltung der Viehſeuche beitragen müſſen. 24.
  • 28. Juli. Reſcr., betr. die Abiturienten-Prüfungen. 53.
  • 8. Aug. Regul., betr. den Schulbeſuch in den von der Cholera befallenen
    Orten. 39.
  • 24. Aug. Reſcr., betr. die Aufbringung der Schulbeiträge. 31.
  • 30. Aug. Reſcr., betr. die Zulaſſung der für Inländer zu achtenden Schul-
    amtscandidaten moſaiſchen Glaubens zur Prüfung pro facul. doc. 217.
  • 4. Septbr. Reſcr., betr. die nochmalige Prüfung der Candidaten. 21.
  • 4. Septbr. Reſcr., betr. die jüdiſchen Privatſchulen. 218.
  • 10. Septbr. Reſcr., betr. die Erſtattung der Wittwencaſſenbeiträge. 188.
  • 15. Septbr. Reſcr., betr. die Nichtbefreiung der Schullehrer von den Schul-
    beiträgen. 31.
  • 20. Septbr. Reſcr., betr. die Einziehung der rückſtändigen Wittwencaſſen-
    beiträge. 386.
  • 9. Octbr. Reſcr., betr. die Abiturientenprüfung. 53.
  • 15. Octbr. Reſcr., betr. die Beitreibung von Schulabgaberückſtänden. 32.
  • 6. Novbr. Reſcr., betr. die Anſtellung von Ausländern. 22.
  • 5. Decbr. Bekanntm. des Beſchluſſes des deutſchen Bundes v. 14. No-
    vember 1834. 55.
  • 22. Decbr. Reſcr., betr. das Geſetz v. 13. Mai 1833. 50.
  • 1836.
  • 8. Jan. Reſcr. über die Zutheilung eines Gutes an eine Schulſocietät. 35.
  • 10. April. Cab.-O., betr. die Erklärung des Geſ. v. 13. Mai 1833. 17.
  • 25. April. Reſcr., betr. die Beiträge zu Schulbauten. 35.
  • 28. April. Reſcr., betr. die Heranziehung der Beamten zu Schulbeitr. 31.
  • 28. Mai. Reſcr., betr. die Benutzung des von Kirchhoff erfundenen Schreib-
    papiers. 152.
  • 19. Juni. Cab.-O., betr. das Verfahren bei Einziehung d. Schulabg. 32.
  • 14. Juli. Cab.-O. wegen Nichtverpflichtung der Gutsherren, von den bäuer-
    lichen Entſchädigungsländereien zu den Unterhaltungskoſten der Schulgebände
    beizutragen. 35.
  • 3. Septbr. Statut der Berliner Wittwenpenſionscaſſe. 388.
  • 29. Octbr. Reſcr., betr. das Reſſort der Regier.-Abth. ꝛc. 35.
  • 21. Novbr. Cab.-O., betr. den Beſuch der Univerſität Erlangen ꝛc. 72.
  • 21. Novbr. Reſcr., betr. die an Gymn. vertheilten Bücher ꝛc. 152.
  • 3. Decbr. Cab.-O., betr. die Wittwenpenſions- u. Unterſtützungscaſſe. 409.
  • 5. Decbr. Reſcr., betr. verſchiedene Poſtvorſchriften. 152.
  • 6. Decbr. Reſcr., betr. die Wittwenpenſions- u. Unterſtützungscaſſe. 409.
  • 22. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Errichtung der Berliner Wittwen-
    penſionscaſſe. 410.
  • 31. Decbr. Cab.-O., betr. die acad. Gerichtsbarkeit in Bonn. 55.
  • 1837.
  • 7. Jan. Reſcr., betr. die Verwaltung von Armen-Stiftungsfonds. 335.
  • 10. Jan. Cab.-O., betr. die Entſchäd. d. Schulleh. in Betr. d. Grundſteuer. 24.

[643]
  • 14. Jan. Cab.-O., betr. die Militairverhältn. der Schullehrer. 25.
    • 20. Jan.
    • 31. Jan.
  • 4. Febr. Reſcr., betr. die Militairverhältn. der Schullehrer. 25.
  • 20. Febr. Reſcr., betr. die Verwalt. d. Vermögens d. Waiſenhäuſer. 335.
  • 24. Febr. Reſcr., betr. die Entlaſſungsprüfungen der Privatſchüler. 5.
  • 16. März. Reſcr., betr. die Sicherſtellung d. acad. Lehr. weg. Honor. 66.
  • 29. März. Cab.-O., betr. die Uebertragung der Entſcheidungen im Recurs-
    verfahren wider disciplinariſch beſtrafte Elementarſchullehrer an die Ober-
    präſidenten. 29.
  • 24. April. Reſcr., betr. die Einführung neuer Lehrbücher. 6. 152.
  • 29. April. Reſcr., betr. die Gemeinheitstheilungsordnung. 31.
  • 22. Juni. Circ.-Reſcr., betr. den Beitritt der Lehrer zur allg. Wittwen-
    caſſe. 387.
  • 10. Juli. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der jüdiſchen Schulen. 218.
  • 4. Aug. Reſcr., betr. die Sicherſtellung der acad. Lehr. weg. Honor. 66.
  • 18. Aug. Reſcr., betr. die Verpflichtung der Gutsherrſchaft zur Unter-
    ſtützung ihrer Tagelöhner rückſichtlich der Schulkoſten. 33.
  • 25. Septbr. Reſcr., betr. die Einwirkung der Schullehrer auf den Schul-
    zwang. 39.
  • 30. Septbr. Reſcr., betr. die Competenz zur Vollſtreckung der Schulver-
    ſäumnißſtrafen. 46.
  • 24. Octbr. Inſtr. für die Gymnaſien. 52.
  • 28. Octbr. Reſcr., betr. die Verwaltung der ſtädt. Stiftungen. 337.
  • 2. Novbr. Reſcr., betr. die Leiſtungen zu Schulzwecken. 33.
  • 2. Novbr. Reſcr., betr. die Unterſtützung zu Schulbauten. 35.
  • 20. Novbr. Circ.-Reſcr., betr. die Schulprogramme. 153.
  • 22. Novbr. Reſcr., betr. die Gemeinlaſten der Seminare. 88.
  • 22. Decbr. Judicat des Geh. O.-Trib., betr. die Verjährung der Stu-
    dentenſchulden. 67.
  • 1838.
  • 2. Jan. Reſcr., betr. die Ausbildung der Elementarſchulamtscand. 89.
  • 7. Jan. Geſetz über die Beſtrafung von Studentenverbindungen. 61.
  • 8. Jan. Cir.-Reſcr., betr. den Beitritt der Lehrer zur allg. Wittwen-
    caſſe. 387.
  • 2. Febr. Reſcr., betr. die Vereidigungsprotocolle der Schullehrer. 22.
  • 3. u. 4. Febr. Reſcr., betr. einzelne §§. des Reglements v. 20. April
    1831. 52.
  • 27. Febr. Reſcr., betr. die Ertheilung des Prädicats „Oberlehrer“. 54.
  • 14. März. Reſcr., betr. das Regl. für die Academie der Künſte. 54.
  • 15. März. Reſcr., betr. die Koſten zum Baue von Küſterhäuſern. 37.
  • 24. März. Reſcr., betr. die Heranziehung jüdiſcher Gemeinemitglieder zur
    Unterhaltung von Schulen. 219.
  • 27. März. Circ.-Reſcr., betr. die Koſten für Schulbauten. 37.
  • 31. März. Geſetz, betr. die Einführung kürzerer Verjährungsfriſten. 67.
  • 16. Mai. Reſcr., betr. einzelne §§. des Regl. v. 20. April. 1831. 52.
  • 21. Mai. Reſcr., betr. das Verfahren bei Schulbauten. 36.

41*
[644]
  • 22. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Erwerbung tüchtiger Candidaten. 6.
  • 8. Juni. Reſcr., betr. die Verpflichtung zu Beitr. für Schulbauten. 33.
  • 26. Juli. Reſcr., betr. den Beitr. zur allg. Wittwenverpflegungsanſt. 411.
    • 29. Juli.
    • 31. Aug.
    • 17. Septbr.
  • 7. Septbr. Circ.-Reſcr., betr. die Aufſichtsführ. über die Nebenſchulen. 248.
  • 18. Septbr. Reſcr., betr. d. §. 4. d. Regl. v. 8. März 1832. 53.
  • 13. Octbr. Cab.-O., betr. die anderweite Modification der Cab.-O. vom
    20. Mai 1833. 72.
  • 20. Octbr. Reſcr., betr. d. Heranzieh. d. Beamten zu Schulbeiträgen. 31.
  • 1839.
  • 21. Jan. Grundſteuergeſetz für die weſtlichen Provinzen. 24.
  • 9. März. Regulativ über die Beſchäftigung jugendlicher Arbeiter in den
    Fabriken. 39.
  • 19. März. Reſcr., betr. die Nichtverpflichtung nicht immatriculirter In-
    länder, ein Abgangszeugniß zu löſen. 57.
  • 26. März. Reſcr., betr. die Unterſtützung zu Schulbauten. 35.
  • 6. April. Cab.-O., betr. die Beſchäftigung jugendlicher Arbeiter in den
    Fabriken. 39.
  • 6. April. Circ.-Reſcr., betr. die Prüfung in den neuern Sprachen. 52.
  • 8. Mai. Reſcr., betr. die Prüfung in den Naturwiſſenſchaften. 52.
  • 11. Mai. Reſcr., betr. die Urlaubsertheilung für Elementarſchullehrer. 22.
  • 13. Mai. Reſcr., betr. die Aufſichtsführ. über Kleinkinderbewahranſt. 14.
  • 9. Septbr. Reſcr., betr. die Reſſortverhältn. in Schulhausbauſachen. 37.
  • 12. Novbr. Reſcr., betr. die Reiſe- und Umzugskoſten für Lehrer. 54.
    • 20. Novbr.
    • 21. Novbr.
  • 14. Decbr. Reſcr., betr. die Prüfung der Schulamtscandidaten. 22.
  • 31. Decbr. Inſtr., betr. die Beaufſichtigung der Privatſchulen. 5. 89.
  • 1840.
  • 7. Jan. Reſcr., betr. die Dirigenten der höhern Bürgerſchulen. 48.
  • 8. Jan. Reſcr., betr. die Anſtellung der Schulamtscandidaten. 22.
  • 3. März. Circ.-Reſcr., betr. die Etatsentwürfe über die zu erſtattenden
    Wittwencaſſenbeiträge. 387.
  • 6. März. Reſcr., betr. die Reſſortverhältn. in Schulhausbauſachen. 35.
  • 17. März. Reſcr., betr. die Titel „Conrector, Subrector“. 54.
  • 18. März. Circ.-Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Privatſchulen. 5.
  • 8. April. Reſcr., betr. die Beſoldung caſſirter Beamten. 29.
  • 10. April. Reſcr., betr. die Penſionirung dienſtunfähiger Lehrer. 29.
  • 21. April. Reſcr., betr. d. fahrläſſige Umgehen mit Schießgewehren. 283.
  • 1. Mai. Reſcr., betr. die den Gymnaſialſchülern zu ertheil. Zeugn. 53.
  • 11. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die für Seminar-Aspiranten auszuſtellenden
    Geſundheitsatteſte. 89.
  • 12. Mai. Reſcr., betr. die den Gymnaſialſchülern zu ertheil. Zeugn. 53.
  • 18. Mai. Reſcr., betr. die Unterhaltung jüd. Schulgemeinen. 220.
  • 18. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Etatsverringerung erledigter Lehrer-
    ſtellen. 19.

[645]
  • 12. Juni. Reſcr., betr. die Nichtbefreiung jüd. Schullehrer von Communal-
    laſten. 222.
  • 15. Juni. Reſcr., betr. die Zahlung der den Schuläckern erwachſenen
    Koſten. 15.
  • 1. Juli. Reſcr., betr. die Militairverhältn. der Schullehrer. 25.
  • 10. Juli. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Privatſchulen. 5.
  • 21. Juli. Reſcr., betr. die unfreiwillige Emeritirung der Schullehrer. 29.
  • 28. Juli. Reſcr., betr. den Conſens zur Erwerb. von Realitäten. 18.
  • 29. Juli. Reſcr., betr. die unfreiwillige Emeritirung der Schullehrer. 29.
  • 13. Aug. Reſcr., betr. die Repartition der Schulunterhaltungskoſten. 31.
  • 18. Aug. Reſcr., betr. die Controlirung des Einkaufes der Ehefrauen in
    die Wittwencaſſe. 387.
  • 19. Aug. Reſcr., betr. die den Gymnaſialſchülern zu ertheil. Zeugn. 53.
  • 26. Aug. Reſcr., betr. die Ertheil. vorläuf. Abgangszeugn. an Theol. 71.
  • 30. Circ.-Reſcr., betr. die Bereiſung der Landſchulen. 89.
  • 26. Septbr. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Privatſchulen. 5.
  • 14. Octbr. Reſcr., betr. den Eink. d. Ehefr. in die allg. Wittwenc. 387.
  • 30. Novbr. Verordn., betr. die Anwendbarkeit d. princ. regulativa. 37.
  • 10. Decbr. Reſcr., betr. den §. 4. d. Regl. v. 8. März 1832. 53.
  • 1841.
  • 30. Jan. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Privatſchulen. 5.
  • 11. Febr. Reſcr., betr. die Aufbringung der Communalbedürfniſſe. 222.
  • 11. Febr. Reſcr., betr. die Entlaſſung interim. angeſt. Schullehrer. 30.
  • 12. März. Reſcr., betr. die Abhaltung der Kinder von Tanzböden. 283.
  • 29. März. Reſcr., betr. d. §. 4. d. Regl. v. 8. März 1832. 53.
  • 4. April. Reſer., betr. die Anwendung des Regulat. v. 9. März 1839.
    auf Bauhandwerker. 39.
  • 10. April. Reſcr., daß der Schulvorſtand nach den Urſachen der Schul-
    verſäumniſſe forſchen ſoll. 46.
  • 30. Juni. Cab.-O., betr. die Verpflichtung der Unterthanen, auf einer
    Landesuniverſität zu ſtudiren. 71.
  • 11. Aug. Reſcr., betr. die Verſicherung von Wittwenpenſionen. 387.
  • 18. Septbr. Reſcr., betr. die Erlaubnißſcheine für Hauslehrer. 5.
  • 20. Octbr. Reſcr., betr. die Auslegung des Anhangs-§. 141. 66.
  • 31. Octbr. Circ.-Reſcr., betr. die Uebernahme von Nebenämtern Seitens
    der Lehrer. 22.
  • 3. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Zulaſſung zu den acad. Vorleſ. 56.
  • 20. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Recursinſtanz in Disciplinarunterſ. 30.
  • 21. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Prüfung der Cand. der Theologie pro
    facult. docendi.
    52.
  • 1842.
  • 3. Jan. Cab.-O., betr. die Aufhebung des Verbots des Beſuchs der Uni-
    verſität Bern. 72.
  • 21. Jan. Circ.-Reſcr., betr. die Vollziehung der abgeſchloſſ. Receſſe. 250.
  • 23. Jan. Reſcr., betr. die Claſſenſteuerpflichtigkeit der jüd. Lehrer. 223.
  • 28. Jan. Reſcr., betr. die Verbeſſerung der Landſchullehrerſtellen. 31.
  • 28. Febr. Circ.-Reſcr., betr. den Beitritt zur Wittwenpenſionscaſſe. 411.
  • 28. Febr. Cab.-O., betr. die Gebührenfreih. d. Kleinkinder-Bewahranſt. 5.

[646]
  • 8. März. Reſcr., betr. den Handel d. Schullehr. mit Schreibpapier. 153.
  • 17. März. Circ.-Reſcr., betr. die kleineren Reparaturen an den Dienſt-
    wohnungen. 153.
  • 9. April. Reſcr., betr. die Heranziehung der Küſter und Kirchendiener zu
    den Communalſteuern. 24.
  • 12. April. Circ.-Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Privatſchulen. 5.
  • 24. April. Circ.-Reſcr., betr. die Verpflichtung der Gutsherrſchaft, zur
    Unterhaltung der Ortsſchulen beizutragen. 31.
  • 28. April. Circ.-Reſcr., betr. die Prüfung der Cand. pro fac. doc. 52.
  • 9. Mai. Beſchluß des Geh. O.-Trib., betr. den §. 37. des Tit. 12.
    Th. II. A. L.-R. 37.
    • 20. Mai. Cab.-O.
    • 29. Mai. Reſcr.,
  • 15. Juni. Reſcr., betr. die Heranziehung der Küſter und Kirchendiener zu
    den Communallaſten. 24.
  • 4. Juli. Circ.-Reſcr., betr. die Koſtenauſchläge zu Neubauten v. Schul-
    häuſern. 35.
    • 8. Aug.
    • 31. Aug.
  • 23. Septbr. Reſcr., betr. die Beaufſichtigung der Unterrichtsanſtalten für
    junge Mädchen. 5.
  • 2. Decbr. Reſcr., betr. die Prüfung der Schulamtscand. 22.
  • 9. Decbr. Verordn., betr. die Anſtellung der Lehrer an Gymnaſien. 53.
  • 30. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Aufn. in die unterſte Cl. d. Gymn. 158.
  • 1843.
  • 2. Febr. Reſcr., betr. die Heranziehung der Königl. Beamten zu Schul-
    beiträgen. 31.
  • 24. Febr. Circ.-Reſcr., betr. die Ruth hardtſche Methode. 159.
  • 8. März. Circ.-Reſcr., betr. den Unterricht in der Mutterſprache. 166.
  • 9. März. Circ.-Reſcr., betr. die Beaufſ. auswärt. Gymnaſiaſten. 285.
  • 11. März. Circ.-Reſcr., daß Strafreſolute ans Geiſtliche Miniſterium
    einzuſenden. 30.
  • 19. März. Circ.-Reſcr., betr. die Zöglinge des Predigerſeminars zu
    Wittenberg. 96.
  • 31. März. Bekanntm., betr. den Taubſtummenunterricht. 352.
  • 3. April. Bekanntm., betr. die Gewährung von Zuſchüſſen zu dem Pa-
    tronatsbaufonds. 35.
  • 7. April. Bekanntm., betr. die Prüfung der Schulamtscandidaten. 22.
  • 24. April. Reſcr., betr. die Landdotation für Schullehrer. 31.
  • 28. April. Cab.-O., betr. die Grundſteuerfreiheit der Schulſtellen. 24.
  • 29. Mai. Reſcr., betr. die Licitationstermine für Schulbauten. 35.
  • 21. Juli. Cab.-O., betr. das Geſetz v. 13. Mai 1833. 18.
  • 26. Aug. Circ.-Reſcr., betr. die Schulbauten, für welche Gnadengeſchenke
    bewilligt. 35.
  • 14. Octbr. Reſcr., betr. die Wittwencaſſenbeiträge ſusp. Beamten. 387.
  • 12. Decbr. Reſcr., betr. das Intermiſt. bei ſtreitigen Schulbauten. 36.
  • 20. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Einwirk. der Regier. bei Bauten. 36.

[647]
  • 1844.
  • 16. Jan. Circ.-Reſcr., betr. die Unterſt. abgebrannter Schulen. 36.
  • 19. Jan. Circ.-Reſcr., betr. die Penſionsabzüge der bei Strafanſtalten
    angeſtellten Schullehrer. 30.
  • 27. Jan. Circ.-Reſcr., betr. die Ueberſchüſſe bei d. Schulgeldeinn. 6.
  • 3. Febr. Reſcr., betr. die Regulirung des Intermiſt. bei Schulbauten. 36.
  • 5. Febr. Cab.-O., betr. die Einziehung geſtundeter Honorare. 66.
  • 7. Febr. Circ.-Reſcr., betr. die Errichtung von Turnanſtalten. ꝛc. 293.
  • 26. Febr. Circ.-Reſcr., betr. die Aufbringung der Gemeinelaſten. 33.
  • 22. März. Circ.-Reſcr., betr. die Ableiſtung der Militairpflicht Seitens
    der im Seminar Gnadenfeldt gebildeten Lehrer. 96.
  • 24. März. Circ.-Reſcr., betr. die Mitwirk. der Regier. bei Turnanſt. 300.
  • 29. März. Geſetz, betr. das gerichtliche Verfahren gegen Beamte. 30.
  • 29. März. Cab.-O., betr. das Verfahren bei Penſionirungen. 30.
  • 17. April. Circ.-Reſcr., betr. die Veranſtaltung repetit. Uebungen. 58.
  • 22. April. Circ.-Reſcr., betr. die Theilnahme d. Schüler an den Turn-
    übungen. 301.
  • 12. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Aufbringung der Koſten zu Bauten von
    Schulhäuſern. 36.
  • 15. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Ertheilung der Staatsgenehmigung zur
    Erwerbung von Grundſtücken für Schulen. 51.
    • 22. Mai.
    • 31. Mai.
  • 24. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Entwürfe zu Reſtaurationsbauten. 36.
  • 18. Juni. Circ.-Reſcr., betr. das Verhältniß der Mittelſchulen zu den
    Gymnaſien. 48.
  • 27. Aug. Circ.-Reſcr., betr. die Behandlung des Sprachunterrichts. 168.
  • 14. Septbr. Reſcr., betr. die Ausübung des Oberaufſichtsrechts über das
    ſtädt. Schulweſen. 253.
  • 2. Octbr. Reſcr., betr. die mit der Louiſenſchule in Poſen verbundene
    Erziehungsanſtalt für Lehrerinnen. 190.
  • 9. Octbr. Reſcr., betr. einige §§. des Prüfungsreglements. 53.
  • 14. Octbr. Verordn., betr. d. Regul. der Grundſteuer in d. Prv. Poſen. 15.
  • 11. Novbr. Cab.-O. nebſt Verordn., betr. die Beitragspflicht der Ritter-
    gutsbeſitzer zur Unterhaltung der Schulen. 36.
  • 8. Decbr. Reſcr., betr. die Verhüt. d. Eingriffe in die Schuldisc. 46.
  • 1845.
  • 3. Jan. Geſetz über die Zertheilung von Grundſtücken. 31.
  • 17. Jan. Gewerbegeſetz. 5. 302.
  • 6. Febr. Inſtr. über die Beſtrafung der Schulverſäumniſſe. 39.
  • 28. Mai. Reſcr., betr. die Mitwirkung der Stadtverordneten bei Anſtellung
    ſtädt. Schullehrer. 14.
  • 27. Juni. Verordn., betr. die Reſſortverhältn. d. evang. Prov.-Behörd. 26.
  • 11. Juli. Cab.-O., betr. die Vermögensverwaltung der Kirchen ꝛc. 36.
  • 24. Juli. Circ.-Reſcr., betr. die Prüfung von Lehrerinnen 22. 190.
  • 30. Aug. Reſcr., betr. einige §§. des Prüfungsreglements. 53.
  • 26. Septbr. Cab.-O., betr. die Einziehung geſtundeter Honorare. 66.

[648]
  • 5. Octbr. Bankordnung. 16.
  • 19. Octbr. Reſcr., betr. die Grundſteuerhältn. d. jüd. Synagogen ꝛc. 223.
  • 15. Novbr. Circ.-Reſcr., betr. die Claſſenſteuerfreiheit der Cand. 24.
  • 11. Decbr. Schulordn. für die Provinz Preußen. 3.
  • 23. Decbr. Circ.-Reſcr., betr. die Ausübung der Oberaufſicht über das
    Etatsweſen der Schulen ꝛc. 254.
  • 1846.
  • 8. März. Circ.-Reſcr., betr. die zu Schulbauten aufkomm. Collecten
    gelder. 36.
  • 23. März. Circ.-Reſcr., betr. die Prüfungscommiſſion für Inländer. 53
  • 11. April. Verordn., betr. die Schulbauten der Mark, Schleſien ꝛc. 36
  • 20. April. Reſcr., betr. die Beförderung der Fortbildungsſchulen. 48.
  • 24. April. Circ.-Reſcr., betr. die Erwerbung von Grundeigenthum zu
    Errichtung jüdiſcher Schulen. 223.
  • 5. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Wiederhol. d. Prüf. pro maturitate. 53
  • 19. Mai. Circ.-Reſcr., betr. die Errichtung von Turnanſtalten. 303.
  • 28. Mai. Verordn., betr. die Penſionirung der Lehrer. 54.
  • 21. Juli. Geſetz, betr. den Bau der Schul- und Küſterhäuſer. 37.
  • 30. Septbr. Reſcr., betr. die Entlaſſungsprüfungen zum einjähr. Mili
    dienſt. 53.

Appendix C

Druck von Carl Schultze in Berlin.


[][][]
Notes
*)
Die Pflicht des Meiſters iſt, dem Lehrlinge die nöthige Anweiſung
zu den Kenntniſſen zu geben, welche zu einem ordentlichen Betriebe des
Gewerbes erforderlich ſind.
Auch muß er denſelben zu guten Sitten und fleißiger Beſuchung des
öffentlichen Gottesdienſtes anhalten, vor Ausſchweifungen und Gelegenheiten
zu Laſtern möglichſt hüten, und zu einer anhaltenden nützlichen Thätigkeit
gewöhnen. A. L.-R. Thl. II. Tit. 8. §. 292. 293.
*)
c. III. Mit der an die Stadtgemeine übergehenden allgemeinen
Verwaltung des dortigen Armenweſens und der zugehörigen Anſtalten,
werden derſelben auch alle der Haupt-Armencaſſe und den beſondern ihr
übertragenen Anſtalten zugehörigen Vermögensſtücke und Einkünfte im
gegenwärtigen Beſtande überwieſen.
*)
Durch dieſe Beſtimmung ad 3 ſoll jedoch demjenigen, was im §. 21.
des Reglements vom 28. Decbr. 1775., wegen Dispoſition über das An-
*)
trittsgeld feſtgeſetzt worden, kein Eintrag geſchehen; vielmehr wird nach
wie vor, nach dem Tode des Mannes, das volle Antrittsgeld dem legiti-
mirten Eigenthümer oder Pfandinhaber des Receptionsſcheines zurückge-
zahlt, und dagegen durch Einbehaltung der fällig gewordenen resp. erſten
und zweiten Penſionshebung der der Caſſe anheimfallende Theil be-
richtigt.
*)
Ueber die Einrichtung dieſer Anſtalt befindet ſich in ſämmtlichen
Amtsblättern eine ausführliche Bekanntmachung, ſo wie auch das im Druck
erſchienene vollſtändige Reglement ſelbſt bei der Anſtalt und deren Agenten
für 3 Sgr. zu erhalten iſt.

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Rechtsinhaber*in
Kolimo+

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2025). Collection 0. Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bhhs.0