[ Abgebildet ist eine Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost anlässlich der XXI. Weltspiele der Gelähmten in Heidelberg im Jahre 1972. Im Mittelpunkt steht eine Zeichnung eines im Rollstuhl sitzenden Bogenschützen, der mit seinem Bogen seitlich aus dem Bildausschnitt herauszielt. Die Sehne des Bogens ist voll gespannt, so dass er den eingelegten Pfeil unmittelbar abzuschießen scheint. ]

Mit dieser Sonderbriefmarke warb die Deutschen Bundespost für die ‘Weltspiele der Gelähmten’ in Heidelberg im Jahre 1972. Der Erlös der Aktion sollte der Finanzierung des Vorläufers der heutigen Paralympischen Sommerspiele dienen. Erst seit den Spielen von Seoul 1988 finden alle Paraylmpischen Spiele am selben Austragungsort statt, die auch als Bühne für die Olympischen Spiele dienen. Das Organisationskommitee der Olympischen Spiele von München im Jahre 1972 sah sich außerstande auch die Austragung der Paralympics zu übernehmen und führte vor allem bauliche Barrieren im Münchener Olympischen Dorf an. Der International Stoke Mandeville Games Federation gelang es mit Heidelberg zumindest eine Alternative in der Bundesrepublik zu finden. Seit der Premiere der Weltspiele 1948 im englischen Stoke Mandeville war es 1960 in Rom und 1964 in Tokio nur zwei Mal zu einer Nutzung der olympischen Austragungsstätten gekommen. Die Spiele von Heidelberg stellten mit fast 1.000 Teilnehmern (287 Frauen) aus 43 Nationen die bis dahin größte internationale Sportveranstaltung für behinderte Menschen dar. Letztmalig traten bei den Wettkämpfen ausschließlich Athletinnen und Athleten mit Rückenmarkverletzungen an. Die Wahl, einen rollstuhlfahrenden Bogenschützen als Symbol für die Weltspiele zu präsentieren, kann dabei als Hommage an den Ursprung der paralympischen Bewegung gesehen werden: 1948 traten 16 Patienten des Spinal Cord Unit der Rehabilitations-Einrichtung in Stoke Mandeville zu Bogenschießwettbewerben an. Der Leiter der Einrichtung, Ludwig Guttmann, bis heute als Gründer der paralympischen Bewegung verehrt, hatte die positive Wirkung des Sports auf die spezifische körperliche Verfassung von Rückenmarkpatienten erkannt. Letztlich gingen die heutigen Paralympics somit aus einer heiltherapeutischen Maßnahme hervor.

Literaturhinweise:
  1. Daniel Westermann: Die XXI. Weltspiele der Gelähmten in Heidelberg 1972. Entstehungsgeschichte und Ablauf, Heidelberg 2014.
  2. Geoffrey Swan/Teresa Mead/Douglas J. Klein/David Serlin: Overcoming Another Obstacle: Archiving a Community's Disabled History, in: Radical History Review 94 (2006), S. 228–239.

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Rechtsinhaber*in
Sebastian Schlund

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2018). Quellensammlung zur Geschichte von Menschen mit Behinderungen. Freizeit. D5 - Kommentar. Geschichte-MMB. Sebastian Schlund. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000B-D1D8-5