Bundesgesetzblatt
Ausgegeben zu Bonn am 28. Februar 1950
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Gesetz über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Körperbehindertengesetz)
Vom 27. Februar 1957.
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Begriffsbestimmung
- (1) Körperbehindert im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die durch eine Fehlform oder Fehlfunktion des Stütz- und Bewegungssystems oder durch Spaltbildung des Gesichts oder des Rumpfes dauernd in ihrer Erwerbsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt sind oder in Zukunft voraussichtlich sein werden. Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf Seelentaube und Hörstumme .
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§ 2 Aufgabe der Fürsorge für Körperbehinderte
- (1) Aufgabe der Fürsorge für Körperbehinderte nach diesem Gesetz ist, drohende Körperbehinderung durch rechtzeitiges Einschreiten zu verhüten, vorhandene zu beseitigen, insbesondere die Eingliederung der Körperbehinderten in das Erwerbsleben durch Erwerbsbefähigung oder eine ihren Fähigkeiten entsprechende Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung vorzubereiten oder, falls dies nicht mehr möglich ist, ihnen ihr Leiden durch Gewährung angemessener Bildung und Pflege zu erleichtern.
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§ 7
Aufgaben der Fürsorgeverbände
- (1) Die Landesfürsorgeverbände sollen Mittelpunkt aller auf die Fürsorge für Körperbehinderte nach diesem Gesetz abzielenden Maßnahmen sein; bei ihnen sollen beratende Arbeitsgemeinschaften mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen, den übrigen Trägern der Sozialversicherung, den mit der Durchführung des Schwerbeschädigtengesetzes beauftragten und sonstigen Stellen und Personen gebildet werden.
- (2) Den Landesfürsorgeverbänden obliegt ferner die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie größeren orthopädischen und anderen Hilfsmitteln; eine mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassende Rechtsverordnung der Bundesregierung regelt, welche größeren orthopädischen und anderen Hilfsmittel durch die Landesfürsorgeverbände zu gewähren sind.
- (3) Zu den Aufgaben der Fürsorgeverbände gehören auch:
- a) Durchführung des Heilverfahrens nach dem [...] Heil- und Eingliederungsplan; hierzu gehört auch, falls bei den in § 1 Abs. 1 genannten Personen Erwerbsbefähigung nicht zu erzielen ist, die Durchführung derjenigen Maßnahmen, die erforderlich sind, um die genannten Personen möglichst unabhängig von Pflege durch Dritte oder von Anstaltsunterbringung zu machen;
- b) Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung, mindestens im Rahmen der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen über die Schulpflicht, erforderlichenfalls auch über das volksschulpflichtige Alter hinaus; die Bestimmungen über die Ermöglichung des Schulbesuches im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt;
- c) Hilfe zur Fortbildung in einem angemessenen Beruf oder zur Umschulung für einen angemessenen Beruf.
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Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 27. Februar 1957.
Der Bundespräsident
Theodor Heuss
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers
Blücher
Der Bundesminister des Inneren
Dr. Schröder
- Rechtsinhaber*in
- Gemeinfrei
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2018). Quellensammlung zur Geschichte von Menschen mit Behinderungen. Gesetze. A2 - Transkript. Geschichte-MMB. Gemeinfrei. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000B-D1B3-E