Ein Körperbehindertengesetz wurde seit dem Ende der 1940er Jahre von verschiedenen Seiten gefordert, um auch den nicht durch Kriegseinwirkung körperlich ‘Beschädigten’ Fürsorgemaßnahmen zu ermöglichen. Dabei zielte das Gesetz zum einen auf eine rechtliche Vereinheitlichung der Fürsorgeregelungen, die unterschiedlich gehandhabt worden waren. Zum zweiten sollten Fürsorgemaßnahmen Betroffene und ihre Familien von den hohen Kosten der notwendigen Behandlungen entlasten. Zum dritten betonte das Gesetz stärker als bislang Maßnahmen zur Prävention von körperlichen Behinderungen. 1

Unter anderem hatte sich der Reichsbund der Kriegsbeschädigten, Sozialrentner und Hinterbliebenen für ein solches Gesetz eingesetzt. Seit Mitte der 1950er Jahre wurden die Debatten um ein Körperbehindertengesetz intensiviert. Dabei war u.a. die Bezeichnung des Gesetzes - und damit der betroffenen Personen - ein Streitpunkt: Der Begriff ‘Krüppel’ wurde vom Reichsbund abgelehnt, da er ‘einen häßlichen, lieblosen und entwürdigenden Beigeschmack’ 2 habe.

Das Körperbehindertengesetz blieb aber nur kurze Zeit in Kraft, da es 1961 vom Bundessozialhilfegesetz abgelöst wurde.

Literaturhinweise:
  1. Wilfried Rudloff: Rehabilitation und Hilfen für Behinderte, in: Günther Schulz (Hrsg.): Bundesrepublik Deutschland 1949-1957. Bewältigung der Kriegsfolgen, Rückkehr zur sozialpolitischen Normalität, Baden-Baden 2005, S. 515–557 .
  2. Klaus-Dieter Thomann: Rehabilitation und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen in Deutschland - gestern und heute , in: Herbert Rische (Hrsg.): Selbstbestimmung in der Rehabilitation. Chancen und Grenzen, Ulm 2000, S. 27–42 .
Notes
1
Siehe Wilfried Rudloff: Rehabilitation und Hilfen für Behinderte , in: Günther Schulz(Hrsg.): 1949-1957 Bundesrepublik Deutschland. Bewältigung der Kriegsfolgen, Rückkehr zur sozialpolitischen Normalität , Baden-Baden 2005 , S. 515-557 hier S. 541-545 .
2
Schreiben des Reichsbund an die Mitglieder des Bundestagsausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge vom 5.11.1956, in:

Identification

Archiv der sozialen Demokratie, SPD-Bundestagsfraktion, 2. WP/108.

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Rechtsinhaber*in
Jan Stoll

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2018). Quellensammlung zur Geschichte von Menschen mit Behinderungen. Gesetze. A2 - Kommentar. Geschichte-MMB. Jan Stoll. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000B-D1B4-D