An den Schlaf

Der du mit deinem Mohne
Selbst Götteraugen zwingst
Und Bettler oft zum Throne,
Zum Mädchen Schäfer bringst,
Vernimm: Kein Traumgespinste
Verlang ich heut von dir.
Den größten deiner Dienste,
Geliebter, leiste mir.
An meines Mädchens Seite
Sitz ich, ihr Aug spricht Lust,
Und unter neid'scher Seide
Steigt fühlbar ihre Brust;
Oft hatte meinen Küssen
Sie Amor zugebracht,
Dies Glück muß ich vermissen,
Die strenge Mutter wacht.
Am Abend triffst du wieder
Mich dort, o tritt herein,
Sprüh Mohn von dem Gefieder,
Da schlaf die Mutter ein:
Bei blassem Lichterscheinen,
Von Lieb Annette warm
Sink, wie Mama in deinen,
In meinen gier'gen Arm.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Werke. Gedichte. (Gedichte. Nachlese). Annette. An den Schlaf. An den Schlaf. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6663-4