Stꝛaßburg
Policeij Ordnung
Anno m. dc. xxviii
[][]
WJr Hanß Lud-
wig Boͤcklin/ von Boͤcklins-
aw/ der Meiſter vnd der Raht/
ſampt vnſeren Freunden/ den
Ein vnd Zwantzigen/ deß Hey-
ligen Reichs Freyen Statt
Straßburg/ Füegen hiemit allen vnſern Bur-
gern/ Schirmbsverwanthen/ Hinderſaßen/ Jn-
wohnern/ Vnderthanen vnd Angehoͤrigen/ inn
vnſerer Statt vnd Obrigkeit/ auch ſonſt Menni-
glichen zuwiſſen.
Nach dem Wir bißher wargenommen/ daß vnſere vnnd
vnſerer lieben Vorfahren am Statt Regiment/ nach vnd nach
außgangene Mandaten/ Geſatz vnd Ordnungen/ die Policey
beruͤerend/ theils wegen älte vnd viele der Jahr/ vnd darunder
vorgeloffener aͤnderung der Zeiten/ Perſonen vnnd Leufften/
theils aber daß ſolche vielfaltig zerſtrewt/ auch an vnderſchied-
liche Ort zur auffſicht vnd handhabung gewießen worden/ ſich
faſt gaͤntzlich verliehren/ vnbekandt werden/ vnd die nothwen-
dige gehorſame volg nicht mehr haben wollen/ die Sie billich
haben ſolten/ vmb deren willen Sie auch anfangs bedaͤchtlich
auffgeſetzt vnd zu offnem Anſchlag gebracht ſeind:
Vnd wir aber ohnſchwer befinden koͤñen/ was fuͤr großes
vnheyl/ bedes vnſerm Stattweſen ins gemein/ vnd allen deßen
Angehoͤrigen inſonderheit/ darauß entſtehen muͤſte/ wann diß-
falls die nothwendige hülff ſolte verzogen/ fernere vnordnung/
vnd verachtung guter geſatz/ nach geſehen/ vnd dadurch aller-
hand vntugend/ ſuͤnd vnd laſter gleichſam gehaͤgt vnd erhalten
werden: Als haben Wir vns zu muͤglichſter abwend- vnd ver-
huͤtung ſo gethanen/ in publico vnd privato hochnachtheiligen
vbels/ vnſers tragenden Ampts/ billich erinnert: Vñ ſeind auß
vnſerm befelch ohnlaͤngſten/ alle vnſerer lieben Vorfahren/ vnd
vnſere/ aͤltere vnd newere Ordnungen/ Mandaten/ Satzun-
gen/ Gebott vnd verbott/ ſoviel Wir derſelben zu dieſer Policey
):( ijOrdnung
[] Ordnung noͤtig zu ſein erachtet/ durch hierzu inſonderheit ver-
ornete/ mit muͤheſamen fleiß durchgangen/ reſpectivè ernew-
ert/ gemindert/ vermehrt/ geändert/ vnd nach beſchaffenheit der
jetzigen zeiten in nachfolgende verfaſſung gebracht worden: die
Wir ſampt vnd ſonders abgehoͤrt/ erwogen/ beliebt/ vnd nun-
mehr als vnſern einmuͤetigen willen/ hiemit dem Allmaͤchtigen
Gott zu Lob vnd Ehren/ dem gemeinen Nutzen zur beſſerung/
Vns vnd allen den vnſerigen zu gutem/ durch offenen truck/ in
Menniglichs wiſſenſchafft kommen laſſen.
Befehlen darauff allen obgedachten vnſern Angehoͤrigen/
ſampt vnd ſonders/ vñ wollen ernſtlich/ daß Menniglich derſel-
bẽ/ dieſe vnſere Policey Ordnung fleißig leſen/ oder ſich vorleſen
laſſen/ derſelben gemaͤß/ hienfuͤro leben vnd wandeln/ zugleicher
nachfolg alle Angehoͤrige/ es ſey Weib/ Kind/ Geſind/ oder an-
dere Haußgenoſſen/ die ein jeder in auffſicht vnd verſpruch ha-
ben wuͤrd/ mit ernſt eriñern/ auch was ſonſten zu deren Erhalt-
vnd Handhabung dienen mag/ mit worten vnd wercken befuͤr-
dern/ vnd alſo/ was Loͤblich vnd Nutzlich zuerwerben/ was aber
Schimpfflich vñ Schaͤdlich zuvermeyden/ ſich aͤußerſt bemuͤhẽ
wolle. Geſtalt Wir vns dann der willigen vnd ſchuldigen
volge/ gegen allen den vnſerigẽ gaͤntzlich verſehen: Deſſen auch
ein jeder gehorſamer/ in zeitlicher vnd ewiger wolfahrt wuͤrd zu-
genuͤeßen/ die vngehorſamen aber/ die ſchaͤrpffe der ſtraffen ohn-
außbleiblich zuerwarten haben. Darnach ſich ein jeder zu-
richten. Decret. Montags den erſten Monats Decembris/
im Jahr/ Chriſti Ein tauſend/ Sechshundert Zwantzig vnd
Acht.
[]
Verzeichnuß
Der Titul vnnd Materien/
inn dieſer Policey Ordnung begriffen.
Fol: I.
Vom Gottesdienſt/ beſuchung der Predig-
ten/ Heyligung der Son- Feſt- vnd Bettaͤge/ vnd
abſchaffung der widrigen Mißbraͤuch.
- I. Der Kirchen zu Straßburg/ Lehr vnd Ceremonien. §. 1. 2.
- II. Erinnerung zu fleiſſiger beſuchung der Predigten. §. 3. 4.
- III. Jn Religionsſachen nicht ſimuliren. §. 5.
- IV. Frembde Kirchen nicht zubeſuchen. §. 6.
- V. Keine Conventicula zu halten. §. 7.
- VI. Jrꝛige Lehr ins gemein/ vnd ſonderlich die Enthuſiaſterey zu meiden, §. 8.
- VII. Wie die Sonn- vnd Hohen Feſttaͤge ſollen geheyliget werden. §. 9. 10. 11. 12. 13.
- VIII. Wie die Bett- vnd Fewertaͤg ſollen gehalten werden. 14. 15.
- IX. Zwiſchen den Ampt Predigten an Son- Feſt- Bett- vnd Feyertaͤgen/ ſoll nie-
mand auff den Gaſſen vmbgehen §. 16. - X. Wer vber vorſtehendes ruͤgen ſolle. §. 17.
- XI. Gebott wider Zauberer/ Warſager/ Teuffel vnd Geiſtbeſchwoͤrer. §. 18. 19. 20.
Fol: 8.
Von Gottslaͤſterung/ Maineyd/ falſcher
Handtrew/ Fluchen vnd Schwoͤren.
- I. Verbott dieſes Laſters ins gemein §. 1. 2. 3. 4.
- II. Prediger ſollen die Zuhoͤrer darfuͤr warnen. §. 5.
- III. Andere vorgeſetzte/ ſollen die jhrigen davon abfuͤhren. §. 6.
- IV. Straff der Gottslaͤſterung/ Maineydes vnd falſcher Handtrew. §. 7.
- V. Straff deß vnbedaͤchlichen Fluchen vnd Schwoͤrens. §. 8.
- VI. Straff der vndern Grads Perſonen. §. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
- VII. Straff der Hohenſtands Perſonen. § 16.
- VIII. Straff deß Adels vnd anderer Perſonen der obern Grad §. 17. 18.
- IX. Straff der Frembden. §. 19.
- X. Wer vber dieſes Laſter ruͤgen ſolle. §. 20.
Fol: 13.
Von der Kinderzucht.
- I. Kinderzucht iſt hoch von noͤthen. §. 1. 2. vnd 3.
- II. Kinder ſoll man zur Gottesforcht anhalten. §. 4.
- III. Kinder ſollen in den Sontaͤglichen Kinderlehren/ ſtill vnd beſcheiden ſein. §. 5.
- IV. Kinder ſoll man zu den Schulten ſchicken. §. 6.
- V. Kinder die faͤhig/ zum Studiren halten. §. 7.
):( iijDie uͤbrige
[]INDEX.
- VI. Die uͤbrige zu Handwercken vnd Handthierungen anziehen. §. 8.
- VII. Jns gemein alle Kinder zur Zucht vnd Tugend anweiſen. §. 9.
- VIII. Straff der nachlaͤſſigen Eltern. §. 10.
- IX. Straff der vngehorſamen Kinder. §. 11. vnd 12.
Fol: 18.
Geſind Ordnung.
- I. Vnfug vnd Mutwill deß Geſinds. §. 1.
- II. Kein Meiſterſchafft ſoll der andern daß Geſind auffwicklen. §. 2.
- III. Wann man die Maͤgd dingen moͤge. §. 3. 4.
- IV. Lohn der Maͤgd. §. 5.
- V. Gottespfeening der Maͤgd. §. 6.
- VI. Maͤgd ſollen ein halb Jahr/ auff begehren der Herꝛſchafft/ zu dienen ſchuldig
ſein. §. 7. - VII. Maͤgd ſollen den Dienſt nicht verſchwoͤren. §. 8.
- VIII. Straff der Meiſterſchafft die das Geſind vngebuͤhrlich tractiert. §. 9.
- IX. Maͤgd ſollen zeitlich in Dienſt gehen. §. 10.
- X. Maͤgd ſollen jhre Troͤg in Dienſthaͤuſern haben. §. 11. 12.
- XI. Beſtelte Maͤgd Verdingerin. §. 13. 14.
- XII. Derſelben Ayd vnd Ordnung. 15. 16. 17. 18.
- XIII. Maͤgd wie ſie zwiſchen vnnd vor den Ziehlen ſollen gehauſt vnnd beherbergt wer-
den. §. 19. - XIV. Meiſterſchafft vnd Dienſtbotten ſollen bey Zuchtrichtern huͤlff ſuchen. §. 20.
Fol: 25.
Hochzeit Ordnung.
- I. Das interims Mandat vom Jahr 1627. Jſt annoch guͤltig. §. 1.
- II. Ruͤger der Hochzeit Ordnungen. §. 2.
- III. Gaab- vnd Freyhochzeitten/ wieviel Perſonen darzu zu Laden. §. 3.
- IV. Wie dabey zu ſpeißen. §. 4.
- V. Vberfluß in Kraͤntzen verbotten. §. 5.
- VI. Die außtheilung in ſeidenen vnd taffeten baͤndein verbotten. §. 5.
- VII. Jrten Hochzeitten/ wieviel ſie Gaͤſt haben moͤgen. §. 6.
- VIII. Junge Geſellen/ wo ſie zu ſpeiſen. §. 7.
- IX. Wuͤrdt ſollen alle Hochzeitten angeben. §. 8.
- X. Wie bey Jrten Hochzeitten zu tractieren. §. 9. 10. 11.
- XI. Der dritte Tag iſt bey Jrten Hochzeitten gantz verbotten. §. 12.
- XII. Stund deß Kirchgangs. §. 13.
- XIII. Stund der Mahlzeit. §. 14.
- XIV. Nacht Jmbiß vnd Schlafftraͤnck verbotten. §. 15.
- XV. Dantz/ wie er ſoll gehalten werden. §. 16. 17. 18.
- XVI. Hochzeitten der Armen/ ſo Legata empfangen. §. 19.
- XVII. Hochzeitten nicht auſſer der Satt halten/ ohn erlaubnuß. §. 20.
- XVIII. Prediger/ warauff ſie in außruͤffung der Hochzeiten zu ſehen. §. 21. 23.
- XIX. Geſchwaͤchte ſollen kein Jungfrewliche Zierd tragen. §. 22.
Fol: 31.
Kindtauff Ordnung.
- I. Alt Mandat wegen außtheilung deß Zuckerwercks ernewert. §. 1. 3. 4.
Alte Man-
[]INDEX.
- II. Alt Mandat deß Goͤttelgelts halben erfriſcht. §. 2. 3. 4.
- III. Pfoͤttern vnd Goͤttlen/ wie ſie ſollen beſchaffen ſein. §. 5.
- IV. Das Kirchengehn bey Kindtauffen zu befuͤrdern. §. 6.
- V. Der Nottauff wann er erlaubt. §. 7.
- VI. Kindbetterin ſollen den H. Tauff nicht auffziehen/ vnd ſich alles Prachts ent-
halten. §. 8. - VII. Ampt vnd Lohn der Kindswarterin vnd Saͤugammen. §. 9.
- VIII. Lohn der Weiber/ ſo zu den Kindtauffen verkuͤnden. §. 10.
- IX. Ruͤger dieſer Ordnung. §. 11.
Fol: 34.
Gaſt Ordnung.
- I. Gaſtungen haben zwar jhren Nutzen/ werden aber mißbraucht. §. 1. 2.
- II. Erinnerung wider die Trunckenheit. §. 3. 4.
- III. Ordnung der Speiſen bey Gaſtungen. §. 5. 6.
- IV. Ordnungen der Speiſen bey Wuͤrthen §. 7 8.
- V. Ordnung der Speiſen in Koſthaͤuſern. §. 9.
- VI. Ordnung der Speiſen auff deß Ammeiſters Stuben. §. 10.
- VII. Ordnung deß Zechens auff Zunffſtuben. §. 11.
- VIII. Ordnung deß Zechens auff Schießhaͤuſern. §. 12.
- IX. Spatzieren vnd Zechen/ auſſerhalb der Statt. §. 13.
- X. Vngebuͤhrliches Zechen/ an Feſt- Son- Bett vnd Feyertaͤgen. §. 14.
- XI. Wuͤrht ſollen nach der Nachtglock kein Wein geben. §. 15.
- XII. Ruͤger obiger Orndnung. §. 17.
Fol: 41.
Kleyder Ordnung.
- I. Mißbrauch der Kleydung/ ſowol in Vnart als Pracht. §. 1. 2.
- II. Vnart- vppige Kleydung verbotten. §. 3.
- III. Was vnder die Vnart- vnd uͤppige Kleydung zu zaͤhlen. §. 4. 5. uſq́; ad §. 14.
- IV. Hochmuth- vnd Praͤchtige Kleydung verbotten. §. 14.
- V. Erſte Hauptvrſach deß Prachts in der Kleydung. §. 15.
- VI. Andere Hauptvrſach deß Prachts in der Kleydung. §. 16.
- VII. Der groͤſte Pracht in der Kleydung iſt bey den vndern Staͤnden. §. 17.
- VIII. Erſten Grads Kleydung. §. 18. uſq́; ad §. 25.
- IX. Andern Grads Kleydung. §. 25.
- X. Dritten Grads Kleydung. §. 26. uſq́ ad §. 32.
- XI. Vierdten Grads Kleydung. §. 32. uſq́; ad §. 40.
- XII. Fuͤnfften Grads Kleydung. §. 40. uſq́; ad §. 49.
- XIII. Sechſten Grads Kleydung. §. 49.
- XIV. Von Layd Kleydern der Manns Perſonen §. 50.
- XV. Von Jungfraw Baͤndeln. §. 51. 52.
- XVI. Von Kragenroͤcken/ Baretlein/ Bruſt- vnnd Strichenroͤcken: auch Schau-
ben. §. 53. - XVII. Straff der vbertretter dieſer Ordnung. §. 54.
):( iiijRuͤgere
[]INDEX.
- VIII. Ruͤger dieſer Ordnung. §. 55.
- IX. Reiß- Auff- vnd Außzuͤg Kleyder/ ob vnd wie ſie frey ſeind. §. 56.
- X. Wann dieſe Ordnung ſolle angehen. §. 57.
- XI. Vnder welchem Grad ein jede Perſon begriffen. §. 58.
Fol: 56.
Allmuſen Ordnung.
- I. Mißbrauch deß Allmuſens. §. 1. 2.
- II. Vollkommene verbeſſerung iſt an jetzo nicht zuerheben. §. 3.
- III. Dieſe Ordnung beruͤhrt nicht die Hoſpitalien vnd Suͤchenhaͤuſer. §. 4.
- IV. Sondern das Bettlen auff den Gaſſen. §. 5.
- V. Heimiſche Armen/ wie ſie warhafftig zu erkundigen. §. 6.
- VI. 1. Zu S. Marx. §. 7.
- VII. 2. Auff den Zuͤnfften. §. 8. usq́; ad §. 18.
- VIII. Heimiſche ſollen Spangen tragen. §. 18.
- IX. Heimiſche/ wardurch ſie das Allmuſen verliehren. §. 19. 20. 21. 22.
- X. Heimiſche die Vrkunden von S. Marx haben/ moͤgen zweymal in der Wochen
vor Haͤuſern bettlen. §. 23. 24. 25. - XI. Allmuſenknecht ſoll niemand belaidigen noch hindern. §. 26.
- XII. Frembde Arme Leut. §. 27 28. ſollen nicht auff Gaſſen bettlen. §. 30.
- XIII. Land- vnd Straſſenbettler ſeind abzuweiſen. §. 28.
- XIV. Arme Schuler vnd Exulanten/ wo ſie ſich anzumelden. §. 4.
- XV. Arme Handwercksgeſellen/ wo ſie Huͤlff zu ſuchen. §. 29.
- XVI. Arme Krancke Landleut in Hoſpitalen zu fuͤhren §. 31.
- XVII. Arme Geſunde Landleut ſollen im Stattwerck arbeiten. §. 32.
- XVIII. Arme Weiber mit Jungen Kindern zu S. Marx weiſen. §. 33.
- XIX. Wie es mit dem Stattwerck beſchaffen §. 34.
- XX. Frembde vnd Heimiſche/ vnd alſo alle Arme haben Huͤlff. §. 35.
- XXXI. Bettlen bey den Leichtbegaͤngnuſſen verbotten. §. 36.
- XXXII. Andere mittel die Armen nach gehaltenen Leichten zu bedencken. §. 37.
- XXIII. Erinnerung/ dem Allmuſen mit der wochentlichen ſtewre zu huͤlff zu kommen.
§. 38. 39.
Fol: 66.
Von Juden vnd derſelben: wie auch andern
wucherlichen Contracten vnd Handlungen/ ſo dann
von Monopolien vnd Fuͤrkaͤuffen.
- I. Vrſach deß Gebotts wider Juden. §. 1. 2. 3.
- II. Kein Jud ſoll im Straßburgiſchen Gebiet wohnen. §. 4.
- III. Kein Jud ſoll im Straßburgiſchen Gebiet ſich auffhalten ohn Gelaid. §. 5.
- IV. Mit Juden ſoll niemand handlen. §. 6.
- V. Kayſerliches Privilegium vber dieſes Gebott. §. 7.
- VI. Alle vorige Contractus mit den Juden werden annulliert. §. 8.
- VII. Pferdhandlung mit den Juden wie ſie zugelaſſen. §. 9.
VIII. Juden
[]INDEX.
- VIII. Juden ſollen im Straßburgiſchen Gebiet/ auch nicht mit Frembden handlen.
§. 10. - IX. Wucherliche Contraͤct der Chriſten verbotten. §. 11. 12.
- X. Monopolia vnd Fuͤrkaͤuff verbotten. 13. 14. 15. 16. 17.
- XI. Ruͤger vber dieſe Gebott vnd Verbott. §. 18.
Fol: 74.
Von verfaͤlſchten Waahren/ wie auch von
Falliten vnd Banckrottierern.
- I. Gebott der zuviel gereckten/ geſtreckten vnnd falſch gefaͤrbten Tuͤcher halben.
§. 2. - II. Gebott wegen deß weißgeſottenen Kupffers. §. 3.
- III. Gebott wider die leichte vnd verfaͤlſchte Silbergeſchirꝛ. §, 3.
- IV. Gebott wegen falſchen vnd frembden Brandweins. §. 4.
- V. Gebott wider die Quackſalber/ Storger. ꝛc. §. 5.
- VI. Gebott wider die falſche Seydenfarb. §. 6.
- VII. Gebott wegen der verfaͤlſchten Kneynodien. §. 8. 9.
- VIII. Gebott wider alle falſche Waahr ins gemein. §. 10.
- IX. Altes Statutum/ wider die Falliten. §. 11. 12.
- X. Auff was Perſonen ſolches eigentlich zuverſtehen. §. 13.
- XI. Vermehrung der Straffen wider die Falliten. §. 14. 15. 16.
Fol: 81.
Vom Spielen.
- I. Spielen iſt ein vrſach vielen vbels. §. 1.
- II. Spiel die verbotten. §. 2.
- III. Spiel die erlaubt. §. 3.
- IV. Wie ſpielen erlaubt. §. 4. 5.
- V. Wann ſonſt erlaubte Spiel verbotten. §. 6.
- VI. Wo/ ſonſt erlaubte Spiel verbotten. §. 7.
- VII. Wem/ ſonſt erlaubte Spiel verbotten. §. 8.
- VIII. Erinnerung ins gemein. §. 9.
- IX. Ruͤger vber dieſe Spiel Ornung. §. 10.
Fol: 84.
Von Vnfuͤgen vnd Schwaͤrmereyen/ auff den
Gaſſen vnnd an andern orten der Statt/ bey
Tag vnnd Nachtszeit.
- I. Gebott wider das Jauchtzen/ Joͤlen/ Schreyen. ꝛc. §. 1. 2.
- II. Wider das gaſſatim gehn mit Muſicken/ ohn erlaubnuß. §. 3.
- III. Wider das ſingen vnd pfeiffen vor den Haͤuſeern bey Nachtszeit. §. 4.
- IV. Wider das naͤchtliche Trommeten/ reutten/ fahren. §. 5.
- V. Wider die Nachtdaͤntz. §. 6.
- VI. Wider das Mummengehen. §. 7.
- VII. Wider allerhand naͤchtliche ſchwerm̃ereyen an Bruckẽ/ Bruñen/ Gaſſen. ꝛc. §. 8.
TITV-
[]INDEX.
Fol: 87.
Von Paßquillen/ Schmaͤhſchrifften/ Schand-
gedichten/ verleumbdungen vnd affterꝛeden.
- I. Paßquillen ſeind in allen Rechten verbotten §. 1.
- II. Alte Mandata wider die Paßquill. §. 2.
- III. Newes Gebott wider die Paßquill vnd deren verhaͤlere. §. 3.
- IV. Wer Paßquillanten angibt/ hat Danck vnd Geſchenck. §. 4.
- V. Wer Paßquillanten verhaͤlt/ wird geſtrafft wie der Thaͤter. §. 5.
- VI. Erinnerung wider das verlaͤumbden vnd affterꝛeden. § 6.
Fol: 89.
Von Buchdruckern vnd deren Verlaͤgern/ vnd
dann von Brieffvmbtragern/ vnd Zeittung Saͤngern.
- I. Nichts newes ſoll gedruckt werden/ ohn vorwiſſen vnd willen der Ober Trucker
Herꝛen. §. 1. - II. Ober Truck erherꝛen ſollen alle newe Buͤcher vnnd Schrifften ſelbſt/ oder durch
andere cenſurieren. §. 2. - III. Kein Buchdrucker ſoll dem andern etwas nachdrucken/ ohn erlaubnuß. § 3.
- IV. Von allen newen Buͤchern vnnd Schrifften ſoll ein Exemplar zur Cantzley ge-
luͤffert werden. §. 4. - V. Winckel Truckereyen verbotten. §. 5.
- VI. Gemeine erinnerung an die Trucker/ deren Verlaͤger vnd Geſellen. §. 6.
- VII. Gebott wider die Briefftraͤger vnd Zeittungſaͤnger. §. 7.
Fol: 92.
Von Leichbegaͤngnuſſen/ vnd etlichen de-
nen angehoͤrigen Stucken.
- I. Leichbegaͤngnuſſen/ warumb vnd wie ſie zu halten. §. 1.
- II. Die Leichnam ſollen zum Ruhebettlein befoͤrdert werden. §. 2.
- III. Widerholtes Gebott der Laidkleyder halben. §. 3.
- IV. Vberfluß in Kraͤntzlein bey Leichten der jungen Doͤchter. §. 4.
- V. Keinen Leichnam in der Statt zu begraben. § 5.
- VI. Wie es bey Leichten der Jungen Kinder mit den Predigten vnd Abdanckungen
zu halten. §. 6. - VII. Lohn der Leichen verkuͤnder. §. 7.
- VIII. Tax der Todtenbaͤum. §. 8.
- IX. Lohn der Leichtentraͤger. §. 9.
- X. Lohn der Todtengraͤber §. 10.
- XI. Gebuͤhr der Armenſchuler ſo bey Leychten ſingen. §. 11.
Fol: 95.
Von Handhabung dieſer Policey Ordnung.
- I. Gute Geſatz erfordern ein Handhabung § 1.
- II. Dieſe Geſatz der Policey Ordnung ſind nicht new. §. 2.
III. Moͤgen.
[]INDEX.
- III. Moͤgen kuͤnfftig geaͤndert/ ſollen aber inmittels geehrt vnnd gehalten wer-
den §. 3. - IV. Solches halten/ vnd die Handhab wird befoͤrdert:
- 1. Durch die Gebott vnd Wahrnung der Obern. §. 4.
- 2. Durch auffſicht vnd zuſprechen der Zuͤnfft. §. 5. 6. 7. 8. 9.
- 3. Durch Geheyme Ruͤger. §. 10.
- 4. Durch Huͤlff vnd Mitwuͤrckung der gantzen Gemeind. §. 11. 12.
- 5. Durch Straff der Richter. §. 13.
- V. Darzu iſt ein new Zuchtgericht beſtelt. §. 14.
- VI. Perſonen der Zuchtrichter. §. 15.
- VII. Sitztaͤg/ der Zucherichter. §. 16.
- VIII. Sachen deß Zuchtgerichts. §. 17.
- IX. Claͤger vor Zuchtrichtern. §. 18.
- X. Beclagte vor Zuchtrichtern. §. 19.
- XI. Proceß deß Zuchtgerichts. §. 20.
- XII. Gehorſam ſo man den Zuchtrichtern ſchuldig. §. 21.
- XIII. Ob/ vnd wie man vom Zuchtgericht provociren moͤge. §. 22.
- XIV. Specialſchutz der Zuchtrichter vnd jhrer Beampten. §. 23.
TITVLVS XVIII.
Verzeichnuß etlicher Articul/ daruͤber die
Schoͤffen deß Suͤbnergerichts von alters hero
gerichtet/ vnd auch hinfuͤhro richten ſollen.
- I. Was fuͤr Sachen ins gemein fuͤr die Suͤbenzuͤchtiger gehoͤrig. §. 1.
- II. Ob jemand den andern ſchilt Dieb oder Diebin §. 2.
- III. Ob jemand dem andern boͤſe fraͤfele Wort zu redete. §. 3.
- IV. Ob jemand mit dem andern rauffet/ mit Faͤuſten ſchlaͤgt/ ſtoſſet/ trittet/ oder
Meſſer zucket. §. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. - V. Das niemand ein vngewohnliche Wehr bey jhm tragen ſolle. §. 12.
- VI. Allmend zum Waſſer ſoll niemand verſchlagen. §. 13.
- VII. Von Grund vnd Geroͤr in den Gaſſen §. 14.
- VIII. So jemand Geroͤr ſchuͤttet in die Graͤben. §. 15.
- IX. Das Horb auff den Gaſſen ſoll jhm niemand zu eygenen. §. 16.
- X. Gebott der Vlbergaſſen halb/ außgangen. §. 17.
- XI. S. Clauß Brucken Traͤnck ſoll niemand verſchlagen/ noch daſſelbſt Leder waͤ-
ſchen. §. 18. - XII. Synn/ bey S. Clauß Bruck ſoll ſauber vnd rein ſein. §. 19.
- XIII. Gympelmarck vnder der Erbslauben. §. 20.
- XIV. Wie die Kaͤuffler vnder der Lauben ſollen feyl haben. §. 21.
- XV. Oeſtereich ſoll niemand auffbrechen. §. 22.
- XVI. Spittalgaͤßlein ſoll ſauber gehalten werden. § 23.
- XVII. Das niemand kein More in der Statt ziehen ſoll. §. 24.
- XVIII. Vom Schwein ziehen. §. 25. 26. 27. 28. 29.
- XIX. Wem/ vnd wie viel Gaͤnß zu ziehen erlaubt. §. 30.
- XX. Wer dem andern ſein Gefluͤgel auffinge oder andere eſſende Speiß nem̃e. §. 31.
- XXI. Von Taubenfahen. §. 32.
- XXII. Wer den andern beſchuͤttet. §. 33.
- XXIII. Nachts nicht ohn ein Liecht auff der Gaſſen gehn. §. 34.
XXIV. Bran-
[]INDEX.
- XXIV. Brandwein Leut ſollen am Sontag vor der Predig kein Zehren halten. §. 35.
- XXV. Gartner ſollen kein Ruben oder Reitich vngebunden auff den Fronhoff zu
Marck fuͤhren. § 36. - XXVI. Gartner Sitz halben auff dem Rubenmarck jenſeit der Schindbrucken. §. 37.
- XXVII. Daß man kein Truſeneſch in einer halben Meilen wegs brennen ſoll §. 38.
- XXVIII. Becken vnd Mehlleut/ wie ſie Mehl vnd Gruͤß verkauffen moͤgen. §. 39.
- XXIX. Mawrer/ Zimmerleut/ Moͤrdelknecht/ ſollen wann ſie von der Arbeit gehn/ kein
Holtz mit ſich weg tragen. §. 40. - XXX. Das man nicht mit Handbuͤchſen zu Gefluͤgel ſchieſſen ſoll/ inn einer Meilen
wegs. §. 41. - XXXI. Daß niemand dem andern in ſeine Gaͤrten ſteigen/ ſeine Zaͤun abbrechen/ noch
daran ſchaden zufuͤgen ſoll. §. 42. - XXXII. Daß niemand vber die geſaͤgte Aecker reitten ſoll. §. 43.
- XXXIII. Ob jemand die Suͤbenerknecht ſchmaͤchte mit Worten oder Wercken. §. 44.
- XXXIV. Daß die Suͤbenerknecht bey allen Geſellſchafften ſein moͤgen/ vnd ſie niemand
fuͤr ſchnoͤde halten ſoll. §. 45. - XXXV. Die Suͤbenerknecht ſollen kein Schenck/ Muͤet noch Muͤetwohn nem̃en. §. 46.
- XXXVI. Waruͤber die Suͤbenzuͤchtiger noch ferners zu ruͤgen haben. §. 47.
Vnderſchiedliche Mandata/ die vor Jahren
allhie außgangen/ vnnd denen annoch gehorſam
vnd volge gelaiſtet werden ſolle.
- I. Mandat wider die außforderungen vnd Duell. de Anno 1609.
- II. Conſtitution wie der Ehebruch vnnd andere Vnzucht ſoll geſtrafft werden. de
Anno 1594. - III. Mandata wegen beherbergung frembder Perſonë/ de Anno 1610. vñ 1619.
- IV. Mandatum der Schlaffhaͤuſer halben/ de Anno 1613.
- V. Mandata keinem Frembden ein Hauß allhie zu verkauffen/ oder zu verleyhen/
ohn Obrigkeitlichen Conſens/ de Anno 1606 vnd 1621. - VI. Mandatum daß ohn einwilligung der Herꝛen Fuͤnffzehen kein Hauß zum an-
dern ſollgebrochen werden. de Anno 1552. - VII. Bawholtz Ordnung/ de Anno 1627.
- VIII. Hebammen Ordnung/ de Anno 1605.
- IX. Pulver Ordnung/ de Anno 1617.
- X. Ordnung deß ſchieſſens inner einer Meilen wegs vmb die Statt de Anno 1587.
[1]
Der Statt Straßburg Policey Ordnung.I
TITVLVS I.
Vom Gottesdienſt/ Beſuch-
ung der Predigten/ Hayligung der Son-
Feſt- vnnd Bettaͤge/ vnd Abſchaffung der
widerigen Mißbraͤuche.
ANfaͤnglichen: Demnach vnſere Liebe Vorfah-I.
Der Kirchen zu
Straßburg/
Lehr vnd Cere-
monien.
ren vnd wir/ im Jahr Chriſti 1598. Ein Kirchen-
Ordnung mit guter außfuͤhrung verfaſſen vnd pu-
bliciren laſſen/ darinn Sie vnd wir/ nit allein wegen
der Kirchen Ceremonien gewiße verordnung/ ſondern auch/
vnd vornemblichen ein runde Bekandtnuß vnſers Chriſtlichen
Glaubens/ die wir geſetzt auff den vnbeweglichen grundt der
H. Schrifft Alten vnd Newen Teſtaments/ vnnd die darauß
gezogene vnveraͤnderte Chur- vnnd Fuͤrſtliche Augſpurgiſche
Confeſſion vnd Apologiam, wolbedaͤchtlich gethan/ auch folgents
in Anno 1611. gegen eines widerwertigen Scribenten vnwar-
haffte beſchmitzung mit beſtandt verthädiget:
Als haben wir zuvorderſt ſolche vnſere Kirchen Ordnung/II.
vnnd deren gantzen Jnnhalt hiehero widerholen/ hiermit von
newem bekraͤfftigen/ vnd alle vnd jede vnſere angehoͤrige zu ge-
horſamer obſervantz derſelben/ vornemblich aber zu ſteiffer vn-
wanckelbahrer vnnd inbrünſtiger vortſetz- vnd erhaltung/ der/
von vnſeren geehrten Vorfahren erkandten vnd bekandten/ auch
durch Sie vñ Vns mit Gottes huͤlff biß auff jetzige zeitten fort-
gepflanßten Evangeliſchen Wahrheit/ vnd rainen Lehr/ Vaͤt-
terlich vnnd trewhertzig erſuchen/ erinnern vnnd vermahnen
wollen/ mit dem angehenckten erbieten/ daß auch wir die Obrig-
keit an vns/ durch gnädigen beyſtandt deß Allerhoͤchſten darob
aller muͤglichkeit nach/ ohnabſetzlich zuhalten/ alles hinderliche
erlaubter weyſe abzuwenden/ vnd alſo dieſen Edlen vnd Thew-
ren Schatz/ auff die liebe Nachkommende fort zuwaltzen/ nichts
wollen erwinden laſſen.
Nechſt ſolchem/ weiln die fleißige hoͤrung Gottesworts/III.
Erinnetung/ zu
fleißiger beſuch-
ung der Predig-
ten.
vnd die dabey vorgehende Chriſtliche uͤbungen daß einige mittel
Aſeind/
[2]Der Statt Straßburg
ſeind/ durch welches der wahre Glaub in Chriſtum/ die rechte
Erkandtnuß/ vnd gnadenreiche vergebung der Suͤnden/ ein
Gottſeelig Tugendthafftes Leben/ zeitlicher wolſtandt/ vnd die
ewige Seeligkeit zuerlangen: So thun wir nicht weniger mehr-
ermelter vnſerer lieben Vorfahren wolbedachte verordnungen/
vnd ſonderlich daß in Anno 1585. außgangene Mandat/ von
fleißiger hoͤrung der Predigten Goͤttlichen worts/ andächtiger
beſuchung der Heyligen Sacramenten/ Eyferiger verꝛichtung
Gemeinen gebetts/ vnd anderen dem Gottesdienſt anhangen-
den ſtuͤcken/ hiemit erneweren. Befehlen auch darauff allen
vnſern Burgern/ Jnnwohneren/ Schirmbsverwanten/ vnnd
angehoͤrigen/ daß Sie ſich zu den Predigten/ ſo wol an Sonn:
Feſt: vnd Bettägen/ als auch ſonſten in der Wochen mit mehre-
rem fleiß/ dann bißhero/ ſonderlich in den Frühe: vnd wochen
Predigten geſchehen/ einſtellen/ daß verkuͤndigte wort mit an-
dacht anhoͤren/ die Heyligen Sacramenten nach Chriſtlicher
Ordnung vnd wuͤrdiglich gebrauchen/ dem Gemeinen Gebett
vnd Lobgeſang biß zu voͤlligem Schluß mit Mundt vnd Her-
tzen beyſtimmen/ vnd in anderen Gottſeeligen vbungen ſich alſo
erzeigen ſollen/ daß darauß bey einem jeden die rechtſchaffene
Andacht vnnd Eyfferige begierd zu befuͤrderung der Ehren
Gottes/ vnd ſeiner ſelbſt Leibs vnd der Seelen wolfahrt/ auch
Gemeiner Statt Straßburg Ruhm vnnd Nutzens/ zuverſpu-
ren ſein mag.
Wir wollen auch vnd gebiethen hiemit ernſtlich/ daß alle
Elteren/ Herꝛ- vnd Meiſterſchafften vnd ſonſt Menniglichen/
deme Junge vnd andere Perſonen zur auffſicht vertrawt ſeindt/
nicht allein fuͤr ſich ſelbſten die Predigten jetzt geſagter maſſen
embſig beſuchen/ ſondern auch zu ſolchen jhre Kinder/ Geſind/
Knecht vnd Maͤgd/ Lehrknaben vnd Toͤchter/ vnd wer ferners
in eines jeden coſten vnd Hauß jetz ſein/ oder kuͤnffrig kommen
moͤchte/ mit ernſt anweißen/ vornemblich aber die liebe Jugendt/
beedes Einheimiſche vnd Frembde zum Sontaͤglichen Kinder-
bericht fleißig einſchicken/ vnd ſonſten in Lehr vnd Leben nutzlich
vnderꝛichten ſollen.
Jn Religions-
ſachen nicht zu-
ſimuliren.
Vnd demnach wir bißher mit großem vnwillen erfahren
muͤſſen/ daß ſich etliche Leichtfertige Gemuͤter/ beedes an Gott
im Himmel/ vnd vns der Obrigkeit hochſträfflich vergeßen/ in
dem
[3]Policey Ordnung.
dem Sie jhr Jrthumb in Glaubens ſachen ein zeitlang/ vnnd
biß Sie etwann denvortheil/ ſo Sie geſucht/ erlangt gehabt/
vorſetzlich Simulirt/ ſich zu vnſerer Confeſſion mit dem Mundt
bekandt/ die Predigten vnd Sacramenten beſucht/ hernacher
aber wider vmbgeſattelt/ vnd auff vorige Jrꝛwege abgetretten:
So wollen wir menniglichen vor dergleichen ſchand- vnd ohn-
verantwortlichem betrug mit ernſt verwarnt/ vnnd vns gegen
dergleichen veraͤchtern Gottes vnd der Obrigkeit/ die verdiente
Straff/ mit gebuͤhrendem Ernſt wuͤrcklich vñ ohnaußbleiblich
vollziehen zulaſſen hiemit vorbe halten haben.
Ferners widerholen wir vnſere im Jahr Chriſti 1597.VI.
Frembde Kir-
chen nicht zube-
ſuchen.
außgekündete/ trewgemeinte erinnerung vnd verbott/ anlan-
gend die beſuchung der frembden vnd vnſerer Chriſtlichen Lehr
widerwertigen Kirchen: Wie auch daß in Anno 1605. ver-VII.
Keine Conven-
ticula zuhalten.
faßte Mandat/ wider die gefaͤhrliche Conventicula vnd heim-
liche zuſammenkunfften/ geſpraͤch vnd andere verꝛichtungen in
Glaubens vnd Religions ſachen: Vnnd weil wir in ſonder-VIII.
Jrꝛige Lehr ins
gemein/ vñ ſon-
derlichẽ die En-
thuſtaſterey zu-
meyden.
heit warnehmen/ daß im Roͤm: Reich hien vnd wider/ vnnd
vielleicht in vnſerer Statt vnd Obrigkeit/ mehr als wir wiſſen/
neben anderen im Reichsfrieden nicht begriffenen Religionen/
auch die heimliche Sect der Widertaͤuffer/ Schwenckfelder/
Wigelianer/ vnnd anderer Enthuſiaſten nach vnnd nach ein-
ſchleichet/ vnd ſich beſorglich/ wo nicht bey zeiten gewehret wuͤr-
de/ je laͤnger je mehr zu verfuͤhrung der Einfältigen vermeh-
ren moͤchte. Als wollen wir dieſe laͤngſt verbottene Reli-
gions Jrꝛthumb vnd deren bekennere vnnd nachfolgere mit wi-
derholung vnſerer Vorfahren/ in Anno 1540. außgekuͤndten
Mandats hiemit von vnſerer Statt vnnd Landt allerdings
abgewieſſen/ dieſelben offen- oder heimlich zubeher bergen/ zu be-
haußen vnnd auffzuhalten nachmahln menniglichen Inhibirt,
auch Sie ſelbſten/ wann Sie betretten/ vnd von vnſeren Pre-
digern vnd Kirchenpflegern (welche wir hiemit vnſers Man-
dats von fuͤrbeſchicken in der Kirchen Ordnung fol. 322. erin-
neren) erfordert vnnd vnderꝛichtet/ aber nach jhrer boͤſen ge-
wohnheit halßſtarrig auff gefaſter meinung verharꝛen wuͤr-
den/ mit wuͤrcklicher Straff/ vermoͤg beedes deß Reichs Ab-
ſcheids vom Jahr 1551. vnd obangezogenen vnſers Mandats
de Anno 1540. je geſtalten ſachen nach/ gebuͤrlich zubelegen
vnd anzuſehen/ vns erclaͤrt/ vnd zumahl Sie vnnd mennigli-
A ijchen
[4]Der Statt Straßburg
chen/ ſo dergleichen Jrꝛthumben zugethan/ vor gefahr vnnd
ſtraff gewarnet haben.
Noch weiters nach dem vnſer gerechter Gott/ nit allein die
IX.
Wie die Son-
vnd hohen Feſt-
taͤge ſollen ge-
heyliget werdẽ.heyligung deß Feyrtags ernſtlich gebottẽ/ ſondern auch die Ent-
heyligung deßelben jeweiln vnd nicht weniger/ als andere wider
die zehẽ Gebott Gottes begangene Suͤndẽ/ eyferig geſtraff: So
thun wir neben obigẽ befelch von fleißiger hoͤrung der Predigtẽ/
zumal alle vnſere angehoͤrige/ denẽ wir zugebietẽ vñ zuverbietẽ
habẽ/ Vätter- vnd Obrigkeitlich hiemit eriñeren/ dz Sie ſampt
vñ ſonders an den Son- vñ hohen Feſttaͤgen/ keine andere dann
Heylige/ vñ von Gott erlaubte werck/ handtlungẽ vñ geſchäfft
vornemmen vnd vervben: Hingegen aber alles widerige/ ſo ane
beſuchung der Predigten/ vñ wahrem Gottesdienſt hinderlich
ſein kan/ euͤſſerſten vermoͤgens fliehen vnd vermeiden wollen.
Jnſonderheit aber ernewerẽ wir vnſerer Vorfahrẽ Man-
X.dat de Anno 1534. vnd gebieten hiemit ernſtlich/ dz niemandt in
diſer Statt vff die Son-vñ hohe Feſttaͤge/ ohne dapfere redliche
vrſach/ oder erheiſchende nothturfft einigerley Handtarbeit thũ
ſolle/ es geſchehe gleich zu Hauß/ oder auff der Gaßen/ inn- oder
außerhalb der Statt/ es were mit fiſchen/ vogelfangen/ vnnoͤ-
tigem reiten/ gehen vnd fahren/ auff Waſſer vnd Landt/ auff
Muͤhlen vnd Maͤrck/ oder an andere ort/ vnd ſonſten auff kein
andere weiß oder maß/ wie daß ſein moͤchte/ bey ſtraff zwey
pfundt pfenning/ die ein jeder ſo alſo ohne genugſame entſchul-
digung betretten wuͤrde/ entrichten ſolle.
Jngleichem ſoll auch ane Son- vnd Feſttaͤgen alle hand-
XI.lung eingeſtelt/ die Gaͤdẽ vnd Kraͤm beſchloßen gehalten/ vñ zu
offenem Marck nichts/ als Milch/ Brot/ vnd friſches Garten-
gewaͤchs/ jedoch auch ſolches nicht vnder haltung der Ampt-vñ
Mittags Predig gebracht vnd verkaufft werden/ abermahln
bey ſtraff zwey Pfundt pfenning.
Nicht weniger ſolle an den Son-vñ Feſttaͤgen die Metzig
XII.vnd daß Schlaghauß zugehalten/ vnd darinn keinerley arbeit
verꝛicht/ vornemblich aber daß bißher gewonliche Viehſchlach-
ten/ auffgemelte Soͤn-vñ Feſttaͤge/ allerdings vnderlaſſen wer-
den/ es were dañ etwann/ daß auß erheblichen vrſachen ſolches
geſchehen muͤßte/ in welchem fall bey Ober-vñ Raht Herꝛn der
Metzigerzunfft die erlaubnuß geſucht/ vñ erlangt werden ſolle/
wer anders thut/ beſſert/ ſo offt ſolches geſchicht 25. pfund pf.
Noch viel weniger ſollen an den Son-vñ hohen Feſttaͤgen/
[5]Policey Ordnung.
wie ſonſten den gantzen tag vber/ alſo vornemblich vnder weh-
rendẽ Ampt-Mittags-vñ Abend Predigten andere vppigkeitẽ
mit zechen/ ſpielen/ vnd dergleichen/ in offentlichen Wuͤrts-Pa-
ſteten-Ballen-Wein-Bier-Balbier- oder Privat haͤuſern ver-
uͤbt werdẽ/ alles bey ſtraff nach ermaͤßigung vnſerer Zuchtrich-
ter/ die Sie doch vnder dreißig Schilling nicht beſtim̃en/ vnd ſo
wol gegen einem jeden thätter/ als den jenigen ohnfehlbar vor-
nem̃en ſollen/ die dergleichen injhren Häußern wiſſentlich vor-
gehen/ oder ſonſt huͤlff vñ vorſchueb darzu/ entweder ſelbſt gebẽ/
oder durch andere geben laſſen. Dann wir ins gemein hiemit
alles/ was zu ſolchen zeiten/ an hoͤrung der Predigten vnd ver-
richtung deß Gottesdienſts wie auch ſonſten an heyligung der
Son-vñ hohen Feſttäge hinderlich ſein/ vñ zu ſolchem end durch
Menſchen fund vnd argeliſt moͤchte erdacht werdë/ nit weniger/
als were es dieſer vnſerer Policey Ordnung mit claren worten
eingeruckt/ ernſtlich abgeſchafft/ gewehrt vnd verbotten haben
wollen/ ſo gar/ daß ermelte vnſere Zuchtrichter/ auch die jenige/
die allein ſolchen verbottenen handlungen bey wohnen/ oder da-
von wiſſens tragen/ vnd nicht anzeigen/ mit geziemender ſtraff
belegen/ vnd zumahln auff dieſes vñ alles vor-vñ nachſtehende
ein genawe vnd fleißige auffſicht werden nemmen laſſen.
Vnd was wir bißher von den Son- vnd hohen Feſttägen
vornemblich geordnet/ daß wollẽ wir auff anlaß eines im JahrXIIII.
Wie die Bett-
vnnd Feyrtäge
ſollen gthalten
werden.
1589. allhie außgangenen/ vñ volgendts Anno 1606. ernew-
erten Mandats/ auch auff die zeit d’ wehrendẽ Amptpredigten
ane den großen Monatlichen Bettägen/ am tag S. Stepha-
ni/ am Charfreytag/ Oſter- vnd Pſingſtmontag/ wie auch auff
die Rahts vñ Schulpredigtẽ ferners extẽdirt/ erſtreckt vñ ver-
ſtãden habẽ/ dergeſtalt/ dz auch in ſolcher zeit alle obſpecificirte/
vnd andere Arbeiten vñ handlungen/ bey vorgeſetzter ſtraff der
zwey pfundt pfen. gaͤntzlich eingeſtelt ſein vnd bleiben ſollen.
Es ſollẽ auch auff die obgemelte Bettäge vnſere werckhoͤff
biß nach vollbrachter Predigt beſchloßen/ vñ allen Arbeitern anXV.
allen der Stattwercken nit allein freygelaſſen/ ſondern befohlen
ſein/ ſolche ſtũden zu feyrẽ vñ die Predigten zubeſuchen/ aber nach
endũg derſelbẽ an jhre Arbeit ſich auffs fuͤrderlichſt zuverfuͤgen.
Zwiſchen den
Amptpredigten
an Son-Feſt-
Bett vnd Feyr-
taͤgen ſoll nie-
mand auff den
Gaßen vmbge-
hen.
Jns gemein ſetzen ordnen vnnd wollen wir ferners/ daß
alle Einwohner vnd angehoͤrige dieſer Statt/ Alt vnd Jung/
Mann vnd Weibsperſonen/ wann Sie je den Ampts Predig-
A iijten an
[6]Der Statt Straßburg
ten an Son-hohen Feſt-Monatlichen Bett- vnnd anderen
Feyrtaͤgen/ entweder Leibs/ oder anderer wichtigen hindernuß
halben/ ſelbſt Perſoͤnlich nicht abwarten vnd beywohnen koͤn-
ten/ ſich mitler weil/ vnd biß zu endung ſolcher Ampts Predig-
ten zu Hauß auffhalten/ daſelbſten jhre Chriſtliche vbungen
haben/ vnd ohne erhebliche vrſach auff der Gaßen ſich nicht ſe-
hen laſſen/ viel weniger hin-vñ wider wanderen/ fahren/ reuͤttẽ
vñ ſpatzieren ſollẽ/ bey ſtraff zwen ſchilling pfeñing die ein jeder/
der darwider handlet/ zum wenigſtẽ (dañ vnſerẽ Zuchtrichtern/
iſt auch dißfals/ nach befindung der ſachẽ/ ein mehrere ſtraff zu-
beſtim̃en gaͤntzlich heimbgegeben) zuerlegen ſchuldig ſein ſolle.
Wer vber vor-
ſtehendes Ruͤe-
gen ſoll.
Vnnd damit dieſem vnd allem vorſtehendem gebuͤhrlich
gelebt werde/ auch die muthwillige mißhaͤndler nicht ohnge-
ſtrafft bleiben/ So ſollen neben vnſern inſonder heit verordneten
Rüegern/ alle an den Gerichten Allmußen/ vnd Hueten dieſer
Statt beſtelte Knecht/ Botten vñ Waͤchter/ auff die Vbertret-
ter obiger Ordnungen fleißige acht nehmen/ vnd dieſelben/ wel-
che Sie erkundigen/ bey jhren Pflichten entweder einem vnſerer
Zuchtrichtere oder deren Beampten/ dem Frevelvogt/ oder
Zuchtgerichtſchreiber/ ohne vnderſcheid/ mit benambſung deß
orts/ der zeit/ der mißhandlung/ der perſonen die ſolche geſehen
oder gehoͤrt/ vnd anderer vmbſtändt/ die ſich jeweiln bey einem
oder anderem fall erzeigen moͤchten/ namhafft machen vnnd an-
geben/ darfür dann der erſte anbringer jedesmahl ein ſechſten
theil der ſtraff empfahen ſolle.
Gebott wider
Zauberer/
Warſager/
Teuffels vnd
Geiſtbeſchwoͤ-
ter.
Beſchließlichen/ weiln auch daß Teuffeliſche Zauberen/
Warſagen/ Beſchwoͤren/ Geiſt vertreiben/ Cryſtallen- vnnd
Handtſehẽ/ Siebreuͤttern/ Segen vñ dergleichen mehr andere
aber glaubiſche Haͤndel/ deren ſich etliche mit Characteren/ vor
ſchießen/ hawen vnd ſtechen/ veſt vnd verſichert zumachen/ die
Nachtſchaͤden vnnd andere ſonſt vnheylſame Kranckheiten zu
curiren/ oder auch verlohrne ſachen widerumb zuerlangen/ ge-
brauchen/ nicht allein an warem Gottesdienſt hinderlich/ vnd
dem Allerhoͤchſten ein grewel/ als deßen Allmacht/ Vaͤtterliche
Gnad vnnd Barmhertzigkeit dardurch ſchändlich verlaſſen/
hingegen aber der Teuffel gleichſam angebettet/ rahtsge-
fragt/ vmb huͤlff vnnd rettung erſucht wuͤrd/ ſondern auch in
Heyliger Schrifft/ vnnd allen Rechten ernſtlich verbotten/
vnd bey einer jeden wolbeſtelten Republic auch darumb nicht zu-
leiden/
[7]Policey Ordnung.
leiden/ weiln durch ſolche boͤſe Leut/ vnd deren ſcheinbare worth-
behelff/ die Einfaͤltigen vielmahln auß vnwiſſenheit verführt/
vmb vnnuͤtze Coſten vorſetzlich gebracht/ ja etwan Ehrliche Leut
in vnſchuldigen verdacht vnd fälſchliche verleumbdung boͤßlich
geſetzt werden:
So haben wir auch dißfals allem vnheil vorzubiegen hie-XIX.
mit menniglichen vnſerer Angehoͤrigen fuͤr vorerzehlten vnd an-
deren dergleichen ſchweren Suͤnden vnd Laſtern/ in rechter wol-
meinung fleißig vnd trewlich warnen/ auch zumahl ſich derſel-
ben gaͤntzlich vnd allerdings zuenthalten ernſtlich gebieten vnd
befehlen wollen. Dann wie wir nicht gemeint ſeindt/ einigen
Zauberer/ Wahrſager/ Geiſt- oder Teuffels beſchwerer/ Se-
genſprecher/ Planeten Leſer/ Chriſtallen- oder Handtſeher vnd
dergleichen/ in vnſerer Statt vnnd Obrigkeit wiſſentlich zuge-
dulden: Alſo wollen wir auch/ wo ſich eine oder mehr Perſonen/
jetzt oder kuͤnfftig ſolten betretten laſſen/ die ſich ſolcher hoch-
ſtraͤfflichen vnnd aͤrgerlichen Händel vndernemmen/ ſelbigen
nachhaͤngen/ vnd ohnerachtet dieſer vnſerer Trewhertzigen er-
innerung darinn beharꝛen würden/ gegen denſelben/ nach ge-
ſtalt vnnd befindung jhrer mißhandlungen die gebuͤhrende vnd
verdiente Straffen mit dem Thurn/ Pranger/ Ruthenſtreich/
Schwerdt vnd Fewr/ nach anweißung Goͤttlicher Geſatz/ der
Peinlichen Halßgerichts Ordnung/ vnd beſchreibener Keyſer-
lichen Rechten/ ohnfehlbar ergehen laſſen.
Es ſollen ingleichem alle vnſere Burger/ Vnderthanen/ vndXX.
Verwanthe in Statt/ Landt vnnd Burgkbann/ die entweder
auß Einfalt oder Fuͤrwitz vnd Aberglauben/ ſolchen Wahrſa-
gern/ vnd oberzehlten Laſterhafften Leuthen/ wie auch den Hey-
den vnd Zigeunern (die wir ohne daß bißher als erkandte Ver-
raͤhter vnd Außſpaͤher der Chriſtenheit/ wie Sie in der Reichs
Policey Ordnung mit warheit genant werden/ in vnſerem ge-
biet nicht geduldet/ nach hinfuͤhro gedulden wollen) etwann in-
vnd außerhalb vnſerer Bottmeßigkeit nachgeloffen/ denen an-
gehangen/ auch ſich jhrer hilff vnnd Rahtsgebraucht/ hiemit
ernſtlich erinnert ſein/ von ſolchem übel abzuſtehen/ ſich derglei-
chen Perſonen vnnd deren Gemeinſchafft zuenthalten vnd ſich
jhrer keinswegs zubeladen/ ſo lieb einem jeden/ nach beſchaffen-
heit der ſachen vnſere ernſte Gelt oder Thurnſtraff zuvermeiden/
ſein wuͤrd.
TITVLVS II.
[8]Der Statt Straßburg
TITVLVS II.
Von Gottsleſterungen/
Meinayd/ Falſcher Handtrew/
Fluchen vnd Schwoͤren.
Verbott dieſes
Laſters ins ge-
mein.
ES iſt Menniglichen auß Gottes Heyligem wort/
vnnd den gemeinen Weltlichen Rechten/ wie auch
deß Heyligen Roͤmiſchẽ Reichs Policey- vnd Halß-
gerichts Ordnungen bekandt/ bey was hohen Poe-
nen vnnd Straffen heilſamblich geſetzt vnnd ernſtlich gebotten
ſeye/ das der Namm deß Allmechtigen Ewigen Gottes/ durch
keinen Menſchen vergebens/ vnnuͤtzlich oder uͤppig gefuͤhrt/ ge-
braucht noch angetaſt/ ſondern alle Gottsleſterung Meinayd
vnd falſche Handtrew/ wie auch das frefenliche vnd vorſetzliche/
zumahl daß vnbedächtliche vermaledeyen/ fluchen vnd ſchwoͤ-
ren/ gaͤntzlich vnderlaſſen/ verhuetet vnd gemitten werden ſolle.
Wann dann in betrachtung ſolcher gebott vnnd verbott/
vnſere geehrte vorfahrẽ (als die ſich wol eriñert/ daß die Goͤtt-
liche Majeſtaͤt durch dieſes abſchewliche Laſter/ zu gerechtem
Zorn/ auch zeitlicher vñ ewiger Straff hoͤchlich bewegt wuͤrdt)
jhnen jederweiln die abſchaff- vnd beſtraffung deſſelben mit ernſt
angelegen ſein laſſen/ geſtalt die in Jahren 1510. (der mehr aͤl-
tern zugeſchweihen) 1516. 1522. 1526. 1529. 1533. 1549.
1552. 1566. 1568. vnd 1603. deßwegen Publicirte Statuta
vnd Ordnungen/ vnd die darinn angekuͤndete Poenen/ an Leib/
Leben/ Ehr vnd Gut/ genugſamb zuerkennen geben.
Vnnd wir aber leyder erfahren muͤſſen/ daß es auff den
heuͤtigen tag/ in dieſem Statt vnnd Land gefährlichem Laſter
deß Gottsleſterns/ Meinaydts/ Falſcher Handtrew/ Flu-
chen vnd Schwoͤrens/ nicht beſſer als bey vorigen zeiten daher-
geht/ vielmehr darinn je laͤnger je aͤrger werden/ vnd faſt das
anſehen gewinnen will/ als wolte die Gott- vnnd ruhloſe
Welt dieſe hochſtraffbare Mißhandlung fuͤr keine/ oder doch
eine geringe Suͤnd achten vnd auffnemmen: So haben wir
vmb ſoviel mehr vrſach gehabt/ die vorangezogene vnſerer lie-
ben
[9]Policey Ordnung.
ben Vorfahren wolbedachte Gebott vnnd Satzungen/ in be-
rahtſchlagung dieſer Policey Ordnung/ mit fleiß auffſuchen/
vnnd durchſehen/ auch nach anweiſung derſelben/ wie nicht
weniger der Reichs Policey Ordnung de Anno 1577. mit
zeitlichem/ hierunder gehabtem Raht vnd gutem vorbedacht/
die nachfolgende Satzung abfaßen vnnd begreiffen zulaſſen/
die wir auch als vnſern einmüetigen ſchluß/ in allem jhrem
Jnhalt/ veſtiglich/ ſtreng- vnd ernſtlich gehalten vnd vollzo-
gen haben wollen.
Setzen/ ordnen vnd wollen demnach/ daß ſich mennig-IV.
lichen in vnſerer Statt/ weß Wuͤrden/ Stands oder Weſens
Er ſeye/ vor dem erſchroͤcklichen Laſter der Gottsläſterung/
deß Meinayds/ der falſchen Handtrew vnnd Schwoͤrens/
trewlich huͤeten/ vnd alle Fluͤche bey dem nammen Gottes/
Seiner Heyligen Marter/ Wunden/ Krafft/ Macht/ Sa-
cramenten/ Leiden vnnd Todt/ Leib vnnd Gliedern/ Blut
vnnd Creütz/ Himmel vnd Element ꝛc. wie auch alle Laͤſter-
Schaͤnd- vnd Schmaͤhung der Gebenedeyten Mutter Chriſti
vnnd der Heyligen Gottes/ auch zumahl das gemeine vbel/
da ſich entweder der Menſch ſelbſten oder ſeine neben Chri-
ſten vermaͤſſentlich dem Teuffel ergibt/ vnnd vermaledeyet/
Gottes ſtraff/ ſchwere Plagen vnnd Seuͤchen auff ſich vnnd
andere fordert/ die Seel verpfäntet ꝛc. vnd dergleichen/ gaͤntz-
lich vermeiden ſolle/ ſo lieb einem jeden/ obangedeute deß Al-
lerhoͤchſten vnd Gerechten Gottes/ vnd vnſerer der Oberkeit/
hienachgemelte ſtraffen zuentfliehen/ ſein wuͤrdt.
Vnd damit jedermann in vñſerer Obrigkeit fuͤr ſolchemV.
Prediger ſollen
die zuhoͤrer dar-
fuͤr wahrnen.
Laſter ja genugſamb gewarnet/ vnnd der großen gefahr vnd
ſchweren Poenen/ ſo demſelben nachfolgen/ zu genuͤegen berich-
tet werde: So ſollen nicht allein hienfuͤro/ wie bißher/ alle vnſere
Pfarꝛer vnd Kirchendiener inn Statt vnd Landt/ ſo offt Sie
gelegenheit darzu haben/ die Gemeinden vnd zuhoͤrer von denVI.
Andere vorge-
ſetzte/ ſollen die
Jhrigen davon
abfuͤhren.
Cantzlen; Sondern auch die Eltern/ Herꝛ- vnd Meiſterſchaff-
ten zu Hauß/ jhre angehoͤrige Jung vnd Alt/ mit fleiß/ eyfer vñ
erſt erinnern/ daß Sie ſich dieſer mehrgedachten Suͤnd des
Gottslaͤſterens/ Meinayds/ falſcher Handtrew/ Fluchen vnd
Schwoͤrens gaͤntzlich enthalten/ vnd hingegen gegenwertiges
vnſer Gebott in ſchuldige acht nemmen/ dem gehorſamlich ge-
Bleben/
[10]Der Statt Straßburg
leben/ vnnd dadurch die angekuͤndte ſtraff verhüeten wollen.
Straff der
Gottslaͤſterũg/
Meinayds vnd
falſcher Hand-
trew.
Wuͤrde aber geſchehen/ daß jemand/ wer der were/ ſol-
che wolgemeinte erinner- vnd verwarnungen/ Gebott vnnd
verbott/ Leichtfertig in wind ſchlagen/ vnd deßen allen ohn-
erachtet/ Gottes Majeſtaͤt/ Allmacht vnnd Herꝛlichkeit/
vnſers HErꝛen JEſu Criſti allerheyligſte Menſchheit vnnd
Sacramenta/ durch veraͤchtliche vnnd fraͤfeliche Läſterwort
angreiffen/ oder ſich auch mit vorſetzlichem Meinayd vnnd
falſcher Handtrew (welche dem Meinayd aͤhnlich vnd gleich
iſt) vergehen wuͤrde/ So ſoll derſelbige Gottsläſterer oder
Meinaydige/ entweder vns dem Raht/ oder vnſeren Zucht-
richtern vnnd deren Beampten namhafft gemacht/ vnd auff
vnſer deß Rahts erkandtnuß/ nach vnderſcheid deß verbre-
chens vnnd innhalt der Recht vnnd Reichs Conſtitutionen,
entweder am Leben/ oder ſonſten an Leib/ Ehr vnnd Gut/
ernſtlich abgeſtrafft/ vnnd hierneben auch ein jeder der die
Gottslaͤſterung gehoͤrt oder den Meinayd vnd falſche Hand-
trew wüſte/ aber verſchwigt vnnd nicht gehoͤriger orten an-
zeigt/ als ein Mittverhenger der Suͤnden/ zur willchuͤrli-
chen Poen/ gezogen werden.
Straff des vn-
bebachtlichen
Fluchen vnnd
Schworens.
Wann dann ferners jemand ſo Burgerlichen Stands
iſt/ es were Mann oder Weib/ Jung oder Alt/ Frembd
oder Heimiſch ohne vnderſcheidt (allein die jenige/ deren hie-
unden § 17. gedacht wuͤrdt/ außgeſchloßen) in vnſerer Statt
ohne frefelbarn vorſatz/ allein auß vnbedachtem/ oder be-
wegtem Gemuͤt/ vnnd boͤſer gewonheit/ die hieoben §. 4. an-
gezogene vnd andere dergleichen ſtraffbare wort Fluͤche/ vnd
Schwuͤer/ von ſich hoͤren laſt/ der oder die/ ſollen von dem
anhoͤrenden vmbſtandt/ anfaͤnglich in der guͤte/ davon abzu-
laſſen vnnd das es verbotten/ freuͤndtlich ermahnt/ (zu wel-
cher ermahnung einen jeden/ der gehorſam ſo er Gott vnnd
der Obrigkeit ſchuldig iſt/ treiben ſolle) vnnd wann vber
ſolches freundliches anſprechen der Schwoͤrer oder Flucher
noch weiter in ſolchem vnweſen vortfahrt/ als dann vnſeren
verordneten Zucht Richteren oder deren Beambten ange-
bracht/ vnnd/ wie hernach vnderſchiedlich folgt/ ohnnach-
läßlich geſtrafft werden.
Nemblich/
[11]Policey Ordnung.
Nemblich/ welche vnder dieſen Perſonen daß erſtemahl/IX.
Straff der vn-
dern Grad Per-
ſonen.
vbergethane verwarnung/ mit vnbedachtem Schwoͤren oder
Fluchen fuͤrgefahren/ die ſoll zur Geldbuß geben ein ort eines
guldens.
Wer aber zum andernmahl vber beſchehene abmahnung/X.
ſein Fluchen oder Schwoͤren beharꝛet/ der ſoll zur Geld ſtraff
verfallen ſein ein halben gulden.
Wa fern auch jemands zum drittenmahl vnſer verbott/XI.
ohnerachtet deß zuhoͤrers erinnerung/ vberſchreittet/ der ſoll
buͤeßen einen gulden.
Vnnd wer alſo daß Gelt nicht zuerlegen hette/ der ſollXII.
an ſtatt deßelben/ daß erſtemahl zwo ſtund/ daß andermahl
vier ſtundt/ vnnd daß drittemahl ſechs ſtundt ins Zucht-
Häußlein geſteckt/ vnd daſelbſten jhme zu ſpott vnd ſtraff/
anderen aber zum Exempel vnnd beſſerung/ verwahrt wer-
den.
Solte aber ſich ferners begeben/ daß jemand zum vier-XIII.
tenmahl/ vber gethanes zuſprechen/ in dergleichen Fluchen
vnnd Schwoͤren/ fortfahren würde/ der ſoll dadurch die
ſtraff deß Thurns verwuͤrckt/ vnnd darinn im Burgerkeffig
Tag vnnd Nacht/ es ſeye Winter oder Sommerszeit/ mit
Waſſer vnd Brot zubuͤeßen ſchuldig ſein.
Doch iſt vnſeren Zuchtrichtern/ inn dieſem fall vorbe-XIV.
halten/ die ſtraff deß Thurns in ein Geldbuß (welche aber
vnder zwey Pfundt pfenning nicht ſein ſolle) wie auch hin-
widerumb bey vorigen faͤllen/ die beſtimbte Geldbuß/ in die
ſtraff deß Zuchthaͤußleins/ je nach befindung vnd gutachten/
zuverwandlen.
Welcher dann vber das/ ſich zum fuͤnfftenmahl/ in offt-XV.
ermeltem Laſter angedeuͤtter maſſen vergehet/ den wollen wir
der Raht/ an Leib/ Ehr/ oder Gut/ nach geſtalt ſeiner ver-
wuͤrckung ernſtlich abſtraffen vnd darinn niemands verſcho-
nen laſſen.
Als auch in des Heyligen Reichs obangezogenen Poli-XVI.
Straff der ho-
hen Stands-
perſonen.
reyordnung vom Jahr 1577. weiters verſehen/ daß hohen
Standsperſonen/ weniger dann den Nidrigen gebuͤhre/ ober-
zehlte vppige Schwuͤer vnd Flüch zuvben/ vnd andere Leut
durch jhr Exempel zu ärgern: So laſſen wir es auch dabey be-
B ijwenden/
[12]Der Statt Straßburg
wenden/ guter zuverſicht/ Sie werden ſich in vnſerer Statt
vnd Obrigkeit angeregter Policey gemaͤß verhalten.
Straff deß A-
dels vnnd ande-
rer Perſonẽ der
obern grad.
So viel aber den Adel inſonderheit anlangt (dem wir an
dieſem ort auß bewegenden vrſachen/ alle die/ in vnſerer Kley-
der ordnung vnder dem Fuͤnfften vnd Sechſten grad begriffene
Perſonen/ beyſetzen) ordnen vnd wollen wir/ wo jemandts von
der Ritterſchafft oder jetz angedeuten Perſonen/ auß zorn oder
boͤſer gewonheit vnbedaͤchtlich Schwoͤren vnd Fluchen wuͤrde/
daß derſelb zum erſten/ zum andern vnd zum dritten mahl/ die
obbeſtimbte Geltſtraff/ allwegen duplirt geben vnd abrichten;
da er aber zum viertenmahl wider diß vnſer gebott handelt/
an ſtatt deß Thurns mit Gelt geſtrafft/ vnnd jhme doch we-
niger nicht/ dann vier Pfundt pfenning/ zur buß aufferlegt wer-
den ſolle.
Welcher aber vnder beruͤerten Adels- vnnd anderen erſt-
gedachten Perſonen/ inn dieſem Laſter biß auffs fünfftemahl/
vortgehn/ vnnd die geſchehene erinnerungen außer acht ſetzen
ſolte/ gegen demſelben ſeind wir gemeint die ſchaͤrpfe der Gemei-
nen vnd Reichs recht/ ſtreng- vnd ernſtlich vollziehen zulaſſen/
darnach ſich ein jeder zurichten.
Straff der
Frembden.
Damit auch beſchließlichen gegen den Frembden vnd an-
deren Perſonen/ bey denẽ die gefahr iſt daß Sie zuentweichung
der ſtraff fluͤchtigen Fuß ſetzen moͤchten/ die gebuͤer in acht ge-
nommen werde/ So ſollen dieſelben/ welche entweder mit vor-
ſetzlichem oder aber vnbedächtlichem Gottsläſtern/ Fluchen vñ
Schwoͤren/ obangeregter maßen/ dieſer vnſerer ordnung zuwi-
der handlen/ vnſerem je zu zeiten Regierenden Ammeiſter fuͤr-
derlich namhafft gemacht/ vor denſelbigen alſo bald erfordert/
vnd/ nach beſchaffenheit der ſachen/ entweder/ zu hafft gezogen/
oder zur wuͤrcklichen erlegung der obgemelten Geltſtraffen/
oder doch zu genugſamer caution/ ſich auff begehren vor vns
oder vnſeren verordneten zuſtellen/ vnd was erkandt zu laiſten/
angehalten/ vnd anderer weiß nicht erlaſſen werden.
Wer vber die-
ſes Laſter ruͤ-e-
gen ſolle.
Vnd vber alles dieſes ſo hieoben wider die Gottsläſte-
rung/ den Meinaidt/ das Fluchen vnd Schwoͤren verordnet
vnd gebotten/ worden/ ſollen vnſere gehaime Ruͤeger/ wie auch
andere vnſere tit. 1. §. 17. ernante Stattdiener/ ja menniglich/
dem die befuͤrderung der Ehren Gottes/ deß Nechſten nutzen/
vnd ge-
[13]Policey Ordnung.
vnd gemeiner Statt wolfahrt angelegen/ fleißig ruͤegen/ die
ſchuldigen ohn anſehung der Perſon bey vnſeren Zuchtrichtern
oder deren Beampten anzeigen/ vnnd dadurch daß dieſe heyl-
ſame ordnung gehandthabt werde/ ſambt vnnd ſonders befoͤr-
dern helffen.
TITVLVS III.
Von der Kinderzucht.
ZV erhaltung einer wolbeſtelten Policey/ iſt neben an-I.
Kinderzucht iſt
hoch vonnoͤthẽ-
derm/ auch hoch von noͤhten/ daß gute Kinderzucht
gehalten/ die liebe herwachſende Jugendt/ zeitlich
vom boͤſen abgeführt/ hingegen zur Tugendt ange-
wieſen/ vnd in Lehr vnd Leben alſo vnderꝛichtet werde/ damit
man bey kuͤnfftigen zeiten/ vnnd vorfallenden enderungen je-
weiln Leut habe/ die dem Vatterlandt vnd gemeinem weſen/ in
ſeinen vnderſchiedlichen Ständten vnd Aembtern loͤblich vor-
ſtehen/ deſſen wolfahrt eyferig befuͤrdern/ vnd auff die nachfol-
gende Poſteritet ruͤhmlich fortpflantzen moͤgen.
Darinn haben nun abermahlen vnſere liebe VorfahrenII.
am Stattregiment/ jhre fleißige ſorgfalt/ wie ſonſten oͤffters
alſo vornemblich im Jahr 1548. wolmeinendt ſcheinen laſſen/
da durch verordnete Herꝛen jhres mittels/ die Gemeind von
Zuͤnfften zu Zuͤnfften/ zur Gottesforcht vnnd erbarm leben/
ſonderlich aber auch zu angelegener warnehmung der lieben
Jugendt vnd eyferiger Kinderzucht/ muͤndlich vnnd ernſtlich
erinnert worden.
Solche damahlige trewhertzige vnnd Oberkeitliche erin-III.
nerung/ haben wir auch anjetzo widerholen wollen/ weil heuti-
gen tags nicht weniger/ die rechte vnnd ſcharpfe Kinderzucht
ſich guten theils verlohren/ vnd gar viel vnſerer angehoͤrigen/
die bloͤde Jugendt boͤßlich verabſaumbẽ/ in Suͤnd vnd Laſtern/
müſigãg/ vñ leuchfertigem weſen auffwachſen vñ eraltẽ laſſen.
Wollen demnach vnd befehlen hiemit allen Eltern/ Voͤg-IV.
Kinderſoll
mann zur Got-
tesforcht an-
halten.
ten/ Vormündern/ Schulmeiſtern/ Herꝛ- vnd Meiſterſchaff-
ten/ vnnd andern vorgeſetzten/ daß ſie zuvorderſt jhre Kinder
B iijvnd
[14]Der Statt Straßburg
vnd anvertrawte Jugend/ im Gebett/ vnd den Hauptarticuln
vnſerer Chriſtlichen Religion/ wol vnderꝛichten/ dieſelben zu
den Predigten vnnd Sontaͤglichen Kinderlehren fleißig ein-
ſchicken/ auch wann ſie etwas erwachſen/ vnd zu verſtandt kom-
men/ zum gebrauch der Heyligen Sacramenten (ohnerachtet
daß ſie etwan mit der Hochzeitlichen zierd vnnd Kleydung noch
nicht gefaſt/ dan dieſes Chriſtliche werck auch in einer andern
erbarn Kleydung mag verꝛicht werden) befuͤrdern/ vnd alſo
bey denſelben vor allendingen/ die wahre Gottesforcht/ wel-
che der anfang iſt aller Weißheit/ vnd gewiſſe vertroͤſtung hat/
zeitlichen vnd ewigen Segens/ ſattſam einwurtzlen vnd pflan-
tzen ſollen.
Kinder ſollen in
den Sontaͤgli-
chen Kinderleh-
ren/ ſtill vnd be-
ſcheyden ſein.
Vnnd weil man etwan mit vnluſt ſehen muß/ was für
groſer muthwill in erſtgedachten Sontaͤglichen Kinderlehren/
mit hin vnd widerlauffen/ ſchwätzen/ gaylen/ vnd in andere viel
weg/ bey werendem Gebett vnd Geſang/ vnder den Kindern
vorgehn/ als ſollen hiemit alle Eltern vnd vorgeſetzte/ auch alle
vnſere Kirchendiener/ Schulmeiſter vnd andere Perſonen/ die
zu verhoͤrung der Jugend geordnet werden/ hiemit fleißig er-
innert ſein/ nicht allein die Kinder/ beedes vor- vnd beyhaltung
der Kinderlehr/ ernſtlich zuermahnen/ daß ſie ſolche zeit vber
andaͤchtig/ ſtill vnnd rühig ſeyen: Sondern auch die vngehor-
ſamen bey den Eltern vnd Præceptoren/ oder wa ſich ein beſtaͤn-
dige boßheit erzeygen wolte/ bey vnſern verordneten Zuchtrich-
tern/ oder deren Beambten/ ohne vnderſcheid der Perſon/ anzu-
geben/ damit ſie gebuͤrlich darumb geſtrafft/ vnd zu erbarm le-
ben gebracht werden.
Kinder ſollman
zu den Schulen
ſchicken.
Nechſt dieſem iſt in vnſerer Kirchen Ordnung de Anno
1598. fol. 350. von den Pfarꝛ Schulen in dieſer Statt vñ dero
Obrigkeit/ wie auch vom Ambt der Lehrmeiſter/ Lehrfrawen
vnnd der Jugend/ heilſame verordnung vnnd anweiſung ge-
ſchehen: Dabey laſſen wir es nun auch jetzo bewenden/ mit der
ernſtlichen vermahnung/ daß allerſeits derſelben fleißig nach-
gefolgt/ vnd ſonderlich die Kinder zu embſiger beſuchung ſolcher
wolbeſtelten Schulen mit ernſt ſollen angehalten werden.
Kinder die faͤh-
ig/ zum Studi-
ren halten.
Nach dem auch/ durch vnſerer Vorfahren/ vnnd vnſere
eingewante ſorgfalt/ zuvordriſt aber auff erlangte Kayſerliche
Allergnedigſte verwilligungen/ nicht allein ein Lateiniſches
Gymnaſium
[15]Policey Ordnung.
Gymnaſium, ſondern auch ein Academi vnd Univerſitet, in hieſi-
ſiger vnſerer Statt vor Jahren angeſtellt/ vnnd noch auff den
heütigen tag/ durch Gottes Gnad in flore vnd eſſe erhalten
wuͤrdt: Als wollen wir alle vnſere Angehoͤrige hiemit Vaͤtter-
lich vnd Obrigkeitlich erinnert haben/ dieſes vornehme ſtattli-
che vnnd coſtbare Kleinot/ ja wol in acht zunehmen/ vnnd jhre
junge Soͤhne/ bey denen ſich ein vaͤhiges vnnd ſcharpfes inge-
nium erzeygt/ von den ſtudijs nicht ab-vielmehr darzu/ vnd er-
lernung der frembden ſprachen vnd freyen Kuͤnſten/ mit eyfer
vnnd vleiß anzuhalten/ auch ſich hierinn/ die nothwendige zeit
vnd vncoſten nicht tawren zulaſſen/ welche ohne daß inbetrach-
tung deß folgenden nutzens/ faſt gering/ ja gegen andern orten
gleichſam fuͤr nichts zuachten/ in denen der gleichen erwuͤnſchte
gelegenheiten nicht zufinden/ ſondern vber Landt/ vnnd in die
frembde/ mit hoͤchſter gefahr der Kinder/ vnnd beſchwerlichen
außlagen der Eltern muß geſucht werden.
Weme aber entweder wegen ſchwachen Ingenij der Kin-VIII.
Die vbrige zu
Handwercken
vnd Handthie-
rungen anziehe.
der/ oder auß andern erheblichen vrſachen/ dieſelben ſtudieren
zulaſſen/ nicht thunlich/ der ſolle ſie zum wenigſten im ſchreiben
vnd leſen vnderꝛichten laſſen/ vnd dann bey zeiten zu andern ver-
richtungen/ hanthierungen/ geſchefften/ vnd handwercken be-
fuͤrdern/ vnd muͤglichſter dingen dahin arbeiten/ daß ſie nicht
zum bettlen/ vnnd muͤſſigang (dem hochſchädlichen Pfulſter
deß Sathans vnnd gewiſſem anfang alles vbels) gewehnt/
ſondern etwas ehrliches vnnd erbares zulernen/ dardurch ſie
dem nechſten dienen/ vnnd jhr Brot kuͤnfftig erwerben moͤgen/
angewieſen werden.
Jm vbrigen gantzen leben/ ſollen die Eltern/ Voͤgt/ Vor-IX.
Jns gemein alle
Kinder zur
Zucht vnd Tu-
gend anweiſen.
muͤndere/ Lehrmeiſtere/ Lehrfrawen/ Herꝛ- vnd Meiſterſchaff-
ten/ vñ andere vorgeſetzte/ jhnen ernſtlich angelegen ſein laſſen/
daß die Jugend/ Knaben vnnd Maͤgdlin/ nicht allein mit der
nothturfft deß Leibs in Kleydung/ vnd anderer vnderhaltung
gebuͤrlich verſehen/ ſondern auch zur Zucht/ Tugendt vnnd er-
barm wandel/ vnd vornemblich zu ſchuldiger ehrerbietung vnd
gehorſam gegen vns der Obrigkeit/ den Eltern/ vorgeſetzten/
vnnd andern alten vnd ehrlichen Leuten ernſtlich vnderꝛichtet/
hingegen aber zu vermeidung der vntugend/ Suͤnd/ vnd Laſter/
auch allem dem/ ſo dieſer vnſerer Policey Ordnung entgegen/
trewlich
[16]Der Statt Straßburg
trewlich vnd vnnachlaͤßig ermahnt werde. Jnſonderheit aber
wollen wir daß ſchimpff- vnd aͤrgerliche geſchrey/ jelen/ raufen/
ſchlagen/ ſtein vnnd ſchnee werffen/ Kriegen/ fechten/ zuſamen
rottiren/ Krentzelſingen/ vnd andern mutwillen/ ſo etwan auff
den gaſſen vnd Plaͤtzen dieſer Statt/ vnnd neben andern orten/
inſonderheit auch durch die Beckenbuben vnnd Mägdlin vor
dem Münſter/ vnd vnder der Pfaltz/ geuͤbt wuͤrdt/ wie auch alle
die Spiel/ durch welche ehrliche Leut im freyen gang koͤnnen
gehindert oder beſchädigt werden/ nicht weniger/ daß zu Som-
merszeit zwar gemeine/ aber leichtfertige Baden in flieſſenden
Waſſern innerhalb der Statt/ (doch frembden Leuten vnnd
Handwercksgeſellen ſich deß Waſſers/ bey Abendtszeitten/ mit
geziemender beſcheidenheit zugebrauchen vnverwehrt) vnnd
was ferners Gott- vnd ehrliebenden Leuten zuwider ſein wuͤrdt/
hiemit allerdings vnd ernſtlich verbotten haben: mit der ſonder-
bahren erleuterung/ daß ob wir zwar der Jugendt jhre ergoͤtz-
lichkeit auff der Gaßen/ in erlaubten vnd gebuͤrlichen kurtzwei-
len/ gern goͤnnen wollen/ daß jedoch auch ſolche/ auff Son-Feſt-
Bett- vnd Feyrtaͤge/ vnder wehrender Ambts-Mittags- vnd
Abendt Predigten/ wie auch täglich/ vnder der vormittaͤgigen
Achten Predig gaͤntzlich ſollen eingeſtellt/ vnd vermitten/ auch
darauff durch vnſere Rahts-Gerichts- vnd Laͤufferbotten/
Thurnhüetter/ Bettelvoͤgt/ Almuſen/ vnd Sibnerknecht/ ein
fleißige auffſicht genommen werden: Alſo/ daß dieſelbe zuvor-
derſt den Kindern/ Buben/ vnnd Maͤgdlin ſelbſten/ die ſolche
vngebuͤren begehen/ ernſtlich zuſprechen/ vnnd wann dieſes
nichts helffen wolte/ den Eltern ſolchen vngehorſam anzeigen/
da aber auch/ bey jhnen den Eltern die gebuͤr nicht folgen wuͤrde/
als dann ſie/ die Eltern vnd Kinder zugleich/ vnſern Zuchtrich-
tern/ oder deren Beambten angeben ſollen/ bey jhren Ayden.
Straff der
nachlaͤßigen
Eltern.
Welche Eltern vnd vorgeſetzte nun obgeſagter maſſen die
Kinderzucht führen/ vnd die liebe Jugendt wol auffziehen/ die
werden deſſen von Gott ein reiche belohnung/ von den Men-
ſchen ehr vnnd lob/ vnd von den Kindern ſelbſten dermahl eins
nutz vnd danck haben/ welche aber hierinn fahrleſig/ vnd entwe-
der durch zuviel nachſehen/ vnd liebkoſen/ oder aber durch aͤr-
gerlichen wandel/ vnd boͤſe anweißung/ die Jugendt verabſau-
men/ vnd dariñ wider dieſe vnſere Satzung handlen/ die wollen
wir/
[17]Policey Ordnung.
wir durch vnſere Zuchtrichtere/ (welche jhre heimliche Ruͤeger
vnd Anbringer darauff beſtellt haben) als verächter guter ord-
nungen/ vnd vngehorſame/ gegen den Obern/ je nach befindung
vnd beſchaffenheit der ſachen/ am Leib oder Gut/ ernſtlich ab-
ſtraffen.
Jngleichem ſollen auch die Kinder/ vnd junge Leut/ welcheXI.
Straff der vn-
gehorſamen
Kinder.
obigen Articuln zuwider gehn/ vnd deßweg angegeben wuͤrden/
vor vnſere verordnete Zuchtrichter beſchickt/ vnd wegen jhres
mutwills/ vngehorſams vnnd frefels/ entweder mit ſcharpfen
zuſprechen/ oder zuͤchtigung der Ruthen/ oder in andere weg/ je
nach ermeſigung vnd verdienſt/ vnaußbleiblich geſtrafft/ auch
der Rutenſtreich nach befelch vnd erkantnuß gedachter vnſerer
Zuchtrichter/ entweder zu Hauß durch die Eltern/ oder aber in
der Schulen durch die Lehrmeiſter vnd Lehrfrawen/ oder wol
gar bey groben vnnd vorſetzlichen vbertrettungen/ im Bettel-
thurn durch die Stattknecht/ verꝛichtet werden.
Wuͤrde auch geſchehen/ daß ein Kind der natuͤrlichen liebXII.
vnd pflicht ſo gar vergeſſen/ vnd ſeinen Eltern die ſchuldige Ehr
vnd gehorſam nicht leiſten/ dieſelbe ſchelten/ ſchmähen/ ſchlagen/
oder in andere weg mit fluchen/ vermaledeyung/ wort vnd tha-
ten belaydigen/ auch hunger oder kummer ſolte leiden laſſen/
Gegen demſelben wollen wir/ nach ſeiner verwuͤrckung gebür-
lich verfahren/ vnd ſonderlichen die jenige/ ſo jhren Eltern ge-
flucht oder hand angelegt/ ernſtlich ſtraffen/ bey denen aber/ wel-
che nit ſelbſten jhren dürfftigen Eltern handbietung vnd ſtewr
leiſten/ vnſere Obrigkeitliche verordnung der alimentation hal-
ben/ wuͤrcklich vollziehen laſſen/ darumb dann ein jedes Kind
vor dergleichen vnmenſchlichen thaten trewlich gewarnet/ die
Eltern aber/ denen dergleichẽ begegnet/ bey vns dem Raht/ oder
vnſern Zuchtrichtern fuͤr derlich zuclagen/ erinnert ſein ſollen.
TITVLVS
[18]Der Statt Straßburg
TITVLVS IV.
Geſind Ordnung.
Vnfug vnnd
Muthwill deß
Geſinds.
ES iſt nun etlich Jahr hero faſt bey menniglichen in
dieſer Statt/ vber den vngehorſam/ vnfleiß/ vntrew/
fahrlaͤßigkeit/ trutz vnd hohmut deß Geſinds/ vor-
nemblich aber der Knecht/ Maͤgd oder Dienſtbot-
ten/ hefftig geclagt worden: Solcher gemeinen beſchwernuß
nun nit weniger/ als anderm eingeriſſenem vbel/ durch die/ von
vnſern lieben Vorfahren/ inn Jahren 1557. 1561. vnd 1576.
wolbedachte verordnungen/ gebuͤhꝛlich zubegegnen/ wollen wir
zuvordriſt/ daß Geſind ins gemein/ wie daß nam̃en haben/ vñ
in was dienſten/ weſen vñ alter es ſein moͤchte/ zu ehrer bietigem
gehorſam gegen den Oberen/ zu fleißiger trew in anbefohlnen
verꝛichtungen/ vñ zu behutſamer verſchwiegenheit in vertrawtẽ
geſchaͤfften/ auch zuvermeidung deß ſchandlichen Affterꝛedens/
mährlintragens vnnd ſchwetzwercks in- vnnd außerhalb deß
Haußes/ deß vnverantwortlichẽ pochẽs/ ſchnarchẽs/ widerbeff-
tzens ꝛc. ernſtlich erinnert/ vñ zumahl die Articul/ gebraͤuch vñ
herkom̃en/ der Zuͤnfft vñ Handwercker/ ſo der mehrere theil der-
ſelbẽ/ von alters hero/ deß Geſinds halben erlangt/ hieher gezo-
gẽ/ auch derſelbẽ Vorgeſetztẽ/ darob ſteiff zuhaltẽ/ vñ beſſerung/
wie in anderm/ alſo auch in gewiſſer beſtim̃- vnd mäßigung der
Loͤhn/ an ortẽ da vonnoͤthen zeitlich einzufuͤhrẽ/ befohlen haben.
Wer ehrlichẽ vñ erbaren gemuͤts/ wuͤrd fuͤr ſich ſelbſtẽ die ſchul-
digkeit gebuͤhrlich in acht nemmen/ die andern wollen wir durch
ſtrenge derſtraffẽ in gehorſam zubringẽ/ vns angelegẽ ſein laſſẽ.
Kein Meiſter-
ſchafft ſoll der
andern daß Ge-
ſind auffwicklẽ.
Anlangend aber die Knecht/ Mägd oder dienſtbottẽ inſon-
derheit/ iſt bißher bey denſelben die vngebühr nit wenig dadurch
gehägt worden/ daß je ein Herꝛ- vnd Meiſterſchafft der andern/
die Knecht vnd Maͤgd/ durch nachſchicken/ anſprechungen/ ver-
heißungen/ geſchenck vnd gab/ großen Lohn vnnd Gottspfen-
ning ꝛc. gefährlich abgeſpannen/ auffgewickelt vnd entzogen/
darauß dann nichts anders ervolgen koͤnnen/ dann daß das
Geſind/ nur je lenger je mehr vngehorſam/ muthwillig/ wider-
ſpaͤnſtig/ meiſterloß/ trutzig/ halßſtarꝛig/ hochmuͤtig/ verwegen
vnnd frech worden: Wider ſolchen Mißbrauch ſetzen/ ordnen/
vnd wollen wir/ daß hinfuͤro kein Burger oder Burgerin noch
Ein-
[19]Policey Ordnung.
Einwohner dieſer Statt/ weß ſtands oder weſens er ſeye/ dem
oder der andern/ jhre Knecht/ Maͤgd oder Dienſtbotten gefehr-
licher weyß abſetzen/ abdingen oder abpracticieren ſolle/ weder
durch wort/ geſchenck/ oder verheißung/ weder ſelbſt noch durch
andere/ auff keine weyß noch maß/ wie daß geſchehen moͤchte/
bey ſtraff fünff pfund pf. die nicht allein der Burger/ Burgerin
vnd Einwohner/ ſondern auch die Perſonen/ ſo ſich hierunder
gebrauchen laſſen/ vnnachlaͤßlich erlegen/ oder darfuͤr fuͤnff tag
im Thurn/ mit Waſſer vnd Brot/ büßen ſollen.
Es ſoll auch niemand eine Magd wiſſentlich dingen/ SieIII.
Wann man die
Maͤgd dingen
moͤge.
habe dann in dem vorigen Dienſt ein halb Jahr verharꝛet/ oder
Sie hette von vnſeren verordneten Zuchtrichtern/ auß erhebli-
chen vrſachen/ erlaubnuß zur dienſtänderung erlangt/ oder
were erſt frembd herkom̃en/ oder (wann Sie ein hieſiges Kind)
von jhren Eltern/ Voͤgten vnd nechſten Verwanten/ daß erſte
mahl zu frembden Dienſten verſprochen worden/ oder were vor
außgang deß halben Jahrs/ von der Herꝛ- oder Meiſterſchafft/
ſonder vnredliche vrſachen/ bevrlaubet: wer darwider thut/ beſ-
ſert jedesmahl dreyßig ſchilling/ oder tag vnd nacht im Thurn
mit Waſſer vnd Brot.
Alſo ſoll auch kein Magd gedingt werden/ eher dann vn-IV.
gevohrlich ein Monat vor dem Ziel/ es were dañ/ daß die Magd
von der Herꝛ- vnd Meiſterſchafft/ vor ſolcher zeit vrlaub empfa-
hen/ vnd jhr eben dadurch vmb anderwertige Dienſt ſich vmb-
zuſehen/ gegoͤnt würde/ bey vorgeſagter poen der dreyßig ſchil-
ling/ oder deß Thurns.
Ob zwar fernes/ die verꝛichtung bey den Dienſtbotten vn-V.
Loͤhn der Maͤgd
gleich/ vñ daher ein gewiſſe vnd durchgehende belohnung nicht
fuͤglich kan beſtimbt werden/ inſonderheit weil zubefahren/ daß
durch ſetzung eines gewiſſen/ die jenigen/ ſo in jhrẽ verꝛichtungen
noch ſchwach/ ſchlecht vñ vngeuͤbt/ anlaß vnd vrſach zugroßen
forderungẽ nem̃en moͤchtẽ: Jedoch/ weil vornemblich die Magd-
loͤhn gar auff ein vnverantwortliches geſtiegen/ welches guten
theils durch den vbermachtë Pracht derſelben/ (deme nunmehr
durch vnſere Kleyderordnung geſtewert iſt) vervrſacht wordẽ/
vnd daher ſie die Maͤgd ſelbſten/ ſich hinfüro deſto beſſer mit einẽ
wenigern/ werden befridigen koͤñen: So wollen wir hiemit bey
dẽ Obermaͤgdẽ/ die in Privat Burgershaͤußern/ zu den Kuchẽ
vñ Haußgeſchaͤfften gebraucht werdẽ/ den hoͤchſten Lohn fuͤr ein
C ijviertel
[20]Der Statt Straßburg
viertel Jahr auff drey gulden geſetzt/ nach vnderſcheid der
Dienſtbotten aber vnd deren verꝛichtungen/ ſolchen Lohn nach
billichkeit zu mäßigen/ vnnd alſo bedes in der forderung vnnd
außzahlung/ ſich aller gebuͤhr zu befleißigen/ auch inſonderheit
dißfalß keine gevhaͤrdt zubrauchen/ vnd weder durch geſchenck
noch andere eindingungen/ wie daß geſchehen moͤchte/ den vor-
beſtimbten Lohn zuerhoͤhen/ alle Herꝛ- vnd Meiſterſchafften/
auch Mägd vnd Dienſtbotten/ mit Obrigkeitlichem ernſt erin-
nert/ zumahl vor der ſtraff vnſerer Zuchtrichter/ trewlich ge-
warnt haben: Dann ermelte Zuchtrichter ſollen hinfuͤro/ ſo
offt ſie durch jhre beſtelte Ruͤeger oder ſonſten erfahren/ daß
etwas weiters vber obbeſtimbtẽ hoͤchſten Lohn/ auß vorbeding-
ung/ gegebẽ/ oder ſonſtẽ vff einer oder anderen ſeitẽ/ ichtwas mit
argliſt vñ gevhärdt/ dieſer vnſerer Ordũng zuwider erdacht vñ
vorgangen were/ ſolches je nach beſchaffenheit der ſachen vn-
nachläßig ſtraffen: dergeſtalt/ wann in Geld oder Geldswert/
es were von Herꝛ-vñ Meiſterſchafft/ oder von den Maͤgden vñ
Dienſtbottẽ/ gefordert oder außbezahlt were/ ſo ernante Sum̃
vbertreffen thete/ Sie von einem jeden ſchilling ſo daruͤber ſein
wuͤrd/ ein Pfund pfenning zur ſtraff abnehmen/ in andern faͤl-
len aber/ nach ermaͤßigung verfahren ſollen: dann wir den ſon-
derbaren trewen fleiß vnd wolhalten deß Geſinds/ auß freyem
willen zuwidergelten/ den Herꝛ- vnnd Meiſterſchafften durch
obige vnſere verordnung zubenemmen/ nicht gemeint ſein.
Gottspfenning
der Maͤgd.
Bey den Gottspfenningen aber/ welche auch auff ein vn-
billiches getriben worden/ ſetzen vnd ordnen wir/ daß hienfuͤro
einer Magd mehr nicht/ dann zwen ſchilling zum Gotts- vnd
bindtpfenning/ ſoll gegeben werdẽ: wer darwider thut/ der beß-
ert fuͤr jeden ſchilling/ ſo er vber daß jetzbeſtimbte weggegeben/
ein Pfund pfenning/ vnnd wer daß Gelt nicht hat/ fuͤr jedes
Pfund pfenning/ tag vnnd nacht im Thurn mit Waſſer vnnd
Brodt.
Mãgd ſollen
ein halb Jahr/
auff begehren
der Herꝛſchafft
zudienen ſchul-
dig ſein.
Wie nun weiters zu eines jeden Burgers/ Burgerin vnd
Einwohners dieſer Statt freyem willen vñ wolgefallen geſtelt
bleibt/ daß Geſind/ Knecht/ Maͤgd vnd Dienſtbotten je zu
viertel Jahren zu vrlauben vnd fortzuſchicken: Alſo ſollen hien-
gegen/ die Knecht/ Mägd vnd Dienſtbotten/ Sie ſeyen jung
oder alt/ ſchuldig ſein/ jhren Herꝛen/ Meiſter vnd Frawen/ we-
niger
[21]Policey Ordnung.
niger nicht dann ein halb Jahr/ oder da Sie lenger verſprochen/
biß zu endung derſelben zeit/ zudienen/ vnd vor verſcheinung
ſolcher zeit/ keins wegs vrlaub zunemmen/ moͤgen vnd macht
haben: Es weren dañ ſolche erhebliche vrſachẽ vorhanden/ daß
ein Geſind im dienſt nicht verharꝛen/ vnnd vnſere verordnete
Zuchtrichrer ſelbige fuͤr genugſam vnnd rechtmaͤßig erkennen
koͤnten. Wuͤr de aber ein Knecht/ Magd oder Dienſtbott vor
ſolcher zeit/ ohn rechtmeſige vrſach auß dem Dienſt gehen/ die
ſollen nach ermaͤßigung vnſerer Zuchtrichter/ entweder jhren
Lohn verwuͤrckt haben/ oder ins Zuchthäußlein geſteckt/ oder
jhnen ein halb Jahr nechſt darauff volgendt/ in dieſer Statt zu-
dienen/ nicht geſtattet werden.
Mit welchen ſtraffen dañ auch/ nach befindung der vmb-VIII.
Maͤgd ſollen
den Dienſt nicht
verſchwoͤren.
ſtaͤnd/ die jenige angeſehen werden ſollen/ welche auß ſonder-
barm trutz oder leichtfertigkeit/ entweder in Dienſt zugehn/ oder
lenger in dem Dienſt zuverharꝛen/ verſchwoͤren.
Wann ſich aber in wahrheit befinden ſolte/ daß die Herꝛ-IX.
Straff der
Meiſterſchafft/
die daß Geſind
vngebuͤhrlich
tractirt.
ſchafft/ Meiſter vnnd Frawen/ jhr Geſind/ Knecht/ Mägd/
oder Dienſtbotten/ ſo vnzimblich vnnd vngebuͤhrlich hielten/
daß Sie nicht bleiben koͤnten/ oder daß Geſind ſelbſt vor dem
Ziel/ ohn erhebliche vrſachen/ (darunderbeede theil ſich mehrer-
melter vnſerer Zuchtrichter vrtheils ſettigen zulaſſen ſchuldig)
außgeſchlagen hetten; So ſolle alsdann nicht allein dem Ge-
ſind/ Knechten/ Maͤgden oder Dienſtbotten/ ſich an andere
ort zuverdingen/ vnverwehrt/ ſondern auch die Herꝛen/ Mei-
ſter vnd Frawen ſchuldig ſein/ Sie jhres Lohns biß auff daß
nechſtvorſtehende viertel Jaͤhrige ziel voͤllig zubefridigen: dañ
wie wir mit ernſt gemeint/ die bißher vnder dem Geſind ver-
ſpuͤhrte halßſtarꝛige boßheit/ nach müglichkeit/ zu dempffẽ/ alſo
wollen wir hiengegen/ daß daſſelbige nicht weniger vor vnbilli-
chem gewalt geſchuͤtzt/ vnd in befugten ſachen befürdert werde:
darumb wir auch hiemit gegen ſolchen Herꝛ-vñ Meiſterſchaff-
ten/ die jhre Dienſtbotten anders/ als recht iſt/ tractieren/ vnd
deßwegen bey vns oder vnſern Zuchtrichtern angebracht wer-
den/ die verdiente ſtraffen/ nach befindung/ vorzunehmen/ auß-
trucklich vorbehalten.
Die Knecht/ Maͤgd vnnd Dienſtbotten ſollen ferners/X.
Maͤgd ſollen
zeitlich in
Dienſt gehen.
wann Sie ſich verdingt/ vnd den Gottspfenning empfangen/
C iijjhren
[22]Der Statt Straßburg
jhren verſpruch redlich/ vollziehen/ vnd wo nicht gleich auff daß
Ziel/ doch in dem nechſten tag darnach eingehen/ vnnd ohn ſon-
derbar verguͤnſtigung vnd erlaubnuß der Herꝛen/ Meiſter vnd
Frawen/ nicht länger außen bleiben: welche aber vber dieſe zeit/
vnd etwan biß auff den dritten vñ vierdten tag vmbſchweiffen/
denen mag ſolches am Lohn nach Marzahl abgezogen; die je-
nige aber ſo ohne erhebliche vrſachen wider abſagen/ den Gotts-
pfenning zu ruck ſchicken/ oder in andere weg daß verding nicht
halten/ ſollen/ daſſelbige halbe Jahr vber/ in dieſer Statt zu kei-
nen Dienſten gelaſſen werden: Wer auch dergleichen Perſonen
wiſſentlich dingen wuͤrde/ ſolle/ ſo offt es geſchicht/ jedesmahlen
fuͤnff pfund pfenning zur ſtraff verfallen/ oder fuͤnff tag im
Thurn zu büeßen ſchuldig ſein.
Mägd ſollen
jhre Troͤge in
Dienſthaͤußern
haben.
Als auch der Mißbrauch biß daher geweſen/ daß etliche
Knecht vnd Maͤgd/ außerhalb der Haͤußer/ in denen Sie die-
nen/ bey alten Weibern vnnd an andern orten/ jhre Troͤg vnd
Kiſten/ auch dadurch anlaß vnd gelegenheit gehabt/ jhren Herꝛ-
ſchafften/ Meiſtern vnd Frawen abzutragen/ vnd daß abge-
tragene zuverſtecken/ ſolle ſolches gaͤntzlich verbotten ſein/ vnd
wer alſo befunden wuͤrde/ daß er einem Dienſtbotten ſeinen
Trog/ Kiſten vnnd andere ſachen/ ohne vorwiſſen vnnd willen
der Herꝛ- vnd Meiſterſchafften auffgehalten/ der ſolle ohne vn-
derſcheid der Perſon/ mit ernſt/ vnd nach gelegenheit/ auch am
Leib geſtrafft werden/ vnd der Dienſtbott/ was er alſo außer-
halb ſeines Dienſthaußes zubehalten geben hette/ verlohren
haben.
Doch einem ehrlichen Burgers Sohn oder Dochter da-
mit vnbenommen/ bey jhren Eltern/ Voͤgten oder nechſten
Verwanten/ daß jenige verwahren zulaſſen/ was Sie von
Haußrath haben moͤchten/ vnnd deſſen Sie zu taͤglichem ge-
brauch nicht bedoͤrffen/ ohne gevhaͤrde.
Beſtelte Maͤgd
verdingerin.
Damit es auch mit dem dingen vnd verdingen der Mägd
vnnd dienſtbotten/ deſto ordenlicher zugehe/ ſo haben wir acht
Weibsperſonen geordnet/ welche alle vnd jede Maͤgd/ jung vnd
alt/ die ſich durch Kaͤufflerin wollen verdingen laſſen/ hinfuͤro/
nach Jnhalt vnnd außweyſſung dieſer Ordnung/ vnd anders
nicht verdingen ſollen: allen andern Kaͤufflerin/ Macklerin vnd
Weibern/ wie Sie namen haben/ hiemit ernſtlich befehlendt/
daß
[23]Policey Ordnung.
daß Sie ſich von nun an deß verdingens vnnd anſprechens der
Maͤgd/ gaͤntzlich enthalten/ bey ſtraff fuͤnff pfund pfenning/
die ein jede/ ſo offt ſie wider diß vnſer Gebott handlen wuͤrd/
ohnnachläßlich zuerlegen/ oder wann ſie daß Geld nicht hette/
darfuͤr fuͤnff tag im Thurn/ mit Waſſer vnnd Brot zubuͤeßen
pflichtig ſein ſolle.
Vnd damit Menniglich/ ſonderlich die frembde Dienſt-XIIII.
maͤgd/ jederzeit wo dieſe acht Weibsperſonen wohnen vnd an-
zutreffen/ deſto eher vnnd leichter wiſſen moͤge/ So ſollen ſolche
acht Perſonen/ vnnd ein jede derſelben/ ſo bald Sie von vnſern
verordneten Zuchtrichtern/ angenommen ſein werden/ ſonder-
derbare Schild vnd Kennzeichen/ auff weiß vnd maß/ wie man
jhnen an hand geben wuͤrd/ außzuhencken ſchuldig ſein.
Dieſe acht Weibsperſonen ſollen nun vnſern verordnetenXV.
Derſelben Ayd
vnd Ordnung.
Zuchtrichtern/ (denen jeweil die beſtell- vnd erſetzung derſelben
hiemit befohlen ſein ſolle) vermittels leiblichen Ayds/ verſpre-
chen vnd angeloben/ daß Sie erſtlichen keine Magd/ Mägdlin
oder Dienſtbotten/ auß ſeinem Dienſt locken/ oder auffwicklen
wollen/ durch verheiſſung beſſers Lohns/ gutẽ geſchencks/ oder
anders/ in keinen weg/ bey obgeſetzter ſtraff.
Daß Sie auch/ zum andern/ keinen Burger/ BurgerinXVI.
oder Einwohner dieſer Statt/ ſo Maͤgd vnnd Dienſtbot-
ten durch Sie dingen wolten/ gefaͤhrlich anfuͤhren/ vorſetz
lich auffhalten vnnd hindern; Auch wann daß verding ge-
ſchloßen/ fuͤr jhren Lohn von den Maͤgden nichts/ von den
Herꝛ- vnd Meiſterſchafften aber mehr nicht fordern/ noch auff-
zumuthen vnd anbieten/ nemmen wollen/ als von jeder Perſon/
zwen ſchilling/ bey ſtraff zwey pfund pfenning/ die ſo wol die hie-
rauff beſtelte Weibsperſon/ neben verliehrung deß Dienſts/
als die Herꝛen/ Meiſterſchafften vnnd Frawen/ ſo darwider
handlen/ vnder was nammen es geſchehe/ ohnfehlbar erlegen/
oder wer es nicht im vermoͤgen/ zwen tag im Thurn/ mit Waſ-
ſer vnd Brot/ abbuͤeßen ſolle.
Daß Sie ferners vnd zum dritten/ kein Magd/ MaͤgdlinXVII.
oder Dienſtbottẽ verdingen wollen/ Sie haben dann ein halb
Jahr zuvor an einem ort/ oder gar nicht gedient/ oder weren
frembd herkom̃en/ oder hetten von vnſern verordneten erlaub-
nuß erlangt/ oder weren von den Herꝛ- vnnd Meiſterſchafften
bevrlaubt
[24]Der Statt Straßburg
bevrlaubt ꝛc. bey obgemelter ſtraff der dreyßig ſchilling oder
Thurns.
Daß Sie endlichen ins gemein/ nicht allein fuͤr ſich ſelb-
ſten/ obige vnſere Ordnung in allen Sie beruͤhrenden Puncten/
ſtäth/ ſteiff/ vnd vnverbruͤchlich halten: Sondern wann Sie
auch ſehen oder hoͤren vñ vernehmen wuͤrden/ daß von andern/
wer die ſeyen/ darwider gehandelt/ inn was weiß vnd maß es
auch geſchehe/ daß Sie/ als die vber dieſe Geſind Ordnung be-
ſtelte vnd beaydigte Ruͤegere/ ſolchs vnſern verordneten Zucht-
richtern/ oder deren Beampten/ alſo bald anzeigen vnd nicht
verhalten wollen/ alles bey obgeſetzten Geld ſtraffen/ vnd ver-
liehrung der dienſt.
Maͤgd/ wie Sie
zwiſchen vñ vor
den Zielen ſollen
behauſt vnd be-
herꝛbergt wer-
den.
Vnd nach dem bißher die Maͤgd vñ Dienſtbotten frembd
vnd heimiſch/ ſich bedes zwiſchen vnd nach den Zielen/ bey den
Kaͤufflerin/ nach freyem willen auffgehalten/ darunder dann
viel boͤſes vnd aͤrgerliches vorgeloffen: So wollen wir hiemit
mehrgedachten acht Weibsperſonen/ auch hienfuͤro/ die frembd
herkommende Dienſtmaͤgd/ zwiſchen den Zielen/ biß daß Sie
verdingt worden/ wie auch andere/ auff den tag deß Ziels/ vnd
lenger nicht/ zubeherbergen/ zwar gegoͤnt/ zugleich aber ernſt-
lich befohlen haben/ daß Sie nicht allein ſolche Perſonen taͤg-
lich bey vnſerm Schirmgericht vñ deſſen verordneten angeben/
damit mann wie lang ſich ein/ oder die andere Dienſtmagd alſo
auffgehalten jederzeit wiſſen/ vnnd nach befindung verfahren
koͤnne; ſondern auch fleißig mit zuſehen ſollen/ daß nicht etwan
vnder dem nam̃en der Dienſtmaͤgd/ vnerbare Perſonen einge-
ſchleifft/ oder ſonſten/ durch ſie die Dienſtmaͤgd ſelbſten/ andere
vngebuͤhren/ es were in vntrew vnd abtragung/ inn vnzucht vñ
aͤrgerlichem Leben/ oder wie es ſein moͤchte/ vorgehen vnd ver-
uͤbt werden: Dann welche vnder dieſen acht Weibsperſonen/
dergleichen wiſſentlich verſtatten/ hülff darzu geben oder fahr-
laͤßig nachſehen/ vnnd bey vnſeren verordneten nicht angeben
wurde/ die ſolle dadurch den Dienſt verlohren/ vnd noch darzu
nach ermäßigung ernſtlich/ wie auch alle die jenige ohnauß-
bleiblich geſtrafft werden/ ſo die abgetragne vnnd geſtolene ſa-
chen/ auffhalten/ verſtecken oder wol ſelbſten genuͤeſſen/ vnd da-
durch als die hälere/ den ſtaͤlern anlaß vnnd vrſach zu ſolchem
vbel geben.
Beſchließlich
[25]Policey Ordnung.
Beſchließlichen wollen wir menniglichen/ der wider dieſeXX.
Meiſterſchafft
vnd Dienſtbot-
ten ſollen bey
Zuchtrichtern
huͤlff ſuchen.
Geſind Ordnung/ auff einen oder andern weg/ hienfuͤro be-
ſchwerdt wuͤrd/ es ſeye Meiſterſchafft oder Dienſtbott/ hiemit
an vnſere Zuchtrichtere vnd deren Beampte/ daſelbſten zu cla-
gen vnnd gebuͤhrliche huͤlff zuſuchen/ gewießen/ auch Sie die
Zuchtrichtere ſelbſten/ ſolche fuͤrderlich vnnd mit gehoͤrigem
eyffer zuertheilen/ vnnd in allem/ daß dieſe vnſere verordnung/
ernſtlich gehandhabt werde/ fleißigſt zuzuſehen/ eriñert haben.
TITVLVS V.
Hochzeit Ordnung.
WJr haben in letſt verſchinenem Jahr 1627. Samb-I.
Das Jnterims
Mandat vom
Jahr 1627. iſt
annoch guͤltig.
ſtags den 28. Aprilis/ ein kurtzes Mandat außge-
hen/ vñ bißher allen vnd jeden Perſonen/ die in vnſe-
rer Cantzley die Hochzeit ordnung abgeholt/ mitge-
ben laſſen/ darinn wir nach gelegenheit der damahligen vñ noch
werenden betruͤbten zeitẽ/ vorige vnſere Hochzeitordnung vmb
etwas geendert/ vnd ein gewiſſe verſehung/ ſo wol der Perſonen
vñ der Zeit/ als auch deß Dantzens vñ der Mahlzeiten halben/
gethan: Bey ſolcher Jnterims verordnung laſſen/ wir es zwar
annoch bewenden/ damit aber auch ins kuͤnfftige (wann nach
dem willen Gottes ſich die zeiten vnnd leuffte verbeſſern/ vnnd
wir daher vrſach zu abthun-vñ auffhebung ermelten Jnterim-
Mandats haben werden/) ein gewißheit ſeye/ weſſen mann
ſich bey den Hochzeiten zuverhalten:
Als ſeind auß vnſerm befelch/ bey berathſchlagung dieſerII.
Policey Ordnung/ die von Vns vnd vnſern Vorfahren/ nach
vnnd nach außgangene Hochzeit Mandata revidirt/ vnnd
in nachfolgende verfaſſung gebracht worden/ ſo wir künfftig/
auff jetz angedeüten fall/ als vnſere newe Hochzeit Ordnung/Ruͤeger der
Hochzeit ord-
nungen.
wollen gehalten/ zumahl auch menniglichẽ vnſerer angehoͤrigẽ/
vornemblich aber allen vnd jeden hieſigen Wuͤrthen/ Gaſtge-
bern/ Haͤuptkannen/ Kuchenmeiſtern vnnd deren Geſind/ wie
auch den Buͤttlen auff den Zuͤnfften/ als dañ/ nicht allein nach-
ſtehender Ordnung gemäß zugeleben/ ſondern auch zu hand-
habung derſelbẽ/ alles daß jenige was Sie ſehen/ hoͤren oder er-
Dfahren
[26]Der Statt Straßburg
fahren werden/ ſo deren entgegen vnnd zuwider/ bey vnſern
Zuchtrichtern oder deren Beampten anzugeben ernſtlich be-
fohlen haben.
Gaab- vnnd
Freyhochzeiten/
wieviel Perſo-
nen darzu zu-
laden.
Wer dann kuͤnfftig in hieſiger vnſerer Statt eine Gaab-
vnd Freyhochzeit in ſeinem ſelbs koſten anſtellen vnnd halten
will/ auch von alters her anzuſtellen vnnd zu halten macht
hatt/ Er ſeye frembd oder heimiſch/ Er halte auch die Hoch-
zeit jhme ſelbſten/ oder ſeinen Kindern vnnd andern anver-
wanthen/ in ſeinem oder ſeiner verwanthen Haͤußern/ auff
ſeiner oder andern Zunfftſtuben/ oder ſonſten an enden vnnd
orten dieſer Statt wo es ſeye/ deme ſolle an Verwanthen vnd
Befreuͤnden/ biß ins dritte Glied/ daß iſt zu Nachgeſchwi-
ſterkind vnd nicht weiter/ an frembden aber mehr nicht/ dann
zwantzig Perſonen jung vnnd alt/ darzu zuladen/ vnnd am
erſten vnnd andern tag zuſpeißen/ am dritten tag aber noch
ferners die Handwercksleut vnd andere/ ſo zu der Hochzeit
geholffen/ zuberuffen erlaubt ſein. Welcher hierwider han-
delt/ vnd entweder den erſten vnnd andern tag/ andere vnnd
mehr Perſonen/ als erſt beſtimoͤt/ einladet/ oder auch am
dritten tag vnder dem nammen der Handtwercksleut/ fer-
ner als ſich gebuͤhrt vmb ſich greifft/ vnd darinn einen praͤch-
tigen vberfluß ſcheinen laͤſt/ deme ſollen durch vnſere Zucht-
richter von jedem Diſch/ oder je von zehen Perſonen/ die ſich
der ordnung zuwider befinden/ zur ſtraff drey pfund pfenning
vnnachlaͤßig abgenommen werden.
Wie dabey zu-
ſpeyßen.
Bey dieſen Gaab- vnd Freyhochzeiten/ ſoll mann ſich
ferners inn auffſetzung der Speißen vnſerer Gaſtordnung
§. 5. \& 6. vnnd dem daſelbſt gemachtem vnderſcheid der Perſo-
nen gemäß verhalten bey ſtraff zwey pfund pfenning/ von
jeder Speiß die ſelbiger ordnung zuwider/ auffgetragen wuͤrd.
Vberfluß in
Craͤntzen ver-
botten.
Es ſolle auch bey denſelben aller anderer vberfluß/ wa-
rinn ſolcher beſtehen moͤchte/ vornemblich der zuviel koſtbare
Pracht mit den Craͤntzen; allerdings aber die außtheilung
Die Außthei-
lung in ſeidenen
vnd taffeten
Bendeln ver-
botten.der ſeydenen vnd taffeten Bendel/ ſo etwann am andern oder
dritten tag/ geſchehen/ verbotten ſein/ bey ſtraff fünff pfund
pfenning.
Jrten Hochzei-
ten/ wieviel Sie
Gaͤſt haben
moͤgen.
Die jenige/ welche jhre Hochzeiten nit in eigenem koſten/
ſondern auff offenẽ Stubẽ/ in Gaſtherbergẽ vñ Wuͤrtshäuſern
halten
[27]Policey Ordnung.
halten vnnd vmb die geſetzte Jrten verdingen/ die moͤgen biß
in Sechtzig Mann- vnnd Weibsperſonen inn allem/ Ver-
wandte vnd frembde/ junge vnd alte/ mit eingeſchloßen/ darzu
laden vnnd tractiren laſſen. Wer ein mehrers thut/ beſſert
zur ſtraff gleicher maſſen/ von jedem Tiſch/ oder je von zehen
Perſonen fuͤr einen Tiſch gerechnet/ drey pfund pfenning ohn-
nachlaͤßig.
Vnd nach dem etliche die gevährd etwann gebraucht/ daßVII.
Junge Geſellẽ/
wo Sie zuſpei-
ſen.
Sie die jungen Geſellen in ſondere Herbergen vnnd Würths-
häußer beſcheiden laſſen: So wollen wir nicht allein ſolches
hiemit ernſtlich verbotten/ ſondern auch vnſern Zuchtrichtern
darvber ein wachendes Aug zuhalten/ vnd die vbertretter ge-
buͤhrlich abzuſtraffen/ auffgetragen haben. Vnd ſollen be-
nandlichen einem jeden Jungen geſellen/ der zur Hochzeit be-
ruffen/ vnnd aber inn andern Herbergen ſich ſpeißen laſt/
dreyßig ſchilling/ einem Hochzeiter aber/ wann es mit ſeinem
vorwißen vnd einwilligen geſchicht/ fuͤnff pfund pfenning/ ohn-
nachlaͤßig abgenommen werden.
Wir befehlen auch darauff allen vnſern Wuͤrthen/ Gaſt-VIII.
Wuͤrth ſollen
alle Hochzeiten
angeben.
haltern/ vnd Hauptkannen bey jhren Ayden/ endlich vnd ernſt-
lich/ daß Sie alle Hochzeiten die in jhren Herꝛbergen gehalten/
werden/ innerhalb vierzehen tagẽ/ von zeit deß Kirchgans/ vn-
ſerm Zuchtgerichts Schreibern geſchrieben geben ſollen/ mit
erzehlung deß Hochzeiters Nammens/ vnd wieviel Gaͤſt der-
ſelbige jeden Jmbiß gehabt/ auch ob die jungen Geſellen ſich
bey der Hochzeit eingeſtelt/ oder wo Sie ſonſten die Mahlzeit
gehalten. Welcher Wuͤrth das vnderleſt/ oder ſonſten da-
runder einen vortheil braucht/ dieſer vnſerer ordnung/ vnd da-
bey habender meinung zuwider/ der gibt zur ſtraff fuͤnfftzehen
pfund pfeñing/ ſo offt er ſich ſolcher geſtalt wuͤrd betretten laſſẽ.
Bey dieſen Jrten Hochzeiten ſollen mehr nicht dann vierIX.
Wie bey Jrten
Hochzeiten zu-
tractiren.
gekochter/ jedoch guter friſcher Eſſen/ bey obbeſtimbter ſtraff
fuͤrgeſtelt/ darfuͤr auch mehr nicht zu Jrten gegeben werden/ als
wie die zu jederzeit von vns geordnet ſein wuͤrd.
Es ſollen auch die Hauptkannen/ Gaſthalter vnndX.
Wuͤrth/ bey jeder richten/ den ordentlichen Schanck/ vnd den-
ſelben mit einem zimblichen vnnd ſolchen Wein zuthun/ daß
die geladene Hochzeitgäſt nicht zuclagen/ deßgleichen auff
D ijjeden
[28]Der Statt Straßburg
jeden Diſch zwo maß Ehrwein/ doch ehe nicht/ dann wañ das
Gebratens auffgetragen/ zugeben ſchuldig ſein. Wuͤrde jemand
vber ſolche zwo maßen Ehrwein noch mehr Wein/ vor oder
nach auffgeſetztem Gebratens/ begehren/ der ſolle denſelben al-
lein zahlen/ vnnd darinn die vbrigen Hochzeit Gãſt/ wie auch
der Braͤutigam vnbeſchwerdt bleiben/ alles bey ſtraff drey
pfund pfenning.
Solte aber ein Hochzeiter vber die erlaubte vier eſſen/ noch
ein Gebachens geben wollen/ daß ſoll jhme außerhalb der ge-
wohnlichen Jrten/ ſeiner gelegenheit nach zubeſtellen/ vnbe-
nommen/ aber ſonſten alles nachzahlen vnd weiter eindingen/
ſo den Hauptkannen vnd Wuͤrten beſchehen/ gantz vnd gar/ bey
obgemelter ſtraff der drey pfund pfenning/ verbotten ſein.
Der dritte tag
iſt bey Jrten
Hochzeitẽ gantz
verbotten.
Vnd ſollen ſolcher Jrten Hochzeiten keine vber zwen tag/
inn: oder außerhalb der Statt weren/ damit dann alles ferner
Spatzieren auff doͤrffer oder andere ort/ deßgleichen alle an-
dere nachfeſt vnd Taͤntz an heimlichen oder offenen orten/ gaͤntz-
lich verbotten ſein/ bey poen fuͤnff pfund pfenning.
Stund deß
Kirchgangs.
Die ſtund deß Kirchgangs ſolle bey allen Hochzeitẽ/ ohne
vnderſcheid/ alſo befuͤrdert werden/ daß man vor/ oderauffs
lengſt zu zehen vhren/ von den Zunfftſtuben oder dem Hauß
außgehe/ vnd alſo auch zu rechter zeit auß der Kirchen komme
vnnd beim mittag Jmbiß erſcheine. Welcher Braͤutigam
ſich darinn anderſt/ als jetzt gemelt/ verhaltet/ der beſſert zehen
ſchilling ohnnachlaͤßig/ darauff die Sigriſten vnd Buͤttel acht
zunemmen/ vnd die ſtraffbare vnſern Zuchtrichtern oder deren
Beambten anzubringen/ ſchuldig ſein ſollen.
Stund der
Mahlzeit.
Weil auch nun ein zeithero die vnordnung eingerißen/
daß mann am andern/ vnd bey den Gaab vnd Freyhochzeiten
am dritten tag/ die Mittagmahlzeit gar langſam angefangen/
vnnd offtermahls erſt gegen/ ja wol etwann nach zwoͤlff vhren
vñ noch ſpaͤther/ zu Diſch gangen/ welches den Hochzeitgäſten
verdruͤßlich vnnd zu dem beſchwerlichen langen diſchen vnnd
ſitzen ahnlaͤßig: So ordnen vnnd wollen wir/ daß ein jeder
Breutigam ſampt ſeiner Hochzeiterin vnnd nechſten Ver-
wandten/ am andern vñ dritten tag/ ehe dann die Glocken eylff
ſchlaͤgt/ an dem ort da die Mahlzeit gehalten wuͤrd/ ſein/ oder
auff den widerigen fall/ dreyßig ſchilling/ zur ſtraff erlegen; der
Wuͤrth/
[29]Policey Ordnung.
Würth/ Kuchenmeiſter/ Gaſtgeb/ vnd Hauptkann auch ſchul-
dig ſein ſolle/ zeitlichẽ anzurichtend/ amit mañ vmb Eylff vhren
zu Diſch gehn/ vnd den anfang der Mahlzeit machen moͤge/
vnnd ſolches bey ſtraff fuͤnff pfund pfenning/ die jeder Wuͤrth/
Kuchenmeiſter/ Gaſtgeb vnd Hauptkann/ der durch ſeine oder
der ſeinigen langſamkeit vrſach zur ſpathen Mahlzeit gibt/ auß
ſeinem Seckel/ ohn deß Hochzeiters beſchwerdt/ zuerlegen; de-
nen zu ſpath kommenden Hochzeitgäſten aber/ ſolle durch den
Wuͤrth oder einen der Haußknech/ die armen Buͤchs vorge-
ſtellt/ vnnd ein willkhürliche ſtewr darein zugeben/ angemutet
werden.
Die Hochzeitlichen Nachtimbiß vnd Schlafftrünck/ beyXV.
Nachtimbiß vñ
Schlafftruͤnck
verbotten.
Gaab- Frey- vnd Jrten Hochzeiten/ ſollen hinfuͤro/ bey ſtraff
zehen pfund pfenning/ nicht mehr gehalten werden/ ſondern
als ein koſtbarer vnd vnnoͤttiger vberfluß gaͤntzlich eingeſtelt
ſein vnd bleiben.
Zu den zeiten/ da daß Dantzẽ bey den Hochzeiten erlaubt/XVI.
Dantz wie er
ſoll gehalten
werden.
ſoll ein jeder Hochzeiter/ nicht allein in vnſerer Cantzley/ bey ab-
holung der Hochzeitordnung/ den ort vñ platz/ da er den Dantz
halten will/ namhafft machen/ ſondern auch jhme angelegen
ſein laſſen/ daß der Dantz an ſich ſelbſten zuͤchtig vnd erbarlich/
ohn alles jauchtzen/ ſchreyen/ jelen vnd andere leichfertigkeit ge-
fuͤhrt/ vnd von den Mansperſonen vnd jungen Geſellen ohne
die Wehr/ vnd in Mänteln/ von den Jungfrawen vnd jungen
Doͤchtern aber/ die keine Bendel oder Craͤntzlin auffhaben/
nicht ohn Kappen oder Huͤet gedantzt/ auch der Dantz am
Som̃er nicht vber ſiben/ am Winter aber nicht vber ſechs vhr
verzogen werde. Wer ſich anders/ als jetzgemelt/ dabey er-
zeigt/ der ſolle vom Hochzeiter beſcheidenlich abgemahnt/ oder
gar hienweg geſchafft/ vnd die halßſtarꝛigen bey vnſern Zucht-
richtern oder deren Beampten angegeben/ auch alsdann für
die Zuchtrichtere beſchickt/ vnd jedem ſo offt er hierwider gehan-
delt/ zu verdienter ſtraff ein pfund pfenning abgenom̃en werdẽ.
Vnd zu ſolchen Daͤntzen/ ſoll niemand dann die geladeneXVII.
Hochzeitgaͤſt/ vnd derſelben Kinder vnnd Geſinde eingelaſſen/
ſonſten alle vngeladene junge Geſellen/ Maͤgd vnd wer darzu
nicht gehoͤrig/ als durch die der groͤſte mutwillen vnd vnzucht/
verübt wuͤrd/ gaͤntzlich abgeſchafft/ vnnd außgeſchloßen wer-
D iijden/
[30]Der Statt Straßburg
den/ bey ſtraff dreyßig ſchilling pfenning/ die der Braͤutigam
fuͤr ſich erlegen/ oder die ſo hierwider handlen/ vorgeſetzter maſ-
ſen angeben ſolle.
Als auch etwann die Spielleut keinem jungen Geſellen
einen Dantz machen wollen/ er habe Sie dann zuvor mit Geld
verehrt: Ordnen vnd wollen wir/ daß Sie die Spielleut/ wann
jhnen zu den Daͤntzen auff zu ſpielen erlaubt iſt/ einem jeden der
dẽ Vordantz hat/ oder denſelbẽ ſonſten anfangẽ will/ ohn einige
forderung der verehr/ einen Dantz zuſpielen ſchuldig ſein ſollen/
jedoch daß zu vermeidung aller vnordnung vnd haders/ nicht
zwen/ drey oder mehr Daͤntz gleich auffeinander/ oder einer der
eben ſo lang weret/ geſpielt/ ſondern nach einem jeden Dantz ſo
lang ſtill gehalten werde/ biß ein jeder ſein Däntzerin von ſich
gelaſſen/ vnnd ſo wol Weibs-als Mansperſonen ein jedes an
ſeinen ort wider kommen iſt/ bey ſtraff nach ermaͤßigung.
Hochzeiten der
Atmen/ ſo Le-
gata empfan-
gen.
Belangend die jenige Perſonen/ ſo bey vns vmb die Stiff-
tung vnd Legaten armen jung- angehenden Eheleuten geord-
net/ anſuchen/ vnd dieſelben erlangen/ wie auch die jenige ſo daß
liebe Almuſen vnd die Pfrunden in den Stifftern genuͤeßen:
Wollen wir/ daß Sie jhre Hochzeiten ſtill vnd eingezogen/ nur
mit einem Jmbiß vnd ohne Spielleut vnd Dantz/ halten/ auch
darzu nicht mehr dann zwantzig oder auffs hoͤchſt dreyßig Per-
ſonen/ Mann vnd Weib/ jung vnd alt/ einladen/ vnd alſo ſol-
che Legata vnnd Almuſen/ nicht zur vppigkeit vnnd vberfluß/
ſondern zu dem end dahien Sie geſtifftet/ verwenden ſollen.
Hochzeiten
nicht außer der
Statt halten/
ohne erlaubnuß
Es ſollen auch ohn vnſere ſonderbare erlaubnuß keine
Hochzeiten/ deren Braͤutigam oder Braut in dieſer Statt
wohnen/ in nechſtgelegenen Doͤrffern vmb dieſe Statt/ inner-
halb einer Meil wegs zu Kirchen gehn noch eingeſegnet/ auch
keine Hochzeit Mahlzeiten inn Wuͤrthshäußern außer der
Statt gehalten werden/ bey ſtraff zehen pfund pfenning.
Prediger wa-
tauff Sie inn
außruffung der
Hochzeiten zu-
ſehen.
Wir wollen ferners in dieſer ordnung/ allein ehrliche
Hochzeiten begriffen/ den jenigen aber/ die in ſtraͤfflicher vn-
zucht befunden/ vnd da etwan die Hochzeiterin/ jhr Jungfraͤw-
liche ehr vor jhrer verlobung oder vor dem Kirchgang verloh-
ren/ ohn vnſere erlaubnuß vnd vorwiſſen/ einige Hochzeit in vn-
ſerer Obrigkeit zuhalten/ außtrucklich verbotten/ auch nach-
mahlen alle vnſere Pfarꝛer vnnd Kirchendiener/ dergleichen
Perſonen
[31]Policey Ordnung.
Perſonen/ anders nicht als mit vnſerm conſens außzuruffen
vnd einzuſegnen fleißig erinnert haben.
Alſo wollen wir auch ehrlichen Jungfrawen vnnd Doͤch-XXII.
Geſchwaͤchte
ſollẽ kein Jung-
frãwliche zierd
tragen.
tern zu ehren/ vnſere hiebe vor Anno 1570. vnd 1594. außge-
gangene Mandata hieher widerholt/ vnd erafft derſelben allen
den jenigen/ ſo jhre Jungfrawſchafft verlohren/ neben andern
ehrlichen Doͤchtern die Jungfraͤwliche zierd zutragen/ verbot-
ten/ auch zumal die ſchuldige vor darinn beſtimbter ſtraff ernſt-
lich verwarnt haben.
Es werden vnd ſollen Beſchließlichen vnſere Pfarꝛer vndXXIII.
Kirchendiener/ nach außweiſung voriger vnſerer ordnung/ kei-
nen der ſich bey jhnen angibt vnnd außruffen laſſen will/ eher
einzeichnen vnnd außruffen/ Er habe dann zuvor in vnſerer
Cantzley daß Hochzeit Mandat abgefordert/ vñ ſeye jhnen daſ-
ſelbige/ mit dem namen deß Hochzeiters vnd dem tag der abho-
lung/ durch ein Cantzley hand vnderſchriben/ vnd mit vnſerm
kleinern Secret außgefertigt/ fuͤrgewiſen/ damit ein jeder
Braͤutigam ſich darinn zu ſeiner nachrichtung erſehen/ vnnd
andere vnordnung vermitten bleiben moͤge.
TITVLVS VI.
Kindtauff Ordnung.
WAnn auch vor etlich Jahren ein Praͤchtiger vberflußI.
Altes Mandat
wegen außthei-
lung deß Zucker-
wercks ernew-
ert.
eingerißen/ in dem/ daß nach vollbrachter Kindtauff/
die anweſende Weiber/ deren Kinder vnnd Geſinde/
mit koͤſtlichem Zuckerwerck ſo reichlich vnnd vber-
maͤßig begabt worden/ daß man darauff nicht minder/ ja wol
etwan ein mehrers/ als an die vor altem gewohnliche Kind-
ſchencken vnd Mahlzeiten verwenden muͤſſen.
Wann nicht weniger die Tauff vnnd Goͤdelpfenning zuII.
Altes Mandat
deß Goͤtteigelds
halben erfriſcht.
hohem werth auffgeſtiegen/ vnd darinn/ wie auch in andern da-
rauff gefolgten Gaben/ Goͤttelbeltzen/ Roͤcken vnd Kleydun-
gen wider vnſer vnd vnſerer Vorfahren ordnungen/ dergeſtalt
gehandlet
[32]Der Statt Straßburg
gehandlet worden/ daß faſt keiner mehr wiſſen koͤnnen/ wie Er
ſich mit dergleichen verehrungen zuverhalten habe/ vnnd alſo
darauß erfolgt iſt/ daß ſo wol fromme Hertzen/ welche die Ge-
vattern bitten ſollen/ als auch die jenige/ ſo erbetten worden/ an
ſtatt Sie ſich deſſen/ als eines Chriſtlichen Ehrnwercks/ billich
zuerfrewẽ gehabt hetten/ zum oͤfftern dargegen entſetzẽ muͤſſen.
Vnd wir aber zur abwend- vnd verhuͤettung ſolchen vn-
weſens/ allbereit im Jahr 1621. gewiſſe verordnung gethan/
vnnd in Anno 1625. vom newem bekraͤfftigt: So haben wir
daſſelbige vnſer außgangenes vñ bekraͤfftigtes Mandat/ auch
dieſer Policey ordnung einzuverleibẽ/ nicht vnderlaſſen wollen.
Setzen vnnd ordnen demnach abermahlen/ daß hinfuͤro
alle vnſere Burger/ Manns- vnd Weibsperſonen/ Sie ſeyen
Verheurahtet/ oder Ledigen ſtands/ ſo bey der Heyligen Tauff
ſich zu Zeugen/ als Pfetteren vnd Goͤdeln/ von heimiſchen oder
frembden haben erbetten laſſen/ zu dem Goͤdel- oder Tauffpfen-
ning/ was Adels-Regiments vñ andere/ vnder dem fünfftẽ vñ
ſechſten Grad vnſerer Kleyder ordnung begriffene/ vñ alſo die
vornembſte Perſonẽ der Statt ſeind/ ein mehrers nicht/ auff dz
hoͤchſte geſetzt/ als eines Goltgulden werths; die vbrigen aber
ſo geringeren ſtands/ einen Reichsthaler (weniger mag men-
niglich wol thun) es ſeye in Gelt oder andern ſtucken/ geben
vnd verehren ſollen. Da wir dann zugleich alle Goͤdel Roͤck/
Beltz/ Kleydungen/ vnd andere nachgaben/ die entweder vn-
der wãhrender oder geendeter Kindbett pflegen verehrt zu wer-
den/ vnnd vber den geſetzten werth ſteigen (es geſchehe dann ge-
gen Armen duͤrfftigen Leuten/ auß Chriſtlichem mitleiden vnd
barmhertzigkeit) ſampt allem anderem/ ſo wider dieſe Satz-vñ
Ordnung vorthelhafftiger weiß vorgenommen/ vnnd erdacht
wuͤrd/ deßgleichen auch inſonderheit/ obangedeuten Pracht
mit Zuckerwerck/ vornemblich bey Leutẽ Burgerlichen ſtands/
vnd was ſonſten in Speiß vnd Tranck mit vberfluß geſchehen
moͤchte/ allerdings abgeſchafft/ vnnd verbotten haben wollen/
bey ſtraff fuͤnff vnd zwantzig pfund pfenning/ die ohnnach laͤßig
den verbrechern dieſes vnſers Obrigkeitlichen befelchs/ ſollen
abgenommen werden.
Pfoͤttern vnd
Goͤdlen/ wie
Sonſten ſo viel die Perſonen anlangt/ die zu Pfettern vnd
Goͤdeln erbetten werden/ ſollen dieſelben beſchaffen ſein/ wie
vnſere
[33]Policey Ordnung.
vnſere Kirchen ordnung fol. 152. claͤrlich außweiſt/ darob vnſere
Pfarꝛer vnd Kirchendiener fleißige acht zuhalten/ vñ auff maß
vnd weiß/ wie daſelbſt gemeldet/ zuzuſehen/ daß aͤrgernuß ver-
mitten bleibe.
Jngleichem ſoll auch das Kirchengehn bey den Kindtauf-VI.
Daß Kirchen
gehen bey Kind-
tauffen zube,
fuͤrdern.
fen/ alſo befuͤrdert werden/ daß beedes die Prediger vnd andere
ehrliche Leut/ die ſich als Pfettern vnd Beyſtaͤnder in der Kir-
chen finden/ mit langem warten/ nicht beſchwerd ſeyen.
Dieweil auch vorkom̃en/ daß die Eltern je zuweilẽ/ ohn ge-VII.
Der Nothtauf/
wañ er erlaubt.
nugſame vrſachẽ/ bey dẽ jungẽ Kindlin/ den nothfall Simulirẽ/
vñ die H. Tauff zu Hauß vorgehn laſſẽ/ welches doch in keinem
fall als der in vnſerer Kirchẽordnung fol. 153. begriffẽ/ geſchehen
ſolle: So wollen wir hiemit auch ſolchẽ mißbrauch ernſtlich vñ
bey ſtraff nach ermaͤßigung verbotten/ zumal vnſere Prediger/
ſo offt jhnen dergleichẽ fäll vorkom̃en/ ſolche vnſeren Zuchtrich-
tern ohnverzuͤglich geſchrieben zugeben/ ermahnt haben.
Die Eltern ſollen ſich angelegen ſein laſſen/ den H. TauffVIII.
Kindbetterin
ſollen den Hey-
ligẽ Tauff nicht
auffziehen/ vnd
ſich alles
Prachts ent-
halten.
müglichſt zu befürdern/ vnd nit etwan denſelben/ vmb Prachts
willen mit gefahr auffziehen; wie wir dañ allen ſolchen Pracht/
der ſich bey etlichẽ/ vñ zwar den jenigen/ denen es am wenigſten
gebuͤhrt/ mit ſtattlichen Vorhängẽ/ coſtbarem Leinwad/ Bett-
vnd Decklachen/ vnd inanderem verderblichem vberfluß/ biß-
hero erzeigt/ gaͤntzlich verbottẽ/ vñ ein jede Kindbetterin ſich hie-
rinn jhrem ſtand gemaͤß zuverhalten/ wollen erinnert haben/ ſo
lieb einer jeden derſelben ſein wuͤrd/ vnſere Vngnad vnd darauff
volgede ſtraff zuentfliehen.
Wider den bißhero vielfaltig getlagten hochmut vñ trotzIX.
Ampt-vñ Lohn
der Kindswar-
therin vñ Säug
ammen.
etlicher Kindbett- oder Kindswarterin vñ Saͤugam̃en/ vnd den
vberſetztẽ Lohn/ ſo ſie fordern/ wollẽ wir/ Sie die Warterin/ vn-
ſerer hieobẽ gemeinẽ Geſind Ordnung tit. 4. §. 1. erinnert/ vñ zu-
mahl vor ſchadẽ vñ ſtraff gewarnet; wegẽ d’ belohnung aber/ allẽ
Herꝛ-vñ Meiſterſchafftẽ ernſtlich gebotten haben/ dz Sie einer
ſolchẽ Warterin oder Saͤugam̃en/ ſo wol zũ Hafft- oder Gotts-
pfeñing/ als auch zum wochentlichen Lohn/ vier ſchilling vñ kein
mehrers/ geben ſollen. Wer darwider thut/ es geſchehe gleich
vnder dem nam̃en deß Lohns/ oder vnder dem ſchein einer Gaab
vñ Schenck/ mit gelt- oder gelts werth/ vnd wie es ſonſten dieſer
vnſerer Ordnung zuwider auch andern Herꝛ-vñ Meiſterſchaff-
ten zur beſchwerlichen nach volg vorgehen vnnd erdacht werden
Emoͤchte/
[34]Der Statt Straßburg
moͤchte/ der ſolle von jedem ſchilling/ den er vber daß beſtimbte
außgeben/ ein pfund pfenning zur ſtraff zuerlegen/ pflichtig vnd
ſchuldig ſein.
Lohn der Wei-
ber/ ſo zu den
Kindt auffen
verkuͤn den.
Es wird ferners geclagt/ daß die Weiber/ ſo die verkuͤn-
dungen/ zu den Kindtauffen verꝛichten/ ſich mit einem billich-
maͤßigen Lohn nit wollen begnuͤegen laſſen: Damit dan auch
dißfalls nichts vngebuͤhrliches vorgehe/ wollen wir/ daß hien-
fuͤro einem ſolchen Weib/ wañ Sie in anderthalb hundert/ oder
mehr Haͤußern anzuſagen/ acht ſchilling/ da Sie aber vber
fuͤnfftzig biß in hundert Häußern zuver künden/ ſechs ſchilling/
vnnd wann vnder fuͤnfftzig Haͤußern die anſag zu thun/ vier
ſchilling/ vnd kein mehrers ſolle gegeben werden/ bey ſtraff ein
pfund pfenning/ von jedem ſchilling/ der weithers zahlt wuͤrd/
welches beedes die Perſon/ ſo es gibt/ vnnd die ſo es empfahet/
zur ſtraff abzuſtatten ſchuldig ſein ſolle.
Ruͤeger/ dieſer
Ordnung.
Vnd ſollen/ ob dieſem vnd allem obigem gehorſame volg
geſchehe/ neben vnſern darauff inſonderheit beſtelten Ruͤegern/
die geſchworne Hebammen dieſer Statt bey jhren Ayden/ wie
auch die Saͤugammen vnnd wartherin ſelbſten/ nicht allein
fleißige acht nehmen/ ſondern auch/ wann Sie etwas widriges
erfahren/ ſolches alsbalden einem vnſerer Zuchtrichter/ oder
deren Beampten anzuzeigen ſchuldig ſein/ fuͤr welche anzeig/
jhnen der ſechſte theil der ſtraff zur ergoͤtzlichkeit gereicht/ auch
die Anbringere/ in hoͤchſter geheim gehalten werden ſollen.
TITVLVS VII.
Gaſt Ordnung.
Gaſtungen ha-
ben zwar jhren
mutzen/ werden
aber miß-
braucht.
BLeich wie ehrliche zuſammenkunfften/ Gaſtereyen
vnd Geſellſchafften/ wann Sie mit rechter maß/
vnnd guter beſcheidenheit gefuͤhrt werden/ jhren
vielfaltigen nutzen haben/ vornemblich aber zu
pflantzung vnnd erhaltung deß hochnothwendigen vertraw-
ens/ zwiſchen den Einwohnern einer Gemeind/ ſonders dien-
vnnd erſprießlich ſein koͤnnen: Alſo ſeind hiengegen dieſelben/
wann
[35]Policey Ordnung.
wann man Sie zu ſtraffbarer vppigkeit vnnd Füllerey in eſſen
vnnd trincken mißbraucht/ dem gemeinen- vnnd Privat ſtand/
eüßerſt ſchäd- vnd gefaͤhrlich.
Ob nun zwar ſich vnſere liebe Vorfahren vñ wir/ vns nunII.
in hundert vnd mehr Jahren/ vnd ſonderlichen in Annis 1510.
1516. 1526. 1529. 1533. 1537. 1545. 1573. 1615. 1620. vnd
1622. durch auß gangene ernſtliche Mandata/ vñ angetrohete
ſcharpfe ſtraffen/ vielfaltig bemuͤhet/ daß erſt angedeuter miß-
brauch vñ vberfluß in Eſſen vñ Trincken moͤcht abgeſchafft vñ
verhuͤetet werden: So habẽ doch ſolche heilſame verordnungen
bißher die wuͤrckung/ wie ſein ſollen/ nicht erlangt/ dergeſtalt/
daß wir bey verfertigung dieſer Policey Ordnung/ ein ohnvmb-
gaͤngliche nothturfft zu ſein/ abermahln befunden/ die vorige
Mandata widerumb zuerſuchen/ volgender geſtalt zuerfri-
ſchen/ vnd mit gebuͤhrendem ernſt/ ins kuͤnfftige hand zuhaben.
Wollen demnach hiemit ernſtlichen mit ObrigkeitlichemIII.
Erinnerung
wider die Trun-
ckenheit.
ernſt vnd rechter wolmeinung/ alle vnſere Burger/ Schirms
verwanthe/ Vnderthanen vñ Angehoͤrige in Statt vnd Land/
Mann- vnd Weibsperſonen/ jung vnd alt/ trewlich ermahnt
habẽ/ daß Sie ſich ſampt vñ ſonders/ vor dem ſchandlichen La-
ſter der Trunckenheit/ vnd allem vberfluͤßigem Zechen vñ Pan-
cketiern fleißig huͤten/ auch ſonſten in anſtell- vnd haltung der
Gaſtereyen vnd ergoͤtzlichen zuſammenkunfften/ alſo maͤßigen
vnd erzeigen wollen/ damit die Gaabe Gottes recht gebraucht/
Chriſtliche beſcheidenheit jeweiln gehalten/ die zeitliche Nah-
rung nicht vergeitet/ vnd voͤlgig weder Seel/ Leib/ Ehr noch
Gut/ beſchwerdt oder vernachtheilt werde.
Welches dann ein jedes Gott- vnd ehrliebendes Gemuͤt/IV.
deſto geflißener thun wuͤrd/ wann es ſich auß der Heyligen
Schrifft/ den publicirten Reichs Satzungen/ vñ der taͤglichen
erfahrung eriñert/ nicht allein/ wie hoch das Laſter der Fuͤllerey
vnd Trunckenheit verbotten/ vñ was fuͤr große ſtraffen darauff
geſetzt/ ſonderẽ auch/ wie vielerley vbel vñ vnrhats auß demſelbẽ
zuvolgen pflege. Solte aber jemand/ alles dieſes/ leichtfertig in
wind ſchlagen/ dem Zechen vngebührlich nachhaͤngen/ ſich der
ebrioſitaͤt vnnd ſchwälgerey ergeben/ vnnd durch taͤgliche oder
doch vielfaltige vbrige beweinung/ ſich vnd die ſeinige zuſcha-
den bringẽ/ der wuͤrd neben Gottes gerechter ſtraff/ auch vnſere
E ijOberkeit-
[36]Der Statt Straßburg
Oberkeitliche vnd ernſtliche andung/ je nach beſchaffenheit der
ſachen/ ohn außbleiblich zuerwarthen haben.
Ordnung der
Speißen bey
Gaſtungen.
Jnſonderheit aber anlangend/ den praͤchtigen vnd ſchaͤd-
lichen vberfluß in Speißen/ welche bißhero gemeiniglich/ auch
wol von geringen Stands Perſonen/ in großer menge vnd mit
vbermachter koſtbarkeit auffgeſetzt/ dadurch andere ehrliche
Leuth abgeſchreckt worden/ vñ manche vertrewliche zuſam̃en-
kunfften (die ſo wol vnder nahen Verwanthẽ/ als andern Per-
ſonen nicht ohne nutzen ſeind) verblieben: Statuiren/ ordnen
vñ wollen wir/ daß nun hienfuͤro bey den Mahlzeiten vñ Ga-
ſtungen in Burgers- vnd Privat Haͤußern dieſer Statt/ vol-
gende maß ſoll gehalten werden. Nemblichen: es ſollen die ge-
heime Regiments- vnd wuͤrckliche Rahtsperſonen/ wie auch
andere die in volgender Kleyderordnung im fuͤnfften vñ ſechſtẽ
Grad begriffen/ vnd alſo die vornembſte der Statt/ bey der-
gleichen Gaſtungen/ vnnd zuſam̃enkunfften/ ſie haben gleich
nammen/ wie ſie wollen/ in allem/ auffs hoͤchſte mehr nicht
dann Achterley; Die jenige aber/ ſo mitlern Stands vnnd deß
vierten Grads ſeind/ Sechſerley; vnnd dann alle vbrige im
erſten- andern- vnd dritten Grad/ Viererley/ warmer/ gekoch-
ter/ oder auch kalter Speißen aufftragen: jedoch dieſelben nach
anzahl der Gaͤſt vnnd beſchaffenheit deß Diſches/ zwey oder
mehrfach anrichten/ auch bey dem letſten gang in die Haupt-
blatt/ drey/ vnd nicht mehr Gebratens legen zulaſſen/ macht
haben: Es were dañ/ das etwann frembden vornehmen Leuten
zu ehren/ ein Gaſtung angeſtelt wuͤrde/ da an ſtatt der Acht-
Zwoͤlfferley/ an ſtatt der Sechs-Achterley/ vnnd an ſtatt der
Vier-Sechſerley ſpeyſen erlaubt ſeind. Wer darwider han-
delt/ beſſert von jeder Speiß/ die Er alſo vber ordnung haben
wuͤrd/ zwey pfund pfenning/ wie in gleichem/ wir auch den je-
nigen/ der in jetzt beſtimbter anzahl der Speißen/ vorſetzlichen
Pracht ſucht/ vnd durch Mutwilligen koſten/ der aygentlichen
meinung dieſer vnſerer Ordnung zuwider handelt/ nicht wol-
len ohngeſtrafft ſein laſſen.
Vnder dieſer anzahl der Speiſen ſollen nun alle Schaw-
Vor- vnd Beyeſſen gemeint/ das Gebachens aber (ſo bey jedem
Jmbiß nur einerley ſein ſoll) vnd was man etwann demſelbem
vnder dem nammen deß Nachtiſches beyſtellt/ wie auch die
Suppen/
[37]Policey Ordnung.
Suppen/ Salat/ gemeine Gemuͤeß vnd Soß/ nit verſtanden
ſein: Doch würd ein jeder ſich auch darinn/ ſeines Stands vnd
weſens erinnern/ vnnd inſonderheit in den koſtbaren Schaw-
eſſen/ frembden Confect vnnd Zuckerwerck/ der gebühr ſich
mäßigen/ vnd dadurch vor ſchaden vnd ſtraff zuhuͤten wiſſen.
Die Gaſtgeber vnnd Wuͤrth/ bey denen vnſere BuͤrgerVII.
Ordnung der
Speißen bey
Wuͤrthen.
vnd angehoͤrige/ Mahlzeiten beſtellen/ ſollen gleicher geſtalt/
auff den vnderſcheid der Perſonen acht geben/ vnd in aufftrag-
ung der Speißẽ/ ſich obiger vnſerer verordnung/ bey beſtimbter
ſtraff/ gemaͤß verhalten/ alſo/ daß ſoviel warmer Speißen der
jenige/ der die Mahlzeit beſtelt vnd außzahlt/ in ſeinem Privat-
wohn- oder koſthauß/ zugeben macht hat/ eben ſo viel vnd mehr
nicht/ in dem Wuͤrthshauß oder Herberg/ jhme moͤgen auffge-
ſetzt vnd vorgetragen werden: Damit nicht ſonſten/ was man
an einem ort vnd in Privathaͤußern einziehet/ am andern/ den
offenen Herbergen/ mit doppeltem ſchaden vergeuͤthet werde.
Gegen Frembden Perſonẽ aber/ die vns weder mit Bur-VIII.
gers-noch Schirmspflichten zugethan/ moͤgen Sie/ die Würt
vnd Gaſtgeber/ nach eines jeden Gaſts gelegenheit vnd begeh-
ren/ wenig oder viel Speißen auffſetzen/ vnd alſo darinn/ wie
bißhero/ ein freye hand behalten/ dabey aber hiemit ernſtlich er-
mahnt ſein/ ſich nach vnderſcheid der tractatiõ/ in abforderung
der Jrten/ beedes gegen Einwohnern vnnd Frembden/ derge-
ſtalt billich zuerzeigen/ daß wir zum einſehen vnnd abſtraffen
nicht vrſach haben.
Ebener maßen/ ſollen auch die jenige/ die Coſigaͤnger hal-IX.
Ordnung der
Speißen inn
Coſthaͤußern.
ten/ bey obangeſetzter ſtraff/ erinnert ſein/ wann etwan/ wie zu
geſchehen pflegt/ Extraordinari Mahlzeiten vnd Gaſtungen/
bey jhnen beſtellt werden/ ſich darinn vor allem vberfluß zuhuͤ-
ten/ vnd bey der vornembſten Gaſtung/ die alſo gehalten wuͤrd/
mehr nicht/ dañ nach ob geſetzter maß/ acht/ warmer oder kalter
Speißen/ oder auch wol weniger/ nach ſtand vnnd weſen deß
Gaſtgebs vnd Coſtgaͤngers/ auffzutragen.
Alſo ſoll auch der Hauptkann auff der Ammeiſter ſtuben/X.
Ordnung der
Speißen auff
der Ammeiſter-
ſtuben.
dem jenigen nach geleben/ was hieoben von Wuͤrthen vñ Gaſt-
geben ins gemein geordnet worden: doch alſo/ daß darunder
deß Herꝛen Ammeiſters Tafel/ da man etwann frembde Gaͤſt
zuehren pflegt/ wie auch die gewohnliche Schencken/ Scheid-
E iijvnd
[38]Der Statt Straßburg
vnnd Promotion Jmbiß/ vnnd andere dergleichen ſonderbare
Ehrenmahlzeiten/ nicht gemeint/ ſondern jhme/ dem Haupt-
kann/ bey denſelben/ je nach gelegenheit der zeiten vnd Gäſt/
zu tractirn/ vngewehrt ſein ſolle.
Ordnung deß
Zechens auff
Zunfftſtuben.
Vnd nach dem das Abendzehren vñ die Einſtandsmahl-
zeiten auff etlichen Zunfftſtuben/ wie auch die koſtbare Zechen
bey beſichtigung der Meiſterſtuck/ gar gemein/ vnd von vielen
Zuͤnfftigen bißher/ jhnen vñ den jhrigen zu ſchaden/ mercklicher
beſchwerung/ vnd verderben/ mißbraucht worden: So wollen
wir hiemit ſolches vbel abgeſchafft/ vnd die Einſtandsmahl-
zeiten auff den Zünfften (außerhalb der bey etlichen derſelben
gewohnlicher Schoͤffel Jmbiß/ zu denen doch niemand verbun-
den ſein ſolle) allerdings verbotten/ im vbrigen aber verordnet
haben/ daß hienfuͤro auff keiner Zunffſtuben dieſer Statt/ die
Abendzehren mehr/ dann einmahl inn der Wochen/ auch nicht
länger/ als am Som̃er biß Siben-im Winter aber; biß Sechs
vhren abends/ gehalten/ vnd darzu bey denſelben keine warme
Speißen; auffgeſtellt/ in gleichem auch bey angeregter beſich-
tigung der Meiſterſtuck/ aller vberfluß abgeſchafft vnd ver-
mittẽ werden ſolle: alles bey ſtraff fuͤnff pfund pfenning. Dar-
vber dann die Zunfftgericht mit allem fleiß zuhalten/ auch die
verrichtung jhrer geſchäfft alſo anzuſtellẽ/ daß dadurch die Pre-
digten am Sontag/ nicht verſaumbt werden/ trewlich erinnert
ſein wollen/ doch iſt den jenigen Zuͤnfften/ welche bißher auff
den Sontag da der Ammeiſter vmbfahrt/ oder auch zu Meß-
zeiten/ zehrung gegeben/ vnd ſonſten offene Stuben haben/ da-
durch an jhren herbringen nichts benommen.
Ordnung deß
Zechens auff
Schießhaͤuſern
Weil auch auff den beeden Schießreinen bißher wie in
anderm/ alſo vornemblich in vberfluͤßigem Eſſen vnd Trin-
cken/ viel vngleiches vorgangen: So thun wir hiemit beedes die
jetzigen vñ kuͤnfftigen Schuͤtzenmeiſter/ jhrer geleyſten thewren
ayd/ vnd deren von vns vnd vnſeren Vorfahren habenden ord-
nungen/ trewlich erinnern/ vnd wollen/ daß denſelben/ ſo wol
mit vnderlaſſung alles vppigen Zechens/ vbriger beweinung/
vnnd ohnerlaubten ſpiels/ als auch mit haltung guter Zucht/
beſcheidener Geſellſchafft vnnd freuͤndlicher vertrawlichkeit/
fleißig nachgelebt/ vnd darwider weder im thun noch laſſen ge-
handelt werde/ bey vnſerer ernſten ſtraff/ ſo wol gegen den
Schuͤtzen-
[39]Policey Ordnung.
Schuͤtzenmeiſteren/ die das vbel nachſehen/ als den Mißhaͤnd-
lern ſelbſten/ ohnaußbleiblich vorzunehmen.
Nicht weniger iſt bißher vber daß vielfaltige Spatzieren/XXIII.
Spatzieren vnd
Zechen außer-
halb der Statt
Zechen/ Pancketirn/ vnd andere leichtfertige Vppigkeiten/ die
außerhalb der Statt/ in den nechſtgelegenen Doͤrffern vnnd
Wuͤrthshaͤußern vorgehen/ offt geclagt worden/ ſonderlichen/
weil dergleichen ärgerliches weſen/ mehrerntheils an den Hey-
ligen Sonn- vnd Feyrtaͤgen/ vnnd darzu etwann mit ſolcher
maͤnge der Mann- vnd Weibsperſonen/ zugeſchehen pflegt/
daß vns Obrigkeitlichen Ampts halben/ ferners zuzuſehen
nicht gebuͤhren will: Vnd aber/ wir im Jahr 1620. durch ein
offentlich angeſchlagenes Mandat/ menniglichen vnſerer An-
gehoͤrigen/ das Zehren/ innerhalb einer Meil wegs vmb
dieſe Statt/ verbotten/ auch ſelbiges gebott jetzmahln zuwi-
derholen/ gelegenheit hetten: Jedoch/ weil wir keinem der vn-
ſerigen/ ein ziembliche/ erbare vnd beſcheidenliche frewd vnd
ergoͤtzlichkeit/ ohn erhebliche vrſachen/ abzuſtricken begehren/
ſondern einem jeden dieſelbe/ wo Er ſich deren/ zu gebuͤhrender
zeit/ vnd erlaubter zugelaßener maſſen/ jezuweilen gebraucht/
nicht mißgoͤnnen: So haben wir erſt angezogen vnſer Man-
dat/ nach anweiſung vnſerer lieben Vorfahren verordnung/
vom Jahr 1570. fuͤr dißmahl/ doch mit vorbehalt kuͤnfftiger
aͤnderung/ wie volgt/ erleuͤtert/ gemiltert vnd erfriſchet: Wol-
len demnach vnd gebieten/ allen vnſern Angehoͤrigen/ ohne vn-
derſcheid/ ernſtlich/ daß/ wer außerhalb der Statt/ zu ſeiner er-
goͤtzung/ Spatziern vnnd ein erlaubte Zech thun will/ ſolches
ohne verſaumnuß deß ordenlichen Gottes dienſts/ vnd mit Er-
barer beſcheidenheit/ vornehmen ſolle: Dann wer ſich hierinn
anders verhalten/ vnd entweder das Spatzieren vnd Zechen/
der hoͤrung Goͤttlichen worts/ verächtlich vorziehen/ oder mit
ſchlaͤgereyen vnd Rauffhaͤndlen/ oder auch mit vnziemlichem
geſchrey/ ſingen/ jauchtzen vnd anderm vppigem vnd vnzüchti-
gem weſen/ außerhalb der Statt/ oder im herein- vnnd heim-
gehen/ mißhandlen/ vnnd Vns kund würde/ den wollen wir
mit ernſt/ vnd zwar weil er Frembden vnd Heimiſchen zu ärger-
nuß vnd ſchanden geht/ mit doppelter/ vnd in den geringſten vn-
der ſolchẽ mißhandlungen/ mit fuͤnff pfund pfenning ſtraff/ vn-
nach laͤßig belegen vnd anſehen/ auch darauff durch ſonderbare
beſtelte/ fleißige auffſicht nehmen laſſen.
[40]Der Statt Straßburg
Vngebuͤhrli-
ches Zechen/ an
Feſt-Sonn-
Bett- vnd Feyr-
taͤgen.
Wir erholen auch hieher/ vnſere hieoben tit. 1. §. 13. \& 14. ge-
ſchehene verordnung/ von abſtell- vnd vermeidung vngebuͤhr-
lichen Zechens/ vnd hiengegen fleißiger beſuchung der Predig-
XV.
Wuͤrth ſollen
nach der Nacht-
glocken kein
Wein geben.ten/ an hohen Feſt-Sonn-Bett- vnd Feyrtaͤgen. Gebieten
auch ferners allen Würthen/ Bier- vnd Weinſchencken/ Ba-
ſtetenbeckern/ Gaſtgeben vnd Hauptkannen/ daß Sie einigen
Jnwohner dieſer Statt/ Er ſey Burger oder Schirms ver-
wanther/ oder ſonſt vns Angehoͤrig/ jung oder alt/ Mann-
oder Weibsperſon/ abends nach der Nachtglocken/ daß iſt/ am
Sommer nach zehen/ vnd am Winter nach neün vhren/ keinen
Wein/ Bier/ Mett/ oder dergleichen mehr auſftragen vnd vol-
gen laſſen/ vielweniger/ vber die Gaß weggeben/ ſondern vmb
ſelbige zeit die Herꝛbergen/ Wuͤrths-vnd Schenckhaͤußer/ be-
ſchloßen haben/ vnd halten ſollen/ bey ſtraff fuͤnff pfund pfen-
ning/ welche der Wuͤrth oder Schenck zuzahlen ſchuldig ſein
ſolle. Frembden Gaͤſten aber/ die entweder ſpat ankommen/
oder ſich ſonſten/ ſo wol vnder ſich ſelbſten/ als etwann mit hie-
ſigen jhren Bekandten/ erlaubter weiß/ ergoͤtzen wollen/ denen
will man hierdurch nichts benom̃en/ wie auch noch dieſes/ das
man ſolchen frembden Leuten die wegfertig/ vnder waͤhrenden
obberuͤhrten Predigten/ vnd alſo zu der zeit/ da ſonſten Mahl-
zeiten vñ Zechen zuhalten/ verbotten/ die nothturfft aufftragen
moͤge/ wißentlich erlaubt vnd gegoͤnt haben.
Ob auch ſchon die vberfluͤßige Braͤutſuppen/ die coſtbare
Kindſchencken/ die Mahlzeiten nach den Leichtbegaͤngnußen/
vnd die vnnoͤtige Schlafftrinck/ wie ſie vor Jahren inn vbung
geweſt/ vnd aber durch vnſerer lieben Vorfahren außgangene
Mandata/ ſonderlichen im Jahr 1573. verbotten worden (da-
bey wir es auch jetzmahln bewenden laſſen) faſt in abgang kom-
men: So ſeind doch an ſtatt derſelbẽ/ bey den Hochzeiten/ Kind-
tauffen/ vnd in Nächtlich- vnd täglichen Schwermereyen/ viel
andere mißbraͤuch/ eingerißen/ die ſo wenig als die vorige zulei-
den/ davon aber an andern orten dieſer Policey Ordnung/ ge-
wiße verſehung gethan iſt.
Ruͤeger obiger
Ordnung.
Vnd weil dieſe vnſere Gaſt Ordnung/ von Vns in trew-
er wolmeinung/ zu menniglichs vnſerer Angehoͤrigen beſtem/
frommen vnd nutzen/ angeſehen vnd verfaſt worden: So ver-
hoffen wir nicht vnbillich/ es werdẽ auch die Vnſerige/ was zu
deren
[41]Policey Ordnung.
deren handhabung dienet/ willig vnnd gern befuͤrdern/ wollen
auch dieſelben/ ohne vnderſcheid/ vornemblich aber alle Wuͤrth/
Gaſtgeber vnd deren Geſind/ wie auch die Zunfft Meiſter vnd
Buͤttel auff den Zuͤnfften/ die Schuͤtzenmeiſter vnd Zaiger auff
den Schießreinen/ zu ſolchem hiemit erinnert; vnſern beſtelten
Ruͤegern aber/ wie auch denen bey den Gerichten/ Allmußen/
vnd Hueten/ beſtelten Botten/ Knechten/ vnd Wächtern/ aber-
mahlen/ ernſtlich gebotten haben/ daß Sie auff die Vbertretter
obiger Ordnung/ ein fleißiges Aug halten/ vnnd wen Sie er-
kündigen/ der wider ſolche gehandelt/ alſo balden einem vnſerer
Zuchtrichtere oder deren Beampten namhafft machen wollen/
darfuͤr/ wie ſonſten/ alſo auch dißfals/ dem erſten Anbringer
der ſechſte theil der ſtraff/ ſoll gelüffert werden.
TITVLVS VIII.
Kleyder Ordnung.
NEben anderm vbel/ deme wir durch dieſe PoliceyI.
Mißbrauch der
Kleydung/ ſo
wol in vnart/
als Pracht.
Ordnung zubegegnen/ gemeint ſeind/ iſt auch vnder
vnſern Angehoͤrigẽ/ bedes die Vnart vñ der Pracht/
in den Kleydungen/ der geſtalt eingeriſſen/ daß zu-
befahren/ wann ſolchem vppigem vnnd ſchädlichem vnweſen/
laͤnger zugeſehen wuͤrde/ ſolches je mehr vnnd mehr vmb ſich
greiffen/ auch endlichen in eine gefährliche leichtfertigkeit vnnd
verwirꝛung/ zu dieſer Statt/ vnd dero Jnwohnern vielfaltiger
gefahr/ auch ohnaußbleiblichen ſpot vnd ſchimpff/ außſchlagen
moͤchte.
Wañ dañ vns/ ſolchẽ/ theils gegenwertigẽ/ theils annochII.
befahrendem vbel zu widerſtehẽ/ Oberkeitlichẽ Ampts halben/
obgelegen: Vñ wir aber bißhero erfahrẽ/ daß die zu verhuͤtung
deſſelben/ hiebevor im H. Roͤmiſchen Reich publicirte Policey
Ordnungen/ vñ vnſere darauff außgangene wahrnungen/ mit
ſampt denẽ je etwañ vorgenom̃enẽ abſtraffungẽ/ die gebuͤhrẽde
Fwuͤrckung
[42]Der Statt Straßburg
wuͤrckung nicht erlangt/ So haben wir/ bey abfaſſung dieſer
Policey Ordnung/ mit fleiß bedacht/ wie auch dißfalls die
nothwendige vnd fernere verbeſſerung zuerlangen/ vnd allem
mißbrauch in Kleydungẽ/ nach thunlicher muͤglichkeit/ zu weh-
ren were: Welches wir dann/ bey hießiger vnſerer Statt/ vnd
allen dero Jnnwohnern/ auff nachvolgende verordnung geſtelt
ſein laſſen.
Vnart- vnd vp-
pige Kleyd[u]ng/
verbotten.
Vnnd zwar anfänglichen/ wollen wir alle vnſere Bur-
gere/ Schirmbsverwanthe/ Hinderſaßen vnnd Angehoͤrige
Mann- vnnd Weibsperſonen/ jung vnnd alt/ ledigen vnnd
ehelichen Stands/ ohne vnderſcheid/ hiemit vor aller vnarti-
gen/ vppigen vnd leichtfertigen Kleydung/ vnnd ins gemein/
vor allem deme/ ſo bedes im thun vnd laſſen/ in vnd mit der Kley-
dung/ dem erbarn wolſtand/ vñ den loͤblichen altẽ gewohnheiten
zuwider ſein moͤchte/ trewlich vnd fleißig gewahrnt haben/ mit
der angehengten Obrigkeitlichen betrohung/ daß wir auff die
jenige/ Welche dieſe vnſere wolgemeinte erinnerung/ muthwil-
lig verachten werden/ ein wachendes Aug halten/ vnnd gegen
Sie/ die verdiente ſtraffen deß vngehorſambs/ je nach beſchaf-
fenheit der ſachen/ ernſtlich vnd ohnaußbleiblich/ wollen erge-
hen laſſen/ darfür ſich menniglichen zuhuͤeten.
Was vnder die
vnart, vn vppi-
ge Kleydung zu-
zehlen.
Vnder dergleichen vnartige/ vppige/ leichtfertige/ vner-
bare/ vnd dem alten teutſchen weſen vngemaͤße newerungen in
der Kleydung/ würd nicht vnbillich gezehlt.
Wann beedes Mann- vnd Weibsperſonen/ ſo bald Sie
an außlaͤndiſchen vnteutſchen Nationen/ etwas newes inn der
formb der Kleydung ſehen/ demſelben ohne vnderſcheid/ es ſeye
wol- oder vbelſtehend/ nacharten/ vnnd durch ſolche äuͤßerliche
wandelbare Thorheit/ zuerkennen geben/ wie wenig die Loͤb-
liche Standthafftigkeit (deren vnſere alte Teutſche Vorfahren
wie ſonſten/ alſo auch in der Kleydung/ ſonderbaren ruhm ge-
habt) nunmehr in acht genommen vnd geehrt werde.
Jtem/ wann Mannsperſonen/ denen es Stands vnd
Profeßion halben nicht gebuͤhrt/ auff den Gaßen/ entweder
ohne Maͤntel vmbher ziehen/ oder doch ſolche Maͤntel tragen/
die den eigentlichen gebrauch derſelben/ nicht erlangen.
Jtem/ wann die jenige/ die keine Pferdt halten/ oder auch
frembde Pferdt ſelten beſtiegen/ beſtaͤndig inn Stiffel vnnd
Sporen einher klinglen/ vnnd damit wol gar in der Kirchen/
vnd vor
[43]Policey Ordnung.
vnd vor dem Altar/ zum gebrauch der Heyligen Sacramenten
zuerſcheinen/ keinen ſchew tragen.
Jtem/ wañ die Mannsperſonẽ/ die Haupthaar gleich denVIII.
Weibern/ zieren/ ſeidene bendel/ ringlin vnd anders an zoͤpffen/
einflechten/ vñ andere Weibiſche Phantaſien damit vornem̃en.
Jtem/ wann Weiber vnd Jungfrawen/ gar zu kurtze ab-IX.
geſtuͤmpffte Kleydung tragen/ die ſchiempfflich vnd aͤrgerlich.
Jtem/ wann Sie nackmaͤntlen haben/ die entweder durchX.
die breyte durchſichtige bendel/ die Bruͤſt entloͤßen/ oder ſon-
ſten ſo klein ſeind/ daß Sie daß leichtfertige Gemuͤth/ nicht ver-
decken koͤnnen.
Jtem/ wann Sie mit gar weit außgeſchnittenen/ durch-XI.
ſtochenen hohen ſchuhen/ ſtrimpffen/ von vngewohnlichen vp-
pigen Farben/ vmbfliegenden langen/ breiten/ oder auch gefarb-
ten ſchuh- vnd abhangenden ſtrimpff banden/ herein tretten.
Jtem/ wann Weibsperſonen zu Sommerszeiten/ nurXII.
leichte vnd kurtze ſchürtz vber die Hembder tragen/ vnd mit ſol-
cher ärgerlichen Kleydung/ auff die gaßen gehen.
Jtem/ wann ſich dieſelben ſonſten/ vnartig vnnd vppigXIII.
verſtellen/ als wann Sie vngewohnliche gefarbte Kleydung
antragen/ dieſelbe auff frembde/ verdächtige Manieren/ auß-
arbeiten laſſen/ oder auff andere weiß/ wie ſolches geſchehen
moͤchte/ ein verächtliche vnnd argwoͤniſche newerung/ inn der
Kleydung einführen: Vor dieſer/ vnnd allen obangedeuten/
auch andern vngebühren/ die mit der Kleydung vorgehen koͤn-
nen/ vnd Teutſchen/ Keuͤſchen/ vnd Chriſtlichen gemuͤtern miß-
faͤllig ſeind/ wollen wir nachmahlen alle vnſere Angehoͤrige/
mit trewer Sorgfalt gewahrnt/ vnd hiengegen allen vnſern be-
ſtelten Ruͤegern/ fleißige acht darauff zunemmen/ auch wenn
Sie in dergleichen vngebuͤhr betretten/ alſo balden gehoͤriger
orten anzuzeigen/ ernſtlich befohlen haben.
Vber dieſes/ was bißher wider die vnart vnnd Leichtfer-XIV.
Hochmuth- vnd
Praͤchtige Kley-
dung verbottẽ.
tigkeit der Kleydung verordnet/ iſt ferners auch dem ohnzu-
laͤßigen Pracht/ ſtoltz vnnd hochmuth/ ſo in derſelben gefuͤhrt
wuͤrd/ zubegegnen. Der hat nun vornemblich zwo Hauptvr-
ſachen/ denen man abzuhelffen/ ſoll anders dem vbel ſelbſten/
gewehrt werden.
Die erſte/ beruhet/ auff den vnbeſtaͤndigẽ ſcheinbehelffen/ ſoXV.
Erſte Haupt
F ijſolche
[44]Der Statt Straßburg
vrſach/ deß
Prachts in der
Kleydung.ſolche Prächtige Leut/ zu jhrer entſchuldigung einwenden/ da
Sie entweder vorgeben/ Sie hetten die Kleydung/ die Sie an-
tragen/ zubezahlen/ was es andere jrꝛe/ die jhnen nichts/ wenig
noch viel/ darzu gegeben/ oder aber ſich berühmen/ Sie hetten
die Kleydung von jhren Eltern/ Freunden vnd andern geerbt/
were jhnen gantz oder zum theil geſchenckt/ oder hettens wolfeyl
vnd alt gekaufft/ oder außgetauſcht/ were nicht new gemacht/
müſtens einmal Mertzen/ ſeye nur ein ehren Kleyd/ weren nicht
gemeint es beſtendig zutragen/ ꝛc. vnnd was etwan mehr von
ſolchen ſcheinworten vorkombt/ die wir hiemit alleſampt/ fuͤr
vnduͤchtig/ vnguͤltig/ vnd verwerfflich erclaͤren/ vnnd woͤllen/
daß hienfuͤro/ dieſe vnd alle dergleichen einwendungen/ zu kei-
ner entſchuldigung dienen/ ſondern wer ſich damit beſchoͤnen
wolte/ deren gantz ohnerachtet/ zur verdienten ſtraff gezogen
werden ſolle.
Andere Haupt-
vrſach deß
Prachts in der
Kleydung.
Die andere Haupt vrſach/ beſtehet in dem/ daß der ge-
buͤhrliche vnderſcheid/ zwiſchen den Ständẽ in hießiger Statt/
nicht/ wie billich ſein ſolte/ will gehalten werden/ welchen doch
Gott vnd alle Erbarkeit/ erfordert/ ohn welchen auch die Poli-
tiſche Harmony/ vnd daß gemeine weſen/ inn beſtendigem gu-
tem wolſtand/ ſich nimmermehr befinden wuͤrd. Damit nun
auch hierinn/ was Loͤblich vnd recht iſt/ geſchehe/ haben wir die
Gradus volgender maßen vnderſcheiden/ vnd bey einem jedwe-
dern/ ein gewiſſe verordnung der Kleydung halben/ abfaſſen
laſſen: Eriñern aber zuvordriſt/ daß ſich ins kuͤnfftige Menni-
glich/ fuͤr dem bißher faſt gemeinem Jrthumb/ huͤeten wolle/
inn dem daß ſich die Kinder/ wann Sie inn die Ehe kommen/
faſt ohne vnderſcheid/ nach dem ſtand vnd weſen der Eltern/ ge-
kleydet/ welches/ wie in anderm/ alſo vornemblich auch mit den
Kragenroͤcken vnnd Baretlin/ in großen ohnzuläßigen miß-
brauch/ außgeſchlagen/ vnd zur obangedeuten Confuſion vn-
der den Staͤnden/ nicht die geringſte vrſach gegeben/ hienfuͤro
aber nicht mehr geſcheẽ ſolle: Sondern es moͤgẽ zwar die Kin-
der/ ſo lang Sie ledigen ſtands/ vnd in der Eltern gewalt blei-
ben/ ſich in der Kleydung dem Stand gemäß tragen/ in dem die
Eltern begriffen: wann Sie aber in die ehe ſchreyten/ ſoll als-
dañ die Dochter ſich Kleyden/ nach dem ſtand jhres Mannes/
vñ der Sohn nach dem Stand/ welchẽ Er als ein Haußvatter
antritt/
[45]Policey Ordnung.
antritt: Wer anders thut/ vnd koͤſtlichere Kleydung tregt/ als
jhme ſolcher geſtalt erlaubt/ ſoll nach inhalt hienach geſchrieb-
ner Ordnung geſtrafft/ vnd darauff/ wie auch ſonderlichen/
daß ſich kein Weib im Kragenrock oder Baretlin trage/ deren
es Stands halben nicht gebuͤhrt/ (wie drunden mit mehrerem
erleuͤtert) durch vnſere Zuchtrichtere/ mit allem fleiß in acht ge-
nommen/ vnd darvber gebuͤhrlichen ernſts gehalten werden.
Wann wir dann bey gehaltener berahtſchlagung befun-XVII.
Der groͤſte
Pracht inn der
Kleydung/ iſt
bey den vndern
Staͤnden.
den/ daß der mehreſte Mißbrauch/ Stoltz/ vñ Hochmuth in der
Kleydung/ bey den vnderſtẽ Staͤndẽ vorgeht/ auß welchen ſich
hernacher daß vbel in die andere vnd hoͤhere Gradus/ ſo lang
außzubreitẽ pflegt/ biß es daß Univerſum beruͤhrt/ vñ damit die
gantze Republic, vberſchwämbt wuͤrd: So haben wir diß orts
zur wurtzel dieſes Laſters/ erſtlich raumen/ vnd den Anfang
von dem vndern Grad/ bey welchem die Hoffart bißher zum
oͤfftern mahl/ hochſtraͤffliche vnzucht/ vntrew/ abtrag/ ſuͤnd
vnd ſchand/ vervrſacht/ nemmen wollen/ Benantlichen/
Von Kleydung deß erſten Grads/ der Maͤgd/
Wartherin/ Naͤderin vnd anderer Lediger Weibs-
perſonen jhres gleichen.
DJeſelben ſollen hinfuͤro/ keinen andern Zeuͤg zur Kley-XVIII.
Erſten Grads
Kleydung.
dung/ es were zu Schauben/ Roͤcken/ Kutten/ Vber-
müetern/ Kollern/ Leiblen/ Kappen/ Bruͤſten/ Bruͤſt vnd Fuͤr-
tuͤchern/ oder ſonſten/ antragen/ als ein gemeines Lindiſches
Thuch/ von fünfftzehen ſchilling/ biß in zwen Gulden/ Jtem
Hundskutt/ Barchet/ Doppeltrott/ Bomaſin vñ der gleichen/
oder was noch geringer ſein würd: Alle andere Tuͤcher vnnd
Zeug/ die koͤſtlicher/ als die jetzgemelte/ ſeind jhnen gaͤntzlich ab-
geſtrickt vnd verbotten.
Die Vbermuͤeter/ Koller/ Leiblen/ Bruͤſt/ Kappen/ Fuͤr-XIX.
tücher vnnd Kutten/ moͤgen Sie mit einem eintzigen/ kleinen
ſeidenen Schnuͤerlin einfaſſen laſſen/ vnnd ſoll jhnen ſonſten
ſeidene Schnuͤr oder Frantzen/ auff vnd an den Kleydungen
zutragen/ nicht erlaubt ſein.
Sie ſollen ſich auch keines andern Leinwaths/ als deßXX.
F iijgemeinen
[46]Der Statt Straßburg
gemeinen Haußtuchs gebrauchen/ vnd ſonderlich kein Krceß
antragen/ daß vber zwoͤlff ſchilling/ auffs hoͤchſte/ in Tuch vnd
Macherlohn coſtet/ wie auch an den Hauben/ Nackmaͤndlin
vnd Vberſchlaͤglin/ kein ſpitzen noch durchſichtige bendel haben.
Jtem/ Sie ſollen kein Gold vnnd Silber/ weder wenig
noch viel tragen/ es were an meſſern/ gürtlen/ beſchlägen/ oder
ſonſt an der Kleydung/ wie wir jhnen dann ſolches hiemit ernſt-
lich/ vnd noch darzu daß Conterfaite/ oder anders/ ſo den ſchein
Gold vnd Silbers haben mag/ gaͤntzlich verbiethen.
Es ſoll auch keine vnder dieſen Perſonen/ die koſtbare Fuͤll-
werck/ von Zobeln/ Martern/ vnd dergleichen; Jtem/ keine
Schwanenfell vmb die Hälß; auch keinen Beltz/ vber zehen
gulden werth/ riemen/ blaig vnnd brohe/ mit eingerechnet; wie
auch auff den Vbermuͤettern/ keine beltzene/ als mit ſchwartzem
Beltzwerck gefuͤetterte Kraͤgen; vnd dann keine grawe Beltz-
brohen; auch die geſtriffelte/ viertheils; die Tüchene blaigen
aber an denſelben/ anderthalb viertheils hoch/ vnd nicht hoͤher/
anzutragen macht haben.
Jnn gleichem/ ſollẽ Sie keine Kappẽ tragen/ da eine mehr
als drey gulden/ inn Zeuͤg/ futher/ brohe vnnd macherlohn/
coſtet; Auch kein ſchwartze Hauben vber anderthalb gulden
werth: keine Haarſchnuͤr/ da die Ehl mehr dann ſechs pfeñing;
keine Breißneſtel/ da die Ehl mehr dann vier pfenning; keinen
Leibguͤrtel/ der mit dem beſchlaͤg/ mehr dann zwoͤlff ſchilling
coſtet.
Sie ſollen ferners nicht tragen/ geſtuͤckte Zeuͤmlin/ noch
Meſſerſcheyden geſtuͤckt/ oder mit ſeidenem Zeuͤg vberzogen/
dann jhnen ſolches vnd alles andere/ ſo coſtbar vnd Praͤchtig/
wie auch die außgeſchnüttene/ verſtochene/ geruͤchte/ Cardewa-
niſche vnd mit abſetzen gemachte ſchuhe/ hiemit gäntzlich ver-
botten ſein ſollen.
Von Kleydung deß andern Grads/ der Tag-
loͤhner/ deren Weib vnd Kinder.
Andern Grads
Kleydung.
WAs bißher/ von der Kleydung der Maͤgd verordnet wor-
den/ daß wollen wir auch auff die Tagloͤhner/ Holtzha-
wer/ Saͤcktraͤger/ Spanner/ Kaͤrchel- vnd Faßzeiher/ Boßler
vnd alle
[47]Policey Ordnung.
vnd alle andere jhres gleichen/ auch deren Weiber vnd Kinder/
verſtanden/ vnd denſelben hiemit keine koͤſtlichere Kleydung/
als den Mägden/ wie ſolche hieoben/ nach vnd nach/ verzeich-
net/ anzutragen gebotten haben.
Von Kleydung deß dritten Grads/ der Gemei-
nen Handwercker vnd Bürger/ wie auch der Gartner/ der
Statt Diener vnnd Knecht an den vndern ſtellen:
vnd deren aller Weib vnd Kinder.
DJe gemeinen Handwercker/ Gartner/ vnd andere hieo-XXVI.
Dritten Grads
Kleydung.
ben gemelte Buͤrger/ ſampt jhren Weibern/ Soͤhnen vñ
Doͤchtern/ ſollen ſich nicht kleydẽ in Tuch/ ſchwartz oder geferb-
tes/ da die Ehl mehr dann drey gulden coſtet/ auch nicht tragen/
Samat/ Atlaß/ Damaſt/ Seydenrupff/ Taffat/ noch einigen
andern Zeuͤg/ wie der nammen haben moͤchte/ vnnd entweder
gantz ſeiden/ oder mit ſeiden gemengt were.
Jtem/ keine gut-noch Floretſeidene ſtrimpff: keine ſeideneXXVII.
ſpitzen an Hoßenbanden/ ſchuhroßen oder ſonſten: keine daffete
vnd ſeidene Neſtel/ rings vmb das Wambs oder die Hoßen:
keine gut ſeidene Frantzen/ da die Ehl mehr dann ein Loth wigt:
keine Haarſchnuͤer/ da die Ehl mehr dann acht pfenning/ auch
keine Breißneſtel/ da die Ehl mehr dann fuͤnff pfenning/ coſtet:
Vnd dann auff der Kleydung vnnd allen deren ſtucken/ ſo gar
auch die Bruͤſt mit eingeſchloßen/ mehr nicht/ dañ ein eintziges
ſeidenes/ doch nicht geſtuͤcktes ſchnuͤerlin. Was von Gold
oder Silber gearbeitet/ oder auch mit Gold oder Silber/ es
were gut oder falſch/ gemaͤngt iſt/ es ſeye an Huetbanden/ ſpi-
tzen/ traßen/ bendlen/ ſchnuͤeren/ neſtlen/ galaunen oder wie es
ſein moͤchte/ iſt dieſem Stand gaͤntzlich verbotten.
Ferners iſt den Perſonen dieſes Stands/ nicht erlaubtXXVIII.
anzutragen/ die Niderlaͤndiſche/ oder andere frembde coſtbare
Leinwath: keine weiße ſpitzen/ noch durchſichtige bendel/ da die
Ehl mehr als acht biß in zehen pfenning werth iſt: kein Kreeß/
ſo in Leinwath vnd macherlohn mehr dann dritthalben gulden/
geſtehet/ auch an den Kreeßen keine abhangende bendel/ knoͤpf-
lin/ oder anders dergleichen.
Jtem/ kein Zobel/ Marter/ oder der gleichen/ koſtbar Fuͤll-XXIX.
werck:
[48]Der Statt Straßburg
werck: auch kein Schwanen faͤll/ keinen Weiberbeltz/ der mit
aller ſeiner zugehoͤrd vber zwantzig gulden/ coſtet: keine Beltz-
brohe/ die hoͤher als ruck- oder anderhalb viertheil hoch were.
Jtem/ die Mannsperſonen ſollen nicht tragen Guͤrtel/
noch Wehrgehaͤng/ von ſeiden oder ſammet geſtuͤckt/ oder auß-
gemacht: keine vergulte/ verſilberte/ oder mit gold noch ſilber
eingeſchlagene Wehrgefaͤß/ ortband/ beſchläg/ ſporen/ oder an-
ders: doch mag ein Perſon dieſes Stands/ Mann oder Weib/
in verarbeitem ſilber zwoͤlff Loth ſchwer/ an gürtlen/ wehrge-
hängen/ knoͤpffen/ meſſern/ vnd deren beſchlaͤgen vnd hauben/
antragen. Die guldene Halßketten/ wie auch alle zierd/ vmb
die Haͤnd/ ſeind jhnen verbotten: Vnd ſolle ferners bey dieſem
Stand/ mit den Ringen an fingern alſo gehalten werdẽ/ daß die
Mannsperſonen gar keine/ die Weibsperſonen aber/ zwar
Ring von gold/ vnd derſelben etwann zwen oder drey/ die ſam-
mentlich nicht vber zwantzig gulden werth ſeind/ auch ſolche an-
ders nicht/ als etwann zu Hochzeiten/ vnd andern ehrlichen zu-
ſammenkunfften/ tragen moͤgen: alle Edelgeſtein/ hohen oder
nidern werths/ ſeind dieſem Stand verbotten.
Es ſeind demſelben auch verbotten/ alle Mannshuͤet/ da
einer ſampt der Schnur vñ dem futher mehr dann drey gulden/
coſtet/ wie auch die ſeidene Mannskappen ohne vnderſcheyd/
vnd dann alle Weiberkappen/ da eine mit all jhrer zugehoͤrd/
den macherlohn außgeſchloßen/ ſich hoͤher als vier gulden/ im
werth belauffet: Jtem/ die geruͤchte/ vnd von Spaniſchem Car-
denwahn gemachte ſchuhe/ vnd alles vbrige ſo dieſem Stand
vngemaͤß/ vnd vnſerer trewhertzigen meinung/ ſo ein jeder auß
bißher erzehltem ohnſchwer abzunem̃en/ zu wider ſein würd.
Von Kleydung deß vierten Grads/ der Vornem-
bern Handwercker vñ Kuͤnſtler/ der Gadendiener/ der Wuͤrth/
der Kraͤmer/ Schaffner/ Notarien/ vñ anderer dergleichẽ Buͤr-
ger/ wie auch der Statt Beampten vnd Diener/ bey den
Mittlern ſtellen/ vnd deren aller Weib vnd Kinder.
Vierten Grads
Kleydung.
DJeſe jetzernante Perſonen moͤgen ſich kleyden/ in Thuch
die Ehlen zu vier gulden/ werth/ zum hoͤchſten/ vnd dann
in halb ſeidene Zeuͤg/ auch von ſeidenẽ Zeugen/ in vngebluͤmbten
Doppel-
[49]Policey Ordnung.
Doppeldaffet/ Tobin/ Zendeldort vnd Terzenel: (Doch iſt
den Weibsperſonen dieſes Grads/ die jetzermelte ſeidene Zeuͤg/
zu Kutten oder Roͤcken zubrauchen/ nicht erlaubt:) Jtem/
Sie moͤgen tragen/ Floret ſeidene ſtrimpff/ ſeidene ſpitzen
die Ehl zu fuͤnff batzen/ ſeidene Frantzen die Ehl zwey loth
ſchwer/ Haarſchnuͤer die Ehl zu einem ſchilling/ Breißneſtel
die Ehl zu ſechs pfenning/ vnd auff der Kleydung zwey ſeidene
ſchnuͤerlin: alle andere Tuͤcher vnnd ſeidene Zeuͤg/ (es were
dann etwann zu Maͤntelkrägen) wie auch aller vberfluß in
Neſteln/ Frantzen/ Traßen vnnd anderer ſeidenwahr/ vnnd
dann noch weitters alle geſtückte arbeit/ Jtem/ was von ſilber
oder gold gantz oder gemaͤngt iſt/ auch zumahl alle Wahren
von falſchem gold vnnd ſilber/ ſeind dieſem Stand ſo wenig/
als den vorgehenden gegoͤnnet.
Alſo ſollen ſich auch die Perſonen dieſes Stands ent-XXXIII.
halten/ von der thewren koͤſtlichen Leinwath vnnd weißen
Arbeit/ vnnd keine Kreß tragen/ da eines inn allem mehr
dann vierthalben gulden; auch keine weiße ſpitzen/ da die Ehl
vber achtzehen biß in zwantzig pfenning; vnd keine durchſich-
tige Bendel/ da die Ehl mehr als ein ſchilling biß in zwen ba-
tzen/ coſtet.
Jtem Sie ſollen keine Zobel/ Marter vnd dergleichen coſt-XXXIV.
bar Fuͤllwerck; auch kein Weiber kappen/ da eine mit aller jhrer
zugehoͤrd/ auch gar dẽ macherlohn mit eingeſchloſſen/ mehr dañ
fuͤnff gulden coſtet/ antragen: Jtem keinen Weiberbeltz/ der ſich
mit ſampt dem riemen vnnd der brohn (welche anderhalb vier-
theil hoch vnnd nicht hoͤher ſein mag) vber dreyßig gulden/ im
werth belauffet: keinen Mannshuet/ der mit der ſchnur vnnd
fuether vber vierthalb gulden/ werth iſt.
Von verarbeitem weißem ſilber/ iſt einer Perſon dieſesXXXV.
Stands vier vnd zwantzig loth ſchwer/ anzutragen erlaubt/
vñ ſolches an guͤrtlẽ/ (die Schaubenguͤrtel ſeind darunder nicht
gemeint/) knoͤpffen/ wehrgehängen/ meſſerſcheiden/ vnnd meſ-
ſern/ doch ſeind jhnen die gantz ſilberne guͤrtel/ meſſerſcheiden vñ
ketten daran/ nicht gegoͤnt: wie auch den Mannsperſonen/ die
gantz verſilberte wehrgefäß/ ortband vnd ſporen; vnd ſonſten
dieſem Stand ins gemein/ alle vergulde arbeit vnd wahr/ aller-
dings verbotten.
GJngleichem
[50]Der Statt Straßburg
Jn gleichem/ die guldene Halßketten/ auch alle zierd vmb
die Haͤnd/ mit Corallen/ oder noch koͤſtlichern ſachen: vnd zu-
mahl der vberfluß/ mit guldenen Ringen/ der geſtalt/ daß
Mann-vñ Weibsperſonen dieſes Stands/ keinen Diamant/
Rubin/ oder Saphir/ andere Edelgeſtein aber/ mit dieſer maß
antragen moͤgen/ daß Sie auff einmahl/ mehr nicht/ dann vier
Ring anſtecken/ vnd der werth derſelben nicht vber dreyßig biß
in viertzig gulden/ ſein ſolle.
Alles was praͤchtiger vnd koſtbarer iſt/ als hieoben dieſem
Stand erlaubt/ wuͤrd demſelben nicht weniger/ als were es mit
außgetruckten worten hieher geſetzt/ gaͤntzlich verbotten.
Jedoch mit dieſer ſonderbarn erleuͤterung: Weil nemlich
den Weibern dieſes Grads/ ſo ſich bißher in Krageroͤcken ge-
tragen/ hieunden §. 53. ſich auch hienfuͤro in ſolche zu kleyden/ ge-
goͤnt iſt/ So moͤgen dieſelben/ wie auch nicht weniger/ die Wei-
ber der Schoͤffen dieſes Grads/ noch ferner/ dz Fuͤllwerck von
ohngeferbtem Marter zu Kappen vñ Kraͤgen/ jeden orts/ daß
iſt/ zu Kappen auff ſechs gulden/ vnd zu Kraͤgen ſechs gulden/
vnd nicht hoͤher/ werth; vnd dann Kreß zu vier gulden; auff der
Kleydung drey ſeidene ſchnuͤerlin; vñ an den fingern/ neben an-
dern Ringen/ auch Saphir vnd Rubin/ doch daß ſolche Ring
ſam̃entlich/ nit mehr als fuͤnfftzig biß in ſechtzig guldẽ wert ſeyẽ/
antragen/ ſolches aber allein auff jhre Perſonen/ vñ gar nit auff
jhre Kinder oder andere Angehoͤrige/ als die ſich in allem nach
außweißung vorſtehender Ordnung kleydẽ ſollen/ gemeint ſein.
Vnd nach obigem Stand des vierten Grads/ moͤgen ſich
auch kleyden/ die Schoͤffen vnd deren Weiber vnd Kinder/ die
auß den vndern Graden zu ſolcher ehren ſtell/ erkoſen werden.
Von Kleydung deß fuͤnfften Grads/ der Vor-
nembſten Burger/ deren Weib vnd Kinder.
Fuͤnfftẽ Grads
Kleydung.
WAs die vornembſte Burger vnnd Jnnwohner dieſer
Statt ſeind: Als die alte Geſchlechtere/ deren Vor-
Eltern vor hundert vnnd mehr Jahren/ in dieſer Statt das
Regiment beſeßen/ vnnd ſich noch/ ſolchem Geſchlechter
Stand gemaͤß verhalten: Jtem/ die Gelehrte/ die zu jeder-
zeit gradum Doctoratus vel Licentiæ, wuͤrdiglich erlangen koͤn-
ten/ vnnd beſtendig bey den Studijs bleiben: Wie auch
die jenige
[51]Policey Ordnung.
die jenige/ ſo auß jhren Zinßen vnd Renten leben: Vnd dann
die Kauffleut die mit gantzen ſtucken handlen/ oder ſonſt ſtarcke
vnd anſehenliche Gewerb fuͤhren: Jtem/ der Statt beſtelte zu
den Obern Dienſten vnd Aemptern derſelben/ darunder auch
die wuͤrckliche Profeſſores ſo nicht Doctores ſeind/ begriffen: Vñ
alle andere/ die vnder dem nam̃en/ der vornembſten Bürger vñ
Angehoͤrigen dieſer Statt/ rechtmaͤßig koͤnnen verſtanden
werden: Dieſelben ſampt jhren Weibern/ Soͤhn vnd Doͤch-
tern/ wollen ſich/ (wie wir Sie hiemit trewlich vnd ernſtlich er-
mahnen) in jhrer Kleydung/ vornemblich bey jetzigen betruͤb-
ten vnd tewren zeiten/ gebuͤhrlich moderieren/ damit Vns/ auff
den widrigen fall/ zur ſchaͤrpffe kein anlaß gegeben/ ſondern
viel mehr vnſere wolgemeinte intention/ guͤetlich erlangt vnnd
muͤglichſt befuͤrdert werde.
Jnſonderheit aber ſollen auch den vornembſten vnder denXLI.
Mannsperſonen dieſes Grads/ hiemit verbotten ſein/ die mit
Sammet gantz durchfuͤetterte/ oder auch außwendig mit vier
vñ mehr/ ſeidenen breiten Borten oder Paßmenten/ verbrämb-
te Mäntel.
Jtem/ gantze Kleyder von glattem oder gebluͤembtem gu-XLII.
tem Sammat.
Ferners/ alle gantz guldene oder ſilbere borten/ Paßment/XLIII.
galaunen/ ſchnüer/ ſpitzen vnd zinnlin.
Jtem/ die guͤrtel/ vnd wehrgehaͤng/ ſo mit gold oder ſilberXLIV.
geſtuͤckt ſeind/ auch Berlin vnd andere koͤſtlichere hutſchnuͤer/
vergulte wehrgefäß/ ortband vnd ſporen.
Kreß mit ſpitzen oder durchſichtigen baͤndlen/ oder mit ab-XLV.
hangenden ſchnuͤerlin/ vñ knoͤpfflin/ darin berlin/ granaͤtlin/ ꝛc.
vernaͤgt ſeind: wie auch ſonſten ins gemein/ aller dergleichen ge-
ſchmuck/ auff der Leinwath/ vnd andere praͤchtige Kleydung/
die dem Bürgerlichen ſtand nicht gebühren/ vnd koͤſtlicher als
die jetzgemelte ſein wuͤrd.
Jn gleichem/ ſollen die vornembſte Weibsperſonen dieſesXLVI.
Grads nicht tragen.
Gantz guldene guͤrtel/ oder auch gantz guldene beſchlaͤg
an guͤrtlen/ oder meſſern: Auch nicht einiges Arm- oder Halß-
band/ ſo mit Edelgeſteinen verſetzt/ oder mit Kleinodien behengt
were: Wie auch vmb die Haͤnd nicht haben Kleynodien/ die koͤſt-
licher ſeind/ als Berlin vnd Granaͤtlin.
G ijEs
[54[52]]Der Statt Straßburg
Es ſeind jhnen ferners verbotten/ alle gantz guldene oder
ſilbere ſchnuͤr/ auff Beltzriemen/ bruͤſten/ zu breißneſtlen/ oder
wie Sie dieſelben ſonſten brauchen koͤnten. Noch viel mehr
aber/ die gantz guldene/ oder ſilbere hafften vnnd ringlin an
den bruͤſten: wie auch die guldene/ oder ſilbere kettlin an ſtatt
der breißneſtel: vnd dann die vbermachte mehr dann fuͤnfffach
geſtaffelte Kreß: weiße Schuͤrtz von dem gar reinen Cammer-
oder Lauter tuch/ oder auch mit ſpitzen: deßgleichen die Streiff-
Ermel vñ hembder võ jetzermeltem tuch/ vñ vnden herumb mit
ſpitzen/ vñ aller anderer vberfluß in der reinen leinwath/ weißen
ſpitzen/ durchſichtigen bendlen/ außgenaͤgter arbeit/ koſtbaren
Beltzen vber fuͤntziggulden/ großen Kappen brohen/ vber zehen
gulden werth/ vnd warinn der Pracht/ es ſeye zu Hochzeit- oder
anderer Kleydung/ weitters ſtecken moͤchte. Darauff vnſere
verordnete Zuchtrichtere/ durch jhre beſtelte Ruͤeger/ jederweilẽ
gute achtung nem̃en/ vnd ſo bald Sie ichtwas erkuͤndigen/ daß
vberfluͤßig vnd Prächtig/ ſolches nicht weniger/ als were es in
dieſer Ordnung/ außtrucklich verbotten/ mit gebuͤhrendem
ernſt abzuſtraffen/ hiemit macht/ befelch vñ gewalt haben ſollen.
Von Doctorn.
DJe Doctores vnd Licentiaten/ was Facultet die ſeyen/
wie auch deren Weib vñ Kinder/ moͤgen ſich in der Kley-
dung auch anderm/ jhrem Stand vnd Freyheiten gemäß/ vnd
aber der geſtalt verhalten/ daß darinn kein vbermaß geſpüret/
vnd vns nicht vrſach zur abſtraffung gegeben werde.
Von Kleydung deß ſechſten vnd hoͤchſten Grads/
der Regiments- vnd Großen Rahtsperſonen/ wie auch deß
Adels ins gemein/ vnd dann der Statt beſtelter Advo-
caten vnd Raͤhte/ ſambt deren Weib vnd Kindern.
Sechſtẽ Grads
Kleydung.
DJe Regimentsperſonen/ vnd Beyſitzere deß Großen-
Rahts/ die ſich je zu zeiten an ſolchen Ehrenſtellen befin-
den/ wie auch die vbrige hießiger Statt angehoͤrige vom Adel/
ſambt vnſern beſtelten Advocaten vnd Raͤhten/ vornemblich
aber alle derſelben Weiber vnd Kinder/ werden ſich dißfalls der
ſchuldigen gebuͤhr verhoffentlich erinnern/ vnd jeweiln/ wie ſon-
ſten/ alſo auch in der Kleydung/ ſich der geſtalt erzeigen/ das
durch
[55[53]]Policey Ordnung.
durch jhr gutes vñ vorleichtendes Exempel/ die vndere vñ nach-
gehende Staͤnd/ zum gehorſam vñ der Erbarkeit/ angereytzt vñ
vervrſacht ſeyen. Solte aber auch jemanden vnder dieſen/ ſich
in der Kleydung entweder Vnartig vnd vppig/ oder aber zuviel
Praͤchtig vnd hochmuͤtig tragen wollen/ den vnd dieſelben ohne
vnderſcheid/ ſollen vnſere Zuchtrichtere nit weniger als andere/
vorſich beſchicken/ vnd nach befindung vornemmen/ was jhre
Ayd vnd Ordnungen außweißen.
Nach dem auch im Leidtragen/ von der alten gewohnheitL.
Von Laid Kley-
dern der Mans
perſonen.
dieſer Statt guten theils abgewichen/ vnd darinnen vnder den
Mannsperſonen/ faſt eine durchgehende/ aber ohnzulaͤßliche
gleichheit eingefuͤhrt worden: So wollen wir auch ſolches nicht
mehr gut geheißen/ ſondern den volgendẽ vnderſcheid gehalten
haben: Nemblichen/ es ſollen die Tagloͤhner vnd andere Perſo-
nen deß andern Grads/ falls Sie bindẽ tragen wolten/ jhre hüet
nur zur helffte mit Tuch vberziehen/ vnd kein längere Mäntel/
als die elen hoch von der Erden ſeyen; die gemeinen Handwer-
cker/ Gartner/ vnd alle deß dritten Grads aber/ zwar gantz
mit tuch vberzogene huͤet (wañ Sie ſich der binden gebrauchẽ)
aber keine Maͤntel lenger als halb ehlen hoch von der Erden;
vnd dann deß vierten Stands perſonen/ keine fliehende binden
vmb die hüet/ von dapffet oder grepp/ antragen: Auch alle vbri-
ge Jnnwohner dieſer Statt/ dißfalls/ je nach vnderſcheyd deß
Stands gebührende maß zuhalten/ ſchuldig vnd hiemit erin-
nert ſein.
Ob auch ſchon die Berlen Jungfrawbendel/ ſo von altersLI.
Von Jung-
frawẽ bendeln.
her bey dieſer Statt vblich geweſt/ großen coſten erfordern/ vnd
vielleicht vmb ſolcher/ auch anderer betrachtungen halben/ die
gäntzliche abſchaffung derſelbẽ/ nit vnrähtlich ſein moͤchte: So
haben wir doch auß bewegenden vrſachen/ ſolches noch zur zeit
ein- vnd allen ledigen Doͤchtern frey geſtelt/ ob Sie ſich ſolcher
Jungfraͤwlichen zierd hienfüro gebrauchen/ oder aber/ die an
andern orten vbliche Craͤntzlin auff den Hauben/ tragen/ vñ zu
ſolchẽ/ mit vnderlaſſung der ſchaubẽ/ die gewohnliche vnderꝛoͤck
gebrauchen wollẽ: Welche vnder jhnen bey der altẽ gewohnheit
verbleiben will/ deren iſt es vngewehrt: Welche aber davon ab-
zuſchreiten/ vnd dadurch die ſo coſtbare beſchwerd von ſich abzu-
legen gemeint/ derſelben iſt ſolches zu thun/ nicht weniger wol ge-
goͤñet/ ſo gar/ daß es mehr mit vnſerm belieben/ als einigẽ miß-
G iijfallen
[54]Der Statt Straßburg
fallen geſchehẽ ſolle/ doch iſt auch ſolchen falls/ mit den Hauben
vñ Craͤntzlin gebuͤhrende maß zuhaltẽ/ vñ nicht/ was an einem
ort eingezogẽ/ andern theils durch vnordnung zumißbrauchen.
Wie auch auff den andern fall/ bey den Bendlen der vol-
gẽde vnderſcheid in acht zunem̃en/ daß/ fuͤrs eine/ nur die Doͤch-
ter deß fuͤnfftẽ vñ ſechſten Grads/ die doppelte; die vbrigen alle/
die einfachen Bendel tragen/ vnd davon ohne vnderſcheid/ deß
gantzen tags/ mehr nicht/ als zwen ſchilling/ zu lohn gebẽ ſollen:
Mit der fernern maß/ zum anderen/ daß zwar die eigene Ben-
del/ ſo ein jede Dochter/ von jhren Eltern oder anderen Ver-
wanthen/ jetz haben/ oder kuͤnfftig ererben wuͤrd/ in dem werth/
geſtalt vnd formb/ als Sie jetz ſeind/ moͤgen getragen/ hienfuͤro
aber keine Bendel mehr gekaufft/ oder in andere weg erhandelt
werden ſollen/ die hienach geſetztẽ preiß vberſtiegen: Nemblichẽ/
die Doͤchter deß erſten/ andern/ vnd dritten Grads/ moͤgen
Bendel/ zu hundert/ biß in hundert vñ fuͤnfftzig gulden; Die im
viertẽ Grad/ Bendel zu zwey hundert gulden; Die im fuͤnfften
vnd ſechſtẽ Grad aber/ Bendel zu drey/ bis in vier hundert gul-
den kauffen/ vnd nicht hoͤher/ bey ſtraff der confiſcation.
Von Krage-
roͤcken/ Baret-
lin/ Bruſt vnd
Strichenrocken
auch Schaubẽ.
So viel die Krageroͤck anlangt/ wollen wir daß ſolche
allein von den Weibern deß fuͤnfften vnd ſechſten Grads/ wie
auch die Baretlin/ allein von den vornembſten derſelben/ ſollen
getragen werdẽ: Doch der geſtalt/ daß die jenige Frawen/ ſo deß
vierten Grads ſeind/ vnnd ſich bißher mit ſolchen Roͤcken be-
kleidet auch hienfuͤro/ für jhre Perſonen/ ſich derſelben gebrau-
chen moͤgen. Sonſten aber ſoll ins kuͤnfftige/ kein Weib deſſel-
ben Grads/ einen Kragerock anzuziehen macht haben/ ſondern
Sie moͤgen die Schmalẽ Schleyer/ vñ die darzu von alters her
gewohnliche Kleydung; die in den drey vnderen Graden aber/
die Breytẽ Schleyer/ vñ Schaubẽ/ antragẽ: Alſo ſeind auch die
Bruſtroͤck vnd die guͤrtel darzu/ allein den vornembſten Doͤch-
tern deß fuͤnfften vnd ſechſten Grads; vnd dann den Doͤchtern
deß viertẽ Grads/ vñ ſonſt niemanden/ die Schaubẽ guͤrtel (da-
rinn wir aber den vberfluß vñ pracht wollen vermitten haben.)
Wie auch die Roͤck mit neun ſtrichen/ den Frawen vnd Jung-
frawen deß ſechſten Grads; denen aber vom fuͤnfften Grade/
die Roͤck mit ſieben ſtrichen/ ſo wol als die mit dreyen bleyen er-
laubt/ vnd allen vndern Grads perſonen verbotten.
Straff der vber
Wer dann nun in einem oder dem andern Stand/ hien-
fuͤr ſich
[55]Policey Ordnung.
fuͤro ſich anders vñ koͤſtlicher (daß geringere iſt Menniglichentretter dieſer
Ordnung.
erlaubt) kleyden/ oder ſich auch ſonſten anders verhalten wuͤrd/
als hieoben nach vnd nach/ vnderſchiedlich geordnet/ gebotten
vnd verbotten worden/ Der ſolle als ein vngehorſamer ver-
aͤchter/ guter Ordnungen vñ der Erbarkeit/ von vnſern Zucht-
richtern/ wann er denſelben kund wuͤrd/ nicht allein mit Confi-
ſcirung deß Kleyds/ ſo er wider Ordnung getragen/ ſondern
auch je nach beſchaffenheit der ſachen/ an Leib oder gut/ ohn-
nachläßig vñ haͤrtiglich geſtrafft werden: Welche ſtraffen erſt-
ermelte vnſere Zuchtrichter/ auch gegen den jenigen vor zunem-
men haben/ die gefaͤhrden hierunder gebrauchen/ vnd durch al-
lerhand argliſt/ wie der erdacht werden moͤchte/ dieſe wolge-
meinte Ordnung zu eludiren vnderſtehen wollen/ wie nit weni-
ger gegen den Handwercksleuten/ vñ allen andern/ die dißf [...]lls
wiſſentliche huͤlff/ vorſchub/ raht vnd that zur Mißhandlung/
kuͤnfftig geben werden/ je nach ermaͤßigung der Zuchtrichter.
Vnd damit mehrermelte dieſe vnſere Ordnung deſto beſ-LV.
Ruͤeger dieſer
Ordnung.
ſer gehandhabt/ auch vnſere Zuchtrichtere/ der vbertretter der-
ſelben/ deſto eher vnd gewißer verſtändigt werden/ haben wir
gewiße Perſonen beſtelt/ die ein genauge vnd fleißige auffſicht
derentwegen haben ſollen: Befehlen auch darneben allen vn-
ſern Rahtsbotten/ Herꝛenknechten/ Thurnhuͤetern/ Gerichts-
vñ Leuffersbotten/ Suͤbnerknechten/ auch allen geſchwornen/
ſo von der Handwercker wegen an der huet gehen/ vñ den ver-
ordneten Knechten deß Allmußens/ bey jhren pflichten/ damit
Sie vns zugethan/ alle die ſo ſie ſehen/ hoͤren oder erfahren/
dieſe Ordnung/ oder einigen Puncten derſelben verbrechen/
fürderlichſt entweder einem der Zuchtrichtere oder deren Be-
ampten/ nemblichen/ dem Fraͤvelvogt/ oder Zuchtgerichtſchrei-
bern/ anzumelden/ vnnd ſolches keines wegs zuverhaͤlen/ bey
gleicher ſtraff/ gegen dem Häler/ ſo wol als gegen dem Thaͤter
ſelbſten/ vorzunem̃en: hiengegen dann einem jeden ſolchem An-
bringer/ der ſechſte theil der ſtraff ſoll gelüffert werden.
Beſchließlichen/ iſt niemanden durch obiges verbottẽ/ ſichLVI.
Reyß-auff- vnd
außzuͤg Kley-
der/ ob vnd wie
Sie frey ſeind.
inn auff- vnd außzuͤgen/ oder auch vnder dem Reyßen/ einer
andern vnnd beſſern Kleydung/ als ſonſten zugelaſſen/ zuge-
brauchen/ doch/ daß ſolche Kleyder nicht/ dann zu jetzermelten
zeiten angetragen/ vnd auch darinn kein ſtraffbarer vberfluß
verſpuͤrt werde.
Vnd
[56]Der Statt Straßburg
Wann dieſe
Ordnung ſolle
angehen.
Vnd dieſe vnſere Kleyder Ordnung/ ſoll jhren anfang neh-
men/ auff Oſtern deß nechſt angehenden 1629. Jahrs/ immit-
tels würd ſich ein jede Perſon vnſerer Angehoͤrigen/ jhrer Kley-
LVIII.
Vnder welchem
Grad ein jede
Perſon begrif-
fen.dung halben darnach zurichten wiſſen: Vnd wer etwan zweiffel
hat/ in welchem Grad vñ Stand/ Er ſambt den ſeinigẽ begrif-
fen/ der mag ſich darvber bey vnſern Zuchtrichtern oder deren
Beampten/ die derentwegen ſonderbahren befelch haben/ noth-
wendigen berichts erholen/ dahien menniglich hiemit gewieſen
ſein ſolle.
TITVLVS IX.
Allmueßen Ordnung.
Mißbrauch des
Allmußens.
WJe ſonſten ins gemein/ bey jetzigen letzten vnd boͤſen
zeiten/ alle Suͤnd vñ Vntugend faſt auff den eüßer-
ſten Grad geſtiegẽ/ alſo iſt auch die geſchwinde Arg-
liſtigkeit/ zum Mißbrauch deß Heyligẽ Allmuſens
bey vielen/ vnder dem ſchein der Armut/ dergeſtalt eingerißen/
daß guten theils die Chriſtliche Stifftungen vnd Spenden/ ſo
nur den rechtdürfftigen zu beſtem gemeint/ vñ außgegeben wer-
den ſollen/ auff muthwillige/ faule/ vnd laſterhaffte Leut/ die
jhre vnwuͤrdigkeit meiſterlich verdecken koͤnnen/ vnwißend ver-
II.wendet werden. Dann was vnder dem taͤglichen Allmueßen-
heiſchen auff den Gaßen vnnd vor den Thuͤeren der Haͤußer/
von Manns- vnd Weibsperſonen/ jungen vnd alten/ frembden
vnd heimiſchen/ fuͤr vielfaltige vngebuͤehren vnderlauffen/ da
zum oͤfftermahl daß liebe Allmueßen empfahen/ die entweder
Leibs vnd Alters halben zur Arbeit geſchickt/ die Arbeit aber
auß lauterer Faulkeit fliehen/ oder ſonſten durch falſch erdich-
tete vorgeben jhren Bettelſtab alſo bementlen/ daß dardurch
den wahren Armen/ breſthafften vnd duͤrfftigen/ daß Allmuſen
entzogen/ daß Brot gleichſam vor dem Mund/ wie man redt/
abgeſchnitten/ vnnd zugleich auch ein gemeine Burgerſchafft
mercklich beſchwert würd: daß iſt alles nur zuviel bekand/ vnd
ſo weith eingerißen/ daß wir bey verfaßung/ dieſer Policey
Ordnung/ auch deß orts/ eine beſſerung einzuführen/ vnd nechſt
erholung deßen/ ſo der Allmuſen halb in vnſerer Kirchen Ord-
nung fol. 365. verſehen/ auch andere vnſere vnd vnſerer lieben
Vorfahren/
[57]Policey Ordnung.
Vorfahren/ vor Jahren außgangene wolgemeinte Satz- vnd
Ordnungen/ das Allmußen beruͤhrend/ volgender maßen zu-
erfriſchen/ fuͤr rathſam vnd nothwendig/ angeſehen.
Da wir dann zuvordriſt hettẽ wuͤnſchen moͤgen/ es werenIII.
Vollkommene
verbeſſerung/ iſt
an jetzo nicht
zuerheben.
die jetzige zeiten vnd leufft/ alſo gethan/ daß zu einer vollkom̃e-
nen verbeßerung vñ gäntzlicher abſchaffung deß Bettlens auff
den Gaßen/ wie ane andern orten die loͤbliche anſtalt gemacht/
alſo auch in dieſer Statt zugelangen were: Aber die langwirige
Thewrung/ vnderſchiedliche Mißwaͤchs/ vñ vornemblich das
vieljaͤhrige Statt- vnd Landtverderbliche Kriegsweſen/ vnd
dann die auß ſolchem allem/ vervrſachte große menge der Ar-
men/ in Statt vnd Landt/ Wollen fuͤr dißmahl nicht zugeben/
dz wirdem werck/ angedeuter maßen/ remedirẽ koͤnten/ ſondern
wir muͤßen Vns auch hierinn/ in die beſchwerlichen zeiten ſchi-
cken/ jedoch alſo/ daß weder dem armẽ Lazaro/ die gebuͤhr entzo-
gen/ noch dem vndürfftigen/ die vnnuͤtzliche huͤlff gethan werde.
Vnd ſeind wir aber nicht gemeint/ durch dieſe Ordnung/IV.
Dieſe Ordnung
beruͤhrt nicht
die Hoſpitalien
vnd Siechen-
haͤußer.
einige aͤnderung bey den Allmußen/ Deß mehreren Spi-
thals/ deß Wayßenhaußes/ deß Blatterhaußes/
deß Boßenhaußes/ deß Guetleuthaußes/ oder
auch ſoviel die ſtewr vnd vnderhaltung der armen Schuler/ vndArme Schuler/
vnd Exulanten/
wo ſie ſich anzu-
melden.
Exulanten/ zu S. Marx/ vnd S. Wilhelm anlangt/ einzufuͤh-
ren: Sondern wir laſſens ſelbiger orten/ bey den wolverfaßten
Ordnungen vnſerer lieben Vorfahren/ vñ künfftigen nutzlichen
anſtellungen/ bewenden: Verſehen Vns/ erinneren auch hiemit
ernſtlich/ es werden vnd ſollen jeden orts geordnete Pfleger vnd
Beampte/ jhre vns geleyſtete ayd trewlich vnnd fleißig in acht
nehmen/ vnd crafft deren/ nach muͤglichkeit/ was dem Allmußen
vorſtendig vñ nutzlich/ befuͤrderen/ was ſchaͤdlich vnd nachthey-
lich/ wenden vnd verhüeten helffen.
Eygentlichen vñ vornemblich/ iſt dieſe vnſere verordnungV.
Sondern daß
Bettlẽ auff den
Gaßen.
angeſehen/ den mißbrauch vnd vbelſtand/ deß Bettlens/ auff
den Gaßen der Statt/ ſo weit thunlich/ abzuſchaffen: Jn wel-
chem dañ ein nothwendiger vnderſcheid/ vnder Heimiſchen vnd
Frembden Bettleren zuhalten ſein will.
Die Heimiſchen/ erſtlich belangend/ beſtehet dz vornem̃ſteVI.
Heymiſche a[r]-
men/ wie Sie
warhafftig zu-
erkuͤndigen.
auff einer genugſamen vnd warhafften erkuͤndigung/ wer/ vnd
welche Perſonẽ/ vnder den Jnwohnerẽ dieſer Statt/ deß Allmu-
Hſens
[58]Der Statt Straßburg
ſens wurdig od’ vnwuͤrdig ſeyen: Solche erkuͤndigung iſt zwar
von altem hero ane die Kirchſpielpfleger zu S. Marx/ vnd vor
die verordnete Schoͤffen der zwantzig Zuͤnfft gewieſen: weiln
man aber darinnen nun ein zeithero/ ſonderlich auff den Zünff-
tẽ/ nicht mit dem fleiß vñ ernſt/ wie die nothturfft der ſachen wol
erfordert/ verfahren/ vnd dardurch anlaß zu vielem vbel/ ſo bey
geſunden jungen Leuten/ auß dem Bettel-vñ muͤßiggang zuer-
folgẽ pflegt/ gegebẽ: Als iſt dißfals einer beſſerung hoch vonnoͤ-
then/ die wir dañ auß den alten ordnungẽ/ nachſtehender maſſẽ/
vergreiffen laſſen/ vñ hienfuͤro fleißig wollen gehalten haben.
Zu S. Marx.
Vñ laſſen wir es bey dem gemeinẽ Allmußẽ zu S. Marx/
auff dem jenigen beruhen/ ſo erſt beruͤhrte Ordnungen/ die den
Kirchſpielpflegern vnd Beampten daſelbſten gegeben ſeind/ im
Buchſtaben außweißen/ welchen Sie auch/ wie in anderem/
alſo inſonderheit in erkuͤndig- vnd warnemmung der Armen/
fleißig nachgeleben/ vnd je einer den anderen zu embſiger ver-
ꝛichtung deßen/ was jhm befohlen/ gebuͤrlich erinnern ſolle.
Auff den Zuͤnff-
ten.
Auff den Zuͤnfftẽ aber/ ſollen einer jeden Zunfft Ober- vnd
Rahtherꝛn mit ernſt daran ſein/ daß je zu vierthel Jahren durch
dẽ Zunfftmeiſter vñ dz Gericht/ in gegenwart deß Zunfftſchrei-
bers vnd Buͤttels/ ein ernſtliche erkundigung/ wer vnder den
Zuͤnfftigen deß Allmußens wuͤrdig ſeye/ angeſtelt werde.
Vñ damit ſolche erkuͤndigung mit beſſerem grund geſchehe/
ſollen die jenigen/ ſo dz Allmußen begehren wollẽ/ erſtlich durch
den Buͤttel erfragt/ darauff Perſoͤnlich vorgeſtelt/ nach noth-
turfft verhoͤrt/ vñ dabey auff hienach-ſpecificirte vñ dergleichen
andere vmbſtaͤnd/ fleißige acht gegebẽ; ſonderlichẽ aber bey der
geſunden herwachſenden Jugend dahien geſehen werden/ daß
dieſelbe vom Bettel vnd der muͤßigen Faulkeit/ auch denen da-
hero entſtehenden Suͤnden vnnd laſtern abgezogen/ hiengegen
zur Arbeit/ ſchulen/ vnd handwercken/ Gott zu Ehren vnd dem
Nechſten zu dienſt/ angewießen werde.
Vnd iſt benantlichen zu betrachten/ ob die jenige Perſon/
ſo das Allmußen ſucht/
- 1. Leibs vnd alters halben zur arbeit tuͤchtig?
- 2. Ob Sie mit der Arbeit ſich vnd die jhrige zur nothturfft
ernehren koͤnne? - 3. Ob Sie Erbaren vnd Ehrlichen lebens/ oder aber dem
ſpielen/ zechen/ ſchwelgen/ oder ſonſt dem müßiggang ergeben?
4. Ob
[59]Policey Ordnung.
- 4. Ob Sie zur Kirchen vnd den H. Sacramenten komme/
auch deßen ſchein von jhrem Pfarherꝛen habe/ oder aber in Gott
vnd ruhloßem Leben dahien wandere? - 5. Ob Sie Kinder/ vnd wie viel derſelben/ auch welches al-
ters Sie habe? - 6. Ob Sie ſelbſt mittel habe/ oder bey jhren nechſten Ver-
wanthen die nothwendigkeit zu jhrer vnd der jhrigen lebens vn-
derhalt erlangen koͤnne? - 7. Wie lang Sie das Zunfftrecht habe? oder auch im Bur-
gerꝛecht vnd Eheſtand ſeye? - 8. Ob Sie beſtaͤndig bethlagerig/ oder ſonſtẽ mit einem ſol-
chen Leibsſchaden beladen/ vmb deßen willen Sie im Spithal/
oder in einem andern Siechenhauß/ vnnd nicht zu S. Marx
deß Allmußens faͤhig? - 9. Ob Sie Hund/ Schwein/ oder ander Vieh halte/ vnd
dardurch das Allmußen vnnuͤtzlich veratze? Jtem/ ob Sie in
andere wege/ wie die auch moͤchten erdacht werden/ das All-
mußen mißbrauche?
Dieſe vñ dergleichen betrachtungẽ/ werden nun den Mei-XI.
ſtern/ vnd den Gerichten auff den Zuͤnfften/ leichtlich an Hand
geben/ ob Sie die Perſon/ ſo ſich vmb das Allmußen anmeldet/
zu demſelben fuͤrdern ſollen: dann wer durch Arbeit oder ander-
wertige mittel ſich vnd die ſeinige ernehren kan/ wer Gottloßen
vnd vppigen Lebens iſt/ wer daß Burgerꝛecht nur deß Allmu-
ſens halben geſucht/ wer ſeine Kinder verſaumet/ in müßigang
lebt/ vñ durch ſein vbeles verhalten oder leichtfertigen wandel/
in Armut kommen/ Der iſt deß Allmußens vnwuͤrdig/ vnd ſoll
von den Zuͤnfften keinen Zedul empfahen.
Andere Erbare vnd from̃e Haußarme Leut aber/ die ent-XII.
weder durch vnfall in mangel gerathẽ/ oder aber Leibsſchwach-
heit vnd alters halben/ nicht mehr arbeiten koͤnnen/ oder ſonſten
mit ſo vielen Kindern geſegnet/ daß Sie dieſelben ohne huͤlff deß
Allmußens/ nicht ernehren moͤgẽ/ oder ſonſten eine ehrliche vr-
ſach jhrer duͤrfftigkeit anzuzeigen haben/ Denen ſollen von den
Zünfften nicht allein die bißher gewohnliche zeichen fuͤr den
Spital (mit welchen in allweg auch ein nothwendiger vnder-
ſcheid zuhalten/ vnd die wuͤrdigen von den vnwuͤrdigen abzu-
ſoͤndern) gegeben/ ſondern auch Zedul vñ vrkunden/ vnder dem
Pitſchafft oder gemerck deß Zunfftmeiſters/ ane die Kirchſpiel
H ijpfleger
[60]Der Statt Straßburg
pfleger zu S. Marx zugeſtelt/ vñ in ſolchen Zeduln deß Armen
Vor- vnd Nachnammen/ ſein alter vnd handthierung/ ob er in
der Ehe/ vnd wieviel Kinder er habe/ neben andeuttung der vr-
ſach/ warumb er deß Allmußens faͤhig ſeye/ vermeldet werden.
XIII.Als zum Exempel.
Anna N. jhres alters N. Jahr/ ein Wittibe/ hat N. Kinder/
kan dieſelbe vñ ſich Leibsbloͤdigkeit wegen nicht ernehrẽ/ iſt von
den verordneten der vnderſchriebenen Zunfft/ deß Allmußens
wuͤrdig geachtet. Geſchehen den N. Monatstag N. Anno N.
Vnd ohne vorweißung ſolcher Zunfftzedel/ ſollen hienfuͤro
die Kirchſpielpfleger vnd Schaffner zu S. Marx/ keiner Per-
ſon/ ſo in dieſer Statt wohnhafft/ das Allmußen daſelbſten vol-
gen laſſen/ damit nicht/ wie etwann geſchehen/ ſelbigen orts von
frembden genoßen werde/ was allein den verbuͤrgerten vnnd
Zünfftigen zu beſten gemeint iſt.
Solte ſich auch begeben/ daß den verordneten der Zunfft/
die anzeig einer oder der anderen Perſon/ ſo das Allmußen be-
gehrt/ verdaͤchtig were/ oder Sie ſonſten keine genugſame wiß-
enſchafft von jhrem Leben vnd wandel haben koͤnten: So ſollen
Sie jhnen mit ernſt angelegen ſein laſſen/ durch ſcharpffes zu-
ſprechẽ vñ fleißige nachfrag/ oder wol gar/ da von noͤthẽ/ durch
einnehmung deß Augenſcheins/ die wahrheit zuerkuͤndigen/ vñ
ſich muͤglichſt zubearbeiten/ dz allein die wahre duͤrfftige Armen
zum Allmußen gelaſſen/ vnd aller mißbrauch verhuͤetet werde.
Ob nun zwar ſolche erkuͤndigung vnnd außtheilung der
Zettul/ bey etlichen Zünfften anfangs etwas muͤheſam ſein
moͤchte/ So iſt doch hiengegen der nutz/ ſo gemeine Burger-
ſchafft davon haben wuͤrd/ deſto groͤßer/ vnd darumb die muͤhe
weniger zuachten/ welche ſich auchmercklich erleüchtern kan/
wañ nicht allein gleich aufangs durch die Zunfftſchreiber/ vber
ſolche Perſonen/ ein fleißiges Buch gehalten/ ſondern auch daſ-
ſelbige jedes vierthel Jahr ergaͤntzt würdt. Dann nicht genug
iſt/ daß durch die verordnete der Zuͤnfft/ die wuͤrdigen vnd rech-
ten Armen/ jetzgeſagter maßen anfangs erkuͤndiget/ vnd zum
Allmußen befuͤrdert werden: Sondern es muͤßen vñ ſollen die-
ſelben noch ferners/ je zu vierthel Jahren/ wie gemeldet/ zuſam-
men kommen/ vnd von einer jeden Perſon/ die das Allmußen
genießet/ abſonderlich red halten/ ob Sie deſſelbẽ noch wuͤrdig/
oder nicht wuͤrdig ſeye? vnd alsdann die vnwuͤrdigen nach S.
Marx
[61]Policey Ordnung.
Marx geſchrieben geben/ damit daß Allmußen jhnen genom̃en/
vnd allein den wuͤrdigen gereicht werde. Vber welchen vierthel
Jhaͤrigen erkuͤndigungen/ daß Sie ja nicht eingeſtelt werden/
die Ober-vñ Rahtherꝛen/ mit allem fleiß zuhalten/ nachmahln
erinnert/ auch zumahl vnſeren Zuchtrichteren hierin gebuͤhr-
liches mitauffſehen zuhaben/ befohlen ſein ſolle.
Wer nun alſo von den Zuͤnfften nach S. Marx gewießenXVII.
wuͤrd/ deme ſollen die Kirchſpielpflegere daſelbſten daß woch-
entliche Allmußen luͤffern laſſen/ nach anweiß jhrer ordnungen
vnd befindung der vmbſtaͤndt.
Es ſollen auch die jenige/ ſo dieſes Allmußen kuͤnfftigXVIII.
Heymiſche ſoll
Spangen tra-
gen.
empfahen werden/ es ſeye Mann/ Weib/ oder Kind/ niemand
außgenommen/ (es geſchehe dann auß erheblichen vrſachen/
vnd ſonderbahrer verguͤnſtigung der Kirchſpielpfleger zu S.
Marx) ein Zeichen/ die ſpang genant/ offentlich/ vnd jederzeit
an ſich tragen/ dabey man Sie erkennen moͤge: Wer ſolches
nicht thut/ oder die ſpang verbuͤrgt/ vnnd nicht offentlich ſehen
laſſet/ wie bißhero vielfaltig geſchehen/ deme ſoll das Allmuſen
abgekuͤrtzt/ vnd nicht mehr gegeben werden.
Jngleichem/ ſollen daß Allmußen verliehren/ die jenige/ ſoXIX.
Heymiſche/ war
durch ſie daß
Allmußen ver-
liehren.
ſich entweder in Wuͤrthshaͤußern beim Zechen/ oder auff den
Spielplaͤtzen im ſpiel/ oder ſonſten in anderer leichtfertigkeit
vnd Laſteren/ oder in muthwilligem muͤßigang vñ mißbrauch
deß Allmußens/ betretten laſſen.
Jtem die jenige/ ſo wißen daß jhre mit Armen/ die ſpangen-XX.
gen nicht wie ſein ſoll/ tragen/ vñ aber ſolches verſchweigen vnd
nicht anzeigen/ dann dißfals je ein Armer den andern/ gegẽ den
Allmußenpflegern vnd Beampten zuruͤegen/ ſchuldig ſein ſoll.
Jtem die/ ſo von zeit dieſer Ordnung an/ entweder ſelbſten/XXI.
oder durch jhre Kinder/ in der Statt vmbwanderen/ auff den
Gaßẽ/ oder vor den Häußerẽ/ oder auch bey den Leichtbegeng-
nußen/ bettlen werden: dañ wir ſolches bettlen hinfuͤhrobey den
Leichten gantz nicht; auff den Gaßen vñ vor den Haͤuſern aber
niemanden/ als den jenigen zu verſtatten gedencken/ die deßweg
von den Kirchſpielpflegern zu S. Marx ſonderbare vrkunden
haben werden. Jedoch iſt dardurch den hienachernantẽ Stiff-
ten/ Cloͤſtern vñ Ortẽ/ als/ S. Johañ/ Teutſchnhauß/ Jungn-
vnd Altn S. Peter/ S. Margrethẽ/ S. Mariæ Magdalenæ
oder der Rewerin/ vñ dem mehrern Spital/ jhre gutthaͤtigkeit
H iijgegen
[62]Der Statt Straßburg
gegen den Armen/ in reichung der Allmußen vor die Thuͤren
vnd Porten/ wie bißhero geſchehen/ alſo auch ins kuͤnfftige zuer-
XXXII.
Heymiſche die
vrkunden von
S. Marx habẽ/
moͤgen zweymal
in der wochen
vor dẽ Haͤußern
bettlen.zeigen/ ohngewehrt.
Vnd hat es aber mit erſtangedeuten S. Marx vrkuͤnden/
dieſe meinung: Nemblichen/ wann die Kirchſpielpflegere ver-
nemmen/ daß ein Arme Perſon/ mit dem gewohnlichen Allmu-
XIII.ſen zu S. Marx/ entweder wegen viele der Kinder/ krancken
Leibs oder anderer vrſachen halber/ nicht beſtehen koͤnte/ vnd
aber doch auch dem Allmußen ein weiters/ als gewohnlich iſt/
zureichen/ zu ſchwer fallen wolte/ ſo ſolle derſelben armen Per-
ſon/ ein Zedul/ darauff S. Marxſchilt getruckt/ vñ deß armen
nam̃en vñ alter geſchriebẽ ſtehet/ gegebẽ/ vñ jhro dardurch zwey
mahl in der wochẽ/ nemblichen am Dinſtag vñ Sambſtag von
XXIV.zwoͤlff-biß vmb fünff vhren abends/ in der Statt vmbzugehn/
vnd vor den Haͤußern das Allmußen zubitten/ erlaubt ſein.
Vnd damit aller falſch vñ argeliſt ſo viel muͤglich vermit-
ten werde/ auch jederman wißẽ moͤge/ ob die armen/ ſo vmb jetz-
gemelte zeit in der Statt vmbwandern vñ daß Allmußen ſuchẽ/
die jenige ſeyen/ die deßen wuͤrdig geacht/ vnd Zedul empfangen
haben/ ſo ſollen Sie ſolche Zedul offentlich vorweiſen vnnd die
XXV.Allmußen Voͤgt vnd Knecht darauff fleißige acht nemmen.
Welche/ da Sie jemanden von heimiſchen/ der hierinn ge-
fehrde braucht/ betretten wuͤrden/ den ſollen Sie/ wañ es junge
Buben vnd Mägdlein/ entweder alsbalden ins Stattwerck
(davon hievnden mehrere meldung geſchehen ſolle) oder aber in
Bettelthurn fuͤhren: die alten aber den Kirchſpielpflegern vnd
Schaffner zu S. Marx geſchrieben geben/ die mit ſolchen nach-
habenden Ordnungen zuverfahren. Vnd alſo ſolle es auch zu
andern zeiten in der wochen/ wañ ein heimiſcher auff der Gaßen
XXVI.
Allmnßen
Knecht ſoll nie-
mand belaidigẽ
noch hindern.bettlend gefunden wuͤrd/ gehalten werden.
Damit auch die Allmußen Voͤgt vnnd Knecht/ jhr Ampt
deſto fleißiger verꝛichten moͤgen/ ſo ſolle denſelben meñiglich vn-
ſerer Burger/ Jnnwohner vñ Angehoͤrigen/ in jhrẽ verꝛichtun-
gen kein eintrag thun/ Sie darinn nicht hindern/ noch mit wor-
ten oder wercken beleydigen/ daß meinen wir ernſtlich/ bey ſtraff
nachermäßigung: Falls aber jemand vermeint/ daß võ dẽ Be-
amptẽ gegen den Armen anders/ dañ billich/ gehandlet wuͤrde/
der mag es den geordneten Kirchſpielpflegern anzeigen/ die wer-
den verſchaffen/ daß ſolches verbeſſert werde/ vñ vermitten blei-
be. Vnd bißher von Heimiſchen Armen.
An-
[63]Policey Ordnung.
Anlangend die Frembden armen/ ſo in dieſer Statt daßXXVII.
Frembde arme
Leut.
Allmußen vor den Haͤußern bettlẽ/ iſts zwar an dem/ daß ver-
moͤg der Reichs Policey Ordnung/ die Obrigkeiten verſehung
thun ſollen/ daß jede Commun jhre Armen ſelbſt ernehre vnd
vnderhalte/ dahero auch den frembden/ nach clarem Jnhalt ge-
ſagter Policey Ordnung/ nicht geſtattet werden ſolte/ jhres ge-
fallens dem Bettel hien vñ her nachzuziehen: Weiln aber auch
darinn die bekante Confuſion eingerißen/ deren wir vnſers orts
allein nicht genugſam begegnen koͤñen: Als haben wir dißfals
die folgende verſehung/ biß auff ein allgemeine Reichs verbeße-
rung/ thun wollen.
Vnd iſt an deme/ daß ſolche frembde Armen/ die in hieſſigerXXVIII.
Land: vnd
Straßenbettler
ſeind abzuwei-
ſen.
Statt dem Allmußen nachgehen/ entweder Handwercksgeſel-
len/ oder arme Landleut ſeyen: (dañ die Straßenbettler/ ſollen
nach bißherigem vnſerem verbott/ auch hienfuͤro an den Thorn
durch die Wachten/ auffgehalten/ vnnd nicht in die Statt ge-
laſſen werden.)
Die Handwercksgeſellen/ wollen wir nun hiemit denXXIX.
Arme Hand-
wercksgeſellen/
wo Sie huͤlff
zuſuchen.
Handwercken/ ſolche mit der vnderhalt allhie/ oder einem Zehr-
pfenning zuverſorgen heimgewießen/ vñ Sie die Handwercks-
gellen ſelbſten/ ſich vor dem bettel zu huͤeten/ gewarnet haben:
Dann wuͤrde ſich einer vber daß/ ſo er von der Meiſterſchafft/
auß handen deß Zunfftmeiſters oder Stubenvatters/ oder ſon-
ſten/ zu ſtewr erlangt/ geluſten laſſen/ in der Statt vmbzugehen
vnd zu bettlen/ der ſolle gleich den Landleuten/ durch die Bettel-
voͤgt oder Knecht auffgefangen/ vnnd ins Stattwerck zur ar-
beit gefährt werden.
Allen andern frembden Bettlern/ ſie ſeyen/ jung oder alt/XXX.
Sollen nicht
auff Gaßen
bettlen.
geſund oder breſthafft/ Mann- oder Weibsperſonen/ ſoll das
bettlen auff den Gaßen vñ vor den Häußern allhie/ es geſchehe
mit betten/ ſingen/ pfeiffen/ oder wie es were/ hiemit gäntzlich
verbotten/ vnd gewehrt ſein: Jedoch alſo/ daß keiner derſelben/
ohne anderwertige huͤlff gelaſſen werde.
Dann ſoviel die Frembde krancke/ vnnd breſthaffte an-XXXI.
Arme krancke
Landleut in
Hoſpitatien zu-
fuͤhren.
langt/ ſollen dieſelbe dem herkommen gemaͤß/ an gebuͤhrende
ort/ als da ſeind/ der Spithal/ daß Blatterhauß/ die Boß/ ꝛc.
verſchafft vnd jhnen daſelbſten Raht vnd huͤlff gethan;
Die frembde/ geſunde vnd ſtarcke aber/ jung vnd alt/ ohneXXXII.
Arme geſund-
Landleut ſollen
vnderſcheid/ ſollen entweder im Stattwerck zu arbeiten ange-
wießen/
[64]Der Statt Straßburg
im Stattwerck
arbeiten.wießen/ vñ in der elenden Herberg der Ordnung nach zur noth-
turfft geſpeißt/ oder da Sie halßſtarꝛig/ laſterhafft/ faul vnd
trutzig/ zur Statt hienauß gewießen; So dann was Frembde
XXXIII.
Arme Weiber
mit jungẽ Kin-
dern zu S.
Marx weißen.vnargwoͤhniſche arme Leut ſeind/ die ſich allhie nicht auffhalten
wollen/ Wie auch die Frembden armen Weiber mit ſaͤugenden-
oder ſonſt gar jungẽ Kindern/ Die ſollẽ nach S. Marx gefuͤhrt/
daſelbſten mit einer ſtewr vnd zehrpfenning verſehen/ vñ damit
vortgeſchickt; vñ dann die arme Pilgr am/ nach inhalt der alten
Ordnungen/ in ſpeiß vñ gelieger vnderhalten werden. Wer alſo
vnder frembdẽ Bettlern einmahl auß der Statt gewießen ſein
wuͤrd/ vnd aber/ wie die erfahrung gibt/ bald darauff widerumb
herein kumbt/ vnd dem Bettel nachhängt/ gegen deme/ wann er
betrettẽ wuͤrd/ ſoll man ermelte alte Ordnungen der Allmußen-
pfleger vnd Beampten zu S. Marx/ wuͤrcklich vollziehen.
Wie es mit
dẽ Stattwerck
beſchaffen.
Mit obangedeutem Stattwerck/ ſo hienfuͤro ſoll angericht
vñ dabey die Arbeiten/ nachbeſchaffenheit der Perſonen/ außge-
theilet werden/ hat es nun die meinung gar nicht/ daß man dar-
durch den Armen verſtoßen/ oder von dieſer Statt gantz abtrei-
ben wolte/ ſondern es würd vielmehr dardurch demſelben die
Hand gebotten/ die geſunden vom ſchaͤdlichen muͤßiggang zur
Arbeit gebracht/ vnd mancher an Leib vnd Seel gewonnen.
Frembde vnd
Heymiſche/ vnd
alſo alle Arme
haben hulff.
Vnd iſt alſo an dem/ daß ſich nunmehr/ bey dieſer anſtalt/
ein jeder vnſerer Burger/ Hinderſaßen vnd Angehoͤrigen kan
verſicheren/ daß kein armer/ er ſeye Frembd oder Heymiſch (al-
lein die Heymiſchen außgenom̃en/ ſo am Dienſtag vnd Samb-
ſtag nachmittag/ wie oben geſagt iſt/ mit den Marxzeduln vor
den Haͤußern betteln moͤgẽ) vrſach oder fueg zum heiſchen auff
den Gaßen vnd vor den Thuͤren haben koͤnne. Sintemahl die
Krancken in den Hoſpitalien; die Junge vñ Vnmündige zu S.
Marx vnd im Wayßenhauß; arme Handwercksgeſellen bey
den Zuͤnfftẽ duͤrfftige Studentẽ zu S. Wilhelm/ S. Marx/ ꝛc.
vnd alle andere geſunde Arme/ die der ſtewr würdig/ entweder/
ohne arbeit/ wen Sie heymiſch bey dem großen Allmußen/ oder
wen Sie Frembd/ gegen leiſtung der arbeit/ in der elenden Her-
berg/ raht huͤlff vnd vnderhalt empfahen.
Bettlen bey den
Leichbegaͤng-
nußen verbottẽ.
Darumb wir dann auch/ bey ſo beſchaffener ſachen/ daß
bißherige Bettlen bey den Leichten/ (welches mit großem vn-
ordentlichem vbelſtand/ bevorab in vornehmer Leut Leichtbe-
gaͤngnußen/ oͤffters geſchehen/) allerdings verbieten/ zugleich
auch allen
[65]Policey Ordnung.
auch allen vnſeren Bettelvoͤgten vnnd Allmußenknechten/ ge-
biethen/ daß Sie die armen Leut/ Heymiſch oder Frembd/ ohne
vnderſcheid/ die ſich alſo bey den Begraͤbnußen vnd Leichtbe-
gängnußen/ Bettelshalben erzeigen/ gebuͤhrlich abweißen/
vnd wer ſich von hieſigen Armen/ nicht wolte guͤetlich abweißen
laſſen/ den oder dieſelben den Kirchſpielpflegern oder Beamp-
ten zu S. Marx/ geſchrieben geben/ vnd namhafft machen ſol-
len/ damit ſolchen vngehorſamen/ daß Allmußen/ Crafft vn-
ſers gebotts hieoben §. 12. je nach gutachten der vorgeſetzten/
gantz oder zum theil entzogen werde.
Vnd moͤgen aber die Laidigen/ wie auch andere PerſonenXXXVII.
Andere mittel/
die Armen/ nach
gehaltenẽ Leich-
ten zubedenckẽ.
die etwañ bey ſolchen fällen/ jhre gutthaͤtigkeit gegen den Armẽ
ſpuͤren laſſen/ das jenige/ was Sie nach bißheriger gewohn-
heit bey den Leichtbegängnußen außgeben hetten/ entweder zu
S. Marx/ oder in der Elendẽ Herberg/ oder auff den Zuͤnfften/
oder ſonſt jhrem belieben nach/ durch die Beampte vnd Vorge-
ſetzte ſelbiger orten/ oder auch durch Perſonen/ die Sie ſelbſt
darzu erbetten/ voͤllig oder getheilt/ vor-vnder- oder nachgehal-
lener Leichtbegaͤngnuß außſpenden laſſen: Dann wir ins ge-
mein/ dem Armen nichts entziehen/ vielmehr alle vnſere Ange-
hoͤrige/ zu vermehr- vnd befuͤrderung deß Allmußens ermah-
nen/ vnd allein die vnordnung vnd mißbräuch dabey muͤglichſt
verhuͤten wollen.
Wañ man nun deß beſchwerlichen Bettlens in der StattXXXVIII.
Erinnerung/
dem Allmußen
mit der wochent
lichen ſtewr zu
huͤlff zukom̃en.
vor den Thuͤren/ vnnd außerhalb der Statt bey den Leichten/
geſagter maſſen wuͤrd koͤñen befreyet ſein: Vnd aber gleichwol
dieſe newe anſtalten auch newe außgaben bey den Allmußen
vervrſachen: So würd ein jeder Burger vnd Einwohner die-
ſer Statt/ hiemit Vätterlich erinnert/ Sie wollen/ wann die
von alters hero geordnete Buͤchſen vnd ſchwartzen koͤrb/ woch-
entlich vmbgehen/ bey ſolcher ſamblung/ dem newen Allmußẽ/
mit ergloͤcklicher ſtewr zu hülff kom̃en/ vnd dariñ ſich ſo Chriſt-
lich/ reichlich vnd mitleidenlich erzeigen/ wie ein jeden der Goͤtt-
liche befelch/ vñ das ſchuldige mitleiden gegen dem armen Mit-
Chriſten/ ſo auch/ nach vnſers lieben getrewen Gottes vielfal-
tiger zuſag/ nicht ohnvergolten bleibt/ anweiſet.
Geſtalten wir dann nicht zweiffeln/ es werden alle vnſereXXXIX.
Angehoͤrige ſo wol bey jetzgemelter wochentlichẽ ſamblung/ als
Jauch
[66]Der Statt Straßburg
auch ſonſten durch andere weg ſich dergeſtalt er zeigen/ daß dem
newen Allmußen geholffen/ vnnd dieſe ſo wolgemeinte verord-
nung/ den Armen zu troſt/ der Burgerſchafft zur erleuchterung/
vnd dann vornemblich Gott zu ehren/ koͤnne erhalten werden.
Zu welchem ende wir auch an vnderſchiedlichẽ orten/ Allmußẽ
Buͤchſen auffhaͤngen laſſen/ vnd dardurch den Frembden/ ſo in
dieſe Statt kommen/ den armen jhre hülffliche vnd mitleidende
Hand beyzureichen anlaß gegeben/ auch den vnſerigen derent-
wegen gebührliche erinnerung zuthun/ befohlen haben.
TITVLVS X.
Von Juden vnnd derſelben/
wie auch andern Wucherlichen contracten
vnd Handlungen/ So dann von Monopolien
vnnd Fuͤrkaͤuffen.
Vrſach deß Ge-
botts wider die
Juden.
ALs auch auß den alten Cronicken vnd Geſchichtbuͤ-
chern offenbar/ was geſchwinder/ gefaͤhrlicher vnd
blutdurſtiger Practicken/ anſchlaͤg vnd vbelthaten/
bey dieſer Statt/ die Juden vnd deren angehoͤrige/
wie ſonſten zu mehrmahln/ alſo vornemblich zu der zeit/ da Sie
derſelben beywohnung entſetzt worden/ hochſtraͤfflich vorge-
habt/ auch ins werck gericht/ wann nicht durch gnedige vnd ge-
rechte ſchickung deß Allerhoͤchſten/ das vbel ſich entdeckt/ vnd
auff jhren halß vnd rucken gewendet hette.
Vnnd dann noch heutigen tags Sie/ die Juden/ ob ſchon
nicht/ wie vor Jahren/ durch erſt angedeute grobe Mißetha-
ten/ jedoch in jhren betruͤglichen/ gewinſichtigen/ wucherlichen
vnnd eigennuͤtzigen contracten vnnd handlungen/ dergeſtalt
verfahren/ daß dardurch die Chriſten vielfaltig beſchwerd/
der ſegen Gottes verlohren/ vnnd mancher vmb alle zeitliche
mittel ins euͤßerſt verderben vnnd die bittere Armut gebracht
wuͤrd: zugeſchweigen/ daß Sie ohne das/ als vnſers einigen
Erloͤſers vnd Heylands Jeſu Chriſti/ vnnd aller deren die ſich
zu deſſen Heyligen Nammen bekennen/ offentliche vnnd ab-
geſagte Feind/ bey Chriſtlichen Gemeinen nicht leichtlich zu
dulden
[67]Policey Ordnung.
dulden/ vielmehr/ ſo viel thunlich/ zumeiden/ zufliehen/ vnd wo
muͤglich gäntzlich weg zuweißen vnd abzuſchaffen.
So haben wir auß dieſen vnnd anderen erheblichen vr-III.
ſachen/ vornemblich aber auß Oberkeitlicher vorſorg vnnd
trew/ damit wir dieſer Statt/ dero Burgerſchafft/ Vnder-
thanen vnd Angehoͤrigen/ zu befuͤrderung eines jeden ſonder-
barn wolſtands/ zugethan vnnd verwahnt ſeind/ hiemit vn-
ſerer lieben Vorfahren/ wie auch vnſere ſelbſt eygene/ hiebe-
vor wider die Juden/ deren beywohnung vnnd wucherliche
handlungen/ ergangene erkantnußen/ vnd publicirte Gebott/
bedaͤchtlich widerholen/ erfriſchen/ beſtaͤttigen vnnd zumahl
volgender maßen erleutern wollen.
Setzen/ Statuirn vnd ordnen demnach zufordriſt/ daßIV.
Kein Jud ſoll
in Straßbur-
giſchem Gebiet
wohnen.
wie bißhero/ von ohnerdencklichen Jahren/ alſo auch ins
kuͤnfftige zu ewigen zeiten/ keinem Juden oder Juͤdin/ inn
der Statt Straßburg/ deren Herꝛſchafften/ Aemptern/ Fle-
cken/ Doͤrffern vnnd orten im Landt/ ſich haͤußlich niderzu-
laſſen vnd wohnung auffzurichten/ oder Fewr vnd Rauch zu-
halten/ vielweniger ſich in Burgerliche Pflicht oder Schirms-
verwanthnuß zubegeben/ nimmermehr ſoll verſtattet noch zu-
gelaſſen werden.
Es ſolle auch allen Juden vnd Juͤdin/ in dieſe Statt/V.
Kein Jud ſoll
in Straßbur-
giſchem Gebiet
ſich auff halten
ohn Gelayd.
ohn vnſer ſonderbares Gelaid (welches doch auch ohn erheb-
liche vrſachen nicht ſolle gegeben werden) einzukommen/ vnd
darinnen ſich wenig oder viel ſtunden lang auffzuhalten/ bey
Leibs-Thurn- vnd Geldſtraff/ hiemit verbotten/ vnd Men-
niglich derſelben/ ſonderlich aber die jenigen/ die entweder vn-
der frembder vnnd verwechſelter Kleydung/ oder ſonſt vnder
dem ſcheinbaren vorwort/ als ob Sie fürnemmer Perſonen
Diener/ oder in der Artzney gevbte Leut weren/ hien vnd wi-
der einſchleichen/ ſich vor dergleichen beginnen zuhuͤeten/ vnd
dadurch angedeute vnſere ohnaußbleibliche ſtraffen zuentflie-
hen/ ernſtlich verwahrnt ſein.
Jngleichem gebiethen vnd verbiethen wir auch/ vnd wol-VI.
Mit Juden ſoll
niemand hand-
len.
len/ daß hienfuͤro keiner vnſerer Buͤrger/ Einwohner/ Vn-
derthanen/ Zugehoͤrigen oder verwanthen/ noch dero Weib/
Kinder vnd Geſind/ in Statt oder Landt/ mit einigem Juden
oder Judensgenoßen/ ſelbſt/ oder durch die zweyte/ dritte
J ijoder
[68]Der Statt Straßburg
oder mehrere Hand/ heimlich oder offentlich-in oder außer
vnſerer Obrigkeit/ innerhalb acht Meilen wegs/ rings vmb
dieſe Statt/ etwas handlen/ wechslen/ vertauſchen/ ver-
pfaͤnthen/ kauffen/ verkauffen/ entlehnen/ verburgen/ noch
in einige andere weg/ wie dieſelben nammen haben moͤgen/
(außerhalb was Eſſenſpeiß vmb bar Geld/ vnd die Pferd-
handlung/ davon hieunden/ betrifft) ſoll zuthun vnnd zu-
ſchaffen haben/ bey ſtraff fuͤnfftzig pfund pfenning: welche
ein jeder ſo dieſem vnſerem Ediet zuwider handlen vnd in vn-
gehorſam betretten würd/ ohnnachläßig beßern vnd abrich-
ten/ oder wol noch vmb ein mehrers am Gut: oder gar an
Ehr vnd Leib/ je nach geſtalt deß handels vnnd befundener
ſachen/ geſtrafft werden; der Jud aber ſein Geld vnd ſchuld/
wie auch das erkauffte/ erwechselte oder eingetauſchte Gut/
verlohren vnd verwuͤrckt haben ſolle.
Vnnd ſolches crafft der ſonderbarn befreyung/ welche
VII.
Kayſerliches
Privilegium
vber dieſes Ge-
bott.dieſe Statt/ von Weyland Roͤmiſchen Kayſern vnd Koͤni-
gen/ Chriſtſeelichſter meldung/ vor Jahren/ anſehnlichſt/
erlangt/ vnnd von der jetzt Regierenden Roͤm. Kayſerlichen
Maieſt Allergnedigſt beſtättigt/ dergeſtalt/ daß allen vnſe-
ren Angehoͤrigen/ die wir in Statt vnd Landt jetz haben oder
kuͤnfftig bekommen/ vnd ins gemein allen denen ſo Vns oder
den vnſerigen/ mit ayden/ pflichten oder ſonſt (als Weiber/
Kinder/ Ehehalten/ Dienſtbotten vnd Haußgeſindt) zuge-
than/ kein Jud oder Judin auff liegende/ vnbewegliche/ ci-
gene/ beſtandene oder Lehen/ noch auch bewegliche fahrende
Guͤeter/ oder andere Vnderpfandt/ Verſchreibungen/ Brieff/
Siegel/ bloße oder eydliche zuſagung/ ohn vnſer vorwißen
vnnd ſonderbare vergünſtigung/ weder mit-noch ohne wu-
cher/ wenig oder viel vorſtrecken oder leihen/ noch ſonſt mit
jhnen in einige andere weg/ heimblich oder offentlich/ ſchrifft-
oder muͤndlich/ contrahirn/ tauſchen/ handlen vnnd wechs-
len mag/ alſo/ daß alle ſolche/ ohn vnſer gutheißen vnnd be-
willigung getroffene obligationes/ Contract vnd handlungen/
fuͤr ſich ſelbſt vntauglich/ crafftloß/ todt vnd nichtig ſein/ vnd
die Juden das Hauptgut deß dargeliehenen Gelds/ ſampt
dero darauß entſtehenden ſchuld/ Vns vnd dieſer Statt ver-
fallen haben/ wie auch denſelben auff jhr oder jemands an-
ders
[69]Policey Ordnung.
ders fürfordern vnd clagen/ wider ſolch vnſer Privilegium/
keine Gericht/ vrtheilen oder erkennen ſollen/ ꝛc. Alles meh-
rern inhalts deſſelben.
Weil dann ferners dieſes verbott/ mit Juden nicht zu-VIII.
Alle vorige Cõ-
tractus mit Ju-
den werden an-
nullirt.
handlen/ bey dieſer Statt nicht new iſt/ ſondern allbereit vor
fuͤnfftzig vnnd mehr Jahren allhie außgangen/ auch noch in
Anno 1616. durch vnſere offentlich angeſchlagene Conſtitu-
tion, ernſtlich widerholt/ aber bißher nicht/ wie billich ſein
ſollen/ gehalten worden: So wollen Wir weitters/ zu deſto
mehrerer bezeugung vnſers eyfers vnd ernſts/ alle contractus,
die von zeit der publication ermelter vnſerer Conſtitution, vnd
derſelben zuwider/ zwuͤſchen vnſern Burgern/ Einwohnern/
Angehoͤrigen oder Vnderthanen an einem/ vnd Juden oder
Judensgenoßen andern theils/ geſchloßen vnnd vorgangen
ſein moͤchten/ Sie beſtehen gleich in kauffen/ verkauffen/ tau-
ſchen/ wechslen/ leihen/ oder warinn es ſonſt ſeye/ crafft
Privilegij \& Conſtitutionis, fuͤr allerdings/ vncräfftig/ nichtig/
todt vnd vngültig hiemit erkandt/ vnd gegen vnſern Burge-
ren/ Angehoͤrigen vnd Vnderthanen/ die ſich ſolcher geſtalt
vergangen vnd vns kund werden/ die verdiente ſtraffen vor-
behalten/ zugleich auch denſelbigen/ die vollzieh-vnd haltung
der Juͤdiſchen Contract, ernſtlich verbotten/ wie nicht weniger
vnſeren Gerichten/ Ambtleuten/ Voͤgten/ Schultheißen
vnnd Stabhaltern/ ſich im ſprechen vnnd befehlen hiernach
zurichten/ mit fleiß eingebunden/ aufferlegt vnnd befohlen
haben.
Doch darunder die Pferdhandlung (wie obangeregt)IX
Pferdhandlung
mit Juden/ wie
Sie zugelaſſen.
nicht gemeint/ welche wir außbewegenden vrſachen nicht al-
lein bißher wißentlich verſtattet/ ſondern auch hienfuͤro zu-
zulaſſen/ gemeint ſeind/ doch alſo/ daß zwar vnſeren Ange-
hoͤrigen in Statt vnd Landt/ von Juden/ Pferd zukauffen/
zu tauſchen vnd zuentlehnen vngewehrt/ ein jeder aber/ der
dergleichen kauff oder tauſch treffen vnd ſchließen wuͤrd/ ſolchen
in der Statt/ den verordneten Roßvnderkaͤuffern/ vnnd
auffm Landt/ vnſeren Ambtleuten/ ohnverzuͤglich anzuzei-
gen/ auch bey den Ambt-vnnd Gerichtsſchreibern verzeich-
nen zulaſſen/ bey ſtraff zwantzig pfund pfenning/ ſchuldig
ſein ſolle.
J iijWelcher
[70]Der Statt Straßburg
Juden ſollen in
Straßburgi-
ſchem Gebieth
auch nicht mit
Frembden hand
len.
Welcher Jud oder Juͤdin auch/ entweder auff ſonderbares
Gelaid in die Statt gelaſſen/ oder in vnſerm Gebiet auff dem
Landt/ die Wochen- vnd Jahrmaͤrck beſuchen würden/ die ſollen
ſich in jhren verꝛichtungen/ nicht allein gegen vnſeren Angehoͤ-
rigen/ ſondern auch gegen frembden Perſonen/ geſagter maſſen
verhalten/ vnd außer deßen/ was jhnen der Pferd vnnd Eſſen-
ſpeiß halben hieoben gegoͤnt iſt/ ſonſten in keine handlung/ wie
die nammen haben moͤchte/ mit Frembden ſo wenig als mit den
vnſerigen/ in vnſerer Statt vnnd Gebieth einlaſſen/ bey ern-
ſter ſtraff nach ermaͤßigung/ die wir beedes gegen den Juden
vnnd den Frembden/ ſo mit denſelben contrahirt/ vornehmen
wollen/ darnach ſich Menniglich zurichten.
Wucherliche
Contrãct der
Chriſten ver-
botten.
Wann auch bißhero vielfaltig geclagt worden/ daß nicht
die Juden allein/ ſondern wol gar etlich der genanten Chriſten/
durch manigfaltige wucherliche Contraͤct/ wider Gott vnnd
Recht/ vnziemlich handlen vnd darinn mit heimlichem vortheil
vnd verſchlagener Boßheit/ alſo zuverfahren wiſſen/ daß ſolch
ohn Chriſtliches weſen/ vnd ſtraffbare vbel/ entweder vertuſcht/
vnd in der ſtill verdeckt bleibt/ oder doch mit ſcheinbarn vnd ge-
faͤhrlichen griffen/ nammen vnnd worten/ argliſtig bementelt/
beſchoͤnt vnd der ſtraff entzogen würd.
Vnnd aber wider dergleichen ohnzuläßige handlungen/
ſo wol in Reichs Abſchieden vnnd Policey Ordnungen/ allbe-
reit vor langen Jahren/ als auch durch theils der Elſaͤßiſchen
Staͤnd/ vnnd darunder auch vnſere geehrte Vorfahren/ in
Anno 1552. wie nicht weniger/ in volgenden zeiten/ bey dieſer
Statt/ zu vnderſchiedlichen mahlen/ wolbedachte vnnd heil-
ſame verordnungen geſchehen: So woͤllen Wir ſolche jetzange-
deute verordnungen/ gebott vnd verbott/ ſo weith ſich dieſelben
auff jetzige zeiten vnnd laͤufft richten laſſen/ hieher widerholt/
vnd damit allen vnſeren Angehoͤrigen in Statt vnd Landt/ ſich
aller wucherlichen vnd Juͤdiſchen Conträct/ vnd handlungen/
ſie geſchehen gleich mit abnehmung vnbillicher wochentlicher
oder Jährlicher Zinß/ fuͤr außgeliehene Gelder/ Guͤeter/ Haͤu-
ſer vnnd Wohnungen/ oder mit vberſetztem vnnd verthewrtem
Anſchlag der Wahren vnd Victualien/ oder mit vnerlaubtem
vorthelhafftigem tauſch vnnd genießung koſtbahrer fahrender
oder
[71]Policey Ordnung.
oder ligender Guͤter gegen einer außlag Gelts/ Oder durch
auffrichtung falſcher- vnnd ſcheinverſchreibungen/ da einan-
ders gehandelt/ vnnd einanders in verſpruch vnd obligation
gebracht wuͤrd/ Oder mit vnerlaubter auffrechnung/ Zinß
auff Zinß/ von geliehen Geltern/ Oder wie es ſonſten dem
Geitzigen/ zu ſeinem Wucherlichen vortheil/ dem armen
Mann aber zu euͤßerſtem ſeinem verderben/ vorgehen vnnd
jmmer erdacht werden moͤchte/ gaͤntzlich vnd allerdings zu-
enthalten/ ernſtlich befohlen/ auch zugleich wolmeinend ge-
warnt haben: Dann welcher vnſerer Angehoͤrigen deßen
ohnerachtet/ dergleichen inn Gottes wort/ den gemeinen
Rechten vnnd Reichs Satzungen/ verbottene handlungen/
ohnziemliche Contractus Pacta vnnd Partiten/ vornehmen/
ſchließen vnnd darvber betreten wuͤrde/ den wollen Wir je
nach befindung/ durch confiſcation eines gewißen theils/
oder wo der exceß gar zu groß/ deß gantzen Guts/ mit
deme er alſo Wucherlich gehandelt/ oder ſonſten an Gelt/
Ehr/ oder Leib haͤrtiglich ſtraffen/ vnnd deßen keinen ſchul-
digen/ entlaſſen.
Wir wollen auch noch weiters alle Monopolia/ be-XIII.
Monopoliavñ
Fuͤrkauff ver-
botten.
truͤgliche/ gefährliche vnnd vngebuͤhrliche Fuͤrkaͤuff/ bey
denen/ inn Reichs Conſtitutionibus, angekuͤndeten Poenen/
hiemit ins gemein verbotten/ inſonderheit aber die oban-
gezogene Elſäßiſche Policey Ordnung vom Jahr 1552. we-
gen der Victualien/ deren Fuͤrkauffs/ vnnd verfuͤrwortung
wie volgt/ widerholt/ vermehrt vnnd erclaͤrt haben.
Nemblichen/ es ſolle hienfuͤro keiner vnſerer Burger/XIV.
Einwohner/ Hinderſaßen vnnd Vnderthanen inn Statt
vnnd Landt/ keinen Wein/ vor dem Herbſt/ vnd an den
Reben/ auch keinen Samen vnnd Fruͤchten/ vor der
Ernd/ vnd auff dem Feld/ vmb ein benanten gewißen preiß
kauffen/ verkauffen/ eintauſchen/ durch auß: vnd vorleih-
ung Gelts/ oder ſonſt auff andere weiß vnnd weg/ erhand-
len/ auch niemands anders in ſeinem nammen ſolches thun
laſſen/ noch daran theil vnd gemein haben: Sondern wer dem
armen
[72]Der Statt Straßburg
armen Landtmann auß mittleiden/ vor der Ernd- vnd Herbſt-
zeiht/ auff Früchten vnd Wein/ geld liehen/ Wahren geben/
vnnd huͤlff laiſten will/ der ſolle es thun auff den gemeinen
Schlag oder den mitlern kauff vnd wehrt/ wie die nach der
Ernd vnd Herbſt gemacht/ vnd im Landt gaͤng- vnd vblich
ſein werden: Welcher darwider handelt/ vnnd hierunder eini-
gen vortheil/ argliſt/ gefahr oder betrug braucht/ den wol-
len wir/ er ſeye Burger/ Vnderthan oder Hinderſaß/ nach
befindung der ſachen/ vnnd anderen zum abſchew/ ernſtlich
am Leib vnd gut abſtraffen.
Jn gleichem/ wollen wir Menniglichen vnſerer Angehoͤ-
rigen/ wolmeinent erinnert haben/ ſich in fuͤr- vnd einkauff-
ung der Fruͤchten vnd Weins/ es ſeye gleich alſo balden nach
Ernd- vnnd Herbſt- oder zu andern zeiten deß Jahrs/ alſo
zuerzeigen/ daß es ohne beſchwerd des Nechſten/ vnnd ver-
vrſachung muthwilliger erſteigerung geſchehe: Dann ſolte
hienfuͤro jemand/ wer der were/ durch all zu große vnnd vor
dieſen zeiten vnerhoͤrte käuff an Früchten vnnd Wein/ die
Monopolia pflantzen/ eigennützigen vortheil ſuchen/ vnnd
dadurch anlaß zur thewrung vnd auffſchlag geben/ der ſolle
als ein Wucherer vnnd Fürkäuffer/ nach Jnhalt der Recht
vnd Reichs Ordnungen/ ohnnachlaͤßig geſtrafft werden.
Wie wir auch den jenigen mit der ſchärpffe abzuſtraf-
fen gemeint ſeind/ der auß lauterm Geitz vnnd inn hoffnung
eines mehrern gewinns/ die Victualien/ ſonderlich aber die
lieben Fruͤchten/ ſo lang hinderhaltet/ biß Sie zu ſchaden ge-
hen/ verderben vnd zu nichts werden.
Wir widerholen hiemit ferners/ vnſere hiebevor zuer-
haltung deß offenen freyen vnnd failen Marcks in Victua-
lien/ vnderſchiedlich/ ſonderlich/ aber in Jahren 1621. vnd
1622. außgangene Mandata: Wie nicht weniger die juͤnge-
re Ordnungen/ deß Korn-Wein-Holtz-Fiſch- vnnd Vieh-
marcks/ vnnd andere dergleichen/ welche vnſeren lieben ge-
haimen Mit Rahts Freuͤnden den Fünzehen befohlen ſeind/
darvber Sie auch ernſtlich halten/ vnnd jeweiln nach gele-
genheit der zeithen vnd laͤufft/ aͤnderung dabey vornemmen/
vnnd alles das jenige befehlen vnnd verſchaffen werden/ ſo
gemeiner
[73]Policey Ordnung.
gemeiner Statt vnd deren Angehoͤrigen nutzlich/ auch an ſich
ſelbſten Recht vnd billich ſein würd.
Vnnd zu ſteiffer manutenentz alles obſtehenden/ Gebie-XVIII.
Ruͤger vber
dieſe Gebott.
then Wir ſchließlichen/ allen vnſern Amptleuten/ Voͤgten/
Schultheißen/ Heimburgern/ Geſchwornen/ Gerichtsleuten/
Ampt- vnd Gerichtsſchreibern/ auch Rahtsbotten/ Herꝛen-
knechten/ Thurnhuͤetern vnd ins gemein allen vnſeren beaydig-
ten Stattdienern/ in vnd außerhalb dieſer Statt/ auff alle ob-
beſchriebene mißhandlungen/ Sie geſchehen von Juden oder
Chriſten/ ein wachendes Aug zuhaben/ vnd was jhnen dieſer
vnſerer Ordnung/ gebott vnd verbott zuwider vorkombt/ vn-
ſern verordneten Zuchtrichtern oder deren Beambten ohnver-
zuͤglich anzuzeigen.
Wir wollen auch mit gleichem ernſt/ daß alle vnd jede vn-XIX.
ſere Burger vnd Angehoͤrige/ auff den fall Sie etwas dieſem
Mandat zuwider vernehmen/ ebenmaͤßige anzeig thun/ vnnd
ſich zu abwend- vnd verhuͤetung deß hochſchaͤdlichen Wuchers/
nichs ſollen jrꝛen/ noch wendig machen laſſen: Dann wie Wir
auch dißfalls den Häler vnnd Thaͤter mit einer ſtraff zu-
belegen/ ernſtlich gemeint/ Alſo wollen wir hinge-
gen/ dem Anbringrr den ſechſten theil der
ſtraff ohnfehlbarlich reichen vnd
zuſtellen laſſen. Darnach ſich
Menniglich zurichten.
(?)
TITVLVS
[74]Der Statt Straßburg
TITVLVS XI.
Von verfaͤlſchten Wahren/
wie auch von Falliten vnd Banckerottiereren.
ES geben beedes die gemeine beſchriebene Recht/ vnd
deß Heyligen Reichs Conſtitutiones vnnd Policey
Ordnungen/ allen Obrigkeiten gewiße maß vnnd
ernſtlichen befelch/ daß Sie bey den Commercien
vnd Kummerſchafften/ auff alle falſche vnd betruͤgliche Wah-
ren/ mit fleiß achtung nehmen/ die einſchleiffung derſelben fuͤr-
kommen/ vnd die verbrechere deßwegen mit gebuͤhrenden ernſt-
lichen ſtraffen anſehen vnd belegen ſollen. Dahero vnſere liebe
Vorfahren vñ Wir/ bey vorigen zeiten/ vnderſchiedliche Man-
data/ wider dergleichen betruͤgliche vnnd faͤlſchliche beginnen/
außgehen laſſen/ welche wir zum theil/ nach volgender geſtalt/
hiemit erfriſchen vnd widerholen wollen.
Gebott der zu-
viel gereckten/
geſtreckten vnd
falſch gefãrbten
Tuͤcher halben.
Gebieten darauff nachmahln/ nach Jnhalt vnſers Man-
dats/ de Anno 1580. allen denen ſo ſich deß Tuchhandels an-
nehmen/ daß Sie ſich der zuviel vnd wider Ordnung gereckten
vnd geſtreckten/ oder auch falſch geferbten Tuͤcher/ gaͤntzlich ent-
halten/ dieſelben künfftig allher nicht fuͤhren/ oder bringen/ noch
in einigen weg in vnſerer Obrigkeit/ ſtucks- oder Elenweiß ver-
kauffen/ außſchneiden/ einſchleiffen/ oder ſonſt zuverhandthie-
ren vnderſtehn/ ſondern ſich deren als einer verbottenen vnd vn-
zuläßigen Wahr/ gäntzlich abthun/ jhre handthierungen den
Reichs Ordnungen gemäß anrichten/ vnd ſich aller vnerbaren
vbervortheilung/ allerdings enthalten ſollen/ als lieb jhr jedem
ſein mag/ nicht allein die Poen der confiſcation/ angeregter ver-
verbottenen vnd verderbten Wahren/ ſondern auch andere ge-
buͤhrende ernſtliche ſtraff zuvermeiden: Dafuͤr wir hiemit
Menniglichen verwarnen.
Gebott wegen
deß weiß geſote-
nen Kupffers.
Jn gleichem erholen Wir vnſer Gebott vom Jahr 1587.
vnd wollen das gefaͤhrliche Kuͤnſtlen/ da ſich etliche vnderſtan-
den/ oder noch vnderſtehn moͤchten/ daß Kupffer/ weiß- vnd
darauß
[75]Policey Ordnung.
darauß ſolche Arbeit/ von Geſchirꝛen/ Schawpfenningen/
Beſchlägen vnd anderm Geſchmeid/ zumachen/ das es das an-
ſehen/ als ob es juſt vnd gut Silber were/ dadurch der gemeine
Mann/ ſonderlich auff dem Landt/ offters betrogen vnnd zu-
ſchaden gebracht worden/ hiemit gaͤntzlich verbotten haben/
dergeſtalt/ daß Niemand in dieſer Statt vnd dero Obrigkeit/
Er ſeye wer er wolle/ Frembd oder Heimiſch/ hienfuͤro ſolch
weiß Kupffer machen/ mit einem zuſatz verarbeiten/ noch feyl
haben/ kauffen oder verkauffen ſolle/ bey Leibs ſtraff vnd ver-
luſt der Arbeit/ gegen den vbertrettern/ je nach geſtalt der ſachen
mit ernſt fuͤrzunehmen/ darnach ſich ein jeder zurichten.
Als Wir auch im Jahr 1626. wargenohmen/ daß inIV.
Gebott wider
leichte vnd ver-
faͤlſchte Silber
geſchirꝛ.
bereitung deß Silbergeſchirꝛs/ vnd anderer von Silber zuge-
richter arbeit/ ſo von Frembden orten/ inn hieſige Meßen ge-
bracht wuͤrd/ vielerley gefehrde vnnd vortheil in dem geſucht
ſeye/ daß ſchlagloht mit eingemiſcht/ vnnd was vmb ein oder
etlich batzen zugering hältig/ doch in hoͤchſtem werth vnd preiß
verkaufft worden: So erfriſchen Wir vnſere ſo wol damahln
als auch volgends in Anno 1627. außgangene Mandata/
vnnd wollen/ daß hienfuͤro keine Silber/ für gut vnnd gerecht
ſollen geſchaͤtzt/ gehalten vnd allhie verkaufft werden/ Sie ſeyen
dann der allhieſigen Prob/ vnd dem new auffgeſetzten vnd Ap-
probirten Stämpfel/ wegen der dreyzehen loͤtigen Silber/ ſo
neben anderen nunmehr im Reich fuͤr paßierlich gehalten vnd
verkaufft werden/ in allem gleich- vnd der geſtalt/ juſt vnd gut
befunden/ daß Sie nach der Schawer erkandtnuß/ vnd jhrer
geſchwornen Ordnung/ wie bißhero vblich geweſt/ moͤgen ge-
zeichnet vnnd auff genohmen werden/ fürs ein: Wir wollen
auch ferners alle Silberkraͤmer/ Frembde vnd Heimiſche/ hie-
mit alles ernſts/ erinnert vnd vermahnt haben/ daß Sie keine
andere als redliche vnd gute Silber/ ſo vnſerer oder doch ober-
melter Prob gemaͤß vnd aͤhnlich/ in jhre Kraͤm auffhencken/
feyl biethen vnd verkauffen/ vnd ſich aller frembder geringhaͤl-
tiger vnd erſtgeſagten Proben/ vngleicher Wahr/ gaͤntzlich ent-
ſchlagen ſollen/ alles bey ſtraff der confiſcation vnd anderen/
nach befundenen vmbſtaͤnden/ ernſten Leibs vnd Geld ſtraffen/
ohnaußbleiblich.
K ijWann
[76]Der Statt Straßburg
Gebott wegen
falſchen vnnd
frembdẽ Brand
wein.
Wannn auch nicht allein vor dieſem geclagt worden/
daß mit dem Brandenwein/ allerhand vortheil vnnd be-
trug/ in dem vorlauffe/ daß auß Fruͤchten/ Biertruſen
vnnd anderen ohnzuläßigen ſachen/ dergleichen zubrennen
vnderſtanden/ vnnd dadurch ehrliche/ ohnwißende Leut/
vielfaltig erfährt vnnd hindergangen ſeyen/ ſondern man
auch etwann noch heutigen tags/ mit beſchwerden/ erfahren
muß/ daß außländiſche/ frembde vnnd vngerechte Brand-
wein/ eingeſchleifft/ vnnd vnder dem gerechten Elſaßiſchen
vnnd Rheiniſchen gut/ zugleich wollen verkaufft werden/
zu merckiichem nachſtand der jenigen/ ſo mit gerechter Wahr
vnnd Kauffmannsgut zuhandlen begehren: Vnnd aber de-
rentwegen durch ein offentlich angeſchlagenes Mandat/ all-
bereit im Jahr 1603. gewiße verſehung geſchehen: So ha-
ben wir daſſelbige/ gleich dem obigen/ erfriſchen vnnd nach-
volgender maßen erleutern wollen. Gebiethen demnach
von Obrigkeit wegen hiemit/ daß Menniglichen/ ſo ſich
dieſer Statt mit kummerſchafft zugebrauchen pflegt/ Er
ſeye Frembd oder Heymiſch/ ſich nicht allein deß einſchleif-
fens/ zufuͤhrens vnd verkauffens/ ſolchen falſchen/ fremb-
den vnnd vngerechten Brandenweins; Sondern auch deß
brennens der Frücht/ Biertruſen vnnd anderer ohnzulaͤßi-
ger ſachen/ dadurch dieſe Wahr geſchwaͤcht oder verfaͤlſcht
werden moͤchte/ inn hieſiger Statt vnnd dero Obrigkeit zu
jederzeit/ inn- vnd außerhalb der Meßen/ gäntzlich vnd aller-
dings enthalten ſolle/ bey Poen der Confiſcation ſolcher
Wahren/ auch Leibs vnnd anderer/ nach befindung der ver-
brechung/ vnd vervbten betrugs/ rechtmaͤßiger ſtraffen/ die
wir gegen den vbertrettern fuͤrzunehmen/ nicht vnderlaſſen
wollen.
Gebott der
Quackſalber/
Storger/ ꝛc.
halben.
Wir thun hiemit nicht weniger vnſer Mandat vom
Jahr 1626. wider die Quackſalber/ Zahnbrecher/ Stor-
ger/ Landfahrer/ vnd in Sum̃a alle die/ Sie ſeyen Frembd
oder Heymiſch/ ſo Tyriack/ Wurtzlen/ Salben/ Samen/
Pulver vnd andere dergleichen Wahr/ vnder dem ſchein gu-
ter bewehrter Artzney verkauffen/ beſtendig widerholen/ vnd
wollen/ daß ſich dieſelben/ der hieſigen Wochen- vnd Jahr-
maͤrck
[77]Policey Ordnung.
märck (die beede offene Meßen zu Johannis vnnd Weyhe-
nachten außgenommen) allerdings euͤßern vnnd enthalten
ſollen/ bey ſtraff der confiſcation jhrer Wahren/ vnnd ande-
rer Poͤnen/ die jhnen hiemit angekuͤndt/ vnd Sie zumahl ge-
warnet ſeyen.
Ob woln auch in deß Heyligen Reichs Policey Ordnun-VII.
Gebott wider
die falſche Sei-
den farb.
gen/ wie auch inſonderheit in dem Abſchied de Anno 1594.
aller falſch vnd betrug in dem Seydenferben/ ſonderlich wann
durch boͤſe/ vntüchtige/ durchfreßende/ ſchwere Materi/ die
Seiden nicht allein an jhrer Natuͤrlichen ſtärcke handgreiff-
lich geſchwaͤcht/ ſondern auch am Gewicht zwey- vnnd mehr
fach/ beſchwaͤrdt wuͤrd/ ernſtlich verbotten vnnd abgewehrt
worden: So haben Wir doch mit ſonderm Mißfallen ver-
nehmen muͤßen/ daß deme zuwider/ beedes inne- vnd außert-
halb dieſer Statt/ dergleichen vngerechte vnnd verfaͤlſchte
Seiden wahren gefunden vnnd verhandelt werden/ dannen-
hero vrſach gehabt/ ſolchem vbel ſo viel an Vns/ muͤglichſt
zubegegnen: Wie Wir dann auch zu ſolchem end/ im Jahr
1624. ein offentliches Mandat außgehen laſſen/ crafft
deßen Wir hiemit nachmahln ernſtlich gebiethen vnd wollen/
daß Niemand/ Er ſeye Frembd oder Einheimiſch/ in dieſer
Statt vnd dero Obrigkeit/ einige Seiden faͤrben/ oder aber
allbereit gefärbte/ einfuͤhren/ verarbeiten oder verhandlen
ſolle/ darzu nicht gute vnnd bey dem Seidenhandel inn den
Stätten approbirte Farb vnd Materialia gebraucht weren/
darauff wir dann auch jeweiln fleißig inquiriren vnnd nach-
forſchen laſſen/ auch die vbertrettere ſolchen gebotts vnd ver-
botts/ neben confiſcation der Wahren/ noch ferner/ nach be-
fündung der ſachen/ ohnnachlaͤßig an Leib vnnd gut abſtraf-
fen wollen.
Es wird auch geclagt/ daß mit Cleynodien vnd Edel-VIII.
Gebot wegen
der verfaͤlſchten
Cleynodien.
geſteinen/ vielerley betrug vorgehe/ inſonderheit in dem/ daß
gefaͤrbte Glaͤßer vnd Duppletten von zwey oder drey ſtucken/
oder andere falſche Steyn/ fuͤr gute Orientaliſche Wahr
verkaufft/ vnnd denſelben durch allerhandt argliſtige Kuͤnſt/
der ſchein vnd glantz alſo gegeben werde/ daß dardurch beedes
die vnerfahrne/ vielfaͤltig/ vnnd auch wol etwann die jenige/
K iijdie
[78]Der Statt Straßburg
die bey dieſer handlung herkommen/ beteuſcht/ vbervortheilt
vnd zu ſchaden gebracht werden/ welches vbel/ wie Wir berich-
tet/ vornemblich von andern orten in hießige vnſere Statt
gebracht/ vnnd nicht wenig dadurch vervrſacht ſein ſolle/
daß ſolche Frembde in gold verſetzte Wahren/ entweder von
theils vnſerer Burger/ ſo dieſer ſachen vnverſtändig/ auff
mehrſchatz erkaufft/ vnnd widerumb verkaufft/ Oder durch
die Frembden ſelbſten/ mit Guͤmpelweibern vnd Kaͤufflern/
in der Statt vmb- vnd feyl getragen werden.
Wann Wir dann auch dißfals/ aller vngebuͤhr/ muͤg-
lichſt begegnen ſollen/ als thun Wir nicht allein/ hiehero wi-
derholen/ den alten Articul/ ſo vnſere liebe Vorfahren/ den
Goldſchmiden dieſer Statt vor Jahren gegeben/ crafft deßen
keiner derſelbẽ/ einige geferbte Chriſtall/ ſo gemacht ſeind/ gleich
den Saphiren/ Rubinen/ Schmaragden/ Amathiſten/ oder
andern Edelgeſteinen/ noch auch einiges Glaß/ daß von Far-
ben den Edelgeſteinen gleichet/ noch ſonſten einigerley falſche
Stein/ in Gold verſetzen ſolle/ es ſeyen Ring/ Spangen/
Halßband/ nichts außgenommen/ ſo von Gold gemacht/ bey
ſtraff zehen pfund pfenning/ vnd verliehrung deß Handwercks:
Sondern Wir wollen noch ferners/ daß hienfuͤro niemanden
vnſerer Burger/ Hinderſaßen/ vnnd Angehoͤrigen/ darunder
auch inſonderheit alle Kaͤuffler/ vnnd Kaͤufflerin verſtanden
werden/ keine Cleynodien vnd Edelgeſtein/ Sie ſeyen in Gold
oder ſonſt verſetzt/ nicht feyl haben/ viel weniger verkauffen
ſolle/ Sie ſeyen dañ zuvor von den verordneten vnd Geſchwor-
nen Schaweren/ nach anweiſung alter Articul beſichtigt/ gut
befunden/ vnd abgeſchätzt/ bey ſtraff der confiſcation vnd noch
darzu zehen pfund pfenning/ die ein jede Perſon/ ſo darwider
handelt/ ohnnachlaͤßig erlegen/ oder ſo Sie deß Gelts nicht
hette/ darfuͤr im Thurn nach vnſerer ermäßigung buͤßen ſolle.
Gebott/ wider
falſche Wahr
ins gemein.
Jns gemein/ verbiethen Wir allen ohnzulaͤßigen vortheil/
liſt/ falſch vnd betrug/ der in kauffen oder verkauffen/ bey Spe-
cereyen/ Victualien vnd allen andern Wahren/ wie die nam̃en
haben/ von Handwercks- oder Gewerbs Leuten/ oder ſonſt ins
gemein/ von was Perſonen das geſchehe/ auch auff was weiß
vnd
[79]Policey Ordnung.
vnnd maß ſolches vorgienge/ ſich jmmermehr/ dem betrieger zu
ſeinem ohnerlaubtem gewinn/ dem Nechſten aber zu vorſetzli-
chem ſchaden/ vnd dem gemeinen nutzen zu nachtheil/ zutragen
vnd begeben koͤnte: Wollen auch vnſere hier zu beſtelte ſonder ba-
re Auffſehere/ Kieſere/ Schawer/ oder wie Sie nammen haben
moͤchten/ ſambt vnnd ſonders/ jhrer Aydt/ Pflicht vnnd Ord-
nungen trewlich erinnert/ Menniglichen aber ſich vor ſchaden
vnd ſtraff zuhuͤeten ernſtlich verwarnt haben: Dañ wir alle die
jenige ſo ſich in dergleichẽ argliſtigem betrug vñ falſch/ in dieſer
Statt vnd dero Obrigkeit/ werden finden oder betretten laſſen/
Sie ſeyen Fremd oder Heymiſch/ ohne vnderſcheid/ nicht allein
mit confiſcierung der Wahren/ ſondern noch ferners/ je nach be-
ſchaffenheit der vmbſtaͤndt/ mit anderen harten ſtraffen/ an Ehr
Leib oder Gut/ anſehen vnnd belegen wollen: darnach ſich ein
jeder zurichten.
Ferners widerholen Wir/ wider die vorſetzlichen FallitenXI.
Altes Staͤtü-
tum wider die
Falliten.
vnnd Banckerottierer/ den von vnſern geehrten alten Vorfah-
ren bedaͤchtlich auffgeſetzten Articul/ der alſo lautet.
Wer hynnan fuͤrder mit ſinem Libe/ oder mit ſinem Gute “XII.
dieſe Statt rumet/ oder in eine Friheit entwichet/ ſchulde “
halb/ vnnd den Luͤten jr gut empfuͤret/ der oder die/ ſollent “
jhr Schoͤffel ampt verloren han/ vnnd nimmer kein Schoͤffel “
zu Straßburg me werden: Dañ die Statt jr ſachen billich mit “
glaublichen/ ſtatthafftigen/ erbarn Lüten beſetzt vnd außtreit/ “
vnd ſollent auch der Meiſter noch Ammeiſter ſemliche Lüte nit “
troͤſten vber der ſchuldener wille. Es ſollent auch Meiſter vnd “
Raht dieſelben Luͤte/ nach dem vnd die ſachen für ſie komment/ “
fuͤrhant nemmen/ es ſye zu ſtraffen/ oder ſuſt/ was Sie truw- “
ent/ nach der ſache gelegenheit/ daß der Statt Straßburg/ “
Rich vnd Arm darinne wohnent/ erlich/ nutze vnd gut ſy. “
Wie nun billich nach außweißung der Reichs PoliceyXIII.
Auff was Per-
ſonen ſolches ei-
gentlich zuvere
ſtehen.
Ordnung/ vom Jahr 1577. ein nothwendiger vnderſcheid ge-
macht wuͤrd/ vnder den jenigen/ die gefaͤhrlicher vnnd betruͤgli-
cher weiß/ etwan mit vbermaͤßigem Pracht/ vnnd anderm vn-
ordenlichem weſen/ in verderben kommen/ vnnd banckerott
machen: Vnd vnder denen/ welchen ohn vorſetzlichen Betrug/
entweder an Leib oder Gut/ ohnverſehener kundlicher ſchad/ ge-
faͤngnuß/ abſchaͤtzung/ raub/ ſchiffbruch/ oder andere verderb-
liche
[80]Der Statt Straßburg
liche vnfaͤll zugeſtanden/ dadurch Sie in ſchulden gerathen vnd
die genugſame mittel zur zahluug verlohren. Alſo iſt auch obi-
ger alter Articul auff dieſe nicht/ ſondern auff jene (deren ſchäd-
liche Handlungen/ in vorermelter Reichs Policey Ordnung/ ei-
nem diebſtall verglichen/ vnd dem gemeinen Nutz fuͤr nachthei-
lig gehalten werden) zuverſtehen/ vnd zwar mit volgender vn-
ſerer erleuterung vnd vermehrung:
XIV.
Vermehrung
der ſtraffen/ wi-
der die Falliten.Nemblichen/ daß ſo wol die jenige ſo Schoͤffel/ als die ſo
nicht Schoͤffel ſeind/ vnd als obſteht betruͤglicher weiß bancke-
rott machen/ auff den Zünfften znruck ins Buͤchlin/ vnder ein
ſondere Rubric der Vnſtatthafften/ geſchrieben/ vnd jedesmahl
wann die Zuͤnfftige beyſam̃en/ zu letſt/ offentlich abgeleſen wer-
den/ auch jhnen vnd jhren Weibern/ gold/ ſilber vnd ſeiden zu-
tragen/ nicht erlaubt ſein ſolle/ fuͤr eins: So dañ vnd ob ſchon/
XV.zum anderen/ die Weiber bey den Fallimenten/ beedes in den ge-
meinen/ vnnd vornemblich in vnſern Stattrechten/ gewiſſe be-
helff vnnd vortheil erlangt: Jedoch weil die erfahrung jelenger
je mehr an tag gibt/ das durch jhr/ der Weiber/ praͤchtiges
Haußhalten/ vñ andere mitthuͤlff/ die Sie zum verderben deß
Manns kuͤndlich vnd dapffer zuleiſten pflegen/ das banckerott
vnnd verderben oͤfftersvervrſacht/ oder doch befuͤrdert werde:
So ſoll in ſolchen Fällen/ das Weib nicht allein/ Crafft vnſerer
Conſtitution von vngeer btem außgehen/ de Anno 1552. die
gutthat der abtrettung verlohren haben/ vnd vmb die gemach-
te ſchulden zu einem dritten theil hafft vnd buͤndig ſein/ ſondern
Wir wollen Vns auch gegen dergleichen Weibsperſonen/ noch
fernere andung;
Wie auch gegen den Banckerottierern ſelbſten/ die ſchaͤrpf-
fere Leibsſtraffen/ mit ewiger Gefaͤngnuß/ oder ſonſten mit of-
fentlicher ſchmach/ vnd in andere weg/ je nach beſchaffen-
heit der ſachen/ künfftig gehoͤriger orten vornemmen
zulaſſen/ hiemit vorbehalten/ vnnd dadurch
Menniglichen gewahrnt haben.
TITVLVS
[81]Policey Ordnung.
TITULUS XII.
Spiel Ordnung.
AVß der taͤglichen erfahrung iſt zuerken-I.
Spielen iſt
ein Vrſach
vielen vbels.
nen/ was groſſes vbel vnnd leidts/ daß vbermaͤſſige
vnnd vielfaͤltige Spielen vervrſacht/ als dardurch
mancher/ zu Schwoͤren vnd Fluchen/ zu Rauffen/ Schlagen/
Verwunden vnd Morden/ zu Vntrew/ Abtrag vnnd Dieb-
ſtahl/ zu betrug vnd vnerbarn Thaten/ zur duͤrfftigkeit vnd ar-
mut/ ja wol etwan gar in bettelſtab mit vnſchuldigem Weib
vnd Kindt/ gebracht wuͤrdt/ der ſich ſonſten/ vnnd ohn dieſe ver-
derbliche anlaß deß Spielens/ wol eines beſſern erinnert/ vnnd
bey ehrlichem Standt vnd Weſen hette bleiben koͤnnen: So
wollen wir abermahlen nach dem Exempel vnſerer lieben Vor-
fahren/ hiemit alle vnſere Angehoͤrige vnd Jnwohner hieſiger
Statt/ vor ſolchem Laſter trewlich gewarnet/ vnd die vor Jah-
ren bey dieſer Statt deßweg außgangene Mandata/ Satz-
vnnd Ordnungen/ nachfolgender maſſen erfriſcht/ erlaͤutert/
vnd beſtaͤttigt haben.
Thun demnach zuvorderſt alle falſche/ wie auch die Liſt-II.
Spiel die
verbotten.
lins- vnd Gluͤckſpiel/ die allein auff liſt/ betrug vnnd dem blin-
den Gluͤck beſtehn/ vnd entweder mit Wuͤrfflen vnnd Karten
geſpielt werden/ oder abermit Gluͤckhafen/ Gluͤckcirculen/ vnd
dergleichen anſtalten/ ohn vnſer ſonderbare erlaubnuß/ geſche-
hen/ allerdings verbieten/ vnnd ſeind ernſtlich gemeint/ durch
vnſere geordnete zucht Richter/ (die wir in dieſen vnd folgenden
Puncten hiermit Jhrer Eyd vnd Ordnungen erinnern) bedes
gegen denen/ die dergleichen Spiel uͤben vnd vornehmen/ vnd
dann denen/ die darzu huͤlff vnnd vorſchub thun/ die verdiente
Geldt: Thurn: vnd andere Straffen/ nach ermaͤſſigung vnd
befindung/ ohnfehlbar vornehmen zulaſſen.
Andere Erbare Spiel aber/ die entweder zu vbungIII.
Spiel die er-
laubt.
vnd bewegung deß Leibs dienen/ oder aber zu auffmunderung
deß Verſtandts/ vnd ſonſt zu erlaubter ergoͤtzlichkeit gereichen/
wollen wir (weil dardurch etwann andere Suͤnden vnd La-
L
[82]Der Statt Straßburg
ſter verhuͤtet werden) jedoch mit volgender maß/ zugelaſſen vnd
erlaubt haben.
IV.
Wie Spie-
len erlaubt.Naͤmblichen/ es ſollen ſolche Spiel nicht taͤglich/ vnd mit
verſaumnuß deß beruffs/ auch nicht vmb gewinns willen/ ſon-
dern je etwann vnd doch ſelten/ allein kurtz weil vnd luſtshal-
ben/ getrieben werden: Dann wuͤrde jemandt vnder den vor-
nembſten vnd vermoͤglichſten vnſerer Angehoͤrigen/ (wer ge-
ringern Standts vnnd Weſens/ ſoll auch geringer Spielen/
oder die verdiente Straff erwarthen) auff einen Sitz/ oder in
einem Tag/ etliche Gulden/ vnd wie etwann vor dieſem geſche-
hen/ biß in fuͤnff/ zehen/ zwantzig/ fuͤnfftzig/ Hundert vnnd mehr
Gulden verſpielen/ oder auch dem Spielen zuviel/ vnnd mit
verlaſſung ſeines Ampts vnd beſſerer Geſchaͤfft obligen/ vnd
gleichſam ein Handwerck darauß machẽ wollen: Der ſolle dar-
uͤber zu red geſetzt/ dem gewinner ſoviel/ als er gewonnen/
vnd dem verliehrer/ ſoviel als er verlohren/ vnnachlaͤſſig abge-
nommen/ vnd dieſelben noch darzu mit andern Straffen/ nach
ermaͤſſigung vnſerer zucht Richter ernſtlich belegt; wie nicht
weniger/ die jenigen/ in deren Haͤuſern vnnd Herbergen/ (es
ſeyen Ballen: Balbier: Baſteten: Wuͤrths: privat: oder
andere Haͤuſer/ wie ſie nahmen haben/ (ſolches Spiel vorgan-
gen/ oder die ſonſten darzu geholffen/ zur willkuͤrlichen Straff
V.gezogen werden. Doch Herꝛenſtandts Perſohnen/ vnd an-
dern vornehmen frembden Leuthen/ die etwann zu Meeß- vnd
anderen zeiten/ in vnſerer Statt ſich etlich taglang auffhalten/
vnder ſich ſelbſten Jhrer gelegenheit nach zuſpielen/ hiemit vn-
benommen.
VI.
Wann ſonſt
erlaubte ſpiel
verbotten.Es ſollen auch ferners ſolche Spiel/ die ſonſten geſagter
maſſen erlaubt ſeind/ nicht vorgehen/ an den Sonn: Feſt:
Bett: vnd Feyrtaͤgen vnder den Predigten/ auch nicht in der
Heyligen zeit der Charwochen/ ingleichem nicht nach der
Nachtglocken/ welche am Sommer zu Zehen/ vnnd am
VII.
Wo/ ſonſt er-
laubte Spiel
verbotten.Winter zu Neun Vhren Abendts geleitet wuͤrdt. Wie
auch nicht auff offener Gaſſen/ vnnd gemeinen plaͤtzen/ in-
ner- oder Auſſerhalb der Statt/ Dann ſolche zeiten vnd ort/
wollen wir nach anweiſung obangezogener alten Ordnun-
gen/ vom Spiel allerdings befreyt; Auch zumahl allen
Tag
[83]Policey Ordnung.
Tagloͤhnern/ Handtwercksgeſellen/ Knechten vnd Maͤgdten/VIII.
Wem ſonſt
erlaubte ſpiel
verbotten.
Jungen Knaben vñ Maͤgdlin/ in vnſerer Statt/ vmb Geld zu-
ſpielen (ein erbare Wettung vnd andere kurtzweil ohne Gelts
verluſt/ oder etwann vmb eine Maß Wein/ hierinn nicht ge-
meinet) gaͤntzlich abgeſtrickt vnd verbotten/ vnnd alle Eltern/
Vormuͤndere/ Herꝛ- vnd Meiſterſchafften/ auch die Stuben-
Vaͤtter in den Herꝛbergen der Handtwercksgeſellen/ vnnd ins
gemein alle Vorgeſetzte/ auff die jhrige dißfalls fleiſſige acht zu-
geben/ dieſelben vom Spiel abzuwarnen/ oder wa warnen
nicht helffen will/ vnſern verordneten zucht Richtern/ oder de-
ren Beampten gebuͤhrlich anzumelden/ ernſtlich erinnert ha-
ben: alles bey der Thurn-Geldt- vnd anderen Straffen gegen
den vbertrettern/ ohnfehlbar zuvolziehen.
Vnd weil aber die leydige Spielſucht/ bey vielen dieff ein-IX.
Erinnerung
ins gemein.
gewurtzelt/ vnd daher zubeſorgen/ daß die Liebhaber dieſes La-
ſters/ auff alle moͤglichſte mittel vnd weg/ durch die Sie jren ge-
faͤlligen willen vnnd freyes Spiel erhalten koͤnnen/ gedencken
werden: So erklaͤren wir vns zum Beſchluß/ wann jemandt
der vnſerigen/ mit gefaͤhrlichem vorſatz/ entweder durch muth-
willige verkehr- vnd außdeutung der wort/ oder durch erfind-
vnd practicierung newer liſt vnd raͤnck/ oder durch heimbliche
auffhalt- vnd verhaͤhlung der Spieler/ oder in dem/ das das
Spiel in frembden orten/ die nicht in vnſerer Bottmaͤſſigkeit
ſeind/ geuͤbt were/ oder/ wie es ſonſten geſchehen moͤchte/ jhme ei-
nen ſchein/ behelff/ vnnd bemaͤntelung deß Spiels halben/ wi-
der dieſe vnſere Ordnung ſuchen wolte/ das gegen deme/ vnd
in allen faͤllen die im Buchſtaben hieoben nicht außgetruckt/
vnnd aber doch vnſerer hierinn begriffenen gemuͤthsmeynung
zuwiderlauffen/ wir die fchaͤrpffe vornemmen/ vnnd dardurch
maͤnniglich vnſer groſſes mißfallen/ ſo wir ab uͤppichem vnnd
vnerlaubtem Spiel tragen/ entdecken wollen/ Darumb ſich
ein Jeder vor dergleichen beginnen/ vnnd darauß volgendem
ſchimpff vnd ſchaden zuhuͤten/ vnnd zwar vmb ſoviel mehr ge-
warnt ſeye/ weil wir auff die vnerlaubte Spiel vnd Spieler/ ge-X.
Ruͤeger vber
dieſe Spiel-
Ordnung.
nawe auffſicht/ ſo wol durch heimliche beſtelte Ruͤeger/ Alß al-
le vnſere Statt- vnnd Almuſenknecht/ auch Gerichtsbotten/
vnd Thurnhuͤter (die wir derentwegen jhrer Eyd hiemit
erinnern) nehmen zulaſſen endtlich ge-
meint ſeind.
[84]Der Statt Straßburg
TITULUS XIII.
Von Vnfuͤegen vnnd
Schwermereyen/ auff den Gaſſen
vnd an anderen Orten der Statt/ bey
Tag vnd Nachts zeit.
I.
Gebott wider
daß Jauchtzẽ/
Jelẽ/ ſchreyen.NAch dem auch daß Viehiſche Jehlen/
Jauchtzen/ Singen/ vnd Schreyen/ auff den Gaſ-
ſen vnnd in den Wuͤrthshaͤuſeren vnnd Herbergen
dieſer Statt/ hiebevor/ ohnerachtet vnſerer außgangenen
Gebott/ vnnd etwann darauff gefolgter abſtraffungen/ be-
ſchwaͤrlich eingeriſſen/ vnnd dergeſtalt bey Tag vnd Nachts-
zeiten/ vberhandt genommen/ daß vns/ alls einer Chriſt-
lichen Obrigkeit/ ſolchem aͤrgerlichen vbelſtandt/ mit mehre-
rer ſchaͤrffe zurwiderſtehen/ obligen vnd geziemen thut:
II.So wollen wir hiermit allen vnſeren Burgern/
Schirmbsverwanthen/ Ahngehoͤrigen vnnd Jedermaͤn-
niglichen der ſich in vnſerer Statt auffhaltet/ Mann- vnd
Weibs Perſohnen/ Jung vnnd Alt/ Niemanden außge-
nommen/ Ernſtlichen gebotten haben/ ſich obberuͤhrter vn-
gebuͤhr deß Jehlens/ Jauchtzens/ Singens vnd Schreyens
auff den Gaſſen/ Plaͤtzen vnnd Straſſen/ inn vnnd auſſer-
halb der Statt/ in Wuͤrths- Schieß- vnnd Schenckhaͤuſ-
ſern/ Herbergen/ Zunfftſtuben vnnd ahn allen andern or-
then/ da Ehrliche verſammlungen gehalten werden/ bey
Tag vnnd Nacht gaͤntzlich zuenthalten. Wer darwider
thut/ den wollen wir durch vnſere zucht Richter/ mit Gelt/
Zuchthaͤußlin/ oder Thurn/ je nach beſchaffenheit deß ver-
brechens ernſtlichen abſtraffen laſſen/ darfuͤr ſich ein jeder
wuͤrd zuehůtenwiſſen. Vnd ſollen ſolches Ruͤgen/ die Schar-
waͤch-
[85]Policey Ordnung.
waͤchter vnd die heimliche Hut/ auch andere der Statt beſtelte
Knecht/ Diener/ Ruͤger vnd Maͤnniglichen.
Nicht weniger/ weilen auß dem Naͤchtlichen gaſſa-III.
Wider daß
gaßatim gehn
mit Muſickẽ
ohn erlaub-
nuß.
tim gehen mit Muſicken vnnd Spielleuthen/ viel vnglei-
ches/ wie die erfahrung bezeugt/ zueentſtehen pflegt: Wol-
len wir auch daſſelbige/ es geſchehe dann mit ſonderbarer ge-
nugſamer erlaubnuß vnd růhiger beſcheydenheit/ allerdings
verbottẽ haben: Wer anders als jetzgemeldtet/ mit einer Mu-
ſick auff die Gaſſen kompt/ der beſſert von jedem mahl dreiſ-
ſig Schilling. Darauff gleichsfals die Scharwaͤchter vnnd
heimliche Huten/ jhr fleiſſige auffſicht haben/ vnd wen Sie al-
ſo betretten/ vnſeren zucht Richtern oder deren Beampten/
ohnverzuͤglich ahngeben ſollen.
Jn gleichem verbieten wir hiemit daß Singen vnndIV.
Wider daß
Singen vnd
Pfeiffen vor
den Haͤuſern/
bey Nachts-
zeit.
Muſicieren ohne vnderſcheid/ ſo bißhero in den Faßnacht-
vnd Weyhnachtszeiten/ Nachts vor den Haͤuſeren/ von Bu-
ben vnd Maͤgdlin/ Armen Studenten vnd anderen/ vorgan-
gen/ vnnd wollen ſolches zu jetztermelten vnnd anderen zei-
ten deß Jahrs/ hiemit gaͤntzlich abgeſchafft/ auch den Bettel
voͤgten vnd Allmuſen Knechten vnnd allen beſtelten Ruͤege-
ren/ darauff acht zunemmen/ vnnd wen Sie hierwider hand-
lend befinden werden/ bey vnſeren zucht Richtern oder deren
Beampten ahnzugeben/ ernſtlich befohlen haben.
Wir widerholen auch vnſere in Jahren 1618. vnd 1623.V.
Wider daß
Naͤchtliche
Trommeten/
Reuten/ fah-
ren.
ernewerte Mandata/ wider das naͤchtliche Trommeten/ Reu-
ten/ Gutſchen vnd Wagen fahren auff den Gaſſen/ vnd ge-
bieten nachmahlen/ daß ſich in dieſer Statt maͤnniglich deß
naͤchtlichen Trummetens enthalten; daß auch auſſerhalb
Hoch- vnd Wohlgebohrner vnnd anderer vornehmer Perſo-
nen/ (denen ſolches Standts halben nicht wohl zue wehren iſt)
wie auch auſſer deren/ ſo ſchwachheit vnd Leibs halben nicht
gehen koͤnnen/ niemand/ nach Neun Vhren gegen Abendt/ in
der Statt fahren oder Reuten/ Jtem/ daß die Wuͤrth/ auch
andere vnſere Burger vnd Ahngehoͤrige/ welche Pferd in jhren
Haͤuſeren ſtehen haben/ dieſelben Nachts nicht auß den ſtaͤllen
ziehen laſſen/ nach auch das Trummeten vnnd Schieſſen
L iij
[86]Der Statt Straßburg
in jhren Behauſungen geſtatten ſollen: alles bey ſtraff Fuͤnffzig
Pfundt Pfenning/ die ein jeder ſo hier wider handlet/ vnnd bey
vnſeren zucht Richtern oder deren Beampten/ durch die Statt
diener vnd beſtelte Ruͤeger angebracht/ oder ſonſt kund wuͤrdt/
ohnnachlaͤſſig zuerlegen ſchuldig ſein ſolle.
VI.
Wider die
Nachtdaͤntz.Vnd weiln die etwan angeſtelte Nachtdaͤntz/ allerhand
aͤrgernuß/ vnfug/ nachreden/ auch wegen Fewrs vnd Liechts/
nicht wenig gefahr gebaͤren/ ſo ſollen dieſelben auch zu denen
zeiten/ da ſonſten daß dantzen erlaubt iſt/ dergeſtalt verbotten
ſein/ daß wer ohne vnſere oder vnſers Regierenden Ammei-
ſters erlaubnuß/ gegen Abent nach ſieben vhren in ſeinẽ Hauß
dergleichen ſonderbare Nachdaͤntz halten laͤßt/ zwanzig fuͤnff
pfund Pfennig beſſern; wer aber denſelben nach ſolcher zeit bey-
wohnet/ fuͤnff pfund Pfennig zur ſtraff verfallen ſein; vnd wel-
cher Spielman/ nach ſieben vhren/ zu daͤntzen auffſpielt/ mit
ebenmaͤßiger beſſerung/ auch geſtalten ſachen nach/ mit dem
Thurn/ oder anderen ohnaußbleiblichen poenen/ nach er-
maͤßigung/ angeſehen werdeu ſolle.
VII.
Wider daß
Mummen ge-
hen.Alſo ſoll auch das Verkleyden vnd Mummen gehen/ ſo
etwann bey Hochzeiten vud Gaſtereyen geſchehen/ abermah-
len/ bey ſtraff Fůnffzig Pfund Pfenning/ die ein jeder ſo ſich dar-
zu gebrauchen laßt/ erlegen ſolle/ verbotten ſein vnd bleiben.
VIII.
Wider al-
lerhand naͤcht
liche ſchwer-
mereyen/ an
Bruckẽ Brun-
nen/ Gaſſen.Wer auch bey Nachtzeit/ Brucken vnnd Brunnen auß
Muthwill beſchaͤdigt/ abwuͤrfft/ beſtelt oder vervnreinigt/ oder
Gaſſen verſperꝛt/ Faͤſſer/ Kaͤrch/ Holtz vnd anders/ in dieſelben
fuͤhret/ vnd wuͤrfft/ Sail auffſpannet/ Buͤtten vnd Faͤſſer/ mit
Waſſer vmbſchuͤttet/ vnd andere dergleichen fraͤvel begehet/ die
wegen der ſorglichen nachfolg/ groſſes vbel vervrſachen koͤnnen/
vnnd daruͤber durch vnſere Scharwaͤchter oder die heimliche
Hut oder andere beſtelte Ruͤeger betretten/ oder ſonſt vnſeren
zucht Richtern ahngeben wuͤrde/ den ſollen Sie vns dem Rhat
anmelden/ da alsdann dergleichen Mißhaͤndler je nach er-
maͤſſigung am Leib/ Ehr vnnd Gut/ ernſtlich ſollen ab-
geſtrafft/ vnd deſſen Niemanden er
laſſen werden.
TITU-
[87]Policey Ordnung.
TITULUS XIV.
Von Paßquillen/ Schmaͤh-
Schrifften/ Schandgedichten/ Verleumb-
dungen vnd Affterꝛeden.
OB wol inn gemeinen beſchriebenenI.
Paßquill
ſeind in allen
Rechten ver-
botten.
Rechten vnnd Reichs Conſtitutionibus, fuͤr-
nemblich aber inn deß Heyligen Reichs Policey: vnnd
Peinlichen Halßgerichts Ordnungen/ bey hohen Straffen/
vnd Poenen/ verbotten/ daß keiner den anderen/ was Stands
er ſeye/ oder vnder was Schein es geſchehe/ an ſeinen Ehren
antaſten/ mit Famos/ Schmaͤh- vnd Schandſchrifften/ weder
heimlich noch offentlich beſchweren/ verſchreyen/ oder dar geben
ſolle:
So haben ſich doch bey dieſer Statt jeweilen vnruͤwige
Leuth gefunden/ die aller Ehr vnnd Erbarkeit ſo fern vergeſſen/
vnd ſchmaͤhliche/ Paßquilliſche vnd Ehrenverletzliche Kupffer-
ſtuck/ Schrifften/ Bůchlin/ Zettel/ vnnd dergleichen/ hien vnnd
wider angeſchlagen/ oder ſonſten Spargirt vnd außgebreitet
haben: Daher wir/ vnd zuvor vnſere Liebe vorfahren/ (alsII.
Alte Manda-
ta wider die
Paßquill.
die auch wahr genommen/ daß auß ſolchem frefelen vbel/ an-
ders nichts/ dann vnruhe/ widerwillen/ verbitterung der Ge-
muͤther/ trennung vñ zerſtoͤrung Burgerlichen friedlichen we-
ſens vnd vertrawens/ zugewarthen/ vnd ſonſt noch mehrer vn-
rhat/ endtlich zubefahren ſein will)/ durch vielfaͤltig widerholte
Mandata/ vnnd ſonderlichen in Jahren 1524. 1526. 1550.
1581. 1590. 1592. 1602. 1620. vnd 1627. ſolchem gefaͤhr-
lichem/ vnnd in Goͤttlichen/ Natuͤrlichen/ vnnd Weltlichen
Rechten/ hochverbottenem Laſter/ nach moͤglichkeit zu ſteu-
ren/ vns euſſerſt bemůhet.
Vnd damit auch ins kuͤnfftige demſelben vmb ſo viel mehr
begegnet/ vnd hingegen gute einigkeit vnnd vertrawen zwiſchen
allen Jnwohnern dieſer Statt/ Oberen vnnd Vnderen/ deſto
kraͤffti-
[88]Der Statt Straßburg
III.
Newes Ge-
bott wider die
Paßquill/ vnd
deren verhaͤ-
ler.kraͤfftiger erhalten werde: So gebiethen wir nachmahlen al-
len denen/ denen wir von Obrigkeit wegen zugebiethen haben/
daß keiner derſelben/ ohne vnderſcheid der Perſohnen/ derglei-
chen Paßquillen/ Famosſchrifften/ Schandgedicht vnnd eh-
renruͤhrige Kupfferſtuͤck/ oder wie es nammen haben mag/ An-
deren/ Sie ſeyen wer Sie wollen/ zu verkleinerung vnd ſchwaͤ-
chung jhrer ehren/ guten nammens vnnd glimpffs/ nicht dich-
ten/ ſchreiben/ machen/ vmbtragen/ auffſchlagen/ ankleiben/ in
Gaſſen vnnd Haͤuſer werffen/ noch ſonſt in einigen weg auß-
breiten/ kein rhat/ hilff oder fuͤrſchub/ das ſolches geſchehe/ ge-
ben/ Ja was andere gedichtet/ geſchrieben oder gefertigt/ bey
ſich nicht finden/ oder doch ſolches nirgendts wohien/ als an
vnſeren jederzeit Regierenden Ammeiſter bringen ſolle/ als lieb
einem jeden ſein mag obangeregte in den gemeinen Rechten/
auch den Reichs: Policey: vnnd Halßgerichts Ordnungen/
angetrohete Leibs: oder Lebens: oder auch andere ernſtliche
ſtraffen/ nach gelegenheit befundener vbertrettung/ zuvermei-
den.
IV.
Wer Paſſ-
quillanten
angibt/ hat
danck vnd
geſchenck.Wem auch die Authores, Dichter/ oder Außſprenger
ſolcher Paßquilliſchen ſchmaͤhſchrifften/ bekandt ſeind/ der ſolle
Sie ohnverlaͤngt/ erſtermeltem jeder zeit Regierendem Ammei-
ſter anzeigen/ vnd dabey deſſen vertroͤſtet/ auch jhme hiemit zu-
geſagt ſein/ daß nicht allein ſein Namm verſchwiegen vnd in ge-
heim bleibẽ/ ſondern er noch darzu mit einer anſenhelichen gelt-
verehr (welche wir/ wann die Paßquill wider Regiments/ A-
dels/ oder andere vornehme Perſonen gereicht oder Spargirt
weren/ vermoͤg vnſerer juͤngſten Conſtitution von Anno 1627.
Fuͤnffzig Reichsthaler geſetzt ſein laſſen) begabt werden ſolle.
X.
Wer Paß-
quillanten
verhaͤlt/ wird
geſtrafft/ wie
der Thaͤter.Welcher aber ſolches nicht thun/ dergleichen auffruͤhri-
ſche Gemuͤther vnd Meutmacher/ wiſſentlich verhaͤhlen/ vnnd
ohnangezeigt laſſen wuͤrde/ den wollen wir dem Thaͤter gleich
halten/ vnnd auff erkundigung/ mit ebenmaͤſſiger ernſtlicher
Straff belegen vnd anſehen. Derwegen ein Jeder ſeiner ſelbs
gefahr halben/ hiemit/ vmb ſoviel mehr/ gewahrnt ſein wolle.
VI.
Erinnerung
wider das
Verleumb-
den vnd Aff-
terꝛeden.Nicht weniger/ iſt bißher vielfaͤltig geklagt worden/ vber
daß heimliche Verleumbden vnd Affterꝛeden/ ſo in hieſiger vn-
ſerer Statt/ faſt gemein/ an ſich ſelbſten aber ein ſolches Laſter
iſt/ welches der Allerhoͤchſte vnder ſeinen Glaubigen/ gaͤntzlich
vertil-
[89]Policey Ordnung.
vertilget vnd allerdings außgerottet haben will. Darumb wir
dann jedermaͤnniglichen vnſerer Angehoͤrigen/ ſich vor ſolchem
ſtraffbaren vbel/ fleiſſig zu huͤten/ mit Obrigkeitlicher trew er-
innern; Diejenige aber/ die dergeſtalt/ von jhrem Naͤchſten be-
ſchwerdt werden/ ahn gehoͤrigen orten vermoͤg vnſerer Ord-
nungen zuklagen/ anweiſen/ Da alsdann gegen den ſchuldi-
gen/ die verdiente ernſtliche vnd Exemplariſche ſtraffen/ ſollen
vorg enommen werden/ ohnaußbleiblich.
TITULUS XV.
Von Buchtruckern/ vnd de-
ren Verlegeren/ vnd dann von Brieff-
vmbtragern vnd Zeittungs Saͤn-
geren.
WJr erholen auch hiemit vnſere vorige Ord-I.
Nichts newes
ſoll getruckt
werden/ ohn
wiſſen vnnd
willen der O-
ber Trucker-
hereen.
nungen von Buchtruckern vnd Verlegeren deroſelben/
vnd wollen ernſtlich/ das hienfuͤhro nichts newes/ es ſeye wenig
oder viel/ ohne vnderſcheid/ (allein die Programmata vnnd
Diſputationes, ſo in vnſerer Univerſitet von den Profeſ-
ſoribus ſelbſten geſchriben werden/ außgenommen) vnder die
Preß oder in Truck kommen ſolle/ es were dann zuvor vnſeren
verordneten Ober Truckerherꝛen zur Cenſur vber geben/ vnnd
durch dieſelben revidirt vnd zutrucken erlaubt worden.
Welcher Buchtrucker/ Verleger oder Haͤndler in vnſerer
Statt/ das nicht thaͤte/ ſonderen ohn ſonderbare erlaubnus/
ichtwas in offenen Truck außgehen ließe/ der ſolle nicht allein/
die Exemplaria verlohren haben/ ſonderen noch darzu am Leib
oder guth/ je nach befindung der Sachen/ haͤrtiglich geſtrafft:
Auch auff dergleichen Vbertretter/ durch vnſere Zuchtrichter/II.
Obertrucker-
herꝛen ſollen
alle newe Bü-
cher vnnd
Schrifften
ſelbſt oder
durch andere
Cenſurirn.
vnd deren beſtelte Ruͤegere/ ein fleiſſiges vnd wachendes Aug
gehalten werden.
Vnd damit erſtgedachte Obere Truckerherꝛen in Cenſur
vnnd erſehung aller ſolcher Schrifften vnnd Buͤcher/ nicht
M
[90]Der Statt Straßburg
zuviel beſchwerdt/ vnd etwann dadurch andere jhnen obligen-
de gemeiner Statt geſchaͤfft gehindert werden/ So ſoll denſel-
ben hiemit gegoͤnnt ſein/ entweder ſelbſten/ die Sachen zuerwe-
gen/ oder ſo Sie es noͤtig zuſein ermeſſen wuͤrden/ bey vnſerer
Cantzley/ der Statt Rhatgeben vñ Officianten/ oder auch bey
der Univerſitet die Profeſſores, ſonderlichen aber die zu je-
derzeit beſtaͤttigte Decanos Facultatum, zur hilff zuziehen/
vnd je nach vnderſcheid der materien/ einem oder dem anderen
die reviſion auffzutragen/ auch nach dem ſolche vollbracht/ de-
ren meinungen anzuhoͤren/ vnd nach befindung zuſchlieſſen.
III.
Kein Buch-
trucker ſoll
dem Andern
etwas nach-
trucken.Was dann nun einem oder dem andern Buchtrucker o-
der Verleger/ ſolcher geſtalt zutrucken erlaubt wuͤrdt/ das ſoll
jhme/ krafft vnſers in Anno 1619. außgangenen Mandats/
keiner vnſerer Burger/ Buchtrucker oder Verleger/ weder hie/
noch anderswo/ ohne vnſere oder vnſerer Ober Truckerherꝛen
ſpecial vergoͤnnung/ laſſen nachtrucken. Wer hierwider hand-
let/ den ſollẽ vnſere zucht Richter/ nit allein mit ohnnachlaͤſſiger
ſtraff/ nach ermeſſigung/ belegen: Sondern Er ſoll ſich auch
mit dem anderen Buchtrucker/ deme Er ohnſonderbare erlaub-
nuß nachgetruckt/ in bekehrung alles koſtens/ ſchadens vñ nach
ſtands/ zuvergleichen vnd abzufinden ſchuldig ſein. Vñ wollen
wir hiemit den beleydigten/ an ermelte vnſere zucht Richter/ bey
denſelben hilff zuſuchen/ gewieſen haben.
IV.
Von allen ne
wen Buͤchern
vnd Schriff-
ten/ ſoll ein
Exemplar zur
Cantzley ge-
luͤffert wer-
den.Damit man auch bey vnſerer Cantzley auff jedẽ fall eigent-
liche nachrichtung haben koͤnne/ was in vnſerer Statt getruckt
worden/ ſo wollen wir ferners/ vnnd gebieten hiemit allen vns
angehoͤrigen Buchtruckern vnd Verlegern derſelben/ daß Sie
hienfuͤro/ von jedem Buch oder Schrifften/ ſo durch Sie in of-
fentlichen truck kompt/ ein Exemplar zu vnſerer Cantzley dem
jederzeit geordneten Regiſtratori/ luͤffern ſollen/ bey ſtraff fuͤnff
Pfundt Pfenning/ oder auch eines mehreren/ nach geſtalt der
ſachen/ die ein jeder Buch trucker oder Verleger/ ſo offt Er ſol-
ches vnderlaßt/ vnd das kundt wuͤrdt/ ohnnachlaͤſſig zubezah-
len/ vnd dann Er vnſer Regiſtrator/ daß dieſem alſo gelebt/ odeꝛ
die vngehorſamen vnſeren zucht Richtern zur ſtraff angebracht
werden/ fleiſſig zuzuſehen/ auch vber die eingelifferte Exempla-
ria ein ſonderbares Regiſtrum zuhalten/ vnd alles wol zuver-
wahren/ ſchuldig ſein ſolle.
Hierauff
[91]Policey Ordnung.
Hierauff verbieten wir ferꝛners alle Winckeltruckereyen/V.
Winckeltru-
ckereyen ver-
botten.
vnd wollen/ daß hinfuͤro in vnſerer Statt vnd Obrigkeit/ keine
Truckerey/ weder mit einer noch mehr Preſſen/ ohne vnſere
oder vnſerer Ober Truckerherꝛen ſonderbare einwilligung/
auff- oder angericht werden ſolle/ bey Straff der Confiſcation
deß gantzen Truckerzeugs/ der Buchſtaben/ der Preſſen/ vnnd
aller vberiger zugehoͤrden.
Ob auch ſchon bey den Truckereyen bißher viel vnor-VI.
Gemeine Er-
innerung an
die Trucker/
deren Verle-
ger vnd Ge-
ſellen.
dentliches vorgangen/ da oͤffters die Trucker vnd Verleger ge-
gen den Geſellen/ wegen deß vnzeitigen außtrettens/ auffwick-
lens/ abſpannens/ aufftreibens/ anforderns/ vnbillicher beſol-
dung/ vnerlaubten feyrens/ vnnd anderer vngebůhr/ wie
auch hiengegen die Geſellen gegen den Truckern vnnd Ver-
legern/ daß ſie von denſelben etwann ohnverſehens ver-
ſtoſſen/ bevrlaubt/ vnnd in andere mehr weg beſchwerdt wuͤr-
den/ allerhand anſpruͤch/ forderungen vnd klagen gefuͤhrt: vnd
dahero eine weitere verordnung/ wie man ſich darinn/ einen
vnd andern theils zuverhalten/ diß orts geſchehen koͤndte:
Jedoch weiln alle dergleichen ſtreutigkeiten/ vnd was ſon-
ſten den Standt vnd das Ampt der Trucker Geſellen/ Setzer/
Corꝛectoren/ Poſſilierer/ Lehrjungen/ vnnd ins Gemein das
gantze Trucker Weſen anlangt/ guten theils auff Alten gebraͤu-
chen/ uͤblichen Herkommen vnd Gewohnheiten beruhen thut/
welche aber durch anderer ort wolverfaſte Ordnungen/ ſon-
derlichen der Statt Franckfort vom Jahr 1598. genugſam
erlaͤutert an tag vnnd zu maͤnniglichs wiſſenſchafft gebracht
ſeind. Als haben wir in betrachtung deſſen/ ein ſonderbare
verſehung derentwegen vorzunemmen/ fuͤr dißmahl vnnoͤthig
zu ſein erachtet: Sondern wollẽ alle Trucker vñ derſelben Ver-
leger/ wie auch die Geſellen vñ Maͤnniglichen/ der bey Trucke-
reyen zuthun hat/ in faͤllen da Sie ſich nit durch entſcheydung
deß Zunfft Gerichts/ oder ſonſt guͤtlich (bey welchen gůtlichen
Handlungen aber die bißherige vbermaß in angeſetztẽ ſtraffen/
vnd darauff gehaltenen Zechen/ gaͤntzlich verbotten/ auch dem
Zunfft Meiſter vnd Gericht jeder zeit/ daß darinn nichts vnge-
buͤhrliches vorgehe/ fleiſſig wahrzunemmen/ befohlen ſein ſolle)
vergleichen koͤnnen/ hiemit an vnſere Ober Truckerherꝛen gewi-
ſen vnnd denſelben je nach beſchafffenheit der ſachen die fernere
gebuͤr darauff vorzunem̃en anbefohlen vnnd vertrawt haben.
Darnach ſie ſich allerſeits zurichten.
M ij
[92]Der Statt Straßburg
VII.
Gebott wider
die Briefftraͤ-
ger vnd Zeit-
tungsſaͤnger.Nach demendtlichen durch die Briefftraͤger/ Landtfah-
rer vnd Zeittungs Saͤnger/ die in Reichs Satzungen hoch-
verbottene Paßquilliſche Schmaͤhſchrifften/ vnd Gemaͤhldt/
eingeſchleifft/ vnd dadurch die einfaͤltige Leuth Jrꝛ gemacht/ mit
der vnwarheit offter mahls beteuſcht/ vnd vmbs Gelt gebracht
werden/ anderer gefaͤhrlichen Sequelen/ die auß dergleichenfa-
mosſchrifften/ vnd Schandtgedichten pflegen zuentſtehn/ jetz-
malen zugeſchweigen: Als wollen wir ſolche Briefftraͤger/
Landtfahrer vnd Zeittungs Saͤnger/ von vnſerer Statt/ hie-
mit allerdings abgewieſen/ vnnd allen vnſeren Zucht- vnnd
Sibnergerichts Knechten/ auch Thurnhuͤtern/ Fauſihaͤm-
mern vnd Bettelvoͤgten/ ernſtlich befohlen haben/ daß/ zu was
zeit vnnd an welchem ort der Statt/ Sie kuͤnfftig dergleichen
Perſohnen/ antreffen werden/ Sie dieſelben alſo bald vor den
Regierenden Ammeiſter fuͤhren vnnd bringen ſollen/ welcher
Sie/ je nach beſchaffenheit der ſachen/ entweder wůrd zur Hafft
ziehen/ oder alſo balden zur Statt hinauß fuͤhren laſſen. Deſ-
ſen ein Jeder hiemit aviſirt vnd gewahrnt ſein wolle.
TITULUS XVI.
Von Leichtbegaͤngnußen/
vnd etlichen denen angehoͤrigen
ſtucken.
I.
Leichtbegaͤng-
nuſſen/ war-
vmb/ vnd wie
Sie zuhalten.BEy den Leichtbegaͤngnußen/ haben ſich
vnſere Ahngehoͤrige/ Burger/ Vnderthanen vnnd
Schirmbsverwanthen/ zuvordriſt der eygentlichen
intention/ vnd dabey gewohnlicher Ceremonien halben/ zuer-
innern/ was wir hievon in vnſerer Kuͤrchen Ordnung/ fol.
270. anregen laſſen/ vnd ſonſt im vbrigen in einem vnnd an-
dern alſo zuerzeigen/ wie eines jeden Stand/ Ampt vnd Ver-
moͤgen zulaſt/ damit aller vberfluß vermitten/ vnnd vns nicht
vrſach zur abſtraffung gegeben werde.
II.
Die Leichnam
ſollen zum
Ruhbettlin
befuͤrdert wer
den.Sonderlichen aber ſollen die Leichnam/ ſo viel als jmmer
moͤglich/ zu jhrem Ruhbettlin befuͤrdert/ vnd auffs laͤngſt nicht
vber den Dritten Tag auffgehalten werden/ bey ſtraff nach er-
maͤſſi-
[93]Policey Ordnung.
maͤſſigung der zucht Richter: Vnd werden ſich auch die vnſeri-III.
Widerholtes
Gebott der
Laydkleidung
halben.
ge/ der Leydkleidung halben erinnern/ was wir derentwegen
in der Kleyderordnung verordnet/ wie wir dann ſolches
vnſer Gebott hieher nachmahlen wollen widerholt; VnndIV.
Vberfluß in
Craͤntzlin bey
Leichten der
Jungen Toͤch-
ter.
zugleich den Pracht/ der nun ein zeithero bey der ledigen Toͤch-
ter Leichtbegaͤngnuſſen/ mit den Coſtbahren vielen Craͤntzen
getrieben worden/ ſo ferꝛn abgeſchafft vnnd verbotten haben/
daß niemandt als die bede oder eine der Goͤdlen/ wann Sie
noch im Leben/ falls Sie aber bede Todt ſeind/ alsdann die
Mutter oder ſonſt eine der nechſtẽ Verwanthin/ ſolche Craͤntz-
lin machen zulaſſen/ vnnd auff die Todtenbaar zuverehren
macht haben/ auch deren eines mehr nicht/ dann auffs hoͤchſte
Fuͤnff Schilling werth ſein vnnd Coſten ſolle: bey ſtraff Fuͤnff
Pfundt Pfenning/ die ein jede Perſohn/ ſo in einen oder andern
weg/ hierwider handlen wuͤrd/ ohnnachlaͤſſig abzuſtatten.
Vnd nach dem von mehr dann hundert Jaren/ vnſere ge-V.
Keinen Leich-
nam in der
Statt zube-
graben.
“
“
“
“
“
ehrte Vorfahren/ Meiſter vnd Rhat/ auch Schoͤffen vñ Am-
mann dieſer Statt Erkandt/ daß man gewiſſe Plaͤtz/ fuͤr die
Statt ordnen ſolle/ dahien man die abgeſtorbnen Coͤrper
begrabe/ vnd hienan fuͤrter dhinen Toden Coͤrper/ Er ſihe hoch
oder nider/ Geiſtlichs oder Weltlichs Standts geſin/ inn die
Statt Straßburg/ weder in Stifften/ Pfarꝛen/ Capellen/
Cluſen oder Cloͤſter begraben ſolle: So laſſen wir es billich
bey ſolcher alten Ordnung vnnd der bißherigen gewohnheit
verbleiben.
Wie wir dann auch nicht vrſach haben einige aͤnderung/VI.
Wie es bey
Leichten der
Jungen Kin-
der mit den
Predigtẽ vnd
Abdanckun-
gen zuhalten.
in dem vorzunemmen/ da in obangezogener vnſerer Kuͤrchen-
Ordnung/ fol. 272. verſehen/ daß bey den Leichten der Jun-
gen Kinder/ eine Chriſtliche kurtze vermahnung/ an ſtatt der
Leicht Predig geſchehen ſolle: Allein weil bißhero/ faſt ohne vn-
derſcheid/ bey den Kinderleichten gepredigt/ auch wol etwann
die Abdanckung durch einen Notarium gethan worden/ wel-
ches zum theil den Pfarꝛern vnnd Kuͤrchendienern muͤheſam/
theils auch den Eltern beſchwerlich/ vnd erſtgedachter vnſerer
Kuͤrchen Ordnung zuwider: Als wollen wir hiemit maͤn-
niglichen der vnſerigen/ ſich hinfuͤro mehrberuͤhrter vnſerer
Kůrchen Ordnung gemaͤß zuerzeigen/ vnd allen vberfluß vnnd
Mißbrauch dißfalls zumeiden/ erinnert haben.
M iij
[94]Der Statt Straßburg
VII.
Lohn der
Leuchten ver-
kuͤnder.Den Jenigen ſo zu den Leichten verkuͤnden/ vnnd bißher
entweder ein vnbilliches darfuͤr gefordert/ oder doch an einer
billichen vergeltung kein genuͤgen gehabt/ Soll hienfuͤro bey
den vornehmſten Leichten/ da in Anderthalbhundert oder mehr
Haͤuſern zuverkuͤnden/ fuͤnffzehen Schilling/ beydẽ mittlern/ da
vber 50. biß in 100. Haͤuſern anzuſagen Zehen Schilling bey
den geringſten aber/ da vnder 50. Haͤuſern die verkuͤndung
zuthun/ fuͤnff ſchilling/ fuͤr die bemuͤhung (die Sie mit fleiß in
allen angebenen Haͤuſern zuverꝛichten) gegeben werden/ vnnd
nicht mehr/ bey ſtraff Ein Pfundt Pfenning/ von jedem Schil-
ling/ dieſo wolder jehnige ſo es gibt/ als der ſo es empfangt/ zu-
erlegen ſchuldig ſein ſolle.
VIII.
Tax der Tod-
tenbaͤum.Jm vbrigen/ haben vnſere liebe geheyme Mitt Raths
Freund die Fuͤnfftzehen von dieſem deß Taxt der Todtenbaͤum
halben/ geordnet/ dabey wir es auch dißmahlen bewenden/
vnd zu Maͤnniglichs nachrichtung hiemit publicieren laſſen/
Nemblichen/ es mag gefordert vnd zalt werden/ fuͤr einen der
groͤſten vnd wol außgemachten Todtenbaͤum Ein Pfundt Ze-
hen Schilling/ fuͤr ein ringern Ein Pfundt/ fuͤr die kleinere
nach proportion/ vnd dañ fuͤr ein Reyßkuͤſten/ die wol verbicht
Zwey Pfundt Pfenning vñ nicht mehr/ alles bey ſtraff dreiſſig
Schilling/ von einem jeden der darwider handelt/ zuerlegen
ohnnachlaͤſſig.
IX.
Lohn der
Leichtentraͤ-
ger.Den Leichtentraͤgern iſt gleichfalls jhre gewiſſe Ordnung
gegeben/ auff die Sie bey vnſerm Allmuſen zu S. Marx ange-
nom̃en werden/ darinn vnder anderm verſehen/ daß jhrer nicht
mehr/ dann Sechs (da nit die beſchaffenheit oder ſchwere deß
Leichnams ein weitere anzal erfordere) an einer Leicht tragen/
auch ein jeder fuͤr ſeinen lohn in der ſchwerſtẽ arbeit (dz iſt/ wann
der Leichnam in ein beſondern newen beſchloſſenen Baum ge-
legt/ Vnd auff die weiteſte Begraͤbnuß von deß abgeſtorbenen
Hauß anzurechnen/ getragen wuͤrd) mehr nit dañ vier ſchilling
pfenning/ weniger aber je nach vnderſcheid der Faͤll vñ außwei-
ſung beſagter Ordnung/ fordern/ vnnd ſich damit ohn einiges
ferners nach heiſchen ſonderlichen deß Weins (den Man jh-
nen etwann auff jhr vngeſtimmes anmuthen biß zum vber-
fluß geben můſſen) befriedigen ſolle/ bey jhren Eyden/ darob die
vorgeſetzte deß Allmuſens mit fleiß zuhalten.
Wel-
[95]Policey Ordnung.
Welchen hiemit auch befohlen ſein ſolle/ die jhnen anbe-X.
Lohn der Tod
tengraͤber.
fohlene Ordnung der Todtengraͤber gebuͤhrlich hand zuhaben/
vnnd daß in abforderung deß Lohns (welcher bey der groͤſten
Arbeit/ Nemblichen/ von einem beſondern eygenen vnd Sechs
Schuh dieffem Grab/ einer alten Leicht mehr nicht als ſechs
ſchilling/ Jn andern faͤllen aber je nach beſchaffenheit der Ar-
beit geringer iſt/) nichts vnbilliches vorgehe/ zuverfuͤgen.
Vnnd ſeindt beſchließlichen den Armen Schuhlern zuXI.
Gebuͤhr der
Armen Schu-
ler ſo bey
Leichten ſin-
gen.
Sanct Wilhelm/ die bey den Leuchten ſingen/ fuͤr jhre bemuͤ-
hung vnd dem Almuſen zu ſteůr/ jedem Chohr derſelben/ daß
iſt ſechs Schuhlern drey Gulden/ vnd zween Chohren oder
zwelff Schuhlern (mehr werden nicht gegeben) ſechs Gulden
geordnet/ dabey es annoch verbleibet/ doch vns hierinn vnd
allem obigem/ kuͤnfftige aͤnderung vorbehalten.
TITULUS XVII.
von
Handhabung dieſer Po-
licey Ordnung.
WJe ein jede wohlbeſtelteRepublicguteI.
Gute Geſatz
erfordern ein
Haudhab.
Geſatz vnnd Ordnungen die vernuͤnfftig abgefaſt
vnnd zu menniglichs wiſſenſchafft gebracht ſeyen/ erforderet/
Alſo muß auch die Handhab- vnd vollziehung derſelben noth-
wendig folgen/ ſolle anders daß Policey Weſen beſtand vnnd
krafft haben.
Nun haben wir in obigen Sechszehen vnderſchiedenenII.
Dieſe Geſatz/
der Policey
Ordnung
ſind nicht
New.
Titulis die Geſatz an ſich ſelbſten eroͤffnet/ ſo weit wir fuͤr diß-
mahl zur abfaſſung einer Policeyordnung (daß œconomi:
Juſtitien: vnd criminal weſen hat ſeine ſonderbare ort) noͤ-
tig zuſein befunden/ vnd ſeind darinn/ ſo viel jetzige zeiten vnnd
laͤuffte zugeben wollen/ bey den alten Ordnungen/ vnnd alſo
bey dem jenigen verbliben/ ſo von vnſern lieben Vorfahren
auff vns erwachſen/ vnd bey hieſiger Statt von Alters her uͤb-
lich geweſt/ auch jeweilen fuͤr nutzlich vnnd practicierlich gehal-
ten worden/ geſtalt dann eben zu ſolchem ende/ vnnd damit ja
ein
[96]Der Statt Straßburg
ein jeder vnſerer Angehoͤrigen/ ſehen/ hoͤren vnd ſpuͤren moͤge/
daß wir bey vnſerm Stattweſen keine gefaͤhrliche aͤnderung/
durch newe Geſaͤtz/ ſondern allein die erhalt: vnd wider er-
friſchung der vorigen loͤblichen vnnd heylſamen Ordnungen
geſucht/ dieſes geſchehen/ daß faſt in allen vnd jeden Titulis der
alten Satzungen vnd der Jahr/ da ſolche außgangen/ auß-
trucklich vnd mitfleiß gedacht worden.
III.
Moͤgen kuͤnff
tig geaͤndert/
ſollen aber in
mittels geebrt
vnd gehalten
werden.Vnd diße vnſere Policeyordnung/ vnd die darinn begrif-
fene Geſatz/ Gebott vnd Verbott/ ſampt vnd ſonders/ behalten
wir vns bevor/ ins kuͤnfftig/ je nach befindung der notturfft/
vnd abwechſelung der zeiten/ zuaͤndern/ zuerlaͤutern/ zumin-
dern oder zuvermehren. Jnmittels aber wollen wir/ daß dieſel-
be/ von Maͤnniglichẽ vnſerer Angehoͤrigen in Statt vnd Land
in gebuͤhrende acht genommen/ davon anders nicht/ als wol
vnd ehrlich geredt/ deren vollziehung von jedermann befuͤrdert/
was daran hinderlich/ moͤglichſt abgewendet/ vnd alſo ins ge-
ſampt gethan vnd vollzogen werde/ was dem geoffenbarten
willen deß Allerhoͤchſten/ vnſern/ der Obrigkeit/ wol gemein-
ten gebotten/ der Vorfahren loͤblichen Exempeln/ vnnd allen
GOTT: vnnd Tugendliébenden gemůthern gemaͤß/ aͤhn-
lich/ angenehm vnd gefaͤllig.
Solches hat-
ten vnnd die
Handhab/
wuͤrd befoͤr-
dert.Vnd damit es je zu deſſen erlangung neben dieſen vn-
ſern Gebotten vnd andern vielfaͤltigen warnungen/ an beſtaͤn-
IV.
1. Durch die ge
bott vnd war-
nungen der
Oberen.diger vnd noch fernerer erinnerung nicht erwinde. So haben
wir rathſam gehalten/ daß die von faſt vnerdencklicher zeit in
dieſer Statt bedaͤchtlich eingefůhrte/ nach vnd nach aber ſchier
gantz in abgang gerathene vorbeſchickungen auffden Zuͤnff-
ten/ widerumb anzuſtellen/ vnnd in fleiſſigen gang zubringen
ſeyen/ mit welchen es dann/ nach anweiſung eines in Anno
1531. außgangenen Mandats/ folgender maſſen zuhalten.
V.
2. Durch auff-
ſicht vnnd zu-
ſprechen der
Zuͤnfft.Nemblich/ wir wollen/ ordnen vnnd befehlen/ hiemit/ daß
hinfuͤro auff einer jeden Zunfftſtuben/ ſo offt es die notturfft
erfordert/ jedoch deß Jahrs zum wenigſten vier mahl/ der Mei-
ſter vnd daß Gericht derſelben Stuben/ zuſammen kommen/ je-
desmal in beyſ ein deß Buͤttels/ als der die Perſonen am beſten
kennet/ jhr Zunfftbuͤchlin leſen/ vnd neben dem ſie ohne das we-
gen der Armen (wie in der Allmuſen Ordnung verſehen) jhre
gewiſſe verꝛichtungen haben/ ſich ferners mit einander freund-
lich vnd vertrewglich/ bereden ſollen/
Ob
[97]Policey Ordnung.
Ob jemand jhrer Mitzuͤnfftigen/ vnnd wer
dieſelbigen ſeyen/ die ſich in jhrem leben vnnd
wandel/ thun oder laſſen/ Gottloß/ Laſterhafft/
ſuͤndtlich/ oder ſonſt aͤrgerlich erzeigen vnnd ver-
halten thaͤten? Als ob jemandt were/
- I.
Der GOTT vnd ſein Heyliges Wort nicht gebuͤhr-
lich ehrte vnd hoͤrte/ oder ſonſt widerden Erſten Titul der Po-
licey Ordnung ſuͤndigte. - II.
Oder/ der die vnarth deß Gottslaͤſtern/ Fluchen vnnd
Schwerens an ſich hette. - III.
Oder/ der mit verbottenem Wucher/ Finantz/ vnnd vor-
ſaͤtzlichem Betrug deß Naͤchſten ſich beſudelte. - IV.
Oder/ der in Neid vnd Feindſchafft/ Zanck vnd Hader/
Rauffen vnd Schlagen mit ſeinem Weib/ Kindern/ Geſindt/
Freunden vnd Nachbarn ſtraͤfflich lebte. - V.
Oder/ der in andern offenbaren Suͤnden/ vnnd ſchwer-
mereyen verſchreit vnd betretten were. - VI.
Oder/ der vnraͤthlich vnd vngeſchickt haußhielte/ mit ver-
geudung ſeiner Nahrung/ durch Muͤſſiggang/ Zechen/ Spie-
len/ vnd ander uͤppiges leben. - VII.
Oder/ der ſeine Kinder vnd Geſind in der Zucht/ Nah-
rung vnd anderm nicht gebuͤhrlich vnderhielte. - VIII.
Oder/ der vberfluͤſſigen Prachttribe/ es ſeye mit Pancke-
ten/ Kleydung/ Haußrath.
N
[98]Der Statt Straßburg
- IX.
Oder/ der ſich mit heimblichem Affterꝛeden/ vnnd Ver-
leumbden/ offentlichen ſchaͤnden vnnd ſchmaͤhen ſeines Naͤch-
ſten beluſtigte. - X.
Oder/ der ſich mit andern vntugenden/ wie ſie Nammen
haben moͤgen/ befleckete.
VI.Vnd wann dann der Zunfftmeiſter/ vnnd das Gericht/
einen oder mehr/ vnder jhren Mitzuͤnfftigen finden werdẽ/ wel-
che ſich in jetzerzehlten/ oder andern dergleichen vnthaten ver-
giengen/ dieſelben ſollen Sie vor ſich beſchicken/ ohne anſehung
der Perſon/ jhnen jhre faͤhler vnderſagen/ vnnd Sie davon ab-
zuſtehn erinnern/ ſo guͤtlich/ ſo ernſtlich/ je nach dem jhnen der
Mann fuͤrkaͤme vnd begegnet/ mit der jeder zeit angehefften be-
trohung/ falls Er/ der vorbeſchickte/ jhren guthertzigen wahr-
nungen nicht gelebẽ/ Sondern in vorigem ſeinem vnweſen be-
harꝛen wůrde/ daß man ſolches alsdann entweder vns dem
Rath/ oder den zucht Richtern/ je nach beſchaffenheit der Sa-
chen/ zu ſeiner abſtraffung anzeigen muͤſſe.
VII.Solche anzeig ſolle auch von dem Zunfftmeiſter vnd dem
Gericht ohnfehlbar geſchehen/ ſo offt ſie wahrnem̃en/ dz derglei-
chen freundtliches zuſprechen ohne frucht vnnd wůrckung ab-
gangen/ welches ſie dann auß dem Leben vnd Wandel/ ſo der
vorbeſchickte/ nach geſchehenem zuſprechen fuͤhren wuͤrd/
leichtlich abzummen.
VIII.Vnd in dieſen vorbeſchickungen ſolle es allein bey muͤnd-
lichem zuſprechen verbleiben/ ohn alle Geltſtraff. Falls
aber jemandt/ wer er were/ Wann er von Meiſter vnnd Ge-
richt ſeiner Zunfft alſo beſchickt/ entweder vngehorſamlich auſ-
ſenbleiben/ oder aber harte/ vnbeſcheidene/ hoͤhniſche oder trutzi-
ge Wort gebrauchen wuͤrde/ der ſoll alsbald vns dem
Rath oder den zucht Richtern geſchrieben gegeben/ vnnd nach
verdienſt geſtrafft werden. Da auch ſolche abſtraffung
von vns dem Rath dergeſtalt geſchehen wuͤrde/ dadurch dem
abgeſtrafften ein infamia zuwuͤchſe/ als da geſchicht bey den
Ehebrecherẽ/ Fallitẽ/ Relegirtẽ/ vñ wider eingebettenen/ Mey-
neydigen/ Falfariis/ vnnd anderen dergleichen./ So ſollen die-
ſelben
[99]Policey Ordnung.
ſelben in dẽ Zunfftbuͤchlin zuruck/ vnder die hieoben tit. 11. §. 15.
ermelte rubric der Vnſtatthafften/ geſchrieben/ vnd wañ
die Zuͤnfftigen verſamlet/ jedesmal nach ableſung aller ande-
rer Zuͤnfftigen/ geleſen werden.
Wer ſich nun weder die begierde eines guten Gewiſſens/X.
3. Durch ge-
heime Ruͤe-
ger.
vnd lobs der Tugendt/ noch vnſere Obrigkeitliche Gebott vnd
Verbott/ noch auch die jetzangedeute auffſicht ſeiner Zunfft-
vorgeſetzten/ von Laſtern/ Suͤnden vnd Vntugenden will ab-
ſchrecken laſſen/ den ſeind wir gemeint/ durch ſtrenge der ſtraff
zum gehorſam mit ernſt zuziehen. Haben auch/ damit ſolche
halßſtarꝛige vnd vngehorſame jhrem verdienten lohn nicht ent-
gehen koͤnnen/ genugſame anſtalten/ zu erkundigung derſelben
vnnd jhrer mißhandlungen machen laſſen/ darumb ein jeder
vor Sicherheit gewahrnt ſein wolle.
Erinnern auch zugleich alle vnſere Burger/ Schirms-XI.
4. Durch
huͤlff vnd mit
wuͤrckung der
gantzen Ge-
meind.
verwanthe vnd Ahngehoͤrige/ in was Standt vnd Weſen Sie
ſeyen ohne vnderſcheid/ daß ſie zur Handhabung dieſer Poli-
ceyordnung in dem trewlich vnd muͤglich helffen wollen/ daß
was ein jeder derſelben/ ſehen/ hoͤren/ erkundigen vnd erfahren
wuͤrd/ ſo der Policeyordnung zuwider/ er ſolches ohne ſchew
vñ auffzug gehoͤriger ortẽ anzeige/ vñ ſich daran die jrꝛige mey-
nung/ als ſolte dergleichen anbringen/ ein vnburgerliches ver-
ſchwetzen oder verhaſte Raͤtſcherey ſein/ nit jrꝛẽ laſſe/ ſondern vil
mehr behertzige/ daß die abſtraffung der Suͤnden/ zugleich die-
ſelbe verhuͤte/ durch die verhuͤtung aber/ der gerechte Zorn
GOTes/ auch die ſonſt darauff vnaußbleiblich folgende
Straffen abgewendet/ vnnd alſo hiedurch eben das jenige ge-
leiſtet werde/ ſo ein jeder Chriſtlicher Burger/ gemeiner Statt/
vnnd darinn ſeinem Mitt Chriſten vnnd Neben Burgern/
nemblich deren nutzen zufoͤrdern vnd ſchaden zuwenden/ zulei-
ſten ſchuldig iſt.
Wer dann etwas vorgemeldter maſſen anzuzeigen/ derXII.
ſolle es thun/ entweder bey einem Beyſitzer deß zucht Gerichts/
oder deſſen Beampten daſelbſten/ Als beim Frefelvogt/ oder
Zuchtgerichtſchreiber/ Jedoch mit offenbaren claren vmbſtaͤn-
den/ vñ entdeckung ſeines Nahmens/ nit durch vnbekante Paß-
quilliſche Zedul oder ſonſt vnlautere vngenugſame muth-
maſſungen/ Hingegen mag ein Jeder ſolcher anzeiger ſich
verſichert halten/ daß ſein Namm vnd Perſohn in muͤglichſter
N ij
[100]Der Statt Straßburg
geheim verbleiben/ vnnd ſein wahrhafftes angeben/ jhme ohn
allen ſchaden vnd gefahr ſein/ Ja er noch darzu/ nach geſtalt der
Sachen vnd ſeiner Perſohn einen gebuͤhrlichen danck vnd den
Sechſten Antheil der Straff/ haben ſolle.
XIII.
5. Durch ſtraff
der Richter.Was nun alſo geruͤegt/ vnd entweder freywillig auß Chriſt-
lichem trib vnd loͤblichem haß wider die Suͤnd vñ Vntugend/
oder aber auß vnſerm befelch von den jenigen/ ſo wir hierzu in-
ſond erheitbeſtelt/ oder aber auch durch vnſere/ in der Policey-
Ordnung hin vñ wider ernannte Stattdiener/ wuͤrd angeben
werden/ daruͤber ſollen vnſere zucht Richter/ vrtheilen/ ſpre-
chen/ vnd richten/ nach anweiſung habender Ordnungen/ bey
jhren Eyden.
XIV.
Darzu iſt ein
new Zuchtge-
richr beſtelt.Vnnd haben wir nemblichen von newem geordnet/ daß
hinfuͤro zu jederzeit Acht zucht Richter: Vnd darunder ein
XV.
Perſonen der
Zucht Rich-
ter.Staͤttmeiſter/ ein Ammeiſter ſo ein Dreyzehener/ ein Fuͤnff-
zehener/ ein lediger Ein vnd Zwantziger/ ein Conſtofler ſo den
Raht beſitzet/ ein Rathherꝛ von Handwercken/ vnnd zween
Schoͤffen ſein ſollen.
XVI.
Sitztaͤg der
Zucht Richter.Die werden ſitzen/ ſo offt es die Geſchaͤfft erfordern/ jedoch
weniger nit/ als in jeder Wochen zweymal/ vñ gemeiniglich am
XVII.
Sachen deß
ZuchtgerichtsMontag vnd Donnerſtag nach Mittag vmb Ein Vhr: Vnd
ſollen dieſelben Richten/ vber alle Puncten/ Stuck vnd Articul
in der Policeyordnung verfaſſet/ vnd vber alles ſo jhnen fuͤrbaß
von Vns moͤchte befohlen werden/ Jedoch nach maß vnd weiß
in der newen Zucht Gerichts-vñ deß Frefelvogtsordnungẽ be-
griffen/ die Sachen berůhrend/ ſo vor vns den Raht oder vor
die Sibenzuͤchtiger ſollen gewieſen werden.
XVIII.
Claͤger vor
Zucht Rich-
tern.Jn dieſem Zucht Gericht ſollen die klagen angebracht
werden durch den Frefelvogt/ oder wer deſſen ſtell je zuzeiten
vertretten moͤchte/ vnd ſonſt durch niemanden anders/ es were
dann in Sachen/ da der Frefelvogt Verwanthnuß oder eige-
nen Jntereſſe/ oder anderer erheblichen hindernuſſen halben
nicht receſſiren koͤndte/ da dann den Partheyen ſelbſten die
Clagen den Ordnungen gemeß/ daß iſt/ muͤndtlich/ kuͤrtzlich/
vnd deutlich vorzutragen vnbenommen ſein ſolle.
XXI.
Beklagte vor
Zucht Rich-
tern.Den Beklagten wuͤrdt vor dieſem zucht Gericht gegoͤnnt/
entweder ſelbſten/ oder durch jemandt der jhrigen/ jhre verant-
wortung auff deß Frefelvogts Clag anzuzeigen/ auch ſonſten
ob ſie
[101]Policey Ordnung.
ob ſie woͤllen einen Beyſtand zugebrauchen/ vnnd die verant-XX.
Proceß deß
Zuchtgerichts
wortung Můndtlich abzulegen/ Dann alles ſchrifftliche libel-
liren/ ſoll bey ſolchem zucht Gericht/ es habe nahmen wie es
wolle/ gaͤntzlich verbotten vnd abgeſtrickt ſein. Da aber auff ei-
ner oder anderer ſeiten beweißthumb/ durch lebendige kundt-
ſchafft erfordert wuͤrde/ Sollen die Zeugen alſo balden oder
doch bey nechſtfolgender Seſſion geſtellt/ nach ermaͤſſigung der
zucht Richter/ entweder vermittels der Handtrew/ oder leibli-
chen Eydts gehoͤrt/ jhre Außſag ins Protocoll verzeichnet/ vnd
nach befindung der ſachen geſprochen werden/ wie ſolches in
den mehrangezogenen newen Ordnungen/ deß zucht Gerichts/
deß Frevelvogts/ vnd deß zucht Gerichtſchreibers weitlaͤuffig
beſchrieben.
Wie nun an dieſem Gericht niemand ohn vor erfordertXXI.
Gehorſam ſo
mann den
Zuchtrichtern
ſchuldig.
vnd ohngehoͤrt geſtrafft wuͤrd/ Alſo wollen die jenigen/ denen
dahin durch den Gerichtsbotten/ verkuͤndt/ hiemit trewlich
erinnert ſein/ nicht allein gehorſamlich zuerſcheinen/ Sinte-
mahlen wir gar niemanden vnſerer Angehoͤrigen/ von dieſem
Gericht eximirt haben wollen/ ſondern auch vor Gericht gute
beſcheidenheit zugebrauchen/ vnd durch widerſprechẽ vnd ver-
neinen wiſſentlicher warheit/ nicht vrſach zugeben/ daß ſie muͤſ-
ſen vberwieſen werden: dann wer entweder vngehorſamblich
auſſen bleibt/ oder aber durch vervrſachte beweißthumb der
that convincirt/ oder auch ſonſten in leiſtung/ der/ jhme zuer-
kannten/ ſchuldigkeit ſeumig ſein wuͤrd/ gegen deme werden die
zucht Richter einen ernſt vnd ſchaͤrpffe der Straff/ jhren Ord-
nungen gemaͤß/ vornemmen: darfuͤr ſich ein jeder zuhuͤten.
Von den Erkanntnuſſen der zucht Richter/ werden keineXXII.
Ob: vnd wie
mann vom
Zuchtgericht
provociren
moͤge.
Appellationes oder Reductiones verſtattet/ da aber je je-
mandt vermeinte ſich durch dieſelben beſchwert zuſein/ iſt jhme
ſolches bey vns dem Raht/ durch ein Supplication/ anzubrin-
gen/ vngewehrt/ Jedoch alſo/ das wann ſich befinden wuͤrde/
daß er ſchuldig/ vnd das/ anbringen muthwillig/ er dardurch
die doppelte Straff verfallen/ vnnd noch darzu allen vnkoſten
zuzahlen ſchuldig ſein ſolle.
Beſchließlichen haben Wir der Raht/ vnſerer geordneteXXIII.
N iij
[102]Der Statt Straßb. Policey Ord.
Special ſchutz
der Zuchtrich-
ter vnnd jhrer
Beampten.Acht Zucht Richter/ die je zuzeiten ſein werden/ ſampt jhren
Beampten/ in ſonderbahren Schutz vnd Schirm auffgenom-
men/ Wollen ſie auch Schůtzen/ Schirmen/ Bewahren vnnd
Handhaben/ bey allem deme/ ſo jhnen empfohlen ſein wuͤrd:
vnd were es/ dz einer oder mehr der Zucht Richter vnd jrer Be-
ampten/ oder Sie alleſampt von jemanden/ wer der were/ vmb
Sachen/ Jhr Ampt vnd Ordnung beruͤhrend/ geſchmaͤcht/
beleydigt oder beſchaͤdigt wuͤrde/ an Leib/ an Ehr/ oder an
Gut/ mit Worten oder mit Wercken (anders dann mit Gericht
oder mit Recht) den ſollen vnd wollen wir/ wann es vns
kund wuͤrd/ mit ernſt abſtraffen: Darnach ſich
menniglich zu richten.
[[103]]
Sanct Paul. an die Roͤmer. c. 13. v. 3. 4.
DJE Gewaltigen/ ſeindt nicht den guthen
wercken/ ſonderen den boͤſen zufoͤrchten:
Wiltu dich aber nicht foͤrchten fůr der Obrigkeit/
ſo thue guthes/ ſo wuͤrſtu Lob von Derſelbigen
haben/ dann Sie iſt Gottes Dienerin/ Dir zu
guth: Thuſtu aber boͤſes/ ſo foͤrchte dich/ dann
Sie traͤgt das Schwert nicht vmb ſonſt/ Sie iſt
Gottes Dienerin/ ein Recherin zurſtraffe vber
den/ der boͤſes thut.
Juſtinianus Imper. in Novell. 161. in pr.
NON tantum decenter Leges ferre, ſummo bono
eſt, ſed etiam ſancita accuratè cuſtodire, \& ad ef-
fectum deducere, tranſgreſsorésque competen tibus
pœnis ſubjicere: Quæ enim Legum erit utilitas, ſi in
literis duntaxat conſiſtant, non etiam per ipſa facta
atque opera Subditis utilitatem de ſe præbeant.
[[104]]
Straßburg.
Anno M. DC. XXVIII.
Appendix A APPENDIX
Der Policey Ordnung.
WJr haben auch allen vnſern
Angehoͤrigen zur nachrichtung/ da-
mit ſich ein Jeder derſelben/ deſto beſ-
ſer/ den alten Articuln vnd Ordnun-
gen gemaͤß verhalten/ vnd fuͤr ſcha-
den vnd ſtraff huͤten koͤnne/ die beede
volgende Titulos/ diß orts anhangen
zulaſſen/ nicht vnrhatſam zu ſein be-
funden.
Appendix A.1 TITULUS XIIX.
Verzeichnuß
Etlicher Articul daruͤber die Schoͤffen deß Sib-
ner Gerichts von Alters hero gerichtet/ vnd auch
hienfuͤro richten ſollen.
Appendix A.1.1 Was fuͤr Sachen ins gemein fuͤr die
Sibenzuͤchter gehoͤrig.
DJe Sibenzuͤchter richten vber Schmachſachen/ ſoI.
zwiſchen gemeinen Perſonen/ heimiſchen vnd fremb-
den/ mit worten/ ſchrifften/ gemaͤhlden/ rauffen/ ſchla-
gen/ vnd in andere wege ohne Verwundung geſchehen: Wie
auch vber die verbrochene Ordnungen vnd Articul die Policey
beruerend/ ſo viel deren jhnen heim gegeben/ vnd ein ſtraff vn-
der zehen Pfunden auff ſich haben.
A a
[2]APPENDIX
Appendix A.1.2 Ob Jemandts den Andern Schilt
Dieb oder Diebin.
II.WEr den andern ſchilt Dieb oder Diebin/ oder jhne hieß
Meineydig oder deßgleichen/ daß eim ſein Ehre antrifft/
vnd wolte ſprechen/ Es iſt an mich bracht/ oder ich habs in ei-
nem Zorn geredt/ der ſoll beſſern Dreyſſig Schilling.
Appendix A.1.3 Ob jemandt dem anderen boͤſe fraͤfele
Wort zuredte.
III.WEre auch ob jemandt dem andern boͤſe fraͤfele Wort zu-
redete/ Es were Mann gegen Mann/ oder Mann ge-
gen Frawe/ oder Fraw gegen Mann/ oder Fraw an Fra-
we/ wie ſich ſemlichs zutragen moͤchte/ daß eins zu dem an-
dern ſpreche/ du biſt ein Baſtart/ ein Hurenſohn/ Hure/ Kup-
lerin/ Zauberin oder deßgleichen/ oder andere boͤſe Fluͤche/
Schwuͤr oder Scheltwort/ oder ein Mann einer Frawen Vn-
zucht thaͤte/ mit Schleyer abziehen/ oder dem gleich/ die ſollend
die Siben richten vnd rechtfertigen auff den Eyd/ nach jhrem
beſten Verſtaͤndtnuß/ vnnd nach dem als Sie ein ſach mit
Kundtſchafft verhoͤrend/ alſo daß niemandt vngebeſſert bleibe/
der muͤßthan hett/ vnd ob Sie auch zu beeden ſeithen verſchul-
det habend/ daß Sie dann auch beiderſeit gebeſſert werdent.
Appendix A.1.4 Ob jemandt den andern rauffet/ mit Faͤu-
ſten ſchlecht/ ſtoſſet/ drittet/ oder Meſ-
ſer zucket.
IV.WEr den anderen rauffet/ mit der Fauſt ſchlecht/ ſtoſſet o-
der drittet/ Jtem wer Wehr/ Meſſer oder Taͤgen ernſtli-
cher meinung auff den Stuben/ Gaſſen oder anderswo zucket/
ohne Verwundung/ der beſſert krafft newer Ordnung de An-
no 1617. wie nachfolgt.
Nemblichen/ wer den andern auß frevelem Muthwillen
raufft/ mit Faͤuſten ſchlaͤgt oder ſonſt ſtoſſet/ oder drittet/ vnnd
doch weder blohe maͤhler/ baͤulen/ oder anderen ſchaden jhme
damit zufuͤget/ der beſſert ein Pfundt Pfenning/ Jedoch den El-
tern/ Herꝛſchafften/ Lehrmeiſtern vnd anderen/ ſo Kinder/ Ge-
ſindt/
[3]Der Policey Ordnung.
ſindt/ vnd vndergebene/ vmb begangenen Exceß/ vnfugen vnd
vngehorſam erheiſchender notturfft vnnd zimblichen dingen
nach/ auſſerhalben gefaͤhrlicher verletzung/ zu zuͤchtigen vnnd
zuſtraffen keines wegs benommen/ ſondern von Rechtswegen
in alle wege erlaubet vnd zugelaſſen.
Deßgleichen wann ein Weibs Perſon einer anderen ge-VI.
walt thaͤte/ mit rauffen/ ſchlagen/ oder in wz weg es jmmer ge-
ſchehen mag/ doch ohne blohe maͤhler/ beulen/ oder blutrun-
ſen/ die beſſert vermoͤg alten Articuls Dreyſſig Schilling
Pfenning.
Jſt es/ das zween oder mehr mit einander Zancken vnndVII.
obgemelter maſſen einander beleydigten/ vnd ſelbs wider nach-
lieſſen/ oder durch andere abgethaͤtigt weren/ die beſſern wie zu-
vor geſetzt/ ein Pfundt Pfenning.
Wuͤrde aber hernach von einem oder mehr vnder jhnen/VIII.
zu zancken oder zu balgen/ vnnd den andern thaͤtlich anzufal-
len/ wider angefangen/ deren Jeder beſſert Zwey Pfundt Pfen-
ning.
Were auch/ das jemandt zu ſolchem zancken/ rauffenIX.
vñ ſchlagen vrſach gebe/ oder den andern darzu anreytzet/ oder
mit dem Balger gienge/ vnd helffe jhme mit faͤuſten oder auff
ein andere weiß zuſchlagen/ oder verhindert/ das nicht koͤnd-
te fried gemacht werden/ auff was weg das geſchehe/ der beſſert
Drey Pfundt Pfenning.
Vnd dieweiln ſich vielmahls begibt/ daß einer mit Faͤu-X.
ſten/ Stecken/ Bengeln/ mit Wehren in den Scheidẽ/ oder an-
dern Waffen dermaſſen zerſchlagen vnd beſchaͤdigt wuͤrd/ daß
Er davon blauwe maͤhler vnd beulen bekommen/ ſo ſoll die-
ſer begangene fraͤvel/ wann die beulen nicht auffzuſchnei-
den/ vmb Zwey Pfundt Pfenning/ wann aber die Beulen mit
inſtrumenten zu oͤffnen ſeindt/ nach befundenen ſachen/ entwe-
ders als ein kleine oder groſſe Blutrunß geſtrafft werden.
Welcher auch ein Meſſer/ Dolchen/ Schwerdt/ De-XI.
gen/ oder ein ander Waffen gegen dem anderen fraͤventlich
zuckt/ oder wuͤrfft/ ob ſchon niemandt beleidigt/ beſſert Er
doch ſeines fraͤvelen Gemuͤths halben/ ein Pfundt Pfenning.
A a ij
[4]APPENDIX
Appendix A.1.5 Daß niemandt ein vngewohnlich Wehr
bey jhm tragen ſolle.
XII.ES ſoll niemand wer der ſeye/ frembd oder heimiſch/ hoch
oder nieder/ ein vngewohnlich Gewehr bey jhme tragen/
weder bey Tag noch bey Nacht/ als Axten/ Wurffbyhlen/ Kol-
ben/ Werffkuglen/ oder wie das genennet werden mag/ dann
welcher das daruͤber truͤge/ oder bey jhme funden wuͤrde/ dem
ſolle mann das nehmen/ vnd ſolle jhr jedes darzu beſſern Zehen
Schilling/ die auch die Sibenzuͤchter bey jhren Eyden nie-
mand fahren laſſen ſollend.
Appendix A.1.6 Almend zum Waſſer ſoll niemandt
verſchlagen.
XIII.WEr die Almend vnd Gaſſend die zum Waſſer gehend/
verlegt oder verſchlaͤgt/ oder gewuͤhl auff der Landfeſten
macht/ der ſoll den Sibneren vorgebracht werden/ vnd beſſern
Dreyſſig ſchilling Pfenning.
Appendix A.1.7 Von Grund vnd Geroͤhr in den
Gaſſen.
XIV.WAnn die Sibnerknecht Grund oder Geroͤhr von
Daͤchern in den Gaſſen finden/ da ſollen Sie fuͤrder-
lich heiſſen vnnd gebieten/ ſemlichs dannen zufuͤhren/ in dreyen
tagen/ vnnd wer das nicht thaͤte/ der ſoll beſſern Zehen Schil-
ling.
Appendix A.1.8 So jemandt Geroͤhr ſchuͤttet in die
Graͤben.
XV.DJe Sibnerknecht ſollen beide Tag vnnd Nacht fleiſſig
vnd ernſtlich wahrnemmen vnd lugen/ wo jemandts fe-
get/ ſtein/ grund/ geroͤhr oder allen andern wuſt der zu grund
felt/ in die Breuſch oder allenthalben in den Stattgrabẽ ſchuͤt-
tet oder wuͤrfft/ das ſollend Sie auff ſtund den Siben ruͤ-
gen/ vnd wer ſemlichs thut/ der ſoll beſſern ein/ Pfundt Pfenning
vnnd was beſſerungen alſo gefallent/ die ſollend die Siben bey
jhren Eyden niemand fahren laſſen.
Daß
[5]Der Policey Ordnung.
Appendix A.1.9 Das Horb auff den Gaſſen/ ſoll jhm nie-
mandt zueignen.
NAch dem etliche Burger vnnd Jnwohner dieſer Statt/XVI.
auß eigennutzigkeit vnnd zuviel vorthelhafftigem ge-
ſuch/ etwann das Horb auff den Gaſſen/ daruͤber gemeine
Statt Jahrs ein groſſen vncoſten anwenden muß/ hien
vnnd wider zuſammen gemacht/ auffgehebt vnnd in jhre
Haͤuſer getragen/ oder auß den Haͤuſern ins Waſſer ge-
ſchuͤtt/ welches billich nicht ſein ſollen: So iſt geordnet/
daß hienfuͤro bey vermeidung Dreyſſig Schilling ſtraff/ maͤn-
niglich ſich deſſen enthalten/ auch niemand auß den Miſt-
kaͤſten auff den Almend/ ſo gemeine Statt erhaltet/ vnd ein
Nachbarſchafft darein zuſammen tragẽ laſt/ zu ſeinem vorthel
nichts verkauffen/ ſondern gemeiner Statt werden laſſen
ſolle: Dann die Sibenzuͤchter jhr ernſtlich erfahrung
darauff anſtellen/ vnnd wer jhnen alſo von den Sibner-
Knechten geruͤgt vnnd angeben wuͤrd/ dem ſollen Sie bey jh-
ren Eyden die obgemelte ſtraff abnemmen/ vnnd niemanden
verſchonen/ vberſehen noch fahren laſſen/ darnach Sie ſich zu-
richten.
Appendix A.1.10 Gebott der Vlbergaſſenhalb auß-
gangen.
WEr auff der Vlbergaſſen wohnt/ ſoll ſeine WaſſerſteinXVII.
mit ſeygen dermaſſen verſehen/ daß nichts dann Waſſer
heraußer lauffen oder flieſſen moͤge/ darneben auch mit ſei-
nem Weib/ Kinden vnnd Geſinde verſchaffen/ vnnd darob
ſein/ daß nichts vngeſchickts oder vnſaubers in gemelte Gaß
auß jhren Behauſungen geſchuͤtt/ oder geworffen werde/
dann welcher daruͤber befunden vnnd geruͤgt wuͤrde/ der ſoll/
ſo offt daß beſchicht vmb Fuͤnff Schilling der Statt zube-
zahlen geſtraffet werden. Vnnd ſollen die Sibnerknecht bey
jhren Ayden ſchuldig ſein/ zur Wochen zweymahl in Vlbergaß
zugohn/ die zubeſichtigen/ vnnd wa Sie etwas dieſem
A a iij
[6]APPENDIX
zuwider darinn befinden/ ſehen oder gewahr werden/ ſolches
den Sibenzuͤchtern zurůgen vnnd anzugeben/ die ſollen auch
niemandt der alſo ſtraffwuͤrdig befunden wuͤrd/ der beſſerung
erlaſſen.
Appendix A.1.11 Sanct Claußbrucken Traͤnck ſoll nie-
mandt verſchlagen noch daſelbſt Le-
der waͤſchen.
XVIII.ESſoll niemandt/ wer der ſeye/ kein Vaß ahne den zweyen
Traͤncken oben vnnd inwendig S. Clauß Brucken gru-
nen/ noch einig Leder daſelbſt waſchen oder netzen/ ſondern wel-
cher ſein Vaß grunen oder Leder waſchen will/ der ſoll vnnd
mag das thun ahne andern bequemen orten deß Stadens.
Es ſollen auch die Synner kein Vaß/ die Sie ahne jhrem ge-
wohnlichen orth bey der Traͤncken Synnen oder beſchuͤttẽ/ da-
ſelbſt in der Traͤncken vber Nacht ligen laſſen/ damit die Jn-
fahrt der Traͤncken nicht verlegt oder verſperꝛt werde/ dann
welcher dem zuwider handlet/ ſeine Vaß Synnet/ grunet/ Le-
der waͤſche/ oder die Traͤnck wie anzeigt iſt/ verlegt oder ver-
ſperꝛet/ den wuͤrd mann jedesmahl/ ſo dick das beſchicht vnnd
fuͤrbracht wuͤrd/ vmb Fuͤnff Schilling ſtraffen/ vnnd nie-
mands ſolcher beſſerung erlaſſen: deß wiß ſich maͤnniglich zu-
halten.
Appendix A.1.12 Synn bey Sanct Claußbruck ſoll ſauber
vnd rein ſein.
XIX.ALß auch etwann die Synn bey Sanct Claußbruck an
der Preuſch vnſauber gehalten/ offtmahls allerhandt
wuſt vnd vnflat/ auch ſtein vnd anders darein/ vñ in den Ohm
zuber geworffen/ vñ dardurch frembden vnd heimiſchẽ jre Vaß
vervnreiniget worden. Solches zu fuͤrkommen/ iſt Erkandt/
daß die Sibnerknecht jhr achtung darauffgeben/ vnd wo Sie
jemandt erfahren oder befinden/ der ſolchen vnrhat muthwil-
liger weiſe in die Synn/ oder den Ohmzuber ſchuͤtten
oder werffen wuͤrde/ ſolches den Sibenzuͤchtern fuͤrbringen/
vnd
[7]Der Policey Ordnung.
vnd die Sibenzuͤchter denſelben/ der alſo gemuthwillet oder
gefrevelt hette vmb Fuͤnff Schilling ſtraffen/ vnd der beſſerung
niemandt/ der bußwuͤrdig erfunden wuͤrdt/ erlaſſen ſollen.
Appendix A.1.13 Guͤmpelmarck vnder der Erbslauben.
ALs die Sibenzuͤchten ſich ſchrifftlichen beklagt/ daß anXX.
Freytagen Guͤmpelmarckt vnder der Erbslauben gehal-
ten werde ꝛc. Jſt Erkannt/ daß man hienfuͤro kein Guͤmpel-
marckt mehr am Freytag vnder der Erbslauben geſtatten ſol-
le zuhalten/ vnnd wer daruͤber mehr feyl hette am Freytag/ der
ſoll geſtrafft werden nach beſag der Ordnunge.
Appendix A.1.14 Wie die Kaͤuffler vnder der Erbslauben
ſollen Feyl haben.
ALle Keuffler vnd Keufflerin die vnder der Lauben ſitzendt/XXI.
vnd Kleider vnnd andern Haußrath feyl habend/ ſollen
ſolche Kleider vnd Haußrath nicht auſſerhalb der zeichen vnd
außweiſſung/ ſo die Almend beſeher jhnen geben werdent/ hen-
cken/ dann wer ſolche Kleider vnd Haußrath vſſerhalb derſelben
zeichen hienge/ der beſſert Dreyſſig Schilling Pfenning/ vnd
ſollend auch die Siben ſolche beſſerunge niemand fahrẽ laſſen.
Appendix A.1.15 Oſterꝛeich ſoll niemandt auffbrechen.
WEr den Oſterꝛeich in dieſer Statt auffbrichet/ es ſeyendXXII.
Wuͤrth/ Moler/ Maurer oder Zimmerleuth/ oder je-
mand anders/ niemandts außgenommen/ es ſey von Růſtens/
Huͤtten machens oder anderer ſachen wegen/ die ſollend/ wann
Sie daß Geruͤſt oder Hůtten/ dannen thuend/ den Oſtereich
widerumb vermachen/ Jnmaſſen vnnd als guth/ als Er vor
dem auffbrechen geweſen iſt/ vnnd wer das nicht thaͤte/ der ſolle
beſſern der Statt Dreyſſig Schilling Pfenning/ die auch die
Sibenzuͤchter niemand fahren laſſen ſollend.
Appendix A.1.16 Spittalgaͤßlin ſoll ſauber gehalten werden.
VNſere Herꝛen haben Erkandt/ daß der SchweinzugkhXXIII.
im Spittelgaͤßlein/ hienfuͤro allerdings abgeſchafft ſein/
das
[8]APPENDIX
daß Gaͤßlin ſauber gehalten/ Miſt/ Faͤget vnnd anderer Vn-
rath nicht fuͤr die Haͤuſer geworffen/ vnd ob ſolchem durch die
Sibenzůchter mit ernſt gehalten werden ſolle.
Appendix A.1.17 Das niemand kein More in der Statt
ziehen ſoll.
XXIV.VNſere Herꝛn Meiſter vnd Rath ſeind vberein kommen/
daß niemandt in vnſer Statt kein Schwein ziehen ſoll
auff Mehrſchatz/ Er wolle es dann ſelber in ſeinem Hauſe eſ-
ſen/ doch ſo ſoll er die Schwein/ es ſeye luͤtzel oder viel/ die Er al-
ſo in ſeinem Hauſe eſſen will/ nicht laſſen gohn vnbehuͤt in den
Gaſſen/ durch das niemand kein ſchade von jhnen geſchehe/
doch ſonderlichen mit nahmen/ ſo ſoll niemand hienfuͤro mehr/
kein More in dieſer Statt ziehen/ vnd wer anders thut/ dann
darvor beſcheiden iſt/ der beſſert Dreyſſig Schilling Pfen-
ning/ vnd wer auch dieſelben Schwein/ die alſo vnbehuͤt gien-
gend/ in den Gaſſen intribe/ erſteche oder jchzet thaͤte/ da ſoll kein
Gericht noch beſſerung nachgohn.
Appendix A.1.18 Von Schwein ziehen.
XXV.VNſere Herꝛen Meiſter vnd Rath/ Schoͤffen vnnd Am-
man ſeind mit Vrtheil vbereinkommen/ vnnd haben es
auch ertheilt/ daß niemandt in dieſer Statt/ noch in vnſerer
Statt Ringmauren/ wo oder an welchen ſtetten/ das iſt/ es
ſey in den Vorſtaͤtten/ oder anderswo kein Varch klein oder
groß ziehen ſoll/ außgenommen/ wo ein rechte redliche Hauß-
oͤhr iſt/ da moͤgend die/ die rechte Haußoͤhr hand/ ein Hauß-
oͤhre wol zwey Schwein ziehen vnd nicht mehr/ vñ wer anderſt
Varch zuͤge/ wann darvor geſchrieben ſteht/ der beſſert von je-
des Viehes Haupt Zehen Schilling Pfenning/ vnd will man
jhme die Vaͤrher darzu nemmen vnnd vnſerem Spittahl
geben: Dieſelben Schwein/ wolte die jemandt verkauffen/ der
ſoll Sie in vnſer Statt verkauffen vnnd niemandt zu kauffen
geben/ der Sie von vnſerer Statt fůhren wolte/ wann es ſoll
vmb daſſelbe ſtuck bleiben/ alsdann von der Metzger wgen
in vnſer Stattbuch verſchrieben ſteht.
XXVI.Es ſoll auch niemandt anders kein Vaͤrher verdingen
zuziehen/ in vnſerer Statt Ringmauren/ wa das iſt/ in keinen
wege/
[9]Der Policey Ordnung.
wege/ doch geht daß nicht an der Gartner Vaͤrher die redtlich
Ackerhoͤff handt/ vnd die Vaͤrher die fůr den Huͤrten lauffend/
alle dieweil Sie dieſelben Vaͤrher fuͤr den Huͤrten habend
gohn/ So ſolle es den Gartnern nicht ſchaden/ alſo mit fuͤr-
worten/ wolt ein Gartner Vaͤrher ziehen/ die Er nicht fuͤr den
Huͤrten ließ lauffen/ die ſoll Er in ſeinem Hoff ziehen/ vnnd die
nicht fuͤr ſeinen Hoff laſſen gohn/ in keinen wege.
Wollent auch Brotbecker oder Muͤller/ Olyleuth/ Mehl-XXVII.
leuth oder ander Leuth/ wer die ſeind/ mehr Vaͤrher ziehen/ daß
moͤgend Sie wol thun außwendig vnſer Statt Ringmau-
ren/ alſo daß Sie doch auch nicht mehr dann vier vnd zwan-
tzig Vaͤrher ziehen/ zwoͤlff feiſte vnd zwoͤlff magere/ vnnd nicht
mehr/ Dieſelben Verhe ſollend Sie anch nicht traͤncken noch
zu Waſſer treiben in vnſer Statt Burggraben/ ſonſt moͤgen
Sie zu Waſſer treiben wa Sie getrawen jhnen nutz ſein. Al-
ſo daß Sie die Schwein nicht treiben/ da es vnſer Statt ſchaͤd-
lichen iſt. Dieſelben Schwein moͤgend Sie die halben ver-
kauffen/ außwendig vnſerer Statt/ wann Sie woͤllend/ vnnd
die andern halben ſollend Sie verkauffen in vnſerer Statt/
dagegen iſt den Brotbecken gegoͤnnet der Metzger Banck.
Dieſelben Schwein die da gegoͤnnent ſeind zuziehen/ ſollXXVIII.
niemand vnbehuͤtlaſſen gohn/ vnnd wa man die Schwein/ es
ſey jnwendig oder außwendig der Statt findet/ vnbehůt gohn/
die will man auch nemmen/ vnd an vnſern Spithal geben/ vnd
will mann auch hut daruͤber ſetzen.
Vnnd welche Perſon/ es were Brotbecker oder jemandXXIX.
anders/ wer der were/ ſolcher vorgeſchriebener ſtuck eins ver-
breche/ oder darwider thaͤte/ es were an einem ſtuck oder mehr/
in welchen weg das were/ den oder die ſollend die Siben/ den
daß auch ernſtlichen empfohlen ſein ſoll/ darumb ſtraffen/ vnd
die beſſerung niemand/ wer die verſchuldet/ fahren laſſen/ bey
jhren Eyden.
Appendix A.1.19 Wem vnd wieviel Gaͤnß zuziehen
erlaubt.
KEin Muͤller ſo dieſer Statt angehoͤrig ſoll mehr dannXXX.
zwoͤlff/ andere Burger vier vnnd zwentzig Gaͤnß ziehen/
vnd zu Waſſer/ Wunn vnd Weyde gehen laſſen/ doch alſo daß
B b
[10]APPENDIX
ſolche Gaͤnß nicht auff Acker/ Matten vnnd Guͤter kommen/
da Sie ſchaden thun koͤnnen. Als auch die Gaͤnß gegen dem
Sommer hinauß pflegen Junge außzuhecken/ die mit den Al-
ten zu Waſſer vnd Weyde gehen/ iſt Erkannt/ daß ſolche jun-
ge Gaͤnßlin lenger nicht/ dann biß Sie auffs hoͤchſte ſechs
Wochen alt ſein/ auff der Weyde gelaſſen/ ſondern als dann/
entweder die Jungen oder die Alten/ biß an obbeſtimpte geord-
nete vnd zugelaſſene anzahl/ hienweg geſchafft/ vnnd darunder
kein gefahr gebraucht werden ſolle. Vnnd ſoll hiemit den
Sibenzuͤchtern befohlen ſein/ die jenige/ ſo mehr Gaͤnß/ als
die beſtimpte zahl/ (die Jungen wie obſtehet/ außgenommen)
zu Waſſer vnd Weyde gehen laſſen werden/ fuͤr zuſtellen/ vnnd
vmb jedes ſtuck ſo vber die zahl befunden wuͤrd/ Fuͤnffplap-
part ohn ablaͤſſig zur ſtraff abzunemmen/ vnnd mit andern beſ-
ſerungen zuverꝛechnen/ darnach Sie ſich zu allen theilen
ſollen zurichten vnnd fůr ſchaden zuverhuͤten wiſſen.
Appendix A.1.20 Wer dem Andern ſein gefluͤgel auff-
fienge oder andere eſſende Speiß
neme.
XXXI.WEr bey Nacht oder bey Tag dem andern Huͤener/ Tau-
ben/ Gaͤnß/ Enten/ Fiſch/ Wein/ oder was eſſende
Speiß das wehre/ nehme/ erwuͤrff/ erſchluͤge/ aufffienge o-
der erſchoͤſſe/ in der Statt oder in dem Burgbann/ ſemlichs
ſoll mann den Sibnen fuͤrbringen/ die ſollen ſolches richten
vnnd rechtfertigen auff jhr beſte verſtaͤndnuß/ wo aber je-
mandts dem andern das ſeine ſo groͤblich nehme/ aufffieng
vnnd enttruͤge/ da es kundtlich were/ das ſollend die Siben
fuͤr Meiſter vnnd Rath weiſen/ vnd die ſollend vor Meyſter
vnd Rath geſtrafft werden.
Appendix A.1.21 Von Tauben fahen.
XXXII.ES ſoll niemand kein zahme Taube/ es ſeyen Jung oder
Alt/ dem andern abfahen/ es ſey in vnſerer Statt/ oder
in dem Burgbann/ vnnd wer das thaͤte/ es ſey Mann oder
Weib/
[11]Der Policey Ordnung.
Weib/ der beſſert fuͤnff Pfundt Pfenning/ hette Er aber der
fuͤnff Pfundt nicht/ ſo ſoll Er darfuͤr beſſern von der Statt/ als
lang als es Meiſter vnd Rath erkennet/ vnd ſoll es auch Mei-
ſter vnd Rath richten/ wie es jhnen fuͤr kompt.
Appendix A.1.22 Wer den Andern beſchuͤttet.
OB jemand/ wer der were der in dieſer Statt einen außXXXIII.
dem Hauß beſchuͤttet/ nachts vor Neun Vhren vnnd
Morgents nach der Thorglocken/ der ſoll beſſern Dreyſſig
Schilling/ vnd ſoll man die beſſerung niemand fahren laſſen.
Appendix A.1.23 Nachts nicht ohn ein Liecht auff der
Gaſſen gehn.
VNſere Herꝛen Meiſter vnd Rhat vnd die Ein vnd Zwan-XXXIV.
tzig haben Erkandt/ daß hienan fuͤrter niemandt mehr/
wie der genant iſt/ Frem̃d oder Heimiſch/ Geiſtlich oder Welt-
lich/ affter der zeit/ daß die Glock zum Muͤnſter/ damit mann
in der Faſten zu Predigen leuthet/ Nachts außgeleutet iſt/ in
dieſer Statt/ oder in den Vorſtaͤtten/ affter der Gaſſen ſoll gon/
ohn ein gewohnlich buͤrnend Liecht/ bey ſtraff zehen ſchilling.
Vnd ſollen die Siben ſolche beſſerung niemanden fahren laſ-
ſen.
Appendix A.1.24 Brandwein Leuth ſollen am Sontag vor
der Predig kein Zehren halten.
KEin Weinbrenner noch Weinbrennerin/ noch ſonſt je-XXXV.
mand anders/ ſoll an dem Heyligen Sontag zu Mor-
gen/ vnd ehe die Predig vnd Kuͤrchen Aempter auß ſeind/
kein Jrꝛten oder Zehren/ mit Brandtemwein/ oder ſonſt in
noch auſſerhalb der Statt Straßburg haben noch halten/
bey der Poen Dreyſſig Schilling Pfenning/ darauff man
auch ſonder Hut gemacht/ vnnd Sie vor ſchaden hiemit ver-
warnet haben will.
B b ij
[12]APPENDIX
Appendix A.1.25 Gartner ſollen kein Ruben oder Rettich vn-
gebunden auff den Fronhoff zu Marck
fuͤhren.
XXXVI.ES ſoll kein Gartner ſeine Ruben oder Rettich hienfuͤro
mehr vngebunden auff den Fronhoff zu Marck fuͤhren
vnd verkauffen/ vnnd was Krauts Sie daſelbſt von den Ret-
tichen vnnd Ruben abhauwen/ ſoll ein jeder das ſeine mit jhme
auff ſeinem Karch wider hienweg fuͤhren/ vnd welcher hierwi-
der thut/ vnd durch die Sibner Knecht (die jhr fleiſſigs auff ſe-
hen deßhalb haben ſollen) daran befunden wuͤrd/ den ſollen
Sie bey jhren Ayden den Sibenzuͤchtern ruͤgen vnnd ange-
ben/ damit Er vmb ſein vberfahren nach gepuͤer geſtrafft wer-
de.
Appendix A.1.26 Gartner ſitz halben auff dem Rubenmarck
jenſeit der Schindtbrucken.
XXXVIIES ſollen die Gartner ihre Ruben/ Rettich vnnd Kraut
vber der Schindtbrucken vnnd zu beyden ſeiten zwiſchen
den vier Marckſteinen/ wie die vnderſchiedlichen mit der
Statt ſchild bezeichnet ſeind/ vnnd nicht außwendig oder vber
denſelben/ feyl haben/ verkauffen/ vnnd ſich ſonſt mit dem zufuͤh-
ren vnd abladen in allermaſſen/ wie darvor geordnet worden/
halten. Dann welcher vber ſolch gebott vnnd verbott/ ſich in
die weg oder ſonſt naͤher zu der Burger Haͤuſer außwendig jh-
rer Marckſtein ſetzen vnd feyl haben wuͤrdt/ dieſelben wollen
vnſere Herꝛn Meiſter vnnd Rhat/ durch die Sibenzuͤchtiger
jedesmahl vmb Fuͤnff Schilling Pfenning vnablaͤßlich zube-
zahlen mit ernſt thun ſtraffen.
Appendix A.1.27 Daß man kein Truſenaͤſch in einer halben
Meilen wegs brennen ſoll.
XXXVIIIMAnn ſoll von vnſer Frauwen Tag der Kuͤndung in der
Faſten/ vntz vnſer Frauwen Tag der Huͤndern kein
Truſen Eſchebrennen/ jnnwendig einer halben Meilen wegs/
vnd
[13]Der Policey Ordnung.
vnd außwendig derſelben Zeyt/ mag man Sie wol brennen/
doch das es außwendig deß Burckbanns geſchehe/ vnnd wer
daß verbreche/ der beſſert Dreiſſig Schilling Pfenning.
Appendix A.1.28 Becken vnd Mehlleuth wie ſie Meel vnnd
Gruͤß verkauffen moͤgen.
DJe Becken ſo kein Grempenhandel mit Gekuͤrn nebenXXXIX.
jhrem Handwerck treiben/ ſollen jhr Frucht anders
nicht/ dann in gebachenem Brodt vnnd den Gruͤß ver-
kauffen/ Die andern aber/ ſo auch Mehlgrempen ſeind/
deßgleichen die Mehlleuth/ keinen Waitzen/ Rocken/ Gerſten
vnnd Habern/ darzu kein Mehl Viertels oder Achtels
weiß/ ſondern allein bey kleinen Meſſen/ vnnd eintzigen o-
der zum hoͤchſten zweyen Seſtern verkauffen/ vnnd darin-
ne allerdings kein gefahr brauchen/ bey der Poen Dreyſſig
Schilling Pfenning/ ſo ein jeder der hierwider handlen
wuͤrde/ von jedem Achtel oder Viertel abrichten vnnd beſ-
ſern/ daruͤber die Sibenzuͤchter ernſtlich halten/ vnnd kei-
nem der Bußwuͤrdig funden wuͤrd/ die beſſerung nach laſ-
ſen/ vnnd ſollen es die Vngelter vnnd alle vngelts verwan-
the/ die Marckhuͤter/ Kornmeſſer vnd Sibnerknecht bey jh-
ren Eyden zu ruͤgen ſchuldig ſein.
Appendix A.1.29 Maurer/ Zimmerleuth/ Moͤrdelknecht/
ſollen wann Sie von der Arbeit gehn/ kein
Holtz mit ſich weg tragen.
ALs ein groſſer Mißbrauch bey Zimmerleuthen/ vnndXL.
Mauwrern eingeriſſen/ daß nemblich dieſelbige/ deß-
gleichen jhr Geſind/ auch Moͤrdelknecht vnnd Handreicher
(die ſchuldigen allein gemeint) wann Sie im Tag oder A-
bendts von der Arbeit gehn/ Spaͤne/ Stimel/ Kloͤtzlin/ Die-
lenſtuck/ Bogen/ Schalbretter vnnd ander dergleichen Holtz
mit ſich heim zutragen pflegen/ welches dem Bauwherꝛen zu
ſchaden gereichen thut/ vnd als ein vngebuͤhrliche ſach nicht zu-
dulden. Solches ſoll hinfuͤro nicht mehr ſein/ vnd ſollen gemelte
Arbeiter deren ding nichts mehr von der Arbeit nehmen
B b iij
[14]APPENDIX
vnd heimtragen/ oder auch durch jhre Weiber oder jemand
anderswegtragen laſſen/ ohn alle gefaͤrd/ ſondern ſich jhres
geſetzten Taglohns benuͤegen laſſen bey der Poen Dreyſſig
Schilling Pfenning/ ſo offt einer daruͤber betretten oder iner-
fahrung gebracht wuͤrd. Darauff ſollen die Siben zuͤchter
achtung vnd auffmerckens thun laſſen/ die vbertretter fuͤr ſtel-
len/ rechtfertigen/ vnnd welcher ſich nicht mit redtlichen vrſa-
chen verantworten vnd purgiren kahn/ die ſtraff nicht vberſe-
hen noch fahren laſſen.
Appendix A.1.30 Daß man nicht mit Handbuͤchſen zum Ge-
fuͤgel ſchieſſen ſoll in einer Meilen wegs.
XLI.ES ſoll niemandt in dieſer Statt noch in einer Meilen
wegs zu ring vmb dieſe Statt zu rechen zu keinem Vogel
noch Wildprett mit Handbuͤchſen ſchieſſen/ vnnd welcher das
daruͤber thaͤte/ der beſſert Dreiſſig Schilling/ die mann nie-
mandts fahren laſſen will/ auch ernſtlich hut daruͤber ſetzen/
vnnd ſoll den Sibenzuͤchtern empfohlen ſein ſolches zu richten
vnd zu rechtfertigen vnd ahne der beſſerung nichts nachzulaſ-
ſen bey jhren Eyden.
Appendix A.1.31 Daß niemandt dem andern in ſeine Gaͤr-
ten ſteigen/ ſeine Zeunabbrechen noch daran kei-
nen ſchaden zufuͤgen ſoll.
XLII.ES ſoll niemandt dem andern ſein Zaun abbrechen/ noch
in daß ſein gohn/ ſteigen oder daran einigen ſchaden thun
noch zufuͤgen/ in keinen wege/ es were außwendig der Statt o-
der jnwendig der Statt/ dann wer das thaͤte/ der ſoll beſſern
Dreyſſig Schilling Pfenning/ vnd ſoll darzu dem jenen dem
der ſchaden geſchehen iſt/ ſeinen ſchaden kehren/ vnd will mann
Hut darůber ſetzen/ daß es niemand vberſehen werde/ Auch
ſolle ein jeder/ dem alſo ſchade geſchicht/ ſolches bey ſeinem
Eyde fůr derlich dem Sibner Meiſter fuͤrbringen/ vnnd ge-
ſchrieben geben/ auff das der Statt jhre beſſerung werde/
vnnd ſollend die Sybner die beſſerung ſtracks nemmen/ vnd
niemandt
[15]Der Policey Ordnung.
niemandt fahren laſſen/ bey jhren Eyden/ vnd wo die Siben
dem alſo nicht vnverzogenlich ſtracks nachgiengendt/ ſo ſollen
die Herꝛen Fuͤnffzehen/ die Syben darumb ſtraffen/ vnnd
wo es die Knecht fůrbringend/ ſo ſoll jhnen davon werden der
Dritte Pfenning der beſſerung/ vnd wer jemandt das ſein al-
ſo nimpt/ oder ſchaͤdigt/ vñ die ehegemeldte beſſerung der Dreiſ-
ſig Schilling Pfenning nicht zugeben hat/ den ſoll mann dar-
fuͤr in den Thurn legen.
Appendix A.1.32 Das niemandt vber die geſaͤete Acker
reiten ſoll.
KEin Burger noch jemand anders/ wie der genannt iſt/XLIII.
ſoll vor dieſer Statt/ noch in dem Burgbann/ auch nicht
zu Jlkuͤrch vnnd in den Bannen hierumb/ da wir zugebieten
haben/ vber die geſaͤeten Acker reuten/ ſondern der
Frucht im Feldeſchonen/ vnnd welcher das daruͤber thaͤte/ der
jeglicher/ beſſert Zehen Schilling Pfenning/ ſo dick das geſche-
he/ die mann niemandt fahren laſſen will.
Appendix A.1.33 Ob jemandt die Sybenerknecht ſchmaͤch-
te mit worten oder wercken.
WEre es/ das jemandts/ es weren Frawen oder Mann/XLIV.
wie die genannt ſeind/ niemandt außgenommen/ die
Sibnerknechte vmb jr fuͤrbringen ſchmaͤchte/ ſchuldigte/ fluch-
te oder ſchuͤlte/ ſolches ſollen Sie den Sibenzuͤchteren fuͤr brin-
gen vnd ſagen/ niemandts zu lieb noch zu leyd auff jhre Eyde:
vnnd vber ſolch fuͤrbringen vnnd ſagen/ ſollend die Sibene kein
kundtſchafft noch warheit mehr hoͤren/ Es were dann/ daß
Sie bedauchte/ daß die Sach etwas argwoͤhnig/ vnnd
nicht lauter were/ So moͤgen Sie wol jhr erfahren nach den
ſachen vnd dem fuͤrbringen haben: vnnd welche Perſohnen alſo
bußwuͤrdig funden werdend/ die ſollen vmb ſolch geſchmaͤchte/
die Sie den Knechten/ oder jr einẽ beſunders/ oder welcher Per-
ſon ſolch fuͤrbringen empfohlen iſt/ gethon hand/ beſſern der
Statt Dreyſſig Schilling Pfenning vund nicht minder/ oder
ſollend aber in dem Thurn darfuͤr ligen/ drey gantze Monat/ vñ
ſoll man jhn die drey Monat auß/ nit dañ Waſſer vñ Brot ge-
ben/ vñ wañ die drey Monat vm̃ ſind/ ſo ſollẽi Seſchwoͤren an
GOtt
[16]APPENDIX
GOtt ein vrphed/ von den ſachen vnd gefaͤngknuß wege/ vnd
darzu nimmer mehr wider die Statt Straßburg noch die jren
zuthuend/ in keinen wege/ vnnd ſollend die Siben ſolchem alſo
nach gohn/ vnd niemandts darinn anſehen auff jhren Eyde.
Appendix A.1.34 Das die Sibnerknecht bey allen Geſellſchaff-
ten ſein moͤgen/ vnd Sie niemandt fuͤr ſchnoͤde
halten ſoll.
XLV.DEr Sibenzůchter Knechten allenſampt vnd jeglichem be-
ſonder/ ſoll man in allen Geſellſchafften es ſeye auff Stu-
ben/ es ſey bey ſchieſſen oder bey anderem Erbaren weſen/ allen
Erbaren wandel goͤnnen/ vñ gut geſellſchafft mit jhnen haben/
als mit andern guten geſellen/ were aber/ das hieruͤber jemand
ſo frevel were/ vnd der Sibner Knechten/ eim oder mehr/ ſeines
Ampts halb ſchmaͤhlich zuredete/ oder jhme zu leid jhn nannte
Butzbach/ oder andere ſchnoͤde wort zulegte/ ſo ſollend die Si-
benzuͤchter denſelben fraͤveler/ vmb ſolchen fraͤvel zu rede ſetzen
vnd ſtraffen/ auff jhre Eyde.
Appendix A.1.35 Die Sibnerknecht ſollen kein ſchenck/ muͤet
noch muͤetwohn nemmen.
XLVI.WAnn ein Sibnerknecht von jemandts/ wer der were/ ei-
nerley ſchenck/ muͤet oder muͤetwohn nemmen/ oder je-
mandt jtzt erlaubdent auff den Auwen oder andern ſtucken
zuthun/ das verbotten iſt oder verbotten wuͤrd/ wo ſolches den
Sibenen fuͤrkompt/ vnd ſich kundtlich findet/ den oder die ſoll
man in das Halß Jſen ſtellen/ vnd hett jhr einer ſtandgelt oder
wochenlohn auff der Statt/ daß ſoll ab ſein/ vnd ſoll darzu ſein
Ampt verlohren haben/ vnnd auch nimmermehr der Statt
Knecht werden.
XLVII.Vber die oberzehlte vnd mehr andere Articul/ iſt den Sie-
benzuͤchtigern noch ferners die auffſicht vnd handhab vnder-
ſchiedlicher Ordnungen/ vertrawt vnnd auffgetragen/ Als da
ſeind die Ordnungen der Landbrotbecker/ der Fiſcher/ der
Grempen/ der Vogler/ der Strohſchneider/ der Holtzleger vnd
Kaͤrcher/ deß Gartnermarcks auff Martinsplatz/ deß Milch-
marcks vnnd viel andere/ wie ſolche alle in jhrem Articulbuch
außfuͤhrlich beſchrieben ſtehen.
[17]Der Policey Ordnung.
Appendix A.2 TITULUS XIX.
Vnderſchiedliche Man-
data/ die vor Jahren alhie außgangen/
vnd denen annoch gehorſam vnd volge ge-
leiſtet werden ſoll.
Appendix A.2.1 I.
Mandat/ wider die Außforderungen vnd
Duell, vom Jahr 1609.
WJr Hugo Sturm von Sturm-
eck/ der Meiſter vnnd der Rhat dieſer
Freyen Reichs Statt Straßburg/ ſampt
vnſern Freunden/ den Ein vnnd Zwaͤntzi-
gen/ Thun hiemit meniglich zuwiſſen.
Das wir eine Zeit hero nicht mit geringen
beſchwerden vernommen/ das vnruͤwige Mannsperſohnen
vnd Junge Geſellen/ auß zuviel groſſer Frechheit/ verachtung
vnd vergeſſung GOTT deß Allmaͤchtigen/ ſich durch vber-
fluͤſſige beweinung/ oder andere dergleichen an ſich ſelbs vnzu-
laͤſſige anreitzungen/ dahin bewegen laſſen/ zu erſettigung ge-
faſter Rachgirigkeit/ ein ander Außzufordern/ vnnd zu ver-
meinter nichtiger beſchoͤnung/ jhres boͤſen fuͤrhabens/ vor vn-
ſere Stattpforten einer den andern/ bey verluſt ſeiner Ehren/
zu beſcheiden/ vnd außzuheiſchen. Darůber ſich nicht allein
zum offtermahlen beſchwerliche Leibs beſchaͤdigungen/ ſonder
auch jaͤmmerliche Entleibungen vnd Todtſchlaͤg begeben/ wie
ſolches in kurtzem durch vnderſchiedliche Exempla/ nicht ohn
groſſe Ergernuß aller Ehr- vnnd Friedliebenden/ iſt erfahren
worden.
Wie nun durch dergleichen Gottloſes fuͤrhaben/ zuvor-
derſt ſeine Goͤttliche Majeſtat/ in deren gewalt allein/ aller
Menſchen vnnd Creaturen Leben vnnd erhaltung ſteht/ zum
hoͤchſten beleydigt/ Ja gleichſam gar verleugnet/ vnd dem Teuf-
C c
[18]APPENDIX
fel/ von ſolchen vermeſſenen Geſellen/ vber jhr Leib vnd Seel/ ſo
viel an jhnen/ gewalt eingeraumbt wuͤrd.
Ein ſolches auch allem Gutem/ Ehrbaren/ Politiſchen/
Fridlichen weſen zuwider/ Der geſtalt/ daß es auch bey den
Heyden/ die doch Gottes kein erkandtnuß gehabt/ nicht aller-
dings vnſtraffbar gehalten worden.
Alſo koͤnnen viel weniger wir/ als ein Chriſtliche Ober-
keit/ ſolchem Gottloſen/ Viehiſchen beginnen vnnd fuͤrhaben/
lenger zuſehen/ oder die vngeſtrafft hingehen laſſen.
Gebieten demnach Vnſern Burgern/ Burgersſoͤhnen/
Studioſen/ Jnnwohnern/ angehoͤrigen oder Schirms ver-
wandten/ ledigen Handtwercks Geſellen/ vnnd in gemein allen
vnd jeden/ die ſich Mannlicher Wehr zugebrauchen/ tauglich
ſelbſt duncken/ nicht weniger als hie bevor in Anno fuͤnffze-
henhundert Achtzig vnd drey auch beſchehen/ Das ſie in der
Statt/ oder auch auff dem Landt inn Flecken/ oder auff dem
Feld/ ſo weit vnſer Oberkeit vnnd Gebiet ſich erſtreckt/ ſolches
außheiſchens/ außforderns/ vnnd was dergleichen mehr zube-
ſchaͤdigung deß andern erdacht werden mag/ ſich gaͤntzlich
enthalten/ Vnd ein jeder vmb ſeiner zu dem anderen habenden
Zuſpruchs willtn/ ordenlicher vnd erlaubter mittel gebrauche.
Mit dem Anhang/ Da dergleichen Außfordern/ wieder diß
vnſer Verbott/ ſich ferner begeben/ vnd einige entleibung daruͤ-
ber entſtehn ſolt/ Daß vber den entleibten/ da das Außhei-
ſchen durch jhne geſchehen/ kein Recht ſoll gegen dem Thaͤter
geſtattet/ vnnd nichts deſtoweniger derſelb durch vns von O-
berkeit wegen/ nach befundenen ſachen/ an Leib oder Leben ge-
ſtrafft/ Der Thaͤter aber/ da er den entleibten außgefordert/
als ein fuͤrſetzlicher Todtſchlaͤger/ vermoͤg weyland Keyſer
Caroli deß Fuͤnfften Peinlicher Halßgerichts Ordnung/ am
leben geſtrafft werden. Da aber gleich kein Todtſchlag/
ſondern andere leibs beſchaͤdigung entſtuͤnd/ bevde theyl vor-
gehoͤrter Vrſachen wegen/ als veraͤchter GOTtes vnnd der
Oberkeit/ nach gelegenheit der ſachen/ am Leib oder Leben ge-
zuͤchtiget werden.
Es ſoll auch ein jeder ſo ein andern obgeſetzter maſſenauß
zufoͤrderen/ hinfuͤrter ſich vermeſſen wuͤrd/ der ander erſcheine
oder nicht/ alsbald wir deß kundig werden/ inn vnſers Rahts
ſchwere
[19]Der Policey Ordnung.
ſchwere ſtraff/ nach befindung der ſachen/ vnd deſſelben Erkant-
nuß gefallen/ vnd daß außbleiben oder nicht erſcheinen/ dem ge-
forderten an ſeinen Ehren vnſchaͤdlich vnd vnverletzlich ſein/
Deſſen wir ein jeden hiemit/ bey vermeidung obgemelter ſtraff/
wollen verwarnt haben. Geſchehen vnd erkant Montags
den Sechſten Februarij/ als man zahlt/ ein Tauſent/ Sechſ-
hundert vnd Neun Jahr.
Appendix A.2.2 II.
Conſtitution,Wie der Ehebruch vnd andere
Vnzucht/ ſoll geſtrafft werden/ vom
Jahr. 1594.
WJr Hugo Sturm/ der Meiſter/
vnnd der Rath/ Schoͤffel vnd Amman/
dieſer Freyen Reichsſtatt Straßburg/
Thun kundt/ Nach dem offenbar das vn-
der allen Laſtern der Ehebruch/ Hure-
rey vnnd Vnzucht nicht die geringſten/
vnnd gleichwol das dieſelbige gebuͤhrli-
lichen abgeſchafft wuͤrden/ hievor vnderſchiedliche Conſti-
tutiones vnnd Mandata gemacht/ publiciert/ auch die
Vbertretter ſo wol mit dem Thurn/ als auch/ je nach gele-
genheit vnnd vmbſtandt der Perſonen vnnd geſchicht/ mit
anſehenlichẽ Geltſtraffen/ gezuͤchtiget worden: Solche Straf-
fen aber ſo wenig verfangen/ daß auch angeregte Laſter mehr
dann zuvor zugenommen/ gemein/ vnnd weder die in GOt-
tes gebotten getrohete ewige/ noch ehegerůhrte zeitliche ſtraf-
fen in acht genommen/ ſonder leichtfertiglichen/ fuͤrnemlichen
aber auß dieſer vrſachen/ dieweil ſolche Laſter mehrentheyls
mit Gelt gebuͤſſet vnnd bezahlt/ vbertretten worden. Da-
mit nuhn der gleichen mit ernſt abgeſchafft/ vnnd menniglich
davon abgehalten wuͤrde/ So ſeind wir obangeregte vor-
außgangene Mandata nachfolgender maſſen zuernewern/
zuſcherffen/ vorgedachtem vbel vorzuſein/ vnnd daſſelboſſent-
lich zu verkůnden vervrſacht worden.
C c ij
[20]APPENDIX
Appendix A.2.3 Straff deß Ehebruchs.
SO ein Ehegemaͤcht/ Weib oder Mann/ an dem an-
dern bruͤchig/ wuͤrd daſſelb zum erſtenmahl ergrieffen/ o-
der ſonſt kundtlich gemacht/ daß ſoll gefaͤngklich angenom-
men/ vierzehen tag lang mit Waſſer vnd Brodt im Thurn ge-
halten/ Vnnd da es ein Manns Perſohn/ weder zu Gericht
noch Recht/ oder zu andern ehrlichen Emptern gebraucht/ o-
der da erſolche Empter zuvor truͤg oder beſaͤſſe/ derſelbigen al-
lerdings entſetzt werden. Vnd da ſolſcher Ehebruch von ei-
nem Ehemann mit einer ledigen Tochter/ vnd alſo beſchehen/
das er diezu ſeinem willen durch liſtige wort oder ſchenckun-
gen hindergangen/ vnnd ſie jhrer Jungfraͤwlichen Ehren be-
raubt vnd verfellt/ der ſoll vber vorgeſetzte Straff/ auch jhr der
Tochter/ nach gelegenheit Stands vnd Herkommens/ ein Hey-
rath Gut/ nach vnſer deß Rahts erkantnuß zuerſtatten an-
gehalten/ oder da er alſo Arm/ daß er ſie außzuſteuren nicht
vermag/ vnſerer Statt vnnd Obrigkeit ſo lang biß er ſich mit
jhr verglichen/ verwiſen werden.
So es aber ein Weibsbild/ die ſoll gleicher geſtalt ge-
faͤnglich eingezogen/ vnd vierzehen tag lang im thurn gehalten/
Vnnd nach dem ſie deſſen erlaſſen/ zu keiner Hochzeit/ offnen
Taͤntzen/ ehrlichen Geſellſchafften auff den Zunfftſtuben/ nicht
beruffen oder geladen werden/ Vnnd ob ſie ſchon auß jrꝛ-
thumb/ ohn wiſſendt oder auß vergeßlichkeit beruffen/ ſoll ſie
doch dahin nicht gehen/ noch allda geduldet werden/ darzu kein
Gold noch Seiden wahr/ oder einiche Kleidung mit Seiden
belegt/ antragen.
Vnnd da das beleydigte Ehegemaͤcht das ſchuldige be-
gert auß der Statt zuaͤchten/ ſo ſoll darauff/ durch Meiſter
vnnd Raht das bruͤchige zum wenigſten ein Jahr der Statt
vnd Burgbanns vertrieben werden.
Wuͤrde es aber zum andern mahl ahne dem Ehebruch
befunden/ oder der Ehebruch kundtlich gemacht/ das ſoll ge-
faͤnglich angenommen/ vnnd auff den naͤheſten Rahtstag
durch die Thurnhuͤter/ jedermann zu einer ſcheuhe vnnd offnen
Exempel/ an ein beſonder ort geſtelt werden/ daſelbſt ſo lang biß
der
[21]Der Policey Ordnung.
der Raht auffſtehet/ ſtehen bleiben/ vnd demnach dieſer Statt
vnd Biſtumbs ſein lebenlang/ bey lebens Straff nicht mehr
darein zukommen/ vnd mit einer geſchwornen Vrphed/ geaͤch-
tet vnd verwieſen werden.
Wa aber einige Perſohn vber ſolche zwo empfangene
Straffen begnadet/ vnd deren wider in die Statt vnd Biſt-
thumb Straßburg zukommen erlaubt/ vnd aber ohngeachtet
beſchehener begnadung weiter in den Ehebruch fallen wuͤrde/
Der oder Die/ ſollen nach erkundigung begangenen Laſters/
mit Vrtheil vnd Recht vom Leben zum Todt/ da es ein Mann
mit dem Schwerdt/ da es aber ein Fraw/ mit dem Waſſer ge-
richtet vnd ertraͤnckt werden.
So ein Lediger/ Burger/ Burgers Sohn oder Fremb der
mit einer Ehefrawen ſich vermiſcht/ der ſoll gefaͤngklich ange-
nommen/ vierzehen tag lang im Thurn/ mit Waſſer vnd Brot
gehalten/ alsdann dieſer Statt vnd Biſthumbs ſein lebenlang
bey einer leib Straff/ darein nimmer mehr zukommen/ verwie-
ſen werden.
Gleicher geſtalt ſoll es auch mit einer ledigen Frawen
Perſon/ ſo ſich mit einem Ehemann vermiſcht/ ſie ſey Burge-
rin oder Frembd/ gehalten werden.
Vnd da ſich zutragen vnnd kundtlich befunden wuͤrde/
daß ein Ehegemaͤcht dem andren mit auffſatz vnnd gefaͤhrde/
mittel vnd weg beſtellt vnd zurichtet/ Jn was maß das beſche-
he/ daß es bruͤchig wuͤrde/ vnnd dardurch gefaͤhrlicher weiß
ſcheydung zuerlangen verhoffte:
Oder ſo zwey Ehegemaͤcht in ſolche blindheit fielen/ das
ſie ohngeſcheucht vor einander jhr Ehe zu einem theyl oder
beiderſeits brechen wuͤrden/ daſſelbig oder ſie beyde/ jhe nach
dem ſich die ſach zutruͤge/ ſoll oder ſollen vom Leben zum Todt
vervrtheylt vnd gerichtet werden.
Appendix A.2.4 Nothzog.
WAnn ein Jungfraw oder Fraw nothzoget/ wuͤrde das be-
wiſen/ der es gethan hat/ ſoll an ſeinem Leben geſtrafft
werden/ Jnnhalt der Articul im Rathsbuch begriffen.
Appendix A.2.5 Jungkfrawen ſchwechen.
WAnn ein lediger/ er ſey Frembd oder Heimiſch/ ein Jung-
Cc iij
[22]APPENDIX
fraw mit ſchencken/ liſtigen oder erdichten worten hin der gehet/
das Er ſie verfelt/ der ſoll die Tochter/ wann anderſt jhre El-
tern oder Freundtſchafft jhme die geben wollen/ vnd die Tochter
ſeiner auch begert/ zur Ehenemmen/ Will er ſie aber nicht ha-
ben/ oder will mann ſie jhme nicht geben/ ſo ſoll er jhr nach ge-
ſtalt jhres Standts vnd Herkommens/ auff eines Raths Er-
kanntnuß/ ein gebuͤhrlich Heyrath Gut zugeben ſchuldig ſein/
vnd nichts deſto weniger mit dem Thurn/ Waſſer vnd Brodt/
vierzehen tag lang geſtrafft werden. Jſt er aber ſo arm/ das
er das Heyrathgut nicht zugeben hette/ ſo ſoll er vnſerer Statt
vnd Obrigkeit verwieſen/ vnd nicht wider herein gelaſſen wer-
den/ er ſey dann mit der geſchwaͤchten Tochter vnd jrer Freund-
ſchafft vertragen.
Wann ſich aber begebe/ daß einer von einer Jungfra-
wen/ oder den jhren/ oder ſonſt in welchen weg das were
oder beſchehen moͤchte/ zu ſolchem ſchwaͤchen/ angereytzt oder
hindergangen/ vnd ſolchs kundtlich gemacht wuͤrde/ ſollen die-
ſelben Weibsperſonen/ vmb ſolchen fraͤvel vngebuͤhrlich- vnd
leichtfertiges fuͤrnemmen/ an jhrem Leib oder Gut/ der geſchicht
vnnd jhres begangenen handlens halben/ nach eines Raths
erkanntnuß/ jederſeits geſtrafft werden.
Wann auch ein Ehemann/ oder ein Lediger/ ein junge
Tochter ſo vnter jhren Jahren/ mit guten worten oder ver-
heiſſungen/ zu ſeinem willen beredet vnd zu fall braͤchte/ der ſoll
der that nach/ ſo am Leib/ Leben/ Ehr oder Gut geſtrafft wer-
den. So auch ſolche junge Meydlein/ ſo vnder jhren Jahren/
in die fraͤvelheyt kommen/ daß ſie in ein ſolch Laſter fielen/ trie-
ben oder uͤbten/ die ſollen nach erkanntnuß eines Raths ge-
geſtrafft werden.
Appendix A.2.6 Zur Onehe ſitzen.
Wir verordnen ſetzen vnd woͤllen/ das niemandts vn-
ſerer Burger/ Jnwohner oder Hinderſaſſen/ Geyſtlich oder
Weltlich in vnſerer Statt Straßburg vnnd dero Burg-
bann/ zur Onehe ſitzẽ/ ſonder ſo jemandts alſo befunden wuͤrt/
der oder die/ ſollen in hafft eingezogen/ vnnd nach eines Rahts
Erkanntnuß geſtrafft werden.
Es
[23]Der Policey Ordnung.
Es ſollen auch alle ſponſiererin vnnd die ſo offentliche
Bulſchafft trciben/ weder in vnſerer Statt/ noch dero Burg-
bann vnd Obrigkeit geduldet/ ſonder da ſie befunden vnd er-
griffen/ in vnſer hafft eingezogen/ mit Waſſer vnnd Brodt ge-
halten/ vnd als dann vnſerer Statt vnnd Obrigkeit verwiſen
werden.
Appendix A.2.7 Straff der Kupplerey.
ALle Kuppler vnnd Kupplerin/ ſo fromme Toͤchter/ Ehe-
weiber oder Ehemaͤnner zuſammen treiben/ verkupplen
oder auffenthalten/ vnnd das kundtlich wuͤrdt/ die ſollen ge-
faͤncklich angenommen/ vnnd je der geſchicht nach in das
Halßeiſen geſtelt/ vnnd demnach auß der Statt vnnd deren
Obrigkeit gewieſen/ oder ſonſt am Leib oder Leben geſtrafft
werden.
Welcher dienender Knecht/ Dienſtmagdt oder Kelle-
rin/ jemandt dem ſie dienen/ vnnd in deſſen Hauß vnd Ko-
ſten ſie ſeind/ jhre Kinder/ oder jhrer Freund Kinder/ oder
ſolche Kinder/ deren Voͤgt jhre Herꝛſchafft were/ anerwuͤrbt
oder hindergehet zur Ehe oder Vnehe/ jhnen/ oder andern
Leuthen verkupplen/ ohne der nechſten Freund wiſſen oder
willen/ die Kinder ſeyen zu jhren tagen kommen/ oder nicht/
wo ſolches geklagt/ oder in der warheit erfunden wůrd/ den
oder die ſoll mann an ſeinem Leib oder Leben ſtraffen/ laut
aufferichter Ordnung/ in vnſerer Statt Buch begriffen.
Wa auch (als leyder geſchehen mag) ein Vatter/ Mut-
ter oder Ehemann ſo leichtfertig weren/ daß ſie jhre eygene
Toͤchter oder Weiber verkuppleten/ die ſollen/ wann das kund-
lich wuͤrd/ ertraͤnckt werden.
So auch jemandts Haͤuſer oder Gaͤrten/ inn oder
außwendig der Statt Straßburg/ oder dero Burgbann
hette/ vnd zu auffenthaltung ſolchen vbels gebrauchte/ oder je-
mandts darinn oͤffnung geben wuͤrde/ die ſollen vnſerer Statt/
ſo dick das fuͤr kompt/ Fuͤnff Pfundt Pfenning vnnachlaͤßlich
beſſern.
Wann
[24]APPENDIX
Wann auch jemandts/ Es ſey Frembd oder Heymiſch/ Le-
dig oder in der Ehe/ wer der woͤlle/ niemandts außgenommen/
wider gemelte dieſe Ordnung vnd Statuten handlet/ vnd zu-
entfliehung der Straff ſich enteuſſerte/ wah der vber kurtz oder
lang in vnſerer Statt oder Obrigkeyt betretten wuͤrd/ der ſoll
angenommen/ vnd jeder geſchicht nach/ vermoͤg der Ordnung
geſtrafft werden.
Appendix A.2.8 Straff der jehnigen ſo ſich auff/ oder vor be-
ſchehener Ehelichen verloͤbnuß/ vor dem Kirch-
gang mit einander fleiſchlich ver-
miſchen.
WO hinfuͤro zwey ſich mit einander/ nach Chriſtlicher
vnnd vnſerer Conſtitution vnnd Ordnung/ in den
Stand der heyligen Ehe begeben/ ſollen ſie deß Beyſchlaffs
vntz nach beſchehenem offentlichem Kirchgang/ in aller zucht
vnd erbarkeit erwarten/ vnd ſich zuvor vnnd ehe derſelbig be-
ſchicht/ mit einander keins wegs einlaſſen oder vermiſchen/
ſonder ſich in dem wie Chriſten/ vnnd die jhr Ehe Gottſelig
vnnd Chriſtlich anfahen vnd vollenden woͤllen/ damit ſie von
GOTT dem Allmaͤchtigen ſeine Goͤttliche gnad vnd ſegen
deſto ehe darzu erlangen vnd bekommen moͤgen/ erzeigen vnnd
beweiſen. Jm fall aber einige Tochter oder Jungfraw deſ-
ſen ohngeachtet/ hinfuͤro jrer Jungfraͤwlichen ehren ſo gar ver-
geſſen/ vnd vor dem ordentlichen Kirchgang/ oder auch auſſer-
halb Ehelicher verlobnuß ſich deren berauben laſſen/ vnd daſ-
ſelb kundtlich gemacht wuͤrde/ ſo ſoll dieſelbig die Jungfraͤwli-
che zierd/ der Berlin Borten oder Krantzes/ gaͤntzlichen vnnd
allerdings verwůrckt vnnd verlohren haben/ deren Priviert/
entſetzt vnnd beraubt ſein/ derſelben ſich auch weder bey jhrer
ſelbs/ noch andern Hochzeiten in keinen wege gebrauchen/ ſon-
der alſo von den andern erbarn vnd ehrlichen Jungfrawen ab-
geſondert ſein vnd bleiben/ vnnd nichts deſto weniger gegen jhr
vnd jhrem vertrawten/ je nach geſtalt vnd gelegenheit der vber-
trettung/ vnſer ernſtliche vnnd vnnachlaßliche Straff/ fuͤrge-
nommen vnd geuͤbt werden.
Vnd damit ein ſolchs deſto gewiſſer vnnd fuͤr derlicher er-
kundiget/ vnd die jehnige/ ſo alſo wider diß vnſere Conſtitution
vnd
[25]Der Policey Ordnung.
vnnd Ordnung handlen wuͤrden/ gebuͤhrlich geſtrafft werden.
So ſollen alle vnſere Pfarꝛherꝛ vnd Kirchendiener/ Deßglei-
chen auch alle Hebammen/ bey jhren Pflichten vnnd Eyden/
wo jhnen/ daß ſich eine alſo vberſehen/ fuͤrkommen vnnd
kundtlich gemacht wuͤrde/ ein ſolchs vnſerm jeder zeit Regie-
renden Ammeyſter/ fuͤr vnd anzubringen ſchuldig vnd verbun-
den ſein. Vnnd woͤllen wir vns auch gegen den jehnigen/ ſo
ſich biß daher alſo/ vor jhrem Kirchgang vnd vberſchreitung
deß ehelichen Bethbrets/ mit einander vermiſcht/ vnd dar-
durch den Heyligen Eheſtand entvnehret/ vnd maͤnniglichen
ein boͤß exempel vnd aͤrgernuß geben/ die gebůhrende Straff in
alle weg/ nach eines jeden verwůrckung/ bedinglichen reſerviert
vnd vorbehalten haben/ Actum \& Decretum Sambſtags
den 15. Julij Anno 1594.
Appendix A.2.9 III.
Mandata,wegen Beherbergung fremb der
Perſonen/ von Jahren 1610. vnd 1619.
WJr Georg Jacob Bock von Er-
lenburg/ der Meyſter/ vnnd der Rhat/ deß
Heiligen Reichs Freyen Statt Straß-
burg/ Thun kundt/ Nach dem wir ein gute
zeit hero/ vielfaͤltig geſpuͤret vnnd befunden/
das allerhand frembd Volck/ ſo alher in
dieſe Statt kommen/ nicht wie ſichs gebuͤhrt/ bey offenem fey-
lem Wuͤrth eingezogen: Sondern alſo bald jhren Vnder-
ſchleiff vnd Heymweiſung/ bey den Burgern ſo wol auch den
Stifften/ Cloͤſtern/ Geiſtlichen vnd anderẽ vnſeren Schirmbs
verwanthen/ geſucht/ oder wenn ſie gleich anfangs in den offe-
nen Herbergen eingekehrt/ dennoch hernacher vnd in der glei-
chen Ort ſich gethan/ auch daſelbſten auff vnd angenommen/
gehauſet vnd beherberget worden/ Alles nicht allein zu nicht ge-
ringer ſchmaͤhlerung vnnd entziehung gemeiner dieſer Statt
Vngelts/ Sondern auch vnſern hiebevor offentlich außgang-
nen vnd publicierten Mandaten/ zuwider vnd entgegen: So
haben wir/ bey dieſen geſchwinden/ ſorglichen vnd gantz gefaͤhr-
lichen Laͤufften/ dieſer Vnordnung als auß deren auch ſonſten
D d
[26]APPENDIX
gemeiner dieſer Statt gar leichtlich allerhandt vnrath/ gefahr/
ſchaden vnd nachtheil entſtehen koͤndte/ Oberkeitlichen Ampts
halben laͤnger nicht platz geben noch zuſehen koͤnnen: Sondern
vielmehr vns mit vnſeren Freunden den Ein vnd Zwaͤntzigern/
obangedeute vnſere vor Jahren deßwegen publicirte Gebott
vnd verbott zu wider holen/ entſchloſſen vnd erkandt/ Gebieten
vnd verbieten auch dieſem nach allen vnd jeden vnſern Burg-
ern/ Einwohnern vnd Schirmbsverwanten/ Geiſtlichen vnd
Weltlichen/ weß Nammens/ Standts oder Weſens die ſeien/
hiemit ernſtlich vnd woͤllen: Daß ſie bey verluſt jhres Burger-
rechtens/ Schutz/ Schirmbs vnd vergoͤnter Beywohnung/
auch anderer vnnachlaͤſſiger Straff/ keine frembde Mans
oder Weibsperſohnen/ die nicht Burger vnnd Zuͤnfftig/
oder ſonſten mit gewohnlichen Schirmspflichten Vns vnnd
gemeiner dieſer Statt zugethan/ oder eines ſolchen von
Vns zuvor erlaubnuß/ vnnd darumb glaubwuͤrdigen
ſchein vorzulegen haben/ in jren Haͤuſern/ Hoͤffen/ Stifftẽ vnd
Cloͤſtern/ zur Herberge auffnehmen/ hauſen/ herbergen noch ei-
nigen vnderſchleiff geben ſollen/ ohn beſondere vnſere verguͤn-
ſtigung/ oder erlaubnuß vnd vorbewußt vnſers Regierenden
Ammeiſters/ Welchem/ ſo bald dergleichen frembde Perſonen
an einem oder anderm Ort einkehren/ Ob ſie gleich dem Auff-
nehmenden mit Sipp: oder Schwagerſchafft zugethan we-
ren/ nichts deſto weniger vnverzuͤglich/ derſelben Nammen/
Standt/ Weſen/ Thun vnd Laſſen/ auff einem Zedul verzeich-
net vbergeben/ der auch hierinnen ſich nach gelegenheit zuver-
halten/ vnd wa von noͤthen/ es an gehoͤrige Ort zubringen wiſ-
ſen wuͤrdt: Sondern ſie ſollen dieſelben frembde Perſonen/
an einen feylen offenen Wuͤrth weiſen/ Auch alle die jenigen/ ſo
ſich bey jhnen allbereit ohn erlaubnuß vnder geſchleifft hetten/
als bald vnd ohn allen verzug/ von jhnen hinweg thun/ vnnd
laͤnger nicht auffhalten/ bey hievor gemeldter Straff/ die wir
niemanden/ der gefaͤhrlich darwider handlen wuͤrdt/ gedencken
zuvberſehen oder fahren zulaſſen. Dardurch wir gleichwol/
vnſerer Schulen Profeßores, Præceptores, vnd andere vn-
ſere Burger/ welche die jenigen/ ſo anhero kommen/ oder von
jhren Eltern her geſchickt werden zu ſtudieren/ vnd angehoͤrigen
Orten immatriculirt, in Coſt auff vnd annemmen/ Wie in
gleichem
[27]Der Policey Ordnung.
gleichem auch die Burger/ die in den Meſſen vnnd zu andern
Jahrmaͤrckten/ bekandte Kauffleuth die auffrichtig Gewerb
vnnd Handthierung treiben/ Herbergen/ ſo lang ſie ſich der
Ordnung den Wuͤrthen gegeben gemeß verhalten/ vnnd dar-
bey kein gefahr brauchen/ nicht gemeint haben woͤllen/ Dar-
nach ſich menniglich zurichten vnnd vor ſchaden zuhuͤten/
Actum \& Decretum Mittwochs den viertzehenden Mar-
tii im Jahr deß HErꝛn als man zahlte Ein Tauſend/ Sechs
Hundert vnd Zehen.
VNſere Herꝛen/ Meiſter vnd Raht
ſampt jren Freunden den Ein vnd Zwan-
tzigen haben Erkanndt/ Nach dem bey die-
ſer Statt von vielen vnverdencklichen Ja-
ren vblich herkommen/ das alle deroſel-
ben Burger/ Schirmbsverwanthe/ Jnn-
wohner vnd angehoͤrige/ Geiſt: vnnd Weltlichen Standts/
einem jeder zeit Regierenden Herꝛn Ammeiſter/ alle vnnd jeg-
liche frembde Perſohnen/ ſo von denſelben allhier vber Nacht
behaußt vnd beherbergt worden/ geſchrieben gegeben: Vnd a-
ber von ſolchem/ bey dieſer deß Heyligen Reichs Frontier
Statt/ hoch nothwendigem vnnd nutzlichem Gebrauch jhrer
viel/ vnnd bevor die Geiſtliche auff den Stifften vnnd jhre
Schaffner/ ein zeitlang ſehr abgewichen/ ſo ſoll derſelb mit
durchgehender gleichheit widerumb eingefůhrt/ vnnd kuͤnfftig
mit allem gebůhrendem Ernſt vnnd Fleiß darob gehal-
ten werden. Dann welcher Burger/ Schutzverwanther/
Jnwohner/ oder der ſonſt der Statt mit Pflichten einerley
geſtalt verwanth vnd zugethan/ gantz niemandt außgenom-
men/ einige frembde Perſohn/ ſo bey jhm das Loſament nimbt/
vnd vber Nacht zubleiben willens iſt/ dem Regierenden Herꝛn
Ammeiſter ohnlang nach gelittener Thorglock zu Abendts/
nicht ordenlich vnnd richtig/ mit vermeldung jhres Standts/
auch Tauff vnd Zu Nahmens/ wird geſchrieben geben/ der ſoll
ſo offt er ſolches vbertritt/ Fuͤnff Pfundt Pfenning beſſern/
Auch/ auff befindung vorſetzlichen Vngehorſams ſein Burg-
recht oder Schirmb verlohren haben/ oder ſonſt in andere weg
D d ij
[28]APPENDIX
nach ermeſſigung vnnachlaͤßlich geſtrafft werden. Es ſoll a-
ber hier durch niemandts der keine offene Herberg haͤlt/ oder
deſſen von vnſern Herꝛen den Fuͤnffzehen kein ſonderbare Er-
laubnuß hette/ vergoͤnnt ſein/ einig Schlaffhauß zuhalten/ o-
der jemandt wer der ſey/ vmb gelt/ Eſſen/ Trinckenoder Fut-
ter fuͤr ſeine Pferdt zugeben. Dann ob ſchon ein ſolcher ſeine
frembde Gaͤſt dem Herꝛn Ammeiſter obgehoͤrter maſſen ge-
ſchrieben geben wuͤrde/ ſo ſoll dannoch derſelbe/ dieſer Statt
hievoriger Ordnungen gemaͤß/ auch Strafffaͤllig ſein. Dar-
nach ſich Maͤnniglich zurichten/ Dectetum Mittwochs
am 21. Aprilis/ Anno 1619.
Appendix A.2.10 IV.
Mandatumder Schlaffhaͤuſer halben/
vom Jahr 1613.
WJr Hanns Walraff Zuckman-
tel von Brumat/ der Meiſter vnnd der
Raht zu Straßburg/ Thun kundt/ Als
bißher in dieſer Statt ein groſſe Vnord-
nung vnd Mißbrauch eingeriſſen/ in dem/
das etliche Burger jhres eigenen willens
vnd gefallens/ ohn erſucht Vnſerer der or-
dentlichen Obrigkeit/ Schlaffhaͤuſer angerichtet vnnd gehal-
ten/ auch ohne vnderſcheidt allerley Volck/ in jhre Haͤuſer auff-
genommen/ jhnen nicht allein geliger/ ſonder auch Eſſen/ Trin-
cken/ vnd Futter fuͤr jhre Pferde gegeben/ dardurch ſich viel lie-
derliche Leuth eingeſchleifft/ in winckeln hien vnnd wider ver-
ſteckt/ deren mann nicht gewahr werden moͤgen/ vnnd gemeine
Statt vmb das Vngelt betrogen worden.
Solchem ſo viel muͤglich vorzukommen/ So haben Wir
mit rath vnſerer Freunde der Ein vnd Zwaͤntzig Statuirt/ ge-
ſetzt vnd geordnet/ Statuiren/ ſetzen vnnd ordnen auch hiemit/
daß hinfuͤro keiner vnſerer Burger/ fuͤr ſich ſelbs/ alſo Schlaff-
haͤuſer auffrichten ſoll oder moͤge/ er habe es dann zuvor bey
Vnſern mit Rahtsfreunden den Fuͤnffzehen erlangt vnd auß-
gebracht/ bey Straff Fuͤnff Pfundt Pfenning/ die mann nie-
mandt
[29]Der Policey Ordnung.
mandt nachlaſſen ſolle/ Daß auch die jenigen/ ſo bißher ſolche
Schlaffhaͤuſer gehalten/ bey gedachten Herꝛen Fuͤnffzehen/
darumb anſuchen ſollen/ ob ſie es fuͤrters continuieren moͤgen/
damit wa ſie deſſen erlaubnuß erlangt/ bey der Freyburger
Zunfft eingeſchrieben werden/ vnd jhren Ordnungen/ die ſie
von Vns haben/ deßhalb vnder worffen ſeyen.
Vnd ob wol in angeregten Ordnungen daß herein En-
gern auff die woch entliche Marcktag außgenommen/ da die
Burger Leuth auffnemmen moͤgen/ So woͤllen Wir doch daſ-
ſelbige hiemit alſo erlaͤuttert haben/ daß die jenigen Burger/
die deſſen/ wie vor angedeut/ erlaubnuß erlangt haben werden/
auff die wochentliche Marcktag/ allein die hierumb eingeſeſſene
Land vnd Bawrsleuth/ welche zu Marckt herein Engern vnd
fahren/ vber Nacht auffnemmen moͤgen/ aber weder Eſſen noch
Trincken/ ſonder allein daß geliger geben/ jnnhalt vnſerer hie-
vor publicierten Ordnungen/ Die vbrigen alle/ wer ſie auch
ſeyen/ an feylen Wuͤrth weiſen ſollen/ bey Straff Dreiſſig
Schilling/ ſo der Auffhalter von jeder Perſon zuerlegen ſchul-
dig ſein/ vnnd darumb von der Freyburger Zunfft/ jnnhalt jh-
rer Articul/ fuͤr geſtellet/ gerechtfertiget vnd geſtrafft werden ſol-
le.
Was aber die beyde S. Johanns vnnd Weyhenacht
Meſſen anlangt/ da ſoll den Burgern/ wie es bißher in uͤbung
geweſen/ ohnbenommen/ ſonder erlaubt vnnd zugelaſſen ſein/
ehrliche Kauffleuth/ ſo die Meſſen beſuchen/ vnd ſonſt keine ver-
daͤchtige Perſohnen/ in jhren Haͤuſern zubeherbergen/ jhnen ge-
liger vnnd den Coſten zugeben/ doch daß ſie/ wie die Ordnung
vermag/ bey Fuͤnff Pfundt Pfenningen/ das hoͤher Vngelt als
die Wuͤrth abrichten/ vnd allen Abendt jhre habende Gaͤſt vn-
ſerm Regierenden Herꝛen Ammeiſter geſchrieben geben/ vnnd
wer ſolches verbreche/ daß der von jeder Perſon/ die er nicht an-
geben wuͤrde/ Dreiſſig Schilling zubeſſern verfallen ſein ſolle/
Darnach ſich menniglich zurichten/ vnd vor ſchaden zuhuͤten
hiemit verwarnet ſein ſolle. Actum \& Decretum Mon-
tags den 23. Auguſti 1613.
D d iij
[30]APPENDIX
Appendix A.2.11 V.
Mandata,keinem Frembden ein Haußalhie
zuverkauffen oder zuverleyhen/ ohn Obrigkeitli-
chen Conſens, von Jahren 1606.
vnd 1621.
WJr Sebaſtian Zorn/ der Meiſter
vnnd der Raht der Freyen Reichs Statt
Straßburg/ Thun hiemit menniglich zu-
wiſſen.
Nach dem die erfahrung bißher viel-
faͤltig zuerkennen geben/ das nun etliche
Jahr hero/ eine nicht geringe anzahl Haͤuſer diſer Statt/ durch
allerhand/ vns der Obrigkeit vnwiſſend fuͤr gangene aliena-
tiones vnd Contract, in frembder ohnverburgeter Perſonen
handen gebracht worden/ dardurch nicht allein gemeinem We-
ſen merckliche ſchmaͤhlerung an Steur: Stall: vñ dergleichẽ da-
von ruͤrenden einkunfften/ entſtandẽ/ ſondern auch andere mehr
gantz ohnleidenliche beſchwerungen zugewachſen/ in maſſen e-
ben jetziger zeit vnderſchiedliche Exempla nicht ohne beſonder
nachtheil vnnd ſchaden/ ein ſolches mehr dann vberfluͤſſig zuer-
keñen geben: Daß wir daher ſolchen/ vngelegenheiten vñ ſchaͤd-
lichem mißbrauch gebuͤrlich zubegegnen/ zum hoͤchſten gevr-
ſacht/ Ob wir gleich den freyen kauff ohne ſondere erhebliche vr-
ſachen zuverhindern nicht gemeint/ damit doch ſoviel moͤglich
alle befundene inconvenientien ins kuͤnfftig/ verhůtet/ vnd
allem hier auß beſorgendem groͤſſerm vnheil/ wie es gemeiner
Statt nutz vnnd notturfft ohnvermeidenlich erfordert/ vorge-
ballwen werde:
So ſtatuiren/ ſetzen vnd ordnen Wir hiemit vnd in krafft
diß/ daß hinfuͤrter keiner vnſerer Burger/ Jnwohner/ Hinder-
ſaßẽ/ noch Vnderthanẽ/ keinem frembden noch außlaͤndiſchen/
was ſtandts/ oder wuͤrden der ſein mag/ der vns vnd gemeiner
dieſer Statt/ mit Burgerlichen pflichten nicht verwanth noch
zugethan/ wie auch kein frembder einem andern frembden/ kein
Hauß oder Hoffſtatt/ verkauffen/ gegen demſelben altenieren/
vertauſchen/ oder durch einigen Contract, wie der nam-
men haben mag zuhanden kommen laſſen ſoll/ anders dann
mit
[31]Der Policey Ordnung.
mit vnſerm/ der Obrigkeit/ außtrucklichem vorwiſſen/ Conſens
vnd bewilligung. Darbey dann vnſer ferner will vnd mey-
nung/ auff daß ſolchem deſto ſteiffer vnd ohn verbruͤchlicher ge-
lebt werde/ das dergleichen Kaͤuff/ alienationes vnd Contraͤct
niergend anderswo/ dann in vnſerer Cancellei/ verſchrieben
werden ſollen. Was aber fuͤr Haͤuſer/ Erbß- vnnd Teſta-
ments weiß/ auch durch rechtlichen zug/ vnnd ordentliche Er-
gantung/ oder auff was weiß vnnd weg ein ſolches geſchehen
moͤcht/ an frembde Perſonen erwachſen/ weilen derenwegen
ohne das die Richterliche Cognition bey vns/ als der Obrig-
keit verbleibt/ behalten wir vns hiemit bevor/ jhe nach gelegen-
heit der vmbſtaͤndt/ das jenige vorzunemmen/ was gemeiner
Statt notturfft jederzeit erfordern wuͤrdt/ auch gegen den v-
bertrettern/ mit gebuͤhrenden ſtraffen/ ohnnachlaͤſſig zuverfah-
ren/ darnach ſich menniglich wiſſe zurichten/ vnnd vor ſchaden
zuhuͤten. Actum \& Decretum Sambſtag den 13. De-
cembris Anno 1606.
Not. Das nechſt vorſtehende Gebott/ iſt durch
Erkanntnuß Schoͤffen vnd Ammann/ im
Jahr Chriſti 1627. Monats Decembris,
widerholt vnd beſtaͤttigt worden.
AVß Erkanntnuß vnſerer Herꝛen Raͤht
vnd Ein vnnd Zwantzig/ ſoll kein Burger
oder Schirmbsverwanther noch ſonſt je-
mandts allhier/ einigem Frembden/ ſein
Hauß gantz oder zum theil verkauffen oder
verleihen/ oder ſich deſſen in handlung mit
jemandts begeben oder einlaſſen/ es ſey dañ
ſach/ daß ſolche frembde Perſonen/ deſſen vorhero einen zedel/
oder ſchrifftliche Erkanntnuß/ von vnſeren Herꝛen/ beyhanden
oder vorzuweiſen hetten. Welcher hierwider handlen wird/
der ſoll beſſern Fuͤnff vnnd Zwantzig Pfundt Pfenning/ oder
auch ſonſt geſtalten ſachen vnd ereuͤgenden vmbſtaͤnden nach/
ernſtlicher geſtrafft werden/ darnach ſich menniglich zurichten.
Decretum Montags am 3. Decemb. Anno 1621.
VI. Man-
[32]APPENDIX
Appendix A.2.12 VI.
Mandatum,daß ohn einwilligung der Herꝛen
Fuͤnffzehen/ kein Hauß zum andern ſoll gebrochen
werden. vom Jahr 1552.
WJR Hilprand von Muͤlnheim/
der Meiſter vnd der Raht zu Straßburg/
Thun kundt/ Alß ſich bißhero in dieſer
Statt Straßburg offtermahls zutragen/
das etliche Haͤuſer kaufft/ vnd etwa zwey/
drey oder mehr zuſammen brochen wordẽ/
vnd das von denen/ die in denſelben Haͤuſern weder Handt-
werck/ Kauffmanſchafft/ oder andere Gewerb vnd Handtier-
ungen getriben/ das alſo etwa einer inhat/ da ſich ſonſt zwen/
drey oder mehr nehren vnd begehen moͤchten/ vnd darzu daſſel-
big etta an den allergelegneſten orten der Statt/ dardurch
dann die Haͤuſer in hohen werth geſtigen/ vnd dahien gericht/
das gemeine Burgerſafft zu nottuͤrfftigen Haͤuſern/ vnnd zu-
vorderſt an bequemen orten/ da ſie jhre Handwerck/ Gewerb/
oder Handthierungen treiben ſolten/ keine bekommen moͤgen/
Derwegen die notturfft erfordert/ im ſelben billichs jnſehens
zuhaben vnnd zuverkommen/ daß nicht ein jeder ſeines gefal-
lens Haͤuſer zuſammen brech vnd bawet/ damit nicht etwa zu
einßen/ ſonderm brauch genommen/ da ſich etwa mancher
Burger mit guter bequemlichheit erhalten vnnd ernehren
moͤcht. Darumb ſo ſetzen vnd ordnen wir/ gebieten auch
menniglichen/ was Wuͤrden/ Weſens/ oder Standts der ſey/
fremben vnd heimiſchen/ das nun hinfuͤro von heut Dato an/
in dieſer Statt Straßburg/ kein Hauß/ es ſey eins/ zwey/ drey
oder mehr/ von niemanden zuſammen gebrochen/ oder zu ei-
nem Haußgeſeß gericht vnd gemacht werden ſollen/ ohne ſondeꝛ
vorwiſſen vnd bewilligung vnſerer Freund der Fuͤnffzehener/
die dann in ſolchen Faͤllen/ vnd ſo Sie deßhalben von jemands
angelangt/ gewalt haben ſollen/ je nach gelegenheit zuthun vnd
zulaſſen: vnnd wer/ niemandts außgenommen/ hieruͤber eins/
zwey/ drey oder mehr Haͤuſer zuſammen/ oder gantz abbrechen/
vnd zu einem Haußgeſeß richten/ machen/ oder wider auff-
bauwen/
[33]Der Policey Ordnung.
bawen wuͤrde/ der ſoll zu ſtraff Zehen Pfundt Pfennig Straß-
burger verfallen/ die man auch niemandts nach laſſen ſoll/ vnd
darzu ſchuldig ſein/ ſolche zuſammen gebrochene/ oder wider
auffgebawene Haͤuſer widerumb in ein/ zwey/ oder ſo vil Hauß-
geſeß als ſie vorhin geweſen/ zu richten/ vnd auffzubawen. Wir
gebieten auch allen vnſeren Burgern/ Jnwohnern/ zu vnd an-
gehoͤrigen/ wer die jmmer ſeyen/ vnnd ſonderlichen gemeinen
Zimmerleuthen/ Tagloͤnern/ vnd andern/ daß ſie niemandts
keinen ſolchen Baw abbrechen/ auffmauren/ zimmeren/ auff-
ſchlagen/ noch darzu hilff/ raht oder that geben ſollen/ ſie haben
dann die jenigen/ die dermaſſen Haͤuſer zuſammen brechen/
richten/ oder zu einem Hauß machen woͤllen/ vnd ſie zu ſolchem
jhrem fuͤrnemmen erforderen/ zuvorderſt dieſes vnſers Gebotts
erinnert vnd verwarnet/ dann welcher ſonſt zum abbruch/ oder
auffbawung helffen/ rath oder that darzu geben/ vnd nicht wie
gehoͤrt die bawenden verwarnẽ wůrdt/ der jeder ſoll drey Pfund
Pfenning Straßburger zu ſtraff verfallen ſein/ die man keinem
vberſehen/ oder nachlaſſen ſolle/ Daß ſetzen vnnd meinen wir/
woͤllen auch hiemit menniglich vor ſchaden ſich zuhuͤten wiſ-
ſen/ gewarnet haben. Actum den fuͤnfften Martii/ von der
Geburt Chriſti vnſers Herꝛen gezalt Fůnffzehen hundert
fuͤnfftzig vnd zwey Jahr.
Appendix A.2.13 VII.
Bawholtz Ordnung/ vom Jahr 1627.
VNſere Herꝛen Meiſter vnd Raht
ſampt den Ein vnnd Zwantzigen haben
auß Ehehafften bewegenden Vrſachen/
vnd damit der beſchwaͤrlich vnd vnbillich
Fuͤrkauff/ ſo mit dem Bawholtz zue Keyl
bißhero fuͤrgangen iſt/ hiengenommen
vnd ein gemeine Burgerſchafft derenthalbenthalben nicht be-
ſchwert werde/ folgende Ordnung erkant. Wollen vnd gebie-
ten auch allen jhren Burgern/ Hinderſaſſen/ Angehoͤrigen
vnd zugewandten/ vnnd ſonſt Maͤnniglichen/ frembden vnnd
heimiſchen/ die ſich deß Holtzkauffs zu Keyl gebrauchen/ daß
ſich ein jeder im angeregten Holtzkauff nach dieſer Ordnung
E e
[34]APPENDIX
halten/ vnnd deren zuwieder nichts handlen ſolle/ bey den Poen
vnd Straffen die derſelben einverleibt ſein.
Nemblich vnnd zum Erſten/ ſoll hienfuͤrter kein Burger/
Hinderſaß/ oder der Statt Straßburg Verwanther/ auch
kein Schiffer/ Rheinfloͤtzer oder Holtzmann/ noch niemandt
anders/ er ſeye Frembd oder Heimiſch/ ſo ein oder mehr Flotz
zu Keylkaufft oder darbringt/ ſolches am ſelbigen Staaden
auff keinen Mehrſchatz/ vnnd in hoͤherem werth/ danners
kaufft hat/ widerumb verkauffen/ ſondern daſſelbig Holtz/ den
Tag daers kaufft hat vnnd die nachfolgenden zween/ hangen
laſſen/ vnnd erſt am vierdten Tag hinweg zufuͤhren macht ha-
ben/ bey der Poen Zehen Pfundt Pfenning/ die man niemandt
nachlaſſen ſoll.
Welcher auch alſo wie jetz gemelt/ Holtz kaufft/ der ſoll
ſchuldig ſein einem jeden Burger der Holtz fuͤr ſich zuverbawen
nottuͤrfftig iſt/ vnd in obgenanter zeit daran theil begehrt/ ſolch
Flotzholtz biß in das halbe/ von allerley gattung/ in dem werth
er ſolches zum erſten kaufft hat/ folgen zulaſſen/ vnnd mag
der Burger ahne ſolchem Flotz/ das halb/ den dritten/ oder
vierdten theil nemmen/ je nach dem Er deß zu ſeinem fuͤrge-
nommenen Baw nottuͤrfftig ſein wuͤrd/ vnd wo ſichs zutruͤge/
daß einer an eim Flotz nicht mehr dann ein dritten oder vierd-
ten theil nehme/ vnnd ein anderer Burger auch theil begehrt/
dem ſoll der/ ſo es am erſten kaufft/ das vberig theyl/ biß in das
halb im wehrt/ wie obſteht/ volgen laſſen/ doch das dem
erſten Kaͤuffer allewegen das halb Flotz bleibe/ vnnd daruͤber
wider ſeinen willen/ nichts hinweg zugeben getrungen wer-
de.
Es ſoll auch hinfuͤrter kein Rheinfloͤtzer oder Holtzmann/
keinen Burger oder Frembden auffwerffen vnnd beſtechen/
vermeintlicher vnnd gefaͤhrlicher weiſe theil von jhme zufor-
dern/ noch auch kein Burger/ einig theil/ wenig oder viel/
das er nicht ſelbs zuverbawen vorhabens iſt/ von Rheinfloͤ-
tzern vnd Holtzleuthen nemmen vnd jhnen wider zuſtellen/ ſol-
ches den Rhein hinab/ vnnd hierinn in die Statt auff Mehr-
ſchatz zuverfuͤhren haben: dann welcher Rheinfloͤtzer oder
Holtzmann alſo gefaͤhrlicher weiſe Machmann/ auffwerffen
oder jemandts beſtechen wuͤrde/ vermeintlichen theil von jh-
me
[35]Der Policey Ordnung.
me zuforderen vnnd daſſelbig wider zuzuſtellen/ oder welcher
Burger vorgehoͤrter maſſen theil fordern/ daſſelbig fuͤr ſich
ſelbs nicht verbrauchen/ ſondern dem Rheinfloͤtzer oder Holtz-
mann wider luͤffern/ vbergeben vnnd laſſen wuͤrde/ die beede
wollen wir jedes mal/ vnnd ein jeden inſonderheit/ ernſtlichen
ſtraffen.
Nach dem ſich aber bißher die Rheinfloͤtzer vnnd Holtz-
Leuth gefaͤhrlicher weiſe/ biß obbeſtimpte drey gantze Tag
verſchienen/ enteuſſert/ vnd vnderweilen gar nicht/ weder gen
Keyl noch allher/ damit jnen niemand theil abzufordern hette/
kommen/ ſeind vnſere Herꝛen/ ſolchem zubegegnen vervrſacht
worden/ zuordnen/ daß fůr ohien die Burger/ ſo theil am Holtz
begehren/ ſolches von dem Zoller der jederzeit ſein wuͤrd/ for-
dern ſollen vnd moͤgen/ vnnd welcher Holtzmann oder Rhein-
floͤtzer alsdann ſolch theil begehren vnnd von dem Zoller an-
gezeigt wuͤrdt/ der ſoll dem Burger/ der theil begehrt/ ohne
alles weigeren vnnd widerꝛed theil zugeben/ oder aber durch
den Zoller den Rhein hinab/ oder allher zufahren verbotten/
vnd von Keyl nicht mit dem Holtz zuweichen/ bey Straff Fuͤnff
Pfundt Pfenning/ ſchuldig vnd verbunden ſein.
Als ſich aber auch mit dem theil forderen viel gefahr zu-
getragen/ daß ob ſchon etliche die erſten bey dem Zoller gewe-
ſen/ vnnd theil gefordert/ die Holtzleuth ſolche mit dieſen vnd
dergleichen worten abgewieſen/ daß ſie vormals theil verheiſ-
ſen haͤtten/ vnd jhnen ſolches ſelbs abgefordert worden.
Solcher gefahr nun fuͤrzukommen/ iſt vnſerer Herꝛen
ernſtlicher befelch/ daß hienfuͤro alle vnd jede Burger/ nieman-
den/ er ſeye Rheinfloͤtzer oder Holtzmann/ theil abfordern noch
heiſchen ſollen/ dann dem Holtzzoller zu Keyl/ ſo inſonderheit
darzu verordnet wuͤrd vnnd geſetzt iſt/ dann wo ein Rheinfloͤ-
tzer oder Holtzmann/ fůr ſich ſelbs theil geben/ vnnd damit die
Burger abweiſen wuͤrd/ wollen Sie denſelben jedesmahl dar-
vber ſtraffen/ vnnd wie hoch dieſelbige Straff ſein ſoll/ jhnen
vorbehalten haben.
Vnnd auff daß die Burger/ Arm vnd Reich/ zugleich ge-
fuͤrdert/ vnnd auch nicht durch den Zoller moͤgen gehindert
werden/ ſolle der verordnete Holtzzoller je dem erſten/ ſo ſich
E e ij
[36]APPENDIX
ſelbſten an die Tafel die der Zoller deßwegen halt/ angezeichnet/
vnd alſo theil an jhn gefordert/ vermoͤg dieſer Ordnung zu-
fuͤrdern/ vnnd weder von Rheinfloͤtzern/ Holtzleuthen vnnd
anderen Burgern vnd Frembden keinerley Schencken/ Miet
oder Mietwohn durch ſich/ ſein Weib/ Kindt oder Geſindt
zunemmen/ auch keinem der ſey wer der woͤlle/ kein theil von
einichem Flotz zuſagen/ es ſey dann zuvor/ vnnd ehe das
Flotz an daß Land kommen vnd angemehret worden/ bey ſei-
nem deßhalben geſchwohrnen Eydt ſchuldig vnnd verbunden
ſein.
Es ſoll auch kein Holtzmann an dem Holtz ſo er alſo
zu Keyl kaufft/ eim andern Holtzmann/ Rheinfloͤtzer oder
Zimmermann/ noch andern Burgern die jhr Holtz vnnd
Bort auff Mehrſchatz kauffen/ verkauffen vnd verarbeyten/
an ſeinem verkaufften Holtz theil geben/ noch zu geben ſchuldig
ſein/ allein ſollen die Rheinfloͤtzer jetzgemelten Holtz: vnd Zim-
merleuthen an den Floͤtzen ſo ſie jederweilen zu Keyl kauffen/
wie andern Burgern/ von allerley gattung theil geben/ doch
daß der Burger/ ſo ſelbſt Bawen will/ in alle weg den vor-
kauff habe/ alſo ob ſchon ein Holtzmann oder Zimmermann
bey einem Rheinfloͤtzer den halben theil oder minder beredt het-
te/ vnd der Burger nach beſag dieſer Ordnung theil fordert/ ſoll
jhme daſſelbig gegeben/ vnnd durch den Holtz- oder Zimmer-
mann gefolgt werden.
Doch ſo ein Zimmermann einem andern Burger Holtz
zu ſeinem Gebaͤw kauffen wolt vnnd theil fordert/ dem ſoll es
auch nicht abgeſchlagen werden.
Es ſoll kein Burger/ Schirmsverwanter vnd Hinderſaß
dieſer Statt moͤgen vnd macht haben/ in/ oder auſſer der Statt
ſo weit die Ladſtatt gehet/ einigen Holtzmarckt anzurichten/
ohn ſonderbahre vnſerer Herꝛen der Fuͤnffzehen bewilligung
vnd erlaubnuß.
Vnd ob ein Burger zu ſein ſelbſt Gebaͤw eines gantzen
Flotz nottuͤrfftig were/ vnd daſſelbig kauffte/ ſoll er nicht ſchul-
dig ſein mit jemandts zutheylen/ ſondern mag das allein zu
ſeim Gebaͤw behalten/ doch ſoll keiner der alſo fuͤr ſich ſelbs ei-
nen gantzen Flotz kaufft oder vmb ein andern theil nimbt/ daſ-
ſelbig Holtz/ Bort/ Latten/ vnd anders nichts außgenommen/
weder
[37]Der Policey Ordnung.
weder gar noch zum theil wider auff Mehrſchatz verkauffen/
dann welcher das hieruͤber thaͤte/ der ſolle der Statt beſſeren
Fuͤnff Pfundt Pfenning.
Wo aber einem von ſolchem Flotz/ Holtz/ Bort/ Latten/ o-
der anders/ nichts außgenommen/ etwas vberbliebe/ der mag
ſolches wol wider vmb den Pfenning ers kaufft hat/ hinweg ge-
ben oder verkauffen/ doch ſoll er hierinn kein gefaͤhrd oder vor-
theil brauchen bey vorgeſetzter Straff der Fuͤnff Pfund Pfen-
ning.
Jtem ſo ein Schreiner von dem Oblaſt/ als naͤmbli-
chen von Bordten/ Latten/ Eychenholtz/ Ahoͤrnen oder
Linden Bordten/ Creutzleiſten/ Sparꝛen/ Stollen/ oder von
anderen dergleichen theil begehrt/ da ſoll der es kaufft hatt/
dem begehrenden an welcherley gattung/ vnnd ſo viel er will/
biß ins halb im werth wie obgemeldt iſt/ ohne widerſprechen
folgen laſſen/ vnnd ob einer oder mehr andere Schreiner an
ſolchem Stuck/ die einer alſo wie obſteht kaufft haͤtte/ theil
begehrten/ ſoll es damit nach beſag der Schreiner Ordnung/
ſo ſie deßhalben auff der Zunfftſtuben haben/ gehalten wer-
den.
Doch ob ein Burger zu ſein ſelbſt Gebaͤw von einem Ob-
laſt theil begehrt/ ſoll jhm der Schreiner obſchon derſelb den
Oblaſt zuvor beredt haͤtte/ zur jeden zeit weichen/ vnd der Bur-
ger den vorkauff haben.
Vnd ſoll kein Schreiner mehr Bordt noch ander ob: oder
vnderlaſt kauffen noch zu theil nemmen/ dann ſo viel er deren in
ſeiner Werckſtatt oder ſonſt in den Haͤuſern auff den kauff oder
in verding verarbeiten mag/ auch kein Bordt noch anders vn-
verarbeit vnd auff Mehrſchatz wider verkauffen/ ohne ſondere
verwilligung vnſerer Herꝛen der Fuͤnffzehen/ vnd welcher daß
verbraͤche/ ſoll ſo offt das beſchicht/ der Statt Fuͤnff Pfundt
Pfenning beſſeren.
Deßgleichen ſoll kein Zimmermann der das Hand-
werck treibt/ Holtz/ Bordt/ Latten/ oder anders nichts außge-
nommen auff Mehrſchatz mehr kauffen/ vnnd wider verkauf-
fen/ ſondern will einer Holtzgewerb treiben/ ſo ſoll er deß Hand-
wercks/ vnnd herwiderumb will einer Zimmerhandtwerck
brauchen/ ſoll Er deß Holtzgewerbs ruͤhig vnnd muͤſſig
E e iij
[38]APPENDIX
ſtehen: doch ſo ſoll hiemit den Zimmerleuthen/ ſo viel ſie Holtz/
Bort oder Latten vnd anders/ in jhrer Werckſtat oder ſonſt in
den Haͤuſeren auff den kauff/ oder in verding verarbeiten moͤgẽ/
zu kauffen nit abgeſtrickt ſein: welcher aber Holtz/ Bort/ Latten/
vnd anders verarbeytet/ vnd auff Mehrſchatz ohn verwilli-
gung vnſerer Herꝛen der Fuͤnffzehen/ wider verkaufft/ der ſoll
der Statt/ ſo dick es beſchicht vnd kundtbar gemacht wirdt/
Fuͤnff Pfundt Pfenning vnnachlaͤſſig beſſeren.
Hiemit wollen wir auch geordnet vnd geſetzt haben/ das
ein jeder Zimmermann alles das Holtz/ Bort/ Latten/
vnnd anders/ nichts außgenommen/ ſo er allhie auſſer der
Statt ins Land verarbeiten vnnd verzimmern wůrd/ gleich
wie die Holtzleuth/ vnſeren Herꝛen zuverzollen/ ſchuldig ſein
ſolle/ bey vorgenannten Poenen der Fůnff Pfundt Pfen-
ning.
Vnd ſo einer oder mehr alſo an eim Flotz/ es ſey Holtz/
Bordt/ oder anders/ Theil nimbt/ da ſollen der Holtzmann der
das Flotz gen Keylbracht/ vnnd erſtmahls verkaufft/ auch der/
ſo es jhme abkaufft/ bey jhren trewen anzeigen/ was ſolch Flotz
deß erſten Kauffs golten/ vnd hierinn kein gefaͤhrd ſuchen: wel-
cher aber anderſt dann die Warheit anzeigt/ oder etwas ge-
faͤhrliches darinn braucht/ vnnd ſich glaublich vber kurtz oder
lang befindet/ der ſoll dem/ der jhm abkaufft hat/ ſein vbernom-
men Gelt wider geben/ vnnd nicht deſto minder der Statt/ von
jedem kauff/ der alſo gefaͤhrlichen beſchicht/ Fuͤnff Pfundt Pfen-
ning beſſeren.
Darauff ſoll auch ein jeder Holtzzoller/ ſo zu zeiten
ſein wuͤrd/ bey den Pflichten die er Ampts halben thut/ alle
Floͤtz/ auff welchen Tag ein jedes zu Keyl ankompt/ vnd wem
es zuſteht eygentlich auffzufchreiben/ oder ſo er nicht Schrei-
ben oder Leſen koͤndte/ ſolches fleiſſig zuverzeichnen vnnd
zumercken/ ſo viel jhm moͤglich; Deßgleichen wer jeder-
zeit/ in abweſen der Rheinfloͤtzer vnnd Holtzleuth/ vom ſel-
bigen Holtz theil bey jhme begehrt/ den Rheinfloͤtzern vnnd
Holtzleuthen anzubringen/ auch einen jeden der jhne dar-
vmb erſucht vnnd befragt/ anzuzeigen/ vnnd das nie-
mandt zuverhalten/ verpflicht vnd ſchuldig ſein/ dann welcher
Zoller
[39]Der Policey Ordnung.
Zoller hierwider handelt vnd jemandt etwas verhielte/ ſoll der
gebuͤhr nach ernſtlich geſtrafft werden.
Vnd dieweil der Zoller mit dem auffzeichnen vnnd an-
bringen/ weiters dann bißhero beſchwaͤrt/ haben vnſere Herꝛen
geordnet/ das ein jeder Burger/ der in abweſen der Rheinfloͤ-
tzer vnnd Holtzleuth theil bey dem Zoller begehrt/ vmb das er
ſolches deſto fuͤr derlichen den Holtzleuthen anbringe/ demſel-
bigen fuͤr ſeine muͤhe/ acht Pfenning zu Lohn/ geben vnd bezah-
len ſolle.
Hier auff ſollen auch alle Holtzleuth/ Zimmerleuth vnnd
andere ſo das Holtzgewerb treiben/ ein jedes Holtz fuͤr ſeinen
werth vnd fuͤr ſo viel Stuck/ als ein jedes von Alters hero ge-
rechnet/ vnd hernach gemeldet wuͤrd/ vnd nicht hoͤher/ zuver-
kauffen ſchuldig ſein.
Vnnd damit ob dieſer Ordnung deſto mehr gehal-
ten/ vnnd die verbrecher vmb jhr vbertretten gebuͤhrlich ge-
ſtrafft werden/ ſo woͤllen vnnd gebieten vnſere Herꝛen/ Mei-
ſter vnnd Rath obgemelt/ allen vnnd jeden der Statt Ver-
Ampten/ ſo ſich deß Holtzwercks zu Keyl gebrauchen/ nem-
lich den Werckmeiſtern/ Bruckmeiſtern/ Lohnherꝛn/ Zollern
vnnd anderen/ daß ſie alle die jenigen/ ſo ſie ſehen/ gewahr
werden/ oder hoͤren/ wider dieſe Ordnung handlen vnnd
thun/ bey jhren Eyden damit ſie der Statt zugethan ſeind/
Ruͤgen vnnd angeben ſollen/ alles vngefaͤhrlich/ vnnd ha-
ben jhnen hiebey vnſere Herꝛen Raͤht vnnd Ein vnd Zwan-
tzig/ dieſe Ordnung in kuͤnfftigem zuaͤndern/ zumehren/ zu-
mindern/ gar vnd zum theyl abzuthun/ je nach dem ſich diege-
legenheit zutregt vorbehalten. Decretum Freytags den 23.
Novembris, Anno 1543. Renovatum, 11. Junii,
Anno 1627.
Vnd
[40]APPENDIX
Vnd volgt hernach fuͤr wieviel Stuckein
jedes Holtz Altem gebrauch nach ge-
rechnet wuͤrdt.
Tennen Holtz.
- Jtem zween zweyling
- Jtem zween Laͤufferſparꝛn
- Jtem zween Schoͤlbaͤum
- Jtem ein dreyſſig Schuͤhig Holtz
- Jtem ein Kirꝛſparꝛen
- Jtem ein Viertzig
- Jtem ein Fuͤnfftzig
- Jtem ein Sechtzig
- Jtem ein Sibentzig
- Jtem ein Achtzig
- Zwey
- Drey
- Vier
- Fuͤnff
- Sechs
Eichen Holtz.
- Jtem ein dreyſſig ſchůhig Floßbandt/ ein Stuck.
- Jtem zwey Floßband deren jedes 14. oder 15. Schuͤhig iſt/ ein
Stuck. - Jtem ein Pfal der 13. vnd 14. Schuͤhig iſt/ ein Stuck.
- Jtem ein anderhalb Pſal der 18. 19. 20. Schůhig iſt/ ander-
halb Stuck. - Jtem ein zweypfaͤliger thut zwey Stuck/ vnd ſoll 26. Schuh
lang ſein. - Jtem ein dreiſſig ſchuͤhige gerogene Schwoͤll/ thut drey Stuck.
- Jtem ein Viertzig ſchuͤhige/ thut vier Stuck.
- Jtem ein Fuͤnfftzig ſchuͤhige/ thut fuͤnff Stuck.
- Jtem ein Sechtzig ſchuͤhige/ thut ſechs Stuck.
- Jtem ein Sibentzig ſchuͤhige/ thut ſiben Stuck.
Hebam-
[41]Der Policey Ordnung.
Appendix A.2.14 VIII.
Heb Ammen Ordnung/ vom Jahr
1605.
ZVm Erſten/ So ſoll man SechsI.
bewerther Heb Ammen in Straßburg
haben/ vnd dieſelben ſollen durch zween der
Statt Aertzte/ vnd etliche Erſame Weiſe
Frawen/ die dazu taugentlich/ vnd von den
Raͤhten verordnet werden/ behoͤrt vnd er-
kundet werden/ ob ſie genugſam verſtantnuß vnnd wiſſent-
heit haben/ daß ſie zu dem Ampt taugentlich/ auch der Perſoh-
nen vnd der Glieder halbẽ/ dazu geſchickt ſeyen/ Sollen ſie als-
dann dieſe nachgeſchriebene Ordnung ſchwoͤren zuhalten.
Naͤmblich/ daß ſie allezeit Tag vnd Nacht willig vnd ge-II.
horſam ſeyen zu dienen/ dem Armen als dem Reichen/ von wel-
chem ſie dann je zu zeiten am erſten berufft vnnd begert werden/
auch kein arme Fraw in Noͤthen zuverlaſſen/ vnnd an andere
ende zugehen/ vnnd vmb mehrer gewinns oder lohnes willen/
ſonder wo ſie anfahen zu arbeiten/ daſelbs trewlich außzuwar-
ten/ vnd das niemandts zuverſagen/ bey Jhren Eyden vnge-
fehrlich.
Sie ſollen auch kein Fraw noͤtigen oder vbertreiben zuIII.
Kindesarbeit/ auch nicht/ vmb jhres ferneren nutz willen/ dar-
von eilen/ wie etwan geſchicht/ es erſchinnen dann zuvor gewiſ-
ſe zeichen der nahen geburt/ vnd jhnen dann darin fleiſſiglich
dienen/ vmb jhren zimlichen gebůhrlichen lohn/ je nach geſtalt
der ſachen/ ohngefehrlich.
Begebent ſich auch zu zeiten ſorgliche zufaͤll/ es were vorIV.
odeꝛ nach deꝛ geburt/ alſo/ das ſich die Geburt nicht recht ſchicken
wolt/ oder andere gebreſten/ es were der Mutter oder des kinds
halben/ darzu man rahtes vnd ſorgen bedoͤrffte/ ſo ſoll jhr keine
auff jhrem fuͤr nemmen ſtehen/ ſonder weiſer Frawen oder an-
derer Heb Ammen Rahts pflegen/ vnd nach jhnen fuͤr derlich
ſchicken/ ſonderlich nach denen/ darzu ein gebehrende Fraw
oder Freundtſchafft luſt hat/ da auch ein jede Heb Amm bey jhrẽ
eyde gehorſam ſein ſoll zukommen/ vnd freundtlich helffen rath-
F f
[42]APPENDIX
then vnd handlen/ nach jhrem beſten vermoͤgen. Es were dann
ſach/ das ſie ſelbs in arbeit beſtecket were/ vnnd nicht kommen
moͤcht/ vngefaͤhrlich. Vnd ob zu zeiten noth ſein wuͤrde/ der ge-
lehrten Aertzte Rath zuhaben/ ſollen ſie auch nicht wehren/ ſon-
dern darzu geneigt ſein/ fuͤr derung zuthun/ vmb das den Můt-
tern oder Kindern deſto minder ſchaden oder gebreſten zufal-
len vnd begegnen moͤgen.
V.Sie ſollen auch bey jhren geſchwornen Eyden zu keinem
Kind vnderſtehen zubrechen/ weder vmb luͤtzel noch vmb viel/
alle dieweil ſie mercken vnnd verſichen moͤgen daß die Kinder
bey leben ſeyen/ es ſtande vmb die Geburt/ wie das woͤlle/ ohne
rath vnd geheiß weiſer/ verſtaͤndiger Aertzte/ vnd berichter
frommer Frawen/ dann welche das daruͤber thaͤte/ die ſoll
mann an jhrem Leibe ſtraffen/ nach dem ſolches gar ein ſchwe-
rer vnd freveler handel iſt/ dar auß viel boͤſes vnd vnrats ent-
ſtehen mag/ das nicht alles zumelden iſt.
VI.Auch zu ſolchen dingen kein grauſamlich oder vngeſchickt
Juſtrument brauchen/ Kinder zubrechen oder außzuziehen.
Als Hang/ Eiſenhocken/ oder dergleichen/ ſonder ſich darinn
geſchicklich vnd weſentlich halten/ als ſich gebůhrt.
VII.Sie ſollen auch ſchuldig ſein/ in der erſten Wochen nach
der Geburt allemal zu den Kindbetterin zukommen/ ſie zube-
richten/ vnd getrewlichen zuweiſen/ wie ſie ſich vnnd das Kind
halten ſollen/ vmb daß ſie beyderſeits vmb jhr vnwiſſenheit
nicht verwahrloſet werden.
VIII.Es ſollen auch dieſelben Heb Ammen bey jhren Eyden
kein Schwangere Fraw bitten/ durch ſich oder jemandts von
jhrentwegen/ ſie zu Kindesarbeit zubrauchen/ fuͤr ein andere/
oder ſich deß mit gefaͤhrlichen worten mercken zulaſſen/ ſon-
der ein jede Schwangere Fraw laſſen nemmen oder beruffen/
welche jhr am beſten geliebt. Es ſoll auch keine die andern ver-
klagen/ oder vernichten/ mit worten oder wercken/ ſie damit zu-
hindern/ vnd ſich ſelbſt zufuͤrdern/ dann welche darwider thaͤte/
die ſoll beſſern Drey Pfundt Pfenning/ vnnd darzu vmb den
Eydbruch geſtrafft werden.
Vnd vmb das ſie zu ſolchen dingen deſto gefliſſener vnnd
williger ſein moͤgen/ So ſoll man denſelben bewerthen Heb-
Ammen
[43]Der Policey Ordnung.
Ammen Jahrs von der Statt wegen/ jhr jeglicher geben Zwey
Pfund Pfenning/ fuͤr alle forderungen.
Welche bewerthe Heb Ammen auch ein Vortaͤufferin ha-X.
ben/ vnnd dieſelbe deß Ampts der Heb Ammen berichten vnnd
lehren will/ vmb das deſto min der bruͤſte vnd abgange/ ane gu-
ten Heb Ammen ſein moͤge/ derſelben ſoll man Jars ein Pfundt
Pfenning mehr geben/ dann eineꝛ andern/ vmb das/ wann von
den beſtelten Heb Ammen eine abgienge/ das man deſto baß ein
andere ahn dero ſtatt bekommen moͤge/ welche dann aller ge-
ſchicklichſt dazu were.
Es ſollen auch dieſelben Vortaͤufferin/ die das Heb Am-XI.
men werck lernen woͤllen/ zuvor abe von den Heb Ammen/ die
ſie lehren woͤllen/ fuͤr die Herꝛn gebracht werden/ vnd anfaͤng-
lich geloben vnnd verſprechen/ das Ampt getrewlich zulernen/
vnnd fuͤr ſich ſelbs allein nicht zuhandlen/ oder zutreiben/ ſie
werde dann vor vnnd ehe erkannt/ dazu taugentlich zuſein/ in
maſſen wie vorſtehet.
Nicht weniger ſollen alle die jenige Frawen/ ſo das Heb-XII.
Ammen werck lernen/ vnd ſich fuͤr Lehrtoͤchter woͤllen einſchrei-
ben laſſen/ zuvorderſt von den Heb Ammen/ die ſie lehren wol-
len/ fuͤr die Herꝛen gebracht werden/ vnnd anfaͤnglich geloben
vnd verſprechen/ das Ampt getrewlich zulernen/ vnnd fuͤr ſich
ſelbs vnd allein nichts zuhandlen/ oder zutreiben/ Sie werden
dann zuvor Examiniert/ verhoͤrt/ vnd darzu tauglich erkannt/
in maſſen die Ordnung ſolches außweiſet.
Die Heb Ammen ſollen auch bey jhren geſchwornen Ey-XIII.
den ſchuldig vnnd verbunden ſein/ wo ſie verdachten Perſonen
helffen Kinder gewinnen/ da ſie beduncken will/ das die von
handen geben/ vnnd in den weiſen ſtuhle geſtellet werden moͤch-
ten/ daß ſie dann jhr fleiſſig erfahren haben/ nach deß Kindes
rechten Vatter/ vnd daran ſeyen/ daß deſſelben Kindes Vatter
ingeſchrieben/ oder mit munde dem Weiſen Ettenoder der/ Wei-
ſen Pflegern angeben vnd verkuͤndet werde/ vmb daß ſie
ſich damit koͤnnen gehalten nach jhrem befehle.
Actum \& Decretum Montag den
11. Februarij. 1605.
Ff ij
[44]APPENDIX
Appendix A.2.15 IX.
Pulver Ordnung/ vom Jahr 1617.
WJr Adam Zorn der Meiſter vnd
der Rath der Freyen Reichs Statt
Straßburg/ Sampt vnſern Freunden
den Ein vnnd Zwantzigen/ Thun hiermit
kundt fuͤr Maͤnniglich/ Nach dem vnſere
liebe Vorfahren im Jahr 1581. ein nutz-
lich Pulver Mandat außgehen laſſen/
welchem aber in newlichen zeiten von vielen Frembden vnnd
Heimiſchen vielfaltig zuwieder gehandelt: Auch etwa nach-
gehends ſolche verbrechungen mit bloſſer fuͤrwendung einer
Vnwiſſenheit oder Ignorantz, entſchuldigt werden wollen/
vnd ſo nicht GOTT der Allmaͤchtig den jenigen groſſen ſcha-
den/ welcher auß ſolcher Leuth Vnfůr ſichtigkeit/ Vnachtſamkeit
vnd vberſchreittung habender Ordnung/ gantz leichtlich entſte-
hen moͤgen/ mit Vaͤtterlicher hut gewendet hette/ oder auch ins
kuͤnfftig beſſere verſehung geſchehen ſolte/ viel Jammers/ Vn-
gluͤcks vnd Vngemachs darůber erfolgen moͤchte. Solchen
vnd dergleichen ſchaden/ vnrath vnnd gefahr ſo viel an vns/
vnd mit Goͤttlichem willen moͤglich ſein wird/ vor zuſein/ vnnd
zu fuͤrkom̃en/ ſo haben wir das vorige Mandat erſehen/ erwo-
gen vnnd mit nachfolgender verbeſſerung ernewert/ Gebieten
vñ verbietẽ auch hiermit Fuͤrs Erſte/ allen vñ jeden vnſern
Burgern/ Jnwohnern/ Zu vnd Angehoͤrigen/ vñ ſonſten men-
niglichen/ der dieſe vnſere Statt mit ab: vnd zuziehen brauchen
muß (bey ſtraff Hundert Pfundt Pfenning/ oder ſo einer die nit
zugeben/ bey verlierung deß Burgerꝛechten/ oder Verweiſung
vnſerer Statt vnd Obrigkeit/ ſo lang biß er ſolche ſtraff erlegt)
daß hinfuͤro keiner/ der ſey wer er woͤlle/ ſich deß Pulverma-
chens in vnſerer Obrigkeit/ in welchen weg das were/ ohn ſon-
derbahre vnſere erlaubnuß annehmen noch vnderſtehen:
Deßgleichen/ daß keiner ſo deſſen von vns vergůnſtigung hette/
oder ins kuͤnfftig bekommen wirdt/ ſolch ſein Pulver jnnerhalb
der Statt Ringmauren/ bereiten/ zurichten/ doͤrꝛen/ koͤrnen/
noch einige arbeit/ wie die namen haben mag/ daran thun noch
fuͤrnehmen/ wie auch keinen Salpeter mehr ſieden noch leutern
ſolle.
Zum
[45]Der Policey Ordnung.
Zum Andern/ ſoll bey gleichmaͤſſiger Poen vnnd
Straff hinfuͤro keiner mehr/ es ſeyen Pulvermacher/ oder an-
dere Kauff: vnd Handelsleuth/ ſo mit Pulver vmbgehen vnnd
handtieren/ einig Pulver luͤtzel oder viel in jhren oder andern
Haͤuſern/ ſondern daſſelb an keinen andern/ dann denen orten/
ſo jhnen von den Obern Zeugherꝛn darzu beſtimpt/ eingegeben
vnd verordnet werden/ haben noch behalten: Doch ſollen die
jenige/ denẽ Mußqueten oder andere Rohr zuhalten zur Wehr
aufferlegt/ oder die ſonſten Schuͤtzen ſeind/ hierunder nicht be-
griffen/ ſonder jnen hiemit Pulver zu jrer notturfft/ vñohne vber
fluß/ biß in drey Pfund/ in jrẽ Haͤuſern zuhabẽ vnbenom̃ẽ; ſie a-
ber dabey/ ſolchs in guter gewarſam/ zuverſorgẽ/ verwarnt ſein.
Vnd nachdem/ Fuͤrs Dritt/ das Pulver nun ein zeitlang
in den Haͤuſern/ dem vorigen Mandat zuwider/ zu mehrmalen
verkaufft worden: So wollen wir/ daß ſolches nit allein krafft
obgemelter vnſerer verornung/ vnd dero dabey geſetzten ſtraff/
nicht mehr geſchehen; Sondern daß es auch/ weder in vnſern
gefreyten S. Johannes vnd Weyhenacht Meſſen/ noch an
andern gemeinen Marcktaͤgen/ an keinem andern/ dann deme
darzu verordneten vnnd beſtimpten Ort/ wie ein jeder deſſen/
von obernannten vnſern Obern Zeugherꝛn beſcheiden wirdt/
vnd in denen Huͤtlin/ die hierzu zugerichtet/ vnnd jhr jedem ein-
gegeben werden ſollen/ feil gehabt vnd verkaufft werde/ vnnd
daß jhrer keiner auff einmahl mehr dann Fůnff vnd Zwantzig
Pfundt Pulvers/ bey der Poen Zehen Pfundt Pfenning/ in ſol-
chen Huͤttlin haben vnd behalten ſoll.
Damit auch Fuͤrs Vierdt/ daß Pulver ſo alſo ein-
gekaufft/ nicht in der Burger Haͤuſer verſteckt/ vnnd allerhandt
vnrath/ ſo leichtlich darauß erfolgen mag/ deſto mehr verhuͤtet
werde/ ſo woͤllen wir hiemit allen ſolchen Kauff: vnd Handels-
leuten/ bey vermeydung der ſtraffzehen Pfund Pfenning/ gebot-
tẽ habẽ/ dz keiner ſolch verkaufft Pulver/ wo es ſich ein viertel ei-
nes Centners oder daruͤber anlauffen wuͤrd/ von vñ auſſer dẽ
verwarlichen ort/ das jme hievor darzu eingeben worden/ dem
Kaͤuffer/ zuvor vnd ehe verfolgen laſſen ſoll/ es woͤlle dann der
Fuhrmann/ ſolchs alsbald laden/ vnd darmit darvon fahren.
Deßgleichen vnd zum Fuͤnfften/ wollen wir alle
frembe Kauff- vnd Handelsleut/ mit dieſem Brieff aviſirt, er-
Ff iij
[46]APPENDIX
mahnt vnd verwarnt haben/ da ſie hinfuͤro Pulver oder Sal-
peter es/ ſeye luͤtzel oder viel/ allher in vnſer Statt bringen/ oder
fuͤhrenlaſſen wuͤrden/ daß ſie ſolches alsbald vnſern verordne-
ten im Kauff hauß zuwiſſen machen/ damit ſolches an gehoͤrige
ſtett verſchafft/ vnd dieſem vnſerm befelch gemaͤß verwahrt wer-
den moͤge. Dann welcher ſolches nicht thun/ vnnd dieſe Wahr
nicht anzeigen/ ſonder gefaͤhrlich verſchweigen vnd verhalten/
vnnd daſſelb kundtlich gemacht wuͤrde/ der ſoll nicht allein daſ-
ſelb verwuͤrckt vnd verlohren haben/ ſonder noch darzu vmb ein
namhaffte Geltſumma von vns geſtrafft werden.
Als wir auch hieneben berichtet worden/ das etliche ſich
deß Fewr- vnnd Raquetlin werffens vndernemmen/ dardurch
dann auch auß vnachtſame nicht wenig vnrath entſtehen
moͤchte/ ſo woͤllen wir ſolches hiermit vnd Zum Sechſten/
gleichmaͤſſig mit ernſt verbotten haben/ der geſtalt/ daß der/ ſo
ohn vnſer oder vnſerer obern Zeugherꝛen willen vnd vorwiſſen
einige Raquetlin in dieſer Statt Ringmauren werffen wuͤrd/
fuͤr jeglich geworffen Raquetlin Fuͤnff Pfundt Pfenning zu
ſtraff verfallen ſein: Der jenige aber/ ſo einig Fewrwerck in
dieſer vnſerer Statt/ ohn vnſere/ oder vnſerer Obern Zeugher-
ren verguͤngſtigung: oder auch nur an einem andern/
dann dem von vns/ oder jhnen beſtimpten vnnd namhafft ge-
machten Ort/ præpariren vnnd zurichten wuͤrd/ Hundert
Pfundt Pfenning beſſern: Vnnd der/ ſo ohn vnſere/ oder jhre
außtruckliche erlaubnuß vnd verwilligung/ dergleichen anſte-
cken/ vnd werffen wuͤrde/ am Leib geſtrafft werden ſoll.
Vnd/ auff das dieſem vnſerm Mandat deſto ſteiffer ge-
lebt vnd nachkommen werde/ ſo gebieten wir auch hiemit allen
vnſern Burgern/ vnd denen wir zugebieten vnd verbieten ha-
ben/ hiermit veſtiglich/ vnd wollen/ daß jhrer jeder auff ſolches
alles vnnd jedes fleiſſige gute achtung geben/ vnd ſo jhrer einer
darwider Jchtzit fuͤr genommen/ oder gehandelt worden in er-
fahrung bringen/ ſehen/ ſpuͤren vnd befinden wuͤrde/ daſſelb den
verordneten Obern Zeugherꝛn alsbald vermelden vnd anzei-
gen/ oder als ein verbrecher vnſers Gebotts gleich dem verhaͤl-
ten Thaͤter geſtrafft werden ſolle. Darnach ſich maͤnniglich
zurichten. Actum \& Decretum Mittwochs am vierdten
Junij/ Anno Ein Tauſent Sechshundert vnd Sibenzehen.
Ord-
[47]Der Policey Ordnung.
Appendix A.2.16 X.
Ordnung deß Schieſſens jnner einer Meilen
wegs vmb die Statt. vom Jahr.
1587.
WJr Georg Jacob Bock von Er-
lenburg/ der Meiſter/ vnnd der Rath zu
Straßburg/ Thun kundt. Wiewol vnſe-
reliebe Vorfahren vnd wir hievor in Anno
ꝛc. Viertzig eins/ auß erheblichen vrſachen
maͤnniglichen gebotten vnd verbotten/ Jn
dieſer Statt Straßburg/ vnd derſelben Burckbann/ Awen vñ
Woͤrden/ vnd ſoweit ſich derſelben bezirck/ Oberkeit vnd Herꝛ-
ligkeit erſtreckt/ kein Fewer oder Handbuͤchs/ abzuſchieſſen/ wie
auch kein new geſchmidt Rhor nicht zu probieren/ Deßgleichen
weder nach Wildprett oder Gevoͤgel nicht zuſchieſſen/ ꝛc. Son-
dern wer ein Fewrbuͤchß/ hand oder newgeſchmidt Rhor/ ab-
laſſen oder verſuchen wolt/ daſſelb niergend anderswoh/ dann
an gewoͤhnlichem Schießrein thun ſolte.
So befinden wir doch daß biß anher ſolch Gebott vnnd
verbott/ nicht allein gar auſſer acht gelaſſen/ ſondern dem ſelben
zum theil auß vnwiſſenheit/ zum theyl fraͤvelem muthwillen
ſtracks zuwieder vnnd entgegen/ in mehr weg gehandelt/
Dadurch ſo wol den Wild vnnd Vogelfuhren allerhand
nachtheyl zugefuͤgt/ als auch zu naͤchſt an der Statt/ vnnd
in den Gaͤrten niemandt ohne gefahr ſeines Leibs ſicher ſein
vnd wandlen moͤgen: welchem laͤnger zuzuſehen vns mit nich-
ten gemeint.
Derwegen woͤllen wir hiemit/ vnd in krafft diß/ vor ange-
regt Mandat vnd verbott/ von Anno Ein vnd Viertzig mit al-
len ſeinen clauſulen vnd angehenckten Poͤnen nicht allein von
newem widerholt/ Sondern damit niemandt mehr der vnwiſ-
ſenheit ſich zu entſchuldigen/ nachmahlen vnd zum vberfluß/ al-
len vnſern Burgern/ Jnwohnern/ Hinderſaſſen vnd maͤnnig-
lich/ wz wuͤrden/ weſens oder ſtandts die ſeyen/ mit ernſt gebottẽ
vñ verbotten haben/ Jnnerhalb einer Meyl wegs gerings vmb
dieſe Statt/ Es ſeye in Awen/ Woͤrden/ Feldern oder Gaͤr-
tẽ/ aller dings keine Fewrbuͤchſen oder Handrohr wie die namẽ
haben
[48]APPEND. der Policey Ord.
haben moͤgen (auſſerhalb an dem gewohnlichen Schießrein
vnd den darzu verordneten Zielſtatten) er ziele nach etwas oder
nicht/ nicht abzuſchieſſen/ zuverſuchen oder zuprobieren/ es we-
redann/ daß ſich einer ſeines Leibs erwehren můßt/ oder kaͤme
erſt vber Feld/ vnd wolt ſein Rohr geladen nicht zu Hauß fuͤh-
ren/ ſondern in grundt loß ſchieſſen/ bey der ſtraff Dreiſſig
Schilling Pfenning/ die man niemandt ſo hiewider handle-
te/ fahren laſſen ſoll. Deſſen maͤnniglich ſich vor ſchaden end-
lich wiſſen zu huͤten/ hiemit woͤlle erinnert vnnd verwarnet ſein.
Actum \& Decretum Montag den achtzehenden Se-
ptembris/ Als man zalt von der Geburt Chriſti
vnſers lieben Herꝛen/ Tauſent/ Fuͤnff-
hundert/ Achtzig vnd Sieben
Jahr.
ENDE.
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- Holder of rights
- Kolimo+
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- TextGrid Repository (2025). Collection 0. Der Statt Straßburg PoliceijOrdnung. Der Statt Straßburg PoliceijOrdnung. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bhf3.0