ihre Geſchichte,
Eigenart, Verwendung und Abwehr.
„Ueber den Untergang des Panzerſchiffes „Maine“
der Flotte der Vereinigten Staaten von Amerika.“
Ernſt Siegfried Mittler und Sohn
Königliche Hofbuchhandlung
Kochſtraße 68—71.
[[II]]
Alle Rechte aus dem Geſetze vom 11. Juni 1870,
ſowie das Ueberſetzungsrecht ſind vorbehalten.
[[III]]
Inhalts-Verzeichniß.
- Seite
- Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches1
- Erſtes Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum
amerikaniſchen Bürgerkriege 1 - Zweites Kapitel. Die Minen und Torpedos im nordamerikaniſchen
Bürgerkriege 7 - Drittes Kapitel. Der Torpedo in den letzten Kriegen 15
- Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen
Torpedos23 - Viertes Kapitel. Der Whiteheadtorpedo 23
- Fünftes Kapitel. Ausſtoßrohre, Kommandoelemente, Zielſtellen,
Schießen 39 - Sechſtes Kapitel. Sonſtige Torpedos 45
- Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos59
- Siebentes Kapitel. Die Armirung von Schiffen mit Torpedos. —
Torpedofahrzeuge und Torpedoboote 59 - Achtes Kapitel. Die Anforderungen an kriegsbrauchbare Torpedo-
boote und deren Beſatzungen 68 - Neuntes Kapitel. Die Kampfesweiſe der Torpedoboote 75
- Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos81
- Zehntes Kapitel. Paſſive Abwehrmittel 81
- Elftes Kapitel. Aktive Abwehrmittel 85
- Zwölftes Kapitel. Der Werth der Torpedowaffe 89
- Anhang.
- Der Untergang des Panzerſchiffes „Maine“ der Flotte der Vereinigten
Staaten von Amerika 94
Einleitung.
Die nachſtehenden Blätter ſind nicht für den Fachmann geſchrieben.
Torpedos bauen und dieſelben richtig handhaben ſind Vorrich-
tungen, welche eingehendes Studium und lange Uebung erfordern.
In dem Nachſtehenden ſoll aber einem größeren Kreiſe ſoviel
von dieſer modernſten aller Waffen geſagt werden, als erforderlich
iſt, damit auch der Nichtfachmann ſich ein richtiges Bild von dem
Weſen der Waffe und der Art ihrer Anwendung zu machen im
Stande ſei.
Zu dieſem Zwecke iſt die Eintheilung des Buches getroffen worden
in folgende Abſchnitte:
I. Geſchichtliches,
II. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos,
III. Verwendung auf Schiffen und Torpedofahrzeugen,
IV. Abwehr.
Der erſte Abſchnitt, obgleich ſtreng genommen nicht hierher
gehörig, iſt zur Vervollſtändigung des Geſammtbildes, wenn auch nicht
nothwendig, ſo doch erwünſcht, weil aus den mannigfachen früheren
Verſuchen ſich erſt in der zweiten Hälfte dieſes Jahrhunderts die
verſchiedenen Zweige der Unterwaſſerkriegführung herausgebildet haben.
In den meiſten Marinen wird ein Torpedoweſen und ein Minen-
weſen ſtreng voneinander geſchieden.
[VI]Einleitung.
In Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika
werden auf einen dritten Zweig, die Unterwaſſernavigation, bedeutende
Koſten und ein Ueberfluß von Scharfſinn und Erfindungsgeiſt ver-
wendet.
Es iſt hier mit Abſicht das Wort „Ueberfluß“ gebraucht worden,
denn für die Kriegführung iſt die Unterwaſſernavigation ſo lange
ohne Werth, als es nicht gelingt, ein ausreichendes Sehen unter
Waſſer zu ermöglichen oder Apparate herzuſtellen, welche die Augen
erſetzen könnten.
Auch ein vierter Zweig der Unterwaſſerwaffen, die Unterwaſſer-
artillerie, hat ſeine Förderer. In England und den Vereinigten
Staaten werden Unterwaſſerſchießverſuche gemacht, bei denen im
Gegenſatz zu den jetzt meiſt gebrauchten Torpedos die treibende Kraft
in das Geſchütz gelegt iſt.
Alle dieſe Zweige haben einen gemeinſamen Stamm in der
Vorgeſchichte, welche deshalb in den hauptſächlichſten Daten kurz
berührt worden iſt.
Auch Wurzeln hat dieſer Stamm. Man findet ſie in dem
griechiſchen Feuer und in mannigfachen ſonſtigen Kriegsmitteln des
Alterthums.
[[1]]
Erſter Abſchnitt.
Geſchichtliches.
Erſtes Kapitel.
Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerikaniſchen
Bürgerkriege.
Das Beſtreben, brennende oder explodirende Körper oder Flüſſig-
keiten an, in oder auf ein feindliches Schiff zu bringen, iſt uralt.
Es mag hier unerörtert bleiben, ob Alexander der Große
(356 bis 323 v. Chr.), der ſchon im Beſitze eines unterſeeiſchen
Bootes geweſen ſein ſoll, oder Conſtantin der Große (374 bis 337
n. Chr.) zuerſt das griechiſche Feuer angewendet haben, oder ob dieſes
erſt zur Zeit des Kaiſers Conſtantin Pagonatos (der Bärtige, 668
bis 685 n. Chr.) von dem Syrier Kallinikos erfunden wurde.
Dieſes Kampfmittel ſowie die Brander, welche bis in dieſes
Jahrhundert hinein verwendet worden ſind,*) mögen hier ganz aus-
geſchaltet ſein; nur möge bemerkt werden, daß das griechiſche Feuer
ſpäterhin wiederholt neu entdeckt worden ſein ſoll, ſo 1702 von einem
gewiſſen Poli, welcher ſein Geheimniß dem König Louis XIV. († 1715)
unterbreitete. Der König kaufte dem Erfinder ſein Rezept ab, ließ
es aber angeblich, da es gegen Menſchen- und Völkerrecht verſtieße,
vernichten. Dieſes Verhalten des Königs läßt ſich indeſſen nur ſchwer
mit der Thatſache zuſammenreimen, daß unter ſeiner Regierung (1688)
die ſogen. Bombe von Algier gebaut wurde, welche nichts Anderes
wie eine infernaliſche Maſchine des Syſtems Gianibelli (vergl. S. 2)
war. Zuletzt ſoll im Jahre 1863 ein Baron d’Arétin in München
ein deutſches Manuſkript, enthaltend ein Rezept für das griechiſche
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 1
[2]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
Feuer, aufgefunden haben. Der modernen Chemie dürfte es nicht
ſchwer fallen, eine Menge von Rezepten für griechiſches Feuer d. h.
im Waſſer brennende Körper oder Flüſſigkeiten herzuſtellen. Der
Erſte, welcher eine Art von Torpedos, beſſer treibende, d. h. vom
Strome fortgeführte Minen konſtruirte, war der Italiener Federigo
Gianibelli (auch Lambelli und Zambelli genannt).
Als die Spanier 1585 unter Alexander Farneſe von Parma
Antwerpen belagerten, hatten ſie über die Schelde eine Brücke ge-
ſchlagen. Gegen dieſe wurden die treibenden Minen Gianibellis
verwendet.
Der Italiener benutzte vier flache Boote von je 70 bis 80 Tonnen *)
Tragfähigkeit. Auf dem Boden jedes Bootes befand ſich auf einem
Fundamente aus Mauerwerk eine Sprengkammer von 1 Kubikmeter
Inhalt.
Die Sprengkammern nahmen ungefähr 3500 kg Pulver auf
und waren mit Feld-, Mühl- und Grabſteinen, Kanonenkugeln, Eiſen-
ſtücken u. ſ. w. in mehrfachen Lagen überdeckt. Ueber dem Ganzen
befand ſich in jedem Boote ein Scheiterhaufen aus getheertem Holze,
welches angezündet wurde, als man dieſe Fahrzeuge in Bewegung ſetzte.
Der Feind ſollte glauben, daß er einfache Brander vor ſich habe.
Damit die Minen ſicher Feuer fingen, war eine doppelte Zündung
angebracht, nämlich eine Zündſchnur, deren Brenndauer der Zeit ent-
ſprach, welche die Fahrzeuge bis zum Erreichen der Brücke brauchten,
und ein Uhrwerk, welches wie eine Weckuhr arbeitete und im
gegebenen Momente Feuer ſchlug.
Zugleich mit dieſen vier Unheil bergenden Fahrzeugen wurden
13 gewöhnliche Brander dem Strome überlaſſen, damit ein dichter
Rauchſchleier die Minenfahrzeuge verberge.
Das Fahrzeug, welches den Namen „Die Hoffnung“ trug, hatte
den beabſichtigten Erfolg.
Die Brücke wurde zerſtört, und die Exploſion ſoll einen Verluſt
von 800 Todten und 1000 Verwundeten bewirkt haben. Alexander
Farneſe ſelbſt entging mit knapper Noth dem Tode.
Gianibelli wurde indeſſen mit Undank gelohnt; er ging nach
England, und 1588 ergriffen die Schiffe der Armada Philipps II.
[3]1. Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerik. Bürgerkriege.
bei Dünkirchen vor den Brandern oder Minen Gianibellis, welche
die Engländer unter Lord Howard gegen die Spanier zur Anwendung
brachten, die Flucht. Gianibelli ſtarb in London.
Den ſoeben genannten ſehr ähnliche Minen, in größerer und
kleinerer Ausführung, wurden noch häufig mit mehr oder weniger
Erfolg angewendet; ſo 1628 von den Vertheidigern von La Rochelle
und den mit ihnen verbündeten Engländern gegen den berühmten
von Richelieu erbauten Damm; 1688 von den Franzoſen gegen
Algier (die Bombe von Algier); 1693 bei St. Malo, 1694 bei Dieppe,
1695 bei Dünkirchen von
den Engländern gegen die
Franzoſen; 1758 von den
Engländern gegen Quebec;
1770 von den Ruſſen bei
Tſchesmé gegen die Türken;
1800 von den Engländern
bei der Isle d’ Aix; 1804
bei Calais; 1809 bei Roche-
fort gegen die Franzoſen;
1809 von den Oeſterreichern
bei Wagram und Eßlingen;
1813 bei Königſtein gegen
die Franzoſen.
Ein neues Kampfmittel
ſchuf 1773 bis 1775 der
Amerikaner David Buſhnell
mit ſeinem „american
turtle“ genannten Unter-
waſſerboot. Nachdem er
nachgewieſen hatte, daß es
möglich ſei, Detonationen
auch unter Waſſer hervor-
zubringen — nach anderen
Quellen ſoll um dieſelbe
Zeit als erſter der Engländer John Croß Unterwaſſerſprengungen
bewirkt haben —, konſtruirte er das in Fig. 1 wiedergegebene
Fahrzeug.
1*
[4]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
Daſſelbe hatte als Beſatzung nur einen Mann. Seine äußere
Geſtalt glich zwei zuſammengelegten Schildkrötendeckeln, deren Schwanz-
enden nach unten gerichtet ſind. An ſeinem oberen Ende hatte das
Boot einen Aufbau mit Gucklöchern. Die mit der Hand gedrehte
Schraube a diente zur Fortbewegung. Zum Steigenlaſſen und Senken
des Bootes diente die Schraube b. Außerdem konnte das Innehalten
einer beliebigen Tiefe durch Waſſereinlaſſen vermittelſt des Ventils c
bewirkt werden. Zum Steuern war das Boot mit dem Ruder d
verſehen; durch Fallenlaſſen des Gewichtes e konnte ein ſchnelles
Aufkommen bewirkt werden. Die Mine f enthielt 150 Pfund Pulver
und ſollte vom Boote aus mit Schrauben an dem Boden des feind-
lichen Schiffes befeſtigt und vom Boot losgelöſt werden. Ueber die
Art der Zündung iſt Beſtimmtes nicht überliefert; vermuthlich
war eine Zeitzündung vorgeſehen. 1776 wagte es der Infanterie-
ſergeant Ezra Lee, mit dieſem primitiven Fahrzeug die engliſche
Fregatte Eagle vor New York anzugreifen.
Durch zwei Boote ließ ſich Lee in die Nähe der Fregatte
ſchleppen; in der Nacht manövrirte er ſich an das engliſche Schiff
heran, konnte aber ſeine Mine nicht befeſtigen, da es ihm nicht ge-
lang, die Schrauben durch die Kupferhaut des Schiffes hindurch zu
treiben. Mit Tagesanbruch wurde Lee entdeckt, als er an die Ober-
fläche kam, wurde mit einem Hagel von Geſchoſſen überſchüttet und
erreichte mit genauer Noth die amerikaniſchen Linien.
Vor Buſhnell hatten ſchon der holländiſche Arzt Cornelius
van Drebbel (1624) und die Patres Fournière und Merſenne (1653)
Unterwaſſerboote konſtruirt. Die Zahl der Projekte iſt ſeitdem bis
in die neueſte Zeit Legion.
Thatſächliche Verwendung im Kriege hat das Unterwaſſerboot
bislang aber nur noch einmal, am 17. Februar 1864, gefunden.
An dieſem Tage wurde das Flaggſchiff der Nordſtaaten-Flotte vor
Charleſton, Houſatonik, durch ein Unterwaſſerboot zerſtört. Der
Angreifer ging dabei ebenfalls zu Grunde. Der Fall findet ſpäter-
hin nochmals Erwähnung.
David Buſhnell leitete im Jahre 1777 noch zwei Angriffe auf
engliſche Schiffe. Es waren wieder Treibtorpedos — mit Pulver
gefüllte und mit einer Kontaktzündung verſehene Tonnen —, welche er
verwendete, ohne mehr als eine Beunruhigung des Gegners zu erreichen.
[5]1. Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerik. Bürgerkriege.
Auch Buſhnell, verſtimmt über verſagte Anerkennung, wandte
ſeinem Vaterlande den Rücken, kehrte indeß ſpäter als Dr. Buſh
zurück, wurde Lehrer, dann ein berühmter Arzt und ſtarb 1826 als
reicher Mann.
Das Jahr 1797 brachte die erſten Unterwaſſergeſchütze, welche
indeſſen, da ſie keine Erfolge aufzuweiſen hatten, übergangen ſein
mögen. Die Erfinder waren die Franzoſen Reveroni St. Cyr, Vater
und Sohn. Bereits 1450 ſoll nach Angaben eines Herrn de Clairmont
vor Cherbourg eine Unterwaſſerbatterie errichtet worden ſein. Die
Geſchütze waren bei Ebbe eingegraben worden und ſollten bei Fluth,
wenn der Gegner über ſie hinfuhr, abgefeuert werden. Nähere An-
gaben fehlen.
Das Jahr 1797 brachte indeſſen auch die Verſuche Fultons,
welcher auf dem Gebiete der Unterwaſſer-Kriegführung außerordentlich
fruchtbar war. Fulton war es auch, welcher zuerſt den Namen
„Torpedo“ (Zitterrochen) einführte.
Fulton konſtruirte verankerte Torpedos, alſo die erſten See-
minen. Es waren dies Hohlgefäße, die mit Pulver gefüllt und mit
einer Kontaktzündung verſehen waren. Die Schlepptorpedos Fultons
ſollten durch Boote an den Feind gebracht werden. Seine Treib-
torpedos beſtanden aus einem Minengefäß, von welchem ausgehend
eine Stange bis über die Waſſeroberfläche ragte und hier den Kontakt-
zündapparat trug. Seine Harpunentorpedos beruhten auf folgender
Idee: Eine Harpune wird abgeſchoſſen und hakt ſich an dem feind-
lichen Schiffe feſt. An der Leine der Harpune iſt das Sprenggefäß
befeſtigt. Sobald nun das Schiff Fahrt macht, oder im Strome,
muß die Leine und damit das Minengefäß längſeit treiben. Dadurch
ſoll ein Kontakt und in weiterer Folge die Exploſion und die
Schädigung oder Vernichtung des Gegners bewirkt werden.
Fulton konſtruirte auch die erſten Spierentorpedos. Von dem
Bug eines Bootes oder Schiffes ragt eine Spiere, an deren äußerſter
Spitze ein Minengefäß mit Kontaktzündung angebracht iſt, weit voraus.
Mit dieſer Spiere ſollte der Gegner getroffen werden. Spieren-
torpedos ſind ſpäterhin oft zur Anwendung gekommen.
Es muß noch erwähnt werden, daß Fulton auch Pläne für
Unterwaſſergeſchütze fertiggeſtellt hatte und mit mehreren Unterwaſſer-
booten manchen Erfolg — wenn auch nicht im Kriege — erreichte.
[6]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
Napoleon intereſſirte ſich lebhaft für Fultons Verſuche; ſeine
Ungeduld verhinderte ihn aber, den Erfolg abzuwarten. Der fran-
zöſiſche Admiral Decrès hatte Fulton mit Verachtung abgewieſen.
Napoleon ließ indeſſen ſpäterhin (1809) Fultons Projekte wieder-
aufnehmen und durch die Brüder Coëſſin ein Unterwaſſerboot bauen.
Auch für die Unterwaſſerartillerie intereſſirte ſich Napoleon.
Aus dem Jahre 1803 exiſtirt ein längerer Schriftwechſel zwiſchen
dem Kaiſer einer- und dem Marſchall Soult ſowie dem Admiral
Bruix andererſeits, betreffend den Bau einer unterſeeiſchen Batterie
bei Boulogne. Es läßt ſich aber ein klares Bild über die gedachte
Art der Verwendung nicht gewinnen.
Nachdem Fulton in Frankreich abgewieſen war, ging er 1804
nach England. Es gelang ihm daſelbſt, viele effektvolle Sprengungen
vorzuführen, als aber ſein Gönner Pitt ſtürzte, verließ auch er
dieſes Land und wandte ſich nach Amerika.
Trotz ſeiner Erfolge blieben die Amerikaner kalt, der Admiral
Rodgers gab ein ungünſtiges Urtheil über Fultons Kriegsmittel ab,
und 1815 ſtarb Fulton mit Hinterlaſſung von 100 000 Dollars
Schulden. Es ſind wohl auch nicht ſeine Verdienſte um das Torpedo-
weſen, ſondern diejenigen um die Seedampfſchifffahrt, durch welche
im Jahre 1838 der Kongreß der Vereinigten Staaten ſich veran-
laßt fühlte, der Familie Fultons eine Dotation von 100 000 Dollars
zu bewilligen.
Eine ſpäterhin vielfach weiterverfolgte Idee führte als erſter
1811 der franzöſiſche General Paixhans aus. Er verſah ein Boot
an ſeinem Buge mit einer Kontaktmine und trieb das Boot, indem
er hinten eine Rakete von großem Kaliber in der Kielrichtung an-
brachte und abbrennen ließ. Paixhans erreichte damit eine grade
Schußdiſtanz von 420 Fuß. Dieſe Vorrichtung muß mit vollem
Recht als der erſte automobile Torpedo bezeichnet werden. Die
Verſuche Paixhans’, der auch Erfinder der Bombenkanonen iſt, wurden
bei dem Aufbruche der Armee nach Rußland eingeſtellt.
Die Jahre 1812 und 1813 brachten einige mißlungene Verſuche
der Amerikaner gegen die Engländer mit Treibtorpedos eines ge-
wiſſen Mix. Abgeſehen von einigen erfolgloſen Verſuchen der Ruſſen
im Krimkriege iſt bis zum Beginne des amerikaniſchen Bürgerkrieges
im Torpedoweſen keine Weiterentwickelung zu verzeichnen. Von
[7]1. Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerik. Bürgerkriege.
Intereſſe dürfte es aber ſein, daß 1821 ein Engländer Johnſon ein
Unterwaſſerboot konſtruirte zu keinem geringeren Zwecke, als mit
demſelben Napoleon von St. Helena zu entführen. Bekanntlich ſtarb
der Kaiſer am 5. Mai 1821, das Boot verlor mithin ſeine Be-
ſtimmung; Johnſon ſoll aber auf der Themſe mit ſeinem Boote
ausgedehnteſte Fahrten gemacht haben. In den fünfziger Jahren
fanden auch die Verſuche Bauers ſtatt, deſſen Unterwaſſerboot noch
heute in Kiel zu ſehen iſt.
Es muß ſchließlich noch erwähnt werden, daß der Franzoſe
Gillot im Jahre 1805 die elektriſche Zündung erfunden hatte, daß
in den vierziger Jahren der amerikaniſche Oberſt Colt (der Erfinder
des modernen Revolvers) ausgedehnte, aber ſehr geheim gehaltene
Sprengverſuche geleitet haben ſoll, daß 1846 in Spezzia unter dem
Prinzen von Joinville ſehr befriedigende Sprengverſuche von Hafen-
ſperren als Friedensübungen ſtattgefunden haben, daß in demſelben
Jahre der Profeſſor Schoenbein die Sprengwirkung der Schießbaum-
wolle*) fand, daß 1847 Sobrero im Laboratorium Pelouzes das
Nitroglycerin herſtellte, und daß von 1831 an bis in die neueſte
Zeit mannigfache Unterwaſſerſprengungen namentlich zur Verbeſſerung
von Fahrwaſſern (z. B. des Binger Loches) ſtattgefunden haben.
Zweites Kapitel.
Die Minen und Torpedos im nordamerikaniſchen Bürgerkriege.
War es in früheren Kriegen den Unterwaſſerwaffen nicht be-
ſchieden, eine Rolle zu ſpielen, ſo ſollte dieſes im Sezeſſionskriege
(1861 bis 1865) deſto mehr der Fall ſein.
Da beim Beginne des Krieges der weitaus größte Theil der
Flotte ſich für die Nordſtaaten erklärte und das maritime Ueber-
gewicht — wenn auch aus Mangel an Kriegsſchiffen nicht von Anfang
an — auf der Seite der Nordſtaaten war, ſo iſt es erklärlich, daß
die Südſtaaten mit großer Rührigkeit ſich der neuen Waffe bedienten,
um jenes Uebergewicht zu untergraben.
Durch Kongreßakte der Südſtaaten wurde 1862 der Torpedo,
wie man damals die Mine, gleichgültig ob ſtationär oder beweglich,
[8]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
nannte, für legitim erklärt, und weil, wie ſchon erwähnt die Nord-
ſtaaten die Seegewalt errangen, mithin auch auf der See die Angreifer
waren, ſo iſt es erklärlich, daß die Verluſte durch Seeminen faſt aus-
ſchließlich ihre Schiffe betrafen.
So ſind denn nicht weniger als 37 Fälle zu verzeichnen, bei
denen der Torpedo eine meiſt erfolgreiche Rolle geſpielt hat.
Es darf indeſſen nicht vergeſſen werden, daß die weitaus
größte Zahl dieſer Vorkommniſſe ſich auf ausgedehnten Flußrevieren
abgeſpielt hat, auf denen es leichter ſein dürfte, Minenſperren
dann und ſo zu legen, daß ſie der Aufmerkſamkeit des Angreifers
entgehen.
Es muß in Betracht gezogen werden, daß die Angreifer erſt
Erfahrungen ſammeln mußten, wie dem neuen Vertheidigungsmittel
zu begegnen war. Man muß bedenken, daß viele, wenn nicht die
meiſten Schiffe der Nordſtaaten nicht daraufhin konſtruirt waren,
Unterwaſſerexploſionen aushalten zu können, und daß es keine Abwehr-
mittel gab; man muß von der obengenannten Zahl zwei Fälle ab-
rechnen, in denen durch Unerfahrenheit in der Behandlung die Minen
nicht dem Feinde ſchädlich wurden, ſondern ihre Wirkung gegen den
Vertheidiger ſelbſt richteten,*) und man darf ſchließlich zwei weitere
Fälle außer Betracht laſſen, bei denen von den Südſtaaten ein
ſchnödes Mittel angewendet wurde, um den Schiffen der Nordſtaaten
Schaden zuzufügen. Letztere beiden Fälle mögen hier gleich vorweg
genommen werden. Es waren dies die Affaire von City Point und
der Untergang des Nordſtaaten-Kanonenbootes „Greyhound“ auf dem
James River.
Erſterer Fall betrifft die Anwendung einer ſogenannten Höllen-
maſchine. Die Schiffe der Nordſtaaten nahmen in City Point
Munition ein. Ein Arbeiter miſchte ſich unter die Mannſchaften,
ſetzte inmitten der großen Menge von Munition ein Packet nieder
und entfernte ſich. Das Packet explodirte, brachte einen Theil der
Munition ebenfalls zur Detonation und bewirkte einen ſehr großen
Verluſt an Menſchenleben und Material. Die Zahl der Todten und
Verwundeten konnte nicht feſtgeſtellt werden. Man thäte Unrecht,
wenn man die hier gebrauchte Höllenmaſchine, welche ſowohl früher
[9]2. Kapitel. Die Minen und Torpedos im nordamerikaniſchen Bürgerkriege.
wie ſpäter,*) wenn auch nicht als Kriegsmittel, gebraucht worden iſt,
eine Mine oder gar einen Torpedo nennen wollte.
Der zweite Fall, d. i. der Untergang des Nordſtaaten-Kanonen-
bootes „Greyhound“, betrifft die Anwendung des ſogenannten Coal-
torpedo. Die Kohlentorpedos waren nichts Anderes als Papp-
gefäße, welche mit 5 kg ſehr briſanten Pulvers gefüllt waren, und
denen man künſtlich das äußere Anſehen eines Kohlenſtückes, wie es
aus dem Schachte gefördert und an Bord verheizt wird, ge-
geben hatte.
Die Südſtaaten hatten eine Zahl von Strolchen und verkommenen
Subjekten zu einem förmlichen Korps organiſirt, welches dieſe Unheil
bergenden, nichtswürdigen Minen unter die Kohlen zu miſchen hatte,
die für die Nordſtaatenſchiffe beſtimmt waren. Gelangte ſolche
Mine in die Feuer eines Keſſels, ſo explodirte ſie, und thatſächlich
fand das oben genannte Kanonenboot am 27. November 1864 auf
dem James River durch einen Coal-torpedo ſeinen Untergang.
Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß der „Greyhound“ nur
ein kleines, gebrechliches Fahrzeug war und daß die Anwendung dieſer
Waffe und die Bezeichnung „Torpedo“ für dieſelbe Mißbräuche ſind.
Es bleiben ſonach 33 Fälle übrig, von denen 27 auf mehr oder
minder erfolgreiche Exploſionen von ſtationären Minen zu rechnen
ſind, während Torpedoboote, darunter wieder ein Unterwaſſerboot,
ſechsmal in Aktion getreten ſind.
Die vorhin genannten 27 Fälle ſind ſchnell aufgezählt. Sie
betreffen nur Nordſtaatenſchiffe und Minen der Südſtaaten:
1. Am 12. Dezember 1862 gerieth das Panzerſchiff „Cairo“
im Yazoo-River auf eine Mine und ſank in 12 Minuten.
Daſſelbe Schickſal ereilte die nachſtehenden Schiffe:
2. Kanonenboot „Baron de Kalb“, Yazoo-River, 22. Juli 1863.
3. Ein Parlamentärboot, James-River, Ende 1863.
4. Transportdampfer „Maple Leaf“, St. Johns-River,
Florida, 1. April 1864.
5. Gepanzertes Schiff „Eaſtport“, Red-River, 15. April 1864.
6. Dampfer „Commodore Jones“, James-River, 6. Mai 1864.
[10]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
7. Transportdampfer „H. A. Weed“, St. Johns-River,
9. Mai 1864.
8. Transportdampfer „Alice Wood“, St. Johns-River,
19. Juni 1864.
9. Monitor „Tecumſeh“, Mobile Bay, 5. Auguſt 1864. Dieſes
Ereigniß fand bei der Forcirung von Mobile durch die Flotte des
Admirals Farragut ſtatt. Die Bucht von Mobile wurde durch
Küſtenforts, eine Flottille von Schiffen der Konföderirten und durch
eine Minenſperre vertheidigt. Unter dem heftigſten Feuer der Forts
und der feindlichen Schiffe drang Farragut vor. Als die Tecumſeh
beinahe momentan unterging, nachdem ſie auf eine Mine geſtoßen
war, zögerte ein Schiff der Linie Farraguts im Avanciren. Auf
eine Anfrage des Admirals nach dem Warum erhielt er zur Ant-
wort: „Die Torpedos“!
Die Antwort des Admirals war ſehr charakteriſtiſch, nämlich:
„Damn the torpedoes, go on!“ (Wie Farragut, ſo war auch
ſpäter der in Türkiſchen Dienſten ſtehende engliſche Seeoffizier Hobart
Paſcha, welcher ſich als Führer von Blockadebrechern im Seceſſions-
kriege und als Höchſtkommandirender der türkiſchen Seeſtreitkräfte im
ruſſiſch-türkiſchen Kriege [1877—1878] einen Namen machte, ein arger
Verächter der Torpedos.) Die Tecumſeh nahm ihren Kommandanten
und 70 Mann der Beſatzung mit in die Tiefe. Weitere Schiffe
gingen an dieſem Tage in Mobile durch Minen nicht verloren.
10. Kanonenboot „Narciſſus“, Mobile Bay, 8. Dezember 1864.
11. Die Dampfer „Otſego“ und „Bazeby“, Roanoke-River,
9. Dezember 1864. Erſteres Schiff gerieth auf eine Mine, letzteres
wollte Hülfe leiſten und ging dabei ebenfalls zu Grunde.
12. Monitor „Patapſco“, bei Charleſton, 15. Januar 1865.
13. Dampfer „Harveſt Moon“, bei Georgetown, 1. März 1865.
14. Transportdampfer „Thorne“, Cape Fear-River, 4. März
1865.
15. Kanonenboot „Althea“, Blackely-River, 12. März 1865.
16. Monitor „Milwaukee“, Blackely-River, 28. März 1865.
17. Monitor „Oſage“, Blackely-River, 29. März 1865
(Treibtorpedo).
18. Kanonenboot „Rodolph“, Blackely-River, 1. April 1865.
19. Kanonenboot „Ida“, Blackely-River, 13. April 1865.
[11]2. Kapitel. Die Minen und Torpedos im nordamerikaniſchen Bürgerkriege.
20. Kanonenboot „Scotia“, Mobile Bay, 14. April 1865.
21. Transporter „Hamilton“, Mobile Bay, 12. Mai 1865.
22. Kanonenboot „Jonquiel“, Aſhley-River, 6. Juni 1865.
Die Fälle, in denen nur eine Beſchädigung, nicht
aber ein Verluſt des Schiffes eintrat, ſind die folgenden:
23. Monitor „Montauk“, Ogeechee-River,
28. Februar 1863.
24. Kanonenboot „Commodore Barney“,
James-River, 8. Auguſt 1863.
25. Transportdampfer „John Farrow“, James-
River, September 1863.
26. Kanonenboot „Osceola“, Cape Fear-River,
20. Februar 1863.
Der letzte, dem Datum nach aber der erſte Fall,
betrifft 27. die Kanonenboote, welche am 18. Februar
1863 den Savannah-River forciren ſollten. Bei dieſer
Gelegenheit wurde nur ein Aufenthalt der Angreifer,
nicht aber eine Beſchädigung von Schiffen erreicht.
Während Seeminen nur von den Südſtaaten an-
gewendet wurden und weil ſie in der Defenſive auch nur
von dieſen angewendet werden konnten, wurden Torpedo-
boote auf beiden Seiten gebaut und gebraucht.
Den Anfang machten die Nordſtaaten, indem ſie
(zum Zweck der Zerſtörung des Südſtaaten-Widder-
ſchiffes „Merrimac“, welches ſpäterhin dem berühmten
„Monitor“ — dem erſten ſeiner Art — unterlag) den
Auftrag zum Bau eines Unterwaſſerbootes gaben.
Dieſes Boot iſt zwar auf Stapel gelegt, aber nicht
vollendet worden, denn der Erfinder zog es vor,
gelegentlich zu verſchwinden.
Von den vielen während des Krieges gebauten
Unterwaſſerbooten hatte nur eines Erfolg, wenn über-
haupt dieſes Boot ein Unterwaſſerboot war.
Der erſte Torpedobootsangriff fand in der Nähe von
Charleſton auf das Nordſtaatenſchiff „Ironſides“ ſtatt. Der
Angreifer war ein kleines Dampfboot mit nur vier Mann Beſatzung
und einem Spierentorpedo. Die Abbildung Fig. 2 zeigt das Boot.
[12]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
Der Rumpf hatte die Form einer Cigarre; der Bug lief unter
Waſſer in eine lange Spiere aus, welche an ihrem äußerſten Ende
eine Mine von 30 kg Pulver mit Kontaktzündung trug.
Gegen 9 Uhr pm. am 5. Oktober 1863 bemerkte man an Bord
der „Ironſides“ einen Gegenſtand, der ſich dem Schiffe näherte.
Bei der Dunkelheit erkannte man die feindliche Abſicht zu ſpät; zu
ſpät wurde der Gegenſtand angerufen; die Antwort war ein Gewehr-
ſchuß, dem der wachthabende Offizier zum Opfer fiel; zu ſpät wurde
das Feuer auf den Angreifer eröffnet. Durch die Detonation wurde
das Schiff ſchwer beſchädigt und kampfunfähig. Das angreifende
Boot war durch die niederſtürzenden Waſſermaſſen halb mit Waſſer
gefüllt worden, entkam aber. Der Kommandant des Torpedobootes
und ein Mann der Beſatzung waren nach der Detonation über Bord
geſprungen, da ſie gemeint hatten, daß das Boot untergehen würde.
Der zweite Torpedobootsangriff hat am 17. Februar 1864
vor Charleſton ſtattgefunden und ſoll von einem Unterwaſſerboot des
Syſtems der Brüder Coëſſin ausgeführt worden ſein. Angegriffen
wurde das Flaggſchiff der Nordſtaaten „Houſatonik“.
Angreifer und Angegriffener ſanken. Gegen 9 Uhr pm. ſah man
von Bord des „Houſatonik“, wie ſich eine Planke dem Schiffe näherte.
Sofort wurde die Kette geſlippt*), man ließ die Maſchine rück-
wärts ſchlagen, konnte aber dem Unheil nicht entgehen. Von der
Beſatzung des Bootes wurde Niemand, von derjenigen des Schiffes
wurden nur Wenige gerettet.**)
Der dritte Torpedobootsangriff fand auf dem North
Ediſto-River, Süd Carolina, am 6. März 1864 ſtatt. Der Angreifer
war eben ſolches Torpedoboot, wie es Fig. 2 zeigt, der Angegriffene
war das Nordſtaatenſchiff „Memphis“. Es gelang dem Schiffe,
rechtzeitig die Ankerkette zu ſlippen und ſich in Bewegung zu ſetzen,
die Schraube des Schiffes ſchlug dem Torpedoboote die Spiere ab,
und der Angriff mißlang.
[13]2. Kapitel. Die Minen und Torpedos im nordamerikaniſchen Bürgerkriege.
Der vierte Torpedobootsangriff wurde um
2 Uhr am. am 9. April 1864 auf das Nordſtaatenſchiff
„Minneſota“ im James-River ausgeführt. Ob-
gleich der Angreifer rechtzeitig bemerkt wurde, gelang
es ihm doch, ſeinen Torpedo zur Exploſion zu bringen.
Die „Minneſota“ wurde ſchwer beſchädigt, das Torpedo-
boot entkam.
Der fünfte Torpedobootsangriff am
19. April 1864 war gegen die Nordſtaaten-
fregatte „Wabaſh“, welche inmitten vieler
anderer Schiffe der Blockadeflotte vor Charleſton
lag, gerichtet. Das Boot war wieder
ein David (Fig. 2), wie dieſe kleinen
Fahrzeuge im Gegenſatze zu den großen
Schiffen genannt wurden, die im Zwei-
kampfe als Repräſentanten des Goliath gedacht
waren. Die „Wabaſh“ bemerkte den Feind recht-
zeitig, ſlippte die Ankerkette und ergriff die
Flucht. Das Torpedoboot zog ſich zurück.
Der ſechſte und letzte Torpedo-
bootsangriff dieſes Krieges iſt das be-
rühmt gewordene Unternehmen des Lieute-
nants der Nordſtaatenflotte Cuſhing gegen
das Südſtaaten-Panzerſchiff „Albe-
marle“. Nach langem Zögern hatten ſich
die Nordſtaaten endlich entſchloſſen, ebenfalls Torpedo-
boote zu bauen, und dem vorhin genannten Offizier
gelang es, mit Hülfe eines ſolchen einen Gegner zu
beſiegen, der ſchon lange auf dem Roanoke-River die
Unternehmungen der Föderirten vereitelt hatte. Die
„Albemarle“ war ein großes Panzerſchiff von be-
deutendem Gefechtswerthe, hatte bereits mehrere Angriffe
der Nordſtaatenflotte zurückgeſchlagen und
führte den ſtolzen Beinamen the terror of
the sunds. Das Torpedoboot Cuſhings
war von der in Fig. 3 dargeſtellten Art und führte am
Bug eine Spier mit daran befeſtigtem Minengefäß, deſſen
[14]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
Ladung vom Boote aus gezündet wurde. Das Boot hatte außer dem
Kommandanten eine Beſatzung von 13 Mann. Berühmt wurde der
Angriff durch die Art ſeiner Durchführung und ſeinen Erfolg, zumal
er der erſte und letzte von Seiten der Nordſtaaten war.
In der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1864 lag die „Albemarle“
in der Nähe von Plymouth, Nord-Carolina, zu Anker. Das Torpedo-
boot näherte ſich dem Schiffe zuerſt langſam, dann, als es entdeckt
war, mit äußerſter Kraft. Cuſhing ſelbſt hatte die Abzugsleine in
der Hand. Unter heftigſtem Feuer des Schiffes erfolgte der Stoß,
die Mine wurde im richtigen Augenblick gezündet, und Schiff und
Boot ſanken. Cuſhing ſelbſt und einige ſeiner Leute retteten ſich
durch Schwimmen.
Die Summe aus Vorſtehendem ergiebt: Es ſind in 33 Fällen,
bei denen Unterwaſſerwaffen in Wirkung getreten, vernichtet worden:
27 Schiffe, Fahrzeuge und Boote, nämlich die auf Seite 9 u. f.
angeführten 22 Fälle, darunter der Doppelfall Nr. 11, alſo 23,
ferner beim zweiten und ſechſten Torpedobootsangriff Angreifer und
Angegriffener, alſo 4; zuſammen 27.
Es wurden ſchwer beſchädigt 6 Schiffe.
Es verliefen ohne Ergebniß 3 Fälle.
Schon am Eingange dieſes Kapitels waren die Gründe dar-
gelegt worden, welche zu dieſem für die Unterwaſſerwaffen ſo günſtigen
Ergebniß geführt haben.
Es wäre ſehr übereilt, aus den oben angeführten Daten und
Zahlen auf die Wirkſamkeit und Bedeutung der Minen und Torpedos
zu ſchließen. Obige Zahlen ergeben für 33 Fälle einen Geſammt-
verluſt von 33 Schiffen und Fahrzeugen. Das wären 100 Prozent.
Schon das nächſte Kapitel wird zeigen, daß man bei den Unter-
waſſerwaffen nicht mit einem Erfolge von 100 Prozent rechnen darf,
ganz abgeſehen davon, daß in zwei Fällen die Torpedoboote, wenn
auch vielleicht nicht ganz freiwillig, die Rolle des Arnold von Winkelried
übernommen und durchgeführt haben.*)
Aber Zweierlei lehren die Ereigniſſe dieſes Krieges. Erſtens,
daß die Herrſchaft zur See durch die Unterwaſſerwaffen allein nicht
[15]2. Kapitel. Die Minen und Torpedos im nordamerikaniſchen Bürgerkriege.
errungen und gehalten werden kann. Ferner aber zeigen beſonders
der Fall 9 der Tecumſeh vor Mobile und die Torpedobootsangriffe,
daß in ſinngemäßer Uebertragung auch auf See wie überall im
Kriege der Ausſpruch Suworoffs ſich bewahrheitet, daß nämlich der
Lorbeerkranz des Sieges an der Spitze des Bajonetts hängt.
Drittes Kapitel.
Der Torpedo in den letzten Kriegen.
Schon im vorigen Kapitel ſind die Ereigniſſe, welche durch
Minen herbeigeführt wurden, und diejenigen, welche den Torpedo
zur Urſache hatten, voneinander getrennt worden. Fortan tritt der
Torpedo als Angriffswaffe mehr in den Vordergrund.
Es ſind zwar Minen in faſt allen ſpäteren Kriegen verwendet
worden, als Ereigniß von Wichtigkeit iſt aber nur die Zerſtörung des
braſilianiſchen Panzerſchiffes „Rio de Janeiro“ am 2. September 1866
auf dem Paraguay zu verzeichnen. Dieſes Schiff gerieth bei Curupaity
auf die dort gelegte Minenſperre und ſank infolge gleichzeitiger
Exploſion zweier Minen in wenigen Sekunden.
Im Jahre 1868 erfanden die amerikaniſchen Seeoffiziere Com-
modore Frederic Harvey und Kapitän John Harvey den nach ihnen
benannten (Schlepp-) Torpedo.
Da dieſe Waffe aber in der Praxis nur zweimal, und zwar
ohne Erfolg aufgetreten iſt und durch den 1864 bis 1868 ent-
ſtandenen Whiteheadtorpedo überflügelt und inzwiſchen überall wieder
abgeſchafft wurde, ſo ſei ſie hier übergangen.
Der Whiteheadtorpedo wird ſpäterhin eingehender beſchrieben
werden. Seine erſte Anwendung, wennſchon zunächſt mit Mißerfolg,
fand am 29. Mai 1877 ſtatt.
Die engliſchen Schiffe „Shah“ und „Amethyſt“ hatten an
dieſem Tage ein Gefecht mit dem peruaniſchen Panzerſchiffe
„Huascar“, welches zur Partei der Inſurgenten gehörte und ver-
ſchiedentlich engliſche Rechte verletzt hatte.
Während des Gefechtes lanzirte der „Shah“ einen Torpedo auf
den „Huascar“. Die Entfernung aber war groß, der „Huascar“
drehte zudem in die Laufrichtung des Torpedos und lief mit einer
Geſchwindigkeit von 11 Knoten. Da der verwendete Whiteheadtorpedo
[16]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
aber nur 9 Knoten lief, ſo konnte er naturgemäß ſein Ziel nicht
erreichen.
Im ruſſiſch-türkiſchen Kriege 1877—78 ſind Torpedos ver-
ſchiedener Konſtruktion häufig angewendet worden, und zwar bei
Batum (erſter Fall), Matſchin, Sulina (erſter Fall), Ruſtſchuk, Olti,
Sukhum, Sulina (zweiter Fall), Batum (zweiter Fall) und Batum
(dritter Fall). Nachſtehend ſeien die verſchiedenen Fälle kurz erwähnt.
Gebraucht wurden, wo nicht andere Torpedos genannt ſind, nur
Spierentorpedos (Fig. 3.)
Batum. Der ruſſiſche Dampfer „Conſtantin“ fungirte als
Stammſchiff mehrerer Torpedoboote. In der Nacht vom 12. zum
13. Mai 1877 wurden die Boote zum Angriff auf mehrere bei
Batum zu Anker liegende türkiſche Schiffe entſendet. Die Boote
„Sinope“, „Navarin“ und „Sukhum Kalé“ führten Spierentorpedos,
das Boot „Tſchesmé“ einen Schlepptorpedo des Syſtems Harvey.
Letzterem Boote gelang es, ſeinen Torpedo an den Feind zu
bringen. Die Zündung des Torpedos verſagte aber, und die ruſſiſchen
Boote mußten ſich zurückziehen.
Matſchin. Es waren wiederum vier ruſſiſche Boote, „Ceſare-
witſch“, „Xenia“, „Djigit“ und „Ceſarewna“, welche den Angriff in der
Nacht vom 25. zum 26. Mai auf die in dem Donau-Arme Matſchin
befindlichen türkiſchen Kriegsſchiffe „Feth-ul-Islam“, „Duba-Seifi“
und den türkiſchen Dampfer „Kilidj-Ali“ ausführten.
Obgleich die Maſchinen der Boote, welche damals noch nicht
die Vollkommenheiten neuerer Technik hatten, großes Geräuſch ver-
urſachten, gelang es den Ruſſen doch, unbeläſtigt bis in die nächſte
Nähe der Türken zu kommen.
Es iſt dieſes theils der durch „Kismet“ herbeigeführten Sorg-
loſigkeit der türkiſchen Beſatzungen, theils aber auch dem Umſtande
zuzuſchreiben, daß die Fröſche an den ſeichten Ufern der unteren
Donau einen derartigen Lärm vollführen, daß andere Geräuſche
übertönt werden. Erſt im letzten Augenblick eröffnete die „Duba-
Seifi“ das Feuer. Der Spierentorpedo des „Ceſarewitſch“ traf das
Schiff zwiſchen der Mitte und dem Heck, welches ſich ſofort zu
ſenken begann. Der Torpedo der „Xenia“ vollendete das Vernich-
tungswerk. Das Schiff ſank innerhalb 10 Minuten, die ruſſiſchen
Boote wurden zurückbeordert.
[17]3. Kapitel. Die Torpedos in den letzten Kriegen.
Sulina. Der Angriff wurde von den Booten des Dampfers
„Conſtantin“ auf eine bei Sulina zu Anker liegende türkiſche Diviſion
ausgeführt, hatte aber einen vollkommenen Mißerfolg. Letzterer war
dem Umſtande zuzuſchreiben, daß die Türken wachſam waren, und
daß ſie Schutzſperren gelegt hatten, in die der Schlepptorpedo des
einen Bootes und die Schrauben einiger anderer ſich verwickelten.
Zwar gelang es zwei Booten, ihre Torpedos zu detoniren, indeſſen
hatte dieſes keinen merkbaren Erfolg, da die Exploſionen vermuthlich
in den Schutzſperren und nicht in unmittelbarer Nähe der Schiffe
erfolgten. Ein ruſſiſches kleines Boot wurde zerſchoſſen, und der
kommandirende Offizier gerieth in Gefangenſchaft.
Ruſtſchuk. Einige ruſſiſche Boote hatten Befehl erhalten, einen
Arm der Donau mit Minen zu ſperren. Hierbei wurden ſie von
einem türkiſchen Schiffe angegriffen. Es erfolgte von ruſſiſcher
Seite ein Gegenangriff des Torpedobootes „Schutka“. Dieſer Gegen-
angriff ſchlug fehl. Die elektriſchen Leitungen der Zündvorrichtung
waren durchſchoſſen worden, und der Torpedo verſagte. Das Gefecht
fand am 20. Juni 1877 bei Tage ſtatt.
Olti (Aluta). Ein aus der Flußmündung hinausſteuerndes
türkiſches Kriegsſchiff wurde am 23. Juni 1877 von drei ruſſiſchen
Torpedobooten, darunter wieder die „Schutka“, bei Tageslicht ange-
griffen. Die Boote fanden aber das Schiff wohlvorbereitet.
Letzterem gelang es durch geſchickte Manöver, ein wohlgezieltes Feuer
und angeblich auch infolge ſeiner an ausgeſchobenen Spieren be-
feſtigten Netze, ſich der Angreifer zu erwehren.
Sukhum. In der Nacht vom 23. zum 24. Auguſt 1877
wurden vier Torpedoboote des „Conſtantin“ zum Angriff auf das
unter Sukhum liegende Panzerſchiff „Aſſari Chefket“ entſandt.
Drei Booten gelang es, ihre Torpedos zu detoniren, und in dem
Glauben, den Feind vernichtet zu haben, kehrten die Angreifer zurück.
Thatſächlich hatte das angegriffene Schiff nur unweſentliche Be-
ſchädigungen erlitten und befand ſich am 31. Auguſt in Konſtantinopel.
Sulina (zweiter Fall). Hierbei handelt es ſich um keinen
Torpedoangriff. Das türkiſche Kanonenboot „Suna“ gerieth auf
eine von den Ruſſen gelegte Minenſperre und ſank.
Batum (zweiter Fall). Wiederum waren es die Boote des
„Conſtantin“, welche den Angriff auf die türkiſchen, in Batum
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 2
[18]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
liegenden Schiffe in der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember 1877
machten. Zwei der Boote gebrauchten diesmal, und zwar zum
erſten Mal in dieſem Kriege, Whiteheadtorpedos. Auf Schußentfernung
angelangt, ohne bemerkt zu werden, wurden die Torpedos lanzirt.
Ein Erfolg trat nicht ein, obgleich ein Torpedo in der Nähe
des türkiſchen Schiffes „Avni-Illah“ explodirte. Der zweite Torpedo
war auf Strand gelaufen und wurde von den Türken gefunden.
Von dem explodirten Torpedo fand ſich ebenfalls ein Theil am
Strande.
Bemerkenswerth iſt es, daß die Boote, während ſie ſich zurück-
zogen, beinahe ihr eigenes Stammſchiff, den „Conſtantin“, der ihnen
gefolgt war, angegriffen hätten.
Der Mißerfolg kann nicht überraſchen, wenn man bedenkt, daß
eine Erfahrung in der Behandlung der Whiteheadtorpedos noch nicht
vorhanden und daß die Montirung der Ausſtoßrohre eine höchſt
primitive war. Auf dem Boote „Tſchesmé“ war das Lanzirrohr
unter dem Kiel befeſtigt worden. Das zweite Ausſtoß- oder Lanzir-
rohr war auf einem Floße aufgeſtellt, welches von dem Boote
„Sinope“ geſchleppt wurde.
Bei den türkiſchen Schiffen befand ſich auch die „Mamudieh“,
welche die Flagge des Admirals Hobart Paſcha führte.
Batum (dritter Fall). In der Nacht vom 25. zum 26. Januar
1878 erfolgte in dieſem Kriege der letzte Angriff der Boote des
„Conſtantin“ auf die in Batum liegende türkiſche Flotte. Den
Booten „Tſchesmé“ und „Sinope“ gelang es, mit zwei Whitehead-
torpedos einen türkiſchen Aviſo zum Sinken zu bringen. Dieſes
iſt mithin der erſte Fall, in dem ſich der Whiteheadtorpedo
im Kriege bewährt hat.
Die nächſten Kriegsereigniſſe, bei denen der Torpedo eine Rolle
geſpielt hat, fanden an der Weſtküſte Südamerikas ſtatt.
Im chileniſch-peruaniſchen Kriege 1879 bis 1881 wurden von
den Peruanern verſchiedene Arten von Torpedos und Torpedobooten
nordamerikaniſcher Konſtruktion gebraucht, da die Zufuhr europäiſchen
Kriegsmaterials von den Chilenen verhindert wurde. Ja ſogar die
infernaliſche Maſchine trat wieder in Erſcheinung. Am 3. Juli 1880
ließen die Peruaner auf der Rhede von Callao ein Küſtenfahrzeug
treiben, deſſen Ladung aus Lebensmitteln beſtand, aber auch eine
[19]3. Kapitel. Die Torpedos in den letzten Kriegen.
Mine von 150 kg Dynamit enthielt. Der chileniſche Transport-
dampfer „Loa“ nahm das Fahrzeug längſeit und unterſuchte die
Ladung. Hierbei explodirte das Dynamit und brachte dem Kom-
mandanten und mehr als 100 Mann der Beſatzung der „Loa“ den
Tod, dem Schiffe den Untergang.
Auch das chileniſche Kanonenboot „Cavadonga“ wurde durch eine
Höllenmaſchine zerſtört. Abgeſehen von dieſen beiden Fällen ſpielten
Minen und Torpedos achtmal eine Rolle.
Die Chilenen griffen mit ihren Torpedobooten bei fünf Ge-
legenheiten peruaniſche Seeſtreitkräfte an und hatten zwei Erfolge;
die Peruaner konnten (außer den beiden obenerwähnten Fällen mit
Höllenmaſchinen) nur drei Mißerfolge aufweiſen.
Whiteheadtorpedos ſind nicht gebraucht worden.
Im Juni 1880 fand ein Kampf zwiſchen chileniſchen Torpedo-
und peruaniſchen Wachtbooten ſtatt, wobei ein peruaniſches und
ein chileniſches Boot zerſtört wurden. Nimmt man dieſen Verluſt
auf beiden Seiten als gleich an, ſo hatten die Chilenen doch bei den
nachfolgenden beiden Fällen mit ihren Torpedobooten Erfolg. Am
4. Januar 1881 wurden bei Ancona ein peruaniſches Torpedo-
boot und am 18. Januar bei Callao die peruaniſche Korvette
„Union“ durch chileniſche Torpedoboote gezwungen, ſich auf Strand
zu ſetzen. Im erſteren Falle wurde das peruaniſche Boot nach dem
Auflaufen durch Geſchützfeuer der chileniſchen Korvette „O’Higgins“
zerſtört; im zweiten Falle ſprengte die Korvette „Union“ ſich ſelbſt.
Der chineſiſch-franzöſiſche Krieg 1884/85 zeigt die nächſten
Anwendungen der Torpedos und zwar wiederum der Spierentorpedos.
Am 23. Auguſt 1884 wurden auf Pagoda Anchorage die chineſiſche
Korvette „Yung-Woo“ und am 15. Februar 1885 bei Scheipu
die chineſiſche Fregatte „Yu-Yuen“ durch franzöſiſche Torpedoboote
vernichtet. Beide Male lagen die chineſiſchen Schiffe zu Anker.
Wiederum iſt es die Weſtküſte Südamerikas, welche den Schauplatz
der Begebniſſe bildet. Diesmal waren es ein zu ſeiner Zeit modernes
Panzerſchiff und zwei ebenfalls moderne Torpedoboote, welche den
Kampf ausfochten, wenn von einem ſolchen die Rede ſein kann.
Thatſächlich wurden die Schiffe der Aufſtändiſchen, der Panzer
„Blanco Encalada“ und die Transportſchiffe „Bio-Bio“ und
„Aconcagua“ von den regierungstreuen chileniſchen Booten „Lynch“
2*
[20]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
und „Condell“ in der Frühe des 23. April 1891 bei Caldera
überfallen. Die drei Schiffe lagen zu Anker, und der Kommandant
und die meiſten Offiziere des Panzerſchiffes waren an Land. In
dem ungewiſſen Lichte, welches der Vollmond, ein leichter Morgen-
nebel ſowie der Widerſchein des hohen Ufers hervorbrachten, konnten
ſich die Boote, die ſich dicht unter Land hielten, unbemerkt nähern.
Der Wachdienſt muß ſehr im Argen gelegen haben, denn thatſächlich
meldete der einzige Poſten die Torpedoboote erſt, als „Condell“ ſchon
ſeinen erſten Torpedo abſchoß. „Condell“ lancirte drei Whitehead-
torpedos ohne Erfolg, „Lynch“ feuerte zwei Whiteheadtorpedos ab,
von denen einer ſeinen Zweck erfüllte. Das Panzerſchiff „Blanco
Encalada“ ſank und nahm von den 287 an Bord befindlichen
Menſchen 225 mit in die Tiefe.
„Blanco Encalada“ und „Condell“ waren in England, „Lynch“
bei Schichau (Elbing) gebaut. Der Torpedo enthielt 53 kg Schieß-
wolle und war engliſchen Urſprungs.
Nach dem Angriffe zogen ſich die Torpedoboote zurück, da ſie
das einkommende engliſche Kriegsſchiff „Warſpite“ für die regierungs-
feindliche Korvette „Esmeralda“ hielten. Dieſem Umſtande ver-
dankten auch die Transportſchiffe ihre Rettung. Zwar wurde ein
Torpedo gegen „Bio-Bio“ abgefeuert; das Schiff hatte aber einen
Tiefgang von nur acht Fuß, und da der Torpedo auf zehn Fuß ein-
geſtellt war, ſo ging er ohne Schaden zu thun unter dem Schiffe durch.
Der braſilianiſche Bürgerkrieg brachte den nächſten Erfolg des
Whiteheadtorpedos. Während des Aufſtandes, den der Admiral
de Mello gegen den Präſidenten Peixoto erregte — ſoweit bekannt
bislang der einzige Fall, wo eine Empörung wider die beſtehende
Regierung von einer Flotte ausging —, wurde in der Nacht vom
15. zum 16. April 1894 das Panzerſchiff „Aquidaban“ (ſpäter
in „24 de Mayo“ umgetauft) durch Torpedoboote, welche die
Regierung inzwiſchen von Schichau angekauft hatte, zum Sinken
gebracht. Das Schiff hatte in ſehr flachem Waſſer zu Anker gelegen
und konnte, nachdem das hervorgebrachte Leck proviſoriſch geſchloſſen
worden war, wieder gehoben werden.
Um den Ereigniſſen zu folgen, muß der Blick wieder zurück
nach Oſtaſien gewendet werden. Im chineſiſch-japaniſchen Kriege iſt
der Torpedo mehrfach aufgetreten. In der Schlacht am Yalu,
[21]3. Kapitel. Die Torpedos in den letzten Kriegen.
17. September 1894, ſollen chineſiſche Boote Torpedos, aber ohne
Erfolg, verwendet haben. Während dieſer Schlacht befanden ſich die
japaniſchen Torpedoboote im Fluſſe, woſelbſt ſie die Operationen der
Armee zu unterſtützen hatten.
Der japaniſche Kreuzer „Naniva“ verſenkte einen chineſiſchen
Truppentransportdampfer durch einen Torpedo. Von Erfolg gekrönt
waren die Angriffe der japaniſchen Boote auf die in Wei-hei-wei
liegenden chineſiſchen Kriegsſchiffe. Am 5. Februar 1895 wurde das
chineſiſche Panzerſchiff „Ting-yuen“ durch einen Torpedo derartig
beſchädigt, daß es ſich auf Strand ſetzen mußte. Die Angaben
hinſichtlich des Umfanges der Beſchädigung ſind nicht übereinſtimmend.
Während von einer Seite behauptet wird, daß die Schotten
vorher in Ordnung geweſen und erſt durch die Wirkung der Exploſion
in Unordnung gerathen ſeien, iſt von anderer Seite der Meinung
Ausdruck gegeben worden, daß die chineſiſche Beſatzung, des Kämpfens
müde, die Gelegenheit benutzt habe, um den Befehlshaber an einer
Fortſetzung des Kampfes zu verhindern, daher die Schotten nicht
oder nur mangelhaft bedient, revoltirt und ſomit den Befehlshaber
in die Zwangslage verſetzt habe, das Schiff auf Strand ſetzen zu
müſſen. Die Abwehr des Angriffes, wenn auch nicht genügend, muß
doch als eine energiſche bezeichnet werden, denn man fand am
folgenden Morgen das Torpedoboot, welches den Angriff ausgeführt
hatte, mit erſchoſſener Beſatzung herrenlos im Hafen von Wei-hei-wei
treibend.
Das Schiff, bei der Maſchinenbau-Aktiengeſellſchaft „Vulcan“
(Stettin) erbaut, wurde wieder flott gemacht und gehört jetzt zur
japaniſchen Marine.
Die Japaner hatten bei Wei-hei-wei auch noch ſonſtige Erfolge
zu verzeichnen; die zerſtörten chineſiſchen Schiffe waren einmal eine
alte Holzfregatte, das andere Mal ein Prahm, den der Angreifer in
der Dunkelheit vielleicht für ein würdigeres Opfer gehalten hatte.
Es muß hier noch des Umſtandes Erwähnung gethan werden,
daß die chineſiſchen Schiffe — denn auch Schiffe ſind mit Torpedos
und Torpedoausſtoßrohren armirt — vor der Schlacht am Yalu
ihre Torpedos geborgen hatten, aus Furcht, daß dieſe getroffen und,
hierdurch zur Exploſion gebracht, ihnen ſelbſt ſchädlich werden könnten.
Wennſchon dieſe Befürchtung nicht ganz ohne Grund iſt, ſo iſt es
[22]Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
doch erſtaunlich, daß man die Waffe gänzlich außer Thätigkeit
ſtellte, welche, wenn richtig bedient, von großem Werthe hätte ſein
können. Die Selbſtgefährlichkeit der Torpedos wird ſpäter beleuchtet
werden; hier wird dieſelbe nur darum genannt, um zu zeigen, daß
der Torpedo zu ſeiner Bedienung des ausgezeichnetſten Perſonales
bedarf, eines Perſonales, wie es den chineſiſchen Befehlshabern wohl
nicht zur Verfügung ſtand. Der Torpedo verlangt den Nahkampf,
und vielleicht geht man nicht fehl, wenn man der Meinung Ausdruck
giebt, daß gerade dieſer der Natur der Chineſen am meiſten widerſtrebt.
Summariſch laſſen ſich die in dieſem Kapitel beſchriebenen Fälle
folgendermaßen zuſammenſtellen:
1. In 3 Fällen liefen zwei Schiffe auf Minen und ſanken.
2. In 2 Fällen hatten Schlepptorpedos Mißerfolge.
3. In 15 Fällen haben im Ganzen 31 Boote mit Spieren-
torpedos angegriffen, hatten 10 Mißerfolge und vernichteten 5 Schiffe.
4. In 2 Fällen iſt der Whiteheadtorpedo vom Schiffe aus
angewendet worden, einmal mit, einmal ohne Erfolg.
5. In 8 Fällen haben 16 Boote mit Whiteheadtorpedos
6 Schiffe zum Sinken gebracht oder kampfunfähig gemacht und
2 Mißerfolge gehabt (hierbei iſt der in Wei-hei-wei vernichtete
Prahm mitgerechnet worden).
Die Zahl der Boote und die Zahl der verbrauchten Torpedos
ſind nicht mit poſitiver Beſtimmtheit anzugeben, da es nicht genau
bekannt iſt, wieviel Boote den Aquidaban angriffen, wieviel Boote
bei Wei-hei-wei in Thätigkeit waren und wieviel Torpedos dieſe
Boote verfeuerten. Es wäre demnach müßig, eine Wahrſcheinlichkeits-
rechnung über die Wirkſamkeit der Torpedos aufzuſtellen. Darum
ſoll es auch nur einen hiſtoriſchen Werth haben, die Ergebniſſe des
vorigen und dieſes Kapitels hier zuſammenzufaſſen, wobei die Fälle,
in denen infernaliſche Maſchinen und Schlepptorpedos verwendet
wurden, und Unglücksfälle nicht miteinbegriffen ſind:
Es trafen Schiffe auf Minen in 30 Fällen; Verluſt 25;
beſchädigt 4; ohne Ergebniß 1 Fall.*) Es ſind Angriffe mit
Spierentorpedos gemacht in 21 Fällen; Verluſt 7; beſchädigt 2;
[23]3. Kapitel. Die Torpedos in den letzten Kriegen.
ohne Ergebniß 12 Fälle.*) Es ſind Angriffe mit Whiteheadtorpedos
gemacht in 10 Fällen; Verluſt 5; geſunken und wieder gehoben 2;
ohne Ergebniß 3 Fälle.*)
Iſt dieſe Statiſtik auch lückenhaft, und iſt es auch noch nicht
möglich, aus ihr ſchon Lehren für kommende Kriege zu ziehen, ſo
zeigt ſie doch, daß der Whiteheadtorpedo — und vorausſichtlich wird
nur dieſer in Zukunft auftreten — eine wirkſame Angriffswaffe iſt.
Da ſeine Vorbedingung aber der Nahkampf iſt, ſo folgt weiter, daß
er für Schiffe nur eine Gelegenheitswaffe ſein kann. Boote wiederum
können auf die Dauer die hohe See nicht halten, darum iſt der
Schluß richtig, daß der Torpedo berufen erſcheint, nur im Küſten-
kriege, und zwar nur auf Seiten des Vertheidigers, eine Rolle zu
ſpielen, wenn anders nicht auch der Angreifer Stützpunkte in ſolcher
Nähe beſitzt, daß er ſeinen Torpedobooten Gelegenheit zur Ruhe
und Erholung geben kann.
Trotzdem alſo der Torpedo eine Angriffswaffe par excellence
iſt, iſt ſein Gebiet, vom weiteren, allgemeinen Standpunkte aus
betrachtet, nur die Defenſive, und in ſinngemäßer Analogie kann
man auch vom Torpedo ſagen: „Ultima ratio regis!“
Zweiter Abſchnitt.
Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Viertes Kapitel.
Der Whiteheadtorpedo.
Die Anregung zu dieſer Erfindung hat der öſterreichiſche Kapitän
Lupis gegeben. Seine Idee war, ein lenkbares, auf der Waſſer-
oberfläche laufendes, durch Dampf oder ein Uhrwerk getriebenes
Geſchoß zu bauen, welches an ſeinem Vordertheil eine Kammer mit
der Sprengladung und einer Kontaktzündung tragen ſollte. Lupis’
Verſuche ſowie ſeine der Regierung gemachten Vorſchläge hatten
kein Ergebniß. Im Jahre 1864 führte ein Zufall Lupis und White-
head zuſammen. Letzterer war Betriebsdirektor einer Maſchinenbau-
[24]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
fabrik in Fiume. Von der Idee des Oeſterreichers gefeſſelt, machte
ſich der Engländer an die Arbeit. Da er aber erkannte, um wie
viel werthvoller es ſein würde, der neuen Waffe eigene Bewegungs-
kraft zu verleihen und ſie als Unterwaſſergeſchoß zu konſtruiren,
ſo ſteckte er ſich von vornherein dieſes Ziel, welches er auch erreichte.
Nach zweijährigen, unausgeſetzten Bemühungen, mit alleiniger
Hülfe ſeines damals noch ſehr jugendlichen Sohnes und eines einzigen
geſchickten Arbeiters baute Whitehead hinter Schloß und Riegel den
erſten automobilen Torpedo.
Derſelbe hatte die Form eines an beiden Enden zugeſpitzten
Cylinders, trug an ſeiner oberen und unteren Seite große Längs-
floſſen und zeigte an ſeinem Schwanzſtücke einen Schraubenpropeller
und ein bewegliches Horizontalruder. Der Torpedo beſtand aus dem
Kopf, enthaltend 9 kg Dynamit mit Kontaktzündung, dem Tiefen-
ſteuerapparat, dem Luftkeſſel, der Maſchine und dem Schwanzſtücke
mit dem bereits erwähnten Trieb- und Steuerapparat.
Wennſchon die Ausführung eines Torpedos nicht leicht iſt,
ſo iſt die Idee recht einfach. Der Kopf enthält die Sprengladung,
welche beim Auftreffen auf das Ziel explodirt.
Der Keſſel enthält komprimirte Luft — Preßluft —, welche
die Maſchine während ihres Ganges ſpeiſt.
Die Maſchine treibt den Torpedo mittelſt der Schraube, und
die Tiefenſteuerung mit dem Ruder zwingt den Torpedo, in beſtimmter
Tiefe zu laufen. Die Steuerung iſt alſo im Gegenſatze zur Steuerung
eines Schiffes eine ſolche in der Horizontalebene.
Der erſte von Whitehead gebaute Torpedo hatte aber noch
einen höchſt unregelmäßigen Tiefenlauf, er beſchrieb gewaltige Kurven,
d. h. er bewegte ſich manchmal in größerer Tiefe, wie beabſichtigt,
manchmal an der Waſſeroberfläche.
Erſt im Jahre 1868 fand Whitehead das Mittel, welches ſeine
Erfindung kriegsbrauchbar machte, welches als wichtigſtes Geheimniß
nur wenigen Auserleſenen bekannt gegeben werden durfte, welches
dem Erfinder mit ſchwerem Gelde abgekauft wurde und welches ſo
einfach iſt, daß es dem Ei des Columbus würdig zur Seite geſtellt
werden kann.
Der Tiefenapparat, welchen Whitehead zuerſt anwendete, beruht
auf dem Wechſel des Waſſerdruckes in verſchiedenen Tiefen. Dieſer
[25]4. Kapitel. Der Whiteheadtorpedo.
Druckwechſel macht ſich an einer Druckplatte bemerkbar, welche die
Bewegung mittelſt Geſtänge auf das Ruder überträgt. Die Ein-
richtung war, wie ſchon geſagt, nicht genügend empfindlich.
Jenes oben erwähnte Geheimniß nun beſtand in der Verbindung
der Thätigkeit der Platte mit der Wirkung eines einfachen Pendels.
Steuert der Torpedo in die Tiefe (Fig. 4), ſo bewegt ſich das
Pendel, da es das Beſtreben hat, eine ſenkrechte Lage innezuhalten,
innerhalb des Torpedos, alſo relativ nach vorn; iſt der Torpedo
dagegen mit ſeiner Spitze nach oben gerichtet, ſteuert er alſo in die
Höhe (Fig. 5), ſo bewegt ſich das Pendel im Torpedo relativ nach
hinten; genauer geſagt: da das Pendel ſeine ſenkrechte Lage ein-
zuhalten beſtrebt iſt, ſo ſchwingt der Torpedo wie ein Waagebalken
um daſſelbe, und dieſe Bewegung des Torpedos um das Pendel wird
nun ebenfalls benutzt, um das Ruder in Thätigkeit zu ſetzen und
dem Torpedo einen guten Horizontallauf zu geben.
So wirken nunmehr die Platte dahin, den Torpedo in die
richtige, beabſichtigte Tiefe zu bringen, und das Pendel dahin, den
[26]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Torpedo in dieſer richtigen Tiefe horizontal laufen zu laſſen. Das
Funktioniren des Apparates wird ſpäterhin genauer beſchrieben
werden. An dieſer Stelle ſei vorweg geſagt, daß die neueſte Zeit
dem Torpedo eine weitere Vervollkommnung, nämlich auch eine
Vertikalſteuerung gebracht hat.
Die verſchiedenſten Umſtände können ein Abweichen des Torpedos
auch aus der Vertikalebene, alſo aus ſeiner Schußrichtung, verurſachen.
Um dieſes zu vermeiden, hat der öſterreichiſche Ingenieur Obry
einen Apparat konſtruirt, welcher im Weſentlichen nichts Anderes als
eine praktiſche Anwendung des Foucaultſchen Pendels iſt.
Da eine ſchwingende oder rotirende Maſſe ihre Schwingungs-
ebene beibehält, ſo hat Obry dies benutzt, um danach Abweichungen
des Torpedos aus der Vertikalebene an einem ſolchen rotirenden
Pendel bemerkbar zu machen und die entſtehende Bewegung auf ein
Paar Vertikalruder zu übertragen.
Denkt man ſich das Whiteheadſche Pendel um ſeinen Aufhängungs-
punkt rotirend und den Torpedo um 90 Grad um ſeine Längsachſe
gedreht, alſo auf die Seite gelegt, ſo erhält man ein Bild des
Obryſchen Syſtems.
Das ruhig hängende Pendel ſteuert ſomit den Torpedo in der
Horizontal-, das rotirende Pendel in der Vertikalebene.
Der Torpedo wurde von allen Staaten angekauft, es entſtand
eine rege Thätigkeit in Staats- und Privatwerkſtätten, unausgeſetzte
Schießverſuche fanden und finden ſtatt, mannigfache Aenderungen und
Verbeſſerungen wurden und werden eingeführt, und eiferſüchtig hält
[27]4. Kapitel. Der Whiteheadtorpedo.
jeder Staat ſeine Aenderungen und Verbeſſerungen geheim. Im
Nachſtehenden kann daher auch nur eine allgemeine Beſchreibung der
einzelnen Theile und ihres Zuſammenwirkens gegeben werden.
Der Kopf.
Die Fig. 6 veranſchaulicht den Kopf, d. h. den am meiſten nach
vorn gelagerten Theil des Torpedos. Man hat die verſchiedenſten
Formen erprobt, und bei modernen Torpedos iſt der Kopf ſehr voll
gehalten. Es geſtattet dies das Unterbringen einer möglichſt großen
Ladung, welche bei den neueſten Konſtruktionen aus etwa 100 kg
Schießwolle beſteht. Auf die Geſchwindigkeit des Torpedos hat die
längere oder kürzere Kopfform erfahrungsgemäß nur ſehr geringen
Einfluß, während die Linien d. h. die Form des Schwanzſtückes des
Torpedos die Geſchwindigkeit ſehr ſtark beeinfluſſen. Man nimmt
an, daß ſowohl beim flachen wie beim ſpitzen Kopfe das von dem
Torpedo verdrängte und vor ihm ſich verdichtende Waſſer ſich ſelbſt
eine Geſtalt ſchaffe, welche den Waſſerwiderſtand am leichteſten über-
windet, daß ſich alſo, von der Form des Kopfes unabhängig, eine
das Waſſer durchſchneidende Waſſerſpitze bilde.
Fig. 7 veranſchaulicht verſchiedene Kopfformen von Torpedos t,
t1 und t2. Bei laufendem Torpedo würde ſich nach obiger Annahme
vor alle dieſe Formen dieſelbe oder eine ſehr ähnliche, aus ver-
dichtetem Waſſer beſtehende Spitze a ſetzen. Es wäre demnach gleich-
gültig, welche Form dem Kopfe zu geben iſt.*) Anders verhält es
ſich bei der Form des Schwanzſtückes des Torpedos. Hier haben
möglichſt ſcharfe Formen, welche den Waſſerfäden freien Zutritt zu
[28]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
dem Propeller oder zu den Propellern und welche einen freien Waſſer-
abfluß geſtatten, ſehr bedeutenden Einfluß. So will denn Whitehead
ſelbſt, der die Formen der verſchiedenſten Fiſcharten eingehend ſtudirt
hat, gefunden haben, daß die ſchnellſten Fiſche einen dicken Kopf und
einen ſcharf auslaufenden Schwanz haben. Für den Torpedo iſt ein
dicker, voller oder runder Kopf auch hinſichtlich der Spreng-
wirkung ſeiner Ladung die günſtigſte Form. Die zur Ladung ver-
wendete Schießbaumwolle enthält 10 bis 16 % Waſſer. Während
dieſes die Sprengwirkung nur unbedeutend beeinträchtigt, erhöht es
die Sicherheit, denn derartig genäßte Schießwolle kann nur durch
Exploſion trockener Schießwolle zur Detonation gebracht werden.
Zur Erzielung der Exploſion im geeigneten Momente dient
die Piſtole.
Fig. 8 ſtellt dieſelbe dar. In einer Hülſe h ſitzt der bewegliche
Schlagbolzen s, der an ſeiner Spitze mit Greifnaſen g, an ſeinem
Fuße mit einer kleinen Spitze verſehen iſt. Der Sicherheitsbolzen b
dient zum Verhüten einer vorzeitigen Exploſion während der Auf-
bewahrung, des Transportes etc. und muß vor dem Einſetzen der
Piſtole in den Kopf entfernt werden. Damit der Schlagbolzen erſt
beim Auftreffen auf ein Ziel zurückgeſchoben wird und die Zündung
des Zündſatzes z bewirkt, iſt der Scheerſtift c vorhanden. Dieſer
iſt aus Kupfer gefertigt und geht ebenſo wie der Sicherheitsbolzen b
quer durch Hülſe und Schlagbolzen. Beim Auftreffen des Torpedos
wird dieſer Scheerſtift durchſchnitten (abgeſcheert), der Schlagbolzen
dringt mit ſeiner Spitze in den Zündſatz z, dieſer explodirt und
entzündet die trockenen Schießwollkörper k, die in einer Zinkhülle
gelagert ſind; die Exploſion dieſer trockenen Schießwolle bewirkt die
Exploſion der naſſen Schießwolle der Kopfladung. Um das Gewicht
des Kopfes auszubalanziren, befindet ſich hinter demſelben
die Schwimmkammer.
Dieſelbe iſt ein hohler Raum, welcher dem Vordertheil des Torpedos
[29]4. Kapitel. Der Whiteheadtorpedo.
den genügenden Auftrieb verleiht. Der Torpedo hat ein ſpezifiſches
Gewicht von ungefähr 0,9.
Der nächſte Theil des Torpedos iſt
der Luftkeſſel.
Aus Stahl oder Stahlbronze gefertigt iſt derſelbe im Stande,
mit einem Druck von etwa 90 Atmoſphären zu arbeiten. An ſeinem
hinteren Boden befindet ſich ein Stutzen, durch welchen das Auf-
pumpen, alſo das Füllen des Keſſels und auch der Luftabfluß nach
der Maſchine erfolgen. Es ſchließt ſich an den Luftkeſſel an
die Maſchinenkammer.
Dieſe enthält ſämmtliche Bewegungsvorrichtungen einſchließlich
derjenigen für die Steuerung des Torpedos.*)
Zu erſteren gehören der Regulator, die Maſchinenarretirung und
die eigentliche Maſchine, zu letzteren der Tiefenapparat, das Pendel
und die Steuermaſchine.
Die Bewegungsvorrichtungen.
Wie für jede Maſchine, ſo iſt namentlich für die Torpedo-
maſchine ein gleichmäßiger Gang Haupterforderniß. Bei ungleich-
mäßigem Gange würde der Torpedo auch eine ungleichmäßige Ge-
ſchwindigkeit haben, und dies würde das Schießen ungemein
erſchweren. Einen ungleichmäßigen Gang würde aber die Maſchine
haben, wenn man der treibenden Luft des Keſſels geſtatten würde,
mit vollem Drucke zu arbeiten. Darum muß der Luftdruck des
Keſſels auf einen gleichmäßigen Arbeitsdruck in den Cylindern reduzirt
werden. Solches bewirkt der Regulator.
[30]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Es iſt ferner eine Einrichtung nothwendig, um zu verhindern,
daß die Maſchine des Torpedos bei ſeiner Lanzirung aus einem über
Waſſer aufgeſtellten Rohre ſchon in der Luft zu drehen
anfängt. In dieſem Falle würde die Zahl der Um-
drehungen eine ſehr große ſein, und die Maſchine könnte
leicht zu Bruche gehen. Die Maſchine darf alſo erſt
eine gewiſſe Zeit nach dem Abfeuern des Torpedos,
nämlich erſt dann, wenn der Torpedo ganz im Waſſer iſt,
anſpringen. Man erreicht dieſes durch die Maſchinen-
arretirung, von der es verſchiedene Ausführungen
giebt. Eine dieſer Ausführungen wird ſpäter beſchrieben
werden. Vorher iſt es aber noch erforderlich, dar-
zulegen, wie die Maſchine in Gang geſetzt wird. Das
Prinzip der Einrichtung iſt folgendes: Der Oeffnungs-
hebel (Fig. 10) ſtößt, ſobald der Torpedo nach vorn
bewegt, d. h. lanzirt wird, gegen den Oeffnungs-
haken, wird hier feſtgehalten und öffnet, indem er ſelbſt
nach hinten herumgelegt wird, ein Ventil in der Luft-
leitung. Der nach hinten herumgelegte Arm hebt
[31]4. Kapitel. Der Whiteheadtorpedo.
bei weiterem Vorausgehen des Torpedos den Oeffnungshaken und
ſchlüpft unter ihm hindurch.
Sobald die Leitung geöffnet iſt, ſtrömt die Preßluft in den
Regulator. Der Eintritt erfolgt (Fig. 11) durch das Rohr e und
die Kanäle und Oeffnungen e1, e2 und e3 des Regulatorgehäuſes,
durch korreſpondirende Oeffnungen im Kolben k in und unter den
letzteren. Der Kolben iſt im Gehäuſe beweglich und wird durch eine
Feder f nach unten gedrückt. Da die Luft aus dem Keſſel mit vollem
Druck auf den Kolben wirkt, hebt ſie ihn; dadurch werden die
korreſpondirenden Oeffnungen e1, e2, e3 ganz oder theilweiſe ge-
ſchloſſen.
Die Luft ſperrt ſich mithin ſelbſt ihren Zutritt ab. Inzwiſchen
wird die bei a nach der Maſchine abfließende Luft raſch verbraucht,
dadurch gewinnt die Feder die Ueberhand, drückt den Kolben nach
unten und öffnet oder erweitert wieder den Luftzutritt. Das Spiel
wiederholt ſich fortwährend, und da der Windkeſſel W noch geringere
Ungleichmäßigkeiten ausgleicht, ſo erhält die Maſchine eine gleichmäßig
geſpannte Luft.
Dieſe Spannung kann durch
die Stellſchraube s der Regulator-
feder beliebig feſtgeſetzt werden. Den Regulator
verlaſſend, gelangt die Luft in
die Maſchinenarretirung.
Die Luft tritt bei e (Fig. 12) ein, fließt
durch den Kanal e1 auf die Stirnſeite des
Kolbens k und ſchiebt denſelben bei Seite. Hierbei
muß das Glycerin g durch den kleinen Kanal c des Kolbens treten.
Es kann dieſes nur langſam geſchehen.
[32]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Sobald der Kolben den Kanal e2 freigegeben hat, erfolgt voller
Luftzutritt. Nach dem Schuſſe, alſo nach beendigtem Torpedolaufe
ſchiebt die Spiralfeder den Kolben langſam wieder in ſeine vorige
Lage, wenn nicht ein ſcharfer treffender Schuß erfolgt, welcher das
Daſein des Torpedos ſelbſt beſchließt. Nach dem Durchſtrömen der
Maſchinenarretirung gelangt die Luft in die Maſchine. Dieſelbe
iſt nach dem Syſtem Brotherhood konſtruirt. Drei Cylinder ſtehen
im Winkel von 120° zu einander (Fig. 13 und 14) und bilden
den Cylinderkörper. Auf dieſem liegt der Schieberkaſten (Fig. 15),
welcher wiederum mit dem Schieberkaſtendeckel verſchloſſen iſt. In
[33]4. Kapitel. Der Whiteheadtorpedo.
jedem Cylinder liegt ein Kolben (Fig. 13), unter dem Schieberkaſten-
deckel der muſchelförmige Schieber (Fig. 16).
Von jedem Kolben geht eine Pleyelſtange nach der gemeinſamen
Maſchinenkurbel (Fig. 13). Letztere iſt ein Knie in der Geſammt-
wellenleitung, deren hinterer langer Theil die hohle Schraubenwelle,
deren vorderer kurzer Theil die Schieberwelle iſt. Dieſe Schieber-
welle greift mit einem Vierkant wieder in den Schieber ein, iſt alſo
mit demſelben feſt verbunden.
Die aus der
Maſchinenarre-
tirung tretende
Luft gelangt
zunächſt in den
Schieberkaſten-
deckel, tritt
durch die Ein-
ſtrömungs-
öffnung e, d. h.
durch den
Rand des
Schiebers
hindurch direkt
in einen der
drei Kanäle des
Schieberkaſtens und hinter den Kolben des entſprechenden Cylinders.
Dieſer Kolben wird nach innen getrieben und verſetzt dadurch die
Maſchine in Drehung. Infolge der Drehung der Welle wird auch
der Schieber gedreht, und zwar mit ſeiner Entſtrömungsöffnung e
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 3
[34]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
bis über die Einſtrömungsöffnung des nächſten Kanales des Schieber-
kaſtens. Die Luft gelangt mithin in den nächſten Cylinder und
bringt deſſen Kolben zum Arbeiten. In dem erſten Cylinder tritt
die Luft inzwiſchen auf demſelben Wege, den ſie gekommen, wieder
zurück, alſo in den Kanal des Schieberkaſtens. Jetzt findet ſie aber
nicht mehr die Einſtrömungsöffnung des Schiebers, ſondern deſſen
hohles Innere (Fig. 16). Dieſes ſteht mittelſt der langen Aus-
ſtrömungs-
öffnung a und
der Oeffnun-
gen b mit dem
Inneren der
Maſchine
ſelbſt in direk-
ter Verbindung. Die
Luft tritt daher aus dem
Inneren des Schiebers in
das Innere der Maſchine
und von hier durch die
ſchon oben erwähnte
hohle Schraubenwelle
nach hinten aus dem
Torpedo hinaus. Dabei
wirkt ſie durch
Reaktion noch
auf Vorwärts-
gang des Tor-
pedos. Es
arbeitet dem-
nach immer nur
ein Kolben zur Zeit.
Die modernen Maſchinen
entwickeln über
70 Pferdeſtärken und
geben den Torpedos eine
Geſchwindigkeit von weit
über 30 Knoten, d. h.
mehr wie 15 m pro
Sekunde. Der erſte von
Whitehead gebaute Torpedo lief ungefähr 6 Knoten oder etwa 3 m
pro Sekunde.
Die Steuerung des Torpedos.
Zum Steuern des Torpedos ſind erforderlich der Tiefenapparat,
das Pendel und die Steuermaſchine.
Der Tiefenapparat beſteht aus einem Ventil, auf welches
der Waſſerdruck von außen direkt wirkt. Von der Innenſeite des
[35]4. Kapitel. Der Whiteheadtorpedo.
Torpedos übt eine Feder denjenigen Gegendruck aus, welcher der ge-
wünſchten Tiefe entſpricht. Befindet ſich alſo der Torpedo tiefer,
wie beabſichtigt, ſo überwiegt der Waſſerdruck, und das Ventil wird
in ſein Gehäuſe hineingedrückt; liegt der Torpedo flacher, wie beab-
ſichtigt, ſo überwiegt der Federdruck, und das Ventil wird in ſeinem
Gehäuſe nach außen geſchoben.
Das Pendel bedarf keiner weiteren Erklärung.
Die Steuermaſchine kennt verſchiedene Ausführungen. Fig. 17
zeigt eine derſelben. Sobald der Torpedo in Gang geſetzt iſt, tritt
aus dem Windkeſſel des Regulators die Preßluft bei e in die Steuer-
maſchine, umſpült den Kolben k in der Ausdrehung e1 und gelangt
3*
[36]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
durch eine Durchbohrung*) nach dem Vertheilungsſchieber s, den ſie
zwiſchen den Bunden b in dem cylindriſchen Raume e2 ebenfalls
umgiebt. Wird der Vertheilungsſchieber s z. B. nun nach links
oder voraus bewegt, ſo öffnet der linke Bund die Oeffnung des
Kanals e3, die Luft ſtrömt durch letzteren in den Raum v und
drückt den Kolben k ebenfalls nach links oder voraus. Die im
Raume z befindliche Luft wird durch den Kanal e4 nach hinten hin-
ausgedrückt (denn der rechte Bund iſt ebenfalls nach links gerückt)
und entweicht durch die Abflußöffnungen a.
Das Umgekehrte findet ſtatt, wenn der Vertheilungsſchieber s
nach rechts bewegt wird. Die Preßluft tritt dann von e2 durch die
freigegebene Oeffnung des Kanals e4 nach z, drückt den Kolben nach
rechts d. h. zurück, und die in v befindliche Luft entweicht durch den
Kanal e3 und den cylindriſchen Raum a1.
An den Kolben k ſetzt ſich nach hinten zu das Steuergeſtänge g,
welches mit einfacher Hebelübertragung die Bewegungen des Kolbens
in Ruderausſchläge verwandelt, und zwar Vorwärtsbewegung
des Kolbens in Ruderausſchlag nach unten, Rückwärts-
bewegung in Ruderausſchlag nach oben.
Tiefenapparat, Pendel und Steuermaſchine arbeiten zuſammen
wie folgt:
An dem Pendel (Fig. 18 und 19) hängt, um den Punkt a
drehbar, ein Hebel h. An letzteren greift in dem Punkte b die
Ventilſtange t des Tiefenapparates an, während von ſeinem tiefſten
Punkte c die Stange des Vertheilungsſchiebers s nach der Steuer-
maſchine geht.
[37]4. Kapitel. Der Whiteheadtorpedo.
Liegt nun infolge irgend welcher Urſachen der Torpedo zu tief,
ſo wird das Tiefenventil eingedrückt (Fig. 18). An dem Hebel h
iſt a jetzt der feſte Punkt, infolgedeſſen wirkt h als einarmiger
Hebel, die Punkte b und c, damit die Stange s und in weiterer
Folge das Geſtänge g werden ſämmtlich nach hinten geſchoben, und
das Ruder wird um ſeinen Drehpunkt d nach oben gedreht. (Die
Bewegungen ſind mit vollgefiederten Pfeilen bezeichnet.)
Das nach oben gelegte Ruder veranlaßt, daß der Torpedo
ebenfalls nach oben ſteuert. Sein Kopf tritt mithin über, ſein
Schwanz unter die Horizontale.
Die Folge iſt, daß das Pendel in dem Torpedo eine Bewegung
nach hinten vollführt (Fig. 19). Mit dem Pendel geht auch der
Punkt a nach hinten. Jetzt repräſentirt der Angriffspunkt b der
Ventilſtange t den Drehpunkt des Hebels h. Letzterer wirkt mithin
als doppelarmiger Hebel. Folglich wird der Punkt c und mit ihm
werden s und damit auch g nach vorn bewegt, das Ruder alſo
nach unten gelegt (vergl. die ungefiederten Pfeile).
Die Wirkungen des Tiefenapparates und des Pendels ſind in
dieſem Falle einander entgegengeſetzt, der Torpedo legt ſich langſam
horizontal, ſteuert langſam in ſeine vorgeſchriebene Tiefe und hält
ſich während ſeines Laufes in derſelben.
[38]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Es treten aber auch Fälle ein, bei denen beide Vorrichtungen
dieſelbe Wirkung haben. Dieſes findet ſtatt, wenn z. B. beim
Lanziren aus hoher Aufſtellung der Torpedo ſehr tief geht und in-
folge des Impulſes von oben das Beſtreben hat, noch tiefer zu
ſteuern. Jetzt wirken ſowohl Tiefenapparat wie Pendel dahin, das
Ruder nach oben zu legen, es erfolgt daher ein ſehr kräftiger Ruder-
ausſchlag, und der Torpedo wird ſehr energiſch gezwungen, die
richtige Bahn einzuſchlagen. Gelangt der Torpedo infolge dieſes
kräftigen Ruderausſchlages in eine horizontale Lage, ſo wirkt der
Tiefenapparat allein, das Pendel mäßigt das Aufſteigen, und das
vorhin beſchriebene Spiel, alſo das Gegenanwirken beginnt und
bewirkt einen ruhigen Lauf in gleicher Tiefe.*)
Den letzten Theil des Torpedos bilden Tunnel und Schwanzſtück.
Erſteres dient dazu, dem Torpedo eine geeignete Form zu geben
und wie die Schwimmkammer vorn, ſo auch hinten eine richtige
Gewichtsvertheilung und einen zweckmäßigen Auftrieb zu erzielen.
Das Schwanzſtück enthält die Propeller und Ruder. Da
nur ein Propeller Abweichungen aus der geraden Schußrichtung er-
zeugt, ſo verwendet man zwei Schrauben.
[39]4. Kapitel. Der Whiteheadtorpedo.
Auf die hohle Schraubenwelle iſt ein koniſches Kammrad k auf-
gekeilt (Fig. 20). In dieſes greifen ſeitlich zwei weitere Kamm-
räder k1, welche wiederum ein viertes hinteres Kammrad k2 treiben.
Dieſes iſt mit einer kurzen Schraubenwelle verſehen, welche die
eigentliche Schraubenwelle umgiebt. Die innere Schraubenwelle w
dreht die hintere, die äußere w1 die vordere Schraube. Da durch
die Kammradübertragung die Bewegung des hinteren Kammrades
gegen das vordere umgedreht wird, hat man eine links- und eine
rechtsläufige Schraube, deren ablenkende Wirkungen ſich heben.
Das letzte Stück des Torpedos bildet das Ruder r, welches
zweitheilig iſt, da die Fortſetzung der Schraubenwelle, gleichzeitig
Exhauſt für die verbrauchte Luft, die Anwendung nur eines Ruder-
blattes nicht geſtattet.
Fünftes Kapitel.
Ausſtoßrohre, Kommandoelemente, Zielſtellen, Schießen.
Die Ausſtoß- oder Lanzirrohre haben den Zweck, den Torpedo
aus oder von dem Schiffe oder Boote in das Waſſer zu befördern.
So einfach dies auf den erſten Blick erſcheinen mag, ſo ſchwierig iſt
es in der That, und man geht nicht zu weit, wenn man ſagt, daß
an der Lanzirung beinahe das ganze Torpedoweſen geſcheitert wäre.
Den Torpedo von feſtem Stande und aus einem Unterwaſſerrohr
einfach laufen zu laſſen iſt freilich ein leichtes Ding, die Sache erhält
aber ein weſentlich anderes Anſehen von bewegtem Schiffe oder
Boote aus.
Welche ausgedehnten Verſuche gemacht und welche Erfahrungen
erſt geſammelt werden mußten, mag aus dem Umſtande erhellen, daß
es z. B. in der engliſchen Marine bei nur zwei Kalibern, nämlich
für 14 und 18zöllige Torpedos 19 verſchiedene Arten von Ausſtoß-
rohren giebt.
Dieſe Zahl wird nicht überraſchen, wenn man hört, daß es
giebt und geben muß: einfache Abgangsrohre, Ausſtoßrohre für Luft-
und Pulverausſtoß, Ausſtoßrohre für flachen und ſpitzen Eintritt,
Ueberwaſſer- und Unterwaſſerrohre, volle Rohre, Deckelrohre und
Theildeckelrohre, feſte und ſchwenkbare Rohre, Bug-, Breitſeit- und
Heckrohre u. ſ. w. Der Ort für die Aufſtellung des Rohres bedingt
[40]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
deſſen Konſtruktion, und aus der Kombination
verſchiedener Vorbedingungen entſtehen die viel-
fachen verſchiedenen Arten.
Es wird ohne Weiteres einleuchten, daß
es nicht daſſelbe iſt, ob man einen Torpedo
aus einem Unterwaſſerrohr lanzirt, welches in
der Kielrichtung liegt, oder aus einem Ueber-
waſſerrohr, welches nach der Breitſeite gerichtet
iſt. Unausgeſetzt ſtellt der Offizier, welcher
das Schießen leitet, neue Forderungen, un-
ausgeſetzt iſt der Ingenieur, welcher die
Armirungen konſtruirt, bemüht, den Forde-
rungen nachzukommen, und während die
Menge der Neukonſtruktionen und Verſuche
von den Geldmitteln abhängt, beruht der
Erfolg wie kaum bei einer anderen Waffe in
dem harmoniſchen Zuſammenwirken von Offi-
zier und Ingenieur. Der Offizier, welcher
mit der Waffe kämpfen ſoll, darf eine über-
große Komplizirtheit nicht zulaſſen, der In-
genieur, welcher die Waffe herſtellt, muß die
Anforderungen auf möglichſt einfachem Wege
erfüllen. Nach Maßgabe der Anforderungen
hat denn auch die Herſtellung der Rohre die
verſchiedenſten Wandlungen erfahren.
In faſt allen Marinen begann man mit
Schießverſuchen aus Unterwaſſerrohren, ging
dann zu Ueberwaſſerrohren über, als es galt,
auch nach der Breitſeite zu ſchießen, und im
Allgemeinen iſt es zutreffend zu ſagen, daß
neue Schiffe außer den Heckrohren, welche
ſtets über Waſſer liegen, nur Unterwaſſer-
rohre, Boote nur Ueberwaſſerrohre erhalten.
Da es nicht möglich iſt, hier alle Arten
von Ausſtoßrohren zu beſchreiben, ſo ſoll in
Nachſtehendem nur die allgemeine Beſchreibung
eines Ueberwaſſerrohres folgen.
[41]5. Kapitel. Ausſtoßrohre, Kommandoelemente, Zielſtellen, Schießen.
Das Rohr hat die ungefähre Länge des Torpedos und iſt voll
gehalten, während nur die obere Hälfte über die Mündung hinaus
verlängert iſt, um dem Torpedo ſolange eine Führung (und damit
einen beſſeren Eintritt in das Waſſer) zu geben, als ſich das
Schwanzſtück noch innerhalb des vollen Rohres befindet. Der Torpedo
iſt mit Führungswarzen verſehen, das Rohr hat entſprechende
Führungsnuten oder Führungsleiſten. Verſchloſſen wird das Rohr
mit einer einfachen Bodenklappe. Ueber dem Oeffnungshebel des
Torpedos ſitzt ein Gehäuſe für den Oeffnungshaken. Fig. 21 ſtellt
den Durchſchnitt durch ein Rohr mit geladenem Torpedo dar.
In der Skizze nicht angegeben ſind:
Einrichtungen für das Abfeuern des Torpedos, beſtehend für
Pulverausſtoß aus einem einfachen Lager mit Abzugsvorrichtung in
der Bodenklappe, zur Aufnahme einer Patrone, oder bei Luftausſtoß
aus einem Behälter nebſt geeigneten Ventilen, um im gegebenen
Momente Preßluft hinter den Torpedo ſtrömen zu laſſen;
Einrichtungen, um ein unbeabſichtigtes Entweichen des Torpedos
aus dem Rohre zu verhüten, denn, wie leicht erklärlich, darf der
Torpedo nicht wie ein Geſchoß feſt geführt werden, ſondern muß in
der Seele Spielraum haben;
Einrichtungen zum Anbringen des Zielapparates;
Einrichtungen zum Feſtſetzen des Rohres u. ſ. w.
Bei Unterwaſſerrohren treten hinzu:
Einrichtungen, beſtehend aus Verſchlüſſen und Schleuſen, um
vor dem Laden das Waſſer aus dem Rohre entfernen zu können,
welches nach dem Schuß naturgemäß einſtrömt. Erwähnt muß
werden, daß ſinnreiche Einrichtungen getroffen ſind, um zu verhüten,
daß etwa ein Torpedo bei geſchloſſenen Schleuſen u. ſ. w. ab-
gefeuert wird.
Die Neuzeit hat einen wichtigen Fortſchritt gebracht, welcher in
Vorrichtungen beſteht, um auch aus Unterwaſſerrohren nach der
Breitſeite ſchießen zu können. Da der Torpedo, ſobald er aus dem
Rohre und damit aus der Seitenwand des Schiffes tritt, ſeitlich den
vollen Druck des vorbeiſtrömenden Waſſers erhält, bedarf er noth-
wendigerweiſe einer Führung, wenn anders er aus ſeiner Schuß-
richtung nicht gar zu ſehr abgelenkt werden oder einfach abbrechen
ſoll. Es giebt verſchiedene Ausführungen deſſelben Grundgedankens.
[42]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Man erreicht den Zweck durch eine Verlängerung der Führung über
die Seitenwand des Schiffes hinaus. Die Hülfsführung ſelbſt muß
wieder beweglich, d. h. aus dem Schiffe aus- und in daſſelbe zurück-
ſchiebbar ſein, und es iſt einleuchtend, daß, da dieſe Art der Lanzirung
von höchſter Wichtigkeit iſt, Angaben über Details ſtreng geheim
gehalten werden müſſen.
Von den verſchiedenen Vorrichtungen, welche die Torpedoarmirung
eines Schiffes oder Bootes ausmachen, ſeien hier nur noch erwähnt
die Luftpumpe, die Kommandoelemente und der Zielapparat.
Von den Luftpumpen giebt es verſchiedene Ausführungen, und
erſcheint es überflüſſig, dieſelben einer Beſchreibung zu unterziehen.
Die Kommandoelemente beſtehen aus Sprachrohrverbindungen,
mechaniſchen Leitungen, hauptſächlich aber in elektriſchen Vorrichtungen
zum Ertheilen von Befehlen und zum Abfeuern der Torpedos von
der Zielſtelle aus.
Es iſt ohne Weiteres einleuchtend, daß Unterwaſſerrohre be-
ſonderer Zielvorrichtungen bedürfen. Auf Schiffen haben aber
nicht Unterwaſſerrohre allein, ſondern alle Rohre ihre beſonderen
Zielſtellen auf Deck, da für die letzteren ein freier Ueberblick Vor-
bedingung, dieſes aber bei den Ausſtoßrohren
ſelbſt nicht immer zu erreichen iſt.
Die Zielvorrichtungen beruhen auf
folgendem Prinzip:
In Fig. 22 ſei A der Aufſtellungsort
des Ausſtoßrohres, AB die Laufrichtung des
Torpedos, CB die Fahrtrichtung des Gegners. In der Annahme,
daß der Gegner dieſelbe Zeit zum Durchlaufen der Strecke CB
[43]5. Kapitel. Ausſtoßrohre, Kommandoelemente, Zielſtellen, Schießen.
gebraucht wie der Torpedo für die Strecke AB, iſt B der Treffpunkt
des Torpedos und AC die Viſirlinie. Der Zielapparat muß dieſes
ſogen. Abkommdreieck wiedergeben und iſt nichts Anderes als das in
der Fig. 22 angegebene kleine Dreieck Abc. Dieſes iſt ABC ähnlich,
weil cb parallel CB; folglich verhält ſich CB zu AB wie cb zu Ab.
In Fig. 23 ſtellt AB einen um A drehbaren Arm dar. Der-
ſelbe wird in der Laufrichtung des Torpedos auf dem Gradbogen
bei B feſtgeſtellt. Der Arm trägt eine Eintheilung nach Seemeilen
für die Geſchwindigkeit des Torpedos. Auf AB iſt das mit b be-
zeichnete Ende des Armes bc verſchiebbar angebracht. Der Punkt b
wird auf diejenige Zahl ein- und dann feſtgeſtellt, welche der Ge-
ſchwindigkeit des Torpedos in Seemeilen entſpricht. bc iſt um b
drehbar und wird in die Richtung gebracht, welche der Gegner
ſteuert. Dieſe Richtung muß geſchätzt werden. Feſtgeſtellt wird der
Arm bc beim Punkte c mit Hülfe des Armes AC. bc trägt eben-
falls eine Eintheilung nach Seemeilen, und die hier einzuſtellende
Geſchwindigkeit des Gegners muß wiederum geſchätzt werden. Jetzt
repräſentirt Abc ſowohl in Fig. 22 wie in Fig. 23 das Abkomm-
dreieck. Der Torpedo läuft in der Richtung AB, der Gegner in
der Richtung cb; AC iſt die Viſirlinie. Daher befindet ſich auch
(Fig. 23) in A ein Fadenviſir, in C ein Korn.
Der Zielapparat an ſich iſt einfach, ſeine richtige Bedienung
erfordert aber doch reichliche Uebung, namentlich wenn es gilt, das
Ziel ſchnell zu wechſeln, wenn das eigene Fahrzeug und der Gegner
im Drehen begriffen ſind und wenn ſonſtige Komplikationen, z. B. ein
nothwendig werdendes Schwenken des Rohres, hinzutreten. Da hierfür
vielleicht nicht immer die Zeit vorhanden iſt, ſo muß gut ausgebildetes
Perſonal auch ohne Zielapparat ſich zu helfen verſtehen.
Auf die Unterſchiede zwiſchen dem Schießen mit Torpedos
und demjenigen mit Geſchützen braucht nicht erſt beſonders aufmerkſam
gemacht zu werden. Die Entfernung des Gegners iſt innerhalb der
Schußdiſtanz des Torpedos gleichgültig. Aufgabe des kommandirenden
Offiziers iſt es, ſein Fahrzeug richtig heranzuführen, Aufgabe des
Torpederoffiziers iſt es, den Zielapparat richtig zu bedienen und ſein
Perſonal auf eine ſolche Höhe der Ausbildung zu bringen, daß es
jedem Winke zu folgen vermag. Dieſes gilt beſonders für Torpedo-
boote, wo nur ein Offizier vorhanden iſt, die Bedienung der
[44]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Rohre mit Ausnahme des Bugrohres mithin dem Perſonal
allein zufällt.
Wenn die Waffe funktioniren ſoll, ſo darf weder beim Bau
noch bei der Konſervirung, weder beim Exerziren noch beim Schießen,
in einem Worte, es darf an keiner Stelle eine Unterlaſſungsſünde
begangen worden ſein oder geſchehen.
Ein Staubkorn im Schieber der Steuermaſchine, eine falſche
Regulatorfederſpannung, ein falſch eingeſtellter Tiefenapparat, eine
ſchlechte Maſchinenarretirung, ein verbogener Oeffnungshebel, eine
falſche Lanzirung, ein falſches Bedienen des Zielapparates, ein
ungünſtiger Auftreffwinkel und vieles Andere können den Erfolg aus-
ſchließen oder zum Mindeſten in Frage ſtellen. Daher gehörte zum
Schießen in erſter Linie eine gewiſſermaßen tadelloſe Vergangenheit
des Materiales. Und thatſächlich iſt hiermit nicht zu viel geſagt, denn
jeder Torpedo hat ſeine Vergangenheit und ſeine Eigenart, und je
länger das Perſonal mit demſelben umgegangen iſt, deſto beſſer.
Demnächſt gehört zum Schießen das Aufpumpen des Torpedos und
eine kurze Schlußreviſion der integrirenden Theile. Dann wird der
Torpedo geladen, d. h. in das Ausſtoßrohr gebracht und letzteres
mittelſt Pulverpatrone und Zündſchraube oder mittelſt Luftpatrone
für Hand- oder elektriſche Abfeuerung fertig gemacht. Bei Unter-
waſſerrohren tritt das Oeffnen der Schleuſen und Fluthen des
Rohres hinzu. Schwenkbare Rohre werden auf eine beſtimmte
Schußrichtung geſtellt.
Das Funktioniren des Tiefenapparates und des Pendels ſind
früher ſchon beſchrieben worden. Beim Schießen mit Torpedos iſt
zu bedenken, daß das Ingangſetzen des Geſchoſſes nicht mit derſelben
Geſchwindigkeit wie bei Geſchützen erfolgt. Es tritt mithin eine
gewiſſe Verzögerung ein. Entgegen dem Geſchoſſe aus einer Kanone
verliert der Torpedo die aus der Fahrt des eigenen Schiffes
reſultirende ſeitliche Vorwärtsbewegung, ſobald er in das Waſſer
tritt. Es treten vielmehr infolge des Lanzirens ein: eine Ablenkung
aus der Schußrichtung des Torpedos und ein Retardiren des Pendels.
Der Torpedo tritt mit dem Kopf zuerſt in das Waſſer, folglich
wird er abgelenkt. Der ſeitlich erfolgende Stoß trifft den Torpedo
aber auch nicht in ſeinem Schwerpunkte, folglich wird der Torpedo
um ſeine Längsachſe gedreht. In ſolcher, d. h. alſo in ſchiefer Lage
[45]5. Kapitel. Ausſtoßrohre, Kommandoelemente, Zielſtellen, Schießen.
wirken aber die Horizontalruder theilweiſe als Vertikalruder und
lenken mithin den Torpedo ebenfalls aus ſeiner Schußrichtung. Man
begegnet dieſem Umſtande durch geeignete Feſtſtellung der Ruder.
Dieſes wird auch noch bedingt durch das vorhin ſchon genannte
Retardiren des Pendels. Es vergeht eine gewiſſe Zeit, ehe das
Pendel die Bewegung des Torpedos aufgenommen hat. Das frei
hängende Pendel legt ſich infolge der Lanzirung nach hinten, würde
mithin einen Ruderausſchlag bewirken, der leicht ſtören könnte, wenn
nicht Gegenmittel geſchaffen würden. Es beſteht daher eine Ein-
richtung, die Ruderarretirung, welche ein Legen des Ruders unmittelbar
nach der Lanzirung für eine gewiſſe Zeit verhindert. Iſt der Torpedo
in das Waſſer gelangt und haben Maſchinen- und Ruderarretirung
ihre Funktionen erfüllt, ſo beginnt das im vorigen Kapitel be-
ſchriebene Spiel, und der Torpedo tritt nach mehr oder minder
heftigen Schwankungen einen ruhigen Tiefenlauf an.
Anders geſtalten ſich die Verhältniſſe beim Schießen in der
Kielrichtung, anders beim Schießen aus Unterwaſſerrohren, anders
bei drehendem Schiffe oder Boote.
Iſt ein vorzügliches Material die erſte Vorbedingung, ſo ſind
es, wie aus Vorſtehendem gefolgert werden kann, nicht minder die
Qualität des Perſonals und die Art und Sorgfalt der Ausbildung,
welche den Erfolg bedingen.
Sechſtes Kapitel.
Sonſtige Torpedos.
Da es der Zweck dieſes kleinen Werkes iſt, dem Nichtfachmanne
eine allgemeine Darſtellung des jetzigen geſammten Torpedoweſens
zu geben, ſo dürfen diejenigen Torpedos nicht mit Stillſchweigen
übergangen werden, mit welchen Verſuche noch gemacht werden oder
die in den Frontdienſt eingeführt ſind.
Zu letzteren gehören der Brennantorpedo, welcher in England
als Vertheidigungsmittel enger Hafeneinfahrten dient, und der Howell-
torpedo, der in der Marine der Vereinigten Staaten von Nord-
amerika zwar noch nicht definitiv eingeführt iſt, aber doch dem
Whiteheadtorpedo lebhafte Konkurrenz macht.
[46]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Es mag nicht zum geringſten Theile der gewaltige finanzielle
Erfolg ſein, den Whitehead hatte, welcher namentlich amerikaniſche
Erfinder zu unausgeſetzter Thätigkeit anſpornt.
So giebt es denn unzählige Projekte von Torpedos, welche aber
mit Ausnahme der Wurf- und Raketentorpedos ſämmtlich an zu
großer Komplizirtheit leiden. Nur die beiden ſchon genannten
Syſteme können als einfache oder doch einfachere bezeichnet werden.
Läßt man aber dieſe Hauptanforderung an eine Kriegswaffe außer
Betracht, ſo iſt es bei dem Stande und dem Fortſchreiten der heutigen
Technik nicht ſchwer, jede andere Anforderung zu erfüllen. Es ſoll
daher nachſtehend nur eine allgemeine Beſchreibung der Prinzipien
folgen, nach denen die ſonſtigen Torpedos hergeſtellt ſind. Dieſe
Torpedos laſſen ſich gruppiren in Wurf-, Raketen-, lenkbare
und automobile Torpedos.
Unter Wurftorpedos verſteht man nichts Anderes als eine
Art von Unterwaſſergeſchoß im Sinne der Artillerie.
Es handelt ſich hierbei hauptſächlich um den Ericſontorpedo,
eine Waffe, deren Förderung in den Händen einer nordamerikaniſchen
Privatgeſellſchaft liegt. Der Torpedo hat die äußere Geſtalt des
Whiteheadtorpedos, iſt aber ſchlanker gehalten. Dieſes Geſchoß wird
einfach aus dem Lanzirrohre hinausgeſchoſſen. Zwar iſt der Gedanke
einfach genug, und der Vorwurf der Komplizirtheit kann dieſer Waffe
nicht gemacht werden, der Nachtheil liegt aber in der rapiden
Geſchwindigkeitsabnahme des Geſchoſſes. So hat daſſelbe beiſpiels-
weiſe auf einer Entfernung von 30 m vor der Mündung des
Lanzirrohres die höchſt achtbare Geſchwindigkeit von 60 m pro
[47]6. Kapitel. Sonſtige Torpedos.
Sekunde, auf 120 m aber ſchon kaum die halbe, auf 210 m nur
noch den dritten Theil dieſer Geſchwindigkeit. Während Fig. 24
eine einfache Geſchwindigkeitskurve zeigt, veranſchaulicht Fig. 25 die
Abnahme der Geſchwindigkeit und giebt ein Bild des Unterwaſſer-
ſchuſſes. Hier iſt zu erkennen, daß das Geſchoß ungefähr dieſelben
Strecken zurücklegt in der erſten Sekunde ſeines Laufes, in den
beiden nächſten, und wiederum in den folgenden vier nächſten
Sekunden zuſammen. Beide Kurven zeigen, daß dieſes Geſchoß nur
auf ganz geringe Diſtanzen verwendbar iſt, und daß, falls größere
Schußentfernungen erreicht werden ſollten, das Schießen und Treffen
recht ſchwere Sachen werden müſſen.
Es muß hier bemerkt werden, daß eine Steigerung der Ausſtoß-
ladung die Anfangsgeſchwindigkeit nur ganz unweſentlich erhöht hat
und auch nur unweſentlich erhöhen kann, falls nicht ganz enorme
Ausſtoßladungen verwendet werden.
Die Raketentorpedos haben ebenfalls in Amerika ihre
Anhänger. Dieſelben ſind einfache Wurftorpedos, tragen aber in
ihrer Längsachſe ein mit Raketenſatz gefülltes Rohr. Nach erfolgtem
Ausſtoß ſoll dieſer Raketenſatz abbrennen und den Torpedo ver-
mittelſt der Reaktion treiben. Die Idee iſt alt, und die Erfolge ſind
bislang unbefriedigend.
Es ſcheint, als ob dieſe Torpedos an zu großer Einfachheit
litten, da ihnen ein Tiefenapparat fehlt, indeſſen iſt es wohl möglich,
daß die Zukunft ihre Entwickelung bis zur Kriegsbrauchbarkeit fördert.
[48]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Von lenkbaren Torpedos ſeien genannt Lay-, Sims-Ediſon-,
Nordenfeld-, Patrick-, Victoria- und Brennantorpedo, welch letzterer
von Maxim verbeſſert worden iſt.
Von dieſen Torpedos hat der zuerſt genannte im chileniſch-
peruaniſchen Kriege auf peruaniſcher Seite Verwendung gefunden. Dem
Perſonal fehlte aber die Kenntniß der Waffe, und der Erfolg blieb aus
(vergl. S. 18). Der Torpedo wurde durch Kohlenſäure getrieben, ſchwamm
an der Oberfläche und wurde vom feſten Stande aus mit Kabeln ge-
ſteuert. Da die Waffe inzwiſchen veraltet iſt, ſei ſie hier übergangen.
Der Sims-Ediſon- und der Nordenfeldtorpedo werden nur durch
Elektrizität, der Patricktorpedo durch Elektrizität und Kohlenſäure,
der Victoriatorpedo durch Elektrizität und Preßluft, der Brennan-
torpedo durch mechaniſche Vorrichtungen getrieben.
Die lenkbaren Torpedos können von Schiffen oder Booten aus ent-
weder gar nicht, oder nur unter ganz beſtimmten Bedingungen gebraucht
werden. Man findet ſie daher nur als Küſtenvertheidigungsmittel.
Dieſe Torpedos verlangen die rückſichtsvollſte Behandlung,
bedingen große Kenntniſſe des Bedienungsperſonals, erfordern bei
den Zielſtellen oder Beobachtungsſtationen Dynamo- oder Dampf-
maſchinen und haben außer ihrer Koſtſpieligkeit noch ſonſtige höchſt
bedenkliche Nachtheile. Es dürfte namentlich ſchwer ſein, mehrere
ſolcher Torpedos gleichzeitig an einer Stelle, d. h. ſie alſo als zu-
ſammenhängende Torpedobatterie zu verwenden. Nicht etwa, daß
Aufſtellung etc. ſolches unmöglich machten, aber das Schießen dürfte
ſchwierig ſein. Der Hauptvortheil der Torpedos, daß man dem
Feinde folgen kann, mag gelten. Es könnte aber das Treffen
ſchwieriger ſein, als es den Anſchein hat, man denke z. B. an
Pulverrauch. Trifft aber ein lenkbarer Torpedo nicht, ſo ſoll er
zur Station zurückkehren. Iſt das Kabel dazu lang genug (was
keineswegs immer der Fall ſein dürfte), ſo bildet es offenbar eine
Schleife. Ob dieſe Schleife für den Nachbartorpedo ein Hinderniß
bildet, bleibe dahingeſtellt. Jedenfalls können die Kabel ſich ver-
wickeln, und wie lange Zeit es dauert, verwickelte Kabel wieder auf-
zurollen und zum Gebrauche wieder bereit zu ſtellen, iſt unbeſtimmbar.
Auch dürfen die Kabel dabei nicht beſchädigt werden.
Beim Brennantorpedo liegt die Leitung, wie ſpäter gezeigt
werden wird, über Waſſer. Dieſer Torpedo kann auch nicht zur
[49]6. Kapitel. Sonſtige Torpedos.
Station zurückgeſteuert werden. Hier wäre mithin größte Vorſicht
beim gleichzeitigen Gebrauch zweier oder mehrerer Torpedos geboten.
Es bleibt mithin nur die Anwendung eines Torpedos zur Zeit
zuläſſig.
Da aber ein nicht treffender Torpedo die ganze Batterie außer
Thätigkeit ſetzen oder doch ihren Wirkungskreis ſtark beeinträchtigen
könnte, ſo wäre es zum Mindeſten ſehr unſparſam, überhaupt mehr
als einen Torpedo an einem Orte aufzuſtellen.
Iſt aber nur ein Torpedo vorhanden, und erfüllt dieſer eine
Torpedo auch wirklich ſeinen Zweck an einem Schiffe, ſo iſt ja die
Bahn für weitere Schiffe wieder frei.
Es ſind aber nicht dieſe Nachtheile, welche die lenkbaren Torpedos
kriegsunbrauchbar erſcheinen laſſen. Man erreicht den Zweck ein-
facher, billiger und beſſer auf anderem Wege, und es wäre nicht zu
verwundern, wenn die engliſche Armee *) den Brennantorpedo, welchen
ſie mit einem Koſtenaufwande von über 150000 Pfund Sterling
eingeführt hat, wieder fallen läßt.
In Fig. 26 ſind der Sims-Ediſon- und der Nordenfeld-
torpedo dargeſtellt. Erſterer beſteht aus dem Schwimmer und
dem eigentlichen Torpedo. Der Schwimmer iſt ein aus Kupfer
hergeſtelltes, leichtes, kleines Boot, dazu beſtimmt, den Torpedo zu
tragen. Auf dem Deck des Bootes ſind zwei mit Flaggen oder
Bällen verſehene Stützen angebracht, welche über Waſſer ragen und
als Viſir dienen. Damit der Torpedo unter leichteren Hinderniſſen
durchſchlüpfen kann, ſind dieſe beiden Viſire mit Scharnieren ver-
ſehen, ſo daß ſie nach hinten umklappen und ſich dann wieder auf-
richten können. Demſelben Zwecke des Durchſchlüpfens dient die
ſchräge vordere Verbindung des Schwimmers mit dem Torpedo.
Letzterer enthält die Sprengladung s, die Kabelkammer K und die
Maſchinenkammer M.
Das Kabel enthält zwei iſolirte Leitungen, von denen die innere
zum Steuermotor, die äußere zum Maſchinenmotor führt. Das
Kabel wickelt ſich ab und läuft unten aus einem Rohre am Torpedo
aus; es iſt je nach der Größe des Torpedos bis 3600 m lang.
Die Maſchine iſt von Ediſon konſtruirt. Die Zündung der Spreng-
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 4
[50]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
ladung erfolgt
durch Umkehren des
Hauptſtromes. Die
Rückleitung erfolgt
durch die See und
den Erdboden. Aus
dieſem Grunde
müſſen die Be-
dienungsmann-
ſchaften des Dy-
namos mit
Iſolirſchuhen und
Kautſchukhand-
ſchuhen verſehen
ſein.
Es illuſtrirt letz-
terer Umſtand am
beſten die Kriegs-
brauchbarkeit, oder
offener geſagt, die
Kriegsunbrauch-
barkeit der Waffe,
und möge ein ge-
naueres Eingehen
auf Details daher
unterbleiben.
Der Norden-
feldtorpedo hat
eigenen Auftrieb,
und die über Waſſer
ragenden Floſſen
dienen nur als
Viſir. Die trei-
bende Kraft iſt
Elektrizität, die aber der Torpedo in Akku-
mulatoren A mit ſich führt. Vor dieſem
Theile des Torpedos befindet ſich der Kopf
[51]6. Kapitel. Sonſtige Torpedos.
mit der Sprengladung s, hinter den Akku-
mulatoren liegen die Kabelkammer K, die
Maſchinenkammer M und im hinterſten Theile
Vorrichtungen zum Steuern des Torpedos.
Es verdient erwähnt zu werden, daß dieſer
Torpedo in verſchiedener Tiefe gehalten werden
kann und daß er für den Nachtgebrauch mit
einem elektriſchen Licht verſehen iſt.
Der Patricktorpedo (Fig. 27) wird
mittelſt flüſſiger Kohlenſäure getrieben und
mittelſt Elektrizität geſteuert. Es iſt wie
beim Sims-Ediſontorpedo ein Schwimmer
vorhanden, welcher den Torpedo trägt. Letzterer
enthält von vorn nach hinten gezählt die
Sprengladung s, einen Apparat für Kontakt-
und elektriſche Zündung Z, den Anwärme-
apparat Ai für die flüſſige Kohlenſäure, den
Behälter für die flüſſige Kohlenſäure C,
wiederum einen Anwärmeapparat Aii, die
Kabelkammer K und ſchließlich die Maſchine M
und den Steuerapparat.
Vor dem Schuß muß durch Oeffnen
eines Ventils die flüſſige Kohlenſäure in die
Anwärmeapparate geleitet werden. Dieſe
letzteren beſtehen aus Schlangenrohren, welche
von verdünnter Schwefelſäure umſpült werden.
Ein ſelbſtthätig wirkender Apparat läßt in
regelmäßigen Pauſen Stücke gebrannten Kalkes
in die Schwefelſäure fallen, wodurch in dieſer
eine Temperatur von 70º C erhalten wird.
Die Anwärmeapparate ſind nöthig, um zu ver-
hindern, daß die flüſſige Kohlenſäure beim
Uebergehen in den luftförmigen Aggregat-
zuſtand gefriere.
Der Victoriatorpedo wird durch
Preßluft getrieben. Die Steuerung erfolgt
elektriſch mittelſt Kabels. Dieſer Torpedo
4*
[52]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
ſcheint daher ein vervollkommneter
Whiteheadtorpedo zu ſein.
Der Brennantorpedo ver-
langt eingehendere Darſtellung,
nicht allein, weil ſeine Bewegungs-
und Steuerungseinrichtungen
ebenſo originell wie ſcharfſinnig
erdacht ſind, ſondern auch weil er
in England, ſcheinbar in Sheerneß,
zur Vertheidigung der Einfahrt
in den Medway eingeführt iſt.
Fig. 28 ſtellt dieſen Torpedo
dar. Die Sprengladung befindet
ſich wie bei allen Torpedos vorn
im Kopf. Ebenfalls vorn liegt
ein Tiefenſteuerapparat, welcher
dem Whiteheadſchen ähnlich iſt und
der die gleichfalls vorn liegenden
Horizontalruder R bewegt. Eine
Steuermaſchine fehlt, weil keine
Preßluft vorhanden iſt. Da die
Uebertragungen nur kurz
ſind, kann die Steuer-
maſchine auch entbehrt
werden; der Tiefenlauf
des Torpedos ſoll gut ſein. Die
Richtung, welche der Torpedo
nimmt, wird durch einen Stab
mit Ball oder Fähnchen, nachts
durch ein Chlorcalciumlicht, neuer-
dings durch eine 16 kerzige elek-
triſche Lampe angezeigt. Der
Bewegungsmechanismus wird ge-
bildet durch die beiden Trommeln
Ki und Kii, welche die Schrauben-
wellen treiben. Die Trommel Kii
bewegt die innere Welle und den
[53]6. Kapitel. Sonſtige Torpedos.
hinteren Propeller Pii, die
Trommel Ki die äußere
Schraubenwelle und den
vorderen Propeller Pi. Die
Drehrichtung der äußeren
Schraubenwelle wird durch
die Kammradübertragung U
ebenſo wie beim Whitehead-
torpedo umgekehrt.
Auf die Trommeln ſind
je 2800m Klavierſaiten auf-
gerollt. Die Enden der
Klavierſaiten ſind über die
Rollen r und den Führungs-
arm a hinten aus dem
Torpedo heraus und an
Land geführt. Hier ſind die
Klavierſaiten wieder um
zwei Rollen gelegt, welche
durch eine Dampfmaſchine
getrieben werden. Der Tor-
pedo wird auf einer Laffete
bis in das Waſſer gefahren
und die Maſchine an Land
in Gang geſetzt. Dadurch
werden die Klavierſaiten an
Land auf-, im Torpedo ab-
gerollt. Mithin werden die
Trommeln Ki und Kii in
heftige Umdrehung verſetzt,
damit auch die Schrauben-
wellen und die Propeller;
folglich macht der Torpedo
Fahrt voraus. Hier hat
man alſo das originelle
Spiel, daß der Torpedo deſto
ſchneller davonläuft, je kräf-
[54]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
tiger man an ihm zieht. Wird der Torpedo durch die Differenz zweier
Kräfte, nämlich der durch die Propeller ausgeübten Triebkraft und
der Zugkraft in den Klavierſaiten, getrieben, ſo iſt es die Differenz
der Umdrehungszahlen beider Schraubenwellen, alſo auch der
Trommeln, womit man den Torpedo lenkt. Hierzu dient der
Steuermechanismus S. Fig. 29 veranſchaulicht das Prinzip des
Apparates. Die innere Welle iſt mit einem Schraubengewinde ver-
ſehen. Die äußere Welle hat hier einen Schlitz. Durch dieſen hindurch
reicht ein Keil, welcher von einer Muffe ausgeht, die wiederum auf
der äußeren Welle verſchiebbar, aber um dieſelbe wegen ebendeſſelben
Keiles nicht drehbar iſt. Das innere Ende des Keiles greift in das
Schraubengewinde der inneren Welle. Die Muffe iſt außen mit zwei
Wulſten umgeben, zwiſchen denen das gabelförmige Ende der Steuer-
pinne liegt. Die Pinne iſt ein zweiarmiger Hebel, deſſen anderes,
nicht gabelförmiges Ende an die Steuerſtange direkt angreift. Die
Bewegung der letzteren wird durch einfache Hebelübertragung auf die
Vertikalruder v (Fig. 28) übertragen.
Denkt man ſich (Fig. 29) die äußere Welle feſtſtehend und die
innere Welle gedreht, ſo kann die Muffe wegen des Keiles nicht mit-
drehen. Folglich wird letzterer nach der einen oder der anderen
Seite geſchraubt, wobei er in dem Schlitze der äußeren Welle gleitet.
Mit dem Keil werden die Muffe, mit dieſer die Gabel der Steuer-
pinne, damit die Steuerſtange und in weiterer Folge die Ruder
bewegt.
Drehen beide Wellen gleichmäßig ſchnell, iſt alſo die Differenz
ihrer Umdrehungszahlen gleich O, ſo bleibt die Muffe auf ihrem
Platze, und der Torpedo geht geradeaus; drehen aber die Wellen
ungleichmäßig ſchnell, ſo beginnt das vorhin beſchriebene Spiel, denn
es iſt für das Arbeiten der Einrichtung gleichgiltig, ob die eine Welle
ſteht und die andere dreht, oder ob beide Wellen drehen, die eine
aber ſchneller als die andere. Dann iſt die Differenz der Um-
drehungszahlen nicht gleich O. Da die Schraubenwellen aber durch
die Trommeln und dieſe wieder mittelſt der Klavierſaiten von Land
aus gedreht werden, ſo hat man es in der Hand, die Wellen ver-
ſchieden ſchnell drehen zu laſſen, damit die Ruder zu bewegen und
den Torpedo zu ſteuern. Dieſes Steuern iſt innerhalb eines Winkels
von 40º nach jeder Seite möglich. Unmöglich aber iſt es, den
[55]6. Kapitel. Sonſtige Torpedos.
Torpedo zu ſeinem Abgangsorte zurückkehren zu laſſen, denn ſeine
Laufrichtung und die Richtung, nach welcher die Klavierſaiten eingeholt
werden, müſſen einander mindeſtens annähernd entgegengeſetzt ſein.
Die Dampfwinde an Land iſt ſo eingerichtet, daß die eine Trommel
von ſelbſt langſamer dreht, wenn die andere ihre Umdrehungs-
geſchwindigkeit beſchleunigt, und umgekehrt.
So verhältnißmäßig einfach und hübſch das Ganze durchdacht
iſt, ſo ſchwere Mängel haften dem Torpedo an. Die Verbindung
zwiſchen Torpedo und Land liegt über Waſſer, und wie dieſes im
Frieden ſchon vorgekommen iſt, ſo könnten vielleicht auch im Kriege
die Klavierſaiten durch kleinere Fahrzeuge leicht zerriſſen werden.
Der kleine Stab mit Fähnchen oder Ball zum Anzeigen der
Laufrichtung des Torpedos raubt dem letzteren etwa 17 pCt. ſeiner
Geſchwindigkeit, die nur 9 bis 10 m pro Sekunde beträgt. Ein
moderner Whiteheadtorpedo aber läuft etwa 18 m pro Sekunde.
Der Erfinder der Maſchinengewehre, Maxim, hat die Verbeſſerung
des Brennantorpedos in die Hand genommen und ein entſprechendes
Patent erhalten, das Prinzip iſt aber daſſelbe geblieben.
Erwähnt mag ſchließlich ſein, daß Brennan früher Uhrmacher
in Melbourne war und daß er mit ſeiner Idee einen recht aus-
giebigen finanziellen Erfolg hatte.
Der letzte, hier in Betracht kommende Torpedo iſt der nach
ſeinem Erfinder, einem Kapitän der Vereinigten Staaten-Flotte,
genannte Howelltorpedo. Er wird wie der Whiteheadtorpedo mit
eigener Kraft getrieben, iſt alſo automobil.
Das Prinzip des Torpedos iſt das folgende:
In dem Torpedo Fig. 30 befindet ſich ein Schwungrad s,
welches vor dem Schuß durch eine am Ausſtoßrohr befindliche
Turbinen-Dampfmaſchine in Umdrehung verſetzt wird. Mit der
Achſe a des Schwungrades und mit dieſem ſelbſt ſind feſt verbunden
die Kammräder k. In letztere greifen ein die Kammräder K, welche
auf den Schraubenwellen W ſitzen. Dreht ſich das Schwungrad, ſo
thun dieſes auch die Kammräder, damit die nebeneinander liegenden
Schraubenwellen und die Propeller. Es iſt einleuchtend, daß die
letzteren entgegengeſetzte Drehrichtung erhalten. Die Umdrehungszahl,
welche dem Schwungrad gegeben wird und gegeben werden muß, iſt
eine ungeheure; ſie beträgt etwa 160 pro Sekunde oder annähernd
[56]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
[57]6. Kapitel. Sonſtige Torpedos.
10000 pro Minute. Man ſpeichert damit eine Arbeit von über
150000 Meterkilogrammen in dem Torpedo auf. Schwungrad und
Kammräder leiſten mithin das, was im Whiteheadtorpedo Luftkeſſel
und Maſchine thun. Die hieraus entſpringende Einfachheit der
Konſtruktion iſt ein Hauptvortheil des Howell- über den Whitehead-
torpedo. Die Antriebsmaſchine am Ausſtoßrohr wird bis kurz
vor dem Lanziren des Torpedos in Gang gehalten. Der Ausſtoß
des Torpedos erfolgt mittelſt Pulver. Sobald der Torpedo ins
Waſſer tritt, verbraucht ſich die Kraft ſchnell, denn es giebt keinen
Regulirapparat. Damit der Torpedo ſeine Geſchwindigkeit nicht
verliert, befinden ſich an den Enden der Schraubenwellen geeignete
[Vorrichtungen], um die Steigung der Schraubenflügel während des
Ganges wachſen zu laſſen. Der Tiefenapparat iſt nach demſelben
Prinzip konſtruirt wie der des Whiteheadtorpedos. Die Piſtole hat
eine ſehr einfache Vorrichtung, um einen fehlgegangenen Torpedo
unſchädlich zu machen, nämlich zwei mit Seife verſchmierte kleine
Oeffnungen. Sobald das Waſſer die Seife aufgelöſt hat, tritt es
an die trockene Schießbaumwolle, feuchtet dieſelbe an und macht ſie
gegen die Wirkung der Zündpille unempfindlich. (Ein fehlgegangener
Whiteheadtorpedo ſinkt.)
Obgleich der Howelltorpedo ſchon ſeit zehn Jahren erprobt wird
und namentlich die Marine der Vereinigten Staaten unausgeſetzt
Verſuche anſtellen läßt, hat dieſe Waffe den Whiteheadtorpedo noch
nicht verdrängen können. Fortwährend werden Aenderungen vor-
genommen und Verbeſſerungen eingeführt, und ſei aus dieſem Grunde
von der weiteren Darlegung von Details Abſtand genommen.
Indeſſen verdient dieſe geniale Erfindung mit derjenigen White-
heads verglichen zu werden.
Von der Einfachheit der Konſtruktion als einem Vortheile war
ſchon geſprochen worden. Ein weiterer Vortheil iſt die Richtkraft
des Howelltorpedos. Das rotirende Schwungrad repräſentirt ein
Foucaultſches Pendel, und ſoll der Gradlauf des Torpedos unter
normalen Verhältniſſen thatſächlich vorzüglich ſein. Liegen aber
keine normalen Verhältniſſe vor, ſo könnten einmal erfolgte Ab-
lenkungen des Torpedos, wie ſolche beim Lanziren nach der Breitſeite
und bei Seegang unvermeidlich ſind, infolge jener Richtkraft grade ein
Fehlgehen des Schuſſes bewirken. So macht ſich jedes Krängen
[58]Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
empfindlich bemerkbar, und iſt deshalb der Torpedo mit einem Auf-
richteapparat verſehen. Derſelbe beſteht aus einem Pendel, das in
der Querrichtung des Torpedos ſchwingt und ein Paar Vertikalruder
in Bewegung ſetzt. Dieſer Apparat aber erhöht die Einfachheit der
Geſammtkonſtruktion keineswegs, und da auch der Whiteheadtorpedo
neuerdings ſeine Vertikalſteuerung erhält, verblaſſen die Vorzüge des
amerikaniſchen Konkurrenten, zumal ſein Tiefenlauf zu wünſchen läßt,
mehr und mehr.
Aber ſelbſt eine größere Einfachheit und einen beſſeren Gradlauf
zugegeben, ſo hat der Howelltorpedo doch dem Whiteheadtorpedo
gegenüber ſolche Nachtheile, daß ein Verdrängen des letzteren vor-
läufig noch nicht zu erwarten iſt.
In erſter Linie hat der Howelltorpedo die Geſchwindigkeit des
Whiteheadtorpedos noch nicht erreicht. Bei der ſtets wachſenden
Geſchwindigkeit der Schiffe iſt aber die größtmögliche Geſchwindigkeit
des Torpedos die erſte und wichtigſte Anforderung an die Waffe.
Demnächſt iſt es die Gefechtsbereitſchaft, in der der Whitehead-
torpedo dem Howelltorpedo überlegen iſt. Der einmal aufgepumpte
Luftkeſſel des Whiteheadtorpedos iſt, wenn auch nicht für längere Zeit,
ſo doch jedenfalls für die Dauer eines Gefechtes verwendungsbereit.
Beim Howelltorpedo muß die Antriebsmaſchine dauernd in Gang
gehalten werden. Zwar ſind in dieſer Beziehung ſchon derartige
Verbeſſerungen eingeführt, daß der Nachtheil nicht beſonders groß iſt.
So ſoll man das Schwungrad eine volle Stunde lang in vollem
Gange, alſo auf 160 Umdrehungen pro Sekunde, halten können,
ohne daß ein Oelen oder Nachſehen nothwendig wird; man ſoll zum
Erreichen der Maximalumdrehungszahl aus Ruhe nur der Zeit von
45 Sekunden bedürfen u. A. m.; indeſſen erhellt hieraus, daß, wenn
auch die Konſtruktion der Torpedos einfacher ſein mag, die Ausſtoß-
rohre und das Bedienen der Waffe im Gefecht verwickelter ſind.
Sehr wenig Ausſicht aber hat der Howelltorpedo, jemals aus
Unterwaſſerrohren lanzirt werden zu können; denn wenn auch die Aus-
führung keineswegs unmöglich erſcheint, ſo würde die Konſtruktion
der Ausſtoßrohre doch ſo komplizirt werden, daß der Vortheil der
Einfachheit gänzlich ſchwinden müßte.
Es ſind dies nicht alle Umſtände, welche für oder gegen den
Howelltorpedo ſprechen. Ein weiteres Eingehen möge aber unter-
[59]6. Kapitel. Sonſtige Torpedos.
bleiben, da daſſelbe die Erörterung von Einzelheiten der Konſtruktion,
die wiederum noch nicht abgeſchloſſen iſt, nach ſich ziehen würde.
Die Reihe der automobilen Torpedos iſt hiermit noch nicht
abgeſchloſſen. Es giebt noch Torpedos von Hall, Peck, Paulſon
und Anderen, und die Zahl der Erfinder iſt im Steigen begriffen.
Dampf und flüſſige Kohlenſäure ſind die Triebmittel, und ob nicht
die Elektrizität mit der Vervollkommnung der Akkumulatoren noch
gewaltige Aenderungen in der Konſtruktion der Torpedos hervor-
bringen wird, dürfte eine Frage der Zeit ſein.
Dritter Abſchnitt.
Die Verwendung der Torpedos.
Siebentes Kapitel.
Die Armirung von Schiffen mit Torpedos. — Torpedofahrzeuge
und Torpedoboote.
Nachdem die Gebrauchsfähigkeit der Torpedos ſichergeſtellt war,
ging man mit großem Eifer daran, Schiffe und Boote mit der neuen
Waffe auszurüſten.
Gewaltiges wurde von dem Torpedo erwartet, und die Zahl
derjenigen iſt ſelbſt heute noch nicht ausgeſtorben, welche meinen, daß
der Torpedo die Waffe der Zukunft ſei und mit den ſchweren Ge-
ſchützen auch die ſchweren Schlachtſchiffe aus der Welt ſchaffen werde.
Es muß dieſes Thema einem ſpäteren Kapitel vorbehalten bleiben;
Hier handelt es ſich zunächſt um die Armirungen. Die Erfindung
der Torpedos fiel nicht fern von der Einführung der Panzerſchiffe.
Es war damals (20. Juli 1866) die Schlacht bei Liſſa ge-
ſchlagen worden, in welcher der öſterreichiſche Admiral Freiherr
von Tegetthoff durch kühnes — es ſei der Ausdruck geſtattet —
Sich-auf-den-Gegner-ſtürzen den Sieg davongetragen hatte, und weit-
verbreitet war die Anſicht unter den Seeoffizieren, daß der Sieg zu
Waſſer nur durch den Sporn und durch die überlegene Handhabung
der Schiffe in der Mêlée zu erringen ſei. Noch lange hat dieſe
Anſicht beſtanden, ſie beſteht vielleicht hier und da noch heute und ſie
mag auch ihre Begründung haben.
[60]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
Von den Anhängern dieſer Anſicht aber — und das war da-
mals die Mehrzahl der Seeoffiziere — mußte der Torpedo mit größter
Freude begrüßt werden, denn nun hatte man ja ein Mittel, um im
Nahkampfe den Erfolg ſchnell erringen zu können.
So wurden denn ſelbſt Schiffe von ehrwürdigſtem Alter und
altväteriſcher Konſtruktion mit Torpedogeſchützen ausgerüſtet. Der
Gedanke hat auch ſeine Berechtigung. Denn wenn namentlich die
kleinen Marinen meinten, mit Hülfe der Torpedos die größten Flotten
vernichten zu können, ſo kam es nur darauf an, an den Feind heran-
zukommen, und dazu waren allenfalls auch alte Schiffe zu gebrauchen.
Die Schnellladeartillerie und die erhöhte Geſchwindigkeit der
Schiffe haben mit dieſen Anſichten aufgeräumt.
Trotzdem iſt der Torpedo als Schiffsarmirung nicht verdrängt
worden. Der Bugtorpedo erſpart den Rammſtoß, welcher in ſeiner
Anlage, Ausführung und in ſeinen Folgen auch für das eigene Schiff
ein gefährliches Unternehmen iſt und bleibt, und die Breitſeittorpedos
ſind und bleiben eine vorzügliche Gelegenheitswaffe.
Schon am Ende des dritten Kapitels war geſagt worden, daß
die Chineſen vor der Schlacht am Yalu ihre Torpedos geborgen
hätten. Der Gedanke, daß ein Torpedo durch einen Treffer zur
Exploſion gebracht werden könne und damit die Wirkung einer feind-
lichen Granate bis ins Ungeheure ſteigere, iſt verblüffend. In Wirk-
lichkeit verhält es ſich damit nicht ſo ſchlimm, wie es ſcheint. Zunächſt
würde eine Exploſion nur dann erfolgen, wenn die Piſtole getroffen
würde, denn die naſſe Schießwolle des Kopfes explodirt nicht infolge
des Treffens von Geſchoſſen; dann brauchte man die Piſtolen erſt
kurz vor dem Lanziren einzuſetzen. Möglich, aber nicht unbedingte
Nothwendigkeit iſt auch eine Exploſion des Luftkeſſels infolge unglück-
licher Treffer. Bedenkt man aber, daß dieſes nur die Folge einer
treffenden Granate von großem Kaliber oder ihrer Sprengſtücke ſein
kann, ſo kann es füglich nicht ſo ſehr darauf ankommen, ob die
Wirkung eines ſolchen Treffers durch einige umhergeſchleuderte
Torpedotheile noch unweſentlich erhöht wird.
Man brauchte alſo die Bedienungsmannſchaften bis zum Lanziren
nur in Deckungsſtellung treten zu laſſen. Die Befürchtungen der
Chineſen waren daher nicht ſo begründet, daß damit das Aufgeben
aller Chancen hinſichtlich der Torpedos gerechtfertigt erſchiene.
[61]7. Kapitel. Die Armirung v. Schiffen mit Torpedos. — Torpedofahrzeuge etc.
Die Frage aber, ob das Lanziren überhaupt noch möglich ſein
wird, nachdem ein Artilleriekampf vorangegangen iſt, führt dazu, die
Ausſtoßrohre zu decken, und das geſchieht am beſten, indem man ſie
unter Waſſer legt. Daher erhalten neue Schiffe, wo der Platz es
zuläßt, Unterwaſſerrohre. Iſt dieſes nicht möglich, ſo fällt darum
die Torpedoarmirung keineswegs fort. Denn wenn ein kleines Schiff
einem überlegenen Gegner nicht ausweichen kann, ſo iſt ihm in ſeinen
Torpedos doch immerhin noch wenigſtens die Möglichkeit gegeben,
dem Feinde zu ſchaden, vorausgeſetzt, daß es ſchnell genug an
den Gegner herankommen kann. Darum gehören Torpedo und
Schiffsgeſchwindigkeit zuſammen, darum iſt die Geſchwindigkeit
direkt eine Waffe, und aus dieſer Konſequenz iſt das Torpedoboot
entſtanden.
Während aber der Torpedo für Schiffe nur eine Gelegenheits-
waffe iſt, wird der Torpedo im Boote und durch deſſen Taktik zur
ſelbſtändigen Waffe.
Es darf hier indeſſen nicht verſchwiegen werden, daß das moderne
Torpedoboot keineswegs eine Folge des Whiteheadtorpedos allein iſt.
Die erſten modernen Torpedoboote wurden vielmehr für Schlepp-
und Spierentorpedos gebaut.
Das Verdienſt, die modernen Torpedoboote — man darf geradezu
ſagen — erfunden zu haben, gebührt dem engliſchen Ingenieur
Thornycroft, deſſen Werft in Chiswick (London) noch heute als eine
der beſten, wenn nicht als beſte der engliſchen Bootsbauwerften gilt.
Mit ſeiner 1873 gebauten „Miranda“ widerlegte Thornycroft
die damals allgemein herrſchende, aber irrige Anſicht, daß es un-
möglich ſei, kleinen Fahrzeugen dieſelbe Geſchwindigkeit wie großen
zu geben. Die „Miranda“ lief ſchon 16 Seemeilen pro Stunde.
Leicht iſt es auch nicht, dieſelbe Geſchwindigkeit für verſchieden große
Fahrzeuge zu erreichen.
Bei einer Geſchwindigkeit von 20 Seemeilen gebraucht:
- 1 Dampfer von 6000 Tonnen Deplacement, 0,83 Pferdeſtärken pro Tonne
- 1 - - 4187 - - 2,38 - - -
- 1 - - 165 - - 9,49 - - -
- 1 - - 40 - - 15,40 - - -
- 1 Torpedo - 0,27 - - 88,30 - - -
Man erſieht aus dieſer kleinen Tabelle, wie rapide die noth-
wendige Kraft für dieſelbe Geſchwindigkeit mit kleiner werdendem
Deplacement ſteigt.
Ein ähnliches Verhältniß liegt vor bei zunehmender Geſchwindig-
keit deſſelben Bootes. So gebraucht beiſpielsweiſe das Boot von
165 Tonnen Deplacement, welches als drittes in der Reihe erſcheint,
bei einer Geſchwindigkeit
- von 12 Knoten 1,20 Pferdeſtärken pro Tonne
- - 14 - 1,89 - - -
- - 16 - 3,45 - - -
- - 18 - 6,03 - - -
- - 20 - 9,49 - - -
oder ungefähr dieſelbe Steigerung der Maſchinenleiſtung, um von 12
auf 16 Knoten zu kommen, wie von 16 auf 18. (Aus dieſer Tabelle
erhellt auch, warum eine Steigerung der Ausſtoßladung bei den
Unterwaſſerſchießverſuchen, ſ. S. 47, nur eine geringe Steigerung
der Torpedogeſchwindigkeit hatte und auch nur haben konnte, obgleich
die Verhältniſſe für Unterwaſſergeſchoſſe und Fahrzeuge nicht die-
ſelben, für erſtere vermuthlich aber noch ungünſtiger als für
letztere ſind.)
Im Jahre 1877 baute Thornycroft das erſte Torpedoboot
für die engliſche Marine. Das Boot hieß „Lightning“ und lief
bereits 18 Seemeilen p. h.
Um dieſelbe Zeit begann auch eine zweite engliſche Firma,
Yarrow in Poplar den Bau von Booten. Mit der Entwickelung
des Torpedoweſens in den verſchiedenen Staaten ſtieg die Nachfrage,
und ſehr bald folgten den engliſchen auch deutſche Firmen, von denen
F. Schichau in Elbing als diejenige genannt zu werden verdient,
deren Boote allen ausländiſchen ebenbürtig zur Seite ſtehen.
Die berühmteſte franzöſiſche Firma iſt diejenige von A. Normand
in Le Havre, und gegenwärtig werden auch in vielen anderen Staaten
Torpedoboote gebaut.
Die Entwickelung der Torpedoboote hatte in den verſchiedenen
Marinen ihren verſchiedenen Gang.
In England kam man ſehr bald von dem Bau kleiner Boote
zu Torpedoaviſos und kehrte ſchließlich zum jetzigen Torpedoboots-
zerſtörer zurück, während eigentliche Torpedoboote der Aufgabe der
[63]7. Kapitel. Die Armirung v. Schiffen mit Torpedos. — Torpedofahrzeuge etc.
Flotte entſprechend nur eine geringere Rolle ſpielen. In Deutſchland
entwickelte ſich das Torpedoweſen raſch und ohne heftige Schwankungen.
Solange der Flotte nur eine mehr defenſive Rolle in heimiſchen Ge-
wäſſern zugedacht war, genügten Boote von kleineren Abmeſſungen.
Die Anforderungen an die Führung und Ausbildung führten aber
ebenfalls zu einem größeren Boote, dem ſogenannten Diviſionsboote,
welches dem Torpedobootszerſtörer ſehr ähnlich iſt. Während aber
der Torpedobootszerſtörer gewiſſermaßen aus einem Kanonenboot
entſtanden iſt und ſeine Hauptkraft neben ſeiner großen Geſchwindig-
keit in ſeinen Schnellladegeſchützen liegt, iſt das Diviſionsboot nur
ein vergrößertes Torpedoboot und wahrt den Charakter deſſelben.
So findet man auch faſt überall zwei Klaſſen von Torpedo-
booten, je nachdem der Dienſt auf hoher See oder nur die Küſten-
und Hafenvertheidigung ihr Zweck iſt.
Erwähnt mag noch ſein, daß, wo ein grundſätzlicher Unterſchied
zwiſchen Hochſee- und Hafenvertheidigungsbooten nicht gemacht wird,
die älteren Boote, weil für erſteren Zweck nicht mehr geeignet, ganz
von ſelbſt auf die nächſte Stufe ſinken und als Hafenvertheidigungs-
boote aufgebraucht werden.
Die Boote ſind ſich alle ſehr ähnlich, und es genüge daher, wenn
nachſtehend die Beſchreibung eines Hochſeetorpedobootes gegeben und
auf weſentliche Abweichungen größerer Boote aufmerkſam gemacht wird.
Allgemeine Beſchreibung eines Hochſeetorpedobootes.
Aus beſtem Stahl und im Verhältniß der Länge zur Breite
von ungefähr 10 zu 1 gebaut, haben neuere Boote ein Deplacement
von durchſchnittlich 150 Tonnen (à 1000 kg).
Fig. 31 ſtellt Längsſchnitt und Decksplan eines Bootes dar;
ein beſtimmtes Modell liegt der Zeichnung nicht zu Grunde.
Das Innere des Bootes iſt in waſſerdichte Abtheilungen getheilt.
Die einzelnen Räume dienen folgenden Zwecken: Abtheilung a iſt
Kolliſionsraum, b enthält das Bugruder, c iſt Mannſchaftsraum,
d enthält die Keſſelanlage, e die Maſchine, f die Kammer für den
Maſchiniſten, g iſt Kajüte, h Unteroffiziersraum, i allgemeines
Magazin.
Der Eingang zu den Abtheilungen a bis c liegt in dem
vorderen Thurm, derjenige zu den Abtheilungen f und g im hinteren
[64]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
Thurm; die übrigen Abtheilungen können von Deck aus erreicht
werden.
Der Kolliſionsrauma iſt ein dauernd geſchloſſener, leerer
Raum und ſoll verhindern, daß bei etwa vorkommenden Zuſammen-
ſtößen größerer Schaden entſtehe.
In dem Raumebliegt das Bugruder. Da Torpedoboote
bei ihrer großen Länge mit nur einem gewöhnlichen Ruder am
Heck einen zu großen Drehkreis haben würden, hat man ſie außer
dieſem Ruder mit noch einem Bugruder ausgerüſtet.
Letzteres beſteht aus dem Ruderblatte r und der Spindel s,
an welcher die Pinne p ſitzt. Das Ruder kann vollſtändig in das
Boot hinaufgezogen werden, wenn es nicht gebraucht werden ſoll.
Beim Gebrauch ragt das Blatt unten aus dem Boote hervor, die
Spindel iſt dann hinuntergeſchraubt und die Pinne iſt mittelſt der
Leitung l mit dem Dampfſteuerapparat verbunden, der ſeinen Platz
im vorderen Thurm hat. Dadurch können Bug- und Heckruder zu-
gleich gelegt werden. Wenn die Boote ein Unterwaſſerbugrohr haben,
ſo liegt das Bugruder ſeitwärts deſſelben. Die Einrichtung zum
Lichten des Bugruders iſt getroffen, weil letzteres ſehr verletzlich iſt
und daher bei einer etwaigen Grundberührung des Bootes ſich leicht
verbiegen würde. Die Einrichtung geſtattet aber, das Ruder in
flachem Waſſer zu bergen, ermöglicht ein ſchnelles Auswechſeln und
bietet den weiteren weſentlichen Vortheil, daß es ſparſam iſt. Auf
Reiſen, d. h. alſo wenn nicht manövrirt wird, ſteuert man ohne
Bugruder, verringert damit die Widerſtände und erzielt Kohlen-
erſparniß.
Die nächſte Abtheilung iſt der Mannſchaftsraumc. Er
dient als Wohn- und Schlafraum für die Mannſchaft, enthält die
Küche und in einem abgeſchotteten beſonderen Raume das Waſſer-
kloſet, ferner die Luftpumpe und ſchließlich die Hauptſache, nämlich
die Torpedos.
Die Abtheilung d enthält die Keſſelanlage und die Kohlen-
bunker.
Die Keſſel ſind Lokomotivkeſſel, von denen meiſt nur einer vor-
handen iſt. Auf den neueſten Booten werden Waſſerrohrkeſſel ver-
wendet, von denen wiederum die von Thornycroft konſtruirten die
beſten zu ſein ſcheinen.
[65]7. Kapitel. Die Armirung v. Schiffen mit Torpedos. — Torpedofahrzeuge etc.
Bewährt haben ſich aber auch andere Typen z. B. die Syſteme
Yarrow und Schultz. Nicht ſelten findet man zwei Keſſel, von denen
einer vor, der andere hinter der Maſchine liegt. Dieſe Einrichtung
bietet viele Vorzüge. Umgeben ſind die Keſſel von den Kohlenbunkern.
Man achtet darauf, daß hierdurch ein möglichſt großer Schutz vor
feindlichem Feuer erreicht wird.
Eine Frage, welche hier wie manches Andere nur geſtreift werden
kann, da ſie ein zu großes Gebiet umfaßt, iſt das Heizen der Keſſel
mit Oel ſtatt mit Kohlen. Für Torpedoboote iſt dieſe Angelegen-
heit von höchſter Bedeutung, allein ſchon deshalb, weil der Kohlen-
rauch beim Manövriren hinderlich iſt, ein unbemerktes Annähern an
den Feind aber oft zur Unmöglichkeit macht. Die Kohle iſt ja
überhaupt ein dem Seemann zwar unentbehrlicher, aber auch auf-
gedrungener Freund.
Die Maſchine liegt in der Abtheilung e. Allgemein werden
drei Cylinder verwendet, da hierbei die Manövrirfähigkeit die größte
iſt, indeſſen ſind auch viercylindrige Maſchinen mit dreifacher Ex-
panſion nicht ſelten, obgleich ſolche Maſchinen ſich nicht ſo ſchnell
und leicht umſteuern laſſen wie dreicylindrige.
Eine Frage von größter Bedeutung für Torpedoboote iſt die
Zahl der zu verwendenden Maſchinen. Ohne Zweifel iſt es für
Torpedoboote günſtiger, nur eine Maſchine zu verwenden, zumal ſich
damit dieſelbe Geſchwindigkeit erreichen läßt wie mit zweien. Außer-
dem verlangt eine Maſchine weniger Bedienungsperſonal und damit
weniger Aufſicht, kann ſtärker gebaut werden, geſtattet eine beſſere
Verwendung der verfügbaren Raumes und ſchließt einen beſſeren
Schutz der Schraube in ſich. Trotzdem findet man ſchon ſehr häufig
zwei Maſchinen. Der Grund hierfür ergiebt ſich aus Folgendem:
Naturgemäß iſt die Geſchwindigkeit des Bootes abhängig in
erſter Linie von der Größe der treibenden Kraft, d. h. von den
Pferdeſtärken, welche die Maſchine indizirt. Die Pferdeſtärken ſind
wiederum ein Produkt aus Kolbenfläche, Druck und Zahl der Um-
drehungen. Dieſe Zahl aber würde bei nur einer Maſchine derart
groß werden müſſen, daß hierfür die Maſchinentheile, trotzdem ſie
auf Torpedofahrzeugen verhältnißmäßig nur geringe Abmeſſungen
haben, doch wieder zu groß und zu ſchwer ſein würden, d. h. es
würde ein Mißverhältniß entſtehen zwiſchen dem Gewichte der be-
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 5
[66]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
wegten Maſſen und der Art ihrer Bewegung. Die Maſchinen
würden alſo entweder, wenn leicht konſtruirt, zu Bruche gehen, oder
wenn ſtark genug konſtruirt, die erforderliche Zahl der Umdrehungen
und damit die erforderlichen Pferdeſtärken nicht erreichen.
Will man alſo eine gewiſſe Maſchinenkraft erzielen, ſo muß
man ſelbſt für Torpedobootszerſtörer und Torpedoboote zwei oder
mehr Maſchinen anwenden und damit die Nachtheile mit in den
Kauf nehmen, welche ſich aus den vorhin genannten Vortheilen nur
einer Maſchine von ſelbſt ergeben.
Aber auch ein weſentlicher Vortheil liegt in der Verwendung
mehrerer Maſchinen, nämlich daß bei Havarien in der einen Maſchine
das Boot nicht gänzlich hülflos wird, ſondern, wenn auch in be-
ſchränkter Weiſe, bewegungsfähig bleibt.
Welche Wichtigkeit die Umdrehungszahlen haben, mag daraus
erhellen, daß die Maſchinen der neueren engliſchen Torpedoboots-
zerſtörer mit faſt 400 Umdrehungen pro Minute laufen und daß ſie
dabei bis zu 6000 Pferdeſtärken indiziren.*) Hierbei wird eine Ge-
ſchwindigkeit von etwas über 30 Knoten erreicht, doch muß erwähnt
werden, daß zum Gewinnen dieſer hohen Zahlen die Probefahrten
mit vollſtändig leeren Schiffen gemacht werden und daß die Fahrt,
welche die Fahrzeuge ſpäterhin mit voller Ausrüſtung in der Front
machen, um durchſchnittlich 5 Knoten geringer iſt.
In Deutſchland iſt dieſes Verfahren nicht üblich; hier müſſen
die Probefahrten mit kriegsmäßiger Ausrüſtung gemacht werden.
Daher ſind die deutſchen Zahlen den ausländiſchen gegenüber nur
ſcheinbar[geringer].
Die neueſte Zeit hat die Anwendung der Turbinen als Torpedo-
bootsmaſchinen gebracht. Angeblich ſollen England und Rußland
bereits größere Beſtellungen von Torpedofahrzeugen mit Turbinen-
motoren gemacht haben. Jedenfalls ſind Verſuche mit dieſen Maſchinen
überall in Gang, und die Zeit wird es lehren, ob damit ein Fort-
ſchritt gemacht iſt, oder ob die Neuerung ein Mißgriff war. Nicht
zu verwechſeln mit dieſen Turbinenbooten ſind die mit Hülfe der
Reaktion getriebenen Fahrzeuge, welche ebenfalls häufig „Turbinen-
[]
[][67]7. Kapitel. Die Armirung v. Schiffen mit Torpedos. — Torpedofahrzeuge etc.
dampfer“ genannt werden. Letzteres Syſtem kommt mit Vortheil
nur bei Dampfrettungsbooten zur Anwendung.
Die Abtheilungf enthält eine Kammer für den Maſchiniſten,
eine Toilette, eine Anrichte für den Kommandanten und dient zum
Unterbringen der Munition für das Schnellladegeſchütz, welches auf
dem hinteren Thurm ſteht. In dieſem Thurm ſteht auch das zweite
Steuerrad, welches als Reſerve dient. Durch den Thurm hindurch
erfolgt auch der Zugang zu den Abtheilungen f und g, welch letztere
die Kajüte bildet.
Die nächſte Abtheilung h dient als Wohn- und Schlafraum
für die Unteroffiziere; die letzte Abtheilung i iſt allgemeines
Magazin, in welchem auch die Hängematten der Leute untergebracht
ſind, wenn die Leute nicht ſchlafen.
Zum Feuerlöſchen und zum Lenzen (d. h. Leerpumpen) ſind
Dampfpumpen und Ejektoren vorhanden. Die Dampfpumpen können
auch durch Menſchenkraft in Bewegung geſetzt werden.
Die Armirung der Boote beſteht aus drei Ausſtoßrohren, von
denen eines feſt eingebaut im Buge liegt, während die beiden anderen
ſchwenkbar auf Deck aufgeſtellt ſind. Im Ganzen ſind drei oder vier
Torpedos vorhanden. Die Artillerie iſt mit einem Schnellladegeſchütz
leichten Kalibers vertreten, die Bewaffnung der Mannſchaft beſteht
aus Revolver und Entermeſſer.
Zur ſonſtigen Ausrüſtung des Bootes gehören: ein Anker mit
Stahlleine, Leinen zum Schleppen und Geſchlepptwerden, Kompaſſe,
Logg, Loth, Seekarten, Fernrohre, nautiſche Inſtrumente, Schwimm-
weſten, Oelzeug, (d. ſ. Regenröcke und Regenhoſen), Gummiſtiefel,
Torpedo-, Artillerie- und Maſchineninventarien, (wie Zielapparate und
Werkzeuge mannigfacher Art), Küchengeräth, Eß- und Trinkgeſchirr
und das Material zum Inſtandhalten aller dieſer und ſonſtiger
Gegenſtände, alſo Oel, Wiſchbaumwolle, Fett, Putzpomade, Wachs,
Schmirgelpapier, Farben u. ſ. w.
Beſondere Erwähnung verdienen ein Signalmaſt und das ge-
ſammte Signalgeräth und ſchließlich ein kleines Beiboot, welches,
wenn nicht gebraucht, eingeſetzt und am Geländer des Torpedoboots
feſtgezurrt (feſtgebunden) wird.
Ein Diviſionsboot unterſcheidet ſich von einem Torpedoboote
durch größere Abmeſſungen; das Oberdeck iſt mit einer Kommando-
5*
[68]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos
brücke verſehen, unter der ſich ein Kartenhaus und die Kombüſe
(Küche) befinden. Es ſind zwei größere Beiboote vorhanden, und die
Artilleriearmirung beſteht aus drei oder mehr Schnellladegeſchützen. Im
Inneren des Bootes unterſcheidet man zwei Mannſchaftsräume vorne,
und das Hinterſchiff enthält neben der Kajüte für den Kommandanten eine
Offiziers- und eine Deckoffiziersmeſſe. Die beigegebenen Illuſtrationen
veranſchaulichen eine Torpedobootsdiviſion und einzelne Boote. Es
iſt unſchwer zu erkennen, welches das Diviſionsboot iſt und welches
die Torpedoboote ſind.
Achtes Kapitel.
Die Anforderungen an kriegsbrauchbare Torpedoboote und
deren Beſatzungen.
Es war bereits früher gezeigt worden, wie der Torpedo durch
die Torpedoboote zur ſelbſtändigen Waffe wird und wie dieſes bedingt
wird durch die Geſchwindigkeit der Boote.
Es iſt die Geſchwindigkeit nicht allein beim Angriffe erforderlich,
ſondern ſie iſt auch unbedingte Nothwendigkeit, damit die Boote im
Stande ſind, den Feind aufzuſuchen und einzuholen, und damit ſie
ſich ſeinem Feuer entziehen können.
Schließlich iſt die Geſchwindigkeit unerläßliches Erforderniß,
damit die Boote ihren Dienſt bei der Aufklärung und als Vorpoſten
zu verſehen im Stande ſind.
Wird demnach die Geſchwindigkeit als erſte Lebensbedingung der
Torpedoboote anerkannt, ſo müſſen alle anderen Anforderungen vor
ihr zurücktreten, und man begeht einen grundſätzlichen Fehler, wenn
man, wie ſolches geſchehen iſt und merkwürdigerweiſe — freilich nicht
in Deutſchland — immer wieder geſchieht, zu Ungunſten der Ge-
ſchwindigkeit auf eine Panzerung von Torpedofahrzeugen ſinnt.
Das Torpedoboot hat ſeine Stärke in ſeiner Offenſivkraft und
zwar faſt nur in dieſer allein, daher darf man dieſe Offenſivkraft
durch direkte Defenſivmittel nicht ſchwächen und muß bei Berück-
ſichtigung der ſonſtigen Anforderungen darauf bedacht ſein, wie der
Charakter des Torpedobootes möglichſt gewahrt bleibt.
Da die Geſchwindigkeit ſomit eine Waffe iſt, trägt jede Beein-
trächtigung der Schnelligkeit zum Abſtumpfen der Waffe bei; Waffen
aber müſſen ſcharf geſchliffen ſein.
[][][69]8. Kapitel. Die Anforderungen an kriegsbrauchbare Torpedoboote etc.
Ein gutes, bewährtes, deutſches Sprüchwort indeſſen ſagt:
„Allzuſcharf macht ſchartig“, und das trifft auch bei Torpedobooten
zu. Denn allerdings giebt es auch bei den Torpedobooten An-
forderungen, die der größtmöglichen Schnelligkeit recht unbequem ſind.
So iſt es gleich die nächſte Anforderung, die Kleinheit, welche,
wie ſchon im vorigen Kapitel gezeigt, der Geſchwindigkeit recht
ungünſtig iſt. Nicht direkt darum, weil das kleinere Boot eine un-
verhältnißmäßig ſtärkere Maſchine beanſprucht, als vielmehr, weil
dieſe mehr Kohlen verbraucht und damit den ſogenannten Aktions-
radius der Boote ſehr verringert, und weil das kleinere Boot im
Seegange ſeine Geſchwindigkeit ſchneller und früher verliert wie ein
größeres.
Hinſichtlich der Taktik aber ſind bei gleicher Schnelligkeit kleine
Boote den größeren vorzuziehen. Liegt ſchon in der Möglichkeit,
dem feindlichen Feuer ſchnell zu entweichen, eine gewiſſe Defenſivkraft,
ſo iſt es die Kleinheit der Boote faſt allein, welche den übrigen Theil
der Defenſivkraft ausmacht. Je kleiner das Boot, deſto leichter iſt
das unbemerkte Herankommen an den Feind, deſto geringer die Ziel-
fläche, deſto geringer die Chance, durch feindliches Feuer vernichtet zu
werden. Der Aktionsradius der Boote muß ein möglichſt großer
ſein, denn es wird nicht immer die Gelegenheit da ſein, von Neuem
Kohlen nehmen zu können. Ohne Kohlen aber iſt das Torpedoboot
mehr wie jedes andere Kriegsſchiff ein flügellahmer Streiter. Große
Kohlenvorräthe wiegen wiederum viel; jedes Kilogramm Gewicht
mehr bedeutet eine geringere Geſchwindigkeit, und viele Kohlen laſſen
ſich in einem kleinen Boote nicht unterbringen.
Je kleiner das Boot iſt, deſto größer iſt ſeine Manövrir-
fähigkeit. In kurzem Bogen muß das Boot bei fliegender Fahrt
abbiegen können. Das kann ein kleines und kurzes Boot beſſer
wie ein großes und langes.
Dabei ſoll das Boot ſtabil ſein, denn bei ungenügender
Stabilität dürfte man derartige Manöver nicht wagen.
Stabilität nennt man das Beſtreben eines Fahrzeuges, die auf-
rechte Lage wieder einzunehmen, nachdem es aus dieſer Lage durch
irgend welche Kräfte gebracht iſt.
Man findet hierbei faſt immer, daß von großer und geringer
Stabilität geſprochen wird. Es wird damit aber nicht das Richtige
[70]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
getroffen, denn man ſollte nur von einer ausreichenden oder genügenden
und von einer nicht ausreichenden oder ungenügenden Stabilität reden.
Die Stabilität hängt ab von der Lage des Schwerpunktes eines
Schiffes zu derjenigen des Schwerpunktes der verdrängten Waſſermaſſe.
Fig. 32 ſtellt den Querſchnitt durch das Hauptſpant eines
Torpedobootes dar. Es ſei S der Schwerpunkt des Bootes, D der
Schwerpunkt der durch das Boot verdrängten Waſſermaſſe, alſo S
der Syſtems-, D der Deplacementsſchwerpunkt. Wird nun das
Boot nach einer Seite übergelegt (Fig. 33), ſo verändert D ſeine
Lage entſprechend der Form des Bootes, während S ſeine Lage bei-
behält. Im Syſtemsſchwerpunkte greifen die in der Richtung der
Schwerkraft wirkenden Kräfte an, im Deplacementsſchwerpunkte die
tragenden, alſo die entgegengeſetzt gerichteten Kräfte, d. h. der Auf-
[71]8. Kapitel. Die Anforderungen an kriegsbrauchbare Torpedoboote etc.
trieb. Die Richtung der Kräfte iſt mit Pfeilen angedeutet. Aus
Fig. 33 iſt zu erſehen, daß dieſe Kräfte ſo lange beſtrebt ſind, das
Boot aufzurichten, als bei der Neigung z. B. nach rechts, wie es
die Zeichnung andeutet, D weiter nach rechts liegt, wie S, oder all-
gemein geſprochen: es iſt ſolange Stabilität vorhanden, als S inner-
halb der Linie M D liegt, oder ſolange der Schnittpunkt der
Vertikalen durch S mit der Symmetrieebene des Bootes unterhalb M
liegt. Den Punkt M nennt man das Metacentrum und den Abſtand
M S die metacentriſche Höhe.
Dieſe Entfernung iſt eine ſehr kleine und ſchwankt bei Torpedo-
booten verſchiedener Konſtruktion zwiſchen 40 und 70 Centimetern.
(Auch bei den größten Schiffen iſt dieſer Werth meiſt nicht viel
größer.) Es iſt keineswegs empfehlenswerth, den Abſtand M S zu
vergrößern, was leicht zu erreichen wäre. Die Seeeigenſchaften der
Fahrzeuge würden dann ſehr ſchlechte werden; letztere würden ſich
mit großer Heftigkeit wieder aufrichten, würden ſehr ſchnell und ſehr
häufig ſchlingern (d. h. hin- und herſchwanken) und den Aufenthalt
an Bord unerträglich machen. (Infolge übermäßiger Stabilität,
namentlich bei den erſten Panzerſchiffen, denen man wegen des Seiten-
panzers eine große metacentriſche Höhe geben zu müſſen meinte,
ſchlingerten einige dieſer Schiffe ſo heftig, daß die Maſten brachen,
an ein Bedienen der Geſchütze aber gar nicht gedacht werden konnte.)
Die erforderliche Stabilität hängt alſo nicht von der Größe
eines Fahrzeuges ab. Es ſprechen bei der Seefähigkeit, die mit
der Stabilität eng verwandt iſt, aber noch eine Menge anderer
Faktoren mit. Beim Torpedoboot kann es geſchehen, daß aus
Unerfahrenheit oder Unachtſamkeit, ſchließlich auch infolge unvorher-
zuſehender Fälle, d. h. Havarien, eine ungünſtige Beeinfluſſung der
Stabilität ſtattfindet. Dieſes kann z. B. geſchehen, wenn ſich ſehr
viel Waſſer im Boot befindet, das ſich nicht ſchnell genug entfernen
läßt; das kann eintreten, wenn unvorſichtiger Weiſe ein Luk geöffnet
wird und Sturzſeen eindringen; das kann geſchehen, wenn das
Boot ein Leck erhält etc. In dieſen Fällen kann eintreten, was
Fig. 34 zeigt. Hier iſt S verſchoben und außerhalb der Linie M D
getreten; der Schnittpunkt M1 liegt oberhalb des Metacentrums M
und die beiden, unter normalen Verhältniſſen aufrichtenden Kräfte,
Schwere und Auftrieb, tragen jetzt vereint dazu bei, das Boot zu
[72]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
kentern (umzuſtürzen). Nicht dieſe Fälle allein können Unheil herbei-
führen. Es giebt noch mehr Komplikationen, die zum Verderben
führen können. Hierher gehört ein unſachgemäßer Gebrauch des
Ruders, eine zu große Fahrt und ſchließlich die Beſchaffenheit der
See. In ſchwer rollender See, d. h. in der Brandung, paſſirt es
ſogar Rettungsbooten, daß ſie vollſtändig umgedreht werden, d. h.
kentern, dieſe Boote ſind daher ſo gebaut, daß ſie ſich von ſelbſt
wieder aufrichten. In derartige See dürfen Torpedoboote nicht
gerathen, denn dann hätten ſie nicht genügende Waſſertiefe und
könnten ſtranden. Es iſt alſo eine gewiſſe Tiefe des Fahrwaſſers
Vorbedingung. Iſt dieſe aber vorhanden, ſo bedarf es nur genügender
Erfahrung des Perſonals um Unglücksfälle zu verhüten, wenn anders
nicht Havarien hinzutreten, welche ganz aus der Welt zu ſchaffen
ſchlechterdings nicht in Menſchenhand liegt. Torpedoboote aber nach
dem Syſtem der Rettungsboote zu erbauen iſt ausgeſchloſſen, da die
Linien der letzteren jede größere Geſchwindigkeit ausſchließen, nur auf
Sicherheit berechnet und nur bei kleinen Booten anwendbar ſind.
Naturgemäß kann ein kleines Boot leichter von der über-
ſtürzenden See vollſtändig überrollt werden wie ein größeres;
Torpedoboote dürfen daher nicht zu klein ſein, wenn ſie die Eigen-
ſchaft haben ſollen, die ſchon einmal genannt wurde, die See-
fähigkeit. Es kommt nicht allein darauf an, daß die Boote bei
jeder See ſchwimmen können, ſie ſollen auch bei jeder See fahren
und womöglich manövriren können. Je kleiner und ſchneller die
Boote dabei ſind, deſto beſſer. Sprachen hierbei ſchon die Kohlen-
[73]8. Kapitel. Die Anforderungen an kriegsbrauchbare Torpedoboote etc.
vorräthe mit, ſo tritt nunmehr eine weitere Ueberlegung in ihr
Recht. Es iſt dieſes die Rückſicht, welche man auf die Beſatzungen
zu nehmen hat. Je kleiner das Boot, deſto unwohnlicher iſt es,
deſto mehr iſt die Mannſchaft den Einflüſſen von Wind und Wetter,
der Schlafloſigkeit, ſchlechten Ernährung etc., mit einem Worte der
Erſchöpfung ausgeſetzt, deſto früher wird es nothwendig, das Boot
einen Hafen aufſuchen zu laſſen, deſto weniger iſt es für den Ernſt-
fall bereit. Es iſt die Seeausdauer, welche eine gewiſſe Größe
der Boote gebieteriſch verlangt. Friedrich der Große ſagte, daß eine
Armee ſich ſo ſchlüge, wie man ſie ernähre. Es gilt das auch für
Torpedobootsbeſatzungen, nur möchte man hier noch hinzufügen, daß
dieſe ſich ſo ſchlagen werden, wie man ſie ernährt hat und wie man
ſie hat ausruhen laſſen, denn der Dienſt ſtellt hohe Anforderungen.
Die Beſatzung von 16 bis 20 Köpfen geht in zwei Wachen, wobei
außer den Maſchinen auch noch die Torpedos nebſt Luftpumpen
bedient ſein wollen. Man ſtelle ſich ſchlechtes Wetter vor mit allen
ſeinen Folgen, wie überſtürzende Seen (Wellen), Näſſe, Kälte,
Schlafloſigkeit und last not least Seekrankheit, welche gelegentlich
wieder die weitgefahrenſten Seeleute befällt (man denke an das
Schwanken des Bootes, das Schütteln der Maſchine, an die durch
Oeldunſt und naſſe Kleider verdorbene Luft in den engen Räumen),
man denke an die Aufregung des Dienſtes, wie Auslugen nach dem
Feinde, Steuern, Signaliſiren, Heizen, Feuerreinigen etc., ſo wird
es einleuchten, daß man allzulange die Boote nicht wird auf hoher
See halten können, wenn man einer Uebermüdung vorbeugen will.
Um ſo erfreulicher iſt es zu ſehen, wie gern unſere Mann-
ſchaften an Bord von Torpedobooten gehen. Schon bei vielen
Gelegenheiten hat es ſich gezeigt, mit welchem Eifer die Leute dem
ſchweren und gefahrvollen Dienſte in Booten — z. B. während der
Blockade der oſtafrikaniſchen Küſte — obliegen. Es mag zum
Theile dem Umſtande zuzuſchreiben ſein, daß eine ſtrenge Etiquette
ſich nicht durchführen läßt, daß die Perſönlichkeit des Einzelnen mehr
in den Vordergrund tritt wie an Bord von Schiffen; gewiß iſt,
daß die Mannſchaften ſich wohl befinden. Freilich geſchieht auch
Alles, was möglich iſt, um den Dienſt erträglich und anregend zu
machen; voller Abwechſelung iſt er jedenfalls. Es ſind auch aus-
geſuchte, intelligente, tüchtige und kräftige Leute, welche den Dienſt zu
[74]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
verſehen haben, und ihre Ausbildung iſt hervorragend. So herrſcht
unentwegt der beſte Geiſt unter den Beſatzungen, und ſelbſt bei den
anſtrengendſten Manövern geht der Humor nicht aus. In prächtigem
Wetteifer arbeiten die Beſatzungen, und wie die Anerkennung im
Frieden nicht ausgeblieben iſt, ſo wird auch der Erfolg im Ernſtfalle
ſich einſtellen.
Für die Größe der Torpedoboote iſt ferner maßgebend die
Größe der Armirung. Das kleine Boot kann nicht ſo viele
Torpedos mitführen wie das große, und es iſt nicht beſtimmbar, ob
Erſatz für verſchoſſene Torpedos immer zu haben ſein wird.
Schließlich iſt für die Konſtruktion von Torpedobooten zu
berückſichtigen eine möglichſte Einfachheit der Bedienung.
Der Leſer, welcher bis hierher gelangt iſt, wird geſehen haben,
wie vielſeitig die Ausbildung der Beſatzungen ſein muß. Nicht allein
daß jeder Matroſe der Beſatzung die gewöhnlichen ſeemänniſchen
Vorrichtungen wie Steuern, Rudern, Lothen u. ſ. w. aus dem
Grunde verſtehen muß, er muß auch die Behandlung der
Torpedos zum Theil verſtehen, muß mit dem Schnellladegeſchütz
umgehen, den Revolver handhaben und ſignaliſiren können, er muß
kochen und ſein Boot, ſeine Waffen und Kleider unter ſchwierigſten
Verhältniſſen in Ordnung zu halten verſtehen, er muß körperlich
und geiſtig gewandt ſein … kurz, er muß den höchſten Anforderungen
genügen. Nicht minder gilt das vom Maſchinenperſonal, welchem
außer dem Bedienen von Maſchinen und Keſſeln die Behandlung
der Torpedos obliegt, Apparaten, welche im kleinſten Rahmen die
größtmöglichen Kräfte bergen.
Was hier von den Mannſchaften geſagt iſt, gilt in erhöhtem
Maße von den Vorgeſetzten, denen die Verantwortung über das koſt-
bare Menſchen- und Kriegsmaterial, die Handhabung und Führung
der Boote, die Ausbildung und Anleitung der Beſatzung obliegt.
Schwer ſind ſchon im Frieden der Dienſt und die Verant-
wortung, hoch ſind die Anſprüche an Körper und Geiſt, ſpärlich
ſind bei dem raſtloſen Streben nach Vervollkommnung die Stunden
der Muße und Erholung, aber herrlich iſt das Bewußtſein treu
erfüllter Pflicht, erhebend das Bewußtſein des eigenen Werthes,
wohlthuend die Anerkennung und berückend die Ausſicht auf durch-
ſchlagenden Erfolg! —
[75]9. Kapitel. Die Kampfesweiſe der Torpedoboote.
Neuntes Kapitel.
Die Kampfesweiſe der Torpedoboote.
Es iſt ſchon früher der Ausſpruch eines großen Feldherrn an-
geführt worden, ein Ausſpruch, welcher lautet: „Der Lorbeerkranz
des Sieges hängt an der Spitze des Bajonetts“. In dem hiſtoriſchen
Theile dieſes kleinen Werkes und auch an anderen Stellen iſt es
gezeigt und des Oefteren wiederholt worden, daß der Nahkampf das
eigentliche Element des Torpedos iſt. Einer Erklärung bedarf das
eigentlich nicht. Wenn trotzdem bei dieſem Umſtande länger verweilt
wird, ſo geſchieht dies, um hervorzuheben, wie die Entſcheidung
durch den Nahkampf ſchnell herbeigeführt werden kann; es geſchieht,
um den Werth des Nahkampfes hervorzuheben.
Torpedoboote müſſen an den Feind heran, wenn ſie ihn
bekämpfen und beſiegen wollen, dicht heran bis auf die beſte Schuß-
diſtanz ihrer Torpedos.
Die einfachſte Ueberlegung führt dazu, daß dieſes Herangehen
an den Feind am zweckmäßigſten in der Nacht zu bewerkſtelligen
ſein wird.
So zeigt denn auch die Geſchichte, daß die weitaus meiſten
Torpedobootsangriffe im Zwielicht oder bei voller Dunkelheit ſtatt-
gefunden haben.
Es dürfte aber verkehrt ſein, zu glauben, daß nicht auch die
Torpedoboote eine Art Einleitung zum Nahkampfe haben.
Freilich fehlt hier ein Eröffnen des Feuers auf große Ent-
fernungen. Das Mürbemachen des Feindes geſchieht eben aus noch
größerer wie der Maximalſchußentfernung der Geſchütze, es wird
durch unausgeſetztes Beunruhigen des Feindes bewirkt.
Wie aufreibend der durch die Anweſenheit von Torpedobooten
hervorgerufene Zuſtand fortwährender Bereitſchaft iſt, geht aus den
Berichten von Seeoffizieren von der Zeit des amerikaniſchen Bürger-
krieges an hervor und iſt eine aus Manövern bekannte Thatſache.
Torpedoboote müſſen daher beſtrebt ſein, den Feind entweder
mürbe zu machen und anzugreifen, ſobald ein Nachlaſſen ſeiner
Fähigkeit zum Wachen erwartet werden kann, oder ſie müſſen voll-
ſtändig überraſchend auftreten. Erſte Vorbedingung iſt das Finden
des Feindes, und ſind in dieſer Beziehung namentlich in Frankreich
[76]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
die ſcharfſinnigſten Berechnungen angeſtellt worden. Man hat ſich
indeſſen in dieſem Lande bei den ſtets bereitwilligſt zur Verfügung
geſtellten reichen Mitteln auf die einfachſte Weiſe durch Errichtung
der défense mobile zu helfen gewußt. Theorien allein ſind auch
nicht zuverläſſig genug.
Es ſind längs der geſammten Küſte Torpedoboots- und Signal-
ſtationen errichtet. Es wird daher ein Feind, von welcher Seite er
auch kommen mag, ſtets Torpedobootsangriffe zu erwarten und
demnach einen ſchweren Stand haben.
Die Torpedoboote der défense mobile können in kürzeſter
Zeit kriegsbereit gemacht werden, ein Stamm von Offizieren und
Mannſchaften iſt dauernd vorhanden, und mit großer Gewiſſen-
haftigkeit werden Schieß- und Fahrübungen in regelmäßig wieder-
kehrenden Zeitabſchnitten ausgeführt.
Je nach ihrer ſtrategiſchen Wichtigkeit ſind die Stationen mit
mehr oder weniger Torpedobooten beſetzt, niemals aber findet man
ein einzelnes Torpedoboot.
Es iſt hieraus erſichtlich, daß Torpedoboote ſtets in der Mehr-
zahl auftreten ſollen, es iſt ferner erſichtlich, daß Torpedoboote eines
Stützpunktes bedürfen, und aus dem engen Zuſammenhange von
Signal- und Torpedobootsſtationen ſowie aus der großen Zahl
derſelben iſt erſichtlich, daß man den Torpedobooten ein Suchen des
Feindes möglichſt erleichtern und daß man einen Erfolg raſch
herbeiführen will.
Am deutlichſten aber zeigt dieſe Einrichtung, welche auch in
anderen Staaten, z. B. Italien und Rußland, nachgeahmt worden iſt,
wie Torpedoboote, trotzdem ſie eine Angriffswaffe par excellence
darſtellen, in Wirklichkeit nur der Defenſive zu dienen beſtimmt ſind,
dieſer aber dafür auch einen höchſt offenſiven Charakter verleihen.
In England legt man ſcheinbar weniger Werth auf Torpedo-
boote. Hier ſind es die Torpedobootszerſtörer, welche die Hauptrolle
ſpielen, indeſſen gehört dieſes Thema zum Inhalte des nächſten
Kapitels. England hat auch weniger Veranlaſſung, ſich mit Torpedo-
booten zu beſchäftigen, wie andere Staaten. Vermöge ſeiner
gewaltigen Flotte iſt dieſes glückliche Land in der beneidenswerthen
Lage, den Krieg an die fremden Küſten verlegen zu können. Mit
Torpedobooten kann man jedoch die Seeherrſchaft nicht behaupten.
[77]9. Kapitel. Die Kampfesweiſe der Torpedoboote.
Sollten aber wirklich im Laufe eines Krieges die engliſchen Küſten
bedroht werden, ſo iſt das Land wieder in der nicht minder
beneidenswerthen Lage, mit Hülfe ſeiner unzähligen Werften und
ſeiner hochentwickelten Induſtrie in kürzeſter Zeit Torpedoboote in
jeder beliebigen Zahl zu erbauen. Das Land darf ſich auch in
dieſer Beziehung nicht mit Unrecht merry old England nennen.
Der Angriff von Torpedobooten an ſich iſt nicht ſo einfach,
wie es ſcheinen mag. Es war ſchon geſagt worden, daß ſtets
mehrere Boote angreifen müſſen und daß die Nacht ihr beſter Ver-
bündeter iſt.
Abgeſehen von den Abwehrmitteln des Angegriffenen giebt es
hierbei noch mannigfache Schwierigkeiten zu überwinden.
Sind die Nacht und ein ungewiſſes Licht der unbemerkten An-
näherung dienlich, ſo erſchweren ſie andererſeits das eigene Manöver
d. h. das Zuſammenwirken der Boote, ſie machen ein genaues
Schätzen der Entfernung und ein Zielen wenn nicht unmöglich, ſo
doch recht ſchwer, ſie beeinfluſſen das richtige Erkennen der Fahrt
und der Fahrtrichtung des Gegners, oder des etwa herrſchenden
Stromes, ganz abgeſehen davon, daß ſie das Finden des Gegners
überhaupt in Frage ſtellen können.
Denn es muß gleich hier geſagt werden, daß ein Hauptmittel zur
Vereitelung von Torpedobootsangriffen darin beſteht, daß die Schiffe
vollſtändig abblenden, d. h. daß ſie nicht das geringſte Licht ſehen laſſen.
Hat der führende Offizier der Boote genaue Kenntniß von der
Stellung ſeines Gegners und der Zahl ſeiner Schiffe, ſo wird nach
beſtimmten, hier nicht zu erörternden Regeln der Angriff angeſetzt.
Es iſt von höchſtem Werthe, zu wiſſen, ob der Gegner in Fahrt
iſt, oder ob er zu Anker liegt, und welcher Strom herrſcht, wenn
Letzteres der Fall iſt.
Die Boote werden gefechtsbereit, die Torpedos ſchußfertig
gemacht, jedes Licht wird gelöſcht, jedes Geräuſch vermieden, Keſſel
und Maſchinen ſind bereit zum Aufnehmen äußerſter Fahrt, der
Kommandant ſteht beim vorderen Thurm in unmittelbarer Nähe des
Ruders und des vorderſten Ausſtoßrohres, die Rohrmeiſter ſind bereit
zum Lanziren der anderen Torpedos, das Schnellladegeſchütz iſt ſchuß-
fertig, Niedergänge, Luken und Thüren ſind zugemacht, und entſchloſſen
geht es durch die Dunkelheit gegen den Feind.
[78]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
Ob anfänglich langſam und dann erſt mit Aufbietung äußerſter
Kraft gefahren wird, oder ob Letzteres von Anfang an geſchieht,
hängt von verſchiedenen Umſtänden ab. Es wird dies von der An-
griffsrichtung, welche der kommandirende Offizier wählt, und von der
Entfernung des Gegners bedingt. Die Wahl der Angriffsrichtung
iſt von höchſtem Einfluß.
Befindet ſich der Gegner in Fahrt, ſo gewährt ein Angriff von
vorn die ſchnellſte Annäherung, denn dann nähern ſich Freund und
Feind mit der Summe ihrer Geſchwindigkeiten; ein Angriff mit der
Fahrtrichtung des Gegners erſchwert die Annäherung, denn dann
nähern ſich Angreifer und Angegriffener mit der Differenz ihrer
Geſchwindigkeiten.
Die Richtung des Angriffes iſt auch von hohem Einfluß auf
das Abkommen mit den Torpedos; auch iſt es nicht gleichgültig,
unter welchem Winkel letztere ihr Ziel erreichen. Bilden die Fahrt-
richtung des Gegners und die Laufrichtung der Torpedos rechte
Winkel, ſo ſind die Ausſichten auf Treffen und Detoniren der
Torpedos die größten. Bei zu ſpitzem Auftreffwinkel kann es vor-
kommen, daß die Torpedos, ohne Schaden anzurichten, abgleiten, ganz
abgeſehen davon, daß bei ſpitzem oder flachem Winkel zwiſchen Kiel
und Schußrichtung der Torpedos die Zielfläche ſich verringert. Mit
höchſter Fahrt ſtürmen die Boote auf den Gegner, ſobald ſie ihn
erkannt haben, und Aufgabe der Offiziere iſt es, die Entfernung
richtig zu ſchätzen, den Angriff ſo anzuſetzen, daß möglichſt alle Rohre
zum Schuß und daß die Boote untereinander ſich nicht in den Weg
kommen.
Die höchſte Fahrt muß aufgenommen werden, ſobald der Gegner
das Feuer eröffnet.
Es iſt einleuchtend, daß die Fertigkeit, derartige Angriffe
fehlerfrei anzuſetzen und auszuführen, ſich nicht von heute auf morgen
erlernen läßt, daß vielmehr die Meiſterſchaft, wo nicht Genialität
ein Erlernen überflüſſig macht, nur durch unausgeſetzte Uebung unter
Anſpannung aller Kräfte, nur bei genaueſter Ortskenntniß bei voller
Hingabe an die Sache und nur von Seeleuten erſter Klaſſe zu er-
langen iſt. Es iſt einleuchtend, daß ein Gelingen von Torpedoboots-
angriffen nur zu erwarten iſt bei kaltblütigen, energiſchen, umſichtigen
und tüchtigen Führern, bei willigen, disziplinirten, unerſchrockenen
[]
[][79]9. Kapitel. Die Kampfesweiſe der Torpedoboote.
und intelligenten Beſatzungen, bei vollſter Uebereinſtimmung, bei ge-
wiſſenhafteſter Ausbildung, bei Darangabe aller Geiſtes- und Körper-
kräfte, bei einer Elitetruppe und bei tadelloſem Kriegsmateriale.
Angeſichts der Schwierigkeit der Aufgaben darf es nicht über-
raſchen, wenn hier und da während der Uebungen zur Erlangung der
weiter oben genannten Meiſterſchaft eine Beſchädigung, ja ſelbſt der
Verluſt von Booten vorkommt. Ja man möchte faſt geneigt ſein,
zu glauben, daß da, wo gar keine Zuſammenſtöße etc. ſich ereignen,
die Ausbildung für den Ernſtfall nicht mit dem nöthigen Nachdruck
betrieben wird. Jedenfalls wäre es ein gewaltiger Irrthum, aus
vorgekommenen Havarien und Verluſten ohne Weiteres auf mangel-
haftes Perſonal und Material zu ſchließen. Jede Erfahrung will
erkauft ſein, und erfolgt die Bezahlung nicht ſichtbar durch auf-
fälligen Verbrauch von Material, ſo erfolgt ſie durch Aufbrauch von
Menſchenkräften, d. h. von den die Ausbildung leitenden Offizieren.
Bis zu welcher Höhe die Ausbildung auch des Unterperſonals ge-
trieben werden muß, wird erhellen, wenn man bedenkt, daß die
Unteroffiziere befähigt ſein müſſen, den Offizier, wenn dieſer fehlt,
zeitweilig zu erſetzen.
Ueber die Taktik der Torpedoboote bei Nachtangriffen ließe ſich
noch Vieles ſagen, es erſcheint dies aber nicht angezeigt und würde
den Rahmen dieſer Arbeit überſchreiten.
Erwähnt mag indeſſen noch ſein, daß nicht die Ausführung von
Nachtangriffen allein die Aufgabe der Torpedoboote iſt. Zu ihren
Obliegenheiten gehören noch der Aufklärungs- und der Vorpoſten-
dienſt, die Sicherung der Flotte auf dem Marſche, der Nachrichten-
und Depeſchendienſt und Anderes mehr, das ſich ebenfalls der Dar-
legung in dieſem Buche entzieht. Es ſind das Aufgaben, welche den
Torpedobooten dann und darum übertragen werden, wenn und weil
andere geeignete Fahrzeuge, wie Aufklärungsſchiffe, Aviſos oder kleine
Kreuzer, nicht zur Verfügung ſtehen. Hinſichtlich der Taktik intereſſiren
dieſe Zweige der Kriegführung zur See an dieſer Stelle auch nur
darum, weil die Boote bei dieſen Gelegenheiten leicht in einen Tag-
kampf verwickelt werden können.
Nach dem, was aus fremden Marinen hierüber bekannt ge-
worden iſt — denn die taktiſchen werden mit Recht faſt mehr als
die militäriſch-techniſchen Errungenſchaften geheim gehalten —, ſcheint
[80]Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
es, als ob eine Verwendung von Booten bei Tageslicht nicht be-
abſichtigt ſei. Es iſt das auch ganz natürlich, wenn für jeden Zweck
geeignete Schiffe in genügender Zahl vorhanden ſind. Iſt dem aber
nicht ſo, dann müſſen Torpedoboote auch dazu bereit ſein, dieſen
Dienſt zu übernehmen und am Tage zu kämpfen.
Es iſt nicht mehr wie natürlich, daß die Boote dabei jede
Deckung dann ſuchen werden, wenn eine ſolche vorhanden iſt, und
ſo lange darin verbleiben werden, bis ſie zum eigentlichen Angriffe
vorgehen müſſen. Sind Schiffe der eigenen Flotte zugegen, ſo bilden
dieſe den Schutz der Boote, ja letztere werden ſogar verſuchen, den
Pulverrauch der eigenen Schiffe als Deckung zu benutzen.
Um die Torpedoboote indeſſen nicht lediglich auf die Offenſive
zu beſchränken und um ihnen auch für ſonſtige Zwecke und Gelegen-
heiten eine Handhabe zu geben, ſind ſie mit einem leichten Schnelllade-
geſchütz verſehen. Ein Geſchütz allein ſtellt zwar keine große Wehrkraft
dar, viele Boote zuſammen repräſentiren indeſſen immerhin eine
leichte Batterie, und es iſt ſchon denkbar, daß bei ruhigem Wetter,
wenn das Zielen möglich iſt, eine gewiſſe Zahl von Booten einem
leichten Aviſo oder Torpedobootszerſtörer mittelſt der Artillerie Stand
zu bieten wagen darf. Die Boote haben das größere Ziel vor ſich,
bieten ſelbſt aber das kleinere. Freilich iſt das Treffen vom Boote
aus ſehr ſchwer und verlangt einen Grad der Ausbildung, welchen
man direkt als Künſtlerſchaft bezeichnen kann. Wenn man aber auch
von einer Kriegskunſt im Allgemeinen ſprechen darf, ſo wird doch
eine Waffe, deren Handhabung die Künſtlerſchaft verlangt, im
Allgemeinen verſagen.
Treffen Torpedoboote mit überlegenen Streitkräften zuſammen,
ſo müſſen ſie, wenn dieſes noch möglich, ſich dem feindlichen Feuer
entziehen. Von welcher Bedeutung es für Torpedobootskommandanten
iſt, jedes Fahrwaſſer der Küſte zu kennen, wird hierbei ſofort klar.
Dieſe Fahrwaſſer bilden nicht allein Schlupfwinkel, ſondern auch
Ausfallthore. Iſt der überlegene Gegner nur ein Schiff oder ſind
es nur wenige Schiffe, ſo können ſie verſuchen, ihre Schädigung
dadurch nach Möglichkeit zu verringern, daß ſie ſich nach verſchiedenen
Richtungen zerſtreuen. Empfiehlt ſich auch dieſes nicht, dann gilt nur
die Parole: „Gott mit uns — drauf!“ — Audaces fortuna adjuvat!
[81]
Vierter Abſchnitt.
Die Abwehr der Torpedos.
Zehntes Kapitel.
Paſſive Abwehrmittel.
Es hat merkwürdig lange gedauert, bis man Mittel zur Abwehr
der Torpedos fand.
Der Grund lag wohl darin, daß man einfachen Defenſivmitteln
wenig Bedeutung zumeſſen durfte, und thatſächlich haben alle die
Abwehrmittel, welche als paſſive bezeichnet werden müſſen und die
nachſtehend genannt werden ſollen, ihre bedenklichen Nachtheile.
Man konſtruirte Sperren verſchiedenſter Art, die ſchnell aus-
gelegt und ſchnell wieder geborgen werden konnten und die den
Torpedobooten die Annäherung erſchweren oder unmöglich machen
ſollten; das Unangenehme aber dabei iſt, daß eine Flottenabtheilung,
die ſich mit einer Sperre umgiebt, ſich ſelbſt ihre Bewegungsfreiheit
kürzt. Sperren müſſen bewacht werden. Daraus entſteht wieder die
Schwierigkeit, daß im Falle eines Angriffes von Torpedobooten ſich
an der Sperre ſelbſt ein Kampf zwiſchen den angreifenden und den
Wachtbooten entwickeln wird. Die Schiffe aber können im Dunkel
der Nacht Freund und Feind nicht unterſcheiden, ſind mithin zur
Unthätigkeit gezwungen. Ganz abgeſehen iſt hierbei davon, daß ſchon
die Wachtboote allein gelegentlich für den Feind gehalten und be-
ſchoſſen werden können.
Zweifellos können Sperren von Vortheil ſein. Eine Sperre
ohne Wachtboote aber hat wenig Zweck, denn welches Hinderniß allein
wäre unüberwindlich?
Ein ſehr nahe liegendes Abwehrmittel iſt das bereits früher
genannte Abblenden der Schiffe. Thatſächlich iſt es außerordentlich
ſchwer, abgeblendete Schiffe zu finden, noch ſchwerer, abgeblendete
Schiffe zu beſchießen, und die Folge hiervon iſt, daß man nicht ſo gar
ſelten der Meinung begegnet, die Scheinwerfer wären überhaupt vom
Uebel. Die Scheinwerfer müſſen aber zu den aktiven Abwehrmitteln
gerechnet werden, und ihre Beſprechung gehört in das folgende Kapitel.
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 6
[82]Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos.
Das Abblenden der Schiffe iſt mithin ein ſehr wirkſames Mittel
gegen den Torpedo, es genügt aber nicht, denn der Feind kann die
Poſition eines Schiffes oder Geſchwaders bei Tageslicht feſtgeſtellt
haben, und es giebt auch helle Nächte.
Man hat daher ein weiteres Mittel, die Torpedoſchutznetze, an-
gewendet. Letztere beſtehen aus aneinandergefügten Drahtringen und
ſollen, durch Spieren gehalten, die Seiten des damit ausgerüſteten
Schiffes decken.
Das Ausbringen und Fortnehmen der Netze iſt zwar unter
gewöhnlichen Umſtänden kein ſonderlich ſchwieriges Manöver, es kann
aber ein zum Mindeſten ſehr langwieriges werden, wenn die Um-
ſtände nicht normal ſind, wenn Schnee und Eis, Dunkelheit und
Regen, Sturm und Strom, vor Allem aber, wenn der rührige Feind
— und mit einem ſolchen muß man rechnen — die Bedienung er-
ſchweren, wenn das Tauwerk in Unordnung gerathen oder brechen,
wenn die eigenen Beſatzungen nicht geübt genug ſein, wenn infolge
gebotener Eile eine Ueberhaſtung eintreten, wenn Theile des Netzes
in die Schrauben gerathen ſollten.
Beim Nichtgebrauche liegen die Netze in Käſten oder Rahmen,
welche ſich zu beiden Seiten des Schiffes über faſt deſſen ganze
Länge erſtrecken. Die dazugehörigen Spieren ſind an die Bordwand
des Schiffes herangeklappt. Zum Ausbringen der Netze gehört zunächſt
ein Aufhiſſen derſelben, denn ſie ſind ſehr ſchwer und können nicht einfach
über Bord geworfen werden. Dann werden die Netze ſoweit herunter-
gelaſſen, daß der obere Rand an den Spieren befeſtigt werden kann.
Iſt dieſes geſchehen, ſo werden die Spieren mittelſt ſtarker Flaſchenzüge
ausgeſchwungen, ſo daß ſie ſenkrecht von der Bordwand abſtehen.
Zum Bergen gehören die entgegengeſetzten Vorrichtungen in
umgekehrter Reihenfolge. Es wird ſelbſt dem Nichtſeemann einleuchten,
daß hierzu ein ziemlich umfangreicher Apparat und die Aufbietung
der Kräfte der geſammten Beſatzung gehören. Es wird einleuchten,
daß, ſolange die Spieren nicht ausgeſchwungen ſind, ſolange alſo die
Netze dicht neben der Bordwand ins Waſſer herabhängen, ſie den
Schrauben ſehr nahe liegen, dieſe daher nicht drehen dürfen. Man
kann alſo die Netze nur bei geſtoppten Maſchinen und zu Anker
ausbringen und bergen (fortnehmen). Die Netze ſind daher mehr
wie Sperren ein Feind der freien Bewegung der Schiffe.
[83]10. Kapitel. Paſſive Abwehrmittel.
Es war ſchon geſagt, daß die Netze ſehr ſchwer ſind. Sie ſind
aber auch ſehr theuer, und ihre Konſervirung erfordert fortwährende
Aufmerkſamkeit, viel Zeit und viel Arbeit. Andererſeits ſind die
Netze der Witterung und dem Naßwerden durch Seewaſſer ausgeſetzt
und verlieren, wenn ſie zu roſten beginnen, bedeutend an Haltbarkeit.
Sind dieſes Nachtheile, welchen durch Aufmerkſamkeit, Geſchicklich-
keit, Kaltblütigkeit und ſtete Uebung begegnet werden kann, ſo haben
die Netze doch zwei weitere Fehler, welche nicht abſtellbar erſcheinen.
Ein ſtarker Strom nämlich treibt die Netze ſo auf, daß ſie nicht
mehr tief genug herabreichen, ein Torpedo alſo unter ihnen hindurch-
laufend das Schiff doch treffen kann.
Halten gute Netze unter normalen Umſtänden aber auch wirklich
einen Torpedo auf, ſo hat man bislang doch noch keine Netze her-
ſtellen können, welche den Netzſcheren zu widerſtehen vermöchten.
Es waren kaum die Netze erdacht und eingeführt, ſo waren es
auch ſchon die Netzſcheren. Dieſes ſind Apparate, welche, auf die
Torpedos aufgeſetzt, das Netz ſchneiden und ihrem Träger freie Bahn
machen.
Die Konſtruktion der Netzſcheren wird in allen Marinen geheim
gehalten.
Trotz der genannten Mängel giebt es, namentlich in England,
begeiſterte Verehrer der Netze, und letztere haben ſich bislang nicht
gänzlich verdrängen laſſen.
Auch ſind Fälle denkbar, wo ſie von hohem Werthe ſein können.
Es erübrigt, noch derjenigen Maßnahmen Erwähnung zu thun,
welche hinſichtlich der Widerſtandsfähigkeit der Schiffsböden getroffen
worden ſind.
Während Kriegsſchiffe älterer Konſtruktion nur mit Doppelboden,
einfachen Wallgängen, einer nicht gar zu großen Zahl waſſerdichter
Querſchotte und einem ſehr einfachen Pumpenſyſtem verſehen waren,
hat die neuere Zeit aus der Konſtruktion und Behandlung der hierher
gehörigen Vorrichtungen eine vollſtändige Wiſſenſchaft gemacht. In
Italien iſt man bei einigen Schiffen ſo weit gegangen, zwei hohle
Schiffsböden übereinander zu bauen. Es giebt alſo bei dieſen
Schiffen nicht eine Außen- und eine Innenhaut, ſondern es ſind
drei Beplattungen vorhanden.
6*
[84]Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos.
Es bleibe dahingeſtellt, ob dieſe Einrichtung praktiſch iſt oder
nicht. In anderen Marinen iſt man jedenfalls bei dem einfachen
Doppelboden geblieben, nur iſt die Zahl der Abtheilungen in den
Doppelböden ſehr geſtiegen. Ueberall wird aber Werth darauf gelegt,
daß möglichſt viele Quer- und Längsſchotte vorhanden ſind, und daß
Kohlenbunker, Munitionsräume u. ſ. w. gleichzeitig waſſerdichte Ab-
theilungen vorſtellen.
Da ein Schiff bedeutende Schlagſeite*) erhalten würde, wenn
es an der Seite leck geſchlagen wird und das eindringende Waſſer
nur bis an die nächſte Längswand ſtrömen kann, ſo ſind, z. B. bei
einigen franzöſiſchen Schiffen, Einrichtungen vorhanden, welche ein
ſelbſtthätiges, natürliches Uebertreten des Waſſers auch nach der ent-
gegengeſetzten, unverletzten Seite des Schiffes geſtatten, oder es ſind
— und das iſt die allgemein übliche Bauart — Drainagerohre vor-
geſehen, welche es ermöglichen, die aufrechte Lage des Schiffes durch
künſtliches Einſtrömenlaſſen von Waſſer wieder zu erreichen. Die
aufrechte Lage des Schiffes iſt aber für das Bedienen der Geſchütze
und für die Stabilität von Bedeutung.
Es giebt alſo nicht allein Mittel, um eingedrungenes Waſſer zu
entfernen, ſondern auch ſolche, um Waſſer abſichtlich eindringen
zu laſſen.
Vielleicht iſt es angebracht, an dieſer Stelle der oft anzutreffenden
falſchen Annahme zu begegnen, als ob es möglich wäre, lecke Schiffs-
abtheilungen durch fortgeſetztes Pumpen leer zu halten. Dieſes liegt
nur dann im Bereiche der Möglichkeit, wenn der Querſchnitt des
Saugerohres der Pumpe oder die Summe der Querſchnitte der
Pumpenſaugrohre größer iſt als das vorhandene Leck. Sind beide
Größen einander gleich, ſo ſtrömt durch das Leck ebenſoviel Waſſer
ein, wie die Pumpen fortſchaffen, der Waſſerſtand in der lecken
Abtheilung bleibt mithin derſelbe. Iſt das Leck aber größer, ſo muß
ſich die lecke Abtheilung mit Waſſer füllen.
In vielen Marinen werden Uebungen gemacht, um entſtandene
Lecke durch Vorlegen von eigens hierzu konſtruirten Matten zu ſtopfen.
In allen Ernſtfällen haben dieſe Matten bislang aber verſagt. Um
die Schwimmfähigkeit der Schiffe zu erhöhen, ſind Konſtrukteure und
[85]10. Kapitel. Paſſive Abwehrmittel.
Erfinder eifrig thätig. Die Zahl der Vorſchläge für ſelbſtſchließende
waſſerdichte Thüren und Luken, von Stoffen, die ſich im Waſſer
ausdehnen oder einen anderen Aggregatzuſtand annehmen und das
Waſſer verdrängen oder das Leck ſchließen ſollen, von Warnungs-
ſignalen u. ſ. w. iſt Legion und vergrößert ſich unausgeſetzt.
Man muß eine geeignete Konſtruktion der Schiffe als beſtes
paſſives Abwehrmittel bezeichnen. Wennſchon es nicht ſehr wahr-
ſcheinlich iſt, daß ſelbſt ein modernes Schiff mit einer vom Torpedo
hervorgebrachten Verletzung noch lange gefechtsfähig ſein wird, ſo iſt
es andererſeits doch ausgeſchloſſen, daß ein einziger Torpedo ein
Schiff neuer und neueſter Bauart zum Sinken bringt, es müßte denn
ſein, daß an Bord dieſes Schiffes die waſſerdichten Thüren, Schotte
und Luks, Drainage- und Pumpenſyſteme nicht in der Verfaſſung
ſich befinden oder nicht ſo bedient werden, wie ſolches bei guter
Disziplin und erfahrenem Perſonale zu erwarten und natürlich iſt.
Elftes Kapitel.
Aktive Abwehrmittel.
Kommen die paſſiven Abwehrmittel, Sperren und Netze, faſt
nur für zu Anker liegende Schiffe in Betracht, ſo erhält die Ver-
theidigung gegen Torpedobootsangriffe ſofort ein anderes Geſicht bei
in Bewegung befindlichem Schiffe oder Geſchwader.
Und nicht dieſes allein erhöht die Chancen des Angegriffenen;
nein, jede Handlung bringt das mit ſich.
Geht ein Geſchwader für die Nacht nicht zu Anker, ſondern ſetzt
ſich vielmehr in Bewegung, ſo iſt die Arbeit den Torpedobooten ſehr
erſchwert. Es iſt allerdings die Frage, ob ein Geſchwader auch
immer wird Anker lichten können. Hier ſprechen viele andere Rück-
ſichten mit, deren Darlegung nicht hierhergehört.
Als erſtes aktives Abwehrmittel ſei daher die Taktik genannt.
Taktik aber iſt Bewegung.
Jetzt müſſen die Torpedoboote den Feind erſt ſuchen. Haben ſie
ihn gefunden, ſo können ſie doch die Angriffsrichtung nicht frei
wählen, ſondern müſſen meiſt angreifen, wie die Gelegenheit ſich
bietet, Abkommen und Treffen ſind ſchwieriger, denn ein gutgeſchultes
Geſchwader kann auch in Bewegung abgeblendet fahren. Der An-
[86]Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos.
gegriffene kann dem Angriffe ausweichen und ſelbſt zum Angriffe und
zur Verfolgung übergehen.
Dagegen muß er ſeine Aufmerkſamkeit auch auf Alles lenken,
was mit der Navigirung zuſammenhängt, und das Schießen mit
Geſchützen iſt ebenfalls weniger ausſichtsvoll vom fahrenden als vom
ſtillliegenden Schiffe aus.
Das Hauptabwehrmittel aber iſt das ſoeben ſchon genannte
Schießen, und hier ſind es wieder die Schnellladegeſchütze und Ma-
ſchinengewehre, welche, aktiv gehandhabt, der Torpedoboote ſchlimmſte
Feinde ſind.
War man bis vor Einführung der Schnellladekanonen noch hier
und da der Hoffnung, die See den großen Schiffen mit Hülfe der
Torpedofahrzeuge ſtreitig machen zu können, ſo haben die Schnell-
ladegeſchütze und Maſchinengewehre dieſe Hoffnung in Wirklichkeit
wohl ſchon zu Grabe getragen, wennſchon Torpedofanatiker hiervon
ſich auch jetzt noch nicht überzeugen laſſen wollen.
Es ſoll hiermit aber nicht etwa geſagt ſein, daß nunmehr die
Torpedofahrzeuge überflüſſig geworden ſeien. Mit nichten! Denn
Schießen bedeutet noch lange nicht Treffen und Treffen noch keines-
wegs Vernichten. Zu Anfang des neunten Kapitels war geſagt
worden, wie aufreibend das Bewußtſein wäre, feindliche Torpedo-
boote in der Nähe zu wiſſen. Bei jedem Wetter mit einfacher Ab-
löſung, d. h. Wache um Wache allnächtlich bei den geladenen Ge-
ſchützen zu liegen, in ſteter, oft von falſchem Alarm unterbrochener
Erwartung zu ſein, mag in nicht allzulanger Zeit ſelbſt den ſtärkſten
Mann entweder abſtumpfen oder nervös machen. Im Kampfe
zwiſchen Schnellladegeſchütz und Torpedo kann wohl der Zähere,
Ausdauerndere den Sieg davontragen.
Torpedoboote werden die beſte Gelegenheit abwarten, ſie können
und ſollen ihre Zeit wählen. Das kann der Schnellladekanonier
nicht. Nun denke man an eine dunkle Nacht, an Kälte, Nebel, Regen,
an überſtäubendes Waſſer, an eine phosphoreszirende See ....
Da jagt ein dunkles Etwas herbei, von dem man annehmen kann,
daß es das Unheil birgt, dort noch eines, ein drittes, viertes, die
Scheinwerfer werden in Thätigkeit geſetzt, plötzlich iſt ein Boot grell
beleuchtet ....; iſt es ſchwer, das ſchnelle Ding im Lichtkegel zu
halten, ſo iſt es noch ſchwerer, das Ziel ruhig zu faſſen, ihm ruhig
[87]11. Kapitel. Aktive Abwehrmittel.
zu folgen, ſicher abzukommen. Wahrlich hüben wie drüben ſind
erforderlich Männer aus Stahl, eiſerne Disziplin, kaltes Blut, lange
und gewiſſenhafte Uebung. — Bei ſtillem Wetter und guter Be-
leuchtung hat man mit den Schnellladegeſchützen große Erfolge erzielt.
Am geeignetſten zur Abwehr von Torpedobooten ſind Kaliber von
5 bis 10 cm. Zwar hat man neuerdings die Leiſtungen auch kleinerer
Kaliber derart geſteigert, daß ihre Geſchoſſe den Booten verderblich
werden; in der Hauptſache aber ſind die Maſchinengewehre wohl
mehr gegen die Beſatzungen und die Torpedorohre wie gegen die
Bootskörper gerichtet.
8 cm-Geſchoſſe durchſchlagen die dünnen Decks, die Wände und
die Kohlenbunker der Boote. Mit Maſchinengewehren gelingt es nicht,
ein Boot während ſeines Anlaufes zu vernichten. Dagegen iſt es
wohl möglich, daß die Beſatzung dem Feuer zum Opfer fällt und
der Angriff dadurch zum Stehen gebracht wird.
Moderne Schiffe ſind mit Schnellladekanonen förmlich geſpickt,
indeſſen ſind nur die kleineren Kaliber zur Abwehr von Torpedo-
booten beſtimmt, und es iſt ein glühender Hagel, den Torpedoboote
zu erwarten haben, wenn ſie ihren Angriff nicht unter für ſie
günſtigen Umſtänden fehlerfrei anſetzen.
Ein weiteres, oft zweiſchneidig genanntes Abwehrmittel bilden
die Scheinwerfer.
Bekanntlich ſind dieſes Leuchtapparate, welche mit Hülfe elek-
triſchen Bogenlichtes und gewaltiger Parabolſpiegel einen Lichtkegel
bis zur Stärke von 60 Millionen Normalkerzen zu erzeugen ver-
mögen. Die Apparate ſind pivotirt und liegen in Schildzapfen, ſo daß
ſie beliebig gerichtet werden können.
Es giebt zwei Methoden des Gebrauches. Entweder hält man
die nächſte Umgebung der Schiffe dauernd unter Licht, oder man ſetzt
die Scheinwerfer erſt dann in Thätigkeit, wenn die Abwehr, d. h. das
Schießen, beginnen ſoll.
Erſtere Art birgt den Nachtheil, daß ſie den Booten ohne
Weiteres den Ort und die Lage der Schiffe verräth, letztere bedingt
große Geſchicklichkeit in der Handhabung, denn es iſt ſchwerer, wie
es den Anſchein hat, ein Boot unter Licht zu halten.
Ein Vortheil des erſteren Verfahrens iſt es, daß die Boote
geſehen werden, ſobald ſie in den Lichtkreis, den ſie paſſiren müſſen,
[88]Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos.
treten, ein Vortheil des letzteren, daß die Boote geblendet werden.
Dieſer Vortheil iſt nicht zu unterſchätzen. Der Kommandant eines
Bootes, welches in der Dunkelheit anläuft, wird, ſobald ihn das Licht
eines Scheinwerfers des angegriffenen Schiffes voll trifft, derart ge-
blendet, daß jedes Entfernungsſchätzen aufhört; dann iſt es unrathſam,
den Torpedo zu lanziren. Bei dauerndem Leuchten wird aber ein
Torpedoboot niemals gegen das Licht eines Scheinwerfers angreifen
und braucht das auch nicht, denn es hat ja unter den nach allen
Richtungen hin leuchtenden Schiffen die Auswahl. Es entzieht ſich
der eingehenderen Beſprechung, welches Verfahren die beſſeren Re-
ſultate auf beiden Seiten geliefert hat.
Ein Abwehrmittel aber, welches dem Uebel, d. h. den Torpedo-
booten, an die Wurzel gehen ſoll, ſind die Torpedobootszerſtörer, und
die Flotte, welche ſie der Natur der Sache gemäß hauptſächlich zu
verwenden gedenkt, iſt diejenige Großbritanniens.
Entſtanden ſind die Torpedobootszerſtörer aus den Torpedojägern.
Sowohl die einen, wie die andern haben den Zweck, die Torpedo-
boote zu ſuchen und ſie zu vernichten, ehe ſie zum Angriffe auf die
eigene Flotte kommen. Da die Jäger ſich dieſer Aufgabe nicht ge-
wachſen zeigten, weil ihnen die Beweglichkeit der Boote fehlte, weil
ſie die erforderliche, überlegene Geſchwindigkeit nicht erreichen konnten
und weil ſie den Torpedobooten nicht überallhin zu folgen vermögen;
weil man erkannte, daß ein Torpedoboot als Angriffsobjekt auch nur
von einem ihm gleichen oder ſehr ähnlichen Fahrzeuge überall vernichtet
werden kann, darum wurde aus dem Jäger der Zerſtörer, aus dem
Schiffe ein Boot.
Die Zerſtörer ſollen den Flotten, welche z. B. die Aufgabe
haben, eine feindliche Flotte zu blockiren, voraneilen, die Torpeboote
ſuchen und ſie vernichten.
Zu dieſem Zwecke ſind die Zerſtörer außerordentlich ſchnell und
mit der erforderlichen Artillerie verſehen. Außerdem beſitzen die
Zerſtörer noch Lanzirrohre und Torpedos, ſollen dieſelben aber nur
gelegentlich verwenden, denn ihre Hauptwaffe ſind ihre Geſchütze.
Aber auch für ſonſtige Aufgaben ſind dieſe Fahrzeuge ſehr
geeignet, wie Aufklärungs- und Nachrichtendienſt, und ſo findet man
die Zerſtörer nicht lediglich in der engliſchen Flotte. Es war früher
[89]11. Kapitel. Aktive Abwehrmittel.
ſchon geſagt, daß die deutſchen Diviſionsboote den Zerſtörern ſehr
ähnlich ſeien.
Die Geſchützarmirung der Zerſtörer beſteht aus einem größeren
(etwa 8 cm) und aus drei bis fünf leichteren Schnellladegeſchützen.
Ob die Zerſtörer im Ernſtfalle ihren Zweck erfüllen, ob ſie den
hochgeſchraubten Erwartungen entſprechen werden?
Wer jemals aus einem Boote bei nur leicht bewegter See ge-
ſchoſſen hat, wird wiſſen, wie ſchwer das iſt. Die Zerſtörer ſind
aber ſehr beweglich. Bei ihrer großen Länge ſchlingern ſie ſehr
leicht und ſchnell, Erſchütterungen durch die mit ihrer Maximalkraft
arbeitende Maſchine ſind unvermeidlich, jedes Ruderlegen bewirkt ein
Ueberlegen und Schwanken des Bootes, und Torpedoboote ſind ein
ſehr kleines Ziel.
Indeſſen der Grundgedanke iſt richtig und ein richtiger Gedanke
hat auch wohl meiſt das erwartete Ergebniß.
Aus Vorſtehendem iſt erſichtlich, daß die Abwehr über viele und
über ſehr mächtige Mittel verfügt, und kämpfen die Boote mit dem
Wahlſpruche „Audaces fortuna adjuvat“, ſo kann es wohl auch
ſehr leicht vorkommen, daß ein unerſchütterliches „Nec soli cedit“
der Abwehr die Siegespalme reicht.
Zwölftes Kapitel.
Der Werth der Torpedowaffe.
Obgleich jeder Leſer aus den voraufgegangenen Kapiteln ſich
ſelbſt ein Bild von der Bedeutung der Torpedowaffe machen kann,
ſo dürfte es doch gerathen ſein, in einem kurzen Schlußſatze die Vor-
und Nachtheile der Waffe nochmals zuſammenzufaſſen, zumal in
letzter Zeit viele unberufene und leider auch einige berufene Stimmen
laut geworden ſind, welche in unrichtiger Würdigung der Thatſachen
Anſichten laut werden ließen, die jeder Erfahrung und ſachgemäßen
Ueberlegung zuwiderlaufen.
Es betrifft das ſoeben Geſagte den Typ des zukünftigen Kriegs-
ſchiffes und die den Schiffen zu gebende Geſchwindigkeit.
England und Frankreich ſind es, woher jene Stimmen herüber-
klangen. Leider fehlte es in Deutſchland nicht an einem Echo.
[90]Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos.
Es ſoll hier keineswegs das große Gebiet über den zu wäh-
lenden, allein richtigen Typ von Kriegsſchiffen berührt werden, es
kommt hier nur darauf an, feſtzuſtellen, ob etwa das Torpedo-
fahrzeug dieſen Typ abgeben kann.
Iſt dieſes feſtgeſtellt, ſo beantworten ſich die weiteren Fragen
ſehr leicht, ja aus dem früher Dargelegten von ſelbſt, ob nämlich
ein Torpedoboot gepanzert werden ſoll, und ob man ihm etwas von
ſeiner Geſchwindigkeit nehmen darf.
Man kommt vielleicht am ſchnellſten zum Ziele, indem man ſich
die Nachtheile der Waffe vergegenwärtigt und dann die Frage auf-
wirft:
Kann bei dieſen Nachtheilen ein Torpedofahrzeug den Normal-
typ des Zukunftskriegsſchiffes darſtellen?
Es war nachgewieſen, daß der Torpedo nur im Torpedoboote
zur ſelbſtändigen Waffe wird. Kann man nun mit einem Boote über
See gelangen und kann man in Booten dauernd die See halten?
Sicherlich nicht, ſolange die Boote eben Boote bleiben ſollen; ſicherlich
nicht, ſolange Menſchen eſſen und ſchlafen müſſen um kampffähig ſein
und bleiben zu können. Es giebt allerdings einen Beruf, welcher
ſeine Träger zwingt, wochenlang auf Booten in See zu ſein; das
ſind Hochſeefiſcher und manchmal Lootſen. Aber die Bewegungen und
die Lebensart von und in Torpedo- und Fiſcherbooten und dieſe
ſelbſt ſind nicht in Parallele zu ſtellen, und es war ſchon früher
erwähnt, daß ſelbſt die erfahrenſten Seeleute auf Torpedobooten ge-
legentlich wieder ſeekrank werden. Es giebt der Unterſchiede viele,
hier möge nur darauf hingewieſen werden, daß Fiſcherboote bei
ſchlechtem Wetter meiſt Feiertag machen. Torpedoboote fangen dann
erſt recht zu arbeiten an und können nicht feiern, wann ſie wollen.
Torpedoboote können zwar über See gehen und haben das ſchon
oft gethan, aber was man in ſeemänniſch-militäriſchem Sinne
unter Seeausdauer verſteht, haben ſie nicht.
Vergrößert man die Torpedoboote, dann ſind ſie eben keine
Boote mehr. Sie ſollen ja aber Boote bleiben, damit die Waffe
ſelbſtändig ſei!
Der Torpedo iſt nur für den Nahkampf geeignet. Könnte
man alſo mit Torpedobooten Unternehmungen gegen feindliche Küſten-
werke vornehmen? Man braucht auf die Frage nicht zu antworten!
[91]12. Kapitel. Der Werth der Torpedowaffe.
Der Torpedo iſt eine ſehr komplizirte Waffe, bedarf in regel-
mäßig wiederkehrenden Zeitabſchnitten wie jede Maſchine einer gründ-
lichen Reviſion, eines Zerlegens in ſeine Theile und des Wieder-
zuſammenſetzens derſelben. Auch verlangt er eine ſehr ſorgfältige
Ausbildung des Perſonals. Kann man das dauernd auf Booten
allein machen? Sicherlich nicht!
Es war ſchon geſagt, daß die Boote der Stützpunkte bedürften.
Die Stützpunkte ſelbſt bedürfen der Vertheidigung. Nun ſind zwar
Boote ein vorzügliches Vertheidigungsmittel. Was ſollen ſie aber
gegen eine überlegene Flotte thun, die tagsüber bombardirt und für
die Dauer der Nacht in See geht? Können alſo Boote allein einen
Stützpunkt vertheidigen, können ſie verhindern, daß dieſem Punkte jede
Zufuhr abgeſchnitten wird, was doch bei überſeeiſcher Lage deſſelben
leicht eintreten kann?
Da alſo die Boote nicht ohne Stützpunkte, dieſe wiederum nur
mit Booten allein nicht exiſtiren können, darf man da ſich auf letztere
verlaſſen? Nimmermehr!
Die Zahl der Torpedos, die ein Boot mit ſich führen kann, iſt
ſehr beſchränkt. Wie will man die verſchoſſenen Torpedos ergänzen,
wenn nicht Schiffe zur Verfügung ſtehen?
In England und Frankreich hat man zu dieſem Zwecke Depot-
ſchiffe, welche auch im Stande ſind, Reparaturen größerer Art aus-
zuführen. Das iſt wieder ein Beweis, daß Boote allein nicht lebens-
fähig ſind!
Bei Tageslicht, auf hoher See, bei rauhem Wetter ſind bei den
vorhandenen Abwehrmitteln Schiffe den Booten unbedingt überlegen.
Wie will man dieſem Nachtheile abhelfen nur mit Booten allein?
Es iſt daher ausgeſchloſſen, daß der Typ des Zukunftsſchiffes
demjenigen eines Torpedobootes gleichen wird. Da mithin Schiffe
nöthig ſind, um die Herrſchaft zur See zu erlangen und zu halten,
es aber auch nicht möglich iſt, mit Booten die Schiffe von der See
zu vertreiben, ja da ſogar Boote allein ihre Stützpunkte auf die
Dauer nicht ausreichend zu vertheidigen im Stande ſind, wäre es
da nicht beſſer, die Boote überhaupt fallen zu laſſen, oder ſie zu
panzern, damit ſie auch am Tage gegen den Feind gehen können?
Es iſt ſchon früher geſagt, daß das Boot nur durch ſeine
Schnelligkeit zur Angriffswaffe wird, daher darf es nicht gepanzert
[92]Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos.
ſein, denn die Panzerung iſt Gewicht, und Gewicht iſt der größte
Feind der Schnelligkeit. Eine Panzerung würde eine Vergrößerung
nach ſich ziehen, das gäbe wieder ein Schiff und in weiterer Folge
ein großes Panzerſchiff. Man braucht aber Boote, um auch in
flachen Gewäſſern und bei Nacht operiren zu können, man braucht
Boote, um eine Defenſive ſelbſt mit geringeren Mitteln wirkſam
machen zu können, man braucht Boote, um den Torpedo verwenden
zu können, Boote größerer oder kleinerer Art, jedenfalls Boote.
Iſt denn aber der Torpedo ſo wirkſam, daß er die Koſten und
Mühen der Herſtellung und Ausbildung rechtfertigt?
Es ſind in dieſer Beziehung in England, Frankreich, Italien
und auch in Deutſchland Verſuche gemacht worden.
Das Ergebniß dieſer Verſuche war die Einführung der Torpedos;
das iſt die kürzeſte Antwort.
Es war früher ſchon geſagt worden, daß ein einziger Torpedo
ein modernes Schiff wohl nicht zum Sinken bringen wird; denkt
man indeſſen an die mannigfachen, verletzlichen, unter Waſſer liegenden
und zum Zwecke des Schutzes unter Waſſer gelegten Maſchinen und
ſonſtigen Apparate eines Schiffes, und berückſichtigt man, daß der
Torpedo gerade dieſe Theile zu treffen und außer Betrieb zu ſetzen
geeignet iſt, ſo wird es einleuchten, daß ein einziger Torpedo ſehr
wohl ein Schiff außer Gefecht ſetzen kann.
Weil der Torpedo eine vorzügliche, offenſive Vertheidigungswaffe
iſt, weil er zwar nicht in der, bei ſeiner Entſtehung erhofften, immer-
hin aber in gewiſſer Weiſe geeignet iſt, den Unterſchied zwiſchen
großen und kleinen Schiffen und Flotten wenigſtens etwas aus-
zugleichen, weil er ſchnellen Erfolg verſpricht und weil er, wenn am
rechten Orte, in rechter Weiſe, zur rechten Zeit angewendet, durch-
ſchlagenden Erfolg verſpricht, darum der Aufwand an Geld und
Scharfſinn, darum der Aufwand an Mühe und Arbeit, darum der
Aufwand von Zeit und Arbeitskraft, darum das unausgeſetzte Be-
ſtreben nach Vervollkommnung!
Wird der Torpedo dauernd eine Waffe bleiben?
Wer will und kann die Frage beantworten!
Es ſeien hier Erfindungen übergangen, wie der kürzlich in Eng-
land entſtandene Lufttorpedo, der nichts Anderes iſt als eine größere
oder kleinere Menge Sprengſtoff, die von einem Luftballon über den
[93]12. Kapitel. Der Werth der Torpedowaffe.
Feind getragen und hier fallen gelaſſen werden ſoll, aber es iſt nicht
ausgeſchloſſen, daß Waffen von größerer Zerſtörungskraft und ein-
facherer Handhabung den Torpedo überflüſſig machen werden. Für
die nächſte Zeit ſcheint es nicht, als ob eine andere Waffe den Tor-
pedo verdrängen wird, denn er hält ſich nun ſchon faſt 40 Jahre.
Wer aber will und kann ſagen, daß der Torpedo dauernd ſeinen
Platz behaupten wird? Dauernd allein ſind und bleiben nicht die
Waffen und Kriegsmittel, ſondern nur die Motive zum Kriege und
dieſer ſelbſt als Kampf ums Daſein im Großen.
Wohl dem, der mit ſcharfer Wehr ſtreiten ſoll und will, kämpfen
kann und darf
„Mit Gott für den Kaiſer und die Heimath.“
[[94]]
Anhang.
Der Untergang des Panzerſchiffes „Maine“ der Flotte der
Vereinigten Staaten von Nordamerika im Hafen von Havana iſt von
der zur Unterſuchung des Falles eingeſetzten nordamerikaniſchen
Kommiſſion auf die Exploſion einer Seemine zurückgeführt worden.
Da eine ſolche füglich nur von Spaniern gelegt und in Thätigkeit
geſetzt werden konnte, ſo hat dieſes Gutachten vielleicht nicht zum
geringſten Theile dazu beigetragen, den Krieg zu entfachen.
Jedenfalls wird die Vernichtung des Schiffes nach der öffent-
lichen Meinung vielfach auch außerhalb der Vereinigten Staaten den
Spaniern zugeſchrieben und dient dazu, den Kampf der Vereinigten
Staaten als in gerechter Sache geführt erſcheinen zu laſſen.
Es ſoll indeſſen die politiſche Seite hier ganz außer Betracht
bleiben; es iſt vielmehr der Zweck der nachſtehenden Abhandlung rein
ſachlich zu prüfen, ob eine Seemine den Untergang bewirken konnte
oder nicht.
Die ſachliche Seite gehört aber in dieſes Buch; denn wenn eine
Seemine das Schiff zerſtören konnte, ſo würde das auch mit einem
Torpedo möglich geweſen ſein, und die Bedeutung der Unterwaſſer-
waffen würde — im Falle die Schlüſſe der amerikaniſchen Kommiſſion
richtig ſind — ins Ungeheure wachſen.
Der Abhandlung liegen die Vernehmungen und das Gutachten
der amerikaniſchen und der Bericht der ſpaniſchen Unterſuchungs-
kommiſſion zu Grunde.
[95]Der Untergang der „Maine“.
Der Untergang der „Maine“.
I.Ankunft des Schiffes und Aufenthalt in Havana.
Das Panzerſchiff „Maine“ traf am 25. Januar in Havana ein
und machte nach Anweiſung eines Regierungslootſen an einer Boje
(Nr. 4) feſt.
Der Generalkonſul der Vereinigten Staaten hatte die Nachricht
von dem bevorſtehenden Eintreffen des Schiffes am vorangegangenen
Tage erhalten und an demſelben Tage, d. h. am 24. Januar 1898,
den ſpaniſchen Behörden entſprechende Mittheilung gemacht.
Schon vor der Abreiſe nach Havana und während des Aufent-
haltes daſelbſt hatte man auf amerikaniſcher Seite die Möglichkeit
feindlicher Unternehmungen ins Auge gefaßt und Vorſichtsmaßregeln
getroffen.
Hierher gehört, daß man in Key-Weſt die für das Schiff be-
ſtimmten Kohlen auf das Sorgfältigſte nach Höllenmaſchinen abgeſucht
hatte; daß man in Havana einen ſtrengen Wachtdienſt handhabte; daß
man Geſchütz- und Gewehrmunition bereit hielt; daß man Fremden
nur in ſeltenen Fällen und dann nur in Begleitung zuverläſſiger
Perſonen der Beſatzung das Betreten des Schiffes und den Aufent-
halt an Bord geſtattete; daß alle an Bord gebrachten Gegenſtände
einer ſorgfältigen Unterſuchung unterworfen wurden; daß man keine
Boote in der Nähe des Schiffes duldete u. A. m.
II.Die Exploſion.
Am 15. Februar, alſo während des 22ſten Tages des Aufent-
haltes in Havana, iſt das Schiff infolge von Exploſion um 9 Uhr
40 Minuten abends untergegangen.
Die Exploſion hat bei verſchiedenen Augen- und Ohrenzeugen
verſchiedene Eindrücke hervorgerufen.
Aus den ſehr zahlreichen Vernehmungen läßt ſich ganz deutlich
folgende Thatſache erkennen:
1. Perſonen, welche ſich in größter Nähe der Exploſionsſtelle,
die vorn im Schiffe lag, befanden, haben nur eine Deto-
nation gefühlt, geſehen, gehört und gerochen. Hierher
[96]Anhang.
gehören auch diejenigen Perſonen, welche in der Dampfpinaſſe
ſich aufhielten, die an der Steuerbord-Backſpier lag.
2. Perſonen, welche ſich weiter entfernt von der Exploſions-
ſtelle befanden, alſo hinten im Schiffe und unter Deck,
haben eine oder zwei Exploſionen wahrgenommen.
3. Perſonen, welche ſich außerhalb des Schiffes, alſo an
Bord anderer Schiffe oder an Land befanden, haben
ganz deutlich zwei Exploſionen unterſchieden.
Die zuerſt genannten Zeugen beſchreiben ihre Wahrnehmungen
(wie nicht anders zu erwarten) ſehr verſchieden. Der Eine hat nichts
gehört, ſondern wurde nur fortgeſchleudert; der Andere hörte einen
rieſenhaften Schlag; ein Anderer ſah das Deck ſich öffnen; die
Mannſchaften aus der Dampfpinaſſe befanden ſich plötzlich im
Waſſer u. ſ. w.
Dabei hat der Eine Pulvergeruch verſpürt, ein Anderer den
Geruch verbrannter Kleider.
Die demnächſt in Betracht kommenden Zeugen haben eine oder
zwei Exploſionen wahrgenommen.
Wo nur eine Exploſion gemerkt wurde, wird dieſelbe wiederum
ſehr verſchieden beſchrieben. Hier iſt es mehr das Gefühl, dort mehr
das Gehör, an dritter Stelle mehr das Geſicht, welches die Wahr-
nehmung auf die Perſönlichkeit übertrug.
Ueberall, oder faſt überall da, wo zwei Exploſionen verſpürt
wurden, lauten die Beſchreibungen der erſten Exploſion ſehr merk-
würdig. Der eine Zeuge nennt ſie einen dumpfen, mächtigen Schall;
der andere ein Zittern des Schiffes; der dritte ein Erbeben; ein
anderer vergleicht ſie mit einem elektriſchen Schlage, ein anderer mit
einem Kanonenſchuß außerhalb des Schiffes; der nächſte nennt ſie
eine Unter-Waſſer-Exploſion; der folgende ſagt, es wäre geweſen, als
ob das Schiff von einem Boote gerammt worden ſei; es fehlt nicht
an einem Zeugen, welcher einfach erklärt: er könne es nicht beſchreiben,
wie die Exploſion geweſen ſei; und ſchließlich iſt ſogar ein Zeuge vor-
handen, welcher ſagt: der erſte Vorgang wäre keine Exploſion geweſen.
Ebenſo verſchieden lauten die Angaben hinſichtlich des Zeit-
unterſchiedes zwiſchen beiden Exploſionen. Die einzelnen Angaben
mögen hier übergangen ſein, da es bekannt ſein dürfte, daß bei ſolchen
Gelegenheiten die erſtaunlichſten Verſchätzungen vorkommen.
[97]Der Untergang der „Maine“.
Feſtgeſtellt iſt es, daß alle dieſe Zeugen nur einen ſehr
kurzen Zeitraum zwiſchen beiden Exploſionen gemeint haben.
Daſſelbe oder ein ſehr ähnliches Bild ergeben dagegen die
Angaben hinſichtlich der zweiten Exploſion, welche ohne allen
Zweifel durch das Detoniren eines oder mehrerer der
vorderen Munitionsräume hervorgebracht worden iſt.
Wiederum verſchieden lauten die Angaben, ob das Schiff ſich
bei der erſten oder der zweiten Exploſion gehoben oder ſich übergelegt
habe. Erwieſen iſt es, daß das Hinterſchiff mit Schlagſeite nach
Backbord geſunken iſt.
Es erübrigt, die Ausſagen derjenigen Zeugen in Betracht zu
ziehen, die an dritter Stelle genannt ſind, d. h. derjenigen, die ſich
nicht an Bord der „Maine“ befanden.
Dieſe Perſonen haben ganz deutlich zwei Exploſionen
wahrgenommen, und wie vorhin — wenn auch nicht ſo auffällig, da
die Zahl der vernommenen Zeugen nur gering iſt — weichen die
Beſchreibungen der erſten voneinander ab, während diejenigen der
zweiten Exploſion daſſelbe oder ein ähnliches Bild, nämlich das einer
Ueber-Waſſer-Pulverexploſion, ergeben.
Meiſt wird die erſte Exploſion mit einem Kanonenſchuß aus
großer Entfernung verglichen.
Auch die Zeitunterſchiede werden verſchieden groß angegeben.
Als erwieſen darf es aber betrachtet werden, daß der Zeit-
unterſchied ſich an den Aufenthaltsorten dieſer Perſonen
bedeutend bemerklicher machte wie an Bord der „Maine“
ſelbſt.
Einige dieſer Zeugen wollen ein Sich-Erheben des Schiffes
bemerkt haben.
Folgende negativen Ergebniſſe haben die Ausſagen aller drei
Kategorien von Zeugen gehabt:
Es iſt bei der Exploſion kein Waſſer in die Luft geſchleudert
worden;
es iſt keine Wellenerſcheinung beobachtet worden;
es ſind keine todten oder betäubten Fiſche bemerkt worden.
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 7
[98]Anhang.
III.Das Wrack der „Maine“.
Die Wirkung der Exploſion oder der Exploſionen ergiebt ſich
am deutlichſten aus einem Vergleiche der beigegebenen Zeichnungen 1,
2 und 3 und der Abbildungen a und b.
Es iſt erſichtlich, daß die „Maine“ ihre ſchweren (25,4 cm-)
Geſchütze in Thürmen führte, welche in diagonaler Richtung (d. h. der
vordere an Steuerbord, der hintere an Backbord) auf dem
Oberdeck ſtanden.
Durch die Exploſion iſt das Vorſchiff einſchließlich des vorderen
Thurmes vollſtändig von dem Hintertheile des Schiffes losgeſprengt
worden. Vom Vorſteven bis Spant 18 hängt der vordere Theil noch
zuſammen (Fig. 3), es folgt ein gewaltiger Trümmerhaufen und an
dieſen ſchließt ſich das Hinterſchiff an, welches von den vorderen Keſſeln
nach hinten zu wiederum zuſammenhängt, in der Gegend der Keſſel
aber auseinandergetrieben iſt.
Um dieſes Wrack herum liegen Wrackſtücke, wie ſie in Fig. 2
angegeben ſind.
Hervorgehoben muß werden, daß an Backbord, querab von der
Sprengſtelle, keine Wrack- oder Sprengſtücke gefunden worden ſind
und daß auch der vordere Thurm bislang nicht entdeckt werden konnte.
Der Vorſteven iſt nach Backbord verſchoben worden, wenn man
die Sprengſtelle als Drehpunkt anſieht. Der Fockmaſt iſt nach Back-
bord vorn gefallen, der vordere Schornſtein auf die Steuerbordſeite
des Aufbaudecks, der achtere auf den hinteren Thurm, alſo nach
Backbord.
War bislang eine Beſchreibung der Anſicht von oben gegeben,
ſo erübrigt noch je eine Darſtellung der Wirkungen, von der Seite
und von vorn oder hinten geſehen.
Von Backbord geſehen, zeigt ſich das Vorſchiff mit der Bruch-
ſtelle in die Höhe gehoben, der Sporn (Fig. 3) iſt mithin in den
Boden gedrungen. Die drei Stellen H, K und M (Fig. 1 a) liegen
jetzt über Waſſer und ſind, von hinten nach vorn geſehen: H ein
Stück des Spantes 17 und des zweiten Längsſpantes; K ein Stück
des Backbord-Panzerdecks, querab vom Kettenkaſten; M ein Stück
des Backbord-Zwiſchendecks mit dem Reſte eines Speigats, abgebrochen
bei Spant 19.
[]
Aus Marine Engineering 1898, No. 3. Bild a der „Maine“.
[][]
Aus Message from the President etc. transmitting the report etc. Bild b der „Maine“.
[][99]Der Untergang der „Maine“.
7*
[100]Anhang.
Bei Spant 18 iſt der Kiel eingeknickt (Figur 3) und ragt bis
dicht unter die Waſſeroberfläche; die Backbord-Seitenwand des Schiffes
iſt von dieſem Punkt nach vorn zu in mehrere Lappen geriſſen,
welche, nach außen und nach vorn herumgebogen, die ungefähre
Geſtalt eines auf dem Kopfe ſtehenden V bilden.
Beim Vorſteven, oder unter der Sprengſtelle, jedenfalls in der
Nähe beider, zeigt der Boden des Hafens ein Loch. (Die Angaben
der Taucher über den genauen Ort weichen voneinander ab.)
Im Hinterſchiffe ſind das Panzerdeck an Backbord zwiſchen
Spant 30 und 41 leicht nach Backbord und in die Höhe, das
Oberdeck an Steuerbord zwiſchen denſelben Spanten leicht nach
Steuerbord, in die Höhe und mit den darüberliegenden Theilen des
mittleren Aufbaues nach hinten und auf ſich ſelbſt zurück gebogen
worden; das Deck bildet alſo auch hier ein V, deſſen offene Seite
nach hinten liegt.
Von hinten geſehen liegt das Hinterſchiff nach Backbord über;
das Vorſchiff iſt nach Steuerbord auf die Seite gelegt worden.
IV.Das Gutachten der Unterſuchungskommiſſion
der Vereinigten Staaten.
Auf Grund der Vernehmungen und des Befundes hat die von
der Regierung der Vereinigten Staaten eingeſetzte Unterſuchungs-
kommiſſion ein Gutachten abgegeben, welches dahin lautet, daß:
1. die „Maine“ am 25. Januar in Havana angelangt u. ſ. w.;
2. die Disziplin an Bord vorzüglich geweſen u. ſ. w.;
3. daß das Schiff am 15. Februar um 9 Uhr 40 Minuten
abends, auf ſeinem bisherigen Platze liegend, zerſtört, und
zwar infolge von zwei Exploſionen zerſtört worden ſei;
daß dieſe Exploſionen ausgeprägt verſchiedenen Cha-
rakters geweſen wären und nur einen ſehr kleinen
Zeitunterſchied zwiſchen ſich gehabt hätten; daß die erſte
Exploſion mehr einem Schuſſe geglichen habe, während
die zweite mehr offen, von längerer Dauer und
größerem Umfang geweſen ſei und daß letztere auf die
theilweiſe Exploſion von zwei oder mehreren der
vorderen Munitionskammern zurückzuführen ſei;
[101]Der Untergang der „Maine“.
4. daß beſtimmte Angaben über den Zuſtand des Wracks nicht
gemacht werden könnten, da die Angaben nur von Tauchern
ſtammten; daß dagegen das Auf- und Zurückbiegen des
Ober- und des Panzerdecks zwiſchen den Spanten 30
und 41 von der theilweiſen Exploſion von zwei oder
mehreren Munitionsräumen des Vorſchiffes abzuleiten ſei;
5. daß eine Stelle der Außenhaut des Schiffes bei Spant 17,
welche bei normalen Verhältniſſen 11 ½ Fuß ſeitwärts der
Mittellinie und 6 Fuß über dem Kiel gelegen iſt, in eine
Stellung getrieben wurde, die jetzt 4 Fuß über Waſſer,
daher 34 Fuß höher liege wie dann, wenn das Schiff
unverletzt geſunken wäre;
daß der äußere Schiffsboden in die Geſtalt eines um-
gekehrten V und deſſen hinterer Flügel, welcher 15 Fuß breit
und 32 Fuß lang iſt (von Spant 17 bis 25) auf ſich ſelbſt
und gegen ſeine eigene Verlängerung nach vorn zu um-
gebogen worden ſei;
daß die Mittelkielplatte (vertikale) bei Spant 18 ge-
brochen und daß die flache mittlere Bodenplatte (flache Kiel)
in einen ähnlichen Winkel gebogen ſei wie die Boden-
beplattung; daß dieſe Bruchſtelle ſich jetzt 6 Fuß unter Waſſer
und ungefähr 30 Fuß über ihrer normalen Stellung befinde;
daß dieſe Wirkung nur durch eine Mine hervor-
gebracht ſein könne, welche ſich bei Spant 18 unter
dem Schiffsboden und etwas an Backbord befunden
habe;
6. daß der Verluſt des Schiffes Niemandem der Schiffsbeſatzung
zur Laſt falle;
7. daß der Verluſt des Schiffes vielmehr durch die
Exploſion einer Unter-Waſſer-Mine bewirktworden
wäre, welche (Exploſion) wiederum das Detoniren
zweier oder mehrerer der vorderen Munitions-
räume zur Folge gehabt habe, und ſchließlich
8. daß hinſichtlich der Verantwortlichkeit eine beſtimmte Perſon
oder irgendwelche Perſonen nicht bezeichnet werden könnten.
[102]Anhang.
V.Das Gutachten der ſpaniſchen Kommiſſion.
Die zu gleichem Zwecke eingeſetzte ſpaniſche Unterſuchungs-
kommiſſion weiſt die Möglichkeit, daß die „Maine“ durch eine Mine
zerſtört worden ſei, weit von ſich und hält es auch für unmöglich,
daß ein Torpedo ſolches ſollte bewirkt haben können. Es ſeien weder
eine Beobachtungsſtation, noch Kabel zum Zünden einer Mine
gefunden worden.
Es hätten ferner alle mit der Exploſion eines Torpedos ver-
bundenen Begleiterſcheinungen, wie aufſteigende Waſſerſäule, Bewegung
des Waſſers, Erſchütterungen an Land, getödtete Fiſche, gefehlt, und
der Hafendamm hätte keine Beſchädigungen aufzuweiſen.
Es wird ferner aufgeführt, daß es nicht gelungen ſei, Angaben
über die Mengen exploſiver Stoffe zu erhalten, welche die „Maine“
an Bord gehabt habe, daß es nicht gelungen ſei, Vernehmungen von
Perſonen der Schiffsbeſatzung anzuſtellen, und ſchließlich, daß die
Kommiſſion daran verhindert worden wäre, eine Beſichtigung des
Wracks vorzunehmen, daß aber, als ſolches möglich, das Wrack ſchon
zu tief in den Schlick verſunken geweſen ſei.
Eine Veränderung des Meeresbodens hätten die ſpaniſchen Taucher
nicht konſtatiren können, wohl aber ſtände es außer allem Zweifel,
daß an Bord der „Maine“ Munitionsräume explodirt ſeien.
Schließlich wird angeführt, daß bislang noch kein Fall bekannt
ſei, in dem eine Mine oder ein Torpedo auch die Munitionsräume
eines Schiffes zur Exploſion gebracht habe, daß dagegen eine Menge
von Urſachen denkbar wären, welche eine Entzündung hätten zur
Folge haben können.
Daher lautet das Gutachten dahin, daß:
1. die „Maine“ durch eine Exploſion im Vorſchiffe zu Grunde
gegangen ſei,
2. daß nach den Schiffsplänen nur Pulver und Granaten in
Frage kämen,
3. daß die betreffenden Munitionsräume nach den Plänen von
Kohlenbunkern umgeben geweſen wären,
4. daß die Exploſion nur innere Urſachen gehabt habe,
5. daß es für die ſpaniſche Kommiſſion unmöglich ſei, die inneren
Urſachen aufzudecken,
[103]Der Untergang der „Maine“.
6. daß eine eventuelle genauere Unterſuchung des Wracks die
Richtigkeit obiger Schlüſſe darthun würde, daß aber dieſe
Beſichtigung nicht nöthig ſei, um die Richtigkeit der Schlüſſe
zu bekräftigen.
VI.Iſt die „Maine“ durch eine Mine zerſtört worden?
Es wird zunächſt den Gründen nachzuforſchen ſein, welche die
amerikaniſche Kommiſſion bewogen haben, an die Wirkung einer Mine
zu glauben.
Nach Anſicht dieſer Kommiſſion hat nur eine Mine das
Hochtreiben des Achtertheiles des abgeſprengten Vorſchiffes
bewirken und den Bodenplatten und dem Kiele die umgedrehte
V-Form geben können; ferner behauptet die Kommiſſion, daß
das Pulver der Munitionsräume durch die Mine entzündet
worden wäre.
Der Einwand, der hier zu machen iſt, läßt ſich durch zwei
Fragen am beſten illuſtriren:
1. Hält man die Ergebniſſe der Sprengtechnik für ſo fort-
geſchritten, daß es möglich ſein ſollte, an einem und demſelben
Objekt die Wirkungen zweier kurz aufeinander erfolgter
Sprengungen voneinander zu unterſcheiden, und iſt es
daher möglich, von den Wirkungen wieder rückwärts auf die
Urſachen zu ſchließen?
2. Wenn nun die erſte Exploſion wirklich diejenige einer Mine
war, und wenn ſie dem Kiel und der Bodenbeplattung jene
V-Geſtalt verlieh: welche Wirkung hatte denn die zweite
Exploſion auf die V-Form?
Die Sprengtechnik — nicht etwa die Kenntniß der Spreng-
ſtoffe ſelbſt — iſt ein noch recht wenig beackertes Feld.
Es iſt allerdings möglich, daß eine Mine, wenn ſie vorhanden
war, jene V-Form erzeugte, es iſt möglich, daß die zweite Exploſion
das V noch mehr ausgeformt hat; es iſt aber (Zeichnung 3) auch
die Behauptung zuläſſig: Wenn eine Mine den Kiel bei
Spant 18 nach oben trieb, dann mußte die zweite, augenſcheinlich
ſtärkere Exploſion, welche oberhalb wirkte, den Kiel wieder nach
unten treiben; folglich kann das In-die-Höhe-treiben des Kiels bei
Spant 18 nicht von der Exploſion einer Mine herrühren.
[104]Anhang.
Wenn ferner die amerikaniſche Kommiſſion annimmt, daß der
Inhalt der Munitionsräume durch die Mine entzündet worden ſei,
ſo ſteht dieſer Anſicht bislang eine experimentale Beſtätigung nicht
zur Seite.
Die Erſchütterung kann die Exploſion nicht bewirkt haben, denn,
wenn es auch bei Hochexploſivſtoffen, wie Dynamit, Schießwolle,
Melinit u. ſ. w. der Fall iſt, welche nur durch Erſchütterung (d. h.
durch eine beſondere Exploſion) zur Exploſion, durch eine Flamme
aber nur zum Abbrennen gebracht werden, ſo iſt das bei Pulver
nicht ohne Weiteres anzunehmen. Hier muß alſo eine Flamme oder
eine Stichflamme (der Mine) durch die doppelte Bodenbeplattung und
ſonſtigen Wände hindurch die Entzündung verurſacht haben, wenn
eine Mine als Urſache der Exploſion gelten ſoll. Oder beſteht das
amerikaniſche Pulver aus Hochexploſivſtoffen, und iſt es ſo gefährlich,
daß es durch die Erſchütterung entzündet werden kann?
Aber weiter! Befand ſich wirklich eine Mine bei Spant 18
etwas an Backbord unter dem Schiffsboden, wie die amerikaniſche
Kommiſſion annimmt, ſo hat dieſe Mine eine höchſt erſtaunliche
Wirkung gehabt, welche den bisherigen Erfahrungen geradeswegs
widerſpricht.
Aus Fig. 1 und Fig. 3 iſt der Ort erſichtlich, wo die Mine
ſich befunden haben ſoll. Es ſind, wenn letztere Zeichnung nur
einigermaßen richtig iſt, an dieſer Stelle die verſchiedenen um-
gekehrten V-Biegungen entſtanden. Die Mine hätte alſo die
Biegungen und die (in der Zeichnung) von oben nach unten laufenden
Schlitze hervorbringen müſſen, und die dunkle Stelle (Fig. 3) wäre
etwa der Sprengmittelpunkt. Entweder mußte alſo die Mine zuerſt
dieſe Sprünge erzeugen, und ihr Feuerſtrahl mußte bis in die
Munitionskammer, welche, bei Spant 18 beginnend, nach hinten
reicht, durchdringen, oder die Mine mußte zuerſt die gewaltige Beule
in den Schiffsboden ſchlagen, welche durch die V’s repräſentirt wird,
die Bordwand mußte dann oder während des Entſtehens der Beule
reißen, und nun konnte der zündende Feuerſtrahl durchdringen.
In Wirklichkeit haben aber Minen bislang ſtets ein Loch ge-
ſchlagen, welches nicht, wie die dunkel gezeichnete Stelle der Fig. 3
oder wie der nächſte rechts gelegene ſehr ähnliche Schlitz längs der
Mittelkielplatte ausſieht, oder Minen haben Beulen erzeugt, wenn
[105]Der Untergang der „Maine“.
nämlich ihre Kraft zum Durchſchlagen der Schiffswand nicht
ausreichte.
Die Mine aber, welche die Kraft hatte, den Kiel bei Spant 18
bis dicht unter die Waſſeroberfläche zu treiben, muß eine gewaltige
Kraft gehabt haben und muß einen ſehr langſam brennenden
Sprengſtoff enthalten haben, denn im anderen Falle zertrümmert
ſie die ihr entgegenſtehenden Hinderniſſe und erzeugt keine ſo auf-
fallende Beule.
Konnte nun ein langſam brennender Sprengſtoff die Zeit finden,
mit ſeinem Feuerſtrahl bis in die Munitionskammer durchzudringen?
Konnte er gewiſſermaßen ſein Feuer ſo lange halten, bis ein Loch
dafür, alſo gewiſſermaßen ein Zündloch, entſtanden war?
Ein Loch aber entſteht doch erſt beim Weiterentwickeln der Beule
und iſt nicht unbedingt nothwendige Initialerſcheinung derſelben.
Sei dem, wie ihm wolle, man thut jedenfalls gut, nach einer
einfacheren Erklärung zu ſuchen.
Die ſonſtigen Gründe, welche gegen die Annahme ſprechen, daß
eine Mine die Urſache des Unterganges des Schiffes geweſen ſei,
werden ſchon im Gutachten der ſpaniſchen Kommiſſion genannt und
haben bereits früher unter II. Erwähnung gefunden; es muß trotzdem
an dieſer Stelle noch geſagt werden, daß die verſchiedenſten Zeugen-
ausſagen der Annahme einer Mine direkt entgegenſtehen, und daß die
Ausſagen mancher Zeugen direkte Widerſprüche in ſich enthalten. So
ſagt ein Zeuge, es wäre eine ſehr ſchwere Mine geweſen, behauptet
dann aber, daß das Schiff ſich nicht gehoben habe; der Sachverſtändige
ſagt aber, daß eine ſchwere Mine eine Bewegung des Schiffes wie im
Seegang erzeugt haben würde. Ein weiterer Zeuge ſagt direkt aus,
der erſte Vorgang wäre keine Exploſion geweſen; wiederholt ſei daher
auf das unter II. beſchriebene Bild der Exploſion hingewieſen.
Nun wird von der amerikaniſchen Kommiſſion ſelbſt die Exploſion
der Munitionsräume zugegeben. Das Feuer der Mine, wenn eine
ſolche vorhanden war, mußte alſo bis in die Munitionsräume, ſpeziell
die vorderſte Sechszöller-Munition, dringen. Gleichzeitig mußten
hier einige Granatpatronen vom Feuer vollſtändig umſpült werden,
und nun mußte die Exploſion ſich weiter fortpflanzen. Es kann ſein,
daß dem ſo war; es iſt dies aber eine ſchwer zu begründende
Annahme.
[106]Anhang.
Iſt es aber zweifelhaft, ob eine Mine explodirt iſt, ſo ſteht die
Exploſion von Munitionsräumen außer jedem Zweifel. Es wäre
überflüſſig, dieſes des Längeren beweiſen zu wollen, da die amerikaniſche
Kommiſſion ſelbſt es zugiebt.
Es ſei daher die Wirkung der letzteren Exploſion allein einer
Unterſuchung unterzogen.
VII.Wie hat die Pulverexploſion gewirkt?
Fig. 4 und 5 ſtellen Anſichten der Munitionsräume dar.
Zunächſt ſei angenommen, daß eine, und zwar nur eine
Exploſion bei ungefähr Spant 24 ſtattfinde. Sollte es ſich ergeben,
daß die Wirkungen und Erſcheinungen die Annahme beſtätigen, ſo
muß umgekehrt die letztere richtig ſein.
Wird eine Exploſion, die ungefähr in der Symmetrieebene des
Schiffes innerhalb der Munitionsräume ſtattfindet (Fig. 4), nach allen
Seiten dieſelbe Wirkung haben?
Ohne Zweifel ſchlägt eine Exploſion dort durch, wo ſie den
geringſten Widerſtand findet.
Wo findet die Exploſion bei Spant 24 und dahinter den
geringſten Widerſtand?
Es dürfte die Behauptung nicht zu kühn ſein: zunächſt nach
Backbord oben, demnächſt nach Backbord und nach Steuerbord unten;
denn hier dürften die Widerſtände die geringſten ſein.
Da der vordere Thurm an Steuerbord ſteht, ſo muß
naturgemäß die Beanſpruchung der Verbände, wie Spanten, Decks-
balken und Längsverbände, eine auf jeder Schiffsſeite verſchiedene
ſein, da die Backbordſeite unbelaſtet iſt.
Jedenfalls liegt in der Richtung vom Sprengzentrum nach dem
Mittelpunkte des Thurmes der größte Widerſtand, gegenüber dem
Thurm an Backbord der geringſte.
Wohin muß mithin die Hauptrichtung der Exploſion, die Spreng-
garbe, zeigen?
Vom Sprengzentrum nach links oben, d. h. nach Backbord!
Hier hinaus mußte die Hauptwirkung erfolgen, hier hinaus iſt ſie
auch erfolgt, denn an dieſer Stelle iſt nichts mehr von dem Schiffe
vorhanden; hier fehlt ein Stück Bordwand!
[107]Der Untergang der „Maine“.
Nach Steuerbord oben iſt die ſichtbare Kraftentfaltung innerhalb
des Spantes die geringere geweſen, denn hier ſetzte das Gewicht des
Thurmes, vielleicht auch eine ſtärkere Konſtruktion, den meiſten Wider-
ſtand entgegen; daher findet ſich auch an Steuerbord, im Gegenſatz
zu der leeren Stelle an Backbord und ihr gegenüber, ein großer
Trümmerhaufen, der eben von den Ueberreſten des Thurmes ge-
bildet wird.
Was wird aber die weitere Folge der Löſung der Schiffs-
verbände in der Umgebung des Spantes 24 ſein? Offenbar wird
[108]Anhang.
doch das Gegengewicht zum Steuerbord vorderen durch den Backbord
achteren Thurm erzielt. Es hat mithin das Vorſchiff die Tendenz,
die Vorbedingung zur Schlagſeite nach Steuerbord, das Achterſchiff
nach Backbord. In dem Momente, wo die Sprengung aus dem Schiffe
einen vorderen und einen achteren Theil zu machen beginnt, treten
mithin auch Kräfte — und wohl nicht ganz unweſentliche — auf,
welche das Vorſchiff nach Steuerbord, das Achterſchiff nach Backbord
um die Längsachſe drehen.
[109]Der Untergang der „Maine“.
Die Wirklichkeit aber beſtätigt die Vorausſetzung, denn thatſächlich
liegt der abgeſprengte vordere Theil des Schiffes auf ſeiner Steuer-
bordſeite, und das Achterſchiff liegt mit einer Neigung nach Backbord
auf Grund, und die Geſchütze des vorderen Thurmes liegen zu
unterſt des bereits genannten Trümmerhaufens (Fig. 3) und konnten
daher naturgemäß nicht gefunden werden.
[110]Anhang.
Das oben hinſichtlich der Richtung der Maximalwirkung Geſagte
muß vielleicht des Näheren bewieſen werden. Es genüge die An-
führung folgender thatſächlicher Erſcheinungen: Ein mit Exploſivſtoffen
gefüllter Schuppen mit einfachem ſchrägen Dach zeigt bei der Sprengung
das in Fig. 6 wiedergegebene Bild, ein mit doppeltem ſchrägen Dach
verſehener Schuppen das Bild der Fig. 7. Jede weitere Erklärung
ſcheint überflüſſig.
Vergegenwärtigt man ſich nunmehr das Bild der Sprengung,
z. B. von Backbord geſehen, ſo wird man finden, daß das Vorſchiff
infolge der Form der Sprenggarbe einen Impuls mit ſeiner Ober-
kante nach vorn erhält — man denke an das Hinterſchiff, deſſen nach
oben und hinten umgebogene Decks daſſelbe Bild, naturgemäß mit
der Kraftrichtung nach hinten, zeigen —, der abgeſprengte Theil des
[111]Der Untergang der „Maine“.
Schiffes wird mithin mit dem Vorſteven zuerſt nach unten gedrückt;
es können aber auch die Gewichte des Vorſtevens, der Anker und der
Buggeſchütze dieſe Drehung um eine horizontale Querachſe bewirkt
haben, wenn nämlich infolge der Exploſion die Verbindungen mit
dem weiter zurückgelegenen Steuerbordthurm weiter gelöſt ſind. Nun
iſt das Vorſchiff ſchnell, das Achterſchiff langſamer geſunken. Das
Vorſchiff lag mithin zuerſt auf Grund, ſollte ſich da nicht der Knick
im Kiel, das vielberufene umgekehrte V des Kieles, von ſelbſt
während des Sinkens des Schiffes gebildet haben?
Die Bruch- bezw. Biegeſtelle muß ja ſogar hoch und dicht
unter Waſſer liegen.
Man denke ſich den ungefähr bei Spant 18 abgebrochenen
Schiffstheil in aufrechter Lage auf dem Meeresboden ſtehend. Nun
denke man ſich den Sporn in den Meeresboden herabgedrückt und
den abgeſprengten Theil des Schiffes (von hinten geſehen) nach rechts
hin übergerollt. Entſprechend der Gellung *) des Schiffes wird ſich der
Kiel vom Meeresboden erheben, und zwar mit ſeinem vorderſten Theile
am wenigſten, mit ſeinem hinterſten Punkte — und das iſt die Stelle
bei Spant 18 — am höchſten.
Dieſe Lage hat das Vorſchiff der „Maine“.
Das Hinterſchiff liegt mit einer Krängung nach Backbord auf
dem Meeresboden. Von Spant 18 an iſt die Verbindung mit dem
Hinterſchiffe gelockert oder ganz gelöſt.
Da nun der Kiel vom Vorſteven bis Spant 18 im Vorſchiffe
noch feſt oder einigermaßen feſt liegt, die Bruchſtelle durch das Ueber-
rollen zur Seite in die Höhe getrieben iſt, ſo mußte der Kiel
ungefähr an dieſer Stelle ein V bilden, denn ſeine Fortſetzung nach
hinten liegt ja unter den Trümmern des Schiffes von Spant 23
bis 30 und unter dem Hinterſchiffe, mithin auf dem Meeresboden,
alſo tief.
Es muß die Sprengung noch in ihrer Wirkung von oben be-
trachtet werden. Die Verſchiebung des Vorſchiffes aus der Kiellinie,
mithin die Drehung um eine Vertikalachſe, kommt weniger in Betracht
und dürfte ſich ähnlich erklären laſſen, wie die vorhin beſchriebene
Drehung um die Querachſe; von Wichtigkeit aber iſt die Entſtehung
jener V-förmig gebogenen Lappen Fig. 3.
[112]Anhang.
Denkt man ſich die Wirkungen der Exploſion, welche nach Back-
bord unten und nach der Seite gerichtet ſind (Fig. 4 und Fig. 1),
ſo ergiebt ſich, daß ein Zerreißen des Schiffsbodens längs der Längs-
ſpanten und des Kieles nicht allein möglich, ſondern ſehr wahrſcheinlich
iſt, daß mithin einzelne Lappen in radialer Richtung vom Spreng-
zentrum abſtehen. Wird nun das Vorſchiff um eine Längs-, eine
Quer- und eine Vertikalachſe gedreht, ſo ergiebt ſich die eigenthümliche
Lage, welche zu der Annahme geführt hat, daß dieſe V-förmig
gebogenen Lappen von der Exploſion einer Mine herrühren müßten.
Ein Blick auf das Hinterſchiff zeigt übrigens auch dieſes V. Das
Steuerbord-Oberdeck iſt mit dem auf ihm ruhenden Aufbau nach oben,
zurück und auf ſich ſelbſt gebogen worden. Schon vorhin iſt geſagt, daß
ſich hier ein V gebildet hat, deſſen offene Seite nach hinten zeigt.
Denkt man ſich dieſes Deck um eine Längsachſe bis unter Waſſer
gedreht — da hat man daſſelbe V, wie es das Vorſchiff zeigt, nur
zeigt es, weil es hinter dem Sprengzentrum liegt, mit ſeiner offenen
Seite nach hinten.
Erwähnt ſoll an dieſer Stelle ſchließlich ſein, daß auch das
räthſelhafte Loch im Meeresboden bei dieſer Exploſion oder beim
Eindringen des Vorſtevens in den Schlick entſtanden ſein mag.
Es erſcheint nach Vorſtehendem keineswegs aus-
geſchloſſen, daß nur eine Pulverexploſion allein die Zer-
ſtörung der „Maine“ bewirkt habe.
Sollte es nun noch möglich ſein, die Wahrnehmungen
während der Exploſion auf natürlichem Wege zu erklären,
ſo würde der Ring der Vermuthungen geſchloſſen ſein, welche für die
Annahme nur einer Exploſion ſprechen.
VIII.Wie äußert ſich eine Exploſion auf Auge,
Ohr und Gefühl?
Zu Beginn dieſes Abſchnittes ſei auf eine Arbeit im Februar-Heft
der „Marine-Rundſchau“ hingewieſen, welche von Doppelerſcheinungen
bei Exploſionen handelt.
Die in dieſer Arbeit gemachten Wahrnehmungen haben inzwiſchen
auch für Ueber-Waſſer-Exploſionen Beſtätigung gefunden; auch der
amerikaniſche Sachverſtändige kennt eine Doppelwirkung, hat dafür
aber eine andere Erklärung.
[113]Der Untergang der „Maine“.
Es äußert ſich thatſächlich jede Exploſion auf zweierlei Weiſe.
Vielleicht geht man nicht zu weit, wenn man das Vorhandenſein
dieſer Doppelerſcheinungen für jedes plötzliche und heftige Aendern
der jeweiligen Bewegung aller Maſſen behauptet.
Aus dem Leben mag hier eine Beobachtung angeführt ſein. Wird
z. B. in einer ſtillen Nacht, wenn andere Geräuſche nicht ſtören, in
der Ferne mit ſchweren Geſchützen geſchoſſen, ſo hört man zuerſt ein
leiſes Klirren der Fenſter und dann erſt den Schall des Schuſſes.
Wenn man ſchwere Gegenſtände fallen ſieht, ſo merkt man zuerſt
ein Zittern des Erdbodens und hört dann erſt den Schlag.
Alle Vergleiche hinken mehr oder minder.
Wer aber ſchon eine kräftige Exploſion zu beobachten Gelegenheit
hatte, wird ſich ſehr deutlich zweierlei Wahrnehmungen erinnern. Bei
Unterwaſſerexploſionen merkt man ſehr deutlich als erſte Erſcheinung
einen — es ſei der Ausdruck geſtattet, da es für dieſes je ne sais
quoi noch kein Wort giebt — Knacks, einen kurzen Stoß; man
empfindet bei ſchweren Exploſionen das, was ein bei ernſter Sprache
freilich nicht gebräuchliches Wort bezeichnet, was hier aber, da es das
Schwarze trifft, abſichtlich angeführt werden ſoll, man verſpürt
ein „Ra—bum“.
Die wiſſenſchaftliche Erklärung findet ſich, wie ſchon geſagt, in dem
vorerwähnten Aufſatze des Februar-Heftes der „Marine-Rundſchau“;
als allgemeine Erklärung mag angeführt ſein, daß der erſte, vom
Verfaſſer jenes Aufſatzes Vibrationsſtoß genannte Stoß ſich in der
Erdoberfläche bedeutend ſchneller fortpflanzt wie die Kraftentfaltung
und die von ihr herrührende Erſchütterung ſelbſt.
Nur in großer Nähe der Exploſion ſpürt man einen Schlag,
hier fallen „Ra“ und „Bum“ zuſammen, oder zu nahe zuſammen,
um durch die menſchlichen Sinne unterſchieden werden zu können;
je größer die Entfernung, deſto größer der Unterſchied der Fort-
pflanzungsgeſchwindigkeiten, deſto größer die Wahrnehmbarkeit, deſto
deutlicher zwei Empfindungen.
Auch die Menge des explodirenden Stoffes iſt von Einfluß. Je
kleiner die Menge, deſto undeutlicher, je größer, deſto deutlicher die
Doppelwirkung.
Dieſe Doppelerſcheinungen äußern ſich auf verſchiedene Menſchen
verſchieden. Der eine hört es mehr, der andere fühlt es mehr,
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 8
[114]Anhang.
jedenfalls haben aber die meiſten, oder faſt alle Menſchen zwei
Empfindungen.
Sollten nicht hiermit die verſchiedenen Wahrnehmungen
bei der Exploſion der „Maine“ in engſtem Zuſammen-
hange ſtehen?
Hat aber nur eine Exploſion ſtattgefunden, wie
war die möglich?
Jenun, auch dafür findet man in dem Bericht
der Kommiſſion Anhaltspunkte, wenn auch keines-
wegs angezweifelt werden ſoll, daß die Ordnung an
Bord der „Maine“ eine muſterhafte geweſen war.
So finden ſich Ausſagen, daß an einer Stelle Oel
in die Bunker leckte, daß die Nüchternheit eines
Laſtmannes nicht ſtets über allen Zweifel erhaben,
daß der Betrieb der elektriſchen Beleuchtung nicht
immer in Ordnung geweſen ſei, daß die Thermo-
ſtate der Kohlenbunker manchmal falſch angezeigt
hätten, daß eine waſſerdichte Thür im Proviant-
ausgaberaum (paymasters issuing room) nicht
dicht geſchloſſen habe, daß der Feuerwerker ſeit
drei Wochen vor dem Unglück vom Dienſt ſuspendirt
worden war, daß im paymasters store room
(Proviantlaſt?) Kleider aufbewahrt wurden, und
andere Kleinigkeiten mehr.
Es finden ſich aber auch Ausſagen, daß die Ronde
an jenem Tage nicht durch das ganze Schiff ge-
kommen war, daß alle Panzerluks im Vorſchiffe
geſchloſſen, und daß die angrenzenden leeren Kohlen-
bunker an jenem Tage oder kurz vorher friſch
gemalt worden waren.
Wer kann ſagen, daß unten im Schiffe Alles
in Ordnung, wer kann ſagen, daß irgend Etwas
nicht in Ordnung geweſen ſei?
IX.Was kann mithin der Grund der Exploſion an Bord
der „Maine“ geweſen ſein?
Die Frage definitiv zu beantworten, iſt ſchwer.
[115]Der Untergang der „Maine“.
Die größte Wahrſcheinlichkeit hat die Annahme, daß infolge von
Gasbildung aus Kohlen oder friſcher Farbe und durch irgend welche
Entzündung dieſer Gaſe, vielleicht auch durch einfache Selbſtentzündung
die vorderen Munitionsräume zur Exploſion gebracht worden ſind,
daß nur eine Exploſion ſtattgefunden hat, daß aber eine Mine
nicht mit im (ſehr ernſten) Spiele geweſen iſt.
Fig. 8 zeigt die engliſche Korvette „Doterel“, welche infolge
Exploſion der vorderen Pulverkammer ebenfalls zu Grunde ging.
Hier waren Farbegaſe die Quelle des Unheils. Die Aehnlichkeit der
Verhältniſſe iſt in die Augen ſpringend.
Es erübrigt nur noch zu bemerken, daß die amerikaniſche Kom-
miſſion dadurch, daß ſie zwei Exploſionen zugegeben hat, ſich augen-
ſcheinlich in einen Widerſpruch verwickelt hat.
Hätte ſie ihr Gutachten dahin gefaßt, daß nur eine Mine das
Schiff zerſtört habe, ſo wäre dieſes Urtheil weniger anfechtbar geweſen
wie das jetzige.
Wird aber die Vergangenheit die Urſachen zum Untergange der
„Maine“ nicht klarlegen, ſo muß die Zukunft lehren, ob die Anſicht
der amerikaniſchen Kommiſſion thatſächliche Begründung hat oder nicht.
Denn wenn die Exploſion einer Mine allein oder mit ihren
Folgen im Stande iſt, ſo ungeahnt verheerende Wirkungen auszuüben,
wie im Falle der „Maine“, dann müſſen in Zukunft weitgehende
Aenderungen im Schiffbau, wie Verſtärkung der Bodenkonſtruktion,
Verlegung der Munitionsräume u. A., ſtattfinden, um Schiffe gegen
Minen und folglich auch gegen Torpedos beſſer wie bisher zu ſchützen.
Geſchieht dieſes nicht, ſo wird es als ein Beitrag dafür an-
zuſehen ſein, daß das Gutachten der Unterſuchungskommiſſion der
Vereinigten Staaten Trugſchlüſſe enthält.
[]
Appendix A
Gedruckt in der Königlichen Hofbuchdruckerei von E. S. Mittler \& Sohn,
Berlin SW., Kochſtraße 68—71.
[]
Appendix B
[][]
760 Schiffen 10 Brander.
ſpäter von Pelouze hergeſtellt.
Minenlegen verloren.
gegen den Dampfer des Norddeutſchen Lloyd „Moſel“. Der Mann hieß
übrigens Keith und war Amerikaner.
die Kette im Schiffe löſen und ins Waſſer fallen laſſen. Bei geeigneten Vor-
bereitungen iſt das im Moment geſchehen.
franzöſiſchen Autor iſt das Boot kein Unterwaſſerboot geweſen, ſondern ein nur
wenig über Waſſer ragendes Torpedoboot (Fig. 2).
ſammengeſtellt worden.
Schiffe zu verſtehen iſt, ſondern die Zahl der Fälle, in denen ein angegriffenes
Schiff oder mehrere angegriffene Schiffe unbeſchädigt geblieben ſind.
dieſe Theorie nicht ohne Weiteres übertragen werden.
vorrichtung ſowie Theile des neuen Gradlaufapparates von Obry und auch
noch manches Andere; die betreffenden Beſchreibungen ſind hier aber fort-
gelaſſen, da eine Veröffentlichung unthunlich und für das allgemeine Ver-
ſtändniß auch nicht erforderlich iſt.
Verhältniſſe vorliegen, der Torpedo alſo zu flach geht, u. ſ. w.
von der Armee (Royal Engineers) bedient.
hat ſogar 9250 Pferdeſtärken, alſo faſt ebenſoviel wie z. B. die deutſchen Panzer-
ſchiffe der Brandenburg-Klaſſe. Die Geſchwindigkeit des „Expreß“ ſoll 33 See-
meilen p. h. betragen.
- Rechtsinhaber*in
- Kolimo+
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2025). Collection 0. Die Torpedowaffe. Die Torpedowaffe. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bhfg.0